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Handbuch diagnostische Radiologie

Herausgeber:
Jürgen Freyschmidt, Bremen
D. Hahn (Hrsg.)

Handbuch
diagnostische Radiologie

Kardiovaskuläres
System

Mit Beiträgen von:


D. Hahn, M. Heinrich, W. Kenn, T.D. Kirchhoff, M. Köhler, P. Kovacs,
P. Landwehr, G. Luska, O. Mohrs , Th. Pabst, P. Reimer, H. Rosenthal,
J. Sandstede, K. Schürmann, J.-P. Staub, M. Strotzer, M. Uder, Th.Voigtländer,
M. Völk, D.Vorwerk, R.Vosshenrich, G. Wittenberg, N. Zorger

Mit 328 Abbildungen in 808 Einzeldarstellungen

123
Professor Dr. med. D. Hahn ISBN 978-3-540-41420-9
Institut für Röntgendiagnostik Springer Berlin Heidelberg New York
Universität Würzburg
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Josef-Schneider-Straße 2 Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
97080 Würzburg Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
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Redaktion: D. Mennecke-Bühler, Heidelberg
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Umschlaggestaltung: Frido Steinen-Broo, eStudio Calamar,
Spanien
Satz und Reproduktion: am-productions GmbH, Wiesloch

21/3180 YL – 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort

Eine fortlaufende Optimierung der bildlichen Darstellung krankhafter Organver-


änderungen erfordert ein sich ständig verbreiterndes medizinisches Wissen.

Ein Handbuch ist der Definition nach ein zusam- Untersuchungsstrategien erfordern (z. B. mit Hilfe
menfassendes, in der Regel mehrbändiges Werk über der Projektionsradiographie, CT, MRT, Ultraschall,
eine Wissenschaft oder ein spezielles wissenschaft- ggf. Szintigraphie).
liches Gebiet. Kann ein solches Werk noch Bestand In den jeweiligen Hauptkapiteln findet sich zu-
haben in einer Zeit, in der sich wissenschaftliche nächst eine Darstellung der Normalanatomie und
Erkenntnisse mit nahezu unvorstellbarer Geschwin- ihrer wesentlichen Varianten – bezogen auf die ein-
digkeit entwickeln und wandeln? zelnen Darstellungsmodalitäten; dann folgt ein Ka-
Die Herausgeber und Autoren dieses Handbuchs pitel über die systematische Bildanalyse. Die Kapitel
bejahen diese Frage; sie halten es geradezu für not- über die einzelnen Krankheitsentitäten (Fehlbildun-
wendig, eine fundierte Standortbestimmung über gen, traumatische und entzündliche Veränderungen,
die diagnostische Radiologie in einem Rahmen ab- Tumoren und sonstige Störungen) sind einheitlich
zugeben, der für die praktischen Belange dieses – nach folgenden Themen aufgebaut:
neben der klinischen Pathologie – wichtigsten
diagnostischen Schlüsselfachs prinzipiell einen – pathologisch-anatomische Grundlagen
Wertbestand von etwa 8–10 Jahren besitzen soll. (zum Verständnis der radiologischen Befunde),
Dieser Zeitraum bezieht sich selbstverständlich nur – klinische Symptomatik,
auf die einzelnen Bände, deren jeweiliges Erscheinen – charakteristische radiologische Symptome
sich zwar durch die verschiedensten Umstände seit und ihre Differentialdiagnose.
dem Start des Gesamtprojektes verzögert hat, die – Jedes Kapitel schließt mit Empfehlungen zur
sich aber zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung jeweils Untersuchungsstrategie und zusammenfassenden
auf dem aktuellen Erkenntnisstand befanden bzw. Merksätzen.
befinden. Bei der Erstellung der einzelnen organbe-
zogenen Bände wurde bedacht, dass sich im oben an- Der rote Faden, der sich durch das gesamte Werk
gegebenen Zeitraum zwar untersuchungstechnische zieht, ist die synoptische Betrachtungsweise von klini-
Modalitäten, wie z. B. Sequenzen in der MRT, durch- schen und mit Hilfe der Radiologie erkennbaren pa-
aus ändern werden, dass aber das Prinzip der Dar- thologisch-anatomischen und funktionellen Verän-
stellungsmöglichkeiten von krankhaften Verände- derungen. Eine dem Patienten nützliche Diagnostik
rungen bestimmter Organe oder Organsysteme weit- kann im Übrigen nur aus der Fusion von technischer
gehend unverändert bleibt; denn die den Krankhei- Entwicklung und einem angepassten medizinischen
ten zugrunde liegenden pathologischanatomischen Wissen um das Wesen und die Vielfalt von Krankhei-
Veränderungen selbst ändern sich ja kaum! ten gelingen.
Die rasche Entwicklung und den Wandel von ätio- Frau Dr. U. Heilmann vom Springer-Verlag danken
logischen, pathogenetischen und therapeutischen wir für die Anregung zu diesem Handbuchprojekt.
Erkenntnissen kann und muss man in wissen- Ein ganz besonderer Dank gilt Frau D. Mennecke-
schaftlichen Zeitschriften und ggf. aktuellen Mono- Bühler, ohne deren gekonntes Management dieses
graphien verfolgen; doch wird man das Neue nur neunbändige Werk sicherlich nicht zum Abschluss
dann verstehen und nutzen können, wenn man durch gekommen wäre.
einen soliden Wissensfundus darauf vorbereitet ist.
Dazu soll dieses Handbuch mit seinem besonderen Im Frühjahr 2007
Konzept der Wissensvermittlung beitragen. Es orien-
tiert sich an Organen oder Organsystemen mit ihren Für die Herausgeber und Autoren
Erkrankungen, die jeweils bestimmte radiologische J. Freyschmidt, Bremen
Vorwort

Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen trotz aller nen sich nun neue Indikationen zur nichtinvasiven
medizinischen Fortschritte die häufigste Todesursa- Diagnostik der koronaren Herzkrankheit, die lang-
che in der westlichen Welt dar. Die kardiale und vas- fristig sicherlich zu einer Reduktion der invasiven
kuläre Diagnostik haben in den vergangenen Jahren Koronarangiographie führen werden. Ein weites Feld
eine völlig unterschiedliche Entwicklung genommen. der modernen Herzdiagnostik, das bisher nur ex-
Während die invasive Gefäßdiagnostik und die sich perimentell eingesetzt wird, stellt die metabolische
daraus entwickelnde interventionelle radiologische Bildgebung mit der MR-Spektroskopie (MRS) dar.
Therapie, vor allem nach Einführung der digitalen Hier steht die MRS in Konkurrenz zu neuen nuklear-
Subtraktionsangiographie (DSA), ständig an Bedeu- medizinischen Techniken.
tung gewonnen haben, hat die kardiale radiologische Durch die schnelle technische Weiterentwicklung
Bildgebung ständig an Bedeutung verloren. Zugleich von CT und MRT, aber auch der farbkodierten Du-
kam es zu einem Aufschwung der invasiven Herz- plexsonographie, hat die nichtinvasive Gefäßdiag-
diagnostik, vor allem der invasiven Koronarangio- nostik deutlich an Bedeutung gewonnen. Bis auf spe-
graphie, und der Einführung nuklearmedizinischer zielle Fragestellungen wird die invasive Gefäßdia-
Untersuchungsverfahren zur Herzfunktionsdiagno- gnostik heute überwiegend nur noch bei interven-
stik. tionellen Behandlungen eingesetzt. Die Weiterent-
Bis zur Einführung von Computertomographie wicklung der minimal-invasiven radiologischen The-
(CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) war rapie hat durch neue Gefäßprothesen und andere
die kardiale radiologische Diagnostik auf Thorax- Techniken in den letzten Jahren ihr Indikationsspek-
übersichtsaufnahmen und konventionelle Schicht- trum ebenfalls massiv erweitert. Die Kombination
aufnahmen beschränkt. Trotz der neuen Möglichkei- von nichtinvasiver Gefäßdiagnostik und anschlie-
ten, Herz und große Gefäße mit CT und MRT nicht- ßender minimal invasiver interventioneller radiolo-
invasiv darzustellen, war der klinische Einsatz über gischer Therapie ist ein erfolgreiches Konzept, das
viele Jahre auf spezielle Fragestellungen begrenzt. beispielhaft für die Innovation in der Radiologie
Erst mit der Einführung der Spiral-CT und der funk- steht.
tionellen MR-Herzbildgebung mit sehr schnellen Se- Die rasante Weiterentwicklung der nichtinvasiven
quenzen begann eine erfolgversprechende Renais- Herz- und Gefäßdiagnostik stellt eine große Heraus-
sance der nichtinvasiven Herz- und Gefäßdiagnostik. forderung und Chance zugleich dar, neue Unter-
Die rasante technische Weiterentwicklung sowohl suchungsstrategien und Leitlinien für die Herz- und
der Mehrzeilen-CT (MSCT) als auch der MRT hat zu Gefäßdiagnostik zu entwickeln. Es wurden bewusst
einem fruchtbaren Wettstreit zwischen diesen beiden die Untersuchungstechniken des kardiovaskulären
Verfahren um die Bedeutung für die Herzdiagnostik Systems mit der MSCT und MRT in den Mittelpunkt
geführt. Beide Verfahren haben mittlerweile auch gestellt. Hauptanliegen war es, die modernen Mög-
eine lebhafte Diskussion über Indikationen für die lichkeiten der morphologischen Darstellung, funk-
invasive Koronarangiographie und nuklearmedizi- tionelle Untersuchungsverfahren und die interven-
nische Herzdiagnostik ausgelöst. Die funktionelle tionelle Radiologie in einem klinischen Kontext
MR-Herzdiagnostik stellt aufgrund der hohen zeit- möglichst umfassend darzustellen.
lichen Auflösung heute den Goldstandard für die Be-
rechnung der Herzfunktionsparameter dar und hat
darin Echokardiographie, Linksherzkatheter und Würzburg im Mai 2007
Nuklearmedizin abgelöst. Wegen der exzellenten
Darstellung der Koronararterien mit der MSCT eröff- Prof. Dr. D. Hahn
Inhalt

1 Gefäßsystem 1.3.2 Computertomographie


und Magnetresonanztomographie 59
1 Herz 1.4 Erkrankungen des Herzens 60
J. Sandstede, Th. Voigtländer, Th. Pabst Th. Voigtländer, J. Sandstede,
1.1 Untersuchungstechnik 3 O. Mohrs
J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer 1.4.1 Koronare Herzkrankheit 60
1.1.1 Konventionelle Röntgendiagnostik 3 1.4.1.1 Primärdiagnostik der koronaren
1.1.2 Computertomographie 4 Herzerkrankung (chronische KHK) 61
1.1.2.1 Technische Voraussetzungen 4 1.4.1.2 Akutes Koronarsyndrom 64
1.1.2.2 Durchführung der Untersuchungen 1.4.1.3 Komplexe koronare Herzkrankheit 65
und Auswertung 5 1.4.2 Kardiomyopathie 71
1.1.3 Magnetresonanztomographie 15 1.4.2.1 Hypertrophe Kardiomyopathie 71
1.1.3.1 Technische Voraussetzungen 15 1.4.2.2 Dilatative Kardiomyopathie 72
1.1.3.2 Sequenzbeschreibung 18 1.4.2.3 Arrhythmogene rechtsventrikuläre
1.1.3.3 Durchführung der Untersuchungen 33 Kardiomyopathie 73
1.1.4 Echokardiographie 49 1.4.3 Myokarditis 75
1.1.4.1 Zweidimensionale 1.4.4 Perikarditis 78
und M-Mode-Echokardiographie 49 1.4.4.1 Akute Perikarditis 78
1.1.4.2 Dopplerechokardiographie 49 1.4.4.2 Pericarditis constrictiva 78
1.1.4.3 Farbdopplerechokardiographie 50 1.4.5 Erworbene Herzklappenerkrankungen 80
1.1.4.4 Transösophageale Echokardiographie 50 1.4.6 Angeborene Herzfehler 86
1.1.5 Nuklearmedizin 50 1.4.6.1 Gefäß- und Klappenanomalien 88
1.1.5.1 Radionuklidventrikulographie 50 Kongenitale Aortenklappenstenose 88
1.1.5.2 Single-Photonen- Aortenisthmusstenose 88
Emissionscomputertomographie 50 Pulmonalstenose 89
1.1.5.3 Positronenemissionstomographie 51 1.4.6.2 Shuntvitien 90
1.1.6 Herzkatheteruntersuchung 52 Vorhofseptumdefekt 90
1.2 Normalanatomie Ventrikelseptumdefekt 91
und wesentliche Varianten 52 Ductus arteriosus Botalli 92
J. Sandstede, Th. Voigtländer 1.4.6.3 Komplexe angeborene Vitien 92
1.2.1 Anatomie des Herzens Fallot-Tetralogie 92
und der Koronararterien 52 Kongenitale Transpositionen 93
1.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik 53 1.4.6.4 Koronaranomalien 94
1.2.2.1 Herzschatten 53 1.4.7 Kardiale Raumforderungen 95
1.2.2.2 Herznahe Gefäße 1.4.7.1 Anatomische Varianten 97
und pulmonale Gefäßzeichnung 54 1.4.7.2 Nichttumoröse Raumforderungen 97
1.2.3 Computertomographie 1.4.7.3 Gutartige Neubildungen 98
und Magnetresonanztomographie 54 1.4.7.4 Bösartige Neubildungen 100
1.2.4 Echokardiographie 54 Literatur 101
1.3 Systematische Bildanalyse
und Auswertung 58
J. Sandstede
1.3.1 Konventionelle Röntgendiagnostik 58
X Inhalt

2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße 3.4.1.6 Inflammatorisches


W. Kenn Bauchaortenaneurysma 206
2.1 Aorta 105 3.4.1.7 Infiziertes Bauchaortenaneurysma 207
2.1.1 Radiologische Untersuchungstechnik 105 3.4.1.8 Vaskulitis 207
2.1.2 Normalanatomie 3.4.1.9 Posttraumatische Veränderungen
und wesentliche Varianten 107 der abdominellen Aorta 208
2.1.3 Systematische Bildanalyse 110 3.4.1.10 Tumoren der Aorta 208
2.1.4 Krankheitsbilder 114 3.4.2 Truncus coeliacus 208
2.1.4.1 Aortenisthmusstenose 3.4.2.1 Ligamentum-arcuatum-medianum-
(Coarctatio aortae) 114 Syndrom 208
2.1.4.2 Traumatische Veränderungen 117 3.4.3 Mesenterialgefäße 211
2.1.4.3 Entzündliche Veränderungen 122 3.4.3.1 Mesenteriale Ischämie 211
2.1.4.4 Mykotische (infektiöse) Aortitiden 126 Arterielle Mesenterialembolie 212
2.1.4.5 Tumoren 127 Arterielle Mesenterialthrombose 214
2.1.4.6 Aortenbogensyndrom 129 Nichtokklusive mesenteriale Ischämie 215
2.1.4.7 Chronische thorakale Aneurysmen 138 Mesenterialvenenthrombose 216
2.2 Pulmonale Gefäße 146 Chronische Mesenterialischämie 217
2.2.1 Radiologische Untersuchungstechnik 146 3.4.3.2 Fibromuskuläre Dysplasie 219
2.2.2 Normalanatomie 3.4.3.3 Dissektion der Mesenterialarterien 220
und wesentliche Varianten 147 3.4.3.4 Traumatische mesenteriale Blutung 221
2.2.3 Systematische Bildanalyse 147 3.4.3.5 Untere gastrointestinale Blutung 223
2.2.4 Krankheitsbilder 148 3.4.3.6 Vaskulitiden 225
2.2.4.1 Kongenitale Anomalien 148 Riesenzellarteriitis
2.2.4.2 Traumatische Veränderungen 156 (Arteriitis temporalis) 26
2.2.4.3 Entzündliche Veränderungen 157 Takayasu-Arteriitis 227
2.2.4.4 Tumoren 160 Thrombangiitis obliterans 228
2.2.4.5 Andere Erkrankungen 161 Polyarteriitis nodosa 228
Literatur 172 Wegener-Granulomatose 230
Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231
3 Gefäße im Abdomen Behçet-Syndrom 232
M. Völk, J.-P. Staub, M. Strotzer Andere Vaskulitiden der kleinen
3.1 Radiologische Untersuchungstechniken 177 Gefäße 233
3.1.1 Ultraschalldiagnostik 178 3.4.3.7 Retroperitoneale Fibrose 233
3.1.2 CT-Angiographie 179 3.4.4 Nierengefäße 235
3.1.3 MR-Angiographie 180 3.4.4.1 Arteriosklerotische
3.1.4 Digitale Subtraktionsangiographie 181 Nierenarterienstenose 235
3.2 Normalanatomie und wesentliche 3.4.4.2 Fibromuskuläre Dysplasie 239
Varianten 181 3.4.4.3 Nierenarterienembolie 240
3.2.1 Aorta abdominalis 181 3.4.4.4 Nierenarterienaneurysma 242
3.2.2 Arteriae lumbales 183 3.4.4.5 Arteriovenöse Malformationen
3.2.3 Arteriae suprarenales und renales 183 der Nierenarterien 243
3.2.4 Arteria mesenterica superior 3.4.4.6 Nierenvenenthrombose 244
und inferior 184 3.4.4.7 Vaskulitiden 245
3.2.5 Vena cava inferior 187 Takayasu-Arteriitis 246
3.2.6 Venae renales 190 Polyarteriitis nodosa 247
3.2.7 Vena mesenterica superior Lupus-erythematodes-Vaskulitis 248
und inferior 190 Literatur 249
3.3 Systematische Bildanalyse 190
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 192 4 Peripheres Gefäßsystem
3.4.1 Abdominelle Aorta 192 P. Reimer, R. Vosshenrich, P. Landwehr
3.4.1.1 Abdominelles Aortenaneurysma 192 4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 253
3.4.1.2 Stenose und Verschluss 4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten,
der abdominellen Aorta 200 Radiometrie 269
3.4.1.3 Aortendissektion 201 4.2.1 Anomalien und Varianten 272
3.4.1.4 Penetrierendes Aortenulkus 204 4.3 Systematische Bildanalyse 274
3.4.1.5 Intramurales Hämatom 206
Inhalt XI

4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 282 8 Abdominelle Gefäße


4.4.1 Arteriosklerose 282 M. Uder, M. Heinrich, M. Köhler
4.4.2 Aneurysmen 289 8.1 Nierenarterien 379
4.4.3 Diabetische Angiopathie 292 M. Uder, M. Heinrich
4.4.4 Vaskulitiden 293 8.1.1 Behandlung der Nierenarterien-
4.4.5 Thrombangiitis obliterans 296 stenose 379
4.4.6 Morbus Raynaud und sekundäres 8.1.2 Zentraler und peripherer Verschluss
Raynaud-Phänomen 298 von Nierenarterien 386
4.4.7 Fibromuskuläre Dysplasie 300 Literatur 392
4.4.8 Zystische Erkrankung der Adventitia 301 8.2 Mesenterialgefäße 393
4.4.9 Popliteales arterielles Entrapment- M. Köhler
Syndrom 302 8.2.1 Behandlung
4.4.10 Thoracic-outlet-Syndrom 305 der mesenterialen Ischämie 393
4.4.11 Trauma 307 8.2.2 Behandlung
Literatur 311 der gastrointestinalen Blutung 399
Literatur 403
5 Venen
P. Kovacs 9 Beckengefäße
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik 315 K. Schürmann, D. Vorwerk
5.2 Normalanatomie 322 9.1 Behandlung der peripheren arteriellen
5.3 Systematische Bildanalyse 324 Verschlusskrankheit der Beckenarterien 405
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen 9.1.1 Beckenarterienstenosen 408
des Venensystems 326 9.1.2 Beckenarterienverschlüsse 411
5.4.1 Veränderungen im Hohlvenensystem 326 9.1.3 Behandlung von Restenosen 413
5.4.2 Veränderungen der Armvenen 332 9.1.4 Perinterventionelle Behandlung 415
5.4.3 Veränderungen der Beinvenen 335 9.2 Behandlung von Transplantat-
Literatur 346 Nierenarterienstenosen 417
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken 417
9.3.1 Uterusmyomembolisation 419
9.4 Venöse Interventionen 422
9.4.1 Beckenvenenthrombose 422
2 Interventionen 9.4.2 Beckenvenenstenosen 424
am Gefäßsystem Literatur 426

6 Supraaortale Gefäße 10 Periphere Arterien


N. Zorger D. Vorwerk
6.1 Allgemeine periinterventionelle 10.1 Gefäßeröffnende Verfahren
Maßnahmen 351 bei chronischen Veränderungen 429
6.2 Arteria subclavia 352 10.2 Gefäßeröffnende Verfahren
6.3 Truncus brachiocephalicus 354 bei akuten Verschlüssen 440
6.4 Arteria vertebralis 355 Literatur 443
6.5 Arteria carotis 356
6.6 Intrakranielle Gefäße 360 11 Hämodialyseshunt
Literatur 361 G. Wittenberg
11.1 Diagnostik 446
7 Thorakale und abdominale Aorta 11.1.1 Farbkodierte Duplexsonographie 446
G. Luska 11.1.2 Arterielle Shuntangiographie 448
7.1 Thorakale Aorta 363 11.1.3 Venöse Shuntangiographie 449
7.2 Abdominale Aorta 371 11.2 Interventionen 449
7.3 Ausblick 377 11.2.1 Indikationen zur Therapie 449
Literatur 378 11.2.2 Kontraindikationen zur Therapie 450
11.2.3 Therapie der Shuntstenose 450
11.2.4 Therapie des Shuntverschlusses 455
11.2.5 Therapie der zentralvenösen Stenose 457
11.2.6 Schlussfolgerung 458
Literatur 459
XII Inhalt

12 Transjugulärer portosystemischer Shunt 12.3 Komplikationen 466


(TIPS) 12.4 Verlaufskontrollen 467
T. Kirchhoff, H. Rosenthal 12.4.1 Sonographische und angiographische
12.1 Indikationen zur TIPS-Anlage 461 Verlaufskontrollen
12.1.1 Rezidivierende Varizenblutung 461 12.4.2 Angiographische Portographie zur
12.1.2 Therapierefraktärer Aszites 462 TIPS-Kontrolle und Shuntrevision 468
12.1.3 Therapierefraktärer Hydrothorax 462 12.5 TIPS als Brücke zur Transplantation 468
12.1.4 Hepatorenales Syndrom 462 Literatur 469
12.1.5 Hepatopulmonales Syndrom 462
12.1.6 Budd-Chiari-Syndrom 462 Sachverzeichnis 471
12.1.7 Venookklusive Erkrankung 463
12.2 Methodik der TIPS-Anlage 463
12.2.1 Hämodynamische Veränderungen
nach TIPS-Anlage 466
12.2.2 Primäre und sekundäre Offenheit 466
Autorenverzeichnis

Hahn, D., Prof. Dr. med. Landwehr, Peter, Priv.-Doz. Dr. med.
Institut für Röntgendiagnostik Klinik für Diagnostische
Universität Würzburg und Interventionelle Radiologie
Josef-Schneider-Straße 2 KH Henriettenstift
97080 Würzburg Marienstraße 72–90
30171 Hannover
Heinrich, Marc, Dr. med.
Institut für Diagnostische Radiologie Luska, Günter, Prof. em. Dr. med.
der Universität Erlangen-Nürnberg Hindenburgstraße 12
Maximiliansplatz 1 31319 Sehnde
91054 Erlangen
Mohrs, Oliver K., Dr. med.
Kenn, Werner, Dr. med. Radiologie Darmstadt
Institut für Röntgendiagnostik Abteilung für Kardiovaskuläre Bildgebung
Universität Würzburg am Alice-Hospital
Josef-Schneider-Straße 2 Dieburger Straße 29 – 31
97080 Würzburg 64287 Darmstadt

Kirchhoff, Timm D., Dr. med. Pabst, Thomas, Dr. rer. nat.
Abteilung Diagnostische Radiologie Institut für Röntgendiagnostik
OE 8220 Universität Würzburg
Medizinische Hochschule Hannover Josef-Schneider-Straße 2
Carl-Neuberg-Straße 1 97080 Würzburg
30625 Hannover
Reimer, Peter, Prof. Dr. med.
Köhler, Michael, Dr. med. Zentralinstitut für bildgebende Diagnostik
Universitätsklinikum Münster Städtisches Klinikum
Institut für Klinische Radiologie Moltkestraße 90
Albert-Schweitzer-Straße 33 76133 Karlsruhe
48149 Münster
Rosenthal, Herbert, Dr. med.
Kovacs, Peter, Dr. med. Abteilung Diagnostische Radiologie
Klinische Abteilung für Radiodiagnostik I OE 8220
Universitäts-Klinik für Radiodiagnostik Medizinische Hochschule Hannover
Medizinische Universität Innsbruck Carl-Neuberg-Straße 1
Anichstraße 35 30625 Hannover
6020 Innsbruck
Österreich Sandstede, Jörn, Priv.-Doz. Dr. med.
Röntgenzentrum Schäferkampsallee
Schäferkampsallee 5–7
20357 Hamburg
XIV Autorenverzeichnis

Schürmann, Karl, Prof. Dr. med. Völk, Markus, Priv.-Doz. Dr. med.
Institut für Diagnostische Ärztlicher Leiter
und Interventionelle Radiologie MVZ Theresientor
St.-Johannes-Hospital Stadtgraben 10
Johannesstraße 9–17 94315 Straubing
44137 Dortmund
Vorwerk, Dierk, Prof. Dr. med.
Staub, Jens-Peter, Dr. med. Institut für Diagnostische
FA für Innere Medizin und Interventionelle Radiologie
und Diagnostische Radiologie Klinikum Ingolstadt GmbH
Abteilung VIII (Radiologie) Krumenauerstraße 25
Bundeswehrkrankenhaus 85049 Ingolstadt
Oberer Eselsberg 40
89081 Ulm Vosshenrich, R., Prof. Dr. med.
Radiologen-Gemeinschaftspraxis
Strotzer, Michael, Prof. Dr. med. Magnetresonanztherapie im Friederikenstift
Abteilung Radiologie Humboldtstraße 5
Chefarzt-Klinik Hohe Warte 30169 Hannover
Hohe Warte 8
95445 Bayreuth Wittenberg, G., Priv.-Doz. Dr. med.
Institut für Röntgendiagnostik
Uder, Michael, Prof. Dr. med. Universität Würzburg
Institut für Diagnostische Radiologie Josef-Schneider-Straße 2
Universität Erlangen-Nürnberg 97080 Würzburg
Maximiliansplatz 1
91054 Erlangen Zorger, Niels, Priv.-Doz. Dr. med.
Institut für Röntgendiagnostik
Voigtländer, Thomas, Priv.-Doz. Dr. med.. Universität Regensburg
Cardioangiologisches Centrum Bethanien Franz-Josef-Strauß-Allee 11
Im Prüfling 23 93042 Regensburg
60389 Frankfurt
1 Gefäßsystem
Herz 1
J. Sandstede, Th. Voigtländer, Th. Pabst, O. Mohrs

1.1 Untersuchungstechnik 3 1.4.5 Erworbene Herzklappenerkrankungen 80


J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer 1.4.6 Angeborene Herzfehler 86
1.1.1 Konventionelle Röntgendiagnostik 3 1.4.6.1 Gefäß- und Klappenanomalien 88
1.1.2 Computertomographie 4 Kongenitale Aortenklappenstenose 88
1.1.2.1 Technische Voraussetzungen 4 Aortenisthmusstenose 88
1.1.2.2 Durchführung der Untersuchungen Pulmonalstenose 89
und Auswertung 5 1.4.6.2 Shuntvitien 90
1.1.3 Magnetresonanztomographie 15 Vorhofseptumdefekt 90
1.1.3.1 Technische Voraussetzungen 15 Ventrikelseptumdefekt 91
1.1.3.2 Sequenzbeschreibung 18 Ductus arteriosus Botalli 92
1.1.3.3 Durchführung der Untersuchungen 33 1.4.6.3 Komplexe angeborene Vitien 92
1.1.4 Echokardiographie 49 Fallot-Tetralogie 92
1.1.4.1 Zweidimensionale Kongenitale Transpositionen 93
und M-Mode-Echokardiographie 49 1.4.6.4 Koronaranomalien 94
1.1.4.2 Dopplerechokardiographie 49 1.4.7 Kardiale Raumforderungen 95
1.1.4.3 Farbdopplerechokardiographie 50 1.4.7.1 Anatomische Varianten 97
1.1.4.4 Transösophageale Echokardiographie 50 1.4.7.2 Nichttumoröse Raumforderungen 97
1.1.5 Nuklearmedizin 50 1.4.7.3 Gutartige Neubildungen 98
1.1.5.1 Radionuklidventrikulographie 50 1.4.7.4 Bösartige Neubildungen 100
1.1.5.2 Single-Photonen- Literatur 101
Emissionscomputertomographie 50
1.1.5.3 Positronenemissionstomographie 51
1.1.6 Herzkatheteruntersuchung 52
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 52 1.1
J. Sandstede, Th. Voigtländer Untersuchungstechnik
1.2.1 Anatomie des Herzens und der Koronararterien 52
1.2.2 Konventionelle Röntgendiagnostik 53
1.2.2.1 Herzschatten 53 J. Sandstede, Th. Pabst, Th. Voigtländer
1.2.2.2 Herznahe Gefäße
und pulmonale Gefäßzeichnung 54
1.2.3 Computertomographie
und Magnetresonanztomographie 54 1.1.1
1.2.4 Echokardiographie 54 Konventionelle Röntgendiagnostik
1.3 Systematische Bildanalyse und Auswertung 58
J. Sandstede
1.3.1 Konventionelle Röntgendiagnostik 58 Die konventionelle radiologische Herzdiagnostik
1.3.2 Computertomographie besteht aus der Darstellung des Herzens im post-
und Magnetresonanztomographie 59 erior-anterioren (p.-a.) Strahlengang und links anlie-
1.3.3 Echokardiographie 59 gend im seitlichen Strahlengang. Die technische
1.4 Erkrankungen des Herzens 60 Durchführung entspricht der üblichen Anfertigung
Th. Voigtländer, J. Sandstede, O. Mohrs einer Thoraxübersichtsaufnahme. In Ausnahme-
1.4.1 Koronare Herzkrankheit 60
1.4.1.1 Primärdiagnostik der koronaren Herzerkrankung fällen kann bei Vergrößerung des linken Vorhofs
(chronische KHK) 61 und/oder Ventrikels und bei Lageanomalien der Aor-
1.4.1.2 Akutes Koronarsyndrom 64 ta und/oder Abgangsanomalien der supraaortalen
1.4.1.3 Komplexe koronare Herzkrankheit 65 Gefäße die Kontrastierung des Ösophagus mittels
1.4.2 Kardiomyopathie 71
1.4.2.1 Hypertrophe Kardiomyopathie 71 Ösophagusbreischluck sinnvoll sein. Zusätzliche Auf-
1.4.2.2 Dilatative Kardiomyopathie 72 nahmen in rechter und linker vorderer Schrägstel-
1.4.2.3 Arrhythmogene rechtsventrikuläre lung werden im klinischen Alltag nicht mehr durch-
Kardiomyopathie 73
1.4.3 Myokarditis 75
geführt.Wenn der klinische Zustand des Patienten ei-
1.4.4 Perikarditis 78 ne Untersuchung im Stehen nicht zulässt, kann alter-
1.4.4.1 Akute Perikarditis 78 nativ die Thoraxübersichtsaufnahme im Liegen in
1.4.4.2 Pericarditis constrictiva 78 Rückenlage angefertigt werden. Eine Thoraxdurch-
4 Kapitel 1 Herz

leuchtung mit einem Bildverstärkerfernsehsystem ∑ Im Cine-Modus zur Funktionsdiagnostik wird ei-


wird nur noch zur Lokalisation sowie Beweglich- ne höhere zeitliche Auflösung von 50 ms bei einer
keitsprüfung von röntgendichten Herzklappenpro- Matrix von 256×256 erzielt.
thesen und Herzschrittmachersonden durchgeführt.
Völlig verlassen wurden die Kymographie und die Im Gegensatz zur konventionellen CT, bei der sowohl
konventionelle Tomographie des Herzens. die Scan-Dauer als auch die Spannung und der Röh-
renstrom zur Einstellung der Röntgendosis reguliert
werden können, wird bei der EBT die Quantität der
1.1.2 Röntgenstrahlung und damit die Qualität des CT-Bil-
Computertomographie des ausschließlich durch die Expositionszeit regu-
liert. Die Elektronenkanone arbeitet konstant bei
1.1.2.1 130 kV und 630 mA (Becker et al. 1998 a). Dadurch
Technische Voraussetzungen sinkt die Bildqualität bei adipösen Patienten auf-
Eine spezielle computertomographische Herzunter- grund des geringeren Signal-zu-Rausch-Verhältnis-
suchung stellt aufgrund der schnellen und komple- ses deutlich ab. Nachteile des EBT sind die hohen
xen Eigenbewegung des Herzens hohe Anforderun- Kosten bei geringer Verfügbarkeit aufgrund der feh-
gen an die Gerätetechnik. Im Rahmen der üblichen lenden Anwendbarkeit in der Routinediagnostik an-
CT-Diagnostik des Thorax ist nur eine orientierende derer Körperbereiche.
Beurteilung des Herzens möglich.
Mehrschicht-CT
Merke ! Für eine spezielle Herzdiagnostik sind
eine EKG-Triggerung und eine zeitliche
Die Einführung der Mehrschicht-CT (MSCT) hat die
computertomographische Herzdiagnostik revolutio-
Auflösung der Datenakquisition ≤250 ms notwendig. niert. Im Vergleich zur EBT lässt sich eine bessere
Bildqualität erzielen. Außerdem findet die Methode
Daher sollte eine dedizierte CT-Herzuntersuchung aufgrund ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit eine deut-
nicht mit einer Inkremental-CT und auch nicht mit lich größere Verbreitung. Der Hauptunterschied zur
einer Einzelschicht-Spiral-CT durchgeführt werden, üblichen Spiral-CT ist neben der kürzeren Röhrenro-
sondern ausschließlich entweder mit der Elektronen- tationszeit das Vorhandensein von mehr als einer De-
strahl-CT oder der Mehrschicht-CT. tektorzeile, wodurch sich mit einer Röhrenrotation
mehrere Schichten gleichzeitig akquirieren lassen.
Elektronenstrahl-CT Die ersten MSCT-Geräte waren so genannte 4-Zeilen-
Die Elektronenstrahl-CT (EBT, „electron beam CT“) Computertomographen, d. h. es wurden gleichzeitig
zeichnet sich im Vergleich zur herkömmlichen CT 4 Schichten akquiriert. Derzeit sind 16-Zeilen-Geräte
durch seine hohe zeitliche Auflösung von 50–100 ms am weitesten verbreitet. In der Herzdiagnostik wer-
Datenakquisitionszeit aus. Dies wird durch seine spe- den überwiegend schon 40- und 64-Zeilen-Geräte
zielle Technik ermöglicht, die auf bewegte Teile ver- eingesetzt. Ein Ende der technischen Weiterentwick-
zichtet. Im Gegensatz zur üblichen Rotation der lung ist noch nicht absehbar.
Röntgenröhre um den Patienten, deren Geschwindig- Wie bei der Einzelschicht-Spiral-CT lassen sich
keit letztendlich durch die entstehenden Fliehkräfte Datenakquisition und Datenrekonstruktion durch
begrenzt ist, entsteht bei der EBT die Röntgenstrah- 4 Parameter (Kollimation, Tischvorschub, Schicht–
lung in semizirkulär um den Patienten angeordneten dicke, Inkrement) beschreiben. Die Kollimation gibt
„Wolfram-Targets“ durch Rotation eines Elektronen- die röhrenseitig eingestellte minimale Dicke einer
strahls. Hierzu werden Elektronen mit einer Elektro- Einzelschicht an. Diese kann bei der Rekonstruktion
nenkanone zunächst beschleunigt, dann fokussiert nicht unterschritten werden. Die Angabe erfolgt als
und auf die Target-Ringe ausgelenkt. Kollimation einer Einzelschicht, multipliziert mit der
Grundsätzlich werden alle Untersuchungen mit Schichtanzahl (z. B. 4×2,5 mm). Zusammen mit dem
einer prospektiven EKG-Triggerung durchgeführt. Tischvorschub pro Umlauf ergibt sich der „Pitch-Fak-
Für den Einsatz in der kardialen Diagnostik stehen tor“, der entweder auf die Einzel- oder Gesamtkolli-
2 Aufnahmemodi mit unterschiedlicher zeitlicher mation bezogen werden kann. Beispielsweise ergibt
und räumlicher Auflösung zur Verfügung. eine Kollimation von 4×2,5 mm bei einem Tischvor-
schub von 15 mm einen Pitch-Faktor von 1,5 bzw. 6.
∑ Im Einzelschichtmodus werden Aufnahmen mit
Mittlerweile hat sich die Angabe des Pitch-Faktors
einer zeitlichen Auflösung von 100 ms und einer
bezogen auf die Gesamtkollimation durchgesetzt. Im
Matrix von 512×512 akquiriert. Diese Technik
Gegensatz zur Einzelschicht-Spiral-CT hat der Pitch-
wird für den Nachweis von Koronarkalk, die CT-
Faktor jedoch bei Beibehaltung der gerätetechni-
Koronarangiographie und die morphologische
schen Einstellungen keinen Einfluss auf die resultie-
Darstellung des Herzens eingesetzt.
1.1 Untersuchungstechnik 5

rende Strahlenexposition, da bei höherem Pitch der 2. Rekonstruktion der Bilddaten aus mehreren
Röhrenstrom automatisch erhöht wird, um eine kon- Herzzyklen (Multisegmentrekonstruktion; Flohr
stante Bildqualität zu erreichen. Ein hoher Pitch dient u. Ohnesorge 2001). Hierdurch kommt es zu einer
daher hauptsächlich der schnellen Volumenabde- besseren zeitlichen Auflösung, die direkt propor-
ckung. In der Herzdiagnostik wird dagegen ein Pitch tional zur Anzahl der verwendeten Herzzyklen
<1 verwendet, da die überlappende Datenakquisition (Segmente) ist. So kann durch die Rekonstruktion
die Bildqualität verbessert. Die Schichtdicke gibt die von Bildern aus 2 Segmenten die zeitliche Auflö-
Dicke der berechneten Einzelschicht an, das Inkre- sung z. B. verdoppelt werden. Heute werden bis zu
ment den Schichtabstand. Aufgrund der Rekonstruk- 4 Segmente verwendet. Allerdings kann es bei Ar-
tionen in anderen Ebenen empfiehlt sich eine über- rhythmien oder Frequenzschwankungen zu Ar-
lappende Rekonstruktion mit einem Inkrement von tefakten kommen.
20–50% der Schichtdicke. 3. Einsatz von je 2 Röntgenröhren und Detektoren
Wie auch bei der EBT werden alle Herzuntersu- („Dual-source-“ oder „Zwei-Röhren-CT“): Durch
chungen EKG-getriggert durchgeführt. Allerdings ist die Anordnung von 2 Röhren-Detektor-Paaren,
nicht nur eine prospektive Triggerung (EKG-gesteu- die um 90° versetzt sind, kann die effektive zeitli-
erte Scan-Auslösung) sondern auch ein retrospekti- che Auflösung der Aufnahme einer vollständigen
ves Gating (EKG-korrelierte Bilddatenberechnung) Schicht auf ein Viertel der Rotationszeit erhöht
möglich. Während bei der prospektiven Triggerung werden (Johnson et al. 2006). Damit wird die zeit-
nur ein fester Zeitpunkt der Datenakquisition vor der liche Auflösung verdoppelt. Die erste derartige CT
Untersuchung wählbar ist, können beim retrospekti- erreicht so bei einer Röhrenrotationszeit von
ven Gating die Rohdaten zu unterschiedlichen Zeit- 330 ms eine zeitliche Auflösung von 83 ms.
punkten im Herzzyklus rekonstruiert werden.
Grundsätzlich lässt sich der Rekonstruktionszeit- Beim retrospektiven Gating kann die Strahlenexposi-
punkt auf 3 verschiedene Arten angeben: tion durch den Einsatz einer EKG-gesteuerten Re-
duktion des Röhrenstroms vermindert werden.
1. als relative Verzögerung in Prozent des Herzzy-
Grundlage des Dosismodulation ist, dass bei der CT-
klus nach der vorausgegangenen R-Zacke,
Koronarangiographie für die Bildrekonstruktion nur
2. als absolute Verzögerung in Millisekunden nach
die während einer bestimmten Herzphase akquirier-
der vorausgegangenen R-Zacke,
ten Daten verwendet werden, während die zu ande-
3. als reverse Verzögerung in Millisekunden in ei-
ren Zeitpunkten im Herzzyklus akquirierten Daten
nem definierten Abstand vor der nachfolgenden
verworfen oder nur für die Funktionsanalyse ver-
R-Zacke.
wendet werden (s. unten,Abschn.„CT-Koronarangio-
Im klinischen Alltag hat sich bei gleichmäßigem graphie“). Hierfür ist eine reduzierte Bildqualität bei
Herzrhythmus die relative Verzögerung in Prozent reduziertem Röhrenstrom ausreichend. Deshalb
des Herzzyklus durchgesetzt, bei Arrhythmien wird kann der Röhrenstrom während der Herzphase redu-
jedoch vermehrt die absolute Verzögerung in Millise- ziert werden, die nicht zur Rekonstruktion der koro-
kunden eingesetzt. narangiographischen Daten verwendet wird, ohne
Die ersten 4-Zeilen-Geräte hatten eine Rotations- dass dadurch die Bildqualität der CT-Koronarangio-
zeit von 500 ms. In Abhängigkeit von Hersteller und graphie abnimmt.
Gerätegeneration liegt die Rotationsgeschwindigkei- Zumeist findet die Datenrekonstruktion in der Di-
ten derzeit zwischen 330 und 500 ms. Mit einem auf astole (etwa 55–75% des Herzzyklus) statt, weshalb
dem Halfscan-Verfahren beruhenden Rekonstruk- der Röhrenstrom in der Systole vermindert wird. Bei
tionsalgorithmus muss die Röhre für die Aufnahme schnelleren Herzfrequenzen kann jedoch der opti-
eines Bildes eine halbe Rotation beschreiben. Damit male Rekonstruktionszeitpunkt sowohl in der Systo-
wird die effektive zeitliche Auflösung auf die Hälfte le (bei etwa 30%) als auch in der Diastole liegen, wes-
der Rotationszeit erhöht. Somit können mittlerweile halb dann der Röhrenstrom nicht zwischen 30-75%
zeitliche Auflösungen zwischen 165 und 250 ms er- des RR-Intervalls, sondern nur in den übrigen Ab-
zielt werden. Dies gilt sowohl für die prospektive schnitten der Herzzyklus reduziert wird. Die Dosisre-
Triggerung als auch für das retrospektive Gating. duktion kann bis zu etwa 50% betragen.
Eine höhere zeitliche Auflösung lässt sich auf 3 We-
gen erreichen: 1.1.2.2
Durchführung der Untersuchungen und Auswertung
1. Schnellere Röhrenrotationszeiten: Hier besteht
Für die Mehrzahl der kardialen CT-Untersuchungen
eine physikalische Grenze durch die Fliehkräfte,
umfasst das Untersuchungsvolumen das gesamte
die bei immer schnellerer Rotation exponentiell
Herz von der Trachealbifurkation bzw. dem Unter-
zunehmen.
rand der linken Pulmonalarterie bis zur Herzspitze
6 Kapitel 1 Herz

bzw. dem inneren Zwerchfellwinkel. Mit Ausnahme (Becker et al. 1998 a). Das Herz wird im Cine-Modus
der Koronarkalkdetektion werden CT-Herzuntersu- in einer Atemanhaltephase in 12 Schichten mit einer
chungen unter Gabe eines jodhaltigen Kontrastmit- Schichtdicke von 8 mm untersucht. Dabei werden
tels durchgeführt. Hierfür ist ein automatischer In- maximal 13 Scans pro Schicht und Herzzyklus aufge-
jektor notwendig, der Flussgeschwindigkeiten zeichnet. Die Akquisitionszeit der Einzelschichten
>3 ml/s ermöglicht. Wenn möglich sollte bei doppel- und damit die zeitliche Auflösung betragen 50 ms.
läufigem Injektor ein NaCl-Bolus zur Reduktion der Nach Bestimmung der Kontrastmitteltransitzeit mit
Kontrastmittelmenge angeschlossen werden. Der einem Testbolus werden 90–100 ml Kontrastmittel
Zeitpunkt der Kontrastmittelinjektion sollte durch mit einer Flussgeschwindigkeit von 3 ml/s injiziert.
eine Testbolusmessung oder durch automatische Bo- Der Bildausschnitt der rekonstruierten Bilder beträgt
luserkennung optimiert werden. 18 bzw. 21 cm, die Matrix 256×256. Daraus resultiert
Der Patient wird in Rückenlage wie für eine Tho- eine Pixelgröße von 0,49 bzw. 0,67 mm2.
rax-CT positioniert. Die EKG-Elektroden werden bi- Mit der MSCT können die im Rahmen der CT-Ko-
lateral infraklavikulär und an der linkslateralen Tho- ronarangiographie mit retrospektivem Gating ge-
raxwand außerhalb des Scan-Volumens platziert. Die wonnenen Daten entlang der kurzen Herzachse über
Untersuchungen finden in Inspiration statt. Die Un- den Herzzyklus multiplanar reformatiert werden.
tersuchung wird meist in kraniokaudaler Richtung Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob die zeitliche
zur sicheren Erfassung der Koronararterienabgänge Auflösung der CT des Herzens für eine valide Funk-
durchgeführt, kann aber abhängig von der Fragestel- tionsanalyse ausreichend ist. In Abhängigkeit von
lung auch kaudokranial geplant werden. Hersteller und Gerätegeneration liegt die Rotations-
geschwindigkeit zwischen 330–500 ms. Mit einem auf
Morphologie dem Halfscan-Verfahren beruhenden Rekonstruk-
Zur Darstellung der Morphologie ist eine zeitliche tionsalgorithmus können bei Ein-Röhren-Geräten
Auflösung von ≤250 ms notwendig, die Datenakqui- somit zeitliche Auflösungen von 165–250 ms erzielt
sition wird in die Diastole gelegt. Bei höheren Herz- werden.
frequenzen können Bewegungsartefakte entstehen, Ein anderer Ansatz zur Verbesserung der zeitli-
eine Auswertung ist jedoch zumeist möglich. Die Un- chen Auflösung ist der Einsatz eines Multisegment-
tersuchung erfolgt analog zur CT-Koronarangiogra- Rekonstruktionsalgorithmus. Hierbei können auf-
phie. grund des „Oversamplings“ bei der Datenakquisition
für die Rekonstruktion einer Schicht Daten aus meh-
Funktion reren Herzphasen verwendet werden. Hierdurch
Die Funktionsdiagnostik des Herzens ist sowohl mit kommt es zu einer besseren zeitlichen Auflösung auf
der EBT als auch der MSCT möglich. Die Auswertung Kosten einer gewissen Unschärfe, wenn nicht jeder
der CT-Funktionsanalyse erfolgt analog der Auswer- Herzschlag exakt gleich ist. Dies erscheint jedoch für
tung der Cine-MRT. CT-spezifische Normalwerte die Funktionsanalyse nicht von so großer Bedeutung
sind aufgrund der Strahlenexposition für gesunde wie für die Koronarangiographie, da die MRT auch
Probanden nicht bestimmt worden. In der Literatur über mehrere Herzschläge mittelt. Allerdings konnte
konnten für alle Parameter signifikante Korrelatio- für die MRT gezeigt werden, dass für eine valide
nen zwischen MRT und EBT sowie etwas ungenauer Funktionsanalyse eine zeitliche Auflösung ≤ 50 ms
auch zwischen MRT und MSCT gezeigt werden, so- pro Herzphase notwendig ist, da bei schlechterer
dass sich die CT bei bestehenden Kontraindikationen zeitlicher Auflösung mit konsekutiv schlechterer Ab-
als Alternativmethode für den Goldstandard MRT grenzbarkeit der Endsystole das endsystolische Volu-
anbietet (Kivelitz et al. 2000). Allerdings sollten we- men überschätzt und die Ejektionsfraktion unter-
gen der vorhandenen systematischen Unterschiede schätzt werden.
Verlaufskontrollen unter Therapie nur mit einer Un- Trotz dieser methodischen Problematik wurden
tersuchungstechnik durchgeführt werden. jedoch immer wieder gute Ergebnisse der CT-Funk-
Bei der EBT wird durch Auslenkung des Untersu- tionsanalyse publiziert (Heuschmid et al. 2005;
chungstisches nach rechts (25°) und nach unten (19° Hundt et al. 2005; Yamamuro et al. 2005). Somit kön-
Neigung) annähernd eine Darstellung in der kurzen nen die im Rahmen der CT-Koronarangiographie er-
Herzachse erreicht. Eine Auslenkung nach links (21°) hobenen Daten für die globale Funktionsanalyse aus-
und unten versucht, den links- bzw. rechtsventrikulä- gewertet werden mit klinisch einsetzbaren Ergebnis-
ren Zweikammerblick darzustellen. Da die Herzach- sen. Hierbei ist der Multisegment-Rekonstruktions-
se bei jedem Patienten anatomisch unterschiedlich algorithmus aufgrund der höheren, wenn auch
ist und die Freiheitsgrade des Untersuchungstisches gemittelten zeitlichen Auflösung dem Halfscan-Ver-
begrenzt sind, gelingt die Einstellung von definierten fahren überlegen. Ein Einsatz der MSCT zur Funk-
Herzachsen jedoch nur in beschränktem Umfang tionsanalyse allein ist weiterhin kaum als sinnvoll an-
1.1 Untersuchungstechnik 7

zusehen, zumal bisher noch nicht gezeigt werden ten anderen Anwendungen der CT in der kardialen
konnte, dass eine regionale Funktionsanalyse mit der Diagnostik erfolgt diese Untersuchung ohne Verab-
CT zuverlässig möglich ist. reichung von Kontrastmittel. Die Strahlenexposition
liegt zwischen 0,5–0,8 mSv (Becker et al. 1999).
Koronarkalkbestimmung
Mittlere und größere Verkalkungen der Koronararte- 쐍 MSCT. Die Koronarkalkbestimmung mit der
rien lassen sich auch in der konventionellen Durch- MSCT kann entweder mit prospektiver Triggerung
leuchtung nachweisen. Allerdings lassen sich die Lä- wie bei der EBT oder mit retrospektivem Gating wie
sionen nicht quantifizieren. Kleinere Läsionen entge- bei der CT-Koronarangiographie durchgeführt wer-
hen dem Nachweis, und die Methode ist deutlich von den. Bei der prospektiven Triggerung werden im In-
der Erfahrung des Untersuchers abhängig (Becker et krementalmodus gleichzeitig mehrere Schichten ak-
al. 1998 b). Auch mit der konventionellen CT kann quiriert, dann erfolgt der aus Schichtanzahl und
Koronarkalk detektiert werden. Probleme der kon- Schichtdicke resultierende Tischvorschub. Bei der
ventionellen CT basieren jedoch auf der langen Ak- 4-Zeilen-CT sind dies 4×2,5 mm dicke Schichten mit
quisitionszeit. Es resultieren Bewegungsartefakte, 10 mm-Tischvorschub. Die Triggerung wurde zu-
Partialvolumeneffekte, Fehlmessungen durch Atem- nächst analog zur EBT bei 80% des RR-Intervalls
verschieblichkeit und folglich eine niedrige Reprodu- durchgeführt, mittlerweile hat sich 60% als die
zierbarkeit und geringe Sensitivität im Nachweis durchschnittliche beste Herzphase für die CT-Koro-
kleiner Läsionen (Stanford u. Thompson 1999). Die narkalkmessung herausgestellt. Die Strahlenexposi-
im Vergleich zum Herzschlag lange Akquisitionszeit tion liegt bei 1–3 mSv.
ist auch der Nachteil der Einzelschicht-Spiral-CT. Die Nachteil der 4-Zeilen-Technik ist, dass aufgrund
Einführung von EKG-getriggerten Subsekunden- der Detektorkonfiguration nur Schichtdicken von
Scannern ermöglichte zwar eine der EBT vergleich- 2,5 mm und nicht wie für die EBT standardisiert von
bare Koronarkalkquantifizierung, die Verbreitung 3 mm gemessen werden können. Bei CT-Geräten mit
der MSCT hat jedoch diese Entwicklung überholt. mehr – und damit auch dünneren – Schichten dage-
Für eine valide Koronarkalkquantifizierung ist auf- gen können die Detektoren so zusammen geschaltet
grund der Bewegung der Koronararterien eine zeitli- werden, dass wieder die zur EBT identische Schicht-
che Auflösung ≤ 250 ms zu fordern. dicke von 3 mm gemessen wird (Tabelle 1.1).
Die Koronarkalkmessung mit retrospektivem
쐍 EBT. Für den Nachweis von Koronarverkalkungen Gating wird analog zur CT-Koronarangiographie
wird das gesamte Herz mit etwa 40 kontinuierlichen durchgeführt, allerdings mit niedrigerem Röhren-
Schichten mit einer Schichtdicke und einem Tisch- strom und höherer Schichtkollimation (Tabelle 1.2).
vorschub von jeweils 3 mm bei 130 kV und 630 mA Die Datenrekonstruktion kann analog zur EBT mit
im Einzelschichtmodus abgebildet. Hierfür sind ab- einer Schichtdicke von 3 mm bei einem Inkrement
hängig von der Gerätegeneration ein oder 2 Ateman- von 3 mm erfolgen. Sinnvoller ist aber die überlap-
haltephasen notwendig. Die Aufnahmen werden pro- pende Rekonstruktion mit einem Inkrement von
spektiv EKG-getriggert. Die Datenakquisition erfolgt 1,5 mm, die zu einer Verringerung der Variabilität
in der Diastole mit einem Abstand von 80% des RR- und damit einer verbesserten Reproduzierbarkeit
Intervalls zur vorangehenden R-Zacke. Die Exposi- führt. Ursache hierfür ist die Verminderung von Par-
tionszeit beträgt 100 ms. Im Gegensatz zu den meis- tialvolumeneffekten.
Bei einer Schichtdicke von 3 mm und

Tabelle 1.1. Durchführung CT-Koronarkalkmessung mit prospektiver Triggerung

Gerätetechnik 4-Zeiler 16-Zeiler 64-Zeiler Dual-source-64-Zeiler

Kollimation 4×2,5 mm 16×0,75 mm 32×0,6 mm 32×0,6 mm


Tischvorschub 10 mm 18 mm 18 mm 18 mm
Schichtdicke 2,5 mm 3 mm 3 mm 3 mm
Inkrement 2, 5 mm 3 mm 3 mm 3 mm
Röhrenspannung 120 kV 120 kV 120 kV 120 kV
Röhrenstrom 100 mAs 100 mAs 100 mAs 76 mAs
EKG-Triggerung Prospektiv Prospektiv Prospektiv Prospektiv
Kontrastmittel Nein Nein Nein Nein
8 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.2. Durchführung CT-Koronarkalkmessung mit retrospektivem Gating

Gerätetechnik 4-Zeiler 16-Zeiler 64-Zeiler Dual-source-64-Zeiler

Kollimation 4×2,5 mm 16×1,5 mm 24×1,2 mm 24×1,2 mm


Tischvorschub 3,8 mm 5,5 mm 5,7 mm 5,7 mm
Schichtdicke 3 mm 3 mm 3 mm 3 mm
Inkrement 1,5 mm 1,5 mm 1,5 mm 1,5 mm
Röhrenspannung 120 kV 120 kV 120 kV 120 kV
Röhrenstrom 40 mAs 30 mAs 20 mAs 40 mAs/Rotation
(100 mAs eff.) (100 mAs eff.) (100 mAs eff.) (100 mAs eff.)
EKG-Triggerung Retrospektiv + Retrospektiv + Retrospektiv + Retrospektiv +
Röhrenstrom- Röhrenstrom- Röhrenstrom- Röhrenstrom-
modulation modulation modulation modulation
Kontrastmittel Nein Nein Nein Nein

Bei einer Schichtdicke von 3 mm und einer Akquisi- Zur Berechnung wird zunächst für jeden Kalkpla-
tion Schicht-bei-Schicht kann ein Kalkplaque mit que die verkalkte Fläche nebeneinander liegender Pi-
einem kraniokaudalen Durchmesser von 3 mm exakt xel mit einem Wichtungsfaktor zwischen 1 und 4 ab-
in der Schicht lokalisiert und damit gut detektierbar hängig von der maximalem CT-Dichte der Läsion
sein. multipliziert (131–200 HE=1, 201–300 HE=2, 301–
Im schlechtesten Fall dagegen liegt der Plaque ge- 400 HE=3, ≥ 401 HE=4).
nau zwischen 2 Schichten und wird nicht detektiert
aufgrund von Partialvolumeneffekten, die durch
überlappende Rekonstruktion vermindert werden. Merke ! Der Grenzwert, ab dem eine Läsion als
verkalkt angesehen wird, liegt bei
Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit der Datenre- 130 HE.
konstruktion zu verschiedenen Zeitpunkten aus
demselben Rohdatensatz. Nachteil ist die im Ver- Dieser Wert ist empirisch gewählt, da keine spezifi-
gleich zur prospektiven Triggerung mit 1–3,5 mSv sche CT-Dichte existiert, ab der eine Läsion eindeutig
(Männer) bzw. 1,4–4,1 mSv (Frauen) deutlich höhere verkalkt ist. Da die CT-Dichte von Weichteilgewebe
Strahlenexposition (Jakobs et al. 2002; Mahnken et al. jedoch im Mittel 50 HE beträgt, kann ab einer Dichte
2001). von 130 HE mit ausreichender Sicherheit davon aus-
gegangen werden, dass eine Läsion Kalzium enthält.
쐍 Auswertung. Die am häufigsten eingesetzte Me- Der Wichtungsfaktor berücksichtigt die Menge des
thode der Koronarkalkquantifizierung ist die Be- vorhandenen Kalziums zur Errechnung des Scores.
stimmung des Agatston-Scores. Hierfür werden alle Als Mindestgröße einer Läsion wird 1 mm2 Fläche ge-
4 Koronararterienhauptäste in ihrem Verlauf ma- fordert, typischerweise 2 Pixeln entsprechend. Da-
nuell mit groben Konturen segmentiert. Das Auswer- durch wird erreicht, dass eine Läsion sicher einer ver-
teprogramm detektiert innerhalb der Markierung al- kalkten Plaque entspricht und vom Bildrauschen dif-
le Strukturen mit Dichtewerten ≥130 HE. Alternativ ferenziert werden kann. Der Gesamt-Score entspricht
kann die Software auch erst alle Pixel ≥130 HE detek- dann der Summe aller Einzel-Scores der nachgewie-
tieren, die dann vom Untersucher manuell den senen Läsionen.
einzelnen Koronararterien zugeordnet werden Insgesamt besteht zwischen EBT und MSCT eine
(Abb. 1.1). Mehrere „Pitfalls“ können zu einer falsch- gute Korrelation. Allerdings ergibt die MSCT jedoch
hohen Bestimmung des Koronarkalk-Scores führen. systematisch höhere Werte für Agatston-Score und
Dies sind Verkalkungen des Anulus fibrosus mitralis Anzahl der Läsionen aufgrund des höheren Signal-
und der Aortenwurzel, die bei der manuellen Seg- zu-Rausch-Verhältnisses und der geringeren
mentierung ausgeschlossen werden müssen. Die Ein- Schichtdicke (Becker et al. 2001). Die Vergleichbar-
beziehung von Stents kann durch die spezielle Mor- keit in der Größenordung – wenn auch nicht im exak-
phologie und eine sorgfältige Anamnese verhindert ten Messwert – ist jedoch für den klinischen Einsatz
werden. Probleme können auch Bewegungsartefakte ausreichend.
vor allem der rechten Kranzarterie bereiten. Aller- Andere Quantifizierungsmöglichkeiten für die
dings sollten die Artefakte mit gemessen werden. MSCT sind das Volumen (Fläche×Inkrement) und
Hierdurch wird der Score zwar verfälscht, die Inter- vor allem die Masse in Milligramm. Diese wird be-
observer-Variabilität aber verringert. rechnet aus Fläche×Inkrement×mittlere Dichte×
1.1 Untersuchungstechnik 9

Abb. 1.1. Koronarkalkmessung. 3 repräsentative transversale Schichten von kranial nach kaudal. LM linker Hauptstamm, LAD
R. interventricularis anterior, RCX R. circumflexus, RCA rechte Koronararterie

Kalibrierungsfaktor. Vorteil ist die Vergleichbarkeit le 1.3). Die Datenakquisition erfolgt unter kontinu-
der Messwerte unterschiedlicher CT-Geräte, weshalb ierlicher EKG-Registrierung mit retrospektivem Ga-
diese Messmethode für Verlaufskontrollen eingesetzt ting. Die Untersuchung beginnt an der Aortenwurzel
werden sollte. Leider gibt es derzeit noch keine alters- in Höhe der Trachealbifurkation und endet unterhalb
und geschlechtsangepassten Vergleichskollektive zur des Herzens, die Scan-Richtung ist also kraniokau-
Abschätzung des kardiovaskulären Risikos mittels dal.Wurde zuvor eine Koronarkalkmessung durchge-
Kalkmasse analog zum Agatston-Score. Deshalb soll- führt, kann sich das Akquisitionsvolumen an der am
ten derzeit beide Parameter der Kalklast angegeben weitesten kranialen bzw. kaudalen Abbildung der Ko-
werden. Eine gemeinsame Durchführung von Koro- ronararterien mit einem Sicherheitsabstand von et-
narkalkmessung und CT-Koronarangiographie in ei- wa 1 cm orientieren. Die Atemanhaltezeit beträgt et-
ner Untersuchung ist nicht möglich. wa 30–40 s für den 4-Zeiler, etwa 20 s für den 16-Zei-
ler und zwischen 5–10 s für 40- und 64-Zeiler. Das
CT-Koronarangiographie Kontrastmittel wird mit einer automatischen Pumpe
injiziert, die Injektionsgeschwindigkeit beträgt min-
쐍 EBT. Bei der CT-Koronarangiographie wird das destens 3 ml/s, besser aber 5 ml/s.
gesamte Herz mit 30–40 überlappenden Schichten Die Startverzögerung nach Beginn der Kontrast-
mit einer Schichtdicke von 3 mm und einem Tisch- mittelinjektion kann entweder mittels Testbolus oder
vorschub von 2 mm bei 130 kV und 630 mA im Ein- Bolustriggerung bestimmt werden. Bei der Testbo-
zelschichtmodus abgebildet. Die Aufnahmen werden lusmethode werden zunächst 10–20 ml mit der glei-
prospektiv EKG-getriggert. Die Datenakquisition er- chen Injektionsgeschwindigkeit wie zur eigentlichen
folgt in der Diastole mit einem Abstand von 80% des CT-Koronarangiographie injiziert mit Messung in
RR-Intervalls zur vorangehenden R-Zacke. Die Expo- der Aorta ascendens alle 2 s über 30 s. Die Startverzö-
sitionszeit beträgt 100 ms. Nach Bestimmung der gerung ergibt sich aus der Zeitverzögerung der Spit-
Kontrastmitteltransitzeit mit einem Testbolus von ze des Testbolus (höchste Dichte) plus einer zusätzli-
10 ml werden 120–160 ml Kontrastmittel mit einer chen Startverzögerung von meist 5 s. Bei der Bolus-
Flussgeschwindigkeit von 3–4 ml/s injiziert. Abhän- triggerung wird während der Injektion der gesamten
gig von der Herzfrequenz des Patienten beträgt die Kontrastmittelmenge die Dichte in der Aorta ascen-
Messdauer etwa 30–50 s, wobei die Akquisition von dens kontinuierlich gemessen. Die CT-Koronaran-
einem Bild pro Herzschlag bis zu einer Frequenz von giographie wird dann mit einer zusätzlichen Start-
120/min möglich ist. Der Bildausschnitt der rekon- verzögerung von ebenfalls meist 5 s nach Erreichen
struierten Bilder beträgt 15 cm, die Matrix 512×512. der Triggerschwelle (100–200 HE) gestartet.
Daraus resultiert eine Pixelgröße von 0,29×0,29 mm2. Die Kontrastmittelmenge orientiert sich an der
Die Strahlenexposition beträgt etwa 10 mSv (Achen- Scan-Dauer einschließlich zusätzlichen Startverzö-
bach et al. 1998). gerung nach Triggerung/Spitze des Testbolus und der
Injektionsgeschwindigkeit:
쐍 MSCT. In der CT-Koronarangiographie in Multi-
schichttechnik wird das gesamte Herz nach i. v. Kon- Kontrastmittelmenge (ml) = [Scan-Dauer (s) +
trastmittelgabe in transversaler Schichtführung mit StartverzögerungTrigger/Testbolus (s)]×
der geringsten Schichtkollimation untersucht (Tabel- Injektionsgeschwindigkeit (ml/s).
10 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.3. Durchführung CT-Koronarangiographie

Gerätetechnik 4-Zeiler 16-Zeiler 64-Zeiler Dual-source-64-Zeiler

Kollimation 4×1 mm 16×0,75 mm (2×) 32×0,6 mm (2×) 32×0,6 mm


Tischvorschub 1,5 mm 2,8 mm 3,8 mm 3,8 mm
Schichtdicke 1,25 mm 1 mm 0,6 mm 0,6 mm
Inkrement 0,6 mm 0,5 mm 0,4 mm 0,4 mm
Röhrenspannung 120 kV 120 kV 120 kV 120 kV
Röhrenstrom 300–400 mAs 500 mAs 850 mAs 360 mAs/Rotation
EKG-Triggerung Retrospektiv + Retrospektiv + Retrospektiv + Retrospektiv +
Röhrenstrom- Röhrenstrom- Röhrenstrom- Röhrenstrom-
modulation modulation modulation modulation
Kontrastmittel Ja Ja Ja Ja
Testbolus 10–20 ml + 10–20 ml + 10–20 ml + 10–20 ml +
30 ml NaCl 30 ml NaCl 30 ml NaCl 30 ml NaCl
KM-Dosis 140 ml + 90 ml + 80–100 ml + 80–100 ml +
30 ml NaCl 30 ml NaCl 30 ml NaCl 30 ml NaCl
Delay nach KM Testbolus Testbolus +5 s Testbolus +5 s Testbolus +5 s
Flussrate 3–5 ml/s 3–5 ml/s (3–)5 ml/s (3–)5 ml/s

Die Kontrastmittelkonzentration sollte mindestens nen. Ist dies jedoch nicht der Fall, muss das Akquisi-
300 mg Jod/ml betragen. Letztlich ist der Gefäßkon- tionsvolumen den Abgang der A. thoracica (mamma-
trast jedoch nicht von der Kontrastmittelkonzentra- ria) interna aus der A. subclavia einbeziehen, da die-
tion alleine, sondern von der Jodapplikationsrate pro ses Gefäß am häufigsten als arterielles Bypass-Gefäß
Zeiteinheit (Jodflux) abhängig. Daher bieten sich hö- verwendet wird (s. unten, Abschn. „Klappenöff-
here Jodkonzentrationen von 350–400 mg Jod/ml für nungsfläche“). Dies bedeutet, dass die Untersuchung
die CT-Koronarangiographie an, die bei einer klini- etwa 1 cm oberhalb der linken Lungenspitze begin-
sche vertretbaren Injektionsgeschwindigkeit von bis nen muss. Ist zumindest bekannt, dass nur aortoko-
zu 5 ml/s zu einem verbesserten Jodflux führen. Hier- ronare Bypass-Gefäße implantiert wurden, so kann
bei ist jedoch die erhöhte Viskosität zu beachten, wes- das Akquisitionsvolumen kranial auf den Oberrand
halb die höher konzentrierten Kontrastmittel auf je- des Arcus aortae begrenzt werden. Kaudal wird wie
den Fall angewärmt werden sollten. bei der CT-Koronarangiographie stets der untere
Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen Herzrand abgebildet. Die Atemanhaltezeit erhöht
für die Kontrastmittelgabe sind identisch zu allen an- sich entsprechend. Das Vorhandensein von Stents hat
deren CT-Untersuchungen mit Kontrastmittel und auf die Untersuchungsdurchführung keinen Einfluss.
werden daher hier nicht aufgeführt. Von entscheidender Bedeutung für den techni-
schen Erfolg und die Beurteilbarkeit einer CT-Koro-
CAVE !Zu beachten ist jedoch für kardiologi-
sche Patienten, dass es durch das ap-
narangiographie sind die Herzfrequenz des Patien-
ten, der Zeitpunkt der Datenrekonstruktion und die
plizierte Volumen von bis zu 150 ml bei einge- Ausprägung der Koronarverkalkungen.
schränkter linksventrikulärer Pumpfunktion (<30–
40%) aufgrund der Volumenbelastung zu einem aku- 쐍 Herzfrequenz. Die relative Länge des Datenakqui-
ten Linksherzversagen kommen kann. sitionsfensters im Herzzyklus bestimmt aufgrund
der hohen Eigenbewegung der Koronararterien die
Daher sollte bei Verdacht auf bzw. manifester Herzin- Bildqualität. Da die Rotationszeit nicht verändert
suffizienz vor der CT-Koronarangiographie eine kar- werden kann, sinkt bei höheren Herzfrequenzen und
diologische Abklärung erfolgen mit der Frage, ob die damit geringerer Dauer des Herzzyklus die Bildqua-
Volumenbelastung für den Patienten tolerabel ist. lität. Deshalb sollte die Herzfrequenz immer mög-
Bei Zustand nach Bypass-Operation muss das Un- lichst niedrig liegen, auch wenn die neuesten CT-Ge-
tersuchungsvolumen entsprechend angepasst wer- räte mit einer zeitlichen Auflösung <100 ms auch bei
den. Idealerweise sollten vor der Untersuchung Art, Herzfrequenzen >75/min eine ausreichende Bildqua-
Anzahl und Verlauf der Bypass-Gefäße bekannt sein, lität erzielen.
um die Untersuchung entsprechend planen zu kön-
1.1 Untersuchungstechnik 11

Merke ! Die beste Beurteilbarkeit ist stets bei


Herzfrequenzen <65/min gegeben.

Dies ist durch Gabe eines Betablockers zu erreichen,


der auf 3 Arten appliziert werden kann:
1. orale Gabe von Metoprolol 100 mg (z. B. Lopresor)
eine Stunde vor Untersuchungsbeginn,
2. I. v.-Injektion eines kurzfristig wirksamen Beta-
blockers (z. B. Brevibloc) unmittelbar vor Unter-
suchungsbeginn,
a
3. I. v.-Injektion von 5–20 mg Metoprolol (z. B. Be-
loc) fraktioniert unmittelbar vor Untersuchungs-
beginn.
Wichtig ist die Beachtung der Kontraindikationen ar-
teriovenöser Block und chronisch-obstruktive Lun-
generkrankungen.
Als zusätzliche Medikamentengabe vor Durchfüh-
rung der CT-Koronarangiographie hat sich mittler-
weile die orale Gabe von Nitroglyzerinspray durchge-
setzt. Dies führt zu einer signifikanten Weitstellung
der Koronararterien und damit zu einer besseren Be- b
urteilbarkeit (Dewey et al. 2006). Die Applikation
sollte nicht unmittelbar, sondern etwa 5 min vor der Abb. 1.2 a, b. Rekonstruktionszeitpunkt CT-Koronarangiogra-
Aufnahme erfolgen, um eine maximale Wirkung zu phie. a Multiphasenrekonstruktion des R. interventricularis
anterior über den gesamten Herzzyklus (RR-Intervall) in 5%-
erzielen.Als Nebenwirkungen können ein Blutdruck- Schritten bei einer mittleren Herzfrequenz von 91/min.
abfall und – vor allem bei jüngeren Patienten – Kopf- b Die beste Bildqualität findet sich bei 35% des RR-Intervalls
schmerzen auftreten. (Volume-Rendering-Technik)

쐍 Zeitpunkt der Datenrekonstruktion. Ein großer Vor-


teil der CT-Koronarangiographie – z. B. auch im Ge- zögerung in Millisekunden nach der vorausgegange-
gensatz zur MR-Koronarangiographie – ist, dass nen R-Zacke an. In 50 ms-Schritten ist oftmals in der
durch den Einsatz des retrospektiven Gatings die Systole ein für den Patienten optimales und insge-
Rohdaten zu verschiedenen Zeitpunkten des Herzzy- samt auch beurteilbares Rekonstruktionsintervall zu
klus rekonstruiert werden können. Dadurch ist es finden.
möglich, für jeden Patienten individuell den Zeit-
punkt der besten Abbildung der Koronararterien im 쐍 Ausmaß der Koronarverkalkungen. Die CT-Koronar-
Herzzyklus zu bestimmen. Dies geschieht zunächst angiographie kann im selben Untersuchungsgang, je-
durch Proberekonstruktionen in 5%-Schritten des doch bei getrennten Aufnahmen, mit der Koronar-
RR-Intervalls. Bei langsamen Herzfrequenzen (bis kalkmessung kombiniert werden. Dies führt bei
70/min) liegt der optimale Rekonstruktionszeit- Durchführung beider Untersuchungen unmittelbar
punkt meist in der Diastole bei 60 oder 65%, weshalb nacheinander insgesamt zu einer höheren Strahlen-
hier die Proberekonstruktion zwischen 55 und 75% exposition. Dieser Nachteil wird jedoch z. T. durch
des RR-Intervalls meist ausreichend ist. Bei schnelle- die exaktere Anpassung des Untersuchungsvolumens
ren Herzfrequenzen verlagert sich der Zeitpunkt des der CT-Koronarangiographie an die tatsächliche Po-
optimalen Rekonstruktionsintervalls weiter nach sition der Koronararterien wieder ausgeglichen. Dar-
vorne in die Systole. Daher sollte bei Herzfrequenzen über hinaus wird diskutiert, ob ab einem bestimmten
>70/min das optimale Rekonstruktionsintervall Grenzwert für den Agatston-Score die Durchführung
durch Proberekonstruktionen im Bereich zwischen einer CT-Koronargangiographie noch sinnvoll ist, da
25–80% des Herzzyklus und nicht nur in der Diasto- aufgrund der Kalkplaques eine valide Stenosendetek-
le gesucht werden (Abb. 1.2 a, b). Wenn sich hier- tion erschwert ist. Zudem steigt mit dem Ausmaß der
durch immer noch keine ausreichende Bildqualität Verkalkungen auch die Anzahl der falsch-positiven
erzielen lässt oder wenn der Patient einen unregel- Befunde.
mäßigen Herzschlag – z. B. auch bei Vorhofflimmern Allerdings ist weniger die Kalkgesamtmasse als
– hat, bietet sich die Rekonstruktion als absolute Ver- vielmehr die Kalkplaquemorphologie entscheidend
12 Kapitel 1 Herz

für die Beurteilbarkeit.Während diffuse wandständi-


ge Verkalkungen oder auch umschriebene wandstän-
dige Kalkplaques mit modernen CT-Geräten eindeu-
tig als wandständig und nicht signifikant stenosie-
rend erkannt werden können, sind zirkuläre Verkal-
kungen weiterhin nicht beurteilbar. Dies lässt sich
jedoch aus der Koronarkalkmessung nicht unter-
scheiden. Somit erscheint die zusätzliche Durchfüh-
rung der Koronarkalkmessung nur zur Indikations-
stellung für die CT-Koronarangiographie nicht sinn-
voll, zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos
kann sie jedoch gut eingesetzt werden.

쐍 Stenosendiagnostik. Die Diagnosestellung erfolgt Abb. 1.3. CT-Koronarangiographie. LAO-Projektion (RIVA


auf den transversalen Schichten und zweidimensio- R. interventricularis anterior)
nalen Rekonstruktionen. Hier haben sich vor allem
dünne Maximum-Intensity-Projektionen (MIP) mit
einer Schichtdicke von 3–5 mm bei einem Schichtab-
stand von 1,5–2,5 mm bewährt. Zusätzlich sind noch
zum Gefäßverlauf orthogonale Projektionen mög-
lich, die eine Planimetrie der Stenose und des norma-
len Gefäßdurchmessers ermöglichen. Eine Stenose
muss immer in 2 Ebenen dargestellt werden. Ob die
Angabe eines Stenosegrads in Prozent tatsächlich
derzeit schon valide ist, kann noch nicht eindeutig
gesagt werden – auf jeden Fall sollte eine Unterschei-
dung von gering-, mäßig-, und hochgradigen Steno-
sen sowie Okklusionen erfolgen.

Rekonstruktionen a
Für Rekonstruktionen aus CT-Datensätzen ist eine
20–50% überlappende Rekonstruktion der Rohdaten
notwendig, d. h. das Inkrement beträgt 50–80% der
Schichtdicke. Dies führt vor allem zu einer Vermei-
dung von Stufenartefakten am Bildrand. Mittlerweile
sind MIP- und multiplanare Rekonstruktionen
(MPR) auch direkt aus den Rohdaten möglich, ohne
dass zunächst die überlappende Rekonstruktion der
transversalen Schichten erfolgen muss.Alle beschrie-
benen Rekonstruktionsverfahren sind analog natür-
lich auch mit der MRT einsetzbar.

쐍 Projektionen. Analog zur Herzkatheteruntersu- b


chung werden in der MIP- und der MPR-Darstellung
Abb. 1.4 a, b. CT-Koronarangiographie: RAO-Projektion. a Rech-
zunächst Standardprojektionen angefertigt. Dies te Koronararterie (RCA). b Linker Hauptstamm (LM) und
sind die LAO- („left antorior oblique-“)Projektion R. circumflexus (RCX)
zur Darstellung von rechter Koronararterie (RCA)
und R. circumflexus (RCX), die RAO- („right anterior
oblique-“)Projektion zur Darstellung des R. interven-
tricularis anterior (RIVA) und die Projektion entlang
der langen Herzachse zur Aufsicht auf linken Haupt-
stamm, R. interventricularis anterior und R. circum-
flexus sowie der distalen rechten Koronararterie. Zur
Erstellung der LAO-Projektion wird zunächst in
einer transversalen Ebene der Abgang der rechten
1.1 Untersuchungstechnik 13

einer Videosequenz aus mehreren Projektionen ver-


mittelt dann einen räumlichen Eindruck.Vorteile des
Verfahrens sind die Unabhängigkeit von Schwellen-
werten und das hohe Signal-zu-Rausch-Verhältnis.
Nachteilig ist, dass umliegende Strukturen hoher Sig-
nalintensität wie z. B. die Thoraxwand manuell seg-
mentiert werden müssen, um Überlagerungen zu
vermeiden.

쐍 VRT. Die Volume-Rendering-Technik (VRT) ergibt


ein dreidimensionales Bild (Abb. 1.6 a, b). Im Gegen-
satz zur MIP-Technik ist auch die Darstellung von
überlagernden Gefäßen möglich, da die einzelnen
Objekte mit unterschiedlicher Opazität, d. h. Trans-
parenz dargestellt werden. Den darzustellenden Ge-
fäß-, Weichteil- und Knochenstrukturen werden die
Abb. 1.5. CT-Koronarangiographie. Lange Herzachse R. inter-
ventricularis anterior (RIVA) und R. circumflexus (RCX) für die Rekonstruktion zu verwendenden CT-Inten-
sitätswerte und Opazitätswerte zugeordnet, aus de-
nen ein frei rotierbares Projektionsbild errechnet
wird.
Koronararterie aufgesucht. Die Kippung der Schicht- Eine Variante ist die Surface-Rendering-Technik,
ebene erfolgt dann von rechts ventral nach links dor- die die alleinige Darstellung eines Gefäßsystems er-
sal mit möglichst langstreckiger Darstellung des möglicht. Hierfür werden z. B. die Koronararterien
RCA-Verlaufs. In dieser Darstellung kommen auch auf jeder Einzelschicht manuell segmentiert.
der linke Hauptstamm und die R. circumflexus gut
zur Darstellung (Abb. 1.3). Für die RAO-Projektion 쐍 SSD. Die Oberflächendarstellung („shaded-surfa-
wird in einer transversalen Ebene der Verlauf des ce-display“, SSD) ist ebenfalls eine Variante der VRT.
R. interventricularis anterior aufgesucht, anhand Hier wird ein einziges Intervall festgelegt mit maxi-
dessen erfolgt die Kippung der Schichtebene von maler Opazität, sodass nur eine dreidimensionale
rechts ventral nach links dorsal (Abb. 1.4 a, b). Die Oberflächenrekonstruktion ohne Durchscheineffekt
Projektion in der langen Herzachse wird orthogonal erzeugt wird.
zur RAO-Projektion entlang des Verlaufs des R. inter-
ventricularis anterior geplant (Abb. 1.5). So kommen 쐍 MPR. Bei der MPR entsteht ein zweidimensionales
linker Hauptstamm, R. interventricularis anterior Bild durch die Festlegung einer Schnittebene durch
und Diagonaläste sowie die distale rechte Koronarar- den gesamten Schichtstapel. Die Schnittebene kann
terie einschließlich Crux cordis und Aufteilung in entweder eine Gerade sein oder eine gekrümmte Li-
R. posterolateralis sinster und R. interventricularis nie. Vor allem letzteres Rekonstruktionsverfahren ist
posterior zur Darstellung. Bei nicht ausreichender deutlich untersucherabhängig. Der Zeitaufwand ist
Darstellung aller Koronararteriensegmente werden jedoch relativ gering.
zusätzliche, individuell anhand des Verlaufs des be-
treffenden Koronararteriensegments geplante Ebe- 쐍 Virtuelle Koronaroskopie. Bei der virtuellen Koro-
nen erstellt. naroskopie werden Bilder erzeugt, die den Blickwin-
kel endoskopischer Verfahren simulieren. Hierdurch
쐍 MIP. Bei der MIP werden in einem virtuellen wird mit Hilfe einer Zentralprojektion nach Vorgabe
Strahlengang aus jeder Schicht nur die Voxel mit der eines Schwellenwerts ein „Flug“ durch das Koronar-
höchsten Signalintensität als Pixel auf einer Ebene arterienlumen mit der Möglichkeit zur Betrachtung
(2D) abgebildet. Primär besteht kein räumlicher Ef- der Wandstrukturen erzeugt. Hierbei handelt es sich
fekt in der Betrachtungsebene. Das Projektionsradio- um ein aufwändiges Nachverarbeitungsverfahren,
gramm wird jedoch in verschiedenen Ebenen bzw. dessen diagnostischer Stellenwert eher gering er-
Betrachtungswinkeln berechnet. Die Kombination zu scheint.
14 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.6 a, b. CT-Koronarangiographie:


Volume-Rendering-Technik (VRT) mit
korrespondierender gekurvter multi-
planarer Rekonstruktion (MPR).
(RCA rechte Koronararterie,
RIVA R. interventricularis anterior,
RCX R. circumflexus)

b
1.1 Untersuchungstechnik 15

1.1.3 rax, ist aufgrund des besseren Signal-zu-Rausch-Ver-


Magnetresonanztomographie hältnisses obligatorisch. Das Hochfrequenzsystem
sollte über mehrere getrennt arbeitende Hochfre-
quenzkanäle verfügen, damit im Zusammenhang mit
1.1.3.1 dem Oberflächenspulensystem die Verfahren der pa-
Technische Voraussetzungen rallelen Bildgebung angewendet werden können.
Technische Weiterentwicklungen der letzten Jahre Die EKG-Triggerung des Magnetresonanztomo-
führten zu einer Generation von Magnetresonanzto- graphen muss weitgehend unabhängig von Störun-
mographen, die sich durch einen hohen Patienten- gen durch das Hauptmagnetfeld und das Schalten
komfort, vor allem in Bezug auf die Länge der Mag- der Magnetfeldgradienten sein. Die Software für die
netfeldröhre, und eine sehr gute Bedienerfreundlich- verschiedenen kardiovaskulären Messtechniken wird
keit auszeichnen. Für kardiovaskuläre Anwendungen ebenso benötigt, wie eine Auswertesoftware für die
wurden spezielle Empfangsspulen und Messtechni- quantitative Bestimmung der Herzfunktionsparame-
ken mit dazugehöriger Auswertesoftware entwickelt. ter, der Perfusions- und der Flussmessungen. Für die
Der Magnetresonanztomograph besteht aus einem Durchführung und Reproduzierbarkeit der kontrast-
Magneten mit Shim-System, einem Magnetfeldgra- mittelverstärkten Magnetresonanzangiographie
dientensystem, einem Hochfrequenzsystem inklusive (MRA) und der Perfusionsuntersuchung ist ein mag-
Sende- und Empfangsspulen, der Patientenlagerung- netresonanzkompatibler Kontrastmittelinjektor
seinheit und einem Steuer- und Bildrechner mit der obligatorisch. Während der Untersuchung sollte eine
dazugehörigen Software. Überwachung des Patienten sowohl optisch als auch
Die einzelnen Komponenten müssen den klini- über das EKG erfolgen. Zusätzliche Überwachungs-
schen Anforderung an die Bildqualität zur Darstel- maßnahmen sind bei Untersuchungen unter phar-
lung des kardiovaskulären Systems gerecht werden. makologischem Stress indiziert.
Diese wird primär durch das Signal-zu-Rausch-Ver-
hältnis und die zeitliche und räumliche Auflösung Akquisitionsparameter und Akronyme
beschrieben. In der MRT wird eine große Anzahl von unterschied-
lichen Akquisitionstechniken für verschiedene medi-
Merke ! Eine Magnetfeldstärke von mindes-
tens 1,0 Tesla (T) ist aufgrund des be-
zinische Fragestellungen eingesetzt. Die für die MRT-
Untersuchung des Herzens relevanten Akquisitions-
nötigten Signal-zu-Rausch-Verhältnisses zwingend techniken mit den wichtigsten Messparametern wie
erforderlich. Wichtung, zeitliche und räumliche Auflösung werden
im weiteren Verlauf des Kapitels vorgestellt. Die sehr
Spezielle kardiovaskuläre Untersuchungen wie die stark geräte- und herstellerspezifischen Parameter
Perfusionsmessung und die Koronarangiographie wie Repetitionszeit, Echozeit, Flip-Winkel oder Ab-
benötigen eine Magnetfeldstärke von 1,5 T. Die Ver- stand der Echos werden nicht aufgeführt. Grundle-
wendung einer Magnetfeldstärke von 3,0 T bietet vor gende Kenntnisse der MRT-Messparameter und de-
allem den Vorteil eines deutlich höheren Signal-zu- ren Zusammenhänge hinsichtlich des räumlichen
Rausch-Verhältnisses als bei 1,5 T, aber auch deutli- und zeitlichen Auflösungsvermögens, der Akquisi-
che Nachteile, wie z. B. eine stark erhöhte spezifische tionszeit und des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses
Absorptionsrate, ausgeprägtere Suszeptibilitätsarte- werden dabei vorausgesetzt.
fakte oder die Beeinflussung der Form des Patienten- MRT-Akquisitionstechniken werden üblicherwei-
EKGs. se durch Akronyme beschrieben, wobei je nach Her-
Die kardiovaskulären Anwendungen profitieren steller unterschiedliche Akronyme für gleiche oder
vor allem vom Signalgewinn, der u. a. in eine Reduk- ähnliche MRT-Techniken verwendet werden. In Ta-
tion der Untersuchungsdauer umgesetzt werden belle 1.4 wird ein Überblick über die am weitesten
kann. Das Shim-System des Magneten muss in der verbreiteten Akronyme und MRT-Techniken gege-
Lage sein, in einer kurzen Zeitspanne von etwa 1 min ben, da diese ebenfalls im weiteren Verlauf benutzt
die Magnetfeldhomogenität im Untersuchungsvolu- werden sollen. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch
men selbstständig zu optimieren. Die Leistungs- auf Vollständigkeit sondern soll nur eine Orientie-
merkmale des Gradientensystems ergeben sich aus rungshilfe darstellen.
den geforderten Messbedingungen (Signal-zu-
Rausch-Verhältnis, zeitliche und räumliche Auflö- Herz- und Atembewegung: Triggerverfahren
sung, Akquisitionszeit) der klinischen Fragestellun- 쐍 EKG-Triggerung. Üblicherweise erfolgen MRT-Auf-
gen. Die Verwendung eines zielvolumenadaptierten nahmen des Herzens mit EKG-Triggerung, um Bild-
Oberflächenspulensystems, bestehend aus mehreren artefakte durch die Bewegung des Herzens zu mini-
Elementen auf der Vorder- und Hinterwand des Tho- mieren oder um Bilder zu bestimmten Zeiten des
16 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.4. Akronyme der Hersteller GE, Philips und Siemens

Akronym Voller Name Beschreibung Hersteller

SE Spin-Echo Basis SE-Sequenz GE, Philips, Siemens


TSE Turbo Spin-Echo SE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich Siemens, Philips
phasenkodierten 180°-HF-Pulsen
FSE Fast Spin-Echo SE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich GE
phasenkodierten 180°-HF-Pulsen
HASTE „Half Fourier single shot Turbo Kombination aus RARE und Half Fourier Siemens
Spin-Echo“
GRE, GE Gradientenecho Basis GRE-Sequenz GE, Siemens
FFE „Fast field echo“ Basis GRE-Sequenz Philips

FLASH „Fast low angle shot“ GRE mit Magnetisierungsspoiler Siemens


T1-FFE „Contrast enhanced fast field echo“ FFE mit Magnetisierungsspoiler Philips
SPGR „Spoiled grass“ GRE mit Magnetisierungsspoiler GE
FISP „Fast imaging with steady state GRE mit teilweiser Rephasierung Siemens
precession“ der Gradienten
GRASS „Gradient recalled acquisition GRE mit teilweiser Rephasierung GE
in steady state“ der Gradienten
T2-FFE „Contrast enhanced fast field echo“ FFE mit teilweiser Rephasierung Philips
der Gradienten
SSFP „Steady state free precession“ GRE mit teilweiser Rephasierung GE
der Gradienten
PSIF „Reverse FISP“ GRE mit teilweiser Rephasierung Siemens
der Gradienten
TrueFISP „FISP with heavy T2 weighting“ GRE mit Rephasierung der Gradienten Siemens
in allen 3 Richtungen
FIESTA „Fast imaging employing steady GRE mit Rephasierung der Gradienten GE
state acquisition“ in allen 3 Richtungen
BFFE „Balanced FFE“ GRE mit Rephasierung der Gradienten Philips
in allen 3 Richtungen
Turbo FLASH „Turbo FLASH“ Sehr schnelle magnetisierungspräparierte Siemens
FLASH-Sequenz
TFE „Turbo field-echo“ Sehr schnelle magnetisierungspräparierte Philips
FFE-Sequenz
FSPGR „Fast SPGR“ Sehr schnelle magnetisierungspräparierte GE
SPGR-Sequenz
EPI „Echo planar imaging“ GRE-Sequenz mit mehreren, unterschiedlich Philips, Siemens, GE
phasenkodierten Gradientenechos
PSIR „Phase sensitive inversion Spezielle Bildaufnahme und Bild- Philips, Siemens, GE
recovery“ rekonstruktion für die Spätaufnahmetechnik

Herzzyklus aufzuzeichnen. Die meisten Sequenz- Signal wird durch das Hauptmagnetfeld gestört
techniken benötigen hierzu eine Datenaufnahme in (magnetohydrodynamischer Effekt), d. h. die physio-
mehreren Herzzyklen. Durch die EKG-Triggerung logische Form kann verändert werden. Weitere Stö-
wird sichergestellt, dass alle Messdaten zur gleichen rungen des EKGs können durch das Schalten der
Zeit im Herzzyklus aufgezeichnet werden, wodurch Magnetfeldgradienten während einer Messung erfol-
Artefakte durch die Herzbewegung weitgehend ver- gen, wodurch die Triggerung aber nicht beeinflusst
mieden werden können. werden sollte. Die Triggerung funktioniert im Allge-
Spezielle, nicht-ferromagnetische EKG-Elektro- meinen trotz der Störungen zuverlässig, solange der
den erlauben die Ableitung eines EKG-Signals vom Magnetresonanztomograph im EKG-Signal einen
Patienten in einem Magnetfeld zur Triggerung einer wiederkehrenden Peak registriert, der in Korrelation
MRT-Aufnahme. Das vom Patienten abgeleitete EKG- zur R-Zacke steht.
1.1 Untersuchungstechnik 17

Abb. 1.7 a, b. EKG-Triggerung. Bei der prospektiven Trigge- leistet, dass in jedem Herzzyklus eine Datenaufnahme erfolgt
rung (a) erfolgt nach der R-Zacke der Beginn der Datenauf- und keiner übersprungen wird. Aufnahmen in der späten Dia-
nahme, die in der Abbildung durch die grauen Rechtecke dar- stole werden dadurch im Gegensatz zur retrospektiven Trigge-
gestellt werden soll. Ein Rechteck soll z. B. im Fall einer GRE- rung (b) nicht möglich. Bei der retrospektiven Triggerung er-
Sequenz die Aufnahme einer k-Raum-Linie symbolisieren, folgt die Aufnahme von k-Raum-Linien kontinuierlich (EKG-
d. h. es werden 9 k-Raum-Linien einer Schicht pro RR-Intervall unabhängig) bei einer gleichzeitigen EKG-Registrierung. Nach
aufgezeichnet. Bedingt durch normale Schwankungen des der Messung erfolgt vor der Bildrekonstruktion eine Korrela-
Herzzyklus können nur etwa 90% der mittleren RR-Zeit für tion der k-Raum-Linien mit ihrem Aufnahmezeitpunkt im
die Datenaufnahme verwendet werden. Dadurch ist gewähr- Herzzyklus

왔 EKG-Triggerung bedeutet, dass die Zeitpunkten des Herzschlags zugeordnet, wodurch


Definition
Datenaufnahme mit dem EKG des Pa- eine Rekonstruktion von Bildern für verschiedene
tienten synchronisiert wird. Herzphasen möglich ist (vgl. Abb. 1.7 b).
Ein Vorteil der retrospektiven gegenüber der pro-
Grundsätzlich stehen dafür 2 Methoden zur Verfü- spektiven Methode besteht in der Möglichkeit, Auf-
gung: die prospektive und die retrospektive EKG-Trig- nahmen in der späten diastolischen Phase zu erhal-
gerung (Abb. 1.7 a, b). Die prinzipielle Funktionswei- ten. Dies wird durch die kontinuierliche, EKG-unab-
se der prospektiven Triggerung, d. h. der Triggerung hängige Rohdatenaufnahme ermöglicht, während im
der Datenaufnahme auf die R-Zacke des EKGs, kann Vergleich dazu bei der prospektiven Triggerung nur
in 3 Schritten zusammengefasst werden (vgl. etwa während der ersten 90% des Herzzyklus eine
Abb. 1.7 a): Datenaufnahme erfolgt und dann der Tomograph auf
die nächste R-Zacke wartet. Es entsteht folglich eine
1. der Tomograph wartet auf eine R-Zacke,
Totzeit von etwa 10% in der späten Diastole.
2. nach der R-Zacke und einer evtl. eingestellten
Die ultraschnelle Bildgebung des Herzens kann
Wartezeit (Trigger-Delay) erfolgt die Datenakqui-
auch ohne EKG-Triggerung eingesetzt werden, da
sition und
durch die hohe Datenaufnahmegeschwindigkeit die
3. nach Ende der Messung wartet der Tomograph
Bewegung des Herzens gewissermaßen „eingefro-
auf die nächste R-Zacke für eine weitere Datenak-
ren“ wird. Die räumliche Auflösung bei diesen Tech-
quisition.
niken ist im Vergleich zu EKG-getriggerten Techni-
Diese Methode kann bei allen Sequenztechniken ein- ken deutlich verringert.
gesetzt werden. Im Fall der retrospektiven Trigge-
rung erfolgt eine kontinuierliche Aufnahme von Roh- 쐍 Kompensation der Atmung. Bildartefakte durch die
daten ohne EKG-Triggerung bei gleichzeitiger unab- Atmung müssen bei der Herzbildgebung weitgehend
hängiger Registrierung des EKGs. Nach der Daten- minimiert oder gänzlich beseitigt werden, da sie die
aufnahme werden die Rohdaten den verschiedenen diagnostische Aussagekraft stark beeinträchtigen
18 Kapitel 1 Herz

können. Ein großer Teil der Artefakte entsteht durch Tabelle 1.5. Messparameter Morphologie
das helle Fettsignal der vorderen (anterioren) Tho-
Sequenzen SE, TSE, TIRM, HASTE, FSE, RARE, ...
raxwand. Dieses Artefakt wird durch die Verwendung
der obligatorischen Oberflächenspulen noch ver- Wichtung T1, T2, IR
stärkt. Pixelgröße ≤1,5 mm×2,1 mm
Für die Reduktion der Atemartefakte stehen Matrix ≥256×180
grundsätzlich 3 Methoden zur Verfügung: FoV ≤380 mm
∑ die Datenaufnahme in Atemanhaltetechnik, Schichtdicke 5–8 mm
∑ die Triggerung auf die Atembewegung oder
∑ eine Datenaufnahme mit einer entsprechende An-
zahl von Signalmittelungen.
쐍 Spin-Echo. Die SE-Pulssequenz ist die am häufig-
Die Atemanhaltetechnik liefert bei einem kooperati- sten benutzte Pulssequenz in der MRT (Stark u. Brad-
ven Patienten sehr gute Resultate. Sie ist mit nahezu ley 1992). Die Ursache dafür ist sicherlich zum einen
allen Bildgebungsmethoden kombinierbar, da die der einfache Zusammenhang zwischen den Messpa-
Messzeiten aller Methoden in der Größenordnung rametern (TR, TE) und dem entstehenden Bildkon-
von etwa 15–25 s liegen. Für die Atemtriggerung ist trast und zum anderen die Verfügbarkeit auf allen
eine Detektion der Atembewegung erforderlich, wie Magnetresonanztomographen. Die SE-Sequenz be-
sie z. B. mit einem Atemgürtel erfolgen kann. Eine steht aus 2 Hochfrequenzpulsen, einem 90°-Puls ge-
modernere Methode ist die so genannte Navigator- folgt von einem 180°-Puls im zeitlichen Abstand der
technik, die mit Hilfe von meist eindimensionalen halben Echozeit (TE). Auf den 180°-Puls folgt nach
MRT-Bildern die Bewegung des Herzens direkt oder nochmaligem Ablauf der gleichen Zeitspanne (TE/2)
über die Diaphragmabewegung aufzeichnet. Mit die- ein MRT-Signal in der Empfangsspule, das Echosig-
ser Technik kann z. B. eine Atemtriggerung der EKG- nal. Dieses Echosignal hat den Vorteil, nicht mehr
getriggerten Aufnahme in der bewegungsarmen end- von externen Magnetfeldinhomogenitäten abzuhän-
exspiratorischen Atmungsphase erfolgen. Ein we- gen. Die Sequenz, bestehend aus 90°-Puls, 180°-Puls
sentlicher Nachteil dieses Verfahrens ist die erhebli- und Echosignal wird mit der Reptitionszeit TR für
che Verlängerung der Messzeit. Die Methode der unterschiedliche Phasenkodiergradienten wieder-
Signalmittelungen scheidet bei den meisten Anwen- holt, um die für die Bildrekonstruktion benötigten
dungen durch die sehr lange Untersuchungszeit bei Rohdaten zu akquirieren.
einer nur mäßigen Bildqualität aus. Bei der SE-Sequenz kann sehr einfach durch die
Wahl der Messparameter Repetitionszeit (TR) und
1.1.3.2 Echozeit (TE) eine T1-, T2- oder Protonendichte-
Sequenzbeschreibung (PD-)gewichtete Aufnahme erzeugt werden:
Morphologie
∑ TR kurz (200–800 ms), TE kurz (<20 ms) ergibt
Für die kardiovaskuläre MRT-Bildgebung steht eine
ein T1-Bild,
fast unendliche große Anzahl von Sequenztechniken
∑ TR lang (2000–6000 ms), TE kurz (<20 ms) ein
zur Verfügung, die sich primär durch einen unter-
PD-Bild und
schiedlichen Bildkontrast, die Länge der Bildaufnah-
∑ TR lang (2000–6000 ms) und TE lang (>80 ms)
mezeit und die räumliche und zeitliche Auflösung
eine T2-gewichtete Aufnahme.
unterscheiden. Alle Sequenztechniken lassen sich
aber grundsätzlich auf 2 Basissequenzen, die Spin- Die Parameterkombination TR kurz (200–800 ms),
Echo- (SE-)Sequenz und die Gradientenecho- (GRE-) TE lang (>20 ms) liefert einen Mischkontrast aus T1-
Sequenz zurückführen. , T2- und PD-Wichtung, der in der Diagnostik nicht
In diesem Abschnitt sollen die Funktionsweisen verwendet wird.
dieser Basissequenzen beschrieben und ihr grund- MRT-Aufnahmen des Herzens erfolgen in der Re-
sätzlich unterschiedlicher Bildkontrast bei der kar- gel mit EKG-Triggerung. Die EKG-Triggerung erfolgt
diovaskulären Bildgebung insbesondere in der mor- auf die R-Zacke, wodurch ein neuer SE-Pulszyklus
phologischen Darstellung erläutert werden. Variatio- (90-180-Echosignal) ausgelöst wird (Abb. 1.8). Dem-
nen und Kombinationen dieser Sequenzen werden zufolge wird die Repetitionszeit durch die Herzfre-
im weiteren Verlauf unter dem Aspekt einer speziel- quenz bestimmt, woraus die Abhängigkeit des Bild-
len Anwendung im kardiovaskulären Bereich (z. B. kontrasts und der Gesamtmesszeit von der Herzfre-
der Perfusionsuntersuchung) vorgestellt. Einige quenz resultiert (vgl. Abb. 1.8). Zur Erzeugung einer
wichtige Messparameter, die bei der morphologi- T1-gewichteten SE-Aufnahme erfolgt die Triggerung
schen Untersuchung zu beachten sind, sind in Tabel- auf jede R-Zacke des Herzzyklus, wodurch sich eine
le 1.5 aufgeführt. Repetitionszeit von etwa 600–1000 ms ergibt. Um die
1.1 Untersuchungstechnik 19

aus der Schicht geflossen sind, so liefern sie einen


Signalbeitrag, der bei einer Messung mit 2 aufeinan-
derfolgenden Echos (Doppelecho) unterschiedlich
sein kann: Beim ersten (ungeraden) Echo tritt eine
Dephasierung, also Signalabschwächung der beweg-
ten Spins auf, wogegen beim zweiten (geraden) Echo
eine Rephasierung („even echo rephasing“) mit ei-
nem stärkeren Signal entsteht (Waluch u. Bradley
1984).

Merke ! Die SE-Technik wird im Gegensatz


zur GRE-Technik durch die geringere
Empfindlichkeit für Bildartefakte durch Magnetfeld-
inhomogenitäten bei Patienten mit Metall im Bereich
Abb. 1.8. SE-Schema mit EKG. Schematischer Ablauf der EKG- des Herzens (z. B. durch künstliche Herzklappen mit
getriggerten SE-Sequenz: Direkt nach der R-Zacke erfolgt das Metallanteilen oder operationsbedingten Metall-
Schalten eines Blutunterdrückungspulses („dark blood“, db).
Nach Ablauf einer einstellbaren Wartezeit (TD) wird der 90°- klammern) vorrangig eingesetzt.
Hochfrequenzpuls und nach der einstellbaren Echozeit TE/2
der 180°-Hochfrequenzpuls gesendet. Das Echosignal wird Für die morphologische Bildgebung des Herzens mit
nach der Echozeit TE aufgenommen. Die EKG-getriggerte TSE- SE-Sequenzen finden 2 Magnetisierungspräparatio-
Sequenz unterscheidet sich von der EKG-gertiggerten SE-Se-
quenz nur dadurch, dass in einem Herzzyklus statt einem nen Verwendung:
Echosignal mehrere Echosignale mit unterschiedlichen Pha-
senkodierungen erzeugt und gemessen werden. Der Unter-
∑ Die „Dark-blood-Technik“ stellt Blut dunkel dar
schied zwischen nicht-EKG-getriggerter und EKG-getriggerter und dient zur flussartefaktfreien Abgrenzung von
SE- oder TSE- Sequenz liegt darin, dass der Bildkontrast durch Herzwand und Lumen (Abb. 1.9 a–c). Sie wird ins-
die so genannte effektive Repetitionszeit TReff bestimmt wird. besondere bei T1- und T2-gewichteten Aufnah-
Diese entspricht dem RR-Intervall, wodurch der Bildkontrast
vom Herzschlag des Patienten abhängig ist men in Atemanhaltetechnik eingesetzt. Das Prin-
zip (Abb. 1.9 a–c) der Dark-blood-Technik beruht
auf einem nicht-schichtselektiven 180°-Inversion-
spuls, gefolgt von einem schichtselektiven 180°-
für eine T2-gewichtete Aufnahme benötigte längere
Inversionspuls, der die Magnetisierung in der zu
Repetitionszeit zu erhalten, erfolgt die Triggerung
untersuchenden Schicht wieder in den Ausgangs-
auf jede zweite R-Zacke. Die Wahl einer langen Echo-
zustand zurückführt, während sie außerhalb in-
zeit (60–90 ms) ergibt durch den T2-Zerfall im Ver-
vertiert bleibt. Die eigentliche Aufnahme der
gleich zu einer kurzen Echozeit (<20 ms) ein deutlich
Schicht erfolgt nach einer Wartezeit, die derart
schlechteres Signal- zu Rausch-Verhältnis und eine
eingestellt wird, dass das Blut in der Schicht durch
deutliche T2-Wichtung. Für Myokard liegen die T1-
invertiertes und gesättigtes Blut von außerhalb
Relaxationszeiten etwa zwischen 550 und 600 ms, die
ersetzt worden ist (Haacke et al. 1995).
T2-Relaxationszeiten betragen etwa 30–45 ms. Aus
∑ Die zweite Magnetisierungspräparation ist die
den in etwa gleichen Werten der T1-Relaxationszei-
„Inversion-recovery- (IR-)Technik“. Bei diesem
ten und den verwendeten Repetitionszeiten und den
Verfahren wird die Magnetisierung durch einen
T2-Relaxationszeiten mit den Echozeiten resultiert
180°-Inversionspuls invertiert. Die Aufnahme der
der sehr gute Weichteilkontrast im Herzen (Stark u.
Schicht erfolgt nach einer Wartezeit (Inversions-
Bradley 1992).
zeit TI), wobei durch deren Wahl das Signal unter-
Signalverluste durch Flussphänomene sind eine
drückt wird, dessen Magnetisierung gerade zu
charakteristische Eigenschaft der SE-Sequenz. Ist die
diesem Zeitpunkt den Wert Null besitzt. So kann
Flussgeschwindigkeit von Blut so hoch, dass die mit
durch Variation der Inversionszeit TI eine Unter-
dem 90°-Puls angeregten Blut-Spins in der Zeit bis
drückung unterschiedlicher Gewebe erreicht wer-
zum 180°-Puls aus der Schicht geflossen sind, so ent-
den. Die IR-Technik kann auch in Kombination
steht ein Signalverlust bis hin zur vollständigen Aus-
mit der Dark-blood-Technik eingesetzt werden,
löschung des Blutsignals (Auswascheffekt, „dark
um z. B. neben Blut auch Fett zu unterdrücken.
blood“ oder „flow void“). Dies führt zu einem sehr
guten Kontrast zwischen Lumen und Herzwand. Der
Auswascheffekt ist umso größer, je dünner die 왔 Die Turbo-Spin-Echo- (TSE-)Technik
Definition
Schicht ist, je länger die Echozeit ist und je schneller oder Fast-Spin-Echo- (FSE-)Technik
das Blut fließt. Ist die Geschwindigkeit des Blutes der- ist eine schnelle Variante der SE-Technik bei einem
art gering, dass die Spins beim 180°-Puls noch nicht annähernd identischen Gewebekontrast.
20 Kapitel 1 Herz

a b c
Abb. 1.9 a–c. Prinzip Dark-blood. a Bei der Dark-blood-Mag- durch einen zweiten, diesmal schichtselektiven 180°-HF-Puls
netisierungspräparation erfolgt als erstes eine Invertierung zurückinvertiert. c Wartet man nun solange, bis invertiertes
der Magnetisierung des gesamten Untersuchungsvolumens Blut in die Untersuchungsschicht eingeflossen ist und dessen
durch einen nicht-schichtselektiven 180°-HF-Puls. b Die Mag- Magnetisierung durch Null geht, so kann ein Bild gemessen
netisierung der Untersuchungsschicht wird direkt danach werden, in dem Blut kein Signal liefert

Die TSE-Technik beruht auf einer Multi-Echo-SE-Se- 쐍 Gradientenecho. Die GRE-Pulssequenz basiert auf
quenz, bei der nach einem 90°-Puls mehrfach ein dem Effekt der Dephasierung und Rephasierung der
180°-Puls geschaltet wird, um einen Zug aus Echos zu Spins durch einen Magnetfeldgradienten (Edelstein
erhalten. Der Phasenkodiergradient wird von Echo et al. 1980). Nach der Anregung des Spin-Systems
zu Echo variiert, wodurch in einem Echozug mehre- durch einen Hochfrequenzpuls erfolgt eine schnelle
re k-Raum-Linien pro Repetitionszeit gemessen wer- Dephasierung des MRT-Signals durch das Anlegen
den. Die Echozuglänge (Turbofaktor) gibt die Zahl eines Magnetfeldgradienten. Die Rephasierung der
der gemessenen Echos, bzw. k-Raum-Linien pro Re- Spins wird durch einen Magnetfeldgradienten umge-
petitionszeit an und ist ein Maß für den Geschwin- kehrter Polarität, aber mit gleichem Produkt aus Am-
digkeitsgewinn gegenüber der Standard SE-Technik. plitude und Anschaltzeit bewirkt. In der Empfangs-
Obwohl alle Echos in einem Zug zu unterschiedli- spule entsteht das so genannte GRE-Signal. Als Echo-
chen Echozeiten gemessen werden, kann eine effekti- zeit wird die Zeit zwischen der Anregung des Spin-
ve, den Bildkontrast beschreibende Echozeit TEeff an- Systems und dem Auftreten des Echosignals
gegeben werden. Die effektive Echozeit ist diejenige bezeichnet. Durch das Fehlen des 180°-Refokussie-
Echozeit, bei der die zentralen k-Raum-Linien akqui- rungspulses im Vergleich zur SE-Sequenz ist die Sig-
riert werden. nalamplitude des Echosignals nicht nur von der T2-
Die RARE- (Hennig et al. 1986),„Single-shot-FSE-“ Relaxation, sondern auch vom Signalzerfall durch
oder HASTE- („Half-acquisition-with-TSE-“) Tech- Magnetfeldinhomogenitäten abhängig. Der kombi-
nik sind die schnellsten Varianten der TSE-Technik. nierte, schnellere Signalzerfall wird durch die T2*-
Hier kann pro Repetitionszeit TR z. B. die Auslesung Relaxationszeit beschrieben. Die GRE-Sequenz kann
aller für eine Schicht benötigten Echos bzw. Phasen- mit einer sehr viel kleineren Repetitionszeit TR als
kodierzeilen erfolgen. In Kombination mit dem Half- die SE-Sequenz wiederholt werden, da u. a. der 180°-
Fourier-Verfahren kann die Akquisitionszeit zusätz- Hochfrequenz- (HF-)Puls fehlt und ein anderer Kon-
lich reduziert werden. trastaufbau stattfindet. Aus der kleinen Repetitions-
Die schnellen Varianten der SE-Technik ermögli- zeit resultiert der große Vorteil einer erheblich ver-
chen die Aufnahme von einer (TSE) bzw. mehrerer kürzten Messzeit gegenüber der SE-Sequenz.
(HASTE) Schichten in einer Atemanhaltezeit. So ist Der Weichteilkontrast ist bei der GRE-Sequenz
z. B. bei einer Auflösung von 150 2D-Phasenkodier- grundsätzlich geringer ausgeprägt als bei der SE-Se-
schritten mit einer TSE-Sequenz bei einem Turbo- quenz. Er entspricht einem PD-Kontrast mit leichter
faktor 10 nur eine Messzeit von etwa 15 s (bzw. 15 TR T1-Wichtung (Stark u. Bradley 1992). Den Bildkon-
oder 15 RR Intervallen) für die Aufnahme einer trast der GRE-Sequenz bestimmt nicht nur die Repe-
Schicht erforderlich. Die HASTE-Technik ermöglicht titionszeit TR und die Echozeit TE, sondern auch der
sogar die Akquisition von einer kompletten Schicht HF-Anregungswinkel (Flip-Winkel). Typische Mes-
in einer Repetitionszeit, d. h innerhalb eines Herz- sparameter für eine EKG-getriggerte GRE-Aufnahme
schlags. mit der Akquisition von einer Rohdatenzeile (k-
Die TSE- und HASTE-Technik wird am Herzen Raum-Zeile) pro Herzschlag sind z. B. TR=13 ms,
üblicherweise mit einer Dark-blood-Präparation TE=6 ms und Flip-Winkel-α=40°. Durch die im Ver-
eingesetzt. Das primäre Einsatzgebiet liegt in der gleich zur SE-Sequenz und der T1-Relaxationszeit im
Darstellung der Morphologie. menschlichen Körper sehr kurzen Repetitionszeit TR
bei der GRE-Sequenz baut sich bei der wiederholten
1.1 Untersuchungstechnik 21

Anregung zur Messung der Rohdaten (im Besonde- Tabelle 1.6. Messparameter Herzfunktion (Kinotechnik)
ren, wenn mehrere Rohdatenzeilen pro Herzzyklus
Sequenz Cine-Sequenzen (GRE, FLASH,
aufgenommen werden) eine so genannte Gleichge- TrueFSIP, FIESTA, BFFE, ...)
wichtsmagnetisierung auf. Durch diese steht bei jeder Pixelgröße ≤1,5 mm×3,0 mm
erneuten Anregung der Spins nur ein Bruchteil der
Matrix ≥256×128
Gesamtmagnetisierung zur Verfügung mit dem Re-
sultat einer im Vergleich zur SE-Sequenz verringer- FoV ≤380 mm
ten Signalamplitude. Die Höhe des Signals wird be- Schichtdicke ≤10 mm (Schichtlücke ≤3 mm)
stimmt durch die T1-Relaxationszeit, die Repeti- Zeitl. Auflösung ≤50 ms
tionszeit TR und den Flip-Winkel α.
Bei der SE-Sequenz treten bei schnellem Blutfluss
in den Gefäßen Signalverluste auf. Die GRE-Sequenz dass eine anatomische Schicht mehrfach während ei-
dagegen liefert auch bei schnellem Blutfluss ein ho- nes Herzzyklus aufgezeichnet und dann in einer
hes Signal in den Gefäßen. Die Ursache dafür liegt im schnellen Abfolge dargestellt wird, wodurch der
unterschiedlichen Prinzip der Sequenzen, die Spins Herzmuskel bewegt erscheint (Tabelle 1.6). Eine lü-
zu refokussieren und ein Signalecho zu erzeugen: Bei ckenlose Darstellung der Bewegung des gesamten
der SE-Technik müssen die Blutspins solange in der Herzmuskels gestattet mit einer entsprechenden Aus-
Schicht bleiben, bis die beiden HF-Pulse eingestrahlt wertesoftware die Bestimmung der bekannten Herz-
wurden, um ein helles Signal zu erzeugen. Bei der funktionsparameter.
GRE-Technik dagegen gibt es nur einen HF-Puls, und
es wird eine kurze Echozeit benutzt, sodass auch 쐍 Gradientenecho und Spin-Echo. Die SE-Technik
schnell fließende Blutspins ein Echosignal liefern. kann grundsätzlich für die Messung von Kinoauf-
Zusätzlich führt der Einstromeffekt (ToF-Effekt) zu nahmen verwendet werden. Die Aufnahme der Bild-
einem sehr hohen Blutsignal im Vergleich zum um- daten zur Visualisierung der Herzbewegung erfolgt
liegenden Gewebe. dabei im so genannten rotierenden Mehrschichtmo-
Bildartefakte durch Metall (z. B. durch Operations- dus (Crooks et al. 1984). Dieses Verfahren zeichnet
Clips, Herzklappen mit Metallanteil) sind bei der sich durch eine schlechte zeitliche Auflösung und ei-
GRE-Sequenz stärker ausgeprägt als bei der SE-Se- ne sehr lange Messzeit aus. Unter der zeitlichen Auf-
quenz, d. h. der Bereich der Signalauslöschung ist lösung wird der zeitliche Abstand im Herzzyklus ver-
größer. Die Ursache dafür liegt im Fehlen des refo- standen, in dem die einzelnen Bilder (Phasen) aufge-
kussierenden 180°-HF-Pulses. zeichnet werden. Diese Nachteile konnten durch die
Basierend auf der GRE-Sequenz gibt es eine fast Verwendung anderer Bildgebungsverfahren in der
unendlich große Anzahl von schnellen Bildgebungs- Kinotechnik ausgeräumt werden, wodurch die SE-Ki-
sequenzen, von denen einige für kardiovaskuläre Un- notechnik heute nur noch einen historischen Char-
tersuchungen verwendet werden können. An erster akter besitzt.
Stelle sind hier die schnelle 2D- oder 3D-GRE- oder Die GRE-Technik besitzt im Vergleich zur SE-
FLASH-Sequenz zu nennen, die unter Verwendung Technik den enormen Vorteil, dass eine sehr kleine
der k-Raum-Segmentierung für eine erhebliche Re- Repetitionszeit TR gewählt werden kann. Dadurch ist
duktion der Akquisitionszeit der EKG-getriggerten es möglich, in einem Herzzyklus eine Schicht mehr-
Messungen geführt haben. Die Turbo-FLASH-Se- fach anzuregen, d. h. es werden mehrere k-Raum-Zei-
quenz und die EPI- („Echo-planar-imaging-“) Se- len (Anzahl n) der gleichen Schicht pro Herzzyklus
quenzen werden mit und ohne k-Raum-Segmentie- gemessen. Die Messungen erfolgen direkt hinterein-
rung eingesetzt. Diese Sequenzen können mit unter- ander, also zu unterschiedlichen Phasen des Herzzy-
schiedlichen Kontrasten, erzeugt durch verschiedene klus. Im darauffolgenden Herzzyklus werden von der
Magnetisierungspräparationen, für verschiedene gleichen Schicht zu denselben Zeitpunkten die näch-
Anwendungen eingesetzt werden. Die schnellen sten k-Raum-Linien gemessen. Führt man dies über
GRE-Sequenzen werden im weiteren Verlauf des Ka- so viele Herzzyklen fort, wie 2D-Phasenkodierschrit-
pitels bei den verschiedenen Anwendungen im Detail te benötigt werden, so erhält man „n“ Aufnahmen der
vorgestellt. gleichen Schicht zu unterschiedlichen Herzphasen.
Mit allen heute zur Verfügung stehenden gängigen
Funktion Gradientensystemen ist eine zeitliche Auflösung der
Die Visualisierung der Bewegung des Herzmuskels Herzphasenbilder von <20 ms erreichbar. Die Ge-
stellt auch heute noch eine große Herausforderung samtzahl (n) der Herzphasenbilder ergibt sich aus der
an die MRT-Bildgebungstechniken dar. Das Verfah- Länge des Herzzyklus dividiert durch die verwendete
ren zur Darstellung bewegter Abläufe wird Kinotech- Repetitionszeit TR, z. B.: RR=880 ms (davon effektiv
nik oder Cine-Technik genannt und basiert darauf, nutzbar 90%), TR=20 ms ergibt 40 Herzphasenbilder.
22 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.10. k-Raum-Segmentation. In der Abbildung wird die worden sind. Der Hintergrund für die Sortierung der Rohda-
k-Raum-Segmentation in Verbindung mit der Kinotechnik ten in den segmentierten k-Raum ist, dass k-Raum-Linien, die
dargestellt. Der k-Raum jedes einzelnen Herzphasenbildes ist zu einem bestimmten Zeitpunkt im Herzzyklus gemessen wer-
exemplarisch in 7 gleich große Segmente unterteilt. Nach der den, immer in das gleiche Segment gelangen sollen. Da der
ersten R-Zacke beginnt die Datenakquisition mit der Aufnah- Bildkontrast primär durch die k-Raum-Linien im Zentrum,
me von 7 k-Raum-Linien für das 1. Herzphasenbild, gefolgt hier also durch die Daten im Segment Nr. 4, bestimmt wird,
von der Aufnahme von 7 k-Raum-Linien für das 2. Herzpha- kann dem zugehörigen Bild zum einen eine effektive Akquisi-
senbild usw. Die jeweils für ein Herzphasenbild gemessenen tionszeit (der Messzeitpunkt der 4. k-Raum-Linie) im Herzzy-
k-Raum-Linien werden in den in der Abbildung dargestellten klus zugewiesen werden, zum anderen werden die Bewegungs-
Segmenten des zugehörigen k-Raums gespeichert. Die Daten- artefakte durch die Bewegung des Herzens während der Zeit-
akquisition erfolgt über so viele Herzzyklen hinweg, bis alle spanne der Akquisition der 7 k-Raum-Linien reduziert
2D-Phasenkodierschritte für alle Herzphasenbilder gemessen

Aufgrund der kurzen Repetitionszeit ist es auch lange für die Durchführung in Atemanhaltetechnik.
möglich, mehrere Schichten wiederholt in einem Atemartefakte können somit nur durch Signalmitte-
Herzzyklus zu messen (Glover u. Pelc 1988). Aller- lungen reduziert werden, wodurch die Gesamtmess-
dings wird dadurch die zeitliche Auflösung, d. h. die zeit pro Schicht auf einige Minuten ansteigt.
Anzahl der Herzphasenbilder reduziert. Es ist eben-
falls möglich, mit der rotierenden Mehrschichtme- 쐍 k-Raum-Segmentation. Magnetresonanztomogra-
thode große Volumina durch eine hohe Anzahl von phen der heutigen Generation erlauben in Verbin-
Schichten in einer Messung abzudecken. Trotz der dung mit der GRE-Technik durch die zur Verfügung
verbesserten zeitlichen Auflösung der GRE-Technik stehende Leistung des Gradientensystems eine ex-
gegenüber der SE-Technik bleibt ein entscheidender trem kurze Repetitionszeit TR (<10 ms) und Echozeit
Nachteil: Die Gesamtmesszeit für eine Schicht ist zu TE. Bei der so genannten segmentierten k-Raum-
1.1 Untersuchungstechnik 23

Methode (Atkinson u. Edelman 1991) wird der k- wendet das Echo-sharing, um bei gleichbleibender
Raum in Segmente von jeweils mehreren 2D-Phasen- Gesamtmesszeit (und k-Raum-Segmentierung) die
kodierzeilen unterteilt. Wird der k-Raum z. B. in zeitliche Auflösung oder die Bildrate zu erhöhen, in-
7 Segmente unterteilt, so werden immer 7 Phasenko- dem eine höhere Zahl von Phasenbildern aus den ge-
dierzeilen hintereinander (je eine Zeile für ein Seg- messenen k-Raum-Linien berechnet wird.
ment) akquiriert und für die spätere Rekonstruktion
eines Herzphasenbildes gespeichert. Bei einer Repe- 쐍 Neue Techniken. Neben der GRE- und SE-Technik
titionszeit TR von z. B. 8 ms würden dafür 56 ms Ak- gibt es noch eine Reihe anderer Bildgebungstechni-
quisitionszeit benötig. Dieses Zeitfenster würde so- ken, die für Kinoaufnahmen verwendet werden kön-
mit der zeitlichen Auflösung der Kinoaufnahme nen, wie z. B. die EPI- oder TrueFISP-Technik.
entsprechen (Abb. 1.10). Im nächsten Herzzyklus Die EPI-Technik ist die derzeit schnellste Methode
werden dann wieder je 7 Zeilen für alle Herzphasen- zur Messung eines MRT-Bildes (Mansfield 1977).
bilder aufgezeichnet. Werden z. B. insgesamt 140 2D- Nach der HF-Anregung eines Spin-Systems werden
Phasenkodierschritte benötigt, so sind hierfür multiple Gradientenechos erzeugt, wobei jedes Echo
20 Herzzyklen notwendig. Bei einer RR-Zeit von etwa mit einer anderen Phase kodiert wird.Werden so vie-
800 ms ergibt dies eine Gesamtmesszeit von 16 s, die le Echos erzeugt, wie 2D-Phasenkodierschritte benö-
in der Regel in Atemanhaltetechnik zu bewältigen ist. tigt werden, so wird nur eine HF-Anregung pro Bild
Durch die Wahl der Segmentgröße und der Repeti- benötigt und man spricht von einer „Single-shot-
tionszeit TR wird die zeitliche Auflösung der Kino- Aufnahme“. Die Aufnahmezeit für ein komplettes
aufnahme bestimmt. Die Messzeit pro Schicht wird Bild liegt unter 30–40 ms. Bedingt durch den T2*-
bestimmt durch die räumliche Auflösung in der 2D- Zerfall und das kleine Signal-zu-Rausch-Verhältnis
Phasenkodierrichtung, die Segmentgröße und natür- können in der Regel nur 128 Echos aufgezeichnet
lich die RR-Zeit. werden. Den EPI-Bildern kann durch eine entspre-
Mit der k-Raum-Segmentation steht eine Methode chende Magnetisierungpräparation ein bestimmter
zur Verfügung, mit der in einer Atemanhaltephase ei- Bildkontrast auferlegt werden [z. B. SE- (T2-) oder
ne Schicht im Kinomodus aufgezeichnet werden GRE- (T1-)Kontrast]. Der Vorteil der Methode liegt
kann (typische Messparameter vgl. Tabelle 1.6). darin, dass im Prinzip in nur einem Herzschlag eine
Kinoaufnahme einer Schicht erstellt werden kann.
Merke ! Mit der k-Raum-Segmentation ist es
möglich, in einer für die klinische
Wegen des schlechten Signal-zu-Rausch-Verhältnis-
ses und der schlechten räumlichen Auflösung (128er
Routineuntersuchung akzeptablen Untersuchungs- Matrix) der Single-shot-EPI-Aufnahmen wird auch
zeit von 5–15 min eine lückenlose Darstellung des hier die segmentierte k-Raum-Akquisition einge-
gesamten Herzens im Kinomodus zu erhalten, wie sie setzt. Das Ergebnis ist die Multi-shot-EPI-Aufnahme,
für die Bestimmung der Herzfunktionsparameter be- bei der zur Messung aller Rohdaten das Spin-System
nötigt wird. mehrfach angeregt wird. Die Anzahl der gemessenen
k-Raum-Linien pro Herzzyklus und pro Herzphase
Die „Echo-sharing-Technik“ (oder „Phase-sharing- wird durch die Segmentierung festgelegt und be-
Technik“) stellt eine Erweiterung der segmentierten stimmt die zeitliche Auflösung und die Gesamtmess-
Kinotechnik dar, wodurch die zeitliche Auflösung zeit pro Schicht. Die Multi-shot-EPI-Technik besitzt
(Bildrate) erhöht bzw. die Datenakquisitionszeit re- im Vergleich zur Single-shot-EPI ein verbessertes
duziert werden kann (Abb. 1.11 a–c). Die Echo-sha- Signal-zu-Rausch-Verhältnis und ermöglicht eine
ring-Technik akquiriert die Rohdaten in gleicher Art höhere räumliche Auflösung.
und Weise wie die segmentierte Kinotechnik. Der
Unterschied liegt darin, dass immer einige k-Raum-
Linien, nämlich die nichtzentralen k-Raum-Linien, Merke ! Durch die kurze Aufnahmezeit eines
kompletten Bildes mit der Single-
für die Bildrekonstruktion aufeinanderfolgender shot-EPI-Technik wird die Bewegung des Herzens
Phasen verwendet werden. Diese werden also bei ein- und die Atembewegung „eingefroren“. Daraus resul-
maliger Messung doppelt verwendet, worin der ei- tiert die Möglichkeit der Echtzeitbildgebung des Her-
gentliche Zeitgewinn liegt. Die zentralen k-Raum-Li- zens ohne EKG-Triggerung und in freier Atmung.
nien jedes Herzphasenbildes werden in der Regel für
jedes Bild separat gemessen. Durch dieses Verfahren In den letzten Jahren konnten sich in der Abdomen-
reduziert sich für eine bestimmte zeitliche Auflösung bildgebung refokussierte GRE-Techniken (TrueFISP:
die Anzahl der effektiv benötigten und gemessenen Bezeichnung der Fa. Siemens, BFFE: Philips oder
k-Raum-Linien, wodurch die Messzeit unter Verwen- FIESTA: GE) für T2-gewichtete Aufnahmen durch die
dung einer damit möglichen, höheren k-Raum-Seg- Kombination aus sehr gutem Signal-zu-Rausch-Ver-
mentierung verringert werden kann. Oder man ver- hältnis und sehr kurzer Akquisitionszeit durchset-
24 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.11 a–c. Echo-sharing. a k-Raum Segmentation in der auch die Gesamtmesszeit unverändert, da weiterhin nur 5 k-
Kinotechnik dargestellt. Es werden 5 k-Raum-Linien pro Herz- Raum-Linien pro Herzphasenbild pro Herzzyklus gemessen
phasenbild pro Herzzyklus gemessen. Unter dem Echo- werden. c Das Echo-sharing kann auch verwendet werden, um
sharing-Verfahren versteht man die mehrfache Verwendung bei einer gleichbleibenden Anzahl der Herzphasenbilder und
gemessener k-Raum-Linien für die Rekonstruktion verschie- gleichbleibender räumlicher Auflösung die Anzahl der benö-
dener Herzphasenbilder. Werden z. B. je 2 k-Raum-Linien der tigten Herzzyklen zu reduzieren, indem z. B. die Segmentie-
2 benachbarten Herzphasenbilder mehrfach verwendet und rung von 5 auf 7 erhöht wird und 3 (statt 2) benachbarte
nur die zentrale k-Raum-Linie für jedes Herzphasenbild er- k-Raum-Linien pro Bild verwendet werden. Nachteilig kann
neut gemessen (b), so ergibt sich durch die erhöhte Zahl der sich hierbei eine erhöhte Bewegungsunschärfe auswirken, da
Herzphasenbilder eine höhere zeitliche Auflösung. Ist in die- das effektive Akquisitionsfenster im Herzzyklus verlängert ist
sem Fall die räumliche Auflösung konstant geblieben, so bleibt

zen. Diese werden auch „Balanced-SSFP-Sequenzen“ dadurch minimiert werden. Daraus resultiert ein
(„steady state free precession“) genannt (Scheffler u. Gleichgewichtszustand („steady-state“) mit einer
Lehnhardt 2003). Diese Techniken gehen aus der maximal möglichen Längsmagnetisierung und dar-
FISP- oder GRASS-Technik hervor, indem sie statt ei- aus ein sehr hohes Signal-zu-Rausch-Verhältnis. Die
ner teilweisen eine vollständige Refokussierung der refokussierte GRE-Sequenz kann in analoger Weise
Phasenverschiebung der Spins besitzen, die durch wie die GRE-Sequenz mit der k-Raum-Segmentie-
das Schalten der räumlichen Kodiergradienten er- rung kombiniert und zur Kinotechnik eingesetzt
zeugt wurde. Signalverluste durch eine kleinere werden. Im Vergleich zur GRE- (FLASH-)Technik
Längsmagnetisierung, erzeugt durch eine Phasendis- zeigt sich ein verbessertes Signal-zu-Rausch-Verhält-
persion aufgrund von Magnetfeldgradienten, können nis, das in eine höhere räumliche Auflösung umge-
1.1 Untersuchungstechnik 25

setzt werden kann. Die refokussierte GRE-Sequenz achtet und quantitativ erfasst werden. Die Landmar-
kann ähnlich wie eine schnelle GRE-Sequenz (Turbo ken bestehen aus räumlich symmetrisch angeordne-
FLASH, TFE, FSPGR) mit einer Magnetisierungsprä- ten Sättigungsstreifen der Magnetisierung auf der
paration, z. B. zur Erzeugung eines IR-Kontrasts, Untersuchungsschicht. Ursprünglich wurden die Sät-
kombiniert werden. Dadurch ergibt sich die Möglich- tigungsstreifen radial mit einem Zentrum im linken
keit, das hohe Signal-zu-Rausch-Verhältnis auch bei Ventrikel (Kurzachsenschnitt) und gleichem Winkel-
einer Perfusionsuntersuchung, einer Spätaufnahme- abstand erzeugt (Zerhouni et al. 1988). Heute stehen
technik oder der Koronarangiographie nutzen zu noch weitere Taggingverfahren wie Sättigungsgitter
können. oder parallele Sättigungsstreifen zur Verfügung. Die
Erzeugung der Sättigungsgitter gehen auf die
왔 Die parallele Bildgebung ist eine Me- SPAMM-Methode („spatially modulating the magne-
Definition
thode, die prinzipiell mit allen Bildge- tization“; Axel u. Dougherty 1989 a,b) zurück, bei der
bungstechniken kombinierbar ist und zu einer Re- ein Gitter mit äquidistanten Linien auf der zu unter-
duktion der Akquisitionszeit führt. suchenden Schicht erzeugt wird. Bei einer Magnet-
feldstärke von 1,5 T zeigt sich in der Diastole ein „fa-
Technische Voraussetzung für diese Methode ist die ding“ der Sättigungslinien, das unter Umständen zu
Verwendung eines Systems aus mehreren Oberflä- einem Verlust der Sichtbarkeit des Sättigungsgitters
chenspulen (Spulen-Array), wobei die Signale jedes führen kann. Die Ursache für dieses Problem liegt in
einzelnen Spulenelements über einen separaten der merklichen Relaxation der Magnetisierung des
Hochfrequenzkanal empfangen und verstärkt wer- Sättigungsgitters. Dieser Effekt ist bei einer Magnet-
den müssen. Die Messzeitreduktion beruht darauf, feldstärke von 3,0 T, bedingt durch die größeren T1-
dass nur noch ein Bruchteil der für die Bildrekon- Relaxationszeiten, deutlich schwächer ausgeprägt
struktion benötigten k-Raum-Linien tatsächlich ge- (Kramer et al. 2006).
messen wird. Die verbleibende Information zur Bei allen Vorteilen des Tagging-Verfahrens gilt es
räumlichen Kodierung wird aus den gemessenen, aber zu bedenken, dass das Verfahren „nur“ Informa-
räumlich inhomogenen Spulensensitivitäten und tionen aus der Bewegung der Gitterkreuzungspunkte
den tatsächlich gemessenen k-Raum-Linien mittels liefert, d. h. die räumliche Auflösung wird durch die
spezieller Bilddrekonstruktionsalgorithmen errech- Abstände im Sättigungsgitter bestimmt.
net. Die Bildrekonstruktionsalgorithmen arbeiten Ein anderer Ansatz zur quantitativen Bestimmung
entweder im Rohdatenraum (z. B. Grappa, SMASH) der Herzbewegung stellt die Phasenkontrasttechnik
oder im Bildraum (z. B. SENSE). dar, die gegenüber dem Tagging-Verfahren den Vor-
teil der besseren räumlichen Auflösung besitzt. Bei
Merke ! Die parallele Bildgebung erlaubt eine
Reduktion der Bildakquisitionszeit
der Phasenkontrasttechnik erfolgt in Analogie zu
den Flussmessungstechniken eine pixelweise Mes-
oder bei gleichbleibender Zeit eine Verbesserung der sung der Geschwindigkeit über die Phasendifferenz
zeitlichen und/oder der räumlichen Auflösung. einer bewegungskompensierten und einer bewe-
gungssensitiven Aufnahme einer Schicht (Hennig
Die Anwendung der parallelen Bildgebung ist, be- et al. 1998) in verschiedenen Herzphasen (Cine-
dingt durch das Verfahren, immer verbunden mit ei- Phasenkontrasttechnik).
ner Verringerung des Signal-zu-Rausch-Verhältnis-
ses, wobei die Verringerung umso größer ist, je grö- Kontrastmitteltechniken
ßer die Messzeitreduktion ist. Bedingt durch die Ver- 쐍 Perfusion. In der MRT stellt die „First-pass-Tech-
ringerung des Signal-zu-Rausch-Verhältnisses darf nik“ die am häufigsten verwendete Methode zur
die parallele Bildgebung nur bei ausreichendem Sig- Messung der Perfusion dar. Ein T1-Zeit-verkürzen-
nal eingesetzt werden. Sie ist mit sehr guten Resulta- des Kontrastmittel (z. B. Gadolinium-DTPA) wird in-
ten bei der Funktionsuntersuchung in Kombination travenös als Bolus appliziert und führt im perfun-
mit den refokussierten GRE-Techniken (TrueFISP, dierten Gewebe zu einem Signalanstieg in einer T1-
BFFE, FIESTA) mit ihrem hohen Signal-zu-Rausch- gewichteten Aufnahme. Nicht oder minder perfun-
Verhältnis einsetzbar. diertes Gewebe zeigt keinen oder einen verspäteten
und verringerten Signalanstieg. Zur Messung des
쐍 Tagging. Die „Tagging-Technik“ ermöglicht eine Signalanstiegs im perfundierten Gewebe wird eine
direkte Messung der Herzwandbewegung durch das zeitliche Auflösung von einem Herzschlag benötigt,
Setzen so genannter „tags“ zu Beginn des Herzzyklus d. h. bei jedem Herzschlag soll im Idealfall das kom-
auf der Herzwand (bzw. auf der gesamten Untersu- plette Herz mit mehreren Schichten aufgezeichnet
chungsschicht). Die Bewegung dieser Landmarken werden.
im Herzzyklus kann mit Hilfe der Kinotechnik beob-
26 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.7. Messparameter Perfusionsuntersuchung jeder einzelnen Schicht im Herzzyklus gesendet. Da-
durch wird gewährleistet, dass der Signalanstieg
Sequenz Schnelle GRE-Technik
durch das Kontrastmittel bei allen Schichten gleich
Wichtung T1 groß ist und Schwankungen des Herzschlags keinen
Pixelgröße ≤3 mm×5 mm Einfluss auf die Signalintensitäten besitzen.
Matrix ≥128×76 Mit dieser Technik kann der Signalanstieg in meh-
FoV ≤380 mm reren Schichten unter Gabe eines Kontrastmittelbo-
Schichtdicke ≤10 mm lus gemessen werden. Ein Nachteil der Technik ist,
Zeitliche Auflösung ≥3 Schichten pro Herzschlag
dass die Schichten in unterschiedlichen Herzphasen
gemessen werden. Die Bestimmung von Signalinten-
Messdauer 30–40 Herzzyklen
sitäts-Zeit-Verläufen für interessierende Areale des
Myokards ermöglicht eine objektive Beurteilung des
Signalanstiegs. Die EKG-Triggerung muss bei dieser
Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Se- Methode frei von Störungen durch das Gradienten-
quenztechniken und der Hardware ist es möglich, bei system arbeiten, da es sonst zu Verfälschungen der
einer zeitlichen Auflösung von einem Herzschlag et- Signalintensitäts-Zeit-Verläufe kommt.
wa 3–5 Schichten mit einer Bildmatrix von etwa Mit der First-pass-Methode ist bei der Verwen-
128 Punkten aufzunehmen (typische Messparameter dung von Gadolinium-DTPA keine absolute Messung
s. Tabelle 1.7). der Perfusion möglich, da auch eine Diffusion des
Für die First-pass-Technik können 3 Akquisitions- Kontrastmittels in den Extrazellulärraum bei nicht-
methoden eingesetzt werden: bekanntem Verteilungsverhältnis stattfindet.
Das für die ultraschnelle GRE-Technik vorgestell-
∑ die ultraschnelle GRE-Technik (TurboFLASH/
te Akquisitionsschema wird analoger Weise bei der
TFE),
refokussierten GRE-Technik oder der EPI-Technik
∑ die refokussierten GRE-Techniken (TrueFISP, BFFE,
angewandt, es erfolgt nur der Austausch des jeweili-
FIESTA) oder
gen Bildaufnahmemoduls.
∑ die EPI-Technik (Single-shot- oder Multi-shot-
Einen kontrastmittelunabhängigen Ansatz zur
Verfahren).
Perfusionsmessung stellt die „Spin-labeling-Tech-
Die GRE-Technik und die refokussierten GRE-Tech- nik“ dar, die die Perfusion über eine Änderung der
niken sind zwar langsamer als die EPI-Technik, besit- T1-Relaxationszeit bestimmt. Eine Änderung kann
zen aber den Vorteil, dass sie auf nahezu allen 1,5 T- bewirkt werden, indem in die Untersuchungsschicht
Magnetresonanztomographen zur Verfügung stehen, Blut einfließt (z. B. durch Perfusion), das eine andere
da keine spezielle Gradienten-Hardware benötigt Magnetisierungspräparation als die Untersuchungs-
wird. Die refokussierten GRE-Techniken besitzen im schicht besitzt, d. h. die Spins des einfließenden Blu-
Vergleich zu den ultraschnellen GRE-Techniken, für tes wurden über die Magnetisierung markiert („labe-
die heute die größten Erfahrungen vorliegen, den ling“). Der Vorteil dieser Methode liegt in der beliebi-
Vorteil eines höheres Signal-zu-Rausch-Verhältnis- gen Wiederholbarkeit der Messung, d. h. es können
ses (Abb. 1.12). beliebig viele Schichten untersucht werden, der
Die ultraschnelle GRE-Technik wird bei der Perfu- Nachteil in einem sehr kleinen Signal-zu-Rausch-
sionsuntersuchung ohne k-Raum-Segmentierung Verhältnis (Wacker et al. 1999; Waller et at. 2000,
eingesetzt (Abb. 1.12). Mit den üblichen Aufnahme- 2001).
parametern, wie Repetitionszeit TR=1,9 ms, Echozeit Eine gänzlich andere Methode zur Bestimmung
TE=1,0 ms und einer Bildmatrix von 90×128 Bild- der Perfusion oder besser der Evaluierung der Funk-
punkten entsteht eine Bildaufnahmezeit von etwa tionstüchtigkeit eines geschädigten Myokardareals
170 ms, womit bei einer RR-Zeit von 800 ms 4 Schich- stellt die Bestimmung der T2*-Zeit dar (Wacker et al.
ten pro Herzschlag aufgezeichnet werden können. 1999). Die magnetische Suszeptibilität – ein Parame-
Der Bildkontrast wird primär durch eine Magnetisie- ter, der die T2*-Zeit stark beeinflusst – von Blut wird
rungspräparation bestehend aus Vorpulsen [HF-Puls durch die Konzentration von Deoxyhämoglobin be-
mit 90°- („saturation recovery“, SR-) oder 180°- („in- einflusst. Ein höherer Blutfluss führt zu einer verrin-
version recovery“, IR-)Anregungswinkel] und einer gerten Konzentration von Deoxyhämoglobin. Dies
einstellbaren Verzögerungszeit bestimmt. In der kli- erzeugt ein höheres MRT-Signal durch die Erhöhung
nischen Routine hat sich die SR-Präparation auf- der T2*-Zeit. Auch bei dieser Technik ist die Anzahl
grund der kürzeren Messzeit pro Schicht durchge- der Untersuchungsschichten nicht limitiert. Die Aus-
setzt, da dadurch die Aufnahme einer größeren Zahl sagekraft der beiden Methoden für den Einsatz am
von Schichten pro Herzzyklus ermöglicht wird. Die Menschen muss noch in klinischen Studien evaluiert
Magnetisierungspulse werden vor der Akquisition werden.
1.1 Untersuchungstechnik 27

Abb. 1.12. Perfusion-TurboFLASH. Die KM-Perfusionsunter- Schema dargestellt. Direkt nach der R-Zacke erfolgt die kom-
suchung benötigt eine zeitliche Auflösung von einem Bild pro plette Messung mehrerer Schichten pro Herzzyklus. Die SR-
Herzschlag. Gleichzeitig sollen mehrere Schichten pro Herz- Magnetisierungspräparation („saturation recovery“) erfolgt
schlag aufgezeichnet werden, damit ein möglichst großer Be- durch einen 90°-HF-Puls mit einer einstellbaren Verzöge-
reich des Herzens mit einer Kontrastmittelgabe untersucht rungszeit TI. Bei einer Gesamtmesszeit TAQ pro Schicht von
werden kann. Diesen Anforderungen genügt z. B. eine ultra- etwa 170 ms, können etwa 3–5 Schichten pro Herzzyklus ge-
schnelle GRE-Technik. Die Bildakquisition ist im obigem messen werden

쐍 Gadolinium-Spätaufnahmetechnik. Durch eine hoch- k-Raum-Linien gemessen. Die gesamte Messung er-
auflösende T1- oder IR-Bildgebung des Herzens in folgt über so viele Herzzyklen hinweg, bis alle 2D-k-
Atemanhaltetechnik ist es möglich, auch kleine Raum-Linien akquiriert wurden (Gesamtzahl der
Regionen bzw. die transmurale Ausdehnung einer 2D-k-Raum-Linien/n k-Raum-Linien pro Herzzy-
Kontrastmittelanreicherung zu identifizieren, die klus). Die wichtigsten Messparameter der Gadolini-
exakt den Narbenarealen nach Infarkt entsprechen. um-Spätaufnahmetechnik sind in Tabelle 1.8 aufge-
Als Ursache werden beim akuten Infarkt ein Ein- führt.
strom von Kontrastmittel in die infarzierte Zelle und Die Inversionszeit sollte individuell für jeden Pa-
die Änderungen der Kontrastmittelkinetik („wash- tienten eingestellt werden, da sie von der Kontrast-
in“/“wash-out“) angesehen. Zusätzlich führt beim mitteldosis und dem Zeitpunkt der Messung nach
akuten und auch beim chronischen Infarkt die Ver- Gabe des Kontrastmittels abhängt. Für die Wahl der
größerung des Extrazellulärraums zu einem erhöh- richtigen Inversionszeit stehen 3 verschiedene Mög-
ten Kontrastmittelverteilungsvolumen. Das späte En- lichkeiten zur Verfügung:
hancement zeigt nicht nur die Lokalisation und die
∑ Zum einen kann über mehrmalige Testaufnah-
Größe des betroffenen Myokardareals an, sondern
men mit unterschiedlichen Inversionszeiten die
erlaubt auch eine transmurale Differenzierung des
optimale Inversionszeit zur Signalunterdrückung
Infarktausmaßes und damit eine bildliche Unter-
von gesundem Myokard ermittelt werden.
scheidung zwischen transmuralen und nichttrans-
∑ Oder es kann zum anderen eine spezielle „Such-
muralen Infarkten.
sequenz“ verwendet werden, bei der die gleiche
Die am häufigsten eingesetzten Untersuchungs-
Testschicht mehrfach mit unterschiedlichen In-
techniken sind die segmentierten IR-TurboFLASH/
versionszeiten in einem Atemanhaltezug aufge-
TFE- oder IR-TrueFISP-/Balanced-FFE-Sequenzen
nommen wird. Die richtige Inversionszeit kann
(Abb. 1.13). Die Sequenzabfolge beginnt nach der R-
anschließend aus der Bildserie ausgewählt wer-
Zacke mit einer einstellbaren Delay-Zeit, gefolgt von
den.
einem 180°-Inversionspuls und einer einstellbaren
∑ Die dritte Möglichkeit besteht aus der Verwen-
Inversionszeit. Diese wird derart eingestellt, dass ge-
dung der phasensensitiven Inversionstechnik
sundes Myokard schwarz erscheint, woraus ein deut-
(Kellman et al. 2002), bei der über die Berechnung
licher Kontrastgewinn resultiert. Nach der Inver-
eines phasenkorrigierten Realbildes (anstatt des
sionszeit TI werden während der Datenakquisition n
28 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.13. LE-TurboFLASH. Bei der Gadolinium-Spätaufnah- besitzt, verbessert wird. Die gemessenen n k-Raum-Linien pro
metechnik wird eine segmentierte schnelle GRE-Technik (Tur- Herzzyklus werden im k-Raum derart in die Segmente einsor-
boFLASH, TFE, TrueFISP, BFFE) mit einem Inversionspuls zur tiert, dass bei der Inversionszeit die zentralen k-Raum-Linien
Magnetisierungpräparation verwendet. Die Inversionszeit akquiriert werden. Die Datenakquisition erfolgt in der End-
wird individuell für jeden Patienten so eingestellt, sodass das diastole und über so viele Herzzyklen, bis alle benötigten 2D-
gesunde Myokard keine Signalintensität besitzt, wodurch der k-Raum-Linien gemessen wurden
Bildkontrast zum Infarktareal, das eine höhere Signalintensität

Tabelle 1.8. Messparameter Gadolinium-Spätaufnahmetechnik einem Bereich von 22–109 mm/s. Diese Geschwindig-
keit ist neben der Messposition vor allem vom Zeit-
Sequenz Schnelle GRE-Technik
punkt im Herzzyklus abhängig (Achenbach et al.
Wichtung IR 2000). Insgesamt lässt sich auch in der frühen bis
Pixelgröße ≤1,5 mm×1,9 mm mittleren Diastole eine Bewegung in der Größenord-
Matrix ≥256×204 nung von einigen Millimetern pro 100 ms abschät-
FoV ≤380 mm zen. Das Akquisitionsfenster einer Messung sollte da-
Schichtdicke ≤8 mm her <100 ms betragen. Dies wird mit den derzeit zur
Verfügung stehenden Techniken nicht immer er-
reicht, und durch das im Vergleich zur Herzbewe-
gung relativ lange Akquisitionsfenster entstehen im-
üblicherweise berechneten Magnitudenbildes) mer noch deutliche Unschärfen durch die Bewegung.
der Kontrast zwischen Infarkt und gesundem My- Zur Beseitigung bzw. Reduktion von Bildartefak-
okard in einem großen Bereich um eine mittlere ten durch die Atembewegung kommen nur 2 Verfah-
Inversionszeit herum unabhängig von der Inver- ren in Betracht:
sionszeit ist. Bei dieser Technik entfällt das Ein-
stellen der Inversionszeit, es kann die gleiche ∑ die Atemanhaltetechnik oder
„mittlere“ Inversionszeit für jeden Patienten ver- ∑ die Atemtriggerung.
wendet werden. Die Atemanhaltetechnik besitzt den Vorteil, dass bei
einem kooperativen Patienten die Aufnahmen völlig
Koronarangiographie frei von Atmungsartefakten sind. Nachteilig wirkt
Für die MR-Koronarangiographie stehen eine Reihe sich allerdings aus, dass bei mehreren Schichten ei-
von Untersuchungstechniken zur Verfügung, auf die nes 2D-Schichtstapels immer die gleiche reprodu-
im weiteren Verlauf detaillierter eingegangen wird. zierbare Atemlage benötigt wird. Die Aufnahme von
An dieser Stelle sollen zuerst die anatomischen und 3D-Datensätzen in Atemanhaltetechnik ist mit ultra-
physiologischen Schwierigkeiten angesprochen wer- schnellen Techniken möglich geworden. Die Ausdeh-
den, mit denen sich diese Techniken auseinanderset- nung des Datensatzes in der 3. Dimension ist aller-
zen müssen. dings beschränkt, bedingt durch die benötigte hohe
Das an erster Stelle stehende und schwierigste räumliche Auflösung und der relativ kurzen zur Ver-
Problem der MR-Koronarangiographie stellt die Be- fügung stehenden Atemanhaltezeit.
wegung des Gefäßbaums durch den Herzschlag und Für 3D-Messungen bietet sich aufgrund dessen die
die Atmung dar. Die Bewegung durch den Herzschlag Atemtriggerung an, bei der auf die Bewegung der
lässt sich prinzipiell sehr einfach durch eine EKG- Herzwand oder des Diaphragmas getriggert wird.
Triggerung bewältigen. Allerdings zeigen die Herz- Auf die Funktionsweise der Atemtriggerung wird im
kranzgefäße eine hohe Bewegung im Herzzyklus mit weiteren Verlauf des Kapitels detaillierter eingegan-
einer mittleren Geschwindigkeit von 47 mm/s in gen. Auch hier erfolgt die Messung in einem end-
1.1 Untersuchungstechnik 29

Abb. 1.14. Segmentierte 2D-GRE-Sequenz. Bei der segmen- das Fettsignals durch einen Fettsättigungspuls unterdrückt.
tierten 2D-GRE-Sequenz zur Darstellung der Koronararterien Anschließend werden n k-Raum-Linien pro Herzzyklus akqui-
erfolgt durch die Einstellung der Verzögerungszeit TDelay die riert. Die Messung erfolgt wieder über so viele Herzzyklen, bis
Datenaufnahme in der Ruhephase der Koronararterien. Nach der komplette k-Raum gefüllt ist
Ablauf der Verzögerungszeit wird zur Kontrastverbesserung

lichen „Zeitfenster“ der Atembewegung, wodurch Die k-Raum-Linien werden segmentiert aufgezeich-
trotz Triggerung eine Bewegungsunschärfe auftritt. net, d. h. pro Herzzyklus wird in einer Ruhephase ein
Der Nachteil der Atemtriggerung liegt in der relativ Segment aus n k-Raum-Linien aufgenommen (Edel-
langen Messzeit. Von Vorteil ist, dass auch unkoope- man et al. 1991; Abb. 1.14). Das dafür benötigte Ak-
rative Patienten untersucht werden können und ein quisitionsfenster im Herzzyklus ergibt sich aus der
längeres Datenakquisitionsfenster als bei der Atem- verwendeten Repetitionszeit TR (u. a. abhängig vom
anhaltetechnik zur Verfügung steht. Gradientensystem) und der Zahl „n“ der gemessenen
Trotz EKG- und Atemtriggerung können noch k-Raum-Linien. Aus der Segmentierungszahl „n“
weitere Bewegungsunschärfen, z. B. durch einen irre- und den insgesamt benötigten k-Raum-Linien ergibt
gulären Herzschlag oder durch eine Driftbewegung sich in gleicher Weise wie bei den segmentierten
des Herzens während des Atemanhaltens (Poncelet et Kinosequenzen die Anzahl der benötigten Herzzy-
al. 1993) auftreten. klen und damit die Atemanhaltezeit pro Schicht. Für
Die Anatomie des Koronargefäßbaums stellt das 180 2D-Phasenkodierschritte ergibt sich z. B. bei der
zweite Problem der Untersuchungstechniken dar. Die Akquisition von 9 k-Raum-Linien pro Herzschlag
Koronargefäße besitzen einen Durchmesser von ma- (RR=800 ms) eine Atemanhaltezeit von 16 s.
ximal 5 mm und haben einen geschlängelten Verlauf. Die Gefäße werden in der GRE-Sequenz durch fri-
Dadurch gestaltet sich die Darstellung mit 2D-Einzel- sche ungesättigte Blutspins hell dargestellt. Da die
schichten schwierig, da die Gefäße immer wieder aus Koronararterien häufig im Fettgewebe eingelagert
den Schichten herauslaufen. Abhilfe ist durch die sind, wird bei der GRE-Sequenz üblicherweise eine
Messung von 2D-Schichtstapeln oder durch unter- Sättigung des Fettsignals vorgenommen (z. B. durch
schiedliche Angulationen möglich. 3D-Verfahren Sättigungspulse in jedem Herzzyklus vor der Akqui-
bieten hier eindeutige Vorteile, da der Datensatz z. B. sition der k-Raum-Linien, vgl. Abb. 1.14), wodurch
in einfacher transversaler Orientierung aufgezeich- eine Verbesserung des Bildkontrasts erreicht wird.
net und mit 3D-Nachverarbeitungsmethoden (MIP, Die 2D-GRE-Sequenz bietet gegenüber den 2D-SE-
MPR) bearbeitet werden kann. Ein weiterer Vorteil Techniken den Vorteil eines kleineren Datenakquisi-
liegt im besseren Signal-zu-Rausch-Verhältnis als bei tionsfensters und einer besseren Auflösung, besitzt
den 2D-Verfahren, ein möglicher Nachteil allerdings aber auch alle beschriebenen Nachteile der 2D-Ver-
in der möglichen Sättigung einfließender Blutspins. fahren.

쐍 2D-Technik. Die für morphologische Untersuchun- 쐍 3D-Technik mit Atemtriggerung. Dreidimensionale


gen (s. oben, Abschn. „Morphologie“) eingesetzte Datensätze stellen die beste Alternative zur Darstel-
dark-blood-präparierte TSE- und HASTE-Sequenz lung der komplexen Anatomie der Koronararterien
kann ebenfalls zur Darstellung der proximalen Antei- dar. Die Problematik liegt hier allerdings im Ver-
le der Koronararterien und von Bypässen verwendet gleich zur 2D-Bildgebung bei einer stark verlänger-
werden. Die Limitationen liegen in den schon be- ten Akquisitionszeit, wodurch eine Durchführung in
schriebenen Problemen der 2D-Verfahren, der einge- Atemanhaltetechnik nur eingeschränkt möglich ist.
schränkten Darstellung der Gefäße bedingt durch Die einfachste Möglichkeit zur Reduktion von Bildar-
das lange Datenakquisitionsfenster im Herzzyklus tefakten durch die Atmung besteht in einer Signal-
und die schlechte räumliche Auflösung. mittelung. Die Ergebnisse sind allerdings nicht sehr
30 Kapitel 1 Herz

befriedigend (Li et al. 1993; Wang et al. 1995).Weitaus


bessere Resultate liefert die technisch aufwändigere
Atemtriggerung auf die Bewegung der Zwerchfell-
kuppe oder der Herzwand (Li et al. 1996), die unter
der Bezeichnung Navigatortechnik bekannt ist. Die
Detektion der Diaphragmaposition erfolgt über ein
eindimensionales MRT-Bild (eigentlich kein Bild,
sondern ein Stab oder ein Bild mit der Matrixgröße 1
in einer Richtung), das senkrecht auf der Zwerchfell-
kuppe steht. Das 1D-Bild wird durch eine SE-Sequenz
erzeugt, indem der 90°- und der 180°-HF-Puls in
2 unterschiedlichen Ebenen die Spins anregen. Nur
die Spins im Schnittvolumen der beiden HF-Anre-
gungsschichten „sehen“ den 90°- und 180°-HF-Puls a
und erzeugen somit ein „eindimensionales“ Bild
(Abb. 1.15 a–c).
Wird der Stab senkrecht auf die Zwerchfellkuppe
gesetzt, so kann damit die Atembewegung über die
Bewegung des Grenzpunktes zwischen Leber (hell)
und Lunge (dunkel) gemessen werden. Durch einen
mathematischen Algorithmus kann der Grenzpunkt
zwischen Leber und Lunge detektiert und als Trigger-
signal verwendet werden. Die Aufnahme des Stabes
(oder der Atemlage) erfolgt direkt vor der Datenauf-
nahme im Herzzyklus, wodurch den gemessenen
Rohdaten eine Zwerchfell- oder Atemposition zuge-
ordnet werden kann. Bei der prospektiven Atemtrig-
gerung wird in Echtzeit nach der Messung der Atem-
lage entschieden, ob sie innerhalb eines vor der Mes-
sung festgelegten Atemfensters liegt. Für den Fall,
dass sie darin liegt, erfolgt die eigentliche 3D-Daten-
akquisition, ansonsten wird auf den nächsten Herz-
zyklus für den nächsten Versuch gewartet. b
Ein Problem der Triggerung auf die Zwerchfell-
kuppe ist die nicht korrekte Annahme, dass eine line-
are Korrelation zwischen Diaphragma- und Herzbe-
wegung vorliegt. Die Bewegung der proximalen Ko-
ronararterien liegt bei etwa 60%, die des Apex bei
90% der Diaphragmabewegung (Wang et al. 1995).
Eine Verbesserung liefert die Verwendung eines Kor-
rekturfaktors zwischen Diaphragmabewegung und
einer in Echtzeit durchgeführten Korrektur der
Schichtposition, falls die „Soll-Atemlage“ nicht er-
reicht worden ist, oder eine direkte Triggerung auf c
die Vorderwand des linken Ventrikels.
Die eigentliche Bildakquisition erfolgt mit einer Abb. 1.15 a–c. Prinzip Navigator. Das 1D-SE-Bild zur Detek-
segmentierten 3D-GRE- oder Balanced-SSFP-Se- tion der Atembewegung wird dadurch erzeugt, dass die Ebene,
quenz, wobei letztere derzeit aufgrund des höheren in der der 90°-HF-Puls eingestrahlt wird, nicht mit der Ebene
zusammenfällt, in der der 180°-HF-Puls eingestrahlt wird, son-
Signal-zu-Rausch-Verhältnisses und des besseren dern diese kreuzt. Die Spins im Schnittvolumen der beiden
Kontrasts zwischen Blut und Myokard einen Vorteil Ebenen erfahren beide HF-Pulse und erzeugen das 1D-SE-
besitzt. Sowohl bei der GRE- als auch bei der Balan- Bild. Die Orientierung der beiden Ebenen ist auf dem transver-
salen (a) und dem koronaren (b) Übersichtsbild ersichtlich.
ced-SSFP-Sequenz ist vor der Aufnahme der k- Das Schnittvolumen der 2 Ebenen bildet einen Stab mit einem
Raum-Linien eine Unterdrückung des Fettsignals zur Parallelogramm als Querschnitt. c Signalintensität dieses Sta-
Kontrastverbesserung zwingend erforderlich. Zu- bes als Funktion der Atembewegung. Die Grenzfläche zwi-
sätzlich kann eine Präparation der Magnetisierung schen Leber (hell) und Lunge (dunkel) kann von einem mathe-
matischen Algorithmus detektiert und zur Atemtriggerung
durch einen MTC-Puls (Magnetisierungs-Transfer- verwendet werden
1.1 Untersuchungstechnik 31

Abb. 1.16. Segmentierte 3D-GRE-Sequenz. Eine 3D-Sequenz der Ruhephase der Koronararterien. Der Unterschied zur 2D-
besitzt einen 3D-k-Raum, der in der Regel durch den Durch- Sequenz liegt darin, dass in jedem Herzzyklus alle 2D-k-
lauf von 2 Datenakquisitionsschleifen mit Rohdaten gefüllt Raum-Linien die zu einer 3D-k-Raum-Linie (hier: die Linie m)
wird. Eine EKG-getriggerte, segmentierte 3D-GRE-Sequenz gehören, gemessen werden. Im nächsten Herzzyklus werden
kann wie oben dargestellt die Rohdaten akquirieren (es gibt dann alle 2D-k-Raum-Linien zur nächsten 3D-k-Raum-Linie
verschiedene Möglichkeiten, dargestellt ist eine einfache Vari- (hier: m+1) aquiriert usw. Die Messung dauert solange, bis all
ante). In einem Herzzyklus erfolgt wie bei der 2D-GRE-Se- 3D-k-Raum-Linien durchlaufen wurden
quenz (vgl. Abb.1.14) die Aufnahme von n k-Raum-Linien in

Kontrast) oder einen T2-Puls zur Verbesserung des Da es mit einem derart dünnen 3D-Volumen in
Kontrasts zwischen Koronararterien und Myokard Normalfall nicht möglich ist, den kompletten Koro-
eingesetzt werden. nargefäßbaum abzubilden, wurde ein Verfahren mit
Mit den 3D-Techniken in Verbindung mit der der Bezeichnung VCATS („volume coronary angio-
Atemtriggerung gelingt es, eine räumliche Auflösung graphy with targeted scans“) entwickelt (Wielopolski
von 1×1×1 mm und besser zu erreichen. Das Daten- et al. 1998). Bei dieser Technik erfolgt die Aufnahme
akquisitionsfenster im Herzzyklus liegt bei etwa der Hauptstämme durch mehrere unterschiedlich
100 ms. Eine Verringerung des Zeitfensters und da- orientierte 3D-Datensätze in mehreren Atemanhalte-
mit der Bewegungsartefakte ist über eine kleinere zyklen bzw. Messungen. Das VCATS-Verfahren kann
Segmentierung zu erreichen, wodurch aber immer mit allen schnellen 3D-Sequenztechniken kombi-
die Gesamtmesszeit ansteigt. Eine weitere Verbesse- niert werden. Die räumliche Auflösung ist im Ver-
rung der räumlichen Auflösung ist auch möglich, sie gleich zu den Techniken mit Atemtriggerung
führt aber ebenfalls zu einer Verlängerung der Ge- schlechter, sie liegt bei etwa 1,5×1 mm in der Schicht
samtmesszeit. und einer Schichtdicke von etwa 1,5 mm.
Die 3D-GRE-Techniken in Atemanhaltetechnik
쐍 3D-Technik in Atemanhaltetechnik. Die 3D-Bildak- können in Analogie zur kontrastmittelgestützten
quisition in Atemanhaltetechnik erfolgt ebenfalls mit MRA mit der Gabe eines Kontrastmittels zur Verbes-
segmentierten 3D-GRE- oder Balanced-SSFP-Se- serung des Kontrast-zu-Rausch-Verhältnisses kom-
quenzen (Abb. 1.16). Bei der Verwendung dieser biniert werden. Bei der Verwendung von extrazellulä-
schnellen Techniken in Kombination mit einem leis- rem Kontrastmittel ist eine Abstimmung der Rohda-
tungsstarken Gradientensystem ist es möglich, ein tenakquisition (zentrale k-Raum-Linien) mit der
3D-Volumen mit ausreichender Dicke in einem Transitzeit des Kontrastmittels erforderlich. Der Ein-
Atemanhaltezyklus zu untersuchen. Da durch die satz des extrazellulären Kontrastmittels besitzt den
EKG-Triggerung eine deutlich kleinere Zeit als die entscheidenden Nachteil, dass die Kontrastmittelga-
Atemanhaltezeit für die Datenakquisition zur Verfü- be und damit die Messung nicht beliebig oft wieder-
gung steht, muss im Vergleich zu einer in Atemanhal- holt werden kann und von Messung zu Messung der
tetechnik durchgeführten 3D-CE- (kontrastverstärk- Kontrastgewinn durch den Verbleib von Kontrast-
te-)MRA ohne EKG-Triggerung die Dicke des 3D- mittel im Körper verkleinert wird.
Blocks verkleinert (auf etwa 2–3 cm), bzw. die räum-
liche Auflösung verringert werden.
32 Kapitel 1 Herz

Flussmessungen – erzeugt werden kann, wie z. B. durch Magnetfeldin-


쐍 Phasenänderung durch Fluss und Flusskompensation. homogenitäten, ist es notwendig, eine Referenzmes-
Die MRT-Akquisitionstechniken verwenden zur Er- sung anzufertigen. Mit Hilfe dieser Referenzmessung
zeugung eines so genannten Gradientenechos einen sollen alle nichtflussinduzierten Phasenänderungen
Magnetfeldgradienten. Dieser wird für eine be- eliminiert werden. Die Referenzmessung kann durch
stimmte Zeitdauer t1 mit einer Amplitude G1 einge- die Aufnahme des Datensatzes mit einer Flusskom-
schaltet, wobei während dieser Zeit eine Dephasie- pensation anstatt der bipolaren Gradienten zur
rung der Spins erfolgt. Wird danach der Gradient mit Flusskodierung erstellt werden. Nach einer komple-
einer negativen Amplitude G2 und einer Zeitdauer t2 xen Subtraktion der MRT-Signale der Referenzmes-
eingeschaltet, nimmt die Phasenänderung wieder ab. sung von der phasenkodierten Aufnahme steht ein
Ist für einen bestimmten Zeitpunkt die Bedingung Datensatz zur Verfügung, dessen Darstellung der
G1×t1 = G2×t2 erfüllt (bipolarer Gradient), so ist die Phase als Grauwertbild das so genannte Phasenbild
Phasenverschiebung komplett aufgehoben, und ein oder die Flussmessungen liefert.
so genanntes Gradientenecho entsteht und kann in Da der Phasenwinkel proportional zur Blutfluss-
der Empfangspule registriert werden. Erfolgt wäh- geschwindigkeit v ist, kann mit Hilfe des Phasenbil-
rend der Schaltung der Gradienten eine Bewegung des die Flussgeschwindigkeit absolut quantifiziert
der Spins in Richtung des Magnetfeldgradienten, so werden. Diese Technik wird als quantitative Fluss-
wird die Phasenverschiebung nicht mehr komplett messung bezeichnet. Üblicherweise wird der mit der
aufgehoben. Die Phase ist im Vergleich zu stationären Periodizität von 2 π auftretende Phasenwinkel im Be-
Spins vergrößert oder verkleinert, wodurch Bild- reich von –180° und +180° bzw. die gemessene Ge-
oder Phasenartefakte entstehen. Dieses Phänomen schwindigkeit von –vmax bis +vmax im Grauwertbild
kann allerdings auch zur Detektion (Betragskon- über die zur Verfügung stehende Grauwertskala von
trastangiographie, Phasenkontrastangiographie) ganz schwarz nach ganz weiß dargestellt. Ein mittle-
und Quantifizierung von Fluss verwendet werden. rer Grauwert bedeutet also keinen Fluss, ein zur Rich-
Mit Hilfe der so genannten Flusskompensations- tung des bipolaren Gradienten paralleler Fluss wird
methoden ist es andererseits möglich, die nichter- heller und ein antiparalleler dunkler dargestellt. Dar-
wünschte Phasenverschiebung und damit die Bildar- aus resultiert die Möglichkeit, visuell die Flussrich-
tefakte aufzuheben. Diese Techniken setzen weitere, tung zu bestimmen oder über eine entsprechende
zusätzliche Gradientenpulse unterschiedlicher Am- Auswertesoftware quantitativ die Flussgeschwindig-
plitude und Vorzeichen ein, um die Dephasierungen keit oder die Flussrate zu ermitteln.
rückgängig zu machen. Ein Nachteil des Verfahrens ist die Diskontinuität
des Phasenwinkels mit einer Periodizität von 2 π,
쐍 Flussmessung. Bei der Phasenkontrastangiogra- woraus ein „aliasing“ der Signalintensität (Hell-dun-
phie (PC-MRA) und der quantitativen Flussmessung kel-Sprünge) für den Fall resultiert, dass der Phasen-
erfolgt die Messung der flussbedingten Änderungen winkel den Bereich von –180° bis +180° überschrei-
des MRT-Signals, um daraus die Gefäße darstellen tet. Dieser Fall wird durch die Eingabe einer maximal
bzw. den Fluss quantitativ bestimmen zu können. Die zu erwartenden Flussgeschwindigkeit vmax (oder valia-
Messung der flussbedingten Phasenänderung erfolgt sing oder venc) als Untersuchungsparameter vermie-
durch die Aufnahme eines Datensatzes mit einem zu- den, womit in der Untersuchungssequenz der bipola-
sätzlichen bipolaren Gradienten in einer oder mehre- re Gradient so berechnet wird, dass der Bereich von –
ren Raumrichtungen. Die bipolaren Gradienten die- 180° .... +180° nicht überschritten wird.Wird dagegen
nen zur Erzeugung einer flussbedingten definierten die Geschwindigkeit vmax sehr viel größer als die tat-
Phasenverschiebung (phasensensitive Messung) und sächliche maximale Geschwindigkeit gewählt (z. B.
werden als Flusskodiergradienten bezeichnet. um ein Aliasing sicher zu vermeiden), so werden alle
Die Phasenverschiebung ist proportional zu der gemessenen Geschwindigkeiten durch eine sehr klei-
Flussgeschwindigkeitskomponente, die in Richtung ne Phasendifferenz oder Signalintensität dargestellt,
des bipolaren Gradienten zeigt und ergibt sich aus was zu einem schlechten Signal-zu-Rausch-Verhält-
folgender Beziehung: nis führt.
In der praktischen Durchführung erfolgt die
Phasenverschiebung ϕ = γ×G×T×T×v quantitative Flussmessung in einem Gefäß derart,
dass man senkrecht zu diesem mit einer 2D-Flussse-
(γ gyromagnetisches Verhältnis, G Gradientenampli- quenz eine Schicht aufzeichnet, die eine Flussemp-
tude, T Gradientendauer, T Zeit zwischen den Gra- findlichkeit in Schichtselektionsrichtung besitzt. Die
dientenpulsen, v Geschwindigkeit). Aufnahme erfolgt mit EKG-Triggerung in der Kino-
Da aber eine Phasenänderung des MRT-Signals technik, um die Geschwindigkeit zu verschiedenen
durch verschiedene Faktoren – nicht nur durch Fluss Zeitpunkten des Herzzyklus ermitteln und um Fluss-
1.1 Untersuchungstechnik 33

raten bestimmen zu können. Die retrospektive EKG- nisses vorwiegend 3D-Sequenzen verwendet werden.
Triggerung besitzt bei den Flussmessungen im Ver- Atem- und Herzbewegungen werden üblicherweise
gleich zur prospektiven Triggerung den Vorteil, dass durch Signalmittelungen reduziert. Hierbei ist die
der für die quantitative Erfassung des Flusses wichti- Verwendung einer EKG-Triggerung möglich und
ge enddiastolische Anteil ebenfalls bestimmt werden führt zu einer Verbesserung der Bildqualität, aber
kann. auch zu einer Verlängerung der Messzeit. Bedingt
Die zeitliche Auflösung beschreibt wie bei der Ki- durch das niedrige Signal-zu-Rausch-Verhältnis wer-
notechnik das Zeitfenster für die Messung eines Bil- den Voxelgrößen in der Größenordnung von 400 ml
des im Herzzyklus, bzw. hier den zeitlichen Abstand, benutzt.
in dem Flussmessungen vorgenommen werden. Soll Das Isotop 31P wird vorwiegend in der MRT-Spek-
aus den Flussmessungen quantitativ die Flussrate troskopie des Herzmuskels zur Beurteilung der ener-
oder die maximale Flussgeschwindigkeit ermittelt giereichen Phosphate Adenosintriphosphat (ATP)
werden, so muss aus den einzelnen Messungen eine und Phosphorcreatin (PCr) eingesetzt. In der MR-
Flusskurve erstellt werden. Eine schlechte zeitliche Spektroskopie werden spezielle Pulssequenzen und
Auflösung führt hierbei zu einem erhöhten Fehler Signalverarbeitungsmethoden angewendet, die das
der quantitativen Werte, vor allem die maximale MRT-Signal hinsichtlich der spektralen Komponen-
Flussgeschwindigkeit kann bei einem zu großen Zeit- ten untersuchen. Es können neben 2D- auch 3D-Vo-
fenster nicht exakt bestimmt werden. lumenselektionsmethoden eingesetzt werden, sodass
Eine deutliche Verbesserung der zeitlichen Auflö- der gesamte Herzmuskel in einer Untersuchung er-
sung gelingt durch die Verwendung der Phase-sha- fasst werden kann. Die Untersuchungsvoxel liegen in
ring-Technik und/oder der parallelen Bildgebung in einer Größenordnung von etwa 25 ml. Ein sehr gro-
gleicher Weise wie bei der Kinotechnik. Bei den ßer Vorteil der Phosphorspektroskopie stellt die in
Flussmessungen ist es wichtig, hinsichtlich der Wahl den letzten Jahren etablierte Technik zur Absolut-
der beiden Verfahren die zeitliche Auflösung zu be- quantifizierung der Phosphorverbindungen dar.
rücksichtigen.
1.1.3.3
Metabolische Bildgebung Durchführung der Untersuchungen
Das Element Natrium (Na) mit dem Isotop 23Na (Spin Herzachsen
3/2) und das Element Phosphor (P) mit dem Isotop Die Untersuchung des Herzens in der MRT erfolgt in
31P (Spin 1/2) ist mit dem MRT-Verfahren durch den
den meisten Fällen doppelt anguliert entlang der
ungeradzahligen Spin nachweisbar. Im Vergleich zu anatomischen Herzachsen (Tabelle 1.9). Nur in Ein-
Wasserstoff besitzen diese beiden Elemente eine ge- zelfällen ist die Darstellung in den Standardebenen
ringere In-vivo-Konzentration und MRT-Empfind- (transversal, frontal, sagittal) ausreichend.
lichkeit, woraus ein stark verringertes MRT-Signal Zunächst werden transversale „scouts“ akquiriert,
resultiert. Phosphor und Natrium besitzen zudem ein auf denen die Herzspitze und die Mitte der Mitral-
anderes gyromagnetisches Verhältnis als Wasser- klappe lokalisiert werden. Anschließend wird eine
stoff, also andere Larmor- oder Anregungsfrequen- Ebene durch diese beiden Punkte gelegt zur Darstel-
zen: 25,9 MHz für Phosphor und 16,8 MHz für Natri- lung des orientierenden linksventrikulären Zwei-
um bei einer Magnetfeldstärke von 1,5 T. kammerblicks (Abb. 1.17 a). Dieselben Landmarken
Technische Vorraussetzungen für die Durchfüh- (Mitte der Mitralklappe und Herzspitze) werden auf
rung der 31P- und 23Na-MRT-Untersuchung sind zum dieser Schichtebene zur Erzeugung des orientieren-
einen ein entsprechender Hochfrequenzsender und den Vierkammerblicks benutzt (Abb. 1.17 b). Die
eine spezielle auf die verwendete Anregungsfrequenz orientierende kurze Herzachse (biventrikulärer
abgestimmte Sende- und Empfangsspule. Da sowohl Zweikammerblick) wird auf dieser Planungsebene
die Natriumbildgebung als auch die Phosphorspek- durch eine Schicht entlang der Klappenebene abge-
troskopie aufgrund der speziellen Geräteausstattung bildet mit Schichtführung durch die ventrale Inser-
und der erforderlichen Kenntnis der Verfahren der- tion der Trikuspidalklappe und die dorsale Insertion
zeit nur in klinischen Studien angewendet werden, der Mitralklappe (Abb. 1.17 c).
soll hier nur eine kurze orientierende Darstellung ge-
geben werden.
Die 23Na-MRT-Bildgebung ist ein relativ neues
Merke ! Die exakte Ausrichtung parallel zur
Klappenebene ist Grundlage der ver-
Verfahren zum Nachweis und zur Größenbestim- gleichenden Quantifizierung der rechts- und links-
mung eines Myokardinfarkts (Sandstede et al. 2001, ventrikulären Volumina.
2004). Die Untersuchung erfolgt in analoger Weise
zur Protonenbildgebung mit GRE-Sequenzen, wobei Der tatsächliche Vierkammerblick (lange Herzachse)
aufgrund des niedrigen Signal-zu-Rausch-Verhält- wird auf einer mittleren Schicht der kurzen Herzach-
34 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.9. Planung von Herzuntersuchungen entlang der anatomischen Herzachsen

Herzachse Planungsebene 1. Achsenpunkt 2. Achsenpunkt

Orientierender LV Transversale Schichten Mitte der Mitralklappe Herzspitze


Zweikammerblick
Orientierender Orientierender LV Mitte der Mitralklappe Herzspitze
Vierkammerblick Zweikammerblick
Kurze Herzachse Orientierender LV Ventrale Insertion der Dorsale Insertion der
Vierkammerblick Trikuspidalklappe Mitralklappe
Vierkammerblick Kurze Herzachse Zentrum linker Ventrikel Laterale Spitze rechter
mittventrikulär Ventrikel
LV Zweikammerblick Vierkammerblick Mitte der Mitralklappe Herzspitze
RV Zweikammerblick Vierkammerblick Mitte der Trikuspidalklappe Herzspitze
LV Ausflusstrakt Transversale Schichten Bulbus aortae Aortale Ausflussbahn
RV Ausflusstrakt Transversale Schichten Pulmonalklappe Pulmonalarterienaufzweigung
Dreikammerblick Kurze Herzachse Höhe Zentrum Aorta ascendens Zentrum linker Vorhof
LV Ausflusstrakt

LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel.

se mit Achsenführung durch das Zentrum des linken der Vorhöfe und die letzte Schicht außerhalb des Ven-
Ventrikels und die laterale Spitze des rechten Ventri- trikellumens liegen. Zur Beurteilung der Herzspitze
kels geplant (Abb. 1.17 d). Anschließend können auf schließt sich jeweils mindestens eine Schicht in der
dem Vierkammerblick der linksventrikuläre Zwei- langen Herzachse und im links- bzw. rechtsventriku-
kammerblick (Abb. 1.17 e) durch Schichtführung lären Zweikammerblick an. Mit dieser Technik lassen
durch die Mitte der Mitralklappe und die Herzspitze sich sowohl die globale Herzfunktion als auch die re-
sowie der rechtsventrikuläre Zweikammerblick gionale Wandfunktion beider Ventrikel beurteilen.
(Abb. 1.17 f) durch Schichtführung durch die Mitte Eine weiterführende Untersuchung ist mit der
der Trikuspidalklappe und die Spitze des rechten Tagging-Technik möglich. Zur Quantifizierung re-
Ventrikels geplant werden. gionaler Wandbewegungsstörungen können einzelne
Die linksventrikuläre Ausflussbahn wird auf Schichten mit der Tagging-MRT wiederholt werden.
transversalen Schichten geplant. Es wird eine para- Auf diesen Schichten können Rotation, radiäre Kon-
frontale Achse zwischen Bulbus aortae und der be- traktion und Umfangsverkürzung global und re-
reits in dieser Ebene sichtbaren aortalen Ausfluss- gional bestimmt werden. Zur Beurteilung der Tor-
bahn gezogen (Abb. 1.17 g). Der rechtsventrikuläre sionsbewegung des Herzens werden eine basale und
Ausflusstrakt wird auf 2 transversalen Schichten be- eine apikale Schicht mit der Tagging-Technik unter-
stimmt, auf denen die Pulmonalklappe und die Auf- sucht.
zweigung des Truncus pulmonalis in die Pulmonal-
arterien zu sehen sind. Anschließend wird eine Ach- 왔 Als basale Schicht wird die erste
Definition
se durch die Mitte der Pulmonalklappe und der Pul- Schicht definiert, in der die gesamte
monalarterienaufzweigung gelegt (Abb. 1.17 h). Zirkumferenz des linken Ventrikels in Diastole und
Der Dreikammerblick stellt den linken Vorhof und Systole abgebildet ist. Als die am weitesten an der
den linken Ventrikel mit aortalem Ausflusstrakt und Herzspitze gelegene Schicht wird die letzte Schicht
Beginn der Aorta ascendens dar. Die Planung erfolgt definiert, in der noch ein endsystolisches Volumen
auf einem basalen Kurzachsenschnitt in Höhe des abgrenzbar ist.
aortalen Ausflusstrakts mit einer Achse durch das
Zentrum des linken Vorhofs und der Aorta ascendens Noch in der Erprobung befindet sich die Phasenkon-
(Abb. 1.17 i). trasttechnik mit höherer räumlicher Auflösung, bei
der analog der Flussmessung die Myokardbewegung
Globale und regionale Funktionsanalyse über die Phasenverschiebung der einzelnen Pixel ge-
Für die Funktionsanalyse des Herzens wird das ge- messen wird.
samte Herz mit der Cine-MRT in aufeinanderfolgen-
den Schichten von der Herzbasis bis zur Herzspitze in 쐍 Auswertung – globale Funktionsanalyse. Die biven-
der kurzen Herzachse untersucht. Hierbei muss si- trikuläre Massen- und Funktionsanalyse erfolgt übli-
chergestellt werden, dass die erste Schicht im Bereich cherweise in der kurzen Herzachse. Vor Beginn der
1.1 Untersuchungstechnik 35

Abb. 1.17 a–d. Untersuchungsplanung


Herzachsen. a Orientierender links-
ventrikulärer Zweikammerblick.
b Orientierender Vierkammerblick.
c Doppelt angulierter biventrikulärer
Zweikammerblick (kurze Herzachse).
d Doppelt angulierter Vierkammerblick
(lange Herzachse)

d
36 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.17 e–h. e Doppelt angulierter


linksventrikulärer Zweikammerblick.
f Doppelt angulierter rechtsventrikulärer
Zweikammerblick. g Aortaler Ausflus-
strakt. h Pulmonaler Ausflusstrakt

h
1.1 Untersuchungstechnik 37

Abb. 1.17. i Doppelt angulierter


Dreikammerblick

Auswertung sind einige Definitionen notwendig: Die


Festlegung der enddiastolischen und der endsystoli- Merke ! Die Messungen der Funktionspara-
meter und des Herzgewichts mit der
schen Phase erfolgt auf der ersten Schicht, die in allen MRT stellen heute den Goldstandard der Funktions-
Herzphasen die vollständige Myokardzirkumferenz analyse dar, da die Auswertungen sehr robust und re-
zeigt. produzierbar sind.

왔 Die enddiastolische Phase ist das Bild, Die Intra- und Interobserver-Variabilitäten dieser
Definition
das als erstes Bild nach der Trigge- Auswertungen liegen zwischen 5–6% und 4,5–11,5%
rung auf die R-Zacke akquiriert wird, die endsystoli- (Lorenz et al. 1999; Rominger et al. 1999; Sandstede et
sche Phase ist das Bild mit dem geringsten Ventrikel- al. 2000 a). Durch eine Segmentierung aller Herzpha-
volumen. sen lassen sich die linksventrikulären systolischen
Auswurf- und diastolischen Füllungsparameter be-
Als Herzbasis wird getrennt für Diastole und Sys- stimmen. Dies kann entweder für alle Schichten oder
tole jeweils die Schicht definiert, in der mindestens auch auf einer repräsentativen mittventrikulären
50% der Zirkumferenz des linken Ventrikels abgebil- Schicht erfolgen (Rominger et al. 1999 b). Die maxi-
det sind. malen linksventrikulären Auswurf- (MAR) und Fül-
lungsraten (MFR) werden durch Interpolation der
Als die am weitesten an der Herzspitze gelegene Zeit-Volumen-Kurven durch Polynome dritter Ord-
Schicht wird die letzte Schicht ausgewertet, in der nung berechnet und in ml/s angegeben bzw. auf das
noch ein endsystolisches Volumen abgrenzbar ist. EDV normalisiert und als LV EDV/s beschrieben
Anschließend werden in der enddiastolischen und (Bonow et al. 1988). Die Zeitpunkte der maximalen
der endsystolischen Phase die endokardialen und Auswurfrate (Z-MAR) bzw. der maximalen Füllrate
epikardialen Konturen beider Herzventrikel mit Hil- (Z-MFR) werden relativ zum enddiastolischen bzw.
fe einer Auswertesoftware manuell eingezeichnet. endsystolischen Phasenbild gemessen.
Die Papillarmuskeln und die Trabekulierung werden Aus der Untersuchung von gesunden Probanden
dem Ventrikelvolumen zugerechnet. in einer weiten Altersspanne ergibt sich, dass die
Parameter der globalen Funktionsanalyse sind für Analyse von Volumina und Massen bei Patienten un-
den rechten (RV) und den linken Ventrikel (LV) end- ter Berücksichtigung entweder alters- oder ge-
diastolisches Volumen (EDV), endsystolisches Volu- schlechtskorrigierter Vergleichswerte erfolgen sollte.
men (ESV), Ejektionsfraktion (EF), Herzzeitvolumen Während mit zunehmendem Alter die Herzmasse
(HZV) und Masse (M), jeweils in absoluten Werten konstant bleibt, nehmen die Volumina signifikant ab.
und in normalisierten Werten als Index bezogen auf Die Verwendung eines Index, bezogen auf die Kör-
1 m2 Körperoberfläche (EDVI, ESVI, Herzindex/HI, peroberfläche, beseitigt die linksventrikulären ge-
MI). Die Körperoberfläche wird nach der Du-Bois- schlechtsabhängigen Volumenunterschiede, die
Formel berechnet: linksventrikuläre Masse bleibt jedoch auch als Index
signifikant unterschiedlich.
Körperoberfläche (cm2)=[Körperlänge (cm)0,725] Alters- oder geschlechtsunabhängig sind Herz-
×[Körpergewicht (kg)0,425]×71,84. zeitvolumen und Ejektionsfraktion. Für die Beurtei-
lung des linken Ventrikels im klinischen Alltag be-
38 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.10. Normwerte der biventrikulären Funktions- und Massenuntersuchung. (Aflakih et al. 2003; Sandstede et al. 2000 a)

Männer Frauen

LV RV LV RV

A) Normwerte absolut (Bereich: Mittelwert±2 SD)


SSFP
EDV 102–235 111–243 96–174 83–178
ESV 29–93 47–111 27–71 32–72
EF 55–73 48–63 54–74 50–70
Masse 85–181 – 66–114 –
GRE
EDV 65–171 75–188 55–139 54–145
ESV 15–66 20–87 10–48 8–62
EF 56–77 46–74 61–80 50–87
Masse 119–190 – 79–141 –

B) Normwerte normalisiert auf die Körperoberfläche (Bereich: Mittelwert±2SD)


SSFP
EDV 53–112 111–243 56–99 48–103
ESV 15–45 25–53 14–40 18–42
EF 55–73 48–63 54–74 50–70
Masse 46–83 – 37–67 –
GRE
EDV 34–84 42–89 36–77 36–80
ESV 8–33 12–41 7–27 6–35
EF 56–77 46–74 61–80 50–87
Masse 60–95 – 49–80 –

LV linker Ventrikel; RV rechter Ventrikel; SD Standardabweichung; EDV enddiastolisches Volumen; ESV endsystolisches Volumen;
EF Ejektionsfraktion.

deutet dies, dass für die Herzmasse eine Geschlechts- zen. Verlaufsuntersuchungen müssen deshalb immer
korrektur, für die Volumina eine Alterskorrektur und mit derselben Sequenz durchgeführt werden.
für Herzzeitvolumen und Ejektionsfraktion keine
Korrekturen notwendig sind. Die rechtsventrikulä- 쐍 Auswertung – regionale Funktionsanalyse. Die Be-
ren Parameter sind deutlicheren Schwankungen un- funderhebung der regionalen Funktionsanalyse er-
terworfen mit geschlechts- und altersabhängigen Un- folgt entweder anhand einer globalen Einteilung in
terschieden. Aus Gründen der Praktikabilität er- Vorder-, Seiten-, Hinterwand und Septum oder an-
scheint jedoch der Bezug auf die Gesamtmittelwerte hand einer Einteilung in Segmente. In der Routine
als gerechtfertigt (Alfakih et al. 2003; Sandstede et al. hat sich das 17-Segment-Modell der AHA („Ameri-
2000 a; Tabelle 1.10). can Heart Association“) etabliert, das ursprünglich
Für die kardiale Funktionsanalyse stehen 2 ver- für die Echokardiographie entwickelt wurde (Cer-
schiedene Sequenztypen zur Verfügung: die GRE-Se- queira et al. 2002; Abb. 1.18 a, b). Der Referenzsektor
quenz und die Balanced-SSFP-Sequenz. Während die wird an der vorderen Septuminsertion der freien
GRE-Sequenz weniger artefaktanfällig ist, wird bei Wand des rechten Ventrikels platziert. Der basale und
der Balanced-SSFP-Sequenz ein Signalgewinn durch der mittlere Kurzachsenschnitt werden in jeweils
Refokussierung und damit Nutzung der angeregten 6 und der apikale Kurzachsenschnitt in 4 Segmente
Transversalmagnetisierung erzielt. Damit ist bei die- unterteilt, das 17. Segment ist die Herzspitze. Das Mo-
ser Sequenz das Blutsignal höher und das Myokard- dell bietet neben der Vergleichbarkeit auch unter-
signal niedriger bei zusätzlich noch geringeren sub- schiedlicher Bildgebungsmethoden außerdem den
endokardialen Flussartefakten. Dies führt u. a. zu ei- Vorteil, dass die einzelnen Segmente den jeweiligen
ner verbesserten Endokardkonturdefinition und da- koronararteriellen Stromgebieten zugeordnet wer-
mit im Vergleich zur GRE-Sequenz zu höheren den können (R. interventricularis anterior: Segment
Werten für das enddiastolische und das endsystoli- 1, 2, 7, 8, 13, 14, 17; R. circumflexus: Segment 5, 6, 11,
sche Volumen. Daraus ergeben sich etwas niedrigere 12, 16; rechte Koronararterie: Segment 3, 4, 9, 10, 15).
Werte für die Ejektionsfraktion und auch die myo- Bei der visuellen Analyse wird der Kontraktions-
kardiale Masse wird niedriger gemessen. Daher gel- ablauf entweder durch die Betrachtung der Einzelbil-
ten unterschiedliche Normwerte für beide Sequen- der auf dem Film oder im Cine-Modus am Monitor
1.1 Untersuchungstechnik 39

Abb. 1.18 a, b. Segmenteinteilung des Herzens der „American ventrikuläre Hinterwand, 11 mittventrikuläre inferiore Seiten-
Heart Association“. a Sektoreneinteilung des linksventrikulä- wand (Inferolateralwand), 12 mittventrikuläre anteriore Sei-
ren Myokards: 1 basale Vorderwand, 2 basales anteriores tenwand (Anterolateralwand), 13 apikale Vorderwand, 14 api-
Septum (Anteroseptalwand), 3 basales inferiores Septum kales Septum, 15 apikale Hinterwand, 16 apikale Seitenwand,
(Inferoseptalwand), 4 basale Hinterwand, 5 basale inferiore 17 Apex (Herzspitze). b Die großen Koronargefäße und ihre
Seitenwand (Inferolateralwand), 6 basale anteriore Seitenwand linksventrikulären Versorgungsgebiete: hellgrau R. interven-
(Anterolateralwand), 7 mittventrikuläre Vorderwand, 8 mitt- tricularis anterior (RIVA), dunkelgrau rechte Koronararterie
ventrikuläres anteriores Septum (Anteroseptalwand), 9 mitt- (RCA), weiß Ramus circumflexus (RCX)
ventrikuläres inferiores Septum (Inferoseptalwand), 10 mitt-

beurteilt. Hierbei wird die Wandbewegung in 4 Gra- nächst mit Hilfe eines Nachverarbeitungsprogramms
de eingeteilt: die Kreuzungspunkte für alle Herzphasen von der
Enddiastole bis zur Endsystole detektiert und ggf.
1. normokinetisch – normale Wandbewegung,
manuell korrigiert werden. Anschließend wird mit
2. hypokinetisch – eingeschränkte, jedoch noch vor-
der Software für jede Herzphase das Zentrum neu
handene Wandbewegung,
berechnet, sodass die Bewegung der Tags jeweils in
3. akinetisch – keine Wandbewegung,
Relation zum aktuellen Mittelpunkt der untersuch-
4. dyskinetisch – irreguläre Wandbewegung, häufig
ten Schicht analysiert wird.
systolische Auswärtsbewegung des Myokards.
Die Gesamtbewegung der Tags während der Kon-
Die Wanddickenanalyse erfolgt analog zur globa- traktion wird zumeist in einem Diagramm darge-
len Funktionsanalyse nach Segmentierung der en- stellt. Die Ausgabe der Werte erfolgt als Grad (°) und
do- und epikardialen Konturen. Anschließend Richtung der Rotation, Strecke (mm) der radialen
werden die enddiastolische (EDWD) und endsystoli- Kontraktion und prozentuale (%) Umfangsverkür-
sche Wanddicke (ESWD) sowie die absolute (SWDZ) zung von der Enddiastole bis zur Endsystole. Die Tor-
und prozentuale [(ESWD–EDWD)/EDWD×100%= sion wird aus der gegenläufigen Bewegung der maxi-
%SWDZ] systolische Wanddickenzunahme gemes- malen Rotation der Herzspitze (gegen den Uhrzei-
sen. Die Ergebnisse der Wanddickenanalyse sollten gersinn) im Vergleich zur Herzbasis (im Uhrzeiger-
mit Normwerten getrennt für Vorder-, Seiten-, Hin- sinn) zum gleichen Zeitpunkt berechnet. Der
terwand und Septum verglichen werden; eine Unter- Normalwert für die Torsion beträgt 14,5°±3,7°. Die
teilung nach Basis, Mitte und Spitze ist nicht notwen- anderen Werte sind in Tabelle 1.12 aufgetragen.
dig (Sandstede et al. 2002 a; Tabelle 1.11). Die Werte für die prozentuale Umfangsverkür-
Zur Quantifizierung von Kontraktion und Torsion zung steigen von der Herzbasis bis zur Herzspitze an.
des Herzens mit der Tagging-Technik müssen zu- Daher ist bei der Orientierung an Normalwerten eine
40 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.11. Normwerte der linksventrikulären Wanddickenanalyse (GRE). (Sandtstede et al. 2000 b)

Parameter Vorderwand Seitenwand Hinterwand Septum

EDWD (mm) 12,0±2,5 11,9±2,5 11,6±2,0 12,6±1,9


ESWD (mm) 18,8±2,4 19,1±2,6 17,6±2,5 17,3±2,2
SWDZ (mm) 6,8±1,8 7,2±2,4 6,0±2,8 4,7±1,8
%SWDZ (%) 61±21 66±27 57±31 41±17

EDWD enddiastolische Wanddicke; ESWD endsystolische Wanddicke; SWDZ systolische Wanddickenzunahme;


%SWDZ prozentuale systolische Wanddickenzunahme.

Tabelle 1.12. Normwerte der linksventrikulären Tagging-Analyse. (Sandstede et al. 2000)

Zirkumferenzielle Umfangsverkürzung

Rotation Radiäre Kontraktion subendokardial subepikardial transmural

Basis –4,2±1,9 7,7±1,9 mm 27,7±6,4% 11,6±3,6% 19,7±4,7%


Mitte 3,4°±2,4 7,9±0,9 mm 31,2±5,5% 12,8±1,8% 22,0±3,4%
Spitze 10,3°±2,5 6,9±0,9 mm 33,2±4,1% 15,7±3,5% 24,4±3,0%

Differenzierung nach Herzbasis, -mitte und -spitze 쐍 Auswertung. Perfusionsstudien können entweder
notwendig, während eine Differenzierung der einzel- visuell, semiquantitativ oder quantitativ ausgewertet
nen Wandabschnitte nicht nötig ist (Sandstede et al. werden. Bei der visuellen Auswertung wird das Sig-
2002 b). nalverhalten während der maximalen Kontrastie-
rung des Myokards beurteilt, wobei eine Hypointen-
Perfusionsstudien sität einen Perfusionsdefekt nachweist. Es kann hier-
Perfusionsuntersuchungen werden nach Möglichkeit bei zwischen subendokardialen und transmuralen
in der kurzen und langen Herzachse durchgeführt. Perfusionsdefekten unterschieden werden. Aller-
Meistens stehen bei Multischichtsequenzen 3– dings gibt es einige Fallstricke, die bei der Beurtei-
4 Schichten zur Verfügung. Drei Kurzachsenschich- lung beachtet werden müssen:
ten sollten stets orientierend den gesamten linken
∑ Beim Einströmen des Kontrastmittels in den lin-
Ventrikel abdecken, die 4. Schicht wird in der langen
ken Ventrikel kommt es häufig zu einer subendo-
Herzachse zur Beurteilung der Herzspitze platziert.
kardialen Hypointensität, die häufig zirkulär auf-
Wenn aufgrund der Herzfrequenz nur 3 Schichten
tritt, aber auch regional begrenzt und dann vor al-
pro Herzschlag akquiriert werden können, kann am
lem im Septum lokalisiert sein kann. Dieser Sus-
ehesten auf die lange Herzachse verzichtet werden.
zeptibilitätsartefakt kann von einer echten
Das Kontrastmittel wird mit einer Flussrate von 3–
Minderperfusion auf 2 Arten unterschieden wer-
5 ml/s gegeben. Die Datenakquisition mit einem Bild
den:
pro Herzschlag und die Injektion werden gleichzeitig
왔 Vergleich von Ruhe- und Stressuntersuchung:
gestartet. Nach der ersten Kontrastmittelgabe ist vor
Ein Artefakt ist auch in der Ruheuntersuchung
der Wiederholung (z. B. bei Untersuchungen unter
nachweisbar.
pharmakologischem Stress) ein Intervall von 10 min
왔 Ein echtes Perfusionsdefizit ist auch noch
notwendig, in dem das Kontrastmittel aus dem Myo-
sichtbar, wenn das Kontrastmittel aus dem Lu-
kard ausgewaschen wird. Die Kontrastmitteldosis
men des linken Ventrikels bereits wieder aus-
sollte für eine semiquantitative Auswertung mit
gewaschen ist. Der Artefakt nimmt im Gegen-
0,025–0,05 mmol/kg KG möglichst niedrig sein. Hier-
satz hierzu gleichmäßig mit der Signalintensi-
durch können zum einen Artefakte in den Ventrikel-
tät des linken Ventrikels ab.
lumina durch eine zu hohe Kontrastmittelkonzentra-
∑ Myokardiale Narben können hämodynamisch
tion vermieden werden. Zum anderen besteht nur bei
verursachte Perfusionsdefekte vortäuschen. Auch
dieser niedrigen Dosierung ein linearer Zusammen-
hier hilft der Vergleich von Ruhe- und Stressun-
hang zwischen der Kontrastmittelkonzentration und
tersuchungen, da eine narbig bedingte Minderp-
der gemessenen Signalintensität. Wird allein eine vi-
erfusion auch in Ruhe nachweisbar ist. Zum ande-
suelle Auswertung durchgeführt, kann die Dosis auf
ren sollte die Perfusionsuntersuchung immer mit
0,05–0,1 mmol/kg KG gesteigert werden.
1.1 Untersuchungstechnik 41

Abb. 1.19. Signalintensitäts-Zeit-


Kurve einer Perfusionsmessung

Spätaufnahmen nach der Kontrastmittelgabe ver- ∑ Die Dauer vom Beginn der Myokardkontrastie-
bunden werden. Hier lassen sich dann myokardi- rung bis zu ihrem Maximum („time to peak“) ist
ale Narben durch das späte Enhancement eindeu- ein Maß für die Vaskularisierung.
tig identifizieren. ∑ Die maximale Kontrastierung („peak“) ist ein
∑ Ein nicht untersuchungstechnisch, sondern pa- Marker des myokardialen Blutvolumens.
thophysiologisch bedingter Fallstrick ist die dif- ∑ Am wichtigsten ist die maximale Steigung der
fuse oder fleckige Hypoperfusion bei mikroan- Kurve (Anstiegsgeschwindigkeit, „slope“), die als
giopathischen Veränderungen, z. B. bei Diabetes Parameter für die Perfusion gilt.
mellitus oder arteriellem Hypertonus. Diese kann
durch die fehlende Zuordnung zu einem koronar- Leider sind vor der Bestimmung dieser Parameter
arteriellen Versorgungsgebiet von einer makro- verschiedene mathematische Nachverarbeitungen
angiopathisch bedingten Minderperfusion unter- notwendig: Aufgrund des Spulenintensitätsprofils ha-
schieden werden. ben nicht alle Segmente vor der Anflutung des Kon-
∑ Die Auswertung der Myokardperfusion ist immer trastmittels dieselbe Signalintensität. Dies wird mit
auf einen intrinsischen Vergleich angewiesen, durch die Anpassung der Basislinien aller Segmente,
d. h. minderperfundierte Areale werden durch die so genannte Basislinienkorrektur, ausgeglichen.
den Vergleich mit normal perfundierten Arealen Des Weiteren ist die Anflutung des Kontrastmittel-
identifiziert. Eine schwere „Drei-Gefäß-KHK“ bolus von der Herzfunktion abhängig, die durch die
kann somit dem Nachweis entgehen, da kein nor- arterielle Input-Funktion angezeigt wird. Hierfür
mal perfundiertes Myokardsegment für den in- wird auch im linken Ventrikel eine Signalintensitäts-
trinsischen Vergleich der Myokardperfusion der Zeit-Kurve gemessen. Da sich die Herzfunktion und
einzelnen koronararteriellen Versorgungsgebiete damit auch die arterielle Input-Funktion durch eine
zur Verfügung steht. pharmakologische Belastung ändert, ist eine Korrek-
tur auf die arterielle Input-Funktion für den Vergleich
Die semiquantitative Auswertung beruht auf der von Ruhe- und Stressuntersuchungen notwendig.
Messung von Signalintensitäten, die als indirekte Eine dritte Korrekturmöglichkeit besteht im Aus-
Marker für die myokardiale Perfusion dienen. Hier- gleich von Partialvolumeneffekten im Myokard, die
für werden zunächst die Endokard- und Epikardkon- durch den kräftigen Signalanstieg erst im rechten und
turen in jeder Herzphase eingezeichnet. Anschlie- dann im linken Ventrikellumen entstehen. Diese kön-
ßend wird die Myokardzirkumferenz wie oben, unter nen mit der so genannten Kontaminationskorrektur,
Abschn. „Globale und regionale Funktionsanalyse“, einem iterativen Verfahren, ausgeglichen werden.
beschrieben in Sektoren eingeteilt. Für jeden Sektor Abschließend muss noch die aus Einzelpunkten be-
wird eine Signalintensitäts-Zeit-Kurve (Abb. 1.19) er- stehende Kurve mit einem mathematischen Verfahren
stellt, der sich die folgenden Parameter entnehmen „gefittet“, d. h. geglättet werden. Ein weiteres Problem
lassen: einer (semi-)quantitativen Auswertung sind Artefakte
durch ungenügenden Atemstopp des Patienten.
42 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.13. Untersuchungen unter pharmakologischem Stress

Stress-Perfusions-MRT Vitalitätsdiagnostik Stress-Cine-MRT

Pharmakon Adenosin Dobutamin Dobutamin, ggf. Atropin


Dipyridamol
Dosierung Adenosin: 140 mg/kg KG/min 5 und/oder 10 mg/kg Kg/min 5, 10, 20, 30 und 40 mg/kg Kg/min,
Dipyridamol: 0,56 mg/kg KG ggf. unterstützt durch jeweils
0,25 mg Atropin (max. 1 mg)

Infusions- Adenosin: max. 6 min, 5 min Vorlauf, Infusion von in 3 min-Schritten


dauer Untersuchungsbeginn Weitergabe während der bis zum Erreichen der maximalen
nach 3 min Untersuchung Herzfrequenz bzw. zum Auftreten
Dipyridamol: Infusion über von Wandbewegungsstörungen
4 min, Untersuchungsbeginn
3 min nach Infusionsende
Neben- Flush, Brustschmerz, Dyspnoe, Anstieg von Herzfrequenz und Wie bei niedriger Dosierung
wirkungen Kopfschmerz, Schwindel, Blutdruck, gelegentlich Blutdruck-
Bronchospasums, Hypotonie, abfälle, Herzrhythmusstörungen
AV-Block bis ventrikuläre Tachykardie/
Kammerflimmern, Brust-
schmerzen, Kopfschmerz, Übelkeit
Gegen- Abbruch der Infusion Kurzfristig wirksamer Wie bei niedriger Dosierung
maßnahmen Aminophyllin oder Theophyllin Betablocker i. v.
(50–125 mg) langsam i. v. Nitroglyzerinspray

Alle diese Nachverarbeitungsschritte sind derzeit


nur in Einzelschritten, jedoch noch nicht in ihrer Ge- Merke ! Die Diagnose der eingeschränkten
Perfusionsreserve erfolgt durch den
samtheit automatisiert und benötigen viel Erfahrung Nachweis einer Myokardminderperfusion oder kon-
und einen hohen Zeitaufwand. Deshalb hat sich die sekutiver Wandbewegungsstörungen unter Belas-
semiquantitative Auswertung in der klinischen Rou- tungsbedingungen.
tine bisher nicht etablieren können.
Eine Quantifizierung der Myokardperfusion ist Grundsätzlich werden daher 2 Arten von Pharmaka
nur sehr eingeschränkt möglich, da bereits bei der er- für die MRT unter pharmakologischer Belastung ein-
sten Kontrastmittelpassage durch das Herz („first- gesetzt:
pass“) ein variabler Anteil des Kontrastmittels in das
∑ vasodilatierende Pharmaka zur Erzeugung einer
Interstitium diffundiert und daher die Signalintensi-
koronaren Hyperämie (Adenosin, Dipyridamol)
tät nicht ausschließlich vom Blutvolumen sondern
und
auch von der variablen interstitiellen Verteilung ab-
∑ inotrop und chronotrop wirksame adrenerge
hängig ist. Deshalb ist eine quantitative Auswertung
Substanzen zur Steigerung des myokardialen Sau-
mit Beschreibung des myokardialen Blutvolumens
erstoffverbrauchs und damit zur Induktion von
mit den derzeitigen extrazellulären Kontrastmitteln
Wandbewegungsstörungen (Dobutamin, Arbuta-
nur mit Hilfe mathematischer Modelle möglich, die
min), ggf. kombiniert mit Atropin (Dosierung s.
nur eine Näherung an die tatsächlichen Werte liefern.
Tabelle 1.13).
Aus diesem Grund befindet sich die Methode noch in
der Erprobung. Vor Beginn der Belastungsuntersuchung müssen ei-
ne kardiovaskuläre Anamnese und die Basis-Vitalpa-
Untersuchungen unter pharmakologischem Stress rameter zur Verfügung stehen. Besonders beachtet
Viele auch hämodynamisch relevante Stenosen ver- werden sollten die Anamnese, die vorangegangene
ursachen nur unter Belastungsbedingungen eine Medikation, die Symptomatik, die kardialen Risiko-
Minderperfusion des Myokards, da erst ab einer Ste- faktoren, die vorangegangenen diagnostischen oder
nose >85% mit einer Einschränkung der Ruheperfu- therapeutischen Maßnahmen und die Indikations-
sion zu rechnen ist. Daher lassen sich viele Stenosen stellung für die aktuelle Untersuchung. Akute Ischä-
nur durch eine eingeschränkte Perfusionsreserve mien, schwere Arrhythmien und Leitungsstörungen
nachweisen, d. h. durch die ungenügende Steigerung müssen vor Beginn der Belastungsuntersuchung aus-
der Durchblutung unter Belastung bei normaler Ru- geschlossen werden. Patienten mit der Anamnese ei-
heperfusion. nes Bronchospasmus oder anderer pulmonaler Er-
krankungen (Asthma, pulmonaler Hypertonus), sys-
1.1 Untersuchungstechnik 43

temischer Hypotension (systolisch <90 mmHg), mit talparameter (Herzfrequenz und Blutdruck) und das
schwerer Mitralklappenerkrankung oder anamnes- Auftreten oder Fehlen von Symptomen einer Myo-
tisch bekannter Hypersensitivität gegenüber Adeno- kardischämie sind in regelmäßigen Intervallen wäh-
sin sollten einer vasodilatatorischen Stimulation mit rend der Belastungs- und Erholungsphase zu erhe-
Adenosin nicht unterzogen werden. Patienten mit ben.
fortgeschrittenem atrioventrikulärem Block (II oder Gegenmaßnahmen sind der Abbruch der Infusion
III) oder mit „Sick-Sinus-Syndrom“ sollten ebenfalls (führt bei Adenosin zum Aussetzen der Wirkung
nicht mit Adenosin untersucht werden, wegen dessen nach 10–20 s), ansonsten bei vasodilatierenden Sub-
negativ-dromotropen Effekts (SA- und AV-Knoten). stanzen die Gabe von Aminophyllin oder Theophyl-
Weitere Kontraindikationen für vasodilatatori- lin (50–125 mg) langsam intravenöse und bei positiv
sche Substanzen sind abgelaufener Myokardinfarkt inotropen Substanzen die Gabe von Betablockern
(≤ 3 Tage), instabile Angina, schwere Aortenstenose und/oder Nitroglyzerin.
und schwere obstruktive hypertrophische Kardiomy- Abbruchkriterien sind Patientenwunsch, progre-
opathie. Der Einsatz von Adenosin wird während der diente oder schwere Angina pectoris, Atemnot, Abfall
Schwangerschaft und in der Laktationsphase nicht des systolischen Blutdrucks um mehr als 40 mmHg,
empfohlen. Ino- bzw. chronotrop wirksame Substan- Bluthochdruck (≥240/120 mmHg), schwere Arrhyth-
zen sind bei Patienten mit ventrikulärer Tachyar- mien und andere schwere Nebenwirkungen.
rhythmie kontraindiziert. Sie sind nur mit größter
Vorsicht bei Patienten mit obstruktiver oder hyper- Spätes Enhancement
trophischer Kardiomyopathie oder in der frühen Bei der Beurteilung des späten Enhancements muss
Post-Infarktphase einzusetzen. zwischen ischämischem und nichtischämischem
Die Patienten müssen mindestens 48 Stunden lang späten Enhancement unterschieden werden. Sowohl
hämodynamisch und klinisch stabil sein, bevor eine akute als auch chronische Infarkte, d. h. fibrotisch
Belastungsuntersuchung durchgeführt wird. Vor der umgebaute Infarktnarben, zeigen ein spätes Enhan-
pharmakologischen Belastung sollten die Patienten cement. Allerdings ist dieses Phänomen sowohl bei
mindestens 4 Stunden lang nüchtern bleiben. Bei infiltrativen Herzerkrankungen wie der Myokarditis
Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellitus und der Sarkoidose als auch bei primären und sekun-
sollte am Tag der Untersuchung eine optimale dären Kardiomyopathien nachweisbar. Bei diesen Er-
Einstellung des Blutzuckers vorliegen. Falls medi- krankungen handelt es sich entweder um entzündli-
zinisch nicht kontrainidiziert, sollten im Rahmen che Veränderungen oder um eine Myokardfibrose,
der Vorfelddiagnostik Medikamente, die Herzfre- die das späte Enhancement verursacht.
quenz- und Blutdruckveränderungen unter Belas- Neben der Anamnese und anderen klinischen Un-
tung modifizieren können (z. B. Betablocker), für die tersuchungsergebnissen sind vor allem die Lokalisa-
diagnostischen Tests abgesetzt werden. Koffeinhalti- tion sowie das Ausmaß und das Verteilungsmuster
ge Getränke und Methylxanthin-enthaltende Medi- der Areale späten Enhancements für die Differenzial-
kamente müssen mindestens 24 Stunden vor phar- diagnose wichtig. Die Ischämie führt aufgrund der
makologischer Belastung mit Vasodilatatoren (für Blutversorgung des Myokards von subepikardial
langwirksame Methylxanthin-Präparate entspre- nach subendokardial immer zuerst zu einer subend-
chend länger) abgesetzt werden, da diese die Auslö- okardialen Nekrose, die sich dann in Form des „Wel-
sung einer koronaren Hyperämie verhindern kön- lenfrontphänomens“ nach epikardial ausbreitet. Ein
nen. ischämisch verursachtes spätes Enhancement be-
Alle Formen der Belastung müssen während der zieht also immer die subendokardialen Regionen ein.
Belastungs- und Erholungsphase von einem qualifi- Nichtischämisch bedingtes spätes Enhancement da-
zierten Arzt überwacht werden. Für die Überwa- gegen kann auch die subendokardialen Regionen be-
chung während der Untersuchung müssen MRT- treffen, aber auch die mittmyokardialen und subepi-
kompatible EKG-Registrierung, Blutdruckmessung kardialen Abschnitte. Des Weiteren sind ischämisch
und ggf. Pulsoxymetrie zur Verfügung stehen. Für die bedingte Areale späten Enhancements flächig und ei-
Applikation der Pharmaka und eines Kontrastmittels nem koronararteriellen Versorgungsgebiet zuzuord-
müssen sichere intravenöse Zugänge gewährleistet nen, nichtischämisch bedingtes spätes Enhancement
sein. Für die genaue Dosierung der Pharmaka sind kann dagegen auch fleckig oder diffus verteilt sein.
automatische Injektoren notwendig. Instrumentie- Somit kann das späte Enhancement nichtischämi-
rung und Medikamente für den kardialen Notfall scher Genese einen Myokardinfarkt zwar simulieren,
müssen in unmittelbarer Nachbarschaft des Magne- in den meisten Fällen lässt es sich jedoch eindeutig
tresonanztomographen zur Verfügung stehen. Das differenzieren.
EKG muss kontinuierlich während der Belastung und Bei ischämisch bedingtem späten Enhancement
während der Erholungsphase registriert werden. Vi- wird für die Vitalitätsdiagnostik das transmurale In-
44 Kapitel 1 Herz

farktausmaß gemessen. Für eine exakte Vitalitätsvor- 쐍 Auswertung. Mit einer Auswerte-Software wird in
hersage mit Angabe der Erholungswahrscheinlich- der ersten Herzphase eine „region of interest“ (ROI)
keit wird das Ausmaß späten Enhancements in auf den Gefäßrand gelegt und in den folgenden Herz-
5 Gruppen eingeteilt: phasen entsprechend der Positionsänderung lage-
korrigiert. Die Auswertung ergibt Werte für die mitt-
∑ 0%,
lere und die maximale Flussgeschwindigkeit sowie
∑ 1–25%,
das Flussvolumen (mittlerer Fluss×Querschnitt). Zur
∑ 26–50%,
Vermeidung einer Unterschätzung des Flussvolu-
∑ 51–75%,
mens sollte die ROI eher etwas größer als das Gefäß
∑ 76–100%
gewählt werden. Bei zu groß gemessenem Quer-
(Kim et al. 2000; s. unten, Abschn. „Vitalitätsdiagnos- schnitt wirkt sich die Flächenüberschätzung durch
tik“). den fehlenden Fluss im Randbereich nicht aus, wäh-
Klinisch hat sich für die Aussage „Funktionserho- rend bei zu klein gewähltem Querschnitt der Fluss im
lung wahrscheinlich: ja/nein“ die Unterscheidung in Randbereich fehlt und somit das Flussvolumen un-
≤50%- und >50%-Ausmaß des transmuralen Enhan- terschätzt wird.
cements etabliert. Die Quantifizierung erfolgt zu-
meist visuell oder mittels Planimetrie. Dann ist eine 쐍 Quantifizierung von Stenosen. Die Quantifizierung
exakte Angabe der transmuralen Ausdehnung in Pro- eines Stenosegrads erfolgt über die Flussmessung
zent der Myokarddicke bzw. der Gesamtmasse des mit Bestimmung der maximalen Flussgeschwindig-
späten Enhancements als Prozent der linksventriku- keit. Mit Hilfe der modifizierten Bernoulli-Formel:
lären Masse möglich.
ΔP(mmHg) ≅ 4×[Vmax(m/s)]2
Flussmessungen
쐍 Klappenebene und herznahe große Gefäße. Fluss- kann hierdurch der Druckabfall quantifiziert wer-
messungen über die Mitralklappe und der Trikus- den. Hierfür ist es wichtig, tatsächlich den maxima-
pidalklappe werden auf dem Vierkammerblick ent- len Fluss zu messen, der nicht immer unmittelbar in
lang der anterioren und posterioren Klappeninser- der Stenose vorherrscht. Deshalb sollte die Flussmes-
tion geplant. Im Abgangsbereich der herznahen sung entweder „in-plane“ entlang des Druckgradien-
großen Gefäße erfolgt die Untersuchung in senk- ten oder an mehreren Stellen „through-plane“ im Be-
rechter Schichtführung zum Gefäßverlauf („through- reich der Stenose erfolgen.
plane“). Die Aorta ascendens wird zunächst mit
Schichtführung durch Aorta ascendens und Aorta 쐍 Quantifizierung von Insuffizienzen. Regurgitations-
descendens auf einer transversalen Planungsschicht volumina können mit 2 Methoden quantifiziert wer-
dargestellt. Die Flussmessung erfolgt entweder den. Die genaueste Methode ist die Messung des Re-
in Höhe der Aortenklappe vor Abgang der Koronar- gurgitationsvolumens mit der Phasenkontrastse-
arterien oder deutlich kranial der Aortenklappe quenz, mit der der systolische Vorwärtsfluss (Vsys)
vor Abgang des Truncus brachiocephalicus (Abb. und der diastolische Rückwärtsfluss (Vdia) gemessen
1.20 a, b). Die erste Methode vermeidet den werden. Aus dem Vergleich dieser beiden Parameter
systematischen Fehler, der durch die fehlende Erfas- wird dann die Regurgitationsfraktion (Vdia/Vsys) be-
sung der koronararteriellen Durchblutung bei weiter stimmt.
kranial gelegener Messung entsteht. Aufgrund der Die zweite Methode ist der Vergleich der Schlagvo-
Vermeidung der Turbulenzen in der Klappenebene lumina des rechten und des linken Ventrikels (z. B.
ist jedoch die kranialer gelegene Messung zu bevor- Aorteninsuffizienz: Regurgitationsfraktion=SVLV–
zugen. SVRV/SVLV). Diese Methode ist jedoch nur bei Erkran-
Die Untersuchung des pulmonalen Stromgebiets kung einer einzelnen Klappe valide.
erfolgt zumeist im Truncus pulmonalis; möglich ist
auch die Messung in beiden Aa. pulmonales. Die Un- 쐍 Quantifizierung von Shuntvitien. Zur Quantifizie-
tersuchung des Truncus pulmonalis wird auf dem rung von Shuntvitien müssen das pulmonale (Qp)
rechtsventrikulären Ausflusstrakt geplant, die und das systemische (Qs) Flussvolumen bestimmt
Schichtführung erfolgt möglichst weit distal der Pul- werden. Die genaueste Methode ist die Flussmessung
monalklappe vor Aufteilung in die Aa. pulmonales in Aorta ascendens und Truncus pulmonalis. Es kön-
(vgl.Abb. 1.20 a, b). Zur Untersuchung der Aa. pulmo- nen jedoch auch die Schlagvolumina des rechten und
nales werden auf transversalen Schichten jeweils ein- des linken Ventrikels eingesetzt werden. Hiermit las-
fach angulierte Schichten senkrecht zum Gefäßver- sen sich ein Links-rechts-Shunt bzw. seltener ein
lauf geplant (vgl. Abb. 1.20 a, b). Rechts-links-Shunt (Qs–Qp/Qs) quantifizieren.Wich-
tig ist, dass bei intrakardialen Shuntvitien Qp im
1.1 Untersuchungstechnik 45

Abb. 1.20 a, b. Untersuchungsplanung


Flussmessungen. a Flussmessung in der
Aorta ascendens. b Flussmessung im
Truncus pulmonalis

Truncus pulmonalis bzw. rechten Ventrikel und Qs in Verlaufs der arteriellen Bypass-Gefäße besser mög-
der Aorta ascendens bzw. im linken Ventrikel gemes- lich.
sen werden. Bei extrakardialen Shuntvitien (z. B. per-
sistierender Ductus arteriosus Botalli) dagegen wer- 쐍 Sinus coronarius. Der venöse Rückfluss im Sinus
den Qp in der Aorta ascendens bzw. im linken Ventri- coronarius repräsentiert den überwiegenden Teil der
kel und Qs im Truncus pulmonalis bzw. rechten Ven- myokardialen Durchblutung. Der Sinus coronarius
trikel bestimmt. Im Vergleich zur invasiven Messung wird zunächst auf einer transversalen Schicht lokali-
ist diese Methode ausreichend validiert. Die direkte siert. Anschließend wird für die Flussmessung eine
Messung im Vorhofseptumdefekt dagegen über- senkrechte Ebene 1–2 cm vor der Einmündung in
schätzt das Shuntvolumen mit zusätzlich deutlicher den rechten Vorhof gelegt. Durch Normierung des
Messvariabilität und sollte daher nicht eingesetzt Flussvolumens auf die kardiale Masse kann damit die
werden. Myokardperfusion auch in Absolutwerten (ml×min–
1
×g–1) angegeben werden, eine regionale Differenzie-
쐍 Koronararterien und Bypass-Gefäße. Flussmessun- rung der Durchblutung ist jedoch nicht möglich.
gen in Koronararterien werden ebenfalls senkrecht
zum Gefäßverlauf durchgeführt. Aufgrund des klei- Klappenöffnungsfläche
neren Durchmessers ist jedoch vor allem die Mes- Die Bestimmung der Klappenöffnungsfläche dient
sung der Flussvolumina mit Unsicherheiten behaftet, zur Indikationsstellung für den operativen Klappen-
da bei der räumlichen Auflösung der derzeitigen Se- ersatz bei Patienten mit Aortenklappen- bzw. Mitral-
quenzen nur 1–4 Pixel im Gefäßlumen liegen. Relativ klappenstenose. Die Operationsindikation wird an-
valide ist aber die Bestimmung der maximalen Fluss- hand des Druckgradienten und der Klappenöff-
geschwindigkeit möglich. Die Flussmessung in By- nungsfläche (KÖF) gefällt. Neben dem Einsatz von
pass-Gefäßen ist dagegen aufgrund des größeren Ge- Flussmessungen zur Beurteilung der hämodynami-
fäßkalibers der venösen bzw. des oberflächlicheren schen Relevanz einer Klappenstenose kann mit der
46 Kapitel 1 Herz

a b c

Abb. 1.21 a–c. Messung der Klappenöffnungsfläche (Aortenklappenbioprothese). a Diastole, b Systole, c Systole mit Planimetrie:
Klappenöffnungsfläche 1,3 cm2

MRT auch analog zur Echokardiographie die Klappe- gerer Überschätzung der Klappenöffnungsfläche. Al-
nöffnungsfläche planimetriert werden. lerdings wird auch hier für die MRT ein höherer
Grenzwert (1,65 cm2) als für den Katheter (1,5 cm2)
Merke ! Als invasiver Goldstandard gilt die
Messung der Klappenöffnungsfläche
für den Nachweis einer Mitralklappenstenose defi-
niert. Unter Verwendung dieser Werte betragen Sen-
im Herzkatheter nach der Gorlin-Formel durch die sitivität und Spezifität der MRT 89 und 75%.
Bestimmung von 2 Geschwindigkeits-Zeit-Integralen
vor und nach der Klappe und der Fläche des links- Koronarangiographie und Bypass-Darstellung
ventrikulären Ausflusstrakts. Die Untersuchung der Koronararterien mit 2D-Tech-
niken erfolgt entlang ihres anatomischen Verlaufs.
Die Planimetrie der Aortenklappe erfolgt in der sys- Hierzu werden zunächst in transversaler Schichtfüh-
tolischen Phase einer Cine-Sequenz orthogonal zur rung die Abgänge der rechten und der linken Koro-
Aortenklappe, die auf der Darstellung des aortalen nararterie und deren Aufzweigung in R. circumflexus
Ausflusstrakts geplant wird. Es werden mindestens und R. interventricularis anterior dargestellt. Die
4 konsekutive Schichten mit 5 mm Dicke ohne weitere Untersuchung erfolgt dann für jeden Koro-
Schichtlücke akquiriert. Von diesen wird die Schicht nararterienhauptast separat durch jeweils neue Win-
mit der maximalen Klappenöffnungsfläche ausge- kelung der Schichtführung auf der zuvor akquirier-
wählt, auf der dann in der frühen Systole die Klappe- ten Schicht. 3D-Techniken mit der Möglichkeit zur
nöffnungsfläche planimetriert wird (Abb. 1.21 a–c). Abbildung des gesamten Herzens können in trans-
Es besteht eine ausgezeichnete Korrelation sowohl versaler Schichtführung eingesetzt werden, begin-
zwischen MRT und TEE als auch zwischen MRT und nend unterhalb der Pulmonalarterienaufzweigung
Katheter, jedoch wird die KÖF in der MRT leicht bis zur Herzspitze. Besser ist die Winkelung der 3D-
überschätzt. Daher ist es notwendig, unterschiedliche Akquisition entlang des Koronararterienverlaufs. Bei
Grenzwerte für die Operationsindikation für MRT der vereinfachten Planung wird ein Schichtstapel
und Katheter zu definieren. Stellt man die Opera- entlang der rechten Koronararterie positioniert. Er
tionsindikation bei einer Klappenöffnungsfläche dient auch zur Abbildung des R. circumflexus. Der
<1,3 cm2 in der MRT im Vergleich zu einer Klappe- andere Schichtstapel wird entlang des linken Haupt-
nöffnungsfläche <1 cm2 im Herzkatheter, so betragen stamms und des R. interventricularis anterior ausge-
Sensitivität und Spezifität der MRT 96 und 100%. richtet.
Die Untersuchung der Mitralklappe erfolgt in Die Planung der Schichtstapel erfolgt am genaues-
gleicher Weise. Auf der langen Herzachse wird eine ten auf transversalen Scouts mit der 3-Punkt-Metho-
Schichtebene orthogonal zur Mitralklappe definiert. de: Zur Darstellung von rechter Koronararterie und
Auch werden mindestens 4 konsekutive Schichten R. circumflexus werden der Ursprung der R. circum-
ohne Schichtlücke mit einer Dicke von 5 mm akqui- flexus aus dem linken Hauptstamm, der Ursprung
riert, auf denen die maximale Klappenöffnungsflä- der rechten Koronararterie aus der Aorta und die
che ausgewählt und planimetriert wird.Auch hier be- Mitte des rechten arteriovenösen Sulcus markiert.
steht eine gute Korrelation zwischen MRT und TEE Zur Darstellung des linken Hauptstamms und der
sowie MRT und Katheter bei vergleichsweise gerin- R. interventricularis anterior werden der Ursprung
1.1 Untersuchungstechnik 47

pass-Gefäße („jump-grafts“) dagegen haben mehr


als eine distale Anastomose. Möglich ist auch die An-
lage so genannter „T-Grafts“, d. h. Bypass-Gefäße mit
proximaler End-zu-Seit-Anastomose zu einem ande-
ren Bypass-Gefäß und dann distaler End-zu-Seit-
Anastomose zu einer Koronararterie. Die proximale
Anastomose venöser Bypass-Gefäße liegt mehrere
Zentimeter oberhalb der nativen Koronararterienab-
gänge an der Vorderfläche der Aorta ascendens.
Bypass-Gefäße zum R. circumflexus der linken
Kranzarterie (R. circumflexus oder LCX) werden
linksseitig am weitesten kranial anastomosiert und
verlaufen zunächst vor dem Truncus pulmonalis, be-
vor sie nach dorsal zur linken Atrioventrikulargrube
ziehen. Selten nehmen sie auch einen retroaortalen
Verlauf zwischen der V. cava superior und der Aorta
ascendens, bevor sie ventral des Truncus pulmonalis
weiterziehen.
a Bypass-Gefäße zum R. interventricularis anterior
der linken Kranzarterie (R. interventricularis ante-
rior oder LAD) werden etwas kaudal und medial der
Bypass-Gefäße zur R. circumflexus anastomosiert
und ziehen dann vor dem Truncus pulmonalis nach
ventral zum Sulcus interventricularis anterior.
Bypass-Gefäße zur rechten Kranzarterie (RCA)
werden am weitesten kaudal und rechtsseitig anasto-
mosiert und ziehen über den rechten Vorhof zur
b
rechten Atrioventrikulargrube.
Abb. 1.22 a, b. MR-Koronarangiographie. Normalbefund a des
Die Aa. thoracicae (mammariae) internae werden
R. interventricularis anterior (transversales Quellenbild) und von der Thoraxwand abpräpariert unter Beibehal-
b des linken Hauptstamms und des R. circumflexus (multipla- tung der Verbindung zur A. subclavia. Sie haben aus
nare Rekonstruktion) diesem Grund nur eine distale Anastomose.
Zum Einsatz kommen entweder die HASTE-Tech-
nik oder die kontrastmittelgestützte 3D-MR-Koro-
des linken Hauptstamms sowie der mittlere und kau- narangiographie. Die HASTE-Sequenz erlaubt die
dale Anteil des anterioren Interventrikularsulcus Darstellung mehrerer Schichten in einer Atemanhal-
markiert. tephase. Die empfohlene Schichtdicke ist 5 mm. Zu-
Alternativ können zur Darstellung des proximalen nächst erfolgt die Akquisition von transversalen, sa-
linken Koronarsystems auch die Aufzweigung des gittalen und frontalen Schichten, anschließend wer-
linken Hauptstamms, die mittlere R. interventricula- den weitere Schichtebenen je nach Bypassverlauf ge-
ris anterior und die proximale R. circumflexus mar- plant. Die Untersuchungszeit beträgt etwa 20 min.
kiert werden (Abb. 1.22 a, b). Offene Bypass-Gefäße stellen sich aufgrund des
Die Durchgängigkeitsprüfung von Bypass-Gefä- Blutflusses dunkel dar, vor allem im Kontrast zum
ßen ist wesentlich einfacher durchzuführen, wenn umgebenden Fettgewebe. Für die 3D-CE-MR-Koro-
Anzahl, Ursprung und Anastomosen der Bypass-Ge- narangiographie wird zunächst die Transitzeit mit-
fäße zum Untersuchungszeitpunkt bekannt sind. Ist tels eines Testbolus (2 ml, Fluss 2 ml/s, 1 Bild/s) in Hö-
dies jedoch nicht der Fall, können die Bypass-Gefäße he des Aortenbogens ermittelt. Anschließend werden
auch anhand ihres typischen Verlaufs untersucht 0,1 mmol/kg KG Gadolinium-Chelat mit einem Fluss
werden. von 2 ml/s injiziert. Die Startverzögerung der 3D-CE-
Es werden verschiedene Typen von Bypass-Gefä- MR-Koronarangiographie ergibt sich aus der Diffe-
ßen eingesetzt. Die häufigsten sind der venöse Bypass renz zwischen Kreislaufzeit und der Akquisitionszeit
mit einer proximalen Anastomose zur Aorta ascen- bis zur Messung der k-Raum-Mitte. Der Einsatz der
dens und die A. thoracica (mammaria) interna als ar- EKG-Triggerung ist fakultativ, wird jedoch empfoh-
terieller Bypass. len. Die Atemanhaltezeit beträgt 20–30 s in tiefer In-
Einzel-Bypass-Gefäße werden End-zu-Seit mit ei- spiration. Die Akquisition zweier 3D-Datensätze er-
ner Koronararterie anastomosiert, sequenzielle By- folgt in einfacher Angulierung entlang des Koronar-
48 Kapitel 1 Herz

http://www.mrisafety.com. Anhand dieser Übersich-


ten und der vorliegenden Literatur können folgende
Empfehlung für die Untersuchung von Patienten mit
kardialen Metallimplantaten gegeben werden:

쐍 Gefäßstützen. Die Sicherheit von Koronararterien-


stents wurde in mehreren experimentellen Studien
untersucht. Während die meisten Stenttypen bei
1,5 T ohne Gefahr einer Bewegung oder Erwärmung
untersucht werden können, zeigen einige Stenttypen
eine Interaktion mit dem Magnetfeld. Daher empfeh-
len einige Hersteller eine Wartezeit von 6–8 Wochen
nach der Stentimplantation, um die Endothelialisie-
rung und damit die feste Verankerung des Stents in
der Gefäßwand abzuwarten. Die größten Artefakte
finden sich bei GRE- und EPI-Sequenzen.

쐍 Herzklappenprothesen. In 2 experimentellen Stu-


dien wurden magnetische Anziehung, Erwärmung
und Artefakte gängiger Herzklappenprothesen bei
Abb. 1.23. MR-Koronarangiographie: Durchgängiger aorto- 1,5 T untersucht (Edwards et al. 2000; Kalden et al.
koronarer Venen-Bypass auf die rechte Kranzarterie (RCA)
2000). In beiden Studien konnten keine bzw. vernach-
lässigbare Interaktionen mit dem Magnetfeld nach-
gewiesen werden. Die maximale Erwärmung einzel-
arterienverlaufs. Mit einem dritten Schichtstapel in ner Klappenprothesen betrug 0,5–0,8°C. Bei der Ver-
sagittaler Orientierung kann ggf. der Verlauf eines wendung von TSE-Sequenzen sind die Metallartefak-
IMA-Bypasses dargestellt werden. Die Bypass- te weniger deutlich als bei GRE-Sequenzen. Ins-
Durchgängigkeit wird durch die Kontrastierung des gesamt ist die Untersuchung von Patienten mit Herz-
Bypass-Gefäßes nachgewiesen (Abb. 1.23). Zur bes- klappenprothesen als ungefährlich anzusehen, auch
seren Beurteilbarkeit kann die Anfertigung einer Na- die ursprünglich als mit einem Risiko behaftet ange-
tivaufnahme sinnvoll sein, auch wenn eine Subtrak- sehene Starr-Edwards-Prothese gilt laut Shellock als
tion der Datensätze aufgrund der zumeist unter- unbedenklich.
schiedlichen Atemlagen nur selten möglich ist. Eine mögliche Interaktion der Herzklappenpro-
these mit dem Magnetfeld stellt jedoch der Lenz-Ef-
Sicherheitsaspekte fekt dar (Condon u. Hadley 2000). Bewegte, auch
Für die kardiale MRT ist wie bei der Ganzkörper- nicht-ferromagnetische Metallteile in einem statio-
MRT die MR-Tauglichkeit metallischer Implantate nären Magnetfeld entwickeln ein eigenes Magnet-
von besonderer Bedeutung. Im Bereich des Herzens feld, das der Bewegung entgegenwirkt. Die Stärke
werden Gefäßstützen (Stents), Herzklappenprothe- dieses Magnetfelds ist abhängig von der Position des
sen, Shunt-Okkluder sowie Herzschrittmacher und Metallteils und nimmt mit größerer Feldstärke zu.
automatische Defibrillatoren (ICD-Konverter) einge- Für den Patienten bedeutet dies, dass bei einer me-
setzt. tallhaltigen Kippscheibenprothese in Mitralposition
Neben den von der Sequenzwahl abhängigen maximal 18% der Krafteinwirkung eines Herz-
Artefakten entstehen potenzielle Gefahren durch schlags auf die Klappe einwirken. Dies kann bei Pa-
das statische Magnetfeld, die sich schnell ändern- tienten mit Herzinsuffizienz die Herzfunktion beein-
den Gradientenfelder und durch das Hochfrequenz- trächtigen. Damit könnte die Untersuchung von Pa-
feld. Die Induktion eines elektrischen Stroms kann tienten mit Herzklappenprothesen bei Feldstärken
zu einer Erwärmung führen. Zudem besteht die Mög- über 1,5 T problematisch sein, entsprechende Berich-
lichkeit einer Dislokation mit Funktionsverlust oder te liegen jedoch bisher nicht vor.
einer Gefäß-Nerven-Verletzung durch die Anziehung
im Magnetfeld. Herzschrittmacher und Defibrilla- 쐍 Shunt-Okkluder. Metallische Okkluder zum Ver-
toren können umprogrammiert werden und somit schluss eines offenen Ductus arteriosus Botalli bzw.
ihre Funktion einbüßen. Referenz für die Sicherheit eines Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekts bestehen
kardialer Metallimplantate ist der jährlich aktu- entweder aus 304 V Stahl oder MP35 N. Während das
alisierte Pocket guide to MR procedures and metallic letztere Material nicht ferromagnetisch ist und ei-
objects von F.G. Shellock oder die Internetseite: ne MRT-Untersuchung sofort durchgeführt werden
1.1 Untersuchungstechnik 49

kann, ist 304 V Stahl gering ferromagnetisch. Deshalb chen erreicht werden, die eine größere Distanz zur
sollten nach der Implantation 6 Wochen zur Endo- Ultraschallquelle haben (z. B. posteriore Hinter-
thelialisierung der Implantate abgewartet werden. wand). Von diesen Grenzflächen werden entspre-
chende Anteile der ursprünglichen Ultraschallener-
쐍 Herzschrittmacher und automatische Defibrillatoren. gie reflektiert. Für die Ultraschallbildgebung werden
Galt die Untersuchung von Patienten mit Herz- die unterschiedlichen Laufzeiten der reflektierten
schrittmachern noch bis vor kurzem als absolute Ultraschallstrahlen und die Stärke des reflektierten
Kontraindikation, so mehren sich in jüngerer Zeit die Ultraschallsignals verwendet.
Berichte, dass eine Untersuchung im Niederfeldgerät Bei der zweidimensionalen Echokardiographie
und auch bei 1,5 T unter bestimmten Bedingungen werden Ultraschallimpulse auf 120 Bildzeilen in ei-
möglich ist. nem Sektor von 90° 20- bis 30-mal pro Sekunde abge-
geben. Im Gegensatz dazu wird bei der M-Mode-
CAVE ! Mögliche Gefahren einer MRT-Unter-
suchung bei Herzschrittmachern oder
Echokardiographie ein Ultraschallimpuls auf nur ei-
ner Zeile gesendet und der reflektierte Anteil wieder
automatischen Defibrillatoren sind Bewegung des empfangen. Diese M-Mode-Darstellung wird mit Hil-
Implantats oder der Kabel, eine Gerätedysfunktion fe eines zweidimensionalen Bildes geplant und hat
und vor allem die Erwärmung der Kabel und der den Vorteil, dass zeitliche Abläufe visualisiert werden
Sondenspitze. können und kardiale Dimensionen gemessen werden
können.
Diese ist abhängig von der spezifischen Absorptions-
rate (SAR) und der Sondenposition relativ zum Spu- 1.1.4.2
lenzentrum. Daher ist die Untersuchung des Schä- Dopplerechokardiographie
dels, des Beckens und der unteren Extremität noch Der Dopplereffekt kommt dadurch zustande, dass die
eher durchführbar als diejenige von Herz, Thorax Distanz zwischen Ultraschallquelle und Reflexionse-
oder Brustwirbelsäule. bene nicht konstant ist. Dies geschieht bei Schallrefle-
Schrittmacherdysfunktionen können durch ein xionen an sich bewegenden Blutzellen. Bewegen sich
Umschalten in den asynchronen Modus vermieden die Blutzellen auf die Schallquelle zu, kommt es zur
werden, obwohl weiterhin das geringe Risiko einer Verkürzung der Wellenlänge und damit zur Fre-
ausgeprägten Tachykardie besteht. Die Untersuchung quenzerhöhung. Man spricht vom positiven Dop-
sollte daher nur nach strenger Indikationsstellung plershift. Bewegen sich die Blutkörperchen von der
unter Überwachung von Blutdruck, EKG und O2-Sät- Schallquelle weg, kommt es zur Verlängerung der
tigung und unter Beachtung der SAR-Limits erfol- Wellenlänge, zu einer niedrigeren Frequenz und man
gen. Möglicherweise sind in Zukunft neue Systeme spricht von einem negativen Dopplershift.
eher für MRT-Untersuchungen geeignet. Für die Un- Zur weiteren Analyse ist die Dopplergleichung we-
tersuchung des Herzens bei Patienten mit Herz- sentlich:
schrittmachern und automatischen Defibrillatoren
stehen ansonsten die alternativen echokardiographi- fd=2×f0×V×cosθ×c–1.
schen, nuklearmedizinischen und vor allem compu-
tertomographischen Methoden zur Verfügung. Sie beschreibt die Beziehung des Dopplershiftes (fd)
zur Frequenz der Schallsonde (f0), zur Blutströ-
mungsgeschwindigkeit (V) und -richtung und zur
1.1.4 Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schallwellen in
Echokardiographie Blut (c=1560m/s). Cos× ist der Cosinus des Winkels
zwischen Strömungsgeschwindigkeit und Ausb-
1.1.4.1 reitungsrichtung des Blutstroms. Wird diese Glei-
Zweidimensionale und M-Mode-Echokardiographie chung nach der Geschwindigkeit aufgelöst, kann die
Bei Ultraschall handelt es sich um Schallwellen von Strömungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen, die
50–20.000 Hz. Im Rahmen einer Ultraschalluntersu- den Ultraschallstrahl passieren, bestimmt werden.
chung wird durch Piezokristalle ein gerichteter Mit dem Ergebnis der Berechnung der Blutströ-
Ultraschallimpuls (2–5 MHz) generiert. Ein großer mungsgeschwindigkeit lassen sich dann mit Hilfe
Teil der abgegebenen Schallenergie wird im Körper der Bernoulli-Formel Druckgradienten über den
absorbiert und ist für die Bildgebung nicht nutzbar. Herzklappen berechnen. Proportional zur Anzahl
Ein Teil der Ultraschallenergie wird jedoch an Grenz- der erfassten Blutkörperchen ist die Amplitude des
flächen (z. B. freie rechtsventrikuläre Wand, interven- Dopplersignals. Dies ist eine densitometrische Kom-
trikuläres Septum) reflektiert. In Abhängigkeit vom ponente und wird mit Hilfe einer Grauskala darge-
gewählten Frequenzbereich können auch Grenzflä- stellt.
50 Kapitel 1 Herz

Bei den Dopplertechniken werden die „Continu- 1.1.5


ous-wave-“ (CW-)Technik und die „Pulsed-wave-“ Nuklearmedizin
(PW-)Technik unterschieden.

Merke ! Bei der CW-Technik wird kontinuier-


lich Schall ausgesendet und empfan-
Nuklearmedizinische Verfahren bieten Informatio-
nen über Funktion, Perfusion und Stoffwechsel des
gen. So werden alle Strömungsgeschwindigkeiten in Herzens. Etablierte Verfahren sind:
der Schallrichtung erfasst.
∑ die Radionuklidventrikulographie (RNV),
Mit der PW-Technik wird durch Vorgabe eines Inter-
∑ die Single-Photonen-Emissionscomputertomo-
valles zwischen Senden und Empfangen eine Refle-
graphie (SPECT) und
xionsebene festgelegt und so eine lokale Strömungs-
∑ die Positronenemissionstomographie (PET),
geschwindigkeit bestimmt.
die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen.
Mit der PW-Dopplertechnik können jedoch keine
hohen Frequenzen bzw. Geschwindigkeiten be- 1.1.5.1
stimmt werden. Durch die im Vergleich zur CW-Dop- Radionuklidventrikulographie
plertechnik geringere Sende- und Empfangsrate kön- Die RNV ist eine klinisch nur noch selten eingesetzte
nen bei der PW-Dopplertechnik nur reflektierte Methode zur Bestimmung der ventrikulären Funk-
Schallwellen niedrigerer Frequenz korrekt erfasst tionsparameter und zur Beurteilung der Wandmoti-
werden. Diese Limitation wird als „Aliasing-Phäno- lität.Vorteil ist die hohe Reproduzierbarkeit, Nachteil
men“ bezeichnet. Die Grenze der noch korrekt erfas- die eingeschränkte Beurteilbarkeit exzentrisch ver-
sten Frequenzen wird als Nyquist-Zahl beschrieben formter Ventrikel und die Nachweisbarkeit nur grö-
(Pulsrepetitionsrate >2-mal Frequenz des Dopplers- ßerer Wandbewegungsstörungen. Die radioaktive
hifts). Markierung des Blutes erfolgt entweder durch Gabe
von 99mTechnetium- (Tc-)Humanserumalbumin oder
1.1.4.3 durch in vivo bzw. ex vivo mit 99mTc markierte Er-
Farbdopplerechokardiographie ythrozyten. Die Untersuchung kann entweder im
Eine Weiterentwicklung stellt die Farbdopplerecho- First-pass oder bei der üblicheren Methode im Äqui-
kardiographie dar. Es erfolgt eine Farbkodierung der librium erfolgen. Bei der First-pass-RNV wird die
Blutströme, wobei der Fluss vom Schallkopf weg blau Zeitaktivitätskurve während der ersten Tracer-Passa-
kodiert ist und der zum Schallkopf hin rot kodiert ist. ge registriert. Bei der Äquilibrium-RNV erfolgt nach
An stenosierten Klappen ergibt sich das typische Gleichverteilung des Tracers die EKG-gesteuerte Re-
„mosaic flow pattern“ mit einem bunten Farbmuster. gistrierung von Herzbinnenraumszintigrammen.
Vorteil dieser Methode ist die Wiederholbarkeit der
1.1.4.4 Messung unter verschiedenen Belastungsstufen oder
Transösophageale Echokardiographie Medikationen ohne erneute Injektion. Für die Aus-
Die transthorakale Echokardiographie ist limitiert, wertung ist die manuelle oder automatische Markie-
wenn eine eingeschränkte Schallbarkeit wie z. B. rung der Herzbinnenraumkonturen in den verschie-
beim Emphysemthorax besteht. Mit der transöso- denen Herzphasen notwendig.
phagealen Echokardiographie und den mittlerweile
einsetzbaren multiplanen Sonden ist auch bei diesen 1.1.5.2
Patienten eine gute Bildqualität erreichbar. Einige Single-Photonen-Emissionscomputertomographie
Strukturen lassen sich auch bei guten Schallbedin- Die SPECT ermöglicht die Darstellung der Aktivitäts-
gungen transthorakal nicht sicher beurteilen. Insbe- verteilung des Herzens in Form von beliebig orien-
sondere das Vorhofseptum kann zuverlässig nur tierbaren Schnittbildern durch eine rotierende Gam-
transösophageal beurteilt werden. Ein offenes Fora- makamera. Im Gegensatz zur planaren Szintigraphie
men ovale kann diagnostiziert werden, indem Echo- ist die Untersuchungszeit mit 15–30 min zwar länger,
kontrastmittel transvenös injiziert wird und wäh- dafür ist aber die räumliche Auflösung verbessert. Es
rend des Valsalva-Manövers ein Kontrastmittelüber- gelingt eine relative topographische Zuordnung von
tritt von rechtsatrial nach linksatrial nachgewiesen Speicherdefekten. Die Aufnahmen können mit ande-
werden kann. ren Schnittbildverfahren wie z. B. der MRT vergli-
Auch Klappenprothesen, Thromben im linken chen und evtl. fusioniert werden. Durch EKG-getrig-
oder rechten Vorhof sowie im linken oder rechten gerte Aufnahmen ist auch eine gleichzeitige globale
Vorhofohr können in aller Regel nur mittels transö- und regionale linksventrikuläre Funktionsanalyse
sophagealer Echokardiographie nachgewiesen wer- möglich. Die szintigraphische Untersuchung des
den. Herzens beruht auf dem Prinzip der Darstellung der
1.1 Untersuchungstechnik 51

Myokardperfusion. Hierzu wird ein Radiopharma- Aktivität im Bereich von Herzbasis und -spitze oder
kon injiziert, das sich proportional zum regionalen durch Strahlenabsorption. Diese kann physiologisch
Blutfluss im Herzmuskel anreichert. Seit Mitte der durch das Zwerchfell im Bereich der Hinterwand
1970er Jahre wird hierzu das Kalium-Analogon bzw. der Mamma im Bereich von Vorderwand und
201Thallium- (Tl-)Chlorid eingesetzt, das sich über Septum erfolgen oder auch durch implantierte Defi-
die Na+/K+-ATPase im Myokard anreichert. Seit An- brillator-Patches. Speicherdefekte, die eine hämody-
fang der 1990er Jahre wird 201Tl-Chlorid zunehmend namisch relevante KHK vortäuschen, können auch
durch 99mTc-markierte Pharmaka (99mTc-Sestamibi bei Mikroangiopathien, Koronarspasmen, Kardio-
oder 99mTc-Tetrofosmin) ersetzt. myopathien oder asymmetrischer Hypertrophie,
201Tl reichert sich nach der Injektion zunächst im
kleinnarbigen oder infiltrativen Herzerkrankungen
Herzmuskel an, verlässt diesen dann wieder und ver- und bei arterieller Hypertonie und Diabetes mellitus
teilt sich in anderen Organen (Muskulatur, Nieren, entstehen. Bei bis zu 90% der Patienten mit Links-
Leber, Magen-Darm-Trakt). Nach etwa 3–4 Stunden schenkelblock wird eine Minderbelegung des Sep-
kommt es zu einer Redistribution ins Herz. Dadurch tums unter Belastung beobachtet, die zwar einer tat-
sind Untersuchungen unter Stress- und Ruhebedin- sächlichen Durchblutungsminderung entspricht, al-
gungen nach nur einer Injektion möglich: Zunächst lerdings nicht durch eine KHK verursacht ist (Richter
wird die Perfusion unter Stress dargestellt, die Akti- et al. 1998).
vität 3–4 Stunden später entspricht dann der Ruhe- Falsch-negative Befunde sind durch zu kleine
perfusion. Speicherdefekte oder Überlagerung mit anderen
Neben der Perfusionsmessung kann die 201Tl- Myokardabschnitten bzw. Organen (Galle, Darm)
SPECT auch zur Vitalitätsdiagnostik eingesetzt wer- verursacht. Speicherdefekte können nicht nachge-
den. Hierzu wird in hypoperfundierten Arealen ent- wiesen werden bei unzureichender Belastung, nicht
weder die Redistribution oder die Aufnahme von abgesetzter antianginöser Therapie, guter Kollatera-
201Tl nach Reinjektion beurteilt. 99mTc dagegen wird
lisierung oder hämodynamisch nicht relevanten Ste-
in den myokardialen Mitochondrien angereichert nosen.
und verbleibt dort. Daher müssen für den Vergleich
von Ruhe- und Stressuntersuchungen 2 separate Un- 1.1.5.3
tersuchungen mit 2 Injektionen durchgeführt wer- Positronenemissionstomographie
den. Vorteile von 99mTc gegenüber 201Tl sind jedoch Die PET ermöglicht die Untersuchung der Perfusion,
die geringere Strahlenexposition (7 mSv vs. 17 mSv) des myokardialen Stoffwechsels und der autonomen
und die geringere physikalische Halbwertszeit (6 h neuronalen Innervation des Herzens. Grundlage der
vs. 73 h), die ständige Verfügbarkeit und die höhere PET ist der Nachweis der Positronenemission der lo-
applizierbare Aktivität und damit die bessere Abbil- kal angereicherten Tracer. Das vom Tracer abgegebe-
dungsqualität. ne Positron zerfällt im Gewebe in 2 Photonen, die
In der Regel wird die Myokardperfusionsszinti- vom Detektor aufgefangen werden. Die verwendete
graphie mit einer körperlichen Belastung auf dem Ringdetektor-PET-Technologie ermöglicht die drei-
Laufband oder Ergometer kombiniert. Ist dies jedoch dimensionale Datenakquisition mit Quantifizierung
aufgrund des klinischen Zustands des Patienten (pe- lokaler Tracer-Konzentrationen. Die räumliche Auf-
riphere AVK, Gelenkerkrankungen, körperliche Er- lösung beträgt bei der derzeitigen Gerätegeneration
schöpfung) nicht möglich, wird als Alternative ana- 5–7 mm bei einer zeitlichen Auflösung von einigen
log zur Perfusionsmessung mit der MRT eine phar- Sekunden pro Bild. Durch EKG-Triggerung der Auf-
makologische Belastung eingesetzt. nahmen können die Einflüsse von Wandbewegung
und Wanddickenänderung auf die Bildqualität redu-
Auswertung ziert werden.
Die szintigraphischen Aufnahmen werden zunächst
visuell ausgewertet. Hierzu wird die regionale Tracer- Perfusion
Verteilung in allen 3 Herzachsen bezüglich Lokalisa- Die Untersuchung der Perfusion mit der PET beruht
tion, Auswertung, Intensität und ggf. Reversibilität analog zur SPECT ebenfalls auch auf der Gabe eines
beurteilt. Für eine quantitative Auswertung werden Tracers, der sich proportional zum Blutfluss im Myo-
entweder verschiedene Areale wie z. B. Vorderwand kard anreichert. Hierfür werden N-13-Ammoniak
und Hinterwand miteinander verglichen oder die (13NH3), O-15-Wasser (H215O) und Rubidium-82 ein-
Aktivität der Segmente in Relation zu dem Segment gesetzt. N-13-Ammoniak und O-15-Wasser erfordern
mit der höchsten Aktivitätsanreicherung (=100%) wegen ihrer kurzen Halbwertzeiten die Nähe eines Zy-
gesetzt. klotrons, Rubidium-82 ist derzeit in Deutschland nicht
Falsch-positive Befunde durch Fehlinterpretatio- kommerziell erhältlich. Die primäre Auswertung er-
nen entstehen durch die physiologisch verminderte folgt visuell; möglich ist auch eine semiquantitative
52 Kapitel 1 Herz

Auswertung. Mit volumetrischen Methoden anhand Kranzarterie sondiert. Das Kranzarteriensystem wird
schwächungskorrigierter PET-Aufnahmen – mit zu- dann in verschiedenen Projektionsebenen dargestellt.
nehmendem Blutfluss kommt es zu einer relativen Ab-
nahme der Tracer-Retention – kann der myokardiale
Blutfluss in ml/g/min quantifiziert werden. 1.2
Normalanatomie und wesentliche Varianten
Metabolismus
Die beiden Hauptsubstrate des myokardialen Stoff- J. Sandstede, Th. Voigtländer
wechsels sind Glukose und Fettsäuren. Durch die ra-
dioaktive Markierung von deren Analoga kann der
Herzmetabolismus untersucht werden.Vor allem Un- 1.2.1
tersuchungen des regionalen Glukosestoffwechsels Anatomie des Herzens und der Koronararterien
sind in der Vitalitätsdiagnostik etabliert. Der Positro-
nenemitter 18F-Deoxyglukose (FDG) wird über Glu-
kosetransporter in das Myokard aufgenommen und Das Herz hat die Form eines abgerundeten Kegels.
anschließend durch die Hexokinase phosphoryliert. Die Herzspitze zeigt nach vorne links unten, die
Das entstehende FDG-6-Phosphat kann nur einge- Herzbasis nach hinten rechts oben. Die Unterfläche,
schränkt glykolisiert werden und wird deshalb intra- Facies diaphragmatica, liegt dem Zwerchfell auf. Das
zellulär gespeichert. Die lokale Tracer-Konzentration Herz ist zweigeteilt in ein „rechtes“ und ein „linkes“
ist dadurch ein Maß für den lokalen Energiestoff- Herz, jeder Teil besteht aus einem Vorhof (Atrium)
wechsel und damit für die Anzahl vitaler Zellen. und einer Kammer (Ventriculus oder Ventrikel). Die
Grenze zwischen dem rechten und dem linken Herz
Autonome nervale Innervation wird durch das Vorhof- und das Ventrikelseptum ge-
Die Beurteilung der Funktion des autonomen Ner- bildet, Grenze zwischen Vorhöfen und Kammern ist
vensystems befindet sich derzeit noch in der Ent- die Klappenebene. Der rechte Vorhof ist dreieckför-
wicklung. Die verschiedenen Tracer setzen entweder mig mit breiter Verbindung zum rechten Ventrikel.
an den präsynaptischen Nervenendigungen oder den Kranial und kaudal münden die V. cava superior
postsynaptischen Rezeptoren im Herzen an. Damit und V. cava inferior ein. Zusätzlich mündet kaudal
kann z. B. der kontinuierliche Prozess der sympathi- der Sinus coronarius. Diese Einmündung des Sinus
schen Reinnervation nach orthotoper Herztrans- coronarius bildet die Grenze zwischen V. cava inferior
plantation beurteilt werden oder die Down-Regula- und rechten Vorhof, wobei sich der rechte Vorhof
tion kardialer b1-Rezeptoren bei Herzinsuffizienz häufig lateral der V. cava inferior nach kaudal vor-
nachgewiesen werden. wölbt. Üblicherweise findet sich eine noduläre Verdi-
ckung an der Hinterwand des rechten Vorhofs, die die
Einmündung von V. cava superior und inferior ver-
1.1.6 bindet. Diese Crista terminalis entspricht der embry-
Herzkatheteruntersuchung onalen Grenze zwischen dem Anteil des rechten Vor-
hofs, der aus dem Sinus venosus entsteht, und dem
Die Herzkatheteruntersuchung beinhaltet die so ge- aus dem embryonalen Vorhof entstehenden Anteil.
nannte Einschwemmkatheteruntersuchung mit Be- Mediale Begrenzung des Vorhofs ist das Septum in-
stimmung von hämodynamischen Parametern (Herz- teratriale, in dem zentral als Rest des Fetalkreislaufs
zeitvolumen, Oxymetrie, Druckmessung im rechten die Fossa ovalis liegt. Nach ventral setzt sich der rech-
Vorhof, im rechten Ventrikel, Pulmonalarterie und Er- te Vorhof in das rechte Herzohr fort.
mittlung des pulmonalkapillären Wedge-Drucks). Die Trikuspidalklappe hat 3 Segel, Cuspis septalis,
Wesentlicher Bestandteil der Herzkatheterunter- anterior und posterior. Diese Klappensegel sind durch
suchung ist die so genannte Linksherzkatheterunter- Chordae tendineae an den 3 Papillarmuskeln, M. pa-
suchung, wobei neben der Lävokardiographie und pillaris anterior, posterior und septalis befestigt.
Druckmessung im linken Ventrikel sowie in der Aor- Der rechte Ventrikel hat auf axialen Schichten eine
ta ascendens die Koronarangiographie große Bedeu- Dreieckform. Die Wand ist deutlich dünner als die
tung erlangt hat. Zugang für die diagnostische Koro- des linken Ventrikels. An der Innenseite besteht sie
narangiographie ist die A. femoralis, seltener die aus vielen einzelnen Muskelbälkchen. Diese Trabeku-
A. radialis oder die A. brachialis. Speziell vorgeformte lierung ist vor allem im Bereich der medialen Be-
Katheter, die auch atypischen anatomischen Gege- grenzung, des Septum interventriculare, deutlich
benheiten der Lage der Ostien für die rechte und lin- ausgeprägt. Eine Besonderheit ist das Moderator-
ke Kranzarterie genügen, werden in die Aorta ascen- band, das von der Mitte des Septums zur Spitze zieht
dens vorgebracht, danach das Ostium der jeweiligen und nahe der Basis des vorderen Papillarmuskels an
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 53

der freien Wand des rechten Ventrikels inseriert. Die Der Sinus coronarius ist das Sammelgefäß des ve-
rechtsventrikuläre Ausflussbahn setzt sich in den Co- nösen Rückstroms. Er verläuft an der Facies sterno-
nus arteriosus fort und wird durch die aus 3 Taschen- costalis cordis an der Unterseite des linken Vorhofs
klappen bestehende Pulmonalklappe vom Truncus vor der Einmündung in den rechten Vorhof. Größere
pulmonalis getrennt. Der Austritt des Truncus pul- Herzvenen, die sich im Sinus coronarius vereinigen,
monalis liegt ventral der Aorta. sind die V. cordis magna und die V. cordis media. Die
In den linken Vorhof münden beiderseits die V. cordis magna verläuft bogenförmig zunächst im
Vv. pulmonales ein. Nach ventral endet der linke Vor- Sulcus interventricularis anterior parallel zum R. in-
hof im linken Herzohr. Die Verbindung zum linken terventricularis anterior und dann im Sulcus corona-
Ventrikel ist die Mitralklappe. Diese besteht nur aus rius sinistra entlang dem R. circumflexus. Die V.
2 Segeln, dem Cuspis anterior und posterior, die cordis media verläuft im Sulcus interventricularis
ebenfalls durch Chordae tendineae am M. papillaris posterior parallel zum R. interventricularis posterior
anterior und posterior befestigt sind. Der linke Ven- der rechten Koronararterie. Zusätzlich münden noch
trikel ist muskelstark und hat normalerweise nur ei- die V. posterior ventriculi sinstri und die V. cordis par-
ne gering ausgeprägte Trabekulierung. Die aortale va in den Sinus coronarius,außerdem gelangen kleine-
Ausflussbahn wird durch die aus 3 Taschenklappen re Venen direkt aus der Herzwand in den rechten Vor-
bestehende Aortenklappe vom Bulbus aortae ge- hof.
trennt, von dem die Koronararterien abgehen. Das Epikard bedeckt das Myokard, die Herzkranz-
Die linke Koronararterie (LCA, A. coronaria sinis- gefäße und das Baufett der Herzoberfläche. Die Um-
tra) entspringt im linken Sinus aortae (Valsalvae). schlagsfalte zum Perikard liegt oberhalb und hinter
Der linke Hauptstamm zieht zunächst nach lateral der Herzbasis, relativ herznah auf der Wand von V. ca-
zwischen linkem Herzohr und Truncus pulmonalis va inferior und Vv. pulmonales, relativ herzfern (we-
und teilt sich dann auf in den R. circumflexus (RCX) nige Zentimeter oberhalb des Herzens) dagegen auf
und den R. interventricularis anterior (RIVA). Der der Wand von Aorta ascendens, Truncus pulmonalis
R. interventricularis anterior zieht im Sulcus inter- und V. cava superior.
ventricularis anterior bis zur Herzspitze; die Abgän-
ge werden im klinischen Sprachgebrauch Diagonal-
äste genannt. Der R. circumflexus verläuft im Sulcus 1.2.2
coronarius sinister nach dorsal bis zur Facies dia- Konventionelle Röntgendiagnostik
phragmatica; die Abgänge werden als Marginaläste
bezeichnet. Der R. intermedius ist ein inkonstanter 1.2.2.1
Ast der linken Koronararterie, der zwischen R. inter- Herzschatten
ventricularis anterior und R. circumflexus abgeht Im p.-a.-Bild sind von kranial nach kaudal folgende
und die Vorderwand versorgt. Strukturen randbildend (Abb. 1.24 a):
Die rechte Kranzarterie (RCA,A. coronaria dextra)
∑ Rechtsseitig:
entspringt im rechten Sinus aortae (Valsalvae). Sie
왔 V. cava superior,
verläuft zunächst auf der Vorderseite fast senkrecht
왔 rechter Vorhof.
nach unten im Sulcus coronarius dexter und biegt
∑ Linksseitig:
dann im Bereich der Crux cordis in den Sulcus inter-
왔 distaler Abschnitt des Aortenbogens,
ventricularis posterior ab. Hier verläuft sie als R. in-
왔 Truncus pulmonalis (Pulmonalsegment),
terventricularis posterior an der Facies diaphragma-
왔 linker Vorhof (linkes Herzohr),
tica bis zur Herzspitze.
왔 linker Ventrikel.

Merke ! Die Versorgungsgebiete der Koronar-


arterien sind sehr variabel, je nach
Im Seitbild sind von kranial nach kaudal folgende
Strukturen randbildend (Abb. 1.24 b):
Überwiegen der einen oder anderen Seite spricht
∑ Ventral:
man von einem Rechtsversorgungs-, Linksversor-
왔 Aorta ascendens,
gungs- oder ausgeglichenem Typ.
왔 Truncus pulmonalis,
왔 rechter Ventrikel.
Bei ausgeglichenen Typ versorgt der R. interventricu-
∑ Dorsal:
laris anterior die Vorderwand und den vorderwand-
왔 Aorta descendens,
nahen Anteil des Septums unter Einbeziehung eines
왔 A. pulmonalis sinistra,
angrenzenden Teils des rechten Herzens, der R. cir-
왔 linker Vorhof,
cumflexus versorgt die Seitenwand und die rechte
왔 linker Ventrikel,
Koronararterie versorgt die Hinterwand, den hinter-
왔 V. cava inferior.
wandnahen Anteil des Septums und das rechte Herz.
54 Kapitel 1 Herz

Truncus pulmonalis entspringt links vor und etwas


oberhalb der Aorta und verläuft nach hinten und
oben, wobei die rechte Wand der Aorta ascendens an-
liegt. Daher sind im p.-a.-Bild nur der linke Rand
(„Pulmonalissegment“) und im Seitbild der Vorder-
rand auf einer kurzen Strecke sichtbar.
Aufgrund der niedrigen Druckverhältnisse im
pulmonalarteriellen und -venösen Gefäßsystem zei-
gen die Pulmonalgefäßkaliber im Stehen ein typi-
sches, von der Schwerkraft beeinflusstes Verteilungs-
muster. In der Oberfeldern betragen die Durchmes-
ser der Pulmonalgefäße nur etwa 50% der Durch-
messer in den Unterfeldern.
Eine Unterscheidung von Pulmonalarterien und
-venen ist in den Oberfeldern kaum möglich. In den
Mittel- und Unterfeldern dagegen lassen sich die Pul-
a monalvenen durch ihre Einmündung in den linken
Vorhof von den im Bereich der Hili abgehenden Pul-
monalarterien unterscheiden.

1.2.3
Computertomographie
und Magnetresonanztomographie

Die Normalanatomie des Herzens wird anhand von


Abb. 1.25 a–c dargestellt. Die einfach bzw. doppelt an-
gulierten Herzachsen werden oben, in Abschn.
„Herzachsen“ erläutert

1.2.4
Echokardiographie

Die Beurteilung des echokardiographischen Befun-


des beinhaltet
∑ die Wandbewegungsanalyse des linken und rech-
ten Ventrikels,
∑ die Bestimmung der Größe des linken und rech-
b ten Vorhofs sowie
∑ mittels der Farbdopplerechokardiographie die
Abb. 1.24 a, b. Röntgenthorax in p.-a. und seitlichem (links-
anliegenden) Strahlengang. LV linker Ventrikel, RV rechter Analyse der AV-Klappen (Mitral- und Trikuspi-
Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA rechter Vorhof (Atri- dalklappe) und der Taschenklappen (Aorten- und
um), A Aorta, P Pulmonalarterie Pulmonalklappe).
Die Bestimmung der quantitativen Parameter der
Ventrikel- und Vorhofdimensionen erfolgt im so ge-
nannten M-Mode. Mittels der Dopplerechokardio-
1.2.2.2 graphie können systolische und diastolische Blut-
Herznahe Gefäße und pulmonale Gefäßzeichnung flussgeschwindigkeiten quantitativ bestimmt wer-
Die Aorta ascendens wird im p.-a.-Bild in der Regel den.
rechtsseitig von der V. cava superior überlagert. Da-
her sind hier nur der distale Anteil des Bogens und
der Beginn der Aorta descendens als so genannter
Aortenknopf und dann die links paravertebral verlau-
fende Aorta descendens zu erkennen. Im Seitbild
stellt sich dagegen der gesamte Aortenbogen dar. Der
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 55

Abb. 1.25 a. Normalanatomie des Herzens in transversaler pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmo-
(a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker nalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausfluss-
Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA trakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
56 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.25 b. . Normalanatomie des Herzens in transversaler pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmo-
(a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker nalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausfluss
Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA trakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 57

Abb. 1.25 c. . Normalanatomie des Herzens in transversaler pe, MK Mitralklappe, TK Trikuspidalklappe, A Aorta, P Pulmo-
(a), frontaler (b) und sagittaler (c) Schichtführung. LV linker nalarterie, Inf Infundibulum (rechtsventrikulärer Ausfluss-
Ventrikel, RV rechter Ventrikel, LA linker Vorhof (Atrium), RA trakt), VCS V. cava superior, VCI V. cava inferior
rechter Vorhof (Atrium), AK Aortenklappe, PK Pulmonalklap-
58 Kapitel 1 Herz

1.3 Vergrößerungen von Herz und Herkammern


Systematische Bildanalyse und Auswertung im Röntgenthorax
∑ Linker Herzvorhof:
왔 Verstrichene oder konvexe Herztaille
J. Sandstede
왔 Aufspreizung der Trachealbifurkation (>60°)
왔 Ausbildung eines „Kernschattens“ innerhalb der Herz-
silhouette
1.3.1 왔 Linker Vorhof rechts randbildend (Doppelkontur rechts)
Konventionelle Röntgendiagnostik 왔 Dorsale Vorwölbung im Seitbild
∑ Linker Herzventrikel:
왔 Verbreiterung des Herzens nach links mit ausgeprägter
Die Herzgrößenbestimmung in der konventionellen
Herzdiagnostik dient im klinischen Alltag weniger Herztaille (so genannte aortale Konfiguration)
왔 Bei ausgeprägter Dilatation dorsale Vorwölbung im
der primären Diagnose einer Herzvergrößerung als
Seitbild, die hintere Kontur überragt die Einmündungs-
vielmehr der Verlaufsbeobachtung. Wichtig ist hier- stelle der V. cava inferior >2 cm
für, dass die Aufnahmen in der gleichen Atemlage des ∑ Rechter Herzvorhof:
Patienten angefertigt werden. Während aufwändige- 왔 Rechts konvexe Vorwölbung des rechten Herzrands
re Methoden wie die Volumenbestimmung mit Mess- 왔 Einengung des kranialen Retrosternalraums
werten in allen 3 Raumebenen verlassen wurden, hat ∑ Rechter Herzventrikel:
sich als einfache und schnelle Methode die Bestim- 왔 Verbreiterung des Herzens nach links, durch Rechtsherz-
mung des Herztransversaldurchmessers im p.-a.-Bild vergrößerung dreht sich das Herz nach links, der linke
durchgesetzt. Von der Thoraxmitte aus werden der Ventrikel wird nach dorsal verlagert, der rechte Ventrikel
größte rechts- und linksseitige Abstand gemessen wird links randbildend mit Anhebung der Herzspitze
und addiert. Dieser Messwert wird in Relation zum 왔 Einengung des Retrosternalraums im Seitbild (die Herz-

Thoraxtransversaldurchmesser gesetzt, der vom In- kontur liegt >1/3 der Sternumrückfläche an)
nenrand der Rippen in Höhe des linken Zwerchfells
gemessen wird. Das Verhältnis von Herz- zu Thorax- Verkalkungen des Herzens entstehen durch entzünd-
transversaldurchmesser darf höchstens 1:2 betragen. liche, degenerative, postinfarzielle und arteriosklero-
Zu beachten ist hierbei jedoch auch die Herzkonfigu- tische Prozesse. Durch ihre Lokalisation und Konfi-
ration im Seitbild, da z. B. bei einem Sternum recur- guration unterscheidet man:
vatum eine Herzvergrößerung im p.-a.-Bild vorge-
∑ Verkalkungen des Anulus fibrosus der Mitral-
täuscht werden kann.
oder Aortenklappe,
Die Beurteilung der Herzgröße auf Liegendauf-
∑ Verkalkungen der Mitral- oder Aortenklappense-
nahmen ist aus mehreren Gründen erschwert: Die
gel,
Aufnahmen werden in Rückenlage angefertigt mit
∑ Koronarkalk,
somit größerem Objekt-(Herz-)Film-Abstand und
∑ Perikardverkalkungen (bei der Pericarditis con-
außerdem mit einem im Verhältnis zur Stehendauf-
strictiva),
nahme geringeren Film-Fokus-Abstand. Beides führt
∑ Herzwandverkalkungen (z. B. verkalktes Herz-
aufgrund der Abbildungsgeometrie zu einer Vergrö-
wandaneurysma).
ßerung des Herzschattens. Zusätzlich ist das Herz im
Liegen durch den höheren Zwerchfellstand bei gerin- Zur Herzdiagnostik im Summationsbild gehört
gerer Inspiration quergelagert, und der vermehrte auch die Analyse von Veränderungen der herznahen
venöse Rückstrom führt auch zu einer tatsächlichen Gefäße und der pulmonalen Gefäßzeichnung
Herzvergrößerung. Daher sind Stehend- und Lie-
gendaufnahmen nicht vergleichbar, die Beurteilung Veränderungen der herznahen Gefäße
der Herzgröße kann im Liegen nur im Verlauf erfol- und der pulmonalen Gefäßzeichnung
gen. ∑ Aorta ascendens:
In der Thoraxübersichtsaufnahme lässt sich nicht 왔 Dilatation
nur die globale Herzgröße beurteilen, sondern die – Aorta ascendens rechts randbildend mit rechts-
Vergrößerung einzelner Herzkammern führt auch konvexem Verlauf über den rechten Wirbelsäulenrand
zu charakteristischen Veränderungen der Herzsil- hinaus
houette: – Einengung des Retrosternalraums im Seitbild bei
anterokonvexem Verlauf
왔 Elongation
Abstand Aortenbogen-Klavikula <2 cm
∑ Truncus pulmonalis:
왔 Dilatation
– Prominentes Pulmonalsegment
1.3 Systematische Bildanalyse und Auswertung 59

und Weite des Ventrikels, Kontraktilität, die Muskel-


왔 Elongation
– Einengung des Retrosternalraums im Seitbild wanddicke und die Stärke der Trabekulierung und
∑ Pulmonale Hypervolämie: des Moderatorbands sowie die Intaktheit des Sep-
왔 Erweiterung des Pulmonalsegments tums.
왔 Erweiterung der Hilusgefäße Über das muskuläre Infundibulum fließt das Blut
왔 Erweiterung der Lungengefäße (Arterien und Venen) bis dann über die trikuspide Pulmonalklappe in den
in die Peripherie, keine „Gefäßabbrüche“ Truncus pulmonalis. Über die Lungenvenen gelangt
왔 Unter Durchleuchtung werden die raschen Volumenän- das Blut in den linken Vorhof, auch hier ist auf die
derungen der Pulmonalarterien durch große Schlagvolu- Weite zu achten und wieder besonders nach intraa-
mina als „tanzende Hili“ beschrieben trialen Raumforderungen zu suchen.
∑ Erhöhter Pulmonalarteriendruck: Über die bikuspide Mitralklappe wird der linke
왔 Erweiterung der Hilusgefäße und der mittleren Pulmo-
Ventrikel gefüllt. Analog zum rechten Ventrikel müs-
nalarterienabschnitte
sen Form und Weite des Ventrikels, Kontraktilität
왔 Sprunghafte Normalisierung des Gefäßkalibers in der
Peripherie („Gefäßabbrüche“,„Hilusamputation“) und die Muskelwanddicke beurteilt werden.
왔 Pulmonalvenen normal weit
Über den aortalen Ausflusstrakt entlang des Sep-
∑ Erhöhter Pulmonalvenendruck: tums fließt das Blut dann über die trikuspide Aorten-
왔 Stadium I: Erweiterung der Pulmonalvenen in den Ober- klappe in die Aorta ascendens.
feldern bis zur gleichen Weite wie in den Unterfeldern In der MRT lassen sich durch den Einsatz der T1-
(„Umverteilung“) und T2-Wichtung, der Fettunterdrückung und von
왔 Stadium II: Gefäßkaliber der Pulmonalvenen in den Kontrastmittel einige Gewebearten charakterisieren
Oberfeldern größer als in den Unterfeldern (Tabelle 1.14). Die Analyse von Morphologie, Funk-
왔 Stadium III: perivaskuläre und peribronchiale Flüssig- tion, Perfusion, Kontrastmittelaufnahme, Flussmes-
keitsaustritte führen zur „Gefäßkonturunschärfen“ und sungen und Koronararterien mit MRT und CT wird
peribronchialen Verdichtungen („Bronchusmanschette“). in den Abschnitten 1.1.2 und 1.1.3 dargestellt.
Zusätzlich können Kerley-B-Linien entstehen. Dies sind
1–3 cm lange subpleurale horizontale Linien in den
basalen Abschnitten als Zeichen erweiterter Lymph-
gefäße und eines interstitiellen Flüssigkeitsaustritts 1.3.3
in die interlobulären Septen Echokardiographie
왔 Stadium IV: alveolärer Flüssigkeitsaustritt („alveoläres
Lungenödem“) Die erste Anlotungen im 2D- und M-Mode erfolgen
im parasternalen Langachsen- und Kurzachsen-
schnitt. Quantitativ werden die Diameter der Aorta
1.3.2 ascendens, des linken Ventrikels auf Höhe der Papill-
Computertomographie armuskel, des linken Vorhofes, des rechten Vorhofes
und Magnetresonanztomographie und des rechten Ventrikels erfasst. Besondere Bedeu-
tung hat die Bestimmung der linksventrikulären
Funktion mit der Analyse der regionären und globa-
Die Analyse des Herzens sollte entlang der Blutzirku- len Pumpfunktion. Zusätzlich erfolgt die Beurteilung
lation erfolgen. Ausgehend von der V. cava superior der Atrioventrikular- und Taschenklappen. Neben
und inferior – die Einmündung des Sinus coronarius Klappenanomalien (z. B. bikuspide Aortenklappe,
bildet hier die Grenze zum rechten Vorhof – fließt das Prolaps eines Mitralsegels) können auch degenerati-
Blut in den rechten Vorhof. Hier ist vor allem auf in- ve Veränderungen dokumentiert werden.
traatriale Raumforderungen und die Intaktheit des Im zweiten Schritt erfolgt die Anlotung von der
Septums zu achten. Herzspitze. Es werden ein Vierkammerblick, ein so
Über die trikuspide Trikuspidalklappe gelangt das genannter Fünfkammerblick, ein RAO-Äquivalent
Blut in den rechten Ventrikel. Wichtig sind hier Form und ein strikter Zweikammerblick eingestellt. Neben

Tabelle 1.14. Signalintensität verschiedener Gewebearten des Herzens in der MRT

T1 T2 Fettunterdrückung Kontrastmittel (Spätaufnahmen)

Normales Myokard Intermediär Intermediär Intermediär Kein Enhancement


Fetteinlagerung Hyperintens Hyperintens Signalverlust Kein Enhancement
Ödem Hypointens Hyperintens Hypointens Geringes Enhancement möglich
Nekrose Hypointens Hyperintens Hypointens Kräftiges Enhancement
Narbe Hypointens Hypointens Hypointens Kräftiges Enhancement
60 Kapitel 1 Herz

der Analyse der Binnenraumparameter von linkem 왔 Bei der stabilen Angina pectoris be-
Definition
und rechtem Ventrikel, linkem und rechtem Vorhof steht eine in aller Regel eine stabile
erfolgt bei dieser Anlotung die Bestimmung der re- Plaquemorphologie mit einem hohen Anteil an fibrö-
gionären systolischen linksventrikulären Funktion. sen und kalzifizierenden Plaquestrukturen. Die in-
In einem weiteren Untersuchungsabschnitt erfolgt stabile Angina pectoris wird durch eine so genannte
die Farbdopplerechokardiographie mit Untersu- instabile Plaquemorphologie verursacht. Hierbei
chung aller Klappen und mit der Bestimmung des kommt es zur Ruptur der so genannten „fibrous cap“.
Mitraleinflussprofiles. Diese häufig sehr dünne Membran bedeckt cholest-
erinhaltige Plaquestrukturen.

1.4 Es kommt nach der Ruptur zur Endothelaktivierung


Erkrankungen des Herzens und zur Thrombozytenanlagerung. Diese führt in
Abhängigkeit vom Ausmaß der Koronarlumenverle-
Th. Voigtländer, J. Sandstede, O. Mohrs gung zu den unterschiedlichen klinischen Erschei-
nungsformen eines akuten koronaren Syndroms.

1.4.1 Klinische Symptomatik


Koronare Herzkrankheit Die KHK äußert sich vor allem als Angina pectoris.
Sie ist verbunden mit sind überwiegend thorakalen
왔 Bei der koronaren Herzerkrankung Beschwerden, die aber häufig auch in den Hals, in
Definition
(KHK) liegt ein Missverhältnis zwi- beide Arme oder in den Oberbauch ausstrahlen kön-
schen myokardialem Sauerstoffbedarf und -angebot nen. Der typische Angina-pectoris-Anfall wird durch
zugrunde. Belastung ausgelöst und dauert 3–5 min. Weitere, ty-
pische Auslöser sind Kälteexposition und auch psy-
chische Belastung. Besserung tritt ein bei körperli-
Pathologisch-anatomische und ätiologische cher Ruhe oder Nitroglyzeringabe.
Grundlagen Die Klassifikation der stabilen Angina pectoris er-
Ursächlich hierfür ist überwiegend eine Veränderung folgt nach der „Canadian Cardiovascular Society“
im Koronargefäßsystem. Es können Stenosen auftre- (CCS).
ten, die Ursache der Minderdurchblutung sind, aber Bei der instabilen Angina pectoris treten die Be-
auch Koronarthrombosen oder Koronarspasmen. schwerden bereits bei geringer Belastung auf. Ge-
Mitursache einer myokardialen Ischämie kann eine kennzeichnet ist die instabile Angina pectoris da-
Myokardhypertrophie sein oder ein erhöhter ventri- durch, dass diese Beschwerden neu aufgetreten sind
kulärer Füllungsdruck. Neben Veränderungen im und bereits zu Beginn in aller Regel auch bei geringe-
epikardialen Koronargefäßsystem können Verände- rer Belastung auftreten. Zusätzlich kann sich aus ei-
rungen der Mikrovaskulatur ebenfalls zu einem re- ner vorbestehenden stabilen Angina pectoris durch
duzierten Sauerstoffangebot des Myokards führen. eine deutliche Beschwerdesteigerung eine instabile
Ursache von Veränderungen der epikardialen Ko- Angina pectoris entwickeln.
ronargefäße, aber auch der Mikrovaskulatur sind das
längerfristige Einwirken von Risikofaktoren. Die
wichtigsten sind Merke ! Eine Zunahme der Anfälle, die Be-
schwerden bei geringerer Belastung
und ein zunehmender Nitroglyzerinbedarf kenn-
∑ Hypertonie,
zeichnen den Übergang einer stabilen Angina pecto-
∑ Diabetes mellitus,
ris in eine instabile Angina pectoris.
∑ Hypercholesterinämie und
∑ Rauchen.
Eine anhaltende Myokardischämie mit einem Angi-
Auch die familiäre Disposition für eine KHK spielt ei- na-pectoris-Anfall, der über 20 min dauert, weist dar-
ne zentrale Rolle bei der Einschätzung des Risiko für auf hin, dass ein akutes Koronarsyndrom vorliegen
eine KHK. Mit Scores kann ein relatives Risiko für kann. Kann durch Ruhe oder Nitroglyzeringabe keine
das Auftreten eines koronaren Ereignisses ermittelt Besserung der Symptomatik erreicht werden, liegt
werden (z. B. PROCAM Score; Münster). häufig ein Verschluss eines Koronargefäßes vor. An-
Die stabile Angina pectoris wird von akuten koro- hand von EKG-Zeichen werden ein so genannter ST-
naren Syndromen unterschieden. Diese beiden Enti- Hebungsinfarkt und ein Nicht-ST-Hebungsinfarkt un-
täten der KHK sind gekennzeichnet durch unter- terschieden. Beiden Infarktsituationen ist jedoch ge-
schiedliche histomorphologische Befunde. meinsam, dass immer das Troponin als Nekrosepara-
meter erhöht ist. In Abhängigkeit von Lokalisation
1.4 Erkrankungen des Herzens 61

und Größe des Infarkts können Infarktkomplikatio- die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer KHK
nen wie kardiogener Schock, Perikarditis, Papillar- bereits eingeschätzt werden (Tabelle 1.15).
muskelsyndrom, Ventrikelseptumdefekt, Ventrikel- Eine zusätzliche Diagnostik ist nach den Vorschlä-
ruptur, Myokardinfarkt mit Rechtsherzbeteiligung gen der Autoren der nationalen Versorgungsleitlinie
und die Entwicklung eines linksventrikulären Aneu- nicht erforderlich, wenn die Vortestwahrscheinlich-
rysmas auftreten. keit <10% ist.
Wenn die Vortestwahrscheinlichkeit >90% beträgt,
Differenzialdiagnosen ist eine weitere nichtinvasive Diagnostik nicht erfor-
Beim Thoraxschmerz, dem typischen Leitsymptom derlich, da durch die nichtinvasive Diagnostik keine
der KHK, müssen eine Reihe von Differenzialdiagno- weitere Steigerung der Vortestwahrscheinlichkeit er-
sen berücksichtigt werden. reicht werden kann. Das Krankheitsbild muss invasiv
Neben kardialen Differenzialdiagnosen wie Peri- durch die Koronarangiographie abgeklärt werden. So
myokarditis, Aortendissektion, Aortenklappensteno- hat z. B. ein 70-jähriger Mann mit typischer Angina
se und hypertroph-obstruktiver Kardiomyopathie pectoris und Risikofaktoren eine Vortestwahrschein-
müssen auch extrakardiale Erkrankungen differenzi- lichkeit von 94%. In dieser Situation bringen weitere
aldiagnostisch berücksichtigt werden. Häufig sind nichtinvasive Tests keine zusätzliche Information und
Nerven- und Skeletterkrankungen mit ursächlich für nur die invasive Abklärung ist sinnvoll.
den Thoraxschmerz. Insbesondere Hals- und Brust- Es bleibt die Gruppe mit einer mittleren Vortest-
wirbelsäulenveränderungen müssen berücksichtigt wahrscheinlichkeit zwischen 10 und 90%. Für diese
werden. Auch pulmonale Erkrankungen wie eine Gruppe wird als nächster Diagnostikschritt eine Er-
Lungenembolie, eine Pleuritis, ein Pneumothorax, ei- gometrie empfohlen. Bei geeigneten Patienten kann
ne Pleuropneumonie oder selten Mediastinaltumo- (vgl. Tabelle 1.15) kann mit Hilfe des Belastungs-
ren können thorakale Beschwerden auslösen. EKGs unter kontrollierten Bedingungen überprüft
Häufig sind gastrointestinale Erkrankungen diffe- werden, ob eine typische Angina-pectoris-Sympto-
renzialdiagnostisch zu berücksichtigen. Insbesondere matik auftritt. Des Weiteren können EKG-Verände-
die Refluxösophagitis ist eine wesentliche Differenzi- rungen während der Belastung einen Hinweis für ei-
aldiagnose, bei der auch häufig über ein retrosternales ne Myokardischämie ergeben. Treten bei einer Belas-
Brennen geklagt wird. Weitere Ösophaguserkrankun- tungsuntersuchung keine Angina pectoris und keine
gen sowie Erkrankungen des ösophagogastralen wesentliche Luftnot auf und liegen keine EKG-Verän-
Übergangs, Ulkuserkrankungen, Erkrankungen der derungen im Belastungs-EKG vor, ist die Prognose
Gallenblase und des Gallengangssystems sowie Pan- gut, und es muss keine weitere Abklärung erfolgen.
kreatitiden müssen differenzialdiagnostisch berück- Kommt es während des Belastungs-EKGs zum Auf-
sichtigt werden. treten von Angina-pectoris-Beschwerden, die nicht
über eine hypertensive Entgleisung erklärbar sind,
1.4.1.1 und kommt es zusätzlich zu klaren ischämiebedingten
Primärdiagnostik der koronaren Herzerkrankung ST-Strecken-Veränderungen, besteht die Indikation
(chronische KHK) zur weiteren invasiven Abklärung mittels Koronaran-
Der erste Schritt der Diagnostik bei Verdacht auf ei- giographie. Es muss aber kritisch berücksichtigt wer-
ne KHK ist die Bestimmung der Vortestwahrschein- den, dass in der Gruppe mit mittlerer Vortestwahr-
lichkeit. In Abhängigkeit von der Art der Symptoma- scheinlichkeit für eine KHK die Sensitivität des Belas-
tik (typische Angina pectoris vs. atypische Angina tungs-EKGs nur bei 45–68% und die Spezifität nur bei
pectoris), Geschlecht, Alter und Risikofaktoren kann 77–85% (AHA/ACC Guidelines Update 2002) liegen.

Tabelle 1.15. Vortestwahrscheinlichkeit in Prozent. (Mod. nach nationaler Versorgungsleitlinie chronische KHK, 2006)

Alter [Jahre] Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen

Nichtanginöse Brustschmerzen Atypische Angina Typische Angina

35 3–35 1–19 8–59 2–39 30–88 10–78


45 9–47 2–22 21–70 5–43 51–92 20–79
55 23–59 4–25 45–79 10–47 80–95 38–82
65 49–69 9–29 71–86 20–51 93–97 56–84

Die erste Zahl steht für das Risiko für Patienten ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren, die zweite Zahl für Hochrisikopatienten
mit Diabetes, Hyperlipoproteinämie und Nikotinabusus.
62 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.16. Ursachen der fehlenden Aussagekraft des Belastungs-EKGs

∑ Ruhe-EKG mit linksventrikulärer Hypertrophie


∑ Digitalismedikation
∑ WPW- (Wolf-Parkinson-White-) Syndrom
∑ ST-Strecken-Senkung in Ruhe (cave: Stehreaktion)
∑ Linksschenkelblock
∑ Schrittmacherstimulation (VVI – DDD)
∑ Fehlende körperliche Ausbelastung (es werden <85% der alterskorrigierten maximalen Herzfrequenz erreicht)
∑ Inkonklusives Belastungs-EKG (z. B. Frauen, hypertensive Herzerkrankung)

Darüber hinaus sind eine Reihe von Bedingungen (Vasodilatatorreserve) gesteigert werden. Dies ist die
zu beachten, bei denen ein Belastungs-EKG nicht Antwort der myokardialen Mikrovaskulatur auf ei-
durchgeführt werden kann oder bei denen das Er- nen erhöhten Sauerstoffbedarf bei Belastung. Liegt
gebnis der Belastungs-EKG-Untersuchung keine ab- eine Stenose in einem Segment des epikardialen
schließende Einschätzung zum myokardialen Ischä- Herzkranzgefäßsystems vor, hat das abhängig ver-
miestatus zulässt (Tabelle 1.16). sorgte Myokardareal eine eingeschränkte Vasodilata-
Für die Fälle, bei denen ein Belastungs-EKG nicht torreserve. Der zugrunde liegende pathophysiologi-
möglich ist oder bei denen das Ergebnis des Belas- sche Mechanismus bedingt bereits in Ruhe eine In-
tungs-EKGs nicht eindeutig ist, werden weitere nicht- anspruchnahme der Vasodilatatorreserve, um eine
invasive Verfahren für den Nachweis einer Myokardi- adäquate Durchblutung des Myokardareals zu errei-
schämie erforderlich. chen. Eine zusätzliche Steigerung der Durchblutung
Entsprechende methodische Ansätze sind die während der Adenosingabe ist dann nur einge-
Stressechokardiographie, bei der unter Belastung schränkt möglich.
(physikalisch oder medikamentös mittels Dobutamin Die Analyse der Myokardpersusion mittels MRT
und ggf. Atropin) analysiert wird, ob sich eine Wand- wird entweder visuell, d. h. qualitativ (Abb. 1.26 a, b),
bewegungsstörung entwickelt als Hinweis auf eine re- oder semiquantitativ durchgeführt. Für die semi-
gionäre Ischämie. Häufig ist die Stressechokardiogra- quantitative Analyse hat sich eine Berechnung der
phie durch eine eingeschränkte Bildqualität limitiert. Anstiegsgeschwindigkeit in Ruhe und unter Adeno-
Die Stress-MRT-Untersuchung arbeitet mit medi- sin (so genannte „Slope-Reserve“) durchgesetzt. Aus
kamentösem Stress (ebenfalls Dobutamin und unter Gründen der Praktikabilität wird an vielen Zentren
Umständen Atropin) und kann hierbei vergleichbar die visuelle Analyse mit guten Erfolgen eingesetzt,
mit der Stressechokardiographie nur mit wesentlich obwohl sich in einer Vergleichsstudie die semiquan-
besserer Bildqualität ischämiebedingte Hypokine- titative der rein visuellen Analyse mit Bestimmung
sien des linksventrikulären Myokards detektieren. der Slope-Reserve überlegen zeigt. Die Sensitivität
Hierzu gibt es Vergleichsstudien, bei denen die Über- und Spezifität für die semiquantitative Analyse liegt
legenheit hinsichtlich Sensitivität und Spezifität der bei einer mittleren Vortestwahrscheinlichkeit von
Stress-MRT-Untersuchung im Vergleich zur Stress- 51% für eine KHK bei etwa 88 bzw. 90% und bei der
echokardiographischen-Untersuchung insbesondere visuellen Analyse bei etwa 70 bzw. 78% (Nagel et al.
bei eingeschränkter Bildqualität nachgewiesen wer- 2003).
den konnte (Hundley et al. 1999; Nagel et al. 1999). Zur obligaten Abklärung gehört die Echokardio-
Die Myokardperfusion kann mit szintigraphi- graphie. Mit dieser Methode können regionäre Kon-
schen Methoden nachgewiesen werden. Bei einer ne- traktionsstörungen als Hinweis auf abgelaufene In-
gativen Myokardszintigraphie ist die Prognose des farkte oder eine chronische Ischämie festgestellt wer-
Patienten gut und das Auftreten eines koronaren Er- de. Auch wesentliche kardiale Differenzialdiagnosen
eignisses liegt <0,4%/Jahr (Groutars et al. 2000). können mit dieser Methode abgeklärt werden.
Eine Weiterentwicklung der Ischämiediagnostik Erhebliche Anstrengungen werden unternom-
hinsichtlich der Myokardperfusion stellt die Perfu- men, um mittels MRT-Technologie das Herzkranzge-
sionsanalyse mittels MRT dar, die bei fehlender Strah- fäßsystem nichtinvasiv darzustellen. Die MRT-Tech-
lenexposition eine bessere Ortsauflösung als die My- nologien sind erheblich weiter entwickelt worden
okardszintigraphie aufweist. Durch den Einsatz eines und haben Bedeutung erlangt bei der Diagnose von
Vasodilatators (Adenosin) wird die so genannte Va- Koronaranomalien. Die zuverlässige Darstellung der
sodilatatorreserve bestimmt. Beim Gesunden kann Herzkranzgefäße und die Bestimmung von Gefäß-
die myokardiale Durchblutung auf das etwa 3-Fache wandveränderungen sowie Stenosierungen im Herz-
1.4 Erkrankungen des Herzens 63

b
c
Abb. 1.26 a,b. Transmuraler umschriebener Perfusionsdefekt
(Pfeil) der Hinterwand in der First-pass-MR-Perfusion unter Abb. 1.27 a–c. CT-Koronarangiographie mit multiplanarer
Adenosin-Stress (b), der in Ruhe (a) nicht sichtbar ist Reformation (MRP, a) und Volume-Rendering-Technik
(VRT, b) in Korrelation zur invasiven Koronarangiographie
(c): hochgradige komplexe Stenose des proximalen R. inter-
ventricularis anterior bei einem gemischten, überwiegend
kranzgefäßsystem gelingen jedoch nicht. In einer nichtverkalktem Plaque (Pfeil)
2001 publizierten Studie (Kim et al. 2001) zeigte sich,
dass zwar relativ hohe Sensibilitäten und Spezifitäten
für das Erkennen einer koronaren Dreigefäßerkran- Die CT-Diagnostik hat mit dem Einsatz der neuen
kung bestehen, Ein- und Zweigefäßerkrankungen je- Mehrzeilengeräte eine wesentliche Verbesserung er-
doch nur unzureichend nachgewiesen werden konn- fahren. Die Indikation zur CT-Angiographie (CTA)
ten. Auch Studien mit Einsatz von intravasalem besteht bei Patienten, bei denen eine mittlere Vortest-
Kontrastmittel konnten noch keine ausreichende wahrscheinlichkeit vorliegt und bei denen durch an-
Zuverlässigkeit bei der Darstellung von Koronarer- dere nichtinvasive Verfahren kein eindeutiges Ergeb-
krankungen nachweisen. nis zu erzielen ist (Abb. 1.27 a–c). Es können, wie neu-
64 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.17. Koronares Risiko asymptomatischer Patienten in Abhängigkeit vom Ausmaß der Koronarkalzifizierungen

Kalzium-Score Plaquebelastung Wahrscheinlichkeit einer Stenose Kardiovaskuläres Risiko

0 Kein Plaque nachweisbar Sehr niedrig, <5% Sehr niedrig


1–10 Minimale Plaques Unwahrscheinlich, <10% Niedrig
11–100 Sicherer Nachweis minderer Plaques Geringe Stenose wahrscheinlich Mäßig
101–400 Mäßige Plaquebelastung Nichtobstruktive KHK Mäßig hoch
wahrscheinlich, obstruktive
KHK möglich
>400 Ausgedehnte Plaques Hohes Risiko für mindestens Hoch
eine Stenose

Tabelle 1.18. Abklärung Thoraxschmerz und Verdacht auf allen symptomatischen Patienten und bei Patienten
KHK – etablierte Diagnose und neue Verfahren mit Nachweis einer Myokardischämie erfolgt die in-
Etablierte Diagnostik vasive Koronarangiographie. Liegt eine stenosieren-
1. Anamnese de KHK vor, erfolgt in aller Regel die unmittelbare in-
2. Risikofaktorenanalyse terventionelle Therapie oder, wenn sich keine inter-
3. Untersuchungsbefund ventionelle Therapieoptionen ergeben, die koronare
4. EKG
5. Transthorakale Echokardiographie Bypass-Operation.
6. Konventionelle Belastungs-EKG-Untersuchung
7. Stressechokardiographie 1.4.1.2
8. Myokardszintigraphie Akutes Koronarsyndrom
9. Invasive Koronarangiographie
Das akute Koronarsyndrom umfasst die 3 Entitäten
Neue Verfahren
1. Dobutamin-Stress-Cine-MRT ∑ instabile Angina pectoris,
2. Adenosin-Stress-Perfusions-MRT ∑ den Nicht-ST-Hebungsinfarkt und
3. MR-Koronarangiographie
4. CT-Koronarangiographie ∑ den ST-Hebungsinfarkt.
5. CT-Koronarkalkmessung
Bei der instabilen Angina pectoris ist der Troponin-
spiegel negativ, beim Nicht-ST-Hebungsinfarkt und
beim ST-Hebungsinfarkt ist Troponin definitionsge-
ere Studien gezeigt haben, auch Wandveränderungen mäß als Ausdruck einer Myokardnekrose positiv. Es
und beginnend auch deren Zusammensetzung analy- muss jedoch berücksichtigt werden, dass der Tropo-
siert werden. Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass ninspiegel erst 2–4 Stunden nach Symptombeginn
die Ausschlussdiagnostik bei guter Bildqualität mit positiv wird, und insbesondere die Unterscheidung
einem negativen Vorhersagewert von nahezu 100% instabile Angina pectoris vs. Nicht-ST-Hebungsin-
zuverlässig möglich ist (Ropers et al. 2006 b; Schmer- farkt häufig erst dann möglich ist. Patienten mit po-
mund u. Erbel 2005). sitivem Troponin haben eine schlechtere Prognose
Mittels CT-Technik kann die Verkalkung der Wand als Patienten mit negativem Troponin, Patienten mit
des Koronararteriensystems sicher nachgewiesen einem akuten Koronasyndrom haben eine schlechte-
werden. Dies kann quantifiziert werden, und es wer- re Prognose als Patienten mit chronischer KHK. Eine
den hierzu validierte Scores eingesetzt (Tabelle 1.17). Übersicht der Abklärungsdiagnostik bei Verdacht auf
Bei einem symptomatischen Patienten mit klarer An- akutes Koronarsyndrom gibt Tabelle 1.19.
gina pectoris ist diese Untersuchungsmodalität nicht
indiziert. Wenn bei Patienten mit unklaren Thorax-
schmerzen die Herzkranzgefäße keine Verkalkungen
Merke ! Bei nachgewiesenem akuten Koronar-
syndroms oder dringendem Verdacht
aufweisen, kann eine stabile Koronarläsion mit ei- auf akutes Koronarsyndrom müssen wegen der kriti-
nem negativen Vorhersagewert von >90% ausge- schen prognostischen Implikationen die sofortige
schlossen werden kann. Dennoch muss diese Unter- Monitorüberwachung und eine sehr zeitnahe invasi-
suchung immer im Kontext mit den oben genannten ve Abklärung mittels Koronarangiographie durchge-
übrigen Diagnostikverfahren gesehen werden. Insbe- führt werden.
sondere bei instabilen Koronarläsionen kann eine
Verkalkung fehlen. Die Echokardiographie hat im Rahmen der Diagnos-
Eine Übersicht über die Diagnostik bei Thorax- tik eines akuten Koronarsyndroms einen wesentli-
schmerz und Verdacht auf KHK gibt Tabelle 1.18. Bei chen Stellenwert. Es kann festgestellt werden, ob be-
1.4 Erkrankungen des Herzens 65

Tabelle 1.19. Abklärung bei Verdacht auf akutes koronares 1.4.1.3


Syndrom Komplexe koronare Herzkrankheit
1. Anamnese Diagnostik des chronischen Infarkts
2. Risikofaktorenanalyse
Die Diagnose und die Lokalisation eines chronischen
Infarkts können häufig bereits mit der Echokardio-
3. Körperlicher Untersuchungsbefund
graphie bestimmt werden. Die Echokardiographie
4. EKG hat einen wichtigen Stellenwert, da hiermit nähe-
5. Troponin-Bestimmung rungsweise die Größe des Infarkts und die linksven-
6. Echokardiographie trikuläre Funktion bestimmt werden können. Das
7. MRT Ausmaß der Einschränkung der linksventrikulären
8. CT Funktion ist ein wichtiger die Prognose bestimmen-
der Faktor bei diesen Patienten. Auch chronische In-
9. Wenn die Verdachtsdiagnose bestätigt oder nicht aus-
zuschließen ist: unmittelbare Monitorüberwachung, farktkomplikationen wie Spitzenthromben können
stationäre Aufnahme und Koronarangiographie häufig bereits mit der Echokardiographie diagnosti-
ziert werden. Ebenso kann das Vorliegen einer ischä-
mischen Mitralinsuffizienz, häufig als Folge eines ba-
sisnahen Hinterwandinfarkts, echokardiographisch
reits regionäre Kontraktionsstörungen als Hinweis diagnostiziert werden.
für stattgehabte Infarkte bestehen. Zusätzlich können Die MRT-Diagnostik mit den Kontrastmittelspät-
mittels der Echokardiographie Differenzialdiagno- aufnahmen hat die Infarktdiagnostik revolutioniert
sen des Thoraxschmerzes wie akute, hämodyna- (Abb. 1.28 a–e). Mit einer bisher nicht erreichten Auf-
misch bedeutsame Lungenembolie mit Rechtsherzdi- lösung können auch sehr kleine nichttransmurale In-
latation, Aortenklappenstenose und hypertroph-ob- farkte nachgewiesen werden. Die MRT-Infarktdiag-
struktive Kardiomyopathie, Perimyokarditis und nostik ist bei der Erkennung von kleinen Infarkten
auch eine Dissektion der Aorta thoracalis (auch aufgrund der besseren Auflösung der SPECT-Dia-
transösophageale Echokardiographie) evaluiert wer- gnostik überlegen (Wagner et al. 2003).
den. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die
Differenzialdiagnose des erhöhten Troponins. Eine Vitalitätsdiagnostik
Troponinerhöhung kann auch bei einer submassiven Die Ischämiediagnostik beinhaltet bei diesen Patien-
oder massiven Lungenembolie auftreten sowie bei ei- ten neben der Bestimmung einer stressinduzierten
ner Myokarditis. Ischämie (s. oben) auch die Vitalitätsdiagnostik.
Belastungsuntersuchungen sind bei Verdacht auf Hierbei wird untersucht, ob im myokardialen Versor-
akutes Koronarsyndroms nicht indiziert. Es liegen gungsgebiet eines verschlossenen oder bedeutsam
Daten zur MRT-Untersuchung bei Patienten mit in- stenosierten Koronargefäßes vitales Myokard be-
stabiler Angina pectoris vor (Kwong et al. 2003). Bei steht. In Abhängigkeit vom Vorliegen vitalen Myo-
diesen Patienten wurde mittels Perfusionsanalyse kards erfolgt dann die Entscheidung zum interven-
während Adenosingabe und Kontrastmittelspätauf- tionellen oder auch operativen Vorgehen mit dem
nahmen eine weitere Abklärung durchgeführt. Dies Ziel, die Gesamtkontraktilität zu verbessern. Beson-
setzt allerdings eine exzellente personelle und appa- dere Bedeutung hat diese Fragestellung bei Patienten
rative Überwachung während der MRT-Untersu- nach Infarkt und nichtrekanalisiertem Infarktkoro-
chung voraus. nargefäß.
Mit der nun verbesserten CT-Technologie gibt es Bereits echokardiographisch zeigt sich bei diesen
erste Ansätze, den akuten Thoraxschmerz mit dieser Patienten eine regionäre myokardiale Hypokontrak-
Untersuchungsmodalität abzuklären („triple rule out tion. Mittels der niedrig-dosierten Dobutamin-Stres-
concept“). Es gelingt hiermit, die Differenzialdiagno- sechokardiographie kann dann Vitalität nachgewie-
sen akute Lungenembolie, die Dissektion der Aorta sen werden, wenn es unter der Katecholaminstimula-
thoracalis und KHK zu klären. Dies wird jedoch Aus- tion zur Kontraktionssteigerung in diesem Areal
nahmeindikationen vorbehalten sein, da in den meis- kommt. Analog zur KHK-Primärdiagnostik kann
ten Fällen mit der konventionellen Diagnostik (An- dieser Nachweis auch mit der niedrig-dosierten Do-
amnese, Untersuchungsbefund, EKG, Echokardiogra- butamin-Stress-Cine-MRT bei besserer Bildqualität
phie, Troponin, D-Dimer) die Diagnosestellung erfol- erfolgen. Auch mittels PET kann die Vitalität mit al-
gen kann (Schussler u. Smith 2007). lerdings geringer örtlicher Auflösung zuverlässig
nachgewiesen werden.
66 Kapitel 1 Herz

b c

d e

Abb. 1.28. Lange Herzachse (a,d,e), linksventrikulärer Zwei- apikalen Hinterwand und mit nichttransmuraler angrenzen-
kammerblick (b) und Kurzachenschnitt (c) bei Zustand nach der Infarzierung der apikalen Anterseptalwand (a–c). Akinesie
Myokardinfarkt. Transmuraler Infarkt der Herzspitze und der der Herzspitze in der Cine-MRT (d Diastole, e Systole)

Die Arbeitsgruppe von Kim und Judd (Kim et al. muralität des Infarkts eintritt (Abb. 1.29 a–e). Diese
2000; Kwong et al. 2003) konnte mittels der „Late-en- sehr robuste Methode hat rasch klinische Bedeutung
hancement-Technik“ zeigen, dass eine Besserung der erreicht, und die PET-Diagnostik ist häufig nicht
Kontraktilität nach interventioneller oder operativer mehr erforderlich.
Therapie in Abhängigkeit vom Ausmaß der Trans-
1.4 Erkrankungen des Herzens 67

a b c

Abb. 1.29 a–e. Schematische Darstel-


lung der Vitalitätsdiagnostik: a 0%,
b bis 25%, c bis 50%, d bis 75% und
e >75% myokardiales Infarktausmaß.
d e Bei a–c kann eine myokardiale Funk-
tionserholung erwartet werden

a b c

Abb. 1.30 a–c. Rekonstruktionen einer KM-verstärkten MR- ren Venengrafts zum R. circumflexus (ACVB-RCX). c Langstre-
angiographischen Darstellung von Bypass-Gefäßen. a A.- ckiger Verlauf des A.-mammaria-interna-Grafts zum R. inter-
mammaria-interna-Graft zum R. interventricularis anterior ventricularis anterior (LIMA-RIVA). (LV linker Ventrikel, RV
(LIMA-RIVA) und aortokoronarer Venengraft zum R. circum- rechter Ventrikel)
flexus (ACVB-RCX). b Aortale Anastomose des aortokorona-
68 Kapitel 1 Herz

Bypass-Diagnostik Die offenen venösen Bypass-Gefäße weisen nach


10 Jahren in etwa 30% eine höhergradige Steno-
Merke ! Die nichtinvasive Bestimmung derBy-
pass-Funktion ist bei der Nachbetreu-
sierung auf. Erfreulicherweise ist dies bei den Mam-
maria-Bypass-Gefäßen zur RIVA (R. interventri-
ung von Patienten mit KHK sehr wichtig, da die ve- cularus anterior) nicht in diesem Ausmaß beschrie-
nösen Bypass-Gefäße zu 50% nach 10 Jahren ver- ben (10% Okklusionsrate nach 10 Jahren, 10% Ste-
schlossen sind. nose).

a b

Abb. 1.31 a–c. Flussmessung im A.-mammaria-interna-Graft na-Graft zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA). Es
zum R. interventricularis anterior (LIMA-RIVA) mittels Pha- zeigt sich unter Adenosingabe eine deutliche Steigerung der
senkontrasttechnik. a Anatomisches Magnitudenbild mit or- mittleren Flussgeschwindigkeit (gestrichelte Kurve) im Ver-
thograd getroffenem Gefäßquerschnitt in anguliert transver- gleich zur Ruhemessung (durchgezogene Kurve). Die Flussre-
saler Schnittführung. b Korrespondierendes flusskodierendes serve beträgt 3,7 (Norm >1,5) und repräsentiert damit ein
Bild. c Mittlere Flussgeschwindigkeit im A.-mammaria-inter- kompetentes Bypass-Gefäß
1.4 Erkrankungen des Herzens 69

a b

Abb. 1.32 a, b. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-Technik (VRT): Frei durchgängiger arterieller LIMA-Bypass auf
den R. interventricularis anterior mit unauffälliger distaler Anastomose und regelrechtem Abstrom

Die MRA und die Flussmessung in den koronaren


Bypass-Gefäßen bieten ein gutes, nichtinvasives Ver-
fahren, um diese Patienten im Verlauf zu untersu-
chen. Dies ist umso wichtiger, da die Symptome eines
Bypass-Gefäß-Verschlusses häufig nicht eindeutig
zugeordnet werden können.
Es wird hierbei sowohl eine kontrastmittelgestütz-
te als auch eine nichtkontrastmittelgestützte MRT-
Technik verwandt. Die Offenheit von koronaren By-
pass-Gefäßen kann mit der MRT mit nahezu
100%iger Sicherheit nachgewiesen werden (Kalden
et al. 1999; Abb. 1.30 a–c). Leider gelingt eine Steno-
sendetektion mit den angesprochenen Verfahren
nicht sicher.
Mittels der MR-Flussmessung kann eine so ge-
nannte koronare Flussreserve in den einzelnen
Bypass-Gefäßen mit Einsatz von Adenosin bestimmt
werden. Hierbei wird eine Ruheflussmessung durch-
geführt und eine Flussmessung während der Adeno-
sininfusion. Dadurch kann der Parameter koronare
Flussreserve bestimmt werden. Steigt der Fluss im
Bypass-Gefäß unter Adenosinbelastung nicht über
das 1,5-Fache, kann von einer Bypass-Dysfunktion Abb. 1.33. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-
ausgegangen werden. Dieses ist eine Technik, die bis- Technik (VRT): 2 durchgängige arterielle Bypass-Gefäße (RI-
her nur an wenigen Zentren etabliert ist (Langerak et MA auf RCA, LIMA auf RIVA) und 2 durchgängige ACVB auf
al. 2001; Voigtländer 1998; Abb. 1.31 a–c). das RCX-Stromgebiet
70 Kapitel 1 Herz

a b

Abb. 1.34. a,b. CT-Koronarangiographie mit multiplanarer Venengraft (ACVB) auf die rechte Koronararterie, ein durch-
Reformation (MRP, a) und Volume-Rendering-Technik (VRT, gängiger ACVB auf den ersten Marginalast, ein durchgängiger
b) in LAO-Projektion: Ein verschlossener aortokoronarer arterieller LIMA-Bypass

a b d

Abb. 1.35 a–d. CT-Koronarangiographie in Volume-Rendering-Technik (VRT, a,b) und mit multiplanarer Reformation (MRP,
c,d): frei durchgängiger Stent im proximalen R. interventricularis anterior

Mittels CTA kann ebenfalls die Offenheit von arte- sen der Bypass-Gefäße (Ropers et al. 2006 a). Auch
riellen und venösen koronaren Bypass-Gefäßen si- koronararterielle Stents können mit der CTA beur-
cher bestimmt werden (Abb. 1.32 a,b, Abb. 1.33, teilt werden, allerdings derzeit nur ab 3 mm Lumen-
Abb. 1.34 a, b). Mit den neuen CT-Systemen gelingt weite und bei geeignetem Stentmaterial (Abb. 1.35 a–
eine zunehmend sichere Erkennung auch von Steno- d, Abb. 1.36 a–d).
1.4 Erkrankungen des Herzens 71

a b c

Abb. 1.36 a–d. CT-Koronarangiographie mit multi-


planarer Reformation (MPR, a–c) in mehreren Ebenen
in Korrelation zur invasiven Koronarangiographie (d):
hochgradige In-Stent-Restenose eines proximalen d
R.-interventricularis-anterior-Stents

1.4.2
Merke ! Die invasive Abklärung ist zur genau-
en Bestimmung der Koronarmorpho- Kardiomyopathie
logie und wegen der Möglichkeit der direkten inter-
ventionellen Therapie bei allen Patienten nach In- Die Formen der Kardiomyopathien sind
farkt indiziert.
∑ die hypertrophe Kardiomyopathie mit Obstruk-
tion (HOCM) und
Auch im Falle des Nachweises von Vitalität wird die
∑ ohne Obstruktion (HNCM),
weitere invasive Abklärung mittels Koronarangiogra-
∑ die dilatative Kardiomyopathie (DCM) und
phie bzw. eine interventionelle Therapie oder By-
∑ die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomy-
pass-Operation erforderlich. Sollten sich bei den
opathie (ARVCM).
nichtinvasiven Untersuchungen zur Bypass-Funk-
tion Hinweise auf eine Bypass-Dysfunktion ergeben,
besteht ebenfalls die Indikation zur weiteren invasi- 1.4.2.1
ven angiographischen Abklärung. Hypertrophe Kardiomyopathie
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Hypertrophe Kardiomyopathien haben eine Präva-
lenz von 0,2%. Sie zählen zu den häufigen Erbkrank-
heiten. Die Manifestation der hypertrophen Kardio-
myopathie ist facettenreich. Die Hypertrophie kann
regionär sein, aber auch diffus. Hämodynamisches
Kriterium des Vorliegens einer bedeutsamen hyper-
trophen Kardiomyopathie ist die eingeschränkte dia-
stolische linksventrikuläre Funktion.
72 Kapitel 1 Herz

a b c

Abb. 1.37 a–c. Nichtobstruktive, hypertrophe Kardiomyopa- teroseptalen Wandabschnitte (*). c In den KM-Spätaufnahmen
thie im Kurzachsenschnitt. Im Vergleich von enddiastolischem findet sich eine anteroseptal irregulär konfigurierte Myokard-
(a) zum endsystolischen Zeitpunkt (b) zeigt sich in der Cine- fibrose. (LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel)
Darstellung eine deutliche Hypertrophie insbesondere der an-

Klinische Symptomatik erreicht werden (Schulz-Menger et al. 2000). Im Falle


Insbesondere bei der hypertroph-obstruktiven Kar- der HNCM müssen myokardiale Speicherkrankhei-
diomyopathie (HOCM) kommt es zu den Sympto- ten differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden,
men Angina pectoris, Dyspnoe und Synkope. Bei der und im Einzelfall ist die invasive Myokardbiopsie er-
HNCM ist das Symptom Dyspnoe in ausgeprägteren forderlich. Das Bild einer HOCM ist nur selten mit ei-
Formen dominierend. Der Untersuchungsbefund ner Speicherkrankheit kombiniert. Bei den hypertro-
zeigt bei der HOCM ein typisches Systolikum ohne phen Kardiomyopathien kann durch die MRT die
wesentliche Fortleitung in die Karotiden. Im fortge- exakte Darstellung der linksventrikulären, herzspit-
schrittenen Stadium kommt es zu Zeichen der de- zennahen Abschnitte, die häufig transthorakal nicht
kompensierten Links- und Rechtsherzinsuffizienz. sicher einsehbar sind, erfolgen, um regionäre hyper-
trophe Kardiomyopathien zu diagnostizieren. Mit
Differenzialdiagnose der „Spitaufnahmetechnik“ können umschriebene
Arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankung, Nekroseareale in fortgeschrittenen Stadien der Er-
myokardiale Speicherkrankheiten (Morbus Fabri, krankung nachgewiesen werden (Abb. 1.37 a–c). Es
Amyloidose, Glykogenose, Hämosiderose), Sportler- sind Berichte publiziert, die darauf hinweisen, dass
herz. bei Nachweis von Nekrosearealen eine eingeschränk-
te Prognose besteht, da es häufiger zu Rhythmus-
Diagnostik komplikationen kommt (Moon et al. 2003).
Anamnese und körperliche Untersuchung und die
EKG-Schreibung sind die Basismaßnahmen. Mit der 1.4.2.2
Echokardiographie kann die Diagnose häufig gesi- Dilatative Kardiomyopathie
chert werden. Hierbei kann im Falle der HNCM
durch die Detektion einer diffusen Hypertrophie des 왔 Es liegt eine Vergrößerung des end-
Definition
linksventrikulären Myokards oder auch einer regio- diastolischen Volumenindexes des
nären Hypertrophie die Diagnose häufig bereits ge- linken und häufig auch des rechten Ventrikels vor.
stellt werden. Zusätzlich zeigt im Falle der HOCM die Die Wanddicke ist normal. Die Kontraktionsfähigkeit
Farbdopplerechokardiographie einen Gradienten im des links- und rechtsventrikulären Myokards ist ein-
linksventrikulären Ausflusstrakt. Dieser kann unter geschränkt.
Nitroglyzeringabe provoziert werden.
Mit der MRT kann eine noch exaktere Differenzie-
rung von Aortenklappenapparat und Obstruktion im Pathologisch-anatomische
linksventrikulären Ausflusstrakt erfolgen. Eine Ge- und ätiologische Grundlagen
wichtung der hämodynamischen Bedeutsamkeit der Ursächlich bestehen Hinweise für eine primär gene-
HOCM kann auch durch die MRT-Bestimmung der tische Schädigung der Myokardzellen selbst oder von
Öffnungsfläche im linksventrikulären Ausflusstrakt Bestandteilen des Interstitiums. Weitere Ursachen
1.4 Erkrankungen des Herzens 73

Diagnostik
Anamnese und Untersuchungsbefund sind die
2 Grundsäulen, auf denen sich weitere Untersu-
chungsmodalitäten aufbauen. Der Röntgenthorax
zeigt die ausgeprägte Herzvergrößerung (Abb. 1.38).
Dem EKG kommt in dieser Situation eine wichtige
Bedeutung zu, um eine Mehrgefäßerkrankung mit
möglicherweise stattgehabten Infarkten abzugren-
zen, indem chronische Infarktzeichen ein- oder aus-
geschlossen werden können. Die transthorakale
Echokardiographie hat eine diagnostische Schlüssel-
funktion. Auch bei schlechten Schallbedingungen
kann in aller Regel eine Einschränkung der systoli-
schen linksventrikulären Funktion gut erfasst wer-
den. Die Diagnose der DCM ist eine Ausschlussdiag-
nose und beinhaltet als ersten Schritt den Ausschluss
einer hypertensiven Herzerkrankung oder einer
KHK als Ursache der linksventrikulären Funktions-
störung. Die beiden letztgenannten sind die häufig-
sten Ursachen einer linksventrikulären Funktions-
Abb. 1.38. Dilatative Kardiomyopathie p.-a. mit Vergrößerung störung.
beider Vorhöfe und Ventrikel

Merke ! Wegen der wichtigen Differenzialdi-


agnose DCM vs. KHK besteht bei ei-
sind ätiologisch schwer abzugrenzende Folgezustän- ner eingeschränkten linksventrikulären Funktion die
de von Virusmyokarditiden mit teils autoimmunen Indikation zur Koronarangiographie.
Reaktionen. Auch Alkoholabusus ist ein prädisponie-
render Faktor für die Entwicklung einer DCM. Selten Es gibt mittlerweile Daten, die zeigen, dass mittels
kommt es postpartal zur Entwicklung einer Kardio- der nichtinvasiven MRA oder CTA des Koronargefäß-
myopathie. Die Ätiologie dieses Krankheitsbildes ist systems diese Differenzialdiagnose ebenfalls möglich
nicht geklärt. wird. Bevor diese Diagnostikverfahren jedoch routi-
nemäßig bei dieser Fragestellung eingesetzt werden
Klinische Symptomatik können, sollten noch größere Studienzahlen abge-
Eine spezifische Symptomatik der DCM gibt es nicht. wartet werden. Ein weiterer Ansatz nutzt die Late-en-
Es dominieren die Symptome der beginnenden oder hancement-Technik, um die Differenzialdiagnose
manifesten Links- und Rechtsherzinsuffizienz. Gele- KHK vs. DCM zu klären. Es zeigte sich bei allen KHK-
gentlich kann im Rahmen einer Manifestation des Patienten eine infarkttypische späte Kontrastmittel-
Krankheitsbildes ein länger bestehender Infekt mit anreicherung. Ein Teil der Patienten mit DCM zeigte
Bronchitis und Grippesymptomen eruiert werden ebenfalls eine Kontrastmittelanreicherung, diese war
(inflammatorische Kardiomypathie, s. Abschn. 1.4.3, aber nicht infarkttypisch und in der Mitte der myo-
„Myokarditis“). Wichtiges Symptom ist die verzöger- kardialen Wand gelegen (s. Abschn. 1.4.3,„Myokardi-
te Rekonvaleszenz und eine längerfristig einge- tis“; McCrohon et al. 2003).
schränkte Leistungsfähigkeit.
1.4.2.3
Differenzialdiagnose Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie
Es müssen alle Formen einer Kardiomegalie differen- Definition, pathologisch anatomische
zialdiagnostisch berücksichtigt werden. Insbesonde- und ätiologische Grundlagen
re muss eine diffuse Kontraktionsstörung bei koro- Die ARVCM ist gekennzeichnet durch einen fibroli-
narer Mehrgefäßerkrankung und möglichen Infark- pomatösen Ersatz rechtsventrikulären Myokards.
ten vom Bild der DCM abgegrenzt werden. Eben- Selten betrifft dieser Ersatz den rechten Ventrikel ins-
so kann die Endform einer hypertensiven Herzer- gesamt, häufiger ist dieser Ersatz regional betont und
krankung mit Dilatation der linksventrikulären führt dadurch zur Kontraktionsstörung. Diese be-
Binnenräume eine wichtige Differenzialdiagnose treffen betont den Ausflusstrakt. Neben den morpho-
darstellen. logischen und hämodynamischen Veränderungen
74 Kapitel 1 Herz

kommt es zu Veränderungen der Erregungsausbrei- Differenzialdiagnose


tung und Erregungsrückbildung. In den fibrolipoma- Überwiegend müssen andere Ursachen für eine
tösen Umbauregionen kann es zur Entwicklung eines Rhythmusproblematik differenzialdiagnostisch be-
so genannten arrhythmogenen Substrats kommen, rücksichtigt werden. Eine wesentliche Differenzialdi-
und dies kann Ursache von anhaltenden ventrikulä- agnose bei Nachweis einer regionären rechtsventri-
ren Tachykardien oder auch Kammerflimmerepiso- kulären Kontraktionsstörung im Rahmen einer aus-
den sein. geprägteren lipomatösen Umbausituation ergibt sich
Die Erkrankung hat eine Inzidenz von 0,06%. nicht.
Männer sind insgesamt häufiger betroffen als Frau-
en. Ein autosomal-dominanter Erbgang ist beschrie- Diagnostik
ben. Angelehnt an die diagnostischen Kriterien der
ARVCM (Mc Kenna et al. 1994), kommt dem EKG und
Symptomatik der Echokardiographie wie auch der MRT eine wich-
Häufig sind Symptome einer Rhythmusstörung die tige Position zu. Es zeigen sich sowohl Repolarisa-
Erstmanifestation. Nur in sehr ausgeprägten Fällen tionsstörungen als auch Depolarisationsstörungen
kommt es zur Rechtsherzinsuffizienz, verursacht sowie supraventrikuläre und auch ventrikuläre
durch einen sehr umfassenden lipomatösen Umbau Rhythmusstörungen. Eines der Hauptkriterien für
des rechtsventrikulären Myokards. die Diagnosestellung ist der Nachweis einer globalen
oder regionalen rechtsventrikulären Dysfunktion.
Mit der Echokardiographie können nur sehr ausge-
Tabelle 1.20. Haupt- und Nebenkriterien der Diagnose einer prägte Fälle einer rechtsventrikulären regionären
arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie (ARVD) in der
MRT, jeweils bezogen auf den rechten Ventrikel Kontraktionsstörung erfasst werden.
Die MRT hat bei der Diagnostik dieses Krank-
Hauptkriterien: heitsbildes einen festen Stellenwert. Sowohl das
∑ Fettige Myokardinfiltration mit hoher Signalintensität
Kontraktionsvehaltens des rechten Ventrikels (Abb.
∑ Fibrös-fettiger Ersatz mit Ausdünnung des Myokards
∑ Aneurysmen des rechten Ventrikels oder Ausflusstrakts 1.39 a, b) als auch morphologische Wandparameter
∑ Schwere Dilatation des rechten Ventrikels fließen in die MRT-Diagnostik der arrhythmogenen
– oder Ausflusstrakts rechtsventrikulären Dysplasie ein (di Cesare 2003;
∑ Globale systolische Dysfunktion Tabelle 1.20). Bei einigen Patienten kann auch ein
∑ Vermehrte Trabekulierung, vor allem im Bereich
– der Herzspitze Late-enhancement als Ausdruck der fibrösen Um-
Nebenkriterien: bauvorgänge nachgewiesen werden (Abb. 1.40 a–f;
∑ Geringe Dilatation des rechten Ventrikels (Hunold et al. 2005).
oder Ausflusstrakts
∑ Regionale Kontraktionsstörungen
∑ Globale diastolische Dysfunktion

Abb. 1.39 a, b. Arrhythmogene


rechtsventrikuläre Dysplasie
(ARVD). Aneurysmatische
Dyskinesie des rechtsventriku-
lären Ausflusstrakts (Pfeil) in
der systolischen Phase der Cine-
MRT in der langen (a) und
kurzen (b) Herzachse

a b
1.4 Erkrankungen des Herzens 75

a b

c d

e f

Abb. 1.40 a–f. Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie intensität der rechtsventrikulären Herzspitze (Pfeil) sowohl in
(ARVD). Cine-MRT in der langen Herzachse mit Akinesie der der T1-gewichteten TSE-Sequenz (a,c,e) als auch in der IR-Se-
rechtsventrikulären Herzspitze (Pfeil) sowie je 3 aufeinander quenz nach KM-Gabe (spätes Enhancement, b,d,f) als Korrelat
folgende Schichten in der langen Herzachse mit heller Signal- einer fibrös-fettigen Dysplasie

1.4.3 Pathologisch-anatomische
Myokarditis und ätiologische Grundlagen
왔 Die Myokarditis ist definiert als ein Bei einer chronischen Myokarditis sind die histologi-
Definition
entzündlicher Prozess mit inflamma- schen Zeichen einer Nekrose nicht obligat, bestim-
torischem Infiltrat des Myokards. Ein Kennzeichen mend ist das histologische Bild einer Fibrose. Davon
der akuten Myokarditis ist das Auftreten von Nekro- wird weiter abgegrenzt das Bild einer so genannten
sen und Degenerationen im Myozytenverbund. inflammatorischen Kardiomyopathie.
76 Kapitel 1 Herz

왔 Bei einer inflammatorischen Kardio-


Definition
myopathie besteht neben den Krite-
rien einer akuten oder chronischen Myokarditis eine
kardiale Dysfunktion (systolische oder diastolische
linksventrikuläre Funktionseinschränkung).

Grundlage einer Myokarditis ist ganz überwiegend


eine virale Infektion. Neuere Untersuchungen zeigen,
dass das Parvovirus B19 und das humane Herpesvi-
rus Typ 6 häufige Ursache einer Myokarditis sind
(Mahrholdt et al. 2006).
Auch bakterielle Infektionen treten auf. Neben
den Borrelien kommen seltene Formen wie z. B. Lep-
tospiren vor. Bei den immunologisch verursachten
Myokarditiden muss auch die Abstoßungsreaktion
nach Herztransplantation genannt werden.

Klinische Symptomatik
Die Myokarditis ist häufig gekennzeichnet durch eine
Infektanamnese und eine verzögerte Rekonvaleszenz.
Abb. 1.41. Kurze Achse bei akuter Myokarditis. Regionäres,
Das klinische Bild ist jedoch,auch in Abhängigkeit vom anteroseptales inflammatorisches Myokardödem (#) im Ver-
Ausmaß der begleitenden linksventrikulären Funk- gleich zum übrigen Myokard (*) bei viraler Myokarditis in der
tionsschädigung, sehr facettenreich. Häufig besteht T2-Wichtung (LV linker Ventrikel, RV rechter Ventrikel). (Mit
eine unterschiedlich stark eingeschränkte Leistungs- freundlicher Genehmigung von Prof. M. Thelen, Mainz)

a b c

d e f

Abb. 1.42 a–f. Kurze Achse bei akuter Myokarditis. Teils fleckförmiges (a,b), teils supepikardiales flächiges (c) spätes Enhance-
ment der Hinterwand mit korrespondierendem Ödemnachweis in der T2-Wichtung (d–f)
1.4 Erkrankungen des Herzens 77

Abb. 1.43 a–d. Linksventriku-


lärer Zweikammerblick (a, c),
kurze (b) und lange (c) Herzachse
bei Sarkoidose. Subendokardiales,
unscharf begrenztes spätes
Enhancement von Hinterwand
(b, c) und Seitenwand (d) mit
korrespondierendem Ödem in
der T2-Wichtung (a)

b
a

c d

fähigkeit. Etwa 1/3 der Patienten beklagen Palpitatio- Diagnostik


nen. Neben sehr leichten Verlaufsformen kann das Wichtiger Baustein sind Anamnese und Untersu-
Krankheitsbild auch Ursache eines kardiogenen chungsbefund. Bei kritisch eingeschränkter links-
Schocks sein.Die Inzidenz einer Myokarditis bei Virus- ventrikulärer Funktion kann häufig ein dritter Herz-
erkrankungen beträgt 1%. Die Myokarditis ist bei jun- ton als Ausdruck der linksventrikulären Funktions-
gen Menschen in 8–12% Ursache des plötzlichen Herz- störung auskultiert werden. Die EKG-Diagnostik
todes. Die Ursache einer eingeschränkten linksventri- zeigt häufig Endteilveränderungen mit insbesondere
kulären Funktion ist in 9% der Fälle eine Myokarditis. ST-Strecken-Hebungen, die dann im Gegensatz zum
Infarktgeschehen aus dem S heraus auftreten.
Differenzialdiagnose Entscheidend ist auch hier die Echokardiographie-
Es müssen andere Formen einer kardialen Infektsitu- diagnostik, die im Einzelfall neben der linksventriku-
ation berücksichtigt werden, wie z. B. Endokarditis lären Funktionseinschränkung auch eine perikardia-
und Perikarditis. Auch die KHK ist aufgrund einer le Mitbeteiligung und einen möglicherweise beglei-
häufigen perikardialen Mitbeteiligung bei Myokardi- tenden Perikarderguss erfassen kann.
tis wegen der in diesem Fall oft auftretenden Thorax- Die Endomyokardbiopsie ist nur selten erforder-
schmerzen eine wesentliche Differenzialdiagnose. lich. Insbesondere bei der Entscheidung, ob bei Vor-
Wichtig ist die Differenzialdiagnose zur so genann- liegen einer Viruspersistenz eine Interferontherapie
ten Pericarditis epistenocardiaca, die in der Folge ei- sinnvoll ist, kann sie im Einzelfall erforderlich wer-
nes Myokardinfarkts auftreten kann. den.
Weitere seltenere Differenzialdiagnosen sind my- Die Koronarangiographie kann bei sehr unklaren
okardiale Inflammation aufgrund von Chemothera- Fällen zur Klärung der Differenzialdiagnose KHK vs.
peutika (z. B. Anthrazykline) und u. a. inflammatori- Perimyokarditis notwendig werden.
sche Prozesse bei immunologischen Erkrankungen Die MRT hat großes Potenzial, um bei der schwie-
(z. B. Sarkoidose, Churg-Strauss-Syndrom, Wegener- rigen Diagnosestellung einer Myokarditis entschei-
Granulomatose). dende diagnostische Hinweise zu geben. Ödem-
78 Kapitel 1 Herz

sensitive Sequenzen sind in der Lage, das häufig re-


gionäre Auftreten einer Myokarditis nachzuweisen
(Abb. 1.41). Zunehmende Bedeutung erhält die MRT-
Diagnostik auf der Grundlage der Kontrastmittel-
spätaufnahmen. Die Late-enhancement-Areale sind
typischerweise nicht obligat endokardial oder trans-
mural nachweisbar, sondern zeigen ein epikardiales
oder intramurales Auftreten (Abb. 1.42 a–f; Friedrich
et al. 1998). Auch die Veränderungen im Rahmen ei-
ner Sarkoidose können eine umschriebene Hyperin-
tensität im Rahmen des Late-enhancements zeigen
(Abb. 1.43 a–d).

1.4.4
Perikarditis

1.4.4.1
Akute Perikarditis Abb. 1.44. Perikarditis. Umschriebener, nichtphysiologischer
Pathologisch-anatomische und ätiologische Grund- Perikarderguss im Bereich der Herzspitze (Pfeile) im Vierkam-
merblick (LA linker Vorhof, RA rechter Vorhof, LV linker Ven-
lagen trikel, RV rechter Ventrikel)
Ursache einer Perikarditis ist häufig eine virale Infek-
tion. Aber auch Begleitperikarditiden im Rahmen ei-
nes Postkardiotomiesyndroms oder als Pericarditis
epistenocardiaca nach Infarkt treten auf. 1.4.4.2
Pericarditis constrictiva
Klinische Symptomatik
Die Perikarditis hat häufig einen Thoraxschmerz als 왔 Die konstriktiven perikardialen Er-
Definition
Hauptsymptom. Im Gegensatz zur Angina pectoris krankungen weisen eine chronisch-fi-
ist dieser eher stechend und lage- und atemabhängig. bröse Verbreiterung des Epikards und Perikards auf.
Liegt eine zusätzliche effusive Komponente mit be- Gelegentlich geht diese Verbreiterung mit einer Kal-
deutsamem Perikarderguss vor, kommen die Symp- zifizierung einher.
tome Luftnot und Leistungseinschränkung hinzu.

Diagnostik Pathologisch-anatomische
Sehr häufig kann die Perikarditis im EKG-Bild bereits und ätiologische Grundlagen
vermutet werden. Wie bei der Myokarditis können Die Fibrosierung und Kalzifizierung bewirken eine
ST-Strecken-Veränderungen auftreten. Liegt ein be- Abnahme der Compliance des Perikards. Dadurch
deutsamer Perikarderguss vor, besteht eine so ge- kommt es zu einem Dehnbarkeitsverlust und zu einer
nannte Niedervoltage. nichtmyokardialen, restriktiven Ventrikelfunktions-
Zielführend ist die Echokardiographie. Sie kann ei- störung. Die diastolische Bewegung ist einge-
nen begleitenden Perikarderguss sicher detektieren. schränkt, und die Füllungsvolumina des rechten und
Auch eine mögliche Kompression des rechtsventri- linken Ventrikels sind reduziert. Konsekutiv kommt
kulären Binnenraums bei hämodynamisch bedeutsa- es zur Erhöhung der Drücke im rechten und im lin-
mem Perikarderguss kann die Echokardiographie si- ken Vorhof mit der Folge der Pulmonalvenenstauung
cher nachweisen („swinging heart“, paradoxe Sep- und der oberen und unteren Einflussstauung. Die
tumbewegung). Vorhöfe sind typischerweise beide dilatiert. Bei sehr
Die MRT kann kleine, insbesondere herzspitzen- fortgeschrittenen Formen des Krankheitsbildes kann
nahe Perikardergüsse im Vergleich zur Echokar- es bis hin zur Cirrhose cardiaque aufgrund der chro-
diographie sensitiver nachweisen (Abb. 1.44, Abb. nischen Leberstauung kommen.
1.45 a–f).
Klinische Symptomatik
Beim Untersuchungsbefund imponieren Halsvenen-
stauung und massive Beinödeme. Zusätzlich können
Zeichen der Linksherzinsuffizienz auftreten.
1.4 Erkrankungen des Herzens 79

a b

c
d

e f

Abb. 1.45 a–f. Perikarditis, lange und kurze Herzachse sowie linksventrikulärer Zweikammerblick. Perikardiales Enhancements
nach KM-Gabe (IR-Sequenz, a,c,e) sowie Perikarderguss, der sich in der T2-Wichtung (b,d,f) hell darstellt
80 Kapitel 1 Herz

1.4.5
Erworbene Herzklappenerkrankungen

Definition, pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die erworbenen Herzklappenfehler werden abge-
grenzt von den kongenitalen kardiovaskulären Ano-
malien.
Heutzutage ist die durch degenerative Umbaupro-
zesse bedingte Aortenklappenstenose der häufigste
erworbene Herzklappenfehler.
Die Aortenklappeninsuffizienz tritt als relative
Aortenklappeninsuffizienz auf, wenn es zu einer Ek-
tasie der Aorta ascendens kommt. Auch im Rahmen
von Endokarditiden ist eine Aortenklappeninsuffi-
zienz häufig.
Die rheumatisch bedingte Mitralklappenstenose
ist durch die frühzeitige Antibiotikabehandlung sel-
Abb. 1.46. Pericarditis constrictiva. Kurzachsendarstellung tener geworden.
einer zirkulären, rechtsventrikulär betonten Perikardver-
dickung bis zu 8 mm (Pfeile; LV linker Ventrikel, RV rechter Mitralinsuffizienzen können als Folge eines Mit-
Ventrikel) ralklappenprolapssyndroms oder als so genannte
ischämische Mitralklappeninsuffizienz nach Infarkt
oder durch Teilabriss des Mitralhalteapparats auftre-
Differenzialdiagnose ten. Auch im Rahmen einer Endokarditis kann sich
Die schwierige Differenzialdiagnose der Pericarditis durch Destruktion des Mitralklappenapparats eine
constrictiva ist die restriktive Ventrikelfunktionsstö- schwere Mitralinsuffizienz entwickeln.
rung auf dem Boden eines myokardialen Problems. Die erworbenen Herzklappenfehler der Pulmo-
Hierzu gehören neben der hypertensiven Herzer- nalklappe und der Trikuspidalklappe sind selten.
krankung hypertrophe Kardiomyopathien, aber auch Diese treten nur bei Infektionen im Rahmen von in-
seltene Erkrankungen, wie die Endokardfibrose. travenösem Drogenabusus oder bei Patienten mit in-
fizierten Schrittmachersystemen auf.
Diagnostik
Im EKG zeigt sich eine Niedervoltage, die Röntgen- Klinische Symptomatik
thoraxaufnahme kann in Projektion auf das Perikard In Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Vitium tre-
eine Verkalkung aufweisen. ten unterschiedliche Leitsymptome auf. Bei der be-
Die Echokardiographie zeigt das typische Bild der deutsamen Aortenklappenstenose beispielsweise
sehr großen Vorhöfe mit kleinem linken und rechten sind die Leitsymptome Dyspnoe, Angina pectoris
Ventrikel und einem veränderten Mitraleinstrom- und Synkopen. Bei den Mitralvitien bestehen häufig
profil. Echokardiographisch kann in einigen Fällen als erstes Symptom Dyspnoe und eine deutlich einge-
bereits ein verdicktes Perikard diagnostiziert wer- schränkte Belastbarkeit.
den. Liegt ein begleitender Perikarderguss vor, kann
dieser mittels Echokardiographie sicher diagnosti- Differenzialdiagnose
ziert werden. Insbesondere das Symptom Dyspnoe erfordert die
Mit der MRT gelingt in aller Regel eine sichere Ab- Berücksichtigung einer Reihe von extrakardialen
grenzung des Perikards und eine sichere Dickenbe- und kardialen Differenzialdiagnosen. Bei Vitien mit
stimmung. Diameter von >4 mm sind pathologisch linksventrikulärer Dilatation muss insbesondere
und beweisen eine Perikarderkrankung (Abb. 1.46). ausgeschlossen werden, ob die Hauptursache nicht
Die Perikarddickenbestimmung kann gleichermaßen doch eine hypertensive Herzerkrankung oder eine
mit der CT durchgeführt werden. Sowohl die MRT als KHK ist. Auch die Gewichtung einzelner Komponen-
auch die CT sind in der Lage, die Perikardstrukturen ten bei Vorliegen einer kardialen Problematik, die
sicher vom Myokard abzugrenzen. Dies ist im Echo- nicht auf eine Klappenerkrankung zurückzuführen
kardiogramm im Einzelfall schwierig. Mit der CT ist, aber von einer Klappenerkrankung begleitet
können wesentlich genauer als mit dem konventionel- wird, erfordert eine sehr intensive diagnostische Eva-
len Röntgenthorax Verkalkungen als Ursache einer luierung (z. B. KHK und ischämische Mitralklappe-
Pericarditis constrictiva sicher nachgewiesen werden. ninsuffizienz).
1.4 Erkrankungen des Herzens 81

Abb. 1.47 a, b. Echokardiographie bei


Aortenklappenstenose. a Darstellung
der kalzifizierten Aortenklappe (AK) im
Fünfkammerblick. b Dopplermessung
(maximaler instantaner Gradient nach
Bernoulli 71 mmHg, mittlerer Gradient
47 mmHg)

a b

Diagnostik Bei der Aortenklappenstenose kann mit der sicheren


Neben der Anamnese (Hinweise für rezidivierende Bestimmung des so genannten instantanen Gradien-
Tonsilitiden, Diphterie, Scharlach, unklares Fieber ten (Abb. 1.47 a, b) über der Aortenklappe eine exak-
über mehrere Wochen ohne nachweisbaren Fokus) te Graduierung des Vitiums erfolgen. Zusätzlich kann
kommt der körperlichen Untersuchung eine erhebli- die Klappenöffnungsfläche bestimmt werden.
che Bedeutung zu. Mittels Auskultation können Wenn die Bildqualität der transthorakalen Echo-
Herzgeräusche identifiziert werden. Durch die Zu- kardiographie nicht ausreicht, wird eine transösopha-
ordnung zu Systole oder Diastole und durch die Ge- geale Echokardiographie zur Bestimmung der Aorten-
räuschcharakteristika kann häufig bereits eine recht klappenöffnungsfläche erforderlich. Beide Parameter
eindeutige Verdachtsdiagnose hinsichtlich eines vor- – Druckgradient und Klappenöffnungsfläche – sind
liegenden Vitiums erstellt werden. Die klinischen Grundlage für die Entscheidung hinsichtlich des ope-
Symptome erlauben oft eine Einschätzung des rativen Vorgehens. Besteht bereits eine eingeschränkte
Schweregrades des Vitiums. linksventrikuläre Funktion, kann der Druckgradient
Mit Hilfe des EKGs können z. B. eine linksventri- abfallen und der Schweregrad des Vitiums unter-
kuläre Hypertrophie (wie bei der Aortenklappenste- schätzt werden. In dieser Situation kommt der Bestim-
nose) erkannt werden. Auch die Analyse der P-Welle mung der Klappenöffnungsfläche eine entscheidende
(Depolarisation der Vorhöfe) kann wichtige Hinwei- Bedeutung zu (<1,0 cm2 entspricht einer hochgradi-
se geben. So ist bei einer ausgeprägten Mitralklap- gen Aortenklappenstenose). Die Aortenklappeninsuf-
penstenose ein so genanntes P sinistroatriale festzu- fizienz kann mittels Echokardiographie semiquantita-
stellen. Das Auftreten eines Vorhofflimmerns ist bei tiv bestimmt werden (Abb. 1.48 a, b). Das Ausmaß des
gleichzeitig vorliegendem Herzgeräusch häufig ein diastolischen Farbjets in den linken Ventrikel wird für
Zeichen eines fortgeschrittenen Herzklappenfehlers. die Quantifizierung der Aortenklappeninsuffizienz
Zeichen der Rechtsherzhypertrophie können bei- genutzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestim-
spielsweise bei der Mitralstenose dadurch auftreten, mung der linksventrikulären Funktion im Rahmen ei-
dass zusätzlich zum erhöhten pulmonalkapillären nes Aortenklappeninsuffizienzvitiums. Beginnt der
Druck eine präkapilläre Hypertonie auftritt und da- linke Ventrikel hinsichtlich des endsystolischen Volu-
durch eine rechtsventrikuläre Hypertrophie mit den menindexes und des enddiastolischen Volumeninde-
klassischen EKG-Zeichen besteht. xes zuzunehmen, besteht bei einer Aortenklappenin-
suffizienz eine Operationsindikation.
Merke ! Die transthorakale Echokardiogra-
phie ist bei der Diagnose und bei der
Die Mitralklappenstenose ist mittels Echokardio-
graphie sicher quantifizierbar. Neben dem Spitzen-
Quantifizierung von Vitien zentral und kann in der und mittleren Gradienten über der Mitralklappe ist
Mehrzahl aller Fälle über das weitere notwendige die Mitralöffnungsfläche der entscheidende Parame-
therapeutische Vorgehen entscheiden. ter, um eine Therapiebedürftigkeit (interventionelle
Valvuloplastie, Mitralklappenersatz) festlegen zu
können (Abb. 1.49).
82 Kapitel 1 Herz

Die Mitralklappeninsuffizienz lässt sich mittels


Echokardiographie semiquantitativ darstellen. Ne-
ben der genauen Beurteilung des Mitralklappenap-
parats (Prolapssyndrom, Papillarmuskelabriss,
Chordaabriss), die für eventuelle rekonstruktive ope-
rative Maßnahmen erforderlich ist, kann das Ausmaß
der Mitralklappeninsuffizienz ähnlich wie bei der
Aortenklappeninsuffizienz durch das Ausmaß des
systolischen Insuffizienzjets in den linken Vorhof be-
stimmt werden (Abb. 1.50 a, b). Auch hierbei ist die
Bestimmung des enddiastolischen und endsystoli-
schen Volumenindexes wichtig, um mögliche Opera-
tionsentscheidungen treffen zu können.
a In aller Regel ist die Herzkatheteruntersuchung
nur dann erforderlich, wenn im Rahmen der präope-
rativen Vorbereitung eine Koronarangiographie er-
forderlich wird (Patient >40 Jahre). Die Vitiendiag-
nostik selbst ist in aller Regel durch die Echokardio-
graphie alleine ausreichend genau.
Die konventionelle Röntgendiagnostik zeigt bei er-
worbenen Herzklappenvitien charakteristische Ver-
änderungen der Herzsilhouette. Zusätzlich geben die
pulmonale Gefäßzeichnung und die Aortenweite
Hinweise auf die resultierende Hämodynamik.
Bei der kompensierten Aortenstenose ist das Herz
nicht verbreitert, da sich die konzentrische Hypertro-
phie nach innen entwickelt. Erst bei einer Dekom-
pensation zeigt sich eine linksventrikuläre Herzver-
b größerung (Abb. 1.51 a, b). Im Herzschatten kann
Aortenklappenkalk nachweisbar sein. Die Aorta as-
Abb. 1.48 a, b. Echokardiographie bei Aortenklappeninsuf- cendens ist poststenotisch dilatiert und elongiert.
fizienz. a Farbdopplerechokardiographie mit diastolischem
Farbjet nach linksventrikulär (Aortenklappensinsuffizienz
Bei der Aorteninsuffizienz kommt es zu einer
2. Grades). b Dopplerechokardiographie mit diastolischem deutlichen Vergrößerung des linken Herzventrikels
Dopplersignal über der Aortenklappe (Regurgitationsge- mit ausgeprägter Herztaille (so genannte aortale
schwindigkeit >5 m/s)

Abb. 1.49. Echokardiographie


bei Mitralklappenstenose.
Oben: klein im Bild ist die ver-
kalkte Mitralklappe mit einge-
schränkter Öffnungsbewegung
abgebildet. Unten: Dopplermes-
sung mit verlängerter so genann-
ter Druckhalbwertszeit (PHT,
grüne Linie). Dieser Parameter
ist zuverlässig proportional zur
Mitralöffnungsfläche (170 ms
entsprechend einer MÖF von
1,26 cm2)
1.4 Erkrankungen des Herzens 83

Abb. 1.50 a, b. Echokardiographie bei Mitralklappeninsuffi-


zienz bei Mitraklappenprolapssyndrom. a Prolaps des hinte-
ren Mitralsegels mit fehlendem Klappenschluss (RAO-Äquiva-
lent). b Farbdopplerechokardiographie im Vierkammerblick
mit sehr exzentrischem Regurgitationsjet (systolische Regur-
gitation nach dem linken Vorhof mit Mosaikmuster bei turbu-
lentem Fluss, entsprechend einer Mitralklappeninsuffizienz
Grad IV)

b
Konfiguration; Abb. 1.52 a, b). Erst bei einer Dekom-
pensation zeigen sich auch eine Vergrößerung des Abb. 1.51 a, b. Aortenstenose p.-a. und seitlich mit vergrößer-
linken Herzvorhofs und eine Lungenstauung. Die tem linken Ventrikel bei abgerundeter Herzspitze sowie elon-
gierter und sklerosierter Aorta
Aorta ascendens und descendens ist aufgrund des er-
höhten Schlagvolumens erweitert.
Bei der Mitralstenose ist der linke Herzvorhof ver-
größert mit verstrichener Herztaille, Ausbildung ei- können sich als Zeichen eines interstitiellen Ödems
nes Kernschattens und eingeengtem Retrokardial- auch Kerley-B-Linien ausbilden. Bei rezidivierenden
raum, der so genannten Mitralkonfiguration. Der lin- kleinen Lungenblutungen kann als Zeichen der Si-
ke Ventrikel und die Aorta ascendens sind aufgrund derose eine kleinfleckige interstitielle Zeichnungs-
der niedrigen Volumenbelastung dagegen schmal. vermehrung sichtbar sein.
Kommt es zu einer Erhöhung des Pulmonalarterien- Die Mitralklappeninsuffizienz führt aufgrund der
drucks, führt dies auch zu einer Vergrößerung des Volumenbelastung zu einer Vergrößerung des linken
rechten Herzventrikels und zu einer Dilatation des Herzventrikels und betont des linken Herzvorhofs.
Pulmonalsegments. Pulmonal zeigt sich eine ver- Erst in einem späten Stadium kommen eine pulmo-
mehrte Lungengefäßzeichnung mit Erweiterung vor nale Stauung und eine Rechtsherzvergrößerung hin-
allem der Oberlappengefäße. Im weiteren Verlauf zu. Die Aorta ist aufgrund des geringen linksventri-
84 Kapitel 1 Herz

Abb. 1.52 a, b. Aorteninsuffizienz p.-a. und seitlich mit Vergrö-


ßerung des linken Ventrikels (aortale Konfiguration mit tiefer
Herzbucht) und des linken Vorhofs

kulären Auswurfvolumens schmal. Beide Vitien lie- Abb. 1.53 a, b. Kombiniertes Mitralvitium p.-a. und seitlich
gen öfter auch kombiniert vor (Abb. 1.53 a, b). mit Vergrößerung des linken Vorhofs (Vorbuckelung der Herz-
Die Pulmonalstenose führt zur Ausbildung eines taille durch das prominente Herzohr, Carina aufgespreizt,Vor-
prominenten Pulmonalsegments und einer Einen- hofkernschatten) sowie prominentem Pulmonalsegment und
Vergrößerung des rechten Ventrikels
gung des Retrosternalraums im Seitbild durch die
Elongation des rechtsventrikulären Ausflusstrakts
aufgrund der poststenotischen Dilatation des Trun-
cus pulmonalis. Bei einer hochgradigen Pulmonal- tende Dilatation des Pulmonalissegments. Eine Tri-
stenose zeigt sich eine verminderte Lungendurchblu- kuspidalklappeninsuffizienz führt zu einer noch aus-
tung. geprägteren Dilatation des rechten Herzvorhofs. Ins-
Bei der Trikuspidalklappenstenose zeigt sich eine gesamt zeigt sich eine verminderte Lungendurchblu-
Vergrößerung des rechten Herzvorhofs ohne beglei- tung.
1.4 Erkrankungen des Herzens 85

a b c d

Abb. 1.54 a–d. Ausgeprägtes Jetphänomen (Pfeil) im Truncus pulmonalis bei Pulmonalklappenstenose (Cine-MRT, a–d: Diasto-
le bis Systole)

a b

Abb. 1.55 a,b. Cine-MRT des aortalen Ausflusstrakts (a Diastole, b Systole) bei einem umschriebenen subvalvulären Aortenan-
eurysma (Pfeil) bei Aorteninsuffizienz mit nachweisbarem Jetphänomen (Pfeilkopf)

Die CT gibt Informationen über die Herzdilatation Operationsnotwendigkeit durch die Echokardiogra-
und -hypertrophie, wird jedoch im klinischen Alltag phie nicht eindeutig festgelegt werden kann. Eine
bei diesen Erkrankungen kaum eingesetzt. Mit der orientierende Einordnung des Schweregrads von
retrospektiv „gegateten“ Multischicht-CT können Stenosen und Insuffizienzen ist durch die Beurtei-
wie in der Echokardiographie die Klappenmorpho- lung der durch Turbulenzen entstehenden Signalaus-
logie, das Ausmaß der Verkalkungen und der Durch- löschung in der Cine-MRT möglich (Abb. 1.54 a–d,
messer des Klappenrings verlässlich bestimmt wer- Abb. 1.55 a, b). Allerdings ist diese Methode lediglich
den. Die Untersuchung mit Kontrastmittelgabe ist semiquantitativ und außerdem von technischen Pa-
hierbei überlegen. rametern wie Schichtebene und Echozeit abhängig
Bei den erworbenen Vitien kann die MRT ergän- (Kupfahl et al. 2004).
zende diagnostische Aussagen treffen, wenn die
86 Kapitel 1 Herz

a b

Abb. 1.56 a, b. Morphologische Darstellung und flussquantifi- gerichteten Insuffizienzjets (*) der Aortenklappe (LA linker Vor-
zierende Bestimmung der Aortenklappeninsuffizienz. a Cine- hof, LV linker Ventrikel). b Flusskurve der Flussmessung in Pha-
LVOT-Darstellung des exzentrisch gegen das vordere Mitralsegel senkontrasttechnik mit einer Regurgitationsfraktion von 54%

Merke !Der Schweregrad einer Aortenklappe-


ninsuffizienz kann durch die genaue
als ergänzendes Verfahren zur weiteren Quantifizie-
rung dieses Vitiums herangezogen werden. Hierbei
Bestimmung der Regurgitationsfraktion sehr genau wird zum einen der Fluss in der Aorta ascendens und
eingeschätzt werden. zum anderen das volumetrisch ermittelte Schlagvo-
lumen des linken Ventrikels bestimmt. Die Differenz
Mit Hilfe der MRT-Flussmessung wird der diastoli- dieser beiden Werte ergibt das Volumen, das systo-
sche Rückfluss über der Aortenklappe bestimmt lisch in den linken Vorhof zurückfließt. Weitere Mög-
(Abb. 1.56 a, b). Auch eine beginnende Einschrän- lichkeiten der Quantifizierung sind der Vergleich des
kung der linksventrikulären Funktion kann besser rechtsventrikulären und des linksventrikulären
als mit der Echokardiographie erfasst werden und so Schlagvolumens.
ebenfalls in Grenzfällen einen weiteren wichtigen
Entscheidungsbaustein für oder gegen die Entschei-
dung für eine Operation darstellen. Neuere Studien 1.4.6
zeigen, dass auch die Öffnungsfläche der stenosierten Angeborene Herzfehler
Aortenklappe bestimmt werden kann. Im Vergleich
mit der Öffnungsflächenbestimmung mittels Echo- Definition, pathologisch-anatomische
kardiographie und Herzkatheter (Gorlin-Formel) und ätiologische Grundlagen
wird jedoch die Öffnungsfläche etwas überschätzt. Die Zahl der Patienten, die im Erwachsenenalter eine
Weitere Studien müssen abgewartet werden, um den angeborene Fehlbildung des Herzens aufweisen,
Stellenwert der MRT-Diagnostik bei der Bestim- steigt kontinuierlich, da mittlerweile eine Vielzahl
mung der Aortenklappenöffnungsfläche zu beurtei- von Patienten im Kindesalter an komplexen angebo-
len. renen Herzfehlern operiert wurden und durch diese
Mittels der Geschwindigkeitsmessung (Phasen- Therapiemaßnahmen ein Überleben in das Erwach-
kontrasttechnik) kann näherungsweise auch ein Gra- senenalter hinein erreichen.
dient bestimmt werden. Dies erfolgt wie in der Echo- Eine erste Gruppe beinhaltet Patienten, bei denen
kardiographie mit Hilfe der Bernoulli-Gleichung. das kongenitale Vitium erst im Erwachsenenalter
Zur Zeit ist jedoch die zeitliche Auflösung noch zu festgestellt wird. Dies sind z. B. Erkrankungen wie
gering, um die Spitzengradienten sicher zu erfassen. die bikuspide Aortenklappe, der Vorhofseptumde-
Wegen der mittels Echokardiographie nur semi- fekt, eine Aortenisthmusstenose, der Morbus Epstein
quantitativen Analyse der Regurgitationsfraktion bei oder eine korrigierte Transposition der großen Ge-
einer Mitralklappeninsuffizienz kann auch die MRT fäße.
1.4 Erkrankungen des Herzens 87

Tabelle 1.21. Beurteilung unbekannter kongenitaler Vitien

1. Systemvenen
Einmündung von V. cava superior und V. cava inferior
Persistierende linke obere Hohlvene?
2. Lungenvenen
Fehleinmündung?
3. Anatomische Zuordnung der Vorhöfe
Rechter Vorhof:
Dreieckige Form
Breite Verbindung zum Ventrikel
Meist Verbindung zur V. cava inferior
Linker Vorhof:
Schlauchform
Schmale Verbindung zum Ventrikel
4. Atrialer Situs
Situs solitus: normale rechtsseitige Position des anatomisch rechten Vorhofs und normale linksseitige Position
des anatomisch linken Vorhofs.
Leber, V. cava inferior und der kurze Hauptbronchus liegen rechts, die rechte Pulmonalarterie verläuft ventral
des rechten Hauptbronchus.
Magen, Milz und Aorta abdominalis liegen links, die linke Pulmonalarterie kreuzt den linken Hauptbronchus
Situs inversus: spiegelverkehrte Anordnung, meist kombiniert mit abdominellem Situs inversus
Situs ambiguus, ggf. mit rechtem oder linkem Isomerismus: Die Zuordnung des atrialen und/oder abdominellen Situs
ist unklar oder nicht möglich, Hauptbronchien und Pulmonalarterien sind symmetrisch ausgebildet. Es können
auch beide Äste nach einer Seite lateralisiert sein (linker bzw. rechter Isomerismus)
5. Vorhofseptum
Dicke
Defekt
6. Atrio-ventrikuläre Verbindung
Konkordant, diskonkordant, ambiguös
7. Anatomische Zuordnung der Ventrikel
Rechts:
Moderatorband
Grobe Trabekulierung (vor allem Septumoberfläche)
Muskuläres Infundibulum
Trikuspidalklappe inseriert näher zur Herzspitze als die Mitralklappe
Links:
Kräftige Papillarmuskeln
Feine Trabekulierung (vor allem Septumoberfläche)
Mitralklappe inseriert näher zur Herzspitze als die Trikuspidalklappe
8. Ventrikuloarterielle Verbindung
Aorta und Pulmonalarterie lassen sich aufgrund ihrer typischen Aufzweigungen differenzieren
9. Extrakardiale Shunts

Die Gruppe derer, bei denen im Kindesalter eine stellt. Kongenitale Anomalien, die eine intrakardiale
definitive Korrektur des angeborenen Herzfehlers Raumforderung vortäuschen können, werden unter
durchgeführt wurde, bleibt auch im Erwachsenenal- Abschn. 1.4.7.1, „Anatomische Varianten“, beschrie-
ter oft symptomlos und bedarf lediglich Kontrollun- ben.
tersuchungen.
Eine dritte Gruppe beinhaltet Patienten, bei denen Klinische Symptomatik
im Kindesalter eine Palliativoperation durchgeführt In Abhängigkeit von den oben aufgeführten unter-
wurde und die im Erwachsenenalter wegen der nicht schiedlichen Vitien kann diese sehr unterschiedlich
vollständigen Korrekturoperation weiterbestehende sein. Häufig sind auch bei diesen Patienten die Symp-
kardiologische Probleme haben. tome Dyspnoe und eingeschränkte Belastbarkeit
Eine detaillierte Beschreibung seltener Anomalien führend. Mit zu berücksichtigen ist, dass ein Teil die-
(Häufigkeit <1%) würde den Rahmen dieses Buches ser Krankheitsbilder zu einer Degeneration des Reiz-
überschreiten, hierfür sei auf weiterführende Lehr- leitungssystems führt. Die Folge sind tachykarde und
bücher verwiesen. Aus diesem Grund werden nur die bradykarde Herzrhythmusstörungen mit den Symp-
häufigeren kongenitalen Herzerkrankungen vorge- tomen Schwindel und Synkopen.
88 Kapitel 1 Herz

Differenzialdiagnose schen Sinus Valsalvae und Aortenwand, d. h. in Höhe


Erworbene Herzfehler. der Klappenkommissuren.

Diagnostik
Neben der sorgfältigen Anamnese und dem körperli- Symptomatik
chen Untersuchungsbefund gibt die konventionelle Die Symptomatik ähnelt dann, wenn die Stenosie-
Röntgendiagnostik über die Form der Herzsilhouet- rung hämodynamisch relevant ist, der erworbenen
te, den Verlauf der großen Gefäße und den Füllungs- Aortenklappenstenose mit Dyspnoe, Angina pectoris
zustand der Lungenstrombahn einen ersten Über- und Synkopen.
blick über die Formveränderung und die Hämodyna-
mik der kongenitalen Herzerkrankung. Dem EKG Differenzialdiagnose
kommt eine zentrale Stellung zu. Häufig ist jedoch, Erworbene Herzklappenfehler, KHK (u. a.).
insbesondere bei den sehr komplexen angeborenen
Vitien, die Echokardiographie sinnvoll mit der MRT Diagnostik
zu ergänzen. Diese erlaubt eine vollständige Analyse Mittels Auskultation und Echokardiographie kann
der kardialen Struktur in Zusammenhang mit den die Diagnose in aller Regel gestellt werden. Die MRT-
großen herznahen Gefäßen. Ist die Morphologie ei- Diagnostik kann insbesondere bei den subvalvulären
ner kongenitalen Herzerkrankung bei der Erstunter- und supravalvulären Aortenstenosen zusätzliche In-
suchung noch unklar, sollte die anatomische Beurtei- formation geben und die Abgrenzung gegenüber der
lung des Herzens und der herznahen großen Gefäße Aortenklappe erleichtern.
in der MRT anhand eines Schema erfolgen (Tabel-
le 1.21). In der MRT gelingt es insbesondere durch die Aortenisthmusstenose
morphologische Darstellung von Shunts und die Be- Die Häufigkeit der Aortenisthmusstenose liegt bei 5–
stimmung von deren hämodynamischer Bedeutsam- 8% aller kongenitalen Herz- und Gefäßmissbildun-
keit, ein Vitium – auch komplexer Natur – nahezu gen. Männliche Kinder sind 4-mal häufiger betroffen
vollständig zu evaluieren. als weibliche.
Eine Lücke der magnetresonanztomographischen
Diagnostik ist die Druckbestimmung im kleinen 왔 Es handelt sich um eine Verengung
Definition
Kreislauf. Diese kann mit der MRT bisher nicht zu- der Aorta descendens, distal des Ab-
verlässig durchgeführt werden. Hierzu ist eine Ein- gangs der A. subclavia sinistra.
schwemmkatheteruntersuchung mit Bestimmung
des pulmonalkapillaren Wedge-Drucks und des pul- Diese wird als so genannter Erwachsenentyp einer
monalarteriellen Drucks erforderlich. Dies hat häufig Aortenisthmusstenose bezeichnet. Die kindliche, so
Konsequenzen für die weitere Therapie, da operative genannte präduktale Aortenisthmusstenose ist im Er-
Schritte meist nur bei noch normalem pulmonalarte- wachsenenalter extrem selten und häufig mit einem
riellen Druck durchgeführt werden können. offenen Ductus arteriosus Botalli verbunden.

1.4.6.1 Klinische Symptomatik


Gefäß- und Klappenanomalien Hypertonie und hypertoniebedingte Folgen (Zephal-
gie, diastolische linksventrikuläre Funktionsstörung
Kongenitale Aortenklappenstenose bei hypertensiver Herzerkrankung).

왔 Die valvuläre Aortenstenose entsteht Diagnostik


Definition
durch Fehlbildung oder rudimentäre Auskultatorisch lässt sich ein Systolikum interskapu-
Anlage der Klappentaschen. Die Kommissuren kön- lär nachweisen. Bei einer hämodynamisch bedeutsa-
nen entweder verschmolzen sein oder fehlen. In etwa men Aortenisthmusstenose ergibt die Dopplerdruck-
75% der Fälle sind die Aortenklappen asymmetrisch messung der Extremitäten einen im Vergleich zur
oder bikuspid angelegt. rechten A. brachialis reduzierten Druckwert.
Bei der lokalisierten, subvalvulären Aortenstenose Mit der Dopplerechokardiographie kann bei su-
führt eine zirkuläre fibromuskuläre Membran unter- prasternaler Anlotung häufig ein Gradient im Be-
halb der Aortenklappe zur Einengung des linksven- reich der proximalen Aorta descendens ermittelt
trikulären Ausflusstrakts. werden.
Die supravalvuläre Aortenstenose ist die seltenste Der Röntgenthorax kann eine linksventrikuläre Herz-
Form der linksventrikulären Ausflusstraktobstruk- vergrößerung und vor allem Rippenusuren infolge der
tion und befindet sich in der Regel am Übergang zwi- dilatierten Interkostalarterien zeigen (Abb. 1.57 a, b).
1.4 Erkrankungen des Herzens 89

nimmt das Flussvolumen nach distal ab. Bei Kollater-


alisierung über die Interkostalarterien kommt es je-
doch zu einem nach distal vermehrten Flussvolumen.
Bis auf die hämodynamischen Daten kann die CT-
Diagnostik eine ähnliche morphologische Darstellung
der Aortenisthmusstenose gewährleisten wie die MRT.

Pulmonalstenose
Es wird zwischen
∑ einer valvulären,
∑ einer subvalvulären infundibulären und
∑ einer supravalvulären Stenose
unterschieden. Die valvuläre Form ist die häufigste
Ursache der so genannten Obstruktion des rechts-
a ventrikulären Ausflusstrakts.

왔 Bei der valvulären Form kommt es


Definition
durch die Fusion der Komissuren des
Pulmonalklappenapparats zur Stenosierung und zu
einem konsekutiven Gradienten über der Pulmonal-
klappe mit der Folge einer Rechtsherzhypertrophie,
die eine Rechtsherzinsuffizienz nach sich ziehen kann.
Die subvalvuläre infundibuläre Form ist gekenn-
zeichnet durch eine membranöse oder muskuläre
Anomalie des Infundibulums mit konsekutiver Ob-
struktion im Ausflusstrakt.
Davon zu unterscheiden ist die Variante, die auch
als subinfundibuläre Stenose bezeichnet wird. Hier-
bei besteht ein Muskelstrang an der Grenze des Ein-
flusstrakts zum rechtsventrikulären Ausflusstrakt,
und dies führt zu einem „double chambered right
ventricle“ mit Hochdruckanteil proximal dieser mus-
kulären Stenose und Niederdruckkammer distal die-
ser Stenose.

b Die zuletzt genannte Variante tritt oft mit weiteren


Vitien wie z. B. einem Ventrikelseptumdefekt auf. Su-
Abb. 1.57 a, b. Aortenisthmusstenose p.-a. und seitlich mit pravalvuläre Stenosen können auf nahezu jedem Ni-
nicht sicher abgrenzbarem Aortenknopf, betontem, jedoch veau der Pulmonalisstrombahn beobachtet werden.
noch normalem linken Ventrikel und Rippenusuren beidseits
Symptomatik
Es zeigen sich bei fortgeschrittenen Formen die Zei-
Die MRT ist die überlegene diagnostische Modali- chen der Rechtsherzinsuffizienz.
tät, um Ausmaß und Lokalisation der Stenosierung
zu bestimmen. Auch zur Planung möglicher inter- Differenzialdiagnose
ventioneller oder operativer Schritte ist sie die Me- Erkrankung mit Einhergehen eines pulmonalarte-
thode der Wahl zur Darstellung der Morphologie. riellen Hypertonus und eines Cor pulmonale.
Mittels Flussmessungen kann die Relevanz der Aor-
tenisthmusstenose auch hämodynamisch abgeklärt Diagnostik
werden. Die Messung der maximalen Geschwindig- Neben Anamnese und Auskultation hat die Echokar-
keit im Stenosejet erlaubt eine Abschätzung des Gra- diographie einen wichtigen Stellenwert. In den meis-
dienten. Durch Messung des Flussvolumens in der ten Fällen kann die Diagnose echokardiographisch
Aorta thoracalis kurz nach der Stenose und in Höhe gestellt werden. Die MRT kann wesentliche Zusatzin-
des Zwerchfelldurchtritts lässt sich zusätzlich die hä- formationen geben und beispielsweise bei der subin-
modynamische Relevanz abschätzen. Normalerweise fundibulären Stenose die genaue Morphologie klä-
90 Kapitel 1 Herz

ren. Bei der Evaluation der supravalvulären Stenosen


kommt der CTA und auch der MRA eine wichtige Be-
deutung zu.

1.4.6.2
Shuntvitien

Vorhofseptumdefekt
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen:
Der Vorhofseptumdefekt (ASD) ist neben der bikus-
piden Aortenklappe das häufigste kongenitale Viti-
um im Erwachsenenalter. Es werden 3 Formen unter-
schieden.

왔 Der Ostium-secundum-Defekt ist eine


Definition
Maladaptation der beiden Vorhofku-
lissen (vom Vorhofdach und von der Mitralklappen-
ebene ausgehend). Er liegt im zentralen Anteil des
Vorhofseptums im Bereich der Fossa ovalis.
Beim Ostium-primum-Defekt kommt es zu einer
nicht vollständigen oder fehlenden Anlage des An- a
teils des Vorhofseptums, der von der Mitralklappene-
bene ausgeht. Diese Form wird häufig von Defekten
der Mitralklappe begleitet.
Der Sinus-venosus-Defekt ist in der Regel im obe-
ren Anteil des Vorhofseptums, unmittelbar an der
Einmündung der Hohlvene lokalisiert. Hierbei fin-
den sich gehäuft Lungenvenenfehleinmündungen.

Der Ostium-secundum-Defekt ist mit 80% die häu-


figste Fehlbildung dieser Art.
Ein offenes Foramen ovale hat per se keinen
Krankheitswert (Inzidenz: 30% der Bevölkerung). Es
können jedoch, insbesondere wenn zusätzlich ein
Aneurysma des Vorhofseptums besteht, bei Disposi-
tion paradoxe Embolien begünstigt werden.

Klinische Symptomatik
Hämodynamisch nicht bedeutsame Shuntvitien sind
häufig bis an das Lebensende asymptomatisch. In
Abhängigkeit von der Größe des Shunts kommt es
b
zur Volumenbelastung des rechten Ventrikels und zu
den Zeichen der rechtsventrikulären Belastung. Abb. 1.58. a Vorhofseptumdefekt (ASD) p.-a. mit erweitertem
Durch die Belastung der Lungenstrombahn kann Pulmonalsegment, vergrößertem linken Vorhof und Ventrikel
sich eine sekundäre pulmonale Hypertonie mit dem sowie erweiterten zentralen und peripheren Lungengefäßen in
Bild einer schweren Rechtsherzinsuffizienz und bei den Ober- und Unterfeldern. b Nach Verschluss des ASD sind
Herzgröße und Lungengefäßdilatation regredient
ausgeprägten Verlaufsformen einer Eisenmenger-Re-
aktion ausbilden. Symptomatisch im Vordergrund
stehen die Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz sowie
bei Vorliegen eines Eisenmenger-Syndroms die Zya- Diagnostik
nose. Nur in ausgeprägten Varianten ist die Klinik wegwei-
send. Das EKG weist bei einem ASD vom Secundum-
Differenzialdiagnose typ in 95% der Fälle einen inkompletten Rechts-
Andere Formen der Shuntvitien. Differenzialdiagno- schenkelblock auf. Diagnostisch entscheidend ist
se der Zyanose. neben der transthorakalen Echokardiographie bei be-
1.4 Erkrankungen des Herzens 91

Abb. 1.59 a, b. Visualisierung


des interatrialen Links-rechts-
Shunts bei Vorhofseptumdefekt.
Flussquantifizierend (Messung
in Pulmonalarterien und Aorta
ascendens) ergab sich ein Shunt-
volumen von 20% und ein Qp/Qs-
Quotient von 1,3. a Cine-Kurz-
achsen-Darstellung auf Vorhof-
ebene. b Flusskodierendes Bild
(LA linker Vorhof, RA rechter
Vorhof, RVOT rechtsventrikulärer
Ausflusstrakt)

a b

Die MRT kann zum einen die Morphologie der


Shuntvitien klären (Abb. 1.59 a, b), kann begleitende
fehleinmündende Pulmonalvenen exzellent darstel-
len (Abb. 1.60) und vor allen Dingen die hämodyna-
mische Bedeutsamkeit durch Flussmessungen im
pulmonalarteriellen System und in der Aorta ascen-
dens genau bestimmen. Die Shuntbestimmung mit-
tels MRT entspricht in ihrer Zuverlässigkeit der inva-
siven Oxymetrie (Petersen et al. 2002).
Die Herzkatheteruntersuchung ist dann, wenn
transösophageale Echokardiographie und MRT
durchgeführt werden können, nicht zur Evaluation
des Vitiums erforderlich. Wenn operative oder inter-
ventionelle Schritte geplant sind, sollte eine Ein-
schwemmkatheteruntersuchung erfolgen, um die
Druckverhältnisse im kleinen Kreislauf zu klären.
Abb. 1.60. Rekonstruktionen einer KM-verstärkten MR-an- Ventrikelseptumdefekt
giographischen Darstellung der Lungenvenen. 3 Pulmonalve-
nen (*) münden regelrecht in den linken Vorhof (LA), die ve-
nöse Drainage des linken Oberlappens (#) erfolgt jedoch aber- 왔 Es handelt es sich um Defekte, die
rierend in die V. subclavia sinistra und schließlich in die obere Definition
häufig (70%) so genannte perimem-
Hohlvene (SVC). Flussquantifizierend ergab sich ein Shuntvo- branöse Defekte darstellen und in der Pars membra-
lumen von 21% und ein Qp/Qs-Quotient von 1,3
nacea des Interventrikularseptums gelegen sind. Sel-
tener sind muskuläre Defekte des Ventrikelseptums.
deutsamen Shuntvitien die transösophageale Echo-
kardiographie, die auch kleine Shuntvitien und ein
offenes Foramen ovale exakt nachweisen kann. Klinische Symptomatik
In der konventionellen Röntgendiagnostik zeigen Bei länger bestehenden, hämodynamisch bedeutsa-
sich der rechte Herzventrikel und Herzvorhof ver- men Ventrikelseptumdefekten (VSD) kommt es zur
größert (Abb. 1.58 a, b). Ab einen Shuntvolumen Belastung des linken Ventrikels, und die Klinik ist
>30–35% sind die Zeichen der pulmonalen Hyper- durch die beginnende Linksherzinsuffizienz mit
volämie nachweisbar. Die Aorta ist schmal, der linke Dyspnoe und eingeschränkter Belastbarkeit gekenn-
Vorhof nicht vergrößert, die periphere Lungenzeich- zeichnet. Bei Spätformen kann es zur Shuntumkehr
nung ist normal. mit Zyanose kommen.
92 Kapitel 1 Herz

Differenzialdiagnose ist die Analyse des Shuntvolumens mittels Flussmes-


Erworbener VSD (Infarkt-VSD). sungen möglich. Hierfür werden das pulmonale (Qp)
und das systemische (Qs) Flussvolumen in der Aorta
Diagnostik ascendens (Qp) und im Truncus pulmonalis (Qs) be-
Bei der körperlichen Untersuchung lässt sich häufig stimmt. Da der Shunt extrakardial liegt, wird das pul-
bereits ein systolisch-diastolisches Geräusch auskul- monale Flussvolumen in der Aorta ascendens und
tieren, das die Verdachtsdiagnose begründet. Diese das systemische Flussvolumen im Truncus pulmona-
kann durch die transthorakale Echokardiographie in lis gemessen. Damit können der Links-rechts-Shunt
aller Regel sicher bestätigt werden. (Qp–Qs/Qp) sowie das Verhältnis von pulmonalem
In der konventionellen Röntgendiagnostik ist der zu systemischem Fluss (Qp/Qs) bestimmt werden.
Herzbefund abhängig von der Defektgröße bei klei- Auch eine Flussmessung und damit Shuntbestim-
nen Defekten unauffällig, bei größeren Defekten fin- mung im Ductus selbst ist magnetresonanztomogra-
den sich Vergrößerungen des linken Herzvorhofs phisch möglich.
und des linken Herzventrikels und Zeichen der pul- Die Herzkatheteruntersuchung ist bei vorbeste-
monalen Hypervolämie. Die vermehrte Lungendurch- hender Diagnostik nur bei therapeutischer Interven-
blutung führt dann zu einem prominenten Pulmona- tion erforderlich.
lissegment mit vermehrter Lungengefäßzeichnung.
Die MRT kann zur Komplettierung der nichtinva- 1.4.6.3
siven Diagnostik sinnvoll eingesetzt werden, um Komplexe angeborene Vitien
nichtinvasiv die hämodynamische Bedeutsamkeit
des VSD mit Bestimmung des Shuntvolumens zu eva- Fallot-Tetralogie
luieren (Flussmessung im pulmonalarteriellen Sys-
tem und in der Aorta ascendens, s. oben). In aller Re- 왔 Es handelt sich um ein Krankheitsbild
Definition
gel ist die Herzkatheterdiagnostik zur Diagnose eines mit einem VSD, der hoch sitzend ist,
VSD heutzutage nicht mehr erforderlich. und einer Pulmonalklappenstenose mit konsekutiver
rechtsventrikulärer Hypertrophie.
Ductus arteriosus Botalli

왔 Es handelt sich hierbei um das seltene Pathologisch-anatomische und ätiologische


Definition
Persistieren eines Shunts zwischen Grundlagen
der Aorta descendens und dem pulmonalarteriellen Die Aorta reitet auf dem VSD. Die Obstruktion der
System. rechtsventrikulären Ausflussbahn ist häufig sowohl
durch eine infundibuläre als auch eine valvuläre Ste-
Es kommt zu einem Links-rechts-Shunt. Dieser nosierung bedingt. Häufig findet sich als weitere An-
Links-rechts-Shunt führt, da der rechte Ventrikel omalie ein Vorhofseptumdefekt (17%). Das Ausmaß
nicht einbezogen ist, zu einer Linksherzbelastung. der pulmonalarteriellen Minderperfusion durch die
Obstruktion des rechtsventrikulären Ausflusstrakts
Klinische Symptomatik und durch den Rechts-links-Shunt bei VSD und
Zeichen der Linksherzinsuffizienz mit Dyspnoe und rechtventrikulärer Druckerhöhung ist prognosebe-
eingeschränkter Belastbarkeit. stimmend.

Diagnostik Klinische Symptomatik


Die transthorakale Echokardiographie und insbeson- Diese ist sehr vielfältig und abhängig von der Ausprä-
dere die transösophageale Echokardiographie kön- gung der Fallot-Tetralogie und von bereits durchge-
nen häufig den Bluteinstrom in das proximale pul- führten operativen Eingriffen im Kindesalter. Häufig
monalarterielle System farbdopplerechokardiogra- kommt es jedoch zu einer rechtsventrikulären Insuf-
phisch nachweisen. fizienz mit den daraus folgenden Symptomen. Durch
In der konventionellen Röntgendiagnostik führt den großen VSD kann, wenn die Pulmonalklappen-
ein Shunt >30–35% zu einer Vergrößerung von lin- stenose nicht hochgradig ist, eine dauerhafte Druck-
kem Herzvorhof und Herzventrikel. Das Pulmonalis- belastung des pulmonalarteriellen Systems auftreten
segment ist dilatiert, zusätzlich zeigen sich die Zei- mit der Konsequenz der pulmonalarteriellen Hyper-
chen der pulmonalen Hypervolämie. Aufgrund der tonie und der zusätzlichen Belastung des rechten
erhöhten linksventrikulären Auswurfleistung ist Ventrikels.
auch die Aorta ascendens erweitert.
Mittels der MRT-Untersuchung kann die genaue Differenzialdiagnose
Morphologie exakt bestimmt werden. Auch hierbei Andere angeborene und erworbene Herzfehler.
1.4 Erkrankungen des Herzens 93

Diagnostik
Neben Anamnese und Auskultation kommt auch hier
der Echokardiographie eine wichtige Bedeutung zu.
Dennoch ist bei der Fallot-Tetralogie wie auch bei an-
deren komplexen kongenitalen Vitien die MRT häu-
fig die entscheidende diagnostische Modalität zur
Erfassung der komplexen Vitien. Bereits mit einer
zeitaufgelösten MRA können Shuntverbindungen
und Shuntrichtungen orientierend erfasst werden
(Mohrs et al. 2006).
Neben der genauen morphologischen Darstellung
kann mit den Shuntbestimmungen eine zusätzliche
Evaluierung des Vitiums erfolgen.
Die Herzkatheteruntersuchung ist ergänzend er-
forderlich, um den pulmonalarteriellen Druck zu be-
stimmen.

Kongenitale Transpositionen
a
Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen

왔 Beider korrigierten kongenitalen


Definition
Transposition besteht eine atrioven-
trikuläre und eine ventrikuloarterielle Diskordanz.

Die Vv. cavae konfluieren im rechten Vorhof, der je-


doch mit dem morphologisch linken Ventrikel ver-
bunden ist und dieser mit dem pulmonalarteriellem
System. Die Pulmonalvenen münden in den linken
Vorhof und sind mit dem morphologisch rechten
Ventrikel verbunden, der wiederum mit der Aorta
verbunden ist. Dies wird als korrigierte Transposition
der großen Arterien bezeichnet. Der morphologisch
rechte Ventrikel, der bei diesem Vitium als System-
ventrikel arbeitet, kann infolge der hohen Druckbe-
lastung insuffizient werden.

왔 Bei einer nichtkorrigierten Transposi- b


Definition
tion besteht eine ventrikuloarterielle
Abb. 1.61 a, b. Operativ korrigierte Transposition der großen
Diskordanz bei artrioventrikulärer Konkordanz. Gefäße (Mustard-Operation). a Cine-Darstellung der atriali-
sierten Hohlvenen (SVC, IVC) mit Mündung in den den Pul-
Die Neugeborenen können nur überleben, wenn zu- monalkreislauf (PA) bedienenden, jedoch morphologisch lin-
sätzliche Shuntverbindungen bestehen, die eine Ver- ken Ventrikel (LV). T entspricht dem Konfluens der Pulmonal-
venen (Mustard-Tunnel). b Cine-Darstellung von rechts- und
bindung der Kreisläufe ermöglichen. Wenn keine zu- linkventrikulärem Ausflusstrakt
sätzlichen Shuntverbindungen bestehen, kann mit
der Rashkind-Ballon-Septostomie diese interventio-
nell geschaffen und so das Überleben der Kinder er-
reicht werden. Therapeutisch wurde eine so genann- ration mit dem Ziel, eine nahezu normale Anatomie
te atriale Switch-Operation (Mustard-Technik) zu erreichen.
durchgeführt. Hierbei wurden die Vorhöfe umgelei- Bei den palliativen Korrekturoperationen kommt
tet, sodass ein Konfluens der Pulmonalvenen ge- es im weiteren Verlauf häufig zu einer Insuffizienz
schaffen wurde und diese in den anatomisch rechten des anatomisch rechten Ventrikels, der den System-
Vorhof umgeleitet wurden. Das Blut fließt dann über kreislauf bedient. Neben der Insuffizienz des anato-
anatomisch rechten Ventrikel in die transponierte misch rechten Ventrikels kommt es häufig zu einer
Aorta. Heutzutage erfolgt eine arterielle Switch-Ope- schweren Insuffizienz der Trikuspidalklappe. Häufig
94 Kapitel 1 Herz

kann bei diesen Patienten auch eine Reizleitungspro- monalis und Aorta ascendens. In dieser Situation ent-
blematik mit Entwicklung eines Syndroms des kran- springt die linke Kranzarterie aus dem rechten Sinus
ken Sinusknotens beobachtet werden. Valsalvae. Bei Patienten, die diese Koronaranomalie
Zu der Gruppe dieser Anomalien muss auch der aufweisen, ist beschrieben, dass eine erhöhte Inzi-
„double outlet right“ und „left ventricle“ gezählt wer- denz des plötzlichen Herztodes besteht. Man erklärt
den. Dies ist eine Gruppe sehr komplexer Anomalien, sich dies dadurch, dass es zu einer Kompression des
bei denen beide großen Gefäße vollständig oder ei- linken Hauptstamms kommt. In Einzelfällen besteht
nes der großen Gefäße und 50% des Diameters des die Indikation zur operativen Versetzung des LCA-
anderen aus einem Ventrikel entspringen. Ostiums.
Eine weitere klinisch relevante Koronaranomalie
Klinische Symptomatik ist das Bland-White-Garland-Syndrom. Hier liegt der
In Abhängigkeit von der vorliegenden Form der An- Ursprung der linken Kranzarterie im pulmonalarte-
omalie kommt es zu Symptomen der Rechtsherzin- riellen Gefäßsystem, in aller Regel aus der linken
suffizienz (z. B. pulmonale Hypertonie bei chroni- A. pulmonalis. Diese Patienten sind nur überlebens-
scher Druckbelastung des kleinen Kreislaufs bei fähig, wenn ein dominantes rechtes Kranzgefäß be-
„double outlet right ventricle“) oder auch zu Sympto- steht und eine sehr gute retrograde Kollateralisie-
men der Linksherzinsuffizienz (Transposition der rung des R.-interventricularis-anterior- und R.-cir-
großen Gefäße). Nicht selten steht auch eine Rhyth- cumflexus-Systems vorliegt. Patienten, die das Er-
musproblematik im Vordergrund, und es kommt zu wachsenenalter erreicht haben, haben aufgrund der
den Symptomen Palpitation, Herzrasen, Schwindel bestehenden chronischen Ischämie des linken Ven-
und Synkopen. trikels eine Vorderwandbewegungsstörung und fal-
len häufig klinisch durch ein pathologisches Belas-
Diagnostik tungs-EKG oder eine Vergrößerung des linken Ven-
Die exakte Anamnese und bei den operierten Er- trikels auf.
wachsenen die genaue Analyse der häufig palliativen
operativen Korrekturoperationen ist Grundlage der Symptomatik
weitergehenden Diagnostik. Die EKG-Diagnostik Dyspnoe, Angina pectoris.
wird zur Rhythmusanalyse verwandt und kann häu-
fig durch ausgeprägte Rechtsherzhypertrophiezei- Differenzialdiagnose
chen Hinweise auf das zugrunde liegende Krank- KHK.
heitsbild geben. Mit der Echokardiographie kann zu-
meist die Diagnose gestellt werden. Die MRT hat je- Diagnostik
doch, insbesondere um die Verbindung zu den Diese Anomalien fallen häufig während einer kon-
großen herznahen Gefäßen darzustellen, einen festen ventionellen Herzkatheteruntersuchungen auf. Die
Stellenwert in der Diagnostik dieser Anomalien meisten Koronaranomalien können im Rahmen der
(Abb. 1.61 a, b). Die häufigen Shuntverbindungen invasiven Koronaruntersuchung geklärt werden. In
können morphologisch mittels MRT dargestellt wer- Einzelfällen kann es schwierig sein, den Verlauf des
den und das Shuntvolumen kann durch MRT-Fluss- linken Hauptstamms zwischen Truncus pulmonalis
messungen quantifiziert werden. und Aorta ascendens sicher darzustellen. Dann ist die
ergänzende Diagnostik mittels MRT oder CT
1.4.6.4 (Abb. 1.62 a–d) zielführend (Post et al. 1995). Beim
Koronaranomalien Bland-White-Garland-Syndrom kann in Einzelfällen
Pathologisch-anatomische mittels MRT und CT eine ergänzende Diagnostik
und ätiologische Grundlagen durchgeführt werden. Dies ist insbesondere dann
Die Koronaranomalien sind in ihrer Mehrzahl kli- sinnvoll, um das Ostium im Bereich des pulmonalar-
nisch nicht relevant. Wichtig ist allerdings, insbeson- teriellen Systems für die Operationsplanung genauer
dere beim jungen Patienten, der Nachweis des Ver- darzustellen.
laufs des linken Hauptstamms zwischen Truncus pul-
1.4 Erkrankungen des Herzens 95

a b c

Abb. 1.62 a–d. CT-Koronarangiographie in Volume-Rende-


ring-Technik (VRT, a–c) und mit multiplanarer Reformation
(MRP, d): Koronararterienanomalie mit Abgang des linken
Hauptstamms aus dem rechten Sinus Valsalvae mit benigem
Verlauf der anomalen Koronararterie vor dem Truncus pul-
monalis und nicht zwischen Truncus pulmonalis und Aorten-
wurzel. Zusätzlich Okklusion der rechten Koronararterie auf
3 cm Länge bei überwiegend nichtverkalktem Okklusions-
material

1.4.7 Klinische Symptomatik


Kardiale Raumforderungen Diese ist stark abhängig von der Größe und Lokalisa-
tion des jeweiligen Tumors. Bei sehr großen Myxo-
men kann eine Verlegung der Mitralklappe verur-
Pathologisch-anatomische sacht werden, die zu den Symptomen der Lungen-
und ätiologische Grundlagen stauung, aber auch des „low outputs“ führen kann.
Primäre Tumoren des Herzens sind mit einer Inzi-
denz von <0,1% selten, sekundäre Herztumoren we- Diagnostik
sentlich häufiger (etwa 30-mal so häufig). Diese sind Die bildgebende Diagnostik bei kardialen Raumfor-
oft metastatische Tumoren. Die zugrunde liegende derungen sollte folgende Fragestellungen behandeln:
Tumorerkrankung sind häufig ein Karzinom der
∑ primärer Nachweis,
Mamma, kleinzellige Bronchialkarzinome, maligne
∑ Lokalisation, Größe, Form, Ursprung, Oberflä-
Lymphome, und es können sich Filiae eines Mela-
chenbeschaffenheit und Mobilität,
noms als Herztumoren manifestieren.
∑ Lagebeziehung zu kardialen und parakardialen
Unter den primären Herztumoren ist das Myxom
Strukturen und Gefäßen,
das häufigste. Lipome des Herzens machen etwa 14%
∑ Gewebecharakteristik,
der kardialen Tumoren aus. Selten treten Sarkome im
∑ Dignität, primärer oder sekundärer Ursprung,
Bereich des Herzens auf. Neben dem Angiosarkom
∑ Nachweis bzw. Ausschluss einer Umgebungsinfil-
werden Rhabdomyosarkome und Fibrosarkome be-
tration,
obachtet. Perikardzysten sind häufig an der rechten
∑ funktionelle Beeinträchtigung der Herzfunktion,
Herzseite gelegen und bedürfen nur selten einer The-
∑ Therapieplanung.
rapie.
Die konventionelle Röntgendiagnostik zeigt kardiale
Raumforderungen nur bei einer Herzvergrößerung
oder Vorwölbung der Herzkontur bei großen Tumo-
96 Kapitel 1 Herz

Tabelle 1.22. Differenzialdiagnose kardialer Raumforderungen

Lokalisation
Vorhof Ventrikel Herzklappen Perikard/Epikard
Myxom Rhabdomyom Papilläres Fibroelastom Lipom
Thrombus Mitbeteiligung: Sarkome Hämangiom
Sarkome Lymphangiom
Liposarkom
Lymphom
Mesotheliom
Wachstum
Intramural Intrakavitär breitbasig Intrakavitär gestielt
Rhabdomyom Lipom Myxom
Rhabdomyosarkom Paragangliom Papilläres Fibroelastom
Vorhofseptumlipom Sarkome
Fibrom
KM-Aufnahme
Keine Inhomogen Kräftig
Thrombus (oder randständig) Myxom Paragangliom
Lipom Fibrom
Zysten Sarkome
Rhabdomyom (wie Myokard)
Binnenstruktur
Homogen Nekrosen, Zysten, Einblutungen Verkalkungen
Lipom Myxom Myxom
Rhabdomyom Paragangliom Fibrom
Fibrom Sarkom Paragangliom
Osteosarkom
Alter
Neugeborene/Kinder Jugendliche/junge Erwachsene Erwachsene
Rhabdomyom Lipom Myxom
Fibrom Paragangliom Papilläres Fibroelastom
Hämangiom Angiosarkom
Lymphangiom
Rhabdomyosarkom

ren und bei extrakardialem Wachstum. Allerdings oder TSE-Technik ergibt nur ein einzelnes, diastoli-
kann eine Herzvergrößerung auch aufgrund einer sches Bild des Herzens. Hierfür werden die Signale
Herzinsuffizienz oder eines Perikardergusses entste- für die Bilderzeugung über den gesamten Herzzyklus
hen, ggf. mit Zeichen der Lungenstauung. Bei malig- gemittelt. Dies hat den Nachteil einer geringeren zeit-
nen Tumoren kann eine pulmonale Metastasierung lichen Auflösung, durch die bewegte Tumoren dem
nachweisbar sein. Die Primärdetektion einer kardia- Nachweis entgehen können. Eine Kontrastmittelgabe
len Raumforderung erfolgt in den meisten Fällen mit ist für die Detektion intrakavitärer, wandständiger
einer Schnittbilddiagnostik, hierbei ist die zeitliche oder klappenständiger Raumforderungen nicht not-
Auflösung der Methode entscheidend. wendig. Sie ist allerdings bei Verdacht auf eine intra-
Neben der transthorakalen Echokardiographie murale Raumforderung sinnvoll. Nach erfolgter De-
kommt der transösophagealen Echokardiographie ei- tektion einer Raumforderung dagegen sind die Kon-
ne wichtige Bedeutung zu. Häufig kann durch das trastmittelgabe sowie Einsatz von T1- und T2-ge-
Echomuster und die Lokalisation eine Verdachtsdi- wichteten und GRE-Sequenzen zur Differenzial-
agnose gestellt werden. diagnose von kardialen Raumforderungen obligat
Die CT kann heutzutage durch die hohe zeitliche (Semelka et al. 1992). Zudem kann in der T2-Wich-
Auflösung der Multischicht-CT ebenfalls zur Primär- tung auch ein peritumorales Ödem nachgewiesen
detektion auch kleiner Raumforderungen eingesetzt werden. Des Weiteren ermöglicht die Tagging-Tech-
werden. Bereits für die Detektion ist die Kontrastmit- nik die Unterscheidung einer fokalen Hypertrophie
telgabe obligat. Der Nachweis von Verkalkungen und von einer intrakardialen Raumforderung.
das Kontrastmittel-Enhancement geben differenzial- Beide Verfahren, MRT und CT, geben zusätzliche
diagnostische Hinweise. Information bezüglich der kardialen und parakardi-
In der MRT ist für die Primärdetektion kleiner alen Morphologie. Eine Zusammenfassung der Cha-
Raumforderungen der Einsatz einer Cine-Sequenz rakteristika kardialer Raumforderungen findet sich
mit hoher zeitlicher Auflösung notwendig. Die SE- in Tabelle 1.22
1.4 Erkrankungen des Herzens 97

1.4.7.1 1.4.7.2
Anatomische Varianten Nichttumoröse Raumforderungen
Für die Primärdetektion von Raumforderungen ist
die Kenntnis von normalen intrakardialen Struktu- Thromben
ren und Anomalien, die eine Raumforderung vortäu- Häufigste Lokalisationen von Thromben sind das
schen können, von großer Bedeutung (Tabelle 1.23). Herzohr des linken Vorhofs sowie der linke Ventrikel
Im rechten Vorhof können sowohl die Crista termi- bei meist post-ischämischen regionalen linksventri-
nalis als knotige Struktur an der Hinterwand als auch kulären Wandbewegungsstörungen. Zumeist sind die
das Chiari-Netzwerk, ein lineares Gebilde aufgrund Thromben homogen, sie können jedoch auch verkal-
des variablen Regressionsgrades des Chiari-Netz- ken und werden dann in der Thoraxübersichtsauf-
werks, zu finden sein. Im linken Vorhof hat das linke nahme sichtbar.
Herzohr häufig muskuläre wandständige Bänder, die Die CT zeigt Thromben zumeist als wandständi-
von Thromben unterschieden werden müssen. Eben- ge, hypodense Raumforderungen, ggf. mit Verkal-
falls mit einer Raumforderung verwechselt werden kungen. In der MRT sind die Thromben in der
können Aneurysmen des interatrialen Septums oder T1-Wichtung und im GRE hypointens und im T2-
des Sinus Valsalvae. Im rechten Ventrikel kann das gewichteten Bild gering hyperintens (Abb. 1.63).
hypertrophierte Moderatorband eine Raumforde- Kleinere, bewegte Thromben lassen sich nur in der
rung vortäuschen, im linken Ventrikel sind manch- Cine-MRT mit hoher zeitlicher Auflösung nach-
mal falsche Chordae tendineae mit Verlauf von End- weisen. Obwohl im Allgemeinen die fehlende Kon-
okard zu Endokard statt von Papillarmuskel zu Mit- trastmittelaufnahme eines Thrombus als differen-
ralklappe zu finden. zialdiagnostisches Kriterium zur Unterscheidung
Echokardiographisch können extrakardiale Befun- von einer tumorösen Raumforderung gilt, können
de wie Hiatushernie, Ösophaguskarzinom, broncho- im Rahmen der Organisation des Thrombus rand-
gene Zyste oder eine elongierte und dilatierte Aorta ständig Gefäße einsprossen und dadurch ein rand-
descendens eine intraatriale Raumforderung simu- ständiges Enhancement nach Kontrastmittelgabe
lieren. Eine Differenzierung ist mit CT und MRT ein- verursachen. Diese Thrombusorganisation kann
fach möglich. Auch kongenitale Anomalien können auch zu einem Verlust des Wassergehalts und damit
bei der Primärdiagnose eine Raumforderung vortäu- der Signalhyperintensität im T2-Bild, zu Bildung
schen. Eine seltene Anomalie ist der unterteilte linke paramagnetischer Eisenkomplexe mit konsekutiven
Vorhof. In den meisten Fällen führt diese Anomalie Suszeptibilitätsartefakten und zu Verkalkungen füh-
in den ersten Lebensjahren zu einer Obstruktion des ren.
pulmonalvenösen Rückflusses. In wenigen Fällen
bleibt das interatriale Septum jedoch asymptoma-
tisch und kann als Zufallsbefund mit einem intraatri-
alen Tumor verwechselt werden.

Tabelle 1.23. Intrakardiale Strukturen, die eine Raumforde-


rung vortäuschen können

Rechter Vorhof:
Crista terminalis
Chiari-Netzwerk
Rechter Ventrikel:
Moderatorband
Linker Vorhof:
Muskuläre wandständige Bänder
Aneurysma des Septum interatriale
Intraatriales Septum
Linker Ventrikel:
Falsche Chordae tendineae

Abb. 1.63. Lange Herzachse in einer IR-Sequenz nach KM-


Gabe (spätes Enhancement) bei Zustand nach transmuralem
Herzspitzeninfarkt (Pfeil) mit Ausbildung eines Ventrikelth-
rombus (Pfeilspitze)
98 Kapitel 1 Herz

Regionale Hypertrophie Entzündliche Erkrankungen


Häufigste Lokalisation regionaler Hypertrophien Im Rahmen einer Endokarditis entstehen Klappen-
sind die aortale Ausflussbahn und die Herzspitze. vegetationen. Kleine Vegetationen sind derzeit nur
Echokardiographisch ist eine Unterscheidung von mit der Echokardiographie nachweisbar, größere Ve-
passiv mitbewegten, echogleichen echten Tumoren getationen oder verkalkte Residuen können auch mit
nicht immer möglich, auch in der CT kann bei gleich- der Cine-MRT und ggf. auch mit der CT darstellbar
er Dichte keine eindeutige Unterscheidung getroffen sein.
werden. Die MRT dagegen kann mit der Tagging-MRT Bei der Echinokokkose ist in 0,5–2% eine kardiale
die Kontraktion in der Hypertrophie nachweisen und Mitbeteiligung zu beobachten. Echinokokkuszysten
damit die aktive Bewegung des Muskelgewebes von sind am häufigsten im linksventrikulären Myokard
der passiven Bewegung einer Raumforderung unter- und im interventrikulären Septum lokalisiert. In der
scheiden. Während sich das Gitternetz bei einer foka- MRT stellen sie sich zystentypisch, jedoch mit einer
len Hypertrophie während des Herzzyklus verformt, dicken fibrotischen, im T1- und T2-gewichteten Bild
bleibt es bei unbewegten oder passiv bewegten Objek- hypointensen Membran dar, deren Nachweis die Un-
ten unverändert. Diese Differenzierung ist bereits mit terscheidung von nichtparasitären epithelialen Zys-
einer qualitativen visuellen Auswertung möglich. ten ermöglicht.

Lipomatöse Hypertrophie des Vorhofseptums 1.4.7.3 Gutartige Neubildungen

왔 Die Definition der lipomatösen Hy- Myxom


Definition
pertrophie des Vorhofseptums bein- Myxome sind in 70–80% der Fälle im linken und in
haltet eine transversale Ausdehnung von >2 cm in 10–20% der Fälle im rechten Vorhof lokalisiert. In
Höhe der Fossa ovalis. Im Gegensatz zum neoplas- seltenen Fällen kann ein Myxom auch durch die Fos-
tisch entstandenen Lipom handelt es ist um eine sa ovalis in beide Vorhöfe wachsen. Myxome der Ven-
nichtgekapselte, nichtneoplastische Ausdehnung des trikel sind mit etwa 5% der Fälle selten. Bevorzugter
interatrialen Fettgewebes. Ursprung ist das interatriale Septum in Höhe der
Fossa ovalis mit einem intrakavitären Wachstum.
In der CT stellt sich die lipomatöse Hypertrophie fett- Meist sind die Myxome gestielt, sie können aber auch
isodens dar. In der MRT ist die Raumforderung in T1- breitbasig der Wand aufsitzen. Über 90% der Myxo-
und T2-gewichteten Sequenzen hyperintens ohne me treten solitär auf. Die Form ist variabel und reicht
Kontrastmittelaufnahme. Durch Sequenzen mit Fett- von einer glatt begrenzten ovalären Raumforderung
unterdrückung lässt sich durch die Signalminderung bis zu gelappten oder villösen Formen. Häufig sitzen
das Fettgewebe sicher nachweisen. Eine Differenzial- Thromben auf der Oberfläche. Die Myxome sind
diagnose ist die subakute Blutung, die ebenfalls hy- meist heterogen mit Zysten, Nekrosen und Einblu-
perintens auf T1-gewichteten Bildern ist. Allerdings tungen, in 16% der Fälle werden Verkalkungen ge-
ist die Signalintensität einer Blutung auf T2-gewich- funden.
teten Bildern deutlich höher und bleibt auch in fett- In der Thoraxübersichtsaufnahme können bei ei-
unterdrückten Sequenzen erhalten. nem Myxom im rechten Vorhof Verkalkungen sicht-
bar sein, da sich Verkalkungen häufiger in rechtssei-
Perikardzyste tigen als in linksseitigen Myxomen finden lassen.An-
Perikardzysten sind am häufigsten im rechten kar- sonsten lassen sich nur als Sekundärsymptom ggf.
diophrenischen Winkel lokalisiert, gefolgt vom lin- Zeichen einer durch Obstruktion verursachten Herz-
ken kardiophrenischen Winkel – allerdings sind auch insuffizienz nachweisen. In der CT stellen sich die
andere Lokalisationen im vorderen und hinteren Me- Myxome aufgrund ihrer gelatinösen Konsistenz hete-
diastinum möglich. Die Zysten sind dünnwandig, rogen hypodens dar, meist auch hypodens im Ver-
oval bis rund und grenzen an das normale Perikard gleich zum Blut. Es können auch kleine Verkalkungen
an. Selten können die Zysten auch verkalken. bzw. Einblutungen, Zysten oder Nekrosen detektiert
In der Thoraxübersichtsaufnahme können Peri- werden.
kardzysten als parakardiale Raumforderung impo- In der MRT zeigt sich die heterogene Struktur der
nieren. Myxome, wobei diese im T1-gewichteten Bild eher
Die CT zeigt die Perikardzyste als homogen hypo- isointens und im T2-gewichteten Bild eher hyperin-
dense, glatt begrenzte, dünnwandige Raumforderung tens sind (Abb. 1.64). Hypo- bzw. hyperintense Area-
ohne Kontrastmittelaufnahme. In der MRT stellt sich le stellen Einblutungen, Zysten oder Verkalkungen
die Perikardzyste im T1-gewichteten Bild hypointens dar. Die Kontrastmittelgabe führt zu einem inhomo-
und im T2-gewichteten Bild hyperintens dar, eben- genen, jedoch recht kräftigen Enhancement. Die In-
falls ohne Enhancement nach Kontrastmittelgabe. sertionsstelle kann meist exakt nachgewiesen wer-
1.4 Erkrankungen des Herzens 99

pe (25%) ist etwas häufiger als der Sitz im rechten


Herzen an der Pulmonalklappe (13%) und der Tri-
kuspidalklappe (17%). Der Tumor ist homogen, in ei-
nigen wenigen Fällen wurden Verkalkungen berich-
tet. In den meisten Fällen liegt die Größe <1 cm
Durchmesser. Es wurden allerdings schon bis zu 5 cm
große Fibroelastome beobachtet.
In der CT und MRT sind die papillären Fibroelas-
tome aufgrund der geringen Größe und ihrer Beweg-
lichkeit zumeist nicht sichtbar. Mit der neuen Geräte-
technik wurden aber erste Darstellungen beschrie-
ben. Einzelne Fallbeschreibungen berichten über in
der EBT bzw. CT hypdense und in der MRT hypoin-
tense Fibroelstome, die von allen Herzklappen ausge-
hen können (Wintersperger et al. 2000).

Rhabdomyom
Rhabdomyome sind die häufigsten Herztumoren bei
Neugeborenen. In allen bildgebenden Verfahren kön-
nen multiple kleine Rhabdomyome nur als diffuse
Abb. 1.64. Myxom in linken Vorhof (*, lange Herzachse)
Wandverdickung nachweisbar sein. In der CT sind
die Rhabdomyome isodens zum Myokard und lassen
sich daher nur bei Vorwölbungen der Kontur der
den. In GRE-Sequenzen stellt sich ein Myxom deut- Ventrikelmuskulatur nachweisen. In der MRT sind
lich hypointens dar, möglicherweise aufgrund von die Rhabdomyome im T1-gewichteten Bild isointens
Suszeptibilitätsartefakten wegen des hohen Eisenge- zur Muskulatur. Im T2-gewichteten Bild zeigen sie je-
halts oder bedingt durch Mikrokalzifikationen. doch eine etwas höhere Signalintensität. Die Kon-
trastmittelaufnahme entspricht dem Myokard. Insge-
Lipom samt können mit der MRT nachweisbare Rhabdomy-
Lipome sind glattbegrenzte homogene Raumforde- ome in der Echokardiographie nicht darstellbar sein
rungen, die meist breitbasig vom Epikard ausgehen und umgekehrt, weshalb beide Untersuchungen als
und sich im Epi-/Perikardzwischenraum ausbreiten. komplementär zu betrachten sind.
Ursprung kann aber auch das Endokard sein, hier
auch das interatriale Septum, mit einem intrakavitä- Fibrom
ren Wachstum. Selten sind Septierungen nachweis- Fibrome sind solitäre intramurale Tumoren, die fast
bar. Im Unterschied zur lipomatösen Hypertrophie ausschließlich in der Ventrikelmuskulatur entstehen,
des interatrialen Septums handelt es sich jedoch um zumeist im Septum oder in der freien linksventrikulä-
eine umschriebene echte Neoplasie des Fettgewebes. ren Wand. Im Gegensatz zu anderen Tumoren sind Fi-
Die Thoraxübersichtsaufnahme kann bei kardia- brome meist homogen ohne Zonen mit Nekrosen,Ein-
len Lipomen eine Herzvergrößerung zeigen. In der blutungen oder Zysten, allerdings finden sich häufig
CT sind die Lipome homogen hypodens mit negati- Verkalkungen. Üblicherweise sind die Tumoren sehr
ven Dichtewerten, sie können jedoch auch feine Sep- groß mit einem mittleren Durchmesser von 5 cm.
tierungen aufweisen. Es zeigt sich eine intrakavitäre Der häufigste Befund bei Patienten mit kardialen
oder subperikardiale Lage. In der MRT sind die Lipo- Fibromen in der Thoraxübersichtsaufnahme ist eine
me sowohl im T1- als auch im T2-gewichteten Bild Herzvergrößerung, ggf. mit Vorwölbung der Herz-
hyperintens ohne Kontrastmittelaufnahme. Durch kontur. In 25% der Fälle sind Verkalkungen nach-
Sequenzen mit Fettunterdrückung lässt sich durch weisbar (Grebenc et al. 2000). In der CT zeigen sich
die Signalminderung das Fettgewebe sicher nachwei- Fibrome als eine homogene, weichteildichte Raum-
sen. forderung mit entweder scharfer oder infiltrativer
Begrenzung, ggf. mit kleinen Verkalkungen. In der
Papilläres Fibroelastom MRT sind die Fibrome im T1-gewichteten Bild isoin-
Papilläre Fibroelastome sind gestielte Tumoren mit tens oder gering hyperintens zur Muskulatur, im T2-
dem Aussehen einer Seeanemone. Über 90% gehen gewichteten Bild eher hypointens vergleichbar mit
von den Herzklappen aus. Damit ist dies der häufig- fibrotischem Gewebe anderer Lokalisation. Nach
ste Tumor der Herzklappen. Der Sitz im linken Her- Kontrastmittelgabe zeigt sich meist kein bis minima-
zen an der Aortenklappe (29%) und der Mitralklap- les Enhancement. Es sind allerdings auch Fälle mit
100 Kapitel 1 Herz

homogenem bzw. inhomogenem Enhancement be- Vorhofwand und das Perikard. Dies führt zu einem
schrieben worden. hämorrhagischen Perikarderguss, in dem auch ne-
Häufigste Differenzialdiagnose ist das Rhabdomy- krotische Tumoranteile vorhanden sein können. Kli-
om, wobei ein solitärer, ventrikulärer, kalzifizierter nisch entwickeln sich Zeichen der Rechtsherzinsuffi-
und ansonsten homogener Tumor mit hoher Sicher- zienz und der Einflussstauung.
heit ein Fibrom ist. Die konventionelle Thoraxübersichtsaufnahme
kann nur sekundäre Veränderungen wie Lungenme-
Hämangiom tastasen, Zeichen einer Herzinsuffizienz oder eine
Hämangiome sind inhomogene Raumforderungen Herzvergrößerung aufgrund eines Perikardergusses
zumeist im Epi-/Perikardzwischenraum. In der CT zeigen. Am häufigsten sind Angiosarkome, die zu-
sind Hämangiome heterogen mit kräftigem inhomo- meist umschriebene, jedoch irregulär oder nodulär
genen Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Auf- begrenzte und infiltrativ wachsende Raumforderun-
grund der Vaskularisierung und des Fettanteils stel- gen aufweisen. Typische Lokalisation ist der rechte
len sich die Hämangiome in der MRT im T1-gewich- Vorhof.
teten Bild gering und im T2-gewichteten Bild deut- In der CT zeigt sich eine unscharf begrenzte hypo-
lich hyperintens dar mit ebenfalls kräftiger, in– dense Raumforderung im rechten Vorhof mit zentra-
homogener Kontrastmittelaufnahme. len Einblutung und Nekrosen sowie einem begleiten-
den Perikarderguss.
Lymphangiom In der MRT sind gemischte Signalintensitäten in
Lymphangiome entstehen am häufigsten im Epi-/Pe- allen Sequenzen nachweisbar, wobei in T1-gewichte-
rikardzwischenraum. Berichte über die CT-Diagnos- ten Bildern die hyperintensen Anteile Einblutungen
tik von Lymphangiomen fehlen in der Literatur. Auf- entsprechen. In T2-gewichteten Sequenzen lässt sich
grund des spongiösen Aufbaus mit Fettanteilen im der Tumor besser vom Myokard differenzieren. In
Stroma und Lymphe in den Zwischenräumen stellen GRE-Sequenzen überwiegen die hypointensen Antei-
sich Lymphangiome in der MRT im T1- und T2-ge- le. Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich ein inhomoge-
wichteten Bild hyperintens und zeigen ein kräftiges nes kräftiges Enhancement.
Enhancement nach Kontrastmittelgabe. Rhabdomyosarkome sind die zweithäufigsten ma-
lignen Tumoren. Diese treten häufiger bei Neugebo-
Paragangliom renen und Kindern auf. Die Tumoren haben ein vari-
Paragangliome gehen meist von der Hinterwand ables Erscheinungsbild, das von homogen bis zys-
oder dem Dach des linken Vorhofs aus. Sie können al- tisch mit zentralen Nekrosen reicht, gelegentlich sind
lerdings auch am interatrialen Septum inserieren. auch Einblutungen sichtbar. Andere, seltenere Sar-
Die Tumoren sind relativ groß mit 3–8 cm Durch- kome sind das Osteosarkom, häufig mit Verkalkun-
messer und weisen häufig Nekrosen, selten auch Ver- gen, Leiomyosarkome, Fibrosarkome und Liposar-
kalkungen auf. Meist haben die Paragangliome eine kome. Letztere enthalten kaum oder nur wenig Fett
Kapsel, sie können jedoch auch infiltrativ wachsen. und sind mit gutartigen Lipomen kaum zu ver-
Aufgrund der Lage am Dach des linken Vorhofs wechseln. Eine exakte differenzialdiagnostische Ein-
zeigt die Thoraxübersichtsaufnahme häufig eine me- ordnung dieser Tumoren ist jedoch aufgrund des
diastinale Raumforderung mit Aufspreizung der Ca- heterogenen Erscheinungsbildes zumeist kaum mög-
rina, die eine Vorhofvergrößerung simuliert. In der lich.
CT stellen sich Paragangliome als umschriebene hy-
podense heterogene Raumforderungen mit zentralen 쐍 Andere primäre Herztumoren. Primäre Lymphome
Nekrosen dar, allerdings können auch unscharfe Be- entstehen am häufigsten im rechten Herzen, vor al-
grenzungen und Umgebungsinfiltrationen nachweis- lem im rechten Vorhof, können jedoch alle Herzkam-
bar sein. In der MRT sind die Paragangliome deutlich mern betreffen. Die Morphologie reicht von homo-
hyperintens im T2- und hypo- bis isointens im T1-ge- gen bis inhomogen. In der MRT sind Lymphome häu-
wichteten Bild mit kräftiger Kontrastmittelaufnah- fig hypointens im T1-gewichteten Bild und hyperin-
me. Das Enhancement ist jedoch häufig heterogen, tens im T2-gewichteten Bild mit variabler Kontrast-
ggf. unter Aussparung der zentralen Nekrosen. mittelaufnahme. Die Raumforderung kann aber auch
iso- bis hypodens zum Muskelgewebe sein.
1.4.7.4 Bösartige Neubildungen Das primäre perikardiale Mesotheliom kann das
Primäre Herztumoren Herz einmauern, infiltriert die Muskulatur jedoch im
Allgemeinen nicht. Im Gegensatz zu den pleuralen
쐍 Sarkome. Die häufigsten malignen Herztumoren Mesotheliomen ist die Entstehung nicht Asbest-asso-
sind Sarkome. Primärlokalisation sind zumeist die ziiert. Das Erscheinungsbild ist heterogen mit jedoch
Vorhöfe. Die Tumoren infiltrieren jedoch rasch die zumeist kräftiger Kontrastmittelaufnahme.
1.4 Erkrankungen des Herzens 101

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Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße 2
W. Kenn

2.1 Aorta 105 RAO-, LAO-Projektionen und Röntgenbreischluck


2.1.1 Radiologische Untersuchungstechnik 105 zur Beurteilung charakteristischer Impressionen als
2.1.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 107
2.1.3 Systematische Bildanalyse 110 indirekter Nachweis von Verlaufs- und Lageanoma-
2.1.4 Krankheitsbilder 114 lien haben im Zeitalter der Schnittbildverfahren kei-
2.1.4.1 Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae) 114 ne nennenswerte Bedeutung mehr.
2.1.4.2 Traumatische Veränderungen 117
2.1.4.3 Entzündliche Veränderungen 122
2.1.4.4 Mykotische (infektiöse) Aortitiden 126 Computertomographie
2.1.4.5 Tumoren 127 Für die Beurteilung der thorakalen Aorta hat die CT-
2.1.4.6 Aortenbogensyndrom 129 Angiographie (CTA) die konventionelle CT mit ihren
2.1.4.7 Chronische thorakale Aneurysmen 138
bekannten Limitationen ersetzt. Das Grundprinzip
2.2 Pulmonale Gefäße 146 der CTA basiert auf der Akquisition eines Spiral-
2.2.1 Radiologische Untersuchungstechnik 146
2.2.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 147 Scans in einer Phase der optimalen Kontrastmittel-
2.2.3 Systematische Bildanalyse 147 anflutung im Untersuchungsvolumen. Dabei hat die
2.2.4 Krankheitsbilder 148 Einführung der Mehrzeilendetektorsysteme mit ei-
2.2.4.1 Kongenitale Anomalien 148 ner verbesserten Auflösung in Z-Richtung und nahe-
2.2.4.2 Traumatische Veränderungen 156
2.2.4.3 Entzündliche Veränderungen 157 zu isotropen Datensätzen zu einer Reduzierung der
2.2.4.4 Tumoren 160 Messzeit, einer geringeren Artefaktanfälligkeit und
2.2.4.5 Andere Erkrankungen 161 besseren Bolusausnützung geführt. Dabei ist u. a. das
Literatur 172 Kontrastmittel-Timing Voraussetzung für eine dia-
gnostische CT-Untersuchung. Dies kann durch eine
Bestimmung der Kreislaufzeit mit einem Testbolus
2.1 geschehen. Dabei empfiehlt es sich, zu der Zeit von
Aorta Injektionsstart bis zum Kontrastmittel-Peak etwa 2–
5 s hinzu zu addieren.
2.1.1 Günstiger ist eine semi- oder vollautomatische Bo-
Radiologische Untersuchungstechnik lustriggerung. Hierbei werden an geeigneter Stelle
(Aorta descendens in Herzhöhe) so genannte Monitor-
Konventionelle Röntgendiagnostik Scans mit reduzierter Dosis und eine Messregion fest-
Der Röntgenthorax im p.-a.- und lateralen Strahlen- gelegt, in der die Kontrastmittelanflutung gemessen
gang oder – wenn eine Stehendaufnahme nicht mög- wird. Sobald ein ausreichender Kontrast erreicht wird
lich ist – die a.-p.-Liegendaufnahme, stellt die Basisdi- (entweder visuell oder bei Erreichen eines eingestellten
agnostik in der Beurteilung der thorakalen Aorta dar. Schwellenwertes), fährt der Tisch zur eigentlichen Aus-
Die Mehrzahl der aortalen Pathologien zeigt bereits in gangsposition, und der Spiral-Scan wird ausgelöst.
der Übersichtsaufnahme einen pathologischen Be- Ob vor der Kontrastmittelserie einen Nativ-Scan
fund. Dabei geben assoziierte Befunde wie z. B. Pleu- durchgeführt werden sollte, wird kontovers disku-
raerguss und/oder Perikarderguss, Trachealverlage- tiert. Unter Umständen ergeben sich aus dem Nativ-
rung, Mediastinalverbreiterung, die Herzkonfigura- Scan wichtige differenzialdiagnostische Hinweise
tion, knöchene Pathologien (Frakturen, Rippenusu- (z. B. inwendig verlagerte, verkalkte Intimaplaques
ren) und die Anamnese (spontanes thorakales beim penetrierenden Aortenulkus/PAU, bei der in-
Schmerzereignis beim akuten Aortenbogensyndrom, tramuralen Hämorrhagie/IMH oder bei der akuten
adäquates Dezelerationstrauma bei traumatischer Dissektion im Unterschied zum chronischen Ab-
Aortenruptur, Zufallsbefund beim asymptomatischen scheidethrombus oder beim arteriosklerotischen
arteriosklerotischem Aortenaneurysma) entscheiden- Aneurysma oder die in der Nativserie deutlich hyper-
de Hinweise auf das Vorliegen einer Aortenpathologie. dense Aortenwand bei der IMH).
106 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Die Auswertung beruht auf der Bildanalyse der und mit EKG-Triggerung zu empfehlen, da EKG-ge-
axialen Schichten, multiplanare Sekundärrekon- triggerte Aufnahmen ohne Atemstillstand oft erheb-
struktionen (MPR), 3D-Oberflächenrekonstruktio- liche Artefakte zeigen. Die Schichtdicke sollte – in
nen (SSD), Maximum-Intensitäts-Projektionen Abhängigkeit vom Befund – 5–8 mm (evtl. darunter)
(MIP), 3D-Volume-Rendering (3D-VR-)Techniken nicht überschreiten.
oder virtuelle Angioskopie sind hilfreich bei der Dar- Als Schichtebene sind eine transversale und eine
stellung pathologischer Befunde. die Aorta in ihrem gesamten Verlauf darstellende, an-
Artefakte können durch Bewegung (Pulsation, At- guliert parasagittale Schichtorientierung obligat.
mung), die Wahl der Scan-Parameter, die Kontrast- Weitere Ebenen ergeben sich in Abhängigkeit vom
mittelinjektion oder durch die Bilddarstellung (MPR, pathologischen Befund. T1- und T2-gewichtete Se-
MIP usw.) verursacht werden. Pulsationsartefakte quenzen (mit „Dark-blood-Präparationsimpuls“) ge-
treten besonders im Bulbusbereich auf und können ben wichtige Informationen in der Differenzialdiag-
unter Umständen eine Dissektion vortäuschen. Pul- nose von Wandveränderungen (Aortitis, IMH, Plaque
sationsartefakte gehen oft über die Aortenkontur und/oder chronischer Abscheidethrombus, Aorten-
hinaus und sind klassischerweise bei 12/1 Uhr bzw. tumor). In diesem Zusammenhang ist die fehlende
6/7 Uhr lokalisiert. Sensitivtät der MRT für intimale Verkalkungen kein
diagnostischer Nachteil, da die Signalcharakteristik
Merke ! Die Methode der Wahl zur Vermei-
dung von Pulsationsartefakten ist die
der Läsionen hier direkt zur Diagnose führen kann.
Eine Kontrastmittelgabe ist sinnvoll für die Diffe-
Durchführung einer Spiral-CT mit EKG-Triggerung. renzialdiagnose Abgrenzung eines Aortenwandtu-
mors und/oder von entzündlich bedingten Wandver-
Mit Hilfe einer EKG-Triggerung sind auch der Bulbus dickung im Rahmen einer Aortitis. Einzelne Arbeits-
und die Koronararterien beurteilbar. gruppen beschreiben in diesem Kontext die Kon-
Hochkontrastartefakte (Schrittmacherkabel, Clips, trastmittelaufnahme der Aortenwand als Parameter
fehlende Abduktion der Arme, hohe Kontrastmittel- der Krankheitsaktivität (Choe et al. 1999).
konzentration in der V. brachiocephalica) können in- Flussmessungen als Phasenkontrastangiographie
timale Flaps vortäuschen. Aufhärtungsbedingte Ar- mit einer hohen Sensitivität auch für geringe Flüsse
tefakte sind streng linear, verlaufen über die Aorten- (beachte: niedrige Venc-Werte einstellen!) klären die
wand und sind nicht durchgängig auf allen Schichten Differenzialdiagnose einer komplett thrombosier-
zu sehen. Eine Bildbetrachtung in einem weiteren ten/teilthrombosierten Dissektion, das Signalver-
Fenster kann in vielen Fällen zur Klärung beitragen. halten die Differenzialdiagnose zum chronischen
Die CTA ist ein nichtinvasives, schnelles und ro- Abscheidethrombus. Im diesem Kontext ergibt
bustes Verfahren mit hoher Sensitivität und Spezifität sich möglicherweise ein weiterer Indikationsbereich
(95–100%) in der Abklärung aortaler Pathologien. für Flussmessungen als Verlaufsbeurteilung, da
Nachteile bestehen neben der Strahlenexposition vor diskutiert wird, ob spezifische Flussmuster (Reflux,
allem in der Verwendung eines potenziell allergenen Turbulenzen) im falschen Lumen zur aneurysmati-
und nephrotoxischen Kontrastmittels. schen Erweiterung prädisponieren (Strotzer et al.
2000).
Magnetresonanztomographie Die kontrastmittelverstärkte MRA kann als Bolus-
Die MRT hat als multiplanares Schnittbildverfahren getimete 3D-MRA oder als zeitaufgelöste 3D-MRA
die Möglichkeiten der angiographischen Darstellung durchgeführt werden. Vorteil der zeitaufgelösten
als kontrastmittelunterstützte MR-Angiographie MRA ist die dynamische Information (bessere „Ent-
(MRA), der Flussmessung sowie einer hochaufgelös- ry-“ und „Reentry-Detektion“ bei akuter Dissektion)
ten Darstellung der Morphologie. Sie ist daher, eine und das Fehlen eines Bolus-Timings, Nachteil die re-
gute bis optimale Bildqualität vorausgesetzt, die Me- duzierte Ortsauflösung. Vorteil der Bolus-getrigger-
thode der Wahl in der Abklärung der thorakalen Aor- ten 3D-Kontrastmittel-MRA ist die hohe Ortsauflö-
ta. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der instabile sung mit einem Angiographie-ähnlichem Bild der
und/oder nichtkooperative Patient kein geeigneter gesamten Aorta und deren Abgänge (maximales
Kandidat für eine suffiziente MRT-Diagnostik ist. „field of view“/FOV 450 mm). Dabei ist die Akquisi-
Von Geräteseite ist eine durchgängige diagnostische tion eines 3D-Blocks in Atemanhaltetechnik mit der
Bildqualität nur unter Hochfeldbedingungen mit geforderten Schichtdicke von 1,5–2 mm nur unter
Hochleistungsgradientensystemen zu erzielen. Eine Hochfeldbedingungen mit einem Hochleistungsgra-
suffiziente EKG-Triggerung ist für die Beurteilung dientensystem zu realisieren. Bezüglich der Wand-
des Bulbus sowie der bulbusnahen Aorta obligat. beurteilung ist die MRA der Bildgebung naturgemäß
Für die Darstellung der Morphologie sind Turbo- unterlegen (Tabelle 2.1).
Spin-Echo- (TSE-)Sequenzen in Atemanhaltetechnik
2.1 Aorta 107

Tabelle 2.1. MRT-Untersuchungsprotokoll für die thorakale Aorta

Übersicht Morhologie MRA Flussmessung

Sequenz Haste, Turboflash usw. T1, T2 TSE, TIRM 3D-GRE 2D-Phasenkontrast


„dark blood“
Schichtdicke 5–10 mm 5–8 mm <2 mm 5–10 mm
EKG Nein Obligat für Aszendens, Obligat Obligat
Bulbus
„Breathhold“ Nein Zumindest eine Ebene Ja Fakultativ
Orientierung Transversal, parasagittal, Transversal, parasagittal Parasagittal oder „In plane“ oder
koronar optional koronar „through plane“
FOV <400 mm <380 mm <480 mm <380 mm
Zeit <15 s <20 s bei „breathhold“ 15–30 s >6 Phasen
pro Herzzyklus

Digitale Subtraktionsangiographie 2.1.2


Die konventionalle Blattfilmangiographie der thora- Normalanatomie und wesentliche Varianten
kalen Aorta, später weitgehend ersetzt durch die digi-
tale Subtraktionsangiographie (DSA), galt lange als Die Aorta ascendens beginnt linksseitig in Höhe des
Goldstandard. Sie ist heute durch CTA und MRA 3. Interkostalraums (ICR) und verläuft schräg nach
weitgehend verdrängt worden. Eine gute Auflösung rechts oben bis zum 1. ICR. Ihre Weite ist altersab-
(1024×1024) ist erforderlich, um auch 1–2 mm große hängig: Bei Kindern im Alter von 5 Jahren beträgt der
intimale Flaps nachzuweisen, die bei einer 512er Ma- Durchmesser 1 cm, er liegt im Alter von 10 Jahren bei
trix dem Nachweis entgehen können (Brant-Zawads- 1,3 cm und beträgt bei 20- bis 50-Jährigen 2–3 cm mit
ki et al. 1983). Dabei sind mindestens 2 orthogonale einen maximalen Durchmesser von 3–3,5 cm bei
Projektionen (im amerikanischen Schrifttum sind über 50-Jährigen. Die Aorta ascendens liegt im Gan-
dies die RAO- und LAO-Projektion bzw. a.-p. und zen intraperikardial. Sie setzt sich in den nach links
LAO) obligat sowie zusätzliche Projektionen bei un- dorsal ziehenden Aortenbogen fort, der die Trachea
klaren Befunden. Eine Kontrastmittelmenge von 20– etwa in Höhe des 4. Brustwirbelkörpers kreuzt und
30 ml/Serie bei einer Injektionsgeschwindigkeit von danach links paratracheal wieder absteigt. Der höch-
25 ml/s ist empfehlenswert. ste Punkt des Bogens befindet sich hinter dem Manu-
Der transfemorale Zugang ist der mit weitem Ab- brium sterni, 2,5 cm unter der Incisura sterni. Der Ar-
stand am häufigsten verwendete, mit einer Kompli- cus aortae ist 5–6 cm lang und hat am Anfang einen
kationsrate <1%. Diese umfasst vor allem punktions- Durchmesser von 2–3 cm und am Ende einen Durch-
und kontrastmittelbedingte Komplikationen. In Ein- messer von 1,7–2,5 cm.
zelfällen (Sondierungsprobleme oder Verschluss der
Beckenstrombahn im Sinne eines Leriche-Syn- 왔 Als Isthmus wird der Abschnitt zwi-
Definition
droms) bietet sich der transaxilläre oder transbrachi- schen dem Abgang der linken A. sub-
ale Zugang an mit deutlich höherer Komplikationsra- clavia und der Insertionsstelle des Ductus Botalli be-
te (4–8%,Vasospasmus, Hämatom, in seltenen Fällen zeichnet.
Thrombose und Dissektion). Beim so genannten Ductusdivertikel handelt es
Die Angiographie besitzt eine 100%ige Sensitivi- sich um eine umschriebende Aufweitung der inneren
tät im Erfassen von intimalen Läsionen, wenn diese Aortenbogenkonvexität, die nicht auf die Traktion
tangential abgebildet werden. Limitationen bestehen des Ductus zurückzuführen ist, sondern ein embryo-
in der Beurteilung von Wandveränderungen (z. B. nales Residuum des rechtsseitigen Aortenbogens
IMH), da sich diese nur indirekt als Kontrastmittel- darstellt.
aussparung darstellen und die differenzialdiagnosti-
sche Abgrenzung gegenüber einem Plaque nicht Die Aorta descendens liegt im hinteren Mediastinum
möglich ist. Die Indikationen für den Einsatz der links von der Wirbelsäule und zieht in Höhe des
DSA sind vor allem bei inkongruenten Befundkon- 12. Brustwirbels durch den Hiatus aorticus in den
stellationen zu sehen oder im Rahmen einer Koro- Bauchraum.
narangiographie zur Abklärung des Koronarstatus Die ersten Äste der Aorta ascendens sind die Koro-
vor einer Operation. narien, die aus dem Sinus valsalvae entspringen. Der
erste Ast des Aortenbogens ist der Truncus brachio-
108 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

cephalicus, bevor dann A. carotis communis links


und linksseitige A. subclavia abgehen. Diese normale
Anatomie liegt in 70% aller Fälle vor. Als häufigste
Variante findet man einen gemeinsamen Abgang von
Truncus brachiocephalicus und A. carotis communis
in 20% der Fälle. Die zweithäufigste Variante mit 4–
6% ist ein isolierter Abgang der linken A. vertebralis
aus dem Aortenbogen (Lippert 1967). Eine den
Schilddrüsenisthmus versorgende A. thyroidea ima
(6% der Fälle) geht in 50% der Fälle aus dem Truncus
brachiocephalicus hervor, kann aber auch direkt aus
dem Bogen, der rechten A. subclavia, der A. thoracica
interna oder der A. suprascapularis entspringen.
Bei etwa 80% aller Patienten finden sich zwischen
3. und 11. ICR 9 segmentale, dorsale Interkostalarte-
rien. Die oberen 2 werden durch den Truncus costo-
cervicalis versorgt. Jede Interkostalarterie hat einen
dorsalen Ast, der Wirbelsäule, Meningen, paraverte-
brale Muskulatur und das Rückenmark versorgt. Abb. 2.1. Hypothese von Edwards: doppelt angelegter Aorten-
Anzahl, Größe und Ursprung der Bronchialarte- bogen. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers
rien sind sehr variabel. 21–38% aller Patienten haben 1974)
2, 40–50% 3 und in etwa 20% werden 4 Bronchialar-
terien angetroffen. Knapp 90% der rechts- und 70%
der linksseitigen Bronchialarterien entspringen in
Höhe Th4 bis Th6. Sie können direkt oder aus Inter-
kostalarterien abgehen. Dabei verlaufen sie geschlän-
gelt zum Lungenhilus und können mit Pulmonalarte-
rien, mediastinalen Arterien und Koronarien anasto-
mosieren. Klinische Bedeutung bekommt die selekti-
ve Darstellung der Bronchialarterien in der
Abklärung von Hämoptysen.
Zahlreiche Varianten des Aortenbogens und sei-
ner Äste sind beschrieben worden. Dabei handelt es
sich um z. T. komplexe Fehlbildungen der 4. Kiemen-
bogenarterie. Alle Anomalien lassen sich gemäß der
Hypothese von Edwards mit einem doppelt angeleg-
ten Aortenbogens erklären (Abb. 2.1). Der normale
Aortenbogen bildet sich aus der 4. linken Kiemenbo-
genarterie, während die rechte resorbiert wird.
Bleiben beide Anlagen bestehen, so bildet sich ein
doppelter Aortenbogen 0,04% (Arcus aortae duplex,
Abb. 2.2). Dabei entspringt aus dem rechten Anteil
Abb. 2.2. Bleiben beide Anlagen bestehen, so entsteht eine
die A. carotis communis und die rechte A. subclavia, doppelter Aortenbogen (in 0,04%), Arcus aortae duplex. (Mit
aus dem linken die linksseitige A. carotis communis freundlicher Genehmigung, aus: Shuford u. Sybers 1974)
und A. subclavia sinistra (in dieser Reihenfolge). Der
rechte Anteil verläuft lateral der Trachea und poste-
rior des Ösophagus, um sich dann mit dem linkssei- tion und Dysphagie symptomatisch werden. Dies ge-
tigen Anteil zu vereinigen. Gelegentlich liegt dabei schieht in der Regel innerhalb der ersten 6 Lebens-
die deszendierende Aorta rechtsseitig, und der links- monate, die klinische Symptomatik kann jedoch
seitige Anteil verläuft hinter dem Ösophagus. Alter- auch erst im Erwachsenenalter manifest werden.
nativ kann der deszendierende Anteil in der Mittelli- Kommt es zur Resorption der linksseitigen 4. Kie-
nie liegen. Dann ist der linksseitige Aortenbogen oft menbogenarterie und bleibt die rechte bestehen, so
schmaler, vor allem distal des Abgangs der linken entsteht mit einer Häufigkeit von 0,04% der Autop-
A. subclavia. Dieser Abschnitt kann als schmales Ge- sien ein rechtsseitiger Aortenbogen, der sich in der
fäßband erhalten bleiben oder durch ein fibröses Mehrzahl der Fälle in eine rechts deszendierende
Band ersetzt werden und so durch Trachealobstruk- Aorta fortsetzt. Dabei sind viele Varianten beschrie-
2.1 Aorta 109

Abb. 2.3. Rechtsseitiger Aortenbogen mit spiegelbildlicher Abb. 2.5. Linksseitiger Aortenbogen mit aberrierender rech-
Anordnung der supraaortalen Äste. (Mit freundlicher Geneh- ter A. subclavia. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shuford
migung, aus: Shuford u. Sybers 1974) u. Sybers 1974)

2. Rechtsseitiger Aortenbogen mit retroösophageal


verlaufender linksseitiger A. subclavia und links-
seitigem Ductus bzw Lig. Botalli (Abb. 2.4). Bei
dieser Form kommt es zu einer Obliteration des
doppelt angelegten Bogens zwischen linker A. ca-
rotis communis und A. subclavia. Somit stellt die
linke A. carotis communis den ersten und die lin-
ke A. subclavia den letzten Abgang dar, die als Ge-
fäßschlinge retroösophageal verläuft, aber nur
selten Kompressionssymptome verursacht. Asso-
ziierte kongenitale Vitien finden sich in etwa 12%
der Fälle.

Linksseitiger Aortenbogen
und rechts deszendierende Aorta
In dieser Kombination sind Gefäßringe häufig. Der
Abb. 2.4. Rechtsseitiger Aortenbogen mit retroösophageal linke Bogen kreuzt hinter den Ösophagus. In Kombi-
verlaufender linksseitiger A. subclavia und linksseitigem Duc-
tus bzw. Lig. Botalli. (Mit freundlicher Genehmigung, aus: Shu- nation mit einem offenen rechtsseitigen Ductus oder
ford u. Sybers 1974) einem Ursprung der linken A. subclavia aus dem
rechtsseitigen embryonalen Aortenbogen entsteht ei-
ne Gefäßschlinge. Diese Fälle sind als Teil des zervi-
ben worden (Shuford u. Sybers 1974). Die wichtigsten kalen Aortenbogenkomplexes häufig assoziiert mit
Formen sind: einer zervikalen Position des Aortenbogenapex.
1. Rechtsseitiger Aortenbogen mit spiegelbildlicher
Linksseitiger Aortenbogen
Anordnung der supraaortalen Äste (Abb. 2.3). Bei
mit aberrierender rechter A. subclavia
dieser häufigsten Form nimmt man an, dass der
Bei dieser in 0,5–1% der Patienten vorkommenden
embryonale linksseitige Aortenbogen distal des
Anomalie des Aortenbogens entspringt die rechte
Ductus arteriosus obliteriert. Somit entsteht als
A. subclavia distal des Abgangs der linken und ver-
erster Ast eine linksseitige A. brachiocephalica,
läuft in 80% der Fälle hinter, in 15% zwischen Öso-
bevor die A. carotis communis rechts und A. sub-
phagus und Trachea und in 5% ventral von Trachea
clavia dextra folgen. 98% der Patienten haben
oder Hauptbronchus schräg aufwärts zur rechten Sei-
gleichzeitig kongenitale zyanotische Herzfehler
te (Abb. 2.5). Dysphagie tritt selten auf. Meistens han-
(Fallot-Tetralogie, Truncus arteriosus, „double
delt es sich um einen Zufallsbefund. Assoziierte kon-
outlet“ rechter Ventrikel usw.).
genitale Vitien kommen in etwa 10% der Fälle vor.
110 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Dabei kann als Rarität die aberrierende A.subclavia aus 5. Abgrenzbarkeit der Aortenschattens: unscharfe
einem Kommerell-Divertikel entspringen, einem em- aortale Konturen in Zusammenhang mit der Kli-
bryonalen Rest der rechtseitigen dorsalen Aortenanla- nik eines akuten thorakalen Schmerzereignisses
ge. Über lebensbedrohliche Blutungen aus einer durch (z. B. akute Dissektion, ein PAU und/oder gedeck-
eine Duodenalsonde bedingten Arrosion der A. lusoria te Aortenruptur, IMH usw.).
existieren Einzelfallberichte (Kuffer et al. 1992). 6. Weite der Aorta: in Abhängigkeit vom Alter bis
3 cm, Graubereich zwischen 3 und 5 cm im Sinne
Zervikaler Aortenbogen einer aneurysmatischen Erweiterung, Aneurysma
Der zervikale Aortenbogen ist eine seltene (weniger bei einem Durchmesser >5 cm (Operationsindi-
als 50 Fälle in der internationalen Literatur) Anoma- kation ab 5,5–6 cm).
lie unklarer Ätiologie, bei sich der Aortenbogen bis in Cave: Durchmesser oft nicht zuverlässig im Rönt-
die zervikalen Weichteile ausdehnt. Dabei werden genbild bestimmbar.
2 Formen unterschieden: Bei der ersten Form befin- 7. Form und Lage von Verkalkungen: Eine >1 cm be-
det sich der Zervix kontralateral zur Aorta descen- tragende Distanz zwischen einer Intimaverkal-
dens mit aberrierender A. subclavia, bei der zweiten kung und dem äußeren Aortenrand als Zeichen
Variante liegt eine ipsilateral deszendierende Aorta einer Dissektion (niedrige Spezifität mit 7%).
und eine spiegelbildliche Anordnung der supraaorta- Cave: Projektionsbedingt durch geschlängelte
len Äste vor (Kazuma et al. 1997). Dabei ist eine Asso- Aorta mit verkalkten, arteriosklerotischen Pla-
ziation mit einer Chromosomendeletion 22q11.2 ques.
(Catch 22) und schwerem Herzfehler (Fallot-Tetralo- 8. Verdichtung retrotracheal: als möglicher Hinweis
gie, Ventrikelseptumdefekt/VSD, Pulmonalatresie) auf eine aberrierende A. subclavia oder einer zir-
beschrieben worden. Die meisten Patienten sind je- kumflexen, transversal verlaufenden rechten Aor-
doch asymptomatisch, oder es werden Gefäßringe tenbogens bei links deszendierender Aorta.
mit konsekutiver Dyspnoe oder Dysphagie auffällig. 9. Sekundärphänomene: Pleura-, Perikarderguss,
Eine zusätzliche aneurysmatische Erweiterung findet Mediastinalverbreiterung, Trachealverlagerung.
sich in 20%. In nahezu allen Fällen ist klinisch eine
pulsierende zervikale Raumforderung tastbar. Computertomographie
1. Durchmesser der Aorta:
Es gilt, dass ab einem Durchmesser von 5,5–6 cm
2.1.3
– unter Berücksichtigung von Ätiologie und Zeit-
Systematische Bildanalyse
faktor – die Operationsindikation gegeben ist. In
Röntgenthorax
diesem Kontext geben Lokalisation und Form des
1. Position des Aortenknopfes: Aneurysmas entscheidende Hinweise auf die Ge-
Liegt er rechts oder links paratracheal? nese (s. Abschn. „Aneurysma“). Unabhängig da-
Liegt er rechtsseitig, so ist auf die Herzposition zu von ist auf die Mitbeteiligung des Bulbus und der
achten. Koronararterienabgänge zu achten (wichtig für
Besteht gleichzeitig eine Dextrokardie bei links- das operative Vorgehen: klappentragendes Kon-
seitiger Lage der Leber, so liegt ein Situs inversus duit mit Reinsertion der Koronarien vs. klappen-
totalis vor. erhaltendes Vorgehen ohne Reinsertion der Koro-
Liegt eine Lävokardie vor, so ist an eine der zahl- narien). Dabei ist die Miteinbeziehung der supra-
reichen Varianten zu denken, häufig assoziiert mit aortalen Äste zu berücksichtigen (unter Umstän-
einem schweren Herzfehler (s. oben). den Aszendens- und Bogenersatz) und dazu
2. Liegt ein doppelter Aortenbogen vor? Stellung zu nehmen, wann sich das aortale Lumen
Position und Lage der deszendierenden Aorta wieder normalisiert hat. Eine ganz andere Bedeu-
(rechts/links deszendierend). tung hat der aortale Durchmesser bei einem adä-
3. Höhe des Aortenknopfes: Liegt der Aortenbogen- quaten Dezelerationstrauma. Zeigt sich eine ab-
scheitel in der p.-a.-Aufnahme in Höhe des rupte Lumenzunahme (von einer Schicht zur
Schlüsselbeins oder darüber als Zeichen der Aor- nächsten), so ist dies Ausdruck einer Aortenrup-
tenelongation. Zervikale Lage beim so genannten tur (zusätzliche Sekundärphänomene sind in die-
zervikalen Aortenbogen. sem Fall Hämatom oder intraluminaler Flap).
4. Doppelkontur des Aortenknopfes bei akuter Dis- 2. Wandverdickung:
sektion. In diesem Zusammenhang ist die Anamnese des
Cave: Überlagerungseffekte von aszendierender Patienten entscheidend: Bei einem akuten thora-
und deszendierender Aorta. kalen Schmerzereignis ist an eine IMH zu denken.
2.1 Aorta 111

Abb. 2.6. Williams-Beuren-Syndrom: Seltene (1:2500) chro-


mosomale Anomalie (heterozygote Deletion von Chromosom
7q11.23) mit fazialer Dysmorphie, mentaler Retardierung und
kardiovaskulären Fehlbildungen, u. a. supravalvuläre Aorten-
stenose, Hypoplasie der deszendierenden und abdominellen
Aorta und Koarktation der Aorta. Der vorliegende Fall eines
20-jährigen Patienten mit bekannter geistiger Retardierung
und Hypertonus zeigt in der MRA eine hochgradige Koarkta-
tion bei Hypoplasie der Aorta descendens und abdominalis.
(Williams et al. 1961; Beuren et al. 1962)

Dabei ist die Verdickung sichelförmig mit erhöh-


ter Dichte (Aortenwandhämatom!), und es liegt
eine inwendig verlagerte Intimaverkalkung vor
im Unterschied zum chronischen Abscheide-
thrombus mit geringer Dichte, einer exzentri-
schen Konfiguration und einer Verlagerung des
Intimakalks zur Wand hin. Die Ausdehnung der
Wandveränderung ist ein weiteres differenzialdi-
b
agnostisches Kriterium: Die Wanddicke kann 2 cm
und mehr betragen, die kraniokaudale Ausdeh- Abb. 2.7 a, b. Zufallsbefund bei einer 50-jährigen Patientin:
nung unter Umständen mit >10 cm erheblich sein. rechtsseitiger Aortenbogen und rechts deszendierende Aorta
Wichtig in diesem Zusammenhang ist der Nach-
weis eines Ulkus. In diesem Fall liegt das Krank-
heitsbild eines PAU mit Wandeinblutung vor.
Fehlt das akute Schmerzereignis und klagt der Pa- sen führt. Dies unterscheidet die Aortitis von ei-
tient über unspezifische Allgemeinsymptome wie nem Befall im Rahmen einer granulomatösen
Schwäche, Appetitlosigkeit oder Fieber und wird Systemerkrankung, die die abgehenden Äste mit
symptomatisch mit Zeichen einer okulären, kra- einbezieht, nicht aber stenosiert. Unproblema-
nialen oder peripheren Minderdurchblutung, so tisch ist die Abgrenzung der Aortitis gegenüber
kann die Wandverdickung Ausdruck einer Aorti- den intimal lokalisierten arteriosklerotischen
tis sein, die klassischerweise zum Befall von Aor- Veränderungen, die typischerweise an Gefäßab-
tenbogen und der supraaortalen Äste mit Steno- gängen anzutreffen sind.
112 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b d

Abb. 2.8 a–d. Rechtseitiger Aortenbogen mit A. lusoria

3. Membranstrukturen:
In diesem Zusammenhang ist zuverlässig zu klä-
ren, ob eine Dissektion vorliegt oder nicht. Be-
steht ein zweites, perfundiertes Lumen kontinu-
ierlich über mehrere Schichten, so ist die Diagno-
se eindeutig. Dabei sind als Differenzialdiagnosen
vor allem Artefakte abzugrenzen: Pulsationsarte-
fakte, Hochkontrastartefakte sowie kleine, sichel-
förmige periaortale Atelektasen oder die inferio-
re linke Pulmonalvene. Bei nachgewiesener Dis-
sektion ist auf die Abgänge der Aortenäste und
Zeichen der Minderperfusion zu achten. Ist zu-
sätzlich ein Hämatothorax oder ein Hämatom
nachweisbar, so ist dies Ausdruck einer bereits er-
folgten Ruptur (Operationsindikation auch beim
Typ-B-Aneurysma). Ein völlig andere Bedeutung
kommt dem Nachweis von Membranstrukturen
Abb. 2.9 Situs inversus mit rechts deszendierender Aorta bei einem schweren Dezelerationstrauma zu. Hier
sind sie Ausdruck einer Intima- und/oder Media-
leftze.
2.1 Aorta 113

Magnetresonanztomographie
Für die MRT gelten dieselben Bildbetrachtungskrite-
rien wie für die CT. Bezüglich der aortalen Wandver-
dickung ist neben der Lokalisation die intravenöse
Kontrastmittelgabe entscheidend. Sie ist im Falle
einer Aortitis überwiegend positiv, negativ bei einem
intramuralen Hämatom im Rahmen einer IMH oder
eines PAU sowie beim exzentrischen Plaque oder
beim chronischen Abscheidethrombus. Im Falle ei-
ner intramuralen Hämorrhagie kann das charakte-
ristische Signalverhalten der Blutung (hyperintens
im T1-gewichteten Bild bei Methämoglobinbildung)
differenzialdiagnostisch weiterhelfen. In der Abgren-
zung einer IMH von einem PAU ist auf den Nachweis a
eines Ulkuskraters bei PAU zu achten. Obwohl die
MRT der MRA in der Beurteilung der Aortenwand
überlegen ist, kann auch eine hochaufgelöste MRA
mit Schichtdicken von 1,5–2 mm den Nachweis eines
kleinen Aortenulkus erbringen.
Membranstrukturen sollten eindeutig von Pulsa-
tionsartefakten abgegrenzt werden: Dabei ist der
Nachweis in mindestens einer weiteren 2. Ebene zu
fordern. Differenzialdiagnostisch hilfreich ist in die-
sem Fall eine Veränderung der Präparationsrichtung.
Bekannte Ursache falsch-negativer Befunde ist die
fehlende Darstellung der Intima-Media-Membran in
der MIP. Eine Betrachtung aller Einzelbilder lässt die-
sen Pitfall vermeiden helfen. Vollständig thrombo-
sierte Anteile einer Aortendissektion lassen sich dif- b
ferenzialdiagnostisch von einem geringen Rest-Flow
im falschen Lumen mit ergänzender Phasenkontrast-
angiographie und/oder einer Tagging-Sequenz ein-
deutig abgrenzen.

Abb. 2.10 a–c. Zufallsbefund eines asymptomatischen 55-jäh-


rigen Patienten mit einer retroösophageal verlaufenden A. lu-
soria
114 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b c

d e f

2.1.4
Krankheitsbilder

2.1.4.1
Aortenisthmusstenose (Coarctatio aortae)

h 왔 Die Coarctatio aortae ist die häufigste


Definition
kongenitale Stenose der proximalen
deszendierenden Aorta mit einer Inzidenz von 4,1
auf 10.000 Neugeborene, und sie wird in 7% der Fäl-
le mit kongenitalem Herzfehler gefunden.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Stenose wird durch eine Einbuchtung der latera-
len, ventralen und dorsalen Gefäßwand und einen in
das Lumen vorspringenden Mediawulst hervorgeru-
fen. Das stenotische Segment kann fokal (juxtadukta-
g i le Koarktation), diffus (hypoplastischer Isthmus)
oder in etwa 25% der Fälle komplett (Atresie) sein. In
Abb. 2.11 a–i. 60-jährige Patientin mit zunehmenden Schluck-
störungen. Die Breischluckuntersuchung zeigt eine Verlage-
der Regel entspringt die A. subclavia sinistra proxi-
rung des Ösophagus. Ursächlich ist ein großes, teilthrombo- mal der Stenose, kann aber auch mit in sie einbezo-
siertes Aneurysma mit aberrierender A. subclavia, aus dem gen sein. Etwa 80% der Isthmusstenosen liegen distal
Kommerell-Divertikel entspringend, einem embryonalen Rest der Mündung des Ductus arteriosus (Erwachsenen-
der rechtsseitigen dorsalen Aortenanlage
typ), 20% proximal (infantiler Typ) mit einem offe-
2.1 Aorta 115

nen Ductus in nahezu 100% der Fälle. Infolge der wegen der poststenotischen Turbulenzen einge-
Aortenisthmusstenose muss der linke Ventrikel ge- schränkt.
gen Widerstand auswerfen, was langfristig zu einer Die MRT hat die Angiographie weitgehend ersetzt
konzentrischen Hypertrophie führt. Zur Umgehung und ermöglicht eine exaktere Bestimmung des Ste-
der Stenose bildet sich ein Kollateralkreislauf aus Äs- nosegrades, der Kollateralverhältnisse sowie eine
ten der A. subclavia (A. thoracica interna, A. axillaris bessere Abschätzung des Druckgradienten als die
und A. vertrebralis) und der Aa. intercostales, spina- Echokardiographie. Das Ausmaß der Stenose wird
les und epigastricae. besonders auf Spin-Echo (SE-) oder TSE-Bildern, die
Kollateralverhältnisse mit einer kontrastmittelunter-
Klinische Symptomatik stützten 3D-MRA und die Druckverhältnisse mit Hil-
Die klinische Symptomatik und das Alter des Patien- fe einer Phasenkontrastangiographie deutlich (Ri-
ten zum Zeitpunkt der klinischen Manifestation hän- quelme et al. 1999).Aus diesem Grund gilt die MRT in
gen stark von Ausmaß der assoziierten kardialen Fehl- der Primärdiagnostik und vor allem in der Verlaufs-
bildungen ab. Die bei der präduktalen (infantilen) beurteilung postoperativer Verhältnisse als Methode
Form häufig assoziierten Fehlbildungen (Koarktation der Wahl. Auch wenn die CTA vor allem in den Zeiten
als Teil des so genannten hypoplastischen Linksherz- der Multidetektorgeneration mit nahezu isotropen
syndroms, VSD, arteriovenöser Kanal) führen schon 2D-Rekonstruktionen eine Darstellung der Stenose
im Neugeborenen- und frühen Säuglingsalter zu ra- ermöglicht, ist sie aus strahlenhygienischen Ge-
scher kardialer Dekompensation,und diese Form wird sichtspunkten eher die Schnittbildmethode der zwei-
dementsprechend auch als kritische Aortenisthmus- ten Wahl, zumal die MRT hinsichtlich der Möglich-
stenose bezeichnet. Im Unterschied dazu kann die keit einer ergänzenden Flussmessung mit Abschät-
postduktale Form lange asymptomatisch bleiben. zung der Druckverhältnisse sowie der Darstellung
der Kollateralsituation überlegen ist.
Merke ! Nahezu alle Patienten zeigen eine Hy-
pertonie der oberen Körperhälfte mit Differenzialdiagnose, operative
einem deutlichen Druckgradienten zwischen Armen und interventionelle Aspekte
und Beinen. Dabei gilt eine Blutdruckdifferenz von Assoziierte Herzfehler mit kardialer Dekompensa-
20 mmHg und mehr als ein starker Prädiktor für das tion erfordern schon im frühen Säuglingsalter eine
Vorhandensein einer Aortenisthmusstenose. operative Korrektur. Ohne Operation sterben etwa
80–100% der Säuglinge im ersten Jahr. Dabei be-
Ein Systolikum (links parasternal und auf dem Rü- stimmt das Ausmaß der assoziierten Fehlbildungen
cken) war in einer Fallstudie von Pees et al. (1999) in die Prognose und Mortalität (z. T. bis 60%).
51 von 53 Fällen nachzuweisen. Bei isolierter Aortenisthmusstenose und kardialer
Dekompensation wie auch bei der Atresie ist die Ope-
Radiologische Symptomatik rationsindikation sofort gegeben, nachdem mit einer
In der Nativröntgendiagnostik erscheint die Konfigu- intravenösen Prostaglandin-Infusion (künstlich of-
ration des Herzens bei der isolierten, juxta- und post- fen gehaltener Ductus Botalli) in 80% der Fälle eine
duktalen Aortenisthmusstenose in den meisten Fäl- Stabilisierung der hämodynamischen Verhältnisse
len uncharakteristisch, die Herzgröße normal, bei äl- erreicht werden kann. Besteht keine kardiale Dekom-
teren Kindern etwas nach links ausladend. Gelegent- pensation, verzögert man den Zeitpunkt des operati-
lich kann in der p.-a.-Aufnahme eine prästenotische ven Eingriffs um 3–6 Monate, da vorher das Risiko ei-
Dilatation der Aorta ascendens auffällig sein. Häufi- ner Reststenose/Rezidivrate höher ist. Bei einer mil-
ger ist eine Einkerbung am linken oberen Mediasti- der Aortenisthmusstenose kann die Operation bis ins
nalrand als Lian-Zeichen zu finden. Diese Einker- frühe Vorschulalter verschoben werden, da dann das
bung stellt nicht die eigentliche Aortenisthmussteno- Operationsrisiko sehr gering ist (<1%) und eine dau-
se dar, sondern ist vielmehr durch die prästenotisch erhafte Beseitigung der Stenose garantiert werden
entspringende A. subclavia bedingt. Die früher viel kann und auch nicht mit dem Auftreten von Spät-
zitierten Rippenusuren als Zeichen einer über Jahre schäden zu rechnen ist. Insgesamt bewegt sich die
bestehenden Kollateralisierung sind heute seltener Operationsletalität bei isolierter Aortenisthmusste-
zu finden, da Diagnostik und Therapie schon im Vor- nose zwischen 2–6%. Die Paraplegierate lag in einem
schulalter stattfinden. großen Kollektiv mit 12.532 eingeschlossenen Koark-
Mit der zweidimensionalen Echokardiographie ge- tektomien von Brewer et al. (1972) bei 0,4%.
lingt über einen suprasternalen, subxiphoidalen oder
parasternalen Zugang der direkte Nachweis der Ste-
nosierung im Isthmusbereich, wobei sich die Schall- Merke ! Operationsverfahren der Wahl ist die
Resektion des krankhaft veränderten
bedingungen mit zunehmendem Alter verschlech- Isthmusgewebes und die End-zu-End-Anastomose
tern. Eine Abschätzung des Druckgradienten ist oft mit der geringsten Rezidivquote (<5%).
116 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b c

Abb. 2.12 a–c. 40-jähriger blinder Patient, der über eine Clau- MRA demonstriert eindrucksvoll die segmentale Agenesie der
dicatio-ähnliche Symptomatik klagt. Subclavian-steal-Symp- Aorta, die ausgedehnte Kollateralisierung über die A. thoracica
tomatik. Das Röntgenbild zeigt das Bild einer konzentrischen, interna, die Interkostalarterien sowie vor allem über eine dis-
linksventrikulären Hypertrophie, eine glatt begrenzte, konvexe tal des aplastischen Aortensegments abgehende A. subclavia
Vorwölbung oberhalb des Aortenknopfes (der dilatierten mit einer retrograden Flussrichtung (in der farbkodierten
A. subclavia entsprechend) sowie Rippenusuren (Pfeil). Die Duplexsonographie nachgewiesen)

a b

Abb. 2.13 a, b. Ähnlicher Fall einer erst im Erwachsenenalter Dilatation eines hypertrophierten, linksventrikulären Myo-
diagnostizierten Koarktation. 22-jährige Mutter (160 cm, kards. b Die MRA zeigt eine proximal entspringende, dilatier-
100 kg) von 2 Kindern, die seit ihrem 16. Lebensjahr an einem te A. subclavia sinistra sowie ausgedehnte Kollateralkreisläufe
Hypertonus leidet und unter einem Dreimedikamentenregime über die A. thoracica internae und die durch den hohen Fluss
normotom ist! Berichtet seit ihrer Kindheit von kalten Beinen korkenzieherähnlich deformierten Interkostalarterien
(RR untere Extremität 50 mmHg). a MRT-Bild: beginnende
2.1 Aorta 117

Die Rezidivwahrscheinlichkeit der „Subclavian-flap- Dabei spricht man in den ersten 14 Tagen nach
Technik“, bei der die A. subclavia am Abgang der Trauma von einer akuten, danach von einer chroni-
A. vertrebralis abgesetzt, der Isthmus längs eröffnet schen Aortenruptur.
und nach Resektion des intraluminalen Wulstes die
längs inzidierte Subklavia aufgenäht wird, ist deut- Pathologisch-anatomische
lich höher (5–15%). Eine Dakron-Interposition führt und ätiologische Grundlagen
in bis zu 27% der Fälle (Kontrollzeitraum 2–14 Jahre; Die akute Aortenruptur wurde 1557 erstmals von Ve-
Ala-Kulju et al. 1983) zur Aneurysmabildung. salius beschrieben, ehe Strassmann (1947) 72 autop-
Galt in den letzten Jahren die Ballondilatation tisch gesicherte Fälle beschrieb. Ursächlich ist ein
beim Auftreten einer Rest-/Rezidivstenose sowie von akutes Dezelerationstrauma (z. B. Auffahrunfall bei
milden Stenosen im Kindes- und Erwachsenenalter Verkehrsunfällen). Dabei wirken das Lig. arteriosum
als eine mögliche Therapieoption, so hat sie in neue- und die Interkostalarterien für die Aorta descendens
rer Zeit eine Erweiterung der Indikationsstellung als wie ein Anker, während das Herz mit Aorta ascen-
primäres Therapieverfahren für Säuglinge (>1 Mo- dens und Aortenbogen ungebremst nach vorne be-
nat) und Kleinkinder erfahren, begrenzt auf mäßige, schleunigt werden (so genannter Wasser-Hammer-
juxtaduktale Stenosen bei einem sonst normal entwi- Effekt). Dieser Mechanismus erklärt, warum 80–90%
ckeltem Aortenbogen (Patel et al. 2001). Diese Indika- der akuten Aortenrupturen im Isthmusbereich loka-
tionsstellung ist durchaus umstritten, so wird in ei- lisiert sind. In 5–9% liegt die Rupturstelle in der Aor-
ner vergleichenden Studie (Johnson et al. 1993) die ta ascendens, in 1–3% in Bereich der Pars diaphrag-
Rest-/Rezidivstenosenrate mit 57 vs. 14% deutlich matica. In immerhin 6–10% muss mit mehreren
höher angegeben. Rupturlokalisationen gerechnet werden. Dabei treten
enorme Kräfte auf, die einer intravasalen Druckerhö-
왔 Die Pseudokoarktation ist eine selte- hung auf 2500 mmHg entsprechen.
Definition
ne, angeborene Anomalie der thora- Nur 10% der Unfallopfer überleben dieses Trau-
kalen Aorta mit einer Elongation des Bogens und der ma. Betrifft die Ruptur alle Wandschichten ein-
proximalen Aorta descendens mit einem „kinking“ schließlich der umgebenden mediastinalen Pleura,
in Höhe des Lig. arteriosum. so kann sich die Blutung ungehindert ausbreiten, und
der Tod ist die Folge. Bleibt die mediastinale Pleura
Eine Pseudokoarktation entsteht bei einer Ver- intakt, so breiten sich großen Blutmengen nach ret-
schmelzungsstörung der 3. bis 7.Aortensegmente. Sie ropleural aus mit der Folge eines hämorrhagischen
bleibt in der Regel asymptomatisch, da sich daraus Schocks. Unter solchen Umständen kann Blut die
keine hämodynamisch wirksame Stenosierung ent- mediastinale Pleura penetrieren, und es entsteht ein
wickelt. Die Pseudokoarktation unterscheidet sich Pleuraerguss. Ist die sehr widerstandsfähige Adventi-
von der Koarktation durch das Fehlen einer Stenosie- tia intakt – dies ist in der Regel der Fall, wenn die
rung und durch den hochstehenden, elongierten Ruptur nicht die ganze Zirkumferenz betrifft –, so ist
Aortenbogen (Abb. 2.12 a–c, Abb. 2.13 a, b). das periaortale und mediastinale Hämatom unter
Umständen nicht sehr ausgedehnt.
2.1.4.2 Wird eine akute Aortenruptur nicht erkannt und
Traumatische Veränderungen sofort operiert, so sterben 30% innerhalb der ersten
6, 40–50% innerhalb von 24 Stunden und 90% inner-
Aortenruptur halb von 4 Monaten. Dabei kann sich an der Ruptur-
stelle ein Pseudoaneurysma ausbilden. Dies kann un-
왔 Die akute Aortenruptur ist die trau- ter Umständen jahre- und jahrzehntelang stabil blei-
Definition
matisch bedingte Zerreißung von Tei- ben und schließlich größer werden und rupturieren.
len oder sämtlichen aortalen Wandschichten. Nach
Parmley et al. (1958) werden Klinische Symptomatik
Patienten mit einer akuten Aortenruptur sind oft po-
∑ der intimale Typ mit Wandhämorrhagie ohne
lytraumatisiert. Begleitverletzungen wie Leber- und
oder mit intimalem Flap bis zur Lamina interna,
Milzruptur, schwere Schädel-/Hirnverletzungen sind
∑ der mediale Typ mit Einriss von Intima und Media
häufig. Oft steht der hämorrhagische Schock im Vor-
sowie
dergrund, wenngleich einige Patienten hämodyna-
∑ der adventitiale Typ mit Beteiligung aller Wand-
misch stabil sind. Bei solchen Patienten kann sich so-
schichten
gar eine hypertensive Blutdrucksituation der oberen
unterschieden. Extremität bei schlechten Pulsen der unteren Extre-
mität (akutes Koarktationssyndrom) entwickeln.
118 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Radiologische Symptomatik Indirekte Zeichen sind das periaortale und medi-


astinale Hämatom.
쐍 Röntgendiagnostik. Der Röntgenthorax kann eine Ursachen falsch-positiv diagnostizierter Aorten-
Vielzahl von Pathologien darstellen: Mehr als 90% rupturen können sein: Pulsations-, Bewegungs- oder
der Aortenrupturen zeigen eine im Übersichtsbild Aufhärtungsartefakte, das Ductusdivertikel, die V. in-
nachweisbare Mediastinalverbreiterung. Der nicht- tercostalis superior („aortic nipple“), das Infundibu-
abgrenzbare Aortenknopf und die Obliteration des lum der Bronchialarterie oder nichttraumatisch be-
aortopulmonalen Fensters hat eine Sensitivität von dingte Wandunregelmäßigkeiten, z. B. der nichtver-
40–100%, die Verbreiterung des paraspinalen Linie kalkte arteriosklerotische Plaque. In diesem Fall kön-
eine Sensitivität von 12–80%. Ein linksseitiger Hä- nen Alter, Anammese des Patienten und das
motothorax ist ein weiteres sensitives, aber wenig Vorhandensein weiterer arteriosklerotischer Plaques
spezifisches Zeichen, da es im Rahmen des Thoraxt- weiterhelfen.
raumas auch zu Blutungen aus dem Lungenparen-
chym oder aus Interkostalarterien bei Rippenfraktu- 쐍 Angiographie. Die konventionelle Blattfilmangio-
ren kommen kann. graphie (heute durch die DSA ersetzt) galt als Gold-
Weitere Röntgenzeichen sind die Rechtsverlage- standard in der Diagnostik von Aortenrupturen. Da-
rung der Trachea, die Kaudalverlagerung des linken bei ist eine gute Auflösung (1024×1024) erforderlich,
Hauptbronchus und das positive Pleurakuppenzei- um auch 1–2 mm große intimale Flaps nachweisen zu
chen (apikales Hämatom). Eine Fraktur der 1. und 2. können, die bei einer 512er Matrix evtl. dem Nach-
Rippe ist nur im Zusammenhang mit einem medias- weis entgehen (Brant-Zawadski et al. 1983). Es sind
tinalen Hämatom zu werten. mindestens 2 orthogonale Projektionen (RAO- und
LAO-Projektion bzw. a.-p. und LAO) obligat sowie
쐍 Computertomographie. Die CT ist die bildgebende zusätzliche Projektionen mit größerem Bildverstär-
Methode der ersten Wahl. Sie kommt bei polytrau- ker bei unklaren Befunden. Die Komplikationsrate
matisierten Patienten in einigen Zentren schon di- des im angloamerikanischen Schrifttums empfohle-
rekt im Schockraum zum Nachweis von thorakalen nen transfemoralen Zugangs liegt <1%. Sie umfasst
oder abdominellen Verletzungen zur Anwendung. punktions- und kontrastmittelbedingte Komplika-
tionen.
Merke ! Zur Beurteilung einer Aortenruptur

be obligat.
ist eine intravenöse Kontrastmittelga-
CAVE ! Auf eine vorsichtige Passage der mut-
maßlichen Rupturstelle bzw. des Pseu-
doaneurysmas mit Führungsdraht und Katheter ist
Eine vorher durchgeführte native Serie bietet keinen zu achten, da Einzelfallberichte eines letalen Aus-
belegten Vorteil. Dabei ist die CT in Spiraltechnik mit gangs bei direkter Kontrastmittelinjektion in das
dünnen Schichtdicken (3 mm) bei einem maximalen Pseudoaneurysma beschrieben sind (LaBerge u. Jef-
Pich-Faktor von 1,5 und einem engen Rekonstruk- frey 1987).
tionsintervall von Vorteil, um auch kleine intramura-
le Einblutungen nachweisen und die Differenzialdi- Angiographische Zeichen einer Aortenruptur kön-
agnose eines kleinen Ductusdivertikels zweifelsfrei nen sein:
klären zu können. Dabei ist die Differenzierung zwi-
∑ der direkte Kontrastmittelaustritt bei transmura-
schen subtilen, nichtpolypoiden intimalen Einblu-
len Zerreißungen,
tungen und arteriosklerotisch bedingten Wandver-
∑ das Pseudoaneurysma oder
dickungen unter Umständen nicht zu klären. Dies
∑ eine unter Umständen sehr diskrete lineare Auf-
trifft jedoch für alle bildgebenden Modalitäten zu.
hellungslinie als angiographisches Korrelat eines
Sagittale oder koronare Rekonstruktionen bieten ge-
Intimaeinrisses.
genüber den axialen Bildern keinen Vorteil (Parker et
al. 2001). CT-Studien, die an Spiralscannern durchge- Intramurale Verletzungen wie das Wandhämatom
führt wurden, belegen eine Sensitivität von 100% bei verursachen z. T. subtile Verdickungen oder Wandun-
einer Spezifität zwischen 80 und 100% (Dyer et al. regelmäßigkeiten. Wird diese Region nicht tangential
2000; Gavant et al. 1995). abgebildet, so können sich diskrete Veränderungen
Direkte Zeichen einer Aortenruptur sind der inti- dem Nachweis entziehen. Als angiographisches Spät-
male Flap, der Kalibersprung, das Pseudoaneurysma, zeichen eines intramuralen Hämatoms lässt sich in
die Pseudokoarktation, das intramurale Hämatom, der Spätphase (d. h. beim Auswaschen des Kontrast-
die Dissektion sowie in seltenen Fällen der direkte mittels) eine feine Zähnelung der Intima feststellen.
Kontrastmittelaustritt. Obwohl falsch-negative Befunde beschrieben sind
(Kearney et al. 1993; Smith et al. 1995), beträgt die
2.1 Aorta 119

a b

c d

Abb. 2.14 a–d. 21-jähriger Patient mit Polytrauma (Auffahr- Aorta in Richtung Ductus ziehend. Intraoperativ waren Intima
unfall gegen einen Baum mit etwa 100 km/h). Die Thorax-Lie- und Media in Richtung innerer Aortenkonkavität komplett se-
gendaufnahme zeigt eine diskrete, linksbetonte Mediastinal- mizirkumferenziell zerrissen bei intakter Adventitia. Die DSA
verbreiterung und eine fehlende Abgrenzbarkeit des Aorten- mit dem typischen Befund des so genannten Pseudoaneurys-
knopfes. In der CT Nachweis eines geringen rechts-betonten mas. Therapie: Adaptation der zerrissenen Wandanteile durch
Hämatoms sowie eines geringen rechtsseitigen hämorrhagi- direkte Naht
schen Ergusses. So genanntes Pseudoaneurysma mit Flap der

Sensitivität der Angiographie nahezu 100% (Kirsh et 쐍 Transösophageale Echokardiographie. Erste optimis-
al. 1976; Sturm et al. 1990) bei einer Spezifität von tische Studien berichten von einer 100%igen Sensiti-
98%. Falsch-positive Befunde entstehen durch anato- vität und einer Spezifität von fast 100% (Buckmaster
mische Varianten (Ductusdivertikel, erweiteres In- et al. 1994), während prospektive Studien diese Er-
fundibulum des Truncus bronchiointercostalis), gebnisse mit einer Sensitivität von 60% bei einer Spe-
atheromatöse Plaques oder Ulzera oder durch Pulsa- zifität um 90% relativieren (Minard et al. 1996). Eine
tions- und/oder Subtraktionsartefakte. Diese Fehler- vergleichende Studie bei 17 gesicherten Aortenrup-
quellen können durch multiple Schrägprojektionen turen sieht die transösophageale Echokardiographie
(„steep oblique views“) vermieden werden. der CT bei intimalen und medialen Läsionen überle-
Die Angiographie in der Hand des Erfahrenen ist gen (Vignon et al. 2001).Vorteil der Methode ist, dass
ein zuverlässiges diagnostisches Verfahren bei Ver- sie direkt im Schockraum durchgeführt werden
dacht auf Aortenverletzungen, das jedoch bei primä- kann, Nachteil ist die Untersucherabhängigkeit bei
rer CT-Diagnostik allenfalls noch bei fraglichen CT- dieser Methode, da eine entsprechende Erfahrung
Befunden zum Einsatz kommt wird. des Untersuchers Voraussetzung ist. Im klinischen
120 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Kontext ist die transösophageale Echokardiographie


ein unterstützendes Verfahren, aus thoraxchirurgi-
scher Sicht nicht alleinige Modalität zur Operations-
indikationsstellung („it may or may not be elected to
confirm the diagnosis“, Kirklin u. Barratt-Boyes
1993).

쐍 Magnetresonanztomographie. Der instabile Patient


ist kein Kandidat für eine MRT-Untersuchung. So
bleibt die Indikation zur MRT auf die Fälle be-
schränkt bleibt, bei denen eine klinisch stabile Situa-
tion vorliegt und die Diagnose fraglich ist (z. B. Di-
vergenz von transösophagealer Echokardiographie
und Angiographie- oder CT-Befunden). Die Quali-
tätsanforderungen an die MRT-Untersuchung müs-
sen hoch sein. Sie sollte nicht durch Atembewegun-
a
gen (Verwendung von „Breathhold-Sequenzen“) und
Pulsationsartefakte (EKG-Triggerung) eingeschränkt
sein.
In der Literatur existieren nur wenige Berichte
über den Einsatz der MRT bei Aortenrupturen. Fatto-
ri berichtet von einer Studie mit 24 Patienten über ei-
ne hohe Treffsicherheit der MRT, in einem Fall konn-
te er durch Verlaufsbeurteilung das „Abheilen“ eines
Aortenwandhämatoms zeigen (Fattori et al. 1996).

Differenzialdiagnose, operative
und interventionelle Aspekte
Die Diagnose einer Aortenruptur und ihrer Lokalisa-
tion sollte zweifelsfrei gestellt werden, da sie sofort
operativ versorgt werden muss. Bei einer Rupturlo-
kalisation im Bereich der Aorta ascendens verläuft
der Zugangsweg über eine mediane Sterniotomie, bei b
der typischen Lokalisation distal des Abgangs der
A. subclavia über eine links laterale Thorakotomie.
Bei einer Rupturlokalisation im Bereich der Aorta as-
cendens ist der Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine
erforderlich, bei Verletzungen der deszendierenden
Aorta in jedem Fall dann, wenn die voraussichtliche
Abklemmzeit >30 min beträgt. Dies hängt vom Aus-
maß der Aortenverletzung ab. So sollte der Radiologe
zur kraniokaudalen Befundausdehnung, z. B. wieviel
von der Gefäßwandzirkumferenz noch erhalten ist
oder ob Hinweise für eine komplette Dehiszens
(Abb. 2.14 a–d,Abb. 2.15 a–c) vorliegen, Stellung neh- c
men.
Die Diagnose einer Aortenruptur sollte bereits Abb. 2.15 a–c. Dezelerationstrauma eines 25-jährigen Motor-
nach der CT-Untersuchung gestellt werden. Sie ist vor radfahrers mit ausgedehnten linksseitigen Lungenkontusio-
nen, Rippenserienfrakturen, Pneumothorax, Weichteilemphy-
allem bei ausgedehnteren Befunden eindeutig. Pulsa- sem und mediastinalem Hämatom. In der CT Kalibersprung
tions-, Bewegungs- oder Aufhärtungsartefakte kön- der Aorta auf Höhe des Ductus
nen zarte intimale Flaps vortäuschen. Hier empfiehlt
sich, die Untersuchung unter Verwendung anderer
Parameter (Schichtdicke, Pitch, Rekonstruktioninter-
vall, verdünnter Kontrastmittelbolus usw.) zu wie-
derholen. Bleibt der Befund unklar, so kann ein Ab-
gleichen des CT-Befundes mit der transösophagealen
2.1 Aorta 121

Abb. 2.16 a, b. Die transbrachial


von rechts durchgeführte DSA
demonstriert eindrucksvoll eine
fusiforme Erweiterung der post-
duktalen Aorta descendens.
Intraoperativ waren bis auf den
noch stehenden Adventitia-
schlauch alle Wandanteile
zirkumferent zerrissen

a b

Echokardiographie helfen, bei weiter fraglichen Be-


funden sollte eine Angiographie das Problem klären.
Das Ductusdivertikel ist eine umschriebene, glatt
begrenzte, harmonische spindelförmiger Aufweitung
der Aortenkonkavität. Schwierig kann die Differenzi-
aldiagnose eines Wandhämatoms als Ausdruck einer
intramuralen Verletzung von nicht traumatisch be-
dingten Wandunregelmäßigkeiten, z. B. dem nicht-
verkalkten arteriosklerotischen Plaque, sein. Hier
helfen die Lokalisation (Prädilektionsstellen) sowie
der Nachweis eines wenn auch unter Umständen dis-
kreten periaortalen Hämatoms, die Diagnose einer
Aortenruptur zu stellen.
a
Bei vorliegender Inoperabilität und Ruptur der
proximalen deszendierenden Aorta wurden erstmals
Ende der 1990er Jahre über eine erfolgreiche endolu-
minale Stentimplementierung berichtet (Kato et al.
1997). Mittlerweile ist die Indikationsstellung erwei-
tert worden, und es liegen größere Fallberichte vor,
die eine niedrige Morbidität und Mortalität belegen,
Langzeitergebnisse stehen aber noch aus (Tehrani et
al. 2006).

Merke ! Die Aortenruptur tritt im Rahmen ei-


nes schweren Dezelerationstraumas
auf. Nur 10% der Patienten überleben die ersten Mi-
b nuten. Wird eine akute Aortenruptur nicht erkannt
und sofort operiert, so sterben 30% innerhalb der er-
Abb. 2.17 a, b. 18-jähriger Patient mit Hochgeschwindigkeits- sten 6, 40–50% innerhalb 24 Stunden und 90% der
aufpralltrauma, der noch in der Notaufnahme verstarb. Trans- Patienten innerhalb von 4 Monaten. Die Diagnose
sektion mit freiem Kontrastmittelaustritt
sollte ohne Verzögerung schon im Schockraum durch
eine CT mit Kontrastmittel gestellt werden.
122 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b c

Abb. 2.18 a–e. 69-jähriges Patient


mit Polytrauma (PKW-Unfall)
mit Hangman-Fraktur, stumpfem
Thoraxtrauma mit Rippenserien-
frakturen beidseits, Kalotten-
fraktur und Zephalhämatom.
Aortenruptur an typischer Stelle,
die aufgrund des schlechten
klinischen Zustands des Patienten
mit einer Stent-graft-Prothese
versorgt wurde. Der Patient
verstarb eine Woche später an
d e einer Sepsis mit Multiorgan-
versagen

Aortendissektion
Traumatisch bedingte Dissektionen (Stanford A und
B) sind eine Rarität und in der Literatur nur anekdo-
tisch beschrieben (Goverde et al. 1996; Uematsu et al.
1995). Typischerweise führt ein schweres Dezelera-
tionstrauma zu einer Aortenruptur.

Aortenwandhämatom
Von dieser traumaassoziierten Form (im Unterschied
zur spontanen IMH, s. unten) liegen mehr als 3/4 am
Abgang der A. subclavia. Aortenwandhämatome ent-
sprechen ihrem anatomischen Profil nach dem der
traumatischen Aortenruptur, sie werden aber im Un-
terschied zur Transsektion aufgrund des benignen
Verlaufs primär konservativ behandelt.

2.1.4.3
Entzündliche Veränderungen
In der Literatur existiert eine Vielzahl von häufig un-
übersichtlichen Klassifikationen aus den verschiede-
nen Bereichen der Medizin (Pathologie, Dermatolo-
gie, klinische Immunologie usw.).
Bewährt hat sich eine ätiologische Einteilung,
Abb. 2.19. Differenzialdiagnose: Ductusdivertikel. Das Duc-
tusdivertikel stellt ein Residuum des distalen embryonalen wobei Angiitiden (Befall von Arterien und Venen)
rechten Aortenbogens dar und ist nicht auf eine Traktion mit bestimmter Ätiologie, bei denen die Pathogenese
durch den Ductus zurückzuführen (gerader Pfeil: Lig. arterio- bekannt ist, von den Angiitiden mit unbestimmter
sum, gebogener Pfeil: Ductusdivertikel)
2.1 Aorta 123

Tabelle 2.2. Mögliche Ursachen einer Aortitis Viele Vaskulitiden zeigen ein Befallsmuster mit Be-
teiligung kleiner und mittelgroßer Gefäße. Tabel-
Bestimmte Ätiologie
Viral le 2.2 gibt eine Übersicht (ohne Anspruch auf Voll-
Zytomegalievirus ständigkeit) der die Aorta involvierenden in der Lite-
Bakteriell ratur beschriebenen Aortitiden.
TBC
Lues Empfehlung zur Untersuchungsstrategie
Clostridien
Salmonellen
Bildgebende Methode der Wahl ist die MRT mit einer
Staphylococcus aureus überlegenen Darstellung von Aortenwand und aorta-
betahämolysierende Streptokokken len Lumen als MRA. Vor allem in der Darstellung des
Kryptokokken Aortenbogens ist sie aufgrund ihrer Multiplanarität
Mykotisch die Methode der Wahl. Einzelne Arbeitsgruppen be-
Aspergillus schreiben die Kontrastmittelaufnahme der Aorten-
Candida
Myceliophthora thermophila wand als Parameter der Krankheitsaktivität (Choe et
al. 1999). Dies ist noch anhand von größeren klini-
Parasitär
Trypanosoma cruzei schen Studien zu korrelieren. Unbestritten ist die
(Chagas-Krankheit; tierexperimentell) Rolle der MRT zur nichtinvasiven Verlaufsbeurtei-
Physikalische und chemische Noxen lung von Wandverdickungen, Stenosen oder Aneu-
Radiatio, Hitze- oder Kälteschäden rysmen auf dem Boden von Vaskulitiden. Eine Indi-
Unbestimmte Ätiologie kation zur Angiographie ist nicht gegeben. Die CT
„Large vessel disease“ zeigt analog zur MRT Wandverdickungen, Stenosen
Riesenzellarteriittis und aneurysmatische Veränderungen, und die Se-
Takayasu Arteriitis
Morbus Horton kundärrekonstruktionen sind im Zeitalter der Mehr-
zeilendetektoren bei engen Rekonstruktionsinterval-
„Medium-sized vessel disease“
Panarteriitis nodosa len der MRT vergleichbar, sie dürften aber aus strah-
„Small vessel disease“
lenhygienischen Aspekten und aufgrund kontrast-
SLE mittelassoziierter Risiken die Methode zweiten Wahl
Morbus Behçet sein.
Rheumatoide Arthritis Erste optimistische Berichte über den Einsatz der
Sklerodermie
Rezidivierende Polychondritis PET in der Aktivitätsbeurteilung liegen vor (Derde-
Colitis ulcerosa linckx et al. 2000).
Morbus Bechterew
Klinische Symptomatik
Die klinische Symptomatik wird durch die zugrunde
liegende Erkrankung dominiert und variiert stark –
Ätiologie unterschieden werden. Die Mehrzahl der in von unspezifischen Allgemeinsymptomen wie
dieser Gruppe zusammengefassten Vaskulitisformen Schwäche, Appetitlosigkeit oder Fieber bis hin zum
sind wahrscheinlich allergisch-hyperergischer Natur. septischen Krankheitsbild bei bakteriell bedingter
Es besteht darüber hinaus eine Unterscheidung zwi- Aortitis mit thromboembolischen Ereignissen, fou-
schen primärer Angiitis, bei der die entzündlichen Ge- droyant verlaufender Aneurysmabildung bis zur Aor-
fäßveränderungen im Vordergrund stehen mit sekun- tenruptur.
dären Organveränderungen, und einer sekundären
Angiitis mit Gefäßwandveränderungen im Rahmen Takayasu-Aortitis
einer anderweitigen Grunderkrankung. Prävalenz und Inzidenz sind nur ansatzweise be-
kannt. Die Prävalenzraten liegen in der westlichen
Pathologisch-anatomische Hemisphäre bei 2,5 pro 1.000.000 Einwohner. Zuerst
und ätiologische Grundlagen in Japan beschrieben, ist sie weltweit verbreitet mit
Die Angiitis kann Arterien (Arteriitis) und Venen jedoch höherer Prävalenz in Japan und Korea. Die Pa-
(Phlebitis) betreffen. Dabei unterscheidet man nach thogenese ist unklar, und es wird eine genetische Dis-
Lokalisation und Ausdehnung position, eine Beziehung zur Tuberkulose wie auch
aufgrund der rheumatoiden Beschwerden ein Bezug
∑ Endangiitis (innere Gefäßwandanteile),
zu den Kollagenosen hergestellt.
∑ Mesangiitis (entzündliche Prozesse der Media),
Die Takayasu-Aortitis befällt vorwiegend junge
∑ Periangiitis (Entzündung von der Adventitia aus-
Frauen mit einem Krankheitsbeginn zwischen 15
gehend) sowie
und 20 Jahren. Nach der Lokalisation unterscheidet
∑ Panangiitis, bei der alle Wandschichten mit ein-
man folgende Typen (Lupi et al. 1975):
bezogen sind.
124 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a c

Abb. 2.20 a–c. 5-jährige Patientin mit Typ-IV-Takayasu-Arte- deutlicher Wandverdickung der A. carotis communis beidseits
riitis. a TSE-Sequenz in Dark-blood-Technik: wandverdickter rechts hämodynamisch wirksam (Pfeil), keine neurologische
Aortenbogen, Truncus pulmonalis sowie abgehende supraaor- Symptomatik
tale Äste. b 2D-TOF und c T1-gewichtete TSE-Sequenz mit

∑ Takayasu-Arteriitis des Arcus aortae und der su- Histologisch handelt es sich um eine granuloma-
praaortalen Äste (Typ 1), töse Entzündung, die in der Adventitia beginnt und
∑ Takayasu-Arteriitis der Aorta descendens und der sich auf die Media ausbreitet. Unbehandelt führt die
Aorta abdominalis einschließlich der großen Ab- Erkrankung zum Tod. Bei Fehlen einer Kausalthera-
gänge (Typ 2), pie ist die Prognose unter Therapie mit Glukokorti-
∑ Mischform aus Typ 1 und 2 (Typ 3), koiden und Zytostatika (Methotrexat) relativ gut.
∑ Typ 1, 2 oder 3 mit zusätzlicher Beteiligung der In einer Studie von Yamato et al. (1986) mit 59 Pa-
A. pulmonalis (Typ 4). tienten zeigte in 68% bereits das Übersichtsbild Auf-
fälligkeiten mit Veränderungen der Aortenkontur
Die klinische Symptomatik hängt vom Gefäßbefalls- und Kalzifikationen, Kaliberunregelmäßigkeiten der
muster ab. 90% aller Fälle zeigen Pulsdefizite („pulse- großen pulmonalen Gefäße oder hilärer Lypmphade-
less women“), wobei Symptome z. B. der Armminder- nopathie.
durchblutung aufgrund ausreichender Kollateralisie- Das wichtigste Röntgenzeichen ist eine inwendig
rung oft in den Hintergrund treten. Im späteren okklu- verlagerte segmentale Kalzifikation im Bereich einer
siven Stadium treten Zeichen der okulären und segmentalen Stenose der Aorta. Die CT zeigt eine
kranialen Minderdurchblutung wie Gesichtsfelddaus- Wandverdickung mit/ohne Stenosierungen von
fälle,Amaurose oder die typischen lageabhängigen Seh- Aorta, supraaortalen Abgängen oder zentralen pul-
störungen,die beim Aufrichten aus der Horizontalen als monalen Gefäßen. Für die Beurteilung der Lokalisa-
herabsinkender Vorhang geschildert werden, auf. tion, der Ausdehnung sowie zur Therapiekontrolle
2.1 Aorta 125

Die Literatur berichtet in Fallserien über eine Inzi-


denz von Aortenaneurysmen in bis zu 85% bei Ta-
kayasu-Aortiden (Kumar et al. 1990). Dabei bedürfen
insbesondere Aortenaneurysmen mit deutlicher
Wandverdickung einer kurzfristigen Kontrolle, da
diese zur Ruptur mit letalem Ausgang neigen (Suey-
oshi1 et al. 2000).
In der differenzialdiagnostischen Abgrenzung
gegenüber anderen Aortitiden (Morbus Horton) ist
vor allem das Geschlecht und das Erkrankungsal-
ter zu berücksichtigen. Der Befall von Aortenbogen
und supraaortalen Ästen ist typisch, aber keines-
wegs pathognomonisch. Unproblematisch ist die
Abgrenzung gegenüber intimal lokalisierten arte-
riosklerotischen Veränderung, die typischerweise
an Gefäßabgängen anzutreffen sind .

Merke ! Die Takayasu-Arteriitis als typischer


Vertreter der Riesenzellarteriitiden
a
ist eine seltene, vorwiegend junge Frauen betreffen-
de Arteriitis mit bevorzugtem Befall von Aorten-
bogen und supraaortalen Ästen. Dabei ist die MRT
Methode der Wahl, da sie die entzündliche Wandver-
dickung und als MRA Stenosen und Aneurysmen
darstellt. Bei relativ guter Prognose unter Glukokor-
tikoiden und Zytostatika (Methotrexat) ist die Aus-
bildung von Aortenaneurysmen mit Wandver-
dickung zu nennen. Diese sollten kurzfristig kontol-
liert werden, da sie besonders zur Ruptur mit leta-
lem Ausgang neigen.

b
Riesenzellarteriitis
Abb. 2.21 a, b. 45-jährige Patientin mit Typ-I-Takayasu Arteri- Synonym: Arteriitis temporalis Horton.
itis. a Bis auf eine Ektasie der aszendierenden Aorta unauffäl-
lige MRA. b Die T1-gewichtete TSE-Sequenz nach i. v. KM
(Fettsaturierung) und Dark-blood-Magnetisierungspräpara- 왔 Es handelt sich um eine systemische,
Definition
tion zeigt eine KM-Aufnahme der Aortenwand riesenzellige Arteriitis der mittleren
und großen Arterien mit vorzugsweiser Beteiligung
der A. temporalis oder anderer Äste der A. carotis.

ist die MRT die Methode der Wahl. Sie zeigt als Eine Beteilung der thorakalen Aorta liegt in etwa
MRA umschriebene Stenosen sowie aneurysmati- 10% der Fälle vor. Die Prävalenz liegt bei 2–3 pro
sche Erweiterungen, während die Bildgebung (idea- 100.000 Einwohner pro Jahr. Die meisten Patienten
lerweise „dark-blood imaging“) die entzündliche sind älter als 50 Jahre, Frauen sind geringfügig weni-
Wandveränderung aufzeigt. Eine Angiographie ist ger betroffen als Männer. Die Ätiologie ist unbe-
vor allem in frühen Stadien nicht indiziert, da hier kannt, diskutiert wird neben einer Autoimmungene-
noch keine Stenosen, wohl aber entzündliche Wand- se eine zusätzliche exogen-antigene Komponente.
verdickungen vorliegen. Dabei korrlierten Wandver- Typisch für die Riesenzellarteriitis ist der segmen-
dickung und Kontrastmittelaufnahme der Wand tale, multifokale Befall bei streckenweiser völlig un-
in einer Studie von (Choe et al. 2000) in 80% der Fäl- veränderter Arterie. Charakteristisch ist die floride
le mit den klinischen Verlaufsparametern wie BSG Panarteriitis mit lymphohistiozytären Infiltraten
und C-reaktives Protein. Diesen Studie zufolge stellt und Riesenzellen sowie okkludierenden Thrombosen
die Signalintensität im T2-gewichteten Bild einen im befallenen Segment („skip lesions“). Blande Ver-
schlechteren Parameter dar. Die Duplexsonographie läufe mit Spontanheilungen stehen einem – wenn
ist die ideale Ergänzung für die Beurteilung der Hals- auch extrem seltenen – letalen Verlauf gegenüber. Bei
gefäße. Therapie mit Glukokortikoiden kommt es meist zur
126 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

kompletten Remission. Rezidive sind nach Absetzen symptomatik, okuläre Symptomatik, hohe BSG) oder
der Medikation häufig, weshalb eine mehrjährige durch eine bitemporale Biopsie der A. temporalis. Ty-
niedrig dosierte Medikamentengabe empfohlen pisch für die Riesenzellartiitis ist der segmentale Be-
wird. fall, weshalb eine Biopsie auch falsch-negativ ausfal-
Wie bei jedem Aortitissyndrom kann die Krank- len kann.
heit mit uncharakteristischen Allgemeinsymptomen
wie Schwäche, Schweißausbrüche, Fieber, Appetitlo-
sigkeit oder Kopfschmerzen beginnen. 50 –70% der 2.1.4.4
Patienten entwickeln eine schultergürtelbetonte Po- Mykotische (infektiöse) Aortitiden
lymyalgie (Polymyalgia arteriitica). Typische Lokal- Syphylitische Mesaortitis
symptome sind heftige Schläfenkopfschmerzen. Seh-
störungen (bis hin zur Erblindung) durch einen Be- 왔 Die syphylitische Mesaortitis stellt ei-
Definition
fall der A. ophtalmica sind häufig. In der Regel folgt ne schwer vernarbende und destruie-
beim Befall des einen Auges einige Tage später das rende Schädigung der thorakalen Aortenmedia im
zweite. Rahmen einer tertiären Lues dar.
Die duplexsonographische Untersuchung der
A. temporalis zeigt eine hohe Sensitivität (70–90%) Besaß sie im 19. Jahrhundert in Autopsiestudien
mit Verschlüssen und/oder Stenosen sowie einem pe- noch eine Prävalenz von bis zu 6,9%, ist diese Er-
riartiellen echoarmen Saum und ist eine wichtige Er- krankung heute extrem selten.
gänzung zur klinischen Untersuchung, sowie einer Im Rahmen der tertiären Lues führt eine Vaskuli-
stark beschleunigten BSG (Schmidt et al. 1997). tis der Vasa vasorum zu einer zunehmenden Oblite-
Für die Beurteilung des Aortenbefalls und seiner ration dieser Gefäße. In der Media bilden sich multi-
Äste ist die MRT die Modalität der Wahl, da Lumen ple ischämische Nekrosen mit Zerstörung der elasti-
und Wand gleichzeitig beurteilt werden können. Für schen Lamellen mit konsekutivem Elastizitätsverlust
die Beurteilung der der Duplexsonographie zugäng- und zunehmender Wandschwäche. Dies führt zu ei-
lichen Gefäßabschnitte von A. subclavia, A. axillaris nem fast immer in der Pars ascendens lokalisierten
und A. brachialis ist die Duplexsonographie die Me- Aortenaneurysma, wobei syphylitische Aneurysmen
thode der Wahl. Bei einem Befall der Aorta oder ihrer z. T. Kopfgröße erreichen, benachbarte Strukturen
Äste (beschrieben in bis zu 15%) ist in gut 3/4 der Pa- komprimieren bzw. arrondieren und rupturieren mit
tienten die obere Extremität befallen, in etwa der akut letalem Ausgang (Abb. 2.22).
Hälfte der weiteren Patienten liegt ein isolierter Be-
fall der unteren Extremität vor und in knapp 10% ein Tuberkulöse Aortitis
Befall von obererer und unterer Extremität mit seg- Das Mycobakterium tuberculosis führt in der Nach-
mentalen, bilateralen Stenosen oder Okklusionen. barschaft von morphologisch fassbaren Veränderun-
Aneurysmen sind selten anzutreffen. gen der Tuberkulose zu vaskulären Begleitent-
In der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu zündungen, die zunächst im Bereich der Adventi-
anderen Arteriitiden ist vor allem der segmentale Be- tia auftreten und sekundär eine Endangiitis mit
fall mit Okklusionen typisch. Dies ist auch ein Grund oder ohne Thromben auslösen. Durch die Destruk-
dafür, warum selbst die bitemporale Biopsie nur eine tion der Wand im Bereich größerer Blutgefäße
Sensitivität von etwa 75% besitzt. können Aneurysmen enstehen, die durch Ruptur zu
Die Diagnose ist überwiegend klinisch zustellen der gefürchteten Massenblutung bei Lungentuberku-
(Alter des Patienten, Polymyalgiesymptomatik, oku- lose führen können. Eine isolierte Organtuberkulose
läre Symptomatik, hohe BSG usw.). Zu beachten ist, mit Granulomatose der Intima ist eine Rarität. Auch
dass im Ausheilungsstadium im Rahmen der narbi- die tuberkuloseassoziierten mykotischen Aneurys-
gen Regeneration die morphologischen Veränderun- men sind selten und in weniger als 100 Fällen be-
gen oft nicht von einer Arteriosklerose zu unterschei- schrieben.
den sind.
Sonstige Aortitiden
Merke ! Die Arteriitis temporalis Horton ist
eine systemische, riesenzellige Arteri-
Im Rahmen einer Bakteriämie, einer Septikopyä-
mie/Sepsis oder einer Pilzinfektion können eitrig-
itis der mittleren und großen Arterien mit vorzugs- embolische Angiitiden mit Destruktion der Gefäß-
weiser Beteiligung der A. temporalis oder anderer wand und mit Komplikationen wie Thromben,Aneu-
Äste der A. carotis. Ein Befall von Aorta und supraa- rysmen oder Rupturen entstehen. Prädisponierende
ortalen Ästen kommt in etwa 10% der Fälle vor. Die Faktoren sind immunologische Inkompetenz, konge-
meisten Patienten sind älter als 50 Jahre. Die Diagno- nitale Herzfehler, arteriosklerotische Plaques und
se wird überwiegend klinisch gestellt (Polymyalgie- Gefäßanastomosen. Häufige bakterielle Erreger sind
2.1 Aorta 127

Abb. 2.22. Typisches luetisches Aszendensaneuryma, welches die ventrale Thoraxwand hineinwölbt. (Mit freundlicher Ge-
sich durch Zerstörung der elastischen Lamellen mit konseku- nehmigung von Herrn PD Dr. Engelke)
tivem Elastizitätsverlust und zunehmender Wandschwäche in

Staphylococcus aureus, betahämolysierende Strepto- beschriebenen Tumoren sind undifferenzierte Fibro-


kokken, Salmonellen oder Pseudomonasvarianten, in sarkome, gefolgt vom malignen fibrösen Histiozytom
selteneren Fällen sind es Infektionen mit Pilzen wie (MFH) und dem Angiosarkom.
Candida oder Aspergillus, sowohl als übergreifende
Infektion über einen pulmonalen Befall als auch hä- Pathologisch-anatomische
matogen. und ätiologische Grundlagen
Die Mehrzahl dieser Tumoren zeigt ein intimales
Differenzialdiagnose der Aortiden Wachstum (intimaler Typ) zum aortalen Lumen hin.
Periaortale Gewebsvermehrungen kommen im Rah- Der geringere Teil aortaler Tumoren entsteht in der
men von granulomatösen Systemerkrankungen oder Media oder Adventitia mit intramuraler oder extra-
eines Lymphoms vor. Im Unterschied zu Aortitiden luminaler Tumorausdehnung.
führen diese nicht zu Gefäßstenosierungen. Eine
Kontrastmittelaufnahme kann bei beiden Entitäten Klinische Symptomatik
vorkommen. In der Differenzialdiagnose zur IMH Patienten mit Tumoren des intimalen Types werden
helfen Lokalisation und die typische klinische Symp- klinisch auffällig durch eine periphere Pulsabschwä-
tomatik einer IMH. chung distal des Tumors bei Tumormassen im Lu-
men oder durch Tumorthombembolien. Bei Tumo-
2.1.4.5 ren, die in der Media oder Adventitia entstehen, sind
Tumoren Tumorthrombembolien dagegen selten, da die Inti-
Primäre, von der Aortenwand ausgehende Tumoren ma intakt bleibt. Hier sind die klinischen Symptome
sind eine Rarität. In der Literatur sind weniger als 100 unspezifisch: Rückenschmerzen und unspezifische
Fälle beschrieben (Seelig et al. 1998). Die häufigsten Tumorzeichen wie Fieber und Gewichtsverlust.
128 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Abb. 2.23 a, b. Malignes fibröses


Histiozytom, mediastinale LK´s
der Aortenwand

a b

Bei Diagnosestellung schwankt in der Literatur die Aortale Tumoren mit großen extraaortalen Tu-
Tumorgröße von 2 cm bis zu einer kraniokaudalen moranteilen und fehlenden intraluminalen Anteilen
Befundausdehnung von 20 cm. Das Durchschnittsal- sind in Einzelfallberichten initial fälschlicherweise
ter der in der Literatur beschriebenen Fälle liegt bei als teilthrombosierte Aortenaneurysmen beschrie-
etwa 60 Jahren. Die Prognose ist schlecht mit einem ben worden (Schipper et al. 1989). In diesem Fall ei-
durchschnittlichen mittleren Überleben von knapp nes aortalen Leiomyosarkoms zeigte die CT eine ex-
6 Monaten. traaortale Raumforderung, die homogen mehr als die
Hälfte der Aortenkonvexität umschloss.
Radiologische Symptomatik In einem anderen von Glock et al. (1997) publi-
und Untersuchungsstrategie zierten Fall ist eine akute Hämorrhagie eines aorta-
Bei großen extraluminalen Tumoranteilen zeigt be- len Leiomyosarkoms unter dem Bild einer akuten
reits die Röntgenübersicht eine periaortale Gewebs- Aortendissektion operiert worden.
vermehrung. Bei einem intraluminalen Tumoranteil, In der CT müssen Verkalkungen oder eine Kon-
einer polypoiden Konfiguration der Läsion sowie der trastmittelaufnahme in der periaortalen Gewebs-
Obliteration des Lumens ist die Diagnose in der wei- vermehrung an eine tumoröse Genese denken lassen.
terführenden CT eindeutig. Schwierig wird die Dia- Die MRT sollte in allen Fällen durch Signalintensität
gnose bei einem glatt begrenzten en-plaque-ähnli- und Kontrastmittelaufnahme zu einer Klärung füh-
chen Tumorwachstum. Solche Fälle sind oft fälschli- ren.
cherweise als Thrombus diagnostiziert worden (Hig-
gins et al. 1991). In diesen Fällen ergeben sich in der
MRT durch Signalcharakteristik und die Kontrast-
Merke ! Primäre Tumoren der Aortenwand
sind eine Rarität. Histologisch handelt
mittelaufnahme Hinweise auf einen aortalen Tumor es sich in der Mehrzahl um undifferenzierte Sarkome
(Abb. 2.23 a, b). mit schlechter Prognose. Der intimale Typ wird kli-
nisch durch periphere Tumorthrombembolien oder
Differenzialdiagnose Pulsabschwächung durch luminale Tumoroblitera-
Ein Aortenwandhämatom ist sichelförmig konfigu- tion auffällig, der seltenere murale Typ mit etwas bes-
riert und lässt sich durch eine vermehrte Signalinten- serer Prognose bleibt klinisch länger inapparent und
sität im T1-gewichteten Bild abgrenzen, ein arterios- wird oft als große extraaortale Raumforderung ma-
klerotische Plaque durch die fehlende Kontrastmittel- nifest.
aufnahme sowie die fehlende tumortypische Konfi- Die MRT ist die Methode der Wahl, da Signalcha-
guration. In der Abgrenzung gegenüber einer ent- rakteristik und Kontrastmittelaufnahme die infrage
zündlichen Aortenwandverdickung im Rahmen ei- kommenden Differenzialdiagnosen wie z. B. eines
ner Aortitis helfen Lokalisation sowie die typische teilthrombosierten Aortenaneurysmas beim mura-
Einbeziehung und Stenosierung der Abgänge. Anam- len Typ bzw. eines Thrombus beim intimalen Typ
nese und klinischer Befund geben hier weitere diffe- weitgehend ausschließen (Abb. 2.24 a–f).
renzialdiagnostische Hinweise.
2.1 Aorta 129

a b c

d e f

Abb. 2.24 a–f. 43-jähriger Patient mit akutem Verschluss der Cine-Sequenz Nachweis von flottierenden Thrombusanteilen.
rechten A. brachialis. Echokardiographisch kein Thrombus- 2 Tage später erleidet der Patient unter suffizienter Antikoagu-
nachweis. In der CT und MRT Nachweis eines reitenden lation eine TIA. Bei unauffälliger zerebraler MRT Verschluss
Thrombus am Abgang des Truncus brachiocephalicus. In der der rechten A. carotis interna

2.1.4.6 Akutes dissezierendes Aneurysma


Aortenbogensyndrom
왔 Die akute Aortendissektion bezeich-
왔 Unter diesem Begriff werden alle Definition
net ein plötzliches Ereignis, bei dem
Definition
spontanen Aortenbogenerkrankun- Blut das aortale Lumen durch die Intima verlässt und
gen mit einem akut eintretenden, schweren thoraka- sich zwischen der inneren und äußeren Media ein
len Schmerzereignis subsumiert. zweites Lumen schafft.
130 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Noch kontrovers wird diskutiert, ob eine Ruptur der kann Blut durch schwache Wandanteile der Media
Vasa vasorum das initiale Ereignis ist und zuerst eine und der Adventitia extravasieren und ein diskretes
intramediale Hämorrhagie entsteht, aus der sich bis ausgedehntes Mediastinal- und perikardiales
dann die Dissektion entwickelt oder ob eine intimale Hämatom nach sich ziehen. Bei einigen Patienten
Läsion das primäre Ereignis ist. Larson u. Edwards entwickelt sich im Laufe der Zeit eine aneurysma-
(1984) stützen mit einer Untersuchung von 161 Au- tische Aussackung, bei der ein hohes Rupturrisiko
topsiefällen letztere Hypothese, indem sie in 158 von gegeben ist. Gelegentlich kann es zu einer partiellen
161 Fällen eine intimale Läsion nachweisen konnten. oder vollständigen Thrombosierung des falschen
Liegt das Ereignis 14 Tage zurück, spricht man von ei- Lumens kommen.
ner chronischen Dissektion.
Klassifikation
Pathologisch-anatomische und ätiologische Von Seiten der Klinik hat sich die Stanford Klassifika-
Grundlagen tion durchgesetzt. Man unterscheidet man
Dissektionen erfolgen entlang der physiologischen ∑ den Typ A (50–60%) mit Beteiligung der Aorta as-
Schwachstelle zwischen mittlerem und äußerem Me- cendens und/oder des Aortenbogens und
diadrittel. Pathogenetisch werden degenerative Ver- ∑ den Typ B mit dem Beginn der Dissektion distal
änderungen in der Aortenwand diskutiert, auch des Abgangs der A. subclavia.
wenn man bei vielen Patienten keine über die norma-
le Gefäßalterung hinausgehenden Veränderungen
findet. Merke ! Diese Klassifikation hat sich insofern
bewährt, als Typ A sofort operiert
Zu den prädisponiernden Faktoren zählen: werden sollte und Typ B beim Fehlen von Organkom-
plikationen durch okkludierte aortale Abgänge kon-
∑ zystische Medianekrose Erdheim-Gsell, die in 20%
servativ behandelt wird.
der Patienten mit akuter Aortendissektion gefun-
den wird,
Nach DeBakey werden Aortendissektionen in 3 Ty-
∑ Marfan-Syndrom, hierbei entwickeln die Patien-
pen unterteilt:
ten mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 20 und
40% eine akute Aortendissektion, ∑ Typ 1: Die Dissektion beginnt in der Aorta ascen-
∑ Anuloektasie ohne Marfan-Syndrom, die bikuspi- dens und setzt sich über den Bogen bis in die des-
de Aortenklappe, die Koarktation und die Arte- zendierende Aorta fort.
riosklerose, wobei auch die Schwangerschaft als ∑ Typ 2: Die Dissektion beschränkt sich auf die Aor-
prädisponierender Faktor und eine gewisse Gynä- ta ascendens.
kotropie, der zufolge ältere Frauen mit fortge- ∑ Typ 3: Die Dissektion beginnt im Isthmus, d. h.
schrittener Arteriosklerose ein deutlich höheres distal der A. subclavia.
Risiko einer Aortendissektion tragen, noch diku-
tiert werden.
Empfehlung zur Untersuchungsstrategie
Ein stumpfes Thoraxtrauma sowie die Kanülierungs- Die akute Aortendissektion ist ein Notfall, der einer
stelle für den kardiopulmonalen Bypass oder eine schnellen Diagnose und im Falle einer Stanford-A-
Aortitis sind als Ursache einer akuten Aortendissek- Dissektion einer sofortigen Operation bedarf.
tion beschrieben. Besteht der Verdacht auf eine akute Aortendissek-
Bei den akuten Aortendissektionen liegt der inti- tion, werden heute folgende diagnostische Verfahren
male Einriss in knapp 50% in der aszendierenden eingesetzt: Transösophageale Echokardiographie,
Aorta und in knapp 40% der Fälle im Abgangsbe- CTA und MRT. Vorteil der transösophagealen Echo-
reich der A. subclavia sinistra. kardiographie ist, dass sie als ein mobiles, kostengün-
Wenige Sekunden nach Beginn der Dissektion stiges und weit verbreitetes, semiinvasives und sensi-
breitet sich die Dissektion nach proximal (38%) bzw. tives Verfahren direkt in der Notaufnahme eingesetzt
nach distal aus. Dabei können die Abgänge abge- werden kann. Nachteil der transösophagealen Echo-
schert, verschlossen oder direkt Anschluss an das fal- kardiographie ist die höhere Rate falsch-positiver Be-
sche Lumen gewinnen oder nicht mit einbezogen funde, sodass bei konsekutiver Operationskonse-
werden. Dabei ergibt sich die klinische Symptomatik quenz bei der Typ-A-Dissektion eine zweite bildge-
aus Lokalisation und Ausmaß der beteiligten Gefäße. bende Modalität nach Meinung vieler Herzchirugen
In den meisten Fällen kommt es distal zu einer Re- erforderlich ist. Im Falle eines instabilen Patienten ist
perforation („re-entry“) ins wahre Aortenlumen. Der dies die CTA, bei einer stabilen Situation sind dies –
falsche Kanal liegt in der äußeren Hälfte der aortalen in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit – die MRT
Media, und infolgedessen ist seine äußere Wand dün- oder die CTA.
ner. Auch wenn eine initiale Ruptur nicht eintritt,
2.1 Aorta 131

Klinische Symptomatik und besteht ein ausreichender Flow, so kann auch


Die akute Aortendissektion kann schmerzlos sein. hierüber eine angiographische Darstellung erfolgen.
Die meisten Patienten stellen sich jedoch mit dem Lassen sich Katheter und Führungsdraht nicht weiter
Gefühl eines thorokalen Vernichtungsschmerzes vor. nach proximal vorschieben, zieht man Katheter und
Der Schmerz wird oft zwischen den Schulterblättern Führungsdraht wieder in die abdominelle Aorta zu-
empfunden, kann aber auch in den Hals oder den rück und versucht, durch Drehen des Systems wieder
Arm ausstrahlen. Ansonsten wird die klinische ins wahre Lumen zu kommen. Andernfalls muss die
Symptomatik durch Beteiligung der großen Aorten- Punktionsstelle gewechselt werden.
abgänge bestimmt: Apoplex in 10% der Fälle bei Typ-
A-Dissektion, Mesenterialinfarkt, Nierenarterienver- Angiographische Befunde
schluss, periphere Ischämie oder eine mit 2% der 1. Darstellung der Eintrittsstelle und der Intima-Media-
Fälle eher seltene Paraplegie. Membran als dünne bandförmige Kontrastmittelaussparung
Gefürchtete Komplikation einer Stanford-A-Dis- mit schwächerer Kontrastierung des zweiten Lumens
sektion ist die Ruptur des zweiten Lumens ins Peri- 2. Kompression des wahren Lumens in etwa 70–80%
kard mit Perikardtamponade oder das Abscheren der der Fälle
Koronarien mit Todesfolge (25% der akuten Aorten- 3. Stenose oder Okklusion abgehender Gefäße
dissektionen). 4. Insuffizienz der Aortenklappe
5. Verbreiterung der Aortenwand
Die Patienten können sich auch mit einer Schock-
Cave: Auch bei stark arterioskleotisch veränderter Aorta
symptomatik präsentieren, wenn es zum Austritt von
Blut nach pleural oder peritoneal gekommen ist oder
wenn es – wie in etwa 35–50% der Fälle – beim Typ A Die Sensitivität der Aortographie schwankt in der Li-
zu einem Abscheren der Klappenkommissuren teratur zwischen 80 und 90%, die Spezifität zwischen
kommt. Aus diesem Grund ist die Typ-A-Dissektion 90 und 100% (Cigarroa et al. 1993).
eine vitale Operationsindikation (Mortalität von 1–
2% pro Stunde). 쐍 Computertomographie (CT-Angiographie). Mit Ein-
führung der Spiral-CT 1989 mit 2D/3D-Rekonstruk-
Radiologische Symptomatik tionsmöglichkeiten hat die CTA die Angiographie als
primäres bildgebendes Verfahren weitgehend abge-
쐍 Röntgendiagnostik. Siehe die folgende Übesicht. löst. Mit der Entwicklung der Mehrzeilen-CT-Gene-
ration und einer nahezu isotropen Darstellungsmög-
Veränderungen in Thoraxübersichtsaufnahmen lichkeit ist eine weitere Verbesserung der Treffsicher-
1. Eine Verbreiterung des Mediastinums in etwa 3/4 der Fälle heit erzielt worden, die eine Sensitivität und Spezifi-
(Mediastinalhämatom) tät von annährend 100% erreicht. Kontrovers wird
2. Unscharfe aortale Konturen (periaortales Hämatom) diskutiert, ob vor der Kontrastmittelserie eine Nativ-
3. Doppelkontur (bis zu 40%) untersuchung erforderlich ist. Vorteil der Nativserie
Cave: Überlagerungseffekte von aszendierender und deszen- ist beim Vorliegen von intimalen Verkalkungen eine
dierender Aorta „Markierung“ der Intima. So ist der Nachweis eines
4. Pleuraerguss in bis zu 25% der Fälle inwendig verlagerten Intimaplaques ein typisches
5. Eine >1 cm betragende Distanz zwischen einer Intima
Zeichen einer klassischen Aortendissektion in der
verkalkung und dem äußeren Aortenrand (7%)
Cave: Projektionsbedingt durch geschlängelte Aorta mit
Nativuntersuchung.
verkalkten, arteriosklerotischen Plaques Die CT-Diagnose einer Dissektion erfolgt durch
6. Zunahme der Breite der Aortensilhouette den Nachweis der Intima-Media-Membran als dünne
bandförmige Kontrastmittelaussparung. Dabei kön-
nen alle Abgänge der Aorta dargestellt und ihre Ur-
쐍 Angiographie. Die Angiographie als früher akzep- sprünge dem wahren bzw. falschen Lumen zugeord-
tierter Goldstandard ist heutzutage weitgehend net werden. Das wahre Lumen ist in der Regel kleiner
durch transösophageale Echokardiographie, CT oder (bedingt durch die Wandschwäche des falschen Lu-
MRT ersetzt worden. mens) und verläuft meist in der Aortenkonkavität.
Unbenommen ist ihr Einsatz als Koronarangio- Auch die Koronarien und die Klappenfunktion sind
graphie zur präoperativen Abklärung der koronaren bei Verwendung von 64-Zeilen-Geräten oder an
Durchblutungssituation. Dual-Source-CT-Scannern mit EKG-Triggering mög-
Der Zugangsweg wird durch den peripheren Puls- lich. Einschränkungen bestehen unter Umständen
status bestimmt. Bei gut tastbarem Leistenpuls emp- noch darin, dass eine komplette Abdeckung der
fiehlt sich der transfemorale Zugang. Der axilläre thorakoabdominellen Aorta nur mit einer gewissen
oder transbrachiale Zugang bietet keine Vorteile. Dosiserhöhung möglich ist. Organkomplikationen
Sondiert man fälschlicherweise das falsche Lumen wie z. B. eine renale Ischämie als verminderte
132 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Kontrastierung einer Niere oder eine Beteiligung der 쐍 Magnetresonanztomographie. Die MRT ist das Ver-
proximalen Abschnitte des mesenterialen Stromge- fahren mit der höchsten Sensitivität und Spezifität
biets sowie wichtige Nebenbefunde wie Hämatome- bei akuten Aortendissektionen in der klinisch stabi-
diastinum, Hämatoperikard, Hämatothorax sind ein- len Situation. Instabile und beatmetete Patienten sind
deutig zu diagnostizieren. Die folgende Übersicht primär eine Indikation für die CTA, falls die Opera-
zeigt Pitfalls, die zu beachten sind. tionsindikation in Zusammenhang mit der klini-
schen Situation nicht direkt aus der transösophagea-
Pitfalls len Echokardiographie gestellt wird. Vorteil der MRT
1. Schlechte Kontrastierung der Intima-Media-Membran bei ist Multiplanarität des Verfahrens. Dabei sind die T1-
schlechter Gefäßkontrastierung (zu spät, geringe Injektions- gewichteten SE- oder TSE-Sequenzen (als „Non-
rate usw.) oder bei zu starker Kontrastierung (zu früh,zu hohe breathhold-Sequenzen“ mit EKG-Triggerung), aber
Kontrastmittelkonzentration usw.; hier kann unter Umstän- vor allem T1-gewichtete TSE-Breathhold-Sequenzen
den die Bildbetrachtung in einem weiteren Fenster hilfreich mit „Dark-blood-Präparationsimpulsen“ die Kernse-
sein). quenzen für die Darstellung der zarten Intima-Me-
2. Streifenartefakte (Schrittmacherkabel, Clips, fehlende dia-Membran (Schichtdicke 5 mm). Ist der Befund in
Abduktion der Arme, hohe Kontrastmittelkonzentration in
einer Ebene nicht eindeutig, empfiehlt sich eine zwei-
der V. brachiocephalica). Während die Intima-Media-Mem-
bran als zarte Membran leicht gebogen ist und streng auf
te Ebene orthogonal dazu. Eine kontrastverstärkte
das aortale Lumen begrenzt ist, verlaufen die Artefakte MRA ist der Bildgebung vor allem im Hinblick auf
streng linear über die Aortenwand und sind in der Regel die Wandbeurteilung (intramurales Hämatom) un-
nicht durchgängig auf allen Schichten zu sehen. Eine Bild- terlegen (Krinsky et al. 1997). Eine ergänzende Pha-
betrachtung in einem weiteren Fenster kann in vielen Fäl- senkontrastsequenz (idealerweise in Breathhold-
len zur Klärung beitragen. Schwieriger in der Abgrenzung Technik) kann den Befund von 2 durchströmten
sind die aortalen Pulsationsartefakte, die aber häufig nicht Lumina bestätigen, wobei das Lumen mit dem lang-
durchgängig auf mehreren Schichten nachweisbar sind und sameren Fluss dem falschen Lumen entspricht. Eine
klassischerweiser in der Aortenwurzelnähe zwischen 12 und Evaluierung spezifischer Flussmuster im falschen Lu-
1 Uhr bzw. zwischen 6 und 7 Uhr lokalisiert sind. men wird eher im Hinblick auf seine prognostische
3. Periaortale Strukturen (V. intercostalis superior, die inferiore Bedeutung bei der Entwicklung einer aneurysmati-
linke Pulmonalvene, der superiore perikardiale Rezessus, schen Erweiterung des falschen Lumens bei chroni-
periaortale Gewebsvermehrungen bei Lymphomen oder
scher Dissektion diskutiert (s. dort). In der Übersicht
Aortitis, eine periaortale Atelektase (Lungenfenster!)).
4. Ductusdivertikel: Falsch-positive Befunde können bei einem sind die zu beachtenden Pitfalls aufgeführt.
spitzen Winkel des Divertikels mit der Aortenwand entste-
hen. Pitfalls
1. Fehlende Darstellung der Intima-Media-Membran in der MIP
hilft, bei kontrastmittelverstärkter MRA (eine Betrachtung
쐍 Transösophageale Echokardiographie. Die transöso- aller Einzelbilder diesen Pitfall zu vermeiden).
phageale Echokardiographie ist eine mobiles, kosten- 2. Pseudodissektion durch eine anliegende, kontrastmittelauf-
günstiges und weit verbreitetes, semiinvasives Ver- nehmende Atelektase oder durch eine parallel verlaufende
fahren, das im Bett oder auch intraoperativ eingesetzt V. azygos bei rechts-deszendierender Aorta (Einzelbilder!).
werden kann. Mit den neueren bi- bzw. multiplana- 3. Pulsationsartefakte, vor allem bei SE- oder TSE-Sequenzen
(ein Verändern der Präparationsrichtung und eine 2. oder
ren TEE-Methoden werden Sensitiviäten von nahezu
3. Ebene ist hilfreich, diesen Pitfall zu vermeiden).
von nahezu 100% bei tendenziell geringerer Spezifi-
tät erzielt. Ein Vorteil liegt in der Beurteilung der
Klappenfunktion, umstritten ist die Beurteilbarkeit Differenzialdiagnose, operative
der Koronarien. Nicht ausreichend beurteilbar sind und interventionelle Aspekte
in der transösophagealen Echokardiographie die su- Die Diagnose einer akuten Aortendissektion sollte
praaortalen Abgänge und abdominelle Aortenäste. zweifelsfrei gestellt werden. Sie führt im Falle einer
Vergleichende Studien belegen eine sehr hohe Sensi- Stanford-A-Dissektion zwingend zur sofortigen
tivität von transösophagealer Echokardiographie im Operation, während die Stanford-B-Dissektionen
Vergleich zur CT und MRT bzw. von transösophage- beim Fehlen von Organkomplikationen primär kon-
ale Echokardiographier zur MRT bei schlechterer servativ behandelt werden. Dabei wird im Falle einer
Spezifität (Nienaber et al. 1992; Sommer et al. 1996). Stanford-A-Dissektion in Abhängigkeit der Klappen-
Die Komplikationsrate der transösophagealen Echo- beteiligung ein klappentragendes Konduit mit Rein-
kardiographie liegt in einer Größenordnung von et- sertion der Koronarien oder ein klappenfreies Kon-
wa 2% und umfasst Aspiration, Arrhythmien, Blut- duit implantiert, was für den Patienten den Vorteil
druckschwankungen, Ösophagusverletzungen und hat, dass auf eine lebenslange Markumarisierung
Blutungen. verzichtet werden kann. Die distale Anastomose liegt
2.1 Aorta 133

in der Regel proximal der Abgänge der supraaortalen


Äste und die Dissektion wird verklebt. Bei Beteili-
gung der supraaortalen Äste mit neurologischer
Symptomatik werden Aszendens und Bogen ersetzt
und die supraaortalen Äste reimplantiert. Dabei liegt
die Mortalität – in Abhängigkeit von Komorbidität
und vorgenommem Eingriff – im Schnitt bei etwa
25%.
Die Typ-B-Dissektion ohne ischämische Kompli-
kationen der abgängigen Aortenäste wird primär
konservativ mit Betablockern behandelt. Halbjährli-
che oder jährlich Kontrollen der Lumenverhältnisse
sind erforderlich. Eine Operationsindikation ergibt
sich bei Ischämiesymptomtik (spinal, viszeral, renal,
peripher), bei einem Hämotothorax sowie ausge-
dehntem Hämatom als Ausdruck einer bereits erfolg-
ten gedeckten Ruptur. Das „Wie“ des operativen Ein-
griffs wird durch die lokalen Verhältnisse bestimmt. a
Unter Umständen ist nur eine Bypassierung des
ischämischen Organs erforderlich, in anderen Fällen
(in jedem Fall bei Rupturierung des falschen Lu-
mens) erfolgt ein Dakronersatz, selten ist ein thora-
koabdomineller Zugang (Crawford-Zugang) erfor-
derlich. Neben der hohen perioperativen Morbidität
und Mortalität besteht dabei ein Paraplegierisiko in
der Größenordnung von 10–25%.
Hohe Mortalität, Morbidität und hohes Paraple-
gierisiko haben zur Entwicklung interventionell-
radiologischer Verfahren geführt. Einzelne Ar-
beitsgruppen berichten von einer Stabilisierung der
hämodynamischen Verhältnisse bei einer sogenann-
ten „True-lumen-collaps-Situation“. (Überdruck im
Falschkanal komprimiert das wahre Lumen und die
aus dem wahren Lumen abgehenden viszeralen Äste
mit sukzessiver Thrombosierung des Lumens) durch
thorakale Stentprothesen (Dake et al. 1999; Richter
et al. 2001) in einer akuten Typ-B-Situation (chro-
nische Dissektion, s. dort).
Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist vor al-
lem die partielle oder vollständige Thrombosierung b
des falschen Lumens. Dabei kann in der MRT ein ge-
Abb. 2.25 a, b. 55-jährige Patientin mit spontaner Typ-A-Dis-
ringer Fluss im falschen Lumen hyperintens sein und sektion, die computertomographisch bis an den Abgang der
so eine vollständige Thrombosierung vortäuschen. linken Koronararterie (Pfeil) herangeht. Dissektion in den
Eine ergänzende Phasenkontrastangiographie mit Truncus brachiocephalicus hinein reichend. Intraoperativ gu-
niedrigen Venc-Werten, eine transversale „Time-of- te Klappenfunktion und noch ausreichende Mediasubstanz.
Deshalb Entscheidung zur suprakoronaren Rohrprothese. His-
flight- (TOF-)Technik“ oder eine Tagging-Sequenz tologie: degenerative Arteriosklerose
(s. Beispiel unten) detektieren zuverlässig Thrombo-
sierung oder langsamen Fluss. In der CT-Diagnostik
kann eine Dichteanhebung des falschen Lumens
nach intravenöser Kontrastmittelgabe Ausdruck ei-
ner minimalen Perfusion sein. In der Differenzialdi-
agnose zu chronischen Abscheidethromben kann in
der CT die Beziehung zur häufig verkalkten Intima
herangezogen werden. Liegt die Intimaverkalkung
medial, so liegt ein Abscheidethrombus vor, liegt sie
lumenwärts, so muss neben der Differenzialdiagnose
134 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a c

Abb. 2.26 a–c. 70-jährige Patientin mit akutem Schmerzereig- mig um das falsche Lumen (a: dunkel) wickelnd. Viszeralarte-
nis vor einer Woche. Typ-B-Dissektion bis nach iliakal rien und linke Nierenarterie aus dem wahren Lumen abge-
reichend, keine Organkomplikationen. Das wahre Lumen hend. Konservative Therapie mit Antihypertensiva
(a: VRT-Modus) in der Aortenbogenkonkavität, sich spiralför-

einer thrombosierten Dissektion eine IMH (s. unten) netrierende Ulkus – häufig umgeben von einer
abgegrenzt werden. In der Differenzialdiagnose zu Wandverdickung, die in 75% der Fälle durch intra-
chronischen Abscheidethromben mit Septierungen murale Einblutungen bedingt ist. Das Potenzial des
kann hier die Multiplanarität der MRT-Technik helfen. PAU zur Ausbildung einer Aortendissektion ist mit
Die penetrierende Aortenulzeration (PAU) wird 16% beobachteter Dissekate eher gering (s. unten).
als Differenzialdiagnose und Ursache klassischer Zur Differenzialdiagnostik zum periaortalen Lym-
Aortendissektionen diskutiert. Charkterischer Be- phom bzw. Aortentumor s. oben, Abschn. Tumoren.
fund ist eine kontrastmittelgefüllte Nische – das pe-
2.1 Aorta 135

a b c

d e

Abb. 2.27 a–e. 40-jährige Patientin mit Typ-B-Dissektion und Ischämie des rechten Beins durch Kompression der rechten
A. iliaca externa (Pfeil) Bei Zustand nach Stentimplantation regelrechte Perfusionsverhältnisse

Penetrierendes Aortenulkus der Arteriosklerose befinden sich nur 12% der PAU
in der Aorta ascendens, die überwiegende Mehrzahl
왔 Das penetrierende Aortenulkus (PAU) ist im mittleren und distalen Drittel der Aorta lokali-
Definition
bezeichnet ein die Lamina elastica siert.
interna penetrierendes arteriosklerotisches Inti- Ihre Ausdehnung kann sehr variabel sein und wird
maulkus. im Schnitt mit 5–25 mm bei einer Tiefe von 3–30 mm
angegeben. Das Überschreiten der Lamina scheint
Pathologisch-anatomische nahezu obligat zu Arrosionsblutungen der Media mit
und ätiologische Grundlagen Ausbildung eines Mediahämatoms zu führen. Dabei
Das Risikoprofil entspricht dem von Patienten mit kann das Hämatom lokalisiert sein, es kann sich aber
ausgeprägter Arteriosklerose, und die Patienten be- auch auf die gesamte Aorta descendens erstrecken.
finden sich fast ausnahmslos jenseits der 6./7. Le- Im Unterschied zu der IMH als Vorstufe der Aorten-
bensdekade. Entsprechend dem Verteilungsmuster dissektion scheinen die Mediahämatome beim PAU
136 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

nur ein geringeres Potenzial zur Entwicklung einer sonders die hohe Letalität der Typ-A-Ulzera mit fast
klassischen Dissektion zu haben. So werden Disseka- 50% zu beachten (Kodolitsch u. Nienaber 1998 a),
te nur in 16% der PAU beschrieben. Meist handelt es während sie bei Typ-B-Ulzera deutlich niedriger liegt
sich dabei um atypische Dissekate mit einer verdick- (14%). Entsprechend wird für den Typ-A-Ulkus eine
ten und kalzifizierten Intima. Möglicherweise ver- sofortige operative Sanierung empfohlen (Coady et
hindert Fibrosierung durch die ausgeprägte Arterio- al. 1999). Die perioperative Komplikationsrate ist auf-
sklerose ein Fortschreiten der Dissektion. grund der Multimorbidität mit etwa 20–30% so
Häufige Komplikationen sind die Ruptur (meist hoch, dass von einigen Autoren in einer klinisch sta-
inkomplett) und die Ausbildung eines Pseudoaneu- bilen Situation mit einem bewandeten Ulkuskrater
rysmas. und einem direkten Ansprechen auf eine Analgesie
ein primär konservatives Vorgehen propagiert wird
Klinische Symptomatik (Movsowitz et al. 1994).
Bei 70% der Patienten stellen akute thorakale Für die prognostisch günstigere Typ-B-Situation
Schmerzen die initiale Symptomatik dar. Dabei wird vermehrt über Stentinterventionen berichtet.
ist das PAU in nur 3% Ursache eines akuten Aorten- Erste erfolgversprechende Ergebnisse mit Mortali-
bogensyndroms (Dissektion etwa 80%, IMH etwa tätsraten <1% bei einer Paraplegiewahrscheinlich-
17%). Periphere Ischämiezeichen oder neurologi- keit von 0–2% liegen vor (Dake 2001; Sailer et al.
sche Komplikationen sind selten. 2001). Dabei wird das Ulkus mit einem Stent über-
brückt. Die Frage, ob und wann bei einem Typ-B-Ul-
Radiologische Symptomatik kus eine Stentintervention erfolgen sollte und ob ein
In knapp 50% der Fälle ist im Röntgenbild eine Medi- kurzfristiges Follow-up ausreichend ist, kann noch
astinalverbreiterung nachweisbar, in gut 1/3 der Fälle nicht abschließend beantwortet werden. Persistie-
ein Hämatothorax oder Pleuraerguss. rende Klinik und die Größenzunahme des Ulkus
Die Bezeichnung PAU entstand in der Ära der An- oder die Entwicklung eines Pseudoaneurysmas gel-
giographie. Heute haben CT und MRT die Angiogra- ten als prognostisch ungünstige Zeichen und sollten
phie in der Diagnostik der PAU ersetzt. In der Nativ- Anlass einer operativen oder interventionell-radio-
CT zeigt sich ein Wandhämatom, das sich gegenüber logischen Maßnahme sein (Abb. 2.28 a,b, Abb. 2.29
der normalen Wand abhebt. Lumenwärts verlagerte, a–c).
verkalkte Intimaplaques sind ein weiteres Kriterium.
Nach Kontrastmittelgabe demarkiert sich eine kon- Intramurale Hämorrhagie
trastmittelgefüllte Nische, wobei das Ulkus nach ei-
ner Literaturzusammenfassung von Kodolitsch u. 왔 Die IMH ist eine intramurale Hämor-
Definition
Nienaber (1998 a) in 30% der Fälle nicht nachweisbar rhagie infolge einer Rhexisblutung
war. aus den Vasa vasorum.
Die MRT zeigt das subakute Wandhämatom als
Signalerhöhung im T1- und T2-gewichteten Bild und Da dieser Befund auch bei der klassischen Aortendis-
soll in der Differenzialdiagnose „Abgrenzung zum sektion anzutreffen ist, wird sie von vielen Autoren
arteriosklerotischen Plaque und dem chronischen als deren Vorstufe angesehen. Im Unterschied zur
intraluminalen Thrombus“ der CT überlegen sein Aortendissektion finden sich aber weder ein Riss der
(Yucel et al. 1990), während Baur et al. (1998) in 3 von Intima noch ein falsches Lumen.
3 Fällen das Ulkus nicht nachweisen konnten.
Pathologisch-anatomische
Differenzialdiagnose, operative und ätiologische Grundlagen
und interventionelle Aspekte IMH entstehen spontan (etwa 70% der Fälle), im
Der Nachweis eines Ulkus mit Wandhämatom be- Rahmen eines stumpfen Thoraxtraumas oder wer-
weist ein PAU. Kann der Nachweis nicht erfolgen, so den in Assoziation mit schweren arteriosklerotischen
gelingt unter Umständen eine Detektion des Ulkus Wandveränderungen beschrieben. Bei der traumaas-
durch Reduktion der Schichtdicke. Bei fehlendem Ul- soziierten Form entsteht die Blutung in gut 3/4 der
kus und alleinigem Wandhämatom ist dann bei ähn- Fälle distal des Abgangs der A. subcavia und wird bei
licher klinischer Symptomatik eine IMH anzuneh- benignem Verlauf primär konservativ behandelt (Vi-
men (s. dort). Die Abgrenzung einer Aortendissek- lacosta et al. 1997). Die spontanen IMH sind in 90%
tion ist bei fehlendem 2. Lumen in der Regel unpro- der Fälle mit einem Hypertonus assoziiert, und die-
blematisch. ser wird übereinstimmend als prädisponierender
Die Frühletalität (Ruptur) ist mit der der klassi- Faktor angesehen. Das Durchschnittsalter liegt zwi-
schen Aortendissektion vergleichbar. Dabei ist be- schen 55 und 65 Jahren.
2.1 Aorta 137

Abb. 2.28 a, b. PAU eines


78-jährigen Patienten mit
kontrastmittelgefülltem Ulkus,
geringem umgebendem Häma-
tom sowie umschriebenem
Pleuraerguss mit Teilatelektase
des Unterlappens. Therapie der
Wahl ist die Implementierung
eines Aortenstents

a b

Abb. 2.29 a–c. MRT einer PAU


mit Nachweis von 2 Ulzera in
der deszendierenden Aorta

a c

Merke ! Die klinische Bedeutung IMH liegt in


der Möglichkeit der Entwicklung ei-
tenrupturen zu rechnen. Diese Komplikationen sind
bei einem Befall der Aorta ascendens etwa doppelt
ner klassischen Dissektionen oder einer Aortenrup- bis 3-mal so häufig. Die Wanddicken schwanken von
tur. 9–20 mm, die kraniokaudale Ausdehnung zwischen
30 und 300 mm. Die IMH ist in 1/3 der Fälle in der
Dabei ist in 18% der Fälle mit der Entwicklung klas- Aorta ascendens lokalisiert.
sischer Dissektionen und bei weiteren 15% mit Aor-
138 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Klinische Symptomatik
Ähnlich dem PAU stellt bei der IMH bei etwa 90% der
Patienten das thorakale Schmerzereignis das primä-
re Symptom dar. Eine neurologische oder peripher
ischämische Symptomatik tritt bei 12 bzw. 5% der
Fälle auf, in 26% entwickelt sich eine akute Aorten-
klappeninsuffizienz (Kodolitsch u. Nienaber 1998 b).

Radiologische Symptomatik
Über eine Verbreiterung des Mediastinums und/oder
der Aortenkontur wird in gut 3/4 der Fälle berichtet.
Weitere Röntgenzeichen sind Pleuraerguss und/oder
Perikarderguss (20–30%).
Die Diagnose wird in der Mehrzahl der Fälle durch
die CT gestellt. Typischerweise lässt sich in der nati-
ven CT ein zirkulärer, hyperdenser Randsaum ohne
Kontrastmittel-Enhancement nachweisen. Dabei ist –
falls vorhanden – intimaler Kalk lumenwärts verla-
gert. In der transösophagealen Echokardiographie ist
eine Wandauftreibung nachweisbar, die unter Um-
ständen schwer vom Wandödem oder arteriosklero- Abb. 2.30. Typ A (analog zur Einteilung der dissezierenden
Aortenaneurysmen) IMH einer 45-jährigen Patientin mit
tischen Auflagerungen zu unterscheiden ist. Angio- plötzlichem thorakalem Schmerzereignis. In der T1-gewichte-
graphisch kann nur aufgrund von längerstreckigen, ten SE-Sequenz typisches, hyperintenses Signal im Sinne einer
glattwandigen Lumeneinengungen die Verdachtsdi- Hämorrhagie. Zur Differenzialdiagnose vgl. Abb. 2.31
agnose einer IMH geäußert werden.
Im akuten Stadium zeigt sich in der MRT bei iso-
intensem Signal im T1-gewichteten Bild eine Hyper-
intensität der Wand im T2-gewichteten Bild, während
die subakute Blutung sowohl im T1- als auch im T2-
gewichteten Bild hyperintens ist (Bluemke 1997).

Differenzialdiagnose, operative
und interventionelle Aspekte
In der Differenzialdiagnose sind der chronische Ab-
scheidethrombus und die thrombosierte Dissektion
zu erwähnen.Abscheidethrombus oder arteriosklero-
tische Plaques sind z. T. exzentrisch konfiguriert und
– falls vorhanden – liegt der Intimakalk zur Wand hin.
In der MRT kann der Nachweis von Methämoglobin
den entscheidenen differenzialdiagnostischen Hin-
weis geben. Dabei kann eine Abgrenzung gegenüber
der vollständig thrombosierten Dissektion unmög-
lich sein, da Form und Signalintensität denen der
Abb. 2.31. Differenzialdiagnose: Abgrenzung zur Atheromato-
IMH entsprechen können. Hilfreich können die TOF- se: Im Unterschied zur IMH liegt der die Intima markierende
Technik oder eine Phasenkontrastangiographie sein, Kalk außen
die auch ganz geringen Fluss detektieren. Die Diffe-
renzialdiagnose bleibt letztendlich ohne klinische Be-
deutung, da die IMH wie eine Dissektion behandelt 2.1.4.7
wird: Die Typ-A-IMH stellt eine dringliche Opera- Chronische thorakale Aneurysmen
tionsindikation dar. Bei der stabileren Typ-B-Situa-
tion (8% Todesfälle unter medikamentöser Therapie) 왔 Darunter werden alle echten Aneurys-
Definition
wird ein primär konservatives Vorgehen (antihyper- men (alle Wandschichten betreffend),
tensive Therapie) angestrebt, wenn nicht Instabilität alle falsche Aneurysmen, die als Folge einer Ruptur al-
und/oder Größenprogredienz zu einem operativen ler Wandschichten auftreten, Pseudoaneurysmen, wo-
Eingriff zwingen, der allerdings mit einer 33%igen bei ein Teil der Wandschichten intakt ist inklusive al-
Operationsletalität behaftet ist. ler chronisch dissezierenden Aneurysmen subsumiert.
2.1 Aorta 139

Ab 5 cm im Querdurchmesser wird von einem An- te aller chronischen Aortenaneurysmen. Eine Trache-
eurysma gesprochen, ein Graubereich besteht zwi- alverlagerung ist in knapp 2/3 der Fälle zu beobach-
schen 3 und 5 cm. Nach der makroskopischen Form ten. Die Verdrängung der verkalkten Intima von der
unterscheidet man im Wesentlichen das fusiforme Aortenwand in der p.-a.-Aufnahme um >10 mm (s.
(falls die Gefäßwand zirkulär eingezogen ist) und das oben) ist als Zeichen einer Dissektion wenig spezi-
sackförmige Aneurysma, bei dem nur ein umschrie- fisch, da es auch projektionsbedingt durch eine elon-
bener Bezirk der Wand betroffen ist. Wahre Aneurys- gierte Aorta mit verkalkten, arteriosklerotischen Pla-
men sind in der Regel fusiform, falsche Aneurysmen ques postiv sein kann.
und Pseudoaneurysmen dagegen vorwiegend sack- Die CT oder die MRT als weiterführende Diagnos-
förmig. tik klären Lokalisation, Größe und Ausdehnung und
machen die Angiographie entbehrlich.
Pathologisch-anatomische und ätiologische
Grundlagen Arteriosklerotisches Aneurysma
Je nach Pathogenese unterscheidet man Das arteriosklerotische Aneursma macht die Mehr-
zahl aller thorakalen Aneurysmen aus. Der arterielle
∑ kongenitale,
Hypertonus gilt als prädisponierender Faktor. Patho-
∑ arteriosklerotische,
genetisch führt die subintimale Plaquebildung zu ei-
∑ mykotische (infektiöse),
ner verschlechterten Versorgung der Media und ei-
∑ Arteriitis-assoziierte,
ner Fibrosierung unterversorgter Wandanteile.
∑ posttraumatische und
Durch den Verlust an elastischen Fasern wird die Ge-
∑ das chronische disseziierende Aortenaneurysma.
fäßwand starrer und weiter. Mit zunehmendem Radi-
Am häufigsten sind die arteriosklerotischen (65%), us wächst die tangentiale Wandspannung, sodass das
gefolgt von den chronisch dissezierenden und den dilatierte unelastische Gefäß wesentlich höheren
kongenitalen Aneurysmen. Während man 1956 noch Wandspannungen ausgesetzt ist, was den Prozess
in bis zu 50% der Aneurysmen eine luetische Genese weiter beschleunigt. Typischerweise sind arterioskle-
fand, ist diese Ursache heute selten. Die Häufigkeit rotisch bedingte Aneurysmen fusiform.
mykotischer Aneurysmen soll sich auf 3–10% belau- Mit zunehmender Größe steigt das Risiko der Dis-
fen. sektion und Ruptur. Die Frage, wann die Indikation
In einem unselektionierten Kollektiv thorakaler zum operativen Eingriff gestellt werden soll, wird
Aortenaneurysmen betrafen 45% die Aorta ascen- kontrovers diskutiert. Weitgehende Einigkeit besteht
dens, 10% den Aortenbogen, 35% die deszendieren- darüber, dass die Größe des Aneurysmas der ent-
de Aorta und etwa 10% die thorakoabdominelle Aor- scheidende Faktor ist. So liegt – einer multivarianten
ta (Bickerstaff et al. 1982). Regressionsanalyse nach – die Wahrscheinlichkeit ei-
ner akuten Ruptur bei einer Größe zwischen 6,0 und
Klinische Symptomatik 6,9 cm bei 37% (Aorta ascendens), für Deszendens-
Gut 50% der Aneurysmen sind asymptomatisch und aneurysmen >7 cm bei 43% (Coady et al. 1999).
werden durch Zufall auf der Röntgenübersicht ent-
deckt. Wenn Symptome auftreten, dann gehen sie in
der Regel bereits von sehr großen Aneurysmen aus,
Merke ! Eine Operationsindikation wird – un-
ter Berücksichtigung der Komorbidi-
die mit benachbarten Organstrukturen in Beziehung tät – zwischen 5,5 und 6 cm für die Aorta ascendens
treten. Hauptsymptom ist der retrosternale Schmerz. und 6,5–6,9 cm für die Aorta descendens gesehen.
Je nach Lokalisation kann es zu Dysphagie, Dyspnoe,
Heiserkeit (linksseitiger Phrenikus) oder zur oberen Umschriebene sakkuläre Aneurysmen stellen eine
Einflussstauung bei Kompression der V. cava kom- gute Indikation für eine Stentintervention bei deut-
men. Hauptkomplikation ist die Ruptur, die in alle lich niedrigerer Mortalität und Morbidität dar (Won
benachbarten Strukturen erfolgen kann (Herzbeutel, et al. 2001.
Ösophagus, V. cava, Mediastinum, Bronchialsystem)
und meist tödlich endet. Die klinische Untersuchung Chronisch dissezierendes Aneurysma
ist meist unergiebig. Einzig die Zeichen einer Aorten- Das chronische dissezierende Aneurysma stellt nach
klappeninsuffizienz oder Strömungsgeräusche kön- dem arteriosklerotischen Aneurysma die zweithäu-
nen auf ein thorakales Aneurysma hindeuten. figste Ätiolögie thorakaler Aortenaneurysmen dar.

Radiologische Symptomatik 왔 Eine Dissektion wird als chronisch


Definition
In der Thoraxübersicht zeigt sich eine umschriebene bezeichnet, wenn das akute Ereignis
oder globale Verbreiterung der Aortenschattens. Eine mehr als 14 Tage zurückliegt.
Doppelkontur der Aorta zeigt sich in knapp der Hälf-
140 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b

c d e

Abb. 2.32 a–e. Arteriosklerotisches thorakoabdominelles Aneurysma. c–e Arteriosklerotisches Aneurysma der Aorta descendens
und abdominalis. Aneurysma mit exzentrischer Atheromatose und umschriebener sackförmiger Ausweitung proximal davon

Dabei wird die asymptomatische chronische Dissek- weis einer Perfusion des falschen Lumens und in der
tion ohne Organkomplikationen konservativ behan- Beurteilung der Aortenabgänge. Diesbezüglich sind
delt. Die Berechtigung für dieses Behandlungskon- die Angio-CT und die MRT als gleichwertig zu be-
zept liegt in der Gleichwertigkeit der Langzeitergeb- trachten.
nisse zwischen operativem und konservativem Vor- Die Zunahme der Lumenweite des falschen Lu-
gehen. Die Rolle der Bildgebung besteht bisher in der mens gilt als ein wichtiger prognostischer Parameter.
kurzfristigen Kontrolle von Lumenweite, dem Nach- Im diesem Kontext wird diskutiert, ob spezifische
2.1 Aorta 141

a b

c d

Abb. 2.33 a–d. 52-jähriger Patient mit bekannter arterieller MIP und der GRE-Sequenz Nachweis einer Typ-B-Dissektion
Hypertonie bei chronischer Typ-B-Dissektion (kleine Niere mit Ursprung der rechten Nierenarterie aus dem wahren, kom-
rechts als Hinweis auf eine chronische Dissektion). MRA zur primierten Lumen und Abgang der linken Nierenarteie aus
Abklärung einer renovaskulären Ursache des Hypertonus. Da- dem falschen Lumen. Therapie: Etablierung eines Aortenstents
bei zeigt sich in der MIP lediglich ein Kontrastsprung zwi- distal des Abgangs der linken A. subclavia
schen thorakaler und abdomineller Aorta. In der transversalen

Flussmuster (Reflux, Turbulenzen) im falschen Lu- chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)


men zur aneurysmatischen Erweiterung prädispo- und Hypertonus sind negative Prädiktoren. Trotz
nieren. Hier ergeben sich sinnvolle Indikationen für verbesserter Operationstechnik und Mortalitätsraten
den Einsatz der MRT (ergänzende Phasenkontrastan- um 10% ist das Paraplegierisiko mit etwa 15% hoch.
giographie; Strotzer et al. 2000) mit der Beurteilung Dies hat in den letzten Jahren zu einem vermehrten
von Form und Funktion. Ein weiterer Vorteil ist auf- Einsatz von aortalen Stents geführt, anfänglich be-
grund der Multiplanarität des Verfahrens in der bes- schränkt auf Hochrisikopatienten mit der Tendenz
seren Beurteilung von Entry bzw Reentry zu sehen. zur zunehmenden Ausweitung der Indikation auf
Die Zehnjahresmortalität der chronischen Typ-B- diejenigen Patienten, bei denen bisher eine Ope-
Dissektion bei konservativem Regime beträgt etwa rationsindikation gegeben war. Bei den bisher durch-
30%, und die Patienten versterben in 90% der Fälle geführten etwa 3000 Stentimplantationen (alle In-
an einer akuten Ruptur (Fann et al. 1995). Dabei ist dikationen) lag die Mortalität zwischen 0 und 4%
das kumulative Risiko einer Ruptur bei chronischer bei einem Paraplegierisiko von 0–2% (Dake 2001).
Dissektion etwa doppelt so hoch wie beim wahren Dabei kam es in >90% der Fälle mit akuter oder
Aneurysma mit einer durchschnittlichen Lumenwei- chronischer Typ-B-Dissektion zu einer vollständigen
te von 5,5 cm zum Zeitpunkt der Ruptur. Hohes Alter, Thrombosierung des falschen Lumens.
142 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b

c d

Abb. 2.34 a–d. 60-jähriger Patient mit bislang stabiler Typ-B- Verlegung des Truncus coeliacus und der A. mesenterica su-
Dissektion. Aktuell abdominelle Schmerzen und Anstieg der perior durch das falsche Lumen (dorsal gelegen). Therapie:
Ischämieparameter (Laktat: 25 mmol/l, Transaminasen aortozöliakaler und mesenterialer Bypass
>10.000 U/l). So genannte „True-lumen-Kollapssituation“ mit

Abb. 2.35. Thrombosierte Typ-B-Dissektion durch Tagging-Technik.


Während der Fluss im durchströmten Lumen zu einer Dephasierung
des Tagging-Musters führt, bleibt das Muster der Tagging-Pulse im
Thrombus ähnlich wie in der Muskulatur der Thoraxwand konstant
2.1 Aorta 143

a b

c d

Abb. 2.36 a–e. 60-jährige Patientin, Zustand nach suprako-


ronarem Aszendensersatz bei Typ-A-Dissektion. Regelrechte
Darstellung der proximalen und obere Bildreihe (a und b)
distalen Anastomose (Pfeile) einer 28er Dacron-Rohrprothese.
Stabiler klinischer Verlauf über 1 Jahr. Erneutes Schmerz-
ereignis.
e–c Aneurysmatische Erweiterung des falschen Lumens mit
periaortalem Hämatom im Sinne einer gedeckten Ruptur.
Wenige Stunden nach Implantation eines 46 mm großen,
gecoverten Stents distal des Abgangs der linken A. subclavia
verstarb die Patientin. Die Rupturstelle zeigt sich deutlich als e
KM-Extravasation (Pfeil)
144 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Kongenitales Aneurysma einer Reduktion der elastischen Fasern und einer Ab-
lagerung von mukoiden Substanzen in den mittleren
왔 Im Rahmen von angeborenen, gene- und äußeren Mediawandschichten.
Definition
ralisierten Bindegewebsstörungen wie
des Marfan- oder des Ehlers-Danlos-Syndroms Das Durchschnittsalter der Patienten liegt zwischen
kommt es durch den Verlust elastischer Fasern zur 40 und 70 Jahren. Erdheim-Gsell-assoziierte Aneu-
Schwächung der Aortenwand und zur progredienten rysmen betreffen vorwiegend die Aorta ascendens
Dilatation und Aneurysmabildung. und den Aortenbogen und machen etwa 8–10% aller
thorakalen Aortenaneurysmen aus. Die idiopathi-
Mit Beteiligung des Anulus kommt es in fast 90% der sche Medianekrose (Erdheim/Gsell) prädisponiert
Fälle zur Aortenklappeninsuffizienz (anuloaortale zur Ausbildung dissezierender Aneurysmen (s. dort;
Ektasie). Dissektion und Aortenruptur sind die le- Abb. 2.37 a–d).
bensbedrohlichen Komplikationen der Erkrankung
und für etwa 60% der Todesfälle bei diesen Patienten Posttraumatische Aneurysmen
verantwortlich. Eine Dissektion entwickelt sich in et- Wird ein schweres Dezelerationstrauma überlebt
wa 20–30% der Fälle. Dabei kamen in einer Fallstudie und die Aortenruptur nicht diagnostiziert und ope-
von 101 Patienten (Niinami et al. 1999) Typ A und B riert, so kann das periaortale Hämatom resorbiert
jeweils zu gleichen Teilen vor. werden und es entwickelt sich ein falsches Aneurys-
Eine Indikation zu einem operativen Eingriff ma (Pseudoaneurysma), das über Jahre stabil blei-
(mit/ohne Klappenersatz) wird bei Patienten mit ben, sich aber auch schnell vergrößern und rupturie-
Marfan-Syndrom ab einer Lumenweite von 5,5 cm ge- ren kann. Typischerweise sind diese Aneurysmen
sehen, da danach das Risiko von Dissektion und Rup- distal des Lig. arteriosum lokalisiert.
tur deutlich ansteigt.
Entzündliche Aneurysmen
Infektiöses (mykotisches) Aneurysma Im Rahmen einer Arteriitis (s. oben) kann es zur Aus-
Der Begriff geht auf eine Einzelfallbeschreibung ei- bildung von Aortenwandaneurysmen kommen. Die-
nes Patienten mit einer Endokarditis, septischer Em- se überwiegend im Bogen lokalisierten Aneurysmen
bolie und einem sekundär entstandenem Aortenan- haben eine schnelle Wachstumstendenz mit hoher
eurysma zurück. Man nahm an, es gehe von einer Rupturgefahr. Typischerweise zeigen sie eine Verdi-
Pilzinfektion aus und prägte den Ausdruck „mykoti- ckung der Aortenwand und eine Stenosierung der
sches Aneurysma“. Heute wird der Begriff auf alle aortalen Äste.
durch mikrobielle Infektionen entstandene Aneurys- Eine besondere und morphologisch seltsame
men ausgedehnt. Form ist das so genannte inflammatorische Aneurys-
Pathogenetisch wird neben dem hämatogen Infek- ma, wobei trotz der Bezeichnung „inflammatorisch“
tionsweg über die Vasa vasorum oder vom Gefäßlu- dieses nicht mit einem durch Mikroorganismen ent-
men transmural, der den überwiegenden Anteil aus- standenen Aneurysma verwechselt werden darf. Ty-
macht, auch der per continuitatem von einem be- pischerweise ist diese Aneurysmaentität infrarenal
nachbarten Entzündungsherd ausgehende disku- lokalisiert. Es sind bisher weniger als 10 Fälle in der
tiert. Mykotische Aneurysmen (s. Abschn. Literatur beschrieben worden, davon mit zusätzli-
„Aortitiden“) werden vorwiegend bakteriell verur- cher Beteiligung der Aorta descendens 5 Fälle und
sacht. Häufige bakterielle Erreger sind Staphylococ- der Aorta ascendens 2 Fälle (Girardi u. Coselli 1997).
cus aureus, betahämolysierende Streptokokken, Sal- Diese Aneurysmaart zeigt intraoperativ eine sehr
monellen oder Pseudomonasvarianten, in selteneren derbe fibröse Aortenwand mit einer Dicke von bis zu
Fällen sind es Infektionen mit Pilzen wie Candida mehreren Zentimetern. Nachbarstrukturen können
oder Aspergillus. Mykotische Aneurysmen sind am mit der Aneurysmawand derbe verbacken sein. His-
häufigsten in der Aorta ascendens anzutreffen und tologisch zeigen sich entzündliche Infiltrate mit his-
zeigen oft eine schnelle Größenzunahme. tiozytären Riesenzellen, Lymphozyten und Plasma-
zellen mit fokalen Medianekrosen. Eine Hyperim-
Idiopathische (zystische) Mediadegeneration munantwort auf arteriosklerotische Plaques wird
kontrovers diskutiert, da inflammatorische Aneurys-
왔 Die idiopathische Medianekrose (Erd- men auch ohne arteriosklerotische Veränderungen
Definition
heim/Gsell) ist eine wahrscheinlich gefunden wurden.
genetisch bedingte Strukturstörung der Media mit
2.1 Aorta 145

a b

c d

Abb. 2.37 a–d. Zufallsbefund im Rahmen einer betriebsärzt- Dark-blood-Technik) großes (7,5 cm) Aszendensaneurysma.
lich durchgeführten Thoarxübersichtsaufnahme eines 35-jäh- Indikation zur Anlage eines Aortenkonduits. Histologie: zys-
rigen Dachdeckermeisters. Aortendilatation und linksventri- tische Medianekrose Erdheim-Gsell
kuläre Herzvergrößerung. c,d In der MRT (TSE-Sequenz,
146 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

2.2 Magnetresonanztomographie
Pulmonale Gefäße Erste Versuche einer magnetresonanzangiographi-
schen Darstellung der Pulmonalgefäße mit Black-
2.2.1 blood- oder TOF-Techniken erwiesen sich aufgrund
Radiologische Untersuchungstechnik der langen Akquisitionzeiten und der dadurch be-
dingten Artefaktanfälligkeit als wenig erfolgverspre-
chend.
Konventionelle Röntgendiagnostik Mit der kontrastmittelverstärkten MRA konnte
Der Röntgenthorax im p.-a.- und lateralen Strahlen- der entscheidene Durchbruch erzielt werden. So ist
gang oder – wenn eine Stehendaufnahme nicht mög- mit den MR-Scannern der neuesten Generation eine
lich ist – die a.-p.-Liegendaufnahme, stellt die Basis- Darstellung der Pulmonalgefäße in der Größenord-
diagnostik in der Beurteilung der pulmonalen Gefä- nung von 5–7 s möglich. Dadurch kann auf ein Bolus-
ße dar. Timing verzichtet werden, wie es bei Akquisitionszei-
ten eines 3D-Datenblocks von bisher um die 20 s not-
Computertomographie wendig war, und es ermöglicht eine angiographie-
Die CT gilt als das Standardverfahren nach der Über- ähnliche Darstellung von pulmonalarteriellem
sichtsaufnahme in der Beurteilung der Pulmonalge- Einstrom und venöser Phase. Dabei können mit
fäße. Dabei wird in der überwiegenden Mehrzahl al- Schichtinterpolation Schichtdicken von 2 mm erzielt
ler Fälle die Untersuchung primär mit Kontrastmittel werden. Dies ermöglicht eine Darstellung bis zur
durchgeführt, wenngleich Verkalkungen (z. B. ver- Subsegmentarterienebene.Von Vorteil gegenüber der
kalkte Lymphknoten oder Thromben) bei primärer CT ist die Möglichkeit der primären Datenaquisition
Kontrastmittelgabe maskiert werden können und bei in der frontalen Ebene, nachteilig ist die im Vergleich
bestimmten Fragestellungen (z. B. Embolie: Differen- zur MSCT-Generation deutlich schlechtere Ortsauf-
zialdiagnose intravasaler Tumor) eine Aussage über lösung und die überlegene Darstellung des Lungen-
die Kontrastmittelaufnahme nicht möglich ist. In sol- parenchyms in der CT.
chen Fällen kann eine Nativuntersuchung in einem Mit Hilfe von Phasenkontrastangiographiese-
zeitlichen Intervall von 2–4 Stunden nach intravenö- quenzen können Flussgeschwindigkeiten in den zen-
ser Kontrastmittelgabe ergänzend durchgeführt wer- tralen Pulmonalarterien bestimmt werden und wert-
den. volle Informationen über die Hämodynamik gewon-
Dabei ist eine ausreichende und gleichmäßige nen werden (z. B. im Rahmen einer nichtinvasiven
Kontrastierung der Gefäße entscheidend. Es existie- Shuntvolumenbestimmung z. B. bei fehleinmünden-
ren in der Literatur eine Vielzahl verschiedener Pro- den Lungenvenen oder bei arteriovenösen Malfor-
tokolle, von einem „Low-concentration- (150– mationen, als Verlaufskontrolle bei pulmonalarteriel-
240 mg/ml) high-flow- (4–5 ml/s)“ bis zu einem ler Hypertonie oder als postoperative Verlaufskon-
„High-concentration- (300–350 mg/ml) low-flow- trolle nach Lungentransplantationen).
(2–3 ml/s) Protokoll“. Ein „Scan-delay“ von 15–20 s Erste Ansätze, mit „Blood-pool-Kontrastmitteln“
bietet in den meisten Fällen eine ausreichende Kon- und einem navigatorunterstützten „Atem-Gating“
trastierung der Gefäße (bzw. Triggerung des Bolus über eine Verlängerung des Akquisitionsfensters eine
auf dem Truncus pulmonalis) bei einem Kontrast- deutliche Verbesserung der Ortsauflösung zu erzie-
mittelvolumen von 80–120 ml plus etwa 60 ml NaCl. len sind erfolgversprechend, wenngleich hiermit eine
Zur Beurteilung der segmentalen und subsegmen- Überlagerung pulmonalarterieller und -venöser Ge-
talen Gefäßanatomie sollte die Schichtdicke bei der fäße in Kauf genommen werden muss.
Einzeldetektortechnik 2–3 mm nicht überschreiten
(Pitch 5 mm, Rekonstruktionsintervall 3 mm). Bei Pulmonalisangiographie
der MSCT empfiehlt sich eine Kollimation von Die Pulmonalisangiographie stellt den Goldstandard
<1 mm und ein Pitch-Faktor von <1,5. Multiplanare in der Beurteilung der pulmonalen Gefäße dar. Sie
Rekonstruktionen (in der Regel sagittale und fronta- wird normalerweise als DSA mit selektiver Darstel-
le Sekundärrekonstruktionen) erleichtern Befun- lung der rechten und linken Pulmonalarterie in min-
dung, diagnostische Sicherheit und Dokumentation. destens 2 Projektionen (a.-p. und eine Schrägprojek-
MIP und 3D-Oberflächenrekonstruktionen (SSD) tion von 45°) durchgeführt. Der Zugang erfolgt femo-
vermitteln einen dreidimensionalen Eindruck und ral oder über eine Kubitalvene. 20–30 ml eines jod-
sind eher für die Demonstrabilität von Befunden als haltigen Kontrastmittels mit einer Konzentration von
für die eigentliche Befunderstellung geeignet. 300 mg/ml und einer Injektionsgeschwindigkeit von
etwa 10–15 ml/s sind zur Erzielung eines guten Ge-
fäßkontrasts ausreichend. Katheterbedingte Kompli-
kationen sind iatrogene pulmonale Thrombembo-
2.2 Pulmonale Gefäße 147

lien und Verletzungen des Papillarmuskels oder des der rechte Oberlappen aber von 3 isoliert abgehen-
Trikuspidalklappenapparats. den Arterien versorgt (R. apicalis, R. posterior und
In einer großen Serie von 1350 Pulmonalisangio- R. anterior). Zum rechten Mittellappen führen in
graphien (Mills et al. 1980) kam es in 0,2% zu einem 50% der Fälle eine (R. lobi medii), in 50% 2 Arterien
tödlichen Ausgang (bei vorliegender pulmonalarte- (R. lateralis und R. medialis). Sie entspringen vom
rieller Hypertonie), in 3,2% der Patienten wurden Truncus interlobaris. Die Blutversorgung des rechten
größere Komplikationen wie Verletzungen des Endo- Unterlappens erfolgt aus dem abwärts gehenden
myokards oder schwere Arrythmien beobachtet. Schenkel der A. pulmonalis dextra. Dabei entspringt
Nachteil der Pulmonalisangiographie ist – neben den in 80% der Fälle die A6-Arterie solitär und meist hö-
bei sorgfältiger Technik und guter Patientselektion her als die Mittellappenarterie. Die Pars basalis gibt
(RVED Druck <20 mmHg) extrem seltenen Kompli- Äste zu den Unterlappensegmenten ab, wobei zahl-
kationen – die im Vergleich zu den Schnittbildverfah- reiche Varianten beschrieben sind (Hornykiewytsch
ren CT und MRT nur indirekte Beurteilung der Ge- u. Stender 1955).
fäßwand, was in der Diagnositik von Vaskulitiden Im Allgemeinen münden auf beiden Seiten je
nachteilig sein kann. 2 Vv. pulmonales in den linken Vorhof. Diese Venen
entstehen in den Hili aus dem Zusammenfluss der in-
trapulmonalen Segmentalgefäße. Auf der linken Sei-
2.2.2 te bilden die 3 Oberlappensegmentvenen die krania-
Normalanatomie und wesentliche Varianten le Lungenvene. Die 2 Hauptunterlappenvenen bilden
die linksseitige kaudale Lungenvene. Rechtseitig ver-
Anatomie einigt sich die Mittellappenvene mit den Oberlap-
Der Pulmonalarterienhauptstamm entspringt aus penvenen zur rechten kranialen Lungenvene.
dem rechten Ventrikel und verläuft ventral der aszen- Dabei sind zahlreiche Einmündungsvarianten be-
dierenden Aorta. Sein Anfangsabschnitt ist vom Peri- schrieben. Klinisch relevant sind jedoch nur die, bei
kard bedeckt, das sich vor der Aufteilung in die rech- denen es zur Fehleinmündung in den venösen Kreis-
te und linke Pulmonalarterie zurückwendet. Er zieht lauf gekommen ist (rechter Vorhof, V. cava; s. dort).
zur linken Seite und teilt sich unterhalb des Aorten-
bogens in die rechte und linke Pulmonalarterie.
Die linke Pulmonalarterie ist kürzer als die rechte 2.2.3
und verläuft schräg nach links oben und hinten, Systematische Bildanalyse
kreuzt den linken Hauptbrochus und verläuft ober-
halb desselben. Im weiteren Verlauf gibt sie Zweige Die folgende Übersicht stellt die Befunde aus Rönt-
an den Oberlappen ab. Die Zahl der Gefäße variiert genthoraxaufnahmen zusammen.
zwischen 4 und 8. Die große Verschiedenheit lässt
sich auf 3 anatomische Gegebenheiten zurückführen. Röntgenthorax
Die Segmente S3, S1 und S5 werden von Gefäßen ver- ∑ I. Globale Veränderungen der Gefäßarchitektur:
sorgt, die gleichzeitig von der mediastinalen und in- 왔 1. Schmale periphere Gefäße bei normaler Größe und
terlobären Seite ausgehen können. Zweitens können Konfiguration der zentralen Gefäße – z. B. kongenitale
die Segmente S1 und S2 geteilte Arterien enthalten, Vitien mit Pulmonalstenose
und/oder es können zusätzliche Gefäße angelegt 왔 2. Schmale periphere Gefäße bei dilatierten zentralen

sein. Nach Abgabe der zum Oberlappen verlaufenden Gefäßen: primäre pulmonalarterielle Hypertonie,
Zweige läuft die A. pulmonalis sinistra dann als Inter- chronisch thomboembolische Erkrankung
왔 3. Schmale periphere Gefäße bei dilatierten zentralen
lobärarterie im großen Lappenspalt und teilt sich in
Gefäßen und vermehrter Strahlentransparenz der
die Segmentäste für den Unterlappen. Nach dem Ur- Lunge: Emphysem, spastisches Asthma
sprung von der Segmentarterie A6 nennt sich der Ge- 왔 4. Dilatierte periphere Gefäße (arteriell und venös) und
fäßstamm Pars basalis. Dieser teilt sich in 2 Äste, wel- normale bis gering dilatierte zentrale Gefäße:
che die mediobasale (A7, A8) bzw. die laterobasale Mitralstenose, Linksherzinsuffizienz, Cor triatriatum,
(A9, A10) Gefäßgruppe ergeben. Dabei sind zahlrei- Vorhoftumor/-thrombus oder primären Veränderun-
che Variationen beschrieben worden (Hornykie- gen der Pulmonalven wie im Rahmen einer fibrosie-
wytsch u. Stender 1955). renden Mediastinitis, kongenitaler Pulmonalvenenste-
Die rechte Pulmonalarterie verläuft hinter der nosen und -anomalien,„venous-occlusive disease“
aszendierenden Aorta, der V. cava und der rechten (VOD), Thrombus oder Tumor usw.
Oberlappenvene. Sie liegt ventral des Ösophagus und 왔 5. Dilatierte periphere Gefäße bei deutlich dilatierten

des rechten Oberlappenbronchus. Der erste Ast zentralen Gefäßen: Hyperzirkulationsvitien mit Links-
(Truncus superior) kann in einer kleinen Zahl der rechts-Shunt, arteriovenöse Malformationen
∑ II. Regionale Veränderungen der Gefäßarchitektur:
Fälle den ganzen Lappen versorgen. Meistens wird
148 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

die normale kontralaterale Lunge den gesamten Tho-


왔 1. Lobäre oder unilaterale Oligämie mit vermehrter
Strahlentransparenz: Swyer-James- bzw. Macleod- raxraum ein, und die mediastinalen Strukturen sind
Syndrom, Agenesie/Hypoplasie der Pulmonalarterie zur aplastischen Seite verlagert.
왔 2. Lobäre Oligämie, normale Strahlentransparenz der Bei einer isolierten Aplasie einer Lungenarterie
Lunge und erweiterte hiläre Pulmonalarterien: nahe mit angelegtem Tracheobronchialsystem zeigt sich
zu pathognomonisch für eine Lungenembolie ohne die betroffene Lunge vermehrt strahlentransparent
Infarzierung mit einer spärlichen Vaskularisierung, bedingt durch
왔 3. Lobäre Oligämie, vermehrte Strahlentransparenz der die Ausbildung systemischer Kollateralen. Die nicht-
Lunge und erweiterte hiläre Pulmonalarterien: lokales betroffene Lunge ist vermehrt perfundiert, da das ge-
Lungenemphysem samte Herzminutenvolumen durch die gesunde Lun-
∑ III.Atypische Gefäßverläufe/-strukturen: ge geleitet wird.
왔 1. Fehlmündende Lungenvenen wie z. B. beim Scimitar-
Hypoplastische Pulmonalarterien finden sich
Syndrom
häufig bei Vitien mit rechtsventrikulärer Obstruk-
왔 2. Prominente links- oder rechtseitige obere Pulmonal-
vene oder venöser Konfluens, die einen hilären Pseu-
tion.
dotumor vortäuschen können
Anormaler Ursprung der Pulmonalarterien
Anomalien des Ursprungs der Pulmonalarterien sind
2.2.4 selten. Sie können aus der aszendierenden oder der
Krankheitsbilder deszendierenden Aorta sowie von aortalen Ästen
oder von einem offenen Ductus arteriosus ausgehen.
Auch sind Abgänge aus Koronararterien bei komple-
2.2.4.1 xen Pulmonalarterienatresien beschrieben. Beim sel-
Kongenitale Anomalien tenen so genannten „Ring-sling-Syndrom“ geht die
Aplasie/Hyoplasie linke Pulmonalarterie aus der rechten hervor und
Die Aplasie der rechten Pulmonalarterie ist seit mehr hinterkreuzt die Trachea vor dem Ösophagus. In bis
als 100 Jahren bekannt und stellt eine seltene Missbil- zu 60% der Fälle kommt es in Abhängigkeit von der
dungsform dar (Erstbeschreibung durch Frantzel Lokalisation der Gefäßschlinge zu einem obstrukti-
1868). Sie ist in der Regel einseitig, dabei ist die dem ven Emphysem der gesamten rechten Lunge, des Mit-
Aortenbogen gegenüber liegende Seite am häufigsten tel- oder Unterlappens.
involviert. In 60% der Fälle sind kongenitale Vitien Oft fatal ist eine assoziierte Fehlbildung der präka-
assoziiert. Bei isolierter Aplasie und dem Fehlen von rinalen Trachea, bei der es zusätzlich zur vaskulären
assoziierten Vitien können die Patienten erst im Er- Schlinge zur Ausbildung eines kompletten knorpeli-
wachsenenalter klinisch durch rezidivierende bron- gen „O-Ringes“ um die Trachea bei einem Fehlen der
chopulmonale Infektionen symptomatisch werden – Pars membranacea kommt. Die Mortalität dieser Va-
links etwas häufiger als rechtsseitig ausgebildet. riante ist wegen der hohen Komplikationsrate trache-
Bei Fehlen der linken Lungenarterie wird die linke aler Rekonstruktionen hoch. Assoziierte kardiale
Lunge über kompensatorisch erweiterte Bronchialar- und/oder gastrointestinale Fehlbildungen sind häu-
terien und Äste aus der Aorta versorgt. Bei Fehlen der fig (bis zu 80%).
rechten Lungenarterie kann die Blutversorgung auch In der Regel werden die Patienten bereits im 1. Le-
über Äste der Aorta ascendens, gelegentlich auch bensjahr durch die Atemwegsobstruktion klinisch
über einen persistierenden Ductus arteriosus erfol- auffällig. Dabei können durchaus andere, mit kardia-
gen. Die Aplasie einer Lungenarterie ist häufig mit len Fehlbildungen assoziierte Symptome im Vorder-
Missbildungen der bronchopulmonalen Anlage und grund stehen.
des Herzens kombiniert (Fallot-Tetralogie, Pulmo- Radiologisch zeigt sich neben dem obstruktiven
nalarterienaplasie, Aortenbogenanomalie, Aorten- Emphysem im a.-p.- oder p.-a.-Bild eine rechts-tra-
isthmusstenose). cheale Raumforderung, die im seitlichen Strahlen-
Pathogenetisch handelt es sich um eine Hem- gang zwischen Trachea und Ösophagus in Höhe der
mungsmissbildung der ventralen Knospe der rechten Karina lokalisiert ist. Ein horizontaler Verlauf des
oder linken Kiemenbogenarterie bei gleichzeitiger Hauptbronchus („T-shaped trachea“) ist ein weiteres
Ausbildung einer alternativen Blutversorgung der Zeichen. Der Breischluck zeigt die Impression der
Lunge durch Persistenz und Vergrößerung embryo- ventralen Ösophaguswand. Zur umfassenden Beur-
naler systemischer Gefäße. Folgeveränderungen der teilung der trachealen, vaskulären und kardialen Ver-
betroffenen Lunge sind Hypo-/Aplasie und zystische hältnisse gilt die MRT als Methode der Wahl.
Parenchymfehlbildungen. Bei einer Aplasie nimmt
2.2 Pulmonale Gefäße 149

a b

c d

Abb. 2.38 a–d. „Pulmonary-sling-Syndrom“ (Pfeil) mit retro- rechtsventrikulärer Hypertrophie und linksbetonter pulmo-
tracheal verlaufender linksseitiger A. pulmonalis bei offenem, nalarterieller Hypertonie. In der sagittalen Rekonstruktion
verkalktem Ductus arteriosus (Stern) bei einer 36-jährigen, wird durch die primäre Kontrastierung der postduktalen Aor-
geistig behinderten Patientin mit zentraler Zyanose (Eisen- ta die Shuntumkehr deutlich
menger-Komplex). Dextropositioniertes Herz mit erheblicher

Pulmonalarterienstenose oder -koarktation Fehlbildungen assoziiert. In Abhängigkeit von Loka-


lisation und Ausmaß der Stenosierungen sowie asso-
왔 Diese seltene Anomalie ist gekenn- ziierten Fehlbildungen kann das röntgenologische
Definition
zeichnet durch einzelne oder multiple Gefäßbild normal, rarefiziert oder plethorisch sein,
Koarktationen der Pulmonalarterien mit poststeno- und es können Zeichen der pulmonalarteriellen Hy-
tischer Dilatation, bedingt durch eine fibröse Intima- pertonie und des Cor pulmonale bestehen. Die klini-
proliferation. sche Symptomatik ergibt sich häufig aus den assozi-
ierten kardialen Fehlbildungen und ist durch die Zy-
∑ Typ 1 nach Baum et al. (1964) betrifft die zentra- anose und/oder respiratorische Insuffizienz be-
len Abschnitte, wohingegen stimmt.
∑ beim Typ 2 die peripheren Lungenarterien betrof- Eine Sonderform ist die Koarktation der linken
fen sind. Pulmonalarterie, bedingt durch eine Expansion von
duktalem Gewebe in die proximale linke Pulmo-
Die Ätiologie ist unklar, eine familiäre Disposition nalarterie. Die Klinik wird bei Fehlen weiterer asso-
sowie eine Assoziation mit dem Ehlers-Danlos-Syn- ziierter kardialer Fehlbildungen durch die sich
drom sind beschrieben. Typ 1 ist in etwa 60% der Fäl- entwickelnde Hypertension der hyperperfundierten
le mit einer infundibulären, valvulären oder supra- Lunge bestimmt (Zevallos-Giampietri et al. 1997;
valvulären Pulmonalstenose oder anderen kardialen Abb. 2.39).
150 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Abb. 2.39. Isolierte Koarktation der linken Pulmonalarterie


ohne weitere assozierte kardiale Fehlbildungen. Hypertension
der hyperperfundierten rechten Lunge
Abb. 2.40. Scimitar-Syndrom: milde Hypoplasie der rechten
Pulmonalarterie und Darstellung der so genannten Scimitar-
Vene, einer säbelzahnähnlich verlaufenden Fehleinmündung
der rechten Pulmonalvenen in die V. cava inferior (Pfeil)
Anomalien von Pulmonalarterien und -venen
Synonyme: Scimitar-Syndrom, hypogenetisches Lun-
gensyndrom, venolobuläres Syndrom.
Eine Indikation zur operativen Korrektur der fehl-
왔 Das Scimitar Syndrom ist eine seltene einmündenden Lungenvene ist wegen des geringen
Definition
Anomalie, bestehend aus einer Hypo- und in der Regel gut tolerierten Links-rechts-Shunts
plasie der rechten Lunge, eine Hypoplasie der rechten in der Regel nicht gegeben. Bei häufig rezidivieren-
Pulmonalarterie mit Dextroposition des rechten den Pneumonien ist eine Pneumonektomie indiziert.
Herzens, einer abnormalen arteriellen Versorgung
des rechten Unterlappens aus der abdominellen Aor- Partielle oder totale Lungenvenenfehleinmündungen
ta sowie einer Fehleinmündung der Pulmonalvenen
in die V. cava inferior. 왔 Bei der totalen Lungenvenenfehlein-
Definition
mündung fließt das Blut ausschließ-
Etwa 130 Fälle (2/3 weiblichen Geschlechts) sind in lich direkt oder – über systemische Venen – indirekt
der internationalen Literatur beschrieben, bei denen in den rechten Vorhof.
nicht immer alle Kriterien vorhanden waren. Assozi-
iert sind kongenitale kardiale Fehlbildungen wie z. B. Hier werden 4 Formen unterschieden, je nachdem an
Fallot-Tetralogie, VSD, bikuspide Aortenklappe und welcher Stelle die Fehlkonnektion des Pulmonalve-
in 20% der Fälle eine Aortenisthmusstenose. Die kli- nensinus erfolgt. Kardiale Fehlbildungen sind häufig,
nische Symptomatik hängt vom Ausmaß der Pulmo- und die Patienten werden schon früh durch eine Zy-
nalarterienhypoplasie ab. Milde Formen können anose (Links-rechts-Shunt) auffällig.
asymptomatisch sein, höhergradige Hypoplasien Bei den partiellen Lungenvenenfehleinmündun-
und Bronchialmissbildungen werden früh durch re- gen (0,7% in Autopsien) wurde eine Vielzahl von Va-
zidivierende Pneumonien klinisch auffällig. rianten beschrieben. Die weitaus häufigste ist die
Radiologisch auffällig sind eine Hypoplasie der Mündung der superioren rechten Pulmonalvene in
rechten Lunge und der Pulmonalarterie und ein die V. cava superior (Abb. 2.41) oder den rechten Vor-
rechtsseitiger Zwerchfellhochstand mit Mediastinal- hof, die in der Regel mit einem Sinus-venosus-Typ
verlagerung zur rechten Seite. Besonderes Augen- des Vorhofseptumdefekts (ASD) kombiniert ist. Es
merk ist auf die so genannte Scimitar-Vene zu len- folgt die Fehleinmündung der rechten inferioren Pul-
ken, eine erweiterte Vene, die säbelscheidenähnlich monalvene in die V. cava inferior. Diese kann isoliert
zum rechten Zwerchfell zieht (Abb. 2.40). auftreten oder Teil des Scimitar-Syndroms sein.
2.2 Pulmonale Gefäße 151

Abb. 2.41. Kontrastmittelunter-


stützte MRA: fehleinmündende
obere Lungenvene in den V. cava
superior (Pfeil)

Kongenitale Lungenvenenstenosen/-atresien rielle Wedge-Angiographie mit fehlender Darstellung


Kongenitale Lungenvenenstenosen sind sehr selten. eines pulmonalvenösen Abflusses gestellt. Therapie
Edwards (1969) fand lediglich bei 2 Fällen unter 711 der Wahl ist die Resektion der betroffenen Lunge (Lo-
Patienten mit komplexen kardiovaskulären Fehlbil- bektomie, Pneumonektomie).
dungen eine Pulmonalvenenstenose. Kongenitale
Lungenvenenstenosen haben Ähnlichkeiten mit dem Bronchopulmonale Sequestration
Cor triatriatum und der totalen Lungenvenenfehlein-
mündung. In Abhängigkeit vom Ausmaß involvierter 왔 Eine bronchopulmonale Sequestra-
Definition
Venen stehen die Symptome der pulmonalvenösen tion ist eine angeborene Fehlbildung,
Hypertonie im Vordergrund. Die Prognose ist die 1–5% aller pulmonalen Malformationen aus-
schlecht, insbesondere wenn alle Venen involviert macht, wobei ein funktionsloser Lungenanteil mit
sind. systemarterieller Gefäßversorgung ohne reguläre
Lungenvenenatresien als sehr seltene kongenitale Verbindung mit dem Tracheobronchialsystem be-
Anomalie entstehen durch die fehlende Inkorpora- steht.
tion meist der unteren rechten oder linken Lungenve-
ne. Der behinderte venöse Abfluss erfolgt über Äste Wegen der Kombination mit gastrointestinalen Ano-
des portalvenösen Systems oder die V. cava. malien werden die bronchopulmonale Sequestratio-
Klinisch werden die Patienten durch rezidivieren- nen neuerdings als bronchopulmonale Vorderdarm-
de Hämoptysen und Pneumonien auffällig. Der be- fehlbildungen zusammengefasst.
troffene Thoraxhälfte ist oft kleiner mit einer Medi-
astinalverlagerung zur betroffenen Seite sowie einer Pathologisch-anatomische und ätiologische
hypoplastischen Pulmonalarterie. Die linke Vorhof- Grundlagen
kontur in Höhe der Pulmonalveneneinmündung ist Klare Vorstellungen über die Embryogenese sowie ei-
rund und glatt, und es fehlt die einmündende Lun- ne einheitliche Klassifikation aller Formen der Lun-
genvene. Auf Kolleratalgefäße zwischen dem pulmo- gensequestrationen existieren bisher nicht. Patholo-
nalvenösen und systemvenösen System ist zu achten. gisch-anatomisch unterscheidet man die mit 75%
Die definitive Diagnose wird durch pulmonalarte- häufigere intralobäre von der extralobären Form. Bei
152 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

der intralobären Form ist das nichtfunktionstüchtige Vordergrund stehen. Beim älteren Kind sind es meist
Lungenparenchym von der allgemeinen viszeralen chronische, rezidivierende Pneumonien, die zur Dia-
Pleura umgeben, während die extralobäre Form sei- gnose führen. Im Unterschied zur extralobären Form
ne eigene viszerale Pleura besitzt. Beide erhalten ih- wird die intralobäre Variante oft erst im Erwachse-
ren arteriellen Zufluss direkt aus der thorakalen oder nenalter durch chronisch rezidivierende Pneumo-
abdominalen Aorta oder deren Äste (z. B. Interkostal- nien klinisch manifest. Komplikationen können sich
arterien, Bronchialarterien). In 15–20% sind mehre- durch eine Superinfektion mit Aspergillus, Tuberku-
re arterielle Zuflüsse nachweisbar. Bei der intralo- lose, Hämoptysen oder in seltenen Fällen durch die
bären Form ist die zuführende Arterie im Unter- Entwicklung eines Hämatothorax (Avishai et al.
schied zur extralobären Form oft kaliberstark. In 1996) ergeben. Bisher ist in der Literatur ein Fall eines
sehr seltenen Fällen kann die arterielle Versorgung malignen Tumors in einem intralobären Sequester
aus den Koronarien erfolgen oder aus einer „A. inno- beschrieben worden (Gatzinsky u. Olling 1988).
minata“ (Bertsch et al. 1999; Grigoryants et al. 2000).
Unterschiedlich ist die venöse Drainage. Bei der Radiologische Symptomatik
intralobären Form erfolgt die venöse Drainage über- Der Röntgenthorax bietet ein weites Spektrum: Das
wiegend über das pulmonal-venöse System in den unkomplizierte intralobäre Sequester imponiert als
linken Vorhof, bei der extralobären Form system- gut abgrenzbare homogene Verschattung des vorwie-
venös über die V. azygos oder hemiazygos, direkt gend linken Unterlappens, kann aber auch rundlich
in die V. cava oder über die Pfortader in die V. cava oder lobuliert erscheinen und einen malignen Tumor
inferior. vortäuschen. Im Falle einer Infektion erscheint der
60–70% der intralobären Sequester sind im poste- Sequester pneumonieähnlich unscharf, und in 20–
rolateralen Abschnitt des linken Unterlappens lokali- 30% der Fälle ist durch einen Anschluss an das Tra-
siert. In 90% der Fälle einer extralobären Form sind cheobronchialsystem ein Luft-Flüssigkeits-Spiegel
die zwerchfellnahen Abschnitte des linken Unterlap- nachweisbar. Ein Pneumothorax kann durch die Rup-
pens betroffen, in der überwiegenden Mehrzahl zwi- tur einer Zyste entstehen, ein Hämatothorax durch
schen dem linken Unterlappen und dem Zwerchfell. eine Hämorrhagie des Sequesters. Im Randbereich
Die extralobäre Sequestration kann in seltenen Fäl- oder auch zentral im intralobären Sequester finden
len auch perikardial, mediastinal oder retroperitone- sich gelegentlich emphysematös überblähte Lungen-
al lokalisiert sein. Assoziierte Malformationen wie abschnitte, möglicherweise bedingt durch ein so ge-
kongenitale Zwerchfellhernien, Paralyse, andere ske- nanntes „air trapping“ über die Kohn-Poren aus dem
lettale (Rippen- und Wirbelanomalien) oder kardiale umgebenden ventilierten Parenchym (Suga et al.
Fehlbildungen (ASD, Dextrokardie, Fallot-Tetralogie) 2001).
sowie assoziierte intestinale Duplikaturen und ano- Der extralobäre Sequester manifestiert sich rönt-
rektale Fehlbildungen sind mit 30–60% bei der extra- genologisch als glatt begrenzte homogene Raumfor-
lobären Form häufig, mit etwa 10% bei der intralo- derung zwischen Diaphragma und Unterlappen oder
bären seltener. In seltenen Fällen einer extralobären als eine dem posterior-medialen Diaphragma aufsit-
Sequestration bestehen Fisteln zum Ösophagus und zende Vorwölbung. Atypische Lokalisationen sind
zum Magen. perikardial, mediastinal und retroperitoneal. Obwohl
Bei der intralobären Form ist das Geschlechtsver- der extralobäre Sequester von einer eigenen Pleura
hältnis ausgeglichen, bei der extralobären Form ist umgeben wird, wird auch hier das Phänomen der
das männliche Geschlecht etwa 3- bis 4-mal so häufig emphysematösen Überblähung beobachtet. In selte-
betroffen. nen Fällen können extralobäre Sequester luftgefüllt
Das histopathologische Bild zeigt unterentwickel- sein, bedingt durch eine Kommunikation mit Öso-
tes Parenchym mit einzelnen oder multiplen Zysten, phagus und Magen. Hier ist eine Breischluckuntersu-
die Mukus oder im Falle einer Infektion Eiter enthal- chung zum Nachweis entsprechender Fisteln indi-
ten können. Mikroskopisch ähneln die Zysten dila- ziert.
tierten Bronchien, die respiratorisches Epithel und Die Sonographie hat sich vor allem in der pädiatri-
gelegentlich Knorpel enthalten können. schen Diagnostik als wertvolle, nichtinvasive Zusatz-
diagnostik etabliert. Das Sequester zeigt sich in der
Klinische Symptomatik Regel als solide echogene, diaphragmal oder epi-
Die extralobäre Variante wird oft pränatal, direkt diaphragmal lokalisierte Raumforderung. Der zu-
postnatal oder in den ersten Lebensjahren diagnosti- sätzliche Einsatz der farbkodierten Duplexsonogra-
ziert (<10% im Erwachsenenalter). Die meisten Pa- phie mit dem Nachweis eines kräftigen, arteriellen
tienten fallen durch respiratorische Symptome auf, Feeders erleichtert die differenzialdiagnostische Ein-
die sich beim Füttern verstärken. Besteht ein signifi- ordnung als bronchopulmonale Sequestration. Die
kanter arteriovenöser Shunt, kann die Zyanose im Differenzialdiagnose zum Neuroblastom, zur adeno-
2.2 Pulmonale Gefäße 153

id-zystischen Malformation oder zur arteriovenöse Vorgehen (Resektion, Lobektomie). Zur Prophylaxe
nMalformation kann unter Umständen extrem der oben bereits erwähnten Komplikationen wird im
schwierig oder unmöglich sein und eine weiterfüh- chirurgischen Schriftum auch bei asymptomatischen
rende Diagnostik erforderlich machen. Fällen die operative Sanierung empfohlen. Als Alter-
Die invasive Bronchographie spielt in Zeiten der CT- native zum chirurgischen Vorgehen liegen bei assozi-
Diagnostik keine Rolle, Sie zeigt lediglich ein durch ierten schweren kardialen Fehlbildungen Einzelfall-
das Sequester verlagertes unauffälliges Tracheobron- berichte über erfolgreiche Coil-Embolisationen vor
chialsystem, und selbst die seltenen winzigen Verbin- (Tokel et al. 2000; Abb. 2.42 a–e).
dungen zum Bronchialsystem bei intralobären
Sequestern lassen sich bronchographisch fast nie Arteriovenöse Malformation
darstellen.
Computertomographisch kann das Spektrum un- 왔 Eine
arteriovenöse Malformation
Definition
terschiedlicher Befunde außerordentlich weit sein: (AVM) ist eine angeborene (häufig)
Die bronchopulmonale Sequestration kann als ho- oder erworbene (posttraumatisch, infektiös oder
mogener oder inhomogener solider Tumor mit oder iatrogen) abnorme Shuntverbindung zwischen
ohne zystische Veränderungen imponieren. Es kön- Pulmonalarterien und Pulmonalvenen seltener
nen multiple multilobulierte zystische Veränderun- auch zwischen Bronchial- und Pulmonalarterien
gen oder auch isolierte kavernenähnliche Höhlen mit oder zwischen Bronchialarterien und Pulmonal-
Spiegelbildung vorliegen. Von entscheidener diffe- venen.
renzialdiagnostischer Bedeutung ist die Identifika-
tion einer aberranten systemischen Gefäßversor-
gung, die mit konventioneller CT-Technik nicht im- Pathologisch-anatomische
mer nachweisbar sein muss. So sind im Zeitalter der und ätiologische Grundlagen
Spiral-CT- und MSCT-Technik selbst kleine, oft nur Pathogenetisch liegt der angeborenen AVM eine Per-
1–2 mm große Feeder nachweisbar. Die venöse Drai- sistenz fetaler kapillärer Anastomosen zugrunde. In
nage muss nicht immer nachweisbar sein (vor allem etwa 70% der Fälle sind sie mit der hereditären (au-
beim intralobären Sequester mit einem Abfluss über tosomal-dominant) hämorrhagischen Teleangiekta-
die Pulmonalvenen). sie (HHT, Morbus-Rendu-Osler-Weber) assoziiert.
Im Unterschied dazu haben nur etwa 15–35% aller
Merke ! Indirekte Zeichen in der CT wie eine
Erweiterung des Azygos- oder Hemia-
Patienten mit AVM eine HHT. In etwa 1/3 der Fälle
liegen multiple AVM vor. Eine Sonderform mit multi-
zygossystems auf >10 mm müssen zusammen mit plen kleinen AVM ist als seltene diffuse pulmonale
der posterobasalen Lungenveränderung an eine Teleangiektasie beschrieben, die Dilatationen kleiner
bronchopulmonale Sequestration denken lassen. präkapillärer Gefäße aufweist. Diese Form wird bei
der HHT gefunden, aber auch in Verbindung mit ei-
Auch wenn die CT die pulmonalen Veränderungen ner Leberzirrhose.
besser darstellt, ist die MRT als kontrastmittelunter- Alle Lokalisationen sind möglich, 70% aller AVM
stützte MRA die Methode der Wahl in der Darstellung sind jedoch im Unterlappen lokalisiert.
der aberrierenden Arterien und des venösen Abflus- Erworbene AVM sind oft Kurzschlussverbindun-
ses und macht die invasive Angiographie in den gen zwischen Bronchialarterien und Pulmonalarte-
meisten Fällen entbehrlich. rien oder -venen und werden bei chronischen Infek-
tionen, bei pulmonaler Schistosomiasis, posttrauma-
Differenzialdiagnose, operative tisch oder infolge eines rupturierten Aneurysmas ge-
und interventionelle Aspekte funden. Da in diesen Fällen keine hereditäre
Die adenoid-zystische Malformation lässt die aber- Komponente vorliegt und eine Kurzschlussverbin-
rante systemarterielle Gefäßversorgung vermissen. dung systemarteriell und pulmonalarteriell/-venös
Die arteriovenöse Malformation manifestiert sich als vorliegt, empfehlen einige Autoren auch eine begriff-
solitäre/multiple runde oder lobulierte Raumforde- liche Trennung und subsumieren diese Entität unter
rung mit zu- und abführenden Feedern und ist als dem Begriff „vaskuläre Shunts“.
Rendu-Osler-Weber-Syndrom (90%) häufig mit tele-
angiektatischen Veränderungen von Haut und Muko- Klinische Symptomatik
sa assoziiert. Auch die Pneumonie und der Lungen- Isolierte AVM unter einer Größe von 2 cm sind in der
abszess bereiten durch das Fehlen pathologischer Regel asymptomatisch, wohingegen Läsionen >2 cm
Gefäße differenzialdiagnostisch keine Probleme. oder multiple AVM klinisch symptomatisch werden.
Therapie der Wahl ist bei symptomatischen bron- Man schätzt, dass etwa 10% der AVM im Kleinkind-
chopulmonalen Sequestrationen das chirurgische und Kindesalter klinisch manifest werden, die Mehr-
154 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

a b

c d

Abb. 2.42 a–e. 28-jährige Patientin mit rezidivierenden


pulmonalen Infekten. In der CT zeigen sich neben atypischen
Infiltrationen tubuläre Gefäßstrukturen und ein aus der
Aorta abgehendes Gefäß (Pfeil). In der MRA Nachweis
eines aus der Aorta abgehenden Gefäßes mit Shunt zur
dorsobasalen Lungenvene im Sinne eines intralobären
e Sequesters
2.2 Pulmonale Gefäße 155

zahl der AVM aber klinsch stumm bleibt. Dabei kor- darf die klinische Relevanz kontrovers diskutiert
relieren Ausmaß und Größe der AVM mit der Symp- werden, da die Indikation für eine Embolisation erst
tomatik. Etwa 30% der symptomatischen AVM haben ab einem Durchmesser des zuführenden Gefäßes von
eine neurologische Ischämiesymptomatik, etwa 10% 3 mm und mehr gesehen wird (White et al. 1988).
entwickeln Hirnabszesse und 10% werden klinisch Die Bedeutung der Kontrastechokardiographie be-
durch Blutungskomplikationen wie Hämoptysen steht im primären Screening von HHT-Patienten und
oder Hämatothorax manifest. In Abhängigkeit vom bei klinischen Verdacht einer AVM (paradoxe Embo-
Shuntvolumen stehen Symptome wie Dyspnoe und lie, klinische Zeichen eines Rechts-links-Shunts). Im
Zyanose im Vordergrund. Unterschied zum Shunt auf kardialer Ebene zeigen
Oberflächliche Teleangiektasien sind im Falle ei- sich die Mikrobläschen („bubbles“) erst mit einer
ner HHT oft das einzige klinische Zeichen. Auskulta- zeiltlichen Verzögerung im linken Vorhof. Dabei hat
torisch lässt sich in gut 1/3 der Fälle ein Strömungs- die Kontrastechokardiographie eine nahezu 100%ige
geräusch über der betroffenen Thoraxhälfte ausma- Sensitivität im Erfassen klinisch relevanter AVM.
chen. Die Perfusionsszintigraphie mit 99mTc markierten
Mikrosphären oder Makroaggregaten von humanem
Radiologische Symptomatik Serumalbumin beweist mit der Aktivitätsanreiche-
Im Röntgenthoraxbild zeigen sich die AVM als ovale rung in den Nieren einen Rechts-links-Shunt, der
oder runde gelappte Raumforderungen. Oft können auch bei Vitien auf Vorhof- oder Ventrikelebene posi-
schon im Übersichtsbild die zuführende Arterie und tiv ist. Dabei kann der Shuntanteil aus dem Verhältnis
Vene identifiziert werden. Dabei ist die Angiographie von Nieren- zur Lungenaktivität verlässlich be-
der Goldstandard, sowohl im Hinblick auf die exakte stimmt werden. Eine direkte Darstellung der AVM ist
Darstellung der Gefäßarchitektur, sytemarterieller durch den Nachweis einer sequenziellen Akkumula-
Kollateralzuflüsse über Bronchialarterien als auch tion der Aktivität und einem rapiden „washout“
auf die Detektion kleinster AVM. So werden angio- ebenfalls möglich. Wegen der fehlenden Darstellung
graphisch 2 Typen unterschieden: der Angioarchitektur ist die Perfusionsszintigraphie
nicht Methode der Wahl.
1. Der einfache Typ (80% der AVM) ist durch eine
direkte Verbindung von Arterien und Venen ge-
Differenzialdiagnose, operative
kennzeichnet. Dieser Typ prädisponiert zu para-
und interventionelle Aspekte
doxen Embolien. Der venöse Schenkel, aus dem
Die Verdachtsdiagnose einer AVM ergibt sich in vie-
ein fusiformes oder sakkuläres venöses Aneurys-
len Fällen schon aus dem Übersichtsbild und wird
ma entspringt, ist dilatiert. Mehr als 90% dieser
durch eine weiterführende Schnittbilddiagnostik
AVM erhalten ihren arteriellen Zufluss pulmonal-
(CT/MRT) bestätigt. Der pulmonale Varixknoten als
arteriell, in den anderen Fällen kommt die arte-
dilatierte und/oder geschlängelte Pulmonalvene liegt
rielle Versorgung aus den Bronchialarterien.
in der direkt in Nachbarschaft zum linken Vorhof.
2. Komplexer Typ: Dieser Typ ist durch eine oder
Auf Verwechselungsmöglichkeiten einer extrem ge-
mehrere zuführende Arterien und prominente
schlängelten und anomal verlaufenden Pulmonalve-
drainierende Venen gekennzeichnet. Zwischen
ne mit einer AVM sei an dieser Stelle hingewiesen
Arterien und Venen ist ein Netzwerk von ge-
(Engelke et al. 2001). Differenzialdiagnostisch sind
schlängelten, dilatierten Gefäßkanälen vorhan-
hypervaskularisierte Metastasen (Chorionkarzinom,
den.
Adenokarzinom, Schilddrüse, Karzinoid) zu nennen
Auch wenn die Angoiographie den Goldstandard (Cirimelli et al. 1988; Halbsguth et al. 1983), die com-
darstellt, ist zwischen der Verdachtsdiagnose einer putertomographisch wie AVM imponieren können.
AVM und der exakten angiographischen Darstellung Dies gilt vor allem für kleine Läsionen. In diesen Fäl-
vor Embolisation die CT oder mit zunehmender Be- len sind die Klinik, die Kontrastechokardiographie
deutung die MRT in der prätherapeutischen Planung und/oder eine Perfusionsszintigraphie hilfreich. Be-
vorgeschaltet. Dabei ist die hohe Sensitivität der CT stehen Zweifel, so führt eine Angiographie zur ent-
von 98% in einer vergleichenden Studie an 109 AVM gültigen Klärung.
belegt (Remy et al. 1992) mit einer hohen Überein- In aktuellen Verlaufsstudien unbehandelter AVM
stimmung (75%) bezüglich ihrer Angioarchitektur liegt die Gesamtmorbidität und -mortalität bedingt
(Remy et al. 1994). Erste Erfahrungen (Maki et al. durch Hirnabszedierung, zerebral ischämische
2001; Ohno et al. 2002) mit der kontrastmittelunter- Komplikation, Hämoptysen oder Hämatothorax in
stützten MRA belegen eine hohe Treffsicherheit einer Größenordnung von etwa 20%. Therapie
(90%) in der Detektion, Lokalisation und Charakteri- der Wahl ist die Embolisation mit einer im Vergleich
sierung der Angioarchitektur. Limitationen bestehen zum chirurgischen Vorgehen deutlich niedrigeren
bezüglich der Detektion kleiner AVM <5 mm. Dabei Komplikations- und Rezidivrate (0–2% vs. 0–10%;
156 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

b c

Abb. 2.43 a–c. Im Röntgenthorax rundliche Verdichtung im Pfeile) sowie der drainierenden Vene (weiße Pfeile). Therapie.
linken Mittelfeld. b Die CT zeigt die große aneurysmatische Embolisation. (Bilder mit freundlicher Genehmigung von Frau
Aussackung der PAVM in der inferioren Lingula (Stern). c An- Prof. M. Remy-Jardin)
giographisch Darstellung der arteriellen Feeders (schwarze

Lee et al. 1997; White et al. 1996). Dabei gilt die Indi- Pathologisch-anatomische
kation zur Embolisation ab einem Durchmesser der und ätiologische Grundlagen
zuführenden Arterie von >3 mm als gegeben, da die Traumatische Verletzungen der Pulmonalarterie sind
AVM-assoziierten Komplikationen bei einer Größe extrem selten. In einer autoptischen Studie von 585
der zuführenden Arterie <3 mm als als gering anzu- Fällen eines letalen Thoraxtraumas fanden Kemme-
sehen sind (White et al. 1983; Abb. 2.43 a–c). rer et al. (1961) nur 4 Zerreißungen der Pulmonalar-
terie. Über Patienten, die eine akute komplette oder
2.2.4.2 inkomplette Zerreißung des Truncus oder des Pul-
Traumatische Veränderungen monalarterienhauptstamms überlebt haben, liegen
Pulmonalarterien in der Literatur nur vereinzelte Fallberichte vor (Col-
lins u. Robinson 1989; Daon u. Gorton 1997; Hawkins
왔 Die akute Ruptur ist die traumatisch et al. 1988; Katz u. Groskin 1993). Dabei soll die Über-
Definition
bedingte Zerreißung von Teilen oder lebenswahrscheinlichkeit einer kompletten Zerrei-
sämtlicher Wandschichten des Truncus oder des Pul- ßung <30% liegen (Daon u. Gorton 1997). Ist sie in-
monalarterienhauptstamms. komplett, so kann sich ein Pseudoaneurysma (bisher
etwa 3 Fälle nach stumpfen Thoraxtrauma beschrie-
ben; Savage et al. 2001) entwickeln, das über Jahre kli-
nisch stumm bleiben kann. Es kann Ursache von Em-
2.2 Pulmonale Gefäße 157

bolien sein oder sich klinisch durch Hämoptysen neswegs aus. In den bisher beschriebenen Fällen
oder thorakale Schmerzen manifestieren. wurde die Diagnose durch eine mediane Sternioto-
mie oder durch eine laterale Thorakotomie gestellt.
Klinische Symptomatik Ein klinisch wichtiges Zeichen kann der Druckabfall
Die klinische Präsentation kann variieren. Am häu- nach Thoraxdrainage sein. Der Hämatothorax stellt
figsten liegt ein massiver Hämatothorax vor, der die in diesem Fall eine Erweiterung des linksatrialen Sys-
sofortige Thorakotomie erfordert. tems dar, und die Entlastung führt über die Reduk-
tion der linksatrialen „preloads“ zu einem systemar-
CAVE ! Bei einem Spannungshämotothorax
kann das Einlegen einer Entlastungs-
teriellen Druckabfall.

drainage zu einer nicht rechtzeitig stillbaren, letalen 2.2.4.3


Blutung führen (Katz u. Groskin 1993). Entzündliche Veränderungen
In der Literatur über pulmonale Vaskulitiden exis-
Liegt die Rupturstelle im intraperikardialen Anteil tiert eine Vielzahl von häufig unübersichtlichen Klas-
des Truncus pulmonalis, so präsentiert sich der Pa- sifikationen. Fulmer u. Kaltreider (1983) unterschei-
tient mit den Symptomen einer Perikardtamponade. den 3 Formen:
Ist die Ruptur gedeckt, so kann sich durch Resorp-
∑ die Lunge als Hauptmanifestationsorgan (We-
tion des Hämatoms ein Pseudoaneurysma (Aneurys-
gener-Granulomatose, allergische Angiitis Churg-
ma spurium) ausbilden, oder es kommt mit einer
Strauss, die nekrotisierende, sarkoide Granu-
zeitlichen Verzögerung zur Ausbildungen eines aus-
lomatose und die lymphomatoide Granuloma-
gedehnten Pleuraergusses.
tose),
∑ die pulmonale Beteiligung im Rahmen eines Mul-
Radiologische Symptomatik
tiorgangeschehens (z. B. Kyroglobinämie, Purpu-
Die Röntgenaufnahme im Liegen kann die Zeichen
ra Henoch-Schönlein, mikroskopische Polyarteri-
eines schweren Thoraxtraumas mit Frakturen des
itis nodosa) und
Thoraxskelettes, eines Mediastinalhämatoms, eines
∑ pulmonale Erkrankungen, bei denen die Vaskuli-
Hämotothorax oder der Perikardtamponade bieten
tis ein Teilaspekt des pathologischen Geschehens
ohne spezifische Hinweise auf eine pulmonalarteriel-
ist (z. B. „collagen vascular diseases“/CVD, eosi-
le Verletzung.
nophile Pneumonie).
Durch die CT – falls die klinische Situation des Pa-
tienten dies überhaupt zulässt und nicht die direkte Eine neuere Klassifikation (Jennette u. Falk 1997) un-
Thorakotomie erforderlich ist – kann oft nur eine terscheidet nach der Größe der involvierten Gefäße
Aortenruptur ausgeschlossen werden. Lediglich in („small“,„medium“ und „large“) mit einer deutlichen
einem publizierten Fall (Ambrose et al. 2000; Überlappung zwischen den Gruppen.
Weltman et al. 1999) war in der CT eine direkte Extra- Vom radiologischen Erscheinungsbild bietet sich
vasation von Kontrastmittel aus dem Truncus eine Kategorisierung in 3 Gruppen an:
pulmonalis nachweisbar, in einem anderen Fall fiel
1. Vaskulitiden mit einem lokalisierten nodulären
eine Irregularität der Pulmonalarterie auf (Daon u.
und „patchy“ Erscheinungsbild im Röntgenbild
Gorton 1997).
wie die Wegener-Granulomatose, die allergische
Angiitis Churg-Strauss, die nekrotisierende, sar-
Pulmonalvenen
koide Granulomatose und die lymphomatoide
Bisher sind in der Literatur weniger als 10 Fälle einer
Granulomatose.
traumatischen Pulmonalvenenruptur beschrieben
2. Vaskulitiden mit einem diffus-bronchopneumo-
(Le Guyader et al. 2001). Häufigste Ursache war ein
nischen Bild wie die Polyarteriitis nodosa, der
Dezelerationstrauma im Rahmen eines Verkehrsun-
systemische Lupus erythematodes oder das
falls. Die klinische Präsentation mit den Zeichen der
Goodpasture-Syndrom oder
Hypovolämie, Hypotension und Hämatothorax sind
3. Vaskulitiden mit Stenosierungen und Aneu-
oft genauso unspezifisch wie die Röntgenübersicht
rysmen der großen pulmonalen Gefäße wie die
und/oder die CT, die einen Hämatothorax oder eine
Takayasu-Arteriitis und den Morbus Behçet.
Perikardtamponade bei einer Rupturlokalisation des
intraperikardialen Pulmonalvenenabschnitts zeigen
kann. Pathologisch-anatomische und ätiologische
Ein signifikantes Mediastinalhämatom ist in kei- Grundlagen
nem der beschriebenen Fälle beschrieben worden. Die Angiitis kann Arterien (Arteriitis) und Venen
Fehlende Zeichen einer knöchernen Thoraxverlet- (Phlebitis) betreffen. Dabei unterscheidet man nach
zung schließen eine Pulmonalvenenverletzung kei- Lokalisation und Ausdehnung:
158 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

∑ Endangiitis (innere Gefäßwandanteile), tion. Im Unterschied zur klassischen Sarkoidose sind


∑ Mesangiitis (entzündliche Prozesse der Media), eine extrapulmonale Beteiligung und eine hiläre
∑ Periangiitis (Entzündung von der Adventitia aus- Lymphadenopathie selten.
gehend) sowie Die bronchozentrische Granulomatose unterschei-
∑ Panangiitis, bei der alle Wandschichten mit einbe- det sich von den anderen Granulomatosen dadurch,
zogen sind. dass der Befall der Luftwege (bronchozentrisch) pri-
mär und die Vaskulitis sekundär entsteht. Radiolo-
Die Mehrzahl der Vaskulitisformen sind wahrschein- gisch zeigen sich 2–6 cm große flächige, vorwiegend
lich allergisch-hyperergischer Natur. unilateral lokalisierte (75%) Verdichtungen mit Be-
vorzugung der Oberfelder.
Pulmonale Arteriitis – nodulär fleckiges Bild
(Granulomatosen) Pulmonale Arteriitis –
diffuses bronchopneumonisches Bild
왔 Die Wegener-Granulomatose ist cha- (diffuse pulmonale Hämorrhagie)
Definition
rakterisiert durch eine nekrotisieren-
de granulomatöse Vaskulitis des Tracheobronchial- 왔 Die diffuse pulmonale Hämorrhagie
Definition
systems, eine segmentale Glomerulonephritis und ei- ist charakterisiert als eine flächige ka-
ne Vaskulitis kleiner Gefäße. pilläre Blutung in die Alveolen auf dem Boden einer
Kapillaritis.
Das Durchschnittsalter bei Erkrankungsbeginn liegt
bei etwa 50 Jahren. Die Patienten werden neben der Erkrankungen, die ein diffuses bronchopneumoni-
pulmonalen Symptomatik (Hämoptysen, Dyspnoe) sche Bild bieten, sind vor allem die Polyarteriitis no-
mit einer Sinusitis, Epitaxis, Fieber und Gewichtsver- dosa, der systemische Lupus erythematodes oder das
lust, Hämaturie oder Proteinurie aufffällig. 75% der Goodpasture-Syndrom zu nennen sowie die Kyro-
Patienten präsentieren sich klinisch mit einer pulmo- globinämie im Rahmen eines Morbus Behçet, einer
nalen Symptomatik. 90% der Patienten sind positiv Wegener-Granulomatose oder einer Henoch-Schön-
für zytoplasmatische, antineutrophile Antikörper lein-Purpura.
(cANCA). Das akute Stadium zeigt sich radiologisch als über-
Radiologisch reicht das Spektrum von umschrie- wiegend diffuse oder fleckige Verschattungen, oft un-
benen, isolierten bis multiplen z. T. scharf begrenzten ter Aussparung der Lungenperipherie.
Rundherden von 1–10 cm Größe. Kavernenbildung Bei der mikroskopischen Polyarteriitis nodosa als
ist häufig. Pleuraergüsse liegen in 20–30% der Fälle „Small-vessel-Vaskulitis“, die mit einer fokalen oder
vor, eine Lymphadenopathie ist selten. Eine Kapillari- segmentalen Glomerulonephritis assoziiert ist, tritt
tis führt zur diffusen Hämorrhagie und ist die häu- eine diffuse pulmonale Hämorrhagie etwa in 1/3 der
figste Ursache dieser lebensbedrohlichen Komplika- Fälle auf. Bei einem Lupus erythematodes ist es eine
tion. Mit einer Hochdosissteroidtherapie und Cyclo- seltene (<2%), oft (60–90%) letale Komplikation.
phosphamid liegt die Fünfjahresüberlebenswahr- Das Goodpasture-Syndrom als Antibasalmem-
scheinlichkeit bei >90%. branerkrankung betrifft vorwiegend junge Männer.
Die Diagnose wird serologisch oder durch eine Nie-
왔 Die allergische Angiitis Churg-Strauss renbiopsie gestellt.
Definition
ist charakterisiert durch eine Hyper-
eosinophilie, Asthma und eine systemische Vaskuli- Pulmonale Arteriitis –
tis. Sie eine Multiorganerkrankung und befällt neben Befall der großen pulmonalen Gefäße
der Lunge die Haut, ZNS, Gastrointestinaltrakt, Herz In diesem Kontext sind vor allem 2 Erkrankungen zu
und Gelenke. nennen, die zu einer Beteiligung der Pulmonalarte-
rien führen:
Radiologisch imponieren vorwiegend peripher loka-
∑ die Takayasu-Arteriitis und
lisierte Verschattungen oder multiple rundherdartige
∑ der Morbus Behçet.
Verdichtungen. Im Unterschied zur Wegener-Granu-
lomatose sind Kavitationen sehr selten.
Die lymphomatoide Granulomatose bietet radiolo- 왔 Die Takayasu-Arteriitis als typischer
Definition
gisch ein ähnliches Bild wie die Wegener-Granulo- Vertreter der Riesenzellarteriitiden ist
matose, jedoch ohne Beteiligung der oberen Luftwe- eine seltene, vorwiegend junge Frauen betreffende
ge und ohne Nierenbeteiligung. Arteriitis mit vorzugsweisem Befall von Aortenbogen
Die nekrotisierende sarkoide Granulomatose zeigt und supraaortalen Ästen.
multiple, rundherdähnliche Infiltrate ohne Kavita-
2.2 Pulmonale Gefäße 159

Dabei sind die Pulmonalarterien mit 50–80% (Whe-


atherhall et al. 1996) häufig befallen, wenngleich ein
Befall im Frühstadium selten ist und die Symptome
aufgrund des aortalen Befalls im Vordergrund ste-
hen. Gleichwohl ist der pulmonale Befall ein pro-
gnostisch ungünstiger Faktor, denn in bis zu 10% der
Fälle (Liu et al. 1994) entwickelt sich durch Stenosie-
rungen der großen Gefäße eine pulmonalarterielle
Hypertonie. Seltene Symptome eines Lungenbefalls
können thorakales Engegefühl, Dyspnoe oder Hä-
moptysen sein.
Das Röntgenübersichtsbild ist im Initialstadium
oft unauffällig. Gelegentlich sind diffuse parenchy-
male Infiltrationen im Initialstadium beschrieben
(Hara et al. 1998). Die Beteiligung der Pulmonalge-
fäße zeigt sich in Form von Kaliberunregelmäßigkei-
ten der großen pulmonalen Gefäße. Hiläre Lymph-
adenopathien sind mehrfach beschrieben. Das Spät- a
stadium zeigt die typischen Veränderungen einer
pulmonalarteriellen Hypertonie.
In CT und MRT sind die Wandverdickung, die da-
mit verbundene Verengung des Lumens sowie eine
entzündliche Begleitreaktion des umgebenden Fett-
gewebes charakteristische Befunde. In diesem Zu-
sammenhang ist besonders die Wertigkeit der MRT
hervorzuheben, die nichtinvasiv sowohl das angio-
graphische Bild als kontrastmittelunterstützte MRA
als auch die entzündliche Wandverdickung zeigen
kann.
Angiographisch zeigen sich Stenosen und/oder
Okklusionen lobärer, segmentaler oder subsegmenta-
ler Arterien. Dabei waren in einer angiographischen
Studie mit 47 Patienten (Liu et al. 1994) die Oberlap-
b
penarterien häufiger involviert als Mittellappen-
(Lingula) oder Unterlappenarterien, der bilaterale Abb. 2.44 a, b. Morbus Behçet. 25-jähriger Patient mit Uveitis,
Befall häufiger als der unilaterale. Dilatationen und venösen Thrombosen (Thrombus im rechten Ventrikel) sowie
eine Beteiligung der zentralen Pulmonalarterien sind Aneurysma der rechten Mittellappenarterie
seltener beschrieben. Aneurysmen werden bei fort-
geschrittenem Krankheitsverlauf beobachtet und be-
dürfen einer engmaschigen Kontrolle, da die Ruptur ne genetische Disposition sowie Umwelteinflüsse
eine gefürchtete Spätkomplikation dieser Erkran- werden diskutiert.
kung ist. Dabei befällt die systemische Vaskulitis vorwie-
In der Perfusionsszintigraphie können sich Perfu- gend die Venen, dann die Kapillaren und die Arterien
sionsausfälle wie bei einer Lungenembolie zeigen. (in einzelnen Kollektiven bis zu 85% venöse Beteili-
Die Diagnose einer Takayasu-Arteriitis ergibt sich gung; Kabbaj et al. 1993).
dann aus der Kombination von klinischer Sympto- Die Erkrankung tritt endemisch im mittleren Os-
matik, körperlichen Untersuchungsbefunden und ten, in den Mediterranregionen sowie in Zentral- und
Laborbefunden (CRP, BSG-Erhöhung) sowie der wei- Ostasien auf. Das Durchschnittsalter der Patienten
terführenden Diagnostik (CT/MRT; vgl. Abb. 2.20 a). bei Erkrankungsbeginn liegt zwischen 20 und 30 Jah-
Ging der Erstbeschreiber H. Hulusi Behçet 1937 ren. Männer sind etwa 5- bis 6-mal so häufig betrof-
noch von einer viralen Dermatose mit der klassi- fen wie Frauen. Rezidivierende aphtöse Ulzera sind
schen Trias „Aphtitis stomatosa, Uveitis und Genita- mit 90% die häufigste klinische Manifestation, gefogt
lulzera“ aus, so wird unter dem Morbus Behçet heute von Genitalulzera (84%) und Uveititiden (80%;
eine systemische Vaskulitis verstanden, die alle Or- Whallett et al. 1999).
gansysteme betreffen kann. Die Ätiologie ist unklar, In etwa 10–15% der Fälle treten zerebrovaskuläre
eine virale Genese, autoimmunologische Prozesse, ei- Komplikationen auf. Etwa 60% der Erkrankungen
160 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

zeigen eine Gelenkbeteilung, und in 40% der Fälle 2.2.4.4


treten gastrointestinale Ulzera auf. Die Häufigkeit ei- Tumoren
ner vaskulären Beteiligung schwankt in der Literatur Pulmonalarteriensarkome sind extrem seltene Tu-
zwischen 2 und 50%. Dabei gilt die Thrombose der moren. In der Literatur sind insgesamt nur 120 Fälle
tiefen Becken-Bein-Venen als häufigste Manifesta- beschrieben (Krüger et al. 1990). Pulmonalarterien-
tion, gefolgt von der V.-cava-superior-Thrombose. sarkome gehen überwiegend vom Pulmonalarterien-
Von arterieller Seite sind Okklusionen und Stenosen hauptstamm aus, können per continuitatem in die
vorwiegend der unteren Extremität und Pseudo- peripheren Pulmonalarterienäste vorwachsen
aneurysmen zu nennen (Abb. 2.44 a, b). und/oder sich proximal an der Pulmonalklappe und
Eine thorakale Manifestation (5–10%) ist ein pro- im rechten Ventrikel ausbreiten.
gnostisch schlechtes Zeichen, und massive Hämopty-
sen gelten als die häufigste Todesursache. Thorakale Pathologisch-anatomische
Manifestationen umfassen pulmonale Infarkte, Hä- und ätiologische Grundlagen
morrhagien, Thrombosen der V. cava superior sowie Pulmonalarteriensarkome entstehen wahrscheinlich
Aneurysmen der Pulmonalarterien. aus Zellen in der Region des Bulbus cordis. Vermut-
Das Erscheinungsbild in der Röntgenübersichts- lich besteht eine Verwandtschaft zwischen der quer-
aufnahme ist variabel und unspezifisch: pulmonale gestreiften Muskulatur des rechtsventrikulären Aus-
Infiltrate, Ergussbildung, Mediastinalverbreiterung flusstrakts und den glatten Muskelzellen im Truncus.
als Ausdruck einer V.-cava-Thrombose oder einer Pulmonalarteriensarkome setzten sich aus verschie-
mediastinalen Lymphadenopathie, hiläre Lymphade- denen histologischen Entitäten zusammen: das un-
nopathie und umschriebene Rundherde (Aneurys- differenzierte Angiosarkom als häufigste Entität, ge-
men) können Ausdruck einer thorakalen Beteiligung folgt vom Leiomyosarkom, Myxosarkomen und der
sein. Gruppe der Rhabdomyosarkome, Fibrosarkome,
CT oder MRT zeigen die thrombotische Okklusion Chondrosarkome und malignen Mesenchymome.
der V. cava superior ebenso wie die Aneurysmen der
Pulmonalarterien, die mediastinale oder hiläre Lym- Klinische Symptomatik
phadenopathie und sind die bildgebenden Methoden Die Symptome sind unspezifisch (Dyspnoe, Thorax-
der Wahl in der Verlaufsbeurteilung der Erkrankung. schmerz, Zyanose, Hämoptysen, nichtproduktiver
Eine diagnostischeAngiographie ist in den Zeiten Husten), was die Diagnosestellung erschwert. Oft
der MRA obsolet, zumal 17% der Patienten ein Pseu- präsentieren sich die Patienten mit den Symptomen
doaneurysma an der Punktionsstelle entwickeln (Le einer Lungenembolie, die radiologisch die wichtigste
Thi Huong et al. 1995). Differenzialdiagnose darstellt.

Differenzialdiagnose Radiologische Symptomatik


Manifestiert sich die Vaskulitis als diffuses bronchop- Die Thoraxübersichtsaufnahme kann unauffällig sein
neumonisches oder als nodulär fleckiges Bild, so ist oder unspezifische Veränderungen wie eine Kardio-
eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen in Betracht megalie oder Dilatation der Pulmonalarterien zei-
zu ziehen (s. Handbuch diagnostische Radiologie, gen. Es können sich pulmonale Infiltrate als Aus-
Thorax) und umfasst infektiöse bakterielle Prozesse, druck einer Tumor-/Thrombusembolie finden, oder
mykotische und parasitäre Erkrankungen, allergi- bei entspechender Größe ist ein Tumorkernschatten
sche Prozesse (allergische Alveolitis, Löffler-Syn- und/oder eine periphere Metastasierung nachweis-
drom usw.) wie auch maligne Veränderungen (z. B. bar.
bronchoalveoläres Karzinom, Lymphome usw.). Die Ventilations-/Perfusionsszintigraphie kann
In der Differenzialdiagnose multipler Pulmonal- das Bild einer Lungenembolie imitieren. Die selekti-
arterienaneurysmen ist das Hughes-Stovin-Syn- ve Pulmonalisangiographie kann eine Kontrastmit-
droms zu nennen (s. unten). telaussparung wie bei einer Lungenembolie zeigen –
Multiple Pulmonalarterienaneurysmen sind bei lediglich eine atypische Konfiguration (z. B. lobuliert,
systemischen Mykosen (z. B. Aspergillose, Mucor- zentraler Stil, das so genannte „To-and-fro-Phäno-
Mykose) und Bakteriämien (vor allem Salmonellen, men“; Okada et al. 1996) muss an ein Pulmonalarte-
Staphylococcus und E. coli) und bei der Tuberkulose riensarkom denken lassen.
(so genanntes Rasmussen-Aneurysma) beschrieben In der CT kann sich ein Lungenembolie-ähnliches
worden. Bild zeigen, wobei intratumorale Hämorrhagien, Ne-
krosen und unterschiedliche Gewebsanteile an einen
Tumor denken lassen müssen.
2.2 Pulmonale Gefäße 161

Merke ! Eindeutig ist die Diagnose eines Pul-


monalarteriensarkoms bei einer Wand- Merke ! In Deutschland wird etwa mit 10.000–
20.000 tödlichen Lungenembolien pro
überschreitung der intraluminalen Raumforderung. Jahr gerechnet.

Eine Kontrastmittelaufnahme der intraluminalen


Raumforderung kann in der CT sehr diskret sein Pathologisch-anatomische
oder vollständig fehlen. In diesen Fällen kann die und ätiologische Grundlagen
MRT durch den besseren Nachweis einer Kontrast- Die Lungenembolie ist in aller Regel die Folgeerkran-
mittelaufnahme die Diagnose erbringen, wenngleich kung einer tiefen Bein-/Beckenvenenthrombose. Die
auch Fälle eines fehlenden Kontrastmittel-Enhance- Pathogenese ist multifaktoriell und umfasst u. a. Ver-
ments in der MRT beschrieben sind (Fasse et al. änderungen der Koagulationseigenschaften des Blu-
1999). tes, der Blutflussgeschwindigkeit des venösen Blut-
Erste positive Erfahrungen mit der FDG-PET zei- flusses sowie eine endotheliale Komponente (Vir-
gen eine tumorspezifische Anreicherung, wie sie bei chow-Trias). Prädisponiernde Faktoren sind u. a. ein
einem organisierten Thrombus nicht zu erwarten ist Body-mass-Index >29 (kg/m2), eine Immobilisation
(Thurer et al. 2000). länger als 5 Tage, ein chirurgischer Eingriff innerhalb
der letzten 2 Monate, Trauma, Nikotinabusus, chroni-
Differenzialdiagnose sche Niereninsuffizienz, Tumorerkrankung, die chro-
Wie oben bereits erwähnt, ist die Lungenembolie die nisch obstruktive Lungenerkrankung, Herzinsuffi-
wichtigste Differenzialdiagnose. Sicheres Zeichen ei- zienz u. v. m.
nes Pulmonalarteriensarkoms ist die Wandüber- In der ersten Phase der reinen Nachlasterhöhung
schreitung der intraluminalen Raumforderung. Wei- kommt es zu einem Abfall der Ejektionsfraktion. Die-
tere CT/MRT-morphologische Zeichen sind Inhomo- se kann durch die Bereitstellung vorher nichtdurch-
genitäten durch Tumornekrosen, Einblutungen oder bluteter Gefäßabschnitte kompensiert werden. Beim
unterschiedliche Gewebsanteile. Erschwerend Lungengesunden führt erst eine Verminderung des
kommt die in einigen Fällen fehlende oder sehr dis- Lungenquerschnitts um mehr als 50% zu einem An-
krete Kontrastmittelaufnahme hinzu, die in der MRT stieg des pulmonalarteriellen Mitteldrucks. Aber
besser nachweisbar ist. Eine Anreicherung in der auch weniger ausgeprägte Embolien können duch ei-
FDG-PET scheint nach den ersten Erfahrungen ein ne mediatorvermittelte Vasokonstriktion Druckan-
starker Prädiktor für ein Pulmonalarteriensarkom zu stiege hervorrufen. Die entstehende pulmonale Hy-
sein. In zweifelhaften Fällen sollte der Befund zusam- pertonie führt über die gesteigerte systolische Wand-
men mit klinischen Parametern (z. B. das Fehlen prä- spannung zu einer Verminderung der Auswurfleis-
disponierender Thrombosefaktoren, fehlendes An- tung, die zudem durch die Hypoxämie unterstützt
sprechen auf Antikoagulation, erhöhte BSG, Tumor- wird.
aspekt des Patienten) zu einer operativen Explora- Bei Patienten ohne vorbestehende Rechtsherzbe-
tion führen. lastung werden pulmonalarterielle Drücke bis
40 mmHg noch toleriert. Bei darüber liegenden
2.2.4.5 Drücken kommt es zur akuten Rechtsherzdekom-
Andere Erkrankungen pensation, wobei Patienten mit vorbestehender
Akute Thrombembolie Rechtsherzhypertrophie deutlich höhere Drücke to-
lerieren. Trifft eine akute Lungenembolie einen herz-
왔 Die akute Thrombembolie bezeichnet und lungengesunden Patienten, so kann eine Verle-
Definition
die Einschwemmung von thromboti- gung bis 50% kompensiert werden. Das gilt nicht für
schem Material in die Lungenstrombahn. Patienten mit präexistenter Linksherzinsuffizienz
oder einer obstruktiven oder restriktiven Ventila-
Die Inzidenz von Thrombembolien bei hospitalisier- tionsstörung.
ten Patienten liegt in der Größenordnung von 0,2– In etwa 10% der Embolien kommt es zur Ausbil-
0,4%, die Inzidenz im autoptischen Kollektiv zwi- dung eines Lungeninfarkts. Pathogenetisch kommt
schen 12 und 30%. Die veröffentlichten Zahlen Lun- es zu einer Ischämie des Alveolarendothels und einer
genembolie-assoziierter Mortalität schwanken in Ab- Einblutung über bronchopulmonale Anastomosen.
hängigkeit von der Zusammensetzung des Dies geschieht nur bei einer präexistierenden Links-
Patientenkollektivs stark, von 1,8% (Simonneau et al. herzinsuffizienz, wenn der venöse Abfluss behindert
1997), einer Dreimonatsletalität von 17% der ICO- ist.
PER-Studie (Goldhaber et al. 1999) bis zu 31% in der Lungenembolien verlaufen in bis zu 75% in Schü-
MAPPET-Studie (Kasper et al. 1997). ben. So gehen einer massiven Lungenembolie oft
kleinere „Signalembolien“ voraus. Die rechtszeitige
162 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Diagnose und Therapieeinleitung ist deshalb von Pleuraergüssen (23%), einem Zwerchfellhochstand
entscheidener Bedeutung. (20%) und einer Dilatation der zentralen Pulmonal-
gefäße (Fleischner-Zeichen) in 19% der Patienten
Klinische Symptomatik mit Lungenembolie. Atelektasen/Infiltrate fanden
Es wird geschätzt, dass etwa 10% aller Patienten mit sich 17% der Fälle. Typisch, aber nicht häufig, ist der
pulmonaler Embolie hämodynamisch instabil (sys- so genannte Hampton-Höcker. Der Infarkt (5% der
tolisch <90 mmHg) sind; in diesen Fällen ist die Dia- Lungenembolien) sieht aus wie ein Kegelstupf, der
gnose oft eindeutig zu stellen. Die Diagnose einer mit seiner Basis der Pleura visceralis anliegt. Charak-
Lungenembolie bei einem klinisch stabilen Patienten teristischerweise wird ein in Rückbildung begriffe-
kann schwierig sein. So liegen bei etwa 60% der Pa- ner Infarkt nach und nach kleiner, behält aber seine
tienten mit dem klinischen Verdacht einer Lunge- ursprüngliche Gestalt (Zeichen des schmelzenden
nembolie keine pulmonale Embolie vor. Häufigstes Eiswürfels). Die lokale Oligämie (Westermark-Zei-
Symptom einer pulmonalen Embolie ist die Dyspnoe chen) fand sich in 8% der Fälle.
(80%), gefolgt vom Thoraxschmerz (50%), Engege- In der Ventilations-/Perfusionsszintigraphie zeigen
fühl, Husten und Hämoptysen (30–50%). EKG-Ver- sich segmentale Perfusionsausfälle bei normaler Ven-
änderungen werden bei etwa 80% der Patienten be- tilation. Diese Methode gilt in vielen Zentren als das
obachtet und sind meist unspezifisch. Mit typischen Screening-Verfahren bei klinisch vermuteter Lungen-
EKG-Veränderungen wie Rechtsschenkelblock, Vor- embolie. Dabei schließt ein Normalbefund eine Lun-
hofflimmern oder Veränderungen des QRS-Komple- genembolie mit an Sicherheit grenzender Wahr-
xes (S1Q3-Typ) oder negatives T über der Vorder- scheinlichkeit aus. Ein so genannter „High-probabilty-
wand ist in etwa 15% der Fälle zu rechnen. V/Q-Scan“ korrelierte in einer großen prospektiven
Die arterielle Blutgasanalyse ist ebenfalls nicht Studie (The PIOPED Investigators 1990) in 88% mit
wegweisend, da der arterielle pO2-Wert in Abhängig- einer angiographisch nachgewiesenen Lungenembo-
keit von zugrunde liegenden kardiopulmonalen Er- lie,wohingegen nur 33% der Kategorie einer „interme-
krankungen stark variieren kann und ein normaler diate probality“ eine Lungenembolie aufwiesen.
pO2 eine Lungenembolie nicht ausschließt (etwa 10– Mit Hilfe der SPECT-Technik ist zwar in neuerer
20% der Patienten mit pulmonaler Embolie haben ei- Zeit eine Reduktion der unsicheren Befunde auf 4%
nen normalen pO2). (Corbus et al. 1997) beschrieben worden, jedoch lag
Berichteten erste Studien über den Einsatz von D- nur in 4% der Fälle ein angiographischer Goldstan-
Dimeren von einer Ausschlusswahrscheinlichkeit dard vor.
von 98–100%, so weiß man heute, dass der fehlende Die selektive Pulmonalisangiographie ist der Gold-
Nachweis von D-Dimeren eine segmentale und/oder standard in der Diagnostik der Lungenembolie.
massive Lungenembolie ausschließt, nicht jedoch die Nachteil des Verfahrens ist die Invasivität mit einer
subsegmentale Lungenembolie. Morbidität von 4% und einer Mortalität von 0,2%.
Mit der Echokardiographie gelingt in etwa 5% Spezifisches Zeichen ist der intraluminale Füllungs-
(transthorakal) bzw. 14% (transösophageal) der Fäl- defekt. Andere angiographische Befunde wie Oligä-
le der direkte Thrombusnachweis im rechten Vorhof, mie, Fehlen einer Drainagevene oder Kollateralgefä-
Ventrikel oder zentral pulmonal. Indirekte Zeichen ße sind weniger spezifisch. Ursache falsch-positiver
sind die rechtsventrikuläre Hypo-/Akinesie, eine pa- Befunde können Strömungsartefakte oder überlap-
radoxe Septumbewegung und/oder die Dilatation pende oder parallele Gefäße sein.
von Ventrikel und Pulmonalarterie. In der ICOPER- Die CTA hat als minimal-invasives Verfahren die
Studie (Elliott et al. 2000) zeigten 40% der Patienten Pulmonalisangiographie weitgehend ersetzt. Die
mit Lungenembolie rechtsventrikuläre Hypokine- Einführung der Spiral-CT hat zu einer wesentlichen
sien, ein Thrombus war in 4% der Fälle nachweisbar. Verbesserung der diagnostischen Treffsicherheit bis
Dabei scheint einer Multivarianzanalyse zufolge der zur Ebene der Segmentarterien mit Sensitivitäten
Nachweis von rechtsventrikulären Hypokinesien ein zwischen 75 und 100% bei Spezifitäten zwischen 75
prognostischer Parameter zu sein. So war das Risko und 100% geführt.
eines letalen Ausgangs einer Lungenembolie bei die- In einer großen europäischen Multicenterstudie
sen Patienten etwa doppelt so hoch wie bei Patienten mit 401 Fällen (Herold et al. 1998) ereichte die CTA
ohne Hypokinesien. eine durchschnittliche Sensitivität von 85% (gegenü-
ber 50% in der Ventilations-/Perfusionsszintigra-
Radiologische Symptomatik phie). Schwäche der CTA in den publizierten Studien
Röntgenbildveränderungen wurden in der ICOPER- ist die geringere Sensitivität in der Detektion subseg-
Studie (2322 Lungenembolien) bei etwa 76% der Pa- mentaler Embolien. Mit Einführung der MSCT liegt
tienten beobachtet (Elliott et al. 2000). Am häufigsten die Sensitiviät und Spezifität in der Größenordnung
fand sich eine Kardiomegalie (27%), gefolgt von von etwa 95%.
2.2 Pulmonale Gefäße 163

쐍 CT-Morphologie. Voraussetzung für die gute Beur-


teilbarkeit ist ein guter und gleichmäßiger Kontrast
in den Lungenarterien. Ein zu kurzes Kontrastmittel-
delay führt genauso zur inadäquaten Kontrastierung
der ersten Schichten wie ein zu langes Delay zu einer
schlechten Kontrastierung der letzten Schichten. Da-
bei ist der Vergleich mit der Gegenseite hilfreich,
wenn eine fehlene Kontrastierung einer kleinen Arte-
rie von einem kompletten Verschluss abgegrenzt wer-
den soll. Berücksichtigt werden muss in diesem Kon-
text, dass Perfusionsunterschiede durch vielfältige
kardiopulmonale Erkrankungen verursacht sein kön-
nen (z. B. pleurale/pulmonale Restriktionen, Infiltra-
tionen, erworbene bronchopulmonale Shunts usw.).

Merke ! Sicheres Zeichen einer Lungenembo-


lie ist die intraluminale Kontrastmit-
a
telaussparung.

Dabei sind vor allem kleine hiläre Lymphknoten ab-


zugrenzen. Hier sind unter Umständen Sekundärre-
konstruktionen hilfreich. Durch eine zu enge Fenste-
rung können subtile Kontrastmittelaussparungen
dem Nachweis entgehen. Abzugrenzen von intralu-
minalen Thromben sind Pseudo-Kontrastmittelaus-
sparungen durch z. B. schräg verlaufende Arterien
bei zu großem Rekonstruktionsintervall.
Größere Studien zur klinischen Wertigkeit der
MRA bei Patienten mit Lungenembolie liegen derzeit
noch nicht vor. Als kontrastmittelverstärkte 3D-MRA
liegen die Messzeiten mit modernsten Scannern in
einer Größenordnung von 5–10 s, und eine vollstän-
dige Abbildung der pulmonalarteriellen Strombahn
ist somit innerhalb eines Atemanhaltezyklus auch bei b
dyspnoeischen Patienten zu realisieren. Die „In-pla-
ne-Auflösung“ und eine interpolierte Schichtdicke Abb. 2.45 a, b. 70-jährige Patientin mit klinischem Verdacht
von mehreren Millimetern sind deutlich schlechter auf akutes Koronarsyndrom. Im EKG SIQIII-Typ. Echokardio-
graphisch dilatierter rechter Ventrikel (D-Dimere erhöht mit
als bei der CTA. Erste Studien erzielten eine Sensitivi- 0,82, Normbereich –0,190). a In der a.-p.-Thoraxaufnahme lie-
tät von 85% bei einer Spezifität von 96% (Gupta et al. gend betonter rechtsseitiger Pulmonalishauptstamm. b In der
1999). In einer größeren Studie von Oudkerk und CT fulminante zentrale Lungenembolie
Mitarbeitern (2002) an 141 Patienten mit Lungenem-
bolie wurde eine Sensitivität von 100% für zentrale,
84% für segmentale, 72% für subsegmentale sowie Differenzialdiagnose
40% für isolierte subsegmentale Embolien erzielt. In- und diagnostischer Algorithmus
travaskuläre Kontrastmittel (Blood-pool-Kontrast- Die klinischen Differenzialdiagnosen orientieren
mittel) haben den Vorteil, länger im Gefäßsystem zu sich an den Kardinalsymptomen und umfassen bei
verbleiben, somit ein langes Akquisitionsfenster zu akuter Dyspnoe den Pneumothorax, die Pneumonie,
ermöglichen und die Ortsauflösung deutlich zu ver- das Lungenödem usw., bei akutem Thoraxschmerz
bessern. Nachteilig kann eine Überlagerung durch den Myokardinfarkt, die Pleuritis, die Perikarditis
pulmonal-systemvenöse und systemarterielle Gefäße oder das akute Aortenbogensyndrom (s. dort) und
sein. Wegen der langen Messzeiten (5–10 min) ist ei- bei Hämoptysen die Tuberkulose, Bronchiektasen,
ne suffiziente Atemtriggerung erforderlich. Erste Er- das Bronchialkarzinom, das Goodpasture-Syndrom
gebnisse bei Probanden liegen vor – inwieweit die zu oder eine Angiodysplasie.
erwartenden Triggerprobleme bei Lungenembolie- Da das Röntgenbild der Lungenembolie wenig
patienten (Ahlström et al. 1999) eine ähnliche Bild- spezifisch ist, ist die Liste der möglichen Differenzial-
qualität ergeben, bleibt abzuwarten. diagnosen lang:
164 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

∑ bei einer Kardiomegalie der Perikarderguss und und pulmonaler Erkrankungen, die hier im Einzel-
die Kardiomyopathie mit ihren zahllosen Ursa- nen nicht aufgeführt werden können.
che, Computertomographisch ist der intraluminale
∑ bei infiltrativen Veränderungen das pulmonale Füllungsdefekt von kleinen benachbarten Lymph-
Infiltrat, das bronchoalveoläre Karzinom, das knoten abzugrenzen. Dabei sind Sekundärrekon-
Lymphom, granulomatöse Erkrankungen (z. B. struktionen oder – falls die Rohdaten noch vorhan-
Morbus Wegener) usw. den sind – eine Rekonstruktion mit kleinerem Inkre-
ment hilfreich. Wichtig ist, darauf zu achten, ob die
Die Liste der Differenzialdiagnosen eines Pleuraer- Kontrastmittelaussparung über die Gefäßkontur hin-
gusses umfasst eine Vielzahl abdomineller, kardialer ausgeht, was den anliegenden Lymphknoten vom
Embolus unterscheidet.
Eine eher seltene Differenzialdiagnose ist das Pul-
monalarteriensarkom (s. oben). Die vielleicht wich-
tigste Differenzialdiagnose besteht in der Abgren-
zung gegenüber einem Artefakt aufgrund des Gefäß-
verlaufs und/oder einer unzureichenden Kontrastie-
rung (s. oben).
Der diagnostische Algorithmus beim klinischen
Verdacht auf eine Lungenembolie wird uneinheitlich
angegeben, und diagnostische Leitlinien von Seiten
der Fachverbände liegen nicht vor.
Der instabile Patient (etwa 10% der Fälle) wird –
wenn eine Bildgebung möglich ist und nicht schon
primär die Therapie eingeleitet wird – zunächst der
CT zugeführt, um in Abhängigkeit vom Ausmaß des
embolischen Geschehens die Indikation zur Lyse, zur
operativen Embolektomie (40% Operationsletalität!)
und/oder der interventionellen Thrombusfraktionie-
rung zu stellen.
Abb. 2.46. Paraneoplastische Lungenembolie einer 65-jähri- Beim klinisch stabilen Patienten mit Verdacht auf
gen Patientin mit TBVT und geringer Dyspnoe. Thrombembo-
lisches Material links zentral und beidseits der unteren Lun- Lungenembolie ist die Untersuchung der tiefen Be-
genarterien. Röntgenthorax unauffällig cken-Bein-Venen (nach Echo, Blutgasanalyse, LDH-

Abb. 2.47 a, b. Differenzial-


diagnose: Abgrenzung eines
intraluminalen Thrombus von
extraluminalen Lymphknoten.
Mit Hilfe sekundärer Rekon-
struktionen gelingt der MSCT
bei guter Kontrastierung der
pulmonalarteriellen Strohmbahn
in nahezu allen Fällen die Diffe-
renzialdiagnose intra-/extra-
luminaler Prozess, wie das vor-
liegende Beispiel multipler hilärer
und infrahilärer Lymphknoten
zeigt

a b
2.2 Pulmonale Gefäße 165

a a

Abb. 2.48 a, b. Positives Westermark-Zeichen bei einer links-


zentralen Lungenembolie mit Gefäßamputation der periphe-
ren Lungenarterien (nur in knapp 10% der Fälle)
b

Abb. 2.49 a, b. Embolischer Verschluss der linken unteren


Bestimmung, EKG, D-Dimere) obligat (Kompres- Lungenarterie in der MRA
sionssonographie). Gelingt der Nachweis einer
Thombose, ist in der Regel keine weitere Diagnostik
notwendig und die Indikation zur Antikoagulation
(in der Regel Markumarisierung für ein Jahr) gestellt. Merke ! Besteht eine mittlere oder niedrige
Wahrscheinlichkeit für eine Lunge-
Lässt sich keine Thrombose nachweisen und ist Ven- nembolie oder ist das Ergebnis unsicher, so ist die In-
tilations-/Pulsationsszintigraphie unauffällig, so ist dikation zur CTA gegeben. Ist sie positiv, gilt die Lun-
eine Lungenembolie mit an Sicherheit grenzender genembolie als gesichert.
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Zeigt der V/T-
Scan eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Lunge- Bei fehlendem Nachweis ist wegen der diagnosti-
nembolie, so wird in einigen Algorithmen von einer schen Lücke einer nichtdetektierten isolierten Sub-
Lungenembolie ausgegangen. In den meisten Zen- segmentembolie eine Lungenembolie noch nicht
tren wird in diesem Fall noch eine CTA angeschlos- ausgeschlossen. Dabei wird die klinische Relevanz
sen. Vielerorts wird gänzlich auf einen V/P-Scan ver- kontrovers diskutiert: In einem großen Kollektiv von
zichtet. 383 angiographisch gesicherten Lungenembolien
166 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

fanden sich in 6% der Fälle isolierte Subsegmentem- Klinische Symptomatik


bolien (PIOPED-Studie, Stein et al. 1999), andere Ar- Wie alle anderen Formen der pulmonalen Hyperto-
beitsgruppen (ANTILOPE-Studie, De Monye et al. nie ist die zunehmende Dyspnoe oft die einzige klini-
2000) wiesen eine deutlich höheren Prozentsatz von sche Manifestation. In einigen Fällen ist nur eine oft
22% isolierter Subsegmentembolien auf (29/130 an- übersehene Spaltung des zweiten Herztons aufffällig.
giographisch gesicherten Lungenembolien). Dies ist Das Labor zeigt bei Patienten mit CTPH keine Auffäl-
insofern von klinischer Relevanz, als bei einer nicht- ligkeiten. Zu achten ist auf eine positive Anamnese ei-
therapierten Lungenembolie in 10–30% der Fälle mit ner tiefen Becken-Bein-Venenthrombose bei 35–
dem Auftreten einer letalen Re-Embolie gerechnet 45% der Patienten.
werden muss, sodass der Algorithmus einiger Zen-
tren hier die Indikation zur Pulmonalisangiographie Radiologische Symptomatik
sieht. Der V/O-Scan zeigt segmentale oder größere Perfu-
Auf der anderen Seite berichten Verlaufsstudien sionsausfälle bei regelrechter Ventilation („V/P mis-
von Patienten mit negativer CT und fehlender Anti- match“). Dabei wird das Ausmaß der Erkrankungen
koagulation in einem Dreimonatsintervall von einer im V/P-Scan oft unterschätzt.
Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Lunge- Das Röntgenbild ist oft unspezifisch oder kann im
nembolie von 1% (Goodman et al. 2000) bzw. 3% frühen Stadium unauffällig sein. In einem Kollektiv
(Ferretti et al. 1997) und liegen damit in derselben von 50 Patienten fanden Schmidt et al. (1996) in 96%
Größenordnung wie Verlaufskontrollen mit negati- der Fälle einen erweiterten Truncus pulmonalis, eine
vem V/P-Scan und selektiver Pulmonalisangiogra- Dilatation der rechten Pulmonalarterie in 40% sowie
phie (Abb. 2.45 a,b, Abb. 2.46, Abb. 2.47 a,b, Abb. der linken in 14%.Woodruff et al. (1985) beschrieben
2.48 a,b, Abb. 2.49 a, b). bei guter Korrelation mit dem pulmonalangiogra-
phischen Bild gefäßrarefizierte Areal und in 70%
Chronische thrombembolische pulmonale (von 22 Fällen) die so genannte Mosaikoligämie.
Hypertension In der präoperativen Diagnostik gilt bis heute die
Die chronische thrombembolische pulmonale Hy- selektive Angiographie als Methode der Wahl. Im Un-
pertension (CTPH) ist eine der wenig verstandenen terschied zur akuten Embolie als intraluminalem
und übersehenen Ursachen einer sekundären pul- Füllungsdefekt finden sich wandständige Kontrast-
monalen Hypertonie. Sie gilt mit einer Häufigkeit mittelaussparungen („pouching defects“), querver-
von 0,1–0,5% als seltene Komplikation der Lunge- laufende Membranen, intimale Unregelmäßigkeiten
nembolie. Eine frühzeitige Diagnose ist von entschei- oder komplette Verschlüsse (Auger et al. 1992).
dener Bedeutung, da die chirurgische Desoblitera- Die CTA hat sich mittlerweile als valides Schnitt-
tion einen kurativen Therapieansatz darstellt, bevor bildverfahren in der Diagnostik der CTPH bewährt.
es zur Fixierung der pulmonalarteriellen Hypertonie Bergin et al. (1997) fanden die CTA der selektiven An-
kommt. giographie in der Beurteilung der zentralen Pulmo-
nalarterien sogar überlegen. Computertomogra-
Pathologisch-anatomische phisch zeigen sich wandständige Thrombusauflage-
und ätiologische Grundlagen rungen in den zentralen Lungenarterien, periphere
Auch wenn die Ätiologie noch nicht abschließend ge- Gefäßabbrüche, Kalibersprünge und intraluminale
klärt ist, geht man davon aus, dass es anstelle einer Füllungsdefekte. Weitere Zeichen können sein:
Lyse zur Organisation der Thromben und nachfol- rechtsventrikuläre Dilatation, Dilatation der zentra-
gend zum Einbau in die Gefäßwand kommt. Dabei len Pulmonalarterien und bronchialarterielle Kolla-
zeigen die Patienten keine Auffälligkeiten bezüglich teralgefäße. Senititiv, aber weniger spezifisch, ist das
Koagulation und Fibrinolyse. Lediglich in 10% der so genannte Mosaikbild des Lungenparenchyms
Patienten wurden Antikörper gegen Cardiolipin ge- (Bergin et al. 1996).
funden. Diskutiert wird, ob zusätzlich eine In-situ- Erste Berichte über den Einsatz der MRA in der
Thrombosierung in den Pulmonalarterien stattfin- Diagnostik der CTPH waren wenig erfolgverspre-
det. chend. Die Implementierung leistungsfähiger Gra-
Ohne Intervention ist die Prognose der Erkran- dientensysteme hat die Qualität der MR-Angiogram-
kung schlecht. In einer Studie betrug die Fünfjahres- me deutlich verbessert. So konnten Kreitner et al.
überlebenswahrscheinlichkeit bei Patienten, die bei (2000) zeigen, dass die MRA der DSA in der Beurtei-
Diagnosestellung bereits einen pulmonalarteriellen lung zentraler Gefäßabschnitte vergleichbar und le-
Druck von 40 mmHg und mehr aufwiesen, 30% (Rie- diglich in der Beurteilung der Subsegmentebene un-
del et al. 1982). terlegen war. Zusätzliches Potenzial ergibt sich durch
die neuen Möglichkeiten der MR-Perfusion und Ven-
tilation.
2.2 Pulmonale Gefäße 167

a b

Abb. 2.50 a–c. Patientin mit CTPH: chronische throm-


botische Wandauflagerungen der zentralen Lungenstrom-
bahn links mit Dilatation des Truncus pulmonalis und
der zentralen Lungenarterien als Zeichen des pulmonalen
Hypertonus. Im Lungenfenster so genannte Mosaikper-
fusion des Lungenparenchyms. Ursächlich ist eine c
Minderperfusion von Lungenarealen

Differenzialdiagnose men. Dennoch kann es CT-angiographisch schwierig


Eine wichtige, wenngleich seltene Differenzialdiagno- sein, einen Lymphknoten, der von außen zur einer Ste-
se ist die fibrosierende Mediastinitis, die klinisch, im nosierung des Gefäßes führt, von einem intralumina-
konventionellen Röntgenbild, angiographisch und in len Füllungsdefekt zu unterscheiden.
der CT ein ähnliches Bild zeigen kann. Sie kann auch Arteriitiden (z. B. die Takayasu-Arteriitis) können
unilateral vorkommen und durch die perivaskuläre Fi- durch Wandverdickungen und Gefäßunregelmäßig-
brose zu Gefäßirregularitäten und -verschlüssen füh- keiten ein ähnliches angiographisches Bild wie die
ren und auch ein mosaikähnliches Bild des Lungenpa- CTPH bieten. Charakteristisch ist das Fehlen intralu-
renchyms zeigen. Charakteristisch für die fibrosieren- minaler Füllungsdefekte, die entzündliche Imbibie-
de Mediastinitis ist die oft ausgedehnte mediastinale rung des mediastinalen Fettgewebes und die unter-
Lymphadenopathie, wenngleich mediastinale Lymph- schiedliche klinische Präsentation (s. oben).
knotenvergrößerungen auch bei einer CTPH gefun- Differenzialdiagnostisch unproblematisch ist die
den werden.Wichtigstes Kriterium in der differenzial- Abgrenzung einer CTPH von einem intraluminalen
diagnostischen Abgrenzung gegenüber der fibrosie- Angiosarkom. Dieses zeigt nicht die typischen oft kon-
renden Mediastinitis sind die intraluminalen Verände- tinuierlichen wandständigen Füllungsdefekte, ist oft
rungen („pouching defects“, Segel und Membranen), zentral, polypoid, gestielt, inhomogen und weist in ei-
die bei der fibrosierenden Mediastinitis nicht vorkom- nigen Fällen eine Kontrastmittelaufnahme auf (s.dort).
168 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

Pulmonale Hypertonie Schwindel und synkopale Zustände finden sich ge-


nauso wie unspezifische thorakale Schmerzen. Diese
왔 Eine pulmonalarteriellen Hypertonie sind differenzialdiagnostisch gegenüber kardioge-
Definition
liegt vor, wenn der mittlere pulmonal- nen Ursachen abzugrenzen. Hämoptysen können bei
arterielle Druck 20 mmHg überschreitet. allen Formen der pulmonalen Hypertonie auftreten.
Von einer pulmonalvenösen Hypertonie wird ge- Ursächlich dafür sind u. a. Rupturen von dilatierten
sprochen, wenn der pulmonalvenöse Wedge-Druck submukösen Venen. Heiserkeit, bedingt durch eine
12 mmHg überschreitet. Kompression des linksseitigen N. laryngeus recur-
rens zwischen Aorta und linker Pulmonalarterie, ist
Pathologisch-anatomische und ätiologische ein Symptom der fortgeschrittenen Erkrankung.
Grundlagen Auskultatorisch findet sich oft eine Spaltung des
Ätiologisch können 6 Kategorien unterschieden wer- zweiten Herztons. Die Zeichen der Rechtsherzinsuffi-
den: zienz finden sich erst im fortgeschrittenen Stadium,
ähnlich wie eine periphere oder zentrale Zyanose.
1. Passive oder postkapilläre pulmonale Hypertonie
(kardial bedingt durch eine Mitralstenose, Links-
Radiologische Symptomatik
herzinsuffizienz, Cor triatriatum oder Vorhoftu-
In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ursache
mor/-thrombus oder primäre Veränderungen der
der pulmonalarteriellen Hypertonie variiert das
Pulmonalvenen wie im Rahmen einer fibrosieren-
Röntgenbild und kann zusammen mit dem klini-
den Mediastinitis, kongenitaler Pulmonalvenen-
schen Algorithmus, bestehend aus
stenosen und -anomalien, VOD, Thrombus oder
Tumor). ∑ Echokardiographie (Abschätzung des pulmonal-
2. Hyperkinetische pulmonale Hypertonie (bedingt arterielllen Drucks, Ventrikel-Klappen-Funktion,
durch Links-rechts-Shunts intrakardial oder peri- Shunting auf kardialer Ebene),
pher, arteriovenöse Malformationen). ∑ V/P-Scan zum Ausschluss einer thromboemboli-
3. Obstruktive pulmonale Hypertonie (bedingt schen Ursache,
durch eine Verlegung der pulmonalarteriellen ∑ Lungenfunktion zum Nachweis/Ausschluss einer
Ausstrombahn, z. B. embolisch, tumorbedingt pulmonalen Restriktion/Obstruktion,
oder durch intravaskuläre Thrombosierungen ∑ der arteriellen Blutgasanalyse (Störungen des
z. B. im Rahmen von Hämoglobinopathien). Gasaustauschs) und
4. Restriktive pulmonale Hypertonie (bedingt durch ∑ der Serologie (Kollagenosen, Vaskulitiden)
pleuropulmonale Veränderungen, wie z. B. Em-
Hinweise auf die Ätiologie der pulmonalarteriellen
physem, Fibrose, Fibrothorax, Thoraxwanddefor-
Hypertonie geben (Veränderungen des Parenchyms,
mitäten oder alveoläre Hypoventilation: neuro-
kardiale Ursachen wie Links-rechts-Shunt, Linksher-
muskulär, Adipositas permagna, idiopathisch).
zinsuffizienz, Mitralklappenvitium oder extrapul-
5. Vasokonstriktive pulmonale Hypertonie (bedingt
monale Ursachen wie z. B. die Kyphoskoliose, Spon-
durch akute oder chronische Hypoxie, bei Patien-
dylitis ankylosans, neuromuskuläre Erkrankungen
ten mit Sklerodermie sowie bei Kokainabusus).
wie Dystrophien, Myastenia gravis, Guillain-Barré-
6. Idiopathische Pulmonale Hypertonie (in dieser
Syndrom usw. oder extreme Adipositas).
Gruppe ist die Ätiologie unklar; in ihr werden die
Röntgenologisch zeigen sich eine vermehrte Kon-
primäre pulmonale Hypertonie, die pulmonale
vexität des Pulmonalissegments und eine Erweite-
Hypertonie in Assoziation mit einem chronischen
rung der zentralen pulmonalarteriellen Gefäße bei
Leberleiden sowie medikamenten- – L-Trypto-
einer Kaliberreduktion der peripheren Pulmonalar-
phan, Aminorex-fumarat – und HIV-assoziierte
terienäste bei der präkapillären Form, im Unter-
pulmonale Hypertonie subsumiert).
schied zur postkapillären oder hyperkinetischen
Form der pulmonalen Hypertonie mit einer Erweite-
Klinische Symptomatik rung der pulmonalarteriellen Gefäße bis in die Peri-
Es gibt keine spezifischen Symptome für eine pulmo- pherie. Die Größe des rechten Ventrikels ist oft nor-
nale Hypertonie. Aus diesem Grunde ist die Erkran- mal, ehe es mit Fortschreiten der Erkrankung auch
kung zum Zeitpunkt der Diagnose oft bereits weit hier zu einer Vergrößerung kommt. Tritt eine Rechts-
fortgeschritten. herzinsuffizienz hinzu, kommt es zur Erweiterung
der V. cava superior mit/ohne Pleuraerguss.
Merke ! Das früheste und am weitesten ver-
breitete Symptom bei allen Formen
Die CT kann hilfreich sein in der besseren Beurtei-
lung des Lungenparenchyms und einer zugrunde lie-
der pulmonalen Hypertonie ist die Belastungsdys- genden prä- oder postkapillären Form der pulmona-
pnoe. len Hypertonie. Häufig findet sich das so genannte
2.2 Pulmonale Gefäße 169

Mosaikmuster des Lungenparenchyms („ground glas


opacities“ neben Arealen eines so genannten „air
trapping“) bei den verschiedensten Ursachen der
pulmonalen Hypertonie (Tan u. Kuzo 1998).
Mehrere CT-Studien berichten von einem prädik-
tiven Wert des computertomographisch bestimmten
Durchmessers des Truncus pulmonalis (3 cm unter-
halb der Bifurkation) bei einer pulmonalen Hyperto-
nie. Dabei ergab sich in einer Studie von Kuriyama et
al. (1984) für das Vorhandensein einer pulmonalen
Hypertonie bei einem Durchmesser >2,9 cm eine
Sensitivität von 69% und eine Spezifität von 100%.
Die Bestimmung der Durchmesser von rechter und
linker Pulmonalarterie erwies sich als weniger hilf-
reich. In einer Multivarianzanalyse fanden Ny et al.
(1999) für Patienten unter 50 Jahren einen Quotien-
ten von Truncus pulmonalis und aszendierender
Aorta >1 (Durchmesser von Truncus pulmonalis/
Aszendensdurchmesser) als einen validen (96%)
prädiktiven Marker für eine pulmonale Hypertonie. Abb. 2.51. MRA einer PPH. Dilatation der Pulmonalarterien
zentral mit Rarefizierung des peripheren Gefäßbildes
Primäre pulmonale Hypertonie

왔 Die primäre pulmonale Hypertonie stanzen durch die Leber kommt. In letzter Zeit ist
Definition
als klinisches Syndrom ist charakteri- häufiger die Assoziation mit einer HIV-Infektion be-
siert durch das Fehlen einer erkennbaren Ursache. obachtet worden. Mutmaßlich wird die pulmonale
Hypertonie durch eine direkte endotheliale Infektion
Die klinische Diagnose basiert auf 3 Kriterien: und/oder über die Freisetzung von Mediatorsubstan-
zen getriggert.
1. klinische, radiologische und echokardiographi-
Das histologische Bild ist vielfältig und kann eine
sche Zeichen einer pulmonale Hypertonie,
Mediahypertrophie, eine intimale Fibrose, eine ple-
2. ein erhöhter pulmonalarterieller Druck im
xogene oder thromboembolische Arteriopathie oder
Rechtsherzkatheter bei normalen Wedge-Druck,
das Bild einer Arteriitis zeigen. Die Prognose der Er-
3. das Fehlen einer kardiologischen und pulmona-
krankung ist schlecht, und das mediane Überleben
len Ursache oder einer Systemerkrankung.
liegt bei 2–3 Jahren.
Die primäre pulmonale Hypertonie ist eine seltene Therapeutisch versucht man, die Erkrankung mit
Erkrankung, die vorwiegend Frauen (5:1) im Alter Vasodilatanzien und Antikoagulation aufzuhalten,
zwischen 30 und 40 Jahren betrifft. Die Ätiologie ist wenngleich nur etwa ein 1/3 der Patienten auf die
ungeklärt. Neuere Erkenntnisse geben Hinweise dar- Therapie ansprechen und die systemarteriellen Ne-
auf, dass es sich um ein Ungleichgewicht zwischen benwirkungen überwiegen. In vielen Fällen ist die
Produktion und Abbau vasoaktiver Substanzen, kombinierte Herz-Lungen-Transplantation die Ulti-
Thromboxane und Prostaglandine handelt, zusam- ma Ratio.
men mit der lokalen Produktion von Endothelin, ei- Radiologisch zeigt sich das Bild einer Dilatation
ner von den Endothelien produzierten vasokonstrik- der zentralen Pulmonalarterien mit einer Rarefizie-
tiven Substanz. Interessanterweise wurde diese Er- rung des peripheren Gefäßbildes mit/ohne Rechts-
krankung in den 1960er Jahren häufiger beobachtet herzvergrößerung. Die pumonalen Venen zeigen kei-
und war assoziiert mit der Einnahme des Appetitzüg- ne Auffälligkeiten. Bis auf die Oligämie ist das Lun-
lers Aminorex-fumarat. Auch geben Tierversuche, genbild unauffällig (Abb. 2.51).
die eine pulmonale Hypertonie durch bestimmte Al-
kaloide provozieren konnten, Hinweise auf eine hu- Pulmonale kapilläre Angiomatose
morale Komponente. Die pulmonale kapilläre Angiomatose ist eine extrem
In diesem Zusammenhang wird auch die 5- bis 6- seltene Ursache einer pulmonalen Hypertonie. Bisher
mal so häufige Assoziation der pulmonale Hyperto- sind etwa 30 Fälle beschrieben worden (Umezu et al.
nie mit einer portalen Hypertension unterschiedlich- 2001). Die Erkrankung betrifft vorwiegend das frühe
ster Ätiologie diskutiert. Man vermutet, dass es zu ei- Erwachsenenalter ohne erkennbare Geschlechtsprädi-
ner verringerten Produktion vasodilatierender Sub- lektion. Die Ätiologie ist ungeklärt. Pathologisch-ana-
170 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

tomisch liegt eine benigne erscheinende Proliferation Differenzialdiagnose


von dünnwandigen Kapillaren in das Lungenparen- Die wichtigste Differenzialdiagnose einer PCH oder
chym, in die Blutgefäße, die interlobären Septen, die VOD ist die primäre pulmonale Hypertonie. Im Unter-
Bronchialwand, Pleura oder Perikard vor. Die Infiltra- schied zur PCH und VOD werden Pleurergüsse,
tion in die Pulmonalvenen kann zu einer sekundären Lymphknotenvergrößerungen und retikulonoduläre
VOD führen,die histologisch auch die wesentliche Dif- Verdichtungen nicht beobachtet. Das Mosaikmuster
ferenzialdiagnose darstellt. Der Infiltration ist diffus ist bei den verschiedensten Formen der pulmonalen
und betrifft beide Lungen im späten Stadium der Er- Hypertonie (Sekundärphänomen) beschrieben wor-
krankung. Die Diagnose wird ähnlich wie bei der VOD den und eignet sich nicht als differenzialdiagnosti-
in der Regel erst post mortem autoptisch gestellt. sches Kriterium. In der differenzialdiagnostischen Ab-
Die Symptome der primären kapillären Häman- grenzung zur CTPH ist neben dem Nachweis wand-
giomatose (PCH) mit Dyspnoe und Hämoptysen ständiger Thromben in CT/MRT der V/P-Ventilation-
sind unspezifisch. Scan die Methode der Wahl. Im Unterschied zur
Röntgenologisch finden sich neben den Zeichen CTPH, die segmentale und/oder subsegmentale Perfu-
der rechtsventrikulären Hypertonie diffuse oder um- sionsausfälle zeigt, ist der V/P-Scan bei der primären
schriebene retikulonoduläre Verdichtungen. Compu- pulmonalen Hypertonie, PVH und VOD normal.
tertomographisch finden sich neben einer Hypertro- Unproblematisch ist die Abgrenzung einer physio-
phie und Dilatation der zentralen Pulmonalarterien logischen von einer pathologischen Dilatation des
(fakultativ) unspezifische septale Verdickungen, un- Pulmonalissegments. Sie tritt bei jungen Menschen
scharf begrenzte noduläre Verdichtungen, ein mo- sowie bei Gravidität auf und zeigt ein normales pul-
saikähnliches Bild des Lungenparenchyms und unter monalarterielles und -venöses Gefäßbild.
Umständen Pleuraergüsse und/oder mediastinale
Lymphknoten, Veränderungen, die bei der primären Pulmonalarterienaneurysma
pulmonalen Hypertonie nicht beobachtet werden
und an eine PCH oder VOD denken lassen müssen. 왔 Darunter werden alle echten Aneurys-
Definition
Die Erkrankung führt – ähnlich wie die primäre men (alle Wandschichten betreffend),
pulmonale Hypertonie – zum Tode mit einem im Ver- alle falsche Aneurysmen, die als Folge einer Ruptur
gleich zur primären pulmonalen Hypertonie polon- aller Wandschichten auftreten und alle Pseudoaneu-
gierteren Krankheitsverlauf. rysmen, wobei ein Teil der Wandschichten intakt
bleibt, subsumiert.
Pulmonale „venous-occlusiv disease“
Die pulmonale VOD ist ähnlich wie die PCH eine sehr
seltene Erkrankung des frühen Adoleszentenalter bis Pathologisch-anatomische und ätiologische
ins Erwachsenenalter (9–59 Jahre) mit sehr schlech- Grundlagen
ter Prognose. Bisher sind etwa 70 Fälle beschrieben Pulmonalarterienaneurysmen sind selten. In einem
worden (Wagenvoort et al 1985). Klinisch und rönt- Kollektiv von 109.000 Biospsien fanden Deterling u.
genologisch sind sie von der PCH nicht zu unter- Clagett (1947) lediglich 8 Pulmonalarterienaneurys-
scheiden. Computertomographisch fanden Swenson men, in den meisten Fällen assoziiert mit kongenita-
und Mitarbeiter (1996) in allen Fällen eine Verdi- len, kardialen Fehlbildungen (Koarktation, Pulmo-
ckung der interlobären Septen, multifokale „Ground- nalklappenstenose, offener Ductus arteriosus usw.).
glass-Verdichtungen“ und ein Mosaikmuster, Pleu- Man schätzt die Inzidenz für Pulmonalarterienaneu-
raergüsse und eine Dilatation der zentralen Pulmo- rysmen auf 1:14.000 Patienten.
nalarterien. Die pulmonale VOD ist differenzialdiag- Heute sind iatrogene Pseudoaneurysmen durch
nostisch nicht von der PCH abzugrenzen. Eine Swan-Ganz-Katheter die häufigste Ursache eines Pul-
definitive Diagnose kann wie bei der PCH nur histo- monalarterienaneurysmas. Auch wenn dies mit 0,05–
logisch erfolgen. Dabei zeigt sich eine exzentrische 0,2% eine seltene Komplikation darstellt, ist sie wegen
intimale Fibrose der kleinen postkapillären Venen. des fatalen Ausgangs in 45–65% der Fälle gefürchtet
Im Unterschied zu PCH, die sekundär auch eine Fi- (Ferretti et al. 1996). Andere Ursachen sind posttrau-
brosierung der Venen zeigen kann, findet sich diese matisch (s. oben), im Rahmen einer Vaskulitis (Morbus
Veränderung bei der VOD in allen Venen. Eine erfolg- Behçet), eines Morbus Rendu-Osler-Weber (s. dort)
versprechende Behandlung außer der Herz-Lungen- oder mykotisch. Bis in die Mitte der 1920er Jahre waren
Transplantation existiert nicht. Vasodilatanzien kön- hier vor allem die Syphilis und die Tuberkulose die
nen, falls überhaupt wirksam, zu einem fatalen Lun- häufigste Ursache,heute sind dies Salmonellen,Staphy-
genödem führen. Andere Therapieversuche mit Im- lokokken, E. coli und Pilze (z. B. Aspergillus). Drei pa-
munsuppressiva oder Antiphlogistika haben sich als thogenetische Mechanismen in der Entstehung des
wenig erfolgversprechend erwiesen. Pulmonalarterienaneurysma sind möglich:
2.2 Pulmonale Gefäße 171

a b

c d

Abb. 2.52 a–d. Zufallsbefund bei einer 65-jährigen asympto- scheint eine Erweiterung der aszendierenden Aorta vorzulie-
matischen Patientin mit einem großen Aneurysma des Trun- gen. c, d In der MRA Nachweis eines knapp 8 cm großen Pul-
cus pulmonalis. a In der p.-a.-Aufnahme des Thorax deutlich monalarterienaneurysma (in der seitlichen Thoraxaufnahme
dilatiertes Pulmonalissegment. b In der seitlichen Aufnahme randbildend)

1. durch den direkten Kontakt mit dem infektiösen Prädisponierender Faktor in der Entstehung eines
Prozess (z. B. die Tuberkulose mit Entstehung des Pulmonalarterienaneurysmas ist die sekundäre (sel-
so genannten Rasmussen-Aneurysmas in der tener im Rahmen einer primären) pulmonalarteriel-
Nachbarschaft einer tuberkulösen Kaverne), le Hypertonie, meist auf dem Boden einer kongenita-
2. im Rahmen einer Bakteriämie über die Vasa vaso- len kardiovaskulären Fehlbildung (am häufigsten of-
rum (z. B. Syphilis), fener Ductus) oder eines Marfan-Syndroms (zysti-
3. über die direkte Ausbreitung eines septischen sche Medianekrose). In diesen Fällen kann es zu
Thromembolus (häufigste Ursache). dissezierenden Pulmonalarterienaneurysmen kom-
172 Kapitel 2 Thorakale Aorta und pulmonale Gefäße

men, von denen bisher etwa 50 Fälle in der interna- Das Hughes-Stovin-Syndrom bezeichnet die Trias
tionalen Literatur beschrieben sind (Inayama et al. „multiple Pulmonalarterienaneurysmen, Throm-
2001). bophlebitis und tiefe Venenthrombosen“. Betroffen
Multiple Aneurysmen der segmentalen Pulmonal- sind fast ausschließlich junge Männer im Alter von
arterien werden beim Hughes-Stovin-Syndrom be- 14–40 Jahren. Die Ätiologie ist ungeklärt. Einige Au-
obachtet (s. unten). Das gehäufte Auftreten von arte- toren fassen dieses Syndrom als Variante des Mobus
riellen Aneurysmen ovarieller, endometrialer, sub- Behçet auf, wenngleich rezidivierende orale und ge-
chorionidaler, splenischer, renaler, brachialer, spina- nitale Ulzera in den meisten Fällen eines Hughes-Sto-
ler und pankreatikoduodenaler Gefäße während der vin-Syndroms nicht beobachtet wurden. Die Erkran-
Schwangerschaft ist ein bekanntes Phänomen. In der kung ist sehr selten mit insgesamt etwa 20 weltweit
Literatur gibt es eine Kasuistik über ein Pulmonalar- beschriebenen Fällen (Balci et al. 1998). Neben
terienaneurysma während der Schwangerschaft bei Thrombosierungen tiefer peripherer Venen sind
einer vorher gesunden 23-jährigen (Gruber et al. thrombotische Verschlüsse der V. cava inferior und
2001). superior sowie pulmonale Thromembolien häufig.
Eine frühe Diagnose mit Resektion der befallenen
Klinische Symptomatik Lungensegmente ist entscheidend, da die Rupturge-
Pulmonalarterienaneurysmen sind in der Regel fahr mit letalem Ausgang als hoch einzuschätzen ist
asymptomatisch. Unspezifische Symptome sind Hus- (Kopp u. Green 1962). Erste Berichte über den erfol-
ten, parasternaler oder präkordialer Schmerz, (bei greichen Einsatz einer immunsuppressiven Therapie
Dissektionen) Dyspnoe und Hämoptysen in einigen liegen vor (Ali-Munive et al. 2001).
Fällen. Gefürchtet ist die Aneurysmaruptur mit einer
hohen Mortalität zwischen 50 und 100%.
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Das röntgenologische Erscheinungsbild variiert in Ab- Ahlström KH, Johansson LO, Rodenburg JB, Ragnarsson AS,
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tungen) sowie eine Mediastinalverbreiterung können 306
röntgenologisches Korrelat sein. In diesem Zusam- Ali-Munive A, Varon H, Maldonado D, Torres-Duque C (2001)
menhang kommt dem klinischen Befund eine ent- Giant aneurysms of the pulmonary artery and peripheral
venous thrombosis (Hughes-Stovin syndrome): regression
scheidende Rolle zu (Hämoptysen, septisches Krank- with immunosuppressant therapy. Arch Bronconeumol 37:
heitsbild, bekannte kongenitale kardiale Fehlbildun- 508–510
gen, Vaskulitis, Tuberkulose, Thoraxtrauma usw.). Ambrose G, Barrett LO, Angus GL, Absi T, Shaftan GW (2000)
Die kontrastverstärkte CT führt als weiterführen- Main pulmonary artery laceration after blunt trauma: accu-
rate preoperative diagnosis. Ann Thorac Surg 70: 955–957
des bildgebendes Verfahren zur Diagnose und hat als Auger WR, Fedullo PF, Moser KM, Buchbinder M, Peterson KL
CTA in der prätherapeutischen Planung (Operation, (1992) Chronic major-vessel thromboembolic pulmonary
Intervention) die Angiographie (zusammen mit der artery obstruction: appearance at angiography. Radiology
MRA) weitgehend ersetzt. Das Pulmonalarterienan- 182: 393–398
Avishai V, Dolev E, Weissberg D, Zajdel L, Priel IE (1996) Ex-
eurysma zeigt sich als kontrastmittelaufnehmende, tralobar sequestration presenting as massive hemothorax.
Truncus-pulmonalis-isodense Raumforderung mit Chest 109: 843–845
unter Umständen randständigen Thrombosierungen Balci C, Semelka RC, Noone TC, Worawattanakul S (1998) Mul-
(Abb. 2.52 a–d). tiple pulmonary aneurysms secondary to Hughes-Stovin
syndrome: demonstration by MR angiography. J Magn Re-
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Differenzialdiagnose Baum d, Khoury G, Ongley P, Swan HJC, Kincaid OW (1964)
In den meisten Fällen ist in der CT die Diagnose ein- Congenital stenosis of the pulmonary artery branches. Cir-
culation 29: 680–687
deutig. Differenzialdiagnostisch abzugrenzen ist die Baur A, Stabler A, Bittmann I, Marmarakis G, Reiser M (1998)
arteriovenöse Malformation (vor allem bei periphe- Die penetrierende Aortenulzeration: Eine Sonderform der
ren kleinen Befunden). Dabei kommt der Detektion Aortendissektion. Röfo 168: 550–556
einer abführenden Vene bei der arteriovenösen Mal- Bergin CJ, Rios G, King MA, Belezzuoli E, Luna J, Auger WR
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scheidene Rolle zu. In fraglichen Fällen bringt die Roentgenol 166: 1371–1377
Angiographie als Goldstandard die differenzialdiag-
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2.2 Pulmonale Gefäße 173

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Gefäße im Abdomen 3
M. Völk, J.-P. Staub, M. Strotzer

3.1 Radiologische Untersuchungstechniken 177 3.4.4 Nierengefäße 235


3.1.1 Ultraschalldiagnostik 178 3.4.4.1 Arteriosklerotische Nierenarterienstenose 235
3.1.2 CT-Angiographie 179 3.4.4.2 Fibromuskuläre Dysplasie 239
3.1.3 MR-Angiographie 180 3.4.4.3 Nierenarterienembolie 240
3.1.4 Digitale Subtraktionsangiographie 181 3.4.4.4 Nierenarterienaneurysma 242
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 181 3.4.4.5 Arteriovenöse Malformationen
3.2.1 Aorta abdominalis 181 der Nierenarterien 243
3.2.2 Arteriae lumbales 183 3.4.4.6 Nierenvenenthrombose 244
3.2.3 Arteriae suprarenales und renales 183 3.4.4.7 Vaskulitiden 245
3.2.4 Arteria mesenterica superior und inferior 184 Takayasu-Arteriitis 246
3.2.5 Vena cava inferior 187 Polyarteriitis nodosa 247
3.2.6 Venae renales 190 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 248
3.2.7 Vena mesenterica superior und inferior 190 Literatur 249
3.3 Systematische Bildanalyse 190
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 192
3.4.1 Abdominelle Aorta 192
3.4.1.1 Abdominelles Aortenaneurysma 192 Im Folgenden wird auf die unpaaren und paarigen
3.4.1.2 Stenose und Verschluss der abdominellen Aorta 200
3.4.1.3 Aortendissektion 201 Äste der abdominellen Aorta eingegangen. Insbeson-
3.4.1.4 Penetrierendes Aortenulkus 204 dere werden die Gefäße dargestellt, die auch im inter-
3.4.1.5 Intramurales Hämatom 206 ventionellen Teil dieses Bandes abgehandelt werden.
3.4.1.6 Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma 206
3.4.1.7 Infiziertes Bauchaortenaneurysma 207
Angaben zu Anatomie und Erkrankungen des Trun-
3.4.1.8 Vaskulitis 207 cus coeliacus und seiner Gefäße sowie der V. portae
3.4.1.9 Posttraumatische Veränderungen und der splanchnischen Venen finden sich im Band
der abdominellen Aorta 208 Gastrointestinales System, auf die Gefäße des Uroge-
3.4.1.10 Tumoren der Aorta 208
3.4.2 Truncus coeliacus 208 nitaltrakts wird in Band Urogenitaltrakt, Retroperito-
3.4.2.1 Ligamentum-arcuatum-medianum-Syndrom 208 neum, Mamma aus der Reihe Handbuch Diagnosti-
3.4.3 Mesenterialgefäße 211 sche Radiologie eingegangen.
3.4.3.1 Mesenteriale Ischämie 211
Arterielle Mesenterialembolie 212
Arterielle Mesenterialthrombose 214
Nichtokklusive mesenteriale Ischämie 215 3.1
Mesenterialvenenthrombose 216 Radiologische Untersuchungstechniken
Chronische Mesenterialischämie 217
3.4.3.2 Fibromuskuläre Dysplasie 219
3.4.3.3 Dissektion der Mesenterialarterien 220 Zur radiologischen Untersuchung der vaskulären
3.4.3.4 Traumatische mesenteriale Blutung 221 Strukturen des Abdomens stehen die Ultraschall-
3.4.3.5 Untere gastrointestinale Blutung 223 diagnostik – B-Mode/Modus, farbkodierte Doppler-
3.4.3.6 Vaskulitiden 225 sonographie (FKDS) und gepulster (pw-) Doppler –,
Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) 26
Takayasu-Arteriitis 227 die CT-Angiographie (CTA) und die MR-Angio-
Thrombangiitis obliterans 228 graphie (MRA) sowie die digitale Subtraktionsangio-
Polyarteriitis nodosa 228 graphie (DSA) zur Verfügung, die sich in Abhän-
Wegener-Granulomatose 230 gigkeit von der jeweiligen Indikation hervorragend
Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231
Behçet-Syndrom 232 ergänzen können. Unter Berücksichtigung der mo-
Andere Vaskulitiden der kleinen Gefäße 233 dalitätsspezifischen Vorteile der einzelnen Untersu-
3.4.3.7 Retroperitoneale Fibrose 233 chungstechniken muss das diagnostische Vorgehen
eng an die klinische Fragestellung geknüpft werden.
178 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

3.1.1
Ultraschalldiagnostik
Um optimale Untersuchungsbedingen durch Verrin-
gerung von Darmgasüberlagerungen zu erhalten, er-
folgt die sonographische Untersuchung der abdomi-
nellen Gefäße am nüchternen Patienten. Üblicher-
weise werden „Curved-array-Schallköpfe“ mit einer
Frequenz von 3,5–5,0 MHz verwendet. Mit linearen
Schallköpfen und Frequenzen von >5,0 MHz wird
bei schlanken Patienten eine höhere Auflösung und
Detailerkennbarkeit erreicht. Durch Angulation des
Farbfensters kann die FKDS außerdem deutlich er-
leichtert werden. Abb. 3.1. Deutliche Flussbeschleunigung im Truncus coelia-
Die Untersuchung beginnt mit der Darstellung der cus bei einer Patientin mit Lig.-arcuatum-medianum-Syn-
abdominellen Aorta und Iliakalgefäße zunächst in drom.
der transversalen, dann in sagittaler Schnittführung.
Bei jugendlichen Patienten und guten Schallbedin-
gungen kann die typische Dreischichtung der Wand Schnittführung erfasst werden. Die rechte Nieren-
abgeleitet werden. Kalkplaques stellen sich als dichte arterie entspringt dabei etwas weiter ventral als die
Wandauflagerungen mit Schallauslöschungen dar. linke Arterie. Durch den leicht gebogenen Verlauf
Zur FKDS wird der Schallkopf von 90° auf 60° nach wird oft eine Signaländerung in der FKDS beobach-
kaudal gekippt, um eine homogene, pulssynchrone tet, die nicht als Flussbeschleunigung fehlgedeutet
Ausfüllung des Lumens zu erreichen. Während die werden darf. Die oft proximal liegenden Nierenarte-
Untersuchung des Truncus coeliacus in der angulier- rienstenosen lassen sich durch das Aliasing gut er-
ten transversalen Schnittführung erfolgt, wird die kennen. Die Flussbeschleunigung wird durch die
A. mesenterica superior parallel zum Verlauf der Dopplermessung quantifiziert und mit der Aorta ver-
Aorta dargestellt. Das Auffinden des Abganges der glichen.
A. mesenterica inferior wird durch axiale Bilder in der
FKDS vereinfacht. Die Untersuchung erfolgt im An-
schluss parallel zum Gefäßverlauf.
Merke ! Als pathologisch gilt eine maxima-
le systolische Geschwindigkeit von
Stenosen, die aufgrund von Luftüberlagerungen >180 cm/s oder ein Verhältnis zwischen maxima-
häufig nur im Abgangsbereich erkannt werden kön- ler renaler und aortaler Geschwindigkeit VmaxNiere/
nen, führen durch die Strömungsbeschleunigung zu VmaxAorta von >3,5.
einem „aliasing“ mit Farbumschlägen. Die maximale
systolische und diastolische Flussgeschwindigkeit Während die weiter lateral liegenden Gefäßabschnit-
wird im Doppler quantifiziert (Abb. 3.1). Wichtige te durch Darmgasüberlagerungen oft schwer darzu-
Stenosekriterien des Truncus coeliacus und der stellen sind, gelingt die Ableitung der intrarenalen
A. mesenterica superior sind in Tabelle 3.1 aufge- Gefäßabschnitte in der parakoronaren Schnittfüh-
führt. rung zuverlässig. Zur Bestimmung des „Resistance
Die Nierenarterien gehen auf Höhe des 1. oder Index“ (RI=1–VmaxEnddiastolisch/VmaxEndsystolisch) wird je-
2. Lendenwirbelkörpers (LWK) rechtwinklig aus der weils eine Interlobararterie im kranialen, mittleren
Aorta ab und können am besten in der transversalen und kaudalen Drittel an der Parenchym-Pyelon-

Tabelle 3.1. Dopplersonographische Kriterien einer hämodynamisch wirksamen Stenose oder Verschluss von Truncus coeliacus
und A. mesenterica superior. (Nach Zwolak et al. 1998)

Parameter Truncus coeliacus A. mesenterica superior

Maximale diastolische Geschwindigkeit (PDV) ≥55 cm/s oder fehlendes Flusssignal ≥45 cm/s
Maximale systolische Geschwindigkeit (PSV) ≥200 cm/s oder fehlendes Flusssignal ≥ 300 cm/s (Sensitivität 60%)
Weitere Kriterien Retrograder Fluss in der A. hepatica
communis als Hinweis für eine
hochgradige Stenose oder Verschluss
des Truncus coeliacus
3.1 Radiologische Untersuchungstechniken 179

Grenze der Niere aufgesucht und der Mittelwert ge-


bildet. Während die RI-Werte mit zunehmendem
Alter ansteigen, sind die Unterschiede zwischen bei-
den Seiten minimal. Eine Differenz von >5% zwi-
schen der rechten und der linken Seite ist hoch-
sensitiv für das Vorliegen einer hämodynamisch
relevanten Nierenarterienstenose.
Neben den Gefäßen ist auch auf Veränderungen
der Hohl- und parenchymatösen Organe infolge vas-
kulärer Erkrankungen zu achten. Verdickte Darm-
wände können Ausdruck einer intestinalen Ischämie
sein, sie lassen sich gegenüber entzündlich bedingten
Wandveränderungen durch das reduzierte Signal im
Powerdoppler diskriminieren.
Abb. 3.2. Embolischer Verschluss (Pfeil) der oberen Segment-
arterie mit keilförmigem Perfusionsdefizit. CTA, gekrümmte
3.1.2 koronare MIP
CT-Angiographie

Mit Entwicklung der Multislice-Spiraltechnik hat


sich die CT zu einer wertvollen Modalität zur Unter-
suchung vaskulärer Strukturen insbesondere des Ab-
domens entwickelt. Durch Kombination von CTA mit
Folge-Scans in der Parenchym- oder portalvenösen
Phase ist die CT in der Lage, eine Vielzahl von Frage-
stellungen der klinischen Routine und bei Notfall-
situationen an die bildgebende Diagnostik zu beant-
worten und hat die Indikationen zur diagnostischen
Angiographie deutlich eingeschränkt. Der große Vor-
teil der Schnittbilddiagnostik ist, dass nicht allein das
Lumen der Gefäße dargestellt, sondern die Abbil-
dung von Wand- und Organveränderungen wertvolle
Hinweise für die Ätiologie von Erkrankungen liefern
kann.
Kollimation (4-mal 1 mm bis 64-mal 0,5 mm) und
Pitch (1,5 bei 4-Zeilern bis 0,75 bei 64-Zeilern) hän-
gen vom Scannertyp ab und werden der Fragestel-
lung angepasst.

Merke ! Die rekonstruierte Schichtdicke sollte


<3 mm liegen, da ansonsten die Sensi-
Abb. 3.3. CTA, VRT: Kontrolle nach Aortenstent bei infrarena-
tivität zur Detektion von Stenosen deutlich abfällt. lem Bauchaortenaneurysma

Aus einem zweiten Datensatz mit minimaler Schicht-


dicke und einer Überlappung von 50% werden nachbarten anatomischen Strukturen (Abb. 3.3), sie
„Maximum-intensity-Projektionen“ (MIP) rekon- bietet auch Vorteile bei der Abbildung von In-Stent-
struiert, die einen integralen Bestandteil der Bild- Stenosen und kalzifizierter Plaques.
analyse darstellen. Die in 2 Ebenen anzufertigenden Die orale Gabe röntgenpositiver Kontrastmittel ist
Dünnschicht-MIP werden dabei an den Gefäßverlauf bei den Fragestellungen dieses Kapitels kontrapro-
angepasst und idealerweise gekrümmt angefertigt duktiv. Sie erschwert nicht nur die Anfertigung aus-
(Abb. 3.2). „Software-tools“ bieten zudem die Mög- sagekräftiger MIP sondern etwa auch die Detektion
lichkeit, orthogonale Schichten zu akquirieren, mit intramuraler oder intraluminaler Einblutungen so-
denen eine zuverlässige Beurteilung auch asymme- wie die Beurteilung der Durchblutung der Darm-
trischer Stenosen gelingt. Die „volume-rendering wand. Im Hinblick auf eine ausreichende Darmdis-
technique“ (VRT) erlaubt nicht nur die räumliche tension sollte bei entsprechenden Fragestellungen
Darstellung des Gefäßverlaufs in Beziehung zu be- Wasser oder Mannitol gewählt werden.
180 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Um einen hohen intravasalen Kontrast zu errei-


chen, ist eine optimale Bolusformung unumgänglich.
Biphasische Kontrastmittelprotokolle wie z. B. initial
30 ml mit einer Konzentration von 300 mg J/ml mit
6 ml/s, gefolgt von 40–80 ml mit 3–4 ml/s und einem
Nachspülbolus mit physiologischer Kochsalzlösung
führen zu einer hervorragenden Kontrastierung
(Fleischmann 2003). Die Menge des applizierten
Kontrastmittels wird dabei an die Scan-Dauer ange-
passt. Die Triggerung des Scans erfolgt durch Moni-
toring des „region of interest“ (ROI) in der Aorta auf
Höhe des LWK 1. Bei der Lokalisation abdomineller
Blutungen kann es vorteilhaft sein, das Start-Delay
um 10–20 s hochzusetzen.
Aus strahlenhygienischen Gesichtspunkten und
unter Kenntnis des zunehmenden Anteils von CT-
Untersuchungen an der medizinischen Strahlenbe-
lastung, muss die Indikation zu Mehrphasenunter-
suchungen streng gestellt und an die individuelle
Fragestellung angepasst werden. Native Untersu-
chungen sind bei gastrointestinalen Blutungen sinn-
voll. Ein zweiter Scan in der portalvenösen oder der
Parenchymphase nach CTA kann zur Beurteilung
von begleitenden Veränderungen der parenchymatö- Abb. 3.4. MRA, koronare MIP: rechts gedoppelte Nierenar-
sen oder der Hohlorgane mit breiterer Kollimation terie, links Doppelniere
durchgeführt werden.

3.1.3 trastbildenden k-Raum-Zeilen können dann wäh-


MR-Angiographie rend der maximalen Boluskonzentration gemessen
werden.
Die MRA der abdominellen Gefäße erfolgt mit ge- In Abhängigkeit von der Fragestellung sollte die
spoilten, ultraschnellen T1-gewichteten 3D-Gradien- MRA durch zusätzliche, ggf. fettunterdrückte T2-
tenecho- (3D-GRE-) Sequenzen nach Kontrastmitte- und T1-gewichtete Sequenzen ohne und mit Fett-
linjektion. Kurze Messzeiten und die Generierung sättigung nativ und nach Gabe von Kontrastmittel er-
isotroper Voxel sind ideale Voraussetzungen zur gänzt werden. Die Schnittführung wird dabei an das
Anfertigung artefaktfreier MIP in unterschiedlicher zu untersuchende Organ angepasst. Axiale Schichten
Angulation. Nach Erstellung der nativen Sequenz eignen sich, um Ödem und Kontrastmittelaufnahme
werden Mehrfachakquisitionen durchgeführt. Durch einer entzündlich verdickten Aortenwand festzustel-
Subtraktion der unterschiedlichen Phasen kann auch len und Aussagen über die Krankheitsaktivität tref-
das portalvenöse System mit minimaler arterieller fen zu können. Die repetitiven Quellschichten der
Überlagerung dargestellt werden. Techniken der pa- MRA können die Dynamik des Enhancement visua-
rallelen Bildgebung (SENSE, SMASH, GRAPPA) er- lisieren.
möglichen eine höhere räumliche und zeitliche Auf- Wie bei der CTA stehen auch bei der MRA an den
lösung. Gefäßverlauf angepasste MIP im Vordergrund der
Da das arterielle Fenster im Abdomen mit etwa Auswertung (Abb. 3.4). Die zunehmend höhere Auf-
10 s bei den Nierenarterien gegenüber 60 s bei lösung und isotrope Voxel ermöglichen mit zum Ge-
den Extremitätenarterien sehr kurz ist, ist insbe- fäßverlauf orthogonalen Schnitten eine genauere
sondere bei längeren Messzeiten hohen Wert auf den Quantifizierung von Nierenarterienstenosen (Schoen-
exakten zeitlichen Beginn des Sequenzstarts zu berg et al. 2005).
legen. Durch die Ausscheidung in die ableitenden Der Wert der MRA bei Risikopatienten (z. B.
Harnwege führen Testboli im Abdomen zu einer schwere Niereninsuffizienz) wurde durch die jüng-
Überlagerung und sind dadurch weniger geeignet. sten Berichte über die nephrogene systemische Fibro-
Der Sequenzstart erfolgt am besten durch auto- se (nephrogene fibrosierende Dermopathie) relati-
matische Softwareerkennung. Die zentralen, kon- viert.
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 181

Diese Nebenwirkung Gadolinium-haltiger MR- Um anatomische Varianten darzustellen, beginnt


Kontrastmittel wurde erstmals 1997 beschrieben und die diagnostische Angiographie mit einer Über-
tritt fast ausschließlich bei Patienten mit schwerer sichtsangiographie durch maschinelle Kontrastmit-
Niereninsuffizienz und Azidose auf. Die Fibrose be- telinjektion in einen auf Höhe des LWK 1 positionier-
fällt neben der Haut auch innere Organe und kann ten Pigtail-Katheter. Bei der selektiven Darstellung
tödlich verlaufen. Die amerikanische Gesundheitsbe- der Mesenterialarterien sollte mit der A. mesenterica
hörde (FDA) empfahl daher im Dezember 2006 den inferior begonnen werden, da es ansonsten zu Über-
zurückhaltenden Einsatz der Gadolinium-verstärk- lagerungen mit der kontrastierten Harnblase kom-
ten MRA bei Patienten mit mäßiger und schwerer men kann. Um pathologische Veränderungen nicht
Niereninsuffizienz. Am häufigsten trat die nephro- zu übersehen, muss bei der Untersuchung das gesam-
gene systematische Fibrose bei Gadodiamid (Omni- te Versorgungsgebiet, ggf. in mehren Untersuchungs-
scan) auf. Hier stellt eine schwere Nierenfunktions- serien bis in die venöse Phase, dargestellt werden. Zur
störung sowie eine erfolgte oder geplante Leber- selektiven Darstellung der Nierenarterien werden die
transplantation eine Kontraindikation zur Verab- Ostien mit Kobra- oder Sidewinder-Katheter son-
reichung dieses Kontrastmittels dar. Auch bei diert und Aufnahmen in Schrägprojektion nach Han-
Gadopentetat-Dimeglumin (Magnevist) und Gado- dinjektion des Kontrastmittels in absteigender Auf-
versetamid (Optimark) kam es zu dieser Nebenwir- nahmefrequenz angefertigt.
kung. Dies führt zu einem Dilemma, denn gerade Die interventionelle Therapie von Erkrankun-
niereninsuffiziente Patienten galten bislang als Ziel- gen der Nieren- und der Mesenterialgefäße wird in
gruppe der MRA. Kap. 8.1. und 8.2. dargestellt.

3.1.4 3.2
Digitale Subtraktionsangiographie Normalanatomie und wesentliche Varianten

Die steigende Abbildungsqualität von CTA und MRA 3.2.1


hat die Indikation zur DSA zunehmend limitiert. Aorta abdominalis
Aufgrund der hohen Auflösung, der dynamischen
Darstellung von Flussverhältnissen und der Möglich- Die Aorta abdominalis liegt primär retroperitoneal
keit zur interventionellen Therapie bleibt die Moda- und beginnt auf Höhe des Durchtritts durch das
lität jedoch ein unverzichtbarer Bestandteil in der Zwerchfell (Hiatus aorticus) etwa auf Höhe des
Gefäßdiagnostik des Abdomens (Abb. 3.5). 11./12. Brustwirbels. Abbildung 3.6 zeigt die Aorta
abdominalis und ihre Äste mit Lage der Ursprünge.
Sie liegt gering paramedian links der Wirbelsäule
und hat einen mittleren Innendurchmesser von etwa
1,4–1,6 cm im Erwachsenenalter. Zwischen dem 4.
und 5. LWK teilt sich die Aorta abdominalis in die
beiden Aa. iliacae communis. Bei älteren Menschen
findet man oft eine Elongation und ein „kinking“ der
Aorta. Die abdominelle Aorta zeigt keine wesentli-
chen Varianten im Unterschied zu ihren Abgängen.
Die Abgänge der abdominellen Aorta lassen sich
in 3 Gruppen einteilen:
1. die dorsale Gruppe mit den paarigen Lumbalarte-
rien I bis V,
2. die laterale Gruppe mit den paarigen Gefäßen der
Nieren, Nebennieren und Geschlechtsorgane,
3. die ventrale Gruppe mit den unpaarigen viszera-
len Gefäßen zur Versorgung der abdominellen
Organe.

Abb. 3.5. DSA, selektive Darstellung der A. mesenterica super-


ior: Variante mit Abgang der A. hepatica communis aus der
A. mesenterica superior
182 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.6. Aorta abdominalis und ihre Äste. Lage und Ursprünge der viszeralen und parietalen Äste. (Nach Lanz u. Wachsmuth
2004, S. 446, Abb. 429)
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 183

3.2.2 Die arterielle Blutversorgung der Nebennieren


Arteriae lumbales (A. suprarenalis superior, media und inferior) erfolgt
stets aus mehreren sich aufzweigenden Gefäßen. In
Die dorsalen Äste der Aorta abdominalis bilden die etwa 1/3 der Fälle haben sie ihren Ursprung aus der
paarigen Lumbalarterien I bis IV, in >80% der Fälle A. phrenica inferior, der Nierenarterie sowie der
mit getrenntem Abgang aus der Aorta. Diese versor- abdominellen Aorta. In etwa 60% der Fälle wird die
gen die dorsolaterale Bauchwand, die Rückenmusku- Nebenniere aus 2 Quellen gespeist. Entweder aus der
latur und die Cauda equina. In etwa 4% der Fälle A. phrenica inferior und der abdominellen Aorta
haben die rechte und linke Lumbalarterie einen ge- oder aus der A. phrenica inferior und der A. renalis
meinsamen Ursprung aus der abdominellen Aorta. oder aus der Aorta und der A. renalis. Die Versorgung
Nur in etwa 2% der Fälle haben 2 oder mehr Lumbal- über nur einen Ursprung ist sehr selten.
arterien auf einer Seite einen gemeinsamen Ur- Die Anatomie der Nierenarterien und ihre Varian-
sprung (Adachi 1928). ten haben insbesondere eine Bedeutung für die Nie-
Dorsal der Aortenbifurkation entspringt der rentransplantation. Die A. renalis tritt etwa auf Höhe
inkonstante Endast der abdominellen Aorta, die der Bandscheibe des LWK 1/2 beidseits aus der ab-
A. sacralis mediana. Hier zweigt auch die 5. Lumbal- dominellen Aorta, wobei die rechte Nierenarterie in
arterie ab. Diese gibt kleine Gefäße zum Rektum ab etwa 40% etwas kranialer aus der Aorta abgeht als die
und dient als Kollaterale bei Verschlusserkrankungen linke, in ungefähr 45% der Fälle liegt der Ursprung
der Aorta und der Iliakalgefäße. auf gleicher Höhe (Levi 1909). Die rechte Nierenarte-
rie ist länger als die Gegenseite, bedingt durch die
linksseitige Lage der Aorta. In etwa 60% der Fälle
3.2.3 teilen sich die Nierenarterien in 2 Hauptstämme auf,
Arteriae suprarenales und renales die sich in 2–10 Segmentarterien aufzweigen und das
Nierenparenchym versorgen. Diese Gefäße besitzen
Die seitlichen paarigen Äste der abdominellen Aorta keine Anastomosen untereinander. Es handelt sich
versorgen die Nieren und Nebennieren sowie die Ge- um so genannte „Endarterien“, die bestimmte Nie-
nitalorgane (Abb. 3.7). rensegmente versorgen.

Abb. 3.7. Arterien der Nieren und Nebennieren, Ansicht von vorn. (Aus Tillmann 2005, S. 341, Abb. 5.166)
184 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Bedingt durch die Embryologie der Niere können Die größte Variationsbreite unter den Gefäßen der
häufig Polarterien und mehrere Nierenarterien be- A. mesenterica superior weist die A. ileocolica auf.
obachtet werden. Drei und mehr Nierenarterien wer- Von besonderer klinischer Bedeutung sind mögliche
den nur in etwa 4% der Fälle beobachtet. Atypische akzessorische Gefäße der A. colica media, da ihr Ver-
Ursprünge der Nierenarterien finden sich gehäuft bei sorgungsgebiet bis zur linken Kolonflexur und sogar
ektopem Nierengewebe und Hufeisennieren z. B. aus bis zum Colon descendes reichen kann. Die Gefäß-
der A. mediana sacralis, der A. iliaca interna und verbindung zwischen A. mesenterica superior und
externa, der A. mesenterica superior und inferior, inferior wird über anastomosierende Endäste der
dem Truncus coeliacus sowie kranial davon direkt A. colica media und sinistra gebildet und nach ihrem
aus der Aorta (Graves 1957). Erstbeschreiber Riolan-Anastomose genannte. Diese
bildet z. B. bei einem arteriellen Mesenterialgefäß-
verschluss einen wichtigen Kollateralkreislauf aus.
3.2.4 Nach Deiler (1983) wird die Riolan-Anastomose in
Arteria mesenterica superior und inferior etwa 53% der Fälle zwischen A. mesenterica superior
und inferior im Bereich des linken Colon transver-
Die ventralen Abgänge sind ursprünglich paarig sum durch Marginalarterien, R. sinistra der A. colica
angelegte Gefäße zur Versorgung des Dottersacks. Sie media und R. ascendens der A. colica sinister, gebildet
verschmelzen allmählich und bilden die Arterien im (Abb. 3.9). Eine mit etwa 19% relativ häufige Varian-
dorsalen Mesenterium des Darms. Beim Erwach- te der Riolan-Anastomose ist ein R. ascendens bei
senen sind dies der Truncus coeliacus und die horizontal verlaufender A. colica sinistra und A. coli-
A. mesenterica superior und inferior. ca media (Deiler 1983).
Die Umbilikalarterien sind ebenfalls ventrale Äste
der Aorta und im Embryo wesentlich kaliberstärker Arteria mesenterica inferior
als alle anderen ventralen Gefäße. Die Umbilikalarte- Die A. mesenterica inferior ist ein konstanter direkter
rien verschmelzen nicht. Aus ihnen entwickeln sich Abgang aus der abdominellen Aorta. Sie entspringt
longitudinale Anastomosen zu der Segmentarterie etwa 6–7 cm kaudal der A. mesenterica superior,
auf Höhe des 5. LWK, und ihr ursprünglicher aortaler der Abang der A. mesenterica inferior liegt etwa auf
Ursprung bildet sich zurück. Nach der Geburt sind Höhe des 3. LWK. In etwa 90% der Fälle teilt sie sich
diese Gefäße nicht länger notwendig, und die dista- in die A. colica sinistra, die Aa. sigmoideae und die
len Anteile bilden das Lig. umbilicale laterale. A. rectalis superior. Sie versorgt über die A. colica
sinistra und die Aa. sigmoideae das linke Drittel des
Arteria mesenterica superior Colon transversum, des Colon descendens und des
Die A. mesenterica superior entspringt etwa 1–2 cm Colon sigmoideum (Abb. 3.10). Wie oben beschrie-
kaudal des Truncus coeliacus aus der ventralen ben, ist die A. colica sinistra ein wichtiger Bestandteil
Aorta abdominalis etwa auf Höhe des 1. LWK. Der der Riolan-Anastomose. In etwa 10% der Fälle hat
Truncus coeliacus entspringt entweder unmittelbar die A. colica media ihren Ursprung in der A. mesent-
subdiaphragmal oder noch im Hiatus aorticus. Er erica inferior.
teilt sich in 3 Hauptäste (Haller-Tripus), die A. hepa- Die A. rectalis superior ist der wichtigste Endast
tica communis, die A. gastrica sinistra und die der A. mesenterica inferior. Diese anastomosiert mit
A. splenica. Ästen aus der A. iliaca interna und versorgt das Rek-
Die A. mesenterica superior versorgt das Jejunum, tum. Diese rektalen Anastomosen können bei Ver-
das Ileum und das Kolon bis vor die linke Kolon- schluss der A. iliaca externa von klinischer Relevanz
flexur. Ursprungsnah zweigt von ihr in etwa 13% der sein. In diesen Fällen findet die kollaterale Blutver-
Fälle entweder eine akzessorische Leberarterie oder sorgung des Beins über die A. mesenterica inferior,
die A. gastroduodenalis ab. In etwa 2/3 der Fälle teilt die A. rectalis superior, die A. iliaca interna oder
sich die A. mesenterica superior in mehrere Gefäße, A. femoralis statt. Da die A. rectalis superior das
die das Jejunum und das Ileum sowie 3 Hauptäste, die Hauptversorgungsgefäß des Rektums ist, kann eine
das Kolon versorgen. Dies sind die Aa. ileocolica, Ligatur distal der letzten Anastomose mit einer
colica dextra und colica media (Abb. 3.8). A. sigmoidea gefährlich sein (Sudeck-Punkt).
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 185

Abb. 3.8. Verzweigung der A. mesenterica superior. (Aus Lanz u. Wachsmuth, S. 348, Abb. 340)
186 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.9. Arterielle Versorgung des Kolons. (Nach Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 381, Abb. 376)
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 187

Abb. 3.10. Verzweigung der


A. mesenterica inferior.
(Nach Lanz u. Wachsmuth 2004,
S. 387, Abb. 384)

venen. Während die Dotter- und Nabelvenen das ve-


3.2.5 nöse Blut vom Dottersack und der Plazenta zum Her-
Vena cava inferior zen zurückführen, übernehmen die Kardinalvenen
Die V. cava inferior verläuft retroperitoneal vor der den eigentlichen venösen Rückfluss im Embryo. Ab
Wirbelsäule und rechts neben der Aorta abdominalis der 6. Embryonalwoche bilden sich aus den verschie-
durch das Foramen vv. cavae des Diaphragmas denen Anteilen der paarig angelegten Kardinalge-
(Abb. 3.11). Sie drainiert das venöse Blut der unteren fäße die 3 unteren Segmente der V. cava inferior. Man
Extremitäten, der Eingeweide des Beckens, des Retro- unterscheidet das infrarenale, das renale und das su-
peritonealraums und der Leber sowie des unteren prarenale Segment. Das suprarenale Segment anasto-
Teils des Wirbelkanals und des Rückenmarks und mosiert mit dem aus den Lebersinusoiden entstehen-
mündet im rechten Vorhof. den 4. Segment der V. cava inferior, das sich unabhän-
Die Ursache für die ausgeprägte Varianz der Ano- gig von den Kardinalvenen aus den oben genannten
malien ist in der komplizierten Embryogenese der Dottervenen entwickelt. Die venösen Gefäße ent-
venösen Gefäße begründet. Beim 4 Wochen alten wickeln sich normalerweise zu einem unilateralen,
Embryo zirkuliert das Blut in 3 großen Venensyste- rechtsseitigen System.
men: den Dotter-, den Nabel- und den Kardinal-
188 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.11. Pars abdominalis der


V. cava inferior mit Zuflüssen.
(Aus Lanz u. Wachsmuth 2004,
S. 460, Abb. 437)

Merke ! Fehlbildungen der großen Körper-


venen kommen selten isoliert vor. Aus
Des Weiteren sind auch Kombinationen mit einem
partiellen oder totalen Situs inversus beschrieben
der Embryonalentwicklung des Venensystems ergibt (Bücheler et al. 1966; Dietz u. Reinheimer 1991).
sich zwangsläufig eine Verknüpfung mit Herzmiss- Anomalien der V. cava inferior sind im Vergleich
bildungen und weiteren Venenmissbildungen, wie zur V. cava superior selten. Die Häufigkeit von Ano-
z. B. der Persistenz einer linken oberen Hohlvene. malien der V. cava inferior wird mit etwa 1,5–4%
3.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten 189

Abb. 3.12 a, b. Doppelung der linken Hohlvene


(V. cava inferior sinistra, Variante).
a Ansicht von vorne. (Aus Tillmann 2005,
S. 344, Abb. 5.171). b Koronare Rekonstruktion
(VRT; Pfeil)

angegeben (Popovic et al. 1989). Meist werden diese


angeborenen Fehlbildungen zufällig diagnostiziert,
nur in Ausnahmefällen treten akute klinische For-
men in Erscheinung.
Man unterscheidet 3 typische Anomalien der
V. cava inferior:
∑ die Doppelung,
∑ die Linkslage und
∑ die Aplasie
(Mayo et al. 1983; Royal u. Callen 1979).
In der Mehrzahl der Fälle ist der Gefäßverlauf be-
troffen. Fehlbildungen in Form einer Aplasie oder
Hypoplasie sind Raritäten.
Die Doppelung der unteren Hohlvene stellt mit b
1–3% die häufigste Fehlbildung dieser Vene dar
(Milloy et al. 1962; Abb. 3.12 a, b). Die doppelseitige
V. cava inferior entsteht bei fehlender Rückbildung
der linksseitigen Kardinalvenen. Distal entsteht die manchen Fällen als erweiterte linke V. testicularis/
linke V. cava inferior als Fortsetzung der linken ovarica fehlinterpretiert werden. In seltenen Fällen
V. iliaca externa. Infrarenal finden sich meist symme- kann auf der rechten Seite eine zweigeteilte V. cava
trische venöse Hauptgefäße, die die Aorta begleiten. inferior vorliegen. Der rechte Ureter verläuft in die-
Die linke V. cava inferior kreuzt auf dem Niveau der sem Fall zwischen dem medialen und lateralen Seg-
Nierenvenen vor der Aorta nach rechts und mündet ment der V. cava inferior; als Folge kann es zu einem
in die rechte V. cava inferior. Diese Anomalie kann in Harnaufstau kommen (Rademaker et al. 1993).
190 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Eine weitere Fehlentwicklung stellt die vollständi- 왔 Bei einem Venenring besteht ein Ring
Definition
ge und unvollständige linksseitige V. cava inferior dar. der linken Nierenvene um die Aorta.
Hierbei handelt es sich aus entwicklungsgeschicht- Der venöse Abfluss der linken Niere erfolgt über
licher Sicht um die Persistenz der linken unteren Kar- 2 kommunizierende Venen, die vor und hinter der
dinalvene. Die Länge des linksseitigen Verlaufs kann Aorta verlaufen.
dabei sehr unterschiedlich sein. Im Fall der unvoll-
ständigen Linkslage der V. cava inferior verläuft diese Die retroaortale Nierenvene verläuft zuerst einige
nur eine kurze Strecke auf der linken Seite nach kra- Zentimeter parallel zur Aorta nach kaudal, bevor sie
nial. Etwa in Höhe des 1. oder 2. LWK, nach Aufnah- hinter der Aorta zur V. cava inferior zieht (Royal u.
me der linken V. renalis, kreuzt sie nach schräg rechts Callen 1979).
und zieht dann zum rechten Vorhof (Buurmann u.
Bücheler 1976). Bei der vollständigen Linkslage läuft
die linke V. cava inferior in der Regel bis zur linken 3.2.7
V. jugularis und V. subclavia durch. Der linksseitige Vena mesenterica superior und inferior
Abfluss kann aber auch in den linken Vorhof oder
über eine persistierende linke V. cava superior erfol- Die V. mesenterica superior nimmt das venöse Blut
gen (Boldt u. Thelen 1977). des gesamten Dünndarms (Vv. jejunales und ileales)
Die 3. Fehlentwicklung ist die Aplasie oder Hypo- und des Dickdarms bis zur linken Flexur (Vv. ileoco-
plasie der V. cava inferior. Diese sind nur in Ausnah- lica, colica dextra und media) auf. Die V. mesenterica
mefällen klinisch auffällig. Ein ausgeprägtes Kollater- inferior sammelt über die V. rectalis superior, die
alsystem über die Lumbalvenen und die Azygos- und Vv. sigmoideae und die V. colica sinistra das Blut des
Hemiazygosvenen gewährleisten einen ausreichen- restlichen aboralen Dickdarms (Abb. 3.13). Beide
den Abstrom des venösen Blutes aus der unteren Kör- Venen bilden zusammen mit der V. splenica und der
perhälfte. Klinische Symptome im Sinne einer unte- V. gastrica sinistra die Hauptzuflüsse zur V. portae.
ren Einflussstauung oder eine tiefe Becken-/Bein- Am häufigsten mündet die V. mesenterica inferior in
venenthrombose werden nur selten beobachtet. die V. splenica oder V. mesenterica superior. Sie kann
aber auch in seltenen Fällen in beide Gefäße gleich-
zeitig münden. Varianten können in den Ursprung
3.2.6 der V. portae münden.
Venae renales

Die paarige V. renalis münden meist kaudal und et- 3.3


was ventral der Aa. renales in die V. cava inferior. Systematische Bildanalyse
Die V. renalis sinistra liegt vor der Aorta, in sie mün-
den die V. suprarenalis sinistra und die V. testicularis/ Die Bildanalyse hat die Erkennung und Einord-
ovarica sinistra. Auf der rechten Seite münden diese nung krankhafter Veränderungen zum Ziel. Hier-
beiden Gefäße direkt in die V. cava inferior. Mit einer für sind technische (s. Abschn. 3.1.), anatomische
Häufigkeit von etwa 14% findet sich ein retroaortaler (s. Abschn. 3.2.) sowie pathophysiologische (s. Ab-
Verlauf der linken V. renalis (Schmidt u. Loeweneck schn. 3.4.) Kenntnisse unerlässlich. Der folgende Ab-
1975). Bei der retroaortal verlaufenden linken V. re- schnitt versteht sich als Orientierung bei der Bildana-
nalis entwickelt sich die vordere Subkardinalvene lyse und muss im Kontext mit dem restlichen Kapitel
vollständig zurück und nur die retroaortalen supra- verstanden werden. Insbesondere wird in Abschn. 3.4
kardinalen Venen bleiben übrig, um die linke Niere auf die Wertigkeit der einzelnen Modalitäten für das
an die V. cava inferior anzubinden. Die linke Nieren- jeweilige Krankheitsbild näher eingegangen.
vene kann entweder retroaortal in Höhe der norma-
len linken V. renalis verlaufen, oder aber schräg kau- Ultraschalldiagnostik
dal hinter der Aorta verlaufen und auf dem Niveau Die Ultraschalldiagnostik ist ubiquitär verfügbar
der Iliakalvenen in die V. cava inferior münden. In und kostengünstig. Sie stellt häufig die erste bild-
beiden Fällen kreuzt die retroaortal verlaufende lin- gebende Modalität dar und ist bei entsprechender
ke Nierenvene in Höhe der normalen Nierenvene. Erfahrung des Untersuchers eine aussagekräftige
Seltener entwickelt sich aus dem embryonalen Ve- Methode. Als untersucherabhängiges Verfahren soll-
nengeflecht der so genannte „Venenring“. te die Ultraschalluntersuchung, insbesondere bei
Verlaufsbeurteilungen, immer vom selben Untersu-
cher durchgeführt werden.
3.3 Systematische Bildanalyse 191

Abb. 3.13. Hauptzuflüsse zur V. portae. (Aus Lanz u. Wachsmuth 2004, S. 398, Abb. 389)

Es stehen verschiedene Untersuchungstechniken Der FKDS und der pw-Doppler sind hilfreich bei der
zur Differenzierung verdächtiger Strukturen zur Detektion von Stenosen, da sich hier eine Beschleuni-
Verfügung. So erfolgt die Beurteilung parenchyma- gung des normalerweise nahezu laminaren Flusses
töser Veränderungen der abdominellen Organe (z. B. zeigt (s. Abschn. 3.1.1).
Nieren, Darm) im so genannten B-Modus. Hierbei,
wie auch in der FKDS oder pw-Doppler, können Luft- Computertomographie
überlagerungen die Beurteilung erschweren. Grund- und Magnetresonanztomographie
sätzlich ist die Gefäß- und Organbeschaffenheit zu Bei der Analyse von CT- oder MRT-Bildern darf nicht
beurteilen und reproduzierbar zu dokumentieren. eine Schicht für sich alleine betrachtet werden – viel-
Im B-Modus sollte auf die Echogenität von etwaigen mehr muss sie im Kontext mit den angrenzenden
Gefäß- oder Organveränderungen geachtet werden. Schichten interpretiert werden. Es muss auch die ge-
192 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

eignete Untersuchungsmodalität bzw. die geeignete Die MRA bietet insgesamt ähnliche Möglichkeiten
Untersuchungstechnik/-strategie für das entspre- wie die CTA: In beiden Modalitäten lassen sich die Ge-
chende Krankheitsbild gewählt werden. Im Folgen- fäßverläufe im Hinblick auf Stenosen und Verschlüsse
den wird insbesondere auf die CTA und MRA einge- gut beurteilen. Auch in der MRA sollten neben den
gangen. möglichen Rekonstruktionen zwingend auch die
So stellt die CTA die Methode der Wahl bei Verän- Quelldaten analysiert werden. Gefäßwandpathologien
derungen der Bauchaorta dar. Dies gilt insbesondere lassen sich ebenfalls beurteilen – z. B. Hämatome, wo-
bei Verfügbarkeit eines Mehrzeilensystems (MSCT). bei Verkalkungen besser in der CTA erfasst werden.
Die MSCT ist der MRA hinsichtlich Ortsauflösung Die MRA ist im Vergleich zur CTA anfälliger für At-
und Schnelligkeit überlegen. Anwendung findet mungsartefakte, Pulsationsartefakte und Suszeptibili-
die CTA auch bei der Beurteilung der großen abdomi- tätsartefakte. Als Vorteile der MRA gelten die fehlen-
nellen Gefäße wie den Mesenterialgefäßen und des de Strahlenbelastung und die geringere Nephrotoxizi-
Truncus coeliacus sowie des Pfortaderkomplexes. tät der verwendeten Kontrastmittel.
Mit Hilfe der MSCT können insbesondere Stenosen
und Verschlüsse in diesen Bereichen nachgewiesen Diagnostische Katheterangiographie
und quantifiziert werden. Die diagnostische Katheterangiographie hat nach
Des Weiteren bietet diese Methode die Möglichkeit Einführung der CTA und MRA an Bedeutung einge-
der Bildnachverarbeitung mittels MPR (multipla- büßt. Sie hat jedoch ihren Stellenwert als dynamische
narer Rekonstruktion), MIP und VRT, wobei hier Untersuchungsmodalität, die mit unterschiedlichen
stets die Originaldatensätze hinzugezogen werden Bildfrequenzen an die Geschwindigkeit des Kontrast-
müssen. Zusätzlich liefert diese Methode ein detail- mittelflusses angepasst werden kann. In der Beurtei-
liertes Bild der Organe des Abdomens sowie be- lung der Flussdynamik und der selektiven Darstel-
gleitender Veränderungen von Gefäßerkrankungen lung einzelner Gefäßprovinzen liegen die wichtigsten
wie z. B. Hämatome, Infektionen, Infarkten und Ver- Vorteile der diagnostischen Katheterangiographie.
kalkungen. Sie liefert ein Bild des Gefäßlumens. Eine Beurteilung
In der MRT lassen sich in den axialen, kontrast- der Gefäßwand ist nicht hinreichend möglich. Auch
mittelgestützten Sequenzen entzündliche Gefäßwand- hier kann eine Stenosequantifizierung nach oben ge-
infiltrationen gut abgrenzen, Hämatome hingegen nannter Formel erfolgen. Es lassen sich gut mögliche
vor allem in nativen Sequenzen. Kollateralgefäße bei Stenosen oder Verschlüssen
Verkalkungen lassen sich in der CT auf nichtkon- nachweisen. Diese sollten immer in 2 Ebenen darge-
trastmittelgestützten Bildern besser beurteilen, wäh- stellt werden.
rend die vorgenannten Entitäten besser in kontrast- Nachteile dieses Verfahrens sind die Verwendung
mittelgestützten Untersuchungen nachgewiesen wer- jodhaltiger Kontrastmittel sowie die Invasivität mit
den können. den assoziierten Komplikationen wie z. B. Perforatio-
nen, Infektionen, Blutungen und Infarkte.
Merke ! Generell ist auf eine suffiziente Kon-
trastierung des interessierenden Ge-
fäßabschnittes zu achten (arterielle, venöse oder 3.4
portalvenöse Phase). Dies gelingt insbesondere bei Erkrankungen der abdominellen Gefäße
Arterien durch Bolus-getriggerte Kontrastmittel-
injektionen. 3.4.1
Abdominelle Aorta
Des Weiteren können detaillierte Messungen z. B. für
die Planung einer Aortenprothese vorgenommen 3.4.1.1
werden. Abdominelles Aortenaneurysma
Der Nachweis und die Quantifizierung von Steno-
sen der abdominellen Gefäße gelingen auch in der 왔 Als Aneurysma wird die umschriebe-
Definition
CTA. Auch für diese Technik sei exemplarisch die ne Ausweitung eines Blutgefäßes in-
Quantifizierung der Nierenarterienstenose darge- folge angeborener oder erworbener Wandverände-
stellt. Der Grad der Stenose ist definiert durch das rungen bezeichnet.
Verhältnis zwischen dem engsten Durchmesser in
der Stenose (A) und dem nächsten distal gelegen Pathologisch-anatomische
unbetroffenen Gefäßdurchmesser der Nierenarterie und ätiologische Grundlagen
(B): 100×(1–A/B). Diese Quantifizierungsmethode Das abdominelle Aortenaneurysma stellt mit Ab-
kann auch auf die MRA und die Katheterangiogra- stand die wichtigste Erkrankung der Bauchaorta dar
phie angewendet werden. (Abb. 3.14). Mit etwa 90% ist die Arteriosklerose
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 193

Rolle wie z. B. Mediadegeneration oder inflammato-


rische Prozesse.
Dennoch hat das Gesetz von Laplace eine zentrale
Bedeutung bei der Entwicklung eines Aneurysmas:
Bei konstantem transmuralem Druck besteht eine
direkt proportionale Beziehung zwischen Wand-
spannung und Gefäßradius. Dies führt dazu, dass
Aneurysmen mit zunehmendem Durchmesser
schneller wachsen, bis sie schließlich rupturieren,
weil die immer dünner werdende Gefäßwand der
gleichzeitig steigenden Wandspannung nicht stand-
halten kann. So betrug in einer größeren Statistik
die jährliche Wachstumsrate bei Aneurysmen <4 cm
2–4 mm, bei einem Durchmesser von 4–5 cm 2–5 mm
und bei einem Aneurysmadurchmesser >5 cm
schließlich 3–7 mm. Die Rupturrate innerhalb von
4 Jahren lag bei 2, 10 bzw. 22% (Hallin et al. 2001).
Ebenfalls eine Rolle spielt das Bernoulli-Gesetz: Es
besagt, dass der Druck in einer Flüssigkeit mit zu-
nehmender Flussgeschwindigkeit sinkt (hydrodyna-
Abb. 3.14. Infrarenales Bauchaortenaneurysma (VRT-Rekon- misches Paradoxon). Da bei einem Aneurysma – be-
struktion)
dingt durch den zunehmenden Querschnitt – die
Flussgeschwindigkeit abfällt, kommt es automatisch
zu einer Erhöhung des intraluminalen Drucks und
ursächlich. Seltenere ätiologische Faktoren sind einer entsprechenden Steigerung der Wandspan-
Traumen, Infektionen bzw. Entzündungen, angebore- nung.
ne Defekte von Strukturproteinen der Aortenwand Hinzu kommen Turbulenzen, welche dem Blut-
(z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom) fluss eine Komponente senkrecht zur Gefäßwand
und sekundäre Aneurysmabildung im Rahmen einer verleihen und damit zusätzlichen Stress erzeugen.
Aortendissektion. Männer sind wesentlich häufiger
betroffen als Frauen (mindestens um den Faktor 5).
Manche Quellen sprechen bei einem Durchmesser Merke ! Bei der Messung des Aneurysma-
durchmessers auf transversalen
der infrarenalen Bauchaorta von >3 cm von einem Schnittbildern ist darauf zu achten, dass senkrecht
Aneurysma, andere erst ab 4 cm. Alternativ zu einem zur Längsachse des Gefäßes (Kurzachse) gemessen
Schwellenwert für den Transversaldurchmesser kann wird.
auch das Verhältnis zwischen supra- und infrarena-
lem Aortendurchmesser angegeben werden. Einzelne Die Messung in der Schnittebene kann bei Kinking
Quellen sprechen ab einer Relation von 1,2:1 von der Aorta zu falsch-hohen Messwerten führen. Exak-
einem Aneurysma, andere ab 1,5:1. Untersuchungen te Messungen erfordern daher eine multiplanare
zur Mortalität ergaben, dass bei Frauen im Vergleich Reformation.
zu Männern eine niedrigere Schwelle anzusetzen ist. Screening-Untersuchungen, die besonders in Eng-
Insgesamt gilt, dass eine starre Orientierung an land und Skandinavien evaluiert wurden, belegen die
Grenzwerten dem alters- und geschlechtsabhängigen hohe Prävalenz infrarenaler Bauchaortenaneurys-
individuellen Risiko nicht gerecht wird. men bei Personen ab dem 65. Lebensjahr. Diese be-
Allgemein anerkannt ist eine Therapieindikation trägt bis zu 8,8% (Newman et al. 2001).
bei >5 cm bzw. ab 5,5 cm Durchmesser, sofern Die Prävalenz von Aneurysmen >5 cm wurde mit
schwerwiegende begleitende Risikofaktoren fehlen bis zu 4% angegeben. Optimistischen Angaben zufol-
(z. B. schwere koronare Herzerkrankung, manifeste ge sind etwa 350 Screening-Untersuchungen bei Pa-
zerebrovaskuläre Insuffizienz, schwere Niereninsuffi- tienten ab dem 65. Lebensjahr erforderlich, um ein
zienz). Diese Angaben gelten generell für fusiforme Menschenleben zu retten (Lindholt et al. 2005).
Aneurysmen. Bei sackförmigen Aneurysmen besteht Die zahlreichen veröffentlichten Screening-Stu-
grundsätzlich ein höheres Rupturrisiko. dien kommen aufgrund verschiedener Schwellen-
Rein physikalische Betrachtungen werden der werte sowie unterschiedlicher Selektionskriterien
komplexen Pathophysiologie des Bauchaortenaneu- der Screening-Populationen zu differenten Ergebnis-
rysmas nicht gerecht. Histologisch fassbare Verände- sen. Weitgehend unstrittig ist jedoch, dass bei ge-
rungen der Aortenwand spielen ebenso eine wichtige eigneter Definition der Population das Aneurysma-
194 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Screening zu einer Senkung der Mortalität führt.


Schließlich beträgt die Letalität eines rupturierten
Bauchaortenaneurysmas um 50%, während die
Sterblichkeit im Rahmen der elektiven Operation
etwa 5% beträgt (Hallin et al. 2001). Bei extremer Pa-
tientenselektion liegt das elektive Operationsrisiko
sogar <5%.
Die Einschätzung des individuellen Rupturrisikos
ist anhand morphologischer Kriterien schwierig,
da die Wandspannung ungleichmäßig verteilt ist.
Eine drohende Aneurysmaruptur kann z. B. aus der
Wachstumsrate oder dem Nachweis eines intramura-
len Hämatoms abgeleitet werden. Bemerkenswert ist,
dass bis zu 9% der rupturierten Bauchaortenaneu-
rysmen einen Durchmesser von <4 cm aufweisen.
Ähnliche Beobachtungen wurden im Zusammen-
hang mit rupturierten intrakraniellen Aneurysmen
gemacht, wobei dort jedoch der Zusammenhang zwi-
schen Aneurysmagröße und Rupturrisiko aufgrund a
unterschiedlicher pathophysiologischer und physi-
kalischer Bedingungen noch schwächer ist.

Klinische Symptomatik
Aortenaneurysmen können sich lange Zeit klinisch
stumm verhalten. Die Beschwerden können aller-
dings mit zunehmender Raumforderung progredient
sein. Oft handelt es sich um Zufallsbefunde im Rah-
men von körperlichen Untersuchungen als tastbare
Raumforderung oder bei technischen Untersuchun-
gen (Ultraschall, CT, MRT). Eine Aneurysmaruptur
oder eine drohende Ruptur manifestiert sich meis-
tens in Form von Schmerzen.

Merke ! Bedeutsam ist, dass eine Aneurysma-


ruptur nicht selten klinisch fehlge-
deutet wird, z. B. als Nierenkolik, Lumbago oder
Divertikulitis. Bei vorhandenen Risikofaktoren (arte-
rielle Hypertonie, männliches Geschlecht, Alter) soll- b
te daher – auch bei schwachem Verdacht – zumindest
eine Sonographie des Abdomens durchgeführt wer- Abb. 3.15 a, b. Rupturiertes, abdominelles Aortenaneurysma.
den. a Linksseitig betontes retroperitoneales Hämatom (Pfeil) und
b KM-Übertritt in die Aneurysmawand als Korrelat für die
Rupturstelle (Pfeil)
Radiologische Symptomatik
Mit Hilfe der Sonographie lässt sich die Diagnose
eines abdominellen Aortenaneurysmas meist leicht Bei der gedeckten Ruptur finden sich lokale Hä-
stellen. Es zeigt sich eine pulsierende, meist teilweise matome um die Aorta mit Ausbildung eines Pseudo-
wandverkalkte echoarme Raumforderung. Diese bild- aneurysmas. Die Rupturstelle kann gelegentlich an
gebende Methode hat jedoch ihre Limitationen bei der Unterbrechung der aortalen Wandverkalkung
Adipositas und Darmgasüberlagerungen. erkennbar sein. Bei einer aktiven Blutung ist neben
Unstrittig ist die CT als Methode der Wahl bei Ver- dem meist retroperitoneal gelegenen Hämatom ein
dacht auf eine Aneurysmaruptur anzusehen, denn sie Kontrastmittelextravasat erkennbar (Abb. 3.15 a,b).
deckt in einem Untersuchungsgang in kürzester Zeit Blut in der Bauchhöhle ist ein prognostisch ungün-
das gesamte Abdomen ab. Sie ist für die Therapie- stiges Zeichen, denn eine intraperitoneale Ruptur
planung in der Regel alleine ausreichend und weit- verläuft meist letal. An ein Hämoperitoneum ist zu
gehend untersucherunabhängig. denken, wenn die Dichte der intraperitonealen Flüs-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 195

Abb. 3.16 a, b. Rupturiertes,


abdominelles Aortenaneurysma.
Ausdehnung des Aneurysmas
vom Abgang der A. mesenterica
superior (a) bis zur Aortenbifur-
kation (b)

a b

sigkeit 20 HE übersteigt. Zu beachten ist, dass die plikationen oder Hinweisen auf eine drohende
Dichtewerte innerhalb des Hämatoms vom Hämato- Ruptur. Zur Operationsplanung ist hauptsächlich
krit abhängen. Normalerweise beträgt die Dichte des die Ausdehnung des Aneurysmas von Bedeutung
Hämatoms um 60–70 HE. Fehlinterpretationen sind (Abb. 3.16 a, b). Essenziell sind dabei
jedoch bei Anämie und nach der Gabe von Plasma-
∑ die Frage nach der Einbeziehung der Viszeralarte-
expandern möglich.
rien,
Manche Autoren empfehlen eine Nativunter-
∑ die Länge des Aneurysmahalses (Abstand zwi-
suchung der Aorta bei Verdacht auf drohende bzw.
schen Nierenarterienabgängen und kranialem
gedeckte Aortenruptur. Diese Untersuchungstechnik
Aneurysmaende) und
ist bei differenzialdiagnostischen Überlegungen
∑ die kaudale Aneurysmaausdehnung (Einbezie-
(z. B. Nephrolithiasis) ebenso hilfreich wie beim
hung der Aortenbifurkation bzw. der Iliakalarte-
Nachweis eines intramuralen Hämatoms, muss je-
rien).
doch nicht als obligater Untersuchungsbestandteil
angesehen werden. Anomalien der Nieren (z. B. Hufeisen- oder Becken-
niere) sind ebenso von Bedeutung wie akzessorische
Merke ! Die MSCT ist die Methode der Wahl
bei akuten Erkrankungen der Aorta
Nierenarterien, eine retroaortal verlaufende Nieren-
vene oder eine persistierende linke untere Hohlvene.
sowie zur Verlaufskontrolle, vor allem nach endovas- Bei einer suprarenalen Ausdehnung ergibt sich
kulärer Therapie. die Problematik der spinalen Ischämie infolge der
Aneurysmaausschaltung. In immerhin 10% soll die
Prä- und postoperative Bildgebung A. radicularis magna (Adamkiewicz-Arterie) aus
Die erste erfolgreiche abdominelle Aneurysmaresek- einer Lumbalarterie (meistens L1) entspringen. Die
tion erfolgte 1951 durch Dubost. Die Aneurysma- Schonung dieses Gefäßes verhindert eine mögliche
operation soll die Fünfjahresüberlebenswahrschein- Querschnittslähmung, die vor allem bei der Behand-
lichkeit eines Patienten von 40% bei konservativer lung thorakaler Aneurysmen gefürchtet wird. Auch
Behandlung auf bis zu 70% erhöhen. im Zeitalter der MSCT stellt die verlässliche Darstel-
Entscheidend für die Therapieindikation sind lung der Adamkiewicz-Arterie eine Herausforderung
einerseits der Aneurysmadurchmesser sowie dessen dar. Ihre Darstellbarkeit wird mit 70–90% angege-
Form und andererseits das Vorhandensein von Kom- ben. Diese hohe Erfolgsrate setzt jedoch eine gezielte
196 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Suche und eine subtile Untersuchungstechnik voraus


(Yoshioka et al. 2003).
Zu den häufigsten kurzfristigen postoperativen
Komplikationen zählen die retro- und intraperitone-
ale Blutung, die Bauchdeckenhernie, der Prothesen-
bzw. Iliakalarterienverschluss, die Dickdarmischä-
mie, der mechanische Ileus und die Infektion mit Ab-
szess. Weitere, ebenfalls radiologisch relevante, allge-
meine Komplikationen sind Pankreatitis, Pneumo-
nie, akutes Nierenversagen, zerebraler Insult und
Lungenembolie (Teschner u. Dragojevic 1997).
Aufgrund der vergleichsweise geringen Komplika-
tionsrate im Anschluss an die unmittelbare postope-
rative Phase werden in der Regel 2-jährige Kontrol-
lintervalle (Ultraschall, ggf. CT) empfohlen.
Mögliche Spätkomplikationen sind proximale und
distale Anschlussaneurysmen.
Aufgrund der bekannten Limitationen der ab-
dominellen Sonographie ist die CTA, vor allem bei
proximalen Anschlussaneurysmen, dem Ultraschall
deutlich überlegen.
Bei der CTA im Rahmen der postoperativen Nach-
sorge sollte detailliert auf die Situation der Viszeral-
arterien eingegangen werden, die in besonderen Abb. 3.17. Infrarenales Bauchaortenaneurysma. DSA mit kali-
Fällen in die Aortenprothese operativ reinseriert briertem Messkatheter vor Implantation eines Stent-grafts
werden. Hier kann es zu Stenosen oder Anastomo-
senaneurysmen kommen.

Bildgebung vor endovaskulärer Tabelle 3.2. Voraussetzungen einer erfolgreichen endovasku-


Aneurysmabehandlung lären Therapie bei abdominellem Aortenaneurysma (die ange-
gebenen Maße stellen dabei typische Richtwerte dar)
Erstmals wurde die endovaskuläre Therapie eines
abdominellen Aortenaneurysmas von Parodi et al. Lage des Aneurysmas Rein infrarenal
(1991) publiziert. Zahlreiche verschiedene Stent- Länge des Aneurysmahalses Mindestens 15 mm
systeme wurden seither entwickelt und in Multi- Durchmesser des Aneurysmahalses Maximal 30 mm
centerstudien getestet (z. B. EVAR 1 und 2). Je nach
Proximale Verankerungszone Keine größeren
Standpunkt werden diese Studienergebnisse sehr un- Plaques
terschiedlich interpretiert. Konsens besteht jedoch
Kinking <60°
darin, dass die Planung der endovaskulären Aneurys-
Einbeziehung der Iliakalbifurkation Allenfalls einseitig
matherapie eine subtile Diagnostik im Vorfeld des
Eingriffs erfordert. Diese erfolgt idealerweise mit Iliakaler Zugangsweg Keine hochgradigen
Stenosen, kein
einer MSCT, ggf. ergänzt durch eine intraarterielle starkes Kinking
DSA unter Verwendung eines kalibrierten Maß-
A. mesenterica superior Keine hochgradige
stabes. Am besten geeignet ist ein Pigtail-Katheter Stenose
mit röntgendichten Markierungen in definiertem Nierenarterien Keine unbehandelten
Abstand (Abb. 3.17). Die Bildqualität der DSA wird Stenosen, keine
jedoch besonders bei großen Aneurysmen und Herz- größeren Polarterien
insuffizienz durch den verlangsamten und turbulen-
ten Blutfluss beeinträchtigt.
Ob eine endovaskuläre Aneurysmaversorgung
technisch möglich ist und wie komplex der Eingriff
voraussichtlich werden wird, hängt neben dem Typ mindestens 15 mm normallumige Aorta erforderlich.
des zur Verfügung stehenden Stent-grafts und der in- Es wurde bereits in der frühen Erprobungsphase der
dividuellen Expertise auch von zahlreichen anatomi- Methode die Beobachtung gemacht, dass die Über-
schen Faktoren ab (Tabelle 3.2). deckung der Nierenarterien durch nicht-gecoverte
Von zentraler Bedeutung ist die proximale Veran- Stentstreben („bare springs“) ohne Folgen für die
kerungszone des Stents. Typischerweise sind hierfür Nierendurchblutung blieb.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 197

a b c

Abb. 3.18 a–c. Infrarenales Bauchaortenaneurysma. DSA nach Implantation eines modularen Stent-grafts mit erhaltener
A. iliaca interna beidseits (gleicher Patient wie in Abb. 3.17)

CAVE ! Arteriosklerotische Plaques gefähr-


den eine sichere Prothesenveranke-
Neben der Verankerungszone ist bei der geplanten
Stentimplantation der Zugangsweg von entscheiden-
rung. Ein starkes Kinking im Bereich der Veranke- der Bedeutung. So können nichtbehandelte Stenosen
rungszone begünstigt ebenfalls die Dislokation der der A. iliaca externa oder der A. iliaca communis so-
Stentprothese. wie eine ausgeprägte Elongation oder Kalzifikation
der Iliakalgefäße eine Kontraindikation darstellen.
Die Aneurysmaausdehnung nach kaudal entscheidet Weitere Fragen, die im Vorfeld des Eingriffs beant-
über die Verwendung des Prothesentyps (Rohr oder wortet werden müssen, sind:
Y-Konfiguration). Ein aortouniiliakales System kann
∑ Vorhandensein einer Stenose des Truncus coelia-
bei einseitigem Iliakaverschluss oder Verwendung
cus, der A. mesenterica superior oder der Nieren-
eines iliakalen „occluders“ zum Einsatz kommen.
arterien,
Stets berücksichtigt werden sollte dabei, dass wenig-
∑ Präsenz akzessorischer Nierenarterien,
stens eine A. iliaca interna perfundiert bleiben muss,
∑ Anzahl und Kaliber der offenen Lumbalarterien
da sonst aufgrund des obligaten Verschlusses der
sowie
A. mesenterica inferior eine lebensbedrohliche Darm-
∑ Offenheit der A. mesenterica inferior und ggf.
ischämie droht (Abb. 3.18 a–c).
Ausprägung der Riolan-Anastomose.
Folgende Messwerte sollten typischerweise erho-
ben werden: Viszeralarterienstenosen können bei Bedarf im Vor-
feld oder in gleicher Sitzung mittels PTA und Stent
∑ Durchmesser der suprarenalen Aorta,
behandelt werden. Im Einzelfall kann die Coil-Embo-
∑ Durchmesser und Länge des Aneurysmahalses,
lisation prominenter Lumbalarterien oder einer offe-
∑ maximaler Durchmesser des thrombosierten so-
nen A. mesenterica inferior sinnvoll sein. Eine um-
wie des nichtthrombosierten Aneurysmaanteils,
fassende Embolisation im Vorfeld des Eingriffs ist
∑ Länge und Durchmesser der A. iliaca communis
aufwändig und wird nicht generell empfohlen. Nach
sowie der A. iliaca externa beidseits.
der Stentimplantation besteht im Bedarfsfall jedoch
Manche Autoren empfehlen die Verwendung einer häufig keine Zugangsmöglichkeit mehr zu den rele-
Spezialsoftware zur Vermessung, die eine bessere vanten Gefäßabschnitten (z. B. Lumbalarterienab-
Reproduzierbarkeit der Messergebnisse verspricht. gang bei Typ-II-Endoleak).
198 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Ebenso können Beckenarterienstenosen im Vor- rysmahals, Unterdimensionierung des Stent-


feld saniert werden, um den endovaskulären Zugang graft-Durchmessers oder dessen Überdimensio-
zum Aneurysma erst zu ermöglichen. nierung mit Falten- oder Knickbildung.
All die oben genannten Situationen führen zu
Bildgebung nach endovaskulärer einer primären Endoleckage vom Typ I mit Ein-
Aneurysmabehandlung strom von Kontrastmittel in den Aneurysmasack
Zu den sehr häufigen Befunden nach endovaskulärer (Abb. 3.19 a, b).
Aneurysmabehandlung zählen Endoleckagen, so ge- Sekundäre Typ-I-Leckagen resultieren aus einer
nannte Endoleaks. Prothesenmigration. Diese wird am häufigsten
begünstigt durch eine Knickbildung der Aorta,
왔 Bei einem Endoleak besteht eine un- eine progressive Dilatation des proximalen Veran-
Definition
vollständige Thrombosierung des An- kerungssegmentes im Rahmen der Arteriosklero-
eurysmalumens, und es gelangt Kontrastmittel durch se und eine instabile Verankerung infolge starker
unterschiedliche Mechanismen in den Aneurysma- arteriosklerotischer Veränderungen in der Veran-
sack. kerungszone.
∑ Typ II: Diese Variante der Endoleckage entsteht
Primäre Endoleaks sind in etwa 16% zu erwarten. durch retrograden Bluteinstrom in den Aneurys-
Persistierende Endoleckagen in 9% und sekundäre masack über Seitenäste der Aorta. Kommt es
Endoleaks immerhin in ungefähr 8% (Pfeiffer u. zu einer Kontrastierung des Aneurysmasacks
Sandmann 2002). Die Auswertung von 2030 Patien- über die A. mesenterica inferior, ist meist ein
ten im Rahmen der EUROSTAR-Studie ergab nach Kontrastmitteldepot im ventralen Anteil des
18 Monaten eine Endoleckage-Rate von 10%. Inner- Aneurysmasacks nachweisbar. Bei einer Füllung
halb eines Vierjahreszeitraums betrug die Reinter- des Aneurysmasacks über Lumbalarterien liegt
ventionsrate bei 1023 Patienten sogar 38%. dieses Kontrastmitteldepot meist dorsal bzw.
Endoleckagen werden wie folgt klassifiziert: lateral.
Die exakte Anatomie insbesondere im Hinblick
∑ Typ I: Eine Typ-I-Endoleckage resultiert aus einer auf die Möglichkeit der endovaskulären Behe-
Undichtigkeit am proximalen oder distalen Pro- bung der Typ-II-Leckage erfordert eine selektive
thesenende. Mögliche Ursachen sind eine unge- intraarterielle DSA. Hierbei zeigt sich häufig eine
naue Platzierung der Prothese, zu kurzer Aneu- retrograde Füllung der A. mesenterica inferior

a b

Abb. 3.19 a, b. Endoleak Typ I nach Stent-graft-Implantation vor 6 Monaten (CTA). a KM-Übertritt aus der Andockstelle in das
teilthrombosierte Aneurysmalumen (Pfeil). b Darstellung des Stent-grafts sowie des Endoleaks in sagittaler Reformation (Pfeil)
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 199

oder der Lumbalarterien (Kontrastierung z. B. Analog zu den kommunizierenden Röhren (hydrosta-


über die A. iliaca interna und die A. iliolumbalis), tisches Paradoxon) setzt sich der intravasale Druck in
seltener der A. sacralis mediana. den Aneurysmasack fort. Daher ist ein persistieren-
∑ Typ III: Bei dieser Variante der Endoleckagen des Endoleak als Therapieversagen anzusehen. Folge-
kommt es zum Blutaustritt durch die Prothese in- richtig ist auch keine Aneurysmaschrumpfung, son-
folge eines Defekts der Kunststoffummantelung dern eher eine Größenprogredienz zu erwarten. Eine
oder der Dislokation einzelner modularer Kom- invasive Druckmessung ist nicht erforderlich und
ponenten, z. B. des iliakalen Prothesenschenkels. kann aufgrund des Risikos der perkutanen Aneurys-
Eine ungenügende Überlappung des aortalen und mapunktion nicht empfohlen werden.
des iliakalen Moduls führt zum primären Typ-III- Stent-grafts der Aorta sind extremen mechani-
Endoleak. schen Belastungen ausgesetzt. Das Streben nach
Die anhaltende mechanische Belastung und möglichst kleinen Einführbestecken führte dagegen
ggf. Veränderungen der Aneurysma- und Gefäß- zu einer Minimierung des Materialeinsatzes. So sind
geometrie können zur sekundären Dislokation die Kunststoffhüllen der Stents um ein Vielfaches
der Komponenten führen. Begünstigt wird dies schwächer als herkömmliche Dacron-Aortenprothe-
durch eine Knickbildung der Iliakalarterien oder sen und die Stentstreben oft bedenklich filigran und
zu knappe Überlappung im Rahmen der Implan- durch Einzelnähte miteinander verknüpft. Daraus re-
tation. sultiert einerseits eine Permeabilität der Stenthülle,
Unibody-Prothesen in Form einer Rohrprothe- die zu einem meist selbst limitierenden Endoleak
se sind Standard, haben sich jedoch als Y-Konfi- vom Typ IV führt. Andererseits sind Brüche des
guration wegen der technischen Probleme wäh- Stents im Langzeitverlauf häufig und können
rend der Platzierung nicht durchgesetzt. Ein typi- schließlich zu einer kompletten Desintegration und
scher Vertreter dieser Kategorie mit metallischem zum Kollaps des Stent-grafts führen.
Endoskelett und äußerer PTFE-Hülle wird heute Durch die anhaltende longitudinale Kraftein-
nicht mehr eingesetzt. wirkung des pulsatilen Blutflusses und die Schub-
∑ Typ IV: Diese Form der Undichtigkeit resultiert wirkung an der künstlichen Aortenbifurkation, also
aus der Porosität des verwendeten, in der Regel dem Staudruck, besteht eine distale Wanderungsten-
hauchdünnen Kunststoffmaterials. Das Phäno- denz der Prothese, der die proximale Verankerung
men ist bei einzelnen Prothesentypen häufig zu unter Umständen nicht dauerhaft standhalten kann.
beobachten, jedoch in der Regel temporär und Es kommt dann zu einer Freilegung des Aneurys-
nach einem Monat meist nicht mehr nachweisbar. mas und seiner Reperfusion (sekundäres Endoleak
∑ Endotension: Dieser Begriff beschreibt den Um- Typ I). Dieser Prozess wird durch die natürliche Ten-
stand, dass im Aneurysmasack eine persistieren- denz der Aorta zur fortschreitenden Ektasie im Be-
de Druckerhöhung mit Rupturgefahr besteht, reich der proximalen Verankerungszone begünstigt.
ohne dass ein Kontrastmittelübertritt vom Aor- Bei der Verwendung einer Rohrprothese besteht
tenlumen in das Aneurysma nachweisbar ist. das Risiko einer aneurysmatischen Aufweitung
Manchmal wird dieses Phänomen als Endoleak der Aorta unmittelbar proximal der Bifurkation
Typ V bezeichnet. Die Ursache dieser Erscheinung (Abb. 3.20). Dieser Vorgang wird durch die mangeln-
ist nicht bekannt.Vermutlich besteht in vielen Fäl- de Elastizität des Stent-grafts gefördert, welches die
len ein unerkanntes Leck. Hier liegt ein viel ver- Energie der Druckwelle nicht ausreichend absorbiert
sprechender Ansatz für die Anwendung von Blut- (fehlende Windkesselfunktion).
pool-MR-Kontrastmitteln, die eine höhere Sensi- Ein früher verwendeter Typ endovaskulärer
tivität im Nachweis von Leckagen aufweisen sol- Aortenprothesen, der nur an den Enden metallische
len. Bei Stent-grafts mit Innenskelett und äußerer Stützen aufwies (Ancure-Prothese der Firma Gui-
Hülle könnte durch die pulssynchrone Ballonie- dant), neigte bei geringfügiger Veränderung der Ge-
rung der Prothese eine Druckübertragung auf das fäßgeometrie zum Abknicken der iliakalen Schenkel
Aneurysma erfolgen und die Schrumpfung ver- mit konsekutiver Thrombose. Solche geometrischen
hindern. Veränderungen sind jedoch gerade bei großen Aneu-
rysmen, die infolge der erfolgreichen Stent-graft-Im-
CAVE ! Ein Endoleak ist selbst bei vermeint-
lich geringer Ausprägung mit einer
plantation stark schrumpfen, unausweichlich. Auch
bei modernen Stents kann es dabei zur Abknickung
Druckerhöhung im Aneurysmasack und damit auch und Dislokation der Prothese mit Reperfusion des
einem erhaltenen Rupturrisiko verbunden. Aneurysmas oder zur Knickstenose mit Aortenth-
rombose kommen. Die Implantation zusätzlicher
Stents zur mechanischen Unterstützung kann in
manchen Fällen Abhilfe schaffen.
200 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

den Ansatz zum Nachweis von Endoleckagen stellt die


Anwendung von Blutpool-Kontrastmitteln dar. Dabei
handelt es sich z. B. um Albumin-gebundene Gadolini-
um-Verbindungen oder Kohlehydrat-gebundene Eise-
noxidpartikel. Basierend auf theoretischen Überle-
gungen und praktischen Beobachtungen ist die Unter-
suchung in einer extremen Spätphase (z. B. 24 h nach
Injektion) um ein vielfaches sensitiver als übliche Un-
tersuchungstechniken (Ersoy et al. 2004).
Bestimmte Stentsysteme (besonders die auf Niti-
nol basierenden, z. B. die Excluder-Prothese der Fir-
ma Gore) sind voll MR-kompartibel, d. h. sie sind
nicht nur MR-sicher, sondern verursachen zudem
keine nennenswerten Artefakte. Andere Stent-grafts
enthalten dagegen Edelstahlkomponenten oder Ko-
baltlegierungen, die ausgeprägte Signalauslöschun-
gen verursachen. In diese Kategorie fällt z. B. das
Zenith-System der Firma Cook.
Die Methode der Wahl zur Verlaufskontrolle nach
endovaskulärer Aneurysmatherapie ist derzeit zwei-
fellos die CTA. Strittig ist dagegen, welchen Umfang
diese Untersuchung haben sollte. Rozenblit et al.
(2003) vertreten die Auffassung, dass eine Nativun-
Abb. 3.20. Infrarenales Bauchaortenaneurysma nach opera- tersuchung, eine Akquisition in der arteriellen und
tiver Versorgung (MIP aus MRA). Einschnürung im Bereich in der Spätphase (z. B. 3–5 min nach Kontrastmittel-
der proximalen Anastomose mit Erweiterung der proximalen
Aorta (Pfeile)
injektion) erforderlich seien.

Merke ! Im Allgemeinen ist eine lebenslange


Verlaufskontrolle mit bildgebenden
Weitere Komplikationsmöglichkeiten sind Infek- Verfahren, am besten MSCT, notwendig.
tionen und selten auch Fisteln (z. B. aortoduodenale
Fistel).
Aufgrund der hohen Rate an pathologischen Be- 3.4.1.2
funden nach Aortenstentimplantation sowie der un- Stenose und Verschluss der abdominellen Aorta
zureichenden Langzeiterfahrungen ist eine lebens-
lange Kontrolle dieser Patienten mittels bildgebender Pathologisch-anatomische
Verfahren (bevorzugt MSCT) erforderlich. Eine Kon- und ätiologische Grundlagen
trolluntersuchung sollte vor der Entlassung des Pa- Am häufigsten ist eine Stenose der Bauchaorta distal
tienten aus dem Krankenhaus sowie nach 3 und lokalisiert und arteriosklerotisch bedingt. Ein Aor-
6 Monaten erfolgen. Weitere Kontrollen sind nach 12, tenverschluss kann durch thrombotische Auflage-
18 und 24 Monaten sinnvoll, später in jährlichem rungen auf die ausgeprägten arteriosklerotischen
Abstand. Plaques in der Aortenwand entstehen.
Da Brüche der Stentstreben infolge der hohen me-
chanischen Belastung häufig und mittels CT norma- 왔 Beim Leriche-Syndrom kommt es zu
Definition
lerweise unzureichend darstellbar sind, empfiehlt einem akuten Verschluss der distalen
sich der ergänzende Einsatz von Übersichtsaufnah- Bauchaorta einschließlich der Aortenbifurkation.
men in 2 Ebenen, am besten digital mit befundbezo-
gener Einblendung. Ursache ist eine Thrombose auf dem Boden einer
Von großem Interesse ist die Frage, wie die Strah- arteriosklerotischen Stenose oder eine Embolie.
lenbelastung im Rahmen der häufigen Follow-up-
Untersuchungen reduziert werden kann.Wünschens- 왔 Beim so genannten mittaortalen Syn-
Definition
wert wäre natürlich der Ersatz der CTA durch die drom („midaortic syndrome“) besteht
MRA. Der Wert der FKDS ist limitiert. Sie gilt als der eine meist langstreckige Verengung der unteren tho-
CTA deutlich unterlegen. rakalen oder der oberen abdominellen Aorta, z. T. mit
Tatsächlich kann die MRA beim Nachweis von End- Einbeziehung der Viszeralarterienabgänge (Nieren-
oleaks vorteilhaft sein. Einen sehr erfolgversprechen- arterien und A. mesenterica superior).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 201

Histopathologisch handelt es sich um eine fibromus- Pathologisch-anatomische


kuläre Hyperplasie. Manifest wird die Erkrankung und ätiologische Grundlagen
meistens in der 2. Dekade. Manche betrachten die Er- Aortendissektionen entstehen meist in der thoraka-
krankung als kongenital. Es wird eine Verwandt- len Aorta und dehnen sich häufig bis in die abdomi-
schaft mit der Aortenisthmusstenose vermutet. nelle Aorta bzw. die Beckenarterien aus. Besteht eine
Morphologisch ist sie von einer Manifestation der Dissektion länger als 2 Wochen, wird sie als chroni-
Takayasu-Arteriitis oder einer dysplastischen Steno- sche Dissektion bezeichnet. Eine Aortendissektion
se im Rahmen eines Morbus Recklinghausen teilwei- entsteht als Folge einer Bindegewebserkrankung
se nicht zu unterscheiden (Sebastia et al. 2003). (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom),
posttraumatisch oder im Rahmen eines degenerati-
Klinische Symptomatik ven Prozesses (Arteriosklerose). Sehr seltene Ursa-
Beim akuten Aortenverschluss kommt es typischer- chen sind das penetrierende Aortenulkus und das in-
weise zu plötzlich einsetzenden Schmerzen in beiden tramurale Hämatom.
Beinen bei fehlenden beidseitigen Leistenpulsen und Isolierte Dissektionen der abdominellen Aorta
peripheren Pulsen. Das klinische Erscheinungsbild sind selten. Ätiologisch sind diese von der klassi-
kann irreführend sein und z. B. eine Paraplegie vor- schen Aortendissektion zu unterscheiden. Das
täuschen. Zusätzlich kann es zu einer Erektions- Durchschnittsalter dieser Patienten ist deutlich hö-
schwäche kommen. her, und es wird angenommen, dass ein penetrieren-
des Aortenulkus auf der Basis arteriosklerotischer
Radiologische Symptomatik Veränderungen den Auslöser dieser Form der
Die Diagnose sollte mittels CTA oder MRA der Be- Aortendissektion darstellt.
cken- und Beinarterien gesichert werden, die jeweils
eine umfassende Therapieplanung ermöglichen. Zu Klinische Symptomatik
bedenken ist dabei, dass das übliche Bolus-Trigge- Meist zeigen sich unspezifische Symptome wie
ring die Ankunft des Kontrastmittelbolus in der dis- Rücken- oder Brustschmerzen. Selten zeigen sich
talen Bauchaorta voraussetzt. Es muss daher ent- neurologische Symptome oder Ischämiezeichen an
weder eine Testbolusmessung in der suprarenalen den Extremitäten.
Aorta durchgeführt oder mit einem festgelegten
Delay gestartet werden. Radiologische Symptomatik
Alternativ steht die transbrachiale DSA zur Verfü- Sowohl die CTA als auch die MRA eignen sich hervor-
gung, bei der ein 4-French-Pigtail-Katheter bevor- ragend zur Darstellung der abdominellen Aortendis-
zugt über die linke A. brachialis in die Bauchaorta sektion einschließlich ihrer Beziehung zu den Visze-
eingeführt wird. Bei schlechter Kollateralsituation ral- und Beckenarterien.
sind sehr lange Serien erforderlich, und häufig ist ei- Das Kontrastmittelverhalten der parenchymatö-
ne befriedigende Darstellung der Fußarterien wegen sen Bauchorgane ist ein wichtiger Indikator für ein
der limitierten Kontrastmittelmenge nicht möglich. mögliches Malperfusionssyndrom. Hierbei spielt die
Der Katheter darf dabei nicht zu tief platziert wer- Nierendurchblutung eine besondere Rolle.
den, da sonst nicht alle beteiligten Kollateralen (Lum- EKG-getriggerte, magnetresonanztomographische
bal- und Interkostalarterien) zur Kontrastierung der Flussmessungen im wahren und falschen Lumen der
Peripherie beitragen können. Aorta haben zum besseren Verständnis der hämo-
Die CTA bietet den Vorteil gegenüber der MRA, dynamischen Verhältnisse und zur Erklärung des
dass nicht selten schwere Wandverkalkungen nach- Kollapses des wahren Lumens sowie zur Aneurys-
gewiesen werden können, die unter Umständen ge- maentstehung beigetragen (Strotzer et al. 2000;
gen eine endovaskuläre Therapie (PTA und Stent) Abb. 3.21 a–c). Für die aneurysmatische Dilatation
sprechen. des falschen Lumens sind 2 Faktoren entscheidend:
1. Der Blutfluss im falschen Lumen ist relativ lang-
sam, einerseits durch den primär höheren Quer-
3.4.1.3
schnitt des falschen Lumens und andererseits
Aortendissektion
durch den schlechten peripheren Abstrom bei
왔 Bei einer Aortendissektion kommt es
z. T. sogar blindsackartiger Konfiguration des fal-
Definition schen Lumens. Infolge des Bernoulli-Gesetzes
zum Einbruch von Blut in die Media
steigt der intraluminale Druck mit sinkender
der Aortenwand. Das Blut breitet sich in Längsrich-
Flussgeschwindigkeit (hydrodynamisches Para-
tung überwiegend nach distal aus.
doxon). Turbulenzen belasten die Gefäßwand zu-
sätzlich.
202 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

a c

Abb. 3.21 a–c. Thorakoabdominelle Aortendissektion mit dalem Blutfluss im falschen Lumen (FL, weiß) und Reflux im
Blindsack. a MRA der Bauchaorta (MIP) mit Darstellung des komprimierten wahren Lumen (schwarz). c Phasenkontrast-
blind endenden falschen Lumens im Bereich der A. iliaca com- darstellung in der Diastole mit Reflux im falschen Lumen
munis links (Pfeilspitze) sowie der Dissektionsmembran (Pfei- (schwarz) und orthogradem Fluss im deutlich besser entfalte-
le). b Phasenkontrastdarstellung in der Systole mit kraniokau- ten wahren Lumen (WL, weiß)

2. Durch die Ablösung der intimomedialen Mem- weise, die eine Differenzierung zwischen wahrem und
bran kommt es zu einer Schwächung der Aorten- falschem Lumen ermöglichen (Le Page et al. 2001).
wand, die nicht in der Lage ist, dem erhöhten in- Gerade bei chronischen Dissektionen ist praktisch
traluminalen Druck dauerhaft standzuhalten. immer das falsche Lumen weiter als das wahre Lu-
men (Abb. 3.22). Dies kann u. a. mit dem hydrodyna-
Wahres und falsches Lumen mischen Paradoxon erklärt werden: Der Gesamt-
Sofern kein Malperfusionssyndrom und keine Rup- druck im Gefäß sinkt mit Erhöhung der Flussge-
turgefahr bestehen, wird die Typ-B-Dissektion kon- schwindigkeit und umgekehrt. Da im wahren Lumen
servativ behandelt. Im Rahmen einer abdominellen der Blutfluss in die Peripherie im Gegensatz zum fal-
CT-Untersuchung ist eine Aortendissektion als Zu- schen Lumen meistens weitgehend unbehindert ist,
fallsbefund durchaus denkbar. Hierbei kann zwi- liegen dort deutlich höhere Flussgeschwindigkeiten
schen wahrem und falschem Lumen nicht durch die mit entsprechender Sogwirkung vor. Andererseits
Verfolgung der Lumina bis zu ihrem Ursprung diffe- besteht im falschen Lumen häufig ein Pendelfluss mit
renziert werden. Allerdings gibt es zuverlässige Hin- langsamer Flussgeschwindigkeit und einer systoli-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 203

nehmende Fibrosierung und Neointimabildung im


Rahmen der chronischen Dissektion ist daher die Be-
wegung der Dissektionsmembran kein geeignetes
Mittel, um die beiden Lumina zu differenzieren.
Bemerkenswert ist, dass in der früharteriellen
Phase der Kontrastmitteleinstrom im wahren Lumen
meist rascher erfolgt als im falschen und dass auch
der Kontrastmittelausstrom hier früher stattfindet.

Komplikationen
Der Kollaps bzw. die Kompression des wahren Lu-
mens ist eine wichtige Ursache für ein Malperfu-
sionssyndrom (so genannte „dynamische Obstruk-
tion“). Die Therapie der Wahl besteht hierbei in einer
Stentimplantation zur Aufrechterhaltung des wahren
Lumens. Dadurch wird auch die Verlegung der Vis-
zeralarterienabgänge durch die angesaugte Dissek-
tionsmembran verhindert.
Trotz des meist größeren Querschnitts des fal-
schen Lumens entspringen die Viszeralarterien meis-
tens aus dem wahren Lumen. Es kommt nicht selten
vor, dass ein Intimaschlauch quer durch das falsche
Lumen verläuft und das wahre Lumen z. B. mit der
Abb. 3.22. Dissektion der thorakoabdominellen Aorta mit linken Nierenarterie verbindet. Diese kann allerdings
proximal und distal blind endendem falschen Lumen. DSA vor infolge der Dissektion stenosiert sein. Die intimome-
endovaskulärer Versorgung mit Entry (Pfeil) und Kompres- diale Membran kann sich auch in die Nierenarterie
sion des stenosierten wahren Lumens
fortsetzen. Das Resultat ist eine so genannte „stati-
sche Obstruktion“.
Von diagnostischem Interesse bei der chronischen
schen Kompression des wahren Lumens. Beide Effek- Dissektion der abdominellen Aorta sind also einer-
te können zum Kollaps des wahren Lumens führen. seits Stenosen der abgehenden Gefäße (Viszeralarte-
rien, Beckenarterien) und dynamische Kompres-
Merke ! Ein sehr verlässliches Zeichen sowohl
bei akuter als auch bei chronischer
sionsphänomene (Kollaps des wahren Aortenlumens
und Verlegung der Viszeralarterienabgänge). Ande-
Dissektion ist das so genannte „beak sign“. Hierbei rerseits ist für die mögliche Therapieindikation die
besteht im falschen Lumen ein spitzer Winkel zwi- Ausbildung eines Aneurysmas von Bedeutung. Hier-
schen Aortenwand und intimomedialer Membran. bei ist neben dem absoluten Aneurysmadurchmesser
auch dessen Wachstumsgeschwindigkeit relevant.
Das falsche Lumen ist wesentlich häufiger thrombo-
siert bzw. teilthrombosiert als das wahre Lumen.
Hauptgrund hierfür ist die Flussstörung im falschen Merke ! Typische Komplikationen einer chro-
nischen Aortendissektion sind eine
Lumen, bedingt durch eine ungenügende Größe des Aneurysmaentwicklung mit entsprechendem Rup-
Reentrys bzw. durch die Ausbildung eines Blindsacks. turrisiko und Malperfusionssyndrome („dynami-
Das „cobweb sign“ ist selten. Hierbei kann man sche“ und „statische“ Obstruktion).
wandadhärente, lineare, spinnwebartige Aussparun-
gen im falschen Lumen nachweisen. Dabei handelt es Befunde nach interventioneller Therapie
sich um filigrane, netzartig angeordnete fibromusku- Therapeutische Bemühungen zielen auf eine Verbes-
läre Bänder. serung der Durchblutung des wahren Lumens und
Im chronischen Stadium weniger verlässlich sind die Offenhaltung der Viszeralarterienostien ab (z. B.
Zeichen, die auf dem Nachweis von Verkalkungen der durch Stenting des herzzyklusabhängig kollabieren-
Aortenwand bzw. der intimomedialen Membran ba- den wahren Aortenlumens). Ein ebenfalls viel ver-
sieren. sprechender Therapieansatz besteht in der Perfora-
Während bei einer akuten Dissektion die intimo- tion der Dissektionsmembran (z. B. mit Hilfe eines
mediale Membran noch sehr mobil ist und in Abhän- TIPS-Punktionssets) und der anschließenden Bal-
gigkeit vom Herzzyklus im Lumen flottiert, verdickt londilatation mit dem Ziel, den Abstrom im falschen
diese mit der Zeit und wird starr. Durch die zu- Lumen zu erleichtern, damit den intraluminalen
204 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

besondere Kobalt- und Edelstahlstents erlauben kei-


ne Beurteilung des durchströmten Stentlumens.

3.4.1.4
Penetrierendes Aortenulkus

왔 Beim so genannten penetrierenden


Definition
Aortenulkus besteht eine arterioskle-
rotische Ulzeration mit Defekt in der Lamina elastica
(Macura et al. 2003).

Erstmals beschrieben wurde das penetrierende Aor-


tenulkus 1986 (Stanson et al. 1986).
Der Spontanverlauf ist im Einzelfall nicht vorher-
sagbar, und es liegen keine ausreichenden wissen-
schaftlich fundierten Daten zur Prognose vor. Daher
ist bei asymptomatischen Patienten in jedem Fall ei-
ne Verlaufskontrolle innerhalb eines Monats nach
Entdeckung des penetrierenden Aortenulkus emp-
fehlenswert. Schmerzen können ein Hinweis auf eine
drohende Perforation der Aortenwand sein und müs-
sen sehr ernst genommen werden.
Abb. 3.23. Dissektion der thorakoabdominellen Aorta mit
proximal und distal blind endendem falschen Lumen. DSA
nach Anschluss des distalen Endes des falschen Lumens an das CAVE ! Eine Progredienz der Ulzeration kann
zur Ausbildung eines exzentrischen
wahre Lumen mittels Punktion der intimomedialen Membran,
Dilatation und Stent-Implantation (Pfeil; gleicher Patient wie Aneurysma spurium führen, welches charakteristi-
in Abb. 3.22) scherweise überhängende Ränder aufweist und als
hochgradig rupturgefährdet anzusehen ist (Abb.
3.25 a, b).
Druck zu senken und die Dissektionsmembran zu
stabilisieren (Abb. 3.23). Auch eine Dissektion kann sich aus dem penetrieren-
Aufgrund weniger ausgeprägter stentbedingter den Aortenulkus entwickeln. Dass es sich in diesen
Artefakte ist die CTA der MRT-Darstellung bei Kon- Fällen um kurzstreckige Dissektionen handelt, mag
trolluntersuchungen überlegen (Abb. 3.24 a, b). Ins- an der Arteriosklerose liegen, die eine Ausdehnung

Abb. 3.24 a, b. Postinterventio-


nelle Kontrolle einer Dissektion
der thorakoabdominellen Aorta
(gleicher Patient wie in Abb. 3.20
und Abb. 3.21). Vorteil der CTA
(a) gegenüber der der artefakt-
behafteten MRA (b) mit Signal-
auslöschung im Bereich des
Stents (Pfeile)

a b
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 205

Abb. 3.25 a, b. Penetrierendes


Aortenulkus der thorakoabdomi-
nellen Aorta. a Axiale CTA mit
KM-Austritt und intramuralem
Hämatom (Pfeil). b Sagittale
Reformation der CTA (KM-Aus-
tritt: Pfeil)

a b

Abb. 3.26 a, b. Penetrierendes


Aortenulkus der thorakoabdomi-
nellen Aorta (gleicher Patient wie
in Abb. 3.23). a DSA vor interven-
tioneller Versorgung mit Messka-
theter und KM-Austritt (seitliche
Projektion; Pfeil). b DSA nach
endovaskulärer Versorgung mit-
tels Stent-graft (seitliche Projek-
tion; Pfeil)

a b

der Dissektion und die Entstehung eines Reentrys (Hayashi et al. 2000). In einer einzelnen Serie wurde
verhindert. Es ist sogar möglich, dass ein großer Teil ein Rupturrisiko von 40% festgestellt (Coady at al.
der chronischen Dissektionen bei älteren Patienten 1998). Damit läge das Rupturrisiko deutlich über dem
auf dem Boden eines penetrierenden Aortenulkus einer chronischen Typ-B-Aortendissektion.
entsteht. Andere Autoren berichten von benignen Verläu-
Ein penetrierendes Aortenulkus kann auf der Basis fen, sodass sicher nicht in jedem Fall eine Opera-
eines arteriosklerotischen Ulkus im Verlauf der ge- tionsindikation besteht.
samten Aorta auftreten. CT- und MRT-morphologisch Aufgrund der meist kurzstreckigen Veränderun-
erscheint es gelegentlich wie eine lokale Dissektion gen und der häufigen Komorbidität der betroffenen
mit thrombosiertem falschem Lumen. Es wird vermu- Patienten eignen sich diese Läsionen gut für eine
tet, dass die meisten spontanen Aortenrupturen auf endovaskuläre Versorgung mit einer Rohrprothese
ein penetrierendes Aortenulkus zurückzuführen sind (Abb. 3.26 a, b), sofern nicht die Abgänge der Vis-
206 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

zeralarterien oder der A. radicularis magna die Plat-


zierung eines Stent-grafts verhindern.

Merke ! Das penetrierende Aortenulkus resul-


tiert aus einer arteriosklerotischen
Ulzeration und kann sowohl zu einem Aneurysma
spurium als auch zu einer Dissektion führen.

3.4.1.5
Intramurales Hämatom

왔 Ein intramurales Hämatom wird als


Definition
Folge einer Rhexisblutung aus den
Vasa vasorum im Rahmen einer arteriellen Hyper-
tonie aufgefasst.

Selten ist ein intramurales Hämatom Folge eines


stumpfen Bauchtraumas. Grundsätzlich bleibt beim
intramuralen Hämatom die Intima intakt. Allerdings
kann eine klassische Dissektion aus einem intramu-
ralen Hämatom resultieren (Macura et al. 2003).
Computertomographisch stellt sich das intramura- a
le Hämatom typischerweise sichelförmig hyperdens
dar (vgl.Abb. 3.25 a). Tatsächlich kann es aber schwie-
rig sein, ein intramurales Hämatom von einem wand-
ständigen Thrombus zu unterscheiden. Diese Diffe-
renzierung erfordert die Darstellung der Intima. Im
Falle einer Intimaverkalkung ist dies mittels CT leicht
möglich, in anderen Fällen kann ausnahmsweise die
intravasale Sonographie hilfreich sein.
Ein intramurales Hämatom kann symptomatisch
sein oder als Zufallsbefund nachgewiesen werden.
Bei asymptomatischen Patienten ist „watchful wai-
ting“ vertretbar. Schmerzen können wie beim pene-
trierenden Aortenulkus dagegen eine drohende Rup-
tur anzeigen.

Merke ! Ähnlich wie beim penetrierenden


Aortenulkus kann aus dem intramu-
ralen Hämatom eine Aneurysmaruptur oder eine
Dissektion resultieren.

3.4.1.6
b
Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma
Abb. 3.27 a, b. Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma.Axi-
왔 Hierbei handelt es sich um eine Va- ale CT mit Darstellung a des durchströmten Aneurysma-
Definition
riante des Aortenaneurysmas mit ex- lumens und des thrombotischen Randsaums (Pfeil), b der ent-
tensiver perianeurysmatischer Fibrose und Wand- zündlichen Umgebungsreaktion (Pfeil)
verdickung.

Etwa 3–10% der Aneurysmen fallen in diese Kategorie. iert. In den ersten 2 Jahren nach der Operation wird ei-
Das inflammatorische Bauchaortenaneurysma stellt ne engmaschige Kontrolle dieser Patienten empfohlen.
erhöhte operationstechnische Anforderungen und ist Die Ätiologie des inflammatorischen Bauchaorten-
mit einer höheren Morbidität und Mortalität assozi- aneurysmas ist unbekannt. Eine Verbindung mit dem
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 207

mechanismus kommen die hämatogene Infektion


über die Vasa vasorum und die Ausdehnung per con-
tinuitatem bei bestehender Intimaläsion infrage.
Vom arteriosklerotischen Bauchaortenaneurysma
unterscheidet sich diese Variante durch die eher sack-
förmige Konfiguration, die raschere Größenzunahme
und die oft ausgeprägte entzündliche Umgebungsre-
aktion, z. T. mit Abszedierung und Gasbildung. Die
Kontur des Aneurysmas ist manchmal gelappt. Die
Lokalisation ist in der Regel atypisch: Einbeziehung
des thorakolumbalen Übergangs und der Viszeralar-
terienabgänge. Während 85% der arterioskleroti-
schen Aortenaneurysmen infrarenal lokalisiert sind,
trifft dies für die infektiösen Aneurysmen nur auf
15–30% zu (Macedo et al. 2004). Seine relative
Häufigkeit wird mit 0,7–2,6% aller abdominellen
Aortenaneurysmen angegeben. Das Fehlen von
Wandverkalkungen wird z. T. ebenfalls als Hinweis
auf eine infektiöse Genese gewertet, ist jedoch als
unspezifisches Kriterium anzusehen. Selten treten
infektiöse Aortenaneurysmen auch multipel auf.
Es besteht ein erhöhtes Rupturrisiko sowohl spon-
tan als auch intraoperativ. Große Bedeutung hat bei
der Bildgebung die Beurteilung der Gefäßumgebung.
Hierdurch können sowohl Komplikationen als auch
Abb. 3.28. Inflammatorisches Bauchaortenaneurysma. Koro- kausale Faktoren identifiziert werden: z. B. Spondylo-
nare Reformation mit Darstellung der Ureterschiene links bei
Harnaufstau (Pfeil; gleicher Patient wie in Abb. 3.27 a, b) diszitis und Fisteln zum Magen-Darm-Trakt (Duode-
num, Kolon). Nuklearmedizinische Methoden (Szinti-
graphie mit radioaktiv markierten Leukozyten, Galli-
Morbus Ormond und anderen fibrosklerosierenden umszintigraphie oder PET) können beim Nachweis
Erkrankungen wird vermutet. des infektiösen Aortenaneurysmas hilfreich sein.
Sonographisch manifestiert sich diese Erkrankung Ein infektiöses Aneurysma eignet sich grund-
durch eine Verdickung der Aortenwand mit echo- sätzlich nicht für die endovaskuläre Aneurysmaver-
armem umgebendem Material. sorgung, denn die Keimbesiedelung des Implantats
Computertomographisch zeigt sich ebenfalls eine wäre vorprogrammiert. Andererseits kann es als
verdickte Gefäßwand, oft verbunden mit Verkalkun- Komplikation nach Implantation eines Stent-grafts
gen und periaortalem Pannusgewebe (Abb. 3.27 a, b), auftreten.
welches verzögert Kontrastmittel anreichert und sich
von der weniger stark anreichernden fibrös verdick-
ten Adventitia abhebt (Cullenward et al. 1986). Merke !Bildgebende Verfahren erlauben häu-
fig keine Differenzierung zwischen
Die DSA erlaubt keine Differenzierung zwischen einem inflammatorischen Bauchaortenaneurysma
einem typischen arteriosklerotischen Bauchaorten- und einem infizierten Bauchaortenaneurysma.
aneurysma und einem inflammatorischen Aneurys-
ma. Durch eine Einbeziehung der Ureteren kann es
zum Harnstau kommen (Abb. 3.28). Daher ist es 3.4.1.8
sinnvoll, im Rahmen einer DSA eine Übersichtsauf- Vaskulitis
nahme der ableitenden Harnwege anzufertigen.
Gelegentlich manifestiert sich eine systemische Vas-
kulitis an der Bauchaorta. Typische Vertreter einer
3.4.1.7 Vaskulitis der großen Arterien sind die Takayasu-Er-
Infiziertes Bauchaortenaneurysma krankung und die Riesenzellarteriitis (Arteriitis
temporalis oder Morbus Horton).
Der Begriff des mykotischen Aortenaneurysmas ist in Weitere mögliche Grunderkrankungen sind Mor-
diesem Zusammenhang irreführend, denn die häu- bus Wegener und Morbus Behçet. In der rheumatolo-
figsten Erreger sind Bakterien (vor allem Staphylo- gischen Literatur wird spekuliert, dass die Vaskulitis
kokken, Salmonellen und Kolibakterien). Als Patho- der Aorta im Rahmen einer systemischen Autoim-
208 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

munerkrankung häufig unerkannt bliebe. Resultate


von PET-Studien lassen tatsächlich die Vermutung
zu, dass die Beteiligung der Aorta unterschätzt wer-
den könnte.
Die Entzündung manifestiert sich in der Schnitt-
bilddiagnostik unspezifisch in Form einer Wand-
verdickung. Im Verlauf der Erkrankung kann es zur
Stenosierung, aber auch zur Entwicklung eines sack-
förmigen Aneurysmas und schließlich zur Aortenrup-
tur kommen. Die Wachstumsgeschwindigkeit und das
Rupturrisiko sind höher als beim arteriosklerotischen
Bauchaortenaneurysma. Wandverkalkungen sind da-
bei jedoch ein Indikator für einen chronischen Prozess
mit niedrigerem Komplikationsrisiko.

3.4.1.9
Posttraumatische Veränderungen
der abdominellen Aorta

96% aller traumatischen Aortenrupturen finden im


Bereich des Isthmus statt. Nur in 1% der Fälle ist
die Bauchaorta betroffen.Während die thorakale Aor-
tenruptur in der Regel durch ein Dezelerationstrauma Abb. 3.29. Angiosarkom der abdominellen Aorta (DSA). In-
ausgelöst wird, ist das stumpfe Bauchtrauma der füh- traluminales Wachstum des von der Aortenwand ausgehenden
rende Mechanismus bei der Ruptur der Bauchaorta. Tumors (Pfeil). (Mit freundlicher Genehmigung von Prof.
Dr. Hahn, Würzburg)
Auch penetrierende Verletzungen, z. B. Schussverlet-
zungen oder Messerstiche spielen dabei eine Rolle.
Hier besteht theoretisch die Option einer endovasku-
lären Behandlung. Zu berücksichtigen ist allerdings 3.4.2
die Häufigkeit von Begleitverletzungen der Bauchor- Truncus coeliacus
gane, die oft nur mittels Operation diagnostiziert und
behandelt werden können. Eine seltene Traumafolge Um Redundanzen zu vermeiden, werden die Erkran-
bei stumpfer abdomineller Verletzung ist der kom- kungen des Truncus coeliacus im Rahmen der einzel-
plette Aortenverschluss infolge einer Intimaläsion, nen Organe und Organarterien abgehandelt. Es wird
z. B. im Rahmen eines Autounfalls mit Verletzung hier auf den Band Gastrointestinales System aus der
durch den Sicherheitsgurt oder das Lenkrad. Reihe Handbuch Diagnostische Radiologie verwie-
sen. Die unterschiedlichen Formen der Mesenteriali-
schämie unter Beteiligung des Truncus coeliacus
3.4.1.10 werden im Abschn.„Mesenterialgefäße“ dieses Kapi-
Tumoren der Aorta tels beschrieben.

Primäre Tumoren der Aorta oder Metastasen sind sehr


selten und histologisch heterogen. Am häufigsten 3.4.2.1
kommen undifferenzierte Sarkome vor (Abb. 3.29). Ligamentum-arcuatum-medianum-Syndrom
Metastasen maligner Keimzelltumoren können eine
lokale Infiltration der Aorta verursachen und einen 왔 Kompression des Truncus coeliacus
Definition
primären Tumor der Aorta vortäuschen. Klinische durch das Lig. arcuatum medianum
Symptome treten meist erst im fortgeschrittenen Sta- als Bestandteil der Aortenarkade mit konsekutiver
dium der Erkrankung auf: Rückenschmerzen, Ischä- postprandialer Angina abdominalis.
mien durch die Stenosierung oder durch Embolien.
Synonym: Truncus-coeliacus-Kompressionssyndrom.
Merke ! Posttraumatische Veränderungen der
abdominellen Aorta und Tumoren
(primäre und Metastasen) sind sehr seltene Krank-
heitsentitäten.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 209

Abb. 3.30. a Normaler Verlauf,


b Kompression des Truncus
coeliacus durch tiefen Verlauf
des Lig. arcuatum medianum

a b

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen CAVE ! Nach Lebertransplantationen können
tödliche Komplikationen durch die
Das Lig. arcuatum medianum ist die tendinöse Ver- mangelnde Versorgung über die A. hepatica commu-
bindung zwischen rechtem und linkem Zwerchfell- nis auftreten. Die Durchtrennung der A. gastroduo-
schenkel, der die anterosuperiore Begrenzung des denalis im Rahmen einer Whipple-Operation kann
Hiatus aorticus bildet. In Bezug auf Verlauf und Aus- ebenfalls zu fatalen Ischämien führen.
prägung weist das Band eine hohe Variabilität auf.
Normalerweise verläuft es oberhalb des Abgangs des Klinische Symptomatik
Truncus coeliacus.Autoptische Studien ergaben, dass Typischerweise tritt das Lig.-arcuatum-medianum-
in 33% der Fälle der Abgang auf gleicher Höhe oder Syndrom bei jungen, schlanken Frauen im Alter zwi-
oberhalb des Bandes lag (Lindner u. Kemprud 1971). schen 20 und 40 Jahren auf. Neben krampfartigen,
Eine trunkale Kompression durch ligamentäre epigastrischen Schmerzen, die durch Nahrungsauf-
Strukturen kann so unter Umständen den Blutfluss nahme ausgelöst werden und zu einer ausgeprägten
deutlich reduzieren und symptomatisch werden Gewichtsabnahme führen können, wird auch Übel-
(Abb. 3.30 a, b). Die Einengung wird durch die Auf- keit und Erbrechen beklagt. Bei der körperlichen Un-
wärtsbewegung des Truncus während der Exspira- tersuchung kann ein systolisches Strömungsge-
tion verstärkt und stellt ein nicht selten beobachtetes räusch im Oberbauch auskultiert werden.
Phänomen in angiographischen Untersuchungen Therapie der Wahl ist die laparoskopische Dekom-
dar. Von klinischer Relevanz ist allein die in allen pression, Durchtrennung des Lig. arcuatum media-
Atemphasen anhaltende hämodynamisch wirksame num und Exzision des Plexus coeliacus mit intra-
Stenose. operativer Doppleruntersuchung zur Bestätigung der
Als Ursache der postprandial auftretenden Be- besseren Flussverhältnisse (Carbonell et al. 2005; Ro-
schwerden wird nicht nur ein „Steal-Effekt“ aus ayaie et al. 2000). Da der Operationserfolg nicht
Kollateralen der A. mesenterica superior (A. pancre- sichergestellt ist, sollte die Indikation nur gestellt
aticoduodenalis → A. gastroduodenalis → A. hepati- werden, wenn neben harten klinischen Kriterien
ca communis) mit der Folge einer funktionellen in- (postprandiale, epigastrische Angina abdominalis
testinalen Ischämie, sondern auch eine Affektion des mit Gewichtsverlust) eine auch über die Exspiration
Plexus coeliacus diskutiert, der eine enge räumliche fortbestehende hämodynamisch relevante Stenose
Beziehung zum Truncus coeliacus und dem Lig. arcu- des Truncus coeliacus und ein „steal“ aus dem Strom-
atum medianum aufweist (Vlasova 2000). gebiet der A. mesenterica superior nachgewiesen
Das Lig.-arcuatum-medianum-Syndrom besitzt werden kann.
nicht nur als mögliche Ursache für eine Angina abdo-
minalis Bedeutung.
210 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.32. DSA, Aufnahme in Inspiration: abgangsnahe, hoch-


gradige Einengung des Truncus coeliacus durch Lig. arcuatum
medianum

kenförmige Konfiguration des Gefäßes, die bei arte-


riosklerotisch bedingten Stenosen nicht beobachtet
wird (Abb. 3.31 b). Zusätzlich stellt sich eine betonte
b
A. gastroduodenalis als Ausdruck der Kollateralisie-
Abb. 3.31 a, b. CTA. a Axiale MIP: schlitzförmige Kompression
rung dar (Horton et al. 2005).
des Truncus coeliacus durch kräftig ausgebildetes Lig. arcua- In der MRA zeigt sich ebenfalls eine atemabhängi-
tum medianum (Pfeil). b VRT: hochgradige Einengung mit ge Kompression des Truncus coeliacus.Akquisitions-
poststenotischer Dilatation zeiten von <20 s erlauben die überlagerungsfreie
Darstellung des Truncus coeliacus in Inspiration und
Exspiration (Lee et al. 2003).
Bei der selektiven Sondierung des Truncus coelia-
Radiologische Symptomatik cus kann in der DSA, insbesondere in der lateralen
In der FKDS stellt sich unter Exspiration eine Angu- Projektion, die atemabhängige Kompression bis zur
lation des Truncus coeliacus nach kranial und eine völligen Aufhebung der Kontrastierung der A. hepa-
Zunahme des Aliasings als Ausdruck der Flussbe- tica communis in der Exspirationsphase nachgewie-
schleunigung dar. Die alleinige endexspiratorische sen werden (Abb. 3.32). Bei Sondierung der A. me-
Flussbeschleunigung besitzt keinen pathologischen senterica superior stellen sich großkalibrige pankre-
Wert. Zur Diagnose sollte die maximale systolische atikoduodenale Kollateralen dar (Bron u. Redman
Geschwindigkeit auch in Inspiration (vgl. Abb. 3.1) 1969).
und insbesondere in Atemmittellage >200 cm/s lie-
gen (Scholbach 2006; Wolfman et al. 2003). Differenzialdiagnose
Die in der Inspirationsphase durchgeführte CTA Arteriosklerotische Wandveränderungen als Ursache
kann in den Quellschichten eine Bandstruktur nach- einer Angina abdominalis im Rahmen der chroni-
weisen, die zu einer schlitzförmigen Einengung des schen Mesenterialischämie zeigen Kalkplaques und
Truncus coeliacus führt (Abb. 3.31 a). In der sagitta- weisen keine hakenförmige Konfiguration des Trun-
len Rekonstruktion oder 3D-Darstellung zeigt sich cus coeliacus auf. Patienten mit einem Lig.-arcua-
neben einer abgangsnahen, hochgradigen Einen- tum-medianum-Syndrom sind zudem deutlich jün-
gung eine poststenotische Dilatation und oft eine ha- ger und typischerweise nicht adipös.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 211

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie

Ödematös verdickte Darmwand

Ödematös verdickte Darmwand

Ödematös verdickte Darmwand

Ödematös verdickte Darmwand


Mukosa und Serosa (Kokarden-

Mukosa und Serosa (Kokarden-


Bei klinischem Verdacht auf ein Lig.-arcuatum-medi-

mit hypodenser Muskularis,


mit hypodenser Muskularis,
anum-Syndrom erfolgt die Sicherung der Diagnose

ggf. mit Anreicherung von

ggf. mit Anreicherung von


durch die FKDS des Truncus coeliacus und die
dopplersonographische Bestimmung der maximalen

mit Kokardenzeichen
± Kokardenzeichen
systolischen Geschwindigkeit in Exspiration, Inspira-
tion und Atemmittellage. Als zusätzliches bildgeben-
des Verfahren kann eine MRA oder CTA durchgeführt

Dickdarm
werden. Mit zunehmender Ortsauflösung und den

zeichen)

zeichen)
Möglichkeiten der multiplanaren und dreidimensio-
nalen Rekonstruktion erscheint die DSA verzichtbar.

Ödematös verdickte Dünndarm-


KM-Enhancement Frühzeichen,
KM-Enhancement Frühzeichen,
! Das Lig.-arcuatum-medianum-Syn-

mit fehlender KM-Aufnahme,

mit fehlender KM-Aufnahme,


Dilatierte, ausgedünnte Wand

Dilatierte, ausgedünnte Wand


Merke
drom tritt typischerweise bei jungen,

wand mit Kokardenzeichen


Ausdruck der Reversibilität

Ausdruck der Reversibilität

Nur in ausgeprägten Fällen


schlanken Frauen auf und äußert sich durch post-
prandiale Angina abdominalis mit Gewichtsabnah-

der NOMI betroffen


me. Die Diagnose erfolgt durch den Nachweis einer

oder Reperfusion

oder Reperfusion
erhöhten Flussgeschwindigkeit im Truncus coeliacus

Dünndarm
vor allem in Inspiration und Atemmittellage. Bei
sorgfältiger Indikationsstellung kann eine laparosko-
pische Operation zur Symptomfreiheit führen.

Zeichen der transmuralen Nekrose

Zeichen der transmuralen Nekrose


Infiltration um Dünndarm gilt als

Infiltration um Dünndarm gilt als


der Mesenterialvenenthrombose.

der Mesenterialvenenthrombose.

Geringere Infiltration als bei der


3.4.3
Geringere Infiltration als bei

Geringere Infiltration als bei

Mesenterialvenenthrombose

Ausgeprägte Infiltration des


mesenterialen Fettgewebes
Mesenterialgefäße

3.4.3.1
Mesenteriale Ischämie
Mesenterium

왔 Reversible oder fortschreitende Min-


Definition
derperfusion der Darmwand durch
Stenosen und Verschlüsse von Mesenterialarterien
und -venen.
Häufig keine pathologischen

Multiple Thromben in Ästen


der V. mesenterica superior
Die Einteilung der mesenterialen Durchblutungsstö-
Kalkhaltiger Thrombus

rungen erfolgt in Abhängigkeit von Klinik und zu-


im mittleren Abschnitt
Hypodenser Embolus

grunde liegender Ätiologie. Als Angina abdominalis


Befunde in der CTA
Tabelle 3.3. Typische CT-Befunde bei Mesenterialischämie

wird die chronische Form bezeichnet, die sich am


häufigsten auf arteriosklerotische Veränderungen
der Mesenterialgefäße zurückführen lässt und zu re-
proximal
Gefäße

zidivierenden, vorwiegend postprandialen abdomi-


nellen Schmerzen führt.

! Die akute Mesenterialischämie ist Ur-


Häufigkeit

Merke
2–10%
60–70%

20–25%

sache von etwa 1% der Fälle mit


akutem Abdomen und besitzt trotz Fortschritte in
10%

Diagnostik und Therapie eine unverändert hohe


Letalität von 50–90%.
Arterielle Thrombose

Mesenterialvenen-
Arterielle Embolie

Arterielle Embolien werden am häufigsten beobach-


Nichtokklusive
Darmischämie

tet (Tabelle 3.3). Quelle sind Thromben im linken


thrombose

Vorhof bei absoluter Arrhythmie, seltener sind arte-


Befund

riosklerotische Plaques oder Herzklappenfehler die


Ursache. Thrombotische Verschlüsse vorwiegend
der proximalen Gefäßabschnitte auf dem Boden
212 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

präexistenter arteriosklerotischer Wandveränderun- Als Emboliequelle können vorwiegend kardiale


gen sind die zweithäufigste Form akuter mesenteria- Thromben identifiziert werden. Ursachen sind Vor-
ler Ischämien und treten vor allem in der A. mesent- hofflimmern, akinetische Myokardanteile nach Herz-
erica superior auf. Die nichtokklusive Darmischämie infarkt, Herzklappenfehler und Endokarditiden. Da-
zeichnet sich durch einen ausgeprägten intestina- neben können auch arterioarterielle Embolien auf
len Vasospasmus aus und kann durch Blutdruck- dem Boden einer präexistenten Arteriosklerose auf-
abfall, Hypovolämie oder unter Therapie mit Kat- treten.
echolaminen und anderen Medikamenten auftreten.
Etwa 10% der Fälle mesenterialer Ischämien wer- Klinische Symptomatik
den durch eine venöse Thrombose ausgelöst. Neben Die Patienten beklagen akut einsetzende, zunächst
einer Hyperkoagulopathie können auch Tumoren krampfartige, dann anhaltende abdominelle Schmer-
oder entzündliche Darmerkrankungen die Ursache zen, Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö. Laborche-
sein. misch finden sich neben einer Leukozytose erhöhte
In Abhängigkeit vom Ausmaß der Ischämie und Werte für Laktat und D-Dimere. Aus der Vorge-
der Histopathologie wird zunächst eine Nekrose der schichte sind häufig eine absolute Arrhythmie, Herz-
Mukosa mit Ulzerationen und Blutungen beobachtet, klappenfehler oder ein Myokardinfarkt bekannt. Das
die reversibel ist und folgenlos ausheilen kann Alter liegt im Mittel bei etwa 70 Jahren, Männer sind
(Haglund u. Bergqvist 1999). Mit fortschreitender ebenso häufig wie Frauen betroffen.
Durchblutungsstörung umfasst die Nekrose neben Bei Zeichen der Darmwandnekrose erfolgt die
der Submukosa auch Anteile der Muskularis. Repara- Behandlung primär chirurgisch durch explorative
tiv-fibrotische Vorgänge können Stenosen und Strik- Laparatomie, Embolektomie und Resektion gangrä-
turen zur Folge haben (Whitehead 1976). Das 3. Sta- nöser Darmabschnitte. Nichtokkludierende Stenosen
dium beschreibt die transmurale Darmwandnekrose, können interventionell angegangen werden.
erfordert eine chirurgische Intervention und ist für
die hohe Letalität des Krankheitsbildes verantwort- Radiologische Symptomatik
lich. Sonographisch finden sich neben freier Flüssigkeit
Die Nekrose der Darmwand ist in jedem Stadium erweiterte oder verdickte Darmschlingen mit ver-
der Erkrankung von einem intramuralen Ödem und minderter Perfusion im Powerdoppler. Abgangsnahe
Einblutungen begleitet. Das Ausmaß hängt jedoch embolische Verschlüsse zeigen einen Abbruch oder
von der Ätiologie der Ischämie ab: Die venöse Okklu- eine Umkehr des arteriellen Flusssignals in der
sion zeigt deutlichere Befunde als arterielle Embo- FKDS.
lien oder Thrombosen. Insbesondere im Kolonrah- Flüssigkeitsgefüllte Dünndarmschlingen impo-
men führt der Zusammenbruch der Mukosabarriere nieren in der Abdomenübersicht als „luftleeres“ Ab-
zu Superinfektion der Darmwand mit fortschreiten- domen, intramurale Luftansammlungen können
der Nekrose, Bakteriämie und Sepsis. Ausdruck der Gangrän sein.
Die CTA weist den Embolus als Kontrastmittel-
Arterielle Mesenterialembolie aussparung in der proximalen A. mesenterica
superior oder Gefäßabbruch im distalen Verlauf nach
왔 Akuter embolischer Verschluss von (Abb. 3.33 a, b). Da in 20% der Fälle gleichzeitig un-
Definition
Mesenterialarterien mit der Folge ei- terschiedliche Gefäße betroffen sein können, sind be-
ner Darmischämie. gleitende Nieren- und Milzinfarkte wichtige Hinwei-
se (Yamada et al. 1998).
Pathologisch-anatomische Eine Infiltration des mesenterialen Fettgewebes,
und ätiologische Grundlagen mesenteriale Flüssigkeitsansammlungen und Aszites
Etwa 60–70% der Mesenterialischämien werden sind unspezifische Zeichen der Darmischämie. Wäh-
durch arterielle Embolien ausgelöst. Aufgrund der rend die parakolische Infiltration regelmäßig in frü-
guten intestinalen Kollateralversorgung muss der hen Stadien auftritt, gilt die perifokale Infiltration
Verschluss eines Gefäßes nicht klinisch apparent um Dünndarmschlingen als Zeichen der transmura-
werden. Der Befall peripherer Äste oder das Auftre- len Nekrose.
ten multipler Embolien kann jedoch zu ausgeprägten Dilatierte Dünndarmabschnitte mit Luft-Flüssig-
Darmwandnekrosen mit hoher Letalität führen. Be- keits-Spiegeln werden häufiger bei transmuralen als
vorzugte Lokalisation ist die A. mesenterica superior. bei reversiblen Mesenterialischämien beobachtet
Der Embolus findet sich entweder distal des Abgangs (Wiesner et al. 2003). Die arteriookklusive Dünn-
der A. colica media, unmittelbar proximal im Ab- darmischämie imponiert typischerweise als ausge-
gangsbereich oder in peripheren Gefäßaufzweigun- dünnte Wand mit fehlender Kontrastmittelaufnah-
gen. me. Ein Ödem (>3 mm bei ausreichender Distension)
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 213

Abb. 3.34. Embolie der A. mesenterica superior (Pfeil) in der


MRA

Portalvenöse oder intramurale Luftansammlun-


gen in der Dünn- und Dickdarmwand sind unspezi-
fisch, können jedoch Ausdruck der fortgeschrittenen,
transmuralen Mesenterialischämie sein und sind mit
einer schlechteren Prognose vergesellschaftet.
b
Embolisch bedingte Kontrastmittelaussparun-
Abb. 3.33 a, b. Embolie der A. mesenterica superior mit subto-
gen können auch in der MRA dargestellt werden
talem Verschluss (Pfeil). a Axiale MPR, b gekrümmte sagittale (Abb. 3.34). Angesichts des akuten Krankheitsbildes
MPR und der oft schwer erkrankten Patienten kann diese
Untersuchungstechnik jedoch nicht als Modalität der
Wahl angesehen werden.
Embolien stellen sich in der DSA als Kontrast-
mit Enhancement der Mukosa und Submukosa ist mittelaussparungen vorwiegend distal des Abgangs
eher Ausdruck einer reversiblen Ischämie oder Re- der A. colica media oder als Gefäßabbrüche dar. Im
perfusion. Gegensatz zur CTA lassen sich auch periphere Embo-
lien durch selektive Darstellung der A. mesenterica
Merke ! Dilatierte, nichtkontrastierte Dünn-
darmschlingen mit Spiegelbildungen,
superior, der A. mesenterica inferior und des Truncus
coeliacus direkt nachweisen.
verdünnter Wand und Infiltration des mesenterialen
Fettgewebes sind Spätzeichen der transmuralen, Differenzialdiagnose
arteriellen Ischämie. Die arterielle Thrombose bevorzugt den abgangs-
nahen Bereich der A. mesenterica superior und zeigt
Angesichts häufiger Hämorrhagien und Superinfek- Wandverkalkungen der Gefäße. Venöse Thrombosen
tionen imponiert die Kolonwand auch bei arteriellen imponieren als ausgeprägte Infiltration des mesent-
Verschlüssen oft verdickt. In der Frühphase, bei einer erialen Fettgewebes und deutliches Wandödem mit
Superinfektion oder während der Reperfusion wird Hyperämie. Entzündliche Darmerkrankungen oder
eine verstärkte Kontrastmittelanreicherung in Mu- der Schockdarm können ähnliche Wandveränderun-
kosa und Submukosa sowie Serosa und Subserosa gen aufweisen, sie zeigen jedoch eine normale Gefäß-
beobachtet, die in Zusammenhang mit dem Wandö- darstellung und eine intensive Kontrastmittelanrei-
dem als „target sign“ bezeichnet wird. cherung der Mukosa.
214 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Die CTA erreicht in Kombination mit einer Unter-
suchung in der portalvenösen Phase eine hohe Sensi-
tivität und Spezifität und ist als nichtinvasives Ver-
fahren die primäre Methode, um eine Mesenterial-
ischämie nachzuweisen (Kirkpatrick et al. 2003). In
Abhängigkeit von Befund und Klinik erfolgt die ope-
rative Therapie mit oder ohne vorherige Gefäß-
darstellung und die perkutane Intervention in der
DSA.

Merke ! Arterielle Embolien sind die häufigste


Ursache von Mesenterialischämien.
In Schnittbildverfahren können die betroffenen a
Darmabschnitte unterschiedlich durch ein intramu-
rales Ödem oder eine ausgedünnte Wand, fehlende
Kontrastmittelaufnahme oder verstärkte Anreiche-
rung von Submukosa und -serosa imponieren.

Arterielle Mesenterialthrombose

왔 Thrombotischer Verschluss der Mes-


Definition
enterialarterien auf dem Boden einer
präexistenten Arteriosklerose.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
In etwa 20–25% der Fälle sind arteriosklerotische b
Wandveränderungen für die Entstehung einer aku-
ten mesenterialen Ischämie verantwortlich. Die obli- Abb. 3.35 a, b. Abgangsnahe Einengung der A. mesenterica
terierende Arteriopathie begünstigt das Auftreten superior durch partiell verkalkten Thrombus. a Axiale MPR,
b gekrümmte sagittale MPR
von Sekundärthromben, die zu einem akuten Gefäß-
verschluss führen können. Wie bei der akuten arte-
riellen Embolie treten ischämische Ereignisse erst
auf, wenn die Kollateralversorgung gestört ist. In der FKDS stellen sich abgangsnahe Gefäßabbrü-
che, Kalkplaques oder eine Flussumkehr dar.
Klinische Symptomatik Die CTA zeigt kissenartige, hypodense thromboti-
Da vorbestehende Stenosen die Ausbildung von sche Wandauflagerungen und arteriosklerotische
Kollateralgefäßen begünstigen, ist die Klinik der Plaques. Die Veränderungen finden sich bevorzugt
arteriellen Thrombose oft weniger akut als bei der im proximalen Teil der A. mesenterica superior und
Embolie. Die Patienten beklagen auch hier abdomi- der A. mesenterica inferior oder des Truncus coelia-
nelle Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Im Labor cus (Abb. 3.35 a, b). Bei beiden Formen der arterio-
ist das Laktat erhöht, D-Dimere und Leukozyten lie- okklusiven Mesenterialischämie sind die Verände-
gen außerhalb des Normbereichs. rungen der Darmwand (vgl. Tabelle 3.3) identisch
Das Risikoprofil unterschiedet sich nicht von dem (Abb. 3.36). Auch bei der arteriellen Thrombose soll-
anderer Manifestationen der Arteriosklerose. Män- te auf ausgedünnte Dünndarmwände mit verringer-
ner und Frauen sind von akuten Ereignissen gleich ter oder fehlender Kontrastmittelanreicherung und
häufig betroffen, das Durchschnittsalter beträgt einer Infiltration des umgebenden Fettgewebes ge-
73 Jahre. Im Vordergrund der Therapie steht bei Zei- achtet werden.
chen der Darmwandnekrose auch hier die chirurgi- Arteriosklerotische Plaques imponieren in der
sche Behandlung vor interventionellen Maßnahmen. DSA als zirkuläre oder asymmetrische Einengungen
des Gefäßlumens mit poststenotischer Dilatation.
Radiologische Symptomatik Verschlüsse bilden sich als Abbruch der Kontrastie-
Wie bei der Mesenterialarterienembolie können die rung ab. Oft können ausgeprägte Kollateralen darge-
Wandveränderungen sonographisch erfasst werden. stellt werden.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 215

bei vermindertem Herzzeitvolumen – etwa im Rah-


men kardiochirurgischer, aber auch gefäß- und vis-
zeralchirurgischer Eingriffe –, der durch die ver-
stärkte Ausschüttung von Katecholaminen,Vasopres-
sin und Angiotensin II zu einem erhöhten Tonus der
mesenterialen Widerstandsgefäße führt und die Per-
fusion dramatisch über die Ischämiegrenze hinweg
absinken lässt.Auch bei Dialysepatienten wurde über
eine erhöhte Inzidenz der nichtokklusiven Darm-
ischämie berichtet; die Letalität beträgt in diesem
Kollektiv 45% (John et al. 2000).
Die Erkrankung tritt bevorzugt im linken Hemi-
kolon auf, kann aber auch das rechte Hemikolon be-
treffen und in schweren Fällen eine Ischämie des
gesamten Dick- und Dünndarms hervorrufen.
Abb. 3.36. Mesenterialarterienthrombose,VRT: verdickte Wand
des Colon ascendens mit verstärkter Gefäßinjektion Klinische Symptomatik
Die nichtokklusive Darmischämie betrifft vor allem
ältere Patienten nach kardiochirurgischen Operatio-
Differenzialdiagnose nen, größeren Gefäß- und viszeralchirurgischen Ein-
Arterielle Embolien stellen sich als umspülte Kon- griffen oder Patienten mit Niereninsuffizienz, die
trastmitteldefekte in weiter peripher liegenden Ge- hämodialysiert werden. Im Vergleich zu den arterio-
fäßabschnitten dar. Oft fehlen arteriosklerotische okklusiven Formen treten die Symptome weniger
Wandveränderungen. Die nichtokklusive Darm- akut auf. Krampfartige oder persistierende abdomi-
ischämie imponiert angiographisch als deutlich aus- nelle Schmerzen sind Folge eines Ileus oder Subileus.
gebildete Vasokonstriktion der A. mesenterica super- Die alleinige operative Therapie der nichtokklusi-
ior und inferior vom Hauptast bis in die Peripherie. ve Darmischämie besitzt eine Mortalität von >80%
(Schutz et al. 1998). Unter Berücksichtigung der Ätio-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie logie erfolgt die Therapie interventionell durch se-
Primäre diagnostische Modalität ist die CTA in Kom- lektive Sondierung der A. mesenterica superior und
bination mit einer Untersuchung in der portalvenö- inferior und intraarterielle Injektion von Papaverin
sen Phase, in der sowohl die Gefäßverschlüsse als oder Prostaglandin E1 bis zur Normalisierung des
auch die Wandveränderungen von Dick- und Dünn- angiographischen Befundes (s. Kap. 8.2.1). Nekroti-
darm nachgewiesen werden können. In Abhängigkeit sche Darmabschnitte werden reseziert, die Katheter-
vom Befund kann im Anschluss eine DSA mit Inter- therapie dabei jedoch nicht abgesetzt.
vention durchgeführt werden.
Radiologische Symptomatik
Merke ! Bei unterschiedlicher Ätiologie zeigen
arterielle Thrombosen und Embolien
Sonographisch zeigen sich segmental verdickte Ko-
lonwände mit verminderter Perfusion in der FKDS
die gleichen Veränderungen der Darmwand. Beide und einer Infiltration des parakolischen Fettgewebes
werden bei Hinweisen auf transmurale Darmwand- (Ripolles et al. 2005). Mit fortschreitender Erkran-
nekrosen primär chirurgisch behandelt. kungsdauer wird die Untersuchung durch zuneh-
mende Gasüberlagerung erschwert.
Nichtokklusive mesenteriale Ischämie Die CTA kann keine Embolie oder Thromben
nachweisen. Freie Flüssigkeit und die mesenteriale
왔 Mesenteriale Ischämie als Folge einer Infiltration sind unspezifische Zeichen der Darm-
Definition
ausgeprägten intestinalen Vasokon- ischämie. Vorwiegend im Kolon, insbesondere im
striktion mit fehlendem Nachweis von Thromben linken Hemikolon stellen sich ödematös verdickte
oder Embolien. Wände mit verstärkter Kontrastmittelanreicherung
von Submukosa und Mukosa sowie Serosa und Sub-
Pathologisch-anatomische serosa dar, die sich gegenüber der hypodensen Mus-
und ätiologische Grundlagen kularis als Target sign abgrenzen.
Mit einem Anteil von 2–10% ist die Häufigkeit der Die DSA erlaubt eine sichere Diagnose der Er-
nichtokklusiven mesenterialen Ischämie im Ver- krankung. Zeichen sind ein aortaler Kontrastmittel-
gleich zu arteriookklusiven Formen deutlich niedri- reflux, Flussreduktion mit verminderter peripherer
ger. Ursache ist ein Abfall des systolischen Blutdrucks Gefäßfüllung, Engstellung der primären mesenteria-
216 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

len Äste, Unregelmäßigkeiten der Gefäßlumina, Spas- koagulopathie durch Mangel an Protein C, Protein S
mus der intestinalen Arkaden und eine reduzierte oder Antithrombin III, medikamentös bedingt
Füllung intramuraler Gefäße (Siegelman et al. 1974). durch Einnahme von Kontrazeptiva oder durch eine
Schwangerschaft können auch chronisch-entzünd-
Differenzialdiagnose liche Darmerkrankungen, eine Pankreatitis, Diver-
Bei den arteriookklusiven Formen der Mesenterial- tikulitis oder eine Sepsis eine Mesenterialve-
ischämie können in der CTA Thromben oder Embo- nenthrombose auslösen. Weitere Ursachen sind Sys-
lien nachgewiesen werden, hier sind auch prozentual temvaskulitiden, vorangegangene abdominalchirur-
häufiger Dünndarmanteile betroffen. Die nicht- gische Eingriffe oder die Kompression von Mesente-
okklusive Darmischämie bevorzugt dagegen einen rialvenen durch raumfordernde Prozesse.
Befall des Kolons. Gegenüber der Mesenterialvenen-
thrombose und entzündlichen Darmerkrankungen Klinische Symptomatik
lässt sie sich durch das typische angiographische Bild Mit einem Alter von durchschnittlich 44 Jahren sind
mit ausgeprägten Gefäßspasmen abgrenzen. die Patienten deutlich jünger als bei anderen Formen
der Mesenterialischämie (Warshauer et al. 2001).
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die Klinik ist oft subakut und kann über mehrere
Bei klinischem Verdacht auf eine Mesenterialischä- Wochen bis zur Diagnosestellung anhalten. Im Vor-
mie und fehlenden Hinweisen für eine arterio- dergrund der Beschwerden stehen krampfartige
okklusive oder venöse Genese in der CTA muss eine Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Durchfälle
selektive DSA der Mesenterialgefäße durchgeführt und peranale Blutabgänge. Im Vergleich zu der
werden, um die Diagnose einer nichtokklusiven arteriookklusiven und nichtokklusiven Mesenterial-
Darmischämie zu sichern und die interventionelle ischämie ist die Letalität deutlich geringer.
Therapie mit Vasodilatanzien einleiten zu können. Gangränöse Darmabschnitte werden reseziert. In-
traoperativ kann ein Katheter in eine periphere Me-
Merke ! Die nichtokklusive Darmischämie wird
durch einen ausgeprägten mesenteri-
senterialvene eingebracht werden, über den eine re-
gionale Lyse appliziert wird. Bei fehlenden Zeichen
alen Vasospasmus ausgelöst, bevorzugt das Kolon, einer Peritonitis wird über einen transjugulären in-
zeigt charakteristische angiographische Zeichen und trahepatischen portosystemischen Shunt (TIPS)
wird durch intraarterielle Applikation von Papaverin oder perkutan transhepatisch ein interventioneller
oder Prostaglandin E1 behandelt. Zugang zum portomesenterialen Venensystem er-
reicht, über den der Thrombus fragmentiert, aspiriert
Mesenterialvenenthrombose und lysiert wird (Goldberg u. Kim 2003; Uflacker
2003).
왔 Subtotale Stenose oder Verschluss
Definition
portomesenterialer Venen durch Radiologische Symptomatik
thrombotisches Material. Im Ultraschall stellt sich der Thrombus als intralumi-
nale, echoreiche Struktur dar, betroffene Darmwände
Pathologisch-anatomische sind verdickt, das mesenteriale Fettgewebe ist infil-
und ätiologische Grundlagen triert, und es findet sich freie intraperitoneale Flüs-
Die Beeinträchtigung des venösen Rückstroms durch sigkeit. Der portomesenteriale Blutfluss ist reduziert
portalvenöse oder mesenteriale Thromben ist bei oder aufgehoben. Die kontrastmittelgestützte Sono-
etwa 10% der Patienten Ursache für eine Darmischä- graphie ist der FKDS in Bezug auf die Detektion von
mie. In Abhängigkeit von der Ätiologie können die Thromben überlegen (Rossi et al. 2006).
Thromben zentrifugal vom Leberhilus aus fort- Die in der portalvenösen Phase durchgeführte CT
schreiten oder in den distalen Anteilen der V. mesent- zeigt ödematös verdickte Darmwände, die eine ver-
erica superior, mit 6% deutlich seltener in der V. me- stärkte Kontrastmittelanreicherung der inneren und
senterica inferior, entstehen. Aufgrund der venösen äußeren Schichten aufweisen können (Abb. 3.37 a).
Kollateralkreisläufe bleiben Thrombosen der zentra- Das mesenteriale Fettgewebe ist deutlich häufiger als
len Abschnitte häufig lange klinisch inapparent. Peri- bei den arteriookklusiven Formen infiltriert („wet
phere Verschlüsse können dagegen ausgeprägte ischemia“). In Zusammenhang mit der verdickten
Ischämien mit hämorrhagischer Infarzierung aus- Darmwand und einem Thrombusnachweis in der
lösen. V. mesenterica superior gilt freie intraperitoneale
Etwa 20% der akuten Mesenterialvenenthrombo- Flüssigkeit als Zeichen der fortgeschrittenen Darm-
sen bleiben ätiologisch ungeklärt und werden der ischämie und sollte ein chirurgisches Vorgehen favo-
primären Form zugeordnet. Die Ursachen der sekun- risieren (Bradbury et al. 2002). Portomesenteriale
dären Formen sind vielfältig: Neben einer Hyper- Thromben können direkt als scharf begrenzte intra-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 217

schlängelt verlaufende Umgehungskreisläufe identi-


fiziert werden (Abb. 3.37 b).
In Bezug auf die Detektion von Thromben in der
V. mesenterica superior erreicht die kontrastmittel-
gestützte MRA mit T1-gewichteten 3D-Sequenzen
bei einer Spezifität von 100% eine höhere Sensitivität
im Vergleich zur DSA (Kreft et al. 2000). Thromben
stellen sich in den Quellschichten und MIP als intra-
luminale Kontrastmitteldefekte oder Abbruch der
Kontrastierung dar. Die MRA sollte durch axiale
T1-gewichtete Sequenzen mit Fettunterdrückung er-
gänzt werden, um Veränderungen der Darmwand
und die Infiltration des mesenterialen Fettgewebes
a
darstellen zu können (Abb. 3.37 c).
Nach Sondierung der A. mesenterica superior und
Kontrastmittelinjektion stellen sich mesenteriale
Thromben in der venösen Phase der DSA als umspül-
te Füllungsdefekte portomesenterialer Venen dar.
Die zuführenden Arterien können spastisch verengt,
die Perfusion der Darmwand reduziert sein, Kollate-
ralen imponieren als varikös erweiterte mesenteriale
Venen.

Differenzialdiagnose
Im Vergleich zu den arteriookklusiven Formen zeigt
die Mesenterialvenenthrombose oft eine deutlich
ausgeprägtere Infiltration des perienteralen Fettge-
webes und verdickt imponierende Dünndarmwände.
b Der direkte Thrombusnachweis in portomesenteria-
len Venen durch CT und MRT erlaubt die Abgren-
zung auch gegenüber der nichtokklusiven Darm-
ischämie.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


Sowohl die CT als auch die MRT besitzen eine hohe
Sensitivität in Bezug auf den Nachweis mesenterialer
Thromben. Aufgrund des geringeren Zeitaufwands
und der geringeren Anfälligkeit gegenüber Bewe-
gungsartefakten sollte bei fehlenden Kontraindika-
tionen der CT der Vorzug gegeben werden.

Merke ! Der klinische Verlauf der Mesenterial-


venenthrombose ist deutlich weniger
c akut als bei arteriookklusiven und nichtokklusi-
ven Mesenterialischämien. Die Diagnose erfolgt mit
Abb. 3.37 a–c. Mesenterialvenenthrombose. Verdickte Dünn- Schnittbildverfahren wie CT und MRA in Kombina-
darmschlingen mit Kokardenzeichen und Infiltration des
mesenterialen Fettgewebes. a Axiale MPR, b multiple Throm- tion mit axialen Schichten, die Behandlung bei feh-
ben in Ästen der V. mesenterica superior, c MRT: T1-Wichtung lenden Zeichen einer Gangrän interventionell durch
fs nach KM Thrombusfragmentation und lokale Lysetherapie.

Chronische Mesenterialischämie
luminale Defekte nachgewiesen werden, die von ei- 왔 Episodisch auftretende mesenteriale
Definition
ner ringförmig Kontrastmittel anreichernden Gefäß- Ischämie bei Stenosen des Truncus
wand umgeben sind. Üblicherweise sind mehrere coeliacus und der Mesenterialgefäße, die durch Nah-
mesenteriale Venen betroffen, und es können ge- rungsaufnahme provoziert wird.
218 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Pathologisch-anatomische aufgrund der ostialen Lage der Stenosen anbietet


und ätiologische Grundlagen (Sheeran et al. 1999). Üblicherweise werden ballon-
Die weitaus häufigste Ursache chronisch mesenteria- expandierbare Stents mit einem Durchmesser von
ler Ischämien sind arteriosklerotisch bedingte Steno- 6–7 mm und einer Länge von 15–18 mm verwendet.
sen des Truncus coeliacus und der A. mesenterica su- Die im Vergleich zur operativen Revaskularisation
perior oder inferior. In seltenen Fällen können auch höhere Restenoserate erfordert wiederholte Inter-
Systemvaskulitiden der großen Gefäße wie die Takay- ventionen mit Dilatation von In-Stent-Stenosen, und
asu-Arteriitis, fibromuskuläre Dysplasie, Dissektion macht eine engmaschige Nachkontrolle unumgäng-
oder eine trunkale Kompression durch das Lig. arcu- lich (Brown et al. 2005).
atum medianum für die Symptomatik verantwortlich
sein. Radiologische Symptomatik
Im B-Bild der Sonographie stellen sich die abgangs-
Merke ! Das langsame Fortschreiten arterio-
sklerotischer Veränderungen begün-
nahen Stenosen des Truncus coeliacus oder der
A. mesenterica superior als das Lumen einengende
stigt die Ausbildung mesenterialer Kollateralkreis- Plaques mit poststenotischer Dilatation dar. Die
läufe und erklärt, dass die Erkrankung erst bei einer FKDS zeigt Turbulenzen, eine Strömungsbeschleuni-
hochgradigen Stenose oder Verschluss von 2 der 3 gung oder einen vollständig aufgehobenen Fluss. Bei
Hauptgefäße klinisch apparent wird. einer systolischen Flussbeschleunigung im Truncus
coeliacus auf >200 cm/s, in der A. mesenterica super-
Wichtige Kollateralgefäße sind die A. gastro- und ior auf >300 cm/s oder einer enddiastolischen Fluss-
pancreaticoduodenalis zwischen Truncus coeliacus geschwindigkeit von >45 cm/s liegt mit hoher Wahr-
und A. mesenterica superior und die Riolan-Anasto- scheinlichkeit eine hämodynamisch relevante Steno-
mose sowie die A. marginalis (Drummond) zwischen se vor (Zwolak et al. 1998; vgl. Tabelle 3.1).
A. mesenterica superior und inferior. Ein Verschluss Die CTA zeigt kalkhaltige, arteriosklerotische
der A. mesenterica inferior kann durch Äste aus der Plaques und Stenosen des Truncus coeliacus sowie
A. iliaca interna kompensiert werden. der Mesenterialarterien, die in der sagittalen Rekon-
Die mesenteriale Ischämie wird durch einen An- struktion am besten dargestellt werden können
stieg der intestinalen Perfusion in der postpran- (Abb. 3.38). Eine ergänzende Untersuchung in der
dialen Phase und den Steal-Effekt der verstärkten portalvenösen Phase erlaubt die Visualisierung intes-
Magendurchblutung ausgelöst. Im Vergleich zu den tinaler Wandveränderungen und den Ausschluss von
akuten Formen der Mesenterialischämie sind fulmi- Differenzialdiagnosen der chronischen Mesenterial-
nante Verläufe mit Darmwandnekrosen erheblich ischämie.
seltener. Im Vergleich zur DSA erreicht die MRA eine ver-
gleichbare Qualität in der Darstellung proximal lie-
Klinische Symptomatik gender Gefäßveränderungen (Abb. 3.39) und bietet
Die Patienten beklagen typischerweise etwa 15– sich insbesondere bei Patienten an, die eine allergi-
60 min nach Nahrungsaufnahme einsetzende, inter- sche Disposition aufweisen (Ernst et al. 2000).
mittierende epigastrische Schmerzen, die über meh-
rere Stunden anhalten und nach Defäkation sistie-
ren. Die Angst vor der Nahrungsaufnahme führt zu
Gewichtsverlust und Kachexie. Mit einem Verhältnis
von 3:1 sind Frauen häufiger als Männer betroffen,
das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren.
Die chirurgische Behandlung der chronischen
Mesenterialischämie besteht in der transaortalen
Endarteriektomie des Truncus coeliacus bzw. der
A. mesenterica superior oder der Anlage eines aorto-
oder iliakomesenterialen Bypasses.
Bei vergleichbarem Primärerfolg ist die Morbidi-
tät und Mortalität der interventionellen Therapie
niedriger (Silva et al. 2006). In Kenntnis der Kollater-
alkreisläufe und der technisch einfacheren Durch-
führung sollte primär eine Revaskularisation der
A. mesenterica superior angestrebt werden (Cognet
et al. 2002). Die Intervention erfolgt dabei als PTA Abb. 3.38. Ausgeprägte arteriosklerotische Wandveränderun-
oder als sofortige Stentimplantation, die sich auch gen der A. mesenterica superior
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 219

Merke ! Die chronische Mesenterialischämie


äußert sich als postprandiale Angina
abdominalis und kann durch FKDS, CTA und MRA
sicher diagnostiziert werden. Angesichts der älteren
und multimorbiden Patienten stehen heute inter-
ventionelle Maßnahmen wie die Stenimplantation
der A. mesenterica superior im Vordergrund der Be-
handlung.

3.4.3.2
Fibromuskuläre Dysplasie

왔 Nichtarteriosklerotische, nichtentzünd-
Definition
liche Arteriopathie vorwiegend der
mittleren bis kleinen Arterien mit fibrotischer seg-
mentaler Wandverdickung.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die Ätiologie der fibromuskulären Dysplasie ist
unklar. Neben genetischen und humoralen Faktoren
werden auch mechanische Ursachen diskutiert,
Abb. 3.39. Abgangsnahe Einengung der A. mesenterica super- die zu einer pathologischen fibroproliferativen Reak-
ior bei chronischer Mesenterialischämie tion der Gefäßwand mit Ablagerung von Kolla-
gen oder einer Hyperplasie der glatten Muskulatur
führen. In Abhängigkeit vom Befallsort werden
unterschiedliche Formen der fibromuskulären Dys-
plasie unterschieden, wovon die mediale Fibroplasie
Angesicht der proximal liegenden Gefäßverände- mit >80% am häufigsten vorkommt. Sie zeichnet sich
rungen, die in Schnittbildverfahren gut erkannt wer- histopathologisch durch alternierend verdickt bzw.
den können, ist die Durchführung einer diagnosti- ausgedünnt imponierende Mediaanteile aus, die durch
schen DSA nicht notwendig. Hier würden sich zirku- aneurysmatische Aufweitungen das typische, perl-
läre, abgangsnahe Einengungen mit poststenotischer schnurartige Bild in der Gefäßdarstellung ergeben.
Dilatation und Kollateralkreisläufen darstellen.
Klinische Symptomatik
Differenzialdiagnose Von der fibromuskulären Dysplasie sind doppelt so
Die akuten Formen der Mesenterialischämie präsen- häufig Frauen wie Männer betroffen. Das Manifesta-
tieren eine andere Klinik und zeigen begleitende Ver- tionsalter liegt in der Regel unter 50 Jahren (Mettin-
änderungen der Darmwand, ein mesenteriales Ödem ger u. Ericson 1982). Mit etwa 70% ist die Nierenarte-
und ggf. freie intraperitoneale Flüssigkeit. Maligno- rie am häufigsten involviert, höhergradige Stenosen
me wie etwa ein Pankreaskarzinom als Ursache der können eine renovaskuläre Hypertonie auslösen. Der
postprandialen Schmerzen und der Gewichtsabnah- zweithäufigste Manifestationsort ist mit 25–30% die
me können durch eine ergänzende Untersuchung in A. carotis. Die extrakraniellen Stenosen sind oft mit
der parenchym- oder portalvenösen Phase der CT intrakraniellen Aneurysmen assoziiert, sodass die
und MRT ausgeschlossen werden. Patienten durch subarachnoidale Blutungen sympto-
matisch werden können. Bei etwas weniger als 1/3 der
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Patienten mit fibromuskulärer Dysplasie ist mehr als
Als nichtinvasives Verfahren ohne Risiko von Kon- eine Gefäßregion betroffen. Der Befall der A. mesent-
trastmittelreaktionen sollte bei Verdacht auf das erica superior und des Truncus coeliacus ist mit etwa
Vorliegen einer chronischen Mesenterialischämie 2% selten, kann jedoch zu mesenterialen Ischämien
zunächst eine FKDS des Truncus coeliacus und der mit letalem Ausgang führen (Horie et al. 2002).
Mesenterialarterien angestrebt werden. Die Siche- Symptomatische Stenosen werden interventionell
rung der Diagnose erfolgt in der CTA und MRA, die durch Ballondilatation, ggf. in Kombination mit Stent-
Durchführung einer DSA ist nur im Rahmen inter- implantation behandelt, Aneurysmen werden gecoilt
ventioneller Maßnahmen notwendig. oder embolisiert. Alternative chirurgische Verfah-
220 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

ren sind die Resektion mit End-zu-End-Anastomose 3.4.3.3


oder Reimplantation des Gefäßes, Patchplastik oder Dissektion der Mesenterialarterien
autologe Venentransplantation.
왔 Intimaeinriss mit Einblutung in die
Definition
Radiologische Symptomatik Media, Delamination der Gefäßwand
Die intestinale Manifestation der fibromuskulären und Ausbildung einer Stenose oder eines Pseudo-
Dysplasie betrifft vor allem die A. mesenterica super- aneurysmas.
ior und den Truncus coeliacus. Bei der Gefäßdarstel-
lung werden in den mittleren bis distalen Gefäßab- Pathologisch-anatomische
schnitten wechselweise glatt begrenzte Stenosen und und ätiologische Grundlagen
aneurysmatische Aufweitungen beobachtet („string Der Einriss der Intima führt zu einem Bluteinstrom
of beads“). Angiographisch sind die perlschnur- in die Media mit Ausbildung eines Wandhämatoms
artigen Veränderungen nicht so typisch ausgeprägt und exzentrischer Einengung des Lumens unter Ab-
wie an den Nierenarterien oder der A. carotis, die hebung der Intima. Als Folge kann eine mesenteriale
Stenosen imponieren eher unregelmäßig und die Ischämie mit Nekrosen von Darmabschnitten und
Aneurysmen sackförmig. Daneben werden Dissek- hoher Letalität oder eine aneurysmatische Gefäßauf-
tionen beobachtet, die eine Intervention notwendig weitung mit Blutung auftreten. Häufigste Ursache
machen. sind fortgeleitete Dissektionen aus der Aorta oder
Da die Läsionen nicht im proximalen Gefäßab- Traumen. Spontane Dissektionen sind selten, aber
schnitt liegen müssen, können sie der Bildgebung in mehrfach beschrieben. Sie können idiopathisch oder
der FKDS entgehen. CTA und MRA sind geeignete etwa im Rahmen einer fibromuskulären Dysplasie
Verfahren, um die Schwankungen des Gefäßlumens sowie einer zystischen Medianekrose auftreten. Ne-
darzustellen. Aufgrund der hohen räumlichen Auf- ben der A. mesenterica superior kann auch der Trun-
lösung und der Möglichkeit zur Intervention ist die cus coeliacus betroffen sein.
DSA jedoch in der Bildgebung vorzuziehen.
Klinische Symptomatik
Differenzialdiagnose Die Dissektion der A. mesenterica superior oder des
Die wichtigste Differenzialdiagnose stellt die Arte- Truncus coeliacus äußert sich in akut einsetzenden
riosklerose dar – hier handelt es sich jedoch um ein abdominellen Schmerzen, die auf die Dissektion
älteres Patientenkollektiv mit sichtbaren Kalkablage- selbst oder auf die induzierte mesenteriale Ischämie
rungen in der Gefäßwand. Beide Erkrankungen zurückgeführt werden. Spontane Dissektionen der
können aber auch gleichzeitig vorliegen. Angesichts A. mesenterica superior bevorzugen in etwa 80% das
der perlschnurartigen Veränderungen, die auch bei männliche Geschlecht und treten in einem Alter von
der Polyarteriitis nodosa, der rheumatoiden Vaskuli- 41–71 Jahren auf (Miyamoto et al. 2005).
tis, der Lupus-erythematodes-Vaskulitis und dem Asymptomatische Dissektionen können unter
Churg-Strauss-Syndrom beobachtet werden, sollte konservativer Therapie mit Antikoagulanzien eng-
eine Vaskulitis der mittleren und kleinen Gefäße als maschig kontrolliert werden. Operativ werden unter-
Differenzialdiagnose ausgeschlossen werden. schiedliche Verfahren angewandt: Neben der Throm-
bektomie und Arteriotomie kann eine Refixation der
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Intima, eine Resektion des befallenen Segments oder
MRA und CTA sind konkurrierende Verfahren, um eine Bypassimplantation durchgeführt werden. Die
die Wandveränderungen der fibromuskulären Dys- perkutane Stentimplantation wird zunehmend als
plasie darzustellen. Die DSA wird zur Darstellung sichere und effektive Alternative zu den operativen
peripher liegender Veränderungen und zur Planung Verfahren durchgeführt (Froment et al. 2004).
vor operativer Therapie oder im Rahmen interven-
tioneller Maßnahmen eingesetzt. Radiologische Symptomatik
Dissektionen der A. mesenterica superior treten am
Merke ! Die fibromuskuläre Dysplasie befällt
vorwiegend die Nierenarterien und
häufigsten nahe des Gefäßabgangs aus der Aorta auf
und eignen sich daher für die dopplersonographische
die Karotiden, kann in seltenen Fällen jedoch zu perl- Diagnostik. Hier zeigt sich eine aneurysmatische
schnurartigen Stenosen an den Mesenterialgefäßen Aufweitung des Gefäßes mit einer echoreichen intra-
und des Truncus coeliacus und zu Ischämien insbe- luminalen Bandstruktur als Ausdruck der Dissek-
sondere im Versorgungsgebiet der A. mesenterica su- tionsmembran. Die FKDS kann die unterschiedlichen
perior führen. Flussgeschwindigkeiten oder -richtungen im wahren
und falschen Lumen nachweisen (Wadhwani et al.
2001).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 221

In der CTA imponiert die Dissektion als erweiter- oder bei Arbeitsunfällen mit Einklemmungen im
ter Gefäßabschnitt mit Dichteanhebung des umge- Vordergrund. Etwa 5% der Patienten mit stumpfem
benden Fettgewebes und exzentrischer Lumeneinen- Bauchtrauma weisen laparoskopisch Verletzungen
gung mit Nachweis eines intramuralen Hämatoms des Dünn- und Dickdarms oder des Mesenteriums
oder des Intimalappens (Suzuki et al. 2004). Native, auf, Ursachen sind Dezelerationen oder direkte
fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen können in stumpfe Gewalteinwirkung (Rizzo et al. 1989). Am
der subakuten Phase das Wandhämatom in der MRT häufigsten sind die fixierten Darmabschnitte wie das
zeigen. Die MRA eignet sich zur Darstellung der proximale Jejunum, das Duodenum, das Zökum und
hypointensen Dissektionsmembran. das aszendierende Kolon betroffen.
Angiographisch zeigt sich eine langsam nach distal
zunehmende Gefäßeinengung mit Dissektionsmem- Klinische Symptomatik
bran und möglicherweise einem Wiedereintritt des Die Patienten beklagen abdominelle Schmerzen und
Kontrastmittels in das wahre Lumen. Ein Vorteil der Abwehrspannung als Ausdruck der peritonealen
DSA ist die höhere räumliche Auflösung mit Darstel- Reizung. Ein zunehmender Bauchumfang ist Zeichen
lung des Bezugs zu Seitenästen, Das Wandhämatom einer massiven, intraabdominellen Einblutung und
entgeht der direkten Darstellung. geht mit einem hämorrhagischen Schock und Be-
wusstseinseintrübung einher. Die möglichst frühe
Differenzialdiagnose Diagnosestellung ist zur Einleitung einer adäquaten
Bei fehlender Darstellung der Dissektionsmembran Therapie und Vermeidung von Komplikationen ent-
kann die Dissektion in den Schnittbildverfahren wie scheidend, eine verzögerte Behandlung geht mit
eine arterielle Embolie oder Thrombose imponieren. einer deutlich erhöhten Mortalität einher.
Wandveränderungen auch in anderen Gefäßregionen
können wichtige Hinweise für das Vorliegen einer Radiologische Symptomatik
Arteriosklerose sein. Bei zweifelhaften Befunden soll- Sonographisch kann die traumatische mesenteriale
te die Dissektion angiographisch dargestellt werden. Blutung durch echofreie Flüssigkeitsansammlungen
in den Pouches und zwischen Darmschlingen nach-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie gewiesen werden. Das mesenteriale Hämatom impo-
Die FKDS wird als primäre bildgebende Methode niert im Ultraschall als echoreiches Areal im Verlauf
eingesetzt und bei negativem Befund durch die CTA der Mesenterialwurzel. Intramurale Hämatome stel-
oder MRA ergänzt, die sich beide zur Darstellung len sich als eine echoreiche Verdickung der Darm-
eines Wandhämatoms und der Dissektionsmembran wand dar, die im Powerdoppler ein reduziertes Signal
eignen. Bei zweifelhaften Befunden und zur Planung als Ausdruck der verminderten Perfusion aufweisen
der Therapie wird die DSA eingesetzt. (Frisoli et al. 2000).
Kleinere Einblutungen mesenterialer Gefäße äu-
Merke ! Dissektionen der A. mesenterica
superior und des Truncus coeliacus
ßern sich in der CT als streifige Infiltration des um-
gebenden Fettgewebes und umschriebene Flüssig-
können spontan auftreten und stellen eine wichtige keitsansammlungen zwischen Darmschlingen oder
Differenzialdiagnose in der Ursachenabklärung der der Mesenterialwurzel. Bei ausgedehnten Mengen
Mesenterialischämie dar. freier Flüssigkeit im Sinne eines Hämatoperitoneums
liegt die Dichte zwischen 35 und 50 HE. Mesenteriale
Hämatome sind die häufigsten Zeichen einer Blu-
3.4.3.4 tung, sie imponieren als umschriebene Dichtean-
Traumatische mesenteriale Blutung hebungen entlang des Gefäßverlaufs mit Werten
von 60–100 HE und erfordern nicht zwingend eine
왔 Intraperitoneale, intramurale oder in- chirurgische Intervention (Abb. 3.40 a, b). Zirkuläre
Definition
traluminale Blutung als Folge eines Wandverdickungen >3 mm mit oder ohne Kontrast-
stumpfen oder penetrierenden abdominellen Trau- mittelanreicherung können Zeichen eines intramu-
mas. ralen Hämatoms, einer vaskulären Affektion oder
einer entzündlichen Reaktion sein. Im Zusammen-
Pathologisch-anatomische hang mit perifokalen Flüssigkeitsansammlungen
und ätiologische Grundlagen oder einem mesenterialen Hämatom liegt mit hoher
In Europa ist das stumpfe Bauchtrauma 8- bis 10-mal Wahrscheinlichkeit eine Perforation oder Gefäß-
häufiger als penetrierende Verletzungen. Bei Kindern verletzung vor, die eine chirurgische Exploration
und Jugendlichen stehen Gurt- und Fahrradlenker- notwendig macht (Dowe et al. 1997).
verletzungen, bei Erwachsenen vor allem Hoch- Die arterielle Gefäßverletzung imponiert in der
rasanztraumen, insbesondere bei Motorradunfällen CT als umschriebene oder schlierenförmige Dichte-
222 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

a b

Abb. 3.40 a, b. Mesenteriales Hämatom nach stumpfem Bauchtrauma mit aktiver Blutung (Pfeil). a Axiale, b koronare MPR

Tabelle 3.4. CT-Befunde bei traumatischer Mesenterialblutung

Befund Bemerkungen Prozedere

Freie Flüssigkeit Serös <35 HE, Blut 35–50 HE In Abhängigkeit von Klinik
Mesenteriale Infiltration – Kontroll-CT
Mesenteriale Flüssigkeit – Kontroll-CT
Mesenteriales Hämatom Dichte 60–100 HE Kontroll-CT
Verdickung der Darmwand >3 mm bei ausreichender Distension Kontroll-CT
Aktive Blutung Dichte >91 HE DSA, Laparatomie
Verdickte Darmwand Dringender Verdacht auf Perforation Laparatomie
+ mesenteriale Flüssigkeit
und/oder Hämatom

anhebung mit isodensen Werten im Vergleich zu be- darmschlingen mit verstärktem Kontrastmittel-
nachbarten arteriellen Gefäßen und ist von einem enhancement können auch Folge eines reversib-
Hämatom oder von nichtkontrastiertem Blut umge- len Schockdarms bei Kreislaufversagen oder einer
ben (Abb. 3.41 a). Die Rate arterieller Blutungen ist mesenterialen Ischämie sein.
beim mesenterialen Trauma höher als bei jeder ande-
ren Verletzung im Bauchraum und erfordert die Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
sofortige Intervention (Yao et al. 2002). Die Ultraschalluntersuchung im Schockraum dient
Die DSA weist die mesenteriale Blutung als Kon- zum Nachweis freier intraabdomineller Flüssigkeit.
trastmittelextravasat in die Bauchhöhle oder intra- Der kreislaufstabile Patient wird danach ohne vor-
luminal in Dünn- und Dickdarmschlingen nach herige orale Kontrastmittelgabe in der CT nach intra-
(Abb. 3.41 b). Da die Höhenlokalisation bereits in der venöser Kontrastmittelapplikation untersucht. Akti-
CT erfolgt ist, wird die Untersuchung selektiv durch- ve arterielle Blutungen, Perforationen der Hohlor-
geführt, um im Anschluss an die Darstellung die In- gane und Wandverdickungen von Darmschlingen
tervention planen zu können. mit umgebender Flüssigkeit oder benachbartem
mesenterialem Hämatom erfordern eine DSA mit In-
Differenzialdiagnose tervention oder chirurgischer Exploration (Tabel-
Unter Berücksichtigung der Unfallanamnese mit le 3.4). Bei einem isolierten mesenterialen Hämatom,
adäquatem Trauma ergeben sich bei Nachweis freier einer Wandverdickung oder einer Infiltration des
abdomineller Flüssigkeit mit erhöhter Dichte, eines mesenterialen Fettgewebes kann eine engmaschige
mesenterialen Hämatoms oder eines aktiven Kon- klinische Überwachung und eine Kontroll-CT nach
trastmittelaustritts keine differenzialdiagnostischen einem Intervall von 6–12 Stunden erfolgen (Stuhlfaut
Schwierigkeiten. Wandverdickte Dünn- und Dick- et al. 2004).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 223

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Die untere gastrointestinale Blutung tritt wesentlich
seltener auf als Blutungen oberhalb des Treitz-Ban-
des auf und betrifft in bis zu 70% der Fälle den Ko-
lonrahmen und das Rektum. Während bei jungen
Patienten vorwiegend chronisch-entzündliche Darm-
erkrankungen oder Meckel-Divertikel im Vorder-
grund stehen, stellen Divertikelblutungen bei älteren
Patienten die Hauptursache dar. Trotz des deutlich
häufigeren Auftretens von Divertikeln im linken
Hemikolon ist die Blutung häufiger im proximalen
Kolon und Zökum anzutreffen. Die Blutungen sistie-
ren in etwa 90% der Fälle spontan, neigen jedoch zu
Rezidiven (Zuckerman et al. 1993).
a Angiodysplasien stehen bei älteren Patienten an
zweiter Stelle der Ursachen für eine untere gastro-
intestinale Blutung. Sie stellen submuköse arterio-
venöse Malformationen mit dilatierten Gefäßen un-
ter ausgedünnter Mukosa dar und sind am häufigsten
im Zökum und Colon ascendens anzutreffen. Etwa
10% der Angiodysplasien bluten episodisch, 90%
terminieren spontan, bei bis zu 50% zeigen die Blu-
tungen jedoch innerhalb von 3 Jahren Rezidive
(Foutch 1997).
Weitere Ursachen gastrointestinaler Blutungen
sind neben anorektalen Erkrankungen wie Hämor-
rhoiden oder Analfissuren Polypen und Malignome.

Klinische Symptomatik
Die untere gastrointestinale Blutung betrifft vor al-
lem ältere Menschen. Risikofaktoren sind die Ein-
b nahme nichtsteroidaler Antirheumatika und Antiko-
agulanzien. Das Spektrum der Symptome reicht von
Abb. 3.41 a, b. Traumatische intraluminale Blutung in Dünn- Schwächegefühl und Müdigkeit aufgrund des ernie-
darmschlingen (Pfeil) nach stumpfem Bauchtrauma. a Schräg drigten Hämatokrits bei okkulten Blutungen bis zum
axiale VRT, b selektive DSA vor Intervention
hämorrhagischen Schock mit Absetzen massiver
Blutstühle (Hämatochezie). Teerstühle weisen auf ei-
ne Blutung hin, die proximal der rechten Kolonflexur
liegt, und erfordern die gastroskopische Abklärung.
Merke !
Traumatische mesenteriale Blutungen
sind selten, bei verzögerter Diagnose-
In 11% der Fälle ist eine obere gastrointestinale Blu-
tung Ursache des peranalen Blutabgangs (Jensen u.
stellung und Therapie jedoch mit hoher Letalität ver- Machicado 1988).
bunden. Die CT nach Kontrastmittelinjektion ist die Die Behandlung der unteren gastrointestinalen
Modalität der Wahl, um Verletzungen des Mesenteri- Blutung erfolgt in Abhängigkeit von Klinik, Ursache
ums, des Dünn- und Dickdarms zu erkennen und und Lokalisation endoskopisch (Thermo-, Elektro-
einer adäquaten Therapie zuzuführen. und Laserkoagulation, Sklerosierung, Bandligatur,
Clips), interventionell (Vasopressin, Embolisation)
oder chirurgisch. Die Mortalität liegt bei <5% (Zu-
3.4.3.5 ckerman u. Prakash 1999).
Untere gastrointestinale Blutung
Radiologische Symptomatik
왔 Akute oder chronische intestinale In der nativen CT kann sich ein intraluminales Hä-
Definition
Blutung distal des Treitz-Bandes in matom als globuläre Dichteanhebung („sentinel
Darmstrukturen von der Flexura duodenojejunalis clot“) mit Werten von >60 HE darstellen (Orwig u.
bis zum Rektum. Federle 1989). Die kontrastmittelgestützte CT wird in
224 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

a b

Abb. 3.42 a–c. Aktive Einblutung in die rechte


Kolonflexur (Pfeil). a axiale MPR, b, c selektive DSA c
vor Intervention

der arteriellen Phase durchgeführt und zeigt einen Nuklearmedizinisch werden 99mTc-markierte rote
jetförmigen, linearen, wirbelartigen oder ovalären Blutkörperchen oder Schwefelkolloide eingesetzt,
Kontrastmittelaustritt (Tew et al. 2004; Abb. 3.42 a). die gastrointestinale Blutungen ab einer Rate von
Durch Dichtemessungen kann zwischen Hämatom 0,1–0,2 ml/min nachweisen können. Die aktive Blu-
und Kontrastmittel unterschieden werden: Während tung stellt sich hier als intraluminales, in Aktivität
koaguliertes Blut Werte zwischen 28–82 HE aufweist, über die Zeit hin zunehmendes Signal dar, das sich
erreicht das Extravasat Werte von 91 bis >274 HE mit der Peristaltik nach distal bewegt (Holder 2000).
(Willmann et al. 2002).
Bei der akuten massiven gastrointestinalen Blu- Differenzialdiagnose
tung (>4 Bluttransfusionen, systemischer Blutdruck Nachgewiesene Kontrastmittelextravasate ergeben
<90 mmHg) besitzt die arterielle CT eine Sensitivität keine differenzialdiagnostischen Schwierigkeiten.
von 91% und eine Spezifität von 99% (Yoon et al. Die angiographische Darstellung vaskulärer Malfor-
2006). Die CTA nach Positionierung eines Pigtail-Ka- mationen wie etwa einer Angiodysplasie ist nicht als
theters in die abdominelle Aorta oder selektiver Son- sicherer Nachweis einer Blutungsquelle zu interpre-
dierung der A. mesenterica superior kann angiogra- tieren, da diese auch bei 0,8–1% der Patienten über
phisch okkulte Blutungen nachweisen (Ettore et al. 60 Jahre ohne gastrointestinale Blutung diagnosti-
1997; Schürmann et al. 2002). ziert werden kann (Lewis 2000).
Falls keine vorherige Höhenlokalisation erfolgt
ist, wird angiographisch zunächst die A. mesenterica Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
inferior, dann die A. mesenterica superior und der Hämodynamisch instabile Patienten mit unterer gas-
Truncus coeliacus dargestellt. Bei vollständig erfas- trointestinaler Blutung werden angiographiert, inter-
stem Stromgebiet und ausreichender Aufnahme- ventionell behandelt oder der chirurgischen Thera-
dauer können Blutungen ab 0,5–1,0 ml/min erkannt pie zugeführt. Nach erfolgloser endoskopischer Ab-
werden. Kontrastmittelextravasate persistieren über klärung erfolgt bei stabilen Patienten eine nuklear-
die venöse Phase und zeigen ein Negativbild des medizinische Untersuchung oder eine CT nativ und
Schleimhautreliefs (Abb. 3.42 b, c). arteriell ohne vorherige orale Kontrastmittelapplika-
tion.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 225

Merke ! Häufigste Ursache der unteren gastro-


intestinalen Blutung sind Divertikel.
Tabelle 3.5. Einteilung der systemischen Vaskulitiden. (Nach
Jennette u. Falk 1997)
Bei jüngeren Patienten werden auch chronisch-ent- Primäre Vaskulitiden
zündliche Darmerkrankungen, bei älteren Angiodys- Große Gefäße
plasien beobachtet. Im Vordergrund der Diagnostik Riesenzellarteriitis
steht die endoskopische Abklärung. Nuklearmedizi- Takayasu-Arteriitis
nische Verfahren besitzen eine hohe Sensitivität, Mittelgroße Gefäße
Polyarteriitis nodosa
die Angiographie die Möglichkeit zur Intervention. Kawasaki-Syndrom
Bei der akuten massiven gastrointestinalen Blutung Zerebrale Vaskulitis
besitzt die CT in der arteriellen Phase die gleiche Kleine Gefäße
Wertigkeit wie die DSA. ANCA-assoziiert
Mikroskopische Polyangiitis
Wegener-Granulomatose
Churg-Strauss-Syndrom
3.4.3.6 Drogeninduzierte ANCA-Vaskulitis
Vaskulitiden Immunkomplex-assoziiert
Purpura Henoch-Schönlein
왔 Vaskulitiden sind eine heterogene Kryoglobulinämische Vaskulitis
Definition Lupus-erythematodes-Vaskulitis
Gruppe von Erkrankungen, die durch Rheumatoide Vaskulitis
eine entzündliche Infiltration der Gefäßwand ge- Sjögren-Syndrom-Vaskulitis
kennzeichnet sind und deren Ätiologie nicht voll- Urtikariavaskulitis
ständig geklärt ist. Die Manifestation kann das ge- Behçet-Syndrom
Goodpasture-Syndrom
samte Gefäßsystem von der Aorta bis zu den Venen Serumkrankheit
umfassen. Die Klassifikation erfolgt nach dem Drogeninduzierte Immunkomplexvaskulitis
Durchmesser der befallenen Arterien. Parainfektiöse Vaskulitis
Paraneoplastische Vaskulitis
Vaskulitis bei entzündlichen Darmerkrankungen
Im Vergleich zur Arteriosklerose sind Vaskulitiden
selten auftretende Erkrankungen, die jedoch insbe-
sondere bei jüngeren Patienten mit Allgemeinsymp-
tomen wie Fieber oder atypischer Lokalisation der
Wandveränderungen als Differenzialdiagnose in Be- munkomplexbildungen und -ablagerungen, auf eine
tracht gezogen werden müssen. überschießende Antwort von T-Lymphozyten mit
Granulombildung oder auf die Synthese von Anti-
Merke ! Atypisch lokalisierte Stenosen der
Mesenterialgefäße bei Patienten mit
Neutrophilen-Zytoplasma-Antikörpern (ANCA) zu-
rückgeführt (Sneller u. Fauci 1997).
Allgemeinsymptomen können durch eine Vaskulitis Vaskulitiden können, wie oben beschrieben, pri-
verursacht sein. mär Folge immunpathogener Vorgänge sein oder
sekundär im Rahmen einer Grunderkrankung, etwa
Im Gastrointestinaltrakt können sich die Erkrankun- aus dem rheumatischen oder onkologischen For-
gen durch eine Ischämie, Wandödem, Stenosen, menkreis bzw. einer Infektion, auftreten. Ihre Klassi-
Strikturen oder Blutungen klinisch manifestieren. fikation beruht nach der „Chapel Hill Consensus
Bei der vaskulären Bildgebung wird am häufigsten Conference“ (Jennette et al. 1994) auf der Größe der
eine Verdickung der Gefäßwand mit konsekutiver hauptsächlich betroffenen Gefäßabschnitte, wobei
Einengung des Lumens und die Ausbildung von zwischen Vaskulitiden der großen, mittleren und
Stenosen beobachtet. Die Störung der Zellwand- kleinen Gefäße unterschieden wird (Tabelle 3.5). Als
integrität durch das entzündliche Infiltrat führt selte- große Gefäße gilt die Aorta mit ihren Ästen, die mit-
ner zu aneurysmatischen Aufweitungen und Blutun- telgroßen Gefäße umfassen die Viszeralarterien mit
gen. ihren Aufzweigungen und unter den kleinen Gefäßen
Die Erkrankung ist nicht allein auf das Gefäß be- werden Arteriolen, Kapillaren und Venolen subsu-
schränkt, eine wandüberschreitende Infiltration und miert.
Granulombildung kann das benachbarte Parenchym Neben den in Tabelle 3.5 klassifizierten Vaskuliti-
schädigen. den wird im Folgenden auch die Thrombangiitis ob-
Pathogenetisch kommt dem Immunsystem eine literans abgehandelt, die eine nichtarterioskleroti-
besondere Bedeutung zu: Die entzündliche Infil- sche, nichtsystemische entzündliche Gefäßerkran-
tration der Gefäßwand wird auf pathologische Im- kung darstellt.
226 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) werden 17-mal, abdominelle Aneurysmen doppelt so


häufig wie bei altersentsprechenden Kontrollen be-
왔 Arteriitis unklarer Ätiologie der gro- obachtet. Sonographisch imponieren die entzünd-
Definition
ßen und mittleren Gefäße mit histo- liche Wandverdickung und das Ödem der Gefäßwand
logischem Nachweis von Riesenzellen in der Gefäß- als typischer echoarmer Halo um das Lumen. Dieser
wand. lässt sich insbesondere an der A. carotis und der
A. temporalis gut abgrenzen (Schmidt u. Gromnica-
Pathologisch-anatomische Ihle 2005).
und ätiologische Grundlagen Sowohl die CT als auch die MRT können neben Lu-
Die Riesenzellarteriitis ist die häufigste systemische menschwankungen und Aneurysmen auch die ent-
Vaskulitis des Erwachsenen.Als Entzündung der gro- zündliche Infiltration der Gefäßwand nachweisen
ßen und mittelgroßen Arterien befällt sie vorwie- (Stanson 2000). Vorteil der MRT ist die bessere Dar-
gend Äste der A. carotis, insbesondere die A. tempo- stellung der Wandverdickung und eine Kontrast-
ralis. Neben alternierenden Segmenten mit Lumen- mittelanreicherung der Gefäßwand in fettgesättigten
einengungen werden dilatierte Wandabschnitte be- T1-gewichteten Sequenzen nach Gabe von Gadolini-
obachtet. Thorakale, seltener auch abdominelle um. Vor Kontrastmittelapplikation können fett-
Aneurysmen treten im Vergleich zu altersentspre- gesättigte T2-gewichtete oder STIR-Sequenzen zum
chenden Kollektiven häufiger auf. Pathogenetisch Nachweis eines Wandödems eingesetzt werden (Ata-
wird eine Immunreaktion unter Beteiligung von Zy- lay u. Bluemke 2001).
tokinen und T-Lymphozyten vermutet. Histologisch Aufgrund der fehlenden Wanddarstellung steht
zeichnet sich die Arteriitis durch mononukleäre Zel- die DSA nicht im Vordergrund der Diagnostik, auch
linfiltrate und Nachweis mehrkerniger Riesenzellen damit können jedoch die Lumenschwankungen, Ste-
aus, die Lamina elastica interna ist fragmentiert. nosen und Aneurysmen nachgewiesen werden.
In etwa 40–60% der Fälle ist die Riesenzellarteri-
itis mit der Polymyalgia rheumatica assoziiert, eine Differenzialdiagnose
Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis, Die Takayasu-Arteriitis tritt eher bei jüngeren, weib-
die sich durch morgendlich auftretende Schmerzen lichen Patienten auf, andere Vaskulitiden befallen
im Schultergürtel und den unteren Extremitäten vorwiegend mittlere bis kleinere Arterien. Arterio-
äußert. sklerotische Wandveränderungen können ein ähn-
liches Befallsmuster aufweisen, zeigen jedoch ein
Klinische Symptomatik anderes klinisches Bild und Risikoprofil.
Betroffen sind vorwiegend weibliche Patientinnen
im Alter von über 50 Jahren, die neben Fieber und Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Anämie eine stark beschleunigte Blutkörperchensen- Angesichts häufig auftretender Zephalgien und einer
kungsgeschwindgkeit (BSG) aufweisen. Der bei 2/3 schmerzhaft verdickten A. temporalis wird die Ver-
der Patienten beobachtete Befall der Temporalarte- dachtsdiagnose klinisch gestellt. Laborchemische
rien, die schmerzhaft verdickt und geschlängelt im- Veränderungen wie eine beschleunigte BSG und
ponieren, verursacht Zephalgien. Die Augenbeteili- Anämie sind entscheidende Hinweise für eine Rie-
gung als Folge einer ischämischen Optikusneuritis senzellarteriitis. Segmentale Stenosen und die öde-
kann eine Visusbeeinträchtigung bis zur Erblindung matöse Wandverdickung lassen sich am besten mit
zur Folge haben. Die Riesenzellarteriitis befällt zwar der FKDS nachweisen. Die MRT besitzt gegenüber
bevorzugt Äste der A. carotis, die Erkrankung kann der CT Vorteile in der besseren Darstellung der
jedoch alle Körperregionen betreffen: Stenosen des Wandveränderungen.
Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior
oder inferior können mesenteriale Ischämien zur
Folge haben (Evans et al. 2005). Merke ! Die Riesenzellarteriitis zeigt einen
bevorzugten Befall von Ästen der
Die Erkrankung spricht gut auf eine Therapie mit A. carotis, insbesondere der A. temporalis. Typische
Glukokortikoiden an. Die Behandlung ist oft lang- klinische Zeichen sind Zephalgien und druck-
wierig und muss über mehrere Monate bis Jahre fort- empfindlich verdickte Gefäße. Als Systemarteriitis
gesetzt werden. können alle Gefäßprovinzen einschließlich der
Mesenterialgefäße betroffen sein. Die bildgebende
Radiologische Symptomatik Methode der Wahl zum Nachweis segmentaler Lu-
Die Riesenzellarteriitis zeigt segmentale Lumenein- menschwankungen und dem Wandödem ist neben
engungen bis zu Stenosen mit alternierend auftreten- der FKDS die MRT. Die Sicherung der Diagnose
den Gefäßerweiterungen. Thorakale Aneurysmen erfolgt durch Biopsie der A. temporalis.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 227

Takayasu-Arteriitis Sonographisch kann die Verdickung und Infiltra-


tion der Gefäßwand wie bei der Riesenzellarteriitis
왔 Granulomatöse Arteriitis der Aorta als echoarmer Halo nachgewiesen werden. Stenosen
Definition
und ihrer Hauptäste unklarer Ätio- werden durch die FKDS verifiziert. Zur Detektion der
logie, die vorwiegend bei Patientinnen im Alter von Entzündungsherde kann die 18-FDG-PET als sensiti-
unter 50 Jahren auftritt. ves nuklearmedizinisches Verfahren eingesetzt wer-
den (Love et al. 2005). Als Schnittbildverfahren hat
Pathologisch-anatomische die CT gegenüber der DSA den Vorteil, dass Wand-
und ätiologische Grundlagen veränderungen und eine mögliche Infiltration des
Die Takayasu-Arteriitis zeigt eine Prädilektion des umgebenden Gewebes dargestellt werden können.
Aortenbogens und seiner Äste, insbesondere der Nach Gabe von Kontrastmittel imponiert die aktive
A. subclavia. Die Gefäßabgänge sind dabei stärker Erkrankung durch ein ringförmiges Enhancement
betroffen als die weiter peripher liegenden Abschnit- der Gefäßwand (Angeli et al. 2001).
te. In 18% der Fälle können auch der Truncus coelia- Die bessere Gewebedifferenzierung prädestiniert
cus und die A. mesenterica superior befallen sein die MRT zur Diagnose und zur Verlaufsbeurteilung
(Kerr et al. 1994). der Takayasu-Arteriitis. Mit der CE-MRA (kontrast-
Die Ätiologie der Takayasu-Arteriitis ist unklar, verstärkten MRA) können abgangsnahe Stenosen
immunpathogene Mechanismen werden vermutet. und Verschlüsse sowie Aneurysmen nachgewiesen
Es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung werden. Native fettgesättigte T2- und fettgesättigte
der großen und mittleren Arterien, die histologisch T1-gewichtete Sequenzen nach Gabe von Gadolini-
durch mononukleäre Zellinfiltrate, den Nachweis von um in axialer Schnittführung ermöglichen die Dar-
Riesenzellen und eine ausgeprägte Intimaprolifera- stellung des Wandödems und Aussagen über die Ak-
tion gekennzeichnet ist. tivität der Erkrankung anhand des Kontrastmittel-
verhaltens (Kissin u. Merkel 2004).
Klinische Symptomatik
Von der Erkrankung sind vorwiegend jüngere Differenzialdiagnose
Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. Die Riesenzellarteriitis befällt bevorzugt Äste der
Sie tritt in Südostasien etwa 10-mal häufiger als in A. carotis bei älteren Patientinnen. Die Abgrenzung
Europa auf. Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber gegenüber arteriosklerotischen Veränderungen kann
stehen klinisch die Beschwerden der Durchblutungs- schwierig sein. Es liegt jedoch ein unterschiedliches
störungen im Vordergrund. Bei bis zu 93% der Pa- Patientenkollektiv mit Kalkablagerungen in der Ge-
tienten ist die A. subclavia betroffen. Folgen sind fäßwand vor.
Kältegefühl in den Händen und eine beidseitige
Abschwächung bis Aufhebung des Radialispulses Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
(„pulseless disease“). Ein Befall der Mesenterialarte- Die Verdachtsdiagnose wird aufgrund der abge-
rien äußert sich in abdominellen Schmerzen, Übel- schwächten oder fehlenden beidseitigen Radialispul-
keit und Erbrechen. se, der Allgemeinsymptome und der erhöhten Ent-
Die Therapie der Erkrankung erfolgt in der akuten zündungsparameter gestellt. Zur Darstellung der
Phase mit Glukokortikoiden. Erhöhte Blutdruckwer- Wandinfiltration und der Lumenveränderungen ist
te, die Bedeutung für die Entwicklung von Komplika- die MRT die Methode der Wahl. Die CE-MRA sollte
tionen besitzen, werden durch Antihypertensiva ein- durch axiale Sequenzen vor und nach Gabe von Ga-
gestellt. In Abhängigkeit von Lokalisation und Aus- dolinium ergänzt werden (Tabelle 3.6). Die Aorta
dehnung wird neben der perkutanen Angioplastie muss in ihrem gesamten Verlauf untersucht werden.
auch die chirurgische Bypassanlage zur Behandlung Die DSA bleibt der präoperativen Planung und Bild-
von Stenosen eingesetzt. Interventionen sollten dabei gebung im Rahmen interventioneller Maßnahmen
nicht in der akuten Phase der Erkrankung durchge- vorbehalten.
führt werden.

Radiologische Symptomatik Merke ! Die Takayasu-Arteritiis ist eine vor-


wiegend bei jüngeren asiatischen
Angiographisch zeigt die Takayasu-Arteriitis ein ty- Frauen auftretende Erkrankung, die zu abgangs-
pisches Bild mit glattwandigen, abgangsnahen Steno- nahen Stenosen des Aortenbogens, insbesondere der
sen von Ästen des Aortenbogens. Um das Ausmaß der A. subclavia führt. Bei klinischem Verdacht erfolgt
Erkrankung vollständig zu erfassen, sollte die gesam- die Diagnose durch Darstellung des charakteristi-
te Aorta dargestellt werden. Während der Truncus schen Gefäßbefalls in der MRT, die auch für das Fol-
coeliacus und die A. mesenterica superior in 18% low-up eingesetzt wird. Auf die bioptische Sicherung
der Fälle beteiligt sein können, ist eine Stenose der muss oft verzichtet werden, da nur selten zugängli-
A. mesenterica inferior selten. ches Gewebe zur Verfügung steht.
228 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Tabelle 3.6. MRT-Untersuchungsprotokoll bei Vaskulitiden Während die Lebenserwartung nicht wesentlich re-
der großen Gefäße. (Nach Nastri et al. 2004) duziert wird, müssen häufig Amputationen von Fin-
Sequenz Typische Befunde
gern und Zehen durchgeführt werden.

T1 fs und T2 nativ Verdickung der Gefäßwand Radiologische Symptomatik


T2 fs Ödem der Gefäßwand als Ausdruck Angiographisch imponiert die Thrombangiitis oblite-
der Aktivität rans durch das Nebeneinander von normalen Gefäß-
3D-CE-MRA Stenosen und Aneurysmen abschnitten vorwiegend der proximalen Bereiche
großer Gefäße und segmentalen Stenosen sowie Verschlüssen der
T1 fs post KM Kontrastmittelanreicherung kleinen Arterien mit korkenzieherartiger Schlänge-
der Gefäßwand als Ausdruck lung der Kollateralen. Die beschriebenen Verände-
der Aktivität
rungen lassen sich auch in der FKDS nachweisen. Die
DSA stellt jedoch die Methode der Wahl dar. Ange-
sichts der peripheren Lokalisation und des seltenen
Befalls der Mesenterialarterien existieren über den
Thrombangiitis obliterans Einsatz von CT und MRT nur wenige Daten. Gemein-
sam sind beiden Verfahren die geringere räumliche
왔 Entzündliche thromboembolische Er- Auflösung im Vergleich zur DSA.
Definition
krankung der mittleren bis kleinen
Arterien und Venen, die nicht zu den Systemvaskuli- Differenzialdiagnose
tiden gezählt wird und mit Nikotinabusus assoziiert Arteriosklerotische Wandveränderungen zeigen sich
ist. bei jungen Patienten oft nicht in dem Ausmaß, dass
fortgeschrittene Symptome von Ischämien auftreten.
Pathologisch-anatomische Die Erkrankung ist auch mit Diabetes mellitus und
und ätiologische Grundlagen Hypercholesterinämie als weitere Risikofaktoren
Die Thrombangiitis obliterans (Morbus Winiwarter- vergesellschaftet. Im Gegensatz zur Arteriosklerose
Buerger) ist eine nichtarteriosklerotische segmentale treten bei der Thrombangiitis obliterans keine arte-
entzündliche Gefäßerkrankung, die vorwiegend zu riellen Kalkablagerungen auf.
arteriellen Verschlüssen der oberen und unteren Vaskulitiden der mittelgroßen Gefäße zeigen All-
Extremität mit sekundärer Thrombosierung führt. gemeinsymptome und erhöhte Entzündungspara-
Histopathologisch handelt es sich um eine Panangi- meter. Sie können ein ähnliches Befallsmuster auf-
itis mit Infiltration der Adventitia und Tunica weisen.
media. Im Gegensatz zur Riesenzellarteriitis und der
Takayasu-Arteriitis bleibt die Lamina elastica intakt. Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Die pathologische Immunkomplexbildung und zellu- Der vorwiegende Befall von mittleren bis kleinen
läre Antwort von T-Lymphozyten wird auf einen Ni- Arterien prädestiniert den Einsatz der DSA als bild-
kotinabusus als Auslöser der Autoimmunreaktion gebendes Verfahren der Wahl. Bei allergischer Vor-
zurückgeführt. geschichte kann auf die MRT als Modalität ausge-
wichen werden.
Klinische Symptomatik
Die Erkrankung tritt fast ausschließlich bei jungen
Rauchern auf und manifestiert sich zwischen dem
Merke ! Die Thrombangiitis obliterans tritt
fast ausschließlich bei jungen Rau-
40. und 45. Lebensjahr durch Durchblutungsstörun- chern auf und zeigt ein charakteristisches angiogra-
gen mit Kältegefühl und Claudicatio an Händen und phisches Bild mit unauffälligen großen bis mittleren
Füßen. Die Inzidenz beträgt bei Frauen 2%. In Süd- Gefäßen bei bilateralen, multiplen Stenosen der Ex-
ostasien tritt die Erkrankung deutlich häufiger auf tremitätenarterien und geschlängelt verlaufenden
als in Europa. Im Gegensatz zur Arteriosklerose Kollateralen. Der Befall der Mesenterialarterien ist
fehlen Diabetes mellitus und Hypercholesterinämie selten.
als begleitende Risikofaktoren.
In seltenen Fällen können auch die Mesenterial- Polyarteriitis nodosa
gefäße betroffen sein (Filis u. Bastounis 2004). Der
Befall äußert sich durch krampfartige abdominelle 왔 Die Polyarteriitis nodosa ist eine
Definition
Schmerzen, Diarrhö und Gewichtsabnahme. nekrotisierende Vaskulitis der mittle-
Die Prognose der Erkrankung korreliert eng mit ren bis kleinen Gefäße, die vorwiegend renale sowie
dem Rauchverhalten. Bei Fortführen des Nikotinkon- viszerale Arterien befällt und Mikroaneurysmen als
sums treten Ulzerationen an den Extremitäten auf. charakteristisches Merkmal aufweist.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 229

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Der segmentale, panmurale Befall kleiner viszeraler
Arterien mit mukoider Degeneration und fibrinoider
Nekrose führt zur Desintegration der Zellwand und
Ausbildung multipler, für die Erkrankung charakte-
ristischer Mikroaneurysmen. Als Auslöser der Er-
krankung werden Infektionen mit Hepatitis-B- und
Zytomegalieviren angesehen, die eine Immunkom-
plexreaktion initiieren. Histopathologisch stellen
sich polymorphkernige Zellinfiltrate in allen Wand-
schichten und im perivaskulären Bindegewebe dar.
Intimaproliferation und fibrinoide Nekrose führen
zu einer weiteren Einengung des Lumens.

Klinische Symptomatik
Die Erkrankung bevorzugt das männliche Ge-
a
schlecht. Das Durchschnittsalter beträgt 45 Jahre. Bei
Patienten mit Hepatitis B wird eine erhöhte Inzidenz
beobachtet.Alle Organe des Körpers können beteiligt
sein, bevorzugt werden die Niere (80–90%), der Gas-
trointestinaltrakt (50–70%), die Leber (50–60%) und
die Milz (45%).
Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber und Ge-
wichtsverlust stehen die durch den jeweiligen Organ-
befall ausgelösten Beschwerden im Vordergrund. Die
renale Beteiligung äußert sich in erhöhten Blut-
druckwerten und ansteigenden Retentionsparame-
tern, der Befall von Arterien des Gastrointestinal-
trakts in abdominellen Schmerzen, Übelkeit und
Erbrechen. Gastrointestinale Blutungen und Perfora-
tionen von Hohlorganen treten in etwa 5%, mesent-
eriale Infarkte in <2% der Fälle auf.
Während die Prognose der unbehandelten Poly-
arteriitis nodosa mit einer Fünfjahresüberlebensrate
b
von 10–20% schlecht ist, kann sie durch eine Thera-
pie mit Glukokortikoiden, ggf. in Kombination mit Abb. 3.43 a, b. Polyarteriitis nodosa, multiple Stenosen und
Cyclophosphamid, auf 80–90% erhöht werden. aneurysmatische Gefäßaufweitungen. a MRA, späte Phase,
b selektive DSA der A. mesenterica superior
Radiologische Symptomatik
In der DSA lassen sich multiple, oft perlschnurartig
angeordnete Aneurysmen in der Organperipherie desfolge. CT und MRT können häufig nur größere
nachweisen. Die großen Gefäße sind von den be- Aneurysmen und Gefäßveränderungen in fortge-
schriebenen Veränderungen ausgespart. Die Größe schrittenen Stadien darstellen. Sie dienen vor allem
der Aneurysmen liegt <10 mm, häufig zwischen der Visualisierung von Organveränderungen.Als Fol-
1 und 5 mm (Hagspiel et al. 1999). Im Gastrointesti- ge der Ischämie stellen sich die segmental betroffe-
naltrakt ist vorwiegend der Dünndarm, in absteigen- nen Dünn- und Dickdarmanteile dilatiert dar. Die
der Häufigkeit auch Mediastinum und Dickdarm be- Darmwand ist verdickt und weist ein ringförmiges
troffen (Abb. 3.43 a, b). Kontrastmittelenhancement auf (Target sign), das
Die Mikroaneurysmen sind häufig, aber nicht im- mesenteriale Ödem im angrenzenden Fettgewebe
mer anzutreffen. Gefäßunregelmäßigkeiten und Ste- führt zur Bildung von Aszites.
nosen können die einzigen Zeichen eines abdominel-
len Befalls darstellen.
Gastrointestinale Blutungen als Folge rupturierter Merke !
Für die Diagnosestellung der Poly-
arteriitis nodosa ist der Nachweis von
Aneurysmen und ischämische Kolitiden mit Darm- Mikroaneurysmen nicht spezifisch und keine Vor-
perforation sind selten, verlaufen aber häufig mit To- aussetzung. Die Erkrankung zeigt in der Biopsie
230 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

charakteristische histologische Befunde. Aufgrund den. Im weiteren Verlauf entwickeln die Patienten
des segmentalen Verteilungsmusters können die be- ausgeprägte Befunde mit Schmerzen durch Befall der
fallenen Abschnitte jedoch verfehlt werden. Kieferhöhlen und setzen blutig-eitriges Nasensekret
ab. Während pulmonale Infiltrate (70% der Patien-
Differenzialdiagnose ten) oft diagnostisch wegweisend sind, wird die Pro-
Als Differenzialdiagnose müssen andere Vaskuliti- gnose der Erkrankung durch den Nierenbefall mit
den beachtet werden, die mittelgroße bis kleine Ge- Ausbildung einer fokal nekrotisierenden Glomerulo-
fäßabschnitte befallen. Vaskulitiden bei rheumatoi- nephritis bestimmt.
der Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, Der Gastrointestinaltrakt ist klinisch in 10% der
Churg-Strauss-Syndrom und Drogenabusus können Fälle betroffen, die Patienten beklagen abdominelle
ebenfalls Mikroaneurysmen aufweisen, lassen sich Schmerzen und Durchfälle (Haworth u. Pusey 1984).
jedoch oft durch die Klinik ausschließen. Mehrere Fälle von Darmperforationen wurden be-
schrieben, sie scheinen die häufigste Ursache für ein
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie akutes Abdomen zu sein.
Der Nachweis von Organveränderungen und Kom- Unbehandelt endet die Erkrankung innerhalb we-
plikationen erfolgt im Ultraschall oder mit der CT. niger Monate tödlich im Nierenversagen. Durch eine
Die MRT kann insbesondere bei allergischer Disposi- Medikation mit Cyclophosphamid in Kombination
tion eingesetzt werden. Da die Aneurysmen oft nur mit Glukokortikoiden konnte die Prognose mit einer
eine Größe von 1–5 mm aufweisen, sollte eine DSA Fünfjahresüberlebenszeit von 85% deutlich verbes-
der Viszeralarterien durchgeführt werden. sert werden.

Merke ! Als nekrotisierende Vaskulitis befällt


die Polyarteriitis nodosa neben der
Radiologische Symptomatik
Schnittbildverfahren wie die CT und MRT zeigen –
Niere in bis zu 2/3 der Fälle Mesenterialgefäße und wie bei anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße –
imponiert angiographisch als multiple, in der Organ- segmental dilatierte Dünn- oder Dickdarmschlingen
peripherie liegende Mikroaneurysmen. Komplika- sowie fokal oder diffus verdickte Darmwände mit
tion sind selten, können sich jedoch in Blutungen Einengung des Lumens und pathologischem Kon-
durch Ruptur der Aneurysmen und Darmischämien trastmittelverhalten. Neben freier Flüssigkeit im Sin-
äußern, die durch CT oder MRT nachgewiesen wer- ne von Aszites werden vergrößerte abdominelle
den. Lymphknoten gefunden. Die distalen Abschnitte der
Mesenterialgefäße können stenosiert sein oder einen
Wegener-Granulomatose geschlängelten Verlauf aufweisen (Frauenfelder et al.
2004).
왔 Granulomatöse Vaskulitis der kleinen
Definition
Gefäße mit bevorzugtem Befall des Differenzialdiagnose
oberen und unteren Respirationstrakts in Verbin- Der abdominelle Befall der Wegener-Granulomatose
dung mit einer Glomerulonephritis. kann bildmorphologisch nicht von anderen Vaskuli-
tiden der kleinen Gefäße unterschieden werden. Die
Pathologisch-anatomische Erkrankung kann auch das Vorliegen einer entzünd-
und ätiologische Grundlagen lichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder
Die Ätiologie der Wegener-Granulomatose ist unklar. Colitis ulcerosa vortäuschen (Sokol et al. 1984). Die
Immunologische Untersuchungen konnten eine er- Differenzierung gelingt durch laborchemischen
höhte Synthese von Interferon-γ, Tumornekrosefak- Nachweis von c-ANCA und analogen Anti-Proteina-
tor-α und Interleukin 12 durch mononukleäre Zellen se 3- (Anti-PR3-) Antikörpern, die eine hohe Spezifi-
nachweisen. Der erhöhte Spiegel von c-ANCA wird tät in Bezug auf die Wegener-Granulomatose aufwei-
diagnostisch genutzt. Histologisch zeigt sich eine ne- sen.
krotisierende Vaskulitis mit Ausbildung von Granu-
lomen, die auch außerhalb der Gefäße nachgewiesen Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
werden können. CT und MRT sind die wichtigsten Verfahren, um
Männer sind von der Erkrankung doppelt so häu- einen abdominellen Befall durch die Wegener-Gra-
fig wie Frauen betroffen. Das mittlere Manifesta- nulomatose darzustellen. Da die Erkrankung keine
tionsalter liegt bei 40 Jahren. charakteristischen bildmorphologischen Zeichen
zur Abgrenzung gegenüber anderen Vaskulitiden der
Klinische Symptomatik kleinen Gefäße aufweist, muss die Diagnose durch
Initial äußert sich die Erkrankung durch rezidivie- Bestimmung der c-ANCA und Anti-PR3-Antikörper
rend auftretende Erkältungssymptome und Sinusiti- gesichert werden. Aufgrund des Befalls der kleinen
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 231

Gefäße und der vorwiegenden Veränderungen im Radiologische Symptomatik


Bereich der Endorgane stehen angiographische Ver- Ösophageale Motilitätsstörungen können im Brei-
fahren nicht im Vordergrund der Diagnostik. schluck nachgewiesen werden und betreffen vor al-
lem die distalen Abschnitte der Speiseröhre.
Merke ! Neben dem Respirationstrakt und den
Nieren kann die Wegener-Granulo-
Multisegmentale Verdickungen der Darmwand
weisen in der CT eine verstärkte Kontrastmittelauf-
matose in bis zu 10% der Fälle eine mesenteriale Ma- nahme der inneren und äußeren Abschnitte auf (Tar-
nifestation aufweisen und zu schweren Komplikatio- get sign), daneben werden dilatierte Darmabschnitte
nen wie Blutungen und Perforationen führen. Wich- beobachtet. Das mesenteriale Fettgewebe ist häufig
tigstes diagnostisches Mittel ist die Bestimmung von infiltriert. Es bildet sich Aszites aus, und die retrope-
spezifischen Antikörpern wie c-ANCA und Anti-PR3. ritonealen Lymphknoten imponieren vergrößert
Die bildgebende Diagnostik des abdominellen Be- (Byun et al. 1999). Die mesenterialen Gefäße sind be-
falls erfolgt mit Schnittbildverfahren wie der CT und tont und ziehen palisadenförmig zu den betroffenen
MRT. Darmabschnitten („comb sign“). Die mesenteriale
Gefäßinjektion wird als Frühzeichen der Lupus-er-
Lupus-erythematodes-Vaskulitis ythematodes-Vaskulitis diskutiert (Ko et al. 1997).
Spleno- und Hepatomegalie sowie die beidseitige
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der klei- Vergrößerung der Nieren mit pathologischem Kon-
Definition
nen Gefäße unklarer Ätiologie, die trastmittelverhalten als Ausdruck der Nephritis sind
neben der Haut vor allem synoviale und seröse wichtige Hinweise für das Vorliegen einer vaskulären
Strukturen befällt. Systemerkrankung.
Die segmentalen Darmwandverdickungen kön-
Pathologisch-anatomische nen auch sonographisch dargestellt werden. In der
und ätiologische Grundlagen DSA imponieren die distalen Gefäßabschnitte engge-
Die Zell- und Gewebeschädigung der Lupus-erythe- stellt, die Perfusion der Darmwand ist reduziert.
matodes-Vaskulitis kommt durch Ablagerung zirku-
lierender Antigen-Antikörper-Komplexe zustande,
die eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Blut- Merke ! Im Vergleich zur Mesenterialischämie
sind die Darmwandveränderungen
gefäße auslösen. Während die histopathologischen der Vaskulitiden kleiner Gefäße oft längerstreckiger,
Veränderungen der Gefäße nicht spezifisch sind, die- bevorzugen den Dünndarm und betreffen unter-
nen die bei der Nierenbiopsie erhobenen Befunde schiedliche Gefäßprovinzen. Ein Befall des Duode-
zur Abschätzung des Schweregrades der Erkrankung nums und begleitende Veränderungen von Milz oder
und Bestimmung der adäquaten Therapie. Nieren sprechen für das Vorliegen einer Vaskulitis
(Kim et al. 2001).
Klinische Symptomatik
Betroffen sind vor allem Frauen im Alter von 16– Differenzialdiagnose
41 Jahren, Männer, Kinder und ältere Patienten kön- Neben anderen Vaskulitiden der kleinen Gefäße
nen jedoch auch erkranken. Die Erkrankung befällt muss auch eine Arteriosklerose als Ursache der me-
vor allem die Haut, Gelenke, Nieren, das zentrale Ner- senterialen Ischämie als Differenzialdiagnose in Be-
vensystem und die Lunge. In bis zu 50% der Fälle ist tracht gezogen werden. Bei der Lupus-erythemato-
der Magen-Darm-Trakt beteiligt. Neben unspezifi- des-Vaskulitis sind die Veränderungen der Darm-
schen Symptomen werden vor allem abdominelle wand jedoch oft multifokal ausgebildet und lassen
Schmerzen beklagt. An Komplikationen können sich nicht nur einem Versorgungsgebiet zuordnen.
mesenteriale Infarkte, Blutungen und ein Ileus auf- Pathologische Veränderungen an Leber, Milz und ins-
treten. Der Gastrointestinaltrakt kann im gesamten besondere den Nieren sind weitere Hinweise für das
Verlauf betroffen sein. Proximal werden Ulzeratio- Vorliegen einer vaskulären Systemerkrankung.
nen der Mundschleimhaut, Motilitätsstörungen des
Ösophagus und Gastritiden beobachtet. Das Versor- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
gungsgebiet der A. mesenterica superior wird jedoch Schnittbildverfahren wie die CT und MRT eignen
von der Erkrankung bevorzugt. sich am besten, um die segmentalen Veränderungen
Die Diagnose der Erkrankung erfolgt anhand kli- der Darmwand und der Mesenterialgefäße als Hin-
nischer Klassifikationskriterien und dem Nachweis weis für einen abdominellen Befall durch die Lupus-
von Autoantikörpern. Während antinukleäre Anti- erythematodes-Vaskulitis darzustellen. Die Diagno-
körper (ANA) als Screening-Test gelten, sind Anti- sestellung erfolgt anhand klinischer Zeichen und
körper gegen Doppelstrang-DNS und gegen das dem Nachweis von Autoantikörpern (ANA, Anti-
Sm-Antigen hochspezifisch. dsDNS-AK, Anti-Sm-AK). Neben Veränderungen der
232 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Darmwand sollte auch auf einen Befall parenchyma- Radiologische Symptomatik


töser Organe geachtet werden. Schlüsselzeichen eines intestinalen Befalls sind tiefe,
penetrierende Ulzera, die die Ileozökalregion be-
Merke ! Der systemische Lupus erythemato-
des befällt vorwiegend Frauen im ge-
vorzugen und in Zusammenhang mit verdickten
Schleimhautfalten und Lumeneinengungen im Ko-
bärfähigen Alter und wird anhand klinischer Zeichen lonkontrasteinlauf in Doppelkontrastverfahren dar-
sowie Antikörpernachweisen diagnostiziert. Vorwie- gestellt werden können. In der CT zeigen sich poly-
gend sind Haut, Gelenke, Lunge und die Nieren be- poide Schleimhautvorwölbungen, verdickte Darm-
troffen. Der abdominelle Befall äußert sich in seg- wände mit verstärkter Kontrastmittelaufnahme und
mental verdickten Darmschlingen mit Infiltration konzentrischer Einengung des Lumens sowie einer
des perienteralen Fettgewebes und mesenterialer Ge- Imbibierung des mesenterialen Fettgewebes. Der
fäßinjektion. Grad der perienteralen Infiltration korreliert mit
dem Auftreten von Komplikationen. Eine ausgepräg-
Behçet-Syndrom te mesenteriale Infiltration erhöht die Wahrschein-
lichkeit von Mikroperforationen oder lokalen Perito-
왔 Nekrotisierende, leukozytoklastische nitiden (Ha et al. 1998).
Definition
Vaskulitis mit bevorzugtem Befall der Während sich angiographisch keine Schlängelung
Venolen und rezidivierendem Auftreten mukokuta- der Mesenterialarterien, Mukosahyperämie oder
ner und okulärer Symptome. frühe venöse Füllung darstellt (Stanley et al. 1975),
konnte dopplersonographisch bei symptomatischen
Pathologisch-anatomische Patienten mit intestinalem Befall durch ein Behçet-
und ätiologische Grundlagen Syndrom ein erhöhter Fluss in der A. mesenterica su-
Das Behçet-Syndrom ist eine Vaskulitis unklarer perior und inferior nachgewiesen werden (Sigirci et
Ätiologie, die vorwiegend die Venolen befällt und al. 2003).
durch eine Thromboseneigung gekennzeichnet ist.
Histopathologisch stellt sich die Erkrankung als ne- Differenzialdiagnose
krotisierende Vaskulitis mit Ablagerung von Immun- Aufgrund des bevorzugten Befalls der Ileozökal-
komplexen in der Wand kleiner Blutgefäße dar. Bei region sollte neben einer ulzerativen Kolitis ein Mor-
etwa der Hälfte der Patienten können zirkulierende bus Crohn als Differenzialdiagnose ausgeschlossen
Antikörper gegen die Mundschleimhaut nachgewie- werden. Das gleichzeitige Vorliegen rezidivierend
sen werden. auftretender oro-genitaler Ulzera, von Hautläsionen
und entzündlichen Augenerkrankungen können
Klinische Symptomatik wichtige Hinweise für ein Behçet-Syndrom darstel-
Die Erkrankung tritt bei Männern und Frauen gleich len.
häufig auf. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei
30 Jahren. In mediterranen Ländern wird eine erhöh- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
te Prävalenz beobachtet. Bei bevorzugtem Befall mu- Die modalitätsspezifischen Vorteile der CT mit
kokutaner und okulärer Strukturen gelten rezidivie- gleichzeitiger Darstellung von Veränderungen der
rend auftretende orale Ulzera als notwendige Krite- Darmwand – wie einer polypoiden Verdickung, einer
rien zur Diagnosestellung. Genitale Ulzera, Läsionen Infiltration des mesenterialen Fettgewebes, die Be-
der Augen und der Haut sowie ein positiver Pather- deutung für das Auftreten von Komplikationen be-
gie-Test (positive Hautreaktion nach intradermaler sitzt – und die Abbildung der Komplikationen selbst
Injektion von Natriumchlorid) sind Nebenkriterien, empfiehlt diese als diagnostisches Verfahren der
von denen 2 erfüllt sein müssen. Wahl.
Der Gastrointestinaltrakt ist bei 10–40% der Pa-
tienten betroffen (Ha et al. 1998). Schleimhautulzera
von Dünndarm und Kolon äußern sich in abdomi-
Merke ! Neben rezidivierend auftretenden oro-
genitalen Ulzera, Hautläsionen und
nellen Schmerzen und Diarrhöen. Komplikationen entzündlichen Augenerkrankungen kann das Behçet-
des abdominellen Befalls stellen Blutungen, Perfora- Syndrom auch intestinale Ulzerationen auslösen und
tionen, Fistelbildungen und Peritonitiden dar. imponiert bildmorphologisch als zirkuläre Wand-
Die Behandlung der Erkrankung erfolgt mit Glu- verdickungen, polypoide Schleimhautvorwölbungen
kokortikoiden in Kombination mit Immunsuppres- und Infiltration des mesenterialen Fettgewebes.
siva. Die neurologische Beteiligung hat eine kritische
Prognose, ansonsten ist die Lebenserwartung nicht
reduziert.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 233

Andere Vaskulitiden der kleinen Gefäße wie Zeroid diskutiert wird (Jois et al. 2004). Bei
der sekundären retroperitonealen Fibrose kann die
쐍 Rheumatoide Vaskulitis. Die rheumatoide Vaskulitis Erkrankung auf Medikamente wie Methysergid, auf
ist eine leukozytoklastische Vaskulitis vorwiegend Tumorerkrankungen oder Vaskulitiden zurückge-
der Venolen, die durch Ablagerung von Immunkom- führt werden, die eine desmoplastische Reaktion
plexen zustande kommt und sich meist kutan mani- initiieren. Histologisch zeigt sich eine chronisch-
festiert. Der Befall abdomineller Gefäße kann zu me- entzündliche Infiltration der Adventitia großer Ge-
senterialen Ischämien führen, die bildmorphologisch fäße, eine Ausdünnung der Media und eine peri-
in der CT als verdickte Darmwände mit pathologi- vaskuläre Fibrose mit Infiltration umgebender
scher Kontrastmittelaufnahme imponieren. Strukturen.
Die Erkrankung befällt vor allem die infrarenale
쐍 Churg-Strauss-Syndrom. Die granulomatöse Vasku- Aorta, ummauert die V. cava und die Ureteren, in-
litis manifestiert sich vorwiegend pulmonal und filtriert per continuitatem andere Organe, kann
kutan. In 20% der Fälle ist der Gastrointestinaltrakt aber in seltenen Fällen auch diskontinuierlich andere
befallen und führt zu Ulzerationen, Blutungen und Regionen wie Abschnitte der A. mesenterica superior,
Perforationen. Neben einer Vaskulitis der Mesente- den Truncus coeliacus und den Ductus hepatochole-
rialgefäße wird auch eine Infiltration der Darmwand dochus erfassen (Tamura et al. 2003; Vivas et al. 2000).
durch eosinophile Zellen beobachtet.
Klinische Symptomatik
쐍 Mikroskopische Polyangiitis. Als nekrotisierende Die Patienten weisen durchschnittlich ein Alter von
Vaskulitis der kleinen Gefäße zeigt die mikroskopi- 50 Jahren auf. Bei der idiopathischen Form wird das
sche Polyangiitis keine charakteristischen Zeichen männliche Geschlecht im Verhältnis 2:1 bevorzugt.
wie Mikroaneurysmen. Mit 80% sind vorwiegend die Zu Beginn der Erkrankung sind die Symptome un-
Nieren betroffen, bei einem Befall des Gastrointesti- spezifisch. Beklagt werden Fieber, Gewichtsverlust,
naltraktes imponiert die Darmwand verdickt und Müdigkeit und Flanken- oder Rückenschmerzen. Mit
zeigt wie bei anderen Vaskulitiden der kleinen Ge- fortschreitender Organmanifestation werden die Be-
fäße ein pathologisches Enhancement der inneren funde spezifischer. Die mesenteriale Infiltration kann
und äußeren Schichten im Sinne einer Kokarde. sich in kolikartigen abdominellen Schmerzen oder
Diarrhö äußern. Im Vordergrund steht jedoch häufig
쐍 Purpura Henoch-Schönlein. Die Purpura Henoch- die Obstruktion der V. cava inferior und die fort-
Schönlein tritt gewöhnlich bei Kindern auf. Bis zu schreitende Niereninsuffizienz.
70% weisen eine gastrointestinale Beteiligung mit Die Prognose der Erkrankung ist gut, sie spricht
kolikartigen Schmerzen, Übelkeit, Diarrhö oder Ob- auf die Behandlung mit Kortikosteroiden und ande-
stipation auf. Bildmorphologisch ist auch diese Vas- ren Immunsuppressiva an.
kulitis der kleinen Gefäße neben Aszites durch ver-
dickte Darmschlingen mit pathologischem Kontrast- Radiologische Symptomatik
mittelverhalten gekennzeichnet. Die Veränderungen Die CTA kann die Verlagerung, Einengung und prä-
betreffen vorwiegend die Mukosa und Submukosa stenotische Dilatation der Gefäße mit umgebender
und sind oft selbstlimitierend. Weichteilinfiltration nachweisen (Abb. 3.44 a). In der
portalvenösen Phase kann zwischen nicht anrei-
cherndem Bindegewebe und einem aktiv entzündli-
3.4.3.7 chen Prozess mit deutlichem Enhancement unter-
Retroperitoneale Fibrose schieden werden (Moroni et al. 2005).
In der MRT imponiert die perivaskuläre Infiltra-
왔 Chronisch-entzündlicher Prozess un- tion in frühen Stadien der Erkrankung in T2-ge-
Definition
klarer Ätiologie, der vorwiegend das wichteten Sequenzen hyperintens. Mit zunehmender
lumbale Retroperitoneum befällt. Fibrose zeigt sich eine niedrigere Signalintensität.
Das Ödem kann gegenüber dem Fettgewebe am be-
Pathologisch-anatomische sten in fettgesättigten T2-gewichteten Sequenzen ab-
und ätiologische Grundlagen gegrenzt werden (Abb. 3.44 b). In Abhängigkeit von
Die Ätiologie der retroperitonealen Fibrose ist nicht der entzündlichen Aktivität zeigen fettgesättigte T1-
vollständig geklärt. In etwa 2/3 der Fälle liegt die idio- gewichtete Sequenzen nach Gabe von Kontrastmittel
pathische, auch als Morbus Ormond bezeichnete einen deutlichen Signalanstieg (Abb. 3.44 c). Die
Form vor, bei der eine Autoimmunreaktion als Ant- MRA stellt die Einengungen des Lumens, Stenosen,
wort auf Bestandteile arteriosklerotischer Plaques Verschlüsse und Kollateralkreisläufe dar (Abb. 3.45).
234 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.45. Deutliche Einengung des Lumens der A. mesenteri-


ca superior im mittleren Gefäßabschnitt (Pfeil) bei retroperi-
tonealer Fibrose

Differenzialdiagnose
b Konfluierende, perivaskuläre Lymphome und malig-
ne mesenchymale Tumoren wie das Fibrosarkom,
aber auch Vaskulitiden können gegenüber atypi-
schen Manifestationen der retroperitonealen Fibrose
oft nicht sicher abgegrenzt werden. Bei unklaren Fäl-
len muss eine bioptische Abklärung erfolgen.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


CT und MRT sind geeignete Verfahren, um sowohl
die Gefäße als auch die perivaskuläre Infiltration dar-
zustellen. Modalitätsspezifisch zeigt die MRT einen
höheren Weichteilkontrast und ist der CT in der Bild-
gebung vorzuziehen. Um die Aktivität der Erkran-
kung beurteilen zu können, sollte die kontrastmittel-
gestützte MRA nativ durch fettgesättigte T1- und
T2-gewichtete Sequenzen in axialer Schnittführung
c
sowie fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen nach
Abb. 3.44 a–c. Retroperitoneale Fibrose mit Beteiligung der
Gabe von Kontrastmittel ergänzt werden.
A. mesenterica superior. a CTA, schräg koronare VRT: Einen-
gung des Gefäßlumens und perivaskuläre Infiltration. b MRT,
T2-gewichtete TSE-Sequenz fs: perivaskuläres Ödem (Pfeil). Merke ! In seltenen Fällen kann die retroperi-
toneale Fibrose nicht nur die infrare-
c MRT, T1-Wichtung flash fs nach KM: deutliche KM-Anrei-
cherung als Ausdruck der entzündlichen Aktivität nale Aorta, sondern auch die Mesenterialarterien,
den Truncus coeliacus oder den Ductus hepatochole-
dochus befallen. Um neben dem Ausmaß der Infiltra-
tion auch die Krankheitsaktivität bestimmen zu kön-
nen, erfolgt die Bildgebung am besten mit der MRT.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 235

3.4.4 Rezeptorantagonisten behandelt werden kann. Die


Nierengefäße mit fortschreitender Erkrankungsdauer beobachtete
Normalisierung des Reninspiegels erklärt die einge-
3.4.4.1 schränkte Wirksamkeit interventioneller Maßnah-
Arteriosklerotische Nierenarterienstenose men in Bezug auf die Blutdruckkontrolle und kommt
durch die zunehmende Aktivierung alternativer
왔 Arteriosklerotisch bedingte, ein- oder vasokonstriktiver Mechanismen zustande.
Definition
beidseitige Einengung der Nierenar- Neben einer renalen Hypertonie können Stenosen
terie mit Ausbildung einer renovaskulären Hyperto- auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion bis
nie und fortschreitender Niereninsuffizienz. zur terminalen Niereninsuffizienz auslösen. Da
<10% des Blutangebots für die Aufrechterhaltung
Pathologisch-anatomische der metabolischen Funktion der Niere notwendig
und ätiologische Grundlagen (Epstein 1997) und die Ausprägung des Stenosegra-
Hämodynamisch relevante Stenosen der Nierenarte- des nicht mit der Niereninsuffizienz korreliert ist
rien lassen sich dopplersonographisch bei 6,8% der (Farmer et al. 1999), kann die Erkrankung nicht allein
Patienten im Alter von über 65 Jahren nachweisen durch den poststenotischen Druckabfall und die re-
(Hansen et al. 2002). Die klinischen Manifestationen duzierte Perfusion erklärt werden. Die Stimulation
reichen von asymptomatischen Stenosen bis zur Ent- profibrogener Zytokine wie TGF und die lokale Wir-
wicklung einer renovaskulären Hypertonie, progre- kung von Angiotensin II sowie Endothelin I führen
dienter Niereninsuffizienz, Herzinsuffizienz, rezidi- neben anderen Mechanismen zu einer Schädigung
vierend auftretendem Lungenödem und Angina pec- der Podozyten, Proteinurie, sowie einer glomeru-
toris oder von Schlaganfällen. In einer Studie mit lären und tubulointerstitiellen Infiltration von Ent-
1235 Patienten, die einer Herzkatheteruntersuchung zündungszellen mit Ausbildung einer ausgeprägten
unterzogen wurden, stellte die Nierenarterienstenose interstitiellen Fibrose und Glomerulosklerose (Garo-
einen unabhängigen Faktor für die Gesamtmortalität vic u. Textor 2005).
mit einem relativen Risiko von 2,9 und einer Vier-
jahresmortalität von 30% bei einer Stenose von 50% Klinische Symptomatik
sowie 52% bei einer Stenose von >95% dar (Conlon Das Alter der Patienten liegt über 50 Jahren. Männer
et al. 1998, 2001). und Frauen sind gleich häufig betroffen. Als Risiko-
Trotz einem Anteil von <5% bei allen Hypertoni- faktoren gelten Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Hy-
kern stellt die renovaskuläre Hypertonie die häufig- perlipidämie und die arterielle Hypertonie. Etwa
ste Form der heilbaren sekundären Hypertonie dar. 25% der Patienten, die einer diagnostischen Herz-
In Kollektiven mit therapierefraktärer oder maligner katheteruntersuchung zugeführt werden, weisen eine
Hypertonie liegt der Anteil mit 25–45% deutlich Nierenarterienstenose auf (Weber-Mzell et al. 2002).
höher. Etwa 90% der Nierenarterienstenosen lassen Bei Patienten mit gesicherter peripherer arterieller
sich auf die renale Manifestation der Arteriosklerose Verschlusskrankheit (AVK) liegt die Inzidenz bei
zurückführen (Safian u. Textor 2001). Prädilektions- >30% (Olin et al. 1990). Ein abdominelles Strö-
stelle ist dabei das Ostium und die proximalen 2 cm mungsgeräusch auf Höhe des Bauchnabels gilt als
der Nierenarterie. Eine Beteiligung weiter peripher klinisches Leitsymptom. Weitere Hinweise sind die
liegender Gefäßabschnitte ist selten. plötzliche Verschlechterung einer vorbestehenden
Der Abfall des renalen Perfusionsdruckes stimu- Hypertonie, schwer einstellbare Hypertonie, zuneh-
liert über Barorezeptoren die Reninsynthese und mende Niereninsuffizienz, insbesondere unter The-
-ausschüttung im juxtaglomerulären Apparat. Die rapie mit ACE-Hemmern, eine unilaterale Schrumpf-
Protease Renin wandelt das in der Leber gebildete niere oder rezidivierend auftretendes Lungenödem
Angiotensinogen in Angiotensin I um, aus dem durch ohne Hinweis auf eine kardiale Funktionsstörung.
das endothelständige „Angiotensin-converting-En- Unter Berücksichtigung des systemischen Cha-
zym“ (ACE) Angiotensin II abgespalten wird (vgl. rakters der Erkrankung mit Auswirkungen auf die
Abb. 8.2, Abb. 8.3). Der renale Perfusionsdruck und kardiovaskuläre Mortalität und Fortschreiten einer
die glomeruläre Filtrationsrate werden durch die peripheren AVK stellt die medikamentöse Stufen-
Kontraktion der efferenten Arteriolen aufrecht erhal- therapie nach der WHO die Basis der Behandlung der
ten. Außerdem stimuliert Angiotensin II die Aus- Nierenarterienstenose dar. Mit der Kombination mo-
schüttung von ACTH, Kortisol sowie Aldosteron und derner Antihypertensiva wie ACE-Hemmern, Kalzi-
fördert die Natrium- und Wasserrückresorption. Va- umantagonisten, Betablockern und Angiotensin-I-
sokonstriktion und erhöhte Volumenbelastung füh- Rezeptorantagonisten lässt sich oft eine gute Blut-
ren zur Ausbildung einer reninabhängigen Hyperto- druckeinstellung erreichen. Die Indikation zur Inter-
nie, die durch ACE-Hemmer oder Angiotensin-I- vention sollte insbesondere bei medikamentösen
236 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Tabelle 3.7. Indikationen zur Angioplastie und Stentimplanta- Bei vergleichbaren Werten für den klinischen Ver-
tion nach den Leitlinien der ACC und AHA bei Nierenarterien- lauf und den technischen Erfolg liegt die Komplika-
stenosen (NAST). (Nach Hirsch et al. 2006)
tionsrate der operativen Revaskularisation höher,
Symptom Indikation sodass diese Methode der Behandlung einer Nieren-
arterienstenose bei gleichzeitig vorliegendem Aor-
Asymptomatische Bilaterale NAST, unilaterale ten- oder Nierenarterienaneurysma und technisch
Patientena NAST oder Einzelniere mit
hämodynamisch wirksamer NAST nicht durchführbarer oder nicht beherrschbarer
(50–70% mit Druckgradient Komplikationen nach Interventionen vorbehalten
20 mmHg oder >70%) bleibt.
Hypertonieb Maligne Hypertonie
Therapieresistente Hypertonie Radiologische Symptomatik
Verschlechterung einer
vorbestehenden Hypertonie
Im Vergleich zur DSA besitzt die Dopplersonographie
Hypertonie bei Medikamenten- eine Sensitivität von 84–98% bei einer Spezifität von
unverträglichkeit 62–99% (Carman et al. 2001). Aufgrund mangelnder
Hypertonie bei unilateraler Erfahrung oder Darmgasüberlagerung kann jedoch
kleiner Niere
in 4% der Untersuchungen keine sichere Aussage ge-
Niereninsuffizienz Verschlechterung der Nierenfunk- troffen werden (Hansen et al. 1990). Die Fluss-
tion bei bilateralen NAST
oder Einzelniere mit Nieren- beschleunigung imponiert in der FKDS durch ein
arterienstenose Aliasing und poststenotische Turbulenzen. Die intra-
Niereninsuffizienz stenotisch abgeleitete, maximale systolische Flussge-
bei unilateraler NASTc schwindigkeit liegt nach Winkelkorrektur >180 cm/s,
Kardiale Symptome Nicht-kardial bedingte Herz- das Verhältnis zwischen maximaler renaler und
insuffizienz oder rezidivierend aortaler Flussgeschwindigkeit >3,5. Poststenotisch
auftretendes Lungenödem
Instabile Angina pectoris fällt die systolische Flussgeschwindigkeit ab, und die
Dopplerkurve weist einen abgeflachten systolischen
a
Klasse-IIb-Empfehlung, bei unilateraler NAST oder Einzel- Anstieg mit einer verlängerten Akzeleration von
niere Nierengröße >7 cm.
b
Maligne Hypertonie: Endorganschäden; therapieresistente
>0,05–0,08 s sowie einer Verringerung des Akzelera-
Hypertonie: keine ausreichende Blutdruckkontrolle unter tionsindex auf <370–470 cm/s2 auf. Ein im Vergleich
Dreierkombination. zur kontralateralen Niere um >5% erniedrigter RI ist
c
Klasse-IIb-Empfehlung, Niereninsuffizienz: hochsensitiv für das Vorliegen einer hämodynamisch
GFR <60 ml/min/1,73m2 über 3 Monate.
relevanten Nierenarterienstenose. In einer prospekti-
ven Studie mit 191 Patienten, die einer Stentimplan-
tation bei Nierenarterienstenose unterzogen wurden,
Therapieversagern, einer raschen Verschlechterung konnte nicht bestätigt werden, dass bei einem RI von
der renalen Funktion, instabiler Angina pectoris oder >0,8 keine Verbesserung der Hypertonie oder Nie-
rezidivierend auftretendem Lungenödem bei hämo- renfunktion zu erwarten ist (Zeller et al. 2003).
dynamisch relevanter Nierenarterienstenose gestellt Die CTA erreicht eine hohe Sensitivität und Spezi-
werden sollte (Hirsch et al. 2006). Die Empfehlung fität (Fraioli et al. 2006). Bei einem positiven Vorher-
des American College of Cardiology (ACC) und der sagewert von 95% schließt eine in der CTA unauffäl-
American Heart Association (AHA) sind in Tabel- lig imponierende Nierenarterie zudem eine renovas-
le 3.7 aufgeführt. kuläre Hypertonie mit hoher Sicherheit aus und bie-
Eine Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt tet sich als Screening-Verfahren an (Prokop 1999).
678 Patienten, die einer Stentimplantation unterzogen Aufgrund des zur Scan-Ebene parallelen oder schrä-
worden waren, zeigte bei einer hohen technischen Er- gen Gefäßverlaufs ist mit axialen Schichten allein kei-
folgsrate eine Verbesserung der Hypertonie bei 69%, ne ausreichende Beurteilung möglich. Schräge oder
bei 38% eine Stabilisierung und bei 20% eine Verbes- zum Gefäßverlauf gekrümmte Dünnschicht-MIP in
serung der renalen Funktion (Leertouwer et al. 2000). 2 Ebenen erlauben die Darstellung exzentrischer
Bei vergleichbaren klinischen Ergebnissen war die oder konzentrischer abgangsnaher Plaques. Insbe-
Restenoserate (26 vs. 17%) in Studien mit alleiniger sondere bei Verkalkungen erwiesen sich interaktive
PTA höher, die primäre technische Erfolgsrate mit 77 VRT-Rekonstruktionen als hilfreich (Johnson et al.
vs. 98% geringer. Insbesondere bei ostialen Stenosen 1999). Zur weiteren Beurteilung und Graduierung
weist die primäre Stentimplantation in Bezug auf die sollten zum Gefäßverlauf orthogonale Schichten an-
technische Erfolgsrate und Offenheitsrate bessere gefertigt werden. Die Möglichkeiten der MPR erlau-
Werte auf (Baumgartner et al. 2000). Eine ausführ- ben eine genauere Quantifizierung von Stenosen als
liche Darstellung zur interventionellen Behandlung mit der DSA. Während die Detektion ostialer Steno-
der Nierenarterienstenose findet sich in Kap. 8.1.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 237

Abb. 3.46. Hochgradige beidseitige Nierenarterienstenosen in Abb. 3.47. Hochgradige infundibuläre Stenose der rechten
der MRA Nierenarterie in der Übersichts-DSA vor Intervention

sen leichter ist, entgehen peripher liegende Gefäßver- MPR und zusätzlichen Beurteilung der Gefäßwand
änderungen jedoch oft der Darstellung. bleibt die DSA unklaren Befunden oder der Bildge-
Wichtige Kollateralphänomene sind die post- bung im Rahmen interventioneller Maßnahmen vor-
stenotische Gefäßdilatation sowie eine verzögerte behalten (Abb. 3.47). Bei der selektiven Sondierung
Kontrastierung und Ausscheidung bei verkleinerter können unmittelbar ostial liegende Stenosen über-
Niere mit verschmälertem Parenchymsaum. Ange- sehen werden. Bei der Detektion peripher liegender
sichts der geringen Artefaktanfälligkeit eignet sich Stenosen von intrarenalen Ästen, die allerdings selten
die CTA außerdem hervorragend zur Nachbeobach- isoliert auftreten, besitzt die DSA jedoch klare dia-
tung von Patienten, die einer Stentimplantation un- gnostische Vorteile.
terzogen wurden. In-Stent-Stenosen können mit Bei der Captopril-Szintigraphie wird die seitenge-
VRT-Rekonstruktionen sicherer als mit MIP erkannt trennte Veränderung der glomerulären Filtrations-
werden (Mallouhi et al. 2003). rate nach Applikation eines ACE-Hemmers gemes-
Im Vergleich zur CTA ergeben sich bei der kon- sen. In ausgewählten Kollektiven konnte dabei eine
trastmittelgestützten 3D-MRA keine statistischen Sensitivität von 51–96% in Bezug auf die Erkennung
Unterschiede in Bezug auf die Erkennung hämo- hämodynamisch relevanter Nierenarterienstenosen
dynamisch wirksamer Nierenarterienstenosen (Will- erreicht werden (Prigent 1993). Im Vergleich zur Ba-
mann et al. 2003), sodass sich diese Modalität insbe- sisrenographie mit 99mTc-markierten Radiopharma-
sondere bei Patienten mit allergischer Disposition ka induziert der ACE-Hemmer einen Druckabfall in
anbietet. Tendenziell wird der Stenosegrad über- den Vas efferens und senkt die glomeruläre Filtra-
schätzt. In die Beurteilung müssen neben den MIP tionsrate in der betroffenen Niere. In der Folge stellen
(Abb. 3.46) die Quellschichten mit einbezogen wer- sich ein reduzierter Uptake, eine parenchymale Re-
den. Zum Gefäßverlauf orthogonale Projektionen tention und eine verzögerte Exkretion in das Nieren-
führen zu einer deutlich zuverlässigeren Bestim- becken dar (Abb. 3.48 a, b). Bedeutung besitzt das
mung des Stenosegrades (Schoenberg et al. 2005). Verfahren auch zur Detektion akzessorischer, steno-
Aufgrund der niedrigen Ortsauflösung können Ste- sierter Nierenarterien, die anderen, nichtinvasiven
nosen der intrarenalen Arterien der Beurteilung ent- bildgebenden Verfahren entgehen können. Der prä-
gehen. diktive Wert zur Vorhersage einer Verbesserung von
Angesichts der Qualität der durch CTA und MRA Blutdruck und renaler Funktion nach Angioplastie
erhobenen 3D-Datensätze mit der Möglichkeit der konnte in einer Studie mit 74 Patienten nicht be-
238 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Abb. 3.48 a, b. Verzögerter Tracer-Durchsatz bei


Nierenarterienstenose in der Captopril-Szinti-
graphie (hellgraue Kurve). a Basisuntersuchung,
b Untersuchung nach 30 mg Captopril p. o.

stätigt werden (Soulez et al. 2003). Da die Sensitivität Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
bei Patienten mit Niereninsuffizienz unzureichend Bei klinischem Verdacht auf eine Nierenarterienste-
ist und beidseitige Nierenarterienstenosen nicht er- nose erfolgt die Bildgebung mit den konkurrieren-
kannt werden, eignet sich die Modalität nicht als den und gleichwertigen Modalitäten Dopplersono-
Screening-Verfahren. graphie, CTA und MRA. Bei unklaren Befunden wird
auf eine andere Modalität ausgewichen oder eine
Differenzialdiagnose DSA angestrebt. Ist die Indikation (vgl. Tabelle 3.7)
Im Gegensatz zur arteriosklerotischen Nierenarte- gesichert, erfolgt die Intervention. Zur nichtinvasiven
rienstenose, die die proximalen 2 cm des Gefäßver- Verlaufsbeobachtung nach Stentimplantation eignen
laufs befällt, bevorzugt die fibromuskuläre Dysplasie sich Dopplersonographie und CTA.
insbesondere das mittlere Drittel der Nierenarterie.
Hier zeigen sich die charakteristischen, länger-
streckigen perlenkettenförmigen Schwankungen des Merke ! Die mit 90% weitaus häufigste Ursa-
che der Nierenarterienstenose sind
Gefäßlumens. Wie bei Vaskulitiden der großen und arteriosklerotische Wandveränderungen, die in den
mittleren Arterien (Takayasu-Arteriitis, Polyarteri- proximalen 2 cm nachgewiesen werden können.
itis nodosa), die ebenfalls Ursache einer Nierenarte- Hämodynamisch relevante Stenosen können durch
rienstenose sein können, sind vorwiegend jüngere nichtinvasive bildgebende Verfahren nachgewiesen
Patienten betroffen. oder ausgeschlossen werden. Aufgrund des systemi-
Aus der Aorta fortgeleitete Dissektionen der Nie- schen Charakters der Erkrankung erfolgt die Be-
renarterien können eine weitere Ursache einer Nie- handlung primär medikamentös. Bei gesicherter In-
renarterienstenose darstellen. In der FKDS, der CTA, dikation profitiert ein Teil der betroffenen Patienten
der MRA und der DSA stellt sich hier eine intralumi- von der Intervention in Bezug auf Hypertonie und
nale Bandstruktur als Ausdruck des Intimalappens Nierenfunktion.
dar. Die Klinik ist deutlich akuter als bei arterioskle-
rotischen Veränderungen.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 239

3.4.4.2 ponierenden Wandunregelmäßigkeiten in der angio-


Fibromuskuläre Dysplasie graphischen Darstellung können durch die dünnen
membranartigen Stenosen Druckgradienten vorlie-
왔 Nichtarteriosklerotische, nichtentzünd- gen, die durch intraarterielle Druckmessung erkannt
Definition
liche Arteriopathie vorwiegend der und durch Angioplastie behoben werden müssen
mittleren bis kleinen Arterien mit fibrotischer seg- (Mahmud et al. 2006; McLaughlin et al. 2005).
mentaler Wandverdickung.
Radiologische Symptomatik
Pathologisch-anatomische Angesichts der im mittleren bis distalen Abschnitt
und ätiologische Grundlagen der Nierenarterie liegenden Wandveränderungen ge-
Die Ätiologie der fibromuskulären Dysplasie ist un- lingt die Darstellung der fibromuskulären Dysplasie
klar. Neben genetischen und humoralen Faktoren im Ultraschall nur bei sehr guten Untersuchungsbe-
werden auch mechanische Ursachen diskutiert, die dingungen. Im B-Mode oder der FKDS zeigen sich
zu einer pathologischen fibroproliferativen Reaktion Lumenschwankungen mit Einkerbungen und einer
der Gefäßwand mit Ablagerung von Kollagen oder verdickt imponierenden Gefäßwand. Die Flussbe-
einer Hyperplasie der glatten Muskulatur führen. Mit schleunigung imponiert durch ein Aliasing und post-
etwa 70% ist die Nierenarterie am häufigsten betrof- stenotische Turbulenzen.
fen. Screening-Untersuchungen von asymptomati- In der CTA können die Stenosen, aneurysmati-
schen potenziellen Nierenspendern zeigten eine Inzi- schen Aufweitungen und die perlschnurartigen Ver-
denz von 6,6% in der Bevölkerung (Neymark et al. änderungen mit einer Sensitivität von 87% erkannt
2000). Bei 2/3 der Patienten finden sich die Verände- werden (Beregi et al. 1999). Die Detektion wird durch
rungen an beiden Seiten. Liegt ein unilateraler Befall die kombinierte Beurteilung axialer Quellschich-
vor, wird die rechte Seite bevorzugt. ten mit Dünnschicht-MIP, MPR und SSD („shaded
In Abhängigkeit vom Befallsort werden unter- surface display“) deutlich verbessert (Sabharwal et
schiedliche Formen der fibromuskulären Dysplasie al. 2006). Da weiter peripher liegende Stenosen nur
differenziert, wovon die mediale Fibroplasie mit unzureichend dargestellt werden, bleibt die DSA der
>80% am häufigsten vorkommt. Sie zeichnet sich Goldstandard zur Beurteilung der fibromuskulären
histopathologisch durch alternierend verdickt und Dysplasie.
ausgedünnt imponierende Mediaanteile aus, die Unter Berücksichtigung des jungen und vorwie-
durch aneurysmatische Aufweitungen das typische, gend weiblichen Patientenkollektives bietet sich die
perlschnurartige Bild in der Gefäßdarstellung erge- MRA als Screening-Untersuchung bei Verdacht auf
ben. Weitere Formen sind die perimediale (10–15%) das Vorliegen einer fibromuskulären Dysplasie an.
und die intimale (<10%) Fibroplasie, hier werden Die kontrastmittelgestützte 3D-MRA erreicht im Ver-
häufiger Dissektionen und thrombotische Verschlüs- gleich zur DSA eine Sensitivität von 97% bei einer
se beobachtet. Spezifität von 93% (Willoteaux et al. 2006). Bei der
Die segmentalen Einengungen und membranarti- Darstellung ist auf eine hohe Qualität in Bezug auf
gen Stenosen treten vorwiegend im mittleren und dis- Kontrastierung und Ortsauflösung ggf. durch An-
talen Drittel der Nierenarterien auf und sind für etwa wendung von Techniken der parallelen Bildgebung
10% der Nierenarterienstenosen verantwortlich. zu achten.
Die modalitätsspezifischen Vorteile der DSA er-
Klinische Symptomatik lauben die Darstellung peripher liegender Verände-
Die fibromuskuläre Dysplasie befällt vorwiegend rungen intrarenaler Arterien. Zirkuläre Stenosen in
Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 50 Abwechslung mit aneurysmatischen Aufweitungen
Jahren und stellt damit in diesem Kollektiv eine häu- führen bei der medialen Fibroplasie zu einem cha-
fige Ursache erhöhter Blutdruckwerte dar. Als einzi- rakteristischen perlschnurartigen Bild („string-of
ger Risikofaktor ist die familiäre Disposition be- beads“). In 98% der Fälle ist das proximale Segment
kannt. Während die intimale und perimediale Form ausgespart (Abb. 3.49). Die Weite der dilatierten Seg-
zu vollständigen Gefäßverschlüssen führen kann, mente überschreitet das normale Gefäßlumen (Lassi-
schreitet die mediale Fibroplasie langsam voran und ter 1998). Bei der intimalen Form zeigt sich eine
hat nur selten eine komplette Okklusion der Nieren- fokale konzentrische Einengung oder eine länger-
arterie zur Folge. streckige, symmetrische Stenose mit poststenoti-
Die primäre PTA der fibromuskulären Dysplasie scher Dilatation. Die perimediale fibromuskuläre
ist die Therapie der Wahl. Durch sie lässt sich in 95– Dysplasie weist längerstreckige, perlschnurartige
100% der Fälle eine Heilung oder deutliche Besse- Einschnürungen des Gefäßlumens auf. Der maxima-
rung der Blutdruckwerte erreichen (Tegtmayer et al. le Gefäßdurchmesser überschreitet hier nicht die
1982). Auch bei hämodynamisch nicht wirksam im- Weite des normalen Lumens (Kincaid et al. 1968).
240 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

derungen sind die proximalen Anteile der Nieren-


arterien regelmäßig ausgespart. In >95% der Fälle
tritt nach Angioplastie eine Verbesserung oder Hei-
lung der Hypertonie auf.

3.4.4.3
Nierenarterienembolie

왔 Akuter embolischer Verschluss der


Definition
Nierenarterien oder ihrer Äste mit
Folge einer renalen Ischämie oder eines Nierenin-
farkts.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Abb. 3.49. Fibromuskuläre Dysplasie: hochgradige Stenose Die weitaus meisten Niereninfarkte werden durch
am Übergang zum distalen Drittel mit poststenotischer Dilata- kardiale Embolien hervorgerufen. Ursachen sind
tion
Vorhofflimmern, akinetische Myokardanteile mit in-
trakardialen Thromben nach Herzinfarkt, Herzklap-
penfehler oder Endokarditiden. Daneben können
Differenzialdiagnose auch arterioarterielle Embolien auf dem Boden einer
Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen betref- vorbestehenden Arteriosklerose auftreten, die spon-
fen die proximalen Gefäßabschnitte, die bei der fibro- tan oder im Rahmen von Katheteruntersuchungen
muskulären Dysplasie in 98% der Fälle ausgespart oder Interventionen abgeschilfert werden.
bleiben. Die Patienten sind zudem älter. Beide Er- Innerhalb einer Stunde nach Verschluss einer
krankungen können jedoch simultan auftreten. Vas- A. arcuata oder Interlobararterie bildet sich ein keil-
kulitiden der großen bis mittleren Arterien führen förmiges Infarktareal aus, dessen Spitze in Richtung
nicht zum typischen angiographischen Bild der Nierenhilus zeigt. Aufgrund der Kollateralversor-
fibromuskulären Dysplasie mit perlschnurartigen gung aus den Kapselarterien bleibt ein subkapsulärer
Lumenschwankungen, sollten jedoch als Differen- Saum vital. Die narbige Umwandlung führt ab der er-
zialdiagnose in Betracht gezogen werden. sten Woche zur Schrumpfung des Gewebes, Einsin-
Die Dissektion ist eine Komplikation der fibro- ken der Oberfläche und Ausbildung einer unregel-
muskulären Dysplasie, insbesondere des perimedia- mäßigen Kontur. Die Veränderungen treten oft mul-
len und intimalen Subtyps. Aus der Aorta fortgeleite- tipel oder bilateral auf. Begleitend können Milz- oder
te Dissektionen können durch die unterschiedlichen andere Organinfarkte beobachtet werden.
Modalitäten davon sicher unterschieden werden.
Klinische Symptomatik
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie Die Patienten sind oft über 60 Jahre. Männer und
Angesichts des jungen Patientenkollektivs sollte bei Frauen sind gleich häufig betroffen. Kleinere Embo-
klinischem Verdacht primär eine kontrastmittelge- lien sind asymptomatisch und werden als Zufalls-
stützte 3D-MRA als Screening-Untersuchung durch- befund diagnostiziert. Größere Infarkte äußern sich
geführt werden.Aufgrund der Beteiligung peripherer durch akut einsetzende Flankenschmerzen, Fieber,
Äste bleibt die DSA der diagnostische Goldstandard Übelkeit und Erbrechen. In der Laboranalyse zeigt
zur Beurteilung der fibromuskulären Dysplasie.Auch sich eine deutlich erhöhte LDH als Ausdruck der
bei angiographisch gering imponierenden Wandun- Gewebsnekrose, erhöhte D-Dimere und eine Hämat-
regelmäßigkeiten können dünne membranartige Ste- urie.
nosen vorliegen, die durch invasive Druckmessung In Abhängigkeit von der Ausdehnung des infar-
erkannt und erfolgreich mit PTA behandelt werden zierten Areals erfolgt die Behandlung durch Antikoa-
können. gulation. Eine zugrunde liegende Nierenarterienste-
nose wird interventionell angegangen. Intraarterielle
Merke ! Die fibromuskuläre Dysplasie ist für
etwa 10% der Nierenarterienstenosen
Thrombolyse oder Thrombektomie sind weitere in-
terventionelle Verfahren bei größeren Infarkten. Bei
verantwortlich und tritt vorwiegend bei jüngeren irreversibler Schädigung muss die Niere operativ ent-
Frauen auf. Von den perlschnurartigen Gefäßverän- fernt werden.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 241

Radiologische Symptomatik
Proximale Embolien können als echoreiche intralu-
minale Strukturen mit Abbruch des Flusssignals in
der FKDS erkannt werden. Die B-Mode-Untersuchung
der Niere ergibt keine spezifischen Befunde. Nach
Gabe von Kontrastverstärkern demarkiert sich das
minderperfundierte Areal im Powerdoppler deutlich
besser, sodass Infarkte zuverlässig erkannt werden
können (Yucel et al. 2001).
Segmentale Infarkte können sich in der Ausschei-
dungsurographie durch Aussparungen im Nephro-
gramm darstellen. Globale Infarkte weisen ein feh-
lendes Nephrogramm und eine fehlende Ausschei-
dung auf der betroffenen Seite auf.
In der CTA zeigt sich ein Abbruch der größe-
ren Gefäßabschnitte in der MIP-Rekonstruktion Abb. 3.50. Embolischer Verschluss (Pfeil) der oberen Seg-
(Abb. 3.50). In der portalvenösen Phase finden sich mentarterie mit keilförmigem Perfusionsdefizit. CTA, ge-
keilförmige Perfusionsdefekte bei erhaltener Kontra- krümmte MIP, transversale Schnittführung (gleicher Patient
wie in Abb. 3.2)
stierung der subkapsulären Rinde als Ausdruck der
Kollateralisierung über Kapselarterien (Abb. 3.51 a).
Das „cortical rim sign“ tritt innerhalb von mehreren
Stunden nach dem Infarktereignis auf, wird bei etwa
50% der Patienten beobachtet und gilt als spezifisch Effekt auf. Das perirenale Fettgewebe kann infiltriert
(Wong et al. 1984). Die hypodensen Infarktareale wei- sein, gelegentlich zeigen sich subkapsuläre Flüssig-
sen in der Frühphase häufig einen raumfordernden keitsansammlungen (Suzer et al. 2002).

Abb. 3.51 a, b. Infarkt nach Nierenarterien-


embolie. a Erhaltene subkapsuläre KM-Anreiche-
rung: „cortical rim sign“. b Deutlich reduzierte
Tracer-Aufnahme der betroffenen Niere (hellgraue
Kurve)

b
242 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Die MRT zeigt in der akuten Phase ein in T2-ge- phien werden in dem vorselektierten Krankengut in
wichteten Sequenzen hyperintenses Signal, das sich bis zu 2,5% der Untersuchungen Nierenarterienan-
nach Kontrastmittelinjektion in T1-gewichteten Se- eurysmen nachgewiesen (Schorn et al. 1997). Häufig-
quenzen scharf durch die fehlende Anreicherung de- ste Ursache ist die Arteriosklerose. Vaskulitiden wie
markiert. In der selektiven DSA findet sich ein Ab- etwa die Polyarteriitis nodosa, die fibromuskuläre
bruch der Kontrastierung oder ein umspülter Embo- Dysplasie, das Ehlers-Danlos-Syndrom, Infektionen,
lus. Das nachgeschaltete Infarktareal zeigt einen keil- Traumen und Schwangerschaften sind seltenere Ur-
förmigen Perfusionsdefekt. Bei größeren Infarkten sachen für ein Aneurysma.
ist die Ausscheidung gestört. Angesichts der hohen Die Lokalisation ist am häufigsten extrarenal an
Ortsauflösung bleibt die DSA der Goldstandard zur der Gefäßgabelung. Es wird zwischen
Beurteilung embolischer Gefäßverschlüsse der Nie-
∑ sakkulären (Arteriosklerose, fibromuskuläre Dys-
renarterien.
plasie),
Nuklearmedizinisch können Niereninfarkte nach
∑ fusiformen (fibromuskuläre Dysplasie, keine Ver-
Injektion von 99mTechnetium-markiertem DTPA oder
kalkung),
MAG3 durch Parenchymdefekte und verminderte Tra-
∑ dissezierenden (traumatisch, iatrogen, perimedia-
cer-Aufnahme diagnostiziert werden (Abb. 3.51 b).
le und intimale fibromuskuläre Dysplasie) und
∑ intrarenalen (Polyarteriitis nodosa)
Differenzialdiagnose
Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen stellen Formen unterschieden. Während das Rupturrisiko
sich durch kalkhaltige Plaques mit luminaler Einen- gering ist, können Thromben rezidivierende Embo-
gung im Abgangsbereich der Nierenarterien dar. lien mit zunehmender Funktionseinschränkung der
Pyelonephritiden können in der portalvenösen Pha- Nieren auslösen.
se der CT ebenfalls als keilförmige Perfusionsdefekte
imponieren, hier fehlt jedoch die subkapsuläre Kon- Klinische Symptomatik
trastmittelanreicherung, das perirenale Fettgewebe Renale Aneurysmen sind häufig asymptomatisch
ist zudem deutlicher infiltriert. und werden im Alter von 40–70 Jahren als Zufalls-
befund entdeckt. Etwa 70% der Patienten weisen er-
Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie höhte Blutdruckwerte auf. Embolien oder Blutungen
In Abhängigkeit von Verfügbarkeit und renalen Re- können sich durch akut einsetzende Flankenschmer-
tentionsparametern sollte zunächst eine FKDS mit zen äußern.
Kontrastverstärkern angestrebt werden. In der CT Kalzifizierte Aneurysmen <2 cm werden nicht be-
imponieren Infarktareale als keilförmige Perfusions- handelt. Die Indikation zur Therapie ergibt sich bei
defekte mit erhaltener Kontrastierung der subkapsu- Größenzunahme, dem Auftreten von Niereninfark-
lären Rinde. Die Sicherung der Diagnose mit Lokali- ten, bei gebärfähigen Frauen oder bei einer Ruptur.
sation des Embolus und ggf. Intervention erfolgt mit Neben der operativen Resektion können auch inter-
der selektiven DSA. ventionelle Verfahren (Coiling, Embolisation) zum
Einsatz kommen.
Merke ! Der Nierenarterienembolie liegt häu-
fig eine kardiale Erkrankung als Em- Radiologische Symptomatik
boliequelle zugrunde. Während abgelaufene Infarkte Sonographisch stellt sich eine echoarme, pulsierende
in den Schnittbildverfahren charakteristische Befun- Raumforderung im Nierenhilus, ggf. mit thromboti-
de ergeben, erfolgt die Sicherung der Diagnose durch schen Wandauflagerungen, und Fluss in der FKDS dar.
die selektive DSA. In der CT können randständige Verkalkungen er-
kannt werden (Abb. 3.52 a). Nach Gabe von Kontrast-
mittel demarkieren sich intramurale Thromben,
3.4.4.4 gleichzeitig können embolisch bedingte Infarkte als
Nierenarterienaneurysma keilförmige Parenchymdefekte visualisiert werden.
Einblutungen, häufig bedingt durch die Ruptur eines
왔 Angeborene oder erworbene um- intrarenalen Aneurysmas bei Polyarteriitis nodosa,
Definition
schriebene Erweiterung des Gefäßlu- äußern sich durch ein subkapsuläres, intraparenchy-
mens der Nierenarterie oder ihrer Äste. males oder perirenales Hämatom.
MPR in unterschiedlicher Angulation, MIP und
Pathologisch-anatomische VRT erlauben bei der CTA und MRA, die Ausdeh-
und ätiologische Grundlagen nung des Aneurysmas mit Bezug zu den vaskulären
Die Prävalenz renaler Aneurysmen liegt in der Bevöl- Strukturen darzustellen und geben wichtige Hinwei-
kerung bei 0,01–0,1%. Im Rahmen von Angiogra- se für die operative Planung (Abb. 3.52 b).
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 243

Differenzialdiagnose
Lokalisation, Form und Zahl der Aneurysmen erlau-
ben Rückschlüsse auf die Ätiologie: Singuläre, ver-
kalkte Aneurysmen an der Gefäßaufzweigung sind
häufig arteriosklerotisch bedingt. Perlschnurartig
angeordnete Aneurysmen im mittleren bis distalen
Drittel oder der Segmentarterien werden bei der
fibromuskulären Dysplasie, multiple intrarenale An-
eurysmen bei Vaskulitiden wie der Polyarteriitis
nodosa beobachtet.

Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


a
Um neben der räumlichen Ausdehnung auch Kom-
plikationen wie Infarkte oder Blutungen erfassen zu
können, erfolgt die Darstellung von Nierenarterien-
aneurysmen primär mit Schnittbildverfahren wie der
CT oder MRT als biphasische Untersuchung nach
CTA oder MRA. Die selektive DSA schließt sich als
Goldstandard an und dient der operativen oder inter-
ventionellen Planung.

Merke ! Renale Aneurysmen sind seltene Zu-


fallsbefunde bei angiographischen
Untersuchungen der Nierenarterien oder bei CT-
und MRT-Untersuchungen des Abdomens. Sie sind
b
am häufigsten arteriosklerotisch bedingt, können
embolische Niereninfarkte auslösen oder rupturieren.

3.4.4.5
Arteriovenöse Malformationen der Nierenarterien

왔 Angeborene oder erworbene Fehlbil-


Definition
dung des renalen Gefäßsystems mit
direkter Verbindung zwischen Arterien und Venen
ohne zwischengeschaltetes Kapillarbett.

Pathologisch-anatomische
c
und ätiologische Grundlagen
Abb. 3.52 a–c. Randständig verkalktes, partiell thrombosier-
Renale arteriovenöse (AV-) Malformationen sind sel-
tes Nierenarterienaneurysma in der Gefäßaufzweigung. a VRT tene Befunde mit einer Prävalenz von 0,04% (Cho u.
transversal, b VRT koronar, c Übersichtsangiographie Stanley 1978). Etwa 1/3 sind angeboren und können
klassifiziert werden in:
∑ cirsoide AV-Malformationen mit multiplen arte-
riovenösen Verbindungen, die traubenförmig an-
einandergelagert neben dem Sammelsystem loka-
Als dynamisches Verfahren kann die DSA nicht
lisiert sind, oder
nur das Füllungsverhalten des Aneurysmas zeigen,
∑ als kavernöse AV-Malformationen, die von einer
sondern erlaubt auch Aussagen über eine Kompres-
einzelnen Arterie gespeist werden.
sion der Segmentarterien mit zeitverzögerter Kon-
trastierung des Nierenparenchyms (Abb. 3.52 c). Die Erworbene AV-Fisteln lassen sich häufig auf Trau-
DSA ist der Goldstandard vor der operativen oder in- men oder Nierenbiopsien zurückführen. Weitere Ur-
terventionellen Behandlung des Nierenarterienaneu- sachen sind onkologische oder entzündliche Erkran-
rysmas. Sie sollte jedoch mit Schnittbildverfahren kungen. Aufgrund der verstärkten Volumenbelas-
kombiniert werden, auch um thrombosierte Aneu- tung können AV-Fisteln zur Kardiomegalie führen.
rysmen nicht zu übersehen. Die Minderperfusion des distal der Fistel gelegenen
244 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Nierenparenchyms fördert die Ausbildung einer re- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie


novaskulären Hypertonie und Verschlechterung der Bei Verdacht auf AV-Malformationen sollte zunächst
Nierenfunktion. eine FKDS oder eine Mehrphasen-CT der Nieren
durchgeführt werden. Die Sicherung der Diagnose
Klinische Symptomatik und Planung der interventionellen Therapie erfolgt
Kongenitale AV-Malformationen werden bei Frauen mit der DSA.
häufiger als bei Männern beobachtet. Durch das er-
höhte Vorkommen penetrierender Verletzungen be-
vorzugen die erworbenen AV-Fisteln das männliche Merke ! AV-Malformationen sind selten und
oft asymptomatisch. Sie können je-
Geschlecht. Die Fehlbildungen sind häufig asympto- doch zu Hämaturie, erhöhtem Blutdruck und zu
matisch, können aber auch Flankenschmerzen her- Herzinsuffizienz führen. Während sich traumatisch
vorrufen. bedingte AV-Fisteln häufig spontan schließen, erfolgt
Aufgrund der räumlichen Nähe zum Sammelsys- die Therapie symptomatischer AV-Malformationen
tem kann bei 75% der symptomatischen Patienten ei- durch selektive Embolisation mit Alkohol und ande-
ne Hämaturie diagnostiziert werden, etwa 50% leiden ren flüssigen Embolisaten.
unter erhöhten Blutdruckwerten. Hypertonie und er-
höhte Volumenbelastung durch den AV-Shunt können
zur Ausbildung einer Herzinsuffizienz führen. 3.4.4.6
Traumatische AV-Fisteln verschließen sich oft Nierenvenenthrombose
spontan innerhalb von wenigen Monaten. Sympto-
matische AV-Malformationen werden selektiv embo- 왔 Vollständiger Verschluss oder subto-
Definition
lisiert. Zum Einsatz kommen Alkohol oder andere tale Stenose der Nierenvene durch
flüssige Embolisate (s. Kap. 8.1.2). Die operative Re- thrombotisches Material.
sektion kommt bei Tumoren oder Therapieversagern
zum Einsatz. Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Radiologische Symptomatik Die Nierenvenenthrombose ist eine häufig auftreten-
In der FKDS stellt sich eine umschriebene, inhomo- de Komplikation des nephrotischen Syndroms. In
gene Raumforderung im Nierenparenchym mit er- einer Untersuchung von 151 Patienten mit nephro-
höhten Flusssignal dar. Der AV-Shunt führt zu einem tischem Syndrom wiesen 22% eine Nierenvenen-
Anstieg des diastolischen Flusses in der zuführenden thrombose auf (Llach et al. 1980). Ursache ist eine Hy-
Arterie und zu einem pulsatilen Muster in der drai- perkoagulopathie durch Anstieg des Fibrinogens, ge-
nierenden Vene (Takebayashi et al. 1991). steigerte Thrombozytenaggregation und verstärkte
In der CT stellen sich die AV-Malformationen als renale Ausscheidung von Antithrombin III. Bei den
früharteriell anreichernde Raumforderung im Nie- meisten erwachsenen Patienten kann eine membra-
renparenchym mit erweiterter, geschlängelt verlau- nöse oder membranoproliferative Glomerulonephri-
fender drainierender Vene dar. Die Nierenvene zeigt tis nachgewiesen werden. Weitere Erkrankungen, die
einen höheren Kontrast als auf der Gegenseite. Die mit einer erhöhten Thromboseneigung einhergehen,
verminderte Perfusion des Parenchyms distal der AV- sind der systemische Lupus erythematodes, Anti-
Malformationen stellt sich als hypodenses Areal dar. thrombin-III-, Protein-C- und Protein-S-Mangel. De-
Die selektive DSA zeigt geschlängelt verlaufende hydratation, Traumen, mechanische Kompression
und erweiterte zuführende Arterien und Sammel- etwa in der Schwangerschaft oder Karzinome wie das
venen mit frühzeitiger Kontrastierung der Nieren- Nierenzellkarzinom und der Wilms-Tumor können
vene. Bei cirsoiden AV-Malformationen können mul- ebenfalls zu einer Nierenvenenthrombose führen.
tiple Feeder dargestellt werden, kavernöse AV-Mal- Risikofaktoren bei Neugeborenen und Kleinkindern
formationen werden durch ein einziges arterielles stellen erhöhtes Alter oder Diabetes mellitus der
Gefäß versorgt. Bei traumatisch bedingten AV-Fisteln Mutter, Dehydratation im Rahmen einer Gastro-
kann häufig ein Pseudoaneurysma nachgewiesen enteritis und Sepsis dar.
werden. Die längere linke Nierenvene ist häufiger als die
Gegenseite betroffen, es können jedoch auch beidsei-
Differenzialdiagnose tige Nierenvenenthrombosen auftreten.
Nierenhämangiome, hypervaskularisierte Nierenzel-
ladenome und -karzinome können in Schnittbildver- Klinische Symptomatik
fahren ähnlich wie AV-Malformationen der Nieren Nierenvenenthrombosen zeigen eine zweigipflige
imponieren, ihnen fehlt jedoch die frühe Kontrastie- Häufigkeitsverteilung mit verstärktem Auftreten bei
rung der Nierenvene. Kindern unter 2 Jahren und im Erwachsenenalter.
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 245

Die Thrombose verläuft häufig asymptomatisch, später zunehmend abfällt. Dynamische 3D-MRA-Se-
kann sich jedoch in akut einsetzenden Flanken- quenzen erlauben eine sichere Differenzierung des
schmerzen, Hämaturie und einer Verschlechterung Thrombus, ergänzende transversale und koronare
der Nierenfunktion mit Ausbildung generalisierter Schichten nach Gabe von Kontrastmittel zeigen eine
Ödeme äußern. Thromboembolische Ereignisse sind im Vergleich zur kontralateralen Seite vergrößerte
häufig: Etwa 50% der Patienten erleiden eine Lun- Niere mit verzögerter Anreicherung des Nieren-
genembolie. marks (Kanagasundaram et al. 1998).
In Abhängigkeit von Klinik, Ausdehnung, Nieren- Bei der selektiven angiographischen Darstellung
funktion und Ätiologie erfolgt die Behandlung medi- der Nierenvene stellt sich ein kompletter Verschluss
kamentös oder interventionell durch Thrombekto- oder teilumspülter Thrombus mit venöser Kollatera-
mie mit oder ohne Thrombolyse und Angioplastie lisierung dar. Da die Diagnose mit der FKDS, der CT
(Kim et al. 2006) oder MRT sicher gestellt werden kann, erfolgt die
invasive Diagnostik nur im Rahmen einer geplanten
Radiologische Symptomatik Intervention.
In der Ultraschalluntersuchung findet sich eine ver-
größerte Niere mit fehlender kortikomedullärer Dif- Differenzialdiagnose
ferenzierung und echoreichen Arealen als Ausdruck Pyelonephritiden können ein ähnliches nephrogra-
der Einblutung. Der echoarme Thrombus kann phisches Bild wie eine Nierenvenenthrombose auf-
durch den Einsatz der FKDS besser differenziert und weisen, hier fehlt jedoch der direkte Thrombusnach-
direkt dargestellt werden. In der Doppleruntersu- weis. Bei einer Abflussbehinderung der Ureteren ist
chung ist die Pulsatilität des venösen Flusses verrin- die Kontrastierung des Nierenmarks ebenfalls zeit-
gert und der RI im Vergleich zur Gegenseite erhöht. verzögert, die Ursache der Harnleiterstaus kann hier
In der akuten Phase der Erkrankung stellt sich der dargestellt werden. Tumorthromben weisen in der
Thrombus in der CT als hypodenser Füllungsdefekt CT und MRT eine Anreicherung nach Gabe von Kon-
in einer erweiterten Nierenvene dar (Abb. 3.53). Die trastmittel auf.
Niere ist vergrößert, die kortikomedulläre Phase hält
im Vergleich zur Gegenseite länger an, die Ausschei- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
dung ist verzögert und das perirenale Fettgewebe Die FKDS lässt eine sichere Darstellung der Nieren-
imponiert infiltriert. Mit fortschreitender Erkran- venenthrombose zu und ist insbesondere bei Kin-
kungsdauer bilden sich venöse Kollateralen aus, die dern die Modalität der Wahl. Alternative Verfahren
sich als geschlängelte Gefäße im Bereich des proxi- sind die dynamische MRA in Kombination mit nati-
malen Ureters und des Nierenlagers darstellen (Gate- ven Sequenzen und die biphasische CT in der korti-
wood et al. 1986). komedullären und späten Phase, um die Ausdehnung
In der MRT besitzt der Thrombus in der subaku- des Thrombus in die untere Hohlvene dokumentie-
ten Phase in nativen, fettgesättigten T1- und T2-ge- ren zu können.
wichteten Sequenzen ein hyperintenses Signal, das
Merke ! Die Nierenvenenthrombose tritt bei
Kindern unter 2 Jahren oder bei Er-
wachsenen, hier oft als Komplikation eines nephroti-
schen Syndroms, auf und kann in der FKDS, der CT
und der MRT sicher diagnostiziert werden.

3.4.4.7
Vaskulitiden

Die Manifestation der Vaskulitiden umfasst das ge-


samte Gefäßsystem von der Aorta bis zu den Venen
(s. oben, vgl. Tabelle 3.5).
In Abhängigkeit vom Befallsort reicht das Spek-
trum der Befunde von Stenosen der proximalen Nie-
renarterien (Takayasu-Arteriitis) über Aneurysmen
der Interlobararterien und der Aa. arcuatae (Poly-
arteriitis nodosa) bis zu Parenchymschäden der Nie-
re ohne begleitende Gefäßveränderungen in den
Abb. 3.53. Umspülter Thrombus in der linken Nierenvene Schnittbildverfahren (systemischer Lupus erythema-
(Pfeil) todes).
246 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Takayasu-Arteriitis tisch ein Aliasing, im Doppler finden sich erhöhte


Flussgeschwindigkeiten.
왔 Granulomatöse Arteriitis der Aorta In der CTA fehlen die für arteriosklerotische Er-
Definition
und ihrer Hauptäste unklarer Ätio- krankungen typischen Kalkplaques, die Gefäßwand
logie; die vorwiegend bei Patientinnen im Alter von ist verdickt und begleitende Veränderungen der Aor-
unter 50 Jahren auftritt. ta und der Mesenterialarterien stellen sich zuverläs-
sig dar.
Pathologisch-anatomische Die bessere Gewebedifferenzierung prädestiniert
und ätiologische Grundlagen die MRT für Diagnose und Verlaufsbeurteilung der
Die Ätiologie der Takayasu-Arteriitis ist unklar. Takayasu-Arteriitis. Mit der CE-MRA können ab-
Immunpathogene Mechanismen werden vermutet. gangsnahe, glattwandige und langstreckige Stenosen
Es handelt sich um eine granulomatöse Entzündung sowie seltener Aneurysmen nachgewiesen werden.
der großen und mittleren Arterien, die histologisch Native fettgesättigte T2- und fettgesättigte T1-ge-
durch mononukleäre Zellinfiltrate, den Nachweis von wichtete Sequenzen nach Gabe von Gadolinium in
Riesenzellen und eine ausgeprägte Intimaprolifera- axialer Schnittführung ermöglichen die Darstellung
tion gekennzeichnet ist. des Wandödems und Aussagen über die Aktivität der
Die Takayasu-Arteriitis zeigt eine Prädilektion des Erkrankung anhand des Kontrastmittelverhaltens
Aortenbogens und seiner Äste, insbesondere der (Nastri et al. 2004).
A. subclavia. Typischerweise sind die Gefäßabgänge In der DSA zeigt die Takayasu-Arteriitis ein typi-
dabei stärker betroffen als die weiter peripher liegen- sches Bild mit glattwandigen, abgangsnahen Steno-
den Abschnitte. Stenosen sind bis zu 4-mal häufiger sen von Ästen des Aortenbogens. Um das Ausmaß der
als Aneurysmen (Kerr et al. 1994). Die Takayasu-Ar- Erkrankung vollständig zu erfassen, sollte die gesam-
teriitis ist die einzige Vaskulitis, die zu einem Ver- te Aorta dargestellt werden.
schluss der Aorta führen kann. In etwa 40% der Fälle
sind die Nierenarterien betroffen.
Merke ! Zur Untersuchung von Vaskulitiden
der großen Gefäße wird die 3D-CE-
Klinische Symptomatik MRA durch zum Gefäßverlauf orthogonale, fettgesät-
Von der Erkrankung sind vorwiegend jüngere tigte T1- und T2-gewichtete Sequenzen ergänzt, um
Frauen im Alter zwischen 30 und 40 Jahren betroffen. neben der Gefäßmorphologie auch Aussagen über
Die Erkrankung tritt in Südostasien etwa 10-mal die Aktivität der Erkrankung stellen zu können.
häufiger als in Europa auf. Nach Allgemeinsympto-
men wie Fieber stehen später die Symptome der Ge- Differenzialdiagnose
fäßokklusion im Vordergrund der klinischen Be- Arteriosklerotisch bedingte Nierenarterienstenosen
schwerden: Bei bis zu 93% der Patienten ist die zeigen Kalkablagerungen in der Gefäßwand. Die Ste-
A. subclavia betroffen. Folgen sind Kältegefühl in den nosen sind oft kurzstreckig und unregelmäßig be-
Händen und eine beidseitige Abschwächung bis Auf- grenzt. Die Patienten sind häufig über 50 Jahre alt,
hebung des Radialispulses („pulseless disease“). Der das weibliche Geschlecht wird nicht bevorzugt.
Befall der Nierenarterien äußert sich in einer reno-
vaskulären Hypertonie, Herzinsuffizienz und einer Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
Verschlechterung der Nierenfunktion bis zur Dialy- Zur Darstellung einer durch die Takayasu-Arteriitis
sepflicht. verursachten Wandinfiltration und Stenose der Nie-
Die Therapie der Erkrankung erfolgt in der akuten renarterie ist die MRT die Methode der Wahl. Die
Phase der Erkrankung mit Glukokortikoiden. Erhöh- CE-MRA sollte durch axiale Sequenzen vor und nach
te Blutdruckwerte, die Bedeutung für die Entwick- Gadolinium-Gabe ergänzt werden, die Aorta muss in
lung von Komplikationen besitzen, werden zunächst ihrem gesamten Verlauf untersucht werden. Der DSA
durch Antihypertensiva eingestellt. Die Indikation bleibt die präoperative Planung und Bildgebung im
zur Angioplastie wird bei einer durch Monotherapie Rahmen interventioneller Maßnahmen vorbehalten.
nicht ausreichend eingestellten Hypertonie oder ei-
ner Stenose von >70% in der inaktiven Phase der Er-
krankung (normale BSG und CRP) gestellt, die PTA Merke ! Die Takayasu-Arteritiis ist eine vor-
wiegend bei jüngeren asiatischen
weist eine hohe Erfolgsrate auf (Weaver et al. 2004). Frauen auftretende Erkrankung, die zu abgangsna-
hen Stenosen des Aortenbogens, insbesondere der
Radiologische Symptomatik A. subclavia führt. Bei klinischem Verdacht erfolgt
Sonographisch kann eine konzentrische Verdickung die Diagnose durch Darstellung des charakteristi-
und Infiltration der Gefäßwand als echoarmer Halo schen Gefäßbefalls in der MRT, die auch für das Fol-
nachgewiesen werden. Die FKDS zeigt intrasteno- low-up eingesetzt wird. Nierenarterienstenosen, die
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 247

bei 40% der Patienten beobachtet werden, können in


der inaktiven Phase der Erkrankung erfolgreich
durch Angioplastie behandelt werden.

Polyarteriitis nodosa
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der mittle-
Definition
ren bis kleinen Gefäße ohne histologi-
sche Zeichen einer Glomerulonephritis oder Beteili-
gung der Arteriolen, Kapillaren und Venolen.

Pathologisch-anatomische
und ätiologische Grundlagen
Als Auslöser der Polyarteriitis nodosa werden Infek-
tionen mit Hepatitis-B- und Zytomegalieviren ange- Abb. 3.54. Polyarteriitis nodosa mit multiplen Mikroaneurys-
sehen, die eine Immunkomplexreaktion initiieren. men
Der segmentale, panmurale Befall kleiner Arterien
mit mukoider Degeneration und fibrinoider Nekrose
führt zur Desintegration der Zellwand und Ausbil-
dung multipler, für die Erkrankung charakteristi- sierung von Organveränderungen. Hier zeigen sich
scher Mikroaneurysmen. Histopathologisch stellen multiple Niereninfarkte unterschiedlichen Alters mit
sich polymorphkernige Zellinfiltrate in allen Wand- Perfusionsdefekten und Einziehungen der Oberflä-
schichten und im perivaskulären Bindegewebe dar. che. Die Rupturhäufigkeit liegt bei 9%. In den
Intimaproliferation und fibrinoide Nekrose führen Schnittbildverfahren finden sich dann subkapsuläre,
zu einer weiteren Einengung des Lumens mit Ausbil- intraparenchymale oder perirenale Hämatome (Jee
dung multipler Stenosen und Gefäßverschlüsse. et al. 2000).
In der DSA lassen sich multiple, oft perlschnurar-
Klinische Symptomatik tig angeordnete Aneurysmen an der Aufzweigung
Die Erkrankung bevorzugt das männliche Geschlecht. der Interlobararterien und der Aa. arcuatae nachwei-
Das Durchschnittsalter beträgt 45 Jahre. Bei Patienten sen. Die großen Gefäßstämme sind von den beschrie-
mit Hepatitis B wird eine erhöhte Inzidenz beobach- benen Veränderungen ausgespart. Die Größe der
tet.Alle Organe des Körpers können beteiligt sein, be- Aneurysmen liegt <10 mm, häufig zwischen 1 und
vorzugt wird die Niere (80–100%), das Herz (bis zu 5 mm (Abb. 3.54). Mikroaneurysmen sind häufig,
70%), der Gastrointestinaltrakt (50–70%), die Leber aber nicht immer anzutreffen. Angiographische Un-
(50–60%) und die Milz (45%, Travers et al. 1979). tersuchungen von 56 Patienten zeigten bei 61% an-
Neben Allgemeinsymptomen wie Fieber und Ge- eurysmatische Gefäßaufweitungen und bei 98% Ste-
wichtsverlust stehen die durch den jeweiligen Organ- nosen oder Gefäßverschlüsse. 39% der Patienten
befall ausgelösten Beschwerden im Vordergrund. Die wiesen als einziges Zeichen der Polyarteriitis nodosa
renale Beteiligung äußert sich in erhöhten Blut- luminale Einengungen ohne Aneurysmen auf (Stan-
druckwerten, schmerzloser Hämaturie und anstei- son et al. 2001).
genden Retentionsparametern. Die Ruptur intrare-
naler Aneurysmen oder Niereninfarkte stellen Kom- Differenzialdiagnose
plikationen dar und führen zu akut einsetzenden Vaskulitiden bei rheumatoider Arthritis, systemi-
Flankenschmerzen. schem Lupus erythematodes, Churg-Strauss-Syn-
Während die Prognose der unbehandelten Poly- drom oder Drogenabusus können ebenfalls Mikroa-
arteriitis nodosa mit einer Fünfjahresüberlebensrate neurysmen aufweisen und müssen als Differenzialdi-
von 10–20% schlecht ist, kann sie durch eine Thera- agnose durch klinische Parameter ausgeschlossen
pie mit Glukokortikoiden, ggf. in Kombination mit werden.
Cyclophosphamid, auf 80–90% erhöht werden. Rup-
turierte Nierenaneurysmen werden interventionell Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
durch Coiling behandelt. Schnittbildverfahren wie CT und MRT dienen zur
Darstellung von Komplikationen wie Nierenin-
Radiologische Symptomatik farkten oder Einblutungen. Zur Visualisierung von
CT und MRT können häufig nur größere Aneurys- Mikroaneurysmen und segmentalen Stenosen sowie
men und Gefäßveränderungen in fortgeschrittenen Verschlüssen peripherer Arterien muss eine selektive
Stadien darstellen, sie dienen vor allem der Visuali- DSA der Nierenarterien durchgeführt werden.
248 Kapitel 3 Gefäße im Abdomen

Merke ! Der fehlende Nachweis von Mikro-


aneurysmen schließt die Diagnose ei-
Die Diagnose der Erkrankung erfolgt anhand kli-
nischer Klassifikationskriterien und dem Nachweis
ner Polyarteriitis nodosa nicht aus. Gefäßverschlüsse von Autoantikörpern. Während ANA als Screening-
und Stenosen sind deutlich häufiger und können das Test gelten, sind Antikörper gegen ds-DNS und gegen
einzige angiographische Zeichen der Erkrankung das Sm-Antigen hochspezifisch. Der systemische Lu-
darstellen. pus erythematodes kann nicht geheilt werden. Seine
Die Polyarteriitis nodosa befällt als nekrotisieren- Behandlung stützt sich vor allem auf Glukokortikoi-
de Vaskulitis in >90% die Niere und imponiert an- de und Immunsuppressiva wie Cyclophosphamid.
giographisch als intrarenale Mikroaneurysmen und
Gefäßokklusionen. Die Erkrankung spricht gut auf Radiologische Symptomatik
die Behandlung mit Glukokortikoiden an, rupturier- In der Ultraschalluntersuchung zeigen sich beidseits
te Aneurysmen können interventionell angegangen vergrößerte Nieren mit einem Längsdurchmesser
werden. von >13 cm und einer verstärkten Echogenität der
Nierenrinde. Mit fortschreitender Krankheitsdauer
Lupus-erythematodes-Vaskulitis und Niereninsuffizienz imponieren die Nieren ver-
kleinert. Bei der Doppleruntersuchung korreliert der
왔 Nekrotisierende Vaskulitis der klei- RI mit erhöhten Kreatininwerten und einer schlech-
Definition
nen Gefäße unklarer Ätiologie, die teren klinischen Prognose (Platt et al. 1997).
neben der Haut vor allem synoviale und seröse Die CT-Befunde sind unspezifisch: Die Nieren sind
Strukturen befällt. vergrößert, und es zeigen sich radiär verlaufende hy-
podense Streifen, die auf die Vaskulitis zurückge-
Pathologisch-anatomische führt werden. Begleitende Veränderungen an Leber
und ätiologische Grundlagen und Milz, Pleuraergüsse, Aszites, eine Infiltration des
Die Zell- und Gewebeschädigung der Lupus-erythe- mesenterialen Fettgewebes und ischämische Darm-
matodes-Vaskulitis kommt durch Ablagerung zirku- abschnitte können wichtige Hinweise für das Vorlie-
lierender Antigen-Antikörper-Komplexe zustande, gen einer Systemerkrankung darstellen. Durch die
die eine nekrotisierende Vaskulitis der kleinen Blut- Hyperkoagulopathie im Rahmen des nephrotischen
gefäße auslösen. Während die histopathologischen Syndroms induzierte Nierenvenenthrombosen im-
Veränderungen der Gefäße nicht spezifisch sind, die- ponieren als hypodense Füllungsdefekte in einer
nen die bei der Nierenbiopsie erhobenen Befunde erweiterten Nierenvene.
zur Abschätzung des Schweregrades der Erkrankung Mikroaneurysmen sind bei der Lupus-erythema-
und Bestimmung einer adäquaten Therapie. Immun- todes-Vaskulitis deutlich seltener als bei der Poly-
histochemisch können bei allen Patienten mit syste- arteriitis nodosa. In der DSA können die Inter-
mischem Lupus erythematodes pathologische Verän- lobulararterien ein geringeres Kaliber aufweisen, die
derungen gefunden werden, die in etwa 50% der Fäl- Aa. arcuatae und interlobares verlaufen geschlängelt.
le klinisch apparent sind. Neben tubulointerstitiellen Die Perfusion der Niere ist reduziert, das Nephro-
Schäden zeigen sich unterschiedliche Formen der gramm kann Defekte aufweisen.
Glomerulonephritis. Die diffus-proliferative Glome-
rulonephritis ist am häufigsten und führt unbehan-
delt innerhalb von 2 Jahren zur Niereninsuffizienz.
Merke ! Der systemische Lupus erythemato-
des kann bildmorphologisch weder
Die durch die Erkrankung ausgelöste Hyperko- mit Schnittbildverfahren noch der DSA sicher von
agulopathie erhöht das Risiko thrombotisch beding- anderen Vaskulitiden kleiner Gefäße unterschieden
ter Gefäßverschlüsse und kann zu Nierenvenen- werden. Zur Abgrenzung muss eine Bestimmung der
thrombosen führen. Autoantikörper erfolgen.

Klinische Symptomatik Differenzialdiagnose


Betroffen sind vor allem Frauen im Alter zwischen Differenzialdiagnostisch müssen andere Vaskuliti-
16 und 41 Jahren. Männer, Kinder und ältere Patien- den der kleinen und mittelgroßen Gefäße ausge-
ten können jedoch auch erkranken. Die Erkrankung schlossen werden. Da die mit Ultraschall und DSA er-
befällt vor allem die Haut, Gelenke, Nieren, das zen- hobenen Befunde unspezifisch sind, erfolgt dies mit
trale Nervensystem und die Lunge. Die renale Mani- Hilfe von Klinik und Laborchemie.
festation äußert sich in einer Proteinurie, Hämaturie,
einem nephrotischen Syndrom, erhöhten Blutdruck- Empfehlungen zur Untersuchungsstrategie
werten und einer fortschreitenden Verschlechterung Schnittbildverfahren wie Ultraschall und CT eignen
der Nierenfunktion bis zur terminalen Insuffizienz sich am besten, um Organveränderungen darzustel-
und Dialysepflicht. len. Da die Diagnosestellung anhand klinischer Zei-
3.4 Erkrankungen der abdominellen Gefäße 249

chen und dem Nachweis von Autoantikörpern (ANA, Cho KJ, Stanley JC (1978) Non-neoplastic congenital and
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Radiology 129: 333–343
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Peripheres Gefäßsystem 4
P. Reimer, R. Vosshenrich, P. Landwehr

4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 253 Abb. 4.2 a–f). Obwohl die modernen Angiographie-
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, techniken generell als sicher gelten, verbleiben je-
Radiometrie 269 doch gewisse Risiken. Dazu zählen sowohl punk-
4.2.1 Anomalien und Varianten 272
tionsbedingte Komplikationen als auch kontrast-
4.3 Systematische Bildanalyse 274 mittelinduzierte Zwischenfälle und Organschäden
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 282 (Waugh u. Sacharias 1992). Hinzu kommen mediko-
4.4.1 Arteriosklerose 282 legale Probleme im Hinblick auf die Aufklärung des
4.4.2 Aneurysmen 289
4.4.3 Diabetische Angiopathie 292 Patienten mit dem Hinweis auf alternative Verfahren
4.4.4 Vaskulitiden 293 und Aspekte im Rahmen der Nachsorge sowie öko-
4.4.5 Thrombangiitis obliterans 296 nomische Überlegungen (Yin et al. 1995).
4.4.6 Morbus Raynaud und sekundäres Aus diesen Gründen beinhalteten moderne Unter-
Raynaud-Phänomen 298
4.4.7 Fibromuskuläre Dysplasie 300 suchungskonzepte in Abhängigkeit vom Schwere-
4.4.8 Zystische Erkrankung der Adventitia 301 grad einer peripheren arteriellen Gefäßerkrankung
4.4.9 Popliteales arterielles Entrapment-Syndrom 302 neben angiologischen, nichtapparativen und appara-
4.4.10 Thoracic-outlet-Syndrom 305 tiven Funktionstests (klinische Untersuchung, Be-
4.4.11 Trauma 307
stimmung der standardisierten beschwerdefreien
Literatur 311
Gehstrecke mittels Laufbandtest, Dopplerverschluss-
druckmessung, Arm-Knöchel-Index-Bestimmung,
Belastungstests, Oszillographie) auch verschiedene
4.1 nichtinvasive bildgebende Verfahren wie die Ultra-
Radiologische Untersuchungstechnik schalldiagnostik [B-Sonographie, Farbduplexsono-
graphie], die CT-Angiographie oder die Magnet-
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), resonanzangiographie (MR-Angiographie).
zunehmend häufig in Kombination mit dem Diabetes
mellitus, ist in den Industrienationen eine vermehrt Ultraschalldiagnostik
auftretende Erkrankung der immer älter werdenden Für die sonographische Diagnostik des peripheren
Bevölkerung. In Deutschland sind etwa 3,3 Mio. Men- Gefäßsystems stehen in der klinischen Routine die
schen betroffen. In 80–90% der Fälle wird die Er- folgenden Verfahren zur Verfügung:
krankung durch eine Arteriosklerose verursacht
∑ Dopplersonographie (ohne Bildgebung, zur Dopp-
(Dormandy et al. 1999). Gegenwärtig werden auf-
lerverschlussdruckmessung),
grund einer pAVK in Deutschland jährlich etwa
∑ B-Sonographie,
22.000 Amputationen durchgeführt. An den direkten
∑ Farbduplexsonographie,
Krankheitsfolgen versterben etwa 18.000 Patienten.
∑ Spezialverfahren wie Panorama- und 3D-Bildge-
Für Leistungen wegen arteriosklerotischer Gefäß-
bung, Phaseninversionstechniken, durch Echosig-
erkrankungen entstehen Kosten von insgesamt
nalverstärker unterstützte Techniken und Power-
2,2 Mrd. Euro pro Jahr. Statistische Schätzungen ha-
Doppler-Techniken.
ben ergeben, dass jedes Jahr etwa 100.000 Neuerkran-
kungen zu erwarten sind (Gesundheitsbericht für Die nichtbildgebende Dopplersonographie ist ein
Deutschland 1998). Untersuchungsverfahren zur Funktionsbestimmung
Für die Diagnostik der Erkrankung war die invasi- (Hämodynamik), wohingegen die B-Sonographie le-
ve Arteriographie mit intraarterieller Kontrastmittel- diglich morphologische Informationen liefert (Ge-
applikation zunächst als Blattfilm-Angiographie, fäßtopographie, Gefäßumgebung, Gefäßwand). Erst
dann als digitale Subtraktionsangiographie (DSA) die Kombination aus gepulster Dopplersonographie
für Jahrzehnte die Methode der Wahl (Abb. 4.1 a–l, und B-Bildsonographie (z. B. in Form der Farbdu-
254 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

a b c

d e f

g h i

Abb. 4.1 a–l. Retrograde DSA bei pAVK. Die retrograde DSA lungsphasen (a, b, f–k) abgebildet sind. Die Beckenetage wurde
mit einem 3-French-Katheter zeigt bei pAVK Stadium II B eine in 3 Projektionen aufgenommen (c–e). Für den distalen Unter-
generalisierte pAVK mit einem Verschluss der A. femoralis su- schenkel und die Füße wurde zusätzlich ein Summationsbild
perficialis links (Pfeile). Der Verschluss bewirkt eine Flussver- der verschiedenen Füllungsphasen angefertigt (l).
zögerung in das linke Bein, sodass von den Aufnahmen 2 Fül- j–l siehe nächste Seite
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 255

j k l

Abb. 4.1 j–l.

plexsonographie) erlaubt gleichzeitig Aussagen über ren systolischen Wert der A. brachialis beider Arme
die Gefäßtopographie, die Gefäßwand und den Blut- wird als Dopplerverschlussdruckquotient (auch Dop-
fluss. plerverschlussdruckindex oder bei Einsatz an der un-
Zur sonographischen Untersuchung der periphe- teren Extremität Knöchel-Arm-Index genannt; eng-
ren Arterien nimmt der Patient eine bequeme Rü- lisch: ABI/„ankle brachial index“) bezeichnet.
ckenlage ein. Zur Darstellung der A. poplitea sowie
der A. tibialis posterior und der A. fibularis ist die
Bauchlage günstiger. Der Untersucher sitzt neben der Merke ! Der Dopplerverschlussdruckquotient
ist ein einfacher und robuster Para-
rechten Patientenseite. meter für die hämodynamische Integrität der Extre-
Die alleinige Dopplersonographie, die noch im- mitätenarterien, zudem ist er ein guter Marker für
mer unverzichtbare Basis jeder apparativen Diagnos- das allgemeine kardiovaskuläre Risiko (Diehm et al.
tik der peripheren Arterien ist, kann mit einfachen, 2004; Lange et al. 2005).
tragbaren und kostengünstigen Geräten durchge-
führt werden. Mittels Stiftsonden (z. B. 5 MHz-Sende- Die Untersuchung sollte zwecks Standardisierung
frequenz) und kontinuierlicher Schallaussendung nach etwa 15-minütiger Ruhepause des Patienten er-
[„Continous-wave- (CW-) Dopplersonographie“] folgen. Das dopplersonographisch detektierte Wie-
kann der Blutfluss in den peripheren Arterien sensi- derauftreten des Flusses bei langsamer Reduktion
tiv nachgewiesen werden. Hierdurch wird es mög- des Manschettendrucks markiert die Höhe des systo-
lich, eine nichtinvasive systolische Blutdruckmes- lischen Blutdrucks auf Höhe der Blutdruckman-
sung in den distalen Unterschenkelarterien unter Zu- schette. Bei Grenzbefunden in Ruhe (z. B. subnorma-
hilfenahme einer einfachen Blutdruckmanschette le oder normale, nichtkonklusive Werte) kann die
vorzunehmen. Hierbei übernimmt der Ultraschall- Untersuchung nach definierter Belastung wiederholt
kopf die Funktion des tastenden Fingers bzw. des Ste- werden, um die Sensitivität zu erhöhen. Zum Beispiel
thoskops, um bei schrittweisem Ablassen des Drucks wird bei vermuteter pAVK vom Oberschenkeltyp
in der Blutdruckmanschette bei Unterschreiten des durch 40 Zehenstände, bei vermuteter pAVK vom Be-
systolischen Drucks die Reperfusion zu detektieren. ckentyp durch 20 Kniebeugen eine Belastungssitua-
Die Messung des Dopplerverschlussdrucks an den tion geschaffen, die zu einem passageren Absinken
Unterschenkelarterien im Vergleich mit dem höhe- des Index führt. Das Ausmaß der Reduktion des In-
256 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

d e f

Abb. 4.2 a–f. Transbrachiale DSA bei pAVK. Die transbrachiale DSA mit einem 4-French-Katheter zeigt eine generalisierte
pAVK bei Z. n. kurzem femoropoplitealem Bypass rechts (Pfeile)

dex unter Belastung sowie die Dauer der Erholungs- wertbares Dopplersignal aus den zu untersuchenden
phase gehen in die Auswertung ein. Arterien zu erhalten, ist es – außer bei der Darstel-
Limitationen des Verfahrens bestehen bei Patien- lung abdomineller Arterien von Erwachsenen – bei
ten mit schwerer Mediasklerose (Diabetes, dialyse- der Diagnostik der peripheren Arterien essenziell,
pflichtige Niereninsuffizienz) aufgrund der reduzier- Linearschallköpfe einzusetzen (Abb. 4.4).
ten Kompressibilität der Arterien sowie bei Patienten Die Sonographie ergibt nur einen kleinen Bildaus-
mit ausgedehnten Ulzerationen und lokalen Infektio- schnitt („field of view“/FOV) im Vergleich z. B. mit
nen, die ein Anlegen der Blutdruckmanschette unmit- der MR-Angiographie. Dieser Nachteil kann durch
telbar proximal der Knöchelregion nicht zulassen. die Möglichkeiten des dynamischen und schnellen
Die Wahl des Schallkopfes für die B-Sonographie Wechsels der Schallkopfposition ausgeglichen wer-
und die Farbduplexsonographie richtet sich nach der den. Prinzipiell kann auch mit der Sonographie eine
zu untersuchenden anatomischen Region. Für die ab- nahezu vollständige Abbildung aller peripheren Ar-
dominellen Arterien (Abb. 4.3 a–c) sind im Allgemei- terien erreicht werden, diese ist jedoch insbesondere
nen Konvexschallköpfe von 3- bis 5 MHz-Sendefre- bei bilateraler Untersuchung zeitaufwändig. Bei der
quenz einzusetzen. Je nach Dicke des Weichteilman- farbduplexsonographischen Untersuchung der peri-
tels kommen für die Extremitätenarterien Schallköp- pheren Arterien kommt es vielmehr darauf an, auf-
fe mit einer Sendefrequenz von 5 bis etwa 10 MHz zur bauend auf den Resultaten der klinischen Untersu-
Anwendung, wobei Breitbandschallköpfe moderner chung und der Dopplerverschlussdruckmessung die
Ultraschallgeräte einen großen Einsatzbereich bie- relevanten Läsionen nachzuweisen und im Schwere-
ten. Um ein gutes und in der vollen Bildbreite ver- grad einzuschätzen.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 257

a c

Abb. 4.3 a–c. Infrarenale Aortenstenose. a DSA. b Farbduplexsonographie. c Poststenotisches Dopplerfrequenzspektrum in der
A. femoralis communis

Es muss das Ziel sein, nach Abschluss der Farbdu-


plexsonographie eine Einschätzung vornehmen zu
können, ob der Patient eine angiographische Bildge-
bung (mit DSA, MR- oder CT-Angiographie) benö-
tigt oder ob schon auf Basis der Sonographieresulta-
te eine therapeutische Entscheidung möglich ist.
Aus den oben geschilderten Gründen ist für die
sonographische Untersuchungstechnik eine klare
Strategie erforderlich. Diese wird wesentlich durch
die klinische Fragestellung und Orientierung an den
therapeutischen Möglichkeiten bestimmt. Beispiels-
weise reicht bei der Frage nach einem postpunktio-
nellen Aneurysma spurium die umschriebene Dar-
stellung der Punktionsstelle aus. Für die Qualitäts-
kontrolle nach perkutaner transluminaler Angiopla-
sie (PTA) einer Stenose der A. femoralis superficialis
Abb. 4.4. Popliteaaneurysma. Partiell thrombosiertes Poplitea- wird im Allgemeinen neben der Verschlussdruck-
aneurysma (T Thrombus, Pfeil Wandverkalkung) messung die farbduplexsonographische Darstellung
des therapierten Gefäßabschnitts ausreichen.
258 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.5. Stenosebedingte Fluss-


phänomene. Farbduplexsono-
graphie bei einer idealen Stenose
(Modell, konzentrische 50%ige
Stenose). Intrastenotisch (1) er-
höhte Strömungsgeschwindigkeit
mit poststenostischem Jet. Unmit-
telbar poststenotisch (2) rand-
ständige regelmäßige Flusswirbel
(Flussumkehrung,„flow rever-
sal“), weiter distal Turblenzen (3)

Ist bei der Erstdiagnostik der AVK aufgrund der Das Auffinden der Läsionen wird durch die Flussdar-
Klinik und der Dopplerverschlussdruckmessung ei- stellung in Farbe erheblich erleichtert. Zu achten ist
ne pAVK wahrscheinlich, werden zunächst strate- etwa auf erhöhte Flussgeschwindigkeiten und Turbu-
gisch wichtige, repräsentative Gefäßabschnitte im lenzen im Rahmen von Stenosen (Abb. 4.5), auf feh-
Längsschnitt unter Darstellung in Farbe sowie mit lende intraluminäre Flusssignale bei Verschlüssen
Ableitung von Dopplerfrequenzspektren untersucht. (Abb. 4.6 a–c) sowie auf Kollateralgefäße.
Diese ersten Ableitungspunkte sind insbesondere Die Bestimmung der maximalen systolischen
Flussgeschwindigkeit wird zur Quantifizierung von
∑ die A. iliaca communis,
Stenosen genutzt. Die Analyse der Wandbeschaffen-
∑ die Femoralisgabel (mit A. femoralis communis,
heit mittels der B-Bild-Information ergänzt die farb-
Hauptstamm der A. profunda femoris sowie pro-
duplexsonographische Untersuchung.
ximaler A. femoralis superficialis),
Bei der Farbduplexsonographie ist eine Fülle von
∑ die A. femoralis superficialis im mittleren und
Parametern einzustellen, um eine Optimierung von
distalen Drittel,
B-Bild, Farbbild und Spektrum zu erreichen. Hierzu
∑ die A. tibialis anterior und posterior zunächst auf
gehören neben der Sendefrequenz, und damit der
Sprunggelenkhöhe sowie
Schallkopfwahl, vor allem
∑ die A. poplitea im mittleren Drittel.
∑ die Sendeleistung (Power),
Wesentlich hierbei ist die morphologische Analyse
∑ die Empfangsverstärkung („gain“ und tiefenab-
der Dopplerfrequenzspektren. Es ist darauf zu ach-
hängige Verstärkung),
ten, ob für den jeweiligen Ableitungsort typische
∑ die Pulswiederholfrequenz (PRF),
Spektren vorliegen oder ob spektrale Formverände-
∑ die Größe und Ausrichtung des Farbfensters,
rungen bestehen, die z. B. auf einen poststenotischen,
∑ die Lage, Größe und Ausrichtung des Messfensters
postokklusiven oder für eine arteriovenöse (AV-)
für die gepulste Dopplersonographie sowie
Fistel typischen Fluss hinweisen. Bei Änderung der
∑ die Lage der Nulllinie bei der Darstellung des
Spektralform zwischen 2 Ableitungspunkten muss
Spektrums.
zwischen diesen Messpunkten detailliert nach der
zugrunde liegenden Pathologie gefahndet werden. Bei der Auswertung der Dopplerfrequenzspektren
muss auf eine korrekte Lage der tatsächlichen Längs-
Merke ! Eine besonders rationelle untersu-
chungstechnische Vorgehensweise
achse des Gefäßes (Winkelkorrektur) geachtet wer-
den, damit eine Berechnung von Strömungsge-
kann darin bestehen, zunächst Spektren von je einem schwindigkeiten aus den gemessenen Dopplerfre-
sehr weit proximalen (z. B. A. femoralis communis) quenzverschiebungen erfolgen kann.
und einem weit distalen (z. B. A. tibialis anterior auf Die Dokumentation der Bilder und Spektren muss
Höhe des Sprunggelenks) Messpunkt abzuleiten und alle repräsentativen Untersuchungsregionen und re-
je nach morphologischer Änderung der Spektral- levanten Pathologien einbeziehen. Dabei ist auf eine
morphologie von proximal nach distal die Läsions- exakte Beschriftung zu achten. Bei Dokumentation
eingrenzung vorzunehmen. longitudinaler Schnittbilder ist der proximale Kör-
perabschnitt links im Bild darzustellen.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 259

a c

Abb. 4.6 a–c. Verschluss der A. femoralis superficialis. a DSA. b Farbduplexsonographie proximal des Verschlusses (Pfeil Throm-
bus, K Kollaterale. c Farbduplexsonographie distal des Verschlusses (Stern Wiederanschluss, K Kollaterale)

Computertomographie duziert. Praktisch sollten die Knie aneinander fixiert


Bis zur Einführung der Spiral-CT war eine CT-Angio- werden, um ein kleines Messfeld zu scannen.
graphie der peripheren Arterien nicht möglich. Erst Zur Steigerung der räumlichen Auflösung in der
mit der Einführung der Multidetektor- (MD-) oder Schichtebene ist eine seitengetrennte Rekonstruktion
Multisclice- (MS-) CT von den 4-Zeilen-Geräten bis der Extremitäten vorteilhaft.
hin zu aktuellen 64-Zeilen-Geräten wurde die Dar- Die Kontrastmittelinjektion erfolgt für die Arte-
stellung der peripheren Arterien mittels CT in der rien der unteren Extremität über die Armvenen ohne
klinischen Routine möglich (Rubin et al. 2000; Will- Seitenpräferenz. Für die Untersuchung einer Seite der
mann et al. 2005). Mit der technischen Entwicklung oberen Extremitätenarterien sollte über den kontra-
der MS-CT-Geräte hat sich das Scan-Volumen in Z- lateralen Arm injiziert werden, der dazu ausgelagert
Richtung verlängert und die räumliche Auflösung bei werden kann. Zur optimalen Kontrastierung muss
einer minimalen Kollimation von 2,5 mm bei 4-Zei- das Zusammenspiel der Parameter Scan-Verzöge-
len-Geräten bis hin zu 0,6 mm bei 64-Zeilen-Geräten rung, Jodkonzentration, Injektionsgeschwindigkeit
verringert. und des NaCl-Nachspülbolus beachtet werden.
Im Allgemeinen empfiehlt es sich, mit möglichst Zur Bestimmung der Scan-Verzögerung kann die
dünner Kollimation und einer Rekonstruktionsüber- Messung der Kreislaufzeit dienen. Effizienter sind je-
lappung von >50% zu arbeiten, sodass sich annä- doch Bolustriggerverfahren, bei denen ein absoluter
hernd isotrope Voxel ergeben. Mit zunehmender Dichteanstieg oberhalb eines Schwellenwertes von
Scan-Geschwindigkeit ist darauf zu achten, den Kon- typischerweise 100–120 Hounsfield-Einheiten (HE)
trastmittelbolus nicht zu überholen. Dazu wird der zur Auslösung des eigentlichen Scans führt. Die opti-
Pitch bei 64-Zeilern z. B. bei einer Kollimation von male intravasale Jodkonzentration im Scan-Bereich
0,6 mm und einem Inkrement von 0,3 mm auf 0,9 re- kann bei den schnellen 16- oder 64-Zeilen-CT-Gerä-
260 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.7 a, b. AVK vom Oberschenkel- und Unterschenkeltyp beidseits


(CT-Angiographie). a CT-Angiographie (MIP). Diffuse Arteriosklerose.
50%ige Stenose der A. femoralis superficialis links (Pfeil), längerstreckige
Stenose der A. poplitea rechts. Proximaler, kollateralisierter Verschluss
der A. fibularis rechts. Solitäre Ausstrombahn über die A. fibularis beid-
seits, distal über Kollateralen mit Anschluss an die A. tibialis posterior.
b b CT-Angiographie (VRT-Rekonstruktion) des Fibularisverschlusses
rechts (D. Fleischmann, Stanford)
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 261

Abb. 4.9. Stent A. iliaca links. CT-Angiographie (Multi-Pfad-


MPR). Regelrechter Z. n. Stentimplantation in die linke A. ilia-
ca externa

der Röhrenspannung auf <50% reduziert werden.


Zur Vermeidung störender Überlagerungen im Be-
Abb. 4.8. AVK vom Oberschenkel- und Unterschenkeltyp
beidseits (CT-Angiographie, MIP). Regelrechter Z. n. femoro-
ckenbereich sollte auf eine Applikation positiver ora-
poplitealem Bypass rechts. Profundateilverschluss, proximaler ler Kontrastmittel verzichtet werden.
Femoralis-superficialis-Verschluss und Popliteaverschluss Die Bildanalyse beginnt mit der Betrachtung der
links (D. Fleischmann, Stanford) axialen Daten. Durch die Anfertigung von an den Ge-
fäßverlauf angepassten Rekonstruktionen und die
Betrachtung in verschiedenen Fenstereinstellungen
ten über eine Erhöhung der Injektionsgeschwindig- erfolgt die Beurteilung von Kalzifikationen. Für die
keit (bis zu 6–10 ml/s) oder der Jodkonzentration Visualisierung der Befunde werden multiplanare
(370–400 J/mg) mit niedrigeren Injektionsgeschwin- Rekonstruktionen (MPR), maximale Intensitäts-
digkeiten von 3–4 ml/s realisiert werden. Alternativ projektion (MIP) und „Volume-rendering-techni-
kann analog zur Kontrastmittel- (KM-) MR-Angio- que-“ (VRT-) Sekundärrekonstruktionen angefertigt
graphie bei langen Scan-Strecken auch mit einem (Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8). Automatisierte Gefäß-Tra-
biphasischen Protokoll gearbeitet werden. Dabei cking-Softwareprogramme sind zunehmend verfüg-
kommt initial eine höhere, später eine niedrigere In- bar (Abb. 4.9).
jektionsgeschwindigkeit zur Anwendung. Ein ausrei- Der Einsatz der CT in Notaufnahmen ist heute ro-
chender Nachspülbolus von 30–50 ml NaCl erhöht bust und rasch möglich, sodass oft auf eine weiter-
die Kontrastierung und reduziert das Kontrastmittel- führende invasive Diagnostik verzichtet werden
volumen. kann. Aktuelle Studien belegen eine mit der Duplex-
Die Strahlenexposition kann mit automatisierten sonographie oder KM-MR-Angiographie vergleich-
Dosismodulationsverfahren und geringer Absenkung bare Aussagefähigkeit der CT-Angiographie.
262 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

CAVE ! Die MS-CT-Angiographie ist limitiert


bei Patienten mit Diabetes mellitus,
Hämodialysepatienten und extensiven Gefäßwand-
verkalkungen, insbesondere in kleineren Arterien
wie an Unteramen, den Händen, den Unterschenkeln
oder den Füßen (Portugaller et al. 2004).

Diese Patientengruppe ist jedoch zunehmend häufi-


ger vertreten. a

Magnetresonanztomographie
Die MR-Angiographie der peripheren Gefäße ist fest
im klinischen Ablauf etabliert. Die Einstrommethode
(TOF) und die Phasenkontrastmethode (Phasenkon-
trastangiographie) sind durch MR-Angiographie
nach Kontrastmittelinjektion (KM-MR-Angiogra-
phie) mit technischer Durchführung analog zur DSA
oder CT-Angiographie abgelöst worden. Für die un-
tere Extremität wird zumeist eine Schrittverschiebe-
technik mit Verschiebung des Patienten auf der Un-
tersuchungsliege („moving table“) oder ein Konzept b
mit gekoppelten Spulen angewendet. Im Bereich der
oberen Extremität werden häufiger Messungen mit
definierten Spulenpositionen durchgeführt. Die Ent-
wicklung einer kontinuierlichen Tischbewegung
analog zur CT ist absehbar.
Eine spezielle Patientenvorbereitung ist für die
KM-MR-Angiographie nicht notwendig. Nach Anla-
ge eines intravenösen Zugangs ist es für die Unter-
suchung in Atemstillstand sinnvoll, vor dem Start der
eigentlichen Messung mit dem Patienten „Atem-
übungen“ während der Aufklärung und im Magnet- c
resonanztomographen durchzuführen. Wird die
Atemübung als Nativmessung verwendet, können Abb. 4.10 a–c. Normalbefund einer KM-MR-Angiographie
der Becken-Bein-Arterien bei Untersuchung in 3 Etagen mit
Subtraktionsfehler auftreten. Spulenüberlappung
Nach durchgeführter Atemübung wird ein Daten-
satz als Nativaufnahme aufgenommen, der von dem
nachfolgenden Kontrastmitteldatensatz optional sub-
trahiert werden kann.Auch alle Lokalisationssequen- werden gegenwärtig für diese Anwendung zugelasse-
zen („scout“) sollten möglichst in Atemstillstand ne extrazelluläre niedermolekulare (0,5 molare) Ga-
durchgeführt werden. Über den bevorstehenden dolinium-Chelate oder ein 1-molares Gadolinium-
Start der KM-MR-Angiographie sollten die Patienten Chelat verwendet. Die Zulassung eines spezielles
informiert werden und präzise Anweisungen erhal- Kontrastmittels mit einem prolongierten Enhance-
ten. Die Messung bei Untersuchung des Körper- ment (Blut-Pool-Kontrastmittel) ist aktuell erfolgt
stamms (Schulter, Becken) wird bei mäßiger Inspira- (Abb. 4.11 a, b). Bei Anwendung stark T1-gewichteter
tion gestartet. In dieser Atemlage können die Patien- ultraschneller Gradientenecho- (GRE-) Sequenzen
ten im Allgemeinen die Zwerchfellposition am läng- kommt es zu einem sehr hohen Gefäßkontrast. Wahl-
sten in konstanter Position halten. Zur Darstellung weise wird nur der Kontrastmitteldatensatz nachver-
der Hand- und Fußarterien können verschiedene arbeitet, oder es wird in Analogie zur DSA eine Sub-
flexible Spulen wie die Kopfspule oder die Extremi- traktion zuvor gemessenen nativen Datensatz vorge-
tätenspule angewendet werden. nommen. Der zu bearbeitende Datensatz kann mit
Die KM-MR-Angiographie basiert auf dem Prin- den bekannten Algorithmen, wie der MPR und der
zip der Reduktion der T1-Zeit durch die Injektion MIP, nachverarbeitet werden, um verschiedene Pro-
paramagnetischer Kontrastmittel mit Messung der jektionen des Gefäßbaums oder transversale Schich-
Daten im so genannten „first pass“ durch das zu ten (Gefäßquerschnitte) zu berechnen. Basis der Aus-
untersuchende Gefäßsystem (Abb. 4.10 a–c). Dazu wertung sind unverzichtbar immer die Rohdaten,
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 263

Abb. 4.11 a, b. KM-MR-Angio-


graphie mit einem Blut-Pool-
Kontrastmittel. Die koronare MIP
der arteriellen Phase a und Ein-
zelschicht der Blut-Pool-Phone b
zeigen eine Stent-bedingte Signal-
auslöschung der rechten A. iliaca
comunnis und einen kollatera-
lisierten Verschluss der links-
seitigen A. iliaca communis
(Pfeile). Die Untersuchung wurde
mit 7 ml Vasovist und Bolusin-
jektion mit 2 ml/s durchgeführt

a b

die zur Qualitätskontrolle und Beurteilung zu be- fäße (vgl. Abb. 4.14 a–c). Deshalb wird entweder mit
trachten sind. hoher Zeitauflösung (z. B. Datensätze mit einer Mess-
Für die KM-MR-Angiographie existieren Sequen- zeit von jeweils 2–8 s) bei entsprechend niedrigerer
zen mit k-Raum-Abdeckung. Die Kenntnis des Auf- räumlicher Auflösung gemessen oder für eine Mes-
nahmeschemas ist für die Planung der Untersuchung sung mit hoher räumlicher Auflösung ein Bolus-Ti-
relevant. Bei Sequenzen mit symmetrischer k-Raum- ming vorgenommen. Die Anflutung des Kontrastmit-
Abdeckung beginnt die Aufnahme mit der äußeren telbolus sollte etwa 10% vor der k-Raum-Mitte er-
k-Raum-Zeile, und die zentrale k-Raum-Zeile wird folgen, d. h. nach Aufnahme von 40% der k-Raum-
bei 50% der Messzeit ausgelesen. Anschließend wird Zeilen einer symmetrischen Sequenz. Der venöse
vom Zentrum nach außen gehend wiederum die Rückstrom sollte frühestens nach Aufnahme von
zweite Hälfte der Zeilen aufgenommen. Die äußeren 60% des k-Raums einer symmetrischen Sequenz
k-Raum-Zeilen bestimmen über die höheren Fre- beginnen.
quenzen die Ortsauflösung. Die zentralen Zeilen Wegen der fehlenden Atmungs- und Bewegungs-
bestimmen über die tieferen Frequenzen (zentrale anfälligkeit sind bei KM-MR-Angiographie-Messun-
k-Raum-Linien) den Bildkontrast. Bei Sequenzen mit gen der peripheren Arterien (z. B. Beinarterien) län-
asymmetrischer k-Raum-Abdeckung stimmt die gere Messzeiten mit höherer Auflösung möglich.
Mitte der Messzeit nicht mit der Aufnahme der zen- Limitationen ergeben sich durch einen schnelleren
tralen Zeilen überein. arteriovenösen Transit in den distalen peripheren
Da das Maximum der Kontrastierung zur Mitte Gefäßen, z. B. den Hand- oder Fußarterien.
der k-Raums erfolgen soll, ist es unbedingt erforder- Die Sequenzparameter sollten sich nach der not-
lich, dies zu berücksichtigen. Das Kontrastmittel soll- wendigen Größe des Bildfeldes und der klinisch er-
te die zu untersuchenden Arterien oder Venen errei- forderlichen Auflösung richten. Im Prinzip sollen die
chen, bevor die zentralen (etwa 20%) k-Raum-Zeilen TR (Repetitionszeit) und die TE (Echozeit) so einge-
gemessen werden. Der Grad der Randschärfe der stellt sein, dass möglichst kurze Messzeiten (z. B.
Gefäße und der Auflösung hängt davon ab, ob beim für Messungen in Atemstillstand) erreicht und auf
First pass zum Zeitpunkt der Messung der äußeren diese Weise Fluss- und Suszeptibilitätsartefakte (z. B.
k-Raum-Zeilen (hohe Frequenzen) noch Kontrast- Darmgas usw.) minimiert werden. Andererseits er-
mittel durch das Gefäß strömt. lauben sehr kurze TE keine kleinen FOV im Sinne
Theoretisch wird durch eine Kontrastierung über einer Auflösungsverbesserung (es wird eine längere
die gesamte Messzeit eine optimale Bildqualität er- Bandbreite notwendig). Höhere Auflösung bedeutet
reicht. In Abhängigkeit von der Gefäßregion kommt mehr Phasenkodierschritte. Dies wiederum erfor-
es jedoch zu einem unterschiedlich schnellen venö- dert längere Akquisitionszeiten. Grundsätzlich sollte
sen Rückstrom mit Überlagerung der arteriellen Ge- zwar für ein möglichst exaktes Stenose-Grading die
264 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

höchste räumliche Auflösung definiert werden,


gleichzeitig verschlechtert sich jedoch auch das Sig-
nal-zu-Rausch-Verhältnis, was sich negativ auf die
detailgetreue Darstellung des Restlumens einer Ste-
nose auswirkt.
Die Wahl des richtigen Flipwinkels ist nicht beson-
ders kritisch, er sollte zwischen 30–50° betragen. Für
eine gute räumliche Auflösung ist die Verwendung
einer 512-Bildmatrix in Frequenzkodierrichtung,
einer Bildmatrix >256 in Phasenkodierrichtung, eine
Partitionsdicke von unbedingt <2 mm und die An-
wendung kurzer TR- und TE-Zeiten als Minimalfor-
derung sinnvoll. Aktuelle MRT-Geräte ermöglichen
eine Darstellung der arteriellen Gefäße nahezu des
gesamtem Körpers (Abb. 4.12).
Alternativ zum Timing der KM-MR-Angiographie
kann die zeitaufgelöste Methode („time-resolved“/
TR) angewendet werden. Allerdings ist die TR-KM-
MR-Angiographie mit einer Reduktion der räum-
lichen Auflösung verbunden, und die detailgetreue
Abbildung kleinerer Gefäße wird der kurzen Mess-
zeit untergeordnet. Die Reduktion der Auflösung
bezieht sich dabei zuerst auf die Schichtselektions-
richtung (Partitionsrichtung), da in dieser Richtung
bei gleich bleibender Matrix weniger Partitionen ge-
messen werden. Der Bildeindruck einer koronaren
MIP-Rekonstruktion ändert sich zwar bei reduzierter
Anzahl dickerer Partitionen kaum, die Gefäße wer-
den jedoch in sagittaler Projektionsrichtung deutlich
unschärfer und mit einem unrealistischen größeren
Durchmesser dargestellt. Sequenzen mit Schicht-
interpolation können zwar optisch die sagittale MIP-
Darstellung verbessern, die tatsächlich gemessene
Auflösung in Schichtselektionsrichtung bleibt jedoch
reduziert und die Stenosegraduierung problematisch.
Die Ansätze können auch kombiniert werden, in-
dem einzelne Etagen (z. B. Unterschenkel) zusätzlich Abb. 4.12. Ganzkörper KM-MR-Angiographie. Durch ver-
schiedene Spulenkonzepte und Tischverschiebungen ist mit
mit einer Zeit aufgelösten Technik zur Vermeidung modernen MR-Geräten eine annähernde Ganzkörper-KM-
venöser Überlagerungen aufgenommen werden. Ei- MR-Angiographie möglich. (Die Aufnahmen wurde von Prof.
ne Verbesserung der zeitlichen und räumlichen Auf- Dr. Bernd Tombach zur Verfügung gestellt)
lösung wird auch durch den Einsatz der parallelen
Bildgebung erzielt. Die Beschleunigungsfaktoren
(PAT-Faktoren, SENSE-Faktoren) und die damit ver- Dies ist praktisch gleichbedeutend mit dickeren Par-
bundenen Scan-Parameter müssen je nach Hersteller titionen, die prinzipiell auch primär eingestellt wer-
und Hardware optimiert werden (Abb. 4.13 a–c). den können und im Vorhinein den Vorteil einer
Bei der Kontralmittelinjektion liefert eine Fluss- Messzeitverkürzung beinhalten.
rate von 1–3 ml/s gute Ergebnisse. Die Erhöhung des Die Bolusgeometrie des Kontrastmittels muss an
NaCl-Nachspülvolumens führt zu einer Verlänge- die definierten Sequenzparameter (Messzeit und
rung des Bolus und optimaleren Ausnutzug der Kon- Auflösung) angepasst werden, um eine optimale Aus-
trastmitteleffekte. Die Planung der Parameter und nutzung des Kontrastmittels und eine optimale Qua-
somit der Boluslänge in Relation zur Messzeit sollte lität der MR-Angiographie zu erreichen. Für die Be-
berücksichtigen, dass nach der Aufnahme von 40% rechnung der Bolustransitzeit (BT) ist es ausreichend
der k-Raum-Zeilen bis zum Ende der Messung Kon- eine Testdosis von 1 ml Kontrastmittel zu injezieren.
trastmittel im Gefäß vorhanden sein sollte. Ist der Das NaCl-Nachspülvolumen (20–30 ml mit 1–3 ml/s)
Bolus zu kurz, zieht dies unweigerlich einen Verlust und die Injektionsrate (1–3 ml/s) sollten auch unver-
an Auflösung in Schichtselektionsrichtung nach sich. ändert für die anschließende KM-MR-Angiographie
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 265

Abb. 4.13 a–c. Zeitaufgelöste


KM-MR-Angiographie mit
Keyhole-Technik. Das Problem
der fehlenden zeitlichen Auf-
lösung kann durch eine zeitlich
besser aufgelöste Technik kom-
pensiert werden. Der Befund des
Beckenverschlusses (a, Pfeil) mit
konsekutiver Flussverzögerung
im Oberschenkel (b) und Unter-
schenkel (c) wurde mittels Key-
hole-Technik im Unterschenkel
zeitlich aufgelöst untersucht.
(Die Aufnahmen wurde von
Prof. Dr. Bernd Tombach zur
Verfügung gestellt)

a b

verwendet werden. Anhand einer Signalintensität- bleme aufgrund venöser Überlagerung, unzurei-
Zeit-Kurve wird die Zeit bis zum Anfluten des Kon- chender Kontrastierung oder zu geringer räumlicher
trastmittels im Gefäß bestimmt. Auflösung (Abb. 4.14 a–c).
Je nach Geräteausstattung können auch automati- Deshalb besteht ein Ansatz darin, die Messung
sche oder fluoroskopische Bolusdetektionstechniken distal zu beginnen mit Abbildung vom Knie bis
eingesetzt werden. zum Fuß. Danach erfolgt die Messung der proxima-
len Etagen. Die Qualität der distalen Abschnitte
KM-MR-Angiographie der Extremitätenarterien wird hier zu Ungunsten der vorgeschalteten Gefäße-
Die am häufigsten angewandte Technik besteht in ei- tagen verbessert. Proximal kann es insbesondere
ner Tischverschiebung in 2–3 Positionen von der ab- bei Anwendung des höher konzentrierten Gadolini-
dominellen Aorta bis zu den distalen Unterschenkel- ums durch kontrastierende Darmwände zu stören-
arterien (vgl. Abb. 4.10 a–c). Sollen die Nierenarte- den Überlagerungen kommen, die nicht immer
rien und der Arcus plantaris mit abgebildet werden, subtrahiert werden können. Neuere Entwicklungen
sind je nach FOV und Patientengröße 3–4 Positionen tragen dieser Problematik Rechnung. Es wird wahl-
erforderlich (vgl. Abb. 4.12). Im Bereich der Unter- weise pro Etage, vorzugsweise im Unterschenkel,
schenkel- und Fußarterien bestehen die größten Pro- räumlich und zeitlich hochaufgelöst untersucht.
266 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

a b c

Abb. 4.14 a–c. KM-MR-Angiographie der Becken-Bein-Arte- Unterschenkelarterien. c In der Abbildung der distaleren Unter-
rien mit Venenfüllung im linken Unterschenkel. a,b Die KM- schenkelarterien kommt es links bedingt durch einen Weichteil-
MR-Angiographie zeigt einen Normalbefund des Beckens, der infekt bei Diabetes mellitus zu einer die Beurteilung beeinträch-
Oberschenkelarterien, der Kniearterien und der proximalen tigenden Venenüberlagerung durch die reaktive Hyperämie

Dadurch kommt auch ein bislang fehlender und der


DSA vergleichbarer dynamischer Aspekt hinzu (vgl. Merke ! Durch Verwendung dünner Katheter-
schleusen und Katheter von 3 oder
Abb. 4.13 a–c). 4 French sowie durch die Möglichkeit des transbra-
Die venöse Überlagerung der Unterschenkel- und chialen Zugangsweges mit einer reduzierten Immo-
Fußarterien kann ferner durch Anlage einer dosier- bilisationsdauer von 1–4 Stunden sind diagnostische
ten Kompression (40–60 mm Hg) der Oberschenkel Arteriographien der Extremitäten einfach, komplika-
minimiert werden. Durch eine Zunahme des intersti- tionsarm und auch ambulant durchführbar.
tiellen Volumens verringert sich die venöse Überla-
gerung. Vergleichbar ist auch die Untersuchung der Eine komplette Untersuchung der oberen Extremität
oberen Extremität, wobei hier in der Regel keine beinhaltet die Darstellung der thorakalen Aorta mit
Tischverschiebung erforderlich ist. Die Fuß- und den abgehenden supraaortalen Arterien bis zu den
Handarterien werden mit kleineren Spulen gezielt Arterien der Schulterregion und des Oberarms mit-
untersucht. tels Übersichtskatheter (z. B. Pigtail-Katheter) und
mittels geeigneter Selektivkatheter (z. B. Vertebralis-
Katheterangiographie katheter, Sidewinder-Katheter) für die weitere Peri-
Die diagnostische Katheterangiographie der Extre- pherie ggf. inklusive der Hand- und Fingerarterien.
mitätenarterien stellt eine invasive Untersuchung mit Für die Darstellung der Fingerarterien kann es in be-
perkutaner Platzierung einer Nadel, einer Schleuse stimmte Fällen vorteilhaft sein, intraarteriell injizier-
oder eines Katheters in eine Arterie in Kombination te vasodilatierende Substanzen einzusetzen (z. B.
mit einer Kontrastmittelinjektion dar. Für die Auf- Prostavasin, Nitroglyzerin). Bei speziellen Fragestel-
nahme der Bildserien wird heute ausschließlich die lungen kann der Umfang der Untersuchung reduziert
DSA eingesetzt. werden.
Vor der Untersuchung ist der Patient über mögli- Für die Darstellung inklusive Aortenbogen und/
che allgemeine und spezielle Risiken wie eine Gefäß- oder beider Arme wird ein femoraler Zugang zu-
und Nervenverletzung, Gefäßverschluss, Nephrotoxi- meist in retrograder Punktionstechnik oder für die
zität des Kontrastmittels, Unverträglichkeitsreaktio- Abbildung eines Armes ein direkter brachialer Zu-
nen, die Induktion einer Hyperthyreose oder eine gang ebenfalls überwiegend in retrograder Punk-
Nachblutung aufzuklären (siehe „American College tionstechnik gewählt. Wird nur eine Seite untersucht
of Radiology’s Standard on Diagnostic Arteriogra- und deshalb eine retrograde Punktion der A. brachi-
phy“ unter http://www.acr.org). alis durchgeführt, ist auf Gefäßanomalien wie z. B.
4.1 Radiologische Untersuchungstechnik 267

a b c

Abb. 4.15 a–c. Selektive retrograde DSA. Die retrograde DSA gen Jahren zur Darstellung. Die Aufnahmen b der Knieetage
mit einem 4-French-Dilatator wurde aufgrund einer nichtaus- und c des Unterschenkels zeigen ein filiformes Restlumen der
sagefähigen KM-MR-Angiographie vorgenommen. a In der distalen A. poplitea (Pfeil) und einen limitierten Ausstrom bei
Oberschenkeletage kommt neben Stenosen der A. femoralis verschlossener A. tibialis posterior
superficialis ein umschriebens Aneurysma nach PTA vor eini-

einen frühen Abgang der A. radialis zu achten. Dieser Obwohl sich einige Indikationen für eine Kathe-
kann nicht selten schon auf Höhe des proximalen terangiographie zu den nichtinvasiven Techniken
Oberarms liegen. verschoben haben, bleibt die Katheterangiographie
Eine komplette Untersuchung der unteren Extre- ein fester Bestandteil diagnostischer Gefäßuntersu-
mität beginnt proximal mit der Darstellung der Nie- chungen. Nach internationalen Qualitätsrichtlinien
renarterien und schließt distal die Fußarterien mit sollten sich etwa 95% der Indikationen aus den in der
Abbildung des Arcus plantaris ein (vgl. Abb. 4.1 a–l, folgenden Übersicht angegebenen Bereichen rekru-
Abb. 4.2 a–f). Dazu werden zumeist transfemoral tieren.
oder transbrachial platzierte Übersichtskatheter
(z. B. Pigtail-Katheter) eingesetzt (vgl. Abb. 4.2 a–f). Indikationen für die Katheterangiographie
Für die Darstellung eines einzelnen Beines kann es ∑ Beckenangiographie (Kadir 1987):
vorteilhaft sein, selektiv vorzugehen, und zwar von 왔 Aortoiliakale Arteriosklerose
kontralateral in „Cross-over-Technik“ oder von ipsi- 왔 Gastrointestinale, gynäkologische oder urologische
lateral mit retrograder Punktion (Abb. 4.15 a–c). Blutungen
Bei offener Oberschenkelstrombahn kann auch ante- 왔 Trauma

grad punktiert werden (Abb. 4.16 a–c). Für die ipsi- 왔 Primäre Gefäßanomalien wie Aneurysmen, Gefäß-

laterale Darstellung ist die Verwendung eines malformationen oder Vaskulitis


왔 Erektile Dysfunktion bei aortoiliakaler Arteriosklerose
4-French-Dilatators oder einer 4-French-Schleuse
왔 Beckentumoren
einer Nadelplatzierung zwecks Schonung der Gegäß- 왔 Vor interventionellen Eingriffen
wand vorzuziehen.
268 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.16 a–c. Selektive ante-


grade DSA. Die antegrade DSA
über eine 4-French-Schleuse
wurde aufgrund einer nichtaussa-
gefähigen KM-MR-Angiographie
vorgenommen. a,b In der Unter-
schenkeletage kommt ein lang-
streckiger Verschluss der A. tibia-
lis posterior zur Darstellung.
c Die Austrombahn nach subin-
timaler Rekanalisation zeigt
einen antegraden Abstrom über
die A. tibialis posterior (Pfeile)

a b c

matome dar. Größere Hämatome sind selten (Baum


∑ Extremitätenangiographie (Baum 1997; Kadir 1987; Neiman 1997; Cragg et al. 1991; Hessel et al. 1981). Bei einem
u. Yao 1985; Rutherford 1991; Sullivan u. Besarab 1997): größeren Hämatom werden unter Umständen eine
왔 Arteriosklerotische Gefäßerkrankungen wie Aneurys-
Transfusion, eine chirurgische Ausräumung oder
men, Embolien, Stenosen, Verschlüsse und Thrombosen
왔 Vaskuläre Traumen
eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes er-
왔 Präoperative Planung und postoperative Evaluation
forderlich. Ein größeres Hämatom ist femoral mit
bei rekonstruktiver Chirurgie 0,5% seltener als axillär mit 1,7%.
왔 Evaluation chirurgischer Prothesen und von Dialysefis- Für die übrigen bekannten Komplikationen am
teln und -Shunts Punktionsort wie Dissektion, Thrombose, Pseudo-
왔 Primäre Gefäßanomalien wie Gefäßmalformationen, aneurysma oder eine AV-Fistel liegt die kumulative
Vaskulitis,„Entrapment-Syndrom“,„Thoracic-outlet- Häufigkeit <1% aller transfemoralen diagnostischen
Syndrom“, usw. Angiographien (Abb. 4.17 a–c). Lokale Infekte sind sel-
왔 Tumoren ten und kommen, wenn überhaupt, in Zusammenhang
왔 Vor interventionellen Eingriffen mit mehreren Punktionen in kurzer Zeit und einer
langen Verweildauer von Schleusen vor. Eine Antibio-
Komplikationen tikaprophylaxe wird deshalb nicht generell empfohlen.
Komplikationen nach diagnostischen Angiographien Systemische Komplikationen treten in <5% auf
sind selten. Durch die Einführung der DSA und ge- und sind zumeist Übelkeit, Erbrechen oder eine va-
genwärtig der Flächendetektoren konnten die Kon- sovagale Reaktion. Idiosynkratische „allergische“ Re-
trastmittelmenge, die Untersuchungszeit und damit aktionen wie Urtikaria oder periorbitale Ödeme tre-
auch die Komplikationsrate reduziert werden. Da- ten in <3% der Fälle auf (Katayama et al. 1990). Die
bei spielt auch die Verbesserung der Angiographie- überwiegende Mehrzahl der Reaktionen ist milde
materialien mit der Möglichkeit ambulanter 3- und und erfordert in <1% der Fälle eine stationäre Be-
4-French-Angiographien eine positive Rolle. Die handlung (American College of Radiology 1998).
verbliebenen Komplikationen können in 3 Gruppen Eine kontrastmittelinduzierte Nierenschädigung
unterteilt werden: wird durch eine eingeschränkte Nierenfunktion,
einen Diabetes mellitus, eine Dehydrierung und ein
∑ Komplikationen am Punktionsort,
hohes Kontrastmittelvolumen (Berkseth u. Kjell-
∑ systemische Komplikationen und
strand 1984) begünstigt. Einen protektiven Effekt ha-
∑ katheterinduzierte Komplikationen.
ben eine v.a. periprozedurale Hydrierung und ggf. die
Die häufigste Komplikation (bis zu 10%) am Punk- Gabe zusätzlicher Medikamente wie z. B. Acetyl-
tionsort stellen kleinere, klinisch nicht relevante Hä- cystein (Chatterjee et al. 2004).
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie 269

a b c

Abb. 4.17 a–c. Partiell subintimale Drahtposition. a Primär rechts. c Nach Entfernung des Drahtes, Kompression der Punk-
subintimale Drahtposition mit b Schleifenbildung des Drahtes tionsstelle und Durchführung einer KM-MR-Angiographie
(Pfeil) an einer Stenose in der proximalen A. iliaca externa zeigt sich keine resultierende Gefäßkomplikation

Katheterassoziierte Komplikationen mit einer datensatzes an einer Workstation jede beliebige An-
Häufigkeit von <0,5–2% beinhalten die unbeabsich- sicht im Rahmen der Bildnachverarbeitung (z. B. als
tigte subintimale Passage von Führungsdrähten oder MIP) zu rekonstruieren. Bei der Katheterangiogra-
Kathetern und Dissektionen oder Embolien durch phie sind hierfür zusätzliche Aufnahmeserien mit
das Kathetermaterial oder die Kontrastmittel (Singh konsekutiver Erhöhung der Strahlen- und Kontrast-
et al. 2003). mittelbelastung erforderlich.
Durch eine kontinuierliche Verbesserung von Ka- Mit der Farbduplexsonographie gelingt bei Ver-
thetermaterialien hat sich die Komplikationsrate wendung hochfrequenter Schallköpfe eine zeitlich
fortwährend verbessert. Die intensive Schulung des und räumlich hochaufgelöste, segmentale Darstel-
die Angiographie durchführenden Personals sowie lung der Gefäße. Anders als bei den angiographi-
die Spezialisierung in interventioneller Radiologie schen Methoden gehen sowohl die Sonomorphologie
haben hieran ebenso Anteil. als auch die Hämodynamik (z. B. Nachweis stenose-
bedingter Flussbeschleunigungen oder Turbulenzen,
Änderungen des Flussmusters distal von Gefäß-
4.2 obstuktionen) in die Beurteilung der Gefäßverände-
Normalanatomie und wesentliche Varianten, rungen ein. Durch dynamische Veränderung der
Radiometrie Schallkopfposition in Längsrichtung der Gefäße und
durch kontinuierliche Korrelation zwischen Gefäß
Mit der CT- und MR-Angiographie können Gefäße und anatomischer Lagebeziehung des Schallkopfes
analog zur intraarteriellen DSA dargestellt werden. entsteht beim Untersucher ein topographischer und
Dabei bestehen mehrere wesentliche Unterschiede dreidimensionaler, zusammenhängender Eindruck
zwischen Katheterangiographie und schichtbildba- des Gefäßstatus. Mittels neuerer Techniken (Panora-
sierter Angiographie. mabildgebung) ist eine weit über die Größe des Bild-
Die DSA liefert mit einer Bildfrequenz von 0,5 bis feldes des Schallkopfes hinausgehende, zusammen-
>6 Bilder/s einen dynamischen Aspekt, den die CT- hängende Demonstration größerer Gefäßabschnitte
und MR-Angiographie derzeit nicht bieten können. möglich (Abb. 4.18).
Diese fehlende dynamische Betrachtung wird in Zu- Bei der technisch am wenigsten aufwändigen,
kunft partiell durch aktuelle Entwicklungen der zeit- nichtbildgebenden Dopplersonographie werden, wie
lich aufgelösten MR-Angiographie kompensiert wer- unter Abschn. 4.1 beschrieben, systolische Druck-
den. messungen an den Extremitätenarterien durchge-
Eine selektive arterielle DSA erreicht eine höhere führt. Dabei gilt in Ruhe ein systolischer Dopplerver-
räumliche Auflösung. Mit der CT- und MR-Angio- schlussdruck an den distalen Unterschenkelarterien
graphie ist es im Gegensatz zur intraarteriellen DSA als normal, wenn er über demjenigen an den oberen
möglich, auf der Basis des einmal gewonnenen Bild- Exterimäten liegt. Der Quotient aus den beiden Ver-
270 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.18. Femoropoplitealer Bypass (regelrecht), Panorama-Ultraschall

Abb. 4.19 a, b. Normales, bipha-


sisches Dopplerfrequenzspek-
trum aus einer Extremitäten-
arterie in a Ruhe und b nach
Belastung. Kräftiger antegrader,
systolischer Fluss, retrograder
frühdiastolischer Fluss in Ruhe,
monophasischer Fluss nach
Belastung (kontinierlicher
antegrader Fluss)

a b

schlussdrucken (Knöchel-Arm-Index) liegt damit liegt in Ruhe in der Becken- und Oberschenkeletage
>1. Nach Belastung der unteren Extremitäten (z. B. bis etwa 100 cm/s, im Bereich von Knie- und Unter-
20 Kniebeugen bei Verdacht auf AVK vom Beckentyp, schenkelarterien bis etwa 50 cm/s (Luska et al. 1990).
40 Zehenstände bei Verdacht auf AVK vom Ober- Die physiologische Schwankungsbreite ist jedoch
schenkel- oder Unterschenkeltyp) sinkt im Gegen- sehr groß (>50% des Mittelwertes). Ursache der er-
satz zum Gesunden der Verschlussdruckindex für heblichen Schwankungsbreite ist die wechselnde pe-
mehr als 60 s auf <1 ab. Es ist darauf zu achten, dass riphere Widerstandslage, die sich in Ruhe in einem
nach Belastung auch an der oberen Extremität ge- physiologischen Schwankungsbereich des Pulsatili-
messen werden muss (Steigerung des systolischen tätsindex von 3 bis >30 ausdrückt.
Blutdrucks bei Belastung). Die Dopplerspektren der Extremitätenarterien
sind in Ruhe aufgrund des hohen peripheren Gefäß-
Merke !Absolute Verschlussdruckwerte von
>80–100 mmHg kennzeichnen eine
widerstandes mindestens bi-, meist sogar triphasisch
(Abb. 4.19 a, b). Bei Belastung formen sich die Spek-
ausreichende bis gute Durchblutungsreserve, Werte tren monophasisch um, da durch Eröffnung der Arte-
<50 mmHg kennzeichnen eine kritische Ischämie. riolen der periphere Widerstand z. T. drastisch ab-
sinkt und infolgedessen der diastolische Flussanteil
Die Beurteilungskriterien bei der Bildanalyse der stark zunimmt.
Farbduplexsonographie sind in Abschn. 4.3 beschrie- Die 3 Schnittbildverfahren sind auf unterschied-
ben. liche Weise in der Lage, auch die Gefäßwand und das
Der Stellenwert absoluter Strömungsgeschwindig- extravasale Gewebe darzustellen. Dies gelingt mit der
keiten in der Diagnostik pathologischer Veränderun- intraarteriellen DSA, die eine reine Luminographie
gen der Beinarterien ist gering, sodass die Kenntnis ist, nicht. Die folgenden Abbildungen zeigen anato-
der Normalwerte nicht unbedingt erforderlich ist. mische Normalbefunde und Varianten (Abb. 4.20,
Die maximale systolische Vorwärtsgeschwindigkeit Abb. 4.21, Abb. 4.22, Abb. 4.23, Abb. 4.24).
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie 271

Abb. 4.20. Variante der Unter-


schenkelversorgung.
Die DSA zeigt eine dominante
A. tibialis posterior bei Hypoplasie
der A. tibialis anterior und der
A. fibularis

Abb. 4.21. Variante der Unterschenkelversorgung. Die DSA


zeigt eine echte Unterschenkeltrifurkation rechts (Fehlen eines
Truncus tibiofibularis), links besteht ein sehr kurzer Truncus

Abb. 4.23. Variante der Unterschenkel-


versorgung. Die DSA zeigt eine domi-
nante A. fibularis, die direkt in die
A. dorsalis pedis übergeht. Hypo-
plastische A. tibialis anterior, hypo-
plastische, weit distal entspringende
A. tibialis posterior

Abb. 4.22. Hohe Aufzweigung der A. brachialis.Angiographisch


Nachweis einer weit proximalen Aufzweigung der A. brachialis.
Die A. radialis entspringt im proximalen Oberarmdrittel. Die
Ebene des Ellbogengelenks ist durch eine Linie markiert
272 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.25. Normvariante der A. poplitea. Die KM-MR-Angio-


graphie zeigt einen hohen Abgang der A. tibialis posterior rechts
und einen hohen Abgang der A. tibialis anterior links (Pfeile)

larlinie des Humerus) (Abb. 4.22).Wesentlich seltene-


re Varianten der A. radialis (jeweils<1%) sind eine
Aplasie oder Hypoplasie und eine partielle oder
Abb. 4.24. Variante der Handarterien. Hypoplastischer Hohl-
handbogen
komplette Duplikatur. Die A. ulnaris weist in 2–3%
der Fälle einen hohen Abgang aus der proximalen
A. brachialis auf. Seltener ist ein tiefer Ursprung (2–
4%), etwa 5–7 cm unterhalb des Ellenbogengelenks.
Eine persistierende mediane Arterie, die aus einer
4.2.1 A. interossea communis oder anterior hervorgeht,
Anomalien und Varianten kann an der Ausbildung des Arcus palmaris superfi-
cialis beteiligt sein (Kadir 1992). Die arteriellen Hohl-
왔 Anomalien oder Varianten des arte- handbögen mit der konsekutiven Versorgung der
Definition
riellen Gefäßsystems sind Fehlent- Finger besitzen eine große Variabilität (Abb. 4.24).
wicklungen während der Embryonalzeit. Hierbei Bei den angeborenen Anomalien der unteren Ex-
kommt es zur Persistenz embryonal angelegter Ge- tremitäten stehen jene im Vordergrund, die sich aus
fäße oder zur Ausbildung von Nebengefäßen auf- der Persistenz einer embryonalen Anlage ableiten
grund einer Aplasie oder Hypoplasie der Haupt- lassen oder eine Aplasie darstellen.Wesentlich für die
strombahn. Vaskularisation der Beine ist in der Embryogenese
zunächst ein kaliberstarker, dorsal verlaufender Ge-
Klinisch handelt es sich bei den meisten Gefäßano- fäßstamm, die A. ischiadica. Erst später erscheint in
malien (s. Abb. 4.20 bis 4.24) um Zufallsbefunde im der Embryonalentwicklung ein ventraler Arterien-
Rahmen einer bildgebenden Gefäßuntersuchung. Bei stamm, aus dem die A. femoralis hervorgeht. Aus
den peripheren Gefäßen sind sowohl die oberen als diesen Besonderheiten können radiologisch bedeut-
auch die unteren Extremitäten betroffen. Gefäßano- same Varianten entstehen (Nicholson et al. 1977).
malien können klinisch unbedeutend sein, in man- Eine persistierende A. ischiadica, die dem Verlauf
chen Fällen jedoch Beschwerden verursachen. Ihre des N. ischiadicus dorsal folgt, kann allein die Vasku-
Kenntnis ist sowohl für die Interpretation bildgeben- larisation der unteren Extremität übernehmen. Bei
der Gefäßuntersuchungen als auch für die invasive gleichzeitig nachweisbarer Hypoplasie der A. femo-
Diagnostik und Therapie wichtig. ralis resultiert hieraus nicht zwangsläufig eine arte-
Bei den Arterien des Arms findet man in 1–2% der rielle Minderversorgung. Erst bei degenerativen Ver-
Fälle eine persistierende oberflächliche Brachialarte- änderungen z. B. einer persistierenden A. ischiadica
rie. In bis zu 12% entspringt die A. radialis aus der können Ischämiesyndrome entstehen. Ferner kön-
proximalen A. brachialis (oberhalb der Interkondy- nen Aplasien oder Hypoplasien der A. iliaca oder der
4.2 Normalanatomie und wesentliche Varianten, Radiometrie 273

Abb. 4.26 a–c. Arteriovenöse


Malformation im Stromgebiet der
A. iliaca interna links mit großem
venösen Aneurysma. a KM-unter-
stützte MR-Angiographie. Frühe
venöse Füllung (VCI V. cava infe-
rior, An. Aneurysma). b Intra-
arterielle DSA, früharterielle
Phase. Dilatierte Äste der A. iliaca
interna. Pathologische Gefäße
der Malformation mit Drainage in
das venöse Aneurysma. c Farb-
duplexsonographie. Typisches
AV-Fistel-Spektrum innerhalb
der Malformation

a b

c
274 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

A. femoralis auftreten, die im Einzelfall schwer ge-


4.3
genüber Veränderungen im Rahmen einer pAVK ab-
Systematische Bildanalyse
zugrenzen sind. Darüber hinaus sind eine hohe Tei-
lung der A. poplitea entweder in eine A. tibialis poste- Bei der Bildanalyse vaskulärer Erkrankungen gilt es,
rior und einen Truncus peronei tibialis anterior oder die unterschiedlichen Aspekte der Erkrankungen im
in einen Truncus tibiofibularis und eine A. tibialis an- Kontext mit den Besonderheiten der verschiedenen
terior beschrieben (Abb. 4.25 a, b). Nicht selten findet bildgebenden Verfahren zu berücksichtigen. Nicht al-
man eine Hypoplasie der A. tibialis posterior. Hierbei le Gefäßerkrankungen sind mit den verschiedenen
wird der Arcus plantaris über einen kaliberstarken bildgebenden Verfahren gleichermaßen sicher zu be-
R. communicans peronei aus der A. fibularis versorgt. urteilen.
Mehrere Autoren haben sich mit einer systemati- Die kombinierte Darstellung von Morphologie
schen, möglichst umfassenden Darstellung der arte- und Hämodynamik erfordert bei der Farbduplexso-
riellen Gefäßversorgung der Hände und Füße be- nographie eine differenzierte Bildanalyse hinsicht-
fasst. Hierbei wurden sowohl Analysen von Sektio- lich Gefäßwand, Perfusionsmuster, Auswertung der
nen vorgenommen als auch Angiogramme ausgewer- Dopplerfrequenzspektren und der Gefäßumgebung.
tet (Coleman u. Anson 1961; Janewski 1982). Hierbei sind Kenntnisse der klinischen und hämo-
Eine übersichtliche und klinisch relevante Darstel- dynamischen Grundlagen erforderlich, da nicht
lung erfolgte 1984 durch Lippert. Dabei zeigt der grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass
oberflächliche Hohlhandbogen die stärkste Variabili- alle Gefäßabschnitte in optimaler Qualität direkt dar-
tät. Lediglich in 42% der Fälle ist er zwischen A. radi- stellbar sind. Beispielsweise muss bei Überlagerung
alis und A. ulnaris geschlossen. In 58% fehlt eine Ver- von Beckenarterien durch Darmgas die Auswertung
bindung. Die Aa. digitales palmares communes ent- der Spektren in der A. femoralis communis auf indi-
springen mehrheitlich aus der A. ulnaris. In etwa 10% rekte Zeichen einer Stenose der Aorta oder der Be-
beteiligt sich die A. mediana, die aus dem proximalen ckenarterien erfolgen (Abb. 4.3; vgl. Abb. 4.27 a, b).
Anteil der A. interossea entspringt und in der Mitte Die Beurteilung der vaskulären Sonographie er-
des Unterarms zwischen der A. radialis und der A. ul- folgt unmittelbar während der Untersuchung. Die
naris verläuft. Die A. mediana schließt sich in 5% Aufzeichnung repräsentativer Bilder, Spektren oder
dem Arcus palmaris superficialis an. In weiteren 5% Videosequenzen dient lediglich der Dokumentation.
geht sie bei fehlendem Bogenschluss in die A. palma-
ris I oder II über.
Der tiefe Hohlhandbogen ist sehr konstant. In CAVE ! Es ist streng darauf zu achten, dass al-
le Dokumentationen zweifelsfrei hin-
lediglich 3% wird ein offener Bogen gefunden. Die sichtlich der Lokalisation und der Seite der unter-
A. radialis und die A. interossea posterior versorgen suchten Extremität beschriftet werden, da in der Ge-
das Rete carpi dorsale. Ein Ast der A. ulnaris kommt fäßdiagnostik dem einzelnen Ultraschallbild auf-
in 38% hinzu. grund des Fehlens eindeutiger anatomischer Refe-
Die Versorgungsgebiete der A. tibialis anterior und renzstrukturen im Allgemeinen nicht anzusehen ist,
der A. tibialis posterior sind am Fuß variantenreich. wo es aufgenommen wurde.
In mehr als der Hälfte der Fälle stammt die Hauptver-
sorgung der Plantarseite der Zehen aus der A. tibialis Bei der Analyse des Grauwertbildes ist auf
anterior. Über einen R. plantaris profundus beteiligt
∑ die Lage des Gefäßes,
sich die A. dorsalis pedis am Bogen der Fußsohle.
∑ die Gefäßweite (z. B. Aneurysma),
Äste des Arcus palmaris erreichen häufig die Dorsal-
∑ arteriosklerotische Wandverbreiterungen,
seite der Zehen II bis V.
∑ Dissektionsmembranen und
Neben den echten anatomischen Varianten sind
∑ umschriebene Plaques (echoarm, echoreich, ge-
angeborene Gefäßfehlbildungen zu berücksichtigen.
mischt)
Sie sind im Zusammenhang mit peripheren Arterien
selten und werden oft zufällig oder bei Komplikatio- zu achten. Auch die Gefäßumgebung ist in die Beur-
nen der Fehlbildung entdeckt. Wichtigste Vertreter teilung einzubeziehen (z. B. Hämatom, Kompression
sind AV-Malformationen, die durch den hohen Fluss, von Umgebungsstrukturen durch ein Aneurysma).
durch eine Blutung oder Kompression von Umge- Die farbliche Flussdarstellung bei der Farbduplex-
bungsstrukturen klinisch relevant sein können sonographie (vgl. Abb. 4.5) ist zu beurteilen hinsicht-
(Abb. 4.26 a–c). lich
∑ des Vorhandenseins von Fluss,
∑ der Pulsatilität des Flusses,
4.3 Systematische Bildanalyse 275

Abb. 4.27 a, b. Arterielle Dopplerspektren distal von Gefäßob-


struktionen. a Poststenotisches Dopplerfrequenzspektrum bei
hochgradiger Stenose der A. femoralis superficialis (monophasischer
Fluss, unmittelbar poststenotisch stark verbreitertes Spektrum).
a b Dopplerfrequenzspektrum distal eines frischen Verschlusses
eines femoropoplitealen Bypasses

∑ der Homogenität der Flussrichtung (gleiche Far- Liegen keine wesentlichen Verkalkungen vor und ist
be in definierter Flussphase: lokal gerichteter, das Gefäßsystem qualitativ ausreichend kontrastiert,
homogener Fluss; unterschiedliche, evtl. sogar sollten zunächst die Originaldaten überlappend re-
mosaikartig verteilte Farben: inhomogener, ggf. konstruiert und ebenso betrachtet werden. Auf den
sogar turbulenter Fluss), Originaldaten werden Artefakte erkannt und bewer-
∑ der umschriebenen Erhöhung („je heller, desto tet.Anschließend kommen die Auswertung unterstüt-
schneller“) oder Erniedrigung der Flussge- zende Bildnachverarbeitungstechniken MPR, MIP
schwindigkeit (semiquantitative Analyse). oder VRT zur Anwendung (vgl. Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8).
Zusätzlich sind spezielle Programme mit Berech-
Dabei erleichtert die Farbe das Auffinden insbeson- nung der Mitte des Gefäßlumens inklusive Rückpro-
dere auch kleinerer Gefäße (Unterschenkelarterien, jektion,eine automatisierte Berechnung des Gefäßver-
Kollateralen) sowie pathologischer Gefäßläsionen. laufs mit isolierter Projektion oder eine automatisier-
Die Dopplerfrequenzspektren werden nach den te Entfernung störender Strukturen wie Knochen (so
folgenden, grundsätzlichen Kriterien beurteilt: genanntes „automatic bone removal“) in der Entwick-
lung oder bereits verfügbar. Die aufgenommenen Da-
∑ Morphologie des Spektrums (monophasisch,
ten werden im Hinblick auf das Vorhandensein und
biphasisch, triphasisch; Form des systolischen
das Ausmaß von Gefäßpathologien analysiert.
Peaks; Bandbreite der spektralen Geschwindig-
keitsverteilung; vgl. Abb. 4.27 a, b),
∑ maximale systolische Strömungsgeschwindigkeit Merke ! Der besondere Vorteil der CT-Angio-
graphie liegt in der exakten Stenose-
(Messung nach Winkelkorrektur im „post-proces-
quantifizierung anhand der Querschnittsbilder
sing“).
transversal zum Gefäßverlauf.
Die Messung der Strömungsgeschwindigkeiten ist
wichtig für die Stenosegradbestimmung (Abb. Gefäßverschlüsse werden hinsichtlich ihrer Länge
4.28 a–c), wobei weniger die absolute Geschwindig- präzise eingeschätzt, weil der ggf. vorliegende retro-
keit als vielmehr die Geschwindigkeitsrelation zwi- grade Fluss distaler Gefäßsegmente die Gefäße aus-
schen stenosierten und nichtstenosierten Gefäßab- reichend kontrastiert. Die Kontrastierung der Gefäß-
schnitten relevant ist (Ota et al. 2005). wand ist bedeutsam für das Erkennen und die Bewer-
Die CT-Angiographie kann mit verbesserter Qua- tung entzündlicher Gefäßerkrankungen.
lität durch die MS-CT auch langstreckige Gefäßab- Die Analyse von MR-Angiographien, optional mit
schnitte abbilden (Abb. 4.29). zusätzlichen Bildsequenzen zur Beurteilung der Ge-
fäßwand und der Gefäßumgebung, basiert ebenfalls
Merke ! Gefäßwandverkalkungen können bei
der CTA zu einer erheblichen Ein-
auf der initialen und obligatorischen Betrachtung
der Originaldaten. In den Originaldaten wird die dia-
schränkung der Beurteilbarkeit führen, da in diesem gnostische Kontrastierung des Gefäßsystems verifi-
Fall die Gefäßlumina nicht mehr ausreichend abge- ziert, und Artefakte können erkannt und bewertet
grenzt und Stenosen nicht mehr hinreichend quan- werden. Anschließend erfolgt die Auswertung mit
tifiziert werden können.
276 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.28 a–c. Farbduplexsono-


graphie einer Stenose der A.
femoralis superficialis. a Dar-
stellung mit Dopplerspektrum
proximal der Stenose. b Dar-
stellung mit Dopplerspektrum
innerhalb der Stenose. Anstieg
der Strömungsgeschwindigkeit
von 80 auf 360 cm/s. c Darstellung
mit Dopplerspektrum distal der
Stenose. Turbulenter Fluss

c
4.3 Systematische Bildanalyse 277

Abb. 4.29. AVK vom Becken- und Oberschenkeltyp rechts. CT-Angiographie (MIP-Rekonstruktion). Verschluss der A. iliaca ex-
terna, der A. femoralis communis und der proximalen Abschnitte der A. femoralis superficialis rechts (D. Fleischmann, Stanford)

Hilfe der unterstützenden Bildnachverarbeitungs-


techniken MPR, MIP oder VRT (Abb. 4.30 a,b, Merke !Der spezielle Vorteil der MR-Angio-
graphie liegt in der exakten Stenose-
Abb. 4.31 a,b,Abb. 4.32 a,b, vgl.Abb. 4.11 a, b). Zusätz- quantifizierung in den Originalbildern entlang des
lich können spezielle Programme zur Berechnung Gefäßverlaufs bzw. in den transversalen Rekonstruk-
der Mitte des Gefäßlumens inklusive dessen Rück- tionen des Originaldatensatzes.
projektion oder eine automatisierte Berechnung des
Gefäßverlaufs mit isolierter Projektion eingesetzt Verschlüsse werden hinsichtlich ihrer Länge präzise
werden. Eine rechnergestützte Entfernung von Kno- eingeschätzt, da der ggf. vorliegende retrograde Fluss
chen ist nicht erforderlich. distaler Gefäßsegmente meistens die Gefäße ausrei-
Die MR-Angiographie wird durch Gefäßwandver- chend kontrastiert. Die Kontrastierung der Gefäß-
kalkungen – anders als die CT-Angiographie – in ih- wand ist bedeutsam für das Erkennen und die Bewer-
rer Aussagekraft nicht beeinträchtigt. Allerdings füh- tung entzündlicher Gefäßerkrankungen. Hierzu soll-
ren Stents regelhaft zu oft vollständigen Signalaus- ten additiv fettgesättigte T1-gewichtete Sequenzen
löschungen im gestenteten Gefäßabschnitt. Die auf- eingesetzt werden.
genommenen Daten werden auf das Vorhandensein Die Katheterangiographie stellt demgegenüber ein
und das Ausmaß von Gefäßpathologien analysiert. seit Jahrzehnten etabliertes dynamisches Verfahren
278 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

wie bei Kompressionssyndromen, die nicht auf eine


bloße Liegendposition wie bei CT- oder MR-Angio-
graphie beschränkt ist (Abb. 4.33 a–c). Beispielhaft
sei die Angiographie im Stehen unter Provokation
(Adson-Test) bei Verdacht auf Thoracic-outlet-Syn-
drom genannt (Abb. 4.34 a, b).
Zur Stenosequantifizierung hat sich das Vorgehen
nach den NASCET- („North American Symptomatic
Carotid Endarterectomy Trial-“) Kriterien für Karo-
tisstenosen durchgesetzt. Dabei wird der Durchmes-
ser in der Stenose mit dem Durchmesser eines gesun-
den oder normal erscheinenden Segments in Bezie-
hung gesetzt (Moneta et al. 1993; North American
Symptomatic Carotid Endarterectomy Study Group
1987, 1991). Grundsätzlich präziser ist eine Quantifi-
zierung der Querschnittsfläche, da mit der diameter-
basierten Quantifizierung der Stenosegrad unter-
schätzt wird. So entspricht eine exakt konzentrische
50%-Stenose nach der Diametermethode einer 75%-
a Einengung der Querschnittsfläche. Eine 75%-Steno-
se nach der Diametermethode entspricht einer 94%-
Stenose nach Bestimmung der Querschnittsfläche.
Diese Möglichkeit der Quantifizierung mit der CT-
oder MR-Angiographie ist prinzipiell vorteilhaft
gegenüber der in dieser Hinsicht ungenaueren Ka-
theterangiographie, die je nach Stenosegeometrie
so-wie bei gewundenen Gefäßen mindestens 2 Auf-
nahmeprojektionen benötigt. Allerdings ist in der
b
klinischen Praxis eine präzise Stenosequantifizie-
Abb. 4.30 a, b. Nahtaneurysma in der linken Leiste. a Die koro- rung – anders als an der A. carotis – an den Extre-
nare MIP der KM-MR-Angiographie zeigt ein Nahtaneurysma mitätenarterien weniger entscheidend, da auch ande-
in der linken Liste nach aortobifemoraler Prothese und einen
Verschluss der linken A. superficialis femoralis. b Erst die
re Kriterien (z. B. AVK-Stadium nach Fontaine,
axiale T1-Aufnahme nach Kontrastmittel unterscheidet den standardisierte schmerzfreie Gehstrecke im Sta-
perfundierten und thrombosierten Anteil des Aneurysmas dium II, Dopplerverschlussdruckindex) ganz wesent-
(Pfeil) lich in eine Therapieentscheidung einbezogen wer-
den müssen.
Die lokale Stenosequantifizierung mit der Farbdu-
mit serieller Aufnahme während und nach der auto- plexsonographie kann entweder mittels morphome-
matisierten Kontrastmittelinjektion dar. Die Bildfre- trischer oder hämodynamischer Informationen er-
quenz kann der Flussgeschwindigkeit angepasst wer- folgen (Ota et al. 2005). Über die Durchmesserbe-
den. Moderne Angiographiegeräte verfügen über er- stimmung des perfundierten Lumens kann eine geo-
probte Softwarekomponenten wie eine Bewegungs- metrische Abschätzung erzielt werden. Dabei muss
korrektur, eine Kontrastverstärkung, eine Bild- berücksichtigt werden, dass die räumliche Auflösung
summation und eine Stenosequantifizierung. der farbkodierten Flussdarstellung schlechter ist als
Prinzipiell werden mit der Katheterangiographie diejenige der B-Bild-Sonographie.Aus diesem Grund
das Gefäßlumen und nur sehr eingeschränkt bei besitzen auf Phaseninversionstechniken beruhende
Kalzifikationen direkt Anteile der Gefäßwand dar- Verfahren methodische Vorteile bei der morpholo-
gestellt. Zur präzisen Beurteilung von Stenosen sind gisch-geometrischen Stenosegradbestimmung. Als
mindestens 2 Projektionsebenen erforderlich, wo- zuverlässig in der lokalen Stenosegradbestimmung
bei der Stenosegrad abgeschätzt oder semiautoma- kann die hämodynamische Methode gelten, bei der
tisch berechnet wird. Bei Verschlüssen kann es zu die aus dem Dopplerfrequenzspektrum abgeleitete,
einer Überschätzung der Verschlusslänge bei lang- maximale systolische Geschwindigkeit in der Stenose
samem retrograden Fluss der wieder perfundierten mit derjenigen proximal der Stenose in Beziehung
distalen Gefäßsegmente kommen. Vorteilhaft ist die gesetzt wird (vgl. Abb. 4.28 a–c). Für die peripheren
Untersuchungsmöglichkeit mit funktionellem Stress Arterien ist es aus pragmatischen Gründen hinrei-
4.3 Systematische Bildanalyse 279

Abb. 4.31 a, b. Aneurysma A. poplitea beidseits. a Die korona-


re MIP der KM-MR-Angiographie zeigt beidseitige Aneurys-
men der A. poplitea. b Im axialen T1-gewichteten Bild nach
Kontrastmittel sind beidseits Wandthromben (Pfeile) erkenn-
bar, die dem Nachweis in der MIP (a) entgehen

b
chend, eine >50%ige Durchmessereinengung ab ei-
Abb. 4.32 a, b. Thrombosiertes Aneurysma der A. poplitea
nem systolischen Geschwindigkeitsindex von >2,5 links. a Die koronare MIP der KM-MR-Angiographie zeigt ei-
anzunehmen. nen Verschluss der linken A. poplitea. b Es sind Thromben
(Pfeile) in den axialen Aufnahmen ursächlich erkennbar, die
dem Nachweis in der MIP (a) entgehen
Merke !Als einzige Methode bietet die Sono-
graphie in der klinischen Routine
auch die Möglichkeit der indirekten Abschätzung des
Ausmaßes von Obstruktionen durch die Betrachtung spektren nicht verändert. Distal der Stenose oder des
des Flussverhaltens distal der Läsion. Verschlusses wird die Flusskurve aufgrund der par-
tiellen Umleitung des Flusses über Kollateralen, des
Bis zu einem Diameterstenosegrad von 50–60% wer- Absinken des peripheren Widerstandes sowie der
den die distal der Läsion abgeleiteten Ruhe-Doppler- Dämpfung der Pulskurve durch die Stenose verän-
280 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

a b

Abb. 4.33 a–c. Beckenverschluss rechts, i. a. DSA.


a Die transbrachiale DSA zeigt einen subakuten Becken-
verschluss rechts mit oberflächlichen und tiefen Kollatera-
len. b,c Links setzt sich der Verschluss in den Oberschenkel
fort. Rechts besteht ein asymptomatischer, langstreckiger
c Verschluß der A. superficialis femoralis mit Kollatera-
lisierung über die A. profunda femoris (Pfeile)

dert. Bei zunehmendem Stenosegrad kommt es zu die besten Ergebnisse erzielt werden. Die Plaqueana-
einer Reduktion der systolischen Amplitudenhöhe lyse (Lal et al. 2006; Takaya et al. 2006) und Wand-
und der Anstiegssteilheit sowie zu einer Umformung dickenbestimmung (Mackinnon et al. 2004) in der
im Sinne eines monophasischen Flussmusters (Abb. A. carotis hat bei bestimmten konservativen Thera-
4.35 a,b, vgl. Abb. 4.27 a, b). pieansätzen (Soares et al. 2005) einen hohen wissen-
Die Analyse der Plaquezusammensetzung spielt vor schaftlichen, jedoch immer noch begrenzten klini-
allem wissenschaftlich, in manchen Bereichen auch schen Stellenwert (Sztajzel 2005).Auch bei peripheren
klinisch eine zunehmende Rolle. Während mit der Arterien ist die sonographische Plaqueanalyse mög-
DSA als Ursache der Lumeneinengung allenfalls Kal- lich. Sie ist jedoch neben der Bestimmung der Gefäß-
zifikationen direkt beobachtet werden, können mit wandelastizität (Roman et al. 2005) und der endothe-
den Schnittbildverfahren differenzierte Aussagen zur lialen Dysfunktion (Jarvisalo et al. 2004) bisher nahe-
Plaquezusammensetzung und zur Gefäßwand getrof- zu ausschließlich von wissenschaftlichem Interesse
fen werden. Die Analyse der Gefäßwand sowie der (Gyongyosi et al. 2004), zunehmend auch im Rahmen
Plaqueausdehnung und -zusammensetzung ist mit der Primärprävention sowie der Therapiekontrolle.
der Sonographie in hoher räumlicher Auflösung Mit der CT und der MRT können die weichen
möglich, wobei mit der intravaskulären Sonographie Plaqueanteile zunehmend präziser erfasst werden.
4.3 Systematische Bildanalyse 281

a b

Abb. 4.34 a, b. Thoracic outlet. a Die i. v. DSA bei einer jugendlichen Patienten in stehender Position zeigt einen Verschluss der
linken A. subclavia in Armelevation (Pfeil) bei unauffälligem Bild in Neutralposition (b)

Abb. 4.35 a, b. Bypassverschluss.


a Farbduplexsonographie der
Leiste bei Verschluss eines femo-
ropoplitealen Kunststoffbypasses
(Pfeile). Abgangsverschluss der
A. femoralis superficialis (Stern;
AFP A. profunda femoris , VFS
V. femoralis superficialis). b Post-
okklusives Spektrum in der A.
tibialis posterior

Durch die bessere räumliche Auflösung der CT vor- wichtete Sequenzen) herangezogen. Die zusätzliche
teilhaft, wird die Plaqueanalyse bereits zur Beurtei- Analyse der Plaquemorphologie kann Informationen
lung von Koronararterien hinzugezogen. Magnet- zur Einschätzung der Plaques als vulnerabel und da-
resonanztomographisch werden transversal zum Ge- mit „rupturgefährdet“ und somit therapiebedürftig
fäßlumen angulierte Messsequenzen ohne und mit oder intakt und nicht gefährdet liefern (Chen u. Was-
Fettsättigung (z. B. T1-gewichtete und protonenge- serman 2005; Mitsumori et al. 2003).
282 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Sekundäre Risikofaktoren sind Adipositas, Be-


4.4
wegungsarmut und Stress. Das Lebensalter stellt
Erkrankungen der peripheren Gefäße
einen konstanten Risikofaktor dar. Die klinischen
Untersuchungen zeigen ein fast lineares Ansteigen
4.4.1
der Häufigkeit der AVK von der Jugend bis ins hohe
Arteriosklerose
Alter.
왔 Unter Arteriosklerose versteht man Die Geschlechtsdisposition ist insbesondere an den
Definition
sequenziell ablaufende pathologische unteren Extremitäten in jüngerem Lebensalter ein-
Veränderungen in den Wänden der Blutgefäße, die deutig: Das männliche Geschlecht überwiegt mit
die betroffenen Gefäße zunehmend einengen und 80–90% aller Erkrankungen. Vor der Menopause ist
völlig verschließen können (Vollmar 1996). die Krankheit bei Frauen selten, während postmeno-
pausal eine Angleichung des Risikos stattfindet (Voll-
Die Arteriosklerose kann sich in unterschiedlichen mar 1996).
Krankheiten mit entsprechenden Symptomen äu- In der Sequenz der Entstehung und der Progres-
ßern. Sie stellt die häufigste Todesursache in den In- sion der Arteriosklerose kommt es, begünstigt durch
dustrieländern dar. Männer sind deutlich häufiger die beschriebenen Risikofaktoren, zunächst zu um-
betroffen als Frauen. In Abhängigkeit davon, welche schriebenen Schädigungen der Intima mit Adhäsion
Region des Gefäßsystems betroffen ist, äußert sich von Thrombozyten, einem Intimaödem und schließ-
die Arteriosklerose in verschiedenen Krankheiten lich zur Ausbildung arteriosklerotischer Plaques. Die
mit unterschiedlichen Symptomen und Verläufen. Plaqueformation kann voranschreiten, nekrotisie-
Entsprechend veränderte Gefäße können entweder ren, exulzerieren, embolisieren oder zum thromboti-
zu einer stenosierenden oder dilatativen Verlaufsform schen Gefäßverschluss führen.
der Arteriosklerose führen.
Zu den wesentlichen Organmanifestationen zählen Klinik
Entsprechend des Schweregrades wird die Arterios-
∑ die koronare Herzkrankheit,
klerose der Extremitätenarterien, die pAVK, nach
∑ der zerebrale Insult,
Fontaine in 4 Stadien eingeteilt:
∑ das Bauchaortenaneurysma,
∑ Durchblutungsstörungen der Beine und ∑ Stadium I: Nachweis einer Gefäßpathologie (z. B.
∑ das vaskulär bedingte Nierenversagen. Stenose) ohne Beschwerden,
∑ Stadium II:
Da den Krankheiten die gleiche Ursache zugrunde
a. beschwerdefreie Gehstrecke >250 m (so ge-
liegt, kommt es nicht selten vor, dass bei einem Pa-
nannte Schaufensterkrankheit, Claudicatio in-
tienten gleichzeitig mehrere der genannten Erkran-
termittens),
kungen vorliegen. Wird eine pAVK diagnostiziert,
b. beschwerdefreie Gehstrecke <250 m (so ge-
muss von einer signifikant erhöhten Sterblichkeit in
nannte Schaufensterkrankheit, Claudicatio in-
den Folgejahren ausgegangen werden. Die Sterblich-
termittens),
keit wird vor allem durch Manifestationen der Arte-
∑ Stadium III: Ruheschmerzen,
riosklerose außerhalb der peripheren Arterien be-
∑ Stadium IV: Gewebeuntergang (trockene oder
stimmt. Je höher das diagnostizierte AVK-Stadium
feuchte Nekrosen).
ist, umso höher ist die Sterblichkeit in der Folgezeit
(Criqui et al. 1992). Im Stadium IV treten eine Vielzahl trophischer Stö-
rungen der Haut in Form von Blässe, fehlender Ve-
Merke ! Die Erstsymptome einer Arterioskle-
rose der unteren Extremitäten müssen
nenfüllung bis zur Nekrose, die oft an der Großzehe
beginnt, auf. Es entstehen Weichteilinfektionen mit
daher Anlass sein, weitere, klinisch bisher stumme Wundheilungsstörungen. Typisch ist die Nagelbett-
Gefäß- und Organmanifestationen nachzuweisen. verletzung, die schließlich zur Nekrose der Zehe
Speziell bei Durchblutungsstörungen der Beine kann führt. Sehr häufig treten diese Veränderungen in
es bei progredientem Verlauf bis zu einer Amputation Begleitung eines Diabetes mellitus auf. In dieser
der betroffenen Extremität kommen (Vollmar 1996). Krankheitsphase sind die diabetischen Patienten oft
beschwerdefrei, weil häufig gleichzeitig eine neuro-
Ätiologie und Pathogenese pathische Komponente der Erkrankung mit Schä-
Als primäre Risikofaktoren gelten digung der vaskulären Versorgung der Nerven be-
steht.
∑ die chronische arterielle Hypertonie,
Im angloamerikanischen Sprachraum ist diese
∑ die Hyperlipoproteinämie,
Stadieneinteilung nach Fontaine nicht gebräuchlich.
∑ der Nikotinabusus und
Dort wird zwischen einer Claudicatio intermittens
∑ der Diabetes mellitus.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 283

a b c

Abb. 4.36 a–c. Beckenstenosen. KM-MR-Angiographie der Darstellung eines kurzstreckigen, kollateralisierten Verschlus-
Becken- und Beinarterien mit automatischer Tischver- ses der linken A. femoralis superficialis (Pfeil) sowie einer
schiebung nach einmaliger KM-Gabe. a Nachweis einer hoch- Atheromatose der linken A. poplitea im I. Segment. c Am rech-
gradigen Stenose der A. iliaca communis rechts (Pfeil) und ten Unterschenkel Abbildung einer Hypoplasie der A. tibialis
einer zirkulären Stenose der A. iliaca communis links mit post- posterior
stenotischer Dilatation (Pfeil). b In der Oberschenkeletage

a b c

Abb. 4.37 a–c. Aortenverschluss und Beckenarterienver- Bauchaorta und der Beckenarterien. Über Kollateralen Wie-
schluss. In der KM-MR-Angiographie der Becken- und Bein- derauffüllung der A. femoralis communis beidseits. Regel-
arterien mit automatischer Tischverschiebung nach einmali- rechte Kontrastierung der Oberschenkel-, Knie- und Unter-
ger KM-Gabe Nachweis eines Verschlusses der infrarenalen schenkelarterien
284 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.38. Leriche-Syndrom, CT-Angiographie (MIP). Chro-


nisches Leriche-Syndrom: Verschluss der infrarenalen Aorta
inklusive Bifurkation und A. iliaca communis beidseits. Kolla-
teralisation über lumbale Arterien, Bauchwandarterien und
A. mesenterica inferior

und kritischer Ischämie („critical leg ischaemia“)


unterschieden. Nach einer ersten Begriffsbestim-
mung (1991 Konsensuskonferenz) beschreibt die kri-
tische Ischämie einen chronischen Zustand der Min-
derversorgung der Extremität, die das Bein oder die
Akren amputationsgefährdet. Die Definition wurde
durch 2 Kriterien erweitert:
1. Andauernder Ruheschmerz, der eine regelmäßige
Analgetikagabe für mehr als 2 Wochen notwendig
macht, verbunden mit einem Knöchelarterien-
druck von <50 mmHg und/oder Zehenarterien-
drücken von <30 mmHg.
2. Ulzerationen oder Gangrän von Fuß oder Zehen
mit einem systolischen Knöchelarteriendruck
von <50 mmHg oder Zehenarteriendrücke von
<30 mmHg (Diehm et al. 1999).

a b c

Abb. 4.39 a–c. Multisegmentale pAVK. KM-MR-Angiogra- Verschluss im distalen Anteil und kaliberstarker Kollateralisa-
phie der Becken- und Beinarterien mit automatischer Tisch- tion über die A. profunda femoris (Pfeile). Nachweis einer
verschiebung nach einmaliger KM-Gabe. a Homogene Kontra- Atheromatose der linken A. femoralis superficialis im distalen
stierung der infrarenalen Bauchaorta und der Beckenarterien. Anteil. c Am rechten Unterschenkel Nachweis einer Hypoplasie
b In der Oberschenkeletage Dokumentation einer langstreckig der A. tibialis anterior
hochgradig eingeengten rechten A. femoralis superficialis mit
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 285

a b

c d

Abb. 4.40 a–d. Becken- und Beingefäße bei pAVK, i. a. DSA. Knieetage (c) und der Unterschenkeletage (d) kommen peri-
a,b Die DSA zeigt eine dilatative proximale Arteriopathie ohne pher betonte Stenosen und Unterschenkelverschlüsse zur Dar-
wesentliche atherosklerotische Lumeneinengungen. In der stellung

Nach Lokalisation der Gefäßpathologie ergibt sich Als Sonderformen der pAVK gelten:
ein klinisches Enteilungsprinzip:
∑ juvenile Form: die pAVK der jungen Menschen
∑ Beckentyp: Lokalisation in den Beckenarterien mit vermehrtem Wachstum der Intimazellen,
oder der distalen Aorta abdominalis (Abb. 4.36 a– ∑ Mönckeberg-Krankheit: Verkalkung der Media; die
c, Abb. 4.37 a–c, Abb. 4.38, vgl. Abb. 4.3 a–c). Intima ist nicht betroffen, und das Gefäßlumen ist
∑ Oberschenkeltyp: Lokalisation in den Oberschen- offen,
kelarterien (Abb. 4.39 a–c, Abb. 4.40 a–d, vgl. ∑ Raynaud-Krankheit: Gefäßverschlüsse infolge
Abb. 4.6 a–c, Abb. 4.7 a,b, Abb. 4.8, Abb. 4.28 a–c, entzündlicher Prozesse,
Abb. 4.29), ∑ Thrombangiitis obliterans (Winiwarter-Buerger-
∑ peripherer Typ: Lokalisation in den Unterschen- Krankheit): entzündliche und degenerative Ver-
kel- oder Fußarterien (Abb. 4.41, vgl. Abb. 4.1 a–l, änderungen der kleineren Gefäße (Abb. 4.42 a, b),
Abb. 4.2 a–f, Abb. 4.13 a–c, Abb. 4.16 a–c). ∑ diabetische Gefäßkrankheit: kleine und mittlere
Gefäße inklusive der blutversorgenden Gefäße
der Nerven (Polyneuropathie).
286 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Diagnostik

쐍 Anamnese und klinische Untersuchung. Die Anamne-


se spielt in der Diagnostik der pAVK eine wichtige
Rolle.

Merke ! Zur Differenzierung möglicher Ursa-


chen von durch Belastung auslös-
baren Schmerzen in den Beinen (z. B. pAVK?
Spinalkanalstenose? radikuläre Syndrome?) ist eine
möglichst genaue Erfragung von Schmerzcharakter
und Schmerzlokalisation unabdingbar und hilft, in
einer Frühphase der Diagnostik apparative Metho-
den zielgerichtet einzusetzen.

Bei pAVK-bedingten Schmerzen sind im Stadium II


z. B. der intermittierende Charakter in Abhängigkeit
vom Ausmaß der Belastung sowie die typische
Schmerzlokalisation (in der Regel eine Etage distal
Abb. 4.41. Stenose der A. profunda femoris
der Hauptpathologie) typisch.

Abb. 4.42 a, b. Thrombangiitis obliterans. a Farbduplexsonographie


am Unterschenkel. Korkenzieherartige Kollateralen entlang eines ver-
schlossenen Arterienlumens. b I. a. DSA. Vollständiger Unterschenkel- b
arterienverschluss, typische Kollateralnetze
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 287

Die körperliche Untersuchung gibt Hinweise auf im Nachweis bzw. Ausschluss >50%iger Obstruktio-
eventuelle Hautveränderungen wie Blässe, Nekrosen nen die KM-MR-Angiographie der Duplexsonogra-
oder Wundheilungsstörungen. Der Pulsstatus, die phie überlegen (Leiner et al. 2005; Visser u. Hunink
Auskultation der großen Gefäße sowie einfache klini- 2000). Alle 3 Verfahren können ambulant durchge-
sche Tests wie die Ratschow-Lagerungsprobe geben führt werden.
wichtige Hinweise auf das Vorhandensein sowie die Bei der DSA als 3- oder 4-French-Angiographie
grobe Lokalisation der Läsionen. Beim Diabetes mel- wird eine Liegezeit von 1–4 Stunden erforderlich (vgl.
litus kann allerdings trotz tastbarer Pulse eine schwe- Abb. 4.1 a–l, Abb. 4.2 a–f). Hierbei sollten alle Etagen
re pAVK vorliegen. dargestellt werden, um die Gefäßverhältnisse proxi-
mal der Pathologie und den Zustand der Ausflussbahn
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Zur Objekti- bis in die pedalen Gefäße überschauen zu können.
vierung der beschwerdefreien Gehstrecke ist eine Ein invasiver Eingriff macht ggf. eine Risikoabklä-
standardisierte Laufbanduntersuchung mit einer Ge- rung eventueller Gefäßveränderungen im Bereich
schwindigkeit von 3,0 km/h und 12% Steigung geeig- des Herzens, des Gehirns und der Niere erforderlich,
net. Die dopplersonographische Messung der Ver- da es sich bei der Arteriosklerose um eine systemi-
schlussdrucke an den Fußarterien in Relation zum sche Erkrankung handelt. Im Stadium IV mit Nekro-
Verschlussdruck der A. brachialis nach 15-minütiger sen und Weichteilinfekten gehört zur präoperativen
Ruhephase stellt den nächsten Schritt dar. Liegt der Abklärung auch die Anfertigung von Röntgenbildern
Knöchel-Arm-Index <1, liegt mit hoher Wahrschein- der Knochen. Hiermit kann eine knöcherne Beteili-
lichkeit eine pAVK vor. Die Sensitivität im Nachweis gung im Bereich der Nekrosestellen ausgeschlossen
einer pAVK beträgt bei Berücksichtigung der Aus- werden (Vollmar 1996).
schlusskriterien (schwere Mediasklerose bei Diabe-
tes mellitus oder Niereninsuffizienz mit falsch-hohen Therapie
Verschlussdruckwerten von z. T. >300 mmHg) bis zu Die Therapie der pAVK orientiert sich an verschiede-
100%, die Spezifität >90% (Baxter u. Polak 1993). nen Faktoren: Das klinische Stadium, der Befallstyp,
Absolute Verschlussdruckwerte von >80–100 mmHg der Zeitverlauf der Entwicklung der Beschwerden,
kennzeichnen eine ausreichende bis gute Durchblu- das individuelle Risikoprofil sowie die Lebenssitua-
tungsreserve, Werte <50 mmHg kennzeichnen eine tion des Patienten spielen bei der Entscheidung für
kritische Ischämie. eine bestimmte Behandlungsform eine entscheiden-
Subnormale oder normale Verschlussdruckwerte de Rolle.
trotz AVK-typischer Klinik erfordern eine Wieder- Folgende grundlegenden Therapieformen stehen
holung der Verschlussdruckmessung nach einfachen zur Verfügung:
Belastungstests (s. oben).
∑ endovaskulär (Ballon-PTA, Stent-PTA, Katheter-
Mit der Dopplerverschlussdruckmessung ist auch
lyse, Katheterthrombektomie, Kombinationen),
bei Einsatz der segmentalen Technik eine für eine
∑ offen-chirurgisch (Thrombendarteriektomie, Ve-
Therapieentscheidung hinreichende Lokalisierung
nen-Bypass-Rekonstruktion, Kunststoff-Bypass-
sowie Charakterisierung (Stenose, Verschluss) der
Rekonstruktion, Thrombektomie),
Läsion nicht erreichbar, wohingegen dies mit der
∑ Hybridrevaskularisation (endovaskulär plus offen-
Farbduplexsonographie in >90% möglich ist (Baxter
chirurgisch),
u. Polak 1993). Ebenso kann die Farbduplexsonogra-
∑ konservative Therapie (Training, Medikamente),
phie bei der Entscheidung, ob der Patient eine angio-
∑ CT-gesteuerte Sympathikolyse.
graphische Bildgebung (mit DSA, MR- oder CT-An-
giographie) benötigt, oder hinsichtlich einer Thera- Bei der symptomatischen Makroangiopathie im Sta-
pie (konservativ, Katheterintervention, Operation) dium IIa oder IIb kann je nach Gefäßsituation ein
hilfreich sein. Eine korrekte Entscheidung für eine gezieltes Gefäßtraining wieder zu einer deutlichen
interventionelle Therapie ist allein auf Basis einer Steigerung der schmerzfreien Gehstrecke führen. Die
qualifiziert durchgeführten Farbduplexsonographie Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern und
in >90% der Fälle erreichbar (Elsman et al. 1996; ggf. vasoaktiven Substanzen sowie die konsequente
Abb. 4.43 a,b, vgl. Abb. 4.3 a–c ). Behandlung der Risikofaktoren sind wichtige Ele-
Wenn ausreichende Hinweise auf eine therapeu- mente einer medikamentösen Therapie.
tisch relevante Pathologie vorliegen, eine invasive Ein gefäßchirurgischer Eingriff kommt, sofern tech-
Revaskularisation grundsätzlich in Frage kommt, die nisch möglich und sinnvoll, erst in Frage, wenn keine
Farbduplexsonographie jedoch zur Entscheidung sinnvolle endovaskuläre Behandlungsoption besteht.
bzw. Planung nicht ausreicht oder nicht verfügbar ist, In der aortoiliakalen Etage ist zur Erzielung eines pro-
erfolgt eine bildgebende Diagnostik mittels KM-MR- gnoserelevanten Primärergebnisses neben der PTA
Angiographie, CT-Angiographie oder DSA. Dabei ist die fakultative Einlage eines Stents fest etabliert. In der
288 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.43 a, b. Iatrogene Dissek-


tion der A. iliaca externa. a Vor
Stentimplantation (f falsches
Lumen, w zum Teil hochgradig
stenosiertes wahres Lumen).
b Nach Stentimplantation in das
wahre Lumen. Thrombosiertes
falsches Lumen (Stern)

femoropoplitealen Etage wurde bisher vorrangig mit noch wird bei einem Teil der Kranken eine Gefäßwie-
einer PTA therapiert. Aktuell werden hier verschiede- derherstellung vorgenommen, weil die Beseitigung
ne Stentdesigns und Beschichtungen erprobt. Die der- der Pathologie meist eine Wiedererlangung der Ak-
zeitigen Ergebnisse lassen die Implantation eines tions- und Berufsfähigkeit auf Jahre hinaus bedeutet.
selbstexpandierbaren Stents in den extraartikulären Die Wiederherstellung der Durchblutung ist nur
Gefäßsegmenten bei unzureichendem PTA-Ergebnis dann sinnvoll, wenn der Kranke hierdurch ein ent-
sinnvoll erscheinen. Die PTA wird bedingt durch ver- sprechendes Maß an Aktivität und Leistungsfähig-
bessertes Kathetermaterial auch in der kruralen und keit zurückgewinnt.
pedalen Etage angewendet (vgl.Abb. 4.16 a–c).Speziel- Die Gefäßrekonstruktion als präventiver Eingriff
le Stents für diese Region werden derzeit entwickelt, im Stadium I ist seltenen Sonderfällen vorbehalten.
wobei schon heute Koronarstents für die Unterschen- Bei einem fortgeschrittenen Stadium (III oder IV)
kelarterien verwendet werden können. besteht eine absolute Indikation zur Wiederherstel-
Ziel der endovaskulären oder operativen Inter- lung der Durchblutung. Sollte auch im Stadium II ei-
vention ist die Wiederherstellung des Lumens bzw. ne schnelle Abnahme der Gehstrecke mit Beeinträch-
die Wiederherstellung der Durchblutung distal der tigung des Patienten in seiner beruflichen und per-
Pathologie. Der Eingriff bleibt im Allgemeinen ohne sönlichen Aktivität vorliegen, ist auch in diesem Fall
Einfluss auf den Verlauf der Grundkrankheit. Den- eine Gefäßrevaskularisation anzuraten.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 289

Im Gesamtkontext ist es wichtig, zu verstehen und Ätiologie und Pathogenese


den Patienten zu vermitteln, dass die medikamentö- Die häufigste Ursache für ein Aneurysma ist eine al-
se, die interventionelle oder die operative Behand- tersbedingte Zerstörung der Media, vergesellschaftet
lung symptomatische Behandlungsformen darstellen mit einer Arteriosklerose (Abb. 4.44). Ferner liegt ei-
und die Krankheitsmanifestation an den Blutgefäßen ne angeborene Schwäche der Arterienwand bei der
nicht rückgängig machen können. fibromuskulären Dysplasie, beim Ehler-Danlos- und
beim Marfan-Syndrom vor.
Merke ! Eine pAVK ist immer ein erhebliches
Alarmsignal, dass der Patient unter
Bei einem mykotischen Aneurysma (Abb. 4.45)
handelt es sich um eine De-novo-Infektion der Arte-
einer schweren systemischen Arteriosklerose leidet. rienwand, die zu einem Aneurysma führt.
Durch konsequente Reduktion und Vermeidung von Bei der sekundären Infektion eines vorbestehen-
Risikofaktoren kann jeder Patient selbst dazu beitra- den Aneurysmas spricht man von einem infizierten
gen, das Risiko der bestehenden Arteriosklerose für Aneurysma.
die Entwicklung von Komplikationen und relevanten Auch posttraumatisch kann es aufgrund einer Ge-
Beschwerden zu senken bzw. den Krankheitsprozess fäßwandverletzung zu einer aneurysmatischen Aus-
zu verlangsamen (Vollmar 1996). sackung kommen (Abb. 4.46 a, b). In diesem Fall
spricht man von einem Pseudoaneurysma oder fal-
schen Aneurysma/Aneurysma spurium. Hierbei sind
4.4.2 alle Gefäßwände durchtrennt („pulsierendes Häma-
Aneurysmen tom“), während bei einem wahren oder echten Aneu-
rysma alle Wandschichten erhalten sind.
Umschriebene Gefäßwandaufweitungen können in Bei den echten Aneurysmen werden nach mor-
Abhängigkeit von der Genese in allen Körperregio- phologischen Kriterien sack- und spindelförmige
nen auftreten. Die infrarenale Bauchaorta sowie die sowie dissezierende Formen unterschieden. Etwa
Becken- und Kniearterien sind in der Peripherie am 2% aller Menschen >60 Jahre sind betroffen (Män-
häufigsten betroffen. ner>Frauen). Bei einem Bauchaortenaneurysma
(BAA) findet man in 10–14% auch ein Poplitealarte-
왔 Ein Aneurysma ist eine Gefäßlumen- rienaneurysma (PAA; Abb. 4.47 a–e, vgl.Abb. 4.31 a,b,
Definition
erweiterung auf mehr als das 1,5-Fa- Abb. 4.32 a, b). Umgekehrt zeigt sich bei einem nach-
che des normalen Durchmessers (Aorta abdominalis gewiesen PAA, das in 50–70% der Fälle bilateral auf-
>30 mm, A. poplitea >7 mm). tritt, bei 30–50% der Patienten auch ein BAA. Bei
einem PAA sind die Männer 10- bis 30-mal häufiger
betroffen als Frauen (Wright et al. 2004).

Abb. 4.44. Panoramaultraschall (B-Bild) bei Aneurysmose der A. femoralis superficialis und der A. poplitea. Subtotale Poplitea-
thrombose.
290 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.45. Riesiges mykotisches Hinterwandaneurysma der a


A. femoralis communis bei einem intravenös Drogenabhängi-
gen. Ein- und Ausstrom sind mit Pfeilen markiert.

Klinik
Klinisch kann man 3 Stadien unterscheiden.
∑ Stadium I (asymptomatisches Stadium): Hierbei
wird ein Aneurysma, das keinerlei Beschwerden
verursacht, zufällig festgestellt. Dies ist beim BAA
der weitaus häufigste Fall. Poplitealaneurysmen
sind in 45% der Fälle zum Zeitpunkt der Diagno-
sestellung asymptomatisch.
∑ Stadium II (symptomatisches Stadium): Die Be-
schwerden werden durch Expansion des Aneurys-
mas und/oder durch Druck auf die umgebenden
Organe hervorgerufen.
∑ Stadium III (rupturiertes Stadium): Beim BAA er-
folgt die Ruptur im Regelfall nach retroperitoneal.
b
Klassische Zeichen sind ein starker Dauer-
schmerz und ein hämorrhagischer Schock. Abb. 4.46 a, b. Thrombin-Therapie bei Aneurysma spurium.
Falsches Aneurysma der A. femoralis superficialis nach arte-
Diagnostik riellem Zugang für eine PTA. a Persistierendes, durch die
Punktion bedingtes Gefäßleck (Pfeil, AFC A. femoralis com-
munis). Perfusion in den extravaskulären Weichteilen. b Nach
쐍 Klinische Untersuchung. Ein asymptomatisches An- sonographisch gezielter Injektion von 50 IE Thrombin voll-
eurysma kann im Rahmen der klinischen Untersu- ständige Thrombose des Aneurysma spurium
chung durch Palpation und Auskultation entdeckt
werden.
eurysma, zu Gefäßwandveränderungen, zu den grö-
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Die klinische ßeren aus dem aneurysmatisch erkrankten Gefäß-
Verdachtsdiagnose auf das Vorliegen eines Aneurys- abschnitt abgehenden Gefäßen sowie zu thromb-
mas kann sehr einfach mit der B-Sonographie verifi- embolischen Komplikationen. Ein Aneurysma kann
ziert werden. Ferner ist die Quantifizierung der Aneu- beispielsweise aufgrund des Flussnachweises in der
rysmagröße hiermit gut möglich. Bei der Darstellung Farbduplexsonographie von einer poplitealen Zyste
der Lagebeziehung eines intraabdominellen Aneurys- abgegrenzt werden. Die Sonographie ist das Verfahren
mas in Relation zu abgehenden Gefäßen (z. B. Nieren- der Wahl in der Verlaufskontrolle von Aneurysmen. In
arterien) hat die Sonographie eine schlechtere Aussa- der Akutphase ist bei Verdacht auf Ruptur eines BAA
gekraft als CT- und MR-Angiographie. die Sonographie der CT unterlegen, da sie zwar meist
Die farbkodierte Duplexsonographie gestattet so- das Aneurysma nachweist, jedoch häufig das Ausmaß
wohl Aussagen zu den Blutflussverhältnissen im An- z. B. eines retroperitonealen Hämatoms unterschätzt.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 291

b c

a d e

Abb. 4.47 a–e. Vollständig thrombosierte Aneurysmen der führung bilden den thrombotischen Anteil als solide impo-
A. poplitea beidseits. a Die KM-MR-Angiographie zeigt beid- nierende Raumforderungen (Thromben) im Verlauf der A.
seitige Verschlüsse der A. poplitea (Pfeile) mit guter Kollatera- poplitea ab, die in den axialen T1-gewichteten Aufnahmen
lisierung. b,c T2-gewichtete Sequenzen in sagittaler Schicht- (d,e) nicht erkennbar sind (Pfeile)

Bei intraabdominell und -pelvin gelegen Befun- ca, A. poplitea) ausgeschlossen werden, dies gilt um-
den sind die CT und die MRT der Sonographie in der gekehrt auch für den BAA-Ausschluss bei Erstdiag-
Bildgebung überlegen, wenn es um die Darstellung nose eines peripheren Aneurysmas.
der exakten Lagebeziehung zu anderen Strukturen
(z. B. Gefäßabgängen) geht. Beide Verfahren erlauben Therapie
eine exakte Bestimmung von Größe und Längsaus- Die Behandlung der Aneurysmen ist abhängig von
dehnung. Ferner können die umgebenden Struktu- deren Lokalisation.
ren überlagerungsfrei abgebildet werden. Darüber Im Bereich von Gelenken (Hüft- und Kniegelenk)
hinaus ist eine präzise Erfassung der erforderlichen ist ein gefäßchirurgischer Eingriff mit protheti-
Daten vor einem interventionellen oder chirurgi- schem Ersatz Methode der Wahl. So genannte „geco-
schen Eingriff möglich. Mit beiden Verfahren gelingt verte Stents“ (Endoprothesen,„stent-grafts“), die mit
eine Gefäßdarstellung in Form von übersichtlichen Prothesenmaterial überdeckt sind, können in extra-
Rekonstruktionen, sodass die diagnostische Arterio- artikulären Gefäßsegmenten wie der Aorta (Abb.
graphie in den Hintergrund getreten ist. 4.48 a, b), den Aa. iliacae communes und externae so-
wie der A. femoralis superficialis eingesetzt werden.
Merke ! In Notfallsituationen (Stadium III)
gilt heute die CT-Diagnostik als Ver-
Aneurysmen der A. iliaca interna werden zumindest
initial embolisiert und ggf. sekundär mit einer
fahren der ersten Wahl, da sie in kürzester Zeit alle Endoprothese überdeckt. Im Bereich von Gelenken
relevanten Informationen liefert und die schwer- wie der Hüfte oder dem Knie sind Endopothesen
kranken Patienten adäquat überwacht und ggf. sofort kontraindiziert. Bei thrombembolischen Komplika-
behandelt werden können. tionen eines PAA sind kombinierte Verfahren mit
Katheterlyse des thrombembolisch verschlossenen
Bei peripheren Aneurysmen (z. B. der A. poplitea) ist Gefäßsegments (z. B. III. Poplitealsegement, Unter-
es wichtig, eventuelle thrombembolische Komplika- schenkelarterientrifurkation) und anschließender
tionen vollständig zu erfassen. Bei Erstdiagnose eines Ausschaltung des Aneurysmas durch Bypassverfah-
BAA sollten gleichzeitig weitere Aneurysmen (A. ilia- ren indiziert.
292 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

von Fettsäuren, Cholesterin und Triglyzeriden sowie


deren Einbau in die Gefäßwand (Liermann u. Kirch-
ner 1997).
Zusätzlich liegt bei Diabetikern nach etwa 10 Jah-
ren Krankheitsverlauf eine diabetische Mikroangio-
pathie vor. Histologisch findet man eine Verdickung
der Basalmembranen, die in Verbindung mit einer
Viskositätszunahme des Blutes zu einer Kapillaropa-
thie mit Verlegung der Haargefäße führt. Hieraus re-
sultiert eine fatale Dekompensation der Mikrozirku-
lation. Sie betrifft vor allem die Retina und die Niere
und wirkt sich an den Extremitäten in Kombination
mit der Makroangiopathie auf die Perfusion der
Endstrombahn und die Gewebetrophik aus (Zeitler
a 1997).

Klinik
Der klinische Verlauf der diabetischen Makroangio-
pathie wird häufig unterschätzt. Die Kombination
von fehlendem Belastungsschmerz, geringer Infek-
tionsresistenz und fortgeschrittener Arteriosklerose
führt zu schwerwiegenden Krankheitsbildern z. B. in
Form des diabetischen Fußes, wobei neben den an-
giopathischen Ursachen neuropathische Komponen-
ten eine wesentliche Rolle spielen. Akut lebensbe-
drohlich sind vorrangig die Folgen einer Koronar-
b oder ein Zerebralsklerose. Zu den wichtigsten Kom-
plikationen der diabetischen Mikroangiopathie ge-
Abb. 4.48 a, b. Kontroll-Power-Dopplersonographie nach trans- hören die Retino-, die Nephro- (Kimmelstiel-Wilson-
luminalem Stentgraft bei Bauchaortenaneurysma. Die iliaka- Glomerulonephritis) und die Neuropathie.
len Prothesenschenkel sind regelrecht perfundiert, das Aneu-
rysma ist ausgeschaltet. Querschnitt (a), Längsschnitt (b)
Diagnostik

쐍 Klinische Untersuchung. Die gezielte Anamnese er-


folgt in Hinblick auf eine Einschränkung der Geh-
4.4.3 strecke, ein Kältegefühl der Beine, eine Gangunsi-
Diabetische Angiopathie cherheit, das „Burning-feet-Beschwerdebild“, Emp-
findungsstörungen sowie Minderung des Sehvermö-
Die diabetische Angiopathie wird heute als Manife- gens und der Potenz. Die klinische Untersuchung
station und nicht als Komplikation des Diabetes mel- besteht insbesondere in der Inspektion der Füße
litus angesehen (Alexander 1990). (Atrophie? Entzündung? Deformität? Nekrose?), der
Es werden 2 Manifestationsformen des Diabetes Palpation von Hauttemperatur und Pulsen sowie der
mellitus an den Arterien unterschieden: diabetische Prüfung von Muskeleigenreflexen und Tiefensensibi-
Makro- und Mikroangiopathie. lität (Frykberg 2002; Wagner 1987).

Ätiologie und Pathogenese 쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Für die ap-
Bei der diabetischen Makroangiopathie werden ne- parative und bildgebende Diagnostik der Makro-
ben den Koronar- und Zerebralarterien bevorzugt angiopathie kommen die gleichen Verfahren wie für
die peripheren Extremitäten betroffen. Das Gefäß- die pAVK zur Anwendung. Bereits anhand einer
system altert um etwa 10–15 Jahre schneller als das Röntgenaufnahme des Vorfußes sind typische Verkal-
von Nichtdiabetikern. Man geht heute davon aus, kungen der kleinen Fußarterien infolge der Media-
dass es sich um eine frühe, besonders schwere Ver- sklerose nachweisbar. Ferner kann man in Abgängig-
laufsform der Arteriosklerose handelt. Ursächlich keit vom Lokalbefund Zeichen einer Osteoporose,
übt die Hyperinsulinämie einen proliferationsstei- einer Osteomyelitis oder Osteolysen erkennen. Bei
gernden Einfluss auf die glatten Muskelzellen der Ge- der angiographischen Darstellung zeigen sich für die
fäßwand aus. Zudem steigert Insulin die Synthese diabetische Makroangiopathie typische Veränderun-
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 293

gen. Diese betreffen nicht die Morphologie der Läsio- Thrombozytenaggregationshemmer und vaso-
nen, sondern deren Lokalisation.Auffällig ist eine an- aktive Substanzen sind wichtige Elemente einer me-
giographisch nachweisbare Betonung der Verschluss- dikamentösen Therapie.
lokalisationen in der Peripherie, hierbei vor allem Eine Indikation zur radiologischen Intervention
der Unterschenkel- und Fußarterien. Während bei besteht grundsätzlich nur dann, wenn zusätzlich zur
Nichtdiabetikern Veränderungen im femoropoplitea- diabetischen Mikroangiopathie und/oder Neuropa-
len Abschnitt lediglich in 56% der Fälle gefunden thie (z. B. beim diabetischen Fußsyndrom) eine ma-
wurden, zeigten sich diese bei Diabetikern mit AVK kroskopische Komponente vorliegt (Arlart 1992).
in 85% (Arlart 1992). Die Beckenstrombahn ist bei In der aortoiliakalen Etage ist zur Erzielung eines
Patienten mit Diabetes mellitus in 15% der Fälle, bei für die Prognose relevanten Primärergebnisses ne-
Patienten ohne Diabetes mellitus in 44% betroffen. ben der PTA die fakultative Einlage eines Stents eta-
Insbesondere bei einer eingeschränkten Nieren- bliert. In der femoropoplitealen Etage wurde bisher
funktion ist die KM-MR-Angiographie heute das vorrangig mit einer Ballon-PTA therapiert. Aktuell
angiographische Verfahren der Wahl (vgl. Abb. werden hier verschiedene Stentdesigns und Stent-
4.14 a–c). beschichtungen erprobt. Die derzeitigen Ergebnisse
lassen die Implantation eines selbstexpandierbaren
CAVE ! Vorsicht ist bei dopplersonographi-
schen Druckmessungen geboten, da
Stents in den extraartikulären Gefäßsegmenten bei
unzureichendem PTA-Ergebnis sinnvoll erscheinen.
diese infolge der durch die Mediasklerose einge- Die PTA wird bedingt durch verbessertes Katheter-
schränkten Kompressibilität der Gefäße nur einge- material zunehmend insbesondere bei Diabetikern
schränkt oder gar nicht zu verwerten sind. Häufig auch in der kruralen und pedalen Etage angewendet.
werden bei langjährig bestehendem Diabetes falsch- Spezielle Stents für diese Region wurden noch nicht
hohe Druckwerte >300 mmHg gemessen. entwickelt. Wie schon bei der Therapie der pAVK
ausgeführt, sind spezielle Stents für diese Region
Die zur Verfügung stehenden Methoden zur Dia- in Entwicklung. Ein gefäßchirurgischer Eingriff mit
gnostik der Mikrozirkulationsstörung sind entweder Implantation eines kruralen oder pedalen Bypasses
sehr aufwändig (Videokapillarmikroskopie) oder kommt, sofern technisch möglich und sinnvoll, erst
wenig spezifisch (transkutane Sauerstoffdruckmes- in Frage, wenn endovaskulär keine Option besteht.
sung, laborchemische Messung rheologischer Para-
meter). Lediglich für die an der Nagelfalz durchge-
führte Kapillarmikroskopie wurde bisher eine sinn- 4.4.4
volle Klassifikation zur Risikoabschätzung entwi- Vaskulitiden
ckelt. Die Laser-Dopplerfluxmetrie als einfach
durchführbare Methode scheint sich in der Beurtei- Die systemischen Vaskulitiden umfassen eine Grup-
lung der Mikrozirkulation zu bewähren. Bei Diabetes pe unterschiedlicher Erkrankungen, deren gemein-
mellitus Typ I wird in jüngsten experimentellen Stu- sames histologisches Kennzeichen eine Entzündung
dien auch der Dicke von Intima und Media (IMT/„in- der Gefäßwand ist. Unterschieden werden primäre
timal-medial thickness“) – ohne Patientenbelastung von sekundären Vaskulitiden.
sonographisch an der A. carotis communis gemessen Die Ursache ist bei den primären Gefäßentzün-
– ein prädiktiver Wert zuerkannt (Jarvisalo et al. dungen unbekannt. Bei den sekundären Erkrankun-
2004). Wegen der großen individuellen Unterschiede gen sind die Ursachen entweder bekannt (z. B. Zyto-
eignen sich alle diese Verfahren allerdings eher zur megalievirusinfektion) oder sie treten im Rahmen
Kontrolle der Effektivität therapeutischer Maßnah- anderer Erkrankungen (z. B. Kollagenosen) auf.
men als zur Frühdiagnostik. Die primären systemischen Vaskulitiden können
entsprechend ihres Befallsmusters und der Größe der
Therapie beteiligten Gefäße klassifiziert werden. Die großen
Oberstes Gebot muss die sorgfältig überprüfte und und mittelgroßen Gefäße sind bei der Riesenzell- und
immer wieder hinterfragte Einstellung der Blutzuck- der Takayasu-Arteriitis betroffen. Aufgrund ihrer
erwerte sein. Auf die Bedeutung und Wichtigkeit der Prädilektionsstellen können bei beiden Erkrankun-
Therapie einer Hypertonie und zusätzlicher Risiko- gen die peripheren Gefäße betroffen sein (Reuter et
faktoren (Nikotin, Übergewicht, Fettstoffwechselstö- al. 2003).
rung) soll hier nicht eingegangen werden.
Ferner konnte nachgewiesen werden, dass bei der Riesenzellarteriitis
symptomatischen Makroangiopathie ein gezieltes Die Riesenzellarteriitis gehört zu den Vaskulitiden,
Gefäßtraining zu einer deutlichen Steigerung der die den rheumatischen Erkrankungen zugeordnet
schmerzfreien Gehstrecke führen kann. werden. Sie ist die häufigste Form der systemischen
294 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Vaskulitiden bei Erwachsenen. Aus rheumatologi- Diagnostik


scher Sicht werden die Arteriitis temporalis Horton
und die Polymyalgia rheumatica unterschieden. 쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Unter-
suchung ist die A. temporalis häufig verdickt und
왔 Hierbei handelt es sich um eine Arte- druckschmerzhaft. Gelegentlich ist kein Puls zu tas-
Definition
riitis mit Beteiligung von Segmen- ten.
ten der Tunica media der großen und mittleren Arte-
rien. 쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Bei den la-
borchemischen Befunden zeigt sich eine Entzün-
Die Arteriitis temporalis betrifft vorwiegend Frauen dungsaktivität: Beschleunigung der Blutsenkungsge-
>50 Jahre, die doppelt so häufig erkranken wie Män- schwindigkeit (BSG), eine Leukozytose und eine
ner. Ferner zeigt sich ein deutliches Nord-Süd-Gefäl- Anämie. Die Biopsie der A. temporalis führt zur Dia-
le, mit der höchsten Erkrankungshäufigkeit in den gnose. In der Bildgebung finden sich segmentale Ver-
skandinavischen Ländern. änderungen mit Stenosen in langen Gefäßabschnit-
ten bis hin zu Gefäßverschlüssen. Thorakale Aorten-
Ätiologie und Pathogenese aneurysmen findet man 17-mal häufiger als bei al-
Die Ursache ist unklar. Vermutet wird ein Zusam- tersentsprechenden Kontrollen.
menhang mit viralen Infektionen (Parvo- oder Para- Mit der Sonographie können ein entzündliches
influenzavirus). Pathogenetisch besteht eine zellver- Wandödem sowie die Wandverdickung aufgrund der
mittelte Autoimmunität mit einer granulomatösen entzündlichen Zellproliferation als echoarmer Anteil
Entzündung. Hierbei scheinen Makrophagen durch dargestellt werden. Insbesondere an den Aa. caroti-
die T-Zellen aktiviert zu werden und über eine Viel- des können Gefäßlumeneinengungen dokumentiert
zahl von Mechanismen zu Schädigungen zu führen. und quantifiziert werden.
Charakteristisch ist eine Prädominanz mononukleä- Die Wandveränderungen sind sowohl mit der CT
rer Zellinfiltrate oder eine granulomatöse Entzün- als auch der MRT nachweisbar. Hierbei ist die MRT
dung mit vielkernigen Riesenzellen an der Grenze aufgrund ihrer besseren Gewebedifferenzierung der
zwischen Intima und Media. CT überlegen. Es ist jedoch darauf zu achten, dass
Die Riesenzellarteriitis liegt histologisch in 3 Mus- zusätzlich zu den angiographischen Techniken (z. B.
tern vor, die den verschiedenen zeitlichen Stadien der KM-MR-Angiographie) weitere Schnittbildtechniken
Erkrankung entsprechen sollen: (z. B. fettgesättigte T2-Bildgebung, fettgesättigte
T1-Bildgebung nach Kontrastmittelgabe) eingesetzt
∑ klassische Form (Befall an der Intima-Media-
werden. Mit beiden Verfahren ist eine übersichtliche
Grenze mit angelagerten Riesenzellen),
angiographische Befunddokumentation möglich.
∑ unspezifische Entzündungsform (Leukozyteninfil-
Für die KM-MR-Angiographie liegen derzeit weni-
trationen der gesamten Gefäßwand) und
ge Erfahrungsberichte vor. Hiermit wurden bilatera-
∑ fibrosierende Form (reaktive Intimafibrose mit
le Stenosen und Verschlüsse, selten auch umschriebe-
Gefäßlumenobliteration).
ne Ektasien der proximalen Armarterien, sicher er-
Gemäß den histologischen Befunden findet man al- kannt. Nach distal kann sich die Riesenzellarteriitis
ternierende Segmente von Gefäßlumeneinengungen auf die Aa. brachiales erstrecken, sodass im Einzell-
oder -verschlüssen sowie Dilatationen. Prädilek- fall weitere Messungen erforderlich werden (Reuter
tionsstellen sind die supraaortalen Arterien und hier et al. 2003; Stanson 2000).
die extrakraniellen Anteile der A. carotis. Die A. tem- Differenzialdiagnostisch sind die Befunde von ei-
poralis ist am häufigsten betroffen. Seltenere Manife- ner Arteriosklerose, einer Vaskulitis anderer Genese
stationen sieht man an der thorakalen Aorta und den oder einer Takayasu-Arteriitis abzugrenzen. Dies ge-
Herzkranzarterien (Bradley 2002; Riede u. Schaefer lingt häufig erst im Kontext mit den anamnestischen
1995). Angaben sowie den klinischen und laborchemischen
Befunden und ggf. einer Biopsie.
Klinik
Zu den klinischen Symptomen zählen Kopfschmer- Therapie
zen, Abgeschlagenheit und Fieber. Bei Einbeziehung Die Diagnose eine Riesenzellarteriitis erfordert eine
der A. centralis retinae können Sehstörungen bis zur sofortige Behandlung, um Komplikationen wie z. B.
Erblindung bestehen. Bei Mitauftreten der Polymyal- eine Erblindung zu verhindern. Mittel der ersten
gia rheumatica bestehen zusätzliche Symptome wie Wahl sind Kortikosteroide. Die Kortisongabe erfolgt
Morgensteifigkeit und Schmerzen im Schultergürtel nicht selten über Jahre. Die Patienten müssen regel-
mit Druckempfindlichkeit der Oberarme. mäßig kontrolliert werden, um therapiebedingte
Komplikationen wie z. B. einen Diabetes mellitus
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 295

rechtzeitig erkennen und behandeln zu können. Im- Betroffen sind meist junge Frauen <40 Jahren, wobei
munsuppressiva wurden ebenfalls verwandt. Zu nen- der Erkrankungsgipfel zwischen dem 15. und 30. Le-
nen sind Methotrexat und Azathioprin. Sie können bensjahr liegt (Abb. 4.49 a–d). Geographisch wird ein
zusätzlich zur Einsparung von Kortikosteroiden her- gehäuftes Auftreten in Japan, Indien und Südostasien
angezogen werden. beobachtet (Diehm et al. 1999).

Takayasu-Arteriitis Ätiologie und Pathogenese


Die Erstbeschreibung erfolgte durch den japanischen Die Ätiologie ist unbekannt. Vermutet werden unge-
Augenarzt M. Takayasu, der 1908 in einem kasuisti- klärte genetische Faktoren. Ferner wird eine immun-
schen Beitrag ungewöhnliche Veränderungen an den vermittelte Ursache angenommen. Die entzündliche
großen Gefäßen des Augenhintergrundes beschrieb. Reaktion ist durch eine Infiltration mit mononukleä-
ren Zellen charakterisiert, die alle Wandschichten be-
왔 Die Takayasu-Arteriitis ist eine idio- trifft.
Definition
pathische, systemische granulomatö- Aufgrund der Lokalisation der entzündlichen
se Vaskulitis mit Beteiligung der Aorta und deren Wandveränderungen werden 4 anatomische Typen
Hauptästen. unterschieden:

a b c

Abb. 4.49 a–d. Takayasu-Syndrom. Die Gefäßuntersuch-


ungen bei einer jugendlichen Patienten mit bekanntem
Takayasu-Syndrom mit viszeraler Beteiligung zeigen eine
Stenose der linken proximalen A. subclavia (a, Pfeil), Stenosen
der infrarenalen Bauchaorta (b, Pfeil) und A. iliaca rechts
(Pfeil) sowie eine ausgeprägte Riolan-Anastomose mit kräfti-
ger A. mesenterica inferior (Pfeil, b,c) bei Stenose der A. me-
senterica superior und Verschluss des Truncus coeliacus (d).
Die Perfusion des Truncus coeliacus erfolgt über Kolla- d
teralen aus mesenterialen Arterien
296 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

∑ Typ I: zervikobrachialer Befall, entzündlicher Wandveränderungen sind kontrast-


∑ Typ II: thorakoabdomineller Befall, mittelunterstützte GRE-Sequenzen mit Fettsätti-
∑ Typ III: kombinierter Befall, gung.
∑ Typ IV: pulmonaler Befall. Mit der KM-MR-Angiographie gelingt der Nach-
weis von Stenosen, Verschlüssen und Aneurysmen.
Ferner gibt es folgende Grading-Kriterien (Bradley In der Verlaufsbeurteilung scheint die MRT der
2002): FDG-PET in der Beurteilung der Gefäßwandverän-
∑ Typ I: klassische Takayasu-Arteriitis, derungen überlegen zu sein (Meller et al. 2003).
∑ Typ II: gemischter Typ,
∑ Typ III: atypische Coarctatio aortae und Therapie
∑ Typ IV: dilatativ. In der aktiven Phase werden Glukokortikoide verab-
reicht. Bei Nichtansprechen kann ein Versuch mit
Klinik Cyclophosphamid und Methotrexat erfolgen. Die
Die Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation Wirksamkeit von Thrombozytenaggregationshem-
und Floridität der entzündlichen Gefäßveränderun- mern ist nicht zweifelsfrei belegt (Diehm et al. 1999).
gen. Eine Pulslosigkeit an der oberen Extremität fin- In der okklusiven Phase müssen die Hypertonie
det man in >95% der Fälle. Im Stadium der akuten und andere Komplikationen behandelt werden.
Entzündung überwiegen Allgemeinsymptome wie Therapeutisch kommt vorwiegend die Ballon-
Abgeschlagenheit, Fieber, Myalgien, Arthralgien, PTA zur Anwendung und nur in ganz seltenen
Krankheitsgefühl und Müdigkeit. Die Spätfolgen Ausnahmefällen eine Stentimplantation (Chapdelai-
zeichnen sich durch neurologische Symptome wie ne et al. 1998; Lusic et al. 2000). Entsprechend der
Aphasie, Hemiparese, Krämpfe und Apoplexie aus. geographischen Verbreitung werden größere PTA-
Ferner können kardiale Erkrankungen mit Angina Fallzahlen überwiegend aus Indien mitgeteilt.
pectoris, Aortenklappen- und Herzinsuffizienz auf- Die Offenheitsraten lagen in Abhängigkeit vom
treten. Stenoseausmaß zwischen 50 und 100% (Joseph et al.
1994; Tyagi et al. 1998). Zusätzliche gefäßchirurgische
Diagnostik Eingriffe können bei aneurysmatischen Gefäßver-
änderungen und Ischämiesyndromen erforderlich
쐍 Klinische Untersuchung. Neben der Anamnese (Fie- sein.
ber unklarer Genese) ist die Erhebung des Pulsstatus
(Pulslosigkeit an den oberen Extremitäten) von Rele-
vanz. 4.4.5
Thrombangiitis obliterans
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Laborche-
misch sollten die Entzündungsparameter wie BSG Der Wiener Pathologe Felix von Winiwater berichte-
und C-reaktives Protein (CRP) bestimmt werden, die te erstmals 1879 über einen Mann mit Endarteriitis
regelhaft erhöht sind. Spezifische serologische Mar- und Endophlebitis der Füße. Die erste präzise und bis
ker gibt es nicht. Im Einzelfall muss eine Luesserolo- heute gültige Beschreibung der Pathomorphologie
gie zum Ausschluss einer syphilitischen Mesaortitis stammt von Leo Buerger aus dem Jahr 1908. Seitdem
durchgeführt werden. ist die Thrombangiitis obliterans (TAO) als eigen-
Bei Fieber unklarer Genese erfolgt heute zur De- ständige Entität etabliert. Im englischen Sprachraum
tektion von Entzündungsherden die 18-Fluorodes- wird sie als „Buerger’s disease“ bezeichnet.
oxyglukose- (FDG-) Positronenemissionstomographie
(PET). Hiermit sind exakte Aussagen zur Lokalisa- 왔 Es handelt sich um eine entzündliche,
Definition
tion und Ausdehnung entzündlicher Gefäßwandin- stenosierende und thromboemboli-
filtrationen möglich (Love et al. 2005). Die Beurtei- sche Erkrankung kleinerer und mittelgroßer Arte-
lung der Wanddicke und der Lumenweite kann mit rien und Venen der Arme und Beine.
allen Schnittbildverfahren erfolgen.
Die MRT in Kombination mit der KM-MR-Angio- Betroffen sind häufig stark rauchende junge Männer.
graphie ist derzeit das Verfahren der Wahl in der Der Erkrankungsbeginn liegt zwischen dem 40. und
Primärdiagnostik und der Verlaufskontrolle. Mit 45. Lebensjahr. Während die Thrombangiitis oblite-
konventionellen Spin-Echo- (SE-) oder Turbo-Spin- rans in Europa und Amerika mit einer Inzidenz von
Echo- (TSE-) Sequenzen vor und nach Kontrastmit- 8/100.000 Männern unter einem Lebensalter von
telgabe sind Aussagen zur Gefäßwanddicke und -in- 45 Jahren selten ist, verursacht sie in Japan und In-
filtration möglich (Matsunaga et al. 1998; Yamada et dien etwa 2/3 aller peripheren arteriellen Gefäßer-
al. 1993). Besonders sensitiv in der Erfassung florider krankungen (Olin 2000).
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 297

Ätiologie und Pathogenese Projektion auf die originäre Strombahn (Abb. 4.42,
Die Ätiologie ist bis heute unbekannt. Als mögliche Abb. 4.50, Abb. 4.51 a, b).
Ursachen werden autoimmune, hämatoserologische Als Alternative zu einer Katheterangiographie
und -rheologische sowie infektiöse Faktoren ge- kommt bei Niereninsuffizienz eine KM-MR-Angio-
nannt. Der maßgebliche Einfluss des Nikotinabusus graphie in Betracht (vgl. Abb. 4.50).
ist unbestritten. Als zugrunde liegender Pathome- Differenzialdiagnostisch sind die segmentalen
chanismus wird eine Vaskulitits mit Proliferation von Verschlüsse nicht immer eindeutig von peripheren
Endothelzellen, entzündlichen Infiltrationen der Ge- Embolien oder fixierten funktionellen Gefäßver-
fäßwand und das Lumen okkludierenden zellreichen schlüssen abzugrenzen (Liermann u. Kirchner 1997).
Thromben beschrieben. Auch mit der Farbduplexsonographie ist die Darstel-
lung korkenzieherartiger Kollateralen möglich (vgl.
Klinik Abb. 4.42 a, b).
Zu Beginn klagen die Patienten über Kälte, Brennen
oder Taubheitsgefühl an den oft gemeinsam betroffe- Therapie
nen oberen und unteren Extremitäten. Ein begleiten- Als oberstes Gebot gilt absolute Nikotinkarenz. Die
des Raynaud-Phänomen ist häufig. Bei etwa 40% der Wirkung von Thrombozytenaggregationshemmern,
Patienten lässt sich anamnestisch eine Phlebitis mi- Kalziumantagonisten, Immunsuppressiva und Vaso-
grans eruieren. Ischämische Ulzerationen der Hände aktiva ist umstritten (Olin 2000). In Einzelfällen wird
treten bei mehr als der Hälfte der Patienten mit Befall die Sympathektomie als effektive Behandlungsop-
der oberen Extremitäten auf. Belastungsabhängige tion bei Ruheschmerz und Gangrän der Finger sowie
Schmerzen der Hohlhand und des Fußgewölbes („in- Versagen der medikamentösen Therapie beschrieben
step-claudicatio“) gelten als charakteristisch (Kyriss (Kyriss et al. 2004).
et al. 2004). Eine gefäßchirurgische oder endovaskuläre Inter-
Eine intestinale Manifestation ist untypisch. Die vention scheiden in der Regel aus, da die großen und
zerebrale Form wird nach ihren Erstbeschreibern mittleren Arterien ohne fokale Stenosen betroffen
Spatz-Lindenberg benannt (Lindenberg u. Spatz sind und periphere Insertionsmöglichkeiten für eine
1939). Bypasschirurgie fehlen.

Diagnostik

쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Unter-


suchung können die peripheren Pulse abgeschwächt
sein oder fehlen. Die peripheren Gefäße sind häufig
druckempfindlich.

쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Laborche-


misch müssen ein Diabetes mellitus, Hyperlipidä-
mien und Gerinnungsstörungen ausgeschlossen wer-
den. Darüber hinaus ist eine Abgrenzung gegenüber
Vaskulitiden anderer Genese erforderlich.
Aufgrund der überlegenen räumlichen Auflösung
ist die Katheterangiographie das Verfahren der Wahl.
Bei einer Beteiligung der oberen Extremitäten sind
häufig die A. radialis, die A. ulnaris, die Aa. palmares
und die Fingerarterien betroffen. An der unteren Ex-
tremität sind die A. tibialis anterior, die A. tibialis
posterior, die A. fibularis und die A. plantaris betei-
ligt. Angiographisch findet man konzentrische Lu-
Abb. 4.50. Frühe Thrombangiitis oliterans. Die Handangio-
meneinengungen bis zum Gefäßverschluss („Filum- graphie zeigt eine Stenose im 2. Fingerstrahl ulnarseitig bei
terminale-Aspekt“), die bilateral fokal oder multifo- 20-jähriger Patientin mit starkem Nikotinabusus (Pfeil)
kal auftreten können. Auffällig sind ferner abrupte
Verschlüsse bei vorgeschalteten Segmenten mit regu-
lären Gefäßdurchmessern („Cut-off-Zeichen“). Die
direkten Kollateralen im Verschlussbereich können
korkenzieherartig konfiguriert sein und verlaufen in
298 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

4.4.6
Morbus Raynaud und sekundäres Raynaud-Phänomen
Die Erstbeschreibung erfolgte durch den französi-
schen Arzt Maurice Raynaud, der 1862 eine kältein-
duzierte, phasenhaft ablaufende Durchblutungsstö-
rung der Finger beschrieb.


Die primäre Raynaud-Krankheit ist
Definition
eine funktionelle Störung mit anfalls-
artig auftretenden Vasospasmen der Finger- und Ze-
henarterien ohne pathologisch-anatomisches Substrat.
Das sekundäre Raynaud-Phänomen beruht auf
organischen Veränderungen der Gefäßwände bei
zugrunde liegenden anderen Erkrankungen (Zeitler
1997).

Das primäre Raynaud-Phänomen betrifft vorzugs-


weise junge Frauen und manifestiert sich häufig vor
dem 40. Lebensjahr.
a
Ätiologie und Pathogenese
Die Ursache der primären Raynaud-Krankheit ist bis
heute unklar. Diskutiert werden eine Erhöhung des
Symphatikotonus, eine hypothalamische Dysregula-
tion, eine Störung der Synapsen im Bereich der Fin-
gerarterien, eine fehlerhafte Übertragung der Verar-
beitung von Neurotransmittern in den betreffenden
Synapsen, eine Störung der Synthese biogener Amine
und Veränderungen der Fließeigenschaften des Blu-
tes. Pathophysiologisch kommt es durch einen gestei-
gerten arteriellen Gefäßtonus zur Reduktion des Ge-
fäßquerschnitts mit Verminderung der nutritiven
und totalen Fingerdurchblutung. Auslöser sind häu-
fig Kälteexposition oder emotionaler Stress.
Das sekundäre Raynaud-Phänomen beruht auf
organischen Veränderungen im Rahmen verschiede-
ner Erkrankungen oder pathologischer Zustände.
Hierzu zählen:
∑ Erkrankungen der Arterien (Arteriosklerose, Ar-
teriitis, Thrombangiitis obliterans),
b
∑ Erkrankungen hämatologischer Genese (Kryoglo-
Abb. 4.51. Thrombangiitis oliterans. Handangiographie a vor buli- und Paraproteinämien, Kälteagglutinine,
und b nach intrarterieller Vasodilatantiengabe. Die initiale se- Polyzyth- und Thrombozythämien),
lektive Angiographie zeigt keine Perfusion in die Digitalarte- ∑ Erkrankungen des Bindegewebes (rheumatoide
rien, während nach Vasodilatantiengabe entsprechend der kli- Arthritis, Polymyositis, Lupus erythematodes,
nischen Symptomatik der 2.Fingerstrahl weiterhin nicht per-
fundiert wird (Pfeil) Dermatomyositis, Sklerodermie),
∑ Überempfindlichkeiten gegenüber verschiedenen
Substanzen (Polyvinylchlorid, Schwermetalle,
hormonelle Kontrazeptiva, Sympathikomimetika,
Betablocker, Ergotamine, Methysergid),
∑ mechanische Irritationen (Traumafolge, Vibra-
tion, Kompression durch Prothesen oder Gehstüt-
zen, Strahlentherapie der Hände) und
∑ seltenere Ursachen wie Hypothyreose oder Lues.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 299

Das sekundäre Raynaud-Phänomen kann die erste


Manifestation einer Grunderkrankung sein (Beck
1994).

Klinik
Bei der primären Raynaud-Krankheit findet man
vorwiegend eine symmetrische, intermittierende,
meist kurz dauernde (15–30 min) Ischämie bzw. Hy-
pozirkulation der Finger, oft unter Aussparung des
Daumens. Initial zeigt sich eine Leichenblässe beglei-
tet von Parästhesien und evtl. schmerzhaften Miss-
empfindungen. Anschließend treten eine Zyanose
und eine terminale Rötung auf (Tricolorsyndrom). In
Einzelfällen ist lediglich die Vorphase mit „Totenfin-
gern“ oder die zyanotische Phase ausgeprägt. Trophi-
sche Hautstörungen sind nicht nachweisbar.
Das sekundäre Raynaud-Phänomen zeigt in Ab-
hängigkeit von der Grunderkrankung häufig lang
persistierende, asymmetrisch ausgebildete oder nur
auf einzelne Finger beschränkte Ischämien. Akrale
trophische Störungen mit Rhagaden, Fingerkuppen-
Abb. 4.52. Die KM-MR-Angiographie der Handarterien bei
nekrosen oder einer Gangrän treten mehr oder weni- klinischem Bild eines Morbus Raynaud zeigt multiple Gefäß-
ger häufig auf. verschlüsse der Digitalarterien II bis V

Diagnostik

쐍 Klinische Untersuchung. Die Diagnose wird durch Therapie


die Anamnese, das klinische Erscheinungsbild und Häufigkeit und Intensität der Anfälle können durch
apparative Funktionstests gestellt. Die Faustschluss- prophylaktische Maßnahmen verringert werden.
probe ist bei der primären Raynaud-Krankheit im Hierzu zählen Schutz vor Kälte und Nässe, regel-
Gegensatz zum sekundären Raynaud-Phänomen mäßiger Sport, Vermeiden von Stress und Medika-
normal. menten, die eine Raynaud-Symptomatik ausgelöst
haben könnten (ergotaminhaltige Migränemittel
쐍 Apparative Diagnostik. Pathogenetisch entschei- oder Nasentropfen, Betablocker). In schweren Fällen
dend ist die Kälteempfindlichkeit der Fingerarterien. mit mehreren Anfällen pro Woche kann die Gabe von
Zu den apparativen Verfahren zählen die Plattenther- Medikamenten die allgemeinen Maßnahmen unter-
mometrie, die Vitalkapillarmikroskopie, die elektro- stützen. Zum Einsatz kommen gefäßerweiternde Prä-
nische Oszillographie und die dopplersonographische parate wie Kalziumantagonisten, Alpha-1-Rezepto-
Bestimmung der systolischen Fingerarteriendrucke. renblocker, Nitroglyzerinpräparate oder Medika-
mente zur Hemmung der Angiotensin-II-Bildung.
Merke ! Bei allen Funktionsuntersuchungen
ist eine definierte Kälte- oder Wärme-
applikation erforderlich (Kappert 1989). CAVE ! Der routinemäßige Einsatz dieser Me-
dikamente kann problematisch sein,
weil viele von einer Raynaud-Symptomatik betroffe-
Die Angiographie ist nur dann indiziert, wenn gleich- ne Patienten einen niedrigen Blutdruck haben.
zeitig Fingerarterienverschlüsse, Nekrosen oder un-
klare Durchblutungsverhältnisse vorliegen. Die in- Als Ultima Ratio kommt in Einzelfällen auch eine
traarterielle DSA vor und nach Applikation vasodila- Sympathektomie in Frage.
tativer Substanzen gilt hierfür weiterhin als „Gold- Beim sekundären Raynaud-Phänomen steht die
standard“. Zur Darstellung der Handarterien bei Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
verschiedenen Gefäßerkrankungen kommt zuneh-
mend auch die KM-MR-Angiographie (Abb. 4.52) zur
Anwendung (Bilecen et al. 2004; Connell et al. 2002).
Aktuell liegen erste positive Ergebnisse bei wenigen
Patienten mit einem Raynaud-Phänomen vor (Mos-
ke-Eick et al. 2005).
300 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

4.4.7 Diagnostik
Fibromuskuläre Dysplasie
쐍 Klinische Untersuchung. Die Anamnese kann im
Die fibromuskuläre Dysplasie (FMD) zählt zu den Einzelfall hilfreich sein, da die FMD familiär gehäuft
Gefäßwandfibrosen. Hierbei wird die Gefäßwand vorkommt. Die wesentlichen Befunde werden durch
ohne Verfettung der Media durch Kollagenfasermate- die Bildgebung erhoben.
rial verdickt.
쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Der Nach-
왔 Hierbei handelt es sich um eine nicht- weis eines Hypertonus erfolgt mittels Blutdruckmes-
Definition
entzündliche fibrotische Verdichtung sung, ggf. mit Erstellung eines 24-Stunden-Blut-
der Arterienwand, die bereits bei Kindern auftritt druckprofils. In der Bildgebung findet man am
und Durchblutungsstörungen hervorruft (Riede u. häufigsten multifokale Stenosen, ringförmige Ein-
Schaefer 1995). kerbungen oder das Bild einer „Perlenkette“ des be-
troffenen Gefäßabschnitts. Weitere Erscheinungsbil-
Ätiologie und Pathogenese der sind einzelne fokale Stenosen oder lang gestreck-
Die Ursache dieser als Fehlbildung aufgefassten Ge- te konische Stenosen.
fäßveränderung ist unbekannt. Diskutiert werden Mit einer hochaufgelösten Sonographie können
eine embryonale Virusinfektion (Rubeolen) oder Einkerbungen oder Verdickungen der Arterienwand
eine angeborene Mediamyozytenstörung. Durch mit und ohne Stenose dargestellt werden. Auch eine
zu starkes Wachstum von glatten Muskelzellen und erhöhte Blutflussgeschwindigkeit und ein gestörtes
kollagenreichem Fasergewebe in der Arterienwand Flussprofil im stenosierten Segment sind nachweis-
kommt es zu einer Fibroplasie der einzelnen Wand- bar. Diese Befunde können jedoch lediglich in den
schichten. Man unterscheidet einsehbaren Gefäßabschnitten bei guten Untersu-
chungsbedingungen (Kinder, schlanke Patienten)
∑ die Intimafibroplasie,
von erfahrenen Untersuchern erhoben werden.
∑ die Mediafibroplasie und
Mit der KM-MR-Angiographie sind die extrapel-
∑ die Adventitiafibroplasie.
vin gelegenen Hauptäste der Nierenarterien orientie-
Überwiegend ist die A. renalis betroffen, am zweit- rend beurteilbar (Abb. 4.53). Für die Darstellung der
bzw. dritthäufigsten die A. carotis und die Iliakalarte- hilären Äste der A. renalis bleibt weiterhin die intra-
rien. Andere mittelgroße abdominelle oder peri- arterielle DSA der „Goldstandard“ der bildgebenden
phere Arterien können ebenfalls verändert sein. Verfahren. Komplikationen wie Verschlüsse, Aneu-
Durch alternierende Abschnitte mit Hyperplasie und
Schwächung der Gefäßwand kommt es zu Einengun-
gen oder Erweiterungen mit dem Bild einer „Perl-
schnurkette“. In den wandschwachen Bezirken kön-
nen sich Aneurysmen oder Dissektionen ausbilden.
Bei Befall der A. renalis sind überwiegend Frauen be-
troffen (90% aller erwachsenen Patienten). In 70%
zeigt sich ein bilateraler Befund. Unilateral ist fast
immer die rechte A. renalis beeinträchtigt (Bradley
2002).

Klinik
Die Symptome resultieren aus einer Arterienstenose
oder einem arteriellen Verschluss. Hypertonie durch
Befall der A. renalis und eine zerebrale Ischämie sind
die häufigsten klinischen Bilder. Bei Kindern oder
Jugendlichen mit Hypertonus sollte an eine FMD
gedacht werden.

Abb. 4.53. Die KM-MR-Angiographie zeigt Kaliberschwan-


kungen der A. renalis rechts bei fibromuskulärer Dysplasie oh-
ne umschriebene arteriosklerotische Stenosen (Pfeil)
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 301

rysmen, Dissektionen oder distale Embolien können Betroffen sind überwiegend Männer im Alter von 20–
auch in der KM-MR-Angiographie gesehen werden, 50 Jahren ohne Risikofaktoren für eine Arterioskle-
sind jedoch präziser mit der intraarteriellen DSA rose. Die geschätzte Prävalenz beträgt 0,1% aller Ge-
nachweisbar (Browne et al. 2004). fäßerkrankungen.
Differenzialdiagnostisch müssen im Einzelfall ei-
ne Arteriosklerose oder eine Arteriitis ausgeschlos- Ätiologie und Pathogenese
sen werden. Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht vollstän-
dig geklärt. Aktuell werden verschiedene Hypothe-
Therapie sen diskutiert. Aus pathologischer Sicht wird derzeit
Die – unter Umständen wiederholte – Ballondilata- eine Veränderung in der Zusammensetzung der Glu-
tion ohne Einlage eines Stents ist die Therapie der kosaminoglykane favorisiert. Als Folge davon er-
Wahl. Eine Stentimplantation sollte vermieden wer- scheint die Interzellularsubstanz der Gewebe schlei-
den. Ein chirurgischer Eingriff mit Anlage eines mig umgewandelt, was der mukoiden Degeneration
Bypasses ist selten erforderlich. entspricht (Riede u. Schaefer 1995).

Klinik
4.4.8 Die Erkrankung zeigt einen relativ plötzlichen Be-
Zystische Erkrankung der Adventitia ginn mit Wadenschmerzen und Claudicatio.

Die Erstbeschreibung dieser Entität erfolgte 1947 Diagnostik


durch Atkins u. Key bei einem Patienten mit Befall
der A. iliaca externa. In einer Übersichtsarbeit doku- 쐍 Klinische Untersuchung. Der Puls in der A. poplitea
mentierten Jasinski et al. (1987), dass sich die Erkran- ist abgeschwächt oder fehlt. Gleiches gilt für die Fuß-
kung an den großen Arterien in Gelenknähe mani- pulse.
festiert.
쐍 Apparative und bildgebende Verfahren. Der Knöchel-
왔 Es liegt eine intramurale Zystenbil- Arm-Index kann aufgrund einer Stenose vermindert
Definition
dung außerhalb der Media vor, her- sein.
vorgerufen durch eine mukoide Degeneration des Mit der farbkodierten Duplexsonographie sind die
adventitiellen Bindegewebes mit sekundärer Kom- Lokalisierung der Stenose und die Messung der er-
pression des Arterienlumens. höhten Flussgeschwindigkeit in der Stenose möglich.

Abb. 4.54 a, b. Zystische Adven-


titiadegeneration A. poplitea.
a Die KM-MR-Angiographie der
A. femoralis superficialis und
der A. poplitea zeigt eine exzen-
trische, glatte hämodynamisch
relevante Stenose der A. poplitea
links (Pfeil) bei einem jugend-
lichen Patienten. b Die axiale
T2-gewichtete Aufnahme verifi-
ziert eine intramurale Zysten-
bildung (Pfeil) mit Kompression
des Lumens

a
302 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Die exzentrisch in der Gefäßwand liegenden Zysten (Bouhoutsos u. Daskalakis 1981). Bei Sektionen fand
weisen einen wechselnden Füllungszustand auf und man ein popliteales Entrapment in 3,5% der Fälle
stellen sich echoarm bis echofrei sowie ohne Fluss- (Gibson et al. 1977). Ein bilaterales Auftreten wird in
signale dar. Die Gefäßwandzysten können zu einer 22–67% der Fälle beschrieben (Collins et al. 1989).
glatt begrenzten, hämodynamisch relevanten Gefäß-
lumeneinengung oder einem Verschluss führen. Ätiologie und Pathogenese
In der MRT findet man eine Signalanhebung des Ursächlich für die Kompression der A. poplitea sind
Zysteninhaltes auf T2-gewichteten Aufnahmen. Auf- anatomische Variationen des Gefäßverlaufs oder
grund der muzinösen Konsistenz kann auf T1-ge- von Muskelansätzen. Hierbei werden verschiedene
wichteten Bildern das Binnensignal ebenfalls hyper- Typen (I bis VI) unterschieden (Elias et al. 2003;
intens sein, sodass eine Verwechslung mit einem Abb. 4.55 a–f):
Pseudoaneurysma möglich ist. In der KM-MR-Angio-
∑ Beim Typ I findet man einen aberranten Verlauf
graphie in Neutralposition der Beine zeigt sich eine
der A. poplitea medial um den medialen Kopf des
exzentrische, extrinsische Einengung der A. poplitea
M. gastrocnemius, der regelrecht entspringt.
(Abb. 4.54 a, b). Einige Autoren beschreiben diesen
∑ Beim Typ II entspringt der mediale Kopf des
Befund als sanduhrartige Einschnürung, andere als
M. gastrocnemius abweichend von der Norm late-
klassisches „Scimitar-Zeichen“ (Peterson et al. 2003).
ral (z. B. vom interkondylären Notch). Die A. po-
Eine Angiographie in DSA-Technik ist nicht erfor-
plitea hat einen regulären Verlauf. Sie wird jedoch
derlich.
durch den Muskel komprimiert.
∑ Beim Typ III wird der Verlauf der A. poplitea
Therapie
durch einen zusätzlichen Muskelfaserzug des
Da es sich bei der zystischen Erkrankung der Adven-
M. gastrocemius medialis beinträchtigt.
titia um ein seltenes Krankheitsbild handelt, gibt es
∑ Beim Typ IV erfolgt die Kompression der A. popli-
verschiedene Einzelfallbeschreibungen. Die ersten
tea durch ein tiefliegendes fibröses Band oder den
therapeutischen Ansätze mit Punktion der Zysten
M. popliteus.
oder Ballondilatation der A. poplitea waren nicht er-
∑ Unter Typ V werden alle weiteren Varianten zu-
folgreich (Deutsch et al. 1985; Fox et al. 1985). Heute
sammengefasst, die auch die V. poplitea betreffen.
ist die chirurgische Evakuation der Zyste unter Erhal-
∑ Beim Typ VI liegt bei normaler Anatomie ein
tung der Gefäßwand das Verfahren der Wahl. Im Ein-
funktionelles Entrapment vor. Ursächlich hierfür
zelfall kann ein Veneninterponat erforderlich sein.
ist eine Muskelhypertrophie z. B. bei Leistungs-
sportlern.
4.4.9 Die Durchblutungsstörung entwickelt sich aufgrund
Popliteales arterielles Entrapment-Syndrom des Druckes, den der tendinöse Insertionsanteil des
medialen Gastroknemiuskopfes oder der interkon-
Die erste Beschreibung einer ungewöhnlichen Lage- dylären Bänder auf die A. poplitea ausübt. Durch wie-
beziehung von A. poplitea und dem medialen Kopf derholte Traumen werden Arterienwand und Intima
des M. gastrocnemius erfolgte 1879 durch den Medi- geschädigt (Abb. 4.56 a, b). Die Folge sind eine lokale
zinstudenten T.P. Anderson Stuart. Der Begriff popli- Stenose oder ein Verschluss. Im fortgeschrittenen
teales arterielles Entrapment-Syndrom wurde 1965 Stadium ist eine Unterscheidung von einer Arterio-
von Love u. Whelan erstmals verwendet. sklerose nicht möglich.

왔 Hierbei handelt es sich um eine inter- Klinik


Definition
mittierende Claudicatio durch Kom- Die klinischen Symptome variieren von fortschreiten-
pression der A. poplitea zwischen muskuloskeletta- den Claudicatiobeschwerden bis zur akuten Ischämie.
len Strukturen. Ein plötzlicher Symptombeginn ist nicht ungewöhn-
lich. Nächtliche Krämpfe, Taubheit und Parästhesien
Die Patienten sind typischerweise jung (60% können vorliegen. Eine akute Thrombose und/oder
<30 Jahre) und männlich (Männer:Frauen – 15:1). eine distale Embolisierung können auftreten.
Turnipseed (2002) hat herausgefunden, dass Patien-
ten mit einem funktionellen Entrapment jünger Diagnostik
(24 vs. 43 Jahre) und häufiger weiblichen Geschlechts
(60 vs. 28% der Fälle) sind als solche mit einer anato- 쐍 Klinische Untersuchung. Bei der klinischen Unter-
mischen Variante. Die Inzidenz ist unbekannt. In frü- suchung ist der Pulsstatus meistens normal. Erst bei
hen Publikationen wurde eine Rate von 0,165% bei Plantar- oder Dorsalflexion sind die Fußpulse abge-
20.000 Patienten der griechischen Armee geschätzt schwächt oder nicht mehr tastbar.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 303

a b

c d

Abb. 4.55 a–f. Formen des Entrapments. Darstellung verschiedener Formen des Entrapments. (Nach Wright et al. 2004). e,f siehe
nächste Seite
304 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

e f

Abb. 4.55 e,f.

Mit der farbkodierten Duplexsonographie kann


die A. poplitea gut dargestellt werden. Die Darstel-
lung des Kompressionsortes bei Provokation gelingt
jedoch sonographisch meist nicht.Allerdings kann in
Rückenlage die Reduktion des Blutflusses in den Un-
terschenkelarterien bei aktiver Plantarflexion gegen
einen Widerstand oder in Bauchlage die Stase in der
distalen A. poplitea unter Provokation sehr leicht
dokumentiert werden.
Vor einer operativen Sanierung ist in der Regel ei-
ne Katheterangiographie erforderlich. Mitunter sind
Untersuchungen mit Provokation (z. B. Plantarfle-
xion gegen Widerstand, ggf. stehende Position) erfor-
derlich. Bei jungen Patienten ergibt sich zur Vermei-
dung einer thrombembolischen Komplikation bei
a b dem benignen Krankheitsbild ggf. eine der wenigen
verbliebenen Indikationen für eine intravenöse DSA.
Abb. 4.56 a, b. Entrapment der A. poplitea. Die Angiographie Bei fortgeschrittenem Lebensalter erfolgt die Unter-
in Neutralposition (a) und Plantarflexion (b). Kompression suchung als arterielle DSA.
der A. poplitea in Plantarflexion (Pfeil)
Mit der CT-Angiographie kann die Lagebeziehung
der A. poplitea zur umgebenden Muskulatur zumin-
dest orientierend abgebildet werden.
쐍 Apparative und bildgebende Verfahren. Analog zur Aufgrund des besseren Weichteilkontrastes wird
klinischen Untersuchung bleibt der Knöchel-Arm- heute eine MRT favorisiert. Hierbei erfolgt zunächst
Index in Ruhe unauffällig, unter Belastung wird der eine konventionelle MRT zur Darstellung der anato-
Knöchelarteriendruck vermindert. mischen Strukturen und potenzieller Varianten.
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 305

Hierfür eignen sich T1- und T2- gewichtete Sequen- das Pectoralis-minor-Syndrom und das Klippel-
zen ggf. in „Dark-blood-Technik“. Im Anschluss wird Feil-Syndrom mit kongenitalen Blockwirbelbil-
eine KM-MR-Angiographie in Neutralstellung der dungen.
Füße zur Beurteilung des Gefäßverlaufs und von 2. Traumen im Hals- und Schulterbereich wie z. B.
Gefäßwandveränderungen durchgeführt. Eine sich das HWS-Schleudertrauma, Sportunfälle und die
anschließende KM-MR-Angiographie bei längerer fehlerhafte Armlagerung bei Operationen.
Plantarflexion ermöglicht den Nachweis von Gefäß- 3. Haltungsanomalien durch berufliche bedingte
stenosen oder -verschlüssen. Armfehlhaltung.
Differenzialdiagnostisch kommen die zystische
Erkrankung der Adventitia, ein Aneurysma oder eine Klinik
Embolie der A. poplitea in Betracht. Spezifische Krankheitszeichen sind rasche Ermüd-
barkeit und Belastungsschmerz (Claudicatio brachii)
Merke ! Bei allen bildgebenden Verfahren
muss im Rahmen eines Entrapment-
der betroffenen Extremität bei Überkopfarbeiten.
Unspezifisch sind Kopf- und Nackenschmerzen,
Syndroms der A. poplitea die gesamte Ausstrombahn Muskelatrophien, Kälte- und Taubheitsgefühl der
suffizient abgebildet werden, um eventuelle emboli- Hand und Finger sowie embolische Verschlüsse der
sche Komplikationen der Erkrankung darzustellen. Fingerarterien.
Bei den Kompressionstypen können verschiedene
Leitsymptome unterschieden werden. Der neurologi-
Therapie sche Typ zeichnet sich durch Schmerzen, Hyp- und
Die chirurgische Sanierung mit Durchtrennung des Parästhesien, motorische Ausfälle wechselnder Loka-
Muskels oder des fibrösen Bandes und Mobilisation lisation sowie eine Thenaratrophie aus. Beim arte-
der A. poplitea ist das therapeutische Verfahren der riellen Typ dominiert das Halsrippensyndrom. Die-
Wahl. Dabei bestimmt der Zustand der A. poplitea ses kann man in Abhängigkeit von der Halsrippenbil-
die Notwendigkeit eines Gefäßeingriffs. Im Einzelfall dung in 3 Schweregrade einteilen:
kann eine Intervention mit Thrombolyse vor der
∑ Grad 1: kleiner Halsrippenstumpf,
chirurgischen Korrektur sinnvoll sein.
∑ Grad 2: längere Halsrippe mit bindegewebiger
Verbindung zur 1. Rippe,
∑ Grad 3: Halsrippe inseriert direkt an der 1. Rippe.
4.4.10
Thoracic-outlet-Syndrom Meist zeigt sich ein Raynaud-Phänomen durch em-
bolische Unterarm- und Fingerarterienverschlüsse
Der angloamerikanische Begriff „Thoracic-outlet- mit Fingerkuppennekrosen sowie Nekrosen einzel-
Syndrom“ (TOS) subsummiert das Halsrippen-, das ner Finger oder der ganzen Hand. Gelegentlich sind
Skalenus- und das kostoklavikuläre Syndrom. Prinzi- die embolischen Komplikationen die klinische Erst-
piell kann ein neurologischer Typ des TOS von einem manifestation des TOS, sodass bei distalen Embolien
arteriellen und einem venösen Typ unterschieden der oberen Extremitäten auch an ein TOS als Ursache
werden. Kombinationen aus den 3 Typen sind häufig. gedacht werden muss. Beim venösen Typ kommt es
zu wiederholten venösen Stauungen mit Thrombo-
왔 Es handelt sich um eine zeitweise oder sen der V. subclavia und/oder der V. axillaris (Paget-
Definition
permanente Kompression der A. sub- von-Schroetter-Syndrom).
clavia und/oder des Plexus brachialis mit arteriellen
oder venösen Durchblutungsstörungen sowie neuro- Diagnostik
logischen Reizerscheinungen am betroffenen Arm,
der Hand und an den Fingern. 쐍 Klinische Untersuchung. Zu einer klinisch-angiolo-
gischen Untersuchung gehören neben Inspektion
und Palpation spezielle Provokationstests wie der Al-
Ätiologie und Pathogenese len-Test II, der Adson-Test und der EAS- („Elevated
Kompressionssyndrome des Gefäß-Nerven-Bündels arm stress-“) Test nach Roos.
an der oberen Extremität werden durch 3 angebore- Bei einer wesentlichen Einengung des Gefäß-Ner-
ne oder erworbene Engen verursacht: ven-Bündels verschwindet beim Allen-Test II der Ra-
1. Anatomische Fehlbildungen der knöchernen dialispuls am abduzierten, erhoben und supinierten
Strukturen und des fibromuskulären Bandappa- Arm, wenn gleichzeitig der Kopf von der Seite des
rates der oberen Thoraxapertur. Hierzu zählen erhobenen Arms abgewendet wird.
das Halsrippensyndrom, das Syndrom der 1. Rip- Beim Adson-Test kommt es am herabhängenden
pe, das Skalenus- und Kostoklavikularsyndrom, Arm und Kopfwendung zur Gegenseite durch eine
306 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

Abb. 4.57 a–c. Arterielles


Thoracic-outlet-Syndrom.
a Selektive arterielle Angiogra-
phie. In Neutralposition (linke
Bildhälfte) des linken Arms
normale Darstellung der A. sub-
clavia. Bei Armelevation (rechte
Bildhälfte) hochgradige Stenose
bei Kompression der A. subclavia
zwischen 1. Rippe und Klavikula.
b Farbduplexsonographie der
A. brachialis. Neutralposition.
Normales Flussmuster. c Farb-
duplexsonographie der A. brachi-
alis. Armelevation und Kopf-
drehung nach kontralateral.
Ausgeprägt poststenotisches
Flussmuster

a b

c
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 307

maximale Anspannung des M. scalenus anterior zu


einer Einengung und zum Verschwinden des Radia-
lispulses.
Beim EAS-Test nach Roos werden beide Arme in
90°-Abduktionsstellung mit dorsal gehaltenen Schul-
tern und rechtwinklig im Ellenbogengelenk gebeug-
ten Unterarmen und außenrotierten Handflächen er-
hoben. Bei kräftigem Faustschluss über 3 Minuten
kommt es zu einer typischen Schmerzsymptomatik,
Abblassung oder blaulividen Verfärbung mit praller a
Venenfüllung. Eine Dokumentation und Objektivie-
rung der Befunde kann mittels Druckmanschetten
und oszillographischer Aufzeichnung erfolgen.

쐍 Apparative und bildgebende Diagnostik. Hierzu zäh-


len neben der Elektromyographie und der Messung
der sensiblen Nervenleitgeschwindigkeit auch die o. g.
Oszillographie bei dem Provokationstest.
Als erstes bildgebendes Verfahren kommt die farb-
b
kodierte Duplexsonographie zur Anwendung. Mit ihr
kann in sitzender oder stehender Position die Reduk-
Abb. 4.58 a, b. Thoracic-outlet-Syndrom. Die KM-MR-Angio-
tion des Blutflusses in den Armarterien unter den graphie in Neutralposition (b) und Armelevation (a) zeigt eine
oben geschilderten Provokationstests sicher doku- hämodynamisch relevante Kompression der rechten A. subcla-
mentiert werden (Abb. 4.57 a–c). Eine sonographi- via (Pfeil)
sche Darstellung des Ortes der Kompression in der
oberen Thoraxapertur gelingt nicht. Ergänzend soll-
te ein Röntgenbild der oberen Thoraxapertur zum Durchtrennung anomaler fibromuskulärer Struktu-
Ausschluss knöcherner Varianten angefertigt wer- ren in Betracht. Allerdings sollte nur dann operiert
den. werden, wenn die konservativen Behandlungsmög-
Die Befunddokumentation erfolgt durch die Ka- lichkeiten ausgeschöpft sind (Diehm et al. 1999).
theterangiographie mit Funktionsaufnahmen in Nor-
mal- und Provokationsstellung, wobei die Angiogra-
phie immer an einer Anlage mit Kipptisch durchge- 4.4.11
führt werden muss, um die Untersuchung im Stehen Trauma
durchführen zu können. Bei den vorwiegend jünge-
ren Patienten ergibt sich auch hier zur Vermeidung 왔 Es liegt eine Beschädigung einer Arte-
Definition
einer thrombembolischen Komplikation bei dem be- rie durch eine gewaltsame oder iatro-
nignen Krankheitsbild ggf. eine der wenigen verblie- gene Verletzung ohne oder mit begleitender Weich-
benen Indikationen für eine intravenöse DSA (vgl. teilverletzung vor.
Abb. 4.34 a, b).
CT- und KM-MR-Angiographie können im Gegen- Ätiologie und Pathogenese
satz zur Farbduplexsonographie und zur DSA nur Arterielle Gefäßverletzungen können ursächlich in
in liegender Position eingesetzt werden und sind penetrierende und stumpfe Traumen eingeteilt wer-
daher allenfalls bei positivem Befund verwertbar den. Diese treten häufig im Rahmen von Arbeitsun-
(Abb. 4.58 a, b). fällen oder im Straßenverkehr auf. Seltener, jedoch
mit steigender Inzidenz, kommen Stich- und Schuss-
Therapie verletzungen vor. Bei diagnostischen oder interven-
Eine konservative Behandlung ist nur bei leichten tionellen Eingriffen haben iatrogene Gefäßverletzun-
und mittelschweren Fällen indiziert. Hierzu zählen gen eine zunehmende Bedeutung (vgl. Abb. 4.43 a, b,
lokale Wärmeanwendungen, Kurzwellen und vor- Abb. 4.46). Bei intravenöser Drogenapplikation kann
sichtige Massagen zur Muskellockerung. Durch kon- es ebenfalls zu unbeabsichtigten arteriellen Gefäß-
sequente Krankengymnastik sollen Haltungsanoma- verletzungen kommen, deren Folgen durch eine In-
lien korrigiert werden. fektion der Punktionsstelle noch akzentuiert werden
Bei Patienten mit ausgeprägten Beschwerden können (vgl. Abb. 4.45).
kommt eine chirurgische Therapie mit Resektion der Sich als Gefäßstenosen präsentierende Verletzun-
1. Rippe sowie Beseitigung der Halsrippe und die gen sind meist durch Intimaeinrisse, partielle Inti-
308 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

maeinrollungen oder Kompressionen (Frakturfrag- Klinik


mente, Hämatome) verursacht. Gefäßverschlüsse Das klinische Bild ist abhängig von der Art, der Aus-
werden oft durch komplette Intimaeinrollungen, dehnung, der Lokalisation und dem Zeitpunkt der
Durchtrennungen oder Abrisse bedingt. Ein Kon- Gefäßverletzung. Somit sind verschiedene Einteilun-
trastmittelaustritt verifiziert eine Gefäßwanderöff- gen und Unterscheidungen möglich. Während bei
nung. AV-Fisteln führen zu einer frühzeitigen venö- scharfen, penetrierenden Verletzungen durch Schnitt,
sen Kontrastierung, Stich oder Schuss die Gefäßwände von außen nach
Sonderformen traumatischer Gefäßschäden sind innen durchtrennt werden, erfolgt eine Traumatisie-
u. a. elektrische Unfälle (Thrombosen, Rupturen, An- rung durch stumpfe Gewalt wie z. B. beim Dezelera-
eurysmen), Erfrierungen (Vasokontriktion, Throm- tionstrauma in umgekehrter Richtung (von innen
bosen) und das Hypothenar-Hammer-Syndrom nach außen; Andreev et al. 1992).
(repetitive Hypothenartraumen) mit einem Ray- Penetrierende Gefäßtraumen werden eingeteilt in
naud-artigen Bild am 2. bis 4. Fingerstrahl und ulnar- Gefäßläsionen
seitigen segmentalen Verschlüssen des Hohlhandbo-
∑ ohne Lumeneröffnung (Grad I),
gens mit Stenosen und Verschlüssen der Fingerarte-
∑ mit partieller Durchtrennung (Grad II) oder
rien. Vibrationsschäden können zu Stenosen und
∑ kompletter Durchtrennung (Grad III).
Verschlüssen am 1. Fingerstrahl sowie Gefäßspasmen
im Versorgungsgebiet der A. ulnaris führen (Abb. Bei stumpfen Gefäßverletzungen liegen vor (Linder u.
4.59). Das Sudeck-Syndom mit Veränderungen der Vollmar 1965):
Endstrombahn analog zur Endangiitis obliterans
∑ Stadium I: Intimaläsion,
und die Volkmann-Kontraktur mit potenziellen Ge-
∑ Stadium II: Intima- und Medialäsion und
fäßschäden bis hin zu Verschlüssen werden selten be-
∑ Stadium III: Beteiligung aller 3 Wandschichten
obachtet.
mit Ausbildung eines okkludierenden Thrombus.

Diagnostik
쐍 Klinische Untersuchung. Im Rahmen der klinischen
Untersuchung werden Prellmarken, schmerzbeding-
te Funktionseinschränkungen und pathologische
Skelettbeweglichkeiten registriert. Offene Wunden
und möglicherweise expandierende Hämatome deu-
ten auf ein akutes gewaltsames Trauma hin. Ferner
können Veränderungen der Hautfarbe, Temperatur-
differenz, sensible Störungen und motorische Ausfäl-
le auftreten. Hinweisend auf ein Pseudoaneurysma ist
ein pulsierender Tumor. Ein palpables Schwirren fin-
det man bei einer AV-Fistel. Die peripheren Pulse kön-
nen abgeschwächt sein. Eine kalte, blasse Extremität
ist verdächtig auf den Verschluss eines größeren Gefä-
ßes. Hörbare Strömungsgeräusche treten bei Steno-
sen, Intimaflaps, Dissektionen und AV-Fisteln auf.

쐍 Apparative Diagnostik. Die Abklärung einer ge-


schlossenen traumatischen Gefäßverletzung kann
zunächst mittels Ultraschall versucht werden. Die
farbkodierte Duplexsonographie gestattet Aussagen
zu den Blutflussverhältnissen, den Gefäßwandverän-
derungen und den Weichteilverhältnissen. Eine tech-
nische Kompetenz und Erfahrung ist zwingend er-
forderlich. Traumatische Gefäßobstruktionen kön-
nen sonographisch zumindest indirekt, bei nicht zu
großen Weichteilverletzungen oft auch direkt darge-
Abb. 4.59. Barotrauma der Hand. Die KM-MR-Angiographie stellt werden. Insbesondere iatrogene Verletzungen
eines jungen Patienten mit der Berufsanamnese einer Press-
lufthammertätigkeit zeigt arterielle Verschlüsse im 2. und 3. (Aneurysma spurium, AV-Fistel) sind mittels Farb-
Fingerstrahl. (Die Aufnahmen wurden von Dr. H. Friedburg duplexsonographie mit hoher Treffsicherheit dar-
zur Verfügung gestellt) stellbar (Abb. 4.46, Abb. 4.60 a, b)). Bei ausgedehnten
4.4 Erkrankungen der peripheren Gefäße 309

Abb. 4.60 a, b. AV-Fistel zwischen A. profunda femoris und


begleitender Vene nach Herzkatheteruntersuchung. a Farb-
duplexbild auf Höhe der Fistel. Die Flussrichtung ist mit
Pfeilen gekennzeichnet. Vibrationsbedingte Farbartefakte
in der Gefäßumgebung. b Typisches monophasisches
Spektrum in der A. femoralis communis proximal der Fistel
als Ausdruck des verminderten peripheren Gefäßwider-
standes

Weichteilverletzungen ist die Aussagekraft der Sono- tervention als Therapie der ersten Wahl (Abb. 4.61
graphie limitiert (Bynoe et al. 1991). a–d; Anderson et al. 1990; Görich et al. 1993).
Bei intraabdominell und pelvin oder supraaortal In akuten Notfallsituationen hat sich diese dia-
gelegenen Befunden sind die MS-CT und die MRT gnostische Rolle heute zur CT-Angiographie mit MS-
der Sonographie überlegen. Ferner können die um- CT-Geräten in Notfallaufnahmen verschoben, da in
gebenden Strukturen überlagerungsfrei abgebildet kürzester Zeit alle zumeist relevanten Informationen
werden. Darüber hinaus ist eine präzise Erfassung zur Verfügung stehen und die Akutpatienten adäquat
der erforderlichen Daten vor einem chirurgischen überwacht werden können (Bogdan et al. 2004; Rie-
oder interventionellen Eingriff möglich. Dabei bietet ger et al. 2002). Dabei werden nicht nur die Gefäße,
die CT-Angiographie bei komplexen Verletzungen sondern auch die umgebenden Weichteile sowie die
aufgrund der guten Darstellung sowohl der Kno- Knochenstrukturen mit hoher Ortsauflösung exakt
chen- als auch der Gefäßstrukturen gerade bei dargestellt. Hiermit können auch relevante Begleit-
schwer verletzten Patienten den schnellsten Über- verletzungen nachgewiesen werden, die im Einzelfall
blick über den Verletzungsumfang. Mit beiden Ver- das weitere therapeutische Prozedere bestimmen
fahren gelingt eine Gefäßdarstellung in Form von (Soto et al. 2001).
übersichtlichen Rekonstruktionen, sodass die dia- Durch die Kombination von MR-Angiographie mit
gnostische Arteriographie in den Hintergrund getre- konventionellen MR-Sequenzen sind prinzipiell
ten ist und eher anschließend in therapeutischer Ab- gleichartige Aussagen wie durch die MS-CT möglich.
sicht durchgeführt wird. Die längeren Untersuchungszeiten und die schwieri-
Die intraarterielle DSA galt lange als „Goldstan- geren Überwachungsmodalitäten schränken deren
dard“ zur Darstellung traumatisierter Gefäße sowie Anwendung in der Akutdiagnostik ein (vgl. Abb.
bei instabilen Patienten mit der Möglichkeit der In- 4.61 a–d).
310 Kapitel 4 Peripheres Gefäßsystem

a b d

Abb. 4.61 a–d. Messerstichverletzung am Unterschenkel. Die T1- (c) und T2-gewichteten Bild (d) sind ventral eine um-
Katheterangiographie (a) und die koronare MIP der KM-MR- schriebene und dorsal eine diffuse Einblutung erkennbar
Angiographie (b) zeigen eine arterielle Gefäßverletzung mit (Pfeile)
Blutung aus dem Truncus tibiofibularis (Pfeile). Im axialen

Bei stabilen Patienten mit einer akuten Gefäßver- werden (Steinkamp et al. 2001). Embolische oder
letzung kommen CT-Angiographie und/oder Ultra- thrombotische Gefäßverschlüsse können unter Um-
schall zur Anwendung. Bei subakuten oder chroni- ständen interventionell behandelt werden. Rupturen
schen Verletzungen kann alternativ zur CT-Angio- kleiner Gefäße mit konsekutiver Blutung lassen sich oft
graphie und zum Ultraschall auch eine MR-Angio- mittels perkutanen Embolisationstechniken beherr-
graphie durchgeführt werden (Abb. 4.62 a–c). schen, sodass ein großes Operationstrauma vermieden
werden kann. Das postpunktionelle Aneurysma spuri-
Therapie um kann in fast allen Fällen unter sonographischer
Die Therapie ist abhängig vom Verletzungsmuster, der Kontrolle verschlossen werden, entweder durch eine
Lokalisation und der Klinik. Bei Kombinationsverlet- gezielte Injektion von Thrombin (vgl. Abb. 4.46 a, b)
zungen mit Weichteilschäden oder Frakturen steht ein oder durch eine gezielte Kompressionstherapie.
chirurgisches Vorgehen im Vordergrund. In Abhängig- Radiologische Interventionen werden heute ge-
keit von der Lokalisation und dem Zeitfenster kann ei- genüber den operativen Rekonstruktionen bevor-
ne perkutane Endoprothese in extraartikuläre Gefäß- zugt, weil sie weniger traumatisch und kostengünsti-
segmente z.B. der A. iliaca communis und der A. iliaca ger sind. Ferner wird eine raschere Erholung be-
externa sowie der A. femoralis superficialis eingesetzt schrieben (Bradley 2002).
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Venen 5
P. Kovacs

5.1 Radiologische Untersuchungstechnik 315 Es werden durchschnittlich bis zu 30 ml Kontrast-


5.2 Normalanatomie 322 mittel im Bolus appliziert. Normalerweise strömt das
5.3 Systematische Bildanalyse 324 Kontrastmittel gar nicht oder nur ganz langsam ab.
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen Durch behutsame manuelle Kompression der Planta
des Venensystems 326 pedis oder der Wadenmuskulatur wird das Kontrast-
5.4.1 Veränderungen im Hohlvenensystem 326 mittel antegrad weiterbefördert. Kurze Valsalva-
5.4.2 Veränderungen der Armvenen 332 Pressversuche bewirken einen Klappenschluss und
5.4.3 Veränderungen der Beinvenen 335
lassen das spezifisch schwerere Kontrastmittel ab-
Literatur 346 sinken. Durch neuerliche Klappenöffnung kann Kon-
trastmittel retrograd in distale Venenabschnitte zu-
rücklaufen. So werden alle Unterschenkelvenensyste-
5.1 me aufgefüllt und anschließend die V. poplitea und
Radiologische Untersuchungstechnik V. femoralis dargestellt. Die Beurteilung der Venen-
klappen erfordert die Darstellung der geschlossenen
Phlebographie Klappen, die durch Valsalva-Pressversuche erreicht
Nach wie vor gilt die konventionelle Phlebographie wird.
als Goldstandard zur Untersuchung des Venensys- Um Strömungsartefakte von pathologischen Ver-
tems hinsichtlich Thrombose oder Insuffizienz der änderungen zu unterscheiden wird eine Abbildung
Venenklappen.Aufgrund ihrer Invasivität, der Gefahr der Unterschenkelvenensysteme in 2 Ebenen emp-
der Kontrastmittelunverträglichkeit und der Strah- fohlen. Für den Oberschenkel sind zweizeitige Auf-
lenexposition wird sie jedoch zunehmend in den nahmen zielführender (Abb. 5.1 a–c). Aktive Lage-
Hintergrund gedrängt und oftmals erst als letzte veränderungen des Patienten sollen möglichst ver-
Untersuchungsmethode bei Unklarheiten oder Dis- mieden werden.
krepanzen in den anderen Untersuchungsmodali- Für spezielle Fragestellungen sind unzählige wei-
täten oder zur endgültigen Verifikation eingesetzt. tere Phlebographiemethoden mit modifizierten La-
Zur umfassenden Beurteilung des gesamten ober- gerungen, Punktionsstellen und Kontrastmittelmen-
flächlichen und tiefen Beinvenensystems hat die Me- gen beschrieben. Diese werden jedoch zunehmend
thode der aszendierenden Pressphlebographie noch von anderen Untersuchungsmethoden verdrängt.
große Bedeutung (Hach 1974): Dazu wird eine ober-
flächliche Vene am Fußrücken, bevorzugt die medial- Sonographie
seitige V. dorsalis hallucis, mittels Einmalkanüle Aufgrund der guten Verfügbarkeit und der fehlenden
punktiert. Der Patient wird durch Aufrichten des Belastung für den Patienten nimmt die Ultraschal-
Durchleuchtungstisches auf 20–40° in eine hängende luntersuchung zunehmend den ersten Rang im Un-
Lage gebracht, wobei er sich mit den Händen aktiv tersuchungsablauf ein.
abstützt. Bei körperlich schwächeren Patienten wird Die Wahl des Schallkopfes richtet sich nach der
das Kopfende des Durchleuchtungstischs nur um 10° Konstitution des Patienten und der Lokalisation der
angehoben, oder der Patient stützt sich zusätzlich mit zu untersuchenden Venen: Das oberflächliche Venen-
dem nicht zu untersuchenden Bein aktiv ab. Dadurch system und die tiefen Venen der oberen Extremität
ist das zu untersuchende Bein völlig entspannt und und des Halses können in der Regel mit einem linea-
hängt frei herab. Ein Stauschlauch proximal der ren Oberflächenschallkopf mit Frequenzen zwischen
Knöchel soll den direkten Kontrastmittelabstrom ins 5 und 12 MHz untersucht werden. Das gesamte Bein-
tiefe Venensystem erleichtern, denn keinesfalls sollte venensystem kann bei den meisten Patienten mittels
das Kontrastmittel über die V. saphena magna oder linearem 4- bis 7 MHz-Schallkopf beurteilbar dar-
parva abströmen. gestellt werden. Bei adipösen Patienten oder aus-
316 Kapitel 5 Venen

a b c

Abb. 5.1 a–c. Aszendierende Pressphlebographie. a A.-p.- V. femoralis. c A.-p.-Aufnahmen der proximalen V. femoralis
Aufnahme und Innenrotationsaufnahme der Unterschenkel- und der Beckenvenen
venen. b A.-p.-Aufnahmen der V. poplitea und der distalen

gedehnten Beinödemen empfiehlt es sich, einen ab- tromedial aufgesetzten Schallkopf drückt. Die Knie-
dominellen Sektorschallkopf mit 2–5 MHz zu ver- kehle wird von dorsal bei leichter Flexion im Kniege-
wenden, ebenso zur Beurteilung der abdominellen lenk untersucht. Insbesondere bei älteren Patienten
Venen. empfiehlt sich der Gegendruck mit der zweiten Hand
Die Beurteilung des Flusses und der Venenklap- gegen die Patella. Die Vv. tibiales posteriores werden
pen erfolgt im Longitudinalschnitt unter Verwen- von ventromedial der Tibiavorderkante eingeschallt,
dung der farbkodierten Dopplersonographie und der die Vv. fibulares sind in dieser Position ebenso oft-
flusssensitiven Dopplerableitungen. Dabei ist darauf mals einschallbar (vgl. Abb. 5.2 d). In jedem Fall fin-
zu achten, dass das Gerät auf langsame Flüsse einge- det man sie jedoch von laterodorsal (vgl. Abb. 5.2 e).
stellt wird. Weiterhin sollen die Venen in der blauen Dabei ist zu beachten, dass das Gewebe von latero-
Farbe kodiert werden, um die Dokumentation besser dorsal gegen die Fibula gepresst wird. Da isolierte
nachvollziehbar zu machen. Thrombosen der Vv. tibiales anteriores nicht vor-
Zum Ausschluss einer Thrombose werden die Ex- kommen, kann routinemäßig auf einen Kompres-
tremitäten in Rückenlage im Kompressionstest unter- sionstest verzichtet werden. Andererseits sollten
sucht: Im Longitudinalschnitt ist nicht gewährleistet, die Muskelvenen der Mm. gastrocnemici und des
dass wirklich über der Vene komprimiert wird. Des- M. soleus mit beurteilt werden (vgl. Abb. 5.2 f, g).
halb empfiehlt sich der Transversalschnitt, um von Am Hals und im Abdomen sollte der Kompres-
proximal nach distal das gesamte Venensystem in sionstest unterlassen werden und der Fluss in der
Zentimeterschritten zu untersuchen. Dafür wird die farbkodierten Dopplersonographie dargestellt wer-
Vene mit dem Schallkopf vollständig komprimiert den (vgl. Abb. 5.13 a–c bzw. Abb. 5.21 a, b).
und am besten in Gegenüberstellung zu den nicht-
komprimierten Verhältnissen (Doppelbildmodus) in CT-Venographie
mehreren Höhen dokumentiert (Abb. 5.2 a–g). Die CT-Untersuchung hat große Bedeutung in der
Am Arm kann direkt über der Vene komprimiert Diagnostik des Körperstammes und erlaubt ohne
werden.Am Bein gelingt dies nicht in allen Regionen: spezielle Untersuchungsprotokolle einen Überblick
Im Adduktorenkanal fehlt das Widerlager zur Kom- über das obere und untere Hohlvenensystem mit ein-
pression, sodass der Untersucher am besten mit der mündenden Stammvenen, sofern die Untersuchung
zweiten Hand das Gewebe von dorsal gegen den ven- in der venösen Kontrastmittelphase durchgeführt
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik 317

Abb. 5.2 a–g. Beinvenensono-


graphie: Kompressionstest im
Doppelbildmodus dargestellt
(rechtes Bild: komprimiert).
a Proximaler Oberschenkel von
ventral: V. femoralis (Pfeil),
A. femoralis (1), A. profunda
femoris (2). b Distaler Ober–
schenkel von ventromedial:
V. femoralis (Pfeil), A. femoralis
(1). c Kniekehle von popliteal:
V. poplitea (Pfeil) mit einmün-
dender V. saphena parva (Stern),
A. poplitea (3).

c
318 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.2 d–f. d Unterschenkel


von ventromedial: Vv. tibiales
posteriores (Pfeile), A. tibialis
posterior (4), Vv. fibulares
(Pfeilspitzen) – in typischer Weise
leicht erweitert, A. fibularis (5),
Tibia (T), Fibula (F). e Unter-
schenkel von laterodorsal:
Vv. fibulares (Pfeilspitzen),
A. fibularis (5), Fibula (F).
f Medialer Unterschenkel von
dorsal: mediale Gastrocnemius-
vene (Pfeil) mit Muskelarterie (6),
V. saphena parva (Stern).

f
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik 319

Abb. 5.2 g Lateraler Unterschen-


kel von dorsal: Soleusvene (Pfeil),
V. fibularis (Pfeilspitze)

wird. So werden Fehlbildungen oder Pathologien in Wichtige Fortschritte brachten die Tischverschie-
diesen Venensystemen oftmals zufällig entdeckt betechnik und die Möglichkeit, den Kontrastmittel-
(Abb. 5.3 a). bolus zu verfolgen (Testbolus und Bolus-Tracking).
Große Bedeutung kommt der CT-Untersuchung Die Untersuchung erfolgt in Rückenlage und in Ab-
auch in der Abklärung der pulmonalarteriellen hängigkeit von MR-Gerät und Spulensystemen fuß-
Thromboembolie zu. Dabei empfiehlt es sich, die wärts und/oder kopfwärts zum Gerät positioniert.
bereits applizierte Kontrastmittelmenge auszunut- Der Kontrastmittelbolus sollte in einer Dosierung
zen und einige Minuten nach der Untersuchung des von 0,25 mmol/kg Körpergewicht Gadolinium-DTPA
Thorax auch die Becken- und Beinstrombahn bis in (3–4 ml/s) und nachfolgendem NaCl-Bolus verab-
die Kniekehle zu schichten, um die mögliche Quelle reicht werden.
der Thromboembolie zu finden. Um Strahlendosis Bei vorangehender MR-Angiographie der Pulmo-
einzusparen sind 5- bis 10 mm-Schichten in 10 mm- nalarterien sollte die erste Hälfte des Bolus zur Ab-
Abständen ausreichend (Abb. 5.3 b). klärung der Pulmonalarterien verwendet werden.
Bei venösen Malformationen mit komplizierten Die zweite Hälfte wird direkt anschließend appliziert,
Verläufen der Venen kann die CT-Untersuchung nach damit sich das gesamte Kontrastmittel während des
direkter oder indirekter Kontrastierung der Venen- Umlagerns ins venöse System verteilen kann. Obwohl
abschnitte überlagerungsfreie Darstellungen der topo- aus diesem Grund die Untersuchung der Beinvenen
graphischen Verhältnisse in zwei- und dreidimensio- nicht zum Zeitpunkt des Maximums der Kontrast-
nalen Reformatierungen liefern (vgl. Abb. 5.15 a–d mittelanreicherung durchgeführt werden kann, wer-
und Abb. 5.16 a–f). den im Vergleich zur konventionellen Phlebographie
gleiche oder bessere Ergebnisse erzielt, da immer
MR-Venographie überlagerungsfreie Bilder entstehen.
Die jüngste unter den Untersuchungsmethoden wird Subtraktionen oder Maximum-Intensity-Projek-
derzeit wegen des Zeitaufwandes und der anfallen- tionen (MIP) der Datensätze liefern anschauliche
den Kosten noch kontrovers diskutiert. Sie wird aber Bilder, sind aber bei der Beurteilung nicht hilfreich.
in den nächsten Jahren sicher an Bedeutung gewin- Die Untersuchungszeit der MR-Venographie alleine
nen. Der Vorteil der fehlenden Strahlenexposition beträgt zwischen 5 und 15 min. Die Intervallzeit nach
wird durch Faktoren wie Verfügbarkeit, Toleranz der der MR-Angiographie der Pulmonalarterien beträgt
Untersuchung durch den Patienten, Zeit und Kosten zwischen 5 und 10 min (Kluge et al. 2004).
aufgehoben. Die Ergebnisse sind jedoch vielverspre- Generell gilt für beide Schnittbildverfahren die
chend. Empfehlung, dass diese Verfahren wegen des großen
Im Vergleich zur konventionellen Pressphlebogra- apparativen Aufwandes nur bei Verdacht auf eine
phie weist sowohl die direkte MR-Venographie nach pulmonalarterielle Embolie eingesetzt und dann mit
Punktion der Fußvenen als auch die indirekte MR- einer Untersuchung der Beinvenen kombiniert wer-
Venographie nach Kontrastmittelapplikation in eine den sollten.
Armvene eine sehr gute Sensitivität und Spezifität in
der Thrombosediagnostik auf (Abb. 5.4).
320 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.3 a, b. CT in der venösen Kontrastmittelphase.


a Kontrastmittelumspülter Thrombus in der V. cava inferior
bei einem Tumorpatienten mit Resektion der rechten Leber-
segmente. b Beidseitige pulmonalarterielle Thromboembolie
(1) bei Thrombose der linken Becken- und Oberschenkel-
venen (2)

b
5.1 Radiologische Untersuchungstechnik 321

Abb. 5.4. MR-Kontrastmittel-


Venographie der unteren
Extremität: Tumorthrombose
der proximalen V. femoralis mit
kontrastmittelaufnehmendem
Thrombus (Pfeile) bei Rezidiv
eines Leiomyosarkoms (Stern).
Konsekutive Thrombose der
distalen V. femoralis
(Pfeilspitzen)
322 Kapitel 5 Venen

V. saphena magna nimmt das Blut des Arcus venosus


5.2
dorsalis pedis auf und zieht vor dem Malleolus me-
Normalanatomie
dialis als V. marginalis medialis an der Innenseite des
Hohlvenensystem Unterschenkels und Knies auf den Oberschenkel,
Im Regelfall bildet sich das Hohlvenensystem aus den um im Hiatus saphenus mit einer bogenförmigen
rechts liegenden Vv. cavae superior und inferior. Die Krümmung („Krosse“) einzumünden. Akzessorische
Arm- und die Halsvenen vereinigen sich zu den mediale und laterale Vv. saphenae münden entwe-
Vv. brachiocephalicae, die den Venenplexus der unte- der direkt oder über die V. saphena magna in die
ren Schilddrüsenpole aufnehmen. Deren Zusammen- V. femoralis. Die V. saphena parva drainiert den
fluss bildet dann die V. cava superior. Die V. cava lateralen Fußrand über den dorsalen Unterschen-
inferior entsteht durch den Zusammenfluss der kel meist in die V. poplitea (s. Abschn. 5.4.3, „Vari-
beiden Vv. iliacae communes. Neben lumbalen kositas“).
und diaphragmalen Venen wird das venöse Blut Das tiefe Beinvenensystem begleitet paarig die
der Nieren und Nebennieren aufgenommen. versorgenden Arterien und bildet sich aus den latera-
Direkt (meist rechts) oder über die Nierenvenen len und medialen plantaren Venen, die in die Vv.
(meist links) münden die Vv. ovaricae bzw. Vv. sper- tibiales posteriores münden, und den tiefen dorsalen
maticae. Kurz vor der Einmündung in den rechten Venen, die in die Vv. tibiales anteriores drainieren.
Vorhof werden die Vv. hepaticae aufgenommen Die Vv. tibiales anteriores ziehen lateral des M. tibia-
(Abb. 5.5 a). lis anterior und dann zwischen langen Extenso-
ren und Membrana interossea nach proximal und
Arm- und Halsvenen vereinigen sich nach bogenförmigem Durchtritt
Die tiefen Armvenen begleiten paarig die versorgen- durch die Membrana interossea mit den Vv. tibiales
den Arterien des Unterarms. Nach dem Zusammen- posteriores, die ihrerseits zwischen oberfläch-
fluss in der V. cubitalis gelangen die Vv. brachiales im lichen und tiefen Flexoren nach proximal ziehen und
Sulcus bicipitalis medialis bis in die Axilla. Die sich deren Muskelvenen aufnehmen. Die Vv. fibulares
fortsetzende V. axillaris zieht unter dem M. pectoralis ziehen laterodorsal der Fibula bedeckt von den
minor nach proximal und geht nach Unterkreuzung Mm. peronei nach proximal, zeigen oftmals eine re-
der Klavikula in die V. subclavia über, die vor dem gionäre Phlebektasie und münden nach Aufnahme
M. scalenus anterior liegt. Das oberflächliche Venen- der Soleusvenen in die Vv. tibiales anteriores oder
system bildet sich aus Gefäßnetzen am Handrücken posteriores.
und drainiert über zahlreiche Unterarmvenen in die Die V. poplitea kann durch weiter proximal ein-
V. cubitalis superficialis. Am medialen Oberarm fin- mündende Venen zwei- oder dreigeteilt sein. Ne-
det man den Fasziendurchtritt der V. basilica, die das ben der V. saphena parva werden etwas distal die
Blut des ulnaren Unterarms in die V. brachialis ablei- Muskelvenen des medialen und lateralen M. gastro-
tet. Radiale Unterarmvenen setzen sich in die V. ce- cnemius aufgenommen. Mit dem Durchtritt durch
phalica fort, die am lateralen Oberarm nach proximal den Adduktorenkanal wird die V. poplitea zur
zieht und im Bogen in die V. axillaris einmündet V. femoralis. Diese nimmt die V. profunda femoris
(Abb. 5.5 b). und die V. saphena magna auf und wird ab dem
Als wichtigste Halsvene für den venösen Abstrom Durchtritt unter dem Leistenband zur V. iliaca exter-
des Kopfes ist die V. jugularis interna zu nennen, die na (Abb. 5.5 d, e).
die oberflächliche V. jugularis externa aufnimmt. Das oberflächliche steht mit dem tiefen Ve-
Die V. jugularis interna bildet mit der V. subclavia den nensystem durch Perforansvenen in Verbindung,
Venenwinkel. Der weitere Blutabstrom beider Venen um das Blut in die Tiefe abzutransportieren. Von
erfolgt über die V. brachiocephalica in die V. cava der V. saphena magna lassen sich als wichtigste
superior (Abb. 5.5 c). die 3 Cockett-Venengruppen, die Sherman- und
die Boyd-Vene zu den Vv. tibiales posteriores und
Beinvenen die Dodd-Venengruppe zur V. femoralis hervorheben.
Das oberflächliche Venensystem besteht aus der
V. saphena magna und parva mit Seitenästen. Die
5.2 Normalanatomie 323

Abb. 5.5 a–e. Anatomie des Venensystems (die oberflächlichen Venen sind kursiv geschrieben). a Hohlvenensystem
324 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.5 c Halsvenen

Abb. 5.5 b Armvenen

5.3 kann auch gemäß des abströmenden Kontrastmittels


Systematische Bildanalyse von distal nach proximal vorgegangen werden.

Merke !Schlüssel zur systematischen Bildana-


lyse ist die Kenntnis der anatomi-
Phlebographie
Zur Zuordnung der Unterschenkelvenensysteme ist
schen Topographie. die topographische Lage der Venen in einem trans-
versalen Unterschenkelschnitt hilfreich (Abb. 5.6).
In der Sonographie und den Schnittbildverfahren Alle Venen sollten hinsichtlich Verlauf, Homogeni-
sollten die einzelnen Venenabschnitte anhand topo- tät der Kontrastmittelfüllung, Klappenbesatz und
graphischer Landmarken aufgesucht werden. Um kei- Klappenausformung abgesucht werden. Die suffi-
ne der Venengruppen im diagnostischen Ablauf aus- ziente Klappenausformung zeigt eine Lumenauf-
zulassen, empfiehlt sich ein Vorgehen von proximal weitung proximal und einen Kalibersprung distal
nach distal. In der konventionellen Phlebographie der Venenklappe („Teleskopzeichen“). Die Lage der
5.3 Systematische Bildanalyse 325

Abb. 5.5 e Beckenvenen

Abb. 5.5 d Beinvenen

wichtigsten Perforansvenengruppen sollte ebenso oder inkompletter Komprimierbarkeit bzw. fehlen-


wie nachweisbare Mündungsvarianten beschrieben dem Fluss gekennzeichnet. Die Klappenbeweglich-
werden. keit lässt sich zumindest am Oberschenkel durch
Pressversuche beurteilen.
Sonographie Der Einsatz der Farbkodierung zeigt im gesunden
Das gesamte Venensystem wird im B-Bild-Modus Venensystem einen laminaren Blutfluss. Turbulenzen
hinsichtlich seiner Komprimierbarkeit abgesucht. in klappenfreien Abschnitten sind Hinweise für in-
Dabei sollte sich das Venenlumen echofrei präsentie- traluminale Ablagerungen, wie inkomplett rekanali-
ren. Bei langsam strömendem Blut erscheint das sierte Venenthrombosen.
Lumen echoreicher als normal, weil es zu Schall- Die Dopplerableitungen zeigen einen nicht pul-
reflexionen an den korpuskulären Blutbestandteilen satilen, atemabhängigen Fluss. Bei insuffizienten
kommt. Thrombosen und Thrombophlebitiden sind Venenklappen lässt sich mit ihnen die Menge und
durch echoreiche Lumenaufweitungen mit fehlender Dauer der Regurgitation bestimmen.
326 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.6. Projektion der Unterschenkelvenen in der Phlebo-


graphie. Hilfestellung zum besseren Verständnis der Lage der
Unterschenkelvenen im Bezug zu den Unterschenkelknochen
in 3 Projektionsebenen anhand eines Transversalschnitts
durch die Mitte des Unterschenkels (A Vv. tibiales anteriores, F
Vv. fibulares, P Vv. tibiales posteriores. (Mod. nach Hach u.
Abb. 5.7. Entwicklung des endgültigen Hohlvenensystems aus
Hach-Wunderle 1996)
seinen embryonalen Vorläufern. Im Regelfall bleiben die
durchgezogen gezeichneten Venen als endgültiges Hohlvenen-
system bestehen. Rückgebildete Venen (gestrichelt) können in
beliebiger Kombination einzelne Abschnitte ersetzen oder zu-
sätzlich als gedoppelte Venenabschnitte persistieren

CT- und MR-Venographie sich nacheinander und parallel zueinander und bil-
Das wichtigste Kriterium ist eine homogene Kontrast- den sowohl untereinander als auch mit der Gegen-
mittelfüllung. Bei Thrombosen zeigt sich eine von seite Verbindungen aus (Abb. 5.7). Am Ende steht
Kontrastmittel umflossene intraluminale Raumforde- das asymmetrische Endstadium der V. cava superior
rung. Restthromben nach rekanalisierten Thrombo- und inferior.
sen sind entweder wandständig oder schwammartig Von den oberen Kardinalvenen bleibt im Regel-
strukturiert. fall die rechte als V. cava superior bestehen. Die
Vv. azygos und hemiazygos gehen aus dem oberen
Abschnitt der suprakardinalen Venen hervor. Die
5.4 V. cava inferior wird aus 5 embryonalen Elementen
Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems gebildet: Die Vv. iliacae und deren Confluens gehen
aus den hinteren Kardinalvenen hervor. Die infra-
5.4.1 renale und suprarenale V. cava bilden sich aus der
Veränderungen im Hohlvenensystem rechten suprakardinalen und der rechten subkar-
dinalen Vene. Dazwischen münden die Vv. renales in
Embryologie den Anastomosenbereich der fetalen Vorläufer. Der
Das Hohlvenensystem entwickelt sich vollständig intrahepatische Abschnitt entsteht aus dem hepato-
symmetrisch aus paarig angeordneten kardinalen, kardialen Kanal.
supra- und subkardinalen Venen. Diese entwickeln
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 327

Fehlbildungen Vena-cava-superior-Syndrom
Diese Entwicklungsschritte führen zu zahlreichen
Fehlbildungsvarianten. Generell verlaufen die Fehl- 왔 Dieses Syndrom ist definiert durch
Definition
bildungsvarianten meist asymptomatisch, wenn kei- die Obstruktion der V. cava superior
ne Drainage in den linken Vorhof besteht. Deshalb mit Ausbildung von Umgehungskreisläufen.
werden sie oftmals nur zufällig diagnostiziert.
Zu den wichtigsten Varianten im oberen Hohl- Diese Umgehungskreisläufe können den ösophagea-
venensystem zählen die linksseitig persistierende len Venenplexus, das Azygos-Hemiazygos-System,
V. cava superior und die gedoppelte V. cava superior subkutane thorakale und paravertebrale Venen ein-
(Abb. 5.8 a–c).Während die linksseitig persistierende schließen. In bis zu 90% sind dafür maligne Neopla-
V. cava superior in der Mehrzahl der Fälle in den sien und davon in über 50% das Bronchialkarzinom
Sinus coronarius drainiert und deshalb asymptoma- verantwortlich. Zu den seltenen benignen Ursachen
tisch bleibt, kann bei der gedoppelten V. cava superior zählen mediastinale Veränderungen durch Sarkoido-
die linke Vene in den linken Vorhof münden und se oder Tuberkulose, retrosternale Struma, Aneurys-
stellt somit einen Shunt mit Mischblutbildung dar. ma der Aorta ascendens und zentralvenöse Zugänge
Ein Fehlen der V. azygos ist eine weitere, sehr seltene oder Schrittmacherelektroden. Je jünger der Patient
Fehlbildung. Dabei fließt das Blut über das Hemia- und je langsamer die Symptome auftreten, desto
zygossystem ab. wahrscheinlicher sind benigne Ursachen. Als Symp-
Die Fehlbildungen der V. cava inferior können das tome werden Kopf- und Halsödeme, Kopfschmerzen
infrarenale, renale, suprarenale oder intrahepatische und Schwindelgefühl, Dyspnoe und Hämatemesis
Segment betreffen: Da infrarenal ursprünglich je beschrieben.
2 supra- und subkardinale Venen parallel bestehen, Als radiologisches Zeichen besteht in 2/3 der Fälle
können verschiedenste Varianten als einfaches oder ein verbreitertes oberes Mediastinum. Zur Detektion
gedoppeltes Hauptgefäß auftreten. Dabei kann es zu der Ursache empfiehlt sich die CT (Abb. 5.11).
einer Lateralverschiebung des Gefäßes mit Verlage-
rung des Ureters nach retrokaval kommen. Obstruktion der Vena cava inferior
Eine prä- oder kurz postnatale Thrombose des In derselben Art wie bei der V. cava superior kann
infrarenalen Abschnitts führt zum Fehlen des gesam- auch die V. cava inferior obstruiert oder komprimiert
ten Abschnitts und zur Ausbildung von Kollateralen. werden.
Persistierende intersupra- und intersubkardinale Zahlreiche Faktoren können das Gefüge in der
Anastomosen führen zur retroaortalen Einmündung Gerinnungskaskade stören. Am häufigsten liegen
der linken V. renalis oder zur Ausbildung eines zir- paraneoplastische Ursachen vor (s. auch Trous-
kumaortalen, venösen Rings. Diese Fehlbildungs- seau-Syndrom): Tumoren wie Nierenzellkarzinome,
variante wird am häufigsten gefunden und entsteht Wilms-Tumoren, Nebennierentumoren, Pankreas-
dadurch, dass sich das suprakardinale Venensystem karzinome, Leberzelladenokarzinome, aber auch
in Relation zur Aorta weiter dorsal entwickelt (Abb. retroperitoneale Lymphknotenmetastasen können
5.9 a, b). zudem in das Lumen einwachsen und den Blutstrom
Im suprarenalen und intrahepatischen Segment behindern. Weiterhin kann das Lumen im Rahmen
kann eine Kontinuation der V. azygos entstehen. von systemischen Erkrankungen wie Koagulopathie,
Durch Agenesie des intrahepatischen Systems bleibt Infektion, Sepsis, oder Budd-Chiari-Syndrom, durch
die Verbindung zur rechten suprakardinalen Vene posttraumatische oder -operative Veränderungen
bestehen. Diese Fehlbildung tritt evtl. in Kombina- oder durch eine aszendierende Becken- oder Bein-
tion mit dem Polyspleniesyndrom auf. Die linksseiti- venenthrombose verlegt werden. Daneben gibt es die
ge V. cava inferior mit Hemiazygoskontinuation stellt idiopathische Obstruktion.
dieselbe Situation jedoch mit Drainage nach links Intrakavale Veränderungen führen von intramural
durch Bestehenbleiben der linken Venenabschnitte zur Obstruktion des Venenlumens: Neben Tumoren
dar (Abb. 5.10 a–c). der Venenwand wie Leiomyom, Leiomyosarkom und
Als weitere Fehlbildung kann eine transversale, Endotheliom kann dies auch durch eine angeborene
membranöse Septierung die V. cava inferior ob- Membran im intrahepatischen Venenabschnitt be-
struieren und vom hepatokardialen Kanal trennen. dingt sein.
Komplexe Kombinationen der genannten Fehl- Extrinsische Faktoren komprimieren die V. cava
bildungen mit Beteiligung des oberen und unteren inferior von außen. Dazu zählen Tumoren und tu-
Hohlvenensystems kommen selten vor. Dabei kön- morartige Raumforderungen wie ein Hämatom,
nen einfache und gedoppelte Venenabschnitte beste- Aszites, Hepatomegalie oder ein Aortenaneuryma
hen bleiben. und schließlich die retroperitoneale Fibrose.
328 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.8 a–c. Fehlbildungen der


V. cava superior. a,b Linksseitig
persistierende V. cava superior:
a CT: Die V. cava superior (1)
mündet in den Sinus coronarius
(2). Die V. hemiazygos (Stern) ist
kräftig ausgebildet. b Thorax-
röntgen in Liegen nach Anlage
eines Subclaviakatheters links
(Pfeil). Die Katheterspitze (Pfeil-
spitze) liegt links paravertebral
in der V. cava superior. Primär
wurde eine Fehllage in der Aorta
angenommen! c Gedoppelte V.
cava superior: Die Vv. subclaviae
(1) drainieren in je eine V. cava
superior (2). Die rechte Vene
mündet regelrecht in den rechten
Vorhof (3). Die linke Vene ist gut
kontrastiert und verläuft am
linken Vorhof vorbei, um in
den Sinus coronarius (Pfeil) zu
münden

c
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 329

Abb. 5.9 a, b. Mündungsvarianten


der linken V. renalis. a Retroaortal
verlaufende solitäre V. renalis
sinistra (Pfeil). b Gekippte MIP
aus einem Abdomen-CT: Aus-
bildung eines zirkumaortalen,
venösen Rings. Die ventrale (1)
und dorsale Nierenvene (2)
vereinigen sich lateral der Aorta.
Der Großteil des Blutes mündet
über eine ventral der Aorta
ziehende Vene (3). Zusätzlich
verläuft eine dünnere Vene (Pfeil)
dorsal der Aorta und mündet
weiter kaudal in die V. cava infe-
rior (Pfeilspitze). Nebenbefund:
Nierenzysten beidseits

b
330 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.10 a–c. Kontinuation


der V. (hemi-)azygos. a Azygos-
kontinuation: Die suprarenale
V. cava inferior setzt sich direkt
in die V. azygos (Pfeil) fort, die
rechts der Aorta durch den Hiatus
aorticus des Zwerchfells nach
intrathorakal zieht und in die
V. cava superior mündet. Die
Lebervenen münden über ein
gemeinsames Gefäß in den
rechten Vorhof (Stern). b Hemia-
zygoskontinuation: Die V. cava
inferior verläuft links der Aorta
und setzt sich in die V. hemia-
zygos fort (Pfeil). Die rechte
Nierenvene unterkreuzt die Aorta
(Pfeilspitze). Nebenbefund:
Pankreaskopftumor (Stern).
c Gemischte Kontinuation durch
direkte Cavographie dargestellt:
Die suprarenale V. cava inferior
a setzt sich zuerst über die V. hemi-
azygos fort (1), wechselt dann
die Seite (2) und mündet über
die V. azygos (3) in die obere
Hohlvene. Die intraabdominelle
V. azygos (4) läuft zart aus. Ne-
benbefund: losgelöstes Schlauch-
system eines Port-a-Kath im rech-
ten Vorhof (Stern). Wand-
unregelmäßigkeiten in der
V. cava inferior bzw. V. hemia-
zygos durch retroperitoneale
Lymphadenopathie

c
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 331

Abb. 5.11. Vena-cava-superior-


Syndrom: Kompression und
Verlagerung der Venen durch
Lymphome im vorderen oberen
Mediastinum: Das über die linke
V. subclavia (1) einströmende
Kontrastmittel verteilt sich
über paravertebrale Venenplexus
und strömt über die rechte
V. brachiocephalica (2), anstatt
über die komprimierte linke
V. brachiocephalica (3) in die
V. cava superior (4)

Zur funktionellen Obstruktion kann es im Rah- 쐍 Leiomyom. Benigne Tumoren der glatten Musku-
men der Schwangerschaft, durch ein Valsalva-Manö- latur der Hohlvenenwand sind selten und meist
ver oder bei Kindern durch Schreien kommen. suprarenal zu finden. Die intraluminale Tumor-
Wie beim V.-cava-superior-Syndrom kommt es masse lässt differenzialdiagnostisch primär an einen
zur Kollateralenbildung über paravertebrale und pa- Thrombus denken. Oft wird erst nach Monaten der
raspinale Venen in die V. (hemi-)azygos, über peri- erfolglosen Antikoagulanzientherapie, wobei weder
ureterale und gonadale Venen, über subkutane thora- Progression noch Regression eintritt, an einen Tu-
koabdominelle Venen und sogar in das Pfortadersys- mor gedacht. In zweifelhaften Fällen ist eine trans-
tem. Dabei strömt das venöse Blut durch retrograden femorale Biopsie möglich.
Fluss in der V. iliaca interna über den hämorrhoida- Im Rahmen der Leiomyomatose kann es ebenfalls
len Venenplexus in das Stromgebiet der V. mesenteri- zum Befall der intraabdominellen Venen kommen.
ca inferior. Bei Patientinnen, die in jungen Jahren an Leiomyo-
men des Uterus erkranken, kann es selbst Jahre nach
Verletzungen Entfernung des Uterus im Sinne einer Metastasie-
Es werden traumatische von iatrogenen Venenverlet- rung eines primär benignen Tumors zu einer Absied-
zungen unterschieden. Traumatische Verletzungen lung in die untere Hohlvene kommen. Neben Progre-
treten wegen der geschützten Lage in der Tiefe selten dienz in die Hohlräume des Herzens sind in Einzel-
isoliert auf. Meist sind Verletzungen der V. cava su- fällen auch Lungenmetastasen beschrieben.
perior oder inferior als Begleitverletzungen im Rah-
men schwerer Thorax- oder Abdominaltraumen ne- 쐍 Leiomyosarkom. Etwa 40% der retroperitonealen
ben anderen Organverletzungen zu finden, oftmals Leiomyosarkome nehmen ihren Ursprung von der
in der Bildgebung sogar von den anderen Verletzun- V. cava inferior. Die 3 Wachstumsformen teilen sich
gen überlagert und deshalb nicht diagnostizierbar. wie folgt auf:
Iatrogene Verletzungen treten im Rahmen dia-
∑ Der Großteil wächst transmural,
gnostischer oder therapeutischer Interventionen in
∑ seltener findet sich nur ein intravaskulärer Tumor-
zunehmendem Maße auf. Ihr Anteil an den Gefäßver-
abschnitt,
letzungen wird mit etwa 10% beziffert, wobei diese
∑ extrem selten bildet sich der Tumor nur intramu-
Angabe sicher den wahren Prozentsatz unterschätzt.
ral aus.
Tumoren Charakteristisch ist ein polypoider, intravaskulärer
Zu den direkt in der V. cava entstehenden Tumoren Anteil mit irregulärer Kontrastmittelaufnahme in der
zählen das Leiomyom, das Leiomyosarkom und das CT und der MRT und nachweisbarer Tumorvaskula-
Endotheliom. risation in der Dopplersonographie. Meist ist der Tu-
332 Kapitel 5 Venen

mor zwischen Diaphragma und Nierenvenenein-


mündung zu finden. Ein Einwachsen in die Leber-
venen führt zum Budd-Chiari-Syndrom. In ähnlicher
Weise kommt es beim Einwachsen in die Nieren-
venen zum nephrotischen Syndrom. Beim Vorwach-
sen in die kaudale V. cava inferior bilden sich Bein-
ödeme aus. Ein Loslösen von Tumorabschnitten kann
eine Tumorembolie nach sich ziehen.
Als Differenzialdiagnose sind ein extravaskuläres,
retroperitoneales Leiomyosarkom, ein Lymphom,
das jedoch auch die Aorta umscheidet, und ein
Thrombus in der Hohlvene zu nennen.

5.4.2
Veränderungen der Armvenen a

Thrombose
Die Inzidenz der tiefen Venenthrombose der oberen
Extremität wird mit 3:100.000 pro Jahr geschätzt, was
bis zu 4% aller Fälle der tiefen Venenthrombose ent-
spricht. Am häufigsten ist die V. subclavia vor der
V. axillaris und der V. brachialis betroffen.
Als wichtigster exogener Risikofaktor wird ein
zentralvenöser Zugang in der Hälfte bis 2/3 der
Fälle als Ursache angesehen, vermutlich weil lokale
Hämostase und entzündliche Veränderungen die
Thromboseentstehung begünstigen. Weitere exogene
Risikofaktoren sind maligne Tumoren, eine tiefe
Beinvenenthrombose, orale Kontrazeptiva, schwere
traumatische Verletzungen und selten eine Bestrah- b
lungstherapie. Auch Muskelkompression durch
Über-Kopf-Arbeiten kann zu Flussverlangsamung
und Stase mit nachfolgender Thrombose führen.
Die aszendierende Thrombophlebitis – etwa nach
intravenöser Therapie oder Drogenmissbrauch –
kann ebenfalls zur tiefen Venenthrombose führen.
Die tiefe Armvenenthrombose kann ohne Symp-
tome ablaufen. Ein geschwollener, schmerzhafter
Arm mit Schwäche, Schweregefühl und Kraftlosigkeit
sollte in jedem Fall zur Abklärung einer Thrombose
führen. Manchmal sind erweiterte, oberflächliche
Kollateralvenen erkennbar.
Als Goldstandard gilt die direkte Venographie. Zu-
nehmend setzen sich jedoch nichtinvasive Metho-
c
den, wie die Sonographie durch. Gerade in der Detek-
tion der Thrombose stellen sich beide Methoden als Abb. 5.12 a–c. Thrombose der V. axillaris. a Direkte Phlebo-
gleichwertig dar (Abb. 5.12 a–c). graphie: Kontrastmittelstopp in der V. axillaris (Pfeil) und
Bei Progression der Thrombose und Übergreifen Abfluss über Kollateralen in die V. cephalica (Stern). b,c Sono-
auf die V. brachiocephalica kann auch die V. jugularis graphische Darstellung des gemischt echoreichen und echo-
armen Thrombus in der teilweise gedoppelt angelegten V. axil-
interna thrombosieren (Abb. 5.13 a–c). laris (Stern), b im Longitudinalschnitt und c im Transversal-
schnitt
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 333

a b

Abb. 5.13 a–c. Thrombose der V. jugularis interna.


a,b Sonographische Darstellung einer beginnenden
Thrombose. a Longitudinalschnitt mittels farbkodierter
Dopplersonographie: Deutlicher Restfluss proximal des
geschichteten Thrombus. b Transversalschnitt mit aufge-
weiteter V. jugularis interna und geschichtetem Thrombus;
A. carotis communis (Stern). c Sagittale MRT (T1-gewichtete
MPR nach Kontrastmittelapplikation): zufällig entdeckter
Thrombus in der kaudalen V. jugularis interna (Pfeil) bei
c
einem Tumorpatienten

Thoracic-outlet/inlet-Syndrom durchziehenden Elemente. Dafür gibt es angeborene


Gründe, wie eine Halsrippe oder Varianten in Ausfor-
왔 Dieses Syndrom bezeichnet die Kom- mung und Ansatzverhalten der Mm. scaleni. Erwor-
Definition
pression der Nerven, Venen und Ar- bene Gründe stellen hypertrophe Muskulatur, Kal-
terien zwischen muskuloskelettalen Elementen im lusbildung nach Klavikulafraktur oder supraklaviku-
Bereich der Skalenuslücke und der tiefen Axilla. läre Tumoren und vergrößerte Lymphknoten dar.
Weiter distal kann auch ein hypertropher M. pectora-
Die Skalenuslücke wird ventral vom M. scalenus an- lis minor das Gefäß-Nerven-Bündel insbesondere bei
terior und dorsal vom M. scalenus medius begrenzt. Elevation bedrängen.
Den Boden bildet die 1. Rippe. Diese dreieckige Lücke Klinische Charakteristika treten bei zunehmender
wird von ventrokranial durch die Klavikula einge- Abduktion oder Elevation des Arms auf und können
engt. Durch die Lücke ziehen der Plexus brachialis Parästhesien und Schmerzen am Arm, intermittie-
und die A. subclavia. Ventral des M. scalenus anterior rende Verfärbungen der Haut, Ischämie und Verlust
zieht die V. subclavia über die 1. Rippe. Einengungen der arteriellen Pulse, aber auch ein Raynaud-Phäno-
dieses Raumes führen zur Kompression der hin- men sein. Bei 95% der Patienten sind die Symptome
334 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.14 a, b. Thoracic-inlet-


Syndrom. a Normale Doppler-
ableitungen mit atemabhängigem
Fluss und fortgeleiteten Herz-
kontraktionen bei adduziertem
Arm. b Bei Elevation des Arms
zeigt sich eine deutliche Einen-
gung der V. subclavia (Pfeil)
unter der Klavikula (C) mit
Abflachung bzw. Sistieren des
Flusses

durch Einengung der Nerven bedingt. Nur bei 5% nachweisen (Abb. 5.14 a, b). Muskuloskelettale Ursa-
sorgen vaskuläre Kompressionen für die Symptoma- chen lassen sich sonographisch oder mittels MRT
tik. ausschließen.
Diagnostische Untersuchungen sollten bei nach Zusätzliche Informationen über die Kompression
hinten und unten gezogenen Schultern durchgeführt von Arterien und Venen können auch MR-angio-
werden. Da die Dynamik der Symptome während graphisch erlangt werden. Dabei lässt sich mittels
90°-Abduktion und Elevation sowie in anamnestisch mehrphasiger 3D-Kontrastmittel MR-Angiographie
erhebbaren Positionen stärkster Symptomatik unter- im Vergleich zur 2D-TOF- („time of flight“-) Angio-
sucht werden muss, empfiehlt sich die farbkodierte graphie eine bessere Aussage über die Ursache der
Dopplersonographie als Methode der Wahl. Ein Kompression und venöse Mitbeteiligung treffen
Sistieren des arteriellen Pulses bzw. venösen Rück- (Charon et al. 2004). Auch diese Untersuchung
flusses gilt als diagnostisch für ein Thoracic-outlet- sollte bei eleviertem Arm durchgeführt werden.
bzw. -inlet-Syndrom. Die venösen Dopplerableitun- Nebenbefundliche Gefäßveränderungen wie Ste-
gen zeigen eine abgeflachte, lineare Kurve. Fortge- nosen oder Aneurysmen lassen sich angiographisch
leitete Wellen, die durch die Atmung und die Vor- verifizieren.
hofkontraktionen entstehen, lassen sich nicht mehr
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 335

Tabelle 5.1. ISSVA-Klassifikation der vaskulären Malformationen. (Enjolas 1997)

Vaskuläre Malformation Gefäßtumor

Einfach: Kombiniert: Hämangiom, Phlebangiom, andere Tumoren


Kapillär, lymphatisch, Low-flow: kapillär-venös,
venös kapillär-lymphatisch-venös (K-TS),
lymphatisch-venös
High-flow: arteriovenös (inkl. Fistel),
kapillär-arteriovenös (FPWS),
kapillär-lymphatisch-arteriovenös

K-TS: Klippel-Trénaunay-Syndrom, FPWS: F.P. Weber-Syndrom

5.4.3 Extremität betroffen. Bei Beteiligung der unteren Ex-


Veränderungen der Beinvenen tremität erkennt man in 17% Prozent eine V. margi-
nalis lateralis.
Kongenitale vaskuläre Malformationen Das F.P. Weber-Syndrom stellt eine High-flow-
Vaskuläre Malformationen betreffen in einfacher Fehlbildung dar und zeichnet sich durch Angiodys-
Form entweder die Kapillaren, das Lymphsystem plasie mit AV-Fisteln und umschriebenem Riesen-
oder den venösen Gefäßschenkel. Bei kombinierten wuchs der betroffenen Extremität aus.
Formen kommt es zu einer Mischform von 2 oder Kombinierte Dysplasien kommen jedoch auch
allen 3 Komponenten und zur Ausbildung von „Low- solitär, außerhalb der genannten Syndrome als Low-
flow-Fehlbildungen“. Durch zusätzliche Fehlbildung flow- und High-flow-Fehlbildungen vor.
im arteriellen Schenkel entstehen kombinierte, Angeborene AV-Fisteln entstehen durch fehler-
„High-flow-Fehlbildungen“. Hämangiome stellen hafte Differenzierung des embryonalen Gefäßnetzes
tumoröse Veränderungen der Gefäße dar und sind in Arterien und Venen. Dabei ist die Differenzial-
von vaskulären Malformationen funktionell zu diagnose gegenüber traumatischen AV-Fisteln zu
unterscheiden (Tabelle 5.1). beachten: Während sich eine traumatische AV-Fistel
Einfache Formen der venösen Malformationen meist als solitärer Kurzschluss mit ausgeprägter
reichen von extra- oder intraossären Fehldrainagen hämodynamischer Auswirkung präsentiert, zeigen
(Abb. 5.15 a–d) oder Venendoppelungen über ausge- angeborene AV-Fisteln meist multiple Verbindun-
dehnte Formen mit großen intramuskulären Antei- gen zum großen Teil über zwischengeschaltete
len (Abb. 5.16 a–f) bis zu seltenen lokalisierten oder angiomatöse Gefäße und nur geringe hämodynami-
diffusen Phlebektasien. sche Auswirkungen. Die multiplen Verbindungen
Zu den kombinierten Dysplasien werden funktio- stellen für jede Art der Therapie, sei es durch opera-
nell einzelne Syndrome gezählt. tive oder endovaskuläre Methoden, eine Heraus-
Das Klippel-Trénaunay-Syndrom besteht aus forderung dar.
Naevus flammeus, Varikose und Riesenwuchs. Am Weiterhin sind Fehlbildungen der Venenklappen
häufigsten sind diese Veränderungen an einer unte- bekannt.
ren Extremität zu finden. Dabei kommt es zur Ausbil-
dung von arteriovenösen (AV-) Fisteln. Die Mitbetei- 왔 Die Avalvulie ist ein Fehlen der Venen-
Definition
ligung des tiefen Venensystems und des Lymphsys- klappen einer gesamten Extremität
tems ist gekennzeichnet durch streckenweise unvoll- oder von Extremitätenabschnitten.
ständige Anlage oder unregelmäßige Erweiterung
(Abb. 5.17). In 14% der Fälle zeigt sich ein finger- An der unteren Extremität fallen ein Beinödem und
dickes subkutanes Gefäß an der lateralen Beinseite eine leichte Varikose auf, die im 2. Lebensjahrzehnt
mit Einmündung in die Oberschenkel- oder Becken- beginnen. Dennoch ist die Differenzialdiagnose zum
venen (Vollmar u. Voss 1979). Diese V. marginalis postthrombotischen Syndrom zu stellen.
lateralis persistiert aus frühembryonalen Venen und
bleibt als Umgehungsgefäß des dysplastischen tiefen 왔 Die Klappendysplasie bezeichnet eine
Definition
Venensystems bestehen. asymmetrische oder höhenversetzte
Als weitere kombinierte Dysplasie ist die Varikose Klappenanlage.
und systematisierte Hämangiomatose mit dispropor-
tioniertem Minderwuchs der betroffenen Extremität Besonders häufig findet man sie an der V. femoralis
durch intraossäre Hämangiome als Servelle-Marto- in Höhe des Adduktorenkanals oder in Kombination
rell-Syndrom bekannt. Dabei ist häufiger die obere mit Morbus Rendu-Osler oder Marfan-Syndrom.
336 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.15 a–d. Einfache venöse Fehldrainage. a Nativröntgen


in 2 Ebenen: Von der Hinterfläche der Tibia nach ventral zieht
eine longitudinale Aufhellung mit hypersklerosierter Beran-
dung (Sterne). b Nativ-CT: Die Aufhellung erweist sich als
c transossärer Kanal (Sterne). c Direkte CT-Phlebographie:
Im Kanal verläuft eine transossäre venöse Fehldrainage.

Zu den Gefäßanomalien zählen auch tumoröse bedürfen deshalb keiner Therapie. Zum Unterschied
Veränderungen. Hämangiome und Phlebangiome dazu können kavernöse Hämangiome an Größe zu-
sind aber funktionell von vaskulären Malformatio- nehmen. Besonders dramatisch kann dies unter Hor-
nen abzugrenzen, obwohl eine pathohistologische moneinwirkung, wie während der Schwangerschaft,
Abgrenzung nicht möglich ist. Die Phlebangiome erfolgen. Hämangiome zeigen zusätzliche Tumor-
stellen Hamartome dar, da sie aus einer embryonalen komponenten aus Binde-, Fettgewebe und glatten
Fehlanlage hervorgehen. Muskelzellen und sind intraossär, intramuskulär und
Kapilläre Hämangiome bilden sich in der Mehr- selten synovial zu finden. Typischerweise handelt es
zahl der Fälle selbst zurück, insbesondere wenn es sich um Low-flow-Veränderungen mit amorphen
sich um (sub-)kutane, juvenile Formen handelt, und Verkalkungen und in 1/3 der Fälle Phlebolithen.
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 337

Abb. 5.15 d Bei einem anderen Patienten mit komplexerer Aus- bindungsvenen transkutan CT-gezielt sklerosiert wurden
formung und Schmerzsymptomatik (linke Reihe) verschaffte (mittlere Reihe unten). Bei deutlich reduzierter Restperfusion
das chirurgische „clipping“ extraossärer Abschnitte keine (rechte Reihe) ist der Patient nun beschwerdefrei (Abb. von
Erleichterung (mittlere Reihe oben), sodass restliche Ver- Prof. J. Freyschmidt, Klinikum Bremen-Mitte)

Arteriovenöse Hämangiome zeigen stark gewun- Eine typische Stelle für eine Intimaverletzung ist an
dene zuführende Arterien und arteriovenöse Shunt- der linken V. iliaca communis an der Überkreuzungs-
verbindungen. Dadurch werden sie zu High-flow- stelle der rechten A. iliaca communis. Kompression
Veränderungen. Große, weit verzweigte Hämangio- der Vene und nachfolgende bindegewebige Reaktio-
me werden symptomatisch, sind aber inoperabel nen führen zur Ausbildung von Intimasegeln und
und können dann ebenso wie ausgedehnte, einfache -septen bis hin zur subtotalen Obliteration. Diese
venöse Malformationen embolisiert oder sklerosiert Veränderungen werden als May-Thurner-Syndrom
werden. oder Beckenvenensporn bezeichnet (May u. Thurner
1957) und sind bei etwa 20% der Erwachsenen zu
Thrombose finden (Abb. 5.18).

왔 Als Thrombose wird die lokalisierte Exogene Risikofaktoren


Definition
intravasale Blutgerinnung mit Ausfül- ∑ Operationen (bis 50% orthopädische Operationen)
len des Venenlumens bezeichnet. ∑ Schweres Trauma
∑ Lange Immobilisation
Nach Virchow (1856) entsteht eine Thrombose durch ∑ Maligne Erkrankung (s. Trousseau-Syndrom)
folgende Trias an Veränderungen: ∑ Übergewicht
∑ Diabetes mellitus
1. Änderung der Blutzusammensetzung mit Hyper- ∑ Schwangerschaft (bis 12 Wochen postpartal)
koagulabilität durch herabgesetzte Fibrinolyse ∑ Einnahme von Hormonpräparaten
und Plättchenaggregation, ∑ Verminderte Herzfunktion
2. Verlangsamung des Blutflusses mit Stase, ∑ Patienten >40 Jahre
3. Intimaverletzung, die als Ausgangspunkt gilt. ∑ Vorangegangene Thrombose
∑ Rauchen
338 Kapitel 5 Venen

a b c

d e f

Abb. 5.16 a–f. Einfache venöse Malformation. a Nativröntgen Darstellung vor Embolisation. f Anderer Patient: transversale
seitlich: Ventral des distalen Femurs zeigt sich eine deutliche MRT (T1-Gewichtung mit Fettunterdrückung nach Kontrast-
Weichteilvermehrung (Stern). b–d Kontrastmittelaufnahme mittelgabe): Im M. vastus lateralis zeigt sich eine ausgedehnte,
in dysplastischen Venengeflechten im M. vastus intermedius. polygonal begrenzte, kontrastmittelaufnehmende Raumfor-
b Transversale und sagittal reformatierte CT-Venographie. derung mit ossärer Beteiligung (Pfeil), die einer venösen Mal-
c Transversale und sagittale MRT (T1-Gewichtung mit Fettun- formation entspricht. (Abb. von Prof. J. Freyschmidt, Klinikum
terdrückung nach Kontrastmittelgabe). d Sagittale Ansicht der Bremen-Mitte)
MR-Venographie. e Direkte Punktion der Malformation zur
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 339

Abb. 5.17. Klippel-Trénaunay


Syndrom: Aszendierende
Phlebographie mit Darstellung
von Unterschenkelvarikositas
(Pfeilspitzen) und Hypoplasie
der V. femoralis (Stern) mit
Abstrom des Kontrastmittels
in das oberflächliche Venen-
system (Pfeil)

Abb. 5.18. Beckenvenensporn:


direkte Beckenvenenphlebo-
graphie mit Darstellung eines
nicht hämodynamisch wirksamen
Beckenvenensporns (Pfeil). Wei-
terhin erkennt man die
Impression der Vene durch die
überkreuzende Beckenarterie
(Pfeilspitze) und eine zarte
Kollateralvene (Stern)

Die häufigsten Lokalisationen sind: Aus dem oben genannten topographischen Grund
mit Kompression der linken Beckenvene durch das
1. dorsaler Unterschenkel mit aszendierender Throm-
Überkreuzen der rechten Beckenarterie sind 70%
bose,
der Beinvenenthrombosen linksseitig zu finden.
2. iliofemoral mit deszendierender Thrombose,
Zwei Drittel der Thrombosen verlaufen still. Über-
3. Unterschenkelvenen und iliofemoral simultan.
wärmung und Schwellung, zyanotische Verfärbung
Die tiefen Beckenvenen alleine sind nur selten betrof- und Schmerzen stellen typische Symptome dar.
fen. Schmerzen treten insbesondere bei Dorsalflexion im
340 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.19. Synopsis der Röntgenzeichen einer Thrombose in


der Phlebographie

oberen Sprunggelenk (Homans-Zeichen) oder bei


Druck in die Planta pedis (Payr-Zeichen) auf. Durch
vermehrten Blutabfluss über das oberflächliche
Venensystem kann sich dieses auffällig an der Haut
abzeichnen.
Als Goldstandard der Diagnostik gilt die Phlebo-
graphie. Die Sensitivität beträgt 89%, die Spezifität
97%. 5% der Untersuchungen sind jedoch diagnos-
tisch nicht verwertbar.
Als direkte Röntgenzeichen sind intraluminale
Kontrastmittelaussparungen und fehlende oder ina-
däquate Füllung einzelner Venenabschnitte erkenn-
bar (Abb. 5.19): Diese Erscheinungen lassen sich fol- b
gendermaßen erklären. Durch Wirbelbildungen ent-
stehen kleine Thromben in den Taschen der Venen- Abb. 5.20 a, b. Thrombose der V. poplitea. a Phlebographie:
klappen, die sich als Monokel- oder Brillenzeichen Radiergummiphänomen der V. poplitea und der einmünden-
den Unterschenkelvenen. b Die farbkodierte Dopplersonogra-
abbilden. Wird die Vene vollständig verschlossen, so phie sichert die Diagnose durch fehlendes Flusssignal in der
kann der distal davon gelegene Abschnitt nicht mehr Vene bei distaler Kompression
retrograd gefüllt werden („Radiergummiphäno-
men“). Proximal davon wird der Thrombusschwanz
von allen Seiten mit Kontrastmittel umspült, sodass
die Konturen und die Schwanzspitze als nach proxi- Als häufiger Fehler wird die fehlende Kontrastie-
mal konvexe Kuppel dargestellt werden. Indirekte rung einer Vene als Radiergummiphänomen fehlge-
Röntgenzeichen sind der vermehrte Kontrastmittel- deutet. Deshalb sollte nur bei weiteren direkten Rönt-
abstrom über Kollateralvenen wie die Vv. saphenae genzeichen die Diagnose einer Thrombose gestellt
und die V. profunda femoris. werden (Abb. 5.20 a, b). Die Darstellung des Throm-
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 341

Abb. 5.21 a, b. Bein- und Becken-


venenthrombose. a Fehlende
Komprimierbarkeit der V. femo-
ralis, die durch einen echoreichen
Thrombus verlegt ist. b Fehlendes
Flusssignal in den Beckenvenen
(Stern) bei Beckenvenenthrom-
bose

bus in 2 Ebenen hilft bei der Unterscheidung von ∑ fehlende Aufweitung der Vene,
Strömungsphänomenen und zur besseren Beurtei- ∑ partielle Komprimierbarkeit und Rekanalisierung
lung bei Überlagerungen. sowie
Die Sonographie weist in der Thrombosediagnos- ∑ Verkalkungen im Thrombus.
tik eine Sensitivität von 88–100% und eine Spezifität
von 92–100% auf. Intraluminal gelegenes, hypere- CT- und MR-Venographien sollten aufgrund der auf-
chogenes Material, fehlende oder inkomplette Kom- wändigen Untersuchung nur bei Verdacht auf eine
primierbarkeit sind die sichersten Anzeichen im pulmonal-arterielle Thrombembolie durchgeführt
B-Bild (Abb. 5.21 a). Bei Thrombose der V. cava in- werden.
ferior oder der Iliakalvenen fehlt das Flusssignal in Die häufigsten Differenzialdiagnosen zur Throm-
der farbkodierten Dopplersonographie, und in der bose stellen die Baker-Zyste und ein Muskelfaserriss,
V. femoralis zeigt sich ein kontinuierlicher und nicht seltener die Achillodynie, ein Hämatom, Lymph-
atemabhängiger Fluss in den Dopplerableitungen ödem, Erysipel, Tumoren und tumoröse Veränderun-
(Abb. 5.21 b). gen dar.
Die pulmonal-arterielle Embolie ist mit 50% die
Merke !Die Echogenität des Thrombus wird
durch die Zusammensetzung und
häufigste und zugleich wichtigste Komplikation.
90% der Thrombembolien entstammen dem unteren
nicht durch das Alter der Thrombose bestimmt. Hohlvenensystem, davon knapp 50% aus den Bein-
venen. Dem gegenüber stehen 2% der Embolien aus
Eine Altersbestimmung der Thrombose anhand der den Armvenen. Anders gesprochen führen 3/4 aller
Echogenität des thrombotischen Materials ist gene- Beckenvenenthrombosen, 1/3 bis 2/3 aller femoro-
rell nicht möglich. Sichere Hinweise für eine nicht poplitealen Thrombosen und bis zur Hälfte aller Un-
mehr ganz frische Thrombose sind: terschenkelvenenthrombosen zur Embolie.
342 Kapitel 5 Venen

a b

c d

Abb. 5.22 a–d. Thrombophlebitis. Die varikös erweiterten entzündliche Hypervaskularisierung (b). Manchmal lässt sich
oberflächlichen Venen sind mit schichtweise angeordnetem, ein Kragenknopfthrombus (Stern) im B-Bild-Modus (c) oder in
thrombotischem Material ausgefüllt (a) und zeigen in der Wand der farbkodierten Dopplersonographie nachweisen (d)

In 20% der Fälle entsteht ein postthrombotisches


Syndrom mit chronisch venöser Insuffizienz. Durch
CAVE ! Reicht der Thrombus über Perforans-
venen („Kragenknopfthrombus“; vgl.
inkomplette Rekanalisation und Organisation der Abb. 5.19) oder die direkte Mündung in das tiefe
Thromben wird die Wand- und Klappenstruktur der Venensystem, so besteht die Gefahr der Loslösung
Venen zerstört. Da die Klappen dadurch insuffizient und konsekutiven Lungenembolie.
werden, ändert sich die Strömungsdynamik, und
Kollateralen werden ausgebildet, die sich rasch vari- In der Phlebographie wird die Thrombophlebitis
kös umbauen. Die resultierenden Symptome reichen gelegentlich nur als Zufallsbefund erkannt. Kuppel-
von Beinschwellung bis zu trophischen Störungen zeichen, Konturzeichen und Radiergummiphäno-
(s. Abschn. 5.4.3,„Chronisch venöse Insuffizienz“). men lassen sich wie bei der tiefen Venenthrombose
darstellen.Wichtig ist die Beurteilung, ob der Throm-
Thrombophlebitis busschwanz bis ins tiefe Venensystem reicht.
In der Sonographie zeigen sich meist varikös
왔 Die Thrombophlebitis stellt eine Throm- erweiterte epifasziale Venen. Wegen der langsamen
Definition
bose der epifaszialen Venen dar. Strömungsgeschwindigkeit und der schichtweisen
Ablagerung weisen die Thromben einen zwiebel-
Die betroffenen Venenabschnitte sind verhärtet und schalenartigen Aufbau auf. In der Venenwand lässt
druckschmerzhaft. Im Vergleich zur tiefen Venen- sich mittels farbkodierter Dopplersonographie eine
thrombose stellt sie ein meist leichtes Krankheitsbild entzündliche Hypervaskularisierung darstellen.
dar. Wichtig ist es jedoch, eine Beteiligung des tiefen Kragenknopfthromben sind ebenso detektierbar
Venensystems abzuklären. (Abb. 5.22 a–d).
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 343

Abb. 5.23 a–d. Thrombophlebitis migrans.


a Simultane Thrombophlebitis der V. saphena
parva (Pfeilspitze) und b Thrombose nur
einer V. fibularis (Pfeil) sind bei einer
gewöhnlichen Thrombose nicht zu finden.
c In der Abdomensonographie zeigte sich
a ein Pankreaskopfkarzinom (Stern), das d in
der CT bestätigt wurde (Stern)

Thrombophlebitis migrans und Trousseau-Syndrom


왔 Bei einer Thromophlebitis migrans
Definition
handelt es sich um eine paraneoplas-
tische Thrombose und Thrombophlebitis mit wech-
selnder Beteiligung verschiedener Venenabschnitte
und beim Trousseau-Syndrom um zusätzliche venö-
se und arterielle Thromboembolien in alle Organsys-
teme.
b
Diese Veränderungen können insbesondere bei Ade-
nokarzinomen des Gastrointestinaltrakts und Pan-
kreas-, Lungen-, Mamma-, Ovarial- und Prostatakar-
zinom auftreten.Wahrscheinlich kommt es durch Tu-
morprodukte zur Störung des labilen Gleichgewichts
im Gerinnungssystem.
Simultane Venenthrombosen an verschiedenen
Stellen, die nicht auf Antikoagulantientherapie an-
sprechen, sondern erst bei erfolgreicher Tumorthera-
pie verschwinden, sind typisch für dieses Syndrom
(Abb. 5.23 a–d).
c
Varikose
왔 Als Varikose bezeichnet man eine aus-
Definition
gedehnte lokalisierte Bildung von
schlauch- oder knotenförmig erweiterten und ge-
schlängelt verlaufenden subkutanen Venen, den
Varizen.

Als Ursache gelten:


∑ Wandschwäche der Venen,
∑ Insuffizienz der Venenklappen und
∑ intravasale Druckerhöhung.
Die Inzidenz liegt in den Industrieländern zwischen
15 und 25%. Nach dem postthrombotischen Syn-
drom stellt die Varikose die zweithäufigste Ursache
für eine chronisch venöse Insuffizienz mit Folge-
d
krankheiten dar.
344 Kapitel 5 Venen

Bei der primären Stammvarikose wird eine kom- Tabelle 5.2. Gradeinteilung der Varikositas an der unteren
plette von einer inkompletten Form unterschieden. Extremität
Bei der kompletten Stammvarikose sind die Venen-
V. saphena magna
klappen im Mündungsbereich der oberflächlichen Grad I Nur proximaler Oberschenkel,
Venenstämme insuffizient. Bei der inkompletten entspricht Mündungsbereich mit Venenklappen
Stammvarikose mündet die Stammvene mit suffi- Grad II Bis distaler Oberschenkel
zienten Klappen, und die Varikose ist durch insuffi- Grad III Bis proximaler Unterschenkel
Grad IV Bis Sprunggelenke
ziente Venenklappen der Perforansvenen bedingt.
Von der Stammvarikose ist die isolierte Seitenastvari- V. saphena parva
Grad I Nur wenige Klappen im Mündungsbereich
kose zu unterscheiden. Grad II Bis Mitte des Unterschenkels
Als ursächlich für eine primäre Varikose gelten ge- Grad III Bis Sprunggelenke
netische Faktoren, Adipositas, Schwangerschaft und
stehender Beruf. Vermehrte Dehnbarkeit der Venen-
wand führt zum insuffizienten Schluss der Venen-
klappen und somit zur Beeinträchtigung des venösen Merke ! Das Valsalva-Manöver ist nur bei
kooperativen Patienten zur Abklä-
Rückflusses. rung der Klappeninsuffizienz der proximalen V. fe-
Als sekundäre Varikose wird der Zustand nach tie- moralis und der Einmündung der V. saphena magna
fer Beinvenenthrombose bezeichnet, wobei vermehr- geeignet.
ter Blutabstrom und Überlastung des oberflächlichen
Venensystems zur Ausbildung der Varikose führen. Die V. poplitea mit einmündender V. saphena parva
Je nach Ausdehnung des varikösen Areals unter- sowie die Perforansvenen des Unterschenkels sind
scheidet man bei den Vv. saphenae verschiedene durch manuelle Kompression zu überprüfen. Bei
Grade der Varikose (Tabelle 5.2). gesunden Probanden zeigte sich, dass Flussgeschwin-
digkeiten von 30 cm/s notwendig sind, um in Rü-
Fragen zur Beurteilung einer Varikose ckenlage die Venenklappen schließen zu lassen. Um
Bei der Beurteilung der Varikose sind folgende Fragen des falsch-negative Ergebnisse auszuschließen, empfiehlt
Chirurgen von Bedeutung für die Therapie und deshalb vom sich die Verifizierung mittels Kompression durch ei-
Untersucher zu klären: ne Druckmanschette.
1. Bestehen Behinderungen der Durchgängigkeit des tiefen
Venensystems? Falls das oberflächliche Venensystem zur
Kompensation eines postthrombotischen Syndroms dient, CAVE ! Lagebedingt können im Stehen insuf-
fiziente Venenklappen in Rückenlage
darf dieses auf keinen Fall operativ entfernt werden. suffizient erscheinen!
2. Was kann über die Schlussfähigkeit der Klappen ausgesagt
werden? Suffiziente Klappen der Stammvenen stellen eine
Kontraindikation zur Operation dar.Eine prophylaktische Ent-
Mit Hilfe der farbkodierten Dopplersonographie
fernung der V. saphena magna stellt im Zeitalter der aorto- und/oder Dopplerableitungen kann während des
koronaren Bypasschirurgie einen schweren Verlust an Trans- Valsalva-Versuchs eine Regurgitation in die V. saphe-
plantationsmaterial dar. na magna in Dauer und Menge bestimmt werden
3. Wo sind Venenabschnitte und/oder Perforansvenen mit (Abb. 5.24 a, b). Die Graduierung erfolgt anhand der
insuffizienten Venenklappen lokalisiert? Dies hilft zur Pla- Ausbreitung des Rückflusses nach distal. Prinzipiell
nung des Eingriffs und bestimmt, ob und welche Perforans- ist zu beachten, dass eine Regurgitation <0,5 s Dauer
venen mitentfernt werden sollten. während des Klappenschlusses als normal anzusehen
4. Gibt es Mündungsvarianten und/oder Varianten in Anzahl ist. Selbst Zeiten von bis zu 2 s sind nicht zwingend
und Verlauf der Venenstämme? Hierbei ist besonderes als pathologisch zu werten.
Augenmerk auf die Mündungsvarianten der V. saphena An der V. saphena parva und den Perforansvenen
parva zu legen.Nur in etwa 1/3 der Patienten findet sich eine lässt sich eine Klappeninsuffizienz in der farbkodier-
Verbindung zur V. poplitea auf Höhe des Kniegelenkspalts.
ten Dopplersonographie durch Farbumschlag – und
In 20% mündet die Vene deutlich proximal des Gelenkspalts
und in über 40% mündet sie erst am proximalen Ober- somit Flussumkehr – in der Vene während Kompres-
schenkel. sion und Dekompression der Extremität proximal
der Venenmündung erkennen (Abb. 5.25 a–c). Indi-
rekt hinweisend ist eine Erweiterung des Venen-
Initial wird die Sonographie zur Abklärung einer lumens im B-Bild-Modus.
Varikose durchgeführt. Dabei erfolgt eine Reflux- Die beste Treffsicherheit wird durch Kombination
provokation durch Valsalva-Manöver, manuelle von Sonographie mit aszendierender Phlebographie
Kompression oder Kompression durch eine Druck- erreicht. Auch in unklaren Fällen wird die aszendie-
manschette mit 80 mmHg. rende Phlebographie eingesetzt. Die deszendierende
Phlebographie ist nur in Ausnahmefällen nötig. Die
5.4 Fehlbildungen und Erkrankungen des Venensystems 345

a b

Abb. 5.24 a, b. Insuffiziente Venenklappen an der Mündung V. saphena magna zurück. b Die Dopplerableitung zeigt einen
der V. saphena magna. a Farbkodierte Dopplersonographie: lange andauernden, insuffizienten Klappenschluss als Zeichen
Im Valsalva-Pressversuch strömt das Blut turbulent in die einer höhergradigen Varikose

Abb. 5.25 a–c. Venöser Pendel-


fluss bei Kompression und
Dekompression. a Insuffiziente
Mündung der V. saphena parva
mit Farbumkehr in der farb-
kodierten Dopplersonographie.
b,c siehe nächste Seite

Zeichen der insuffizienten Venenklappe sind eine tion der Klappen oder um eine postthrombotische
Aufweitung der Vene distal der Venenklappe und ein Klappeninsuffizienz nach Destruktion des Klappen-
retrograder Kontrastmittelabstrom im Valsalva-Ver- apparates mit verdickten und vernarbten Klappen
such. (Abb. 5.26). Letztere kann wiederum Bestandteil des
postthrombotischen Syndroms sein.
Chronisch venöse Insuffizienz Besonders Veränderungen in den oberen und
Die Insuffizienz der Venenklappen im tiefen Venen- mittleren Cockett-Venen spielen bei zusätzlichen
system der unteren Extremität wird als chronisch Veränderungen im tiefen Venensystem eine bedeu-
venöse Insuffizienz, chronische Veneninsuffizienz tende Rolle in der Entstehung der chronisch venösen
oder chronisch venöses Stauungssyndrom bezeich- Insuffizienz. Die Klappeninsuffizienz führt zu Öde-
net. men, Induration durch Flüssigkeitsexudation bei er-
Dabei handelt es sich entweder um eine primäre höhtem Kapillardruck, Ulzerationen, Hyperpigmen-
Klappeninsuffizienz durch anlagebedingte Elonga- tierung und Schmerzen.
346 Kapitel 5 Venen

Abb. 5.25 b,c Insuffiziente Venen-


klappen an der Mündung der
Cockett-Perforansvenen darge-
stellt b durch Farbumkehr in der
farbkodierten Dopplersonogra-
phie und c durch retrograden
Kontrastmittelabstrom (Pfeil)
in variköse Venen (Stern) in der
aszendierenden Phlebographie

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2 Interventionen am Gefäßsystem
Supraaortale Gefäße 6
N. Zorger

6.1 Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen 351 len Antikoagulation eine aktivierte Gerinnungszeit
6.2 Arteria subclavia 352 (ACT) von 300 s angestrebt. Bis zum heutigen Zeit-
6.3 Truncus brachiocephalicus 354 punkt konnte dafür allerdings kein optimaler Wert
6.4 Arteria vertebralis 355 ermittelt werden. Zunehmend finden in der Koronar-
intervention niedermolekulare Heparine Verwen-
6.5 Arteria carotis 356
dung, für die keine ACT-Bestimmung notwendig ist
6.6 Intrakranielle Gefäße 360
und die damit von Vorteil sind (Curran u. Grines
Literatur 361 2000).

Merke ! Die teilweise durchgeführte postinter-


ventionelle Gabe von unfraktionier-
6.1 tem Heparin sollte wegen möglicher Blutungskom-
Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen plikationen nicht mehr angewendet werden (Fried-
mann et al. 1994).
Die Behandlung der supraaortalen Gefäße schließt
neben konservativen und gefäßchirurgischen auch Zur Sekundärprophylaxe nach Stentimplantation
interventionelle Therapiemaßnahmen ein. Mit zu- werden die kardiologischen Erfahrungen genutzt,
nehmendem Fortschritt in der interventionellen Ra- die Vorteile einer Kombinationstherapie aus ASS und
diologie lassen sich immer mehr Erkrankungen auf Thienopyridinen zeigen. Für die Stentimplantation
diese Weise behandeln. Interventionelle Verfahren im der supraaortalen Äste sollte neben der Basistherapie
Bereich der supraaortalen Gefäße kommen mittler- aus 100–325 mg ASS täglich eine Woche vor dem Ein-
weile zum Einsatz bei: griff mit der Standarddosierung der Thienopyridine
(2-mal 250 mg Ticlopidin oder einmal 75 mg Clopi-
∑ symptomatischen hochgradigen Stenosen und
dogrel/Tag) begonnen werden. Bei Clopidogrel be-
Verschlüssen,
steht dabei im Vergleich zu Ticlopidin ein geringeres
∑ Blutungen und Aneurysma spurium der supra-
Risiko einer möglichen Leukopenie. In Notfällen
aortalen Gefäße,
kann auch ein Aufsättigen der Thienopyridindosis
∑ symptomatischen oder hämodynamisch relevan-
mit der Gabe von 4-mal 75 mg Clopidogrel mindes-
ten Dissektionen.
tens 3–4 Stunden vor Intervention erfolgen. Nach
Als allgemeine periinterventionelle Maßnahmen bei Punktion und Schleusenanlage erhält der Patient
einem Eingriff der supraaortalen Gefäße sind folgen- 5000 IE Heparin als Bolus, was in der Regel als peri-
de Punkte zu beachten: interventionelle Heparingabe ausreicht.
Bei der Patientenvorbereitung vor einer Interven- In der Nachbehandlung wird die Thienopyridin-
tion wird möglichst auf eine Sedierung verzichtet, gabe über 6 Wochen fortgesetzt, und es erfolgt unver-
um rasch eventuelle neurologische Komplikationen ändert eine ASS-Dauertherapie (100–325 mg/Tag).
erkennen zu können. Bei komplexeren Eingriffen, Von einigen Zentren wird zusätzlich eine gewichts-
insbesondere der intrakraniellen Gefäße ist jedoch adaptierte Gabe von fraktioniertem Heparin bis zur
eine Intubationsnarkose empfehlenswert. Entlassung durchgeführt. Ein Protokoll für die peri-
Die periinterventionelle antithrombotische The- interventionelle Medikation bei Stentimplantationen
rapie bei der Intervention an den supraaortalen der supraaortalen Äste ist in Tabelle 6.1 aufgeführt.
Ästen mit unfraktioniertem Heparin und modernen Während des Eingriffs erfolgt eine Monitorüber-
Thrombozytenaggregationshemmern wurde weit- wachung des Patienten.
estgehend aus der Koronarintervention übernom-
men. Dabei wird als Messwert der periinterventionel-
352 Kapitel 6 Supraaortale Gefäße

Tabelle 6.1. Periinterventionelle Medikation bei der Stentan- gen. Bei Verschluss der A. subclavia sollte die Schleu-
gioplastie der supraaortalen Äste se über den Verschluss platziert werden, um ein Ab-
Basistherapie streifen des ballonexpandierbaren Stent vom Ballon
ASS 100–325 mg/Tag zu verhindern.
≥ 3 Tage vor Intervention
Dauer: unbegrenzt
Clopidogrel oder Merke ! Bei Misslingen einer Rekanalisation
der Läsion vom Aortenbogen aus,
Ticlopidin 75 mg/Tag
2-mal 250 mg/Tag
kann eine retrograde Sondierung/Rekanalisation von
≥ 3 Tage vor Intervention der A. brachialis des betroffenen Armes erfolgen.
Behandlungsdauer 6 Wochen
Periinterventionelle Therapie Ist dabei der Puls der A. brachialis nicht tastbar,
Heparin 5000–7500 IE Bolus i. a. kann die Punktion ultraschallgesteuert oder in Over-
lay-/Road-map-Technik nach vorangegangener Dar-
stellung der A. brachialis über den Aortenbogen er-
CAVE ! Bei der Angioplastie der A. carotis
kann es, ausgelöst durch die Manipu-
folgen. Der Draht kann nach Passage der Läsion mit
einem Lassokatheter im Aortenbogen gefangen und
lation im Bereich des Karotissinus, durch den Vagus- femoral ausgeführt werden. Die Intervention wird
reiz zu einer Bradykardie des Patienten kommen. darauf über den femoralen Zugang fortgesetzt. Falls
kleinere Stentdurchmesser benötigt werden, kann
Hier sollte eine prophylaktische Gabe von 0,5 mg die Angioplastie auch allein über den brachialen
Atropin intravenös kurz vor der Dilatation erfolgen Zugang erfolgen.
und weitere 0,5 mg Atropin in einer Spritze aufgezo- Je nach Konfiguration der Läsion erfolgt die Stent-
gen bereitliegen. auswahl. Bei Stenosen in Bewegungssegmenten soll-
ten selbstexpandierbare Stents verwendet werden,
da es bei ballonexpandierbaren Edelstahlstents zu
6.2 Stentbrüchen kommen kann. Ist eine exakte Stent-
Arteria subclavia platzierung (Läsion reicht bis zum Abgang der A. ver-
tebralis, Läsion ist direkt am Ostium der A. subclavia
Spezielle technische Voraussetzungen lokalisiert) notwendig, empfiehlt sich wegen der
exakteren Platzierbarkeit die Verwendung ballon-
쐍 Verschluss/Stenose. Bei Stenose oder Verschluss expandierbarer Stents (Abb. 6.1 a, b). Selbstexpan-
der A. subclavia wird nach femoraler Punktion pri- dierbare Stents werden dabei etwa 1–2 mm, ballonex-
mär eine Aortenbogenübersichtsdarstellung mit ei- pandierbare Stents maximal 1 mm über den Durch-
nem Pigtail-Katheter durchgeführt, um sowohl die messer des nachgeschalteten Gefäßes dimensioniert.
Länge der Läsion und den Stenosegrad als auch die Es sollte darauf geachtet werden, dass der Stent weder
genaue Beziehung zu den übrigen Gefäßen (A. verte- die A. vertebralis überdeckt, noch zu weit in den
bralis, A. carotis communis) und die Kollateralkreis- Aortenbogen reicht.
läufe zu bestimmen. Geeignet für die genaue Visuali-
sierung einer abgangsnahen Stenose ist die Projek- 쐍 Blutung/Trauma. Bei einer aktiven Blutung der
tion in LAO („left anterior oblique“). Hierbei sollte A. subclavia, z. B. nach einem Verkehrsunfall, wird auf
darauf geachtet werden, dass die Abgänge der A. sub- ähnliche Weise wie oben beschrieben vorgegangen.
clavia und der A. vertebralis überlagerungsfrei zur Nach genauer Visualisierung des Blutungsaustritts
Darstellung kommen. kann die Implantation eines ummantelten Stent im
Nach Darstellung der Läsion (ggf. in „Overlay-“ Bereich der Gefäßverletzung erfolgen. Der Zugang
oder „Road-map-Technik“) erfolgt die Sondierung kann dabei je nach Stentdiameter femoral oder bra-
mit einem Diagnostikkatheter (JB 1-, Headhunter-, chial erfolgen. Der Stentdiameter sollte nicht unter-
Vertebralis- oder Sidewinder-Konfiguration) und ei- dimensioniert gewählt werden, um ein vollständiges
nem hydrophilen Draht. Es empfiehlt sich, lange Abdichten der Gefäßläsion zu gewährleisten. Bei
Schleusen/Führungskatheter (80–90 cm) unter Dauer- Inoperabilität oder schwierigem chirurgischen Zu-
spülung zu verwenden, um auch bei elongierten Ge- gangsweg kann dieses Verfahren eine Alternative
fäßen eine sichere Stentplatzierung zu gewährleisten zum chirurgischen Vorgehen darstellen (Kramer et
und ein Verrutschen des Führungsdrahtes aufgrund al. 1997).
der Friktionskräfte zu verhindern. Ein weiterer Vor- Bei zusätzlichen Begleitverletzungen muss be-
teil der langen Schleuse ist die Möglichkeit einer Dar- dacht werden, dass bei einer Stentversorgung eine
stellung der Gefäßläsion auch unmittelbar vor Stent- zusätzliche Antikoagulation und Thrombozytenag-
freisetzung, ohne einen weiteren Zugang zu benöti- gregationshemmung notwendig wird, die unter Um-
6.1 Allgemeine periinterventionelle Maßnahmen 353

kutane Thrombininjektion unter Ultraschallkon-


trolle oder nach angiographischer Darstellung des
Aneurysmas erfolgen, um einen Verschluss des
Aneurysmas herbeizuführen. Dabei werden zwi-
schen 500–1000 E Thrombin (z. B. Bestandteil von
Tissucol Duo S Immuno, Maxter, Heidelberg) über
eine 20-Gauge-Nadel langsam in das Aneuryma
injiziert (Abb. 6.2 a–d). Es sollte, um eine Embolisat-
verschleppung zu verhindern, darauf geachtet wer-
den, dass nur eine schmale Verbindung (Hals) zum
Trägergefäß existiert (Jeganthan et al. 2004; Kemme-
rer et al. 2000).
Alternativ kann wie bei einer aktiven Blutung eine
endovaskuläre Versorgung mit einem gecoverten
Stent erfolgen, wobei das Überstenten des Aneurys-
mahalses zu einer Thrombosierung des Aneurysma
a spurium führt.

Indikationen
Die Trias des „Subclavian-steal-Syndroms“ aus
∑ transienter Ischämie der hinteren Schädelgrube,
∑ abgeschwächter Radialispuls und
∑ Stenose/Verschluss der proximalen A. subclavia
wurde erstmals durch Reivich et al. (1961) berichtet.
Trotz Flussumkehr in der A. vertebralis sind einige
Patienten jedoch symptomlos bzw. symptomarm, bei
anderen überwiegen die Symptome einer Claudicatio
der oberen Extremität. Häufigste Ursache einer Sub-
klaviastenose/-verschluss ist die Arteriosklerose. Sel-
tene Ursachen sind die Takayasu-Arteriitis, die fibro-
muskuläre Dysplasie und postradiogene Stenosen
(Hodgins u. Dutton 1984).
b Die häufigste Lokalisation der Subklaviastenose
ist das proximale Gefäßsegment unmittelbar ober-
Abb. 6.1 a, b. a 67-jähriger Patient mit hochgradiger Stenose halb des Aortenbogens. In den letzten 4 Jahrzehnten
der linken A. subclavia, poststenotischer Gefäßdilatation und gab es sowohl in den operativen Verfahren als auch in
konsekutivem „Subclavian-steal-Syndrom“. b Platzierung ei-
ner 90 cm langen 6-French-Schleuse unter Dauerspülung im der interventionellen Therapie der Subklaviastenose
Bereich der proximalen A. subclavia. Erfolgreiche Rekanalisa- signifikante Fortschritte.Während operativ alternati-
tion der A. subclavia links mit Implantation eines ballone- ve Techniken, wie extrathorakale Operationstechni-
xpandierbaren Stents (9 mm Durchmesser, 25 mm Länge) ken entwickelt wurden (Ballotta et al. 2002; Edwards
nach Sondierung der Stenose mit einem hydrophilen 0,035-
Zoll-Draht. Wiederhergestellter antegrader Fluss in der linken et al. 1994), hat die Stentangioplastie die alleinige Bal-
ebenfalls stenosierten A. vertebralis londilatation der A. subclavia abgelöst (Marks et al.
1994).

ständen bei notwendigen operativen Eingriffen das Ergebnisse


Blutungsrisiko erhöht. Die technische Erfolgsrate der Angioplastie der Sub-
Das Aneurysma spurium der A. subclavia, z. B. klaviastenose ist exzellent und variiert in der Litera-
nach Fehlpunktion während einer Anlage eines zen- tur zwischen 80 und 97% (Bates et al. 2004). Die Er-
tralvenösen Zugangs, ist eine seltene Komplikation folgsrate bei der Rekanalisation kompletter Ver-
und zeigt sich gelegentlich als pulsierender, palpabler schlüsse ist mit bis zu 83% im Vergleich etwas
Tumor. Die Inzidenz bei arterieller Punktion beträgt schlechter (Mathias 1981). Die kumulative Offen-
zwischen 0,05 und 2%. Mögliche auftretende Symp- heitsrate beträgt nach 40 Monaten bis 89%, nach
tome sind Schmerzen, neurologische Ausfälle oder 72 Monaten bis 66% (Bates et al. 2004; Henry et al.
eine Ruptur mit Blutung. Falls eine operative Resek- 1999). Als Risikofaktor für die Restenose wird ein
tion nicht angestrebt wird, kann eine direkte per- fortgeschrittenes Lebensalter beschrieben. Als Kom-
354 Kapitel 6 Supraaortale Gefäße

c d

Abb. 6.2 a–d. a CT der oberen Thoraxapertur einer 73-jähri- Katheter in der linken A. subclavia. c Nach perkutaner Embo-
gen Frau nach Kontrastmittelapplikation i. v. 2,5 cm großes, lisation mit insgesamt 500 E Thrombin vollständige Thrombo-
teilthrombosiertes Aneurysma spurium der linken A. subcla- sierung ohne angiographischen Nachweis einer Restperfusion.
via (Pfeil) nach iatrogener Fehlpunktion aufgrund einer An- d Die kontrastmittelgestütze CT postinterventionell bestätigt
lage eines zentralvenösen Zugangs. b Perkutane Punktion des die vollständige Thrombosierung des Aneurysma spurium
Aneurysmas unter angiographischer Darstellung über einen (Pfeil)

plikationen treten Hämatome mit 9%, periphere Em-


6.3
bolien mit insgesamt 3,3% und Reperfusionsödeme
Truncus brachiocephalicus
mit 1,1% auf (Bates et al. 2004).
Die Behandlung akuter Blutungen der A. subclavia Spezielle technische Voraussetzungen
mit einem gecoverten Stent ist eine effektive Maß- Bei Läsionen des Truncus brachiocephalicus sind
nahme. Es gibt es nur wenige Studien mit kleinen in der Regel 2 nachgeschaltete gehirnversorgende
Fallzahlen, die diese Therapieoption beschreiben. Gefäße, die A. carotis communis und die A. vertebra-
Die primären Erfolgsraten sind mit 75% etwas gerin- lis, betroffen. Im Vergleich zur Angioplastie der
ger als bei den Interventionen mit nichtbeschichteten A. subclavia ist eine Stentplatzierung relativ schwie-
Stents (Kramer et al. 1997). Die Langzeitoffenheitsra- rig, da die Gefahr einer Überstentung des Abgangs
ten entsprechen vermutlich denen der nichtgecover- der A. subclavia oder der A. carotis communis be-
ten Stents. Mögliche Probleme resultieren aus einer steht. Insbesondere bei Verschlüssen muss zusätzlich
Platzierung der Stents in Bewegungsabschnitte, z. B. eine mögliche Embolisation von Plaquematerial
in die A. axillaris. nach zerebral berücksichtigt werden.
6.4 Arteria vertebralis 355

Wie bei der Angioplastie der A. subclavia wird


6.4
nach femoraler Punktion eine Aortenbogenüber-
Arteria vertebralis
sichtsdarstellung mit einem Pigtail-Katheter durch-
geführt. Nach Darstellung der Läsion (ggf. in Over- Spezielle technische Voraussetzungen
lay- oder Road-map-Technik) erfolgt die Sondie- Die typische Lokalisation der arteriosklerotisch be-
rung mit einem Diagnostik- oder Führungskatheter dingten A.-vertebralis-Stenose ist der Abgangsbe-
(JB 1-, Headhunter-, Vertebralis- oder Sidewinder- reich aus der A. subclavia oder der Gefäßabschnitt
Konfiguration) und einem Draht. Die Intervention nach dem Eintritt in den Schädel, wobei meist das im
wird dann entsprechend der Angioplastie der A. sub- Seitenvergleich schmalere Gefäß betroffen ist. Selte-
clavia durchgeführt. Falls eine Stentimplantation er- ne Ursachen einer Stenose der A. vertebralis sind ver-
folgt, wird diese aufgrund der genaueren Platzierbar- schiedene Kompressionssyndrome (Nemecek et al.
keit in der Regel mit ballonexpandierbaren Stents 2003; Pamphlett et al. 1999), die durch unterschied-
durchgeführt werden. liche Kopfbewegungen ausgelöst werden und für ein
endovaskuläres Vorgehen nicht geeignet sind.
Indikation In der Regel erfolgt eine Angioplastie der A. verte-
bralis über einen femoralen Zugang. Wie bei allen
Merke !Eine Angioplastie des Truncus bra-
chiocephalicus sollte erst ab einem
Interventionen der supraaortalen Äste ist die Ver-
wendung einer langen Führungsschleuse/Führungs-
Stenosegrad von 70% durchgeführt werden. katheter unter laufender Druckspülung mit heparini-
sierter Kochsalzlösung empfehlenswert. Diese wird
Indikationen für eine Intervention am Truncus bra- wenn möglich in der A. subclavia platziert. Aufgrund
chiocephalicus sind: des geringeren Gefäßdiameters der A. vertebralis ist
die Verwendung von Monorail- bzw. „Rapid-exchan-
∑ eine Claudicatio der oberen Extremität,
ge-Systemen“ (Ballon, Stent) von Vorteil, um den
∑ transitorisch-ischämische Attacken und
Durchmesser der Schleusen bzw. Führungskatheter
∑ die vertebrobasiläre Insuffizienz.
möglichst gering zu halten. Um eine zusätzliche Sta-
In seltenen Fällen muss eine Stentangioplastie nach bilität der/des Führungsschleuse/-katheters in der
Fehllage thorakaler Aortenprothesen mit partiellem A. subclavia zu erreichen, kann ein zweiter so ge-
Überdecken des Ostiums und zur Verbesserung nannter „buddy wire“ (z. B. 0,014–0,018 Zoll) in der
des Anstroms bei nachgeschalteten Bypässen er- distalen A. subclavia oder über die Stenose verankert
folgen. Bei verkalkten Stenosen sollte ggf. die Ver- werden. Somit kann ein Herausrutschen des Füh-
wendung der aus der Karotisangioplastie bekannten rungssystems während der Intervention erschwert
Protektionssysteme erfolgen (s. Abschn. „Arteria werden. Bei Sondierung der Stenose mit einem Füh-
carotis“). rungsdraht (z. B. 0,014 Zoll Durchmesser) sollte die-
ser möglichst weit distal verankert werden, um eine
Ergebnisse stabile Führung zu gewährleisten. Es muss jedoch
Die technische Erfolgsrate der PTA des Truncus die Spitze des Drahtes während der Intervention
brachiocephalicus entspricht in etwa der Erfolgsrate beobachtet werden, um eine Gefäßperforation zu
der PTA der A. subclavia. In einer großen Studie mit verhindern.
insgesamt 89 Patienten betrug die primäre Erfolgs- Die Auswahl des Stents (selbstexpandierbar, bal-
rate 96%. Die kumulative primäre Offenheitsrate lonexpandierbar) beruht auf der Morphologie der
lag bei 98% für 6 Monate, bei 93% für 16–117 Mona- Läsion und dem gewählten Zugangsweg. Aufgrund
te. Die sekundäre Offenheitsrate betrug 100% nach der meist verkalkten Stenosen und ostiumnahen La-
6 Monaten, 98% nach 12–117 Monaten. Bei 61% ge sind ballonmontierte Koronarstents wegen ihrer
der Patienten verbesserten sich die Symptome (Hüttl Aufstellkraft und genaueren Platzierbarkeit von Vor-
et al. 2002). Dabei entsprechen die Ergebnisse der teil. Der Durchmesser des Stents entspricht da-
alleinigen Ballonangioplastie in etwa denen der bei dem Durchmesser des nachgeschalteten, nicht
Stentimplantation (Queral u. Criado 1996). Typische poststenotisch dilatierten Gefäßes (Abb. 6.3 a, b). Bei
Komplikationen sind Infarkte, TIA und periphere ulzerierten Läsionen und geradem Gefäßverlauf
Embolien. kann ggf. auch die Verwendung von Protektionssyste-
men erfolgen.
356 Kapitel 6 Supraaortale Gefäße

Ergebnisse
Die technische Erfolgsrate der PTA der A. vertebralis
beträgt zwischen 94–98% (Albuquerque et al. 2003;
Chastain et al. 1999; Lutsep et al. 2003). Die Langzeit-
offenheitsraten der PTA der A. vertebralis sind mit
einer Restenoserate von etwa 43% innerhalb von
6 Monaten schlechter als die der Karotisangioplastie
(Albuquerque et al. 2003; Lutsep et al. 2003). Dabei
sind die Restenosen häufig asymptomatisch. Unter
Umständen kann in Zukunft die relativ hohe Reste-
noserate durch die Verwendung von medikament-
beschichteten („drug-eluting“) Stents oder bioresor-
bierbaren Stents vermindert werden. Hierzu existie-
ren jedoch bisher keine Studienergebnisse.

6.5
Arteria carotis
Spezielle technische Voraussetzungen

a b 쐍 Verschluss/Stenose. 25% aller ischämischen Schlag-


anfälle werden durch arteriosklerotische Verände-
Abb. 6.3 a, b. a 83-jähriger Patient mit hochgradiger Stenose rungen der extrakraniellen hirnversorgenden Arte-
der rechten A. vertebralis auf Höhe des Ostiums. b Implanta- rien verursacht, wobei Läsionen der Karotisbifurka-
tion eines ballonexpandierbaren Koronarstents (4 mm Durch-
messer, 13 mm Länge) über einen 0,014-Zoll-Führungsdraht tion und des Abgangsbereichs der A. carotis interna
in „Rapid-exchange-Technik“ bei liegendem 6-French-Füh- die größte Rolle spielen. Das Risiko eines Schlagan-
rungskatheter in der rechten A. subclavia. Kein Hinweis auf falls beträgt 2–5% bei über 70%-igen asymptomati-
relevante Residualstenose der A. vertebralis rechts nach Stent- schen Stenosen (Toole et al. 1995) und steigt deutlich
angioplastie
bei symptomatischen Patienten mit 10–15% Schlag-
anfallrisiko in den ersten beiden Monaten nach Er-
eignis (NASCET 1991).
Indikation In der Regel entspringt die rechte A. carotis com-
munis aus dem Truncus brachiocephalicus, die linke
Merke !
Typische Symptome einer vertebroba-
silären Insuffizienz sind Schwindelzu-
A. carotis aus dem Aortenbogen. Ein Abgang der lin-
ken A. carotis communis aus dem Truncus brachio-
stände, Diplopie, Fallattacken, Kopfschmerzen und cephalicus ist eine häufige Normvariante (Truncus
verschwommenes Sehen. Dabei lassen sich die ent- bicaroticus) und kann besonders während der Karo-
sprechenden Symptome aber nicht immer sicher der tisintervention bei der Sondierung und Stentpassage
entsprechenden Gefäßläsion zuordnen. bzw. Platzierung der langen Führungsschleuse/-ka-
theter Probleme bereiten. Die Karotisbifurkation ist
Bei oftmals primär asymptomatischem Verlauf stel- in der Regel auf Höhe des Schildknorpels lokalisiert.
len sich 50% der Patienten initial mit einem Schlag- Die häufigste Lokalisation für arteriosklerotisch be-
anfall und 26% mit einer TIA, unmittelbar gefolgt dingte Stenosen der A. carotis interna ist der bifur-
von einem Schlaganfall vor (Wityk et al. 1998). Bei kationsnahe Abschnitt. Seltener kommt es zu einer
hochgradiger Stenose >70% der A. vertebralis und Stenosierung auf Höhe des Eintritts in die Schädel-
entsprechender Symptomatik kann die Indikation basis oder im Siphonabschnitt. Kompliziert wird eine
zur Angioplastie gestellt werden. Da isolierte Steno- Stenose durch Ulzeration, Thrombusbildung und
sen aufgrund der Kollateralisierung von der Gegen- Dissektion.
seite meist asymptomatisch sind und damit keiner In der Regel erfolgt der Zugang über die A. femo-
Therapie bedürfen, liegen bei symptomatischen Pa- ralis communis. In seltenen Fällen kann auch ein Zu-
tienten meist Kombinationen aus beidseitigen Läsio- gang über die A. brachialis oder der direkte Zugang
nen bzw.Verschlüssen vor. In seltenen Fällen kann bei über die A. carotis erfolgen. Mit immer kleineren
hochgradiger >70% und rasch fortschreitender Ste- Dimensionen der Interventionsmaterialien (Ballon-
nose die Indikation zur Angioplastie auch bei asymp- katheter, Stentkatheter) reichen mittlerweile meist
tomatischen Patienten diskutiert werden (Wehmann 6-French-Schleusen bzw. 8-French-Führungskathe-
et al. 2004). ter für den femoralen Zugang aus. Bei neuen selbst-
6.5 Arteria carotis 357

a b c

Abb. 6.4 a–c. a 63-jähriger Patient mit hochgradiger sympto- c Regelrechtes postinterventionelles Ergebnis nach Stentim-
matischer Stenose der linken A. carotis interna. b Platzierung plantation (10 mm Durchmesser/ 30 mm Länge) in Monorail-
eines distalen Protektionssystems (Pfeil) in den geraden Ver- Technik und nach Entfernung des Protektionssystems
lauf der A. carotis interna links unterhalb der Schädelbasis.

expandierbaren Stents in Rapid-exchange- oder Mo- tinolstents mit relativ weiter Maschenstruktur
norail-Technik können sogar 5-French-Schleusen („open cell“) und engmaschigen Stents („closed
verwendet werden. Es empfiehlt sich, lange Schleu- cell“) gewählt werden. Bei kurvigem Gefäßverlauf
sen/Führungskatheter (80–90 cm) zu verwenden, um empfiehlt sich die Verwendung flexibler weitmaschi-
auch bei elongierten Gefäßen eine sichere Stent- ger Stents, bei ulzerierten Plaques die Verwendung
platzierung zu gewährleisten und ein Zurückrut- engmaschiger Stents. Ballonexpandierbare Stents
schen des Führungsdrahtes aufgrund der Friktions- können im zeitlichen Verlauf bewegungsbedingte
kräfte zu verhindern. Ein weiterer Vorteil der langen Stentfrakturen aufweisen und sind daher weniger
Schleuse ist die Möglichkeit einer Darstellung der geeignet.
Gefäßläsion auch unmittelbar vor Stentfreisetzung Die Stentgröße orientiert sich an der Weite des
ohne einen weiteren arteriellen Zugang zu benöti- prä- und poststenotischen Gefäßdurchmessers. Da-
gen. Die Schleuse wird bei einer Stenose der A. caro- bei wird der Stentdurchmesser in der Regel etwa
tis interna unmittelbar unterhalb der Bifurkation 1 mm über dem Durchmesser des nichtstenosierten
platziert. Bei spitzwinklig abgehender linker A. caro- Gefäßabschnitts dimensioniert. Handelt es sich um
tis communis oder Truncus bicaroticus empfiehlt es eine isolierte Stenose >1 cm distal der Karotisbifur-
sich, die Schleuse/Führungskatheter über einen stei- kation, kann der Stent ausschließlich in der A. carotis
fen 0,035-Zoll-Draht zu platzieren. interna platziert werden. Bei den üblicherweise vor-
liegenden bifurkationsnahen Stenosen wird der Stent
Merke ! Vor der Intervention sollte eine selek-
tive Darstellung der supraaortalen
bis in die A. carotis communis platziert und dabei
der Abgang der A. carotis externa überstentet. Der
und intrakraniellen Gefäße erfolgen, um einen Über- Durchmesser wird dabei entsprechend der A. carotis
blick über den aktuellen Gefäßstatus und mögliche communis gewählt oder bei so genannten „getaper-
Kollateralkreisläufe zu haben. Insbesondere die Dar- ten“ Stents (Stents mit unterschiedlichem Durchmes-
stellung der intrakraniellen Gefäße wird zur Doku- ser am proximalen und distalen Stentende) an den
mentation möglicher periinterventioneller Kompli- Durchmesser der A. carotis communis und A. carotis
kationen benötigt. interna angepasst (Abb. 6.4 a–c).
Bei unzureichender Aufweitung der Stenose muss
Aktuell wird in der Regel eine stentgestützte Angio- nach Stentplatzierung nachdilatiert werden. Der Bal-
plastie durchgeführt. Dabei kann je nach Morpho- lon sollte dabei zur Vermeidung einer Dissektion die
logie des Gefäßes und der Läsion (Elongation, Ul- Stentmaschen nicht überragen und etwa 1 mm unter-
zera) zwischen flexiblen selbstexpandierbaren Ni- dimensioniert werden. Sowohl vor Entfernung eines
358 Kapitel 6 Supraaortale Gefäße

Abb. 6.5 a, b. a 69-jähriger Patient


mit aktiver, postradiogen beding-
ter Blutung (Pfeil) aus der linken
A. carotis communis bei Hypo-
pharynxkarzinom. b Überstenten
des lazerierten Gefäßabschnitts
mit einem ummantelten ballon-
expandierbaren Stent (6 mm
Durchmesser, 22 mm Länge)
über einen 0,035-Zoll-Draht nach
Platzierung einer dauergespülten
6-French-Schleuse in die linke
A. carotis communis. Nach Sten-
tapplikation kein Blutungsnach-
weis

a b

Protektionssystems als auch abschließend wird eine Während des Eingriffs erfolgt eine Monitorüber-
Angiographie der ipsilateralen A. carotis interna wachung des Patienten. Bei der Angioplastie der A. ca-
sowie der intrakraniellen Gefäße durchgeführt. rotis kann es durch den Vagusreiz, ausgelöst durch die
Manipulation im Bereich des Karotissinus, zu einer
Merke ! Bei höchstgradigen Stenosen muss
eine Vordilatation erfolgen.
Bradykardie des Patienten kommen. Hier sollte eine
prophylaktische Gabe von 0,5 mg Atropin intravenös
vor Stentimplantation erfolgen und weitere 0,5 mg
Dabei wird der Ballon im Vergleich zum nichtsteno- Atropin in einer Spritze aufgezogen bereitliegen.
sierten Gefäßabschnitt deutlich unterdimensioniert
und sollte im Durchmesser 3 mm nicht überschrei- 쐍 Blutung/Trauma. Mit der Entwicklung gecoverter
ten. Auch beim Ballonkatheter sind aufgrund des ge- Stents auch für kleinere Gefäßdurchmesser ist es
ringeren Profils Rapid-exchange- bzw. Monorail-Sys- möglich, eine akute Blutung der A. carotis auch end-
teme von Vorteil. ovaskulär zu versorgen. Dies kann sowohl mit selbst-
Protektionssysteme zur Vermeidung einer Embo- expandierbaren als auch mit ballonexpandierbaren,
lisation sollen schwerwiegende neurologische Kom- ummantelten Stents erfolgen. Der Stent wird wie bei
plikation verhindern. Inwieweit der aktuell hohe der herkömmlichen Angioplastie der A. carotis im
Preis den eventuellen Vorteil rechtfertigt, ist wissen- Bereich der Gefäßlazeration platziert und nach Frei-
schaftlich noch nicht vollständig geklärt. Den Ergeb- setzen kontrolliert (Abb. 6.5 a, b).
nissen der aktuellen SPACE-Studie (2006) zufolge, Ein Aneurysma spurium als mögliche Folge einer
scheint ein Vorteil für die Verwendung der Protek- Karotisdissektion kann mit einem engmaschigen
tionssysteme bei sehr ausgeprägten höchstgradigen Stent („closed web“) oder ebenfalls mit einem ge-
Stenosen vorzuliegen. Die Wahl zwischen Ballon- coverten Stent versorgt werden (Abb. 6.6 a–c). Es
okklusion, Filter oder proximaler Okklusion liegt muss bei der Sondierung darauf geachtet werden,
aufgrund der fehlenden Studienlage im Ermessen dass der Draht ausschließlich im wahren Lumen ver-
des Ausführenden. Großlumige proximale Protek- läuft. Dafür empfiehlt sich nach der Drahtpassage
tionssysteme mit Flussumkehr in der A. carotis inter- eine Kontrollangiographie des weiter distal gelege-
na durch temporäre Okklusion von A. carotis com- nen Gefäßabschnitts z. B. über einen Mikrokatheter,
munis und A. carotis externa sollen dabei Embolie- um eine potenziell subintimale Passage zu erkennen.
schutz vor der Stenosepassage bieten. Distale Protek- Eine Dissektion der A. carotis kann spontan, trau-
tionssysteme haben den Vorteil kleiner Durchmesser matisch oder iatrogen bedingt auftreten. Als Thera-
und sind häufig einfacher zu handhaben, erfordern pie kann neben der Antikoagulation ebenfalls eine
jedoch eine Passage der Stenose mit dem Risiko einer Stentimplantation diskutiert werden, wenn die Dis-
Embolisation. sektion zu einer hämodynamisch relevanten bzw.
symptomatischen Einengung des Lumens führt.
6.5 Arteria carotis 359

a b c

Abb. 6.6 a–c. a Aneurysma spurium und hochgradige Stenose 22 mm langen Kobaltstents mit engem Maschenwerk („closed
bei einer 35-jährigen Patientin infolge einer Dissektion der cell“) auf Höhe des Aneurysmas. Behebung der Stenose und
A. carotis interna rechts. b Nach Drahtpassage (0,014 Zoll) Do- deutlich verminderte Perfusion des Aneurysmas nach Stent-
kumentation der intravasalen Lage über einen Mikrokatheter implantation
(1,9 French). c Implantation eines 6 mm durchmessenden und

Indikation ∑ chirurgisch nicht erreichbaren Stenosen und


∑ bei inoperablen symptomatischen Patienten.
Merke ! Die Literatur zeigt, dass der Patient
von einer Beseitigung seiner Stenose Ein erhöhtes Risiko für eine Stentbehandlung liegt
erst profitiert, wenn eine hochgradige (>70%) Steno- bei folgenden anatomischen Gegebenheiten vor:
se vorliegt und der Engriff mit einer akzeptablen Gefäßelongation, Kinking,Verkalkungen des Aorten-
Komplikationsrate verknüpft ist (ECST 1991 nach bogens und Truncus bicaroticus.
Mori et al. 2000; NASCET 1991; Tabelle 6.2).

Als geeignetes Verfahren zur Stenosegraduierung


empfiehlt sich die Bestimmung nach NASCET, die
Bestimmung nach ECST ist ebenfalls in Abb. 6.7 dar-
gestellt. Besonders geeignet ist die endovaskuläre
Versorgung der Karotisstenose
∑ bei der fibromuskulären Dysplasie,
∑ bei postradiogenen Stenosen,
∑ Restenosen nach Operation,

Tabelle 6.2. Indikationen zur Therapie der Stenosen der


A. carotis interna (NASCET-Kriterien)

Akzeptable
Komplikationsrate

Symptomatische Stenosen
(Amaurosis fugax, TIA,„minor stroke“)
70–99% Stenose <6%
50–69% Stenose <6%
Asymptomatische Stenosen
60–99% Stenose <3%
60–99% Stenose + <5% Abb. 6.7. Bestimmung des Stenosegrades der A. carotis nach
kontralaterale Stenose >75% NASCET und nach ECST: Der lokale Stenosegrad entspricht
Eckstein 2004 (Z-Y)/Y×100% (ECST). Der distale Stenosegrad (NASCET)
berechnet sich (X-Y)/X× 100%
360 Kapitel 6 Supraaortale Gefäße

CAVE ! Liegt eine zirkuläre Verkalkung der


Stenose vor, sollte von einer Stent-
und Mortalitätsrate betrug 6,9% (Kadkhodayan et al.
2005). Mögliche Komplikationen sind – ähnlich der
angioplastie aufgrund der häufig auftretenden rele- PTA der Stenose der A. carotis – wie z. B. TIA oder
vanten Residualstenosen und des Rupturrisikos ab- Infarkt.
geraten werden.

Ebenfalls wenig geeignet für die endovaskuläre Ver- 6.6


sorgung sind Stenosen mit frei flottierenden Throm- Intrakranielle Gefäße
ben, thrombosierte Verschlüsse und Stenosen mit ex-
zessiven weichen thrombotischen Auflagerungen. Bis Die intrakranielle arteriosklerotische Stenose als Ur-
zum jetzigen Zeitpunkt konnte die Gleichwertigkeit sache eines ischämisch bedingten Schlaganfalls fin-
der Stentbehandlung zur Operation nicht vollständig det zunehmend Beachtung. Dabei werden arterios-
nachgewiesen werden. Grundsätzlich scheint die An- klerotische Stenosen der großen intrakraniellen Ge-
gioplastie den größten randomisiert durchgeführten fäße für bis zu 29% aller ischämischen Schlaganfälle
Studien (Brooks et al. 2001; CAVATAS 2001; SPACE verantwortlich gemacht (WASID 2003). Die Angaben
2006) sowie Registern (Wholey et al. 2003) zufolge für das jährliche Risiko eines Schlaganfalls schwan-
bei arteriosklerotisch bedingten symptomatischen ken zwischen 3 und 15% (Quereshi et al. 2003). Das
hochgradigen Stenosen ähnliche Komplikationsra- Risiko hängt dabei von der Lokalisation der Stenose,
ten wie die Operation aufzuweisen. dem Stenosegrad und zusätzlichen Risikofaktoren
Die Dissektion der A. carotis ist mit einem Anteil ab. Stenosen des vertebrobasilären Stromgebiets sind
von etwa 20% eine der wichtigsten Ursachen eines dabei mit einem höheren Risiko verbunden als Ste-
Schlaganfalls bei Patienten <45 Jahre (Lucas et al. nosen des vorderen Stromgebiets. Besonders hoch ist
1998). das Risiko eines Infarkts bei Patienten die trotz me-
Die Stentangioplastie der Dissektion ist in der Re- dikamentöser Therapie Symptome zeigen.
gel nur indiziert, wenn die Symptome des Patienten Insbesondere die Angioplastie des intrakraniellen
trotz medikamentöser Therapie persistieren oder Verlaufs der A. carotis interna (Abb. 6.8 a, b) kann
progredient sind (Biousse et al. 1995). Ebenfalls kann bei Verwendung von modernen Stents in speziellen
eine Stentangioplastie bei ausgewählten asymptoma- Fällen eine Therapieoption darstellen, vor allem auf-
tischen Patienten mit persistierender signifikanter grund der fehlenden operativen Alternativen.
Stenose indiziert sein.
Spezielle technische Voraussetzungen
Ergebnisse Es wird empfohlen, die Angioplastie intrakranieller
Die ersten Dilatationen der A. carotis interna wurden Stenosen unter Vollnarkose durchzuführen. Nach ei-
1979 bei vorliegender fibromuskulärer Dysplasie ner diagnostischen Darstellung der supraaortalen
durchgeführt. Die erste Ballondilatation einer arterio- Gefäße zur Verifikation der Stenose und einer mögli-
sklerotischen Stenose fand 1980 statt (Mathias 1981). chen Kollateralversorgung werden die Stentlänge
Die technische Erfolgsrate der Angioplastie der und der Durchmesser exakt bestimmt. Es ist obligat,
A. carotis beträgt in einem großen Register mit 12.392 einen druckgespülten Führungskatheter zu verwen-
Interventionen 98,9%. Die Komplikationen innerhalb den und diesen möglichst nah an die Stenose zu plat-
von 30 Tagen nach Stenting werden mit 3,07% TIA, zieren. Die Stenose kann dann mit einem Mikrodraht
2,14% kleinere Schlaganfälle, 1,2% große Schlagan- mit weicher, angebogener bzw. U-förmig umgeboge-
fälle und 0,64% Todesfälle angegeben. Die kombinier- ner Spitze passiert werden. Es muss darauf geachtet
te Komplikationsrate beträgt damit 3,98% (Wholey et werden, dass der relativ weiche Draht weit genug in
al. 2003). In den Ergebnissen der SPACE-Studie (2006) die Peripherie platziert wird, um ausreichend Füh-
beträgt die Rate der Todesfälle und ipsilateralen rung für das Stentsystem zu bieten. Die Spitze des
Schlaganfälle innerhalb von 30 Tagen 6,84%. Bei Drahtes muss jederzeit kontrolliert werden. In einzel-
3,17% war die Prozedur nicht erfolgreich. Oft liegen nen Fällen, insbesondere wenn der Stenosedurch-
dabei in Zentren mit großer Erfahrung und hohen messer unter dem des Stentsystems liegt, kann eine
Fallzahlen die Komplikationsraten niedriger als in Vordilatation erfolgen.
Zentren mit geringer Anzahl von Interventionen.
Angioplastie und Stenting bei Dissektionen der
A. carotis können in den meisten Fällen eine hämo- Merke ! Um das Ruptur- oder Dissektionsri-
siko zu vermindern, sollte bei intra-
dynamisch relevante Lumeneinschränkung beseiti- kraniellen Stenosen der Durchmesser des Stents dem
gen. In einer Serie von 26 Patienten konnte bei 20 von des benachbarten Gefäßes entsprechen oder unter-
21 Patienten die dissektionsbedingte hochgradige dimensioniert sein (Connors u. Wojak 1999; Marks
Stenose behoben werden. Die 30-Tage-Okklusions- et al. 1999).
6.5 Arteria carotis 361

a b

Abb. 6.8 a,b. a Hochgradige kurzstreckige Stenose der linken langen medikamentenfreisetzenden (Taxol) ballonexpandier-
A. carotis interna auf Höhe des Eintritts in die Schädelbasis bei baren Koronarstents. Nach Implantation keine relevante Resi-
einem 55-jährigen, unter Antikoagulation symptomatischen dualstenose
Patienten. b Implantation eines 3 mm durchmessenden, 20 mm

Stents für intrakranielle Stenosen müssen klein sein geführt, die unter optimaler medikamentöser Thera-
und wegen des geschlängelten Gefäßverlaufs, z. B. pie rezidivierend symptomatisch werden.
des Karotissyphons, weiche Trägersysteme besitzen.
Hierzu werden spezielle Neurostents oder Koronar- Ergebnisse
stents verwendet. Inwieweit medikamentenbeschich- Die Erfolgsrate bei der Behandlung intrakranieller
tete („drug-eluting“) Stents Vorteile bringen, ist Stenosen beträgt etwa 90%. Die Schlaganfallrate im
aktuell nicht belegt. Zur Vermeidung einer mög- ersten Jahr nach Intervention schwankt zwischen
lichen Überdeckung kleinerer perforierender Gefäße 0–7%, die Restenoserate variiert zwischen 0–30%.
sollte der Stent die Stenose nur gering überragen. Damit kann das Risiko, einen Schlaganfall zu erlei-
Die periinterventionelle Thrombozytenaggregations- den, im Vergleich zur reinen medikamentösen Thera-
hemmung und Antikoagulation werden analog zur pie vermindert werden. Komplikationen der Angio-
Behandlung der extrakraniellen A. carotis interna plastie der intrakraniellen Gefäße sind Gefäßruptur,
durchgeführt (vgl. Tabelle 6.1). Dissektion, Stentthrombosen und Reperfusions-
blutungen. Die 30-Tage-Todes- und -Schlaganfallrate
Indikation beträgt 0–30% (Connors u. Wojak 1999; DeRoche-
Grundsätzlich sollten vor einer interventionellen Be- mont 2004 et al.; Gomez et al. 2000; Levy et al. 2003;
handlung intrakranieller Stenosen die medikamen- Lylyk et al. 2002; Mori et al. 2000; SSYLVIA 2004).
tösen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft wer-
den. Die optimale medikamentöse Therapie ist um-
stritten, verwendet werden verschiedene Thrombo- Literatur
zytenaggregationshemmer und Antikoagulanzien.
Die Indikation für eine stentgestützte Angioplastie Albuquerque FC, Fiorella D, Han P et al. (2003) A reappraisal of
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Merke ! In der Regel wird die stentgestützte
Angioplastie der intrakraniellen Ge-
144
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Thorakale und abdominale Aorta 7
G. Luska

7.1
7.2
Thorakale Aorta 363
Abdominale Aorta 371
Merke ! Die MSCT erlaubt eine multiplanare
hoch auflösende Gefäßdarstellung
7.3 Ausblick 377 von den supraaortalen Arterien bis zur A. femoralis
Literatur 378 communis in einer Atemanhaltephase und ist die
beste Modalität zur Planung eines Noteingriffs bei
hämodynamisch instabilen Patienten.

Die MRT-Untersuchung kann bei Patienten im Nie-


7.1 renversagen oder bei sehr schlechten Flussverhält-
Thorakale Aorta nissen (Dissektionen, Endoleaks) von Vorteil sein.
Auf eine konventionelle Angiographie mit Mess-
Seit dem ersten Bericht von Dake et al. (1994) über katheter sollte nur zurückgegriffen werden, wenn die
die minimal-invasive Implantation von Stent-Grafts MSCT nicht verfügbar ist.
zur Behandlung von Aortenaneurysmen hat sich das Die Angiographie darf nicht auf die thorakale
Verfahren zu einer sicheren und effektiven Therapie Aorta beschränkt werden. Es müssen auch die supra-
thorakaler Aortenaneurysmen, thorakaler Fisteln aortalen Arterien und Beckengefäße in die Untersu-
und von komplizierten Typ-B-Dissektionen entwi- chung einbezogen werden, um die topographischen
ckelt. Für elektive chirurgische Eingriffe wird die Verhältnisse und morphologischen Veränderungen
Mortalitätsrate und Häufigkeit schwerwiegender zu erfassen.
Komplikationen mit 5–15% und in der Notfallsitua- Folgende Fragestellungen sind zu beantworten:
tion bis 50% angegeben. Im Vergleich zwischen offe-
∑ Lokalisation der Läsion, exakte Angaben über
ner Chirurgie und endovaskulärer Stent-Graft-Im-
Anatomie und Morphologie,
plantation liegt die 30-Tage Mortalitätsrate bei der
∑ Abgang wichtiger Gefäße (supraaortale Arterien,
Stent-Graf-Implantation deutlich niedriger (Garzon
insbesondere linke A. subclavia, Vertebralarte-
et al. 2005; Tabelle 7.1).
rien, linke A. carotis communis, Truncus coelia-
cus),
Diagnostik
∑ Durchgängigkeit der Vertebralarterien, insbeson-
Zur präinvasiven Diagnostik ist die Mehrzeilen-
dere wenn die linke A. subclavia überbrückt wer-
Computertomographie (MSCT) die Methode der
den soll,
Wahl.

Tabelle 7.1. 30-Tage-Mortalität: offene Chirurgie vs. endovaskuläre Stent-Graft-Behandlung der thorakalen Aorta. (Nach Garzon
et al. 2005)

Aortenerkrankung Mortalität offene Chirurgie [%] Mortalität Stent-Graft [%]

Aneurysma 5–20 0–20


Typ-B-Dissektion 35–50 0–10
Traumatische Ruptur 15–50 0–20
Traumatisches Pseudoaneurysma 5–18 0
Intramurales Hämatom 10–15 0–16
Penetrierendes arteriosklerotisches Ulkus 7,1–25 12
364 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

Abb. 7.1. Messprotokoll TAA

∑ Durchmesser der Aorta proximal und distal der messer der Aorta proximal und distal der Läsion für
Läsion, arteriosklerotische Aneurysmen 15–20% und bei
∑ Beschaffenheit der Aorta proximal und distal der allen anderen 10–15% überschreiten („oversizing“).
Läsion (Thromben, Verkalkungen), Dies gilt auch bei einer Stentüberlappung, wenn die
∑ Durchmesser und Beschaffenheit der Beckengefä- verfügbare Stentlänge zur Überbrückung der Läsion
ße und abdominalen Aorta (Durchmesser, Kinking, nicht ausreicht. Die sichere Verankerung des Stent-
Torsionen,Verkalkungen, Stenosen, Thromben). Grafts hat mindestens 15 mm einer normal kalibrier-
ten, Thrombus- und Plaque-freien Zirkumferenz im
Bereich der proximalen (A. subclavia) und distalen
Maße (Truncus coeliacus) Verankerung zur Voraussetzung.
Gemessen werden die Länge der zu überbrückenden Ist nicht genügend Platz für eine sichere Veranke-
Läsion und der Durchmesser der Aorta im Bereich rung distal der A. subclavia vorhanden, kann der
der geplanten Stent-Graft-Verankerung (Abb. 7.1). Stent-Graft auch proximal dieses Gefäßes abgesetzt
Messungen sollten möglichst mit einem Computer- werden. Voraussetzung ist allerdings, dass beide Ver-
programm zur automatischen Gefäßanalyse durch- tebralarterien frei durchgängig sind, um eine verte-
geführt werden. Damit lassen sich Fehler bei der Pla- brobasiläre Ischämie zu vermeiden. Tritt eine Ischä-
nung des Stent-Graft-Durchmessers und seiner Län- mie des linken Arms auf, kann sekundär die Revas-
ge vermeiden (Abb. 7.2 a, b). kularisation mit Hilfe einer Bypassoperation vorge-
nommen werden. Ist auch eine Verankerung des
Fixierung Stent-Grafts proximal des Truncus coeliacus nicht
Zur optimalen Fixation der Stent-Grafts sollte der möglich, kann dieser nach einer Bypassoperation
Durchmesser des Stents verglichen mit dem Durch- überbrückt werden.
7.1 Thorakale Aorta 365

Abb. 7.3. Entfalteter Stent-Graft mit Einführsystem (unten)

Abb. 7.2 a, b. a Automatische Gefäßanalyse („vessel analysis“,


GE). b Datenausdruck (Ausschnitt)

Stent-Graft-Systeme
Kommerziell werden unterschiedliche Stent-Graft- Merke ! Optimale Durchleuchtungsbedingun-
gen sind für eine erfolgreiche Implan-
Systeme angeboten (Tag®, Gore; TX1®, Cook). Mit tation Voraussetzung, daher bevorzugen wir die Im-
weltweit über 35.000 Implantationen liegen die größ- plantation in einem Angiographieraum.
ten Erfahrungen mit dem System der Firma Medtro-
nic (Talent®, Valiant®) vor, das seit Jahren ständig In der Regel wird die rechte A. femoralis communis
verbessert worden ist. Dabei handelt es sich um ein als Zugang gewählt, bei Hindernissen in der rechten
selbstexpandierendes modulares Endograft-System, Beckenstrombahn wird auf die Gegenseite ausge-
das aus Nitinolstreben und einer Polyesterummante- wichen. Der Zugang kann durch ein zu enges Kaliber,
lung besteht. Ein 15 mm langes nichtummanteltes Schlängelungen oder Kinking der Beckengefäße
Segment mit offenen Federn am proximalen und limitiert sein. Falls die Sondierung über die Becken-
oder distalen Ende erlaubt die Verankerung auch gefäße nicht gelingt, kann die Einführung des Sys-
über wichtigen von der Aorta abgehenden Gefäßen tems nach Laparotomie über einen in die infrarenale
(z. B. A. subclavia; Abb. 7.3). Bauchaorta eingenähten Graft ermöglicht werden.
Wir schieben nach Punktion der rechten A. bra-
Implantationstechnik chialis grundsätzlich einen Angiographiekatheter
Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose nach üblicher Auf- (5 French) in die thorakale Aorta, um unter laufender
klärung, die auch die Möglichkeit der Konversion zur angiographischer Kontrolle den Stent aus dem Ein-
Operation beinhalten sollte, in einem radiologisch- führsystem exakt freisetzen zu können. Bei Typ-B-
chirurgischen Team. Dissektionen ist es bei diesem Vorgehen darüber hin-
aus möglich, transbrachial mit einem langen Füh-
rungsdraht das wahre Lumen zu sondieren und aus
366 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

der Arteriotomie einer Femoralarterie wieder her- Indikationen


auszuziehen (Durchzugstechnik). Wird über diesen
Führungsdraht das Schleusensystem des Stent-Grafts 쐍 Arteriosklerotisches Aortenaneurysma.
eingeführt, kann verhindert werden, dass das falsche
Aortenlumen sondiert wird. 왔 Aortenaneurysmen sind definiert als
Definition
Nach Arteriotomie der A. femoralis communis lokalisierte Dilatation der Aorta, an
verabreichen wir 5000 IE Heparin und schieben der alle 3 Wandschichten beteiligt sind und deren
durch eine Schleuse einen Pigtail-Katheter und durch Durchmesser >50% der normalen Weite beträgt.
diesen einen 2,6 m langen steifen Führungsdraht
bis vor die Aortenklappe. Über den steifen Draht Sie sind meist arteriosklerotischer Natur und tendie-
wird das Schleusensystem mit dem selbst expandie- ren zu einer fusiformen Dilatation. Das Risiko einer
renden Stent-Graft eingebracht und in der Regel mit Ruptur steigt mit zunehmendem Durchmesser,
dem gecoverten Segment proximal der Läsion plat- die Wachstumsrate pro Jahr wird mit 0,07–0,42 cm
ziert. beschrieben (Garzon et al. 2005). Die Indikation zur
Behandlung liegt vor, wenn Brustschmerzen oder
CAVE ! Wegen der Migrationsgefahr muss
der Blutdruck <90 mmHg gesenkt
Kompressionserscheinungen benachbarter Organe
auftreten oder das Aneurysma einen Durchmesser
werden. von 5–6 cm erreicht hat.
Aneurysmen der aszendierenden Aorta werden
Erst dann erfolgt die Freisetzung des proximalen zur Zeit noch offen operiert. Patienten mit Aneurys-
Drittels des Stent-Grafts unter angiographischen men der deszendierenden Aorta sind eine ideale
Kontrollen und kontinuierlichem Zurückziehen Indikation für die minimal-invasive endovaskuläre
des Systems. Ist die geplante Position erreicht, Stent-Graft-Implantation. Die Behandlung von kom-
kann die endgültige Freisetzung vorgenommen wer- plexen Bogenaneurysmen kann sich schwierig ge-
den. Anschließend wird der Stent-Graft mit einem stalten und mit kombinierten operativen und mini-
Ballonkatheter anmodelliert, um ihn komplett zu mal-invasiven endovaskulären Techniken (Hybrid-
entfalten. Nur bei Aortendissektionen verzichten technik) angegangen werden. So können z. B. die
wir wegen der Rupturgefahr auf dieses Manöver. Das aszendierende Aorta und der Aortenbogen durch ei-
Ergebnis wird abschließend angiographisch doku- nen Graft operativ ersetzt und mit diesem die supra-
mentiert. aortalen Arterien über einen Patch anastomosiert
werden, während die deszendierende Aorta anschlie-
Verlauf ßend minimal-invasiv mit einem Stent-Graft ver-
Nach der Implantation entwickelt sich in der Regel sorgt wird, der an das distale Ende des operativ ein-
ein Postimplantationssyndrom mit leichtem Fieber, gesetzten Grafts angedockt wird.
Rückenschmerzen, milder Leukozytose und Anstieg Mit der Implantation von Stent-Grafts in die des-
des C-reaktiven Proteins. Dieses erfordert normaler- zendierende Aorta ist allerdings die Neigung zur
weise keine Behandlung und klingt 1–2 Wochen nach Elongation und Dilatation der Aorta bei arterioskle-
der Implantation wieder ab. rotischen Aneurysmen nicht behoben. Unter dem
Als medikamentöse Prophylaxe erhält der Patient Einfluss der damit verbundenen Vektorkräfte kön-
über einen Monat 75 mg Ticlopedin und als Dauer- nen auch großzügig überlappende Stents diskonnek-
therapie 100 mg Acetylsalicylsäure. tieren, selbst wenn bereits Endoleaks durch sekundä-
res Einsetzen einer Manschette verschlossen worden
Verlaufskontrollen sind (Abb. 7.4 a,b, Abb. 7.5 a–c).
Üblich sind CT-Angiographien vor der Entlassung,
nach 3, 6, 12 Monaten und danach jährlich in der 쐍 Penetrierendes arteriosklerotisches Ulkus. Das pene-
arteriellen und spätarteriellen Phase. trierende arteriosklerotische Ulkus kann sich aus
Spätbilder sind unbedingt erforderlich, da Lecka- einer Ulzeration eines arteriosklerotischen Plaques
gen infolge der protrahierten Kontrastmittelakku- mit Ausbildung eines Hämatoms in der Media
mulation erst in dieser Phase sichtbar werden kön- und konsekutiver Formation eines falschen Aneurys-
nen. mas entwickeln. Die Prävalenz für eine akute Ruptur
Um eine Stent-Graft-Migration und Brüche des liegt bei 21–47% (Garzon et al. 2005). Die entstehen-
metallischen Stützapparates zu erkennen, müssen den sackförmigen Aneurysmen sind leichter mit
zusätzlich Thoraxübersichtsaufnahmen angefertigt einem Stent-Graft zu behandeln als arterioskleroti-
werden. sche Aneurysmen, da sie kürzer und zwischen weit-
gehend normalen Gefäßabschnitten gelegen sind
(Abb. 7.6 a–e).
7.1 Thorakale Aorta 367

a b

Abb. 7.4 a, b. Arteriosklerotisches Aneurysma der deszendie- fache Diskonnektion der Stent-Graft-Segmente mit Ausbil-
renden Aorta. a Nach Implantation von 2 überlappende Stent- dung von Endoleaks, die minimal-invasiv verschlossen werden
Grafts (5/1999). b Kontinuierliche Elongation der Aorta, mehr- konnten (11/2001)

a b c

Abb. 7.5 a, b. Patient von Abb. 7.4 a, b. Verlauf, seitliche Thoraxübersichtsaufnahmen. a 5/1999, b 8/2000, c 11/2001

쐍 Traumatische Aortenruptur. Hauptursache ist ein Die offene chirurgische Versorgung kann wegen
Dezelerationstrauma. In >80% der Fälle kommt es zu der zusätzlich vorliegenden komplexen Begleitverlet-
einer kompletten Aortenruptur. Die typische Lokali- zungen erschwert sein. Durch die minimal-invasive
sation liegt distal der Anheftung des Lig. Botalli. Stent-Graft-Implantation wird eine Senkung der
57–94% der Verletzten sterben am Unfallort oder Mortalitätsrate von 15–50% auf 0–20% angegeben
in der Notambulanz, 33% der unbehandelten Über- (Garzon et al. 2005).
lebenden versterben innerhalb von 24 Stunden.
368 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

a b

c e

Abb. 7.6 a–e. Penetrierendes Ulkus. a Des Aortenbogens


unmittelbar nach Abgang der A. subclavia (Angiogramm).
b Medialseitiges Ulkus mit mantelförmigem intramuralem
Hämatom im Aortenbogen (CT). c Stent-Graft im Schleusen-
system vor Freisetzung. d Stent-Graft nach Freisetzung,
offene Federn liegen über der linken A. carotis communis,
die A. subclavia ist ausgeschaltet, im Kontrollangiogramm
d kurzfristig noch kontrastiert. e MIP: endgültige Lage des Stent-
Grafts jenseits der linken A. carotis communis
7.1 Thorakale Aorta 369

쐍 Traumatisches Pseudoaneurysma. Dieses kann sich Akute Typ-A-Dissektionen sind, um fatale Kompli-
nach einem stumpfen Thoraxtrauma durch einen kationen zu vermeiden (Hämatoperikard, Hämato-
Intimaeinriss meist im Aortenisthmus nach Mona- thorax, Einbeziehung des Klappenrings oder der Ko-
ten und Jahren entwickeln. Die Pseudoaneurysmen ronararterien),sofort zu operieren.Bei einigen Patien-
sind hervorragend zur Behandlung mit einem ten mit Intimaeinrissen in der Aorta descendens kann
Stent-Graft geeignet. Bei den meisten Patienten der Bogenersatz mit einem endoluminalen Stent-Graft
schrumpft das Hämatom im Aneurysmasack und bil- kombiniert werden. Das distale Ende des chirurgisch
det sich innerhalb eines Jahres vollkommen zurück implantierten Grafts („elephant trunk“) ragt gewöhn-
(vgl. Abb. 7.7 a–e). lich in das falsche Lumen, da das wahre Lumen säbel-
scheidenartig vom falschen Lumen komprimiert wird.
쐍 Mykotisches Aneurysma. Nichtoperierte mykotische Ein Stent-Graft, der minimal-invasiv retrograd in das
Aneurysmen neigen generell zur Ruptur. Eine Be- distale Ende des Grafts („elephant trunk“) eingeführt
handlung mit Stent-Grafts ist mit dem Risiko einer worden ist, leitet den Blutstrom in das wahre Lumen
Graft-Infektion belastet. Bei Patienten in schlechtem um. Das nicht mehr perfundierte falsche Lumen ver-
Allgemeinzustand kann man jedoch durch die Im- schließt sich in vielen Fällen spontan.
plantation Zeit bis zu einer chirurgischen Versorgung Bevorzugte Behandlungsmethode der einfachen
gewinnen. Die Stent-Graft Implantation kann aber Typ-B-Dissektion ist eine konservative internistische
auch die definitive Behandlung sein (Lange et al. Therapie. Komplizierte Formen mit fortschreitender
2005). Dissektion, drohender Ruptur, Endorganischämie,
persistierenden Schmerzen oder refraktärem Hyper-
쐍 Intramurales Hämatom. Dieses ist charakterisiert tonus erfordern einen Noteingriff. Die Mortalitäts-
durch eine Hämatomformation nach Spontanruptur rate eines chirurgischen Eingriffs wird mit 35% und
der Vasa vasorum in der Lamina media ohne Intima- bei Vorliegen einer Endorganischämie mit 50% ange-
einriss. Die Mortalitätsrate liegt innerhalb von 3 Mo- geben. Die endoluminale Stent-Graft-Implantation
naten nach Eintritt dieses Ereignisses bei 19% hat sich als eine vergleichsweise komplikationsarme
(Garzon et al. 2005). Das intramurale Hämatom wird Alternative erwiesen. In den meisten Mitteilungen
als eine mögliche Ursache für die Ausbildung einer wird über eine 30-Tage-Mortalitätsrate um 10% be-
Aortendissektion angesehen, wenn ein sekundärer richtet (Garzon et al. 2005).
Intimaeinriss eintritt. Asymptomatische Patienten Der Verschluss des Entrys kann bei der akuten Dis-
können beobachtet werden. sektion zu einer vollkommenen Rückbildung des fal-
Eine Behandlung ist bei auftretenden Komplika- schen Lumens führen, in chronischen Fällen mit par-
tionen, wie persistierendem Schmerz, Ulkusbildung, tieller Thrombose des falschen Lumens zur sekundä-
progressiver Wandverdickung oder drohender Rup- ren Thrombose und Schrumpfung des noch durchblu-
tur, erforderlich. Symptomatische Läsionen in der teten Anteils. Werden einige der großen abdominellen
deszendierenden Aorta sind zur Stent-Graft-Behand- Gefäße über das falsche Lumen perfundiert, können
lung gut geeignet. nach Verschluss des Entrys viszerale und/oder retro-
peritoneale Ischämien auftreten. In diesen Fällen sind
쐍 Aortendissektion. Die typische Aortendissektion zusätzliche interventionelle Eingriffe wie Ballonfenes-
ist Folge eines Intimaeinrisses, wodurch Blut in tration der Dissektionsmembran, Stentimplantatio-
die Media gelangt und 2 Lumina entstehen, ein nen in die betroffenen Viszeral-, Retroperitoneal- oder
wahres und ein oder mehrere falsche. Dissektionen Beckenarterien oder Aortenstents erforderlich (Cha-
der Aorta ascendens oder des Aortenbogens ohne van et al. 2000; Abb. 7.7 a–e).
oder mit Beteiligung der deszendierenden Aorta
werden als Standford A klassifiziert und Dissektio- Ergebnisse
nen, die jenseits der linken A. subclavia beginnen, als In Tabelle 7.2 sind die Ergebnisse einer Metaanalyse
Standford B. von Eggebrecht et al. (2006) über 605 Patienten mit
einer Typ-B-Dissektion zusammengestellt.
Merke ! Vor jedem aktiven Eingreifen müssen
Ausdehnung des wahren und falschen Komplikationen
Lumens, Lokalisation von Entry und Reentry,Abgang (Siehe auch endovaskuläre Therapie des Bauchaor-
der großen Gefäße vom wahren oder falschen tenaneurysmas).
Lumen, Ausdehnung des falschen Lumens auf die Die Komplikationsrate ist relativ gering, viele von
Beckengefäße sowie deren Durchmesser geklärt ihnen können mit minimal-invasiven Techniken kor-
sein. rigiert werden.
370 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

a b

c d

Abb. 7.7 a–e. Typ-B-Dissektion und medialseitiges Pseudo-


aneurysma des Aortenbogens. a Wahres komprimiertes
Aortenlumen kräftig, falsches Lumen flau kontrastiert.
b Schleusensystem mit Stent-Graft in den Aortenbogen
eingeführt. c Kontrollangiographie unmittelbar nach Implan-
tation, falsches Lumen und Pseudoaneurysma sind nicht
mehr kontrastiert. Das wahre Lumen ist wieder auf die
normale Weite entfaltet. d MIP sagittal. e MIP axial: Das
e zwischen der Aorta ascendens und descendens gelegene
Pseudoaneurysma ist vollkommen thrombosiert
7.2 Abdominale Aorta 371

Tabelle 7.2. Ergebnisse einer Metaanalyse von Patienten mit system des Stent-Grafts zu passieren, kann zu Dissek-
Typ-B-Dissektion, die minimal-invasiv behandelt worden wa- tionen oder Ruptur der Beckengefäße führen. Steno-
ren. (Nach Eggebrecht et al. 2006)
sen können evtl. durch Dilatation passierbar gemacht
Typ-B-Dissektionen 605 Patienten werden. Schwerwiegende Verletzungen erfordern
eine operative Revision.
Schwerwiegende Komplikationen 11,1±1,4%
Neurologische Komplikationen 2,9±0,7% 쐍 Stent-Graft-Fehlplatzierungen. Zu Fehlplatzierun-
davon Schlaganfall 1,9±0,6% gen kann es kommen, wenn der Blutdruck während
davon Paraplegie 0,8±0,4%
des Freisetzens vom Stent-Graft zu hoch ist, der
30 Tage Mortalität 5,3±0,9%
(bei akuten Dissektionen höher Stent-Graft während der Anmodellierung mit dem
als bei chronischen) Ballonkatheter disloziert oder bei sehr ausgeprägter
Überlebensrate (Kaplan-Meier) Angulation des Artenbogens eine Knickbildung im
nach 6 Monaten 90,6±1,6% Einführsystem auftritt und daraus Probleme bei der
nach 12 Monaten 89,9±1,7% Freisetzung resultieren. Bei insuffizienter Ausschal-
nach 24 Monaten 88,8±1,9% tung des Aneurysmas kann eine Extension durch die
überlappende Implantation eines weiteren Stent-
Grafts gelingen.

쐍 Endoleaks. 쐍 Neurologisches Defizit. Das Risiko eines neurologi-


schen Defizits von Patienten, die offen an einem Des-
∑ Typ-1-Endoleaks resultieren aus inkompletter An-
zendensaneurysma operiert worden sind, wird mit
heftung der Stent-Grafts im Bereich der proxima-
bis zu 26% angegeben und liegt nach Stent-Graft-Im-
len oder distalen Fixierung. Sie sind die häufig-
plantation mit 1–4% deutlich niedriger (vgl. Tabel-
sten Endoleaks mit dem größten Potenzial, den
le 7.2).
Patienten zu gefährden und Folge einer zu kur-
zen, ulzerierten oder irregulären Verankerungs-
zone, eines zu gering gewählten Stent-Graft-
7.2
Durchmessers („oversizing“) oder eines Knicks in
Abdominale Aorta
der Verankerungszone.
∑ Typ-2-Endoleaks entstehen durch retrograde Per- 왔 Das abdominale Aortenaneurysma
fusion von Arterien, die aus dem Aneurysmasack Definition
ist definiert als Aortendurchmesser
abgehen. Dieser Typ ist ungewöhnlich in der
>30 mm.
thorakalen Region und in dieser seltener als im
Abdominalbereich.
Es tritt bei Männern häufiger auf als bei Frauen. Die
∑ Typ-3-Endoleaks entwickeln sich durch Defekte in
Prävalenz für Männer >50 Jahre liegt bei 5%. Aneu-
der Stent-Graft-Membran selbst oder durch Sepa-
rysmen mit einem Durchmesser von 50 mm wachsen
ration von Komponenten modularer Systeme.
70% schneller als Aneurysmen mit einem Durch-
Eine Diskonnektion wird durch geringe Überlap-
messer von 40 mm (Brady et al. 2004). Eine frühe
pung multipler Stent-Grafts begünstigt.
elektive offene Operation ergibt aber nach randomi-
Typ-1- und Typ-3-Endleaks können meist durch In- sierten Studien (Multicentre Aneurysm Screening
sertion einer Manschette behoben werden. Study Group 2002; UK Small Aneurysm Trial Partici-
pants 2002) keine Verbesserung der Überlebensrate.
쐍 Aortenperforation und Ruptur. Diese können durch Die Rupturgefahr liegt bei einem Aortendurchmesser
das mechanische Trauma bei der Implantation oder >55 mm, das entspricht etwa dem Dreifachen der
insbesondere bei Dissektionen durch die radialen normalen Weite, bei 1% pro Jahr (Brady et al. 2004).
Kräfte des selbstexpandierenden Stent-Grafts auftre- Von Patienten mit einem Aneurysmadurchmesser
ten. Durch ein sich rasch entwickelndes Hämatom >50 mm leben nach 5 Jahren nur noch 50%.
und Kontrastmittelparavasat sind sie unter Durch-
leuchtung leicht zu erkennen. Eine lokale Perforation
lässt sich durch den Stent-Graft abdecken. Merke ! Im Allgemeinen gilt ein Aneurysma
mit einem Durchmesser <50–55 mm
als kontroll- und darüber liegend als behandlungsbe-
쐍 Verletzung der Beckengefäße. Verletzungen treten dürftig.
bei engen, geschlängelten und stark verkalkten Be-
ckenarterien auf. Daher ist eine sorgfältige präinter- Seit der ersten Mitteilung über eine minimal-invasi-
ventionelle Diagnostik erforderlich. Ein zu forcierter ve Implantation von Rohrprothesen zur Behandlung
Versuch, die alterierten Gefäße mit dem Schleusen- von Aneurysmen der Bauchaorta beim Menschen
372 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

durch Parodi und Mitarbeiter (1991) sind zahlreiche dem Messfehler vermieden werden können (vgl.
Studien über diese Behandlungsmethode EVAR Abb. 7.10 b; s. auch thorakale Aortenaneurysmen).
(„endovascular abdominal aortic aneurysm repair“) Messpunkte sind aus der Schemazeichnung zu ent-
veröffentlicht worden (Blankensteijn et al. 2005; Blum nehmen (Abb. 7.8). Wie bei thorakalen Aortenaneu-
et al. 1996; EVAR Trial Participants 2005; Pitton et al. rysmen gilt eine Überdimensionierung der Stent-
2003; Torsello et al. 2006; Umscheid et al. 2003). Grafts im Bereich der proximalen und distalen Ver-
Die Vorteile der endovaskulären Therapie ge- ankerung von 15–20%.
genüber der offenen Operation bestehen in der Ver-
ringerung der Risiken, die mit einer Laparotomie Stent-Graft-Systeme
verbunden sind, wie Klemmschäden, Blutverlust, Zur Zeit sind kommerziell die Systeme Anaconda®
Bauchwandhernien,Verkürzung der Rekonvaleszenz. (Vascu Tek), Excluder® (Gore), Talent® (Medtronic)
Randomisierte Studien, welche die konventionelle und Zenith® (Cook) erhältlich. Die größten Lang-
und endovaskuläre Behandlung des abdominellen zeiterfahrungen liegen mit dem Talent® System vor
Aortenaneurysmas (AAA) miteinander verglichen (s. auch thorakale Aorta).
haben, bestätigen für EVAR eine deutliche Verlänge-
rung des Kurzzeitüberlebens, eine geringere Rate Implantationstechnik
systemischer Komplikationen, geringeren Blutverlust Empfehlenswert ist es, den Eingriff in Vollnarkose –
und kürzere Hospitalisierung. Periduralanästhesie oder Lokalanästhesie und Anal-
gosedierung erscheinen möglich – wegen der günsti-
Patientenauswahl und Limitationen gen Durchleuchtungs- und Dokumentationsmög-
Die Selektion von Patienten sollte mit den Gefäß- lichkeiten im Angiographieraum vorzunehmen.
chirurgen gemeinsam vorgenommen werden. Ein- Wir schieben nach Punktion der rechten oder lin-
und Ausschlusskriterien müssen sorgsam und indi- ken A. brachialis grundsätzlich einen Pigtail-Kathe-
viduell ausgewogen festgelegt und mit dem Patienten ter in die Bauchaorta, um den Stent unter fortlaufen-
abgestimmt werden. der angiographischer Kontrolle exakt absetzen zu
Objektive Limitationen hängen von den anatomi- können. Darüber hinaus ist es möglich, wenn Schwie-
schen Gegebenheiten, der morphologischen Beschaf- rigkeiten bei der Sondierung des kurzen Prothesen-
fenheit der Gefäße und der Verwendung des bevor- schenkels auftreten, an den das zweite Bein noch an-
zugten Implantationssystems ab. zusetzen ist, dieses in einem Durchzugsverfahren
Im Allgemeinen sind Voraussetzung: aufzufädeln.
Nach Arteriotomie beider Leistenarterien verab-
∑ ein infrarenaler Aneurysmahals von mindestens
reichen wir 5000 IE Heparin und legen über Schleuse
15 mm ohne relevante Thrombose oder Verkal-
und Führungsdraht einen Pigtail-Katheter zur An-
kung,
giographie der distalen Bauchaorta ein. Wegen des
∑ geringes Kinking von Aneurysmahals und -sack,
größeren Durchmessers des Schleusensystems er-
∑ Durchgängigkeit der A. mesenterica superior,
folgt die Implantation des Prothesenhauptkörpers
∑ ein 15 mm langes normal kalibriertes Segment
grundsätzlich über die kaliberstärksten Beckenge-
oberhalb des Abgangs der A. iliaca interna min-
fäße mit den geringsten morphologischen Verände-
destens einer A. iliaca communis,
rungen.
∑ ausreichende Durchmesser der Beckengefäße in
Falls erforderlich muss bevor das System einge-
Abhängigkeit vom Implantationsbesteck,
führt wird die Dilatation relevanter Stenosen paarer
∑ nur moderates Kinking der Beckengefäße und der
oder unpaarer Arterien der Bauchorgane oder die
infrarenalen Bauchaorta.
Embolisationen möglicher Feeding-Arterien z. B. der
A. mesenterica inferior oder, wenn das Aneurysma in
Diagnostik eine A. iliaca externa hineinreicht, der gleichseitigen
Zur präinvasiven Diagnostik ist die MSCT die Metho- A. iliaca interna vorgenommen werden, um einer
de der Wahl. Sie ermöglicht eine multiplanare hoch- retrograden Perfusion des Aneurysmas vorzubeugen.
auflösende Gefäßdarstellung zur Beantwortung aller Über einen Pigtail-Katheter wird ein steifer Füh-
relevanten Fragestellungen. Neben den Selektions- rungsdraht mit seinem weichen Ende bis in den tho-
kriterien können auch erschwerende Befunde erfasst rakolumbalen Übergang geschoben und über diesen
werden, wie Stenosen der A. mesenterica superior, der Prothesenhauptteil zunächst gering oberhalb der
der Nierenarterien, akzessorische Nierenarterien Nierenarterien platziert. Nach Freisetzen des proxi-
und die Durchgängigkeit der A. mesenterica inferior. malen Drittels ziehen wir diesen unter fortlaufender
Die Standardmessungen zur Auswahl des Stent- Kontrastmittelinjektion über den Brachialiskatheter
Grafts sollten mit einem Programm zur auto- in die Idealposition zurück.
matischen Gefäßanalyse vorgenommen werden, mit
7.2 Abdominale Aorta 373

Abb. 7.8. Messprotokoll BAA

a b c

Abb. 7.9 a–c. Infrarenales BAA. a Darstellung des perfun- Federn liegen über den Nierenarterien (MIP). c Volume-rende-
dierten Lumens in der MIP, thrombosierter Aneurysmasack ring-Darstellung. A. mesenterica inferior mit Spiralen emboli-
in der MIP nicht erkennbar. b Bifurkationsprothese, offene siert
374 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

a b

c d

Abb. 7.10 a–e. Zustand nach konventioneller Operation eines mal-invasiver Implantation eines Stent-Grafts. c Angiographie
infrarenalen Bauchaortenaneurysmas mit Einsetzen einer nach Implantation, das Aneurysma ist ausgeschaltet. d 3D-Re-
Rohrprothese. a Entwicklung eines Leaks an der proximalen konstruktion. e Axiale CT, Nachweis eines kleinen Endoleaks
Anastomose viele Jahre später. b Messangiographie vor mini- Typ 1
7.2 Abdominale Aorta 375

Wir haben mit wenigen Ausnahmen Prothesen- Tabelle 7.3. Ergebnisse 9 Jahre EVAR mit 10 verschiedenen
körper mit freien Federn („bare springs“) verwendet Systemen bei 759 Patienten, davon 745 infrarenal. (Umscheid
et al. 2003)
und diese über die Nierenarterien gelegt.
Nach Sondierung des kontralateralen Prothesen- Primäre Ausschaltung Zwischen 88 und 93%a
schenkels wird das nicht an den Hauptkörper fixierte Primäre Konversion Zwischen 2 und 0,5%a
Bein angedockt. Perioperative Mortalität Zwischen 4,4 und 2,6%a
Sekundäreingriffe 30%
Greift das Aneurysma oder die Ektasie der Be- Typ-2-Leaks 9%
ckengefäße einseitig auf die A. iliaca externa über, ist
a Differenziert nach Lernkurve.
es möglich, den Prothesenschenkel zu verlängern,
vorausgesetzt, dass auf der Gegenseite die A. iliaca
interna offen ist.
Wenn die biiliakale Implantation von Stent-Grafts ventionen. Die Vorteile der endovaskulären Therapie
aus morphologischen Gründen nicht durchführbar gegenüber der offenen Operation werden durch
ist, können monoiliakale Prothesen auf der thera- Komplikationen in der perioperativen Phase ge-
pierbaren Seite eingesetzt werden. Bei dieser Technik schmälert, und es besteht Unsicherheit über Lang-
muss die kontralaterale A. iliaca communis mit ei- zeitergebnisse, seit über Aneurysmarupturen, Graft-
nem Okkluder verschlossen werden, um die retro- Migration und Separation modularer Elemente be-
grade Füllung des Aneurysmasackes zu verhindern. richtet worden ist (Hobo et al. 2006; Mita et al. 2000).
Zur Vermeidung einer Ischämie der ausgeschalteten Diese Komplikationen sind in erster Linie bei der
Extremität ist ein femorofemoraler Querbypass noch Verwendung der ersten noch unausgereiften Systeme
in derselben Sitzung erforderlich. und bei infrarenaler Verankerung beobachtet worden
Im Durchschnitt beträgt die Dauer der Implanta- (Buth et al. 2000).
tion 2 Stunden mit einer Durchleuchtungszeit von In vielen Studien ist dokumentiert, dass die peri-
etwa 20 min (Abb. 7.9 a–c, Abb. 7.10 a–e). operative Morbidität für EVAR niedriger liegt als bei
offenen Operationen (Rupert et al. 2005).
Verlauf In Tabelle 7.3 sind die Neunjahresergebnisse einer
Nach der Implantation entwickelt sich in der Regel unizentrischen Studie nach Implantation von endo-
ein Postimplantationssyndrom mit leichtem Fieber, vaskulären Aortenprothesen mit 10 verschiedenen
Rückenschmerzen, milder Leukozytose, und Anstieg Systemen wiedergegeben (Umscheid et al. 2003).
des C-reaktiven Proteins. Dieses erfordert normaler- Ein Unsicherheitsfaktor für die Bewertung endo-
weise keine Behandlung und klingt 1–2 Wochen nach vaskulärer Eingriffe ist das Fehlen von Langzeiter-
Implantation wieder ab. gebnissen.
Als medikamentöse Prophylaxe erhält der Patient Torsello und Mitarbeiter (2006) haben eine retro-
über einen Monat 75 mg Ticlopedin und als Dauer- spektive multizentrische Studie über 165 Patienten
therapie 100 mg Acetylsalicylsäure. publiziert, bei denen vor dem Ende des Jahres 1998
ein Talent®-Stent-Graft implaniert worden war, der
Verlaufskontrollen Eingriff also mindestens 5 Jahre zurücklag.
Vor Beendigung des Eingriffs sollte angiographisch Die Überlebensrate lag:
das Ergebnis kontrolliert werden,um die Perfusion ins-
∑ nach einem Jahr um 95%,
besondere der Nierenarterien und der A. iliaca interna,
∑ nach 2 Jahren um 90%,
welche durch den Stent-Graft verschlossen werden
∑ nach 5 Jahren um 80%,
können, zu dokumentieren. Üblich sind CT-Angiogra-
∑ nach 7 Jahren um 75%.
phien vor der Entlassung, nach 3, 6, 12 Monaten und
danach jährlich in der arteriellen und spätarteriellen Patienten klassifiziert als ASA Grad IV hatten eine
Phase, in der Leaks infolge der protrahierten Kontrast- signifikant geringere Überlebensrate als Patienten
mittelakkumulation verzögert sichtbar werden kön- der Klassen II und III. Die Inzidenz für ein reinter-
nen. Um Stent-Graft-Migration und Brüche des metal- ventionsfreies Intervall lag bei
lischen Stützapparates zu erkennen, müssen zusätzlich
∑ 95% nach einem Jahr,
Abdomenübersichtsaufnahmen angefertigt werden.
∑ 80% nach 3 Jahren,
∑ 75% nach 7 Jahren,
Ergebnisse
Die Zweijahresergebnisse der EVAR-Trial-1-Studie >(alle Zahlen kalkuliert nach Kaplan-Meier).
(2005) und DREAM-Studie (Blankensteijn et al. 2005) In dieser multizentrischen Studie schrumpfte das
zeigten eine geringere aneurysmabedingte Mortali- Aneurysma bei knapp 2/3 der Patienten, nur Endo-
tätsrate bei endovaskulärer Therapie, aber eine leaks wiesen eine signifikante Korrelation mit einem
größere Zahl von Komplikationen und Reinter- Größenwachstum auf.
376 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

Misserfolge und Komplikationen gesamt 2617 Fällen analysiert. Bei Entlassung und
nach 30 Tagen betrug die Inzidenz 6–17%, nach
쐍 Endoleaks. Endoleaks sind die häufigsten Kompli- 6 Monaten 4,5–8% und nach einem Jahr 1–5%. Die
kationen. Hälfte der Leaks verschlossen sich innerhalb eines
Derzeit werden 5 Typen von Endleaks unterschie- Jahres spontan. Sie folgern aus ihrer Analyse, dass
den: eine Intervention erfolgen sollte, wenn sich das
Aneurysma nach einem halben Jahr vergrößert,
∑ Typ 1: Leckaschen an der proximalen oder dista-
länger als 12 Monate ohne Größenzunahme per-
len Verankerung des Stent-Grafts,
sisiert oder der Druck im Aneurysmasack 20% über
∑ Typ 2: Leckaschen durch Kollalateralarterien,
dem systolischen Blutdruck liegt.
∑ Typ 3: Leckagen durch Defekte des Stent-Grafts,
Endoleaks vom Typ 3 lassen sich vielfach interven-
∑ Typ 4: Leckagen durch Materialporosität,
tionell durch Einsetzen eines zusätzlichen Stent-
∑ Typ 5: Endotension.
Grafts in den Stent verschließen. Ist dies nicht mög-
Typ-1-Endoleaks führten nach Auswertung von 2864 lich muss eine Operation durchgeführt werden.
Patienten, die mit neueren nach dem Jahr 1999 verfüg- Endleaks vom Typ 4 spielen klinisch keine Rolle, da
baren Systemen behandelt worden waren, mit einer sich die Durchlässigkeit des Materials auf sehr kurze
Häufigkeit von 33% zu einer Konversionsoperation Zeit beschränkt.
und 17% zu transfemoralen Interventionen (Hobo et Als Typ-5-Endoleaks werden bereits thrombosier-
al. 2006). Sie resultieren aus inkompletter Anheftung te Leckagen beschrieben, die mit einem erhöhten
der Stent-Grafts im Bereich der proximalen oder dista- Druck im Aneurysmasack (Endotension) einherge-
len Fixierung, sind Folge einer zu kurzen, ulzerierten hen. Auf die Endotension werden die Größenzunah-
oder irregulären Verankerungszone, eines zu kurzen me des Aneurysmasackes und die Ruptur ohne Stent-
Stent-Grafts oder eines zu gering gewählten Prothesen- Graft-Migration oder Nachweis eines Endoleaks zu-
durchmessers („oversizing“). Sie können aber auch rückgeführt (Pitton et al. 2003, 2005).
entstehen, wenn Probleme beim Freisetzen des Stent-
Grafts die exakte Positionierung erschweren. Sekundär 쐍 Migration. Eine Migration führte nach Auswer-
können sie auftreten, wenn im Verlauf der Erkrankung tung von 2864 Patienten, die mit neueren nach dem
eine Durchmesserzunahme des Aneurysmahalses ein- Jahr 1999 verfügbaren Systemen behandelt worden
tritt. Besteht ein genügend langer Hals in der Veranke- waren, mit einer Häufigkeit von 16% zu einer Kon-
rungszone lassen sie sich in derselben Sitzung oder in versionsoperation und 14% zu transfemoralen Inter-
einem Zweiteingriff mit einer Manschette verschlie- ventionen (Hobo et al. 2006). Die Migration eines
ßen. Ist dies nicht möglich, erfordert diese Leckage Stent-Grafts kann eintreten, wenn der proximale Pro-
eine operative Revision (vgl. Abb. 7.4 b). thesendurchmesser zu gering gewählt wurde („over-
Kontrovers wird die Auswirkung von Endleaks sizing“), wenn der Hals des Aneurysmas zu kurz ist,
vom Typ 2 durch retrograde Perfusion über Kollalat- wenn eine ungünstige Morphologie der Veranke-
eralarterien diskutiert. Gelfand et al. (2006) haben rungszone besteht oder wenn sich der Prothesenhals
den klinischen Verlauf von 10 EVAR-Studien mit ins- im Verlauf ausweitet (Abb. 7.11 a, b).

Abb. 7.11 a, b. Stentmigration


im Übersichtsbild. a Unmittelbar
nach Implantation. b Stauchung
und Knickbildung im linken
Prothesenschenkel

a b
7.3 Ausblick 377

쐍 Stent-Graft-Thrombosen. Es sind semizirkuläre Infektionen gehen mit einer entsprechenden Kli-


thrombotische Auflagerungen beschrieben, die sich nik einher, in der Angio-CT kommt es zu einem Kon-
im Verlauf zurückgebildet haben und keine weitere trastmittelenhancement durch perivaskuläre Ab-
Behandlung erforderten. szessbildung. Infektionen führen häufig zu einer
Nach Hobo et al. (2006) erforderte eine Thrombo- Stent-Graft-Thrombose, wodurch operative Revisio-
se eines Prothesenschenkels in 23% der Patienten nen erforderlich werden (Lange et al. 2005).
eine transfemorale Revision und in 60% die Anlage
eines extraanatomischen Bypasses. 쐍 Materialbrüche. Materialbrüche sind Spätkompli-
kationen und herstellerabhängig. Ein sekundärer
CAVE ! Vollkommene Verschlüsse durch
Thrombosen können bei einer Knick-
Eingriff ist nur bei zusätzlichen Komplikationen wie
Thrombosen notwendig, häufig bleiben sie folgenlos.
bildung des Stent-Grafts bei sehr starker Angulation
der Beckengefäße auftreten. 쐍 Verletzung der Beckengefäße. Verletzungen treten
bei einem Missverhältnis zwischen dem Schleusen-
Wir haben diese Komplikation bei der von uns be- system und engen, geschlängelten und stark verkalk-
vorzugten Talent®-Prothese gehäuft beobachtet. Die ten Beckenarterien auf. Daher ist eine sorgfältige
Knickbildung wird durch die konstruktionsbedingte präinterventionelle Diagnostik erforderlich.
radiäre Instabilität im Übergang vom Hauptkörper
zum fest verbundenem Prothesenschenkel ermöglicht.
Distale Migration des Stent-Grafts, starke CAVE ! Ein zu forcierter Versuch, die alterier-
ten Gefäße mit dem Schleusensystem
Schrumpfung eines großen Aneurysmas und die des Stent-Grafts zu passieren, kann zu Dissektionen
damit verbundene Abnahme der Längenausdehnung oder Ruptur der Beckengefäße führen.
des Aneurysmas mit Abknickung des Stents sind
häufig Ursache einer Thrombose. Stenosen können evtl. durch Dilatation vor der Im-
plantation passierbar gemacht werden. Schwerwie-
쐍 Embolien. Embolien in die Peripherie der Extre- gende Verletzungen, die nicht mehr durch interven-
mitäten oder Nierensegmentarterien mit Ausbildung tionelle Eingriffe beherrschbar sind, erfordern eine
umschriebener Infarkte können durch das Absche- Operation.
ren von Plaques oder Thromben beim Einführen der
Prothesenschleuse auftreten, oder wenn der Stent 쐍 Stent-Graft-Fehlplatzierungen. Zu Fehlplatzierun-
partiell freigesetzt worden ist und danach in die gen kann es kommen, wenn bei sehr ausgeprägter
gewünschte Position gezogen wird. Angulation der Beckengefäße oder der Bauchaorta,
eine Knickbildung im Einführsystem auftritt und
쐍 Ischämische Komplikationen. Ischämien der unte- daraus Probleme bei der Freisetzung resultieren. Bei
ren Extremitäten, der Beckenorgane und spinale insuffizienter Ausschaltung des Aneurysmas kann
Ischämien sind bekannte Komplikationen des EVAR eine Extension durch einen überlappenden zusätz-
(Maldonado et al. 2004; Peppelenbosch et al. 2005). lichen Stent-Graft gelingen.
Der Verschluss einer Extremitätenarterie kann durch
interventionelle oder operative Maßnahmen erfolg- 쐍 Nierenversagen. Das Volumen des während des
reich behandelt werden. Ischämien der Beckenorga- Eingriffs benötigten Kontrastmittels ist meist ganz
ne sind multifaktoriell und oft die Folge einer Embo- beträchtlich. Daher sollten Patienten mit einge-
lisation von atheromatösem Material in die A. iliaca schränkter Nierenfunktion vor der Implantation aus-
interna, auch wenn die Perfusion über die A. iliaca reichend gewässert werden.
interna beidseits erhalten geblieben ist. Bei Aneurys-
men, die auf die A. iliaca externa übergreifen und in
die Behandlung einbezogen werden, ist darauf zu 7.3
achten, dass die kontralaterale A. iliaca interna gut Ausblick
perfundiert ist.
Mit den gängigen kommerziell erhältlichen Stent-
쐍 Infektionen. Protheseninfektionen treten sehr sel- Graft-Systemen können etwa 75% aller abdominel-
ten auf, auch wenn die Implantationen unter evtl. ein- len und eine Vielzahl thorakaler Aortenaneurysmen
geschränkten hygienischen Bedingungen im Angio- minimal-invasiv behandelt werden. Weitere techni-
graphieraum durchgeführt wurden. sche Entwicklungen haben das Ziel, die Produkte
Periprosthetische Verdichtungen sind als Folge kontinuierlich zu verbessern, um die Handhabbar-
einer Fremdkörperreaktion beschrieben worden und keit zu erleichtern, schwierige anatomisch- topogra-
können als Protheseninfektion fehlgedeutet werden. phische Situationen zu beherrschen und gute Kurz-
378 Kapitel 7 Thorakale und abdominale Aorta

und Langzeitergebnisse zu erzielen. Der Weg zu die- Garzon G, Fernandez-Velilla M, Marti M, Acitores I, Ybanez F,
sen Zielen wird über viele kleinere und größere Inno- Riera L (2005) Endovascular stent-graft treatment of tho-
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Abdominelle Gefäße 8

8.1 Ätiologie
Nierenarterien Signifikante Verengungen der Nierenarterie können
vielfältige Ursachen haben. So können Strahlenschä-
den im Rahmen einer abdominellen Radiatio genau-
M. Uder, M. Heinrich so zur Stenose führen wie eine Dissektion der Aorta,
8.1.1 Behandlung der Nierenarterienstenose 379
eine Neurofibromatose oder eine Arteriitis. Der über-
8.1.2 Zentraler und peripherer Verschluss wiegende Teil der Nierenarterienstenosen wird aber
von Nierenarterien 386 durch die fibromuskuläre Dysplasie oder die Arterio-
Literatur 392 sklerose hervorgerufen. Diese beiden Ursachen kön-
nen für ungefähr 95% aller relevanten Verengungen
der Nierenarterie verantwortlich gemacht werden
8.1.1 (Matsumoto 1998).
Behandlung der Nierenarterienstenose
Fibromuskuläre Dysplasie
Die fibromuskuläre Dysplasie tritt meist bei jüngeren
Die endovaskuläre Therapie der Nierenarterienste- Frauen auf und betrifft in ungefähr 2/3 der Fälle beide
nose hat die operativen Verfahren der Revaskularisa- Nierenarterien. Als häufigster histologischer Subtyp
tion weitgehend verdrängt und gilt als einer der findet sich in etwa 85% aller dysplastischen Nieren-
Wachstumsbereiche innerhalb der interventionellen arterien eine Fibroplasie der Media. Dabei führt eine
Radiologie. Dabei wird aber die Sinnhaftigkeit des exzessive Akkumulation von fibrösem Bindegewebe
Verfahrens gerade in der Konkurrenz zu modernen zur Bildung membranartiger Stenosen, so genannter
medikamentösen Ansätzen zur Behandlung der Hy- „Webs“. Diese Stenosen wechseln mit Regionen, in
pertonie und der Niereninsuffizienz immer wieder denen die Media verschmälert ist und die Gefäße eine
infrage gestellt. Sicher profitiert nicht jeder Patient aneurysmatische Dilatation zeigen. Daraus resultiert
von einer Therapie seiner Nierenarterienstenose, das für diesen histologischen Typ charakteristische
aber ganz sicher ist die Behandlung nicht in jedem „gänsegurgelartige“ Bild. Diese Form der fibromusku-
Fall sinnlos. Die Entscheidung zur Behandlung und lären Dysplasie betrifft in der Regel die medialen und
die Kontrolle des Therapieerfolgs erfordert eine ge- distalen Abschnitte der Nierenhauptarterie. Die Er-
naue Kenntnis der Therapiemöglichkeiten und ihrer krankung erstreckt sich bei 25% der Patienten aber
Erfolgsaussichten, der Symptomatik des Patienten auch auf die Segmentarterien erster Ordnung.
sowie der pathophysiologischen Zusammenhänge Für die Fibroplasie der Media wird eine Progres-
zwischen Nierenarterienstenose und renaler Hämo- sionsrate von 12–66% beschrieben, wobei ein Fort-
dynamik. schreiten bis zur kompletten Okklusion des Gefäßes
sehr selten ist. Eine weitere Spielart der dysplasti-
Merke ! Die Indikation zu einer Ballondila-
tation oder Stenttherapie sollte von
schen Nierenarterien ist die Fibroplasie der Intima,
die durch eine Hyperplasie der Intima gekenn-
der Ursache und Ausprägung der Stenose ebenso be- zeichnet ist. Dieser Subtyp wird meist bei Kindern
einflusst werden wie von der Frage, ob die Stenose beobachtet und kann unbehandelt zu einer Nieren-
auch für die klinische Symptomatik des Patienten atrophie führen (Uder u. Humke 2003).
verantwortlich gemacht werden kann.
Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen
Arteriosklerotische Nierenarterienstenosen sind meist
Manifestationen einer diffusen Erkrankung des Ge-
fäßsystems. Bei Patienten mit Manifestationen einer
380 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Dazu kann entweder ein Führungskatheter, der mit


seinem Ostium vor den Abgang der Nierenarterie ge-
legt wird oder eine lange, bis unmittelbar infrarenal
reichende Schleuse verwendet werden. Die Kontrolle
über einen zweiten arteriellen Zugang von der Ge-
genseite ist ebenfalls möglich, jedoch bei den moder-
nen Materialien weitgehend überflüssig geworden.
Nach angiographischer Darstellung der Stenose
Abb. 8.1 a–c. Einteilung der Nierenarterienstenosen nach über einen Pigtail-Katheter erfolgt die selektive Son-
ihrer Lokalisation. Die Stenosen werden definiert über den dierung der Nierenarterie mit einem Cobra- oder
Abstand zur Aortenwand: a ostiale Stenose, b proximale
Stenose, c trunkale Stenose. (Mod. nach Uder u. Humke 2003) RDC-Katheter bei femoralem Zugang. Verläuft die
Nierenarterie in einem steilen Winkel nach kaudal,
gelingt die selektive Sondierung gelegentlich besser
über einen Hook-Katheter mit großem Radius oder
Arteriosklerose im Koronararteriensystem, in den einen Sidewinder-Katheter. Bei Zugang über die
Beingefäßen oder in den hirnversorgenden Arterien Armarterien kann ein Headhunter- oder Multipur-
kann in 10–48% der Fälle auch eine relevante Steno- pose-Katheter verwendet werden.
sierung der Nierenarterie nachgewiesen werden. Ein Führungsdraht mit flexibler Spitze wird nach
Wie in den anderen Gefäßprovinzen auch, verläuft vorsichtigem Überwinden der Stenose in eine stabile
die Erkrankung oft progressiv. So wird in 7–37% Lage in einen Hauptsegmentast der Nierenarterie
der Fälle bei initialer Verengung der Arterie von gebracht. Der Führungsdraht sollte während der
mehr als 60% des Durchmessers ein Fortschreiten gesamten Intervention in dieser Position belassen
bis zum kompletten Verschluss des Gefäßes beschrie- werden. Über den Draht werden Ballonkatheter und
ben. ggf. das stenttragende Kathetersystem über die
Betrifft die Stenosierung den Abgang der Nieren- Stenose geführt.
arterie aus der Aorta, spricht man von ostialen Steno-
sen bzw. von Abgangsstenosen (Abb. 8.1 a–c). Angioplastie
Liegt die Veränderung im Hauptstamm der Nieren- Der Ballondurchmesser sollte nicht größer bemessen
arterie mit Abstand zum Ostium, wird die Verände- werden als der vermutete Durchmesser der nicht-
rung als trunkale oder trunkuläre Stenose bezeich- stenosierten Nierenarterie, d. h. die Ballongröße soll
net. sich nicht an der poststenotischen Gefäßdilatation
orientieren, sondern an dem nichterweiterten Gefäß-
왔 Definiert werden diese beiden Typen durchmesser vor und hinter der Stenose. Für Steno-
Definition
über die Entfernung der Verengung sen an der Aufzweigung von 2 Segmentarterien wird
von der inneren Begrenzung der Aorta bzw. dem eine Doppelballontechnik oder zumindest die Son-
Aortenlumen. Je nach Referenz werden Stenosen mit dierung des Gefäßastes mit einem zweiten Führungs-
einem Abstand von 4–10 mm zum Aortenlumen als draht empfohlen. Einige Arbeitsgruppen verzichten
ostial und bei größeren Abständen als trunkal klassi- mit dem Hinweis auf die geringe Wahrscheinlichkeit
fiziert. eines Verschlusses auf diese Technik.

Von einigen Autoren wird zusätzlich noch die proxi- Stentimplantation


male oder pseudotrunkale Stenose unterschieden, die Heute stehen miniaturisierte, speziell für die Behand-
innerhalb einer Distanz von 5–10 mm zum Aorten- lung der Nierenarterie entwickelte Katheter- und
lumen liegt und sich an das Infundibulum („aortic Stentsysteme zur Verfügung, die in so genannter
cuff“) anschließt. „Monorail-“ oder „Rapid-exchange-Technik“ über
dünne Drähte durch Führungskatheter mit geringem
Radiologische Techniken Außendurchmesser eingebracht werden können.
In aller Regel erfolgt die Intervention an der Nieren- Aber auch für die „Over-the-wire-Technik“ werden
arterie über einen femoralen Zugang. Wenn dieser speziell für die Behandlung von Nierenarterien-
Zugang nicht möglich oder der Abgang der Nieren- stenosen ausgelegte Stentsysteme angeboten. Für die
arterie stark nach kaudal gerichtet ist, kann alter- Behandlung von Nierenarterienstenosen haben sich
nativ ein Zugang über den Arm gewählt werden. ballonexpandierbare Stahlstents durchgesetzt.
Die Stentlänge sollte generell so kurz wie möglich
Merke ! Während der Intervention sollte jeder-
zeit eine angiographische Kontrolle
bemessen werden.
Bei Verwendung moderner, vormontierter Stent-
möglich sein. systeme ist es nicht mehr erforderlich, erst einen
8.1 Nierenarterien 381

Führungskatheter über die Stenose in die Nieren-


arterie vorzuschieben, da bei den niedrigen Cros-
sing-Profilen und den maschinell montierten Stents
das Risiko, mit dem Stent am arteriosklerotischen
Plaque hängen zu bleiben und ihn abzustreifen, sehr
gering ist.
Zur Kontrolle des Behandlungsergebnisses sollte
vor Entfernen des Führungsdrahtes eine Angio-
graphie erfolgen, um bei Problemen oder unzu-
reichendem Behandlungsergebnis die Intervention
fortsetzten zu können. Nach Stentimplantation sollte
zusätzlich eine Darstellung nach Entfernen des Füh-
rungsdrahtes durchgeführt werden, um sicherzustel- Abb. 8.2. Eine Stenose der Nierenarterie bewirkt bei einer
len, dass die Arterie nicht hinter dem Stent abknickt Reduktion des renalen Blutflusses die Bildung von Renin. In
und so okkludiert wird. den systemischen Kreislauf gelangtes Renin bewirkt die Um-
wandlung von Angiotensinogen in Angiotensin I. Dieses
wiederum wird durch das Angiotensin-Converting-Enzym in
Medikamentöse Therapie Angiotensin II umgewandelt. Angiotensin II führt über die
Entgegen früheren Empfehlungen sollten die Patien- Bindung an entsprechende Rezeptoren zu einer Vasokon-
ten am Tag der Intervention ihre übliche antihyper- striktion der peripheren Widerstandsgefäße und zu einer
Aldosteron-vermittelten Wasserretention mit der Folge einer
tensive Medikation erhalten. Die früher vielfach arteriellen Hypertonie. (Mod. nach Uder u. Humke 2003)
geäußerte Sorge, der Patient könnte hypoton oder
kreislaufinstabil werden, wenn die Nierenarterien-
stenose unter einer antihypertensiven Therapie be-
seitigt würde, ist – auch aus pathophysiologischer wichtig, dass das Risiko einer Nierenschädigung
Sicht – unbegründet. Die für die Entstehung einer re- durch das verwendete Röntgenkontrastmittel redu-
novaskulären Hypertonie verantwortliche Reninbil- ziert wird. Hierzu ist zunächst eine Hydrierung der
dung und -sekretion wird nämlich mit der Beseiti- Patienten mit je 1 l Flüssigkeit in den 12 Stunden vor
gung der Stenose weder sofort unterdrückt noch und nach der Intervention empfehlenswert. Über die
kommt die systemische Wirkung dieses Enzyms un- Hydratation hinausgehende Ansätze einer medika-
mittelbar zum Erliegen. Die Anpassung des Regel- mentösen Nephroprotektion bzw. die Verwendung
kreises nimmt einen Zeitraum von Tagen bis Wochen dimerer Röntgenkontrastmittel anstelle der nicht-
in Anspruch. ionischen Monomere müssen trotz einzelner positiver
Während der Intervention erhält der Patient als Studienergebnisse noch als experimentell angesehen
Medikation 5000 IE Heparin intraarteriell. Von eini- werden und sind wohl ohne wesentlichen Effekt.
gen Arbeitsgruppen wird in Analogie zur Behand-
lung von Stenosen der Koronararterien die zusätz- Indikationen
liche periinterventionelle Aufsättigung mit Hemm- Therapieziele
stoffen der Adenosindiphosphat-induzierten Throm- Die Beseitigung einer Stenosierung der Nierenarterie
bozytenaggregation (z. B. Clopidogrel) empfohlen ist in der Annahme begründet, dass durch eine Min-
(Matsumoto et al. 2006). derung der renalen Durchblutung einerseits eine
Für die Nachbehandlung gibt es kein allgemein arterielle Hypertonie (Abb. 8.2) und andererseits
akzeptiertes und durch Studien abgesichertes Regi- eine Einschränkung der Nierenfunktion ausgelöst
me. Die Empfehlungen reichen von einer intravenö- werden kann.
sen Heparingabe mit therapeutischem Effekt über
die Verabreichung niedermolekularer Heparine in Signifikante Stenosen
therapeutischer Dosierung über einige Tage bis zum Als Indikation zur interventionellen oder operativen
vollständigen Verzicht auf die Heparingabe. Vielfach Behandlung der Nierenarterienstenose werden nur
wird aber die Einnahme von Thrombozytenaggrega- Stenosen mit „hämodynamischer Relevanz“ ange-
tionshemmern vom Typ des Clopidogrel für 4–6 Wo- sehen. Es besteht aber kein allgemeiner Konsens
chen empfohlen. darüber, wann die Hämodynamik der Niere relevant
Bei Vorliegen einer Arteriosklerose wurde die le- verändert wird. Basierend auf tierexperimentellen
benslange Einnahme von 100 mg Acetylsalicylsäure Untersuchungen wurde seit langem eine Reduktion
pro Tag vorgeschlagen. des Lumendurchmessers um 70% als relevant ange-
Da bei vielen Patienten durch die Beseitigung der sehen, weil es bei diesem Stenosegrad in Experimen-
Nierenarterienstenose die Nierenfunktion erhalten ten mit gesunden Tieren zu einer Reduktion des re-
werden soll, ist es gerade bei dieser Patientengruppe nalen Blutflusses kommt, der durch die renale Auto-
382 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

ja nur die Lumeneinengung in kraniokaudaler Aus-


richtung beurteilen lässt. Dessen ungeachtet ist eine
Stenose wohl dann hämodynamisch wirksam, wenn
in der Angiographie Kollateralgefäße sichtbar wer-
den oder wenn die arterielle Phase, Parenchymo-
gramm und Ausscheidung ins Hohlraumsystem im
Vergleich zur Gegenseite verzögert sind.
Durch die Nierenszintigraphie unter Gabe von
Hemmstoffen der renalen Autoregulation wie ACE-
Hemmern oder Aspirin kann die funktionelle Bedeu-
tung einer Stenose verifiziert werden, zumindest wenn
es um die Behandlung einer renovaskulären Hyperto-
Abb. 8.3. Autokrine/parakrine Wirkung des Renin-Angioten- nie geht. Auch durch die farbkodierte Duplexsonogra-
sin-Systems. Das in der Macula densa bei einem Abfall der GFR
freigesetzte Renin wird mit dem Blutstrom über das Vas phie kann die Relevanz einer Stenose erfasst werden.
efferens ins Nierenmark transportiert. Dort findet die Die invasive Messung des transstenotischen Druckgra-
Umwandlung in Angiotensin II statt. Die dadurch ausgelöste dienten wurde immer wieder als wichtiges Entschei-
Vasokonstriktion bewirkt eine Steigerung des glomerulären dungskriterium vor Therapie propagiert. Allerdings
Filtrationsdruckes und der GFR. Angiotensin II hat darüber
hinaus noch eine ganze Reihe weiterer Effekte in der Niere konnte die Validität dieses Verfahrens an der Niere
(Steuerung der Kollagenbildung, Wachstumsfaktor). (Mod. bislang nicht überzeugend nachgewiesen werden.
nach Uder u. Humke 2003)
왔 Eine Nierenarterienstenose muss als
Definition
kritisch angesehen werden, wenn zu-
regulation nicht mehr kompensiert werden kann sätzlich eine Reduktion der Nierengröße nachgewie-
(Haimovici u. Zinicola 1960; Imanishi et al. 1992). sen werden kann oder wenn unter Gabe von ACE-
Solche Daten und klinische Erfahrungen nach Hemmern oder Angiotensinrezeptorantagonisten
operativer und interventioneller Revaskularisation ein Kreatininanstieg beobachtet werden kann.
bilden die Basis für Empfehlungen, erst ab einer
Stenosierung von mindestens 70% zu intervenieren Ebenso müssen bilaterale Stenosen, Stenosen in
(Safian u. Textor 2001). Neuere Untersuchungen an funktionellen Einzelnieren sowie hochgradige Ste-
Patienten wollen glaubhaft machen, dass sogar erst nosen als kritisch angesehen werden. In solchen Fäl-
Lumeneinschränkungen von mehr als 80% behand- len ist die Revaskularisation der Niere eher vorteil-
lungsbedürftig sind, weil erst dann eine Reninsekre- haft für die Nierenfunktion oder deren Erhalt (Simon
tion ausgelöst wird (Simon 2000). Dabei ist aber zu 2000; Tuttle 2000).
bedenken, dass nicht alleine maßgebend ist, ab wann Bei Stenosen auf der Basis einer fibromuskulären
eine Stenose zur systemischen Sekretion von Renin Dysplasie reicht der Nachweis der typischen Verän-
führt, sondern ob die Stenose bereits eine intrarena- derungen bei Vorliegen einer Niereninsuffizenz oder
le Aktivierung des Reninsystems mit konsekutiver Hypertonie als Indikation zur Behandlung aus. Die
Verminderung der Durchblutung des Nierenmarks Einschätzung des angiographischen Stenosegrades
ausgelöst hat (Abb. 8.3). spielt hier keine Rolle, denn die web-artigen Stenosen
In Analogie zur Beurteilung von Stenosen in den sind in ihrer Relevanz für den Blutfluss angiogra-
Koronararterien und den Extremitätenarterien wird phisch nicht sicher zu bewerten.
in einer Reihe von neueren Studien bereits eine Ste-
nose der Nierenarterie von >50% als Indikation für Ergebnisse
eine Behandlung angesehen (Leertouwer et al. 2002; Beseitigung der Stenose
van Jaarsveld et al. 2000). Die Gleichsetzung dieser 쐍 Stenose aufgrund einer fibromuskulären Dysplasie.
Gefäßprovinzen ist aber höchst fragwürdig, da die Die alleinige Ballondilatation führt bei der fibro-
Bedeutung einer Gefäßstenose nur in Abhängigkeit muskulären Dysplasie in 90–100% der Fälle zu einem
vom nachgeschalteten Widerstandssystem beurteilt technischen Erfolg. Ziel der perkutanen translumina-
werden kann und die komplexe, durch viele Hormon- len Angioplastie (PTA) ist es dabei nicht, eine voll-
systeme kontrollierte Aufteilung des renalen Blut- kommen glatte Gefäßkontur herzustellen, es geht
flusses in die 2 Kapillargebiete von Glomerulus und vielmehr darum, die meist membranartigen Steno-
Nierenmark nicht ohne weiteres mit der Muskel- sen mit dem Ballon zu zerreißen und so einen unge-
durchblutung verglichen werden darf. hinderten Blutfluss zur Niere herzustellen. Auch im
Die angiographische Einschätzung des Stenosegra- langfristigen Verlauf ist die überwiegende Zahl der
des als alleiniges Kriterium für die Indikationsstel- Patienten bei einer kumulativen Erfolgsrate von 87%
lung ist problematisch, da sich mit dieser Abbildung über 10 Jahre mit der PTA nachweislich gut behandelt
8.1 Nierenarterien 383

Wenn eine Behandlung der fibromuskulären Dys-


plasie mit der alleinigen Ballonangioplastie nicht
möglich ist oder die PTA zu einer schwerwiegenden
Intimadissektion geführt hat, kann bei diesem
Krankheitsbild neben dem Stent auch eine operative
Rekonstruktion mit nachgewiesen guten Offenheits-
raten im Langzeitverlauf erwogen werden.
Wenn die PTA zu einer Normalisierung oder zu-
mindest Besserung der arteriellen Hypertonie führt,
ist zur Verlaufsbeobachtung nach Behandlung der
fibromuskulären Dysplasie die Kontrolle des arteriel-
len Blutdrucks ausreichend. Lediglich bei ansteigen-
den Blutdruckwerten muss eine Rezidivstenose aus-
geschlossen und ggf. eine erneute PTA durchgeführt
werden.

쐍 Stenose aufgrund von Arteriosklerose. Nach Meta-


analysen lässt sich bei arteriosklerotischen Nieren-
a
arterienstenosen mit der PTA nur bei 80% der Pa-
tienten (46–100%) ein ausreichendes morphologi-
sches Ergebnis erzielen (Tegtmeyer et al. 1996). Diese
Daten überschätzen den Effekt der alleinigen PTA
wohl noch, da in die Studien zur PTA überproportio-
nal viele Patienten mit trunkalen Stenosen einge-
schlossen wurden. Stenosen in dieser Lokalisation
sind in den meisten Fällen erfolgreich mit der Angio-
plastie zu behandeln. Bei Stenosen durch aortale
Plaques am Abgang der Nierenarterie ist die PTA nur
in 25–30% der Fälle technisch erfolgreich.
Mit einem Stent kann aber auch dieser Stenosetyp
behandelt werden (Abb. 8.5 a–d). Die Stenttherapie
von Nierenarterienstenosen ist mittlerweile ein
etabliertes Verfahren, das bei nahezu allen Patienten
zur Beseitigung der Stenose führt. Die Offenheit der
so behandelten Gefäße wurde auch im längerfristi-
gen Verlauf dokumentiert. Nach einer Metaanalyse
tritt bei 17% (Spanne: 0–39%) der Patienten eine
b
Rezidivstenose innerhalb einer Nachbeobachtungs-
Abb. 8.4 a, b. Fibromuskuläre Dysplasie der Nierenarterie bei
zeit von im Mittel 16 Monaten auf (Leertouwer et al.
einem 43 Jahre alten Mann mit schwer einstellbarer Hyper- 2000). Eine große Untersuchung an einem einzelnen
tonie. a Nur geringe Wandunregelmäßigkeiten in der distalen Zentrum findet Rezidivstenosen in 21,3% der Fälle
Hauptarterie ohne Nachweis einer eigentlichen Stenose. nach einem mittleren Follow-up von 10 Monaten
b Nach der PTA mit einem 6 mm-Ballonkatheter fanden sich
immer noch Wandunregelmäßigkeiten. Dennoch stellte sich
(Lederman et al. 2001). Mehrfach konnte gezeigt wer-
innerhalb von 3 Tagen eine Normotonie ein, weil die mem- den, dass das Risiko, eine Rezidivstenose nach Stent-
branartigen Stenosen zerrissen wurden implantation zu erleiden, mit dem Durchmesser des
Stents abnimmt (Djavidani et al. 2001; Lederman
et al. 2001). Bislang liegen keine Daten vor, die eine
(Tegtmeyer et al. 1991). Allerdings muss bei unge- Abhängigkeit der Rezidivstenoserate vom jeweiligen
fähr 10–27% der Patienten die Behandlung ein zwei- Stentdesign zeigt.
tes oder sogar ein drittes Mal wiederholt werden, weil Die Stentimplantation in die Nierenarterie wurde
sich im Verlauf Rezidivstenosen entwickelt haben zunächst nur zur Behandlung bei unzureichendem
(Abb. 8.4 a, b). PTA-Ergebnis oder zur Behandlung okkludierender
Intimadissektionen empfohlen. Jedoch haben die
Merke !
Die Implantation eines Stents sollte
bei den meist jungen Patienten ver-
positiven Erfahrungen dieser Behandlungsmethode
vielfach zu der Ansicht geführt, dass eine Nierenarte-
mieden werden. rienstenose primär mit einem Stent behandelt wer-
384 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

a b

c d

Abb. 8.5. a, b. Höchstgradige Ostiumstenose der linken Irregularität. d Nach der Implantation eines ballonexpandier-
Nierenarterie bei einem 53 Jahre alten Mann mit medikamen- baren Stents ist die Stenose komplett beseitigt. Die Stentweite
tös nicht kontrollierbarer Hypertonie. c Nach der Ballondilata- wurde an den gesunden (prähilären) Gefäßdurchmesser und
tion verbleibt eine signifikante Stenose mit einer intimalen nicht an die poststenotische Dilatation angepasst

den sollte. Dies wird untermauert durch Studien, die Unterschied im klinischen Outcome zwischen den
zeigen, dass sich durch die primäre Stentimplanta- Patienten mit und ohne Stent nachgewiesen worden,
tion bei ostialen Stenosen die Offenheitsrate signifi- zum anderen gelten ungefähr 1/3 der Patienten
kant steigern und die Rate von Rezidivstenosen sen- aus den genannten Untersuchungen auch ohne den
ken lässt (Baumgartner et al. 2000; van de Ven et al. Stent nach 6–12 Monaten als ausreichend behandelt
1999). (Baumgartner et al. 2000; Van de Ven et al. 1999). Die-
Dennoch wird mit diesen Daten – nach unserer se Patienten wären mit dem Stent „übertherapiert“
Meinung – der Nutzen einer primären d. h. ohne vor- worden. Das ist insofern von Bedeutung, da die Stent-
angehende kurative PTA bzw. unabhängig vom PTA- implantation das Risiko von Komplikationen beim
Ergebnis durchgeführten Stentimplantation nicht endovaskulären Eingriff erhöht (Beek et al. 1997)
ausreichend belegt. Denn zum einen ist bislang kein und zumindest tendenziell selbst einen Grund für
8.1 Nierenarterien 385

Rezidivstenosen durch myointimale Hyperplasien ten, aber signifikanten Vorteil in der Behandlung
darstellen kann (Baumgartner et al. 2000). Sicher der arteriellen Hypertonie (Ives et al. 2003; Nord-
aber ist der Stent ein probates Mittel zur Behandlung mann et al. 2003).
von unzureichenden PTA-Ergebnissen und von Der Wert der Angioplastie von Nierenarterien-
Komplikationen einer Angioplastie. stenosen mit dem Ziel, eine arterielle Hypertonie zu
behandeln, kann gerade im Vergleich mit modernen
Einfluss auf die Symptomatik Antihypertensiva noch nicht abschließend beurteilt
쐍 Hypertonie. Es ist in vielen Studien belegt, dass die werden. Die vorliegenden Untersuchungen zeigen
Beseitigung hämodynamisch relevanter Stenosen aber, dass bei jungen Patienten, insbesondere mit
der Nierenarterie zu einer Besserung oder Heilung einer fibromuskulären Dysplasie, und bei Patienten,
der arteriellen Hypertonie führen kann. Der Erfolg deren Hypertonie mit Medikamenten nur schlecht zu
der Maßnahme hängt dabei aber nicht alleine vom kontrollieren ist, eine Intervention durchgeführt
Schweregrad der Stenose ab. So zeigt die Behandlung werden sollte.
von Stenosen bei der fibromuskulären Dysplasie eine
Heilung oder Besserung der Hypertonie in 41 bzw. 쐍 Nierenfunktion. Schwerwiegende Verengungen der
50% der Patienten mit kumulativen Erfolgsraten von extraparenchymalen Arterien können über eine
87% über 10 Jahre (Matsumoto 1998). Dagegen lässt chronische Ischämie zu einer atrophischen Nephro-
sich nach großen Sammelstatistiken bei Patienten pathie mit Niereninsuffizienz führen (Dean et al.
mit arteriosklerotischen Stenosen nur bei 11% eine 1991). Klinisch und auch ökonomisch stellt dies ein
Normotonie und bei 54% eine Besserung der Hyper- erhebliches Problem dar. So lässt sich z. B. bei 15–
tonie herbeiführen (Tegtmeyer et al. 1996). Auch die 27% der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz
Einführung der Stenttherapie hat hier keine wesent- als Grund für die Dialysepflicht eine arterioskleroti-
liche Verbesserung der Ergebnisse gebracht. Große sche renovaskuläre Erkrankung vermuten (Mailloux
Single-center-Studien nach Stenttherapie der Nieren- et al. 1994; Scoble et al. 1989; Textor 1998).
arterienstenose zeigen bei 43 bzw. 71% der Patienten Ziel der interventionellen Behandlung der Nieren-
eine nachhaltige Blutdruckverbesserung über einen arterienstenose sollte es also sein, die Entwicklung
medianen Zeitraum von 24 bzw. 16 Monaten (Dorros einer Nephropathie mit progressivem Funktionsver-
et al. 1998; Lederman et al. 2001). lust zu verhindern.
Dabei scheinen Veränderungen der renalen Gefäß- Während Daten aus Beobachtungsstudien zeigen,
peripherie den Erfolg der Revaskularisation entschei- dass sich bei 30–50% der Patienten die Kreatininkon-
dend zu beeinflussen. So konnte in einer prospekti- zentration im Serum durch die PTA wirklich reduzie-
ven Untersuchung ein duplexsonographisch gemes- ren lässt, haben Analysen von randomisierten Unter-
sener Widerstandsindex (Resistance-Index) als Maß suchungen diesen positiven Effekt der PTA nicht be-
für die periphere Nephrosklerose identifiziert wer- stätigen können (Ives et al. 2003; Matsumoto 1998;
den und eine Korrelation dieses Parameters mit dem Nordmann et al. 2003). Allerdings sind in diesen Me-
Behandlungserfolg gezeigt werden. Danach korre- taanalysen ausschließlich Studien eingegangen, die
liert ein Resistance-Index <80, d. h. eine Abschwä- eine Hypertonietherapie zum Ziel hatten und nur
chung der systolischen Flussgeschwindigkeit in der selten Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
Diastole um <80%, signifikant mit einer Verbesse- eingeschlossen haben. Darüber hinaus ist der Serum-
rung des Blutdrucks nach Therapie (Radermacher kreatininspiegel nur ein grobes Maß für die exkreto-
et al. 2001). rische Leistung der Niere. Mehrere groß angelegte
Die hohe Zahl von Patienten, die trotz Revaskula- prospektive randomisierte Studien zur Bedeutung
risation einer medikamentösen Blutdrucktherapie der Revaskularisation für die Nierenfunktion sind
bedürfen, und die Entwicklung potenter Antihyper- jetzt erst angelaufen.
tensiva, die eine Blutdruckkontrolle trotz Nierenarte- Es wurde mehrfach überzeugend gezeigt, dass
rienstenose zulassen, hat die interventionelle Thera- durch die Therapie der Nierenarterienstenose bei
pie der Nierenarterienstenose infrage gestellt. Meh- Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz in
rere randomisierte Studien haben die Wertigkeit der 80–100% der Fälle die Progression des Nierenleidens
Nierenarterien-PTA mit der alleinigen medikamen- zwar meist nicht aufgehalten werden kann, dass aber
tösen Blutdrucktherapie verglichen und kommen die Geschwindigkeit des Funktionsverlustes relevant
allesamt nicht zu einem signifikanten Vorteil für die vermindert wird (Harden et al. 1997; Watson et al.
interventionelle Therapie (Plouin et al. 1998; van 2000).
Jaarsveld et al. 2000; Webster et al. 1998). Nach 2 kürz- Durch eine Intervention an der Nierenarterie ist
lich vorgestellten Metaanalysen dieser Daten mit ins- also möglicherweise nicht zu verhindern, dass ein Pa-
gesamt 210 Patienten hat die Angioplastie gegenüber tient dialysepflichtig wird, die Zeitspanne bis zu ihrer
der rein medikamentösen Therapie einen modera- Notwendigkeit lässt sich aber hinauszögern. Bei bis
386 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

zu 20% der behandelten Patienten wird die Progres- stenose. Hier liegt die Rate von unerwünschten
sion der Niereninsuffizienz durch den Stent aller- Therapiefolgen zwischen 5 und 36% mit einer peri-
dings beschleunigt. Die Arbeiten zeigen darüber hin- prozeduralen Mortalität von <2%.
aus, dass die Intervention gerade auch bei Patienten Am häufigsten werden punktionsbedingte Häma-
mit schon stark eingeschränkter Funktion (Serum- tome beobachtet. Wir wissen, dass die Stentimplanta-
kreatininwerte >2,5 mg/dl bzw. 220 mmol/l), die bis- tion das Komplikationsrisiko steigert. Bei einem
lang als Kandidaten für eine Revaskularisation um- nicht unerheblichen Teil von Patienten muss dabei
stritten waren, sinnvoll ist. mit der Embolisation von Cholesterinkristallen ge-
Der Wert von PTA und Stent zum Erhalt der rechnet werden, die einen temporären oder perma-
Nierenfunktion bei normaler oder geringgradiger nenten Funktionsverlust der Nieren auslösen kön-
Einschränkung der Nierenfunktion ist umstritten. nen. Eine Untersuchung an 50 konsekutiven Patien-
Dies liegt z. T.daran, dass der Effekt der Revaskulari- ten beziffert dieses Risiko mit 10% (Beek et al. 1997).
sation auf die verschiedenen Parameter der Nieren- Diese Art von Komplikation wird wahrscheinlich zu
funktion – wie die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), selten diagnostiziert, weil die Symptome erst einige
den renalen Plasmafluss bzw. den effektiven renalen Tage oder Wochen nach der Prozedur mit Schmerzen
Plasmafluss – an der behandelten Niere nur sehr in den Beinen, Hautverfärbungen oder Nierenfunk-
schwer zu messen ist und aus diesem Grund nur tionseinschränkung offenkundig werden. Der Nach-
wenige Daten vorliegen. weis einer eosinophilen Leukozytose kann diagnos-
Die Beseitigung einer Nierenarterienstenose kann tisch hilfreich sein.
komplexe Veränderungen der verschiedenen hämo-
dynamischen und funktionellen Parameter in der
behandelten und auch der kontralateralen Niere aus- 8.1.2
lösen (Leertouwer et al. 2002). Eine abschließende Zentraler und peripherer Verschluss
Bewertung der Revaskularisation der Niere für die von Nierenarterien
Nierenfunktion ist heute noch nicht möglich.
Für die „prophylaktische“ Behandlung der Nieren- Der interventionelle Gefäßverschluss in der Niere
arterienstenosen, d. h. eine Behandlung, die das Ziel stellt heute ein Standardverfahren dar, bei dem ent-
hat, einen Funktionsverlust zu verhindern, gibt es weder die Strombahn der ganzen Niere oder selektiv
bislang keine ausreichende Rechtfertigung. Diese einzelne Teilbereiche bzw. isolierte Gefäße okklu-
Frage ist verstärkt ins Blickfeld geraten, weil wir diert werden. Die Mehrzahl der Nierenembolisatio-
durch nichtinvasive angiographische Verfahren wie nen wird mittlerweile superselektiv durchgeführt,
CT- und MR-Angiographie häufiger mit Patienten meist um Blutungen zu kontrollieren. Aber auch für
konfrontiert werden, bei denen eine inzidentelle bzw. die komplette Ausschaltung der Nierendurchblutung
nichtsymptomatische Stenose nachgewiesen wird. So gibt es Indikationen, wenn auch dieser Eingriff in den
ist in etwa 30% der Patienten, bei denen eine Gefäß- letzten Jahren seltener angefordert wird. Dies liegt
veränderung in den Arterien von Bein, Herz oder daran, dass diese Therapie in vielen Situationen ihre
Hirn detektiert wurde, auch mit Stenosen der Nieren- Berechtigung nicht erweisen konnte oder die Ent-
arterie zu rechnen (Kuroda et al. 2000). Retrospektive wicklung anderer Behandlungsverfahren die Embo-
Beobachtungsstudien solcher Patienten finden aller- lisation verzichtbar gemacht hat.
dings keinen Einfluss dieser inzidentellen Stenosen
auf die Nierenfunktion. Allerdings wies der größte Radiologische Techniken
Teil der Patienten nur Stenosen von weniger als 70% Die Embolisation der Niere kann mit Hilfe eines
auf, und die Nierenfunktion wurde nur durch den 4- oder 5 F-Selektivkatheters durchgeführt wer-
Serumkreatininwert bestimmt. den. Sollen nur Teile der Niere oder periphere Arte-
Hilfestellung bei der Entscheidung zur Therapie rien verschlossen werden, ist die Koaxialtechnik, bei
der inzidentellen Nierenarterienstenose kann die der durch den Selektivkatheter ein schmalkalibriger
Klassifizierung als „kritische Nierenarterienstenose“ Koaxialkatheter vorgeschoben wird, zu bevorzugen.
leisten (s. oben,„Indikation“). Ist in der Kontrollangiographie die korrekte Kathe-
terlage dokumentiert, können die verschiedenen
Komplikationen Embolisate über den Katheter eingebracht werden.
Die PTA von Stenosen auf Grundlage einer fibromus- Die Wahl des Embolisationsmaterials richtet sich
kulären Dysplasie ist, da es sich in der Regel um jun- dabei nach dem angestrebten Verschlusstyp.
ge Patienten ohne nennenswerte Begleiterkrankun- Wird ein umschriebener zentraler Verschluss der
gen handelt, nur mit einem geringen Risiko von Nierenarterie intendiert, ist die Verwendung von
Komplikationen verbunden. Anders ist dies bei der faserbesetzten Metallspiralen am gebräuchlichsten.
Therapie der arteriosklerotischen Nierenarterien- Dazu muss die Nierenarterie tief genug sondiert
8.1 Nierenarterien 387

werden, um einen sicheren Abwurf der Spirale zu Indikationen


gewährleisten. Meist sind mehrere Spiralen erforder- Behandlung von Blutungen
lich. Die Behandlung von Blutungen durch eine gezielte,
superselektive Embolisation ist die häufigste Indi-
CAVE ! Besondere Vorsicht ist geboten, da bei
abnehmendem Fluss eine Migra-
kation für Gefäßverschlüsse an der Nierenarterie.
In den meisten Fällen handelt es sich dabei um
tion der zuletzt implantierten Spiralen begünstigt iatrogene Blutungen nach Anlage einer Nephrosto-
wird. mie, nach Biopsie oder perkutaner Steinzertrümme-
rung. Oft finden die Blutungen Anschluss an das
Daher sollte die Größe der letzten Spirale so gewählt Hohlraumsystem der Niere und bedingen so eine
werden, dass sie sich sicher im Gefäß verkeilen oder Hämaturie mit heftigen Koliken.
in einer zuvor bereits verankerten Spirale verhaken
kann.
Alternativ kann ein zentraler Verschluss mit ablös- Merke ! Wird ein umschriebener Blutaustritt
oder ein falsches Aneurysma nachge-
baren Ballons, größeren Gelfoam-Partikeln oder ge- wiesen, ist die Embolisation die Therapie der ersten
ringen Mengen an Etibloc bzw. Gewebekleber erzielt Wahl, weil sie im Gegensatz zu einer Operation oft
werden. nicht zu Parenchymverlust führt (Abb. 8.6 a–d).
Wegen hoher Rekanalisationsraten wird der rein
zentrale Verschluss mittlerweile häufig mit einer Anders verhält es sich bei größeren Parenchym-
peripheren Embolisation kombiniert (kombiniert zerreißungen, da hier zur Behandlung oft mehrere
zentral-peripherer Verschluss), wobei die A. renalis Segmentarterien verschlossen werden müssten und
und ihre Äste erster und zweiter Ordnung verschlos- in vielen Fällen mit Komplikationen wie Infektion
sen werden. Hierzu können Minispiralen, Gelatine- des Hämatoms oder Abszedierung zu rechnen ist.
partikel, Polyvenylalkoholpartikel, Gewebekleber
oder Ethibloc verwendet werden. Für eine kapilläre Arteriovenöse Fisteln, Angiodysplasien,
Embolisation ist die Verwendung von absolutem Aneurysmen
Alkohol am gebräuchlichsten. Hierzu können aber Angeborene oder iatrogen erworbene AV-Fisteln der
auch andere flüssige Embolisate (Ethibloc, Zyano- Niere führen zu einer Volumenbelastung des Her-
akrylat) verwendet werden. zens. Die Niere erhält schon unter physiologischen
Wird absoluter Alkohol zur Embolisation einge- Bedingungen einen großen Teil des Herzzeitvolu-
setzt, ist bei der superselektiven peripheren Emboli- mens. Über Steal-Phänomene können solche Fisteln
sation die Koaxialtechnik empfehlenswert. Bei Total- zur Einschränkung der exkretorischen Funktion,
embolisation ist der Einsatz von Ballonokklusions- einer chronischen Schädigung des Nierenparen-
kathetern ratsam. Vor der Applikation des Alkohols chyms oder auch zu einer renalen Hypertonie füh-
sollte das Volumen des arteriellen Kompartiments ren. Wie auch in anderen Regionen, weisen die Kurz-
bestimmt werden, um dann eine entsprechende Men- schlussverbindungen zwischen Arterie und Vene die
ge Alkohol applizieren zu können (meist 10–12 ml, Tendenz zur Größenzunahme auf. Daher ergibt sich
bis zu 20 ml; Neuerburg u. Lehrmann 2004). die Indikation zur Behandlung beim Nachweis einer
Zur Behandlung von Blutungen oder arteriovenö- Fistel, auch wenn noch keine Symptomatik dadurch
sen (AV-) Fisteln ist ein superselektiver Verschluss an hervorgerufen wird. Der Embolisation sollte auch in
der Stelle des Blutaustritts anzustreben. Hierfür diesem Fall der Vorzug gegenüber einer operativen
haben sich heute Mikrospiralen aus Platin mit oder Intervention gegeben werden, da sie in aller Regel
ohne Faserbesatz durchgesetzt. Aber auch andere nicht mit einem Verlust an funktionsfähigem Par-
Embolisate wie dünne Seidenfäden, Kollagen, Gela- enchym verbunden ist (Abb. 8.7 a–d).
tinepartikel und Gewebekleber wurden mit Erfolg Sehr selten werden Angiodysplasien in der Niere
eingesetzt. beobachtet, die eine Hypertonie und eine Hämaturie
Die Patienten nehmen einen superselektiven Ver- auslösen können. Auch diese Veränderungen sind
schluss kleiner Arterien in der Niere in der Regel nicht einer Embolisation vorzugsweise mit flüssigen Em-
wahr. Jedoch ist immer dann, wenn größere Teile des bolisaten zugänglich.
Nierenparenchyms von der Blutzufuhr abgeschnitten Angeborene Aneurysmen der Nierenarterie sind sel-
werden, eine Analgesie erforderlich. Hierzu kann eine ten. Sie können durch chronische Embolien zu einem
peridurale Anästhesie erfolgen. Alternativ ist aber fortschreitenden Funktionsverlust oder einer Hyperto-
auch die intravenöse Verabreichung von Opioiden nie führen. Die renalen Aneurysmen sind häufig in der
möglich. Ihr ist der Vorzug zu geben, wenn der Patient Gabelung von Gefäßen lokalisiert und weisen eine wei-
unmittelbar nach einer präoperativen Embolisation te Öffnung zum Arterienlumen auf. Es liegen einige ka-
in einer Allgemeinnarkose operiert wird. suistische Berichte über die Embolisationstherapie vor.
388 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

a b

c d

Abb. 8.6 a–d. Aneurysma spurium (b) 2 Wochen nach einer troffenen Segmentarterie mit Koaxialkatheter. d Mit Platin-
organerhaltenden Nierentumoroperation bei kleinem Nieren- spiralen lässt sich die Blutung ohne weiteren Parenchymver-
zellkarzinom am Oberpol (a). c Selektive Sondierung der be- lust verschließen

CAVE ! Techniken, bei denen das gesamte


zuführende Gefäß verschlossen wird,
Alternativ kann das gesamte Aneurysma unter Erhalt
der Durchblutung in der Arterie mit ablösbaren Spi-
sollten wegen der daraus resultierenden Infarkte und ralen oder mit einem Ethylen-Venylalkohol-Kopoly-
ihren Gefahren heute nur nach sehr strenger Indika- mer (Onyx) verschlossen werden. Allerdings sind
tionsstellung durchgeführt werden. Dauerhaftigkeit und Wirksamkeit eines solchen Ver-
schlusses in der Niere noch nicht erwiesen (Karkos
et al. 2000; Lupattelli et al. 2003).
8.1 Nierenarterien 389

a b

c d

Abb. 8.7. a Große AV-Fistel bei einem 43 Jahre alten Mann, tisch erweiterte Vene. c,d Verschluss der Fistelarterie mit
die im Rahmen einer Hypertonie aufgefallen war. Die Fistel faserbesetzten Makrospiralen. Nach der Embolisation kleiner
hat zu einer Minderdurchblutung der rechten Niere geführt. peripherer Infarkt (Pfeil), das übrige Nierenparenchym ist
b Selektive Sondierung der massiv dilatierten Fistelarterie mit besser kontrastiert als vor der Embolisation
4 F-Katheter bis knapp vor den Übertritt in die aneurysma-

Tumorembolisationen längern. In kleinen Beobachtungsstudien konnte


Bei großen Nierenzellkarzinomen ist eine präopera- das Erreichen dieser Ziele in einem hohen Anteil
tive Totalembolisation der Niere propagiert worden der Patienten nachgewiesen werden. Dennoch hat
(Abb. 8.8 a, b). Damit sollte eine mögliche Tumorzell- die Maßnahme, u. a. weil inoperable Nierentumoren
verschleppung während der Nephrektomie verhin- heute eine Rarität geworden sind, keine breite An-
dert, die Operation durch die entstandene Blutleere wendung gefunden und bleibt Einzelfällen vorbehal-
erleichtert und der intraoperative Blutverlust gesenkt ten.
werden (Guiliani et al. 1981; Zielinski et al. 2000). Auch die selektive nur das Tumorgewebe betref-
Eine Verbesserung der Operationstechniken auf der fende Embolisation von Nierenzellkarzinomen mit
einen Seite und der bislang fehlende Beweis für die kurativer Absicht oder zur Therapie von tumorbe-
Effektivität hat die Methode in den letzten Jahren dingten Komplikationen ist mit technischem Erfolg
zurückgedrängt. durchgeführt worden. Da aber sowohl der Tumor-
Die Totalembolisation kann bei fortgeschritte- progress als auch die tumorbedingten Komplikatio-
nen, nichtoperablen Nierenzellkarzinomen auch zur nen mit diesem Verfahren nicht sicher kontrolliert
Palliativbehandlung durchgeführt werden. Dies soll werden können, muss diese Indikation sehr kritisch
Komplikationen der Tumoren, wie massive Hämatu- gesehen werden. In diesem Kontext sind auch alter-
rie, paraneoplastische Symptome und lokale Tumor- native Konzepte wie die perkutane Tumorablation
schmerzen, beseitigen und die Überlebenszeit ver- oder zumindest eine kombinierte Anwendung meh-
390 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

tion liegen keine prospektiven Daten oder randomi-


sierte Vergleiche mit organerhaltenden Operationen
der gutartigen Tumoren vor. Die Embolisation führte
im mittelfristigen Verlauf (7–72 Monate) zu einem
Verschwinden der Gefäß- und Muskelkomponente
des Tumors, während die Fettanteile lediglich eine
Größenreduktion z. T. mit Fettgewebenekrosen zeig-
ten (Han et al. 1997). Rezidivblutungen können bei
etwa 4/5 der Patienten (Beobachtungszeit 5–96 Mo-
nate) verhindert werden (Lee et al. 1998).

Defunktionalisierung
Die Embolisation einer Niere zur Ausschaltung der
exkretorischen Funktion ist sehr selten erforderlich.
Ein solcher Eingriff sollte Situationen vorbehalten
bleiben, in denen ein fortgeschrittenes Tumorleiden
im kleinen Becken zu einer anderweitig nicht
therapierbaren Urinfistel geführt hat oder aus pfle-
a
gerischen Gründen eine bilaterale Anlage einer
Nephrostomie vermieden werden soll. In Einzelfällen
ist über die Notwendigkeit einer ein- oder beidseiti-
gen Embolisation zur Behandlung einer Proteinurie
beim nephrotischen Syndrom berichtet worden.
Auch die Totalembolisation zur Beseitigung der
endokrinen Funktion der Niere ist mit Erfolg durch-
geführt worden. Sie stellt aber eine Ausnahmeindika-
tion für Fälle dar, in denen eine Nephrektomie zur
Behandlung einer renalen Hypertonie bei Schrumpf-
nieren oder bei Parenchymschaden nicht möglich ist.
Die komplette Embolisation einer Transplantat-
niere wurde in jüngerer Zeit als Alternative zur Ope-
ration bei Graft-Intoleranz-Syndrom nach Versagen
eines Nierentransplantats und Absetzen der immun-
suppressiven Medikation vorgeschlagen.

Ergebnisse
Selektive Embolisation
b
Die superselektive Embolisation bei blutenden Ge-
Abb. 8.8 a, b. Präoperative Embolisation eines großen, stark
fäßverletzungen in der Niere ist – abgesehen von den
vaskularisierten Nierenzellkarzinoms links. Kombiniert peri- Fällen, in denen ausgedehnte Parenchymzerreißun-
pher-zentraler Verschluss mit Gelatinepartikeln und faser- gen vorliegen – unabhängig vom verwendeten Em-
besetzten Makrospiralen. a Vor, b nach Embolisation bolisat in 80–100% dauerhaft erfolgreich. Daher ist
die endovaskuläre Behandlung der meist iatrogenen
renalen Blutungen heute die Therapie der ersten
Wahl. Wenn die Embolisation unmittelbar an der
rerer Methoden zur Tumordestruktion differenzial- Stelle des Blutaustritts erfolgt, führt sie nicht zu
therapeutisch in Erwägung zu ziehen. Infarzierungen des Nierenparenchyms. Falls dies
Einzelne kleine Serien existieren über den Einsatz nicht gelingt und Teile des gesunden Parenchyms mit
der selektiven Tumorembolisation von Angiomyoli- embolisiert werden müssen, können die entstehen-
pomen (Hamlin et al. 1997; Han et al. 1997; Lee et al. den segmentalen Infarkte nachweislich zu einer Ein-
1998). Im Focus sind besonders Patienten mit tuberö- schränkung der Nierenfunktion und Ausbildung
ser Sklerose, da hier multiple, bilaterale Tumoren zur einer renalen Hypertonie führen. Dies scheint aber
bilateralen Nephrektomie mit Dialysepflicht führen nicht häufiger aufzutreten als nach operativen Ein-
können. Der Eingriff wird zur Prophylaxe von Blu- griffen am Parenchym (Probst et al. 1980; Vorwerk et
tungen propagiert, kann aber auch während der al. 1996). In Tierexperimenten wurde ein Zusammen-
Blutung durchgeführt werden. Auch für diese Indika- hang zwischen postinterventioneller Hypertonie und
8.1 Nierenarterien 391

einer partiellen Rekanalisation des Gefäßes nach- richte in kleinen Serien. So konnte in einer Serie von
gewiesen (Teigen et al. 1992). Komplikationen durch 15 Patienten gezeigt werden, dass durch die Alkohol-
Verschleppung von Embolisationsmaterial sind embolisation der Niere ein anderweitig nicht be-
möglich, bei Gefäßverschlüssen in der Niere aber handelbarer Hypertonus innerhalb einer mittleren
eher selten. Nachbeobachtungszeit von etwa 2 Jahren in allen
Fällen gebessert werden konnte (Iaccarino et al.
Totalembolisation 1989). Auch die Urinproduktion sistierte nach einer
Prospektive Daten zum Erfolg der kompletten Unter- Beobachtung an 20 Patienten mit Urinfisteln durch
bindung der Blutversorgung einer Niere liegen für Tumoren im kleinen Becken in allen Fällen nach ein-
die meisten Indikationen nicht vor. Der technische oder zweimaliger Embolisation (De Baere et al. 2000).
Erfolg von Totalembolisationen liegt in der weit Umfangreichere Erfahrungen über die Defunktiona-
überwiegenden Zahl der Veröffentlichungen zwi- lisierung liegen aber nicht vor.
schen 90 und 100% (Neuerburg u. Lehrmann 2004). Vier Serien mit 25–59 Patienten zeigen, dass durch
Durch eine Totalembolisation einer tumortragen- die Totalembolisation der funktionslosen Transplan-
den Niere kann nach histologischen Untersuchungen tatniere in 76–92% der Fälle ein Graft-Intoleranz-
keine komplette Tumornekrose erzielt werden. Somit Syndrom erfolgreich behandelt werden kann. Aller-
kann der Eingriff auch nicht zu einer kompletten Tu- dings wurde bei bis zu 10% dieser Patienten die Ent-
morkontrolle führen. Dazu passt, dass die berichtete wicklung von operationspflichtigen Abszedierungen
Überlebenszeit nach Tumorembolisation stark vari- beobachtet. Es ist bislang nicht bekannt, inwieweit
iert. Sie liegt insgesamt aber sehr niedrig. Allerdings die Embolisation eine erneute Transplantation auf
findet ein retrospektiver Vergleich von Patienten mit dieser Seite behindert (Atar et al. 2003; Cofan et al.
inoperablem Nierentumor einen signifikanten Über- 2002; Delgado et al. 2005; Solinas et al. 2005).
lebensvorteil für Patienten, bei denen eine Embolisa-
tion durchgeführt wurde (Onishi et al. 2001). 쐍 Komplikationen. Bei einem großen Teil der Patien-
Die Angaben zur dauerhaften Therapie einer ten (47–100%) ist mit dem Auftreten eines so
Hämaturie liegen zwischen 0–100%. Eine Abhängig- genannten Postemboliesyndroms (Flankenschmerz,
keit von der Art des Embolisates und dem Auftreten Temperaturerhöhung, Leukozytose, BSG-Erhöhung,
der Rezidivblutung kann nicht festgestellt werden. Subileus, Kopfschmerz u. a.) zu rechnen. In der Regel
Unter der palliativen Intention scheinen Komplika- ist hier eine analgetische und antiphlogistische The-
tionsrate und Mortalität mit etwa 10 bzw. 3% höher rapie ausreichend. Darüber hinaus ist in einem nicht
zu sein als bei anderen Totalembolisationen (Lam- unerheblichen Teil der Patienten mit weiteren Kom-
mer et al. 1985). plikationen zu rechnen. So wurde in einer Serie
Auch über den Wert der präoperativen Tumor- von 121 Totalembolisationen bei Nierenzellkarzinom
embolisation liegen nur Daten aus Beobachtungs- unter Verwendung verschiedener Embolisate eine
studien vor. In einer retrospektiven Kohortenanalyse Komplikationsrate von 9,9% und eine Mortalität von
konnte für präoperativ embolisierte Patienten mit 3,3% angegeben. Dabei scheinen palliative Embolisa-
Nierenzellkarzinom (Tumorstadium mindestens T2) tionen mit einem höheren Risiko einherzugehen als
gegenüber nichtembolisierten ein signifikanter Über- präoperative (Lammer et al. 1985; Neuerburg u. Lehr-
lebensvorteil nachgewiesen werden (Zielinski et al. mann 2004).
2000). Dagegen konnten ältere Untersuchungen zwar Mehrfach wurde über Abszedierungen nach Total-
eine Reduktion der erforderlichen Zahl an Blutkon- embolisation berichtet. Das Risiko liegt nach kleinen
serven, nicht aber eine Verbesserung der Überlebens- Serien bei 10%. Die unbeabsichtigte Embolisation in
rate nachweisen (Giuliani et al. 1981). Wegen der das infrarenale Stromgebiet durch Reflux oder Fehl-
Unsicherheiten über den Therapieerfolg ist das Ver- platzierung wird mit einer Häufigkeit von bis zu 10%
fahren vielerorts verlassen worden. angegeben. Paraparesen durch Verschluss einer Spi-
Sowohl für die Ausschaltung der exkretorischen als nalarterie oder Koloninfarzierung wurden kasuis-
auch der endokrinen Funktion gibt es positive Be- tisch beschrieben (Neuerburg u. Lehrmann 2004).
392 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

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ma. Am J Clin Oncol 23: 6–12
tigste Verfahren, um alle Formen der mesenterialen
Ischämie zu diagnostizieren. Doch nicht nur die
Diagnostik, sondern die Möglichkeit der therapeu-
tischen Intervention macht dieses Verfahren zu
einem wichtigen Bestandteil in der Behandlung der
intestinalen Durchblutungsstörungen.

Ätiologie
Die Ursachen intestinaler Durchblutungsstörungen
sind vielfältig. Es werden okklusive Ursachen von
nichtokklusiven und embolische von thromboti-
schen Ursachen abgegrenzt. Zur besseren Übersicht
werden im Folgenden die Formen der mesenterialen
Ischämie dargestellt und ihre Ursachen beschrieben.

Akute mesenteriale Ischämie


Die arterielle Perfusionsstörung ist mit einem ge-
schätzten Anteil von 95% der häufigste Auslöser einer
akuten mesenterialen Ischämie. Davon entfallen
rund 50% auf ein embolisches Ereignis kardialen Ur-
sprungs, das meist distal des Abgangs der A. colica me-
dia okkludiert. Die hieraus resultierende Darmischä-
mie spart das Kolon und die erste Jejunumschlinge ty-
pischerweise aus. Fragmentiert ein Embolus, so führt
dies zu segmentalen Dünndarmischämien. Seltenere
Ursachen sind arterioarterielle Embolien aufgrund
von arteriosklerotischen Plaques im Aortenbogen.
394 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Eine Mesenterialarterienthrombose ist in rund Radiologische Techniken


25% der Grund für eine akute Durchblutungs- Diagnostische Angiographie
störung. Die Ursache ist eine vorbestehende arterio- In der Regel erfolgt die Darstellung der mesenteria-
sklerotisch induzierte Stenose. Da generalisierte len Gefäße über einen femoralen Zugang. Ist ein
arteriosklerotische Gefäßerkrankungen in der Be- femoraler Zugang aufgrund eines Beckenarterien-
völkerung zunehmen, ist eine steigende Anzahl aku- verschlusses nicht möglich, so können auch der
ter Mesenterialarterienthrombosen zu beobachten. transbrachiale und der transaxilläre Zugang gewählt
Dabei kommt es zu einer Thrombosierung des ab- werden.
gangsnahen Anteils der A. mesenterica superior Ein geeigneter Katheter für die Übersichtsangiogra-
mit resultierender Ischämie des gesamten Dünn- phie ist der Pigtail-Katheter. Dieser wird in Höhe von
darms ab dem Treitz-Band. Frauen sind von dieser LWK 1 platziert. Die Darstellung der abdominellen Ge-
Form der akuten Ischämie häufiger als Männer be- fäße erfolgt üblicherweise in DSA-Technik nach ma-
troffen. Das Durchschnittsalter der Patienten liegt bei schineller Kontrastmittelinjektion. Bewährt hat sich
60 Jahren. ein Kontrastmittelvolumen von 25 ml mit einer Fluss-
Die nichtokklusive mesenteriale Ischämie (NOMI) rate von 15 ml/s im seitlichen Strahlengang. Um eine
ist in rund 20% (Trompeter et al. 2002) für eine überlagerungsfreie Darstellung zu erhalten, werden
akute mesenteriale Ischämie verantwortlich. Auf- die Arme des Patienten über dem Kopf gelagert. Dient
grund eines ausgeprägten Vasospasmus kommt es die Angiographie dem Ausschluss einer ligamentären
zu Durchblutungsstörungen des gesamten mesen- Truncusstenose, müssen DSA-Serien in Inspiration
terialen Stromgebietes. Hiervon können auch paren- und Exspiration angefertigt werden, ansonsten sind
chymatöse Organe wie die Leber oder das Pankreas Aufnahmen in Exspirationsstellung ausreichend.
betroffen sein. Prädisponierende Faktoren für Zur selektiven Sondierung der mesenterialen Ge-
diese Form der mesenterialen Ischämie sind hoch- fäße über einen femoralen Zugang haben sich der
dosierte therapeutische Katecholamingaben nach Kobra-Katheter, der Sidewinder-Katheter (S1-Konfi-
kardiochirurgischen Eingriffen oder aortalen Ge- guration) und in Einzelfällen bei steil nach kaudal
fäßrekonstruktionen. Auch medikamentöse Lang- verlaufendem Hauptstamm der A. mesenterica su-
zeittherapien mit z. B: Digitalis, Ergotamin-haltigen perior ein kleinbogiger J-Curve-Katheter bewährt.
Präparaten und Schleifendiurektika können nicht- Wurde ein transbrachialer oder transaxillärer Zu-
okklusive Darmischämien hervorrufen. In Einzel- gang gewählt, so eignen sich für die selektive Sondie-
fällen findet sich keine auslösende Ursache. rung des Truncus coeliacus, der A. mesenterica su-
Eine Mesenterialvenenthrombose als Ursache der perior und der A. mesenterica inferior ein Headhun-
akuten mesenterialen Ischämie ist in rund 5% der ter-Katheter (H1) oder ein Multipurpose-Katheter.
Fälle zu beobachten. In der Zwischenzeit ist eine Viel- Ist die Sondierung der zuvor genannten Gefäß-
zahl von Ursachen für die Entstehung einer Mesent- abschnitte in der p.-a.-Projektion technisch schwie-
erialvenenthrombose bekannt. Die wichtigsten sind rig, sollte die Röhre um rund 30° in RAO oder LAO
neben der Hyperkoagulopathie chronisch entzünd- rotiert werden. Hierdurch ist eine weitgehend über-
liche Darmerkrankungen, myeloproliferative Er- lagerungsfreie Darstellung der Abgänge möglich.
krankungen, postoperative Veränderungen, abdomi- Nach selektiver Sondierung des Truncus coeliacus
nelle Traumen und Medikamente. und der A. mesenterica superior erfolgt die Darstel-
lung typischerweise in DSA-Technik und maschinel-
Chronisch mesenteriale Ischämie ler Applikation von 25 ml Kontrastmittel mit einer
Hauptursache für die Entstehung einer chronisch Flussrate von 5 ml/s.
mesenterialen Ischämie ist die arteriosklerotische Die angiographische Darstellung der A. mesen-
Läsion mit Stenosierung der Mesenterialarterien. terica inferior kann ebenfalls maschinell erfolgen,
Seltenere Ursachen einer chronischen mesenterialen hierzu sollte die Flussrate auf 2–2,5 ml/s und die Kon-
Ischämie sind die Takayashu-Arteriitis, die fibro- trastmittelmenge auf 9 ml reduziert werden. Dia-
muskuläre Dysplasie und die ligamentäre Truncus- gnostisch aussagekräftige DSA-Serien lassen sich bei
stenose. der A. mesenterica inferior auch nach manueller
Das mesenteriale Stromgebiet hat aufgrund der Kontrastmittelinjektion erzielen.
Versorgung aus dem Truncus coeliacus, der A. me- Diagnostisch ist der komplette oder der subtotale
senterica superior und der A. mesenterica inferior Verschluss der mesenterialen Strombahn an der Kon-
gute Kompensationsmöglichkeiten dieser sich lang- trastmittelaussparung im Gefäßverlauf problemlos
sam entwickelnden Stenose. Daher verwundert es erkennbar. Schwieriger wird dies bei der nichtokklu-
nicht, wenn klinische Zeichen mit häufig unspezifi- siven Form der Darmischämie. Die in der folgenden
schen abdominellen Schmerzen erst spät im Verlauf Übersicht von Siegelmann et al. im Jahre 1974 er-
der Erkrankung manifest werden. arbeiteten angiographischen Zeichen der mesente-
8.2 Mesenterialgefäße 395

Tabelle 8.1. Lyseprotokolle zur Beseitigung thrombotischer Verschlüsse der A. mesenterica

Autor Lytikum Initial Infusion Technik

Wakabayashi et al. 2004 Urokinase 120.000 IE innhalb 1 min; 1200 IE/min über 10 min Lyse + PTA
Bolusgabe
Badiola u. Scoppetta 1997 Urokinase 250.000 IE + 2500 IE Heparin- 120.000 IE/h über 2 h, Lyse
Pulsspray 0,2 ml/15 s im Anschluss 60.000 IE/h
Hommann et al. 2003 Urokinase 100.000 IE/Tag über 4 Tage Lyse
rt-PA 5 mg rt-PA-Bolus

rialen Vasokonstriktion dienen auch heute der Be- stents ist eine Überprüfung der korrekten Platzierung
schreibung des Befundes. Aus einem publizierten über den Stützkatheter jederzeit möglich.
Artikel und aus eigener Erfahrung ist das Vorliegen Nach dem Freisetzen des Stents ist die angiographi-
eines Gefäßspasmus ausreichend, um die Diagnose sche Ergebniskontrolle über den Stützkatheter obligat,
einer NOMI zu stellen (Kramer et al. 2003). um im Falle eines nicht zufrieden stellenden Befun-
dergebnisses die Intervention fortsetzen zu können.
Angiographische Zeichen einer NOMI.
(Nach Siegelmann et al. 1974) 쐍 Lysetherapie. Die Lysetherapie kann sowohl bei
∑ Aortaler Kontrastmittelreflux Hauptstammverschlüssen als auch bei Segmentarte-
∑ Flussreduktion mit verminderter peripherer Gefäßfüllung rienverschlüssen bei einem selektionierten Patien-
∑ Engstellung der primären mesenterialen Äste tenkollektiv durchgeführt werden. Bei Hauptstamm-
∑ Unregelmäßigkeiten der Gefäßlumina verschlüssen kann das Lytikum über den selektiv
∑ Spasmus der intestinalen Arkaden platzierten Diagnostikkatheter appliziert werden.
∑ Reduzierte Füllung intramuraler Gefäße Handelt es sich um Segmentarterienverschlüsse, eig-
nen sich dünnlumige Koaxialkatheter mit entspre-
Therapeutische Angiographie chenden Führungsdrähten. Diese werden durch den
쐍 Angioplastie. Für die Angioplastie der Mesente- Diagnostikkatheter unmittelbar vor den Verschluss
rialarterien eignen sich Stützkatheter und Ballon- geführt. Kann der Verschluss selektiv sondiert wer-
katheter, wie sie zur Behandlung der Nierenarterien den, sollte der Lysekatheter in dem verschlossenen
eingesetzt werden. Normalerweise wählt man einen Segment platziert werden.
femoralen Zugang. Ist jedoch aufgrund eines ungün- Lytika, die im Zusammenhang mit dem mesenter-
stigen Gefäßverlaufes die selektive Sondierung nicht ialen Stromgebiet genannt werden, sind die Urokina-
möglich, kann alternativ ein transaxillärer Zugang se sowie die Actilyse (r-TPA). Kontrollangiographien
gewählt werden. können entweder über den Koaxialkatheter oder
Ein dünner Führungsdraht mit flexibler Spitze über den Diagnostikkatheter bei entsprechend gro-
wird durch die Stenose geführt und distal der Steno- ßen Lumen erfolgen. Da es sich bei der Lysetherapie
se in einer stabilen Lage positioniert. Über diesen um kein standardisiertes Verfahren handelt, gibt es
wird nun der Führungskatheter bis an das Gefäßosti- keine entsprechenden Richtlinien oder Empfehlun-
um herangeführt. Um die Ballongröße abschätzen zu gen über die Art und Dosierung des Lytikums. In
können, werden über den Führungskatheter DSA-Se- Tabelle 8.1 sind beispielhaft Lyseprotokolle aus der
rien angefertigt. Die Ballongröße sollte nicht nach Literatur aufgeführt.
der poststenotischen Dilatation bemessen werden,
sondern sollte sich an einem gesunden Gefäß- 쐍 Medikamentöse Therapie der NOMI. Nach selektiver
abschnitt vor oder hinter der Stenose orientieren. Zur Sondierung des Hauptstamms der A. mesenterica
Kontrolle des Behandlungsergebnisses werden DSA- superior mit dem Diagnostikkatheter kann bei Nach-
Serien über den Stützkatheter angefertigt. weis einer ausgeprägten Vasokonstriktion eine medi-
kamentöse Therapie eingeleitet werden. Hierbei wer-
쐍 Stentimplantation. Liegt nach der Angioplastie kein den Vasodilatantien lokal über den Diagnostikkathe-
zufriedenstellendes Behandlungsergebnis vor, so eig- ter über einen längeren Zeitraum appliziert. Dabei
nen sich die zur Behandlung der Nierenarterien ent- ist die sichere Platzierung des Katheters im Haupt-
wickelten Stentsysteme. Diese können in „Monorail-“ stamm wichtig, um den Behandlungserfolg nicht
oder „Rapid-exchange-Technik“ über dünne Füh- durch eine aortale Dislokation des Katheters zu
rungsdrähte eingebracht und sicher platziert werden. gefährden. Häufig eingesetzte Medikamente sind in
Vor dem Freisetzen der ballonexpandierbaren Stahl- Tabelle 8.2 zusammengefasst.
396 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Tabelle 8.2. Medikamente, die aktuell zur intraarteriellen Pharmakotherapie der NOMI eingesetzt werden.

Wirkstoff Dosierung Kontrollangiographie

Papaverin Bolus: 5–10 mg Nach 12–24 h


Dauerinfusion über Perfusor 60 mg/h
Prostaglandin E1 Bolus von 20 mg In Abhängigkeit von der Klinik
Dauerinfusion über Perfusor 0,1–0,6 ng/kg KG/min
je nach Befund

쐍 Periinterventionelle Medikation nach Rekanalisation.


Patienten, die eine therapeutische Intervention im Merke ! dass bei Nachweis peritonitischer
Zeichen die explorative Laparotomie
Bereich des mesenterialen Stromgebietes erhalten, mit Embolektomie und Resektion infarzierter Darm-
sollten ihre üblichen Medikamente weiter einneh- abschnitte die Therapie der Wahl ist. Selbst bei
men. Während der Intervention werden 5000 IE Hauptstammverschlüssen ohne peritonitische Zei-
Heparin intraarteriell verabreicht. Darüber hinaus chen ist weiterhin die chirurgische Embolektomie
wird die zusätzliche periinterventionelle Aufsätti- gemäß den Empfehlungen der AGA als Standard-
gung mit Hemmstoffen der Adenosindiphosphat-in- therapie durchzuführen.
duzierten Thrombozytenaggregation (z. B. Clopido-
grel) von einigen Arbeitsgruppen empfohlen (Cassar Kontroverse Diskussionen werden über den Einsatz
et al. 2005; Dörffler-Melly et al. 2005). der Lysetherapie bei segmentalen und subtotal okklu-
Ein allgemein akzeptiertes und durch Studien ab- dierenden Verschlüssen geführt. Es finden sich auch
gesichertes Protokoll für die Nachbehandlung exis- hier keine evidenzbasierten Daten, die eine klare
tiert nicht. Die Empfehlungen reichen über eine Indikation zur Lysetherapie aufzeigen. Analysiert
intravenöse Heparingabe mit therapeutischem Effekt man die publizierten, häufig kasuistischen Berichte
bis zur Gabe niedermolekularer Heparine in thera- (Hommann et al. 2003; Kohler et al. 1985; Ogihara et
peutischer Dosierung über wenige Tage. Es finden sich al. 2003; Simo et al. 1997; Wakabayashi et al. 2004) so
auch Arbeiten, die einen vollständigen Verzicht auf fällt auf, dass die Indikation zur Lysetherapie aus-
Heparin empfehlen. Vielfach wird aber die Einnahme schließlich bei älteren Patienten mit „erhöhtem
von Thrombozytenaggregationshemmern vom Typ operativen Risiko“ gestellt wird.
des Clopidogrel nach Stentimplantation für 4–6 Wo- Ein weiterer entscheidender Gesichtspunkt, ob
chen empfohlen. Handelt es sich um arterioskleroti- die Möglichkeit einer Lysetherapie bei diesen stark
sche Veränderungen, wurde die lebenslange Einnah- selektionierten Patienten besteht, ist der Zeitraum
me von 100 mg Acetylsalicylsäure pro Tag vorgeschla- zwischen dem Beginn der klinischen Symptomatik
gen (Cassar et al. 2005; Dörffler-Melly et al. 2005). und der Diagnosestellung.

Therapieziele
Das Ziel kathetergestützter Techniken bei aku- Merke ! Das Zeitfenster, in dem eine Lyse-
therapie noch als mögliche Therapie-
ten Verschlüssen ist die rasche Wiederherstellung option in Frage kommt, beträgt 10 Stunden (Ogihara
einer suffizienten Darmdurchblutung, um einen et al. 2003).
Mesenterialinfarkt zu verhindern.
Bei chronisch mesenterialen Ischämien soll die Arteriosklerotisch bedingte Stenosen
Durchblutung soweit verbessert werden, dass post- Neben den operativen Verfahren haben sich die end-
prandiale Schmerzen klinisch nicht mehr in Erschei- ovaskulären Verfahren zur Therapie hämodyna-
nung treten und in der Folge eine Verbesserung des misch relevanter Stenosen mesenterialer Gefäße
Ernährungsstatus zu beobachten ist. Weiterhin soll etabliert (Abb. 8.9 a–c). Die Entscheidung, ob opera-
einer irreversiblen Ischämie vorgebeugt werden. tive Verfahren oder endovaskuläre Verfahren zum
Einsatz kommen, sollte immer interdisziplinär
Thrombembolische Verschlüsse getroffen werden. Mehrere Faktoren müssen dabei
Der Entschluss zu einer endovaskulären Therapie berücksichtigt werden.
eines thrombembolischen oder Segmentarterienver- Der angiographische Nachweis einer oder mehre-
schlusses kann nur interdisziplinär erfolgen. Gemäß rer Stenosen der Mesenterialgefäße führt nicht auto-
den Empfehlungen der American Gastrointestinal matisch zur Therapieindikation. Vielmehr ist die
Association (AGA) aus dem Jahre 2000 (Brandt u. Kombination aus klinischen Befunden und angiogra-
Boley 2000) besteht Einigkeit darüber, phischem Befund die Entscheidungsbasis.
8.2 Mesenterialgefäße 397

a b

Abb. 8.9. a Übersichtsangiographie einer 81 Jahre alten


Patientin mit einer Angina intestinalis. Angiographisch
Nachweis einer arteriosklerotisch bedingten Stenose des
Truncus coeliacus und einer Tandemstenose (Pfeile) der
A. mesenterica superior. b Nach Dilatation gute Lumenweite
der distalen Stenose, weiterhin zirkuläre ostiale Stenose. c
c Nach Stentimplantation komplette Beseitigung der Stenose

Eine prophylaktische endovaskuläre oder chirur- und mittels PTA im Durchschnitt 1,2 Gefäße thera-
gische Therapie bei klinisch asymptomatischen Pa- piert wurden. Steinmetz et al. (2002) empfehlen aus
tienten ist nicht angezeigt. Einzige Ausnahme bilden ihren eigenen Beobachtungen die Eingefäßtherapie,
Patienten, die vor einem schwierigen kardiochirurgi- da gezeigt werden konnte, dass sich die klinische
schen Eingriff stehen und bei welchen im postopera- Symptomatik bereits nach der Therapie eines steno-
tiven Verlauf eine NOMI zu befürchten ist (Kasirajan sierten Gefäßes vollständig zurückbilden kann. Dar-
et al. 2001). über hinaus fanden sie Rezidivstenosen, bei klinisch
Ist die Indikation zur endovaskulären Therapie asymptomatischen Patienten, die keiner weiteren
gegeben, so ist die Frage, ob bei Nachweis relevanter interventionellen Therapie vorgestellt wurden.
Stenosen aller 3 intestinaler Gefäßabgänge nur eine Aktuell finden sich in der Literatur keine Empfeh-
Stenose oder alle Stenosen zu therapieren sind, noch lungen oder Richtlinien, wie asymptomatische Pa-
nicht abschließend geklärt. Nymann et al. zeigten tienten, die – sei es duplexsonographisch oder angio-
1998 in einer Review-Arbeit, dass bei der chirurgi- graphisch – eine Rezidivstenose aufweisen, im Ver-
schen Revaskularisation im Durchschnitt 1,8 Gefäße lauf zu therapieren sind.
398 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Die Indikation zur Stentimplantation wird bei Sollten die Schmerzen über diesen Zeitraum hinaus
einer Residualstenose von mehr als 30% nach der persistieren, so ist die Laparotomie angezeigt.
Angioplastie oder bei Dissektion als Folge der Angio-
plastie empfohlen (Steinmetz et al. 2002). Beseitigung der Stenose
Die initiale technische Erfolgsrate in der Behandlung
Nichtokklusive Verschlüsse einer Stenose mittels Ballondilatation wird mit 90%–
Die Indikation zur endovaskulären Therapie der 100% angegeben (Nyman et al. 1998; Sharafuddin et
NOMI ist sofort nach der angiographischen Be- al. 2003; Steinmetz et al. 2002). Der technische Erfolg
funderhebung zu stellen. Vor allem Risikopatienten wird dabei als Residualstenose bis 30% definiert
sollten frühzeitig angiographiert werden, um eine (Maspes et al. 1998; Rose et al. 1995; Sharafuddin et al.
mögliche irreversible Darmischämie zu verhindern. 2003; Steinmetz et al. 2002). Die alleinige PTA führt
Es handelt sich hierbei vor allem um Patienten nach bei rund 96% (Spanne: 75–100%) der behandelten
kardiochirurgischen Eingriffen, die postoperativ ei- Patienten zu einer sofortigen klinischen Befundbes-
nen hohen Katecholaminbedarf haben. Darüber hin- serung. Im weiteren Verlauf ist bei rund 24% (Span-
aus ist bekannt, dass Patienten nach chirurgischer ne: 0–60%) eine erneute Zunahme der Angina intes-
Embolektomie der Mesenterialgefäße eine persistie- tinalis festzustellen (Cognet et al. 2002). Periprozedu-
rende Vasokonstriktion der peripheren Gefäßarka- rale Komplikationen der PTA werden in der Literatur
den aufweisen können. Die Indikation zur Angiogra- mit 5,6% (Spanne: 0–25%) angegeben (Nyman et al.
phie ist bei den zuvor genannten Gruppen großzügig 1998). Die Morbiditätsrate der PTA liegt bei 6%
zu stellen. (Spanne: 0–16%), die Mortalitätsrate wird mit rund
2% (Spanne: 0–20%) angegeben (Matsumoto et al.
Ergebnisse 1995).
Endovaskuläre Rekanalisation Nachdem die chirurgische Revaskularisation
Die chirurgische Embolektomie mit Resektion infar- weiterhin als Standardtherapieverfahren angesehen
zierter Darmsegmente ist weiterhin die Therapie der wird, müssen die Ergebnisse der PTA diesen gegen-
Wahl bei Nachweis peritonitischer Zeichen während übergestellt werden. Für die chirurgischen Verfahren
der Befunderhebung. Sie ist nach den Empfehlungen wird eine technische Erfolgsrate von 100%, eine
der AGA auch das Standardtherapieverfahren bei sofortige klinische Besserung von 96% (Spanne: 82–
Hauptstammverschlüssen ohne peritonitische Zei- 100%), eine Mortalitätsrate von 9% (Spanne: 0–17%)
chen (Brandt u. Boley 2000). Mehrere Einzelkasuisti- und eine Morbiditätsrate von 26% (Spanne: 0–40%)
ken und kleinere Patientenserien konnten jedoch angegeben (Nyman et al. 1998).
zeigen, dass die Lysetherapie als Alternativverfahren Für eine endovaskuläre Vorgehensweise sprechen
mit Erfolg eingesetzt werden kann (Barakate et al. die niedrigere Morbidität und Mortalität. Demgegen-
2002; Grabowski et al. 1995; Hommann et al. 2003; über steht die höhere Rate an Restenosen, die bei
Simo et al. 1997). Handelt es sich um einen partiell endovaskulären Eingriffen mit alleiniger Dilatation
okkludierenden Embolus oder um einen Embolus in zu beobachten ist. Der Vorteil endovaskulärer Tech-
einem Seitenast der A. mesenterica superior oder um niken gegenüber chirurgischen Verfahren ist die
einen distal des Abgangs der A. ileocolica okkludie- Wiederholbarkeit des Eingriffs. So kann durch
renden Embolus, so ist dies als besonders günstige eine erneute Intervention eine Rezidivstenose mit-
Konstellation für eine Thrombolyse zu werten (Lock tels Ballondilatation therapiert und ggf. mit einem
2002). Stent versorgt werden. Selbst bei einer erneuten In-
Ein weiterer Punkt, der für die Durchführung Stent-Rezidivstenose kann diese Form der Therapie
einer Lysetherapie spricht, ist die Tatsache, dass die nochmals angewendet werden (Sharafuddin et al.
offene chirurgische Therapie mit einer hohen Morta- 2003).
litätsrate verknüpft ist. Diese wird in der Literatur In der Zwischenzeit finden sich Publikationen, die
mit einer Spanne von 35–100% angegeben, wohin- ein primär endovaskuläres Vorgehen bei chronisch
gegen die Mortalitätsrate durch die Lysetherapie als mesenterialer Ischämie bei älteren Patienten postu-
minimal eingestuft wird (Barakate et al. 2002). Das lieren (Pietura et al. 2002; Sharafuddin et al. 2003;
Ansprechen der Lysetherapie kann anhand der ab- Steinmetz et al. 2002).
dominellen Symptomatik abgeschätzt werden. Patienten mit ligamentärer Truncusstenose oder
Patienten, bei welchen eine endovaskuläre Therapie
Merke ! Ein klinischer Parameter für das An-
sprechen der Lysetherapie ist das Ab-
technisch nicht möglich ist, sollten weiterhin primär
chirurgisch therapiert werden.
klingen der abdominellen Schmerzsymptomatik
nach einer Stunde (Barakate et al. 2002; Simo et al.
1997).
8.2 Mesenterialgefäße 399

So konnte durch den frühzeitigen Einsatz der Angio-


graphie in den letzten 20 Jahren eine Senkung der
Mortalität dieses Krankheitsbildes von über 80% auf
rund 40% beobachtet werden (Trompeter et al. 2002).
Insbesondere Risikopatienten sollten frühzeitig und
nicht erst beim Nachweis peritonitischer Zeichen an-
giographiert werden (Kramer et al. 2003; Trompeter
et al. 2002). Hierzu zählen insbesondere Patienten
nach kardiochirurgischen Eingriffen, Patienten mit
kardialen Grunderkrankungen und Patienten mit
protrahiertem Schock. Weiterhin sind nichtokklusive
Ischämien bei dialysepflichtigen Patienten publiziert
(Burns u. Brandt 2003). Bei angiographischem Nach-
weis einer NOMI sollte die medikamentöse Therapie
durch Vasodilatanzien unmittelbar eingeleitet wer-
den. Die endovaskuläre Therapie wird solange fort-
geführt, bis die Kontrollangiographie keine Vasokon-
striktion mehr aufweist.
a
Komplikationen
Obwohl es sich bei den Personen, die mit der Frage-
stellung einer mesenterialen Durchblutungsstörung
der Angiographie vorgestellt werden, vorwiegend um
ältere, z. T. polymorbide Patienten handelt, wird die
periprozedurale Mortalität auf rund 2% beziffert.
Die häufigsten Komplikationen sind dabei punk-
tionsbedingte Hämatome sowohl femoral als auch
axillär. In Einzelfällen wurden katheterinduzierte
periphere Embolisationen während der Therapie der
chronisch mesenterialen Ischämie beobachtet.

8.2.2
Behandlung der gastrointestinalen Blutung

Neben endoskopischen und chirurgischen Verfahren


sind endovaskuläre Techniken zum Blutungsnach-
b weis und zur Therapie in der Zwischenzeit etablierte
Verfahren. Bei 90% der gastrointestinalen Blutungen
Abb. 8.10. a Typisches angiographisches Bild einer NOMI handelt es sich um obere gastrointestinale Blutungen.
eines 78 Jahre alten Patienten nach kardiochirurgischem Ein- Die jährliche Gesamtinzidenz wird in den USA auf
griff. Deutliche Kaliberunregelmäßigkeiten des Hauptstamms
der A. mesenterica superior und nur noch fadenförmiges 30–100 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt, in
Restlumen der Segmentarterien. b Deutliche Befundnormali- Großbritannien liegt sie mit 170 Fällen pro 100.000
sierung des Hauptstamms und der Segmentarterien nach 24 h Einwohner nach aktuelleren Untersuchungen höher.
Prostavasin-Therapie Die Mortalität liegt unverändert zwischen 5 und
12%.
Die Inzidenz unterer gastrointestinaler Blutungen
NOMI wird mit 20–30 Fällen pro 100.000 Einwohner ange-
geben, wobei die Blutungsinzidenz mit dem Lebens-
Merke ! Die Angiographie ist das einzige bild-
gebende Verfahren, das in der Lage ist,
alter stark zunimmt. Die durchschnittliche Mortalität
wird mit 10% angegeben und ist im Alter wegen der
die nonokklusive Form der intestinalen Ischämie zunehmenden Komorbidität deutlich höher.
sicher zu diagnostizieren (Abb. 8.10 a, b). Ebenso ist
sie das einzige Verfahren, das durch die lokale Gabe Ätiologie
von Vasodilatanzien die Möglichkeit einer suffizien- Auch nach aktuelleren Untersuchungen haben sich
ten Therapie bietet. die Ursachen oberer und unterer gastrointestinaler
400 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Blutungen über die letzten Jahre nicht geändert Kann im Vorfeld der angiographischen Untersu-
(Nietsch et al. 2003). chung eine sichere Höhenlokalisation der Blutung
mittels endoskopischer Verfahren nicht geklärt wer-
Blutungsquellen oberer den, so sollte primär die A. mesenterica inferior
gastrointestinaler Blutungen selektiv dargestellt werden. Durch diese Vorgehens-
∑ Duodenalulzera (27%) weise kann die kontrastmittelbedingte Überlagerung
∑ Magenulzera (24%) der Harnblase im späteren Untersuchungsverlauf für
∑ Gastroösophageale Varizen (19%) das Stromgebiet der A. mesenterica inferior vermie-
∑ Gastroduodenale Erosionen (13%) den werden. Zur selektiven Sondierung dünnerer je-
∑ Refluxösophagitis (10%) junaler und ilealer Äste werden dünnlumige koaxiale
∑ Mallory-Weiss-Läsionen (7%) Kathetersysteme mit entsprechenden Führungsdräh-
∑ Neoplasie (3%) ten verwendet. Diese werden zur Schonung anderer
∑ Angiodysplasien (1%)
Gefäßregionen so weit wie möglich nach peripher
geführt.
Bei rund 6% der Patienten gelingt der Nachweis der
Blutungsquelle nicht (Ell et al. 1995; Nietsch et al.
2003). Merke !
Angiographisch lässt sich eine gastro-
intestinale Blutung ab einer „Mindest-
Auch die Ursachen unterer gastrointestinaler blutungsmenge“ von 0,5–1 ml/min nachweisen.
Blutungen sind vielfältig (Braden u. Caspary 2003;
Funaki 2004). Im höheren Lebensalter sind es vor Embolisationstherapie
allem Divertikel (40%) und Angiodysplasien (11%), Grundsätzlich eignen sich zur Embolisation gastro-
die eine untere gastrointestinale Blutung hervorru- intestinaler Blutungen nur lokalisierte Blutungen.
fen. Patienten mit Divertikulose neigen in 10–20% zu Diffuse Blutungen wie sie z. B. bei chronisch ent-
Blutungen, und obwohl Divertikel üblicherweise im zündlichen Veränderungen vorkommen, sind für
linken Kolon zu finden sind, ist die Blutungsneigung dieses Therapieverfahren ungeeignet. Eine weitere
der im Colon ascendens lokalisierten Divertikel Voraussetzung für die Embolisationstherapie ist
höher (Cheskin et al. 1990; Funaki 2004). In rund die superselektive Sondierbarkeit des blutenden Ge-
90% sistierten derartige Blutungen spontan, jedoch fäßes, da ansonsten Ischämien der nichtbetroffenen
ist in bis zu 30% mit einer Rezdivblutung zu rechnen Darmabschnitte zu befürchten sind. Das Ziel inter-
(Richter et al. 1995). ventioneller Techniken ist nicht nur der Blutungs-
Auch Angiodysplasien finden sich häufiger im nachweis sondern der gezielte Verschluss des bluten-
Colon ascendens und dem Zökalpol.Weniger als 10% den Gefäßes.
der Patienten mit Angiodysplasien zeigen Blutungen, Zur endovaskulären Behandlung gastrointestina-
die intermittierend auftreten können oder einen ler Blutungen stehen 2 Verfahren zur Auswahl. Zum
chronischen Verlauf aufweisen. Patienten mit Blutun- einen die intraarterielle Vasopressininfusion und
gen aus Angiodysplasien haben jedoch in 85% rezi- zum anderen die supraselektive Embolisationsthera-
divierende Blutungsepisoden (Farrands u. Taylor pie mit feinen Gelfoampartikeln oder Polyvinylalko-
1987). holpartikeln sowie Miniaturspiralen, die über einen
Weitere Ursachen einer unteren gastrointestinalen Mikrokatheter appliziert werden. Zur Behandlung
Blutung sind anorektale Erkrankungen (10%), Neo- gastrointestinaler Blutungen hat sich das in der
plasien (9%), Kolitiden (8%). Seltene Ursachen sind Übersicht aufgeführte Vasopressinschema bewährt
aortoenterische Fisteln. (Darcy 2003; Funaki 2002):

Radiologische Techniken Vasopressinschema zur Behandlung


Diagnostische Angiographie einer gastrointestinalen Blutung
In der Regel erfolgt die selektive Sondierung der in- ∑ Initial 0,1–0,2 IE/min über 20 min
testinalen Gefäße über einen femoralen Zugangs- ∑ Blutungspersistenz: Erhöhung auf 0,3–0,4 IE/min
weg. Geeignete Katheter zur selektiven Sondierung ∑ Initial Kontrollangiographien in Abständen zwischen
sind der Kobra-Katheter oder der Sidewinder- 30–60 min
Katheter. Bei schwieriger Sondierbarkeit, insbeson- ∑ Fortsetzen der Vasopressintherapie unter intensiv-
dere der A. mesenterica inferior kann auch ein J- medizinischer Überwachung über 6–12 h
Curve-Katheter verwendet werden. Ist ein femoraler ∑ Im Anschluss Reduktion der Vasopressindosis um die Hälfte
∑ Fortsetzen der Therapie für weitere 12–24 h
Zugang nicht möglich, so kann entweder transbra- ∑ Spülung des Mikrokatheters mit Kochsalz für weitere 6–12 h
chial oder transaxillär eingegangen werden. Geeig- ∑ Entfernung des Katheters erst bei fehlendem Blutungs-
nete Katheterformen für diese Zugangswege sind der nachweis
Headhunter-Katheter oder der Vertebraliskatheter.
8.2 Mesenterialgefäße 401

a b

Abb. 8.11. a Angiographischer Nachweis einer Angiodys-


plasie des Ileums bei einem 72 Jahre alten Patienten mit
rezidivierender, endoskopisch okkulter Blutung (Pfeil).
b Nach selektiver Sondierung eines ilealen Segmentastes
kräftige Kontrastierung der Angiodysplasie mit typischer
früher venöser Füllungsphase. c Nach Embolisationstherapie
mit thrombogenen Mikrospiralen kompletter Verschluss c
des zuführenden arteriellen Gefäßastes

Indikationen Ergebnisse
Die Indikation zur diagnostischen Angiographie be- Die Pharmakotherapie durch Vasopressin sowie die
steht bei gastrointestinalen Blutungen, die entweder Embolisationsverfahren zur Behandlung gastrointes-
endoskopisch nicht nachweisbar und/oder nicht the- tinaler Blutungen wurden nahezu zeitgleich um 1970
rapierbar sind. Die Ursache der Blutung spielt dabei entwickelt und in der Klinik eingesetzt. Beide Verfah-
zunächst keine Rolle. Es geht in erster Linie um den ren wurden zunächst erfolgreich bei oberen gastroin-
Blutungsnachweis und eine Lokalisationsbeurteilung testinalen Blutungen eingesetzt. 1974 embolisierte
(Abb. 8.11 a–c, Abb. 8.12 a–d). Ist die Blutung angio- Bookstein erstmals eine untere gastrointestinale Blu-
graphisch nachweisbar, kann eine endovaskuläre tung (Darcy 2003). Ein Problem der Embolisations-
Therapie erfolgen. Mechanische Embolisationsver- verfahren bei der unteren gastrointestinalen Blutung
fahren kommen zum Einsatz, wenn das Gefäß, aus war in der Anfangsphase die hohe Rate von Darm-
dem die Blutung hervorgeht, superselektiv sondier- ischämien, die in einer Größenordnung von 20–30%
bar ist. angegeben wurden (Bookstein et al. 1974). Aufgrund
dieser Erfahrungen wurde die Embolisationstherapie
402 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

a b

c d

Abb. 8.12. a Angiographischer Nachweis eines flauen Kon- supraselektiver Sondierung Kontrastmittelaustritt in das
trastmittelextravasates (Pfeil) bei einem 62 Jahre alten Patien- Darmlumen (Pfeil). d Nach Embolisationstherapie mit Mikro-
ten nach selektiver Sondierung der A. mesenterica inferior. spiralen kein weiterer Blutungsnachweis
b Identifikation des der Blutung zugehörigen Gefäßes. c Nach

bei unteren gastrointestinalen Blutungen zunächst 2003). Während die Therapie mit Vasopressin zur Be-
nicht mehr eingesetzt. Die Vasopressintherapie galt handlung einer unteren gastrointestinalen Blutung als
bis in die Anfänge der 1990er Jahre als Standard- gut bezeichnet werden kann, gelingt es nur in 15–31%,
therapieverfahren. eine obere gastrointestinale Blutung zu therapieren
Die klinische Erfolgsrate der Behandlung einer un- (Waltman 1980). Da obere gastrointestinale Blutungen
teren gastrointestinalen Blutung mit Vasopressin wird häufig aus dem Stromgebiet der A. gastroduodenalis
in mehreren Studien mit 59–90% angegeben (Gomes und ihrer Abgänge stammen und diese aufgrund der
et al. 1986; Pennoyer et al. 1996; Waltman 1980). Be- Doppelversorgung und ihrer Größe eine schlechtere
trachtet man nur Kolondivertikelblutungen, so erhöht Fähigkeit zur Vasokonstriktion aufweisen,ist der deut-
sich die klinische Erfolgsrate auf 92–100% (Darcy liche Unterschied in der Erfolgsrate erklärbar. Die ein-
8.2 Mesenterialgefäße 403

fache technische Durchführbarkeit, auch für unerfah- Ein Nachteil der Embolisationsverfahren gegen-
rene Untersucher, sind Vorteile dieses Verfahrens. über der Vasopressintherapie ist der hohe Material-
aufwand in Form von Kathetern und Embolisations-
CAVE ! Bei der Vasopressintherapie besteht
die Möglichkeit der Dislokation des
materialien. Außerdem ist für dieses Verfahren ein
hoher angiographische Ausbildungsstand des Unter-
Katheters während der Therapie mit systemischen, suchers erforderlich.
z. T. schweren peripheren oder kardiovaskulären Beide Verfahren werden weiterhin in der Behand-
Nebenwirkungen. lung der gastrointestinalen Blutung eingesetzt. Ist
ein erfahrener, interventionell geübter Radiologe vor
Die Rate an schweren Komplikationen wird in der Ort, so sollten Embolisationsverfahren eingesetzt
Literatur mit 0–21% angegeben (Eckstein et al. 1984; werden, da diese bei korrekter Anwendung die nie-
Johnson u. Widrich 1976; Sherman et al. 1979). Hier- drigere Komplikationsrate und niedrigere Rezidiv-
von waren 9% fatal. Katheterinduzierte Komplikatio- blutungsrate aufweisen.
nen wurden in 10–41% der Fälle beobachtet (Eck- Abschließend ist nochmals darauf zu verweisen,
stein et al. 1984; Johnson u. Widrich 1976; Sherman et dass heute endoskopische Verfahren der Goldstan-
al. 1979). Zu beachten ist, dass die zuvor genannten dard in der Diagnostik und Therapie oberer und un-
Angaben älteren Publikationen entstammen. Aktuel- terer gastrointestinaler Blutungen darstellen. Erst bei
lere Daten über die Komplikationsrate der Vaso- endoskopisch nicht lokalisierbarer oder nicht thera-
pressintherapie liegen nicht vor. pierbarer Blutung kommen interventionelle Maß-
Ein Problem der Vasopressintherapie ist die Mög- nahmen zum Einsatz.
lichkeit der Rezidivblutung nach Beendigung der The-
rapie durch die erneute Auflösung des verschließen-
den Embolus.Die Rezidivblutungsrate bei unterer gas- Literatur
trointestinaler Blutung wird mit 36–43% angegeben
(Athanasoulis et al. 1975; Johnson u. Widrich 1976). Athanasoulis CA, Baum S, Rosch J et al. (1975) Mesenteric arte-
rial infusions of vasopressin for hemorrhage from colonic
Erst die Weiterentwicklung der Kathetertechniken diverticulosis. Am J Surg 129: 212–216
und die damit verbundene Miniaturisierung ermög- Badiola CM, Scoppetta DJ (1997) Rapid revascularization of an
lichte es dem Untersucher, den Katheter und somit embolic superior mesenteric artery occlusion using pulse-
auch das Embolisat supraselektiv zu platzieren. Dies spray pharmacomechanical thrombolysis with urokinase.
AJR Am J Roentgenol 169: 55–57
führte auch zu einem deutlichen Rückgang der Kom- Bandi R, Shetty PC, Sharma RP, Burke TH, Burke MW, Kastan
plikationsrate dieser Technik, die in aktuelleren Ar- D (2001) Superselective arterial embolization for the treat-
beiten mit einer Minorkomplikationsrate von 20,2% ment of lower gastrointestinal hemorrhage. J Vasc Interv
und einer Majorkomplikationsrate von 11,1% ange- Radiol 12: 1399–1405
Barakate MS, Cappe I, Curtin A, Engel KD, Li-Kim-Moy J, Poon
geben wird (Defreyne et al. 2001; Nicholson et al. MS, Sandeman MD (2002) Management of acute superior
1998; Patel et al. 2001). mesenteric artery occlusion. Aust N Z J Surg 72: 25–29
Im Vergleich der Komplikationsraten der Emboli- Bookstein JJ, Chlosta EM, Foley D, Walter JF (1974) Trans-
sationstechniken und der Vasopressintherapie zeigt catheter hemostasis of gastrointestinal bleeding using
modified autogenous clot. Radiology 113: 277–285
sich, dass Embolisationsverfahren mit weniger Kom- Braden B, Caspary WF (2003) Akute untere Gastrointestinal-
plikationen behaftet sind. Intestinale Ischämien als blutung Diagnostik und Management. Internist (Berl) 44:
Komplikation der Embolisationsverfahren werden in 533–538, 540–541
aktuellen Arbeiten nicht mehr beobachtet (Darcy Brandt LJ, Boley SJ (2000) AGA technical review on intestinal
ischemia. American Gastrointestinal Association. Gastro-
2003). Der klinische Erfolg der Embolisationsthera- enterology 118: 954–968
pie bei der unteren gastrointestinalen Blutung wird Burns BJ, Brandt LJ (2003) Intestinal ischemia. Gastroenterol
nach neueren Arbeiten zwischen 91–100% und bei Clin North Am 32: 1127–1143
der oberen gastrointestinalen Blutung zwischen 68– Cassar K, Ford I, Greaves M, Bachoo P, Brittenden J (2005) Ran-
domized clinical trial of the antiplatelet effects of aspirin-
92% angegeben (Defreyne et al. 2001; Patel et al. clopidogrel combination versus aspirin alone after lower
2001). Vorteil dieser Therapieform ist der mechani- limb angioplasty. Br J Surgery 92: 159–165
sche Verschluss des blutenden Gefäßes. Dennoch gibt Cheskin LJ, Bohlman M, Schuster MM (1990) Diverticular
disease in the elderly. Gastroenterol Clin North Am 19:
es auch nach erfolgreicher Embolisationstherapie 391–403
Fälle, bei welchen eine Rezidivblutung auftritt. Ursa- Cognet F, Ben SD, Dranssart M et al. (2002) Chronic mesenteric
chen hiefür können, trotz optimaler Platzierung der ischemia: imaging and percutaneous treatment. Radio-
Embolisate, Kollateralkreisläufe oder rekanalisierte graphics 22: 863–879
Darcy M (2003) Treatment of lower gastrointestinal bleeding:
Mikrospiralen sein (Funaki 2004; Gordon et al. 1996). vasopressin infusion versus embolization. J Vasc Interv
Auch wurden Fälle beschrieben, bei welchen Rezidiv- Radiol 14: 535–543
blutungen aus anderen Lokalisationen stammten
(Bandi et al. 2001; Evangelista u. Hallisey 2000).
404 Kapitel 8 Abdominelle Gefäße

Defreyne L,Vanlangenhove P, De VM et al. (2001) Embolization Matsumoto AH, Tegtmeyer CJ, Fitzcharles EK, Selby JB Jr, Trib-
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Beckengefäße 9
K. Schürmann, D. Vorwerk

9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Klinischer Hintergrund


Verschlusskrankheit der Beckenarterien 405 Die pAVK ist wie die koronare Herzkrankheit (KHK)
9.1.1 Beckenarterienstenosen 408
9.1.2 Beckenarterienverschlüsse 411 und die zerebrovaskuläre Gefäßkrankheit eine Mani-
9.1.3 Behandlung von Restenosen 413 festation der Arteriosklerose. Die 3 Erkrankungen
9.1.4 Perinterventionelle Behandlung 415 treten nicht selten gemeinsam auf (Aronow u. Ahn
9.2 Behandlung von Transplantat- 1994). Etwa die Hälfte der Patienten mit einer pAVK
Nierenarterienstenosen 417 leidet auch an einer KHK. Ein Hauptsymptom der
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken 417 pAVK ist die Claudicatio intermittens (Schaufenster-
9.3.1 Uterusmyomembolisation 419 krankheit), deren Prävalenz bei Männern im Alter
9.4 Venöse Interventionen 422 um 60 Jahre mit etwa 3–6% angegeben wird (Fowkes
9.4.1 Beckenvenenthrombose 422 et al. 1991). Die Prävalenz bei Frauen liegt niedriger.
9.4.2 Beckenvenenstenosen 424
Die pAVK verläuft chronisch, häufig jedoch relativ
Literatur 426
gutartig. Nur etwa 1/4 der Patienten mit Claudicatio
intermittens erleidet im zeitlichen Verlauf eine signi-
Die Mehrzahl der Interventionen im Bereich der fikante klinische Verschlechterung, und nur etwa 2%
Beckengefäße betrifft die Arterien. Die Hauptindika- erhalten eine Majoramputation. Allerdings ist die
tionen sind Stenosen und Verschlüsse der Becken- mittlere Lebenserwartung im Vergleich zur Normal-
arterien im Rahmen einer peripheren arteriellen Ver- bevölkerung vor allem durch koronare und zerebro-
schlusskrankheit (pAVK). Seltener sind Aneurysmen vaskuläre Begleiterkrankungen um etwa 10 Jahre
oder arteriovenöse (AV-) Fisteln und Blutungen An- vermindert (Bloor 1961). Mehr als 50% der Patienten
lass für eine perkutane Behandlung. In den letzten sterben an kardialen Erkrankungen.
Jahren gewinnt die Embolisationsbehandlung von Die pAVK begünstigt die Entstehung einer akuten
Uterusmyomen an Bedeutung. Beinischämie. Die chronische pAVK der Beckenarte-
rien ist – abhängig von der Morphologie der Läsion –
einer perkutanen endoluminalen Therapie häufig
9.1 gut zugänglich. Hingegen ist die akute Beinischämie,
Behandlung der peripheren arteriellen wenn sie durch eine Läsion der distalen Bauchaorta
Verschlusskrankheit der Beckenarterien oder der Beckenarterien hervorgerufen wird, eine
Domäne der chirurgischen Therapie.
Historie
Bereits im Jahr 1964 berichteten Charles T. Dotter Indikation
und Melvin P. Judkins über die perkutane translumi- Die Indikation zu einer endoluminalen oder chirur-
nale Angioplastie (PTA) peripherer Arterien, die sie gischen Behandlung basiert auf klinischen Befun-
allerdings noch nicht mit Ballonkathetern, sondern den, die durch nichtinvasive und/oder invasive
mit konisch zulaufenden Dilatationskathetern durch- diagnostische Verfahren untermauert werden. Die
geführten (Dotter u. Judkins 1964). Fünf Jahre später Angaben des Patienten zur schmerzfreien Gehstre-
war es erneut Dotter, der als erster endovaskuläre cke sind durch eine standardisierte Laufbandunter-
Stützen, Vorläufer der heutigen Stents, einsetzte, um suchung einfach zu objektivieren. Die klinischen Be-
Arterien offen zu halten (Dotter 1969). Zur klini- funde sollten klassifiziert werden. Am gebräuchlich-
schen Reife wurde die Stentbehandlung erst nach sten ist die Klassifikation nach Fontaine (Fontaine et
1980 gebracht. Die Ballonangioplastie wurde von An- al. 1954; Tabelle 9.1). Bekannt ist auch die etwas diffe-
dreas Grüntzig entwickelt und 1977 erstmals klinisch renziertere Klassifikation nach Rutherford (Ruther-
in den Koronararterien erprobt (Grüntzig et al. 1978). ford u. Becker 1991; Rutherford et al. 1997).
406 Kapitel 9 Beckengefäße

Tabelle 9.1. Gegenüberstellung der Klassifikation nach Fontaine et al. (1954) und Rutherford (Rutherford u. Becker 1991; Ruther-
ford et al. 1997)

Fontaine Rutherford

Stadium Klinik Grad Kategorie Klinik

I Asymptomatisch 00 0 Asymptomatisch
II a Schmerzfreie Gehstrecke > 200 m 0 1 Milde Claudicatio
II b Schmerzfreie Gehstrecke ≤ 200 m I 2 Mäßige Claudicatio
I 3 Schwere Claudicatio
III Ruheschmerz II 4 Ruheschmerz
IV Gewebeverlust (Ulkus, Gangrän) III 5 Geringer Gewebeverlust
III 6 Schwerer Gewebeverlust

Das Symptom der Claudicatio intermittens ent- drängt. Die Katheterangiographie liefert in eine
spricht dem Fontaine-Stadium II, die Fontaine-Sta- Ebene projizierte hoch aufgelöste Bilder der Gefäße,
dien III und IV werden unter dem Begriff chronische die vor allem morphologische Informationen bein-
kritische Beinischämie zusammengefasst. halten.

Diagnostik der pAVK


Nichtinvasive Verfahren in der Diagnostik der pAVK, Merke !Eine angiographisch festgestellte
Durchmesserstenose von >50% – dies
die indirekte oder direkte Informationen über den entspricht einer Flächenstenose von >75% – wird
hämodynamischen Status liefern, sind die Doppler- allgemein als behandlungswürdig angesehen.
sonographie und die farbkodierte Duplexsonographie
(FKDS) Beide Verfahren sind untersucherabhängig, Eine kritische Stenose ist charakterisiert durch eine
jedoch einfach durchzuführen, risikolos und kosten- Kombination aus Druckabfall und Flussminderung.
günstig. Mit Hilfe der Dopplersonographie lässt sich Ob eine Stenose zu einer kritischen Perfusionsmin-
der Knöchel-Arm-Index bestimmen. derung führt, hängt von der Flussrate ab. Eine techni-
sche Weiterentwicklung der DSA ist die erst jüngst
Merke ! Ein Knöchel-Arm-Index in Ruhe von
<0,9 ist verdächtig auf eine mehr als
vorgestellte 3D-Rotationsangiographie, die eine drei-
dimensionale Darstellung ermöglicht.
>50%ige Stenose der Becken- oder Beinarterien Voraussetzung zur Behandlung ist eine entspre-
(Hiattet al. 1995). chende Klinik und der Nachweis einer behandel-
baren Gefäßläsion in der Farbduplexsonographie,
Die farbkodierte Duplexsonographie ermöglicht eine MR-Angiographie oder konventionellen Angiogra-
direkte Darstellung von Gefäßläsionen. phie. Die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes vor
und nach Behandlung dient als einfaches, relativ ob-
Merke ! Eine maximale systolische Flussge-
schwindigkeit, die im stenotischen
jektives Verfahren zur Erfolgskontrolle. Eine klini-
sche Indikation zur Behandlung wird mehrheitlich
Segment mindestens 2,5-mal höher ist als im vor- bei Patienten im Stadium Fontaine II b oder schlech-
oder nachgeschalteten Arteriensegment, weist auf ter gesehen. Ob eine perkutane oder eine chirurgi-
eine flussrelevante Stenose hin. sche Behandlung erfolgen sollte, ist abhängig von der
Art der Beckenarterienläsion.
In Beckenbereich ist die Aussagekraft der FKDS nicht Eine internationale Konferenz von Experten ver-
selten durch Adipositas und Darmgas eingeschränkt. schiedener medizinischer Fachdisziplinen, die Pa-
Neuere nichtinvasive Verfahren sind die MR- und tienten mit einer pAVK behandeln, teilt in ihrem ge-
die CT-Angiographie, die eine direkte Darstellung der meinsamen Abschlussdokument (TASC/Transatlan-
Gefäße in mehreren Ebenen erlauben. tic Inter-Society Consensus) Beckenarterienläsionen
Die katheterbasierte arterielle digitale Subtrak- nach morphologischen Kriterien in die Kategorien A
tionsangiographie (DSA), bisher der Goldstandard bis D ein und gibt abhängig von der Kategorie Be-
der bildgebenden Verfahren in der Diagnostik der handlungsempfehlungen (Dormandy u. Rutherford,
pAVK, hat den Nachteil der Invasivität und wird zu- 2000; Tabelle 9.2).
nehmend von der MR- und CT-Angiographie ver-
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 407

Tabelle 9.2. Einteilung der Beckenarterienläsionen gemäß TASC. (Dormandy u. Rutherford 2000)

A-Läsionen Uni- oder bilaterale isolierte Stenosen der AIC oder AIE <3 cm Länge
B-Läsionen Singuläre Stenose der AIC/AIE 3–10 cm Länge ohne AFC-Beteiligung
Ein oder 2 Stenosen der AIC und/oder AIE <5 cm Länge ohne AFC-Beteiligung
Unilateraler Verschluss der AIC
C-Läsionen Bilaterale 5–10 cm lange Stenosen der AIC und/oder AIE ohne AFC-Beteiligung
Unilateraler Verschluss der AIE ohne AFC-Beteiligung
Unilaterale Stenose der AIE mit Beteiligung der AFC
Bilateraler Verschluss der AIC
D-Läsionen Diffuse multiple unilaterale Stenosen der AIC, AIE und AFC (Länge meist >10 cm)
Unilateraler Verschluss der AIC und AIE
Bilateraler Verschluss der AIE
Diffuse Erkrankung mit Beteiligung der Aorta und beider Iliakalarterien
Iliakale Stenosen in Kombination mit einem Bauchaortenaneurysma oder einer anderen Läsion,
die eine chirurgische Behandlung erfordert

AIC A. iliaca communis, AIE A. iliaca externa, AFC A. femoralis communis.

Abb. 9.2. Partiell freigesetzter Wallstent

dierbaren Stents ist der vor knapp 20 Jahren einge-


führte Palmaz-Stent (Palmaz et al. 1988), der auch
heute noch verfügbar ist (Abb. 9.1). Ballonexpandier-
bare Stents werden meist aus medizinischem Edel-
stahl hergestellt und sind heute meist vormontiert
auf einem Ballon erhältlich. Es gibt jedoch auch noch
Abb. 9.1. Palmaz-Stent, unmontiert, ballonexpandiert und
freigesetzt
Modelle, die von Hand selbst auf einen Ballon mon-
tiert werden können. Ihre radiale Widerstandskraft
gewinnen ballonexpandierbare Stents durch plasti-
sche Verformung.
Eine Indikation zur perkutanen Behandlung liegt Der Prototyp des selbstexpandierbaren Stents ist
nach TASC-Empfehlung bei A-Läsionen vor. D-Läsio- der Wallstent, der aus einer Legierung auf Kobalt-
nen sollten chirurgisch behandelt werden. Für B- und basis besteht (Günther et al. 1989; Abb. 9.2).Wallstents
C-Läsionen konnte aus den Daten der Literatur keine erhalten ihre radiale Widerstandskraft durch die
allgemeine Behandlungsempfehlung abgeleitet wer- Eigenspannung (elastische Verformung) des aus ein-
den. Es wurde jedoch konstatiert, dass zur Zeit B-Lä- zelnen Drähten gewobenen Maschengitters. Neuere
sionen häufiger endoluminal und C-Läsionen häufi- selbstexpandierbare Stentmodelle werden in der Mehr-
ger chirurgisch behandelt werden. zahl aus einer Nickel-Titan-Legierung (Nitinol) herge-
stellt (Abb. 9.3). Stents aus Nitinol haben ein thermi-
Stentmodelle sches Gedächtnis für die Form, die ihnen während des
Verschiedene Stentmodelle stehen zur Verfügung. Herstellungsprozesses gegeben wird. Diese Form neh-
Grundsätzlich ist nach dem Freisetzungsmechanis- men sie bei der Freisetzung nach Erwärmung auf
mus zu unterscheiden zwischen selbstexpandier- Körpertemperatur wieder an und entwickeln so ihre
baren und ballonexpandierbaren Stents. radiale Widerstandskraft. Der Strecker-Stent, der
Die klinisch verwendeten Stentmodelle bestehen ebenfalls bereits Ende der 1980er Jahre eingeführt
überwiegend aus Metall. Prototyp der ballonexpan- wurde, ist heute nicht mehr erhältlich (Strecker et al.
408 Kapitel 9 Beckengefäße

Neuere Entwicklungen sind radioaktive Stents


und beschichtete Metallstents, die beispielsweise aus
einer Polymerbeschichtung ihres Metallgitters einen
Wirkstoff freisetzen (Duda et al. 2003). Klinisch ein-
gesetzte Wirkstoffe stammen vor allem aus der Grup-
pe der Antiproliferativa, wie Rapamycin (Sirolimus)
und Paclitaxel. Die jüngste Entwicklung stellen bio-
resorbierbare und sich selbst auflösende Stents aus
Milchsäure oder Magnesium dar. Diese Stents wer-
den bisher überwiegend zunächst in der Kardiologie
erprobt.

Abb. 9.3. Zwei verschiedene Stentmodelle aus Nitinol außen 9.1.1


(ZA links, Memotherm rechts), ein Stentgraft (Corvita) in der Beckenarterienstenosen
Mitte
Zur Behandlung von Stenosen der A. iliaca commu-
nis und proximalen A. iliaca externa wird üblicher-
weise ein ipsilateraler femoraler Zugang gewählt. Lä-
1988). Er nahm als ballonexpandierbarer, aber den- sionen der distalen A. iliaca externa lassen sich unter
noch flexibler Stent, der aus Tantal hergestellt wurde, Umständen über einen kontralateralen femoralen
eine Zwischenstellung ein. Zugang in Cross-over-Technik einfacher behandeln.
Auch nach ihrer Oberflächenbeschaffenheit lassen Die Stenose wird mit einem Führungsdraht und
sich Stents einteilen. Es gibt neben den seit etwa 1985 Katheter überwunden und anschließend mit einem
gebräuchlichen einfachen Metallstents seit Anfang Ballon aufgeweitet (Abb. 9.4 a, b). Üblich sind Syste-
der 1990er Jahre auch ummantelte Stents, so genann- me von 35/1000 Zoll (= Inch, 1 Zoll = 2,54 cm). Der
te Stentgrafts, die ursprünglich zur perkutanen Ballondurchmesser wird anhand des Durchmessers
Ausschaltung von Aortenaneurysmen entwickelt eines gesunden Arteriensegments proximal oder dis-
wurden (Parodi et al. 1991; Vorwerk u. Schürmann tal der Stenose oder anhand des Durchmessers der
2000; Abb. 9.3). Die Ummantelung des Metallgerüsts kontralateralen Arterie bestimmt. Besteht Unsicher-
besteht aus synthetischem Gewebe, das vor allem aus heit über die erforderlichen Ballonmaße, kann ein
den Polymeren Polyethylenterephthalat (PET, Da- Messkatheter verwendet werden. Über die optimale
cron) oder Polytetrafluorethylen (PTFE, Goretex) Dauer der Ballondilatation liegen nur wenige Daten
hergestellt wird. vor.

Abb. 9.4 a, b. Männlicher Patient,


42 Jahre, pAVK vom Beckentyp
links führend, Stadium Fontaine
II b. a DSA in RAO-Projektion
vor PTA über einen Pigtail-
Messkatheter: langstreckige
Stenose der A. iliaca externa links.
b Nach PTA, RAO-Projektion:
Die Stenose ist beseitigt

a b
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 409

Abb. 9.5 a–d. Männlicher Patient,


49 Jahre, beidseitige pAVK vom
Beckentyp, Stadium Fontaine II b.
a, b DSA vor Behandlung in
PA- und LAO-Projektion:
Abgangsstenose der A. iliaca
communis rechts, die auf die
Gegenseite übergreift. c Simultane
Implantation von 2 ballonexpan-
dierbaren Stents. d DSA nach
Implantation von ballonexpan-
dierbaren Stents, LAO-Projektion:
gute Durchgängigkeit

b
a

c d

Merke ! Eine aktuelle prospektiv randomisierte


Untersuchung zur femoralen PTA
mittleren Nachbeobachtungszeit von 5,6 Jahren bestä-
tigt (Klein et al. 2004). Bei mehr als 90% der Patienten
zeigte, dass die Dissektionsrate nach einer Dilata- lag eine Beckenarterienstenose vor, sodass das Ergeb-
tionsdauer von 180 s signifikant kleiner als nach 30 s nis auf Patienten mit Beckenarterienverschlüssen
war (Zorger et al. 2002). nicht übertragbar ist. Es wurden nur ballonexpandier-
bare Stents verwendet, die implantiert wurden, wenn
Indikation zur Stentimplantation der Mitteldruckgradient über die Läsion nach PTA
Eine prospektiv randomisierte Multicenter-Studie ≥10 mmHg betrug. War der Druckgradient <10 mm
ergab nach einer 2-jährigen Nachbeobachtungszeit, Hg, wurde durch Gabe eines Vasodilatators (25 mg Pa-
dass die Offenheitsrate nach PTA und selektiver Stent- paverin, 40 mg Tolazolin oder 100 mg Nitroglycerin)
implantation abhängig vom Druckgradienten über die überprüft, ob unter dieser simulierten Belastungssitu-
Läsion mit der Offenheitsrate nach primärer Stentim- ation ein Anstieg auf ≥10 mmHg eintrat und so doch
plantation vergleichbar war (Tetteroo et al. 1998). Das eine Indikation zur Stentimplantation vorlag. Ab-
Ergebnis wurde auch im Langzeitverlauf nach einer schließend wurde der Druckgradient vor und nach Va-
410 Kapitel 9 Beckengefäße

a b c

d e f

Abb. 9.6 a–f. Weibliche Patientin, 51 Jahre, pAVK vom Stentmaschen geschoben wurde, daher Rückzug des Katheters.
Beckentyp rechts, Stadium Fontaine II b. a DSA vor Behand- d Symptomatische Dissektion der Bauchaorta (die Patientin
lung: Abgangsstenose der A. iliaca externa rechts. b DSA nach klagte über akute Rückenschmerzen) bei der erneuten Sondie-
Implantation eines ballonexpandierbaren Stents, der den Ab- rung. e Nach Resondierung des wahren Lumens und Stentim-
gang der linken A. iliaca communis weitgehend überlagert. plantation in die A. iliaca communis links persistierende
9 Monate später klagte die Patientin über Beschwerden links. Dissektion trotz Ballondilatation der Bauchaorta. f Implanta-
c In der DSA Abgangsstenose der A. iliaca communis links, ge- tion eines 14 mm durchmessenden selbstexpandierbaren
ringe Neointimahyperplasie im sonst gut durchgängigen Stent Stents aus Nitinol in die Bauchaorta: Die Dissektion ist nicht
rechts. Es zeigte sich, dass der Katheter für die DSA durch die mehr sichtbar, Rückgang der Schmerzen

sodilatation erneut bestimmt, um den technischen Er- schen und finanziellen Aufwand verbunden ist. Von
folg (Druckgradient <10 mmHg) zu dokumentieren. vielen Anwendern wird als einfachere Entschei-
Trotz der größeren Genauigkeit hat sich das Ver- dungshilfe weiterhin die angiographische Darstel-
fahren in der allgemeinen Praxis nicht durchsetzen lung in 2 Ebenen bevorzugt und nur in unklaren
können, da es mit zusätzlichem zeitlichen, techni- Fällen auf die Druckmessung zurückgegriffen.
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 411

a b c

Abb. 9.7 a–c. Männlicher Patient, 57 Jahre, pAVK vom Rekanalisation des Verschlusses über die rechte Leistenarterie
Beckentyp rechts, Stadium Fontaine II b. a In der DSA Ver- und Implantation eines ballonexpandierbaren Stents, Rest-
schluss der A. iliaca communis rechts (die Aufnahme wurde stenose am kaudalen Stentende. c Nach Implantation eines
freundlicherweise von der Praxis Prof. Dr. Uhlenbrock und weiteren ballonexpandierbaren Stents überlappend mit dem
Partner in Dortmund zur Verfügung gestellt). b Retrograde ersten Stent ist keine Stenose mehr sichtbar

Merke ! Eine angiographisch in 2 Ebenen do-


kumentierte Reststenose nach PTA
9.1.2
Beckenarterienverschlüsse
von >30% wird als Indikation zur Stentimplantation
angesehen.
Auch eine langstreckige flussbehindernde Dissek- Die große Mehrzahl der veröffentlichten Berichte
tion nach PTA wird als Indikation zur Stentimplanta- bezieht sich auf chronische Verschlüsse, die anam-
tion angeführt. nestisch seit mindestens 2 Monaten bestehen. Da
die Rekanalisation frischerer Verschlüsse mit einem
Beidseitige Stenosen am Abgang der A. iliaca com- höheren Embolierisiko behaftet ist, kann bei Patien-
munis lassen sich über einen bilateralen femoralen ten mit einem Fontaine-Stadium II durchaus abge-
Zugang durch simultane, so genannte „küssende“ wartet werden, bis der Verschluss ein entsprechendes
Ballondilation bzw. Stentimplantation behandeln. Alter erreicht hat. Patienten mit einer kritischen
Ballonexpandierbare und selbstexpandierbare Stents Beinischämie bedürfen jedoch der direkten Behand-
können verwendet werden. Wichtig ist, dass beide lung.
Stents einige Millimeter in die Bauchaorta hinein- Die Rekanalisation von Verschlüssen der distalen
ragen (Abb. 9.5 a–d). Wird im Falle einer einseiti- A. iliaca communis und A. iliaca externa kann retro-
gen Abgangsstenose einer A. iliaca communis der grad über einen ispilateralen femoralen Zugang oder
Ursprung der gegenseitigen frei durchflossenen antegrad in Cross-over-Technik von der kontra-
A. iliaca communis durch den Stent überbrückt, ist lateralen Leistenarterie aus durchgeführt werden
nach eigenen Erfahrungen eine beidseitige simultane (Abb. 9.7 a–c). Zur Sondierung der kontralateralen
Stentimplantation zu empfehlen, um Restenosen zu A. iliaca communis ist ein Katheter mit abgewinkelter
vermeiden (Abb. 9.6 a–f). oder rückwärts gerichteter Spitze, wie ein Sidewin-
der-, Kobra-, oder RIM-Katheter (Rösch-Inferior-
Mesenterica-Katheter) erforderlich. Der Einsatz ei-
ner Cross-over-Schleuse wird empfohlen. Nach er-
folgreicher antegrader Passage des Verschlusses kann
der Draht über einen ipsilateralen Zugang mit einer
Schlinge eingefangen und nach außen gezogen wer-
den, sodass für die weitere Behandlung ein kürzerer
geringer gewundener Zugang besteht.
412 Kapitel 9 Beckengefäße

Empfehlungen. Prospektive vergleichende Untersu-


Vorteile der Cross-over-Technik
1. Die kontralaterale Leistenarterie ist häufig besser tastbar
chungen, welches Vorgehen am effektivsten und kom-
und daher einfacher zu punktieren plikationsärmsten ist, liegen bisher nicht vor.
2. Die Interventionsrichtung entspricht der normalen Flussrich- Über die perkutane Behandlung relativ frischer
tung des Blutes.Dies soll die Passage im ursprünglichen Arte- (<2 Monate) Beckenarterienverschlüsse gibt es nur
rienlumen begünstigen und die Dissektionsrate reduzieren wenige Berichte (Zeller et al. 2002). Eine mechanische
3. Läsionen beider Iliakalarterien sowie der kontralateralen gerätegestützte Thrombektomie, die mit einer Fibri-
Beinarterien lassen sich über einen Zugang behandeln nolyse verbunden werden kann, ist anderen perku-
4. Falls eine flussbehindernde Komplikation an der Punktions- tanen Verfahren wahrscheinlich vorzuziehen. Aller-
stelle auftritt, betrifft sie die unbehandelte Seite dings sind die verfügbaren Thrombektomiesysteme
in der Regel nicht geeignet, kaliberstarke Beckenarte-
Nachteile sind die geringere Vis-a-tergo und der rien mit einem Durchmesser von ≥7 mm vollständig
etwas größere Zeit- und Kostenaufwand. Für beide frei zu machen. Das verbliebene thrombotische Ma-
Zugangswege gilt, dass bei der Verschlusspassage terial lässt sich jedoch mit einem Stent an der Gefäß-
eine begrenzte subintimale Passage tolerabel ist, so- wand fixieren. Die PTA sollte nur zurückhaltend ein-
lange ein sicherer Wiedereintritt in das wahre Gefäß- gesetzt werden.
lumen erzielt wird. Welchen Stellenwert die jüngst vorgestellte Kryo-
Verschiedene Führungsdrähte und Katheter sind plastie, bei der die Gefäßwand unter einem Druck
zur Verschusspassage geeignet. Verwendet werden von etwa 5–6 bar für die Dauer von etwa einer Minu-
meist normale oder steife gleitbeschichtete Drähte te auf –10°C abgekühlt wird, in der Behandlung von
und einfache Stahldrähte von 0,035 Inch, die einen Stenosen und Verschlüssen der Beckenarterien er-
beweglichen Kern haben können. Die Drahtspitzen halten wird, muss abgewartet werden. Größere Be-
können gerade oder gebogen sein. Auch 0,018 Inch- richte liegen bisher nicht vor.
Stahldrähte werden eingesetzt. Distal verstärkte gera-
de Katheter und distal abgewinkelte drehstabile Ergebnisse
Mehrzweckkatheter von 5–6 F werden bevorzugt ver- Bei Berichten über den Erfolg perkutaner Interven-
wendet. tionen muss differenziert werden, ob sich die angege-
Die Mehrzahl der Untersucher implantiert nach benen Daten auf hämodynamische, morphologische
Überwindung des Verschlusses obligat einen Stent. (angiographische) oder klinische Befunde beziehen.
Die primäre (direkte) Stentimplantation ohne vor- Offenheitsraten sollten mit dem Kaplan-Meier-Ver-
herige PTA wird von vielen Untersuchern bevorzugt, fahren bestimmt werden.
da sie wahrscheinlich das Risiko einer peripheren
Embolie verringert. Anerkannte Kriterien für den Erfolg
der perkutanen Therapie (Rutherford u. Becker,
Merke !Ballonexpandierbare Stents sollten
möglichst geschützt durch eine lange
1991; Rutherford et al. 1997)
∑ Kurzfristig:
Schleuse in das verschlossene Segment vorgeführt 왔 Eine Verbesserung des klinischen Stadiums um mindes-
werden, um eine vorzeitige Dislokation des Stents tens eine Kategorie
vom Trägerkatheter zu vermeiden. 왔 Ein Anstieg des Knöchel-Arm-Indexes um ≥0,1
∑ Langfristig:
왔 Ein Abfall von ≤0,15 gegenüber dem maximalen Knöchel-
Vor der Freisetzung des Stents wird die Schleuse zu-
Arm-Index nach Behandlung
rückgezogen. Ein selbstexpandierbarer Stent sollte 왔 Ein Verhältnis der maximalen systolischen Flussgeschwin-
1–2 mm größer als der ermittelte wahre Gefäßdurch- digkeiten im behandelten Segment und dem vor- oder
messer gewählt werden. nachgeschalteten Arteriensegment von <2,5
Zur Verschlusspassage werden unterschiedliche 왔 eine angiographisch in 2 Ebenen ermittelte Restenose von
Techniken häufig auch in verschiedener Reihenfolge <30%
beschrieben. Rein manuelle mechanische Techniken,
die sich auf den Einsatz von Draht und Katheter be-
schränken, konkurrieren mit verschiedenen mechani- Ein Misserfolg der Behandlung liegt vor und eine
schen Thrombektomiesystemen, der lasergestützten Restenose im behandelten Segment ist anzunehmen,
PTA und pharmakologischen Verfahren, wie der loka- wenn die genannten Kriterien nicht eingehalten wer-
len Fibrinolyse (Balzer et al.2005;Vorwerk et al.1995 a; den können. Auch jede Reintervention im behandel-
Zeller et al. 2002). Eine Kombination verschiedener ten Segment ist als Misserfolg zu werten.
Verfahren, beispielsweise von mechanischer Rekanali- Der primäre technische Erfolg der endoluminalen
sation und Fibrinolyse, ist möglich (Hausegger et al. Therapie, definiert als Wiederherstellung des norma-
1991). Über die Reihenfolge gibt es unterschiedliche len Lumens mit einer Reststenose von <30% und/
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 413

Tabelle 9.3. Offenheitsraten (in %) 4 Jahre nach Beckenarterienintervention in Abhängigkeit vom klinischen Stadium, lokalen
Befund und Behandlungsverfahren. (Nach Bosch u. Hunink 2002)

PTA Stent

Stenose Verschluss Stenose Verschluss

Fontaine Stadium II 65 54 77 61
Fontaine Stadium III oder IV 53 44 67 53

Tabelle 9.4. Einfluss verschiedener Parameter auf die Langzeit- im Fontaine-Stadium II mit 91 bzw. 87%, für Patien-
offenheitsrate nach Beckenarterienintervention. (Nach Klein ten im Fontaine-Stadium III oder IV mit 88 bzw. 82%
et al. 2004)
angegeben (De Vries u. Hunink 1997). Andererseits
Prognostisch günstig Prognostisch ungünstig sind die berichtete perioperative Morbidität und
Mortalität der perkutanen Behandlung geringer. Die
Kurzstreckige Läsion Langstreckige Läsion Mortalitätsrate der endoluminalen Therapie liegt
Konzentrische, Exzentrische, deutlich unter 1% (Bosch u. Hunink, 1997), die der
wenig verkalkte Läsion stark verkalkte Läsion Operation bei ≥3% (De Vries u. Hunink 1997). Die
Läsion in der AIC Läsion in der AIE einzige uns bekannte prospektiv randomisierte
Stenose Verschluss Studie, in der insgesamt 263 Männer entweder durch
Guter Abfluss Schlechter Abfluss PTA oder Bypasschirurgie behandelt wurden, ergab
nach distal nach distal überraschenderweise bei einer medianen Nach-
(AFS offen) (AFS verschlossen) beobachtungszeit von 4 Jahren keinen statistisch sig-
Fontaine-Stadium II a Fontaine-Stadium III nifikanten Unterschied – weder im Behandlungser-
oder II b oder IV
folg noch in der Mortalitätsrate (Wolf et al. 1993).
Männliches Geschlecht Weibliches Geschlecht Die Komplikationsrate der endoluminalen Thera-
pie beträgt etwa 10%, die Rate schwerwiegender
Komplikationen liegt gemäß der Definition (Leoni et
oder einem Mitteldruckgradienten <10 mmHg, wird al. 2001) der US-amerikanischen Gesellschaft für In-
mit >90% angegeben, für umschriebene iliakale terventionelle Radiologie bei 4–5%. Schwerwiegende
Stenosen erreicht er nahezu 100%. Die technische Er- Komplikationen betreffen häufig die Punktionsstelle.
folgsrate der Rekanalisation segmentaler Verschlüsse Zu nennen sind vor allem Leistenhämatome, retro-
der Beckenarterien liegt bei 80–85% (Vorwerk et al. peritoneale Hämatome, falsche Aneurysmen und Ste-
1995 a; Tetteroo et al. 1998). Die primäre Offenheits- nosen oder Verschlüsse der punktierten Leistenarte-
rate, d. h. ohne perkutane Reintervention, beträgt rie. Seltener treten ausgedehnte Dissektionen (insbe-
abhängig vom Patientenkollektiv nach einem Jahr sondere nach alleiniger PTA, vgl. Abb. 9.6 a–f), Stent-
etwa 80–90%. Die Offenheitsrate nach 4 Jahren lag in dislokationen, Gefäßperforationen und periphere
einer Metaanalyse von 14 Studien zwischen 44–77% Embolien auf. Mit Letzteren ist besonders bei der
(Bosch u. Hunink 1997; Tabelle 9.3). Die Restenose- Verschlussrekanalisation zu rechnen. Auch kontrast-
rate nach 4 Jahren war nach Stentimplantation im mittelabhängige Komplikationen, wie schwere aller-
Mittel 39% (Spanne: 22–56%) geringer als nach allei- gische Reaktionen, Nieren- und Schilddrüsenfunk-
niger PTA. Die Offenheitsrate 5 und 10 Jahre nach tionsstörungen, müssen bedacht werden.
Stentimplantation betrug in einer eigenen retrospek-
tiven Untersuchung von 110 Patienten mit 126 iliaka-
len Läsionen, von denen etwa 50% Stenosen und 9.1.3
50% Verschlüsse waren, 66 bzw. 46% (Schürmann et Behandlung von Restenosen
al. 2002; Tabelle 9.4). Die sekundäre Offenheitsrate,
d. h. nach einmaliger perkutaner Reintervention, lag Restenosen oder Reverschlüsse nach endoluminaler
bei 79 bzw. 55%. Ursache der Restenose ist meist eine Therapie lassen sich mit denselben Verfahren behan-
starke Narbenbildung der Gefäßwand, die so genann- deln, die auch für die Erstbehandlung von Becken-
te neointimale Hyperplasie. arterienläsionen eingesetzt werden (Abb. 9.8 a–d).
Im Vergleich zur operativen Therapie sind die Die durch neointimale Hyperplasie verursachte Re-
veröffentlichten Langzeitergebnisse der perkutanen stenose nach Stentimplantation ist in der Regel durch
Behandlung ungünstiger. Die Offenheitsrate 5 und Ballondilatation und ggf. Implantation eines weite-
10 Jahre nach aortobiiliakalem oder aortobifemora- ren Stents ausreichend behandelbar. In komplexen
lem Bypass wird in einer Metaanalyse für Patienten Fällen kommen weitere mechanische Verfahren, wie
414 Kapitel 9 Beckengefäße

Abb. 9.8 a–d. Männlicher Patient,


65 Jahre, erneute pAVK vom
Beckentyp rechts, Stadium Fon-
taine II b, nach Implantation
eines ballonexpandierbaren
Stents in die distale A. iliaca
externa vor 21 Monaten. Rezidiv-
stenose in der DSA in PA- (a) und
LAO-Projektion (b). Zusätzlich
hochgradige Stenose durch eine
Plaque kranial des Stents am
Abgang der A. iliaca interna (b).
c Implantation eines ballonexpan-
dierbaren Stents überlappend mit
dem liegenden Stent. Deutliche
Reststenose auf Höhe des Ab-
gangs der A. iliaca interna, trotz
mehrfacher Ballondilatation nicht
aufzuweiten. d Implantation eines
weiteren Stents, dabei Verschluss
der A. iliaca interna

a b

c d

die Aspirationsthromektomie oder die katheterge- schengitteraufbaus gibt es inzwischen jedoch auch
stützte Atherektomie in Frage (Vorwerk et al. 1995 b; relativ flexible ballon- und rigide selbstexpandier-
Zeller et al. 2002). Die Verfahren können mit einer bare Stents.
Thrombolyse kombiniert werden. Ballonexpandierbare Stents haben den Vorteil,
dass PTA und Stentimplantation in einem Arbeits-
Wahl des Stents gang durchgeführt werden können, wenn auf das
Aus der Literatur lässt sich bisher nicht ableiten, oben vorgestellte zweistufige Vorgehen – zunächst
ob selbstexpandierbare oder ballonexpandierbare PTA und anschließend selektive Stentimplantation –
Stents eine günstigere Langzeitoffenheitsrate im Be- verzichtet wird. Damit ist der Eingriff nicht so zeit-
reich der Beckenarterien aufweisen. Große verglei- aufwändig und weniger strahlenbelastend, jedoch
chende prospektive Studien liegen nicht vor. Ballon- möglicherweise weniger kostengünstig. Selbstexpan-
expandierbare Stents sind in der Regel rigider als dierbare Stents sollten nach der Freisetzung mit
selbstexpandierbare Stents, sodass erstere eher für einem Ballon nachdilatiert werden. Die nachteilige
kurzstreckige deutlich verkalkte, letztere eher für ungenauere Platzierbarkeit selbstexpandierbarer
langstreckige Läsionen in stark elongierten Becken- Stents, die durch die Verkürzung bei der Freisetzung
arterien geeignet sind. Durch Änderungen des Ma- bedingt war, ist mit der Einführung der Nitinolstents
9.1 Behandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit der Beckenarterien 415

nur noch von untergeordneter Bedeutung. Einzig der rend der Behandlung erhalten nahezu alle Patienten
Wallstent weist diese Eigenschaft noch auf. Im Ge- nichtfraktioniertes Heparin, eine übliche Dosierung
gensatz zur Mehrzahl der Nitinolstents kann der sind 5000 IE intraarteriell im Bolus, einzelne Grup-
Wallstent jedoch zunächst teilweise freigesetzt, pen applizieren das Heparin auch gewichtsadaptiert.
wieder auf dem Abwurfkatheter geborgen und re- Nach der Behandlung sollte die Medikation mit
platziert werden. Ein Nachteil der Nitinolstents ist Acetylsalicylsäure (100 mg/Tag) unbefristet fort-
ihre geringe Röntgensichtbarkeit. Die Hersteller ver- geführt werden (Antiplatelet Trialists’ Collaboration
suchen, diesen Nachteil durch röntgendichte Marker 1994). Es ist nicht bekannt, ob eine mehrwöchige Me-
an den Stentenden auszugleichen. dikation mit Thienopyridinen die Restenoserate der
Vergleichende klinische Studien mit wirkstoff- Beckenarterien nach PTA bzw. Stentimplantation
freisetzenden oder radioaktiven Stents in den Be- vermindert. Dennoch wird sie in Anlehnung an die
ckenarterien sind uns nicht bekannt. Die Offenheits- übliche Praxis in der Kardiologie nach Koronarstent-
rate einfacher Metallstents ist in den Beckenarterien implantation von vielen Gruppen durchgeführt. Die
bereits relativ hoch. Daher ist das Interesse, die zur orale Gabe von Clopidogrel hat vielfach die 24-stün-
Zeit noch sehr teuren oberflächenveredelten Stents dige intravenöse Vollheparinisierung nach Interven-
vergleichend in den Beckenarterien zu untersuchen, tion ersetzt.
bisher gering. Arterielle Beckenarterieninterventionen werden
Iliakale PTFE-ummantelte Stents erzielten in einer bisher meist unter stationären Bedingungen durch-
prospektiven nichtvergleichenden Studie nach einem geführt. Mit abnehmender Größe der erforderlichen
Jahr eine sehr hohe primäre Offenheitsrate von 98% femoralen Schleusen (zur Zeit 6–7 F) werden jedoch
(Lammer et al. 2000). Dieser Wert liegt höher als die ambulante Interventionen zunehmen.
berichteten Offenheitsraten einfacher Metallstents, Vor der Entlassung des Patienten ist eine klinische
jedoch wurden bisher keine Langzeitdaten und keine Untersuchung, eine Bestimmung des Knöchel-Arm-
großen direkt vergleichenden prospektiven Studien Indexes und eine farbkodierte Duplexsonographie
vorgestellt. Solange diese Daten fehlen, sind einfache erforderlich. Die Patienten sollten danach in regel-
Metallstents im klinischen Alltag vorzuziehen. mäßigen Abständen, zunächst nach 3 oder 6 Mona-
ten, anschließend mindestens einmal jährlich nach-
untersucht werden.
9.1.4
Perinterventionelle Behandlung Ummantelte Stents (Stentgrafts)
Stentgrafts sind sehr gut geeignet, um Aneurysmen,
Eine ausführliche Aufklärung des Patienten mindes- AV-Fisteln oder akute Gefäßrupturen beispielsweise
tens 24 Stunden vor Behandlungsbeginn ist obligat. nach PTA zu behandeln (Parodi et al. 1999; Vorwerk
Neben der klinischen Untersuchung sollte bei allen u. Schürmann 2000; vgl.Abb. 9.8 a–d). Da die Systeme
Patienten vor Beginn der Behandlung der Knöchel- abhängig vom Durchmesser Schleusengrößen von
Arm-Index bestimmt und eine farbkodierte Duplex- ≥10 F zur Implantation erfordern, sind zum Ver-
sonographie durchgeführt werden. Aktuelle (nicht schluss der Punktionsstelle bei perkutanem Zugang
älter als eine Woche) Laborparameter, die Gerin- unter Umständen besondere Nahtsysteme erforder-
nungswerte (Quick/INR, PTT), ein kleines Blutbild, lich. Alternativ muss die Leistenarterie gefäßchirur-
den Kreatinin- und TSH-Wert umfassen, müssen vor gisch freigelegt werden. Nicht selten ist die Embo-
Beginn der Behandlung vorliegen. lisation der A. iliaca interna vor der Stentgraftim-
Wir führen keine elektive Behandlung durch, plantation notwendig, um eine retrograde Durchblu-
wenn der Quick-Wert <50% oder die Thrombo- tung des Aneurysmas zu verhindern (Abb. 9.9 a–e).
zytenzahl <50 /nl beträgt. Der Kreatininwert sollte Eine CT-Angiographie hilft, die Ausdehnung der
bei <1,5 mg/dl liegen, andernfalls ist eine Vorbehand- häufig teilthrombosierten Aneurysmen und die
lung in Form einer Infusion von Kochsalzlösung und Größe der erforderlichen Prothesen exakt zu bestim-
der Gabe von Acetylcystein zu empfehlen. men.
Während der Intervention ist eine permanente Zur Embolisation bieten sich Spiralen an. Um das
Kontrolle der Basiskreislaufparameter zu empfehlen Risiko ischämischer Komplikationen gering zu hal-
(Blutdruck, Puls, Sauerstoffsättigung, EKG). ten, sollte der Verschluss möglichst proximal erfolgen
Eine laufende Medikation mit Acetylsalicylsäure (Kritpracha et al. 2003). Ein bilateraler Verschluss der
und/oder Thrombozytenaggregationshemmern aus A. ilaca interna ist zu vermeiden. Die Patienten müs-
der Gruppe der Thienopyridine, wie Ticlopidine oder sen regelmäßig bildgebend nachuntersucht werden,
Clopidogrel, sollte vor der Behandlung nicht abge- um konventionell angiographisch häufig nicht sicht-
setzt werden. Ist der Patient markumarisiert, ist er bare primäre oder im Verlauf neu auftretende (se-
vor der Behandlung auf Heparin umzustellen. Wäh- kundäre) Endolecks auszuschließen. Die Kontrollen
416 Kapitel 9 Beckengefäße

e d

Abb. 9.9 a–e. Männlicher Patient, 58 Jahre. Zufallsbefund und c nach Spiralembolisation der A. iliaca interna rechts.
eines Aneurymas der A. iliaca communis und interna rechts. d DSA nach Implantation eines kranial 16 mm, distal 12 mm
a CT vor Behandlung: teilthrombosiertes Aneurysma im durchmessenden Stentgrafts am nächsten Tag. e Kontroll-CT
Teilungsbereich der A. iliaca communis rechts, maximaler nach Behandlung: Das Aneurysma ist thrombosiert
Durchmesser etwa 4 cm. DSA über einen Messkatheter b vor
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken 417

werden überwiegend mit der CT-Angiographie vor- (Patel et al. 2001; Raynaud et al. 1986). Wird primär
genommen, die MR-Angiographie ist ebenfalls geeig- ein Stent implantiert, ist die technische Erfolgsrate
net. Kontrollen sollten ähnlich wie bei Patienten mit offenbar höher und wird mit 90–100% angegeben
endoluminal behandelten Bauchaortenaneurysmen (Beecroft et al. 2004; Patel et al. 2001). Als Stents
vor der Entlassung sowie beispielsweise nach 3 und sind die auch für konventionelle Nierenarterien-
9 Monaten, danach bei unauffälligem Befund min- stenosen verwendeten Systeme geeignet. Mehrheit-
destens einmal jährlich durchgeführt werden. lich werden heute Monorail-Systeme eingesetzt, die
mit Schleusengrößen unter 7 F auskommen. Ballon-
expandierbare Stents, die sich punktgenauer platzie-
9.2 ren lassen, sind geeigneter als selbstexpandierbare
Behandlung von Transplantat- Stents.
Nierenarterienstenosen Der berichtete klinische Erfolg, der sich an der
Senkung des Blutdrucks und/oder der Verbesserung
Eine Nierenarterienstenose einer Transplantatniere der Nierenfunktionswerte ablesen lässt, ist in der
tritt mit einer Häufigkeit von etwa 3–6% auf (Patel et Regel etwa 10–15% niedriger.
al. 2001; Sutherland et al. 1993). Mehrheitlich ist die Die primäre Offenheitsrate von PTA und Stent-
Stenose an der Anastomose lokalisiert und ent- implantation nach einem Jahr wurde in einer aktuel-
wickelt sich im ersten Jahr nach Transplantation. len retrospektiven Untersuchung mit 72% angege-
Seltener liegt die Stenose distal der Anastomose. Die ben, die sekundäre Offenheitsrate mit 85% (Beecroft
distale Stenose entsteht häufig durch eine Verletzung et al. 2004). Größere prospektive oder randomisierte
des Gefäßes bei der Transplantatentnahme oder Langzeitstudien wurden bisher nicht veröffentlicht.
durch die Punktion, die zur Erhaltung der Perfusion Auch eine Untersuchung, die PTA und Stentimplan-
vorgenommen wird. tation vergleicht, fehlt. Die vorliegenden Zahlen deu-
Klinisch fallen die Patienten durch eine schlecht ten allerdings darauf hin, dass die Ergebnisse nach
einstellbare Hypertonie, eine fortschreitende Ver- primärer Stentimplantation günstiger sind als nach
schlechterung der Nierenfunktion, akute Überwässe- reiner PTA.
rung oder ein sehr schnell einsetzendes akutes Lun-
genödem auf. Die klinische Verdachtsdiagnose wird
in der Regel bildgebend mit Hilfe der farbkodier- 9.3
ten Duplexsonographie und der MR-Angiographie Embolisationsbehandlung im Becken
bestätigt. Angiographisch wird von vielen – wie
bei konventionellen Nierenarterienstenosen – ein Die Embolisationsbehandlung ist indiziert zur Aus-
Durchmesserstenosegrad von >70% als Indikation schaltung von Aneurysmen, AV-Fisteln und Blutun-
zur Behandlung angesehen. Allerdings lässt sich gen (Abb. 9.10 a–f). Die Embolisation von Uterus-
die Anastomosenregion wegen des häufig stark ge- myomen wird gesondert im folgenden Abschnitt
schlängelten Verlaufs der Transplantatnierenarterie behandelt. Abhängig vom Krankheitsbild kann ein
nicht selten nur eingeschränkt beurteilen. temporärer oder ein permanenter Gefäßverschluss
das Behandlungsziel sein. Dazu stehen feste und flüs-
Merke ! Die perkutane Behandlung ist das
Verfahren der Wahl, denn die Reope-
sige abbaubare und nicht abbaubare Embolisate zur
Verfügung (Tabelle 9.5).
ration ist belastet durch eine hohe Mortalität und ei- Beckenblutungen können durch ein unfallbeding-
ne hohe Rate an Transplantatverlusten (Benoit et al. tes oder iatrogenes Trauma, durch Tumoren, Ge-
1990). fäßfehlbildungen, nach Radiatio oder Entbindung
auftreten (Görich et al. 1993). Eine Embolisationsbe-
Der Zugang sollte abhängig von der Art der Anasto- handlung ist bei unstillbaren Hb-wirksamen Blutun-
mose gewählt werden. Ein retrograder kontralatera- gen als Notfallintervention vor allem nach traumati-
ler Leistenarterienzugang ist vorzuziehen, wenn die schen Blutungen angezeigt. Blutungsquelle sind
Nierenarterie End-zu-End mit der A. iliaca interna überwiegend die viszeralen Äste der A. iliaca interna,
der Gegenseite anastomosiert wurde. Diese Anasto- insbesondere die A. obturatoria und die A. pudenda.
mose wird bei der Lebendnierenspende bevorzugt. Die A. obturatoria ist durch ihren Verlauf entlang der
Eine End-zu-Seit-Anastomose an die A. iliaca externa Kante des Foramen obturatum bei Beckenfrakturen
oder A. iliaca communis ist obligat bei Leichentrans- besonders gefährdet. Zur Behandlung sind perma-
plantatnieren. In diesem Fall ist ein ipsilateraler Zu- nente Embolisationsmaterialien vorzuziehen, vor
gang günstiger. allem Flüssigembolisate, wie Zyanoacrylat (Histo-
Der technische Erfolg der PTA von Transplantat- acryl) oder Ethibloc.
Nierenarterienstenosen liegt etwa zwischen 80–95%
418 Kapitel 9 Beckengefäße

a b

c d

e
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken 419

Abb. 9.10 a–f. Weibliche Patientin, 34 Jahre, mit Druckgefühl Tabelle 9.5. Basiseigenschaften verschiedener Embolisations-
und unklaren Schmerzen im Unterbauch nach 2 gynäkologi- materialen im Becken
schen Operationen (Sectio, Hysterektomie wegen Uterus myo-
matosus inklusive Ovariotomie links bei Zystadenofibrom). Abbaubar Nicht abbaubar
AV-Fistel in Kombination mit einem Aneurysma: a In der CT
nach i. v. Kontrastmittelgabe Aneurysma im kleinen Becken Festes Partikel aus Partikel aus
links, frühe Kontrastierung zahlreicher benachbarter erwei- Embolisat a) Gelatineschwamm a) Polyvinylalkohol
terter Venen als Hinweis auf die Fistel. b In der multiplanaren b) Stärke b) Trisacryl
koronaren Rekonstruktion etwa 3,5×3,5×7 cm messendes Blutkoagel Mikro- und
Aneurysma. c,d In der DSA Versorgung des Aneurysmas über Makrospiralen
einen stark geschlängelt verlaufenden viszeralen Ast der A. Flüssiges Kollagen Zyanoacrylat
iliaca interna links, offensichtlich die A. uterina. e Nach Spiral- Embolisat Ethibloc
embolisation der zuführenden Arterie füllt sich in der Spät-
phase der DSA nur noch ein Netz von kleinen teils venösen Ge-
fäßen. f In der CT-Kontrolle Thrombose des Aneurysmas, er-
weiterte Venen stellen sich nicht mehr dar; Metallartefakte
durch die Spiralen

Hat der Anwender mit Flüssigembolisaten keine 9.3.1


Erfahrung, wird der Einsatz von Mikro- oder Ma- Uterusmyomembolisation
krospiralen empfohlen. Wenn möglich, sollte super-
selektiv embolisiert werden, um das Risiko uner- Die perkutane Embolisation von Uterusmyomen
wünschter ischämischer Nebenwirkungen klein zu wurde von Ravina und Merland inauguriert. Anfangs
halten. Dazu ist der Einsatz eines Mikrokatheters in setzten sie das Verfahren präoperativ ein, um die
koaxialer Technik erforderlich. Die berichteten Er- Blutungskomplikationen der operativen Myomekto-
folgsquoten liegen über 90% (Lang 1981). mie zu verringern. Es stellte sich jedoch bald heraus,
Mit anderen Verfahren nicht behandelbare Tu- dass Myomknoten sich auch nach alleiniger Emboli-
morblutungen, die häufig von Blasen-, Prostata- oder sation zurückbildeten und eine klinische Besserung
Uteruskarzinomen ausgehen, sind häufig ebenfalls eintritt (Ravina et al. 1995). Während das Verfahren
durch Embolisation zu stillen (Klose et al. 1981). Per- in Europa vor allem in Frankreich, den Niederlanden
manente Embolisate sind zu empfehlen. Neben Spira- und Großbritannien bereits verbreitet ist, wird es
len und permanenten Flüssigembolisaten kommen in Deutschland bisher nur von wenigen Zentren ange-
bei diffusen Blutungen auch Partikel, die in Größen boten.
von 50–1200 mm verfügbar sind, zum Einsatz. Je peri- Das Prinzip der perkutanen Embolisation beruht
pherer der Ort des Verschlusses liegen soll, desto auf der Devaskularisation der Myomknoten durch
kleiner werden die Partikel gewählt. Allerdings ist den selektiven Verschluss der A. uterina und ihrer
zu beachten, dass mit abnehmender Partikelgröße Äste mit Hilfe permanenter Embolisatsmaterialien
das Risiko einer unerwünschten Nekrose gesunden (Walker u. Pelage 2002; vgl. Tabelle 9.5). Das Emboli-
Nachbargewebes steigt. Eine häufig verwendete sat – heute in der Regel nichtabbaubare Partikel –
„Standardgröße“ sind Partikel von 300–500 mm. führt zu einer Nekrose mit hyalinem Umbau und
Zur Behandlung des Priapismus, der häufig sehr Schrumpfung der Myomknoten.
junge Patienten betrifft, sollte kein permanentes
Embolisat verwendet werden. Hier bieten sich auto- Indikation
loge Blutkoagel, Stärke- oder Gelatineschwammpar- Indikation ist ein symptomatischer Uterus myoma-
tikel an. tosus, der Wunsch nach Behandlung und die Ableh-
Schwerwiegende Komplikationen der Embolisa- nung der konventionellen Operation. Die Indikation
tion sind Nekrosen der Beckenorgane (besonders zur perkutanen Behandlung sollte in Absprache mit
Blase, Kolon/Rektum), Impotenz, meist temporäre dem Gynäkologen gestellt werden.
Schmerzen und Gefühlsstörungen eines Beins oder
der Glutaealmuskulatur. Auch temporäre Beinläh-
mungen als Folge ischämischer Nervenschädigungen Merke ! Als sinnvoller oberer Grenzwert der
perkutan behandelbaren Myome wird
wurden beschrieben. Ein bilateraler zentraler Ver- ein Durchmesser von 12 cm angegeben. Der Uterus
schluss der A. iliaca interna sollte daher vermieden sollte <20 cm sein, dies entspricht etwa der Ausdeh-
werden. Embolisationsmaterial kann nach distal in nung in der 20. Schwangerschaftswoche (Uterus auf
die Beine abgeschwemmt werden und dort zu Gefäß- Nabelhöhe).
verschlüssen führen.
420 Kapitel 9 Beckengefäße

Die Diagnose des Uterus myomatosus und die ge- Zur Embolisation werden überwiegend Partikel
naue Lage der Myome ist vor und nach der Behand- aus Polyvinylalkohol (PVA) oder Trisacryl verwen-
lung durch Bildgebung zu dokumentieren. Ideal dazu det. Die größte Erfahrung besteht mit nichtsphäri-
geeignet ist die MRT. Eine sonographische Kontrolle schen PVA-Partikeln von 355–500 mm Durchmesser
ist ebenfalls möglich. (Walker u. Pelage 2002). Größe und Form dieser Par-
Absolute Kontraindikationen der perkutanen Be- tikel schwanken jedoch stark. Sphärische Trisacryl-
handlung sind gestielte subseröse und intraligamen- partikel, deren Größe und Form deutlich homogener
täre Myome, ein florider urogenitaler Infekt und ein ist, werden in Durchmessern von 500–900 mm einge-
liegendes Intrauterinpessar (Kröncke et al. 2004). Als setzt. Im Vergleich zu den nichtsphärischen PVA-Par-
relative Kontraindikationen gelten Kinderwunsch, tikeln sind sie einfacher über einen Mikrokatheter
Myom- bzw. Uterusgröße oberhalb der angegebenen applizierbar, und der Ort des Verschlusses ist defi-
Grenzwerte und Versorgung der Myome über die nierter (Pelage et al. 2003). Neu eingeführte sphäri-
A. ovarica. sche Partikel aus PVA, die sich ebenso einfach wie
Trisacrylpartikel applizieren lassen, sind offenbar
Technik weniger effektiv als Trisacrylpartikel (Spies et al.
Die große Mehrzahl der behandelten Patientinnen ist 2004).
im gebärfähigen Alter. Die besonders strahlensen- Endpunkt der Embolisation mit nichtsphäri-
siblen Ovarien liegen während der Behandlung voll schen und sphärischen PVA-Partikeln ist eine Stase
im Nutzstrahlenfeld. Es ist daher ganz besonders auf des Flusses in der A. uterina. Bei Verwendung von
eine geringe Strahlenbelastung zu achten. Trisacrylpartikeln reicht es aus, das Bild des so ge-
Periinterventionell wird von vielen Autoren eine nannten „entlaubten Baumes“ zu erreichen, bei dem
intravenöse Kurzzeitantibiose mit einem Breitband- ein geringer antegrader Fluss in der A. uterina erhal-
antibiotikum (Cephalosporin, Metronidazol) durch- ten bleibt. Ist der Endpunkt erreicht, sollte eine War-
geführt, der Nutzen ist allerdings nicht belegt. Die teperiode angeschlossen werden, um zu überprüfen,
A. uterina wird entweder über einen ein- oder beid- ob das erreichte Ziel stabil ist.
seitigen femoralen Zugang sondiert. Als Argument Eine intravenöse Schmerzbehandlung nach Be-
für einen beidseitigen Zugang wird eine Reduktion handlung ist in der Regel über einen Zeitraum von
der Strahlenbelastung durch simultane Embolisation 24 Stunden erforderlich. Dazu kann eine Morphin-
beider A. uterinae angeführt. Das Verfahren ist je- Schmerzpumpe oder ein Periduralkatheter verwen-
doch kosten- und personalintensiver. Die Mehrzahl det werden. Anschließend kann die Schmerzbehand-
der Untersucher bevorzugt einen einseitigen femora- lung, die häufig mit einer antiphlogistischen Medika-
len Zugang und embolisiert sukzessive in derselben tion kombiniert wird, oral fortgesetzt werden.
Sitzung zunächst die gegenseitige, anschließend die
gleichseitige A. uterina (Kröncke et al. 2004; Pelage et Ergebnisse
al. 2003; Walker u. Pelage 2002). Der technische Erfolg der Myomembolisation wird
mit über 90%, der klinische Erfolg mit etwa 70–90%
CAVE ! Eine nur einseitige Embolisation ist
nicht zu empfehlen, da die Misser-
berichtet (McLucas et al. 2001; Ravina et al. 1995;
Walker u. Pelage 2002; Abb. 9.11 a–d). Zur nicht-
folgsrate hoch ist. invasiven Ergebniskontrolle ist die MRT besonders
geeignet, da sie ohne Röntgenstrahlung auskommt
Vor der Behandlung sollte ein Blasenkatheter plat- (Abb. 9.12 a, b). Der Erfolg ist bildgebend sichtbar an
ziert werden. Schleusen von 4 oder 5 F werden einge- der bis zu 50%igen Volumenabnahme der Myome
setzt. Für die Sondierung der A. iliaca interna sind ge- und des Uterus, die meist in den ersten 6 Monaten
bogene 4- oder 5 F-Katheter, wie Kobra-, Sidewinder- nach Behandlung eintritt. Klinisch kommt es zu einer
oder RIM-Katheter, und gleitbeschichtete Führungs- Rückbildung der Blutungsbeschwerden, der Schmer-
drähte günstig. Die A. uterina entspringt in der Regel zen und des Raumforderungsgefühls im Unterbauch.
als einer der ersten Äste aus dem viszeralen (vorde- Die Gesamtkomplikationsrate wird mit etwa 15–
ren) Bündel der A. iliaca interna. Sie ist an ihrem 20% angegeben. Intraprozedurale schwerwiegende
stark geschlängelten Verlauf meist gut zu erkennen. Komplikationen gemäß Definition der SIR (Society
Viele Autoren empfehlen zur selektiven Sondierung of Interventional Radiology; Leoni et al. 2001) sind
der A. uterina einen Mikrokatheter, um Spasmen zu mit 1–5% selten (Kröncke et al. 2004; Walker u. Pela-
vermeiden. Kröncke und Mitarbeiter (2004) berich- ge 2002). Postinterventionell tritt in etwa 1–2% eine
ten jedoch, dass sie bei Verwendung eines 4 F-RIM- Infektion auf, die von einem schweren Postembolisa-
Katheters in 80% der Fälle auf einen Mikrokatheter tionssyndrom differenzialdiagnostisch unterschie-
verzichten konnten. Der Katheter wird mit der Spitze den werden muss. Eine ovarielle Insuffizienz (vorzei-
im transversalen Segment der A. uterina platziert. tige Menopause) kommt im Alter unter 45 Jahren in
9.3 Embolisationsbehandlung im Becken 421

Abb. 9.11 a–d. Weibliche Patien-


tin, 43 Jahre, mit symptoma-
tischen Uterusmyomen. a Vor
und b nach Embolisation der
Äste der linken A. uterina
mit sphärischen Partikeln, an-
schließend Rückzug des Katheters
und Embolisation rechts in
gleicher Technik. DSA c vor
und d nach Embolisation

a b

c d

<2%, im höheren Alter in bis zu 15% der Fälle vor postprozedurale Majorkomplikationsrate der Opera-
(Chrisman et al. 2000; Walker u. Pelage 2002). Chroni- tion von 35% gegenüber nur 2% der Embolisations-
scher vaginaler Ausfluss kann auf eine Abstoßung therapie (Pinto et al. 2003). Insgesamt ist die Zahl der
von nekrotischem Myomgewebe in die Uterushöhle veröffentlichten kontrollierten Studien und Langzeit-
mit Impaktation und Infektion hinweisen. Auch eine nachuntersuchungen jedoch noch zu gering, um das
vaginale Ausscheidung abgestoßenen Myomgewebes Verfahren als endgültig etabliert im Vergleich zu den
ist möglich. Eine Uterusnekrose ist sehr selten operativen Verfahren ansehen zu können (Moss
(<1%). Eine der wenigen bisher vorliegenden pro- 2005).
spektiv randomisierten Vergleichsstudien ergab eine
422 Kapitel 9 Beckengefäße

Abb. 9.12 a, b. Weibliche Patien-


tin, 41 Jahre, mit symptomati-
schen Uterusmyomen. Sagittale
MRT-Schnitte a vor und b am
Tag nach der Embolisation. Vor
der Behandlung (a) inhomogen
kontrastmittelanreichernder
knotig vergrößerter Uterus.
Nach der Embolisation (b)
Devaskularisation der Myome,
die sich hypointens darstellen.
T1-gewichtete TSE-Sequenz mit
Fettsuppression nach i. v.
Kontrastmittelgabe.
(Die Aufnahmen wurden freund-
licherweise von Frau PD Dr.
Gabriele Krombach, Klinik für
Radiologische Diagnostik,
Klinikum Aachen, zur Verfügung
gestellt)

a b

9.4 nung der Thrombose, ein Rezidiv und eine Lungen-


Venöse Interventionen embolie zu verhindern. Die bestehende Thrombus-
masse wird jedoch nicht verringert.
Langzeitfolgen, wie die chronische venöse Insuffi-
Venöse Interventionen im Bereich des Beckens sind zienz, die nach 2 Jahren mit einer Häufigkeit von bis
im Vergleich zu arteriellen seltener. Die Datenbasis zu 25% auftritt, werden nicht verhindert (Mewissen
ist daher kleiner. Viele Verfahren befinden sich noch et al. 1999; Prandoni et al. 1996).
im Stadium der experimentellen Prüfung oder frü-
hen klinischen Erprobung und sind bisher klinisch Indikation und Technik
nicht etabliert (Haage u. Günther 2005). Allgemein Die perkutane invasive Behandlung sollte vom Alter,
akzeptierte Standards, unter welchen Voraussetzun- der Lokalisation und der Ausdehnung der Thrombo-
gen eine perkutane Intervention sinnvoll ist oder se und dem klinischen Gesamtbild abhängig gemacht
nicht, fehlen überwiegend. Der wesentliche Grund werden.
ist, dass große prospektiv randomisierte Studien, die
einen Vorteil der invasiven perkutanen Behand-
lungsverfahren eindeutig belegen könnten, bisher Merke ! Die Behandlung ist um so effektiver,
je frischer die Thrombose ist.
nicht vorliegen.
Liegt sie länger als 10 Tage zurück, hat eine perkuta-
ne Behandlung nur noch wenig Aussicht auf Erfolg,
9.4.1 da der Thrombus bereits teilweise wandadhärent und
Beckenvenenthrombose organisiert ist. Nach 4 Wochen ist eine Lysetherapie
nicht mehr erfolgversprechend.
Dies gilt auch für die Behandlung der akuten Throm-
bose, eine der häufigsten venösen Erkrankungen im
Beckenbereich. Die Thrombose ist meist nicht auf die
CAVE ! Je proximaler das thrombotische Ma-
terial lokalisiert und je ausgedehn-
Beckenvenen beschränkt, sondern dehnt sich nach ter die Thrombose ist, desto wahrscheinlicher sind
femoral, seltener auch in die V. cava inferior aus. schwerwiegende Folgererkrankungen, wie Lungen-
Goldstandard ist die konservative Behandlung, die embolie oder chronische venöse Insuffizienz.
aus Heparingabe, Bettruhe, Beinhochlagerung und
Einsatz von Kompressionsstrümpfen besteht. Ziel der Große Venen (≥10 mm) wie die Beckenvenen zeigen
konservativen Therapie ist es, die weitere Ausdeh- nur eine geringe spontane Rekanalisationsrate.
9.4 Venöse Interventionen 423

Die perkutane Rekanalisation kann thromboly- nation von Thrombusfragmentation und -aspiration
tisch, mechanisch oder kombiniert erfolgen. Es ist durch einen hohen lokalen Unterdruck (Venturi-Ef-
umstritten, ob zum Schutz vor einer Lungenembolie fekt) an der Katheterspitze, der wie bei einer Wasser-
temporär ein Kavafilter implantiert werden sollte. Da strahlpumpe erzeugt wird. Die zur Zeit verfügbaren
alle perkutanen invasiven Verfahren bisher klinisch maschinellen Thrombektomiesysteme sind aller-
nicht etabliert sind, ist die Indikation zur Implanta- dings in kaliberstarken Venen von ≥10 mm Durch-
tion eines protektiven wiederentfernbaren Kavafil- messer, wie der V. cava inferior und der V. iliaca com-
ters großzügig zu stellen. Permanente Filter sollten munis, nur eingeschränkt wirksam. Die Thrombose
wegen der Langzeitkomplikationen möglichst nicht vergrößert in der Regel den Venendurchmesser zu-
mehr implantiert werden. Dehnt sich ein flottieren- sätzlich. Nach der mechanischen Thrombektomie
der umflossener Thrombus in die V. cava inferior aus, bleiben daher nicht selten größere Mengen wand-
ist unabhängig vom gewählten Verfahren ein Embo- ständigen thrombotischen Materials zurück, das
lieschutz in jedem Fall zu empfehlen. jedoch häufig durch eine zusätzlich lokale Thrombo-
lyse beseitigt werden kann.
Lokale Thrombolyse Mehrere Studien belegen, dass die Kombination
Unter den invasiven Verfahren besteht die größte Er- der Thrombolyse mit einer mechanischen Thromb-
fahrung mit der lokalen Katheterlyse. Dazu wird ein ektomie der alleinigen lokalen Katheterlyse überle-
endständig verschlossener Katheter mit zahlreichen gen ist (Morgan u. Belly 2002; Vedanthem et al. 2002).
Seitenlöchern und entsprechender Länge im Throm- Die Lysedauer wird verkürzt und die erforderliche
bus platziert. Als Wirkstoff werden vor allem Uroki- Wirkstoffmenge vermindert. Neuere mechanische
nase und rt-PA eingesetzt. Streptokinase wird kaum Systeme verbinden daher die mechanische Fragmen-
noch verwendet. Die mittlere Dauer der lokalen Lyse tation mit einer gleichzeitigen lokalen Thrombolyse.
betrug in einer Metaanalyse mehrerer Studien mit Ein Nachteil der mechanischen Systeme ist ihr hoher
Urokinase 53 Stunden, die mittlere applizierte Dosis Preis. Einige Systeme sind nicht über einen Füh-
7,8 Mio. IE (Mewissen et al. 1999). Mit rt-PA ist eine rungsdraht einzubringen und daher nur schlecht zu
etwas kürzere Lysedauer zu erwarten. Verschiedene steuern.
Dosisschemen werden verwendet. Ein allgemein Besteht eine akute symptomatische iliokavale
akzeptierter Standard existiert nicht. Thrombose bei einem sonst gesunden Patienten, ist
Während der Lyse ist parallel eine Vollheparinisie- eine perkutane Rekanalisation zu empfehlen. Der
rung in der Regel in einer Dosierung zwischen 500– günstigste Zugang ist von jugulär. Zur kavalen
1000 IE/h erforderlich. Die Antikoagulation sollte Thrombektomie ist vor allem das Dormia-Körbchen
überlappend mit Marcumar über einen Zeitraum geeignet, das sich bis zu einem Durchmesser von
von mindestens 6 Monaten fortgeführt werden. 30 mm erweitern lässt. Zum Schutz vor zentralen
Gegenüber der systemischen Lyse ist die lokale Emboli kann eine reusenartige Spezialschleuse ver-
Katheterlyse wahrscheinlich effektiver und kompli- wendet werden, die in der V. cava inferior unterhalb
kationsärmer (Sharafuddin et al. 2003), da der Wirk- des Nierenvenenursprungs expandiert und am Ende
stoff den Thrombus sicher und weitgehend unver- der Behandlung wieder entfernt wird (Haage u.
dünnt erreicht. Die Lysedauer und die benötigte Günther 2005). Ist die Thrombose auf eine Iliakal-
Wirkstoffmenge sind geringer. Eine der wenigen ver- vene beschränkt, kann bei einer mechanischen
öffentlichten prospektiven Studien zeigte Vorteile der Thrombektomie auch ein Fogarty-Ballon zum Schutz
lokalen Katheterlyse auch gegenüber der konservati- vor einer Embolie proximal des Thrombus platziert
ven Heparintherapie (Elsharawy u. Elzayat 2002). Die werden.
Offenheitsrate nach 6 Monaten war höher und die
venöse Refluxrate niedriger.
Merke ! Die mechanische Thrombektomie kann
in der V. cava inferior und den Be-
Mechanische und kombinierte Verfahren ckenvenen unbedenklich durchgeführt werden, da
Verschiedene Systeme stehen für die mechanische keine Schädigung von Venenklappen zu befürchten
Behandlung zur Verfügung. Die Palette reicht vom ist.
einfachen Lysekatheter über das Dormia-Körbchen
bis zum maschinell gesteuerten rotierenden oder Erste tierexperimentelle und klinische Studien deu-
hydrodynamischen Thrombektomiekatheter (Mor- ten daraufhin, dass bei vorsichtiger Handhabung des
gan u. Belly 2002). Thromektomiesystems auch klappentragende Venen
Das Prinzip der rotierenden Katheter beruht auf behandelbar sind (Haage u. Günther 2005).
der Fragmentation des thrombotischen Materials Bei Patienten mit einer akuten iliofemoralen
durch eine Art rotierenden „Quirl“. Das Prinzip der Thrombose kann über einen poplitealen, kontralate-
hydrodynamischen Katheter beruht auf einer Kombi- ralen femoralen oder jugulären Zugang ein perkuta-
424 Kapitel 9 Beckengefäße

ner Behandlungsversuch unternommen werden. Die ckenvenen durch benachbarte Arterien eingeengt
popliteale Punktion sollte unter sonographischer werden können. Symptomatisch wird offensichtlich
Kontrolle erfolgen. Wegen des Risikos der Klappen- nur ein geringer Teil der Betroffenen – Frauen häufi-
schädigung favorisieren einige die lokale Katheter- ger als Männer.
lyse gegenüber der mechanischen Thrombektomie. Die mechanische venöse Abflussbehinderung kann
mit einer chronischen Beinschwellung, Schmerzen
oder den Zeichen einer chronischen venösen Insuffi-
9.4.2 zienz einhergehen. Symptomatische Beckenvenen-
Beckenvenenstenosen stenosen und -verschlüsse können auch als Spätfolge
einer vorausgegangenen iliofemoralen Thrombose,
Wird eine invasive perkutane Behandlung durchge- posttraumatisch (wiederholte Katheterplatzierung),
führt, findet sich nicht selten als Ursache der akuten bei retroperitonealer Fibrose, postentzündlich nach
Thrombose eine perkutan behandelbare Stenose der Operation oder Radiatio oder bei einem Tumor auf-
Beckenvenen oder der distalen V. cava inferior, die treten (Abb. 9.13 a–f).
der konservativen Behandlung entgangen wäre (Bin- Umschriebene Stenosen der Beckenvenen sind
kert et al. 1998). durch PTA und Stentimplantation einfach behandel-
Eine aktuelle Untersuchung mit der CT-Venogra- bar (Binkert et al. 1998). Die PTA allein führt wegen
phie ergab, dass iliofemorale Thrombosen häufig auf der hohen Elastizität und Rückstellkraft der Venen
Anomalien der Venenanatomie zurückgehen. Von 44 meist nicht zu einer ausreichenden Aufweitung,
Patienten mit einer akuten linksseitigen iliofemora- sodass die Implantation eines Stents die Regel ist
len Thrombose wiesen 37 eine Anomalie der linken (vgl. Abb. 9.13 e, f). Selbstexpandierbare Stents sind
iliofemoralen Venen oder der V. cava inferior auf vorzuziehen, da sie sich besser an die elastische
(Chung et al. 2004). Bei 9 Patienten mit einer rechts- Venenwand adaptieren als ballonexpandierbare
seitigen iliofemoralen Thrombose fanden sich 6 ve- Stents. Die Größe der benötigten Stents liegt meist
nöse Anomalien. Bereits 1851 beschrieb R. Virchow, zwischen 10–16 mm.
dass Becken- und Beinvenenthrombosen links etwa
5-mal häufiger auftreten als rechts (Virchow 1851). Ergebnisse
Die Häufung wird zurückgeführt auf einen offenbar Der technische Erfolg der Behandlung akuter ilio-
erworbenen Gefäßsporn in der linken V. iliaca com- femoraler Thrombosen und chronischer Becken-
munis, den May u. Thurner (1956) in einer Studie bei venenstenosen liegt bei etwa 90%, bei iliokavalen
22% der 430 Autopsierten feststellten und der das Thrombosen ist er mit etwa 80% etwas geringer
Venenlumen in unterschiedlichem Ausmaß einengte. (Haage u. Günther 2005). Die Nachbeobachtung er-
Die Kompression der linken Iliakalvene zwischen der folgt am einfachsten mit der Farbduplexsonogra-
überkreuzenden rechten A. iliaca communis und phie. Die primäre Stentoffenheit nach 3 Jahren be-
dem 5. LWK soll für die Spornbildung verantwortlich trug in einer Studie 75% (Neglen u. Raju 2004).
sein. Nach Stentimplantation bei symptomatischer Be-
Nach den Erstbeschreibern der Pathologie wird ckenvenenstenose ist eine Antikoagulation für min-
das Krankheitsbild als May-Thurner-Syndrom, im destens 6 Monate erforderlich, meist wird Marcumar
französischen Sprachraum auch als Cockett-Syndrom verwendet. Der Zielwert der INR („international nor-
(Cockett u. Thomas 1965) oder allgemein als Iliakal- malized ratio“) liegt bei 2–3. Bei Tumorpatienten ist
venenkompressionssyndrom bezeichnet. Cockett und über Art und Umfang der Antikoagulation von Fall
Thomas fanden weitere Lokalisationen, in denen Be- zu Fall zu entscheiden.
9.4 Venöse Interventionen 425

a b

Abb. 9.13 a–f. Weibliche Patien-


tin, 67 Jahre, mit Entzündungs-
zeichen und Unterbauchbe-
schwerden nach Operation
wegen Endometriumkarzinoms
4 Wochen zuvor. a CT nach i. v.
Kontrastmittelgabe: Abszess
(infizierte Lymphozele) links,
der die Iliakalgefäße umfasst.
b CT-gesteuerte Anlage einer
Drainage. Bei weiterhin fördern-
der Drainage 2 Wochen später
zunehmende Beinschwellung
links. c In der DSA hochgradige
Beckenvenenstenose links, nach
Ballondilatation unverändert.
Zusätzlich komplexe Stenose an
der Mündung der V. iliaca com-
munis (May-Thurner-Syndrom);
kräftige nach distal zur Gegen-
seite verlaufende Kollateralvene
(c, d). e Behandlung der distalen
Beckenvenenstenose durch
2 überlappende Nitinolstents. c d
f Nachdilatation der Stents:
enge Lagebeziehung zwischen
Drainage und Beckenvene, die
möglicherweise die Ausbildung
der Stenose begünstigte. Die
Patientin war bis zur Operation
asymptomatisch, daher zunächst
keine Behandlung des May-
Thurner-Syndroms. Rückbildung
der Beinschwellung nach
Behandlung

e f
426 Kapitel 9 Beckengefäße

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Periphere Arterien 10
D. Vorwerk

10.1 Gefäßeröffnende Verfahren ∑ bei jüngeren Patienten mit Einschränkung der


bei chronischen Veränderungen 429 Lebensumstände ab dem Stadium II a,
10.2 Gefäßeröffnende Verfahren ∑ bei älteren Patienten ab dem Stadium II b.
bei akuten Verschlüssen 440
Literatur 443 In der angloamerikanischen Literatur hat sich der
Terminus „life-style limiting claudication“ zur Indi-
Interventionen am peripheren Gefäßsystem unter- kationsstellung durchgesetzt hat. Hierbei muss aber
halb des Leistenbandes betreffen im Wesentlichen berücksichtigt werden, ob die Läsion eine vernünfti-
stenosierende und okkludierende Prozesse im aku- ge Chance zur perkutanen Rekanalisation bietet, da
ten und chronischen Zustand, in selteneren Fälle die eine operative Rekanalisation in der Regel erst ab
Behandlung von aneurysmatischen Veränderungen. dem Stadium III angeboten werden sollte.
Embolisierende Verfahren kommen nur in Einzelfäl- Unterhalb des Kniegelenks ist die Auffassung ak-
len wie bei Gefäßmissbildungen oder arteriovenösen zeptiert, dass eine Rekanalisation erst ab dem Stadi-
(AV-) Fisteln in Frage. um III oder IV ( bzw. einem komplizierten Stadium
II b) durchgeführt werden sollte, um einen Extremit-
ätenerhalt zu sichern. In Ausnahmefällen kann bei
10.1 Kombination mit einem Eingriff an der femoropopli-
Gefäßeröffnende Verfahren tealen Strombahn auch in niedrigeren klinischen
bei chronischen Veränderungen Stadien ein Unterschenkeleingriff erfolgen, wenn die
Läsion problematisch ist und eine Verschlechterung
Stenosierende oder okkludierende Läsionen der sub- hierdurch zu befürchten ist.
inguinalen Gefäße betreffen etwa 2/3 aller Patienten
mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), Topographische und morphologische Indikation
während nur lediglich 1/3 den Beckenarterien zuge- A. femoralis communis und A. profunda femoris
rechnet werden (Martin 1991). Dennoch ist die Rate Für beide Lokalisationen besteht keine gesicherte
perkutaner Interventionen an den infrainguinalen Indikation zur perkutanen Intervention, da der
Arterien im Vergleich zum Becken unterrepräsen- chirurgische Zugang in der Regel einfach und sicher
tiert, da häufig die morphologische Situation perku- ist (Profundaplastik, Leisten-TEA). In Ausnahme-
tane Verfahren eher ungünstig erscheinen lassen. fällen kann eine perkutane transluminale Angioplas-
Die Indikation zur perkutanen Intervention hängt tie (PTA) in dieser Region gerechtfertigt sein, wie
von dem klinischen Zustand des Patienten, der Loka- z. B. bei Restenosen in bereits voroperierten Arterien.
lisation der Läsion und der Morphe des obstruieren-
den Prozesses ab. A. superficialis femoris und A. poplitea
Die Wahl des angewendeten Verfahren wird im Eine klinische Indikation besteht im Stadium Fontai-
Wesentlichen von der Morphologie und ggf. von dem ne II b, III und IV. Bei jungen Patienten mit isolierten
unmittelbaren technischen Ergebnis während Inter- Läsionen kann in Abhängigkeit von den Lebensum-
vention bestimmt. ständen bereits bei Stadium II a ein Eingriff erwogen
werden.
Klinische Indikation Morphologisch ist die perkutane Technik nach
Eine Indikation zum perkutanen Vorgehen an den dem transatlantischen Konsensusdkokument TASC
femoropoplitealen Arterien wird ab dem Stadium II (TASC 2000) die Methode der Wahl bei Stenosen bis
nach Fontaine gestellt (vgl. Tabelle 9.1), 3 cm Länge, die aber nicht abgangsnah in der A. su-
perficialis femoris liegen (TASC A). Weiterhin geeig-
net sind Verschlüsse bis 5 cm Länge, Stenosen von
430 Kapitel 10 Periphere Arterien

a b c

Abb. 10.1 a–c. Wendemanöver bei steiler antegrader Punk- enger Krümmung wird eingeführt und in der Punktionsstelle
tion. a Draht ist in die A. iliaca externa eingelaufen bei steiler gedreht. c Draht wird über den gedrehten Katheter nach distal
antegrader Femoralispunktion. b Ein 5 F-Katheter mit kurzer geführt

3–5 cm Länge, ggf. bis 8 cm Länge (TASC B: Läsionen, Lokalisation dar, es sei denn, es liegen besondere
die eher zur perkutanen als chirurgischen Therapie Umstände vor, wie narbige Restenosen nach operier-
geeignet sind). ter Leiste.
In der A. superficialis femoris und der A. poplitea
Unterschenkelarterien sind als relative Kontraindikationen für eine perkuta-
Aufgrund ihrer klinischen Ausprägung mit Ruhe- ne Intervention zu betrachten:
schmerz oder trophischen Störungen ergibt sich die
∑ Abgangsstenosen der A. superficialis femoris als
Indikation zur Behandlung im Stadium III und IV.
isolierte Läsion,
Kurzstreckige Läsionen sind technisch besser geeig-
∑ Abgangsverschlüsse der A. superficialis femoris,
net als langstreckige Verschlüsse. Da aber eine Ver-
∑ Läsionen bei fehlender Ausstrombahn und
besserung des desolaten Krankheitsbildes im Vorder-
∑ Läsionen über 5 cm Länge.
grund steht mit dem Ziel des Extremitätenerhalts,
kann bei allen Läsionen, die in der Peripherie ein An- Bei Unterschenkelgefäßen betrifft dies Läsionen im
schlussgefäß aufweisen, ein Versuch angezeigt sein. klinischen Stadium I, II a und II b.
Hierbei müssen keine technischen Grenzen beach- Seltene Kontraindikationen zur PTA stellen Pseu-
tet werden. Mit geeigneten Koronarballonkathetern dostenosen der A. poplitea infolge thrombosierter
können auch Stenosen bis in die A. dorsalis pedis Poplitealaneurysmen dar. Diese werden entweder
behandelt werden. primär operativ versorgt oder seltener auch durch
primäre Stentgraft-Implantation. Des Weiteren stel-
Kontraindikation zur perkutanen Intervention len die zystische Mediadegeneration der A. poplitea,
Läsionen der A. femoralis communis und der A. pro- die funktionelle Stenose durch „popliteal entrap-
funda femoris stellen primäre Kontraindikationen ment“ und eine Thrombangitis obliterans Kontra-
zu einer perkutanen Intervention aufgrund ihrer indikationen dar.
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 431

Technik
Arterieller Zugang
쐍 Antegrade Punktion der A. femoralis communis. Die
A. femoralis communis soll in ihrem Austritt unter
dem Leistenband punktiert werden.Anatomisch liegt
dieser Punkt bei gestreckter Hüfte (wichtig zur Fixie-
rung des Gefäßes) im unteren Drittel des Hüftkopfes.

CAVE ! Eine zu hohe Punktion birgt die Ge-


fahr einer retroperitonealen Blutung.
Eine zu tiefe Punktion kann zur Direktpunktion der
A. profunda femoris oder der A. superficialis femoris
führen.

Der Punktionstrakt sollte so flach wie möglich ge-


wählt werden. Dies kann bei schlanken Patienten
leicht, bei adipösen Patienten aber schwierig sein.
Nach Einführung eines gleitbeschichteten Füh-
rungsdrahtes wird ein Multifunktionskatheter [Van
Andel, Aachen 1 (Cook)] eingeführt. Über diesen wird
der Führungsdraht, der z. B. in die A. profunda femoris
abgeglitten ist, sicher in die A. superficialis femoris ein-
geführt. Anschließend wird eine Schleuse eingelegt.
Bei steiler Punktion kann der Draht in die iliakale
Achse anstatt nach distal einlaufen. Hier sollte der
Punktionsweg beibehalten und ein 4- bis 5 F-Multi-
funktionskatheter mit 90 Endkrümmung eingeführt
werden. Dieser kann in der Punktionsstelle gewendet
werden. Auf diese Weise kann der Draht nach distal Abb. 10.2. Hohe Femoralisgabel. Bei hoher Teilung der A. fe-
geführt werden, ohne dass eine weitere Punktion moralis communis ist die A. profunda femoris punktiert wor-
den; eine Wendung ist nicht möglich. Alternativ Direktpunk-
notwendig wird (Abb. 10.1 a–c). tion der A. superficialis femoris ggf. unter Sicht oder Interven-
Bei peripheren Interventionen ist die Verwendung tion in Cross-over-Technik
einer Einführschleuse empfehlenswert, wobei in der
Regel eine 6 F-Schleuse ausreichend ist. Bei aus-
schließlicher Verwendung von Mikrosystemen oder
sehr dünnen Gefäßdurchmessern kann auch eine ser.Anschließend erfolgt die Sondierung der femora-
4 F-Schleuse appliziert werden. len bzw. kruralen Läsionen. Es müssen lange Drähte
(180–260 cm) und Katheterschäfte verwendet wer-
쐍 Kontralateraler Zugang zu peripheren Läsionen. Ein den, um alle Regionen erreichen zu können.
kontralateraler Zugang wird je nach Einrichtung Vorteile einer Cross-over-Rekanalisation sind der
auch zur Behandlung femoraler und kruraler Läsio- ungefährlichere Zugang, insbesondere bei adipösen
nen gewählt. Er kommt in Ausnahmefällen in Frage, Patienten.
da der Zugang technisch schwieriger und die techni- Nachteile sind die umständlicheren Manipulatio-
sche Manipulation umständlicher wird. nen, mangelhafte Kraftentwicklung bei der Passage
Wichtige Indikationen sind: z. B. von Verschlüssen und Probleme bei der Behand-
lung von Komplikationen wie z. B. einer arteriellen
∑ hohe Femoralisteilung (Abb. 10.2), um retroperi-
Embolie, die einen zweiten antegraden Zugang erfor-
toneale Blutungen zu vermeiden (alternativ Su-
derlich machen können.
perficialisdirektpunktion),
∑ infizierte oder frisch operierte Leiste,
쐍 Transpoplitealer Zugang. In Ausnahmefällen – z. B.
∑ kombinierte Dilatation von iliakalen und Femo-
wenn eine Läsion nicht von kranial her sondiert wer-
ralisläsionen.
den kann – kann ein transpoplitealer Zugang gewählt
Nach retrograder Punktion der kontralateralen werden, um eine Passage zu erreichen. Dies ist aller-
A. femoralis communis erfolgt die Cross-over-Son- dings selten zwingend notwendig.
dierung der A. iliaca externa und die Einlage einer In Bauchlage erfolgt die Darstellung der A. popli-
Cross-over-Schleuse von 6 oder 7 F Innendurchmes- tea im Ultraschall etwa 6–7 cm oberhalb des Knie-
432 Kapitel 10 Periphere Arterien

a b c

Abb. 10.3 a–c. Subintimale Rekanalisation – Drahttechnik. ben wird. b Am Übertritt verjüngt sich die sonst weite Schlau-
a Die Spitze des gleitbeschichteten Führungsdrahtes be- fe, um in das wahre Lumen überzutreten. c Hochgradige Ver-
schreibt eine Schlaufe, die im subintimalen Raum vorgescho- jüngung am Übertrittspunkt

gelenkspaltes. Die Punktion sollte etwas angeschrägt Kontrastmittelapplikation wird anschließend eine
von innen erfolgen, um eine Durchpunktion der konische Spitze im durchströmten Ende des Ver-
V. poplitea zu vermeiden, die hier dorsal, in Bauch- schlusses gesucht und ein gerader Führungsdraht in
lage also vor der Arterie, liegt. Bei diesem Zugang diesen Abschnitt vorgeführt, ohne dabei in den
sollte immer eine Schleuse verwendet werden. Thrombus einzudringen. Bevor das Drahtende in den
Verschluss eingeführt wird, sollte das Katheterende
쐍 Sondierung der Stenose. Nach Vorführen eines minimal zurückgezogen werde, da ansonsten der
gleitbeschichteten Drahtes und Katheters über die Katheter das Drahtende so stark versteift, dass dies
Läsion, wird der gleitgeschichtete Draht gegen einen zur unerwünschten Dissektion führen kann. Wäh-
nichtbeschichteten Draht ausgetauscht, um ein unbe- rend des Vorschiebens des Drahtes im Verschluss ist
merktes Zurückgleiten zu vermeiden. Die Drahtspit- ein leichter Widerstand spürbar. Es ist von Vorteil,
ze muss in sicherer Position läsionsfern gelagert sein. Draht und Katheter gemeinsam durch den Verschluss
Im Unterschenkel sollten Führungsdrähte von zu bringen, wobei die Drahtspitze immer führen
mindestens 180 cm Länge zur Sondierung genutzt muss. Nach Wiedererreichen des freien Lumens
werden, um einen Kathetertausch vornehmen zu kommt es zu einem Widerstandsverlust. Tritt auf der
können. In Unterschenkelarterien sollten nur gleitbe- Höhe des durchströmten Lumens wider Erwarten
schichtete (0,035 Inch = 35/1000 Zoll) oder Spezial- kein Widerstandsverlust auf, sollte eine Angiographie
drähte (0,018 – 0,021 Inch), aber keine konventionel- klären, ob der Draht subintimal geführt worden ist.
len 0,035 Inch-Drähte verwendet werden.
쐍 Subintimale Rekanalisation. Eine subintimale Re-
쐍 Sondierung eines Verschlusses. Wird ein Gefäßver- kanalisation kann allerdings auch absichtlich herbei-
schluss sondiert, so sollte die Katheterspitze knapp geführt werden, wenn ein Verschluss ansonsten nicht
vor dem Verschlussbeginn zu liegen kommen. Unter passierbar ist.Von Reekers u. Bolia (1998) wurde eine
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 433

a b c a b

Abb. 10.4 a–c. Subintimale Rekanalisation. a Langstreckiger Abb. 10.5 a, b. Unterschenkel-PTA. a Proximaler Verschluss der
Verschluss der A. superficialis femoris bei Patienten im Stadi- A. fibularis als Aufnahmegefäß eines femorokruralen Bypasses.
um III. b,c Nach subintimaler Rekanalisation erneut gute b Nach PTA mittels eines 3 mm-Ballons gute Durchgängigkeit
Durchgängigkeit mit kurzer Engstellung am Eintrittsort

Rekanalisationstechnik beschrieben, die absichtlich 쐍 PTA. Eine PTA sollte mit einem bezüglich des
einen subintimalen Passageweg erzeugt, um Ver- Durchmessers und der Länge gut abgestimmten
schlüsse zu umgehen. Ballonkatheter erfolgen. Wir bevorzugen am Ober-
Hierbei wird die Katheterspitze in der Läsion schenkel Semicompliant-Ballons, die sich gezielt
exzentrisch fixiert und ein gleitbeschichteter Draht überdehnen lassen, um eine möglichst gute Adaptie-
vorgeführt. Nimmt dieser dann einen spiraligen Ver- rung zu erreichen. Ein Manometer erleichtert die
lauf oder bildet eine Schlaufe, liegt er in einer sub- Dilatation und kontrolliert sie besser. Wir halten eine
intimalen Schicht. Dilatationszeit von 30–45 s ein. Schaftdurchmesser
Diese Schlaufe (Abb. 10.3 a–c) wird dann über die von 4,5–5 F sind heute Standard. Für Oberschenkel-
gesamte Verschlusslänge vorgeschoben, bis sie aus arterien und die A. poplitea sind Systeme, die einen
dem subintimalen Raum wieder in das durchströmte 0,035 Inch-Führungsdraht aufnehmen, zu bevorzu-
Lumen übertritt. Hierbei verengt sich im Idealfall gen.
der Kurvenradius der Schlaufe. Dies gelingt über- Am Unterschenkel ist die Materialwahl entschei-
raschenderweise relativ zuverlässig. Es kann aller- dender.
dings auch dazu kommen, dass der Draht den sub- Für den proximalen Unterschenkel werden Ballon-
intimalen Raum nicht verlässt und auch über die Ver- durchmesser von 3–3,5 mm gewählt (Abb. 10.5 a, b).
schlusslänge hinaus in diesem verharrt. Dies sollte An dieser Stelle können in der Regel Standardballons
vermieden werden, um Kollateralgefäße nicht un- eingesetzt werden. Weiter distal sollten Minisysteme
nötigerweise zu zerstören. mit sehr dünnen Ballonschäften und Durchmessern
Diese Technik ist insbesondere im Stadium III und von 2–2,5 mm verwendet werden, welche über 0,018-
IV indiziert, um auch bei sehr langstreckigen Ver- und 0,014-Inch-Führungsdrähte geleitet werden. Es
schlüssen eine rasche Versorgung zu erreichen und können entweder Koronarballonkatheter oder dedi-
das akute Stadium zu beherrschen (Abb. 10.4 a–c). zierte Unterschenkel-PTA-Ballons eingesetzt werden.
434 Kapitel 10 Periphere Arterien

Abb. 10.6 a–c. Prolongierte PTA.


a Doppelstenose der A. super-
ficialis femoris. b Nach PTA für
jeweils 45 s kleine Dissektion an
der proximalen Stenose (Pfeil).
c Nach prolongierter PTA für
3 min ist die Dissektion wieder
angelegt

a b c

Aufgrund der größeren Gebrauchslängen empfehlen stenose – nicht gegenüber der PTA-Gruppe verbes-
sich „Rapid-exchange-Systeme“. sert werden (Cejna et al. 1998).
Gerade in der Femoralarterie kann versucht wer- Die Länge der Stenose/des Verschlusses spielt
den, ein primär unbefriedigendes PTA-Ergebnis eine entscheidende Rolle. Jeans et al. (1990) erreich-
durch Prolongation der Balloninflation zu verbes- ten bei Stenosen <1 cm eine Fünfjahresdurchgän-
sern (Abb. 10.6 a–c). Der Ballon sollte in diesem Fall gigkeit von 76%, bei solchen >1 cm eine von 50%
für mehrere Minuten aufgeblasen an Stelle der (Jeans et al. 1998). Currie et al. (1994) erzielten gera-
Dissektion belassen werden. de bei langen Verschlüssen >5 cm schlechte Ergeb-
nisse mit einer Durchgängigkeit von 4% nach 6 Mo-
쐍 Ergebnisse der femoropoplitealen PTA. Nach PTA der naten.
femoropoplitealen Strombahn sind die Ergebnisse Dennoch müssen die Ergebnisse ständig neu
schlechter als nach PTA in der Beckenstrombahn. evaluiert und kritisch betrachtet werden, da Verbes-
Der technische Erfolg beträgt etwa 90%; die serungen in Material und Technik und auch die Ein-
durchschnittliche Durchgängigkeit nach einem Jahr führung neuer flexibler Stents aus Nitinol mit und
beträgt 61%, nach 3 Jahren 51% und nach 5 Jahren ohne Beschichtung gerade bei kritischen Läsionen zu
48% (Hunink et al. 1995; Johnston 1992; Matsi et al. Verbesserungen führen können.
1994; Murray et al. 1995).
Die Komplikationsrate beträgt durchschnittlich 쐍 Ergebnisse der Unterschenkelarterien-PTA. Soder et
4% (Becker u. Katzen 1989). al. (Soder et al. 2000) berichteten über 73 infrapopli-
Positivfaktoren für einen dauerhaften Erfolg teale PTA bei 60 Patienten im Stadium III und IV mit
sind das Stadium (II a und b), nichtdiabetische einem technischen Erfolg in 84% für Stenosen und
Patienten, Kürze der Läsion, guter Abstrom in den 61% für Verschlüsse. Schwere Komplikationen traten
Unterschenkelgefäßen und fehlende Reststenose in 2,8% auf. Der klinische Erfolg betrug 63%. Die
nach PTA. Dennoch konnte bislang durch primäre primäre Durchgängigkeit betrug 48% und die Bein-
Stentimplantation das Ergebnis – bei fehlender Rest- erhaltungsrate 80%.
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 435

Krankenberg et al. (2005) berichteten über 104 Studie von Sabeti et al (2004) kommt zu ähnlichen
PTA-Interventionen an den Unterschenkel- und Ergebnissen. Randomisierte Studien zu selbstexpan-
Kniegelenkarterien im Stadium der Claudicatio – dierenden Stents und PTA sind zur Zeit in der Durch-
einer bislang nicht allgemein akzeptierten Indikation führung; ihre Ergebnisse stehen jedoch noch nicht
zur PTA. Hierbei erzielten sie eine primäre Durch- allgemein zur Verfügung.
gängigkeit von 66% und eine primär assistierte Problematisch ist, dass auch spezifische Eigen-
(nach einer erneuten perkutanen Intervention im schaften jedes einzelnen Stents (Flexibilität, Metall-
Verlauf) Durchgängigkeit von 82% nach 12 Monaten. dicke, Oberflächenbehandlung) bei der Neointima-
Eine Vergleichstudie zwischen infrapoplitealer entwicklung und Restenosierung eine Rolle spielen
Bypasschirurgie und PTA existiert nicht. Die Bein- können, sodass wahrscheinlich nicht aus einer ein-
erhaltungsraten sind aber in etwa gleich. Häufig las- zelnen Studie auf eine ganze Gruppe von Stents
sen die Umstände eine infrapopliteale Bypassanlage zurückgeschlossen werden kann.
nicht zu, z. B. aufgrund eines lokalen Infekts, des Medikamentenfreisetzende („drug eluting“)
Alters, des Narkoserisikos, sodass die PTA die einzige Stents sind in den peripheren Arterien bislang nur in
invasive Möglichkeit darstellt. kleinen Fallgruppen getestet, die Scirocco-Studie
hat keine signifikanten Verbesserungen gegenüber
쐍 Stents. Die Stentimplantation im femoropoplitea- „Non-eluting-Stents“ gezeigt (Duda et al. 2005).
len Stromgebiet wird nach wie vor diskutiert.
In randomisierten Vergleichstudien, ballonexpan- 쐍 Atherektomie und andere Verfahren. Zur Atherekto-
dierbare Stents vs. PTA, zeigt eine primäre Stentver- mie stehen zur Zeit (2005) keine Instrumente
sorgung der A. superficialis femoris die gleichen Er- in Europa zur Verfügung, während in der Vergangen-
gebnisse im Verlauf wie nach PTA alleine. Das Kern- heit mit verschiedensten Systemen (Simpson-Ather-
problem stellt die neointimale Restenosierung im ektomiekatheter Mallinckrodt, Redhacut, „silver
Stent nach 6–12 Monaten dar. Die technischen Ergeb- hawk“) klinische Erfahrungen gesammelt werden
nisse sind hingegen sehr gut. Nach Stentimplantation konnten.
in die femorale Strombahn ist mit einer erhöhten Die Rolle der Atherektomie ist nicht gesichert. Die
Thrombogenität zu rechnen, sodass besondere Medi- Langzeitergebnisse im femoropoplitealen Stromge-
kationsmaßnahmen erforderlich werden. biet sind bisher nicht besser als bei der PTA (Tielbeek
Stents sind hilfreich in der Behandlung von Kom- et al. 1996). Ob neuere Atherektomieverfahren hier
plikationen wie z. B. flussbehindernden Dissektionen eine Verbesserung erreichen können, ist bislang noch
(Abb. 10.7 a–d, Abb. 10.8 a–c). Die Indikationsstel- nicht geprüft.
lung bei „insuffizientem PTA-Ergebnis“ ist kritisch Über den Einsatz des Silver-hawk-Atherektomie-
zu sehen, da eine verbindliche Definition eines in- katheters wird zur Zeit ein Register geführt. In 75%
suffizienten PTA-Ergebnisses – anders als im Fall der von 1047 behandelten Läsionen wurde ausschließlich
iliakalen Strombahn – fehlt. dieses Atherektomiesystem eingesetzt. Das Register
Bei Versagen der PTA mit erheblicher Flussbehin- ergibt zur Zeit der Schriftlegung (August 2005)
derung kann jedoch eine Stentimplantation durch- eine primäre Durchgängigkeit von 90% nach 6 Mo-
geführt werden. naten. Endgültige Ergebnisse müssen abgewartet
In diesem Fall sollte die mit einem Stent versorgte werden.
Strecke möglichst kurz gehalten werden. In Gelenk- Eine Indikation zu einer Atherektomie bestand bis-
bereichen sollten möglichst keine oder, falls unver- her bei technisch schwierigen Vorgaben, wie stark ex-
meidbar, flexible Stents eingesetzt werden. zentrischen und verkalkten Stenosen, wie sie häufig
Bei Patienten mit drohendem Extremitätenverlust insbesondere in der mittleren A. poplitea vorkommen.
(Stadium III und IV) kann die Indikation zur Stent- In diesen Fällen wurde das Plaquematerial durch
implantation großzügiger gestellt werden, da die Ver- 7- oder 8 F-Simpson-Atherektomiekatheter abgetra-
besserung der aktuellen Situation im Vordergrund gen und der Eingriff mit einer PTA abgeschlossen.
steht (Muradin et al. 2001) und diese Patienten mit Schneideballons haben in den peripheren Arte-
häufig komplexen Läsionen von einer Stentimplanta- rien unterhalb des Leistenbandes eine Nischenindi-
tion eher profitieren (ebd.). kation. Läsionen, die sich auch unter hohen Drücken
Jüngere Arbeiten zu medikamentenfreisetzenden während einer konventionellen PTA nicht öffnen
selbstexpandierenden Stents aus Nitinol berichten (Abb. 10.9 a–c), insbesondere auch narbige Anasto-
deutlich bessere Ergebnisse mit 80% primärer mosenstenosen bei Bypässen oder nach Leisten-
Durchgängigkeit nach 12 Monaten sowohl für die TEA, können nach erfolgreicher Schneideballonan-
aktiv freisetzenden Stents als auch für nichtaktive wendung mit besserem technischen Erfolg dilatiert
Stents der gleichen Bauart im Vergleich zum Wall- werden. Langzeitergebnisse liegen diesbezüglich
stent (Duda et al. 2005). Eine nichtrandomisierte aber nicht vor.
436 Kapitel 10 Periphere Arterien

a b c d

Abb. 10.7 a–d. Stentimplantation in die A. superficialis femo- 2 cm langen selbstexpandierenden Nitinolstents ausreichende
ris. a Kurzstreckige Stenose (TASC A). b Auch nach zwei- Durchgängigkeit mit Versiegelung der Dissektion. d Im nati-
maliger prolongierter PTA über jeweils 3 min verbleibt eine ven Bild ist der Stent gut abgrenzbar
tiefe Dissektion mit Reststenose. c Nach Implantation eines

CAVE !
Nach Anwendung von Schneidebal-
lons kann es in Einzelfällen zur Ge-
Unbestrittene Einsatzgebiete sind AV-Fisteln und
Aneurysmen sowie Pseudoaneurysmen, sofern keine
fäßruptur kommen. chirurgische Behandlung vorgezogen wird.
Bei der Behandlung von langen Oberschenkelver-
Ein neues Verfahren stellt die Kryoplastie dar. Hier schlüssen und Stenosen wird von einigen Arbeits-
wird ein Spezialballon in der Läsion mit CO2 gekühlt gruppen die Verwendung von Stentgrafts favorisiert.
und inflatiert und in der Läsion aufgeweitet. Es liegen Dennoch liegen bislang nur monozentrische nicht-
bisher keine validen Daten vor, die einschätzen randomisierte Studien vor, die als Ergebnis nach ei-
lassen, wie diese Technik zu bewerten ist. nem Jahr primäre Durchgängigkeitsraten von etwa
80% berichten (Jahnke et al. 2003; Lammer et al.
쐍 Stentgrafts. Die Indikationen zur Verwendung von 2000). Randomisierte Studien gibt es mit Ausnahme
meist mit ePTFE-beschichteten Stentgrafts in den einer kleinen Studie von Saxon et al. (2003) mit 28 Pa-
peripheren Arterien sind nicht vollständig gesichert. tienten jedoch nicht. Diese Studie propagiert eine
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 437

Abb. 10.8 a–c. Stentimplantation


in die Unterschenkelarterien.
a Kurzstreckiger Verschluss der
A. fibularis als einzigem den
Unterschenkel versorgenden
Gefäß; klinisch Stadium IV.
b Nach prolongierter PTA mittels
eines 2 mm-Ballons verbleibende
subtotale Stenose (Pfeil).
c Nach Implantation eines 2,5 mm
weiten und 18 mm langen
ballonexpandierten Koronar-
stents (Pfeil) gute Durchgäng-
igkeit

a b c

signifikante Überlegenheit von Stentgrafts. Insofern retroperitoneale Nachblutungen zunächst klinisch


muss weiter offen bleiben, ob eine Verbesserung der stumm verlaufen können und erst im Schockzustand
PTA-Ergebnisse durch Stentgrafts erzielt werden manifest werden.
kann. Wir bevorzugen eine intravenöse Heparinisierung
(12.000–24.000 IE je nach Gewicht über 24 h), alter-
Nachsorge nativ können subkutane Heparinanaloga ange-
Nach Katheter-, Draht- und Schleusenentfernung wendet werden. Neben einer Dauermedikation mit
muss eine langstreckige Kompression der Punkti- 100 mg Acetylsalicylsäure täglich sowie einer
onsstelle für mindestens 10 min, bis ein Blutungs- Verlängerung der Heparinisierung auf 48–72
stillstand gesichert ist, erfolgen. Alternativ kann Stunden bei schlechten Flussverhältnissen, stark
auch bei antegradem Zugang ein Verschlusssystem irregulärer Oberfläche und nach Stentimplantation
(Perclose, Starclose, Angioseal, Vasoseal, Duett) ein- sollte die zusätzliche Verordnung von Thrombo-
gesetzt werden, sofern keine ausgeprägten arterio- zytenaggregationshemmern der neueren Generation
sklerotischen Veränderungen an der Punktionsstelle (Tyklid, Iscover oder Plavix) für 4–6 Wochen er-
vorliegen. folgen.

Merke ! Bei ambulanter Durchführung arte-


rieller Interventionen ist die Verwen-
Komplikationen
Typische Komplikationen nach PTA der femoro-
dung von Verschlusssystemen dringend anzuraten. poplitealen Strombahn sind Leistenhämatome und
retroperitoneale Hämatome, Dissektionen und peri-
In den anderen Fällen sollten ein Kompressionsver- phere Embolien bei der Behandlung von Verschlüs-
band für 24 Stunden, ein Sandsack für 4 Stunden so- sen. Die Komplikationsrate liegt zwischen 2 und
wie Bettruhe für 24 Stunden angeordnet werden. 6%. In etwa 2% der Fälle muss eine operative Re-
Eine Blutdruckkontrolle sollte zunächst alle intervention durchgeführt werden (Becker u. Katzen
2 Stunden, später 4- bis 6-stündlich erfolgen, da 1989).
438 Kapitel 10 Periphere Arterien

a b c

Abb. 10.9 a–c. Cutting-Ballon in Cross-over-Technik. a Nach starken Führungsdrähten in die A. superficialis femoris und
TEA vor 6 Monaten hochgradige narbige Restenose in der A. profunda femoris und konsekutive Dilatation mit einem
Femoralisbifurkation und beiden Gefäßabgängen bei ins- 5 mm weiten Schneideballon. c Im Anschluss deutliche Verbes-
gesamt dünnlumigen Gefäßen. b In Cross-over-Technik und serung der Lumina
Einlage einer langen Schleuse Einfügung von zwei 0,014 Inch

Zugangsprobleme Auch Verschlusssysteme können selbst Komplika-


Ein wesentlicher Anteil der Komplikationen entsteht tionen wie eine Embolisation oder eine Gefäßdissek-
durch Zugangsprobleme wie Nachblutungen, Fehl- tion verursachen.
punktion der A. profunda femoris, Dissektion der
Gefäßwand und Abheben von Plaques. Retroperito- Gefäßperforation, Gefäßruptur, AV-Fistel
neale Hämatome können bei zu hoher Punktion im Perforationen verursacht durch die Drahtspitze oder
Bereich des Leistenbandes entstehen. Rupturen des Gefäßes durch eine Ballondilatation
Pseudoaneurysmen an der Punktionsstelle sind sind in den peripheren Arterien möglich. Selten je-
mittlerweile gering invasiv durch Kompressionsthe- doch sind die Folgen dramatisch, da die umgebende
rapie und direkte perkutane Thrombininjektion in Muskulatur die Blutung in der Regel lokal begrenzt.
das Pseudoaneurysma – unter sonographischer Kon- Wenn die Gefäßkontinuität gestört ist, kann durch
trolle – zu behandeln. AV-Fisteln infolge der Ge- Stent- oder Stentgraftimplantation eine Kontinuität
fäßkanülierung machen zumeist eine operative gesichert werden.
Sanierung notwendig. In seltenen Fällen ist eine In seltenen Fällen kommt es zum Auftreten von
Spiralembolisation oder die Einlage eines Stentgrafts hochfördernden AV-Fisteln wie z. B. nach mechani-
möglich. scher Thrombektomie (s. unten).Wenn solche Fisteln
10.1 Gefäßeröffnende Verfahren bei chronischen Veränderungen 439

a b c d

Abb. 10.10 a–d. Iatrogene Embolie und Aspirationsembolek- Durchgängigkeit. c Embolischer Verschluss der A. fibularis.
tomie. a Etwa 7 cm langer Verschluss der A. superficialis femo- d Nach einmaliger Aspiration freie Gefäßdurchgängigkeit wie-
ris. b Nach Passage des Verschlusses und PTA gute lokale derhergestellt

hämodynamisch relevant sind, mit peripherem Steal, Drohende Embolien, die aber noch an der Wand
dann müssen sie operativ oder mit einer Stentgraf- haften, können durch Implantation eines Stents an der
timplantation behandelt werden. Dagegen erfordern Wand angehaftet werden. Diese Technik sollte man
kleine und temporäre AV-Fisteln nach PTA keine Be- aufgrund der allgemeinen Risiken von Stents in der
handlung. peripheren Strombahn jedoch nur sparsam einsetzen.

Periphere Embolie Cholesterinembolie


Eine besondere Problematik stellt die Cholesterin-
CAVE ! Bei Ballondilatation von Verschlüssen
– auch wenn sie nur kurzstreckig oder
embolie durch aufbrechende Plaques bei der PTA
peripherer Gefäße dar.
auch älter sind – kann es zur Embolisation von Ver-
schlussmaterial in die peripheren Gefäße kommen
(Abb. 10.10 a–d). CAVE ! Diese Komplikation ist relativ selten,
ihre Behandlung kann aber Probleme
bereiten und auch bei erfolgreicher PTA zum Extre-
Um das Risiko gering zu halten, sollten Verschlüsse mitätenteilverlust führen.
nicht überdehnt werden, d. h. der Ballondurchmesser
sollte nicht größer als das ursprüngliche Gefäßlumen Die Rate von Cholesterinembolien bei peripheren In-
sein. Alternativ kann eine Lyse vorgeschaltet werden. terventionen ist schwer zu evaluieren. Nach kardialen
Wer eine mechanische Rekanalisation von Ver- Katheterisationen treten Symptome bei etwa 1,4%
schlüssen durchführen möchte, sollte mit der Tech- der Patienten auf; aus dieser Gruppe verstarben 4
nik der Aspirationsembolektomie, der Methode der von 25 Patienten an renaler Insuffizienz (0,2% aller
Wahl, vertraut sein. Patienten; Fukomoto et al. 2003).
440 Kapitel 10 Periphere Arterien

Zusammenfassung nehmend interessante Alternativen zu Operation und


Die perkutane Intervention in der femoropoplitealen Lyse.
Strombahn muss stadien- und läsionsadaptiert vor- Anatomisch sind alle Verschlüsse mit Ausnahme
genommen werden. der A. femoralis communis oder in Kombination mit
Besonders bei kurzen Läsionen (Verschlüssen und der A. femoralis communis einem perkutanen Vor-
Stenosen) ist sie die Methode der Wahl. Langstrecki- gehen zugänglich. Auch Embolien in die A. profunda
ge Läsionen weisen meist eine ungünstige Gesamt- femoris sind perkutan behandelbar. Isolierte Ver-
prognose auf. Eine Intervention kann aber dann schlüsse dieses Gefäßes sollten allerdings chirurgisch
gerechtfertigt sein, wenn das Stadium (III und IV) angegangen werden. Liegt bei gleichzeitiger Beteili-
einen Eingriff erfordert. Gleiches gilt für die PTA der gung anderer peripherer Verschlüsse auch ein Ver-
Unterschenkelarterien. schluss der A. profunda femoris vor, kann dieser mit-
Wer die PTA peripherer Gefäße durchführt, sollte behandelt werden.
mit den Konzepten der Komplikationsbeherrschung
(Stents, Lyse, Aspirationsthrombektomie) vertraut Verfahren
und entsprechend ausgerüstet sein. Thrombolyse
Für die Thrombolyse, die eine der ältesten perkuta-
nen Techniken für die Wiedereröffnung darstellt, gibt
10.2 es verschiedenen Techniken, Lysemedien (Streptoki-
Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen nase, Urokinase, rt-PA), zusätzliche Thrombozyten-
inhibition (Abciximab) und Applikationstechniken
Der akute Gefäßverschluss peripherer Arterien – em- (Spraylyse, intrathrombale Applikation, schrittweise
bolisch oder thrombotisch bedingt – wird nach wie Lyse).
vor häufig chirurgisch behandelt, obwohl perkutane Eine häufig angewendete Technik besteht darin,
Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. unter Vollheparinisierung einen Mehrlochkatheter
Klinisch unterscheidet man beim akuten Ver- innerhalb des Verschlusses zu platzieren, hier den
schluss: Thrombus mit einem Startbolus von 100.000 IE Uro-
kinase (5–10 mg rt-PA) zu impfen und dann eine
∑ Stadium I mit milder Symtomatik und ohne Pa-
kontinuierliche Lyse mit 50.000 IE Urokinase/h (1 mg
rästhesie,
rt-PA/h) gemischt mit 500 IE Heparin/h direkt in
∑ Stadium II a mit geringer Parästhesie, normalem
das Thrombusmaterial zu applizieren. Anschließend
Muskeltonus, nicht hörbarem arteriellen, aber
wird der Patient alle 4 Stunden angiographisch kon-
ableitbarem venösen Dopplersignal,
trolliert.
∑ Stadium II b mit starker Parästhesie, abge-
Das Ende einer Lyse ist häufig schwierig zu be-
schwächtem Muskeltonus, nicht hörbarem arte-
stimmen. Abgebrochen wird die Lyse
riellen, aber ableitbarem venösen Dopplersignal
und ∑ bei vollständiger Rekanalisation,
∑ Stadium III mit schwerer Anästhesie, Muskel- ∑ bei Nichterfolg nach 24 Stunden,
paralyse und fehlendem arteriellen und venösen ∑ bei fehlendem Lysefortschritt über jeweils 4 Stun-
Dopplersignal. den und
∑ beim Auftreten von Blutungskomplikationen.
Nach Empfehlungen der TASC (2000) stehen im Sta-
dium I und II sowie im frühen Stadium III die offene Eine Laborkontrolle während der Lyse ist erforder-
Embolektomie mit Fogarty-Ballonkatheter im Vor- lich. Die Schleuse kann erst nach Normalisierung der
dergrund, während im ausgeprägten Stadium III die Gerinnungsparameter entfernt werden.
Amputation indiziert ist. Patienten mit einer Symptomatik unter 14 Tagen
In diesen Empfehlungen wird die Thrombolyse als proitieren eher von einer Lyse. Nach einer klinischen
alternative Behandlungsmethode für die Stadien I Dauer von mehr als 2 Wochen fallen die Ergebnisse
und II a akzeptiert, während im Stadium II b bei die- ungünstiger aus. Allerdings legt eine Symptomdauer
sem Verfahren die Gefahr der Gewebeeinblutung mit von 14 Tagen auch ein relativ leichtes klinisches Sta-
der Bildung eines Kompartmentsyndroms angege- dium nahe.
ben wird. Nachteile der Thrombolyse sind der erhöh- Im STILE Trial – einer randomisierten Studie zum
te Zeitbedarf, der zur Verschlechterung der Aus- Vergleich von operativer Thrombektomie mit Lyse –
gangsbedingung führen kann, sowie die Gefahr des betrug die technische Versagerrate 28% (The STILE
Fehlschlages mit Zeitverlust und problematischer Trial 1994). Allerdings war das amputationsfreie In-
Ausgangslage für eine operative Revision. tervall bei lysierten Patienten signifikant länger als
Mechanische Thrombektomieverfahren sind im bei operativem Vorgehen. In der Subgruppenanalyse
TASC-Dokument nicht behandelt, bieten aber zu- ergibt sich für frische Bypassverschlüsse ein besseres
10.2 Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen 441

wurde erstmals von Starck et al. (1985) beschrieben:


Endlochkatheter unterschiedlicher Durchmesser wer-
den unter Führungsdrahtkontrolle bis an den Throm-
bus herangeschoben. Hier wird durch Anlegen eines
Vakuums unter Aufsetzen einer großlumigen Spritze
der Thrombus gefasst und aus dem Verschlussort zur
Schleuse verschleppt. Es ist entscheidend, dass die
Schleuse ein abnehmbares Ventil besitzt. Dadurch
kann der Schleusenkanal komplett geöffnet und der
gesamte Thrombus nach außen gezogen werden.
Distal der A. poplitea ist dieses Verfahren die Me-
thode der Wahl bei Embolien oder Thrombosen. Bei
Verwendung von Kathetern bis zu 4 F kann die Aspi-
rationsembolektomie bis zu den Fußarterien herab
angewendet werden.

CAVE ! Das Risiko bei der Behandlung klei-


ner Arterien ist das Auftreten von
Spasmen oder mechanischen Verletzungen (Abb.
10.12 a–d).
Das Risiko bei der Behandlung großer Arterien
besteht darin, dass in der großlumigeren A. superfici-
alis femoris Aspirationskatheter der Größe 8 F das
Material nicht zuverlässig aspirieren können.

a b Die Aspirationsembolektomie ist ein Standardver-


fahren der interventionellen Radiologie gerade auch
Abb. 10.11 a, b. Thrombusfixierung durch Stentimplantation zur Behandlung iatrogener Embolien während der
in die A. superficialis femoris. a Akuter thrombotischer Ver- PTA, sodass das für diesen Eingriff erforderliche Ma-
schluss der A. superficialis femoris auf vorbestehende Stenose
bei gleichzeitiger arterieller Unterschenkelthrombose, klinisch terial in einer interventionell aktiven Einheit vorhan-
Stadium II b der akuten Ischämie. Der Zugangsweg ist kom- den sein sollte.
plex und lässt keine 8 F-Schleuse zu. b Nach Implantation eines Das Verfahren ist sehr effektiv. Wagner u. Starck
60 mm langen selbstexpandierenden Nitinolstents und Nach- (1992) veröffentlichten einen technischen Erfolg von
dilatation freie Durchgängigkeit
93% bei 102 Patienten bei einer Beinerhaltungsrate
in 94%.
Ergebnis als für native Arterien im Hinblick auf die Hydrodynamische Verfahren, die sich den Venturi-
Lysetherapie. Effekt einer Wasserstrahlpumpe zu Nutze machen,
haben sich in den peripheren Arterien nicht durchge-
Mechanische Thrombektomie setzt, da sie nur bei sehr geringem Organisationsgrad
Alternativ zur Thrombolyse werden zunehmend me- der Thromben effektiv sind. Größere Patienten-
chanische Verfahren eingesetzt. Sie bergen nicht das zahlen sind nur für das Angiojet-System von Possis
Risiko einer lyseinduzierten Blutung, ihre Effektivität (Müller-Hulsbeck et al. 2000) publiziert. Hiermit
ist aber noch nicht sicher in randomisierten Studien konnte bei 112 Patienten in 71% ein Thrombus aus
nachgewiesen. Bypassverschlüssen und Arterien entfernt werden.
Zur Verfügung stehen: Bei 29% musste aber zusätzlich eine Aspiration
und/oder Thrombolyse durchgeführt werden. Der
∑ Aspirationsembolektomie,
technische Gesamterfolg betrug 89%.
∑ hydrodynamische Thrombektomie (Possis, Oasis,
Höpfner et al. (2001) beschreiben bei 64 Patienten
Hydrolyser),
mit akuten bis subakuten Thrombosen der periphe-
∑ mechanische Thrombektomie (Amplatz Clot bus-
ren Arterien einen technisch kompletten Erfolg in 8
ter, Rotarex, Thrombex PMT-Edwards),
von 64 (12,5%), während bei den anderen Patienten
∑ Atherektomie (Fox Hollow),
zusätzliche Maßnahmen erforderlich wurden, die
∑ Stentplatzierung (Abb. 10.11 a, b).
dann zu einer Primärdurchgängigkeit in 72% der
Die Aspirationsembolektomie ist die bekannteste, Patienten führte.
preisgünstigste und am wenigsten aufwändige Form Rilinger et al. (1997) konnten bei 40 Patienten, bei
der mechanischen Thrombektomie. Das Verfahren denen das Amplatz-Thrombektomiesystem zur Be-
442 Kapitel 10 Periphere Arterien

a b c d

Abb. 10.12 a–d. Aspirationsembolektomie bei akuter Ischä- prägte Spasmen der Unterschenkelarterien. d Durchgängige,
mie. a Thromboembolischer Verschluss der A. poplitea distal aber stark spastische A. tibialis anterior. Procedere: Abbruch
bei 51-jähriger Patientin. b Nach einmaliger Aspiration gute der Aspirationsversuche, Nitroglycerin i. a. 0,3–0,5 mg, Vollhe-
Darstellung des Thrombuskopfes. c Nach mehrmaliger Embo- parinisierung und Prostaglandininfusion
lektomie freie Durchgängigkeit der Trifurkation, aber ausge-

handlung arterieller Thrombosen eingesetzt wurde, Dieses System ist auch in der Lage, ältere Ver-
in 75% einen technischen Erfolg allein durch dieses schlüsse von mehreren Tagen bis Wochen effektiv
System, in 20% in Kombination mit anderen Verfah- zu thrombektomieren: Solche Spätthrombektomien
ren erreichen. Allerdings setzt das Amplatz-Throm- stellen auch für den Gefäßchirurgen in der Regel Pro-
bektomisystem, welches nicht über einen Führungs- blemfälle dar, bedingt durch die stärkere Wandadhä-
draht eingebracht wird, frisches Thrombenmaterial renz des Materials.
für einen guten Erfolg voraus. Alle mechanischen Systeme sind nur sehr einge-
Technisch effektiver ist das Rotarex-System (Fa. schränkt in den Unterschenkelarterien einsetzbar –
Straub; Abb. 10.13 a–c). Das System saugt den Throm- mit Ausnahme der rheolytischen Thrombektomie
bus an, zerkleinert ihn mechanisch und transportiert (4 F-Angiojet) und der Aspirationsthrombektomie.
die Fragmente über eine archimedische Schraube Die Behandlungsstrategie erfordert daher häufig
nach außen. Zeller et al. (2002) wendeten dieses Ver- eine Kombination verschiedener Verfahren, gelegent-
fahren bei 98 Patienten an. Es waren akute und sub- lich auch unter Einschluss der Thrombolyse z. B. bei
akute Thrombosen mit Verschlusszeiten bis zu 140 Ta- Embolien in die kleinen Fußarterien.
ge und einer mittleren Länge von 21 cm eingeschlos-
sen. Sie beschrieben einen technischen Erfolg in 96% Zusammenfassung
der Fälle und schwerere Komplikationen in 3%. Während bislang die perkutanen Therapieverfahren
– auch bei Nachweis ihrer Wirksamkeit – bei akuten
10.2 Gefäßeröffnende Verfahren bei akuten Verschlüssen 443

Abb. 10.13 a–c. Mechanische


Thrombektomie mittels Rotarex-
System. a Langstreckiger throm-
botischer Verschluss der A. popli-
tea. b Rotarex-System im Ver-
schluss mit bereits erkennbarer
Teilrekanalisierung nach einfa-
cher Passage. c Nach dreifacher
Passage komplette Thrombekto-
mie mit Wiederherstellung der
Durchgängigkeit. Keine Lyse
erforderlich

a b c

Ischämien eher verzögert in die Routine eingeführt Hunink M, Donaldson M, Meyerovitz M, Polak J, de Vries J,
werden, verschiebt sich innerhalb der Verfahren das Harrington D (1995) Revascularization for femoropopliteal
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Gleichgewicht mehr und mehr in Richtung der me- 274: 165–171
chanischen Thrombektomie, die es ermöglicht, zeit- Jahnke T, Andresen R, Muller-Hulsbeck S, Schafer FK, Voshage
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Hämodialyseshunt 11
G. Wittenberg

11.1 Diagnostik 446 Die primären Durchgängigkeitsraten von Hämo-


11.1.1 Farbkodierte Duplexsonographie 446 dialyseshunts nach einem Jahr beziffern Keller et al.
11.1.2 Arterielle Shuntangiographie 448
11.1.3 Venöse Shuntangiographie 449 (1988) in ihrer Publikation mit 65% bei den Brescia-
11.2 Interventionen 449
Cimino-Fisteln und mit 50% bei den Goretex-Inter-
11.2.1 Indikationen zur Therapie 449 ponat-Shunts. In den Folgejahren finden sie einen
11.2.2 Kontraindikationen zur Therapie 450 weiteren deutlichen Abfall der Offenheitsraten. So
11.2.3 Therapie der Shuntstenose 450 liegen die primären Offenheitsraten der Brescia-
11.2.4 Therapie des Shuntverschlusses 455
11.2.5 Therapie der zentralvenösen Stenose 457 Cimino-Fisteln bei 60% nach 2 Jahren bzw. bei 45%
11.2.6 Schlussfolgerung 458 nach 4 Jahren. Wesentlich schlechtere Ergebnisse lie-
Literatur 459 gen bei Goretex-Interponat-Shunts vor. Hier fanden
Keller et al. nur Offenheitsraten von 43% nach 2 Jah-
ren bzw. von 10% nach 4 Jahren.
Diese Zahlen verdeutlichen die zunehmende Be-
Die Zahl der Dialysepatienten stieg in den letzten deutung der gering invasiven radiologisch gesteuer-
Jahren in Europa kontinuierlich an und damit ein- ten Intervention zum langfristigen Erhalt der Shunt-
hergehend auch die Zahl der notwendigen perkuta- funktion, vor allem vor dem Hintergrund, dass jeder
nen Gefäßeingriffe zum Erhalt der Hämodialyse- Patient nur eine begrenzte Anzahl von Gefäßen be-
shuntfunktion. So lag die Zahl der dialysepflichtigen sitzt, die für eine Shuntneuanlage infrage kommen.
Patienten 1996 bei rund 46.300 Personen in Deutsch- Der am meisten in Deutschland verbreitete arte-
land (Prävalenz: 565 Patienten/Mio. Einwohner). riovenöse (AV-) Shunt ist die Brescia-Cimino-Fistel.
Im Jahresbericht 2004/2005 gab die Organisation
QuaSi-Niere die Anzahl der Dialysepatienten bereits 왔 Bei der Brescia-Cimino-Fistel handelt
Definition
mit etwa 60.100 Patienten an (Prävalenz: 739 Patien- sich um einen AV-Shunt zwischen der
ten/Mio. Einwohner; Frei u. Schober-Halstenberg distalen A. radialis und einer benachbarten Unter-
2005). Die Zahl der Patienten mit einer neu aufgetre- armvene.
tenen terminalen Niereninsuffizienz betrug dabei
2004 etwa 16.000 Patienten, dies entspricht einer Ist diese Form der Shuntoperation nicht möglich
Inzidenz von 194 Patienten/Mio. Einwohner in oder ist eine erneute Shuntanlage notwendig, so wer-
Deutschland. Die Inzidenz hat sich somit in den den meist autologe Venen im Bereich des proximalen
letzten 10 Jahren etwa verdreifacht. Dies liegt zum Unterarms oder der Ellenbeugenregion mit einer
einen an der steigenden Zahl von Patienten, die an Arterie in diesem Bereich anastomisiert.
einem metabolischen Syndrom mit einhergehenden Zunehmend finden sich auch in Europa bei
Nierenschädigungen leiden und zum anderen am schwierigen Gefäßverhältnissen Interponatshunts
steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung. Etwa aus Fremdmaterialien wie z. B. Goretex. In den USA
70% der neudialysepflichtigen Patienten waren im ist ein Interponatshunt aus Fremdmaterial die häu-
Jahr 2000 bereits >60 Jahre alt. figste primäre Shuntform.

왔 Bei einem Interponatshunt handelt es


Merke !Der Anteil dauerhaft unproblemati-
scher Hämodialyseshunts nach der Definition
sich um eine Fremdmaterialschleife,
operativen Anlage wird auf nur 15% geschätzt (Bell die zwischen einer Arterie und einer Vene eingenäht
u. Rosenthal 1988). wird.
446 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

Diese Interponatschleifen werden oft extraanato- 왔 Unter Rezirkulation versteht man all-
Definition
misch platziert, z. B. als Gefäßschleife am proximalen gemein, dass der Blutfluss unter Dia-
Unterarm von der distalen A. brachialis zum mittle- lyse den Shuntfluss übersteigt.
ren Abschnitt der V. brachialis oder seltener von der
A. subclavia zur kontralateralen V. subclavia (Collier- Dies kann dann dazuführen, dass bereits dialysiertes
Shunt). Auch zunehmend anzutreffen sind Goretex- Blut über die arterielle Dialysenadel erneut aspiriert
Interponate, die alterierte Venensegmente ersetzen und wiederholt in den Dialyseprozess eingeschleust
bzw. überbrücken. wird (Stenose zentral der venösen Punktionsstelle)
Die häufigsten Ursachen für Shuntvenenstenosen oder dass die Aspirationsnadel sich an der Gefäß-
sind: wand ansaugt mit daraus resultierender Verschlech-
terung der Dialyseeffizienz (Stenose peripher der
∑ der unphysiologisch hohe Blutfluss in der Vene
arteriellen Nadel).
mit daraus resultierender intimaler Hyperprolife-
Im Fall des zu geringen arteriellen Angebots liegt
ration,
die Stenose vor der arteriellen Punktionsstelle (wei-
∑ die rezidivierenden Punktionstraumen mit dar-
cher Shunt), meist anastomosennah, und im Falle
aus resultierender perivenöser und Gefäßwand-
des Blutaufstaus proximal der venösen Dialysepunk-
fibrosierung oder
tionsstelle (praller pulsierender Shunt). Weitere
∑ operationstechnisch bedingte Probleme.
Zeichen einer proximalen therapiebedürftigen Ste-
Letztere sind meist auf den ersten 2 cm nach der nose können erhöhte Nachblutungszeiten beim Ab-
Anastomose lokalisiert. drücken der Punktionsstellen oder deutliche Arm-
Die Indikation zur Intervention am Hämodialyse- schwellungen sein. Diese zuletzt genannten Zeichen
shunt ergibt sich in der Mehrzahl der Fälle aus der der Shuntdysfunktion finden sich gehäuft bei Inter-
Ineffektivität der Hämodialyse. Die Effektivität der ponatshunts, bei denen sich eine venöse Anastomo-
Entgiftung spiegelt sich in laborchemischen Parame- senstenose ausgebildet hat.
tern, wie z. B. dem Kalium-, dem Phosphat- und dem Eine deutliche Verschlechterung der Dialysesitua-
Harnstoffspiegel im Serum oder im KT/V wieder. tion kann bereits bei einer 40- bis 50%igen Stenose
Dialyseärzte fordern für eine suffiziente Dialyse ei- vorliegen (Sullivan et al. 1992, 1993).
nen Blutfluss von mindestens 350 ml/min in der
Shuntvene. Liegt eine blutflussmindernde Gefäßalte-
ration – Stenose oder Thrombose – vor, entscheiden Merke ! Dies zeigt, dass nicht der Stenosegrad
das alleinige Kriterium für die Indika-
die Wahl der Interventionsart sowie die Art und Lo- tionsstellung zur Intervention ist, sondern die Effek-
kalisation des Hämodialyseshunts über den dafür tivität der Dialyse die Indikationsstellung erheblich
notwendigen Zugangsweg. Dieser muss jeweils indi- mit beeinflusst.
viduell festgelegt werden.

11.1 11.1.1
Diagnostik Farbkodierte Duplexsonographie

Für eine effektive und risikoarme radiologische In- Seit etwa Mitte der 1980er Jahre ist die farbkodierte
tervention ist die vorherige suffiziente Diagnostik Duplexsonographie (FKDS) in der Gefäßdiagnostik
des Gefäßproblems unabdingbar. Erste Aufschlüsse fest etabliert. Sie stellt mit hoher diagnostischer
über die Lokalisation der Gefäßalteration ergeben Sicherheit Gefäßalterationen u. a. von Hämodialyse-
bereits die Palpation und die Auskultation des shunts dar (Landwehr et al. 1990; Wittenberg et al.
Hämodialyseshunts. Die Verminderung des Shunt- 1998).Auch sind mit ihr objektive Shuntflussmessun-
flusses kann durch eine Verminderung des arteriel- gen (Landwehr et al. 1989; Wittenberg et al. 1993) und
len Angebots oder durch ein der Punktionsstelle damit Rückschlüsse auf das Thromboserisiko des
nachgeschaltetes Abflusshindernis mit daraus resul- Shunts möglich. Neyra et al. (1998) publizierten, dass
tierendem Blutaufstau bedingt sein. Aus den Ge- eine Verringerung des Shuntflusses um etwa 1/3 des
fäßalterationen resultiert eine vermehrte Rezirkula- Ausgangswertes zu einer 14-fachen Steigerung des
tion. Thromboserisikos führt. Affektionen der Shunt-
11.1 Diagnostik 447

Abb. 11.1 a, b. Vergleich FKDS vs. DSA.


a Darstellung einer längerstreckigen
verwinkelten Stenose anastomosennah
in einem kubitalen autologen Shunt mit
der FKDS. b In der Shuntangiographie in
Überlauftechnik Bestätigung des Befun-
des

gefäße von der shuntspeisenden Arterie über die ripheren Gefäßabschnitten vor (Bacchini et al. 2000;
Anastomose bis zur V. subclavia werden mit einer Wittenberg et al. 1996). Ein Vorteil der Methode ist
Sensitivität, einer Spezifität und einer Genauigkeit u. a., dass jederzeit Shuntflussvolumenbestimmun-
von jeweils etwa 93% erfasst (Abb. 11.1 a, b). gen möglich sind. Die Interventionen unter FKDS-
Ein Problem für die FKDS ist der gut kollaterali- Kontrolle werden mit den gleichen Materialien und
sierte alte segmentale Shuntvenenverschluss. Dieser Techniken wie die radiologisch gesteuerten Eingriffe
ist bei Kollateralgefäßen, die zum obliterierten Ge- durchgeführt (s. Abschn. 11.2), bis auf die Tatsache,
fäßlumen parallel verlaufen, nur schwer diagnosti- dass der Dilatationsballon mit physiologischer Koch-
zierbar. Für den klinischen Alltag hat dies aber nur salzlösung statt mit einem Kontrastmittelgemisch in-
eine geringe Relevanz. Bei der Abklärung der zentral- suffliert wird (Abb. 11.2 a–c). Der Ultraschallapplika-
venösen Stenose ist die digitale Subtraktionsangio- tor wird mittels einer sterilen Plastikhülle für den
graphie (DSA) weiterhin die Methode der Wahl (Wit- Einsatz vorbereitet. Als Kontaktmittel stehen sterile
tenberg et al. 1998). kommerziell erhältliche Ultraschallgele zur Verfü-
Ein weiterer Vorteil der FKDS liegt in der sicheren gung. Die Hauptgründe für die Wahl der FKDS-ge-
Diagnose von kurzstreckigen webartigen Stenosen, steuerten Intervention sind eine manifeste Kontrast-
die angiographisch nur schwer fassbar sind. In der mittelallergie und eine Nierenrestfunktion, die durch
FKDS führen diese Stenosen aber zu deutlichen eine Kontrastmittelgabe nicht gefährdet werden soll.
Flussturbulenzen und sind damit einfach zu diagnos- Durch die FKDS ist eine diagnostische Angiogra-
tizieren. Auch die gelegentliche Frage nach einem phie des Hämodialyseshunts in den meisten Fällen
„Steal-Phänomen“, der shuntbedingten arteriellen nicht mehr notwendig, außer bei der Frage der zen-
Minderperfusion der Hand, lässt sich mit der FKDS tralvenösen Stenose. Weiterhin können in Abhängig-
einfach und schnell beantworten. keit von der Gefäßalterationsstelle und -art die venö-
Mittlerweile liegen Erfahrungen über FKDS-ge- se Punktionsstelle und -richtung für die Intervention
steuerte Interventionen an Hämodialyseshunts in pe- festgelegt werden.
448 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

Abb. 11.2 a–c. Shuntvenendilatation


unter FKDS-Kontrolle. a Darstellung einer
kurzstreckigen hochgradigen Stenose der
Shuntvene mit poststenotischen Flusstur-
bulenzen. b Komplette Entfaltung des un-
ter FKDS-Kontrolle über einen Führungs-
draht platzierten PTA-Ballons nach der
Inflation. Deutlich erkennbar die Metall-
marker auf dem Katheterschaft. c Nach
der PTA wieder lamelläre Strömungsver-
hältnisse im Interventionsgebiet ohne
Nachweis einer signifikanten Reststenose
a

11.1.2 beuge unter der Bizepssehnenaponeurose. Zur Punk-


Arterielle Shuntangiographie tion eignet sich eine 20-Gauge-Verweilkanüle (z. B.
Introcan-W, Fa. Braun, Melsungen). Gelegentlich ist
Die arterielle Shuntdarstellung zur reinen Diagnos- der Einsatz eines 0,018 Zoll (0,46 mm) flexiblen Füh-
tik, sei es in Feinnadeltechnik transbrachial oder in rungsdrahtes (z. B. Nitrex Guidewire, Fa. EV3, Ply-
Kathetertechnik über einen femoralen Zugangsweg, mouth, USA) für die vollständige Einführung des
wird nur der Vollständigkeit wegen aufgeführt, da sie Kunststoffanteils der Kanüle notwendig. Ein Jodge-
durch die FKDS in den Hintergrund gedrängt wurde. halt des Kontrastmittels von 150 mg/ml (z. B. Ultra-
vist 150, Fa. Schering, Berlin) ist ausreichend für die
Transbrachiale Feinnadelangiographie suffiziente Shuntvisualisierung.
Über einen transbrachialen arteriellen Zugang sind Die Darstellung der Gefäßverhältnisse erfolgt nun
alle Fisteln darstellbar, deren Anastomose distal der schrittweise von der arteriellen Punktionsstelle über
Punktionsstelle liegt, somit alle Brescia-Cimino-Fis- die Anastomose bis zu den zentralen Venenabschnit-
teln und vereinzelte Interponatshunts. Die retrograde ten hin. Besonders im Bereich der Anastomose sind
Punktion der A. brachialis in Lokalanästhesie unter regelmäßig Angulationen und Rotationen des C-Bo-
sterilen Kautelen erfolgt in Seldinger-Technik. Der gens notwendig, um eine überlagerungsfreie Gefäß-
einfachste Zugangsweg liegt im Bereich der Ellen- darstellung zu erzielen.
11.2 Interventionen 449

Transfemorale Angiographie Die retrograde Darstellung der Shuntvene, der Ana-


Über einen femoralen arteriellen Gefäßzugang wird stomose und der shuntspeisenden Arterien in Über-
die A. subclavia selektiv sondiert und die gesamte lauftechnik lässt sich durch die Anlage eines supra-
arterielle und venöse Gefäßstrecke schrittweise dar- systolischen Staus am proximalen Oberarm während
gestellt. Das transfemorale Vorgehen zur Dialyse- der Kontrastmittelserie erzielen. Als Staumanschet-
shuntdarstellung ist nur in Einzelfällen indiziert, z. B. tenbreite sind 8 cm ausreichend. Wie bei der arteriel-
bei Verdacht auf eine Abgangsstenose der A. subcla- len Shuntdarstellung sind gezielte Angulationen und
via und geplanter Intervention. Rotationen der Röntgenröhre notwendig, um eine
überlagerungsfreie Darstellung der Shuntanastomo-
se zu erhalten. Im Regelfall genügt eine Kontrastmit-
11.1.3 telinjektionsmenge von <10 ml pro Serie bei normal-
Venöse Shuntangiographie kalibrigen Shunts. Ein Jodgehalt von 150 mg/ml
Kontrastmittel ist ausreichend (z. B. Ultravist 150,
Die Auswahl der Punktionsstelle für eine venöse Fa. Schering).
Shuntdarstellung erfolgt in Abhängigkeit von der Für die Darstellung des Shuntabflusses ab der
Lage der obliterierenden Gefäßalteration, um ggf. Punktionsstelle ist ein weiterer suprasystolischer
die Option zu einer Intervention wahrzunehmen. Stau nicht notwendig. Die primäre Darstellung
Liegt die Gefäßveränderung anastomosennah, so er- des Hämodialyseshunts sollte immer bis zur V. cava
folgt die retrograde Punktion der Shuntvene z. B. bei superior erfolgen, um auch zentralvenöse Strom-
einer Brescia-Cimino-Fistel am proximalen Unter- bahnhindernisse zu erfassen.
arm oder im Bereich der Ellenbeuge. Ist die zu erwar-
tende Gefäßobliteration anastomosenfern gelegen,
so ist eine anastomosennahe antegrade Punktion 11.2
anzustreben. Interventionen

CAVE ! Hierbei sollte der postoperative Nar-


benbereich bei der Punktion, soweit
11.2.1
Indikationen zur Therapie
möglich, ausgespart bleiben, da es aufgrund der Ge-
websfibrosierung zu Problemen bei der Einführung Die Indikation zur perkutanen Intervention bei Hä-
oder auch zu permanenten Blutungen neben dem modialyseshunts ergibt sich in den meisten Fällen
Interventionsbesteck kommen kann. aufgrund der Ineffektivität der Dialyse. Dies bedeutet
im Regelfall, dass ein zu geringes Blutflussvolumen
Die Punktionsbedingungen des Hämodialyseshunts vorliegt.
lassen sich vor allem bei einer geringen Shuntvenen-
füllung durch einen subsystolischen Stau am proxi-
malen Oberarm zur Erzielung einer Prallfüllung der Merke ! Für eine effektive 2-Nadel-Hämodia-
Vene verbessern. Zur Punktion präferieren wir eine lyse ist ein Blutfluss von mindestens 350 ml/min not-
18-Gauge-Verweilkanüle ohne Seitventil (z. B. Intro- wendig.
can-W, Fa. Braun, Melsungen), da es durch Seitventi-
le bei Einführung von steuerbaren Drähten zu Passa- Wie Studien gezeigt haben, kann bereits eine 40- bis
geproblemen der Kanüle kommen kann. Ein weiterer 50%ige Stenose zu einer ineffektiven Dialysesitua-
Vorteil der 18-Gauge-Nadel liegt darin, dass auch tion führen (Sullivan et al. 1992, 1993). Zunehmende
0,035 Zoll (0,89 mm) Führungsdrähte ohne Problem Armschwellungen bei schlechten venösen Abfluss-
einführbar sind. verhältnissen, Zeichen einer oberen Einflussstauung
oder lange Abdrückzeiten der Punktionsstelle nach
Merke ! Bei der Punktion eines Interponat-
shunts ist zu beachten, dass die Mate-
der Dialyse stellen gelegentlich trotz effektiver Hä-
modialyse bei Nachweis einer Stenose eine Indika-
rialstärke und -härte des Fremdmaterials erheblich tion für eine Intervention dar.
über der Wandstärke einer autologen Venenwand An Gefäßalterationen können perkutan sowohl
liegt und somit eine größere Punktionseindringtiefe kurz- als auch langstreckige Gefäßstenosen im venö-
notwendig ist, um die Kunststoffkanüle sicher in das sen und arteriellen Schenkel, aber auch frische und
Lumen der Gefäßprothese vorzuschieben. alte Gefäßokklusionen erfolgreich angegangen wer-
den.
450 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

11.2.2 Dilatation
Kontraindikationen zur Therapie Bei allen Gefäßengen des Hämodialyseshunts steht
primär die gefäßweitenadaptierte Ballondilatation
Die Hauptkontraindikation gegen eine Intervention im Vordergrund. Soll eine Anastomosenstenose eines
am Hämodialyseshunt ist die Infektion. Der stark Gefäßinterponates dilatiert werden, richtet sich der
aneurysmatisch veränderte Dialyseshunt stellt eine zu wählende Ballondurchmesser generell nach der
relative Kontraindikation dar. Weite des Interponats zur Risikominderung einer
Der Zeitpunkt der Shuntneuanlage spielt nur bei Leckage. Bei uns hat sich der Einsatz von „Small-
Interventionen im Bereich der Anastomose bzw. der vessel-PTA-Ballons“ (z. B. Submarine Plus, Fa. In-
anastomosennahen Gefäßabschnitte eine Rolle. Ein vatec; RBP bis zu 17 atm) zur ambulanten Dilatation
zeitlicher Mindestabstand von 2 Wochen zwischen im Bereich von Hämodialyseshunts bewährt. Als
der Shuntneuanlage und einer anastomosennahen Führungsdraht dient ein steuerbarer 0,46 mm
Intervention ist ratsam. Anastomosenferne Interven- (0,018 Zoll) Nitinolführungsdraht (z. B. Nitrex,
tionen können jedoch jederzeit nach der Shuntneu- Fa. Ev3, Plymouth, USA). Mit diesem Besteck lassen
anlage durchgeführt werden. sich die meisten Stenosen suffizient behandeln
Neben diesen shuntbedingten Kontraindikationen (Abb. 11.3 a, b). Da venöse Stenosen sehr rigide sein
gelten natürlich auch die allgemeinen angiographi- können, sind PTA-Drücke über 15 atm keine Selten-
schen Kontraindikationen, auf die hier nicht näher heit. Die Dilatationszeit liegt primär bei wenigen Se-
eingegangen wird. kunden und kann bei primärer therapierefraktärer
der Stenose auf bis zu 5 min ausgedehnt werden.
Die technischen Erfolgsraten der alleinigen Bal-
11.2.3 londilatation von Stenosen liegen zwischen 90 und
Therapie der Shuntstenose 100% (Beathard 1992; Bohndorf et al. 1993; Longwitz
et al. 1998; Lorch 2000; Vorwerk et al. 1991) und las-
Merke ! Nachgewiesene Shuntvenenstenosen
sollten frühzeitig einer interventio-
sen sich durch den Einsatz von Hochdruckballons
bzw. eines „cutting balloons“ bei primär therapie-
nellen Therapie zur Vermeidung akuter Shuntvenen- refraktären Stenosen noch steigern. Die Offenheits-
thrombosen und zur Steigerung der Dialyseeffektivi- raten nach Ballon-PTA von autologen Shunts liegen
tät zugeführt werden. nach 3 Monaten zwischen 70 und 87%, nach 6 Mona-
ten zwischen 55 und 67% und nach 12 Monaten zwi-
Der technische Aufwand und das Interventionsrisiko schen 30 und 51% (Fujiwar et al. 2000; Longwitz et al.
sind bei der Therapie einer Stenose geringer als bei 1998; Turmel-Rodriguez et al. 2000). Bei der Dilata-
der Therapie einer Shuntokklusion. tion von alloplastischen Shuntstenosen liegt die pri-
Anastomosennahe Stenosen der Shuntvene wie märe Offenheit mit 85%/31–71%/29% nach 3/6/12
auch Stenosen der Anastomose oder der shuntspei- Monaten niedriger (Maya u. Allon 2006; Turmel-
senden Arterie lassen sich problemlos über einen Rodriguez et al. 2000; Vogel u. Parise 2005).
retrograden venösen Zugang therapieren. Für ana- Engstellen, die sich als therapierefraktär für die
stomosenferne und zentralvenöse Stenosen erfolgt normale Ballondilatation erweisen, liegen meist ana-
eine antegrade Punktion der Shuntvene. Die Punk- stomosennah und zeigen oft eine kurzstreckige ring-
tion des Hämodialyseshunts wird ebenfalls mit einer förmige Morphologie. Auch fallen in den letzten Jah-
18-Gauge-Verweilkanüle ohne Seitventil (s. oben) ren Hämodialyseshunts auf, die in der Nachbarschaft
unter sterilen Kautelen durchgeführt. Über die lie- von Operationsclips, die bei Shuntoperationen einge-
gende Verweilkanüle kann, unter zusätzlichem Ein- bracht wurden, schwer therapierbare Stenosen, wohl
satz eines kurzzeitigen suprasystolischen Oberarm- verursacht durch eine perivenöse Fibrose, entwi-
staus, eine komplette Darstellung des Hämodia- ckeln. Nach der Intervention neigen diese Stenosen
lyseshunts in Überlauftechnik erfolgen (s. oben, auch frühzeitig zu einer Restenosierung. Ob dies ur-
Abschn. 11.1.3). Präinterventionell werden 3000 IE sächlich zusammenhängt oder nur ein subjektiver
Heparin intravenös appliziert. Im Bereich der Punk- Eindruck ist, müssen weitere Beobachtungen zeigen.
tionsstelle ist eine punktuelle Lokalanästhesie (z. B. Zur Intervention primär therapierefraktärer Ste-
Scandicain 1%, Fa. AstraZeneca, Wedel) sinnvoll, um nosen stehen 2 unterschiedliche Interventionsmög-
Schmerzreaktionen beim Katheterwechsel zu ver- lichkeiten zur Verfügung: die Hochdruckdilatation
meiden und damit eine ruhige Lage des Armes zu bzw. der Einsatz eines Cutting balloons.
erzielen.
11.2 Interventionen 451

Abb. 11.3 a, b. Dilatation einer Shunt-


venenstenose. a Bei der retrograden
Shuntdarstellung Visualisierung einer
filiformen 4 cm langen Stenose ab der
kubitalen AV-Anastomose. Zudem noch
Abbildung multipler arterieller und venö-
ser Seitäste. b Nach der Dilatation mit
einem 4 mm-Small-vessel-Ballon zufrie-
den stellendes morphologisches und
funktionelles Interventionsergebnis

Hochdruckdilatation Bei einer anhaltenden Blutung ist primär ein mehr-


Eine Möglichkeit zur Therapie rigider Stenosen ist facher Versuch mit einer Langzeitinsufflation des
der Einsatz von Hochdruckballons (z. B. Conquest, Dilatationsballons über 5–10 min zum Verschluss
Fa. Bard, Karlsruhe; 5,5-F-Schaft, RBP bis 30 atm). der Leckagestelle und Erhalt der Shuntfunktion in-
Diese Ballons weisen eine konstruktionsbedingte re- diziert. Auch werden Stents zur Abdichtung von
lativ starre Beschaffenheit des Schafts auf. Durch die- Rupturstellen erfolgreich eingesetzt, bei denen eine
se Eigenschaft ist ihr Einsatz in den manchmal stark mehrmalige Langzeitinsufflation des Ballons nicht
gebogen verlaufenden anastomosennahen Gefäß- zum Erfolg geführt hat (Pan et al. 2005). Hierzu wer-
abschnitten kritisch zu bewerten. den sowohl reine Metallstents als auch gecoverte
Bei der Hochdruckdilatation kommt es zu einer Stents eingesetzt.
unkontrollierbaren Sprengung der rigiden Engstelle
(Abb. 11.4 a–d), was unter Umständen zu einem Ge- Cutting balloon
fäßwandeinriss mit einer paravasalen Hämatombil- Eine andere Methode zur Behandlung primär thera-
dung führt. pierefraktärer Stenosen ist der Einsatz eines „Cut-
ting-Dilatationsballons“, der mit 4 mikrochirurgi-
Merke ! Die iatrogen induzierten Gefäßrup-
turen bei einer Shuntvenendilatation
schen Klingen bestückt ist (z. B. Cutting-Balloon,
Fa. Boston Scientific, Ratingen; 4,2-F-Schaft). Die
stellen nur in Einzelfällen ein Risiko für den Patien- Schnitttiefe der Atherotome beträgt etwa 5–7 Zell-
ten und die Shuntfunktion dar. Eine kritische Über- schichten und ermöglicht somit die Wiedereröffnung
wachung der Blutungstendenz, ggf. mit paravasaler des Gefäßlumens ohne den Einsatz eines hohen
manueller Kompression, ist jedoch unabdingbar. Drucks bei der Dilatation (Abb. 11.5 a–e). Es werden
452 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

a b

c d

Abb. 11.4 a–d. Einsatz eines Hochdruckballons zur Dilatation c Komplette Entfaltung des Hochdruck-PTA-Ballons bei einem
einer primär therapierefraktären Stenose. a Nachweis einer Inflationsdruck von 30 atm. Im Vergleich mit b erkennbar
anastomosennahen kurzstreckigen Stenose einer Brescia- die schlechtere Positionierbarkeit im anastomosennahen ab-
Cimino-Fistel. b Bei der Dilatation mit einem 5 mm-Small- knickenden Gefäßabschnitt. d Bei der Abschlusskontrolle kei-
vessel-Ballon (Inflationsdruck 16 atm) Darstellung einer deut- ne signifikante Reststenose mehr nachweisbar, bei deutlich
lichen Taille im Bereich einer ringförmigen rigiden Stenose. verbessertem Blutangebot

lediglich die Intima und im Bereich von kleinen Kryoplastie


Venen partiell die Media eingeschnitten unter Erhal- Zurzeit wird bei kurzfristig rezidivierenden Stenosen
tung der Adventitia. Das Risiko einer Leckage ist im von Dialyseshunts – und hier besonders im Bereich
Vergleich zur Hochdruckdilatation bei richtiger Grö- der venösen Anastomosen von alloplastischen Shunts
ßenwahl des Ballons geringer. mit ausgeprägter intimaler Hyperproliferation – zu-
Die primäre Offenheitsrate liegt nach 1/3/6 Mona- nehmend die Kryoplastie eingesetzt. Bei der Kryo-
ten zwischen 84%/66% und 48–76% (Singer-Jordan plastie wird ein speziell gefertigter Ballonkatheter
u. Papura 2005; Vesely u. Siegel 2005). Bei der Beurtei- (z. B. PolarCath-Balloon, Fa. Boston Scientific, Ratin-
lung dieser Ergebnisse ist zu beachten, dass es sich gen) mit Stickoxid bis zu einem Druck von 8 atm
um Stenosen handelt, die nicht mit einer normalen gefüllt (Abb. 11.6 a–c). Durch dieses Gas werden die
PTA therapierbar waren. Ballonoberfläche und die Interzellularflüssigkeit für
Derzeit sind Cutting balloons bis zu einem Ballon- 20 s auf –10° Celsius während der Dilatation gekühlt
durchmesser von 8 mm erhältlich. und danach automatisch entlüftet und erwärmt.
Während der Abkühlungsphase kommt es zum Auf-
brechen rigider fibröser Strukturen und ggf. von ver-
11.2 Interventionen 453

a b

c d

Abb. 11.5 a–e. Einsatz eines Cutting balloons bei einer pri-
mär therapierefraktären Stenose. a Darstellung einer lang-
streckigen anastomosennahen Stenose einer Brescia-Cimi-
no-Fistel. b Fast vollständige Entfaltung des 5 mm-Small-
vessel-Ballons bis auf eine kurzstreckige ringförmige Taille
im distalen Ballondrittel (Insufflationsdruck: 15 atm) bei
therapierefraktärer Stenose trotz mehrmaliger Langzeit-
PTA. c Darstellung eines 4 Atherotome tragenden Cutting
balloons. d Komplette Entfaltung des Cutting balloons bei
einem Inflationsdruck von 6 atm. e In der Kontrolle kein e
Hinweis auf eine Reststenose
454 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

Abb. 11.6 a–c. Kryoplastie einer rezidi-


vierenden Anastomosenalteration eines
venösen Gefäßinterponats. a Okklusion
der zentralen anastomosierten Vene mit
retrograder Perfusion der distal der Inter-
ponatanastomose gelegenen Venenan-
teile. b Platzierung des speziellen Kryo-
plastieballons (Durchmesser 6 mm) und
Insufflation mit Stickoxid (Inflations-
druck 8 atm). c Nach der Rekanalisation
wieder freie Perfusion der zentralen
Venenabschnitte. Durch Einsatz der Kryo-
plastie Verdopplung des therapiefreien
Intervalls bis zur nächsten Restenosie-
rung

kalkten Plaques. Des Weiteren wird eine inflammato- Die Mechanismen, die während der Kryoplastie
rische Antwort nach PTA durch die Apoptose ent- Zellschäden induzieren, sind sehr komplex in ihrem
sprechender Zellen in Intima und Media deutlich Ablauf und abhängig vom Gewebetyp (Rifkin et al.
verringert. 2005). Bei der intimalen Hyperproliferation an der
11.2 Interventionen 455

venösen Interponatstenose kommt es u. a. zu einer Cimino-Shunt ist das Ausmaß der Thrombosierung
umschriebenen Apoptose. Rifkin et al. (2005) zeigten abhängig von dem vorhandenen Kollateralkreislauf
in ihrer Beobachtungsserie, dass die Zeit bis zur er- und der Lokalisation der Verschlussstelle.
neuten Restenose an der venösen Interponatanasto- An therapeutischen Optionen stehen mehrere
mose durch die Kryoplastie von 3 Wochen auf etwa Verfahren zur Verfügung. Es ist eine individuelle Pla-
16 Wochen gesteigert werden konnte. Diese Ergebnis- nung für jeden Patienten notwendig. In die Entschei-
se bedürfen aber noch der weiteren Evaluation, vor dung der Interventionsart gehen die Verschlusslänge,
allem bezüglich ihrer klinischen Wertigkeit. das Thrombusvolumen und ob es sich um einen
autologen oder alloplastischen Dialyseshunt handelt
Stents mit ein.
Der Einsatz und Nutzen von Stents in Hämodialyse- Auch bei einer frischen Shuntvenenokklusion
shunts wird momentan noch diskutiert. Die meisten kann unter Umständen die alleinige Ballondilatation
Publikationen setzen sich derzeit mit der zentral- indiziert sein. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass
venösen Stentapplikation und dem Einsatz im Be- das Thrombusvolumen sehr gering ist. Dies ist gele-
reich venöser Interponatstenosen auseinander. Als gentlich bei anastomosennahen Verschlüssen oder
weitere Indikationsoptionen werden Reststenosen bei komplettierenden Thrombosen im Bereich hoch-
nach einer PTA von >30%, eine hämodynamisch re- gradiger Stenosen der Fall. Die Thrombusvolumen-
levante Gefäßwanddissektion oder eine anhaltende abschätzung ist mit der FKDS suffizient möglich. Das
Blutung nach venöser Gefäßruptur angesehen (Maya technische Vorgehen bei der Shuntvenenrekanalisa-
u. Allon 2006; Pan et al. 2005; Vogel u. Parise 2005). tion entspricht dem der normalen Ballondilatation.
Die gelenküberschreitende Stentung wird ebenso wie
die Stentung im Punktionsareal aufgrund der Gefahr
von Stentdislokationen oder Stentfrakturen kritisch CAVE ! Es ist aber mit großer Vorsicht vorzu-
gehen, um nicht Thrombusanteile
bewertet (Vogel u. Parise 2005; Zaleski et al. 2001). über die Anastomose in die Arterie zu dislozieren
Mehrere Studien belegen, z. T. prospektiv und ran- und eine periphere Embolie zu induzieren.
domisiert, dass die Stentung venöser Anastomosen-
stenosen von Interponaten der alleinigen PTA bei Bei einem großen Thrombusvolumen ist die alleinige
okkludierten alloplastischen Shunts überlegen ist PTA kontraindiziert.
(Maya u. Allon 2006; Vogel u. Parise 2005). Dagegen In Fällen mit einem großen Thrombusvolumen
berichtete Quinn et al. (1995) über keinen signifikan- kommt entweder die mechanische Thrombektomie
ten Unterschied zwischen der alleinigen PTA von oder die Thrombolyse vor der Ballondilatation zum
autologen Shunts und der Stentgruppe in seinem Einsatz. Gelegentlich ist auch der gemeinsame Ein-
Kollektiv. Pan et al. (2005) wiederum sehen einen satz unterschiedlicher Verfahren notwendig.
Vorteil bei primär nichtzufrieden stellender Shunt-
PTA in der Stentung autologer Shunts. Mechanische Thrombektomie
Zur mechanischen Thrombektomie stehen unter-
Merke ! Die Stentung autologer Shunts sollte
nur sehr zurückhaltend durchgeführt
schiedliche Verfahren zur Verfügung. Hierzu gehören
u. a.
und die weitere Studienlage abgewartet werden.
∑ die Aspirationsthrombektomie,
∑ mechanische Embolektomiesysteme, wie z. B.
Fogarty-Ballon,
11.2.4
∑ Cragg-Bürstenkatheter (Dolmatch et al. 1999;
Therapie des Shuntverschlusses
Smits et al. 2002),
∑ mechanisch unterstütze Aspirationsthrombekto-
Akuter Shuntverschluss
mie, wie z. B. PTD-Fragmentierkörbchen (Smits
Die Zahl akuter Shuntverschlüsse ist in den letzten
et al. 2002; Trerotola et al. 1998), und
Jahren deutlich rückläufig, da die Patienten früh-
∑ die hydrodynamische Thrombektomie (Sahni et
zeitig schon zur FKDS und somit auch früher zur
al. 2005; Smits et al. 2002).
Intervention vorgestellt werden. Ursachen akuter
Shuntverschlüsse sind klinisch unerkannte Stenosen Das technisch einfachste mechanische Verfahren ist
und wesentlich seltener punktionsbedingte Gefäß- die Aspirationsthrombektomie nach Starck, die im
wanddissektionen. Kommt es bei einem Interponat- Dialyseshunt meistens mit einer Lysetherapie kom-
shunt zu einem Verschluss, so ist die ursächliche biniert wird (Poulain et al. 1991). Die Shuntausräu-
Stenose in der Mehrzahl der Fälle an der venösen mung mittels des Fogarty-Ballons erfordert die Er-
Anastomose lokalisiert. Die Thrombose umfasst im öffnung der Shuntvene, um das Thrombusmaterial
Regelfall das gesamte Interponat. Bei einem Brescia- zu entfernen, und bleibt somit operativ tätigen Ärz-
456 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

ten vorbehalten. Die anderen genannten Verfahren 쐍 Infiltrationslyse. Bei der Infiltrationslyse erfolgt
sind z. T. Weiterentwicklungen bereits früher ent- die kontinuierliche Gabe des Fibrinolytikums über
wickelter Systeme, die aber in Deutschland derzeit den vorher am arteriellen Thrombusende platzierten
nur eine geringe Rolle spielen. Katheter. Am besten eignet sich für die kontinuier-
Bei der mechanischen Thrombektomie präferie- liche und gleichmäßige Medikamentengabe ein Infu-
ren wir die hydrodynamische Thrombusabsaugung siomat. Auch empfiehlt es sich bei diesem Vorgehen,
mittels des Venturi-Effekts (z. B. Oasis-Katheter; eine Maximaldosis von 20 mg Alteplase in 4–6 Stun-
Fa. Boston Scientific, Ratingen; 6-F-System) der Aspi- den nicht zu überschreiten bei zusätzlicher Vollhepa-
rationsthrombektomie aufgrund der geringeren Ge- rinisierung. Bei kleinen kurzstreckigen Thromben
fahr der Thrombusverschleppung und der geringe- kann gelegentlich eine Infiltrationslyse über eine
ren Gefäßwandalterationen, da über einen Führungs- Direktpunktion des Thrombus mit einer Verweilka-
draht gearbeitet wird. Bei dem Venturi-Effekt-Verfah- nüle erfolgen. Über die so eingebrachte Kanüle kann
ren wird über einen schmalen Kanal im Katheter dann die Lysetherapie, meist reicht eine einmalige
heparinisierte Kochsalzlösung mit Druck injiziert. Gabe von 2–3 mg Alteplase, durchgeführt werden.
An der Katheterspitze bildet sich eine Verwirblungs-
zone, die zu einer Thrombusfragmentierung führt. 쐍 Gepulste Sprühlyse. Eine Verringerung der Fibrino-
Die winzigen Thrombusfragmente werden mit der lytikamenge und der Lysezeit ist durch den Einsatz
injizierten Kochsalzlösung über ein weiteres Kathet- der so genannten gepulsten Sprühlysetechnik mög-
erlumen nach extern drainiert, sodass keine zusätzli- lich. Hierzu wird ein Spezialkatheter (z. B. Jet-Lyse-
che Volumenbelastung für den Patienten auftritt. Katheter; Fa. C.R. Bard) mit multiplen kleinen Seiten-
löchern auf einem definierten und markierten Ka-
Merke ! Ein Vorteil des Venturi-Effekt-Verfah-
rens liegt in der schnellen Entfernbar-
theterabschnitt im Verschlussareal unter Vollhepari-
nisierung platziert. Das Fibrinolytikum wird dann
keit größerer Thrombusmengen, und damit ist es unter Druck fein dispers in den Thrombus injiziert.
sehr gut geeignet für die Thrombektomie von Inter- Somit wird eine größere Thrombusoberfläche auf
ponatshunts. einmal erreicht.
Auch bei Einsatz der Sprühlysetechnik empfiehlt
Bei Wahl dieses Verfahrens ist der Einsatz einer Ge- es sich bei einem thrombosierten Interponatshunt,
fäßschleuse obligat. Bei schleifenfömigen Interpona- mit 2 gekreuzten Kathetersystemen zu arbeiten bzw.
ten sind oft 2 gegenläufige, sich überkreuzende Zu- eine Kombinationstherapie mit Methoden der me-
gänge notwendig, um sowohl den arteriellen als auch chanischen Thrombektomie.
den venösen Schenkel zu erreichen und erfolgreich Initial werden 4 Pulsstöße mit je 0,5 mg Alteplase
therapieren zu können. verabreicht. Danach wird in einem zeitlichen Ab-
stand von je 3 min ein weiterer Pulsstoß mit 0,5 mg
Lysetherapie Alteplase appliziert. Die benötigten Lysezeiten liegen
Zur Lysetherapie werden in den meisten Fällen als in Abhängigkeit vom Thrombusvolumen meist
Fibrinolytika Urokinase oder Alteplase eingesetzt. <30 min, und die benötigte Alteplase-Dosis <10 mg.
Dabei sollte eine Dosis von 20 mg Alteplase nicht Diese Dosismengen und der Zeitaufwand decken
überschritten werden. Zusätzlich ist zur Lysetherapie sich auch mit Erfahrungen anderer Zentren (Barth et
immer eine Vollheparinisierung einzuleiten. Die al. 2000; Sofocleous et al. 2002).
Punktionsstelle für den Shuntvenenzugang ist ab- Der technische Erfolg der Wiedereröffnung
hängig von der Thrombuslokalisation und wird in thrombosierter autologer Shunts schwankt nach Lite-
der FKDS festgelegt. raturangaben zwischen 45 und 98% (Barth et al.
Bei einer Lysetherapie direkt ab der Anastomose 2000; Fujiwar et al. 2000; Lorch 2000; Turmel-Rodri-
erfolgt die Punktion der Shuntvene zentral des guez et al. 2000). Bei Interponatshunts liegt die tech-
Thrombus. Die Verschlussstrecke wird nachfolgend nische Erfolgsrate zwischen 95 und 100% (Chen et al.
retrograd mittels eines steuerbaren Führungsdrahtes 2005). Bei sich entwickelnden Zeichen einer Throm-
und eines Katheters (z. B. 4-F-Cobra-Katheter C2, bophlebitis sinkt die technische Erfolgsrate erheblich
Cook, Mönchengladbach) sondiert. Die Lysetherapie ab, und die Intervention gestaltet sich zudem für den
wird generell beim autologen Shuntgefäß auf der Patienten schmerzhaft.
arteriellen Seite des Thrombus begonnen. Bei einer Die primäre Offenheitsrate liegt nach 3/6/12 Mo-
Interponatschleife kann es auch bei der Lysetherapie naten bei 63%/32%/17% für den alloplastischen
notwendig sein, mit 2 sich kreuzenden Lysesystemen Shunt und bei 89%/74%/47% für den autologen
zu arbeiten. Eines hiervon wird mit seiner Spitze im Shunt (Turmel-Rodriguez et al. 2000). Eine Verbesse-
arteriellen und eines im venösen Schenkel der Schlei- rung der Offenheitsrate bei rekanalisierten thrombo-
fe positioniert. sierten Interponatshunts ist durch den Einsatz von
11.2 Interventionen 457

Stents erzielbar. Hier liegen die primären Offenheits- auch bei Patienten ohne vorherigen zentralvenösen
raten nach 3/6/12 Monaten bei 88%/67%/41% (Vogel Zugang werden Stenosen in diesen Lokalisationen
u. Parise 2005). beobachtet. Hier wird als möglicher Auslöser der
Maya u. Allon (2006) berichten, dass die primäre Stenose der hohe Blutfluss der Dialysefistel diskutiert
Offenheitsrate für rekanalisierte thrombosierte In- (Oguzkurt et al. 2005).
terponatshunts nach 3 Monaten nur bei 30% liegt. Die Interventionsindikation bei einer zentralve-
Im Vergleich hierzu beträgt sie 71% bei Patienten, die nösen Stenose ist gegeben bei klinischen Zeichen der
sich einer elektiven Angioplastie der Anastomosen- Einflussstauung oder Einschränkung der Dialyse-
stenose des Interponats bei noch bestehender Per- funktion des Shunts.
fusion unterzogen. Diese Beobachtung wird durch
weitere Publikationen gestützt (Chen et al. 2005; Tur-
mel-Rodriguez et al. 2000; Vogel u. Parise 2005). Dies CAVE ! In Einzelfällen kann es bei einer obe-
ren Einflussstauung, wenn das intra-
unterstreicht die Wichtigkeit der frühzeitigen Inter- kranielle Venensystem als Kollateralkreislauf dient,
vention von venösen Anastomosenstenosen bei In- zu neurologischen Komplikationen bis hin zur Er-
terponaten zur Verbesserung der Langzeitfunktion blindung oder intrakraniellen Blutungen kommen.
mit dem geringst möglichen Aufwand.
Bei Nachweis einer asymptomatischen zentralvenö-
Chronischer Shuntverschluss sen Stenose wird von einer Dilatation oder Stentung
Chronische Shuntverschlüsse bleiben bei einer suffi- abgeraten, auch wenn der Stenosegrad >50% beträgt.
zienten Kollateralisation nicht selten klinisch unent- Levit et al. (2006) berichten, dass es bei behandelten
deckt und bedürfen somit auch keiner weiteren The- asymptomatischen Stenosen in dieser Lokalisation
rapie. Gelegentlich kommt es aber zu einer Ver- sehr kurzfristig zu hochgradigen Restenosen oder
schlechterung der Dialysefunktion, sei es durch ein sogar zu Okklusionen kommt im Vergleich mit der
vermindertes arterielles Angebot oder durch erhöhte Gruppe der nichttherapierten >50%igen asympto-
Rücklaufdruckwerte während der Dialyse. Es finden matischen Stenosen.
sich aber auch verlängerte Nachblutungszeiten oder Eine alleinige PTA im zentralvenösen Bereich
monströse Schwellungen der shunttragenden Ex- bringt meist nur eine kurzfristige Verbesserung der
tremität. Diese meist langstreckigen Verschlüsse Situation. Insofern ist eine Stentplatzierung häufig
können oft mit Hilfe eines steuerbaren Drahtes und primär indiziert. Wir platzieren in diesem Bereich
eines Führungskatheters überwunden werden. Die nur selbstexpandierende Stents. Es ist auf eine aus-
Wiedereröffnung der Vene erfolgt dann durch eine reichende Überdimensionierung des Stents zur si-
Ballondilatation. In Einzelfällen bei schwieriger cheren Fixation an der Gefäßwand zu achten. Venen
Okklusionspassage kommen auch hydrophil be- weisen erheblich stärkere Kaliberschwankungen als
schichtete Führungsdrähte zur Sondierung des Ver- Arterien während den wechselnden Atemlagen und
schlusses zum Einsatz. Die Rekanalisation von chro- den unterschiedlichen intrathorakalen Druckver-
nischen Verschlüssen hat ein erhöhtes Risiko der hältnissen auf.
Venenwandperforation bei der Drahtsondierung.
Die Langzeitoffenheitsrate rekanalisierter chroni-
scher Shuntverschlüsse ist schlechter als die Ergeb- Merke ! Ab einer Stentapplikationssystem-
größe von 7 French empfiehlt sich ein
nisse bei Therapie einer noch perfundierten Shunt- transfemorales Vorgehen wegen der stark erhöhten
stenose. Vorwerk et al. (1995) berichten von einer Nachblutungsgefahr eines großkalibrigen Shunt-
technischen Erfolgsquote von 85% und einer Offen- venenzugangs.
heitsrate von 41% nach 6 Monaten und 24% nach
2 Jahren in seinem Patientenkollektiv. Ein Problem der zentralvenösen Stentung ist die
extreme intimale Hyperproliferation. In unserem
Patientengut hat jeder Dialysepatient eine Restenose
11.2.5 im Stentbereich entwickelt. Dies führte in der An-
Therapie der zentralvenösen Stenose fangsphase gelegentlich zu klinisch manifesten zen-
tralvenösen Gefäßverschlüssen, die akut rekanali-
Zentralvenöse Stenosen sind meist im Übergangs- siert werden mussten. Mittlerweile werden alle Pa-
bereich der V. subclavia zur V. brachiocephalica oder tienten mit einem zentralvenösen Stent routine-
direkt in der V. brachiocephalica lokalisiert. Als mög- mäßig alle 6–8 Wochen phlebographiert und ggf.
liche Ursachen für diese Stenosen gelten mechani- dilatiert (Abb. 11.7 a–d). Mit diesem Therapieregime
sche und/oder infektionsbedingte Affektionen der wird die akute Symptomatik der oberen Einflussstau-
Venenwand durch temporär genutzte Dialyse- oder ung vermieden und das Risiko der Intervention bei
zentralvenöse Katheter (Hernandez et al. 1998). Aber erhöhten technischen Erfolgsraten vermindert. Bis-
458 Kapitel 11 Hämodialyseshunt

c d

Abb. 11.7 a–d. Verlauf einer zentralvenösen Stenose nach der lung. c Nach 8 Wochen erneute Schwellung der Hand. In der
primärer Stentung. a Primär Darstellung einer hochgradigen DSA wieder Nachweis von Kollateralgefäßen sowie einer inti-
V.-brachiocephalica-Stenose bei monströser Schwellung des malen Proliferation im Stent mit daraus resultierender Steno-
shunttragenden Arms. b Nach erfolgreicher Stentung und Di- sierung. d Nach der Re-PTA wieder Rückbildung des Kollater-
latation kein Nachweis mehr von Kollateralgefäßen im Bereich alsystems und Abklingen der Handschwellung. Nach weiteren
des Thorax. Im Verlauf schnelle Rückbildung der Armschwel- 8 Wochen erneute In-Stent-Restenose

herige Erfahrungen mit der intravasalen bzw. perku-


11.2.6
tanen Bestrahlung von dilatierten und gestenteten
Schlussfolgerung
venösen Gefäßläsionen erfüllten bisher die Erwar-
tungen nicht im Hinblick auf eine Verbesserung der Die radiologisch gesteuerte Shuntintervention stellt
Offenheitsraten (Cohen et al. 2000; Krueger et al. eine risikoarme und ambulant durchführbare Thera-
2004; Kwok et al. 2001). pie bei insuffizienter Dialysefunktion und nachge-
Die technischen Erfolgsraten bei zentralvenösen wiesener Gefäßalteration dar. Sie erfordert eine gute
Eingriffen schwanken in der Literatur zwischen 50 Kooperation zwischen der Dialyseeinheit und der
und 100%, abhängig davon, ob ein Verschluss oder interventionellen Radiologie, um die Patienten vor
eine Stenose als Ausgangsbefund vorlag. Die Offen- dem akuten Shuntverschluss zu bewahren. Die hohe
heitsraten werden mit 70–85% nach 3 Monaten, Rezidivquote nach Interventionen soll nicht davor
50–60% nach 6 Monaten und 14–30% nach 12 Mona- abschrecken tätig zu werden, denn die betroffenen
ten angegeben (Aytekin et al. 2004; Buriankova et al. Patienten sind vital auf die Funktion des Hämodialy-
2003). Diese Daten zeigen, dass kurzfristige und re- seshunts angewiesen und ständige Shuntneuanlagen
gelmäßige Kontrolluntersuchungen, ggf. mit Reinter- sind aufgrund der begrenzten Zahl geeigneter auto-
ventionen, unabdingbar sind. loger Venen nicht möglich und garantieren auch
dann nicht den problemlosen langfristig nutzbaren
Shunt.
11.2 Interventionen 459

Landwehr P, Tschammler A, Schaefer RM, Lackner K (1990)


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Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS) 12
T. Kirchhoff, H. Rosenthal

12.1 Indikationen zur TIPS-Anlage 461 Chirurgisch angelegte peritoneovenöse Shunts wer-
12.1.1 Rezidivierende Varizenblutung 461 den seit Einführung des TIPS aufgrund geringerer
12.1.2 Therapierefraktärer Aszites 462
12.1.3 Therapierefraktärer Hydrothorax 462 Wirksamkeit und hoher Komplikationsraten nur
12.1.4 Hepatorenales Syndrom 462 noch selten durchgeführt.
12.1.5 Hepatopulmonales Syndrom 462
12.1.6 Budd-Chiari-Syndrom 462
12.1.7 Venookklusive Erkrankung 463
12.1
12.2 Methodik der TIPS-Anlage 463
12.2.1 Hämodynamische Veränderungen Indikationen zur TIPS-Anlage
nach TIPS-Anlage 466
12.2.2 Primäre und sekundäre Offenheit 466 Die Indikation zu einer TIPS-Anlage sollte gemein-
12.3 Komplikationen 466 sam von einem Hepatologen und einem interventio-
12.4 Verlaufskontrollen 467 nellen Radiologen gestellt werden, insbesondere bei
12.4.1 Sonographische und angiographische einer Hochrisikosituation, wie sie bei der fortge-
Verlaufskontrollen 467 schrittenen Leberzirrhose im Stadium Child-Pugh C,
12.4.2 Angiographische Portographie einem hohen MELD-Score oder schwerwiegenden
zur TIPS-Kontrolle und Shuntrevision 468
Begleiterkrankungen zu erwarten ist (Schepke et al.
12.5 TIPS als Brücke zur Transplantation 468
2003).
Literatur 469 Gesicherte Indikationen sind
∑ die sekundäre Prävention der rezidivierenden Va-
rizenblutung und
∑ der therapierefraktäre Aszites.
왔 Als transjugulärer portosystemischer Weitere Indikationen haben sich im Rahmen nicht-
Definition
Shunt (TIPS) wird eine großlumige kontrollierter Studien und Fallbeschreibungen eta-
interventionell angelegte Stentverbindung zwischen bliert. Sie konnten aber aufgrund der geringen Inzi-
einer Lebervene und der Pfortader bezeichnet. denz der Krankheitsbilder nicht durch randomisier-
te Studien gesichert werden. Darunter fallen:
Der TIPS entspricht somit einem intrahepatischen
∑ der therapierefraktäre Hydrothorax,
portokavalen Seit-zu-Seit-Shunt. Er wurde vor mehr
∑ das hepatorenale Syndrom,
als 20 Jahren als gering-invasive Alternative zur ope-
∑ das hepatopulmonale Syndrom,
rativen Shuntanlage in die Therapie der portalen
∑ das Budd-Chiari-Syndrom und
Hypertension eingeführt (Rösch et al. 1971; Rössle
∑ die venookklusive Erkrankung.
et al. 1989). Seither wurden weltweit tausende Patien-
ten mit dem TIPS versorgt und mehr als 1000 Publi-
kationen erschienen allein in der englischsprachigen
Literatur, was die breite Akzeptanz und Wirksamkeit 12.1.1
der Maßnahme dokumentiert. Rezidivierende Varizenblutung

Merke ! Mit dem TIPS wird über eine portale


Dekompression die rezidivierende
Die meisten Patienten mit erstmaliger Varizen-
blutung können zunächst pharmakologisch und
Varizenblutung verhindert und der therapierefrak- endoskopisch stabilisiert werden. Das Risiko einer
täre Aszites reduziert. Rezidivblutung beträgt allerdings >50% und ist
462 Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)

mit einer erhöhten Mortalität assoziiert (Sharara u. studien zu einer Besserung geführt. Sie kann deshalb
Rockey 2001). In einer Metaanalyse von 11 kontrol- aus Mangel an anderen therapeutischen Alternativen
lierten Studien, in denen die endoskopische Therapie bei einem therapierefraktären Hydrothorax als indi-
mit dem TIPS verglichen wurde, war die Inzidenz von ziert gelten (Siegerstetter et al. 2001).
Rezidivblutungen nach der TIPS-Anlage geringer.
Allerdings kam es zu einer höheren Enzephalo-
pathierate, und es zeigte sich bislang kein eindeutiger 12.1.4
Gewinn an Überlebenszeit (Paratheodoridis et al. Hepatorenales Syndrom
1999).
Aufgrund des Risikos von Enzephalopathien, 왔 Als hepatorenales Syndrom (HRS) be-
Definition
Leberversagen und möglichen prozeduralen Kompli- zeichnet man ein mit fortgeschritte-
kationen kann der TIPS derzeit nicht als Standard- ner Leberzirrhose assoziiertes Nierenversagen.
therapie im Rahmen der primären Blutungspräven-
tion der erstmaligen oder der akuten Ösophagusvari- Das HRS tritt in 2 Formen auf: Typ I ist durch ein
zenblutung empfohlen werden. Dagegen ist seine rasches, Typ II durch ein allmähliches Nierenver-
Anwendung bei Versagen der pharmakologischen sagen (über mehrere Wochen) charakterisiert. Die
und endoskopischen Therapie von ösophagealen Va- schlechtere Prognose hat das HRS Typ I. Es wurden
rizen und rezidivierenden Blutungen im Sinne einer zwar Verbesserungen der Nierenfunktion nach TIPS-
sekundären Blutungsprävention indiziert (Boyer u. Anlage beschrieben, diese gelten aber insbesondere
Haskal 2005). Der TIPS war auch bei rezidivierenden für das HRS Typ I derzeit als nicht gesichert. Der Ein-
Blutungen von gastralen oder ektopen Varizen effek- satz des TIPS sollte kontrollierten Studien oder Aus-
tiv und kann hier ebenfalls zur sekundären Blutungs- nahmesituationen vorbehalten bleiben (Gines et al.
prävention erwogen werden. 2004).

12.1.2 12.1.5
Therapierefraktärer Aszites Hepatopulmonales Syndrom

Mit fortschreitender Leberzirrhose nimmt die Thera- 왔 Beimhepatopulmonalen Syndrom


Definition
pieresistenz des Aszites gegenüber der diuretischen kommt es im Rahmen der Leberzir-
Therapie zu. Mit dem Auftreten von therapierefrak- rhose und der portalen Hypertension zu einer intra-
tärem Aszites ist eine Mortalität von 50% innerhalb pulmonalen Gefäßdilatation und zur Hypoxie (Fal-
der folgenden 12 Monate assoziiert (Gines et al. lon u. Abrams 2000).
2004). In 5 kontrollierten Studien, in denen wieder-
holte Parazentesen mit TIPS verglichen wurden, Die TIPS-Anlage hat Einzelfallberichten zufolge zu
bewirkte die TIPS-Anlage eine bessere Aszitesreduk- einer Besserung der Symptomatik geführt. Ein gene-
tion, allerdings bei einer höheren Enzephalopathie- reller Einsatz kann anhand der aktuellen Datenlage
inzidenz und ohne eindeutigen Überlebenszeitge- jedoch nicht empfohlen werden (Paramesh et al.
winn (Boyer u. Haskal 2005; Saab et al. 2004). 2003).

Merke ! Die TIPS-Anlage sollte bei Patienten


mit therapierefraktärem Aszites er- 12.1.6
wogen werden, die wiederholte großvolumige Para- Budd-Chiari-Syndrom
zentesen nicht tolerieren oder andere Komplikatio-
nen entwickeln. 왔 Das Budd-Chiari-Syndrom resultiert
Definition
aus einer Blockade des Blutabflusses
aus der Leber infolge eines Verschlusses von Leber-
venen oder eines Verschlusses der V. cava inferior.
12.1.3
Therapierefraktärer Hydrothorax Durch die venöse Stauung kommt es zu einem pro-
gredienten Leberversagen. Das Fünfjahresüberleben
Ein Hydrothorax kann sich ausbilden, wenn es bei kann durch eine Formel, in die Enzephalopathie,
Aszites zu einer Kommunikation zwischen Peri- Aszites, Prothrombinzeit und Bilirubin eingehen, in
tonealraum und Pleuraraum kommt, wie es z. B. bei Gruppen mit guter, mittlerer und schlechter Progno-
einem Zwerchfelldefekt der Fall ist. Die TIPS-Anlage se eingeteilt werden (Murad et al. 2004). Die Auswir-
hat in solchen Fällen in mehreren Beobachtungs- kung eines TIPS auf das Überleben ist noch nicht ab-
12.2 Methodik der TIPS-Anlage 463

schließend geklärt. Die Patienten mit dem mittleren


12.2
Fünfjahresüberleben und einem chronischem Leber-
Methodik der TIPS-Anlage
versagen scheinen die besten Kandidaten für eine
TIPS-Anlage zu sein, während die Patienten mit der
guten Prognose eher von einer konservativen Thera- Merke ! Die TIPS-Anlage gilt als eine der an-
spruchsvollsten radiologischen Inter-
pie, die Patienten mit der schlechten Prognose eher ventionen und sollte Zentren mit entsprechender Er-
von einer raschen Lebertransplantation profitieren fahrung vorbehalten bleiben.
(Boyer u. Haskal 2005). Die TIPS-Anlage kann durch
einen kompletten Lebervenenverschluss technisch Vor der TIPS-Anlage sollte eine eingehende tomo-
erheblich erschwert werden. Auch kann, abhängig graphische Darstellung der abdominellen Verhältnis-
von einer möglichen Gerinnungsstörung, eine dauer- se erfolgen, unter besonderer Berücksichtigung der
hafte Antikoagulation erforderlich werden. Gefäßverhältnisse und deren Durchgängigkeit. Eine
periinterventionelle biliär wirksame antibiotische
Therapie wird empfohlen.
12.1.7 In Analgosedierung oder in Intubationsnarkose
Venookklusive Erkrankung wird zunächst unter sonographischer Kontrolle eine
großlumige Schleuse in die rechte V. jugularis interna
Die venookklusive Erkrankung (VOD) wurde ge- eingeführt und danach der zentralvenöse Druck in
häuft nach Stammzelltransplantationen, seltener der V. cava inferior gemessen. Anschließend wird ein
auch nach Intoxikationen beobachtet. Bei der VOD Katheter in die rechte oder mittlere Lebervene vorge-
kommt es zu einer sinusoidalen Obstruktion des schoben und eine retrograde Kontrastmitteldarstel-
Leberstromgebietes. Die Symptome der Erkrankung lung des Pfortadersystems über das Leberparenchym
sind unterschiedlich ausgeprägt. Schwere Verlaufs- erstellt. Unter Durchleuchtungskontrolle und ggf.
formen resultieren in einer portalen Hypertension, sonographischer Kontrolle wird ein Stichkanal von
Aszites und einem progressiven Leberversagen. Der der Lebervene nach anterokaudal (seltener nach dor-
TIPS wurde nur in Einzelfällen eingesetzt. Er führte sal) zum zentralen rechten Pfortadersystem geschaf-
zwar zur Reduktion des Aszites, aber auch zu Trans- fen und über einen Führungsdraht ein Diagnostik-
aminasenerhöhungen und hatte keine eindeutige katheter in den Pfortaderhauptstamm vorgeschoben
Auswirkung auf das Überleben der Patienten. Sein (Abb. 12.1 a–c). Dieser Stichkanal muss komplett
Einsatz kann derzeit nicht als indiziert gelten (Boyer durch Leberparenchym gedeckt sein, damit es
u. Haskal 2005; Zenz et al. 2001). nicht zu einer Blutung nach intraabdominell kommt
Kontraindikationen für eine TIPS-Anlage sind in (Abb. 12.2 a–c).
der folgenden Übersicht aufgeführt: Nach Messung des Pfortaderdrucks wird eine
direkte Portographie angefertigt und der Stichkanal
Kontraindikationen für eine TIPS-Anlage mit einem Ballonkatheter vordilatiert, bevor ein ex-
∑ Absolute Kontraindikationen: pandierbarer Metallstent eingesetzt und auf etwa
왔 Zystenleber 9–12 mm aufdilatiert wird. Durch die anschließende
왔 Unbehandelte spontan-bakterielle Peritonitis direkte Portographie wird die Durchgängigkeit und
oder Sepsis der Kontrastmittelabstrom über den geschaffenen
왔 Unbehandelte Cholestase TIPS überprüft.
왔 Dekompensierte Herzinsuffizienz Auch bei einer Pfortaderthrombose (relative Kon-
왔 Ausgeprägte Trikuspidalinsuffizienz
traindikation, s. Übersicht oben) kann die TIPS-An-
왔 Schwere pulmonale Hypertension (mit einem mittleren
lage erfolgreich sein, wenn es gelingt, die Pfortader
Pulmonalarteriendruck von >45 mmHg)
∑ Relative Kontraindikationen: zu rekanalisieren oder den Thrombus zu fragmentie-
왔 Hepatische Enzephalopathie
ren oder zu überstenten (Abb. 12.3 a, b). Druckkon-
왔 Zentrales hepatozelluläres Karzinom (im TIPS-Stichkanal) trollen im Pfortaderhauptstamm und in der V. cava
왔 Obstruktion der Lebervenen inferior dokumentieren den Abfall des portosystemi-
왔 Pfortaderthrombose schen Druckgradienten.
왔 Ausgeprägte Gerinnungsstörung (mit einer INR >5)
왔 Ausgeprägte Thrombozytopenie (<20.000/ml)
왔 Mäßiggradige pulmonale Hypertension
464 Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)

a b

Abb. 12.1. a–c. Notfall-TIPS-Anlage bei aktiver Varizen-


blutung trotz maximaler endoskopischer und medikamen-
töser Therapie (einliegende Sengstaken-Sonde). a Portogra-
phie nach typischer bifurkationsnaher Punktion des rechten
Pfortaderhauptstammes. b Dilatation des Stichkanals vor
a der Stentimplantation. c Portographie mit freiem Kontrast-
mittelabstrom über den implantierten Stent

Nach Konsensusrichtlinien der nordamerikani-


schen Gesellschaft für interventionelle Radiologie CAVE ! Eine weitergehende Drucksenkung ist
mit einem deutlich erhöhten Risiko
wird der TIPS in einem Zentrum dann technisch er- einer hepatischer Enzephalopathie assoziiert und
folgreich implantiert, wenn der Shunt in >95% der sollte nur in Ausnahmefällen angestrebt werden
behandelten Patienten zu einem Druckabfall des (Riggio et al. 1996).
Gradienten auf <12 mmHg (entsprechend etwa
16 cm Wassersäule) führt und in >90% der Patienten
die Komplikationen der portalen Hypertension rück-
läufig sind (Haskal et al. 2003).
12.2 Methodik der TIPS-Anlage 465

a b

Abb. 12.2 a–c. Repunktion der Pfortader. a Initiale Fehl-


punktion des Pfortaderhauptstammes außerhalb des Leber-
parenchyms. b Regelrechter intraparenchymatöser Stich-
kanal nach Repunktion in den bifurkationsnahen rechten
Pfortaderhauptstamm. c Abschließende unauffällige Porto- a
graphie über den implantierten Stent

Ösophageale oder gastrale Varizen, die in der Porto-


graphie nach TIPS-Anlage weiterhin kräftig perfun- Merke ! Die in Publikationen angegebenen
Drucksenkungen sind nur bedingt
diert sind, können über einen in die V. lienalis oder vergleichbar, da die systemischen Druckmessungen
V. mesenterica superior vorgeschobenen Selektiv- unterschiedlich durchgeführt werden: Sie erfolgen in
katheter durch Einbringen von Metallspiralen gezielt der klassischen Messung in der V. cava inferior,
verschlossen werden. werden aber auch im rechten Vorhof oder in der drai-
nierenden Lebervene durchgeführt.
466 Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)

a b

Abb. 12.3 a, b. TIPS bei Pfortaderteilthrombose. a Umflossener Thrombus im Pfortaderhautstamm. b Erfolgreiche Rekanalisa-
tion nach TIPS-Anlage und mechanischer Fragmentierung des Thrombus

12.2.1 Insbesondere die primären Offenheitsraten sind ab-


Hämodynamische Veränderungen nach TIPS-Anlage hängig von der Art und Frequenz der Nachkontrol-
len, was die Vergleichbarkeit publizierter Ergebnisse
Die TIPS-Anlage hat deutliche Auswirkungen auf einschränkt.
die hepatischen und die systemischen Blutflussver-
hältnisse. Abhängig vom Durchmesser des Shunts
kommt es zu einer partiellen bis vollständigen Um- Merke ! Generell ist davon auszugehen, dass es
sich bei der TIPS-Anlage nicht um ei-
leitung des portalvenösen Flusses (Rössle et al. 2001). ne einmalige Maßnahme handelt, sondern dass wie-
Die Herzauswurfleistung, der mittlere pulmonale derholte Interventionen für die Aufrechterhaltung
Druck und der pulmonale kapilläre Druck steigen der Shuntfunktion notwendig werden können.
nach der TIPS-Anlage temporär an, während der sys-
temische Gefäßwiderstand sinkt. Allmählich kommt
es zu einer Steigerung der Nierenperfusion und zu
einer Reduktion des Renin-Aldosteron-Angiotensin- 12.3
Systems (Wong et al. 1995). Komplikationen

Eine häufige Komplikation nach einer TIPS-Anlage


12.2.2 ist die hepatische Enzephalopathie (Ochs 2005). Das
Primäre und sekundäre Offenheit Neuauftreten oder die Verschlechterung einer vorbe-
stehenden Enzephalopathie werden in etwa 20–30%
Hinsichtlich der Offenheitsraten nach TIPS-Anlage der Eingriffe beobachtet. Als Risikofaktoren gelten
werden folgende Definitionen unterschieden: u. a. eine nichtalkoholische Zirrhosegenese, weibli-
ches Geschlecht, ein höheres Lebensalter, eine Hypo-
왔 Die Phase der primären Offenheit ist albuminämie und eine Enzephalopathie in der Vor-
Definition
definiert als ein offener TIPS ohne geschichte. Auch ein Shuntdurchmesser von >10 mm
Notwendigkeit einer Reintervention. oder ein portosystemischer Druckgradient von
Die Phase der primär-assistierten Offenheit ist de- <10 mmHg nach TIPS-Anlage sind mit einem erhöh-
finiert als ein offener TIPS nach stattgehabten TIPS- ten Risiko assoziiert. In den meisten Fällen kann die
Revisionen ohne Nachweis eines TIPS-Verschlusses. Enzephalopathie konservativ beherrscht werden. In
Die Phase der sekundären Offenheit ist definiert <5% der Fälle muss der Stentdurchmesser reduziert
als ein offener TIPS nach Verschluss und Shuntrevi- werden, wofür entsprechende Reduktionsstents ver-
sion, die bei nichtbehandelbarem oder nichtbehan- fügbar sind (Abb. 12.4).
deltem TIPS-Verschluss endet.
12.4 Verlaufskontrollen 467

12.4
Verlaufskontrollen

12.4.1
Sonographische und angiographische
Verlaufskontrollen

Merke ! Da eine Shuntinsuffizienz oder ein


Shuntverschluss zu jedem Zeitpunkt
nach einer TIPS-Anlage auftreten können, sind regel-
mäßige Shuntkontrollen erforderlich.

Zunächst sollten sie kurzfristig nach der Maßnahme,


dann etwa alle 3 Monate oder aber jederzeit bei Ver-
dacht auf eine Dysfunktion erfolgen. Diese Kontrol-
len können bei entsprechender Erfahrung mittels
farbkodierter Dopplersonographie durchgeführt wer-
den (Foshager et al. 1995). Der hierfür erforderliche
transkostale Einblick (bei häufig eingeschränkter
sonographischer Darstellbarkeit der zirrhotisch ver-
Abb. 12.4. Reduktionsstent innerhalb eines TIPS zur Lumen- kleinerten Leber von ventral) bedingt einen stump-
einengung bei therapierefraktärer Enzephalopathie
fen Einschallwinkel und somit eine vergleichsweise
ungenaue Messung der Flussgeschwindigkeiten. So-
nographische Hinweise auf eine Shuntdysfunktion
Studien an großen Patientenkollektiven zeigten, sind:
dass die Rate der schweren Komplikationen eines
∑ Flussgeschwindigkeiten innerhalb des Shunts von
Zentrums mit der Häufigkeit der durchgeführten
왔 <50 cm/s oder
TIPS-Anlagen abnimmt, sodass von einer Lernkurve
왔 >250 cm/s sowie
auszugehen ist (Barton et al. 1995). Schwere Kompli-
∑ eine Flussumkehr bzw.
kationen sollten bei erfahrenen Arbeitsgruppen in
∑ ein komplett fehlendes Flusssignal.
<3% zu erwarten sein. Die Mortalität wird allgemein
mit 1–2% angegeben. In allen diesen Fällen sollte eine angiographische
Die TIPS-Dysfunktion (Thrombose, Okklusion/ TIPS-Darstellung und ggf. eine Revision erfolgen,
Stenose) ist nicht einheitlich definiert. Als Dysfunk- insbesondere wenn die Indexsymptome wie Varizen
tion werden sowohl TIPS-Okklusionen von >50%, oder Aszites erneut auftreten. Ein pathologischer
ein Anstieg des portosystemischen Druckgradienten Ultraschallbefund kann eine TIPS-Dysfunktion zwar
auf >12 mmHg sowie das Wiederauftreten der por- relativ sicher anzeigen, ein normaler Ultraschall-
tal-hypertensiven Komplikationen (wie Varizenblu- befund kann diese jedoch nicht ausschließen.
tungen oder Aszites) bezeichnet.
Im Rahmen der TIPS-Anlage kommt es häufig zu
akzidentellen Kapselpunktionen. Schwere intraperi- Merke ! Eine eindeutige Darstellung einer
TIPS-Dysfunktion kann nur über die
toneale Blutungen resultieren hieraus jedoch relativ angiographische Portographie erfolgen, die weiterhin
selten (etwa 1–2%). Auch arterio-portalvenöse oder als Goldstandard gilt (Boyer u. Haskal 2005).
biliäre Fisteln treten glücklicherweise eher selten auf.
Diese zeigen sich an einem pulsatilen Fluss in der TIPS-Frühverschlüsse sind überwiegend thromboti-
Pfortader bzw. an einem postinterventionellen Ikte- scher Genese und können schon innerhalb der ersten
rus oder einer Sepsis. Ein septiformes Krankheitsbild 24 Stunden auftreten. Als mögliche Gründe werden
kann sich bei bis zu 10% der Patienten entwickeln. eine inkomplette Stenteinlage, Gerinnungsstörungen
Leberinfarkte als Folge von Verletzungen oder Ver- oder das Eindringen von thrombogener Galleflüssig-
schlüssen von Leberarterienästen sind selten. keit in den Shunt beschrieben. Eine dauerhafte Rou-
Zu einer Hämolyse und einem Bilirubinanstieg tineantikoagulation nach TIPS-Anlage wird gegen-
kann es im Rahmen der Stentanlage durch Erythro- wärtig nicht empfohlen.
zytenzerfall kommen. Diese Laborwertveränderun- TIPS-Spätverschlüsse sind überwiegend auf eine
gen müssen von einem TIPS-assoziierten Leberver- pseudointimale Hyperplasie innerhalb des paren-
sagen abgegrenzt werden. chymatösen Stichkanals oder der drainierenden Le-
bervene zurückzuführen. Sie treten nach bis zu 80%
468 Kapitel 12 Transjugulärer portosystemischer Shunt (TIPS)

der durchgeführten Maßnahmen auf, wobei die ange- Dies ist durch eine Dilatation über einen Ballon-
gebenen Häufigkeiten von der Art und Frequenz der katheter möglich. Bei einer Stenose außerhalb des
Nachkontrollen und der Definition der Dysfunktion Stents (häufig proximal im Bereich der drainieren-
abhängig sind (Ochs 2005). den Lebervene) ist neben einer Dilatation die Im-
Kürzlich wurde durch Verwendung von Polytetra- plantation eines zusätzlichen verlängernden Stents
flurethylen- (PTFE-) beschichteten Stents eine Ver- zu erwägen (Abb. 12.5 a–c). Eine periinterventionelle
besserung der primären Offenheitsraten beschrie- Antikoagulation sollte in diesen Fällen nach Mög-
ben. Der zunehmende Einsatz dieser Stents ist zu lichkeit mindestens über 3 Tage durchgeführt wer-
erwarten, wird aber derzeit durch deren hohe Preise den.
verzögert (Charon et al. 2004). Es ist noch nicht ge-
klärt, wie weit sich der Einsatz von PTFE-beschichte-
ten Stents auf die Kosteneffektivität des TIPS im Ver- 12.5
gleich zu anderen Behandlungsmethoden der porta- TIPS als Brücke zur Transplantation
len Hypertension auswirkt.
Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose und
Komplikationen der portalen Hypertension, die für
12.4.2 eine Lebertransplantation gelistet sind, erhalten den
Angiographische Portographie TIPS, um die Zeit bis zur Operation zu überbrücken.
zur TIPS-Kontrolle und Shuntrevision Die bevorstehende Transplantation erfordert be-
stimmte Voraussetzungen für die TIPS-Anlage: Nach
Zur direkten angiographischen TIPS-Kontrolle wird Möglichkeit sollte zwecks Vermeidung operativer
unter lokaler Anästhesie eine Schleuse in die rechte Probleme bei den venösen Anastomosen der Stent
V. jugularis interna eingelegt und nach Druck- nach proximal und nach distal gerade soweit in den
messung in der V. cava inferior der Shunt über einen Pfortaderhauptstamm bzw. in die V. cava inferior hin-
Stahldraht und einen Selektivkatheter sondiert. einragen, wie für eine suffiziente Shuntfunktion nö-
Bei komplettem Verschluss muss in seltenen Fällen tig ist. Bei geplanter Verwandtenlebendspende kann
der Shunt unter Zuhilfenahme einer Nadel scharf es hilfreich sein, den Stent nicht bis in die V. cava
rekanalisiert werden. Die Druckmessung in der inferior auszudehnen, um den Lebervenenstumpf für
Pfortader und die direkte Portographie erfolgen über die venöse Anastomose zu erhalten.
einen Pigtail-Katheter.

Merke ! Bei einem Anstieg des portosystemi-


schen Druckgradienten >12 mm Hg
(entsprechend etwa 16 cm Wassersäule) oder einer
angiographischen Stenose des TIPS von >50% sollte
eine Shuntrevision erfolgen.
12.5 TIPS als Brücke zur Transplantation 469

a b

Abb. 12.5 a–c. TIPS-Dysfunktion. a Typische Stenose im


Bereich der drainierenden Lebervene. b Dilatation eines
zweiten proximal überlappend implantierten Stents. c Frei c
durchströmter TIPS in der abschließenden Portographie

Foshager MC, Ferral H, Nazarian GK, Castaneda-Zuniga WR,


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Sachverzeichnis

A Angiosarkom 95 – Misserfolge 376


Abscheidethrombus, chronischer 113, Angiotensin II 381 – mykotisches 207
133 Angiotensin-Converting-Enzym 381 – Patientenauswahl 372
Acetylsalicylsäure 415 Anuloektasie 130 – Rupturgefahr 371
Adamkiewicz-Arterie 195 Aorta – Stent-Graft-Systeme 372
Adenosin 42 – abdominale 192, 371 – Verlauf
Adson-Test 305 – – Normalanatomie 181 – – medikamentöse Prophylaxe 375
Adventitiadegeneration, zystische 301 – ascendens 107 – – Postimplantationssyndrom 375
Agatston-Score 8 – descendens/deszendierende 107, 112 – Verlaufskontrollen 375
AHA, 17-Segment-Modell 38 – intimaler Typ 127 Aortenbogen
Akzelerationsindex 236 – thoracalis/thorakale 363 – linksseitiger 109
Aldosteron 381 – – Dissektion 65 – rechtsseitiger 109
Alkoholabusus 73 – Tumoren 127 – zervikaler 110
Allen-Test II 305 Aortenaneurysma Aortenbogensyndrom 129
Ammoniak – abdominales/abdominelles, s. dort Aortendissektion 122, 201
– N-13-Ammoniak 51 – Arteriitis-assoziiertes 139 – Ballonfenestration 369
Amplatz-Thrombektomiesystem 441 – arteriosklerotisches 139 – Behandlungsmethode 369
Aneurysma 289, 291, 305, 387, 388 – chronisches dissezierendes 139 – elephant trunk 369
– A. poplitea 279 – kongenitales 139 – Mortalitätsrate 369
– akutes dissezierendes 129 – mykotisches (infektiöses) 139 – retroperotoneale Ischämien 369
– chronisches – posttraumatisches 139 – viszerale Ischämien 369
– – dissezierendes 138 Aortenaneurysma, abdominales/ab- Aortenisthmusstenose,
– – thorakales 138 dominelles 192 s. auch Coarctatio aortae
– echtes 138 – arteriosklerotisches – Atresie 114
– endovaskuläre Behandlung 196 – – Indikation zur Behandlung 366 – Erwachsenentyp 88
– entzündliches 144 – – Rupturrisiko 366 – hypoplastischer Isthmus 114
– falsches 138 – Definition 371 – juxtaduktale Koarktation 114
– fusiformes 139 – Diagnostik – präduktale 88
– infektiöses (mykotisches) 144 – – automatische Gefäßanalyse 372 Aortenklappe 53
– infiziertes 289 – – Messprotokoll 373 – bikuspide 130
– kongenitales 144 – – MSCT 372 Aortenklappeninsuffizienz 80
– mykotisches 289 – endovaskuläre Therapie 372 Aortenklappenstenose 65, 80
– Graft-Infektion 369 – Ergebnisse Aortenruptur
– posttraumatisches 144 – – Langzeitergebnisse 375 – adventitialer Typ 117
– Resektion 195 – – Morbidität 375 – intimaler Typ 117
– Ruptur 194 – – Mortalitätsrate 375 – medialer Typ 117
– sackförmiges 139 – – Überlebensrate 375 – traumatische
– spurium 257, 308 – Implantationstechnik – – Mortilitätsrate 367
– – falsches 289 – – bare springs 375 Aortenstenose 257
– Stadium I–III 290 – – Durchzugsverfahren 372 – subvalvuläre 88
– Thrombin-Therapie 290 – – Implantationsdauer 375 – supravalvuläre 88
Angiitis – – monoiliakale Prothesen 375 – valvuläre 88
– primäre 123 – Komplikationen Aortenulkus, penetrierendes 135, 204
– sekundäre 123 – – Embolien 377 Aortenverschluss 200, 283
Angina pectoris – – Endoleaks 376 Aortenwandhämatom 122
– instabile 60 – – Endotension 376 Aortic nipple 118
– stabile 60 – – ischämische Komplikationen 377 Aortitis 113
Angiodysplasie 223, 387 – – Konversionsoperation 376 – tuberkulöse 126
Angiographie, diabetische 292 – – Materialbrüche 377 Aplasie 148
Angiomatose, pulmonale kapilläre 169 – – Migration 376 Arbutamin 42
Angiomyolipom 390 – – Nierenversagen 377 Arteria
Angioplastie – – Protheseninfektionen 377 – carotis
– der Subklaviastenose – – Stent-Graft-Fehlplatzierungen – – Dissektion 358
– – Offenheitsrate 353, 355 377 – – Protektionssysteme 358
– perkutane transluminale (PTA) 288, – – Stent-Graft-Thrombosen 377 – – Stenose 356
293, 105, 129, 433 – – Verletzung der Beckengefäße 377 – – Stenosegraduierung 359
472 Sachverzeichnis

– – Stentauswahl 357 – beidseitige Abgangsstenose Claudicatio intermittens, s. auch


– – Verschluss 356 der A. iliaca communis 411 Schaufensterkrankheit 282, 405
– – Vordilatation 358 – chronische 411 Clopidogrel 415
– – zirkuläre Verkalkung 360 – küssende Stentimplantation 411 Closed cell 357
– femoralis communis 429 – Mitteldruckgradient 409 Coarctatio aortae,
– lusoria 112, 113 Beckenarterienverschluss 283, 411 siehe Aortenisthmusstenose
– mesenteriaca inferior 184 – Fibrinolyse 412 Cobweb sign 203
– poplitea – Thrombektomie 412 Cockett-Syndrom 424
– – Entrapment 304 Beckenstenose 283 Comb sign 231
– – Kompression 302 Beckenvenensporn 337 COPD 11
– profunda femoris 429 Beckenvenenstenose Cor pulmonale 89
– renalis 183 – Antikoagulation 424 Cortical rim sign 241
– subclavia – Gefäßsporn 424 Crista terminalis 52
– – Aneurysma spurium 353 – iliofemorale Thrombosen 424 Critical leg ischaemia,
– – Stenose 352 – primäre Stentoffenheit 424 siehe Ischämie, kritische
– – Stentauswahl 352 – Stentimplantation 424 Cross-over
– – Verschluss 352 Beckenvenenthrombose – Sondierung 431
– vertebralis – chronische venöse Insuffizienz 422 – Technik 267, 408, 411
– – Offenheitsrate 356 – Kavafilter 423 CTA, siehe CT-Angiographie
– – Stenose 355 – konservative Therapie 422 CT-Angiographie (CTA) 179, 259, 275,
– – Stentauswahl 355 – lokale Katheterlyse 423 304, 307, 309, 310
Arteriae lumbales 183 – mechanische Behandlung 423 – Bolustriggerung 105
Arterie – perkutane Behandlung 422 – MIP 106
– femoropopliteale 429 – rt-PA 423 – MPR 106
– infrainguinale 429 – Urokinase 423 – SSD 106
Arteriitis Behçet-Syndrom 232 – 3D-VR 106
– pulmonale Belastungs-EKG 61 CT-Koronarangiographie 9
– – diffuse pulmonale Hämorrhagie Bernoulli-Formel/Gleichung 86 CTPH 166
158 – modifizierte 44 CT-Venographie 316, 341
– – Granulomatosen 158 Bernoulli-Gesetz 193 Cut-off-Zeichen 297
– – Morbus Behçet 158 Beschleunigungsfaktor 264 Cyclophosphamid 296
– – Takayasu-Arteriitis 158 Betablocker 11
– – Horton 125 Bildanalyse 261 D
Arteriosklerose 282, 405 – systematische 190 Dark-blood-Technik 19
ARVCM 71 Bildgebung DCM 71
ASD, siehe Vorhofseptumdefekt – metabolische 33 DeBakey 130
Aspirationsembolektomie 439, 441 – parallele 25 Defibrillator, automatischer 48
Atemanhaltetechnik 18, 28 Bland-White-Garland-Syndrom 94 Dermopathie,
Atem-Gating 146 Block, arterioventrikulärer 43 neophrogene fibrosierende 180
Atemgürtel 18 Blood-pool-Kontrastmittel 146 Deoxyglukose
Atemtriggerung 28 Blutfluss, renaler 381 18
– F-Deoxyglukose (FDG) 52
Atherektomie 435 Blutung Diabetes mellitus 292
Atrium 52 – gastrointestinale Diagonalast 53
Atropin 42 – – Embolisationstherapie 400 Dipyridamol 42
– Angioplastie der A. carotis 352 – – obere 399 Diskordanz
Ausflussbahn, linksventrikuläre 34 – – Pharmakotherapie 400 – atrioventrikuläre 93
Ausflusstrakt, rechtsventrikulärer 34 – – untere 223, 399 – ventrikuloarterielle 93
Avalvulie 335 – traumatische mesenteriale 221 Dissektion 437
AV-Block 11 Bolusgeometrie 264 – iatrogene 288
AV-Fistel 273, 308, 309, 335 Brescia-Cimino Divertikelblutung 223
AVM 153, 155 – Fistel 445 Dobutamin 42
– Shunt 455 Dopplereffekt 49
B B-Sonographie 253 Dopplerfrequenzspektrum 258, 275
Ballonangoplastie 405 Buddy wire 355 Dopplerfrequenzverschiebung 258
Barotrauma 308 Burning-feet 292 Dopplershift
Basisrenographie 237 Bypass – negativer 49
Bauchaortenaneurysma 282, 289 – Dysfunktion 69 – positiver 49
– infiziertes – Gefäß 47 Dopplersonographie 253, 255, 269, 406
– – Vaskulitis 207 – Verschluss 281 Dopplerverschlussdruck 269
– inflammatorisches 206 – Messung 258
Bauchtrauma, stumpfes 221 C – Quotient 255
B-Bildsonographie 253 c-ANCA 230 Dreikammerblick 34
Beak sign 203 Captopril-Szintigraphie 237 DSA 269, 300
Beckenarterienintervention Chiari-Netzwerk 97 – intraarterielle 309
– Komplikationsrate 413 Chlorid Dual-source-CT 5
– Langzeitergebnisse der perkutanen – 201Tl-Chlorid 51 Du-Bois-Formel 37
Behandlung 413 Cholesterinembolie 439 Ductus arteriosus
– primäre/sekundäre Offenheitsrate Chordae tendineae 97 – Botalli
413 Churg-Strauss-Syndrom 233 – – offener 88
Beckenarterienstenose 408 Cine-Technik 21 – Erwachsenen-Typ 114
Cirrhose cardiaque 78 – infantiler Typ 114
Sachverzeichnis 473

Ductusdivertikel 118, 121, 122, 132 Fibrosarkom 95 Gefäßwandverkalkung 275, 277


Dünndarmischämie, arteriookklusive Fibrose Gelatinepartikel 387
212 – nephrogene systemische 180 Gesetz von Laplace 193
Duplexsonographie, farbkodierte – retroperitoneale 233 Gewebekleber 387
(FKDS) 301, 301, 406, 415 Filtrationsrate, glomeruläre (GFR) 386 GFR, siehe Filtrationsrate, glomeruläre
Durchblutungsstörung 282 Filum-terminale-Aspekt 297 Glukokortikoid 296
Dysplasie, fibromuskuläre (FMD) 239, First-pass-Technik 25, 262 Gorlin-Formel 86
300, 383 Fistel, arteriovenöse 387 Gradientenecho-Sequenz 18
– Fibroplasie FKDS, siehe Duplexsonographie, Graft-Intoleranz-Syndrom 390
– – der Intima 379 farbkodierte GRE-Technik, refokussierte 23
– – der Media 379 Flusskompensationsmethode 32
– string of beads 220 Flussmessung 44 H
– magnetresonanztomographische 201 Halsrippe 305, 307
E – quantitative 32 Hämangiom 336
EBT 4 Flussmuster, monophasisches 280 Hämatom
Echokontrastmittel 50 Flussphänomen 19 – intramurales 113, 206
Echosignal 18 Flussreserve, koronare 69 – – Mortalitätsrate 369
Effekt, magnetohydrodynamischer 16 FMD, siehe Dysplasie, fibromuskuläre – retroperitoneales 438
Einschwemmkatheteruntersuchung 52 Fontaine 405 Hämodialyseshunt
Eisenmenger-Syndrom 90 – Stadium I 282, 288 – arterielle Shuntdarstellung 448
Ejektionsfraktion 37 – Stadium II 282, 429 – Ballondilatation 450
EKG-Triggerung 15 – Stadium III 282, 288 – Brescia-Cimino-Fistel 445
Elektromyographie 307 – Stadium IV 282, 288 – farbkodierte Duplexsonographie
Elektronenstrahl-CT 4 Fossa ovalis 98 446
Elevated-arm-stress-(EAS-) Funktionsanalyse, globale 37 – FKDS-gesteuerte Interventionen
Test nach Roos 305, 307 Funktionsdiagnostik 6 447
Embolie 305 – Indikation zur Intervention 446,
Embolisat G 449
– abbaubares 417 Gadodiamid 181 – Interponatshunt 445
– Ethibloc 417 Gangrän 284 – Intervention 449
– nichtabbaubares 417 Ganzkörper-KM-MR-Angiographie – Lysetherapie 456
– Zyanoacrylat 417 264 – rezidivierende Stenose 452
Embolisation 439 Gating, retrospektives 11 – Rezirkulation 446
– A. iliaca interna 415 Gefäß, intrakranielles – Steal-Phänomen 447
– Komplikationen 419 – Stenose 360 – Stents 455
– Nierenarterie 386 – Stentauswahl 360 – therapierefraktäre Stenose 451
– Partikel 419 Gefäßanomalie – Thrombektomie 455
– Spiralen 415, 419 – A. brachialis 272 – venöse Shuntdarstellung 449
– Technik 310 – A. dorsalis pedis 274 – zentralvenöse Stenose 447, 457
– Uterusmyomen 417 – A. iliaca 272 – zentralvenöse Stentapplikation 455
Endangiitis obliterans 308 – A. interossea 274 Hämorrhagie, intramurale 136
Endokardfibrose 80 – – anterior 272 Hämotothorax 118
Endokarditis 77 – – communis 272 Hampton-Höcker 162
Endokardkonturdefinition 38 – A. ischiadica 272 Handarterie, Variante 272
Endoleak 198 – A. mediana 274 HASTE 20
Endomyokardbiopsie 77 – A. radialis 272, 274 Heparin 415
Endoprothese 291 – A. tibialis Heparinisierung 437
Endotension 199 – – anterior 274 Herpesvirus Typ 6 76
Enhancement, spätes 43 – – posterior 274 Herzachse
Entrapment-Syndrom, – A. ulnaris 272, 274 – kurze 33
popliteales arterielles 302, 304 – Aa. digitales palmares communes – lange 12
Epikard 53 274 Herzgrößenbestimmung 58
EPI-Sequenz 21 – Arcus Herzklappenprothese 48
Ergometrie 61 – – palmaris superficialis 274 Herzkrankheit, koronare 282
Erkrankung, zystische 305 – – plantaris 274 Herzohr 97
Ethibloc 387 – persistierende mediane Arterie 272 Herzschrittmacher 48
– R. communicans peronei 274 Herztransversaldurchmesser 58
F – R. plantaris profundus 274 Herzzeitvolumen 37
F.P.-Weber-Syndrom 335 – Truncus peronei tibialis anterior HHT 153
Facies diaphragmatica 52 274 HNCM 71
Fallot-Tetralogie 92 Gefäßpathologie HOCM 71
Farbduplexsonographie 256, 257, 269, – Beckentyp 285 Hohlhandbogen 274
278, 290, 297 – Oberschenkeltyp 285 Hughes-Stovin-Syndrom 172
FDG, siehe 18F-Deoxyglukose – peripherer Typ 285 Hybridrevaskularisation 287
Femoralisteilung, hohe 431 Gefäßstütze, s. auch Stent 48 Hybridtechnik 366
Fibroplasie Gefäßtraining 293 Hypertension, chronische
– intimale 239 Gefäßtrauma, penetrierendes 308 thrombembolische pulmonale 166
– mediale 239 Gefäßverletzung, stumpfe 308 Hypertonie 381, 385
– perimediale 239 Gefäßverschluss 310 – pulmonale
– akuter 440 – – hyperkinetische 168
474 Sachverzeichnis

– – idiopathische 168 Kollimation 4 Makroangiopathie, diabetische 292


– – obstruktive 168 Kommerell-Divertikel 110 Malformation
– – passive 168 Komplikation – adenoid-zystische 153
– – postkapilläre Hypertonie 168 – Aortenperforation 371 – arteriovenöse 153, 243
– – restriktive 168 – AV-Fistel 268 – – A. iliaca interna 273
– – vasokonstriktive 168 – diagnostische Angiographien 268 – vaskuläre 335
– renovaskuläre 235 – Dissektion 268 Marfan-Syndrom 130, 335
Hypertonus, pulmonalarterieller 89 – Endoleaks 371 Marginalast 53
Hypertrophie, lipomatöse 98 – katheterassoziierte 269 Masse 37
Hypoplasie 148 – katheterinduzierte 268 Maurice Raynaud 298
Hypothenar-Hammer-Syndrom 308 – neurologisches Defizit 371 Maximum-Intensity-Projektion (MIP)
– Pseudoaneurysma 268 12, 277
I – Punktionsort 268 May-Thurner-Syndrom 337, 424
ICD-Konverter 48 – Ruptur 371 Media
Iliakalvenenkompressionssyndrom – Stent-Graft-Fehlplatzierungen 371 – Degeneration, idiopathische
424 – systemische 268 (zystische) 144, 430
IMH 113, 134 – Thrombose 268 – Dicke 293
IMT, siehe intimal-medial thickness – Verletzung der Beckengefäße 371 Medianekrose Erdheim-Gsell, zystische
Infarktausmaß, transmurales 43 Komplikationsrate 437 130, 145
Injektionsgeschwindigkeit 261 Kompressionstest 316 Mediasklerose 256
Inkrement 4 Kompressionstherapie 310 Medikation, periinterventionelle
In-plane 44 Kompressionstyp 305 – Stentangioplastie der supraaortalen
Input-Funktion, arterielle 41 Konfiguration, aortale 82 Äste 352
In-step-Claudicatio 297 Kontaminationskorrektur 41 Mehrschicht-CT (MSCT) 4
Insuffizienz, chronisch venöse 342, Kontrastmittelinjektion 259 Mesaortitis, syphilitische 126
343, 345 Kontrastmitteltransitzeit 6 Mesenterialarterie
Insult, zerebraler 282 Koronaranomalie 62 – Angiographie 394
Intensitätsprojektion, maximale (MIP) Koronararterie, linke 53 – Angioplastie 395
261, 277 Koronarkalk 7 – Dissektion 220
Interponatshunt 445, 449, 455 Koronarkalkquantifizierung 7 – Lysetherapie 395
Intimadicke 293 Körperoberfläche 37 – medikamentöse Therapie 395
Intimal-medial thickness (IMT) 293 Kranzarterie, rechte 53 – Thrombose 394
Inversion-recovery-Technik 19 k-Raum-Methode, segmentierte 22 – – arteriookklusive
Inversionstechnik, phasensensitive 27 Kryoplastie 412 Mesenterialischämie 214
Inversionszeit 27 Mesenterialembolie, arterielle 212
Ischämie L Mesenterialischämie
– kritische (critical leg ischaemia) 284 LAO-Projektion 12 – akute 393
– mesenteriale 211 Laser-Dopplerfluxmetrie 293 – chronische 217, 394
– nichtokklusive mesenteriale 215 Leiomyom 331 Mesenterialvenenthrombose 216, 394
– – Diagnostik 395 Leiomyosarkom 331 Messerstichverletzung 310
– – Therapie 395 Leistenhämatom 437 Metastase 101
Isthmus 107 Lenz-Effekt 48 Methotrexat 296
Leo Buerger 296 Mikroaneurysma 229, 247
J Leriche-Syndrom 200, 284 Mikroangiopathie, dianetische 292
Jodkonzentration 261 Lian-Zeichen 115 Minispirale 387
Jump-graft 47 Ligamentum-arcuatum-medianum- MIP, siehe Maximum-Intensity-
Syndrom 208 Projektion (Intensitätsprojektion,
K Linksherzkatheteruntersuchung 52 maximale)
Kalibersprung 120 Lues 126 Mitralinsuffizienz 80
Kapillarmikroskopie 293 Lumen, falsches 202 Mitralklappe 53
Kardiomyopathie Lungenembolie 65 Mitralklappenstenose 80
– hypertroph-obstruktive 65 Lungensyndrom, hypogenetisches 150 Mitralkonfiguration 83
– inflammatorische 75 Lungenvenenatresie, kongenitale 151 Mitralöffnungsfläche 81
– primäre 43 Lungenvenenfehleinmündung Moderatorband 52, 97
– sekundäre 43 – partielle 150 Morbus
Katheterangiographie 266, 278, 304, 307 – totale 150 – Behçet 159
Kerley-B-Linie 83 Lungenvenenstenose, kongenitale 151 – Horton 125
Keyhole-Technik 265 Lupus-erythematodes-Vaskulitis 231, – Ormond 233
Kinotechnik 21 248 – Raynaud 299
Klappendysplasie 335 – Rendu-Osler 335
Klappenöffnungsfläche 45, 46 M – Winiwarter-Buerger 228
Klippel-Trénaunay-Syndrom 335 Magnetfeldstärke 15 MPR, siehe Rekonstruktion,
KM-MR-Angiographie 262, 293, 296, Magnetresonanztomographie (MRT) multiplanare
297, 300, 307 309 MRA, siehe MR-Angiographie
– zeitaufgelöste 265 – Dark-blood-Präparationsimpuls MR-Angiographie (MRA) 180, 262, 277,
Knöchel-Arm-Index 255, 270, 406, 415 106 310
Knöchelarteriendruck 284 – Flussmessungen 106 MR-Koronarangiographie 28
Koarktation 116 – kontrastmittelverstärkte MRA 106 MRT, siehe Magnetresonanztomo-
– der linken Pulmonalarterie, isolierte – 23Na-MRT-Bildgebung 33 graphie
150 MR-Venographie 319, 341
Sachverzeichnis 475

MSCT, siehe Mehrschicht-CT Perikarddickenbestimmung 80 Renin 381


MTC-Puls 31 Perikarderguss 78 Renin-Angiotensin-System 382
Multisegmentrekonstruktion 5 Perikarditis 77 Resistance Index 178, 385
Mustard-Technik 93 Perikardzyste 95 Rhabdomyosarkom 95
Myokardfibrose 43 Perimyokarditis 65 Riesenzellarteriitis, s. auch Arteriitis
Myokarditis 43 PET 296 temporalis 125, 226, 293, 294
Myokardszintigraphie 62 Phasenkontrastangiographie 32 Ring-sling-Syndrom 148
Myxom 95 Phasenkontrasttechnik 25 Riolan-Anastomose 184
Phlebangiom 336 Rippenusur 88, 115, 116
N Phlebographie, siehe auch Pressphlebo- Risikofaktor 60
Nahtaneurysma 278 graphie 315, 340, 342, 344 Röhrenstrom 5
NASCET, siehe North-American Phosphorspektroskopie 33 Rotationszeit 5
Symptomatic Carotid Pitch-Faktor 4 Rubidium-82 51
Endarterectomy Trial Plaqueanalyse 280, 281 Ruheschmerz 284
Natriumbildgebung 33 Plaquemorphologie 281 Ruptur
Navigatortechnik 18, 30 Plaquezusammensetzung 280 – akute 156
Nephropathie 385 Plattenthermometrie 299 – gedeckte 194
Nephrosklerose 385 Pleurakuppenzeichen, positives 118 Rupturrisiko 194
Nicht-ST-Hebungsinfarkt 60 Polyangiitis, mikroskopische 233
Niedervoltage 78 Polyarteriitis nodosa 228, 247 S
Nierenarterienaneurysma 242 Polyvenylalkoholpartikel 387 Sarkoidose 43
Nierenarterienembolie 240 Popliteaarterienaneurysma (PAA) 289 Sarkom 95
Nierenarteriostenose Poplitealaneurysma 257, 430 Sauerstoffdruckmessung 293
– Abgangsstenose 380 Postemboliesyndrom 391 Schaufensterkrankheit,
– arteriosklerotische 235, 379 Postkardiotomiesyndrom 78 siehe Claudicatio intermittens
– kritische 382, 386 Pouching defect 167 Schichtdicke 4
– ostiale 380 Pressphlebographie, Schneideballon 436
– proximale 380 s. auch Phlebographie 315 Schussverletzung 307
– trunkale 380 Produktverbesserung 377 Scimitar-Syndrom 150
– trunkuläre 380 Provokationstest 305 SENSE-Faktor 264
Nierenfunktion 381, 385 Pseudoaneurysma 119, 138, 289 Sentinel clot 223
Nierengefäß 235 – traumatisches 369 Septumbewegung, paradoxe 78
Niereninfarkt 240 Pseudokoarktation 117 Sequester, intralobärer 154
Niereninsuffizienz, progrediente 235 PTA, siehe Angioplastie, perkutane Sequestration, bronchopulmonale
Nierenschädigung, kontrastmittel- transluminale – extralobuläre Form 151
induzierte 268 Pulmonalarterie 156 – intralobuläre Form 151
Nierenvenenthrombose 244 – Aneurysma 170 Servelle-Martorell-Syndrom 335
Nierenversagen 282 – Koarktation 149 Sestamibi
Nierenzellkarzinom, Embolisation 389 – Sarkom 164 – 99mTc-Sestamibi 51
Nitroglyzerinspray 11 – Stenose 149 Shaded-surface display (SSD) 13
Normalwert 6 Pulmonalisangiographie, selektive 162 Shunt-Okkluder 48
Normotonie 385 Pulmonalklappe 53 Shuntumkehr 91
North-American Symptomatic Carotid Pulmonalklappenstenose 92 Shuntvitium 90
Endarterectomy Trial (NASCET) 278 Pulmonalstenose 89 Sick-Sinus-Syndrom 43
– NASCET-Kriterium 359 Pulmonalvenenruptur 157 Signalembolie 161
Pulmonarissegment 54 Signalintensitäts-Zeit-Kurve 41
O Pulmonary-sling-Syndrom 149 Signal-zu-Rausch-Verhältnis 15
O-15-Wasser 51 Pulseless disease 227, 246 Sinus
Oberflächendarstellung 13 Punktionstechnik, retrograde 266 – coronarius 45, 53
Okklusionsrate 68 Purpura Henoch-Schönlein 233 – venosus 52
Open cell 357 – – Defekt 90
Ösophagusbreischluck 3 R Sonographie 315, 341, 342, 344
Ostium-primum/secundum-Defekt 90 RAO-Projektion 12 – intravaskuläre 280
Oszillographie, elektronische 299 Rapid-exchange-System 434 SPACE-Studie 360
RARE 20 SPAMM-Methode 25
P Rashkind-Ballon-Septostomie 93 Spatz-Lindenberg 297
PAA, siehe Popliteaarterienaneurysma Rasmussen-Aneurysma 171 Speicherkrankheit, myokardiale 72
Parvovirus B19 76 Raynaud-Krankheit/Phänomen 297, Spektroskopie 33
PAT-Faktor 264 305 Spin-Echo-Sequenz 18
Pathergie-Test 232 – primäre(s) 298, 299 Spin-labeling-Technik 26
PAU 113, 134, 135 – sekundäre(s) 298, 299 Spitzengradient 86
pAVK, siehe Verschlusskrankheit, Regurgitationsfraktion 44 Spitzenthrombus 65
periphere arterielle Regurgitationsvolumen 44 SSD, siehe shaded-surface-display
PAVM 156 Rekanalisation Stanford Klassifikation 130
Perfusion 41 – Stadium III 429 Stenose 429
Perfusionsdefekt 40 – Stadium IV 429 – A. poplitea 260
Perfusionsreserve 42 – subintimale 432 – kritische 406
Perfusionsszintigraphie 162 Rekonstruktion, multiplanare (MPR) – Quantifizierung 258
Pericarditis epistenocardiaca 77, 78 12, 261, 277 – subinfundibuläre 89
Perikard 53 Rendu-Osler-Weber-Syndrom 153 – subvalvuläre infundibuläre 89
476 Sachverzeichnis

– trunkale 383 Teleangiektasie T-shaped trachea 148


– valvuläre 89 – hämorrhagische 153 Tumor der Aorta 208
Stenosegrad 280 – hereditäre 153 Tumorblutung 419
– Bestimmung 275, 278 Tetrofosmin Tumorembolisation 390
Stenosequantifizierung 277, 278 – 99mTc-Tetrofosmin 51 – präoperative 391
Stent, siehe auch Gefäßstütze 288, 435 T-Graft 47 Typ-B-Dissektion 133, 135
– A. iliaca 261 Therapie – chronische 141
– ballonexpandierbarer 407, 414 – endovaskuläre 287
– Graft, s. dort 291 – – Voraussetzungen 196 U
– Implantation, primäre 434 – konservative 287 Übersichtskatheter
– Nitinol 407 – offen-chirurgische 287 – transbrachialer 267
– Palmaz-Stent 407 Therapieindikation 193 – transfemoraler 267
– radioaktiver 408 Thienopyridindosis Ulkus, penetrierendes
– resorbierbarer 408 – Aufsättigung 351 arteriosklerotisches 366
– selbstexpandierbarer 407, 414 – Nachbehandlung 351 Ultraschall 310
– Strecker-Stent 407 Thoracic-inlet-Syndrom 333 Ulzeration 284
– Wallstent 407 Thoracic-outlet-Syndrom (TOS) 281, Unfall, elektrischer 308
– Wirkstoff freisetzende 408 305, 306, 307, 333 Unterschenkelarterie 430
Stent-Graft 291, 408, 415, 436 Thoraxübersichtsaufnahme 3 – PTA 434
– Diagnostik Thrombangiitis obliterans 228, 286, Unterschenkelversorgung, Variante
– – Angiographie 363 296–398 271
– – automatische Gefäßanalyse 364 Thrombektomie Uterusmyomembolisation
– – Fragestellungen 363 – mechanische 441 – Indikation 419
– – Messkatheter 363 – rheolytische 442 – klinischer Erfolg 420
– – Messprotokoll 364 Thrombembolie, akute 161 – Komplikationen 420
– – MRT 363 Thrombin 310 – Kontraindikationen 420
– – MSCT 363 Thrombolyse 440 – Polyvinylalkohol (PVA) 420
– Fixation 364 Thrombophlebitis migrans, siehe auch – Schmerzbehandlung 420
– Implantationstechnik Trousseau-Syndrom 343 – Trisacryl 420
– – Durchzugstechnik 366 Thrombose 332, 337
– – Migrationsgefahr 366 – symptomatische iliokavale 423 V
– Stent-Graft-Systeme 365 Thrombosierung 133 Varikose/Varize 343
– Verlauf Thrombus 97 Vaskulitis 225, 245
– – medikamentöse Prophylaxe 366 Through-plane 44 – rheumatoide 233
– – Postimplantationssyndrom 366 TIPS Vasodilatatorreserve 62
– Verlaufskontrollen 366 – Anlage 463 Vena
ST-Hebungsinfarkt 60 – Definition 461 – azygos
Stichverletzung 307 – Dysfunktion 467 – – Kontinuation 327
Strahlenexposition 9, 261 – farbkodierte Duplexsonographie – cava inferior 187, 322
Stress, pharmakologischer 40 467 – – Obstruktion 327
Stressechokardiographie 62 – Frühverschlüsse 467 – cava superior 322
String of bead 239 – hepatische Enzephalopathie 466 – – gedoppelte 327
Subclavian-steal – Indikation 461 – – linksseitig persistierende 327
– Symptomatik 116 – Komplikationen 466 – – Vena-cava-superior-Syndrom
– Syndrom 353 – Kontraindikationen 463 327
Substrat, arrhythmogenes 74 – Methodik 463 – mesenterica inferior/superior 190
Subtraktionsangiographie, – primär-assistierte Offenheit 466 Venae renales 190
digitale 181 – primäre/sekundäre Offenheit 466 Venous-occlusive disease, pulmonale
Sudeck-Syndrom 308 – Spätverschlüsse 467 170
Sulcus Tischverschiebung 265 Ventilationsszintigraphie 162
– coronarius dexter/sinister 53 Tischvorschub 4 Ventrikel 52
– interventricularis anterior/posteror TOS, siehe Thoracic-outlet-Syndrom Ventrikelspetumdefekt 91
53 Transatlantic Inter-Society Consensus Verfahren, hydrodynamisches 441
Suszeptibilitätsartefakt 40 (TASC) 406, 429 Verschluss 429
Syndrom Transplantat-Nierenarterienstenose – A. superficialis femoris 259
– akutes koronares 60 417 – A. fibularis 260
– mittaortales 200 Trauma 307 Verschlussdruck 287
– postthrombotisches 342 Trikuspidalklappe 52 Verschlusskrankheit, periphere
– venolobuläres 150 Triple rule out concept 65 arterielle (pAVK) 253, 405, 429
TR-KM-MR-Angiographie 264 – Beckentyp 255
T Troponin 60 – Oberschenkeltyp 255
T2*-Zeit 26 Trousseau-Syndrom, siehe auch – Sonderformen
T2-Puls 31 Thrombophlebitis migrans 343 – – diabetische Gefäßkrankheit 285
Tagging 25 True-lumen-Kollapssituation 133, 142 – – juvenile Form 285
Takayasu Truncus – – Mönckeberg-Krankheit 285
– Aortitis Typ 1–3 124 – bicaroticus 356 – – Raynaud-Krankheit 285
– Arteriitis 227, 246, 295 – brachiocephalicus – – Thrombangiitis obliterans 285
Target sign 213, 229 – – Stenose 354 – – Winiwarter-Buerger-Krankheit
TASC, siehe Transatlantic Inter-Society – – Verschluss 354 285
Consensus – coeliacus 208 Verschlusssystem 437
– – Kompressionssyndrom 208 Videokapillarmikroskopie 293
Sachverzeichnis 477

Vierkammerblick 33 Vorhofseptumdefekt (ASD) 90 Z


Virusmyokarditis 73 Vortestwahrscheinlichkeit 61 Zugang
Vitalitätsdiagnostik 65 – brachialer 266
Vitalkapillarmikroskopie 299 W – femoraler 266
Volkmann-Kontraktur 308 Wegener-Granulomatose 230 – transpoplitealer 431
Volumen Wellenfrontphänomen 43 Zweikammerblick
– enddiastolisches 37 Westermark-Zeichen 162 – linksventrikulärer 33
– endsystolisches 37 Wet ischemia 216 – rechtsventrikulärer 34
Volume-Rendering-Technik (VRT) 13, Williams-Beuren-Syndrom 111 Zwerchfellkuppe 30
261, 277 Winiwater, Felix von 296

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