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Dorothea Orem geht davon aus, dass nur dort Hilfe bzw. Unterstützung gegeben
werden sollte, wo der Patient (vorübergehend oder auf Dauer) seine Selbstpflegekom-
petenz verloren hat.
Nachdem sie den Master of Science erworben hatte, wurde sie Direktorin an einer
Schwesternschule und Pflegedirektorin des Detroider Krankenhauses. In den Jahren
1949 bis 1957 war sie als Pflegeberaterin einer US-Gesundheitsbehörde und ab 1957
als Curriculum-Beraterin des US-Gesundheitsministeriums tätig. Von 1959 bis 1979
war sie stellvertretende Dekanin der Schwesternschule der Katholischen Universität
von Washington D.C. Darüber hinaus lehrte sie an der Schwesternschule des Medizi-
nischen College von Virginia, Richmond. In den 70er Jahren engagierte sich Dorothea
Orem in der Pflegeforschung. Sie erhielt mehrere Ehrendoktortitel, darunter 1976 an
der Georgetown Universität Washington, und 1980 vom Incarnate Word College, San
Antonio, Texas (vgl. Heppner, 2001).
Umgebung
Dorothea Orem sieht die Person und die Umwelt als zwei sich ergänzende Systeme,
die für die Selbstpflege des Menschen notwendig sind. Die Umgebungsbedingungen
sind nicht definiert, aber Begriffe wie Umgebungsfaktoren (z. B. schlechte Wohnbe-
dürfnisse) spielen bei der Befriedigung der Selbstpflegebedürfnisse eine Rolle.
Gesundheit/Krankheit
Orem unterscheidet zwischen Gesundheit und Wohlbefinden.
• Gesundheit beinhaltet physische, psychische, soziale und zwischenmenschli-
che „Ganzheit“, Intaktheit des Lebens.
• Wohlbefinden ist charakterisiert durch einen Zustand der Zufriedenheit, durch
laufende Persönlichkeitsentwicklung, durch das Streben nach Erfüllung des
Selbstideals. Wohlbefinden ist nicht an Gesundheit gekoppelt.
Rolle der Pflegenden
Bei dieser Selbstpflegetheorie liegt der Schwerpunkt der Pflege darauf, den Patienten
wieder zur Selbstständigkeit zu führen. Die Pflege wird dort aktiv, wo der Patient seine
Selbstpflege nicht mehr selber ausführen kann, oder zu wenig Wissen hat, um sie sel-
ber durchzuführen. Dorothea Orem bezieht auch Angehörige in die Pflege des Patien-
ten mit ein (vgl. Aggleton & Chalmers, 1989. 19).
Nach Dorothea Orem zufolge gibt es drei Systeme in denen der Mensch sich bewegt:
• das biologische,
• das psychologische und
• das soziale System
Ausgangspunkt ist der Patient, der sich im Sinne der Selbstfürsorge (Self Care) um
seine Gesundheit bemüht. Self care definiert die Ausübung von Handlungen, die der
Mensch in seinem eigenen Interesse zur Erhaltung seines Wohlbefindens, seiner Ge-
sundheit und seines Lebens ausführt oder anstrengt (vgl. Aggleton&Chalmers, 1989,
19).
Der Mensch ist ein selbstständiges Wesen mit einer starken Eigenmotivation, für sich
selbst zu sorgen. Er hält mit seinen Handlungen eine Balance aufrecht, den Anforde-
rungen die an seine Selbstfürsorge gestellt werden aufrecht zu erhalten. D. Orem de-
finiert dieses Gleichgewicht aber noch etwas anders, indem sie den Schwerpunkt auf
die Erhaltung des Gleichgewichts zwischen den vorhandenen Fähigkeiten, die Selbst-
fürsorge auszuführen, und den vielfältigen Anforderungen die gestellt werde, legt. Sie
richtet ihr Augenmerk auf die Handlungen, die der gesunde Mensch, aber auch der
Kranke vollziehen kann, um die Balance zu erhalten.
Die acht lebensnotwendigen Anforderungen, die durch Selbstfürsorge befriedigt wer-
den müssen:
1. ausreichende Zufuhr von Luft
2. ausreichende Zufuhr von Wasser
3. ausreichende Zufuhr von Nahrung
4. zufrieden stellende Ausscheidungsfunktionen
5. ein ausgewogenes Verhältnis von Aktivität und Ruhe
6. ein ausgewogenes Verhältnis von Alleinsein und Geselligkeit
7. Verhütung von Gefahren, die den Menschen bedrohen
8. Entwicklung innerhalb sozialer Gruppen (,,normal sein)
Um sich gesund zu erhalten, führt der Mensch normalerweise seine Pflege selber
durch. Seine Fähigkeiten variieren von Mensch zu Mensch (vgl. Aggleton&Chalmers,
1989, 19).
Selbstpflegerisch tätig zu werden, wird von den folgenden zehn Punkten beeinflusst:
1. Aufmerksamkeit und Wachsamkeit für innere und äußere Bedingungen, die die
Selbstpflege beeinflussen.
2. die verfügbare physische Energie so zu kontrollieren, das sie ausreicht, Selbst-
pflegehandlungen zu beginnen und weiterzuführen.
3. die Fähigkeit, die Körperhaltung bei Bewegung so zu kontrollieren, dass Selbst-
pflegehandlungen durchgeführt werden können.
4. die Fähigkeit, in Kategorien der Selbstpflege zu denken.
5. die entsprechende Motivation (Zielsetzungen), die mit dem Konzept der Selbst-
pflege übereinstimmt.
6. Entscheidungsfähigkeit im Bereich der Selbstpflege
7. die Fähigkeit Wissen zu erwerben.
8. über ein Repertoire verfügen, bestehend aus Kompetenzen im kognitiven, kom-
munikativen, zwischenmenschlichen Bereich, aus Möglichkeiten der Wahrneh-
mung sowie Handlungsfertigkeiten zur Ausübung der Selbstpflege.
9. Zeiteinteilungen, die Selbstpflegeziele erreicht werden können.
10. Integration, d.h. die Fähigkeit, Selbstpflegehandlungen konsequent durchzufüh-
ren und sie mit maßgebenden Aspekten des Persönlichen, familiären und ge-
sellschaftlichen Lebens in Einklang zu bringen (Baldegger, 1999, 35).
Personen die diese Fähigkeiten besitzen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit den
eigenen Selbstpflegebedarf decken können. Selbstpflege ist ein bewusstes Handeln
und wird von jedem Menschen auf seine Art durchgeführt.
Orem hat einige Aussagen formuliert, welche zur Entwicklung von Selbstpflegedefizi-
ten beitragen. Die folgenden, voneinander abhängigen und miteinander verbundenen
Aussagen unterstützen das Verständnis der Theorie des Selbstpflegedefizits.
Selbstpflegedefizit
„...ist ein Zustand, bei dem ein Mensch eine Beeinträchtigung der Fähigkeit erfährt,
folgende Aktivitäten aus- oder zu Ende führen: essen, sich waschen, auf die Toilette
gehen, sich ankleiden und sein Äußeres pflegen. Dies kann sein: vorübergehend/blei-
bender oder fortschreitender Zustand“ (Baldegger, 1999, 37).
Die pflegerische Beziehung ist über einen Vertrag geregelt. Solche Beziehungen mit
dem Patienten können als „Weg“ beschrieben werden. Pflegende sollen sich dem
Tempo der Patienten anpassen, um Kontinuität sicherzustellen, entscheidend für den
Beziehungsaufbau ist die im Gespräch geschaffene Vertrauensbasis.
Im Zusammenhang mit den Merkmalen solcher Handlungen, die Teil der pflege-
rischen Bemühungen sind, stehen folgende Kriterien:
1. Pflegende schätzen die vorhandenen und zukünftigen Selbstpflegeerfordernisse
der Patienten ein. Sie bestimmen die geeigneten Handlungsformen aus, die zur
Erfüllung der erkannten Selbstpflegeerfordernisse nötig sind.
2. Pflegende schätzen die Befähigung der Patienten zur Erfüllung aktueller und vor-
hersehbarer Selbstpflegeerfordernisse ein. Dafür gehört auch der Einsatz von be-
kannten Technologien, die sich bewährt haben.
3. Pflegende bestimmen, wann der Patient aus therapeutischen Gründen Selbstpfle-
gehandlungen nicht ausführen sollte. Seine Befähigung zur Selbstpflege verbes-
sern oder neue Fähigkeiten erlernen oder entwickeln müssen.
4. Pflegende legen Pflegepläne fest, die sicherstellen, dass alle erforderlichen
Schritte unternommen worden sind, um die Selbstpflegekompetenz des Patienten
zu unterstützen oder zu entwickeln.
5. Pflegende und Patienten agieren stets gemeinsam bei der Festlegung und Zuwei-
sung ihrer Rollen bei Verordnung, Produktion und Regulation der situativ erforder-
lichen Selbstpflege, sowie bei der Regulation von Ausübung oder Entwicklung der
Selbstpflegekompetenz (vgl. Dennis, 2001, S. 36-37).
Evaluierungskriterien
• Ist es ein deklariertes Ziel der Pflegenden, die Selbstpflegefähigkeit des Pati-
enten zu fördern?
• Werden alle Ressourcen des Patienten schriftlich erfasst?
• Werden Ziele definiert im Sinne der Verbesserung der Selbstpflegefähigkeit?
• Werden Pflegemaßnahmen geplant, die die Selbstpflegefähigkeit steigern?
• Wird regelmäßig überprüft, ob der Patient diesbezüglich Fortschritte macht?
• Wird der Patient aufgefordert, selber Entscheidungen zu treffen?
• Werden diese Entscheidungen akzeptiert?
• Wird der Patient angemessen angeleitet und informiert?
• Werden Pflegemaßnahmen gesetzt, die der Patient selber machen könnte?
• Werden für den Patienten Dinge geregelt, die er selber regeln könnte?
Literaturverzeichnis
Aggleton, P. & Chalmers, H. (1989). Orems Modell der Selbstfürsorge. Deutsche
Krankenpflegezeitschrieft, 5, 19-22.
Cavanagh, St. 1995: Pflege nach Orem. Band 1. Freiburg: Lambertus.
Dennis, C. (2001). Dorothea Orem. Selbstpflege- und Selbstpflegedefizit-Theorie.
Bern: Huber.
Heppner, R. (2001). Biographie von Dorothea Orem. [www Dokument]. URL.
http: //www. renate- heppner, exhome. de/orem. htm. (12. Dezember 2002).