Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Begutachterin:
Dr. Evelin Burns, MN, ALGuK, DGKS,
Institut für Pflegewissenschaft
Billrothgasse 6/I
8010 Graz,
eingereicht von:
Sabrina Kulterer
Graz, am 31.04.2014
Ehrenwörtliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und
ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht
verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich
entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.
Graz, 30.04.2014
Zusammenfassung
In Österreich sind 100.000 Menschen von Demenz betroffen, jedoch liegt die
Dunkelziffer weitaus höher. Bis 2050 wird Schätzungen zu Folge mit 280.000
Demenzerkrankten gerechnet. Demenz wird in verschiedene Arten klassifiziert, die
sich wiederum in drei Schweregrad unterteilen lassen.
Desweiteren werden die Risikofaktoren erläutert die eine Demenz hervorrufen
können, sowie die präventiven Maßnahmen von Demenz im Hinblick auf die nicht
medikamentöse Behandlung.
Erwin Böhm erstellte das psychobiografische Pflegemodell das auf Menschen mit
Demenz abgestimmt wurde. Im Alter führt die Demenz zum Abbau der Noopsyche,
was zur Folge hat, dass die Gefühlsebene verstärkt wird. Kinder entwickeln sich von
Es zum Ich und bei Erwachsenen erfolgt eine Rückentwicklung vom Ich zum Es.
Schlüsselreize spielen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung von Demenz. Hierzu
zählen alte Gerüche und Hausmannskost. Mit Hilfe der Biografie eines Menschen
werden die pflegerischen Maßnahmen abgestimmt. Erwin Böhm zeigt in seinem
Modell die Verhaltensweisen in verschiedenen Stadien der Patienten und
Patientinnen auf. Angeführt werden auch praxisrelevante Möglichkeiten für die Pflege
um Demenz verbessern zu können. Ziele des psychobiografischen Pflegemodells
nach Böhm sind eine Verbesserung des Befindens zu ermöglichen, die
Selbstständigkeit zu erhöhen und eine Regression zu vermeiden. Darüber hinaus
könnte es die Kosten verringern und die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen zu erhöhen.
Abstract
In Austria are approximately 100.000 people affected by dementia, but the number of
unreported cases is much higher. First estimations show that the number of dementia
can increase up to 280.000 until to the year 2050. Dementia can be classified in
different types, which can be separated into three degrees.
Also the risk factors of dementia are annotated and the preventive measures of
dementia concentrated on the non-pharmacological treatments are shown.
Erwin Böhm created a psychobiographical care model, which is orientated to persons
with dementia. At high age dementia leads to a degradation of the noopsyche, with
the result that the emotional level gets strengthened. Children develop from it to I and
in case of adults, there is a retrogression and they develop from I to it. Key stimulus
plays an important role for the improvement of dementia. The key stimulus includes
old smells and home cooking. With the help of the biography, the nursing measures
can be adapted for each person. Erwin Böhm shows in his care model the manners
during different stadia of the patients. Also practice-orientated capabilities for the care
of dementia are shown. The goals of the psychobiographical care model of Böhm are
to improve health, to increase self-reliance and to avoid regression. Furthermore it
could lead to reduced costs and to increased satisfaction of employees.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung .......................................................................................................................... 4
2 Definition Alzheimer- Demenz ......................................................................................... 6
2.1 Schweregrad ......................................................................................................................... 6
2.2 Arten von Demenz................................................................................................................ 7
2.2.1 Alzheimer Demenz .......................................................................................................................... 7
2.2.2 Vaskuläre Demenz .......................................................................................................................... 7
2.2.3 Mischform ....................................................................................................................................... 7
2.2.4 Demenz bei andernorts klassifizierten Krankheiten ........................................................................ 7
3 Das psychobiografische Pflegemodell nach Böhm .......................................................... 8
3.1 Allgemein .............................................................................................................................. 8
3.2 Ziele des Pflegemodells ...................................................................................................... 11
3.2.1 Das ideologische und fachliche Forschungsziel ............................................................................ 11
3.2.2 Zusätzliche Ziele in Heimen.......................................................................................................... 12
3.3 Zielgruppen ........................................................................................................................ 13
3.4 Unser Gehirn ...................................................................................................................... 13
3.5 Biographie........................................................................................................................... 14
3.6 Schlüsselreize ...................................................................................................................... 15
3.6.1 Verhalten auf Grund der Stimmungslabilität................................................................................. 15
3.6.2 Verhalten durch Vergessen ........................................................................................................... 16
3.6.3 Verhalten bei sozialen Kompetenzen ............................................................................................ 16
3.7 Einteilung des Böhm Modells............................................................................................ 16
3.7.1 Klassische Methode....................................................................................................................... 16
3.7.2 Psychobiographische Methode ...................................................................................................... 17
3.8 Ableitung der Theorie........................................................................................................ 17
3.8.1 Dynamische Sozialpsychiatrie (Berner P.) .................................................................................... 18
3.8.2 Reversibilitätstheoretischer Ansatz (Ciompi L.) ........................................................................... 19
3.8.3 Sozial- und kulturanthropologischer Ansatz ................................................................................. 20
3.8.4 Milieutherapeutischer Ansatz (Comte und Taine) ......................................................................... 20
3.8.5 Prägungsforschung und konditioniertes Lernen (Adler,Künkel) ................................................... 20
Beispiele für Reiz →Reaktion ..................................................................................................................... 21
3.9 Humanethologie ................................................................................................................. 22
3.10 Die Psychosomatische Sicht älter werdender .................................................................. 22
3.11 Die Persönlichkeitsschichtlehre ........................................................................................ 22
3.12 Die Ersatzhandlungen ....................................................................................................... 23
3.13 Seelenphänomenologie ....................................................................................................... 23
3.13.1 Heimaterde ............................................................................................................................... 23
3.13.2 Seele ......................................................................................................................................... 23
3.13.3 Gedächtnis / Erinnerung ........................................................................................................... 23
3.13.4 Wissen/ Glaube ......................................................................................................................... 24
3.13.5 Volksseele ................................................................................................................................ 25
3.13.6 Menschliche Instinkte ............................................................................................................... 25
3.14 Das Daheim Gefühl ............................................................................................................ 25
3.14.1 Wie schafft die Pflege nun ein Daheimgefühl beim Klientinnen und Klienten? ..................... 26
1
3.15 Die Umsetzung des Pflegemodells bei leichtem Alzheimer ........................................... 27
3.16 Verwirrt nicht die Verwirrten .......................................................................................... 28
3.17 Praktische Beispiele ........................................................................................................... 30
3.17.1 Patient R.W. ............................................................................................................................. 30
3.17.2 Klientin K.L. ............................................................................................................................. 30
Risikofaktoren Demenz ........................................................................................................... 31
3.18 Familiäre Belastung ........................................................................................................... 32
3.19 Depressionen....................................................................................................................... 32
3.20 Menopause .......................................................................................................................... 33
3.21 Apolipoprotein E ................................................................................................................ 33
3.22 Soziale Abgrenzung ........................................................................................................... 33
3.23 Bildung ................................................................................................................................ 34
3.24 Boxer ................................................................................................................................... 34
3.25 Alkohol ................................................................................................................................ 34
4 Präventive Maßnahmen .................................................................................................. 36
4.1 Nicht medikamentöse Handlung....................................................................................... 36
4.1.1 Sport .............................................................................................................................................. 36
4.1.2 Weiterbildung ................................................................................................................................ 37
4.1.3 Kognitive Fähigkeiten ................................................................................................................... 37
4.1.4 Kaffee ............................................................................................................................................ 38
4.1.5 Gesunde Ernährung ....................................................................................................................... 38
4.1.6 Interaktion ..................................................................................................................................... 38
4.2 Medikamentöse Behandlung ............................................................................................. 38
5 Schlussfolgerung ............................................................................................................. 39
6 Literaturangaben ............................................................................................................. 41
7 Tabellenverzeichnis ......................................................................................................... 43
2
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rückkehrfunktion
Abbildung 2: Das Lernen von Gefühlen
Abbildung 3: Risikofaktoren Demenz
Abbildung 4: Alkoholkonsum nach Geschlecht und Alter (Männer)
Abbildung 5: Alkoholkonsum nach Geschlecht und Alter (Frauen)
3
1 Einleitung
Der Hintergrund für die Auswahl dieses Thema ist, dass eine Erkrankung an Demenz
dem Alter zugeschrieben werden kann.
Die Inzidenz ist stark vom Alter abhängig. Bei Frauen zwischen 65- bis 69 Jahren
liegt die Häufigkeit bei 0,7 Prozent / 7 von 1.000, bei Männern hingegen liegt die
Häufigkeit bei 0,6 Prozent / 6 von 1.000. Mit steigendem Alter werden die
Unterschiede zwischen Männern und Frauen deutlich größer. Im Alter von 85 bis 89
sind circa 140 von 1.000 Frauen betroffen, bei den Männern circa 90 von 1.000 die
an Demenz leiden (Bundesministerium für Gesundheit, 2012).
Auf das biopsychografische Pflegemodell nach Böhm, wurde ich durch die Vorlesung
„Modelle und Theorien“ aufmerksam gemacht. Böhm erweckte mein Interesse, weil
er der einzige ist, der eine Pflegetheorie für Österreich entwickelt hat. Die anderen
Pflegemodelle, die bei uns eingesetzt werden, stammen größtenteils aus den USA.
Diese Pflegemodelle werden in Österreich übernommen, obwohl sich das
Gesundheitssystem von Österreich mit dem der USA unterschieden werden muss.
Dies veranlasste mich, die Pflegetheorie nach Böhm genau zu hinterfragen, um auf
ein in Österreich bekanntes Pflegemodell aufmerksam zu machen.
4
Ein weiterer Grund für meine Themenwahl war, dass öfters in den Medien zu hören
ist, dass die Inzidenzrate von Demenz am steigen ist. Auch meine Großmutter
erkrankte an Demenz und im Zusammenhang mit meiner Bachelorarbeit, möchte ich
mir ein Basiswissen schaffen, mit dem ich meiner Großmutter helfen kann. Zusätzlich
machte ich mir Gedanken darüber ob es überhaupt möglich ist, eine nicht
medikamentöse Behandlung durchzuführen. Desweiteren stellte ich mir die Frage, ob
ich in einigen Jahren an Demenz erkranken würde und welche präventiven
Maßnahmen hilfreich sein könnten.
Fragestellung
5
2 Definition Alzheimer- Demenz
2.1 Schweregrad
Der Schweregrad der Demenz wird eingeteilt in leichte, mittelgradige und schwere
Beeinträchtigung.
Leichte: Die leichte Demenz definiert sich dadurch, dass die tägliche Aktivitäten
vergessen werden. Trotzdem ist ein unabhängiges Leben gegeben. Probleme treten
beispielsweise bei der Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe von sozialen
Verabredungen oder kürzlich erfahrene Informationen auf.
Mittelgradig: Bei der mittelgradigen Demenz hingegen wird das unabhängige Leben
in Mitleidenschaft gezogen. Die Wiedergabe von gut gelernten und vertrauten Dingen
ist möglich, jedoch ist die Nennung von neuen Informationen weitgehend
beeinträchtigt. Die Erkrankten können nicht mehr feststellen wo sie sind und was sie
vor kurzem getan haben. Die Namen von vertrauten Personen können nicht genannt
werden.
Schwere: Die letzte Stufe der Demenz ist die schwerste Schädigung, nun erfolgt
eine komplette Unfähigkeit neue Informationen zu behalten. Nur noch geringe Teile
bleiben erhalten und selbst die nahen Verwandten werden nicht mehr erkannt. Die
Fähigkeiten etwas zu organisieren oder zu planen fallen weg.
Um Demenz feststellen zu können, müssen die Symptome mindestens eine halbes
Jahr andauern (Dilling 2006, S. 62 ff.).
6
Demenz kann in mehreren Typen unterteilt werden. Die 3 häufigsten werden an
dieser Stelle angeführt: An erster Stelle befindet sich die Alzheimer- Demenz; sie tritt
in 60 % der Fälle auf. An zweiter Stelle die vaskuläre Demenz; 15% der Fälle . An
dritter Stelle ist die Demenz andernorts klassifizierten Krankheiten (Dilling 2006, S.
62ff.).
2.2.3 Mischform
Der dritte Typ stellt eine Mischform dar, eine Kombination aus der Alzheimer-
Demenz und vaskulärer Demenz (Dilling 2006, S. 62 ff.).
7
3 Das psychobiografische Pflegemodell nach Böhm
3.1 Allgemein
Modelle bieten Halt und Sicherheit in der Pflege und gewinnen im Allgemeinen mehr
Zeit für das Pflegepersonal, Zeit die notwendig ist, damit in Summe die Ich-Identität
von Pflegerinnen und Pfleger in weiterer Folge des Klienten verbessert werden kann.
Mit dieser Verbesserung beziehungsweise Steigerung wird das Ziel der
selbstständigen Arbeit und eine Identifikation mit Beruf positiv gefördert. Die
Anwendung des psychogenen Pflegemodells steigert die Qualität der Pflege und
wirkt sich positiv auf Ausführung und Anwendung der psychogenen Pflege aus
(Böhm 2001, S. 60).
8
Tritt eine Aktivierung der Verhaltensmuster ein, verlieren die betroffenen Personen
den Bezug zum Hier und Jetzt und verhalten sich oft wie Kleinkinder, welches an ein
Stadium der Geborgenheit und Sicherheit erinnern lässt. Betroffene Personen fangen
an zu weinen, verkleiden sich, verhalten sich wie ein Kind und versuchen damit das
Altbekannte wieder zu erlangen. Tritt ein solches emotionales Verhalten hervor,
werden Manieren, Kultur und Leistungen des Über-Ich vergessen. In weiterer Folge
stehen Pflegende emotionsbeladenen Verhaltensmustern gegenüber, mit denen sie
sich überfordert fühlen und verwundert gegenüberstehen. Solche
Rückkehrfunktionen werden bei Böhm als Regression und Destruktion bezeichnet.
Der Ablauf der Rückkehrfunktion wird in der unten angeführten Abbildung dargestellt
(Böhm 2001, S.15 ff.).
Abbildung 1: Rückkehrfunktion
somatische Dekompensation,
psychobiographische
Dekompensation, primäre
Demenzen
Auslöser im Alter
Grenzsituation Regression durch
Belastungssituation einen Auslöser
Erwachsenencoping
angepasstes kultiviertes
Verhalten Dekompensation
Kleinkindcoping
brav sein, schön sein
10
Des Weiteren beschäftigt sich das Modell mit den emotionalen, triebhaften
Ressourcen und blendet die kognitiven Defizite aus. Es ist wichtig ein Gleichgewicht
zu finden, ob zuerst die Gefühlslage oder die kognitiven Teile verbessert werden
sollen. Denn eine Verbesserung der emotionalen Gefühlsebenen führt zu einer
dauerhaften Verbesserung der kognitiven Leistungen aber ein zu früh begonnenes
kognitives Training bewirkt eine Überforderung der Klientinnen und Klienten, die zu
einer Progression führt (Böhm 2001, S. 10 ff.).
Mit dem Pflegemodell wird das Ziel verfolgt, dass die Klientin und der Klient sich
wieder wohl fühlt, ein Motiv zum Leben hat, die Energie des Lebens (Elan vital) spürt
und die Lust empfindet sich wieder zu bewegen.
Das Pflegemodell soll eine Weiterentwicklung der ganzheitlichen Pflege sein. Hinzu
kommt noch das in Österreich Pflegemodelle verwendet werden, die auf das
amerikanische Gesundheitssystem abgestimmt sind, dies sollte sich laut Böhm
zusätzlich ändern (Böhm 2001, S.19).
In die Krankenpflege sollten ein anderer Sinn und eine andere Ethik einfließen,
welche eine Änderung der Einstellung und Ideologie der Pflegepersonen verlangt.
Die Verhaltensveränderungen der Klienten sollten sich auf den Fokus der Biographie
fixieren und nicht auf dementielle Veränderungen. Die somatisch orientierte Ansicht
soll durch eine psychogene Ansicht abgeändert werden.
Beim fachlichen Ziel wird das Augenmerk auf das Aufleben der Klientinnen und
Klienten, der Symptomlinderung ohne Psychopharmaka und die Nachvollziehbarkeit
gelegt.
Dazu gehören:
Verbesserung des Befindens
Bei Isolation eine für die Klientinnen und den Klienten bestmöglichste
Reaktivierung finden und vollziehen
psychischer Pflegestandard
11
Entlastungspotenziale finden (Böhm 2001, S. 59).
Ansteuern einer Wohnheimfähigkeit
Menschenrechte müssen gewahrt werden
Rückfälle müssen verringert werden
Die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter muss erhöht
werden
Reduzierung der Krankenstände und Pflegeutensilien (Böhm 2001, S. 59).
12
3.3 Zielgruppen
Unser kognitives Gehirn, unsere Psyche kann in die Thymopsyche und Noopsyche
unterteilt werden, wobei die Kluft zwischen beiden Bereichen kontinuierlich mit dem
Altersfortschritt steigt. Die Noopsyche, Darstellung der Welt der Dinge, kann mit dem
rationalen Ich verbunden werden, wobei hingegen die Thymopsyche als Welt der
Gefühle definiert werden kann. Der Verlauf des Älterwerdens führt hierzu, dass sich
der Abbau der Noopsyche verringert und in dessen Folge die Gefühlsebene verstärkt
wird. Kinder entwickeln sich über das Über-Ich zum Ich, welches von einem
Lustprinzip begleitet ist. Kinder gehen in diesem Fall keine Kompromisse ein; wenn
sie etwas haben wollen, wollen sie es jetzt und nicht später. Dieses Muster kann auf
ältere Generationen übertragen werden, da ältere Personen wieder teilweise in das
Kindsalter zurückkehren. Das Verhalten, der an Demenz erkrankten Personen äußert
sich dadurch, dass kulturelle Werte mehr und mehr abgelegt werden. Die
Aggressions- und Machtbedürfnisse hingegen immer mehr in den Vordergrund
rücken und an den Tag gelegt werden. Zusammengefasst deutet diese Entwicklung
der Persönlichkeit darauf hin, dass Kinder eine Entwicklung vom Es zum Ich
durchmachen und bei Erwachsenen erfolgt eine Rückentwicklung vom Ich zum Es
(Böhm 2001, S.27 ff.).
13
Den alten Menschen wird ihr Können genommen, jedoch ihre Wünsche und ihr
Verlangen bleibt hingegen erhalten und führt zu einer Unlust. Verbunden mit dieser
entstandenen Unlust, kommen Copings zum Tragen, welche sich durch Depression,
Angst, Ärger, Euphorie oder Verwahrlosung äußern. Diese Verhaltensweisen können
vor allem der Prägungszeit zugeschrieben werden (Böhm 2001, S.27 ff.).
3.5 Biographie
Die biographische Arbeit dient nicht dazu organische Probleme zu verhindern, jedoch
dient sie der Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten und der Verbesserung von
Begleitsymptomen. Herkömmliche Biographie Arbeit beschäftigt sich vorwiegend
mehr mit dem noopsychischen Material und nicht mit dem thymopsychisch-
biografischen. Dementsprechend geht das Böhm Modell mehr auf die psychogenen,
tiefenpsychologischen Aspekte ein, da bei Dementen der noopsychische Teil eine
geringere Rolle spielt als der thymopsychische Teil. Der Grund für die Bevorzugung
des thymopsychischen Materials ist, das es nicht aus dem Neugedächtnis, sondern
aus dem Altgedächtnis, dem Teritärgedächtnis, dem Deckerinnerungen und dem
Kollektivgedächtnis hervorgeht. Der noopsychische Teil ist von Über – Ich – Normen
oder Ersatzhandlungen geprägt (Böhm 2001, S.53 ff.).
Ein weiterer Abgrenzungsbereich vom Böhm Modell ist die „Life Events Forschung“,
bei der historisch singuläre Biographie mit der „Life Events Forschung“ in Verbindung
gebracht werden müssen. Diese Forschung kann aber erst in der
Dekompensationsphase betrieben werden (Böhm 2001, S.54).
Der dritte Abgrenzungsbereich von Böhm beschäftigt sich mit dem Wissen des
Volkes als Trost- und Ersatzhandlung. Das Zurückziehen der Klientinnen und
Klienten kann ein Resultat davon sein, das Pflegende nicht aus der gleichen
Generation kommen wie die Klientinnen und Klienten. Handlungen der Klientinnen
und Klienten entsprechen nicht mehr den heutigen Zeiten und das kann bis zu
Alzheimer führen (Böhm 2001, S.54).
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Vergleiche zwischen Jugendlichen und der älteren Generation zeigen gravierende
Unterschiede in der Kindheit auf. Die Jugendlichen, die Mundarbeitergeneration, liebt
Müsli und neue Baustile, die Brotarbeitergeneration, also die Betagten lieben
Schmalzbrot mit Zwiebeln und altes Holz. Dieser Unterschied ist in der
Beziehungspflege zu groß um erfolgreich arbeiten zu können und deshalb müssen
die geschichtlichen Grundkenntnisse des Klienten einbezogen werden um ein
erfolgreiches Arbeiten garantieren zu können (Böhm 2001, S.55 f.).
3.6 Schlüsselreize
Nach dem Sammeln von mehr als 12.000 Biographien, wurde versucht
Schlüsselreize in die Pflege mit einzubauen um eine Reaktion auszulösen.
Schlüsselreize waren alte Gerüche, Sätze aus der Prügelsprache und
Hausmannskost. Die Reaktion darauf war eine beruhigende Wirkung. Des Weiteren
wurde eine Reaktivierung erzielt und durch die Hausmannskost wurde mehr
gegessen (Böhm 2001, S.56 f.).
Bei negativen Schüsselreizen verhalten sich die Typen verschieden, entweder mit
Angriff, sich tot stellen oder mit Angst. Das Verhalten der Klientinnen und Klienten
wird in Erreichbarkeitsstufen unterteilt wie zum Beispiel das intuitive-ethnologische
Verhalten mit Angst, Angriff oder tot stellen mit der Erreichbarkeitsstufe 7 und 6. Die
Stufe 5 erinnert an frühkindliches Verhalten, 4 an kindliches Verhalten in der
Entwicklungsphase und die Stufe 3 an das jugendliche Verhalten.
Das Verhalten von Kindern und Alten liegt in manchen Situationen nicht weit entfernt
voneinander dazu einige Beispiele (Böhm 2001, S.56 f.).
Ein Zusammenhang beim Verhalten auf Grund der Stimmungslabilität äußert sich bei
Kinder und Betagten ähnlich, da zum Beispiel das Weinen sowie das Lachen sich
innerhalb einer kurzen Zeitspanne ablösen können (Böhm 2001, S.57).
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3.6.2 Verhalten durch Vergessen
Verhalten durch Vergessen definiert sich bei Kindern durch vergessen der
Hausaufgaben oder vergessen auf das WC zu gehen. Bei den Klientinnen und
Klienten handelt es sich hierbei um das Vergessen von der Heim Adresse, den
Namen der zweiten Ehefrau (da die erste Ehefrau mehr geliebt wurde als die zweite)
oder Mütter vergessen eher ihre Töchter als die Söhne, da sie einen Bezug vom
Sohn zum Ehemann herstellen. Beibehalten werden nur Dinge die für einen selbst
als wichtig erscheinen oder eine größere Bedeutung gehabt haben, beziehungsweise
noch immer haben (Böhm 2001, S.57).
Der Zusammenhang bei sozialen Kompetenzen entfaltet sich bei den Kindern
dadurch, dass sie alles in einen Sack geben. Die Betagten machen dasselbe, nur sie
sammeln hingegen Sicherheit, Beziehungen, Gegenstände weil die sozialen
Kontakte im Alter abnehmen (Böhm 2001, S.57).
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3.) Soziotherapeutische Methoden
a. Zoo
b. Angehörige werden in Gruppen zusammengeführt
c. Kommunikationsrunden
d. Zeitungsrunde
e. Klientenparlament (Böhm 2001, S. 64)
17
3.8.1 Dynamische Sozialpsychiatrie
Definiert durch Leitsymptomen und Begleitsymptomen mit unterschiedlicher
Platzierung in der Thymopsyche und der Noopsyche.
„Heute werden die Menschen älter als es ihre Seele verkraftet.“
Berner unterteilte die Störungen der Noopsyche und Thymopsyche folgendermaßen
(Böhm 2001, S.65 f.).
Beeinträchtigung
Bewusstsein Kurz- und Langzeitgedächtnisses
Orientierung abstrakten Denkens
Sensorium Urteilsvermögens
Minestik Kortikalen Funktionen
Intelligenz Aphasie, Apraxie, Agnosie
Gedächtnis ATL aus physischen Gründen
Denken Verwahrlosung aus physischen Gründen
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3.8.2 Reversibilitätstheoretischer Ansatz
Demenz kann nicht mehr als irreparable Krankheit angesehen werden, dadurch
entstand dieser Ansatz. Diese multidimensionale Theorie beinhaltete eine
Veränderung der psychischen und somatischen Ideologien. Es entwickelten sich die
sensible Demenz und die sekundäre Demenz (Böhm 2001, S.66 f.).
19
3.8.3 Sozial- und kulturanthropologischer Ansatz
Ist ein Zusammenspiel zwischen Tiefenpsychologie und Ethologie, wo Wertsysteme
und Kindererziehungstechniken einfach und fix dargestellt werden. Die Persönlichkeit
wird als gemeinsames Kulturgut untersucht (Böhm 2001, S.67 f.).
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Beispiele für Reiz →Reaktion
Denken
Einstellung
Erwartung
Fühlen
positiv, negativ, Handeln
ambivalent Coping
Im Alter kann sich die Noopsyche nicht mehr wie gewohnt entschlüsseln, was dazu
führt das Schüsselreize nicht den Erwartungen entsprechen. Zum Beispiel: Der
Klientin und der Klient bekommt ein Schmalzbrot wie früher. Die Erwartungshaltung
ist ein Schmalzbrot mit ein bisschen „ranzigen“ Geschmack wie die Klientinnen und
Klienten es aus der Kindheit kennen. Die Reaktion auf das heutige Schmalzbrot was
nicht mehr „ranzig“ schmeckt ist, dass die Klientin und der Klient mit Zorn reagiert,
weil das Brot nicht seinen Vorstellungen entspricht (Böhm 2001, S.70).
21
3.9 Humanethologie
Beziehungen erlernen
Signalsprache
Ausgelöst durch bestimmte Erkrankungen kann das Sprechen nicht mehr
ausgeübt werden. Daher ist das Erlernen der Signalsprache ein wichtiger
Bestandteil der Pflege.
Angeborene Verhaltensweisen beim Menschen
Gestische und mimische Zeichen sind weltweit gleich, die Sprache hingegen
ist unterschiedlich (Böhm 2001, S.70 f.).
Hierbei wird der Einfluss des Lebensstils auf Krankheiten beschrieben. Essentielle
Hypertonie wird ausgelöst durch die ständige Spannung im Alltag. In einigen Fällen
beginnt der Druck schon in der Kindheit, wo durch die Eltern sehr viel Druck
ausgeübt wird. Die Kinder lernen nicht mit dem Druck umzugehen. Im Laufe des
Lebens kann dann eine Hypertonie entstehen.
Der Herzinfarkt wird mit dem Kampf nach Liebe der Eltern beschrieben. Versucht
wird mit allen Mitteln die Liebe zu erhalten oder wieder zu bekommen.
Die psychosomatische Dekompensation beschreibt das plötzliche Sterben von
Klientinnen und Klienten mit geringen körperlichen Symptomen. Hervorgerufen
durch eine Aufnahme im Krankenhaus. Die Klientinnen und Klienten waren im
Vorhinein isoliert und fühlten sich durch die Einweisung in ein Krankenhaus unnütz
und ausgeschlossen. Im Bezug auf die Alzheimer Krankheit verstärkt sich die
Regression, wodurch die zerebrale Dekompensation ursächlich festgestellt wurde
(Böhm 2001, S.77 f.).
Die Lehre des Es, Über- Ich, und Ich stammt von Sigmund Freud. Das Es äußert
sich durch das unbewusste Verhalten (Böhm 2001, S.78).
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Beim Über- Ich hingegen zeigen sich Verhaltensweisen wie moralische
Beschränkungen die ausgeübt werden und in diesem Fall unbewusst bleiben.
Unterstützt wurden die Über- Ich Normen in der damaligen Zeit durch die Nachbarn.
Streitigkeiten in der Familie wurden an die Nachbarn weitergeleitet, um deren
Meinung einzuholen. Das Ich bestimmt die Wahrnehmung der Außenwelt und deren
Anpassung daran. Die Weiterentwicklung des Ichs soll mit dem 25. Lebensjahr
abgeschlossen sein (Böhm 2001, S.78 ff.).
Sexuelle Triebe die im 1900 Jahrhundert nicht erfüllt werden konnten, wurden durch
Ersatzhandlungen wie gut kochen zu können kompensiert. Männer suchten oft
Ersatzhandlungen im Beruf oder im Gasthaus um den Trieb befriedigen zu können
(Böhm 2001, S.80).
3.13 Seelenphänomenologie
3.13.1 Heimaterde
Der Mensch ändert sich im Alter nicht mehr, wenn nur sehr selten. Die
Entwicklungsphase findet in jüngeren Jahren statt. Durch die Erfahrungen und
Lebensabschnitte wird die Heimaterde gewählt (Böhm 2001, S.91).
3.13.2 Seele
Die Seele wird im Beispiel ersichtlich in dem sich jemand alles in seiner Umgebung
wegdenkt, den Körper, den Raum sogar das Weltall, trotzdem existiert der Teil der
das Wegdenken ermöglicht und zwar die Seele. Die innere und äußere
Wahrnehmung baut die Seele auf (Böhm 2001, S.91 f.).
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Bei Erinnerung geht es nicht nur um erlerntes oder gehörtes sondern um Dinge die
Bestandteile des eigenen Lebens sind, egal ob positive oder negative
Lebenszusammenhänge (Coping). Die Tätigkeiten müssen sinnhaft sein, um in der
Erinnerung zu bleiben (Böhm 2001, S.92 f.).
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3.13.5 Volksseele
Bezieht sich auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Betagten wodurch sich eine
emotional Verhaltensweise zeigt. Redewendungen wie ein altes Dach ist schwer zu
flicken oder alte Fehler halten fest zeigen den emotionalen Stellenwert (Böhm 2001,
S.99).
Die Erinnerung an die gute alte Zeit wo alles bekannt war, die Gerüche, die Sprache
und das Umfeld. In einer schlechten Phase werden die Gedanken an die frühere Zeit
fokussiert. Das passiert schon in den jungen Jahren, wo Bilder vom letzten Urlaub
gezeigt werden, ein schöner Rückblick in die Vergangenheit, den früheren Zeiten.
Die Verknüpfung zur Vergangenheit ist ein Prägungsphänomen. Warum nicht an die
Vergangenheit denken, die Zukunft ist doch unklar. Aus diesem Grund erinnern sich
Demente gern an die Vergangenheit und deren gute Dinge, was aber somit nichts
mit den Abbauprozess zu tun hat (Böhm 2001, S.102).
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Zu den positiven Erinnerungen kommen die negativen hinzu. Negative Aspekte an
das Daheim können auftreten und zu einer Paranoia oder zu ängstlichen Zuständen
führen (Böhm 2001, S.101).
Klientinnen und Klienten die ein positives Leben hatten, haben mehr
Selbstbewusstsein, sind zufriedener und sicherer im Alter. Mit den Erinnerungen an
damals wird die Kommunikationsfähigkeit stimuliert und ein positiver Effekt erzielt.
Um in der Pflege eine Wirkung zu erzielen muss die Biographie aus den folgenden
Blickwinkeln betrachtet werden: Singulär, regional, historisch und emotional. In
diesen verschiedenen Ebenen befinden sich die Klientinnen und Klienten. Die
Klientinnen und Klienten die von leichter Demenz betroffen sind, befinden sich eher
in der Kindheit und deren Erinnerungen, wohingegen die Klientinnen und Klienten mit
schwerer Demenz sich an Phantasien aus der Kindheit erinnern. Klientinnen und
Klienten mit leichterer Demenz fixieren sich auf Kinderkram, alte Kleider, die ersten
Weihnachten, Schleifen im Haar. Klientinnen und Klienten mit stärkerer Demenz
denken an Träume als Kind, Gelüste, Begierden, Phantome und Hirngespinste. In
der Ebene der Reaktivierung werden die alten Gefühle wieder zum Leben erweckt
(Böhm 2001, S.101 ff.).
3.14.1 Wie schafft die Pflege nun ein Daheimgefühl beim Klientinnen und Klienten?
Das Daheim Gefühl im Heim auszulösen gestaltet sich als schwierige Aufgabe, zwar
sind die Ansätze vorhanden, wie das Einkochen vom Marmeladen, Basteln, singen
und Weihnachtskekse backen, aber diese Aktivitäten sprechen nur bürgerliche
Personen an und nicht die Arbeitergeneration. Um die unterschiedlichen Klientinnen
und Klienten zu erreichen ist eine ausführliche Analyse der Biografie notwendig.
Zur Biographie gehören die Beziehungen zu den Eltern, wie war die Mutter, der
Vater, wie war das Umfeld zu Hause. Diese Fragen müssen geklärt werden um ein
Daheim Gefühl schaffen zu können. Des Weiteren ist abzuklären ob die Erzählungen
vom Daheim der Wahrheit entsprechen oder nicht. Viele Klientinnen und Klienten
haben Wunschvorstellungen vom zu Hause, die in der Realität nicht der Wahrheit
entsprechen. Der Klient täuscht sich selbst, jedoch soll dieses Bild was die Person
hat nicht zerstört werden (Böhm 2001, S.101-ff.).
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Welchen Bezug die Klientin und der Klient zum Daheim hat, ob positiv oder negativ
kann die Pflege nicht beeinflussen. Die Reaktion hingegen ist sehr wohl auf Grund
der Gefühle wählbar. Wenn die Wunschvorstellungen von Klientinnen und Klienten
nicht erfüllt werden, der Klient nicht bekommt was er/ sie will reagiert er/sie
aggressiv, flüchtet oder wird unruhig. Zuhause wird gelernt, was „normal“ ist, welche
Gefühle erwünscht sind, was willkommen und unwillkommen ist. Zusätzlich wird
einem in der Familie eine positive, optimistische oder pessimistische
Weltanschauung mitgegeben. Diese Prägungen von zu Hause werden im Laufe des
Lebens erlernt und wie ein Musterkatalog vollzogen. Inkludiert ist auch das Spielen,
beeinflusst durch die Familie wird mit Puppen oder Kriegsspielzeug gespielt. Welche
Umgangssprache verwendet wird ist ein weiterer Bezugspunkt zur Familie.
Zusätzlich ist die Familie der erste Anhaltspunkt bei Problemen, egal ob in
Geldfragen, körperlichen Beschwerden oder juristischen Themen (Böhm 2001, S.102
ff.).
Die Ziele bei allen Pflegebehandlungen sollen folgende sein: die klassischen Impulse
des biologischen Abbaus, das Normalitätsprinzip und die Reversibilitätstheorie.
Die Interaktionsstufe 3 wird durch die leichten Alzheimer- Krankheit definiert, hierbei
spricht man vom ersten Stadium der Alzheimer – Krankheit. Die Symptome werden
oft gar nicht bemerkt oder zeigen eine Einschränkung bei den komplexen Tätigkeiten
im Alltag. Diesbezüglich handelt es sich bei den komplexen Tätigkeiten um
Schwierigkeiten Neues zu erlernen,
die Ausdrucksweise und Genauigkeit der Sprache werden eingeschränkt,
Verschlechterung der Urteilsbildung und Schlussfolgerungen
Einschränkung der örtlichen und zeitlichen Orientierung,
sympathikotone oder parasympathikotone Antriebsstörungen
Zu den zusätzlichen Begleitsymptomen gehören Angst, Gefühlsstörungen, Wut,
Beschämung und Niedergeschlagenheit (Böhm 2002, S.207 f.).
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Durch die Regression entstehen im Alltag Einschränkungen die zur Verringerung der
Selbstständigkeit des Klienten führen. Des Öfteren wird dieser Zustand durch die
Pflege noch gefördert, da ein Teil der eigenen Aufgaben von der Pflege übernommen
werden. Der Effekt davon ist dass die Regressionszunahme gefördert wird.
Die Eigenständigkeit zeigt sich bei den Menschen als wichtigstes Gut das sie
besitzen. Deshalb sollte das Augenmerk auf der Unterstützung bei Tätigkeiten liegen
und nicht bei der Abnahme von Aufgaben (Böhm 2002, S.207 f.).
„Helfen mit der Hand in der Hosentasche“. Dieser Leitsatz soll die Pflege der letzten
Jahrzehnte verändert. Bislang wurde viel Wert gelegt auf die Hygiene und die
Kommunikation mit den Klientinnen und Klienten wurde vernachlässigt. Klientinnen
und Klienten wurden gebadet ob sie wollten oder nicht. Böhm bezeichnet diese Art
der Pflege als ein „zu Tode Pflegen“ der Klientinnen und Klienten. Den Klientinnen
und Klienten werden die Aufgaben wie Betten machen abgenommen, die sie selbst
noch durchführen könnten. Die Schwestern überziehen das Bett in Rekordzeit und
das Ergebnis ist ein perfektes, faltenfreies, steriles Bett. Das Problem ist, dass in der
Zeit wo die Betten überzogen werden, die Klientin und der Klient außer Acht
gelassen werden. Die Klientin und der Klient soll im Mittelpunkt der Pflege stehen
und nicht das Bett. Es müssen die Menschen gepflegt werden und nicht die Betten
oder Räumlichkeiten. Bei dieser Art von Pflege wird von Minimal Pflege gesprochen,
die Betten werden gemacht, jedoch wird der Klientin und dem Klienten kaum
Aufmerksamkeit geschenkt.
Effiziente Pflege beinhaltet das Betten machen und die Kommunikation mit der
Klientinnen und Klienten. Hierbei handelt es sich um die Kommunikation über die
Dekubitusprophylaxe durch die Mobilisation.
Zu guter Letzt, die optimale therapeutische Pflege. Die Betten werden vom Klienten
gemacht und nicht von einer Schwester. Die Schwester gibt den Klientinnen und
Klienten eine emotionale Hilfe durch das Wissen über seine Biographie. Anders
gesagt ist dass die Reaktivierende Pflege nach Böhm (Böhm 1999, S.29 f.).
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Klientinnen und Klienten müssen gefördert werden, damit sie nicht eine
Verschlechterung der Gesundheit erfahren. Akzeptiert werden muss die Tatsache,
dass das Bett nicht so perfekt sein muss wenn die Klientin und der Klient die
Aufgabe übernimmt.
Zusätzlich hilft dieser Vorgang bei der Regeneration des Menschen und erhöht nicht
seine Pflegebedürftigkeit.
Verändert haben sich des Weiteren die Erziehung, die Politiker, die Soziologen, die
Pädagogen und die Ideologen. Sie machten sich zum Ziel „mündige Klientinnen und
Klienten“ zu kreieren. Die „mündigen Klientinnen und Klienten“ definieren sich
dadurch, dass sie/ er gesundheitsschädliche Maßnahmen unterlässt, dazu zählen
das Rauch, ungesunde Ernährung und übermäßiges Essen. Durch diesen Typ von
Klientinnen und Klienten soll eine Prävention von Krankheiten entstehen (Böhm
1999, S.29 f.).
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3.17 Praktische Beispiele
Biographie: Aus der Biographie ersichtlich war der Klient einmal Bäcker und stand
früher täglich um 2 Uhr in der Früh auf um seiner Arbeit nachzugehen.
Lösung: Der nächtliche Spaziergang wird nicht mehr unterbunden, sondern der Klient
kann seinen Spaziergang in der leeren Ambulanz abhalten (Böhm 1999, S.179 f.).
Biographie: Zurückzuführen ist das historisch auf das Lüften, damit die Nachbarn
sehen können dass sie eine ordentliche und saubere Hausfrau ist.
Lösung: Die Klientinnen und die Klienten einfach die Matratze im Krankenhaus lüften
lassen. Einerseits wird dadurch die Hygiene verbessert und andererseits können die
Klientinnen und die Klienten tagsüber nicht schlafen, weshalb sie die Nacht dann
durchschlafen können und keine Schlafmedikamente zu sich nehmen müssen (Böhm
1999, S.179 f.).
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Risikofaktoren Demenz
Abbildung 3: Risikofaktoren Demenz
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Aspekte psychopathische Differenzen zwischen Männer und Frauen. Beim
weiblichen Geschlecht werden der soziale Rückzug, die Affektlabilität, das Anlegen
von Vorräten, Depressionen und Angebote zur Hilfe abgelehnt. Bei Männern
hingegen treten aggressives Verhalten, exzessives Essen, viel Schlaf und die
Teilnahmslosigkeit auf (Schneider 2011, S.544ff.).
Durch das genetische Erbe entsteht ein dreifach so großes Risiko, also circa 90% an
Alzheimer- Demenz zu erkranken. Das heißt, wenn beide Eltern an Demenz erkrankt
sind bzw. waren liegt das Erkrankungsrisiko bei 54%. Bei keinem erkrankten
Elternteil kann ein Risiko von circa 10% angegeben werden. Der
geschlechtsspezifische Unterschied zeigt sich dadurch, dass Töchter ein höheres
Risiko haben an Demenz zu erkranken, ausschlaggebend durch den erblichen
Faktor. Wobei das Risiko bei erkrankten Vätern größer und zwar um das 1,5 fache
als bei der erkrankten Mutter ist (Schneider 2011, S.544ff.).
3.19 Depressionen
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3.20 Menopause
Das Hormon Östradiol zeigt einen großen Einfluss auf die synaptische Plastizität des
Hippokampus. Deshalb besteht ein Zusammenhang mit dem Lernen und dem
Gedächtnis. Die Menopause verursacht neurologische Erkrankungen wie M.
Alzheimer, M. Parkinson und Depressionen (Schneider 2011, S.544ff.).
3.21 Apolipoprotein E
Das Vorkommen Apolipoprotein E bei der Normalbevölkerung tritt bei 20% auf und ist
ein Risiko für die Entstehung von Alzheimer- Demenz. Dieses Eiweiß findet sich bei
60% der Alzheimer- Demenz erkrankten Personen. Bei Männer und Frauen soll ein
Unterschied des Risikos bestehen, insbesondere wegen der Cholesterin- und
Membran Synthese, den Fettstoffwechsel und den Hormonen. Der genaue
Zusammenhang konnte noch nicht geklärt werden (Stoppe 2000, S.21 ff.).
Durch den weiteren Verlauf der Alzheimer- Krankheit werden die Gefühle der
Betroffenen immer stärker, sodass diese sich immer mehr zurückziehen und isoliert
leben. Tägliche Aktivitäten wie die Berufsausübung, Auto fahren, Holz machen,
Hobbies und einkaufen verringern sich stetig. Der Besuch von Freunden nimmt ab
und die verminderten sozialen Kontakte führen in dessen Folge zur Isolation. Ein
Umzug, um näher bei den pflegenden Angehörigen zu sein, kann zur Abgrenzung
mit der näheren Umgebung führen.
Ein weiterer Grund ist, dass die pflegenden Angehörigen weniger Zeit mit den
erkrankten Personen verbringen können, da zusätzliche Aufgaben wie
Wohnungszahlung, Haushalt und andere Pflichten auf sie zukommen (Bell , Troxel
2004, S.19ff.).
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3.23 Bildung
Die Bildung spielt bei der Erkrankung von Demenz eine weitere große Rolle. Studien
haben bewiesen, dass bei einer geringeren Bildung, Demenz öfter Auftritt als bei
einem höheren Bildungsniveau. Durch mehr Bildung entwickeln sich mehr kognitive
Reserven und verringern im weiteren Sinn die Erkrankung Demenz (Michéle 1999,
S.38).
3.24 Boxer
Speziell bei Männern ist das durch das Boxen ausgelöste Risiko größer an einer
Demenz zu erkranken. Ausgelöst wird dies durch ein schweres Schädeltraumata. Zu
viele K.o. Schläge erhöhen somit das Demenzrisiko (Michéle 1999, S.38).
3.25 Alkohol
Ein weiterer Risikofaktor, der bei Männern häufiger Auftritt ist der Alkoholkonsum.
Grund dafür ist das Männer häufiger Alkohol konsumieren als Frauen (Uhl , Strizek,
et.al. 2008, S24 ff.).
Abbildung 4: Alkoholkonsum nach Geschlecht und Alter (Männer)
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Abbildung 5: Alkoholkonsum nach Geschlecht und Alter (Frauen)
Repräsentativerhebung 2008, berechnet aus den Variablen f28, f30, f37uuu; Vergessens-,
Undersampling- und Underreportingkorrektur. Anmerkung: Da die Stichprobe zwischen 15
und 24 Jahren überproportional groß gewählt wurde, um genauere Aussagen über
Jugendliche und junge Erwachsene machen zu können, wurden in diesem Altersbereich
zwei 5-Jahresklassen gebildet und danach 10-Jahresklassen (03.01.2014)
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4 Präventive Maßnahmen
Eine große Rolle bei der Demenz spielt die Früherkennung und die Prävention, da
eine Zeitspanne von 5-8 Jahren zur Verfügung bleibt. Zur Behandlung und
Vermeidung gehören auch die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen, die
kontrollierte Medikamenteneinnahme und eine gesundheitsbewusste Lebensführung.
Hinzu kommt die richtige Behandlung beziehungsweise Vermeidung von
Übergewicht, Nikotin, arterielle Hypertonie, Dyslipoproteinämie,
Hyperhomocysteinämie und Diabetes mellitus. Durch die antihypertensive Therapie
zeigt sich ein gut bewährter Nachweis zur Vorbeugung von Demenz (Nixdorff 2009,
S.60 ff.).
Bei Alzheimer – Demenz Klientinnen und Klienten kommen die Symptome erst nach
mehr als 20 Jahren zum Vorschein, was zur Folge hat das circa 60 – 80% der
wichtigen cholinergen Neurotransmitter bereits zerstört sind. Durch diesen schnellen
Verlauf und die hohen Behandlungskosten sind vorzeitige Präventionen
vorzunehmen.
Bei der primären Prävention geht es darum das Klientinnen und Klienten
Maßnahmen ergreifen die eine Erkrankung verhindern.
Die sekundäre Prävention definiert sich dadurch dass eine frühzeitige Diagnose
gestellt wird und eine rasche Behandlung erfolgt (Stoppe 2000, S.21 ff.).
4.1.1 Sport
Körperliche Aktivität mehrmals pro Woche ist ein wichtiger Faktor für ein gesundes
Altern. Durch den Sport wird eine präventive Wirkung ausgelöst, was zu einer
Verminderung von chronischen Erkrankung und Sturz beiträgt.
Der positive Effekt von körperlicher Aktivität zeigt sich besonders bei Frauen. Das
kann daran liegen, dass durch den Sport der Blutdruck und die Serumlipide gesenkt
werden (Laske 2005 In: deutsches Ärzteblatt).
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Ein anderer Grund der Verbesserung wird dem Stressabbau nahe gelegt.
Das Körpergewicht lässt sich durch körperliche Tätigkeiten reduzieren, was
Adipositas vorbeugt bzw. reduziert. Übergewicht im fortschreitenden Alter stellt einen
Risikofaktor für Alzheimer- Demenz dar. Speziell bei Frauen ist das Risiko von
Alzheimer- Demenz erhöht. Dies belegt eine Studie die 18 Jahre durchgeführt wurde.
Ab einem Alter von 70 Jahren erhöht sich das Risiko um 36 % pro eine gesteigerte
Einheit beim Bodymass- Index (BMI) (Laske 2005 In: deutsches Ärzteblatt).
4.1.2 Weiterbildung
Ob Intelligenz in Zusammenhang mit Demenz steht ist nicht mit Sicherheit definiert.
Jedoch gibt es Studien die belegen, dass ein höherer Bildungsgrad vor Demenz
schützt und die zerebrale Reservekapazität erhöht. Dabei ist nicht geklärt, ob die
niedrige Demenzrate daher rührt, dass Personen besser ihre kognitiven Defizite
ausgleichen können. Bei Demenzkranken mit geringerer Bildung wurde
herausgefunden, dass sie öfter an vaskulärer Demenz leiden. Das könnte im
Zusammenhang mit einem niedrigeren Gesundheitsbewusstsein stehen (Laske 2005
In: deutsches Ärzteblatt).
In einer Studie (1991) mit 375 selbstständigen Frauen und Männern wurde der
Nachweis der präventiven Förderung von kognitiven Fähigkeiten aufgezeigt. Die
Probanden waren zwischen 75 und 93 Jahre alt, unterteilt in 5 Gruppen, mit einer
Zeitdauer von einen Jahr. Die Gruppen wurden unterteilt in Gedächtnis,
Psychomotorik- und Kompetenztraining, eine Gruppe mit Kombination von allen
Trainingsarten und eine Gruppe ohne Therapie. Das Resultat war, dass die
Kombinationstherapie am besten abschnitt, gefolgt von den Einzeltherapien.
Diejenigen die ohne Therapie ausgewählt wurden, hatten ein 2,5 Faches erhöhtes
Vorkommen von Demenz (Laske 2005 In: deutsches Ärzteblatt).
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4.1.4 Kaffee
Regelmäßiger Kaffee Konsum über 20 Jahre soll das Risiko an Alzheimer Demenz
zu erkranken senken, dies zeigte eine Studie die über 50 Jahre durchgeführt wurde
(Laske 2005 In: deutsches Ärzteblatt).
Rund um die Nahrungsaufnahme soll darauf geachtet werden, dass viel Obst und
Gemüse gegessen wird. Des Weiteren ist darauf zu achten, das Olivenöl, Fisch,
Getreideprodukte zu sich genommen werden. Vermieden werden sollte hingegen
rotes Fleisch, tierische Fette, Milchprodukte und Alkohol. Einen Einfluss haben vor
allem die ungesättigten und gesättigten Fettsäuren auf die Ernährung (Nixdorff 2009,
S.60 ff.).
4.1.6 Interaktion
Soziale Kontakte sind ein wichtiger Bestandteil zur Vorbeugung von Demenz. Wenn
unzureichend soziale Beziehungen zu Verwandten, Freunden oder Bekannten
entstehen, erhöht sich das Risiko um circa 60 %. Je mehr sich die Kontakte
verringern, desto kontinuierlicher wächst das Demenzrisiko. Personen die allein
leben haben ein nahezu doppelt so hohes Risiko, wie jene die in einer Gemeinschaft
leben. Soziale Kontakte führen zu einer Verlangsamung oder Kompensation von
Demenz (Laske 2005 In: deutsches Ärzteblatt).
Durch die nichtwissenschaftliche Kundmachung des Böhm Modelles stellt sich die
Frage, inwieweit die Theorie des psychobiographischen Pflegemodells praktisch in
Österreich umsetzbar ist? In einigen österreichischen Institutionen wird das
psychobiographische Pflegemodell nach Böhm ausgeübt, doch ist das vertretbar? In
gewisser Hinsicht schon, dass sein Pflegemodell nicht aus der Luft gegriffen ist. Er
stützt seine Thesen mit Hilfe von 12000 Biografien und unter Einbezug von Thesen
anderer Forscher.
Ansätze wie das Bett von Klientinnen und Klienten selbst machen zu lassen, ist keine
abwegige Idee. Aus welchem Grund sollte die/ der Klientin und Klient nicht selbst das
Bett machen, wenn sie/ er in der Lage dazu ist. Das Bett machen gehört zu den
täglichen Aktivitäten dazu die durchgeführt werden müssen, auch wenn die Klientin
und der Klient sich zu Hause aufhalten.
Grenzwertige Situationen wie ein Sturz, sind zu hinterfragen, da Böhm meint das
Pflegende nicht sofort Hilfe leisten soll wenn die Klientin und der Klient stürzt. Zuerst
abwarten ob die Klientin und der Klient von alleine wieder aufstehen kann. Helfen mit
der Hand in der Hosentasche. Das soll aber nicht bedeuten, dass die Pfleger den
Klientinnen und Klienten nicht mehr behilflich sein sollen.
Die Aufgabe der Sozialforschung sollten die Konsequenzen von Demenz im Bezug
auf das Zusammenleben in einer Gesellschaft sein. Möglichkeiten sollen geschaffen
werden das Demenzkranke die Chance haben, auf eine angemessene Behandlung.
Weitere Faktoren sind Schutz, eine würdige und respektvolle Behandlung.
Die Bedingungen für die Laienhilfe, professionelle Hilfe und Selbsthilfe sollen
ebenfalls gegeben sein, auch die Evaluation des sozialen Dienstes und der
medizinischen Leistung tragen zu einer gerechten Behandlung bei.
Die psychischen, physiologischen und sozialen Bedingungen müsse von der
Gesundheitsforschung bei Demenz gegeben sein, um dadurch ein gesundes Leben
im Alter mit oder ohne Demenz führen zu können (Wunder, Neuer- Miebach 1998,
S.115 ff.).
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Zum Bereich der Forschung gehören Bewältigungsstrategien für Demenzkranke,
Möglichkeiten für die individuelle Prävention, medikamentöse bzw. nicht
medikamentöse Heilverfahren und sonstige helfende Verfahren. Einbezogen wird
auch die Krankheitsforschung auf biologischer, psychischer und sozialer Ebene.
Dazu gehören die Erforschung vom genetischen Einfluss, Funktion des Gehirns,
Umfeld, Identität und die Zusammenhänge (Wunder, Neuer- Miebach 1998, S.115
ff.).
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5 Literaturangaben
Bell V., Troxel D. (2004): Richtig helfen bei Demenz, Ernst Reinhardt Verlag,
München Basel.
Micas M.(1999): Wenn ein naher Mensch Alzheimer hat, Verlag Herder Freiburg,
Breisgau.
41
Schneider F. (2011): Facharztwissen Psychiatrie und Psychotherapie, Springer,
Berlin.
Uhl A., Strizek J., Puhm A., Kobrna U., Springer A. (2009): Österreichweite
Repräsentativerhebung zu Substanzgebrauch Band 1Forschungsbericht, Wien:
Republik Österreich, Bundesministerium für Gesundheit ,
http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/1/8/7/CH1038/CMS1166785817949/oesterre
ichweite_repraesentativerhebung_zu_substanzgebrauch_2008_-
_band_1_forschungsbericht.pdf, (20.04.2013).
Wunder M., Neuer- Miebach T. (1998): Bio- Ethik und die Zukunft der Medizin, Bonn:
Psychiatrie- Verlage,S.115,116.
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6 Tabellenverzeichnis
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