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Impressum 2
Zitat 3
Vorwort 4
Danksagungen 5
Einleitung - Was bisher geschah 6
Kapitel 1 - Die Thomasnacht 19
Kapitel 2 - Begegnung im Untersbergwald 22
Kapitel 3 - Der General und seine Wunderwaffen 24
Kapitel 4 - Die Burg Gruttenstein in Bad Reichenhall 28
Kapitel 5 - Die merkwürdige Gruppe im Wald 30
Kapitel 6 - Der Stollen unter Maria Gern 32
Kapitel 7 - Das Grab des Tutenchamun 37
Kapitel 8 - Die Reise ins alte Ägypten 39
Kapitel 9 - Die unerwünschten „Gäste“ 43
Kapitel 10 - Der Atlas des Generals 45
Kapitel 11 - Die Beben am Hochstaufen 47
Kapitel 12 - Die Höhle in Galdar 49
Kapitel 13 - Die goldene Kugel von Luxor 55
Kapitel 14 - Der Steinbruch am Untersberg 57
Kapitel 15 - Josefs Suche 59
Kapitel 16 - Antarktis 61
Kapitel 17 - Die verschwundene Gruppe 63
Kapitel 18 - Ulf, der Aushilfskellner von Wolfschwang 90
Kapitel 19 - Der alte Eingang am Wolfschwang 92
Kapitel 20 - Am Canal Grande 94
Kapitel 21 - Die alte Komturei am Ettenberg 99
Kapitel 22 - Amelies Besuch 103
Kapitel 23 - Der alte Fischer von Arguineguin 105
Kapitel 24 - Der General im heutigen Berlin 108
Kapitel 25 - Der Führer, der kein Führer war 119
Kapitel 26 - Der Wächter 129
Kapitel 27 - Das unsichtbare Tor 131
Kapitel 28 - Der Wanderer zwischen den Zeiten 133
Kapitel 29 - Die Stille-Nacht-Kapelle 135
Impressum
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Zitat
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Vorwort
Die Thomasnacht
Wolf führte wieder einmal ein Gespräch mit dem Wirt vom alten
Gasthof. „Weißt du, was heute für ein Tag ist?“, fragte dieser Wolf.
„Ja, der 8. Dezember“, antwortete dieser. „Auch, aber heute habe ich
Namenstag“, entgegnete Thomas, „und heute ist die Thomasnacht.“
Wolf stutzte. Was war daran so besonders? Bevor Wolf noch fragen
konnte, fuhr Thomas fort: „Es ist eigentlich die erste Raunacht, und
Holz, welches um diese Zeit geschlagen wird, ist wesentlich
trockener als anderes. Wenn du willst, dann fahr zum Veitlbruch
hinauf. Dort oben an der Römerstraße dürfte der Förster vom Baron
gerade sein, um Bäume zum Fällen zu markieren. Der könnte dir
eine Menge darüber erzählen.“
„Ja, das würde mich interessieren“, sagte Wolf, „ich werde mich
gleich auf den Weg machen.“ Nach knapp einer Viertelstunde
erreichte er die Kapelle beim Veitlbruch, der Geländewagen des
Försters stand gleich bei der Ausweiche neben dem kleinen Bach.
Er stellte sein Auto neben das des Försters und begann links neben
dem Bach hinaufzusteigen. Es war an einigen Stellen schon eisig
und er musste achtgeben. Besonders bei der Quelle gab es einige
Eisstellen.
Vom Förster war aber weit und breit nichts zu sehen. Wolf stapfte
weiter den Berghang empor. Obwohl es erst halb drei nachmittags
war, begann es bereits zu dämmern. Ein seltsames Geräusch,
ähnlich dem eines schweren Hydraulikzylinders, schreckte ihn
plötzlich auf. Es verschwand aber nach einigen Sekunden wieder.
Jetzt war der Pfad jedoch schon zusehends vereister, und nachdem
er vom Förster keine Spur fand, beschloss Wolf, wieder nach unten
zu den Fahrzeugen zu gehen. Er würde dort in seinem Auto warten.
Irgendwann musste der Mann ja auch dorthin kommen. Nach einer
geraumen Weile setzte völlig unerwartet starker Schneefall ein.
Dieser war derart heftig, dass Wolf sich dazu entschloss, sich auf
den Heimweg zu machen. Schließlich waren es bereits 20
Zentimeter Schnee, welcher auf der Straße lag. In einer knappen
Viertelstunde war Wolf wieder in Fürstenbrunn. Hier am Fuße des
Untersbergs war kaum Schnee gefallen und die Straßen waren nur
etwas nass. Als er durch den Ort fuhr und die Abzweigungstafel zum
Gasthof Esterer sah, kam ihm der Gedanke, der Wirtin Mitzi einen
Besuch abzustatten. Diese freute sich über Wolfs Erscheinen und
erzählte ihm, dass ihr Mann Hermann schon seit Monaten bei
seinem Sohn in Südafrika weilte. Es kam auch die Rede auf den
Buben, welcher einmal die Aussage getätigt hatte, den Untersberg
vernichten zu wollen. In der Zwischenzeit aber dürfte er von diesem
Vorhaben abgerückt sein. Vielmehr hätte er sich einer neuen
politischen Gruppierung angeschlossen. Überdies gab er von sich,
dass er sämtlichen karitativen Vereinigungen den Rücken kehren
würde, was aber auch nicht ernst zu nehmen war. Fest stand jedoch,
dass er an den Untersbergkongressen nicht mehr teilnehmen würde.
Die Wirtin erzählte Wolf, dass es in letzter Zeit coronabedingt sehr
ruhig bei ihr war. Deshalb konnte sie ihm auch nichts Neues vom
Untersberg mitteilen. Wolf genoss die Stille in der Gaststube und
warf einen Blick aus dem Fenster, wo die große Statue von Kaiser
Karl an der Tafel zu sehen war. Nach einiger Zeit verabschiedete er
sich von Mitzi und ging zum Auto. Als er gerade die Autotür öffnen
wollte, bemerkte er ein Auto, das ziemlich schnell um die Ecke auf
den Parkplatz und in einen Waldweg fuhr. Dieser Waldweg verlief
genau neben den Garagen des Wirtshauses. Wolf konnte für einen
Augenblick den Fahrer erkennen. Es war der Gutsverwalter des
Barons. Er erkannte ihn an seiner markanten Narbe am Ohr und
beschloss, ihm mit dem Wagen zu folgen. Da der Geländewagen
ziemlich rasch unterwegs war, konnte ihm Wolf nur mit einem
gewissen Abstand folgen. Obwohl für diesen Waldweg ein
generelles Fahrverbot galt, fuhr er einfach weiter. Dieser Weg führte
hinter dem Freilichtmuseum quer durch den Untersbergwald
hindurch. Der Verwalter musste recht schnell unterwegs gewesen
sein, denn obwohl Wolf auch mit hohen Tempo fuhr, bekam er den
Landrover nicht zu sehen. Er stutzte, denn plötzlich kam ihm die
Gegend sehr bekannt vor. Im nächsten Moment wusste er auch
warum. Von weitem sah er jetzt das Haus des Alchemisten. Direkt
davor stand der Wagen des Gutsverwalters. Wolf stoppte seinen
Wagen und überlegte. Was hatte dieser Frank mit dem Alchemisten
zu tun? Keinesfalls würde er diesen jetzt besuchen. Also drehte er
wieder um.
Er gelangte über einen anderen kaum befahrenen Weg direkt zum
Parkplatz des Freilichtmuseums. Dort blieb er stehen, um einen
Angestellten des Museums zu besuchen. Christian, mit welchem er
vor über 20 Jahren seine Pilotenprüfung absolviert hatte, arbeitete
dort in der Verwaltung. Vielleicht konnte er von ihm einige
Informationen zum Haus des Alchemisten erhalten. Dieses befand
sich ja in ziemlicher Nähe zum Freilichtmuseum. Christian freute sich
sehr über Wolfs Besuch. Erst nach einem längeren Gespräch über
diverse Flugabenteuer konnte Wolf ihn zum Haus des Alchemisten
befragen. Leider konnte ihm Christian in diesem Fall nicht
weiterhelfen, er konnte ihm lediglich sagen, dass der Wagen des
Gutshofs des Öfteren in den Wäldern und insbesondere auf der
Römerstraße gesehen wurde. Von einem Haus dort im Wald wusste
er aber nichts. Enttäuscht machte sich Wolf auf den Heimweg.
Kapitel 2
Begegnung im Untersbergwald
Ein kleines Stück oberhalb der Altstadt von Bad Reichenhall befindet
sich die alte Burg Gruttenstein. Wolf kannte die Besitzerin und ließ
sich von ihr auch die Geschichte der Burg erzählen. Sie zeigte ihm
die alten, historischen Gemächer des Bauwerks und führte ihn durch
die Burg. Dann kam die Rede auf die Geschehnisse am Ende des
Kriegs. Am Felsen unter der Burg war damals ein großer Stollen
ausgebrochen worden, welcher dann wieder zugemauert worden
war. Als später ein Aldi-Markt davor gebaut worden war, hatte man
bei den Bauarbeiten im Inneren einen Wehrmachts-Lkw, einen Opel
Blitz und einige andere interessante Dinge gefunden, welche aber
vom Bauamt geheim gehalten worden waren. Als er dann zu der
Baustelle kam, an welcher diese zugemauerte Stelle war, konnte er
nicht viel sehen. Erst als er den Illuminaten um Hilfe bat, tat sich für
ihn eine interessante Sache auf. Es musste etwas sehr Wichtiges
sein, was damals am Ende des Kriegs versteckt worden war. Wie
immer nahm ihn Becker am Handgelenk, und in der nächsten
Sekunde standen die beiden an der gleichen Felswand unter der
Burg Gruttenstein. Wolf sah sich um und sah keinen Aldi-Markt
mehr, aber einen Pulverturm, der zur Burg gehörte, erkannte er. Wolf
drehte sich um und sah ein großes Tor. Es waren keine Soldaten zu
sehen, was darauf hindeutete, dass die beiden sich kurz nach
Kriegsende an dieser Stelle befanden. Sie konnten ohne Weiteres in
das Innere des Tores gelangen, da die Türe sogar angelehnt war.
Wolf sah sich den alten Wehrmachtslastwagen, welcher gleich hinter
dem Eingang stand, genauer an. Ringsum in den großen Stollen
lagen noch große Holzkisten herum. Er versuchte einige davon zu
öffnen, was ihm nur schwer gelang. Darin lagen gut verpackt einige
größere Gemälde, und in anderen Kisten fand er Bronzefiguren,
welche den Anschein erweckten, sie würden aus Museen stammen.
Becker gab Wolf einen Hinweis, keine Souvenirs mitzunehmen, da
das den Verlauf der Geschichte verändern könnte. Trotz einer
ausgiebigen Suche fand Wolf nichts, was ihn interessierte. Er wollte
schon wieder zurück zum Ausgang gehen, als er nochmal einen
Blick in den Wehrmachts-LKW warf. Am Beifahrersitz stand noch
etwas, das wie eine Urne aussah. Dies weckte Wolfs Interesse und
er nahm dieses Stück in die Hand, als ihm Becker zurief: „Lassen
Sie das!“ Wolf wusste nicht, was Becker meinte. „Das ist eine Replik
der Büchse der Pandora. Himmler hatte wie gesagt ein Faible für
okkulte Dinge.“ Was soll schon Besonderes an dieser Urne sein?,
dachte sich Wolf. Büchse der Pandora? Das ist doch nur eine alte
Sage, und zudem ist es ja eine Replik, sozusagen etwas
Nachgemachtes. Aber wenn der Illuminat es so will … Also stellte er
das urnenartige Gefäß wieder zurück auf den Beifahrersitz des alten
Lastwagens. Wolf hätte zu gern gewusst, was es mit diesem Artefakt
auf sich hatte, doch er wusste, wenn Becker von sich aus nichts
erzählte, würde er auch nichts darüber erfahren. So nahm er keine
weitere Notiz. Die Besitzerin der Burg Gruttenstein hatte ihn
mehrmals gefragt, ob er sich Zugang zu dem geheimen Versteck
hinter der Felswand verschaffen könnte. Offenbar hatte sie von dem
Gerücht gehört, dass dort unten das Bernsteinzimmer verborgen
sein sollte, aber dem war nicht so. Er würde der Frau beim nächsten
Besuch auf der Burg davon berichten.
Kapitel 5
Als Wolf eines Tages die Fotos von Ägypten auf seinem Computer
ansah, stieß er auf die Bilder von der Grabräuberfamilie Rassul in
Old Qurna. Wolf musste schmunzeln, als er sich erinnerte, dass der
Großvater der Sippe ihn beim Abschied gebeten hatte, beim
nächsten Besuch eine Flasche Black Label mitzubringen, obwohl die
Moslems eigentlich keinen Alkohol trinken dürfen. Wolf war sicher,
dass diese Sippe über sehr viele Jahre die Gräber der alten
Pharaonen geplündert und immens viel Geld durch den Verkauf der
Artefakte erwirtschaftet hatte. Wolf wäre so gern bei den
Ausgrabungen am Grab von Tutenchamun dabei gewesen. Vielleicht
konnte Becker ihn in die Vergangenheit mitnehmen. Er würde ihn
beim nächsten Treffen danach fragen.
Kaum hatte Wolf diesen Gedanken gefasst, erschien Becker hinter
ihm in dem kleinen Raum. Wolf erschrak kurz, da er noch ganz in
seine Gedanken versunken war. „Ich kann Sie schon mitnehmen“,
sagte der Illuminat. Als Wolf sich gefasst hatte, fragte er: „Woher
wissen Sie, dass ich gerade diesen Gedanken hatte?“ Becker
lächelte und meinte: „Ich kann Ihnen diesbezüglich keine Antwort
geben. Es genügt, dass Sie wissen, dass wir irgendwie verbunden
sind.“ Mit diesen Worten fasste Becker Wolf am Handgelenk, und im
nächsten Augenblick befanden sie sich im Grab von Tutenchamun.
Wolf schaltete die Taschenlampe ein, welche er vorher noch
mitgenommen hatte. Er war froh, dass er seine stärkste LED-Lampe
mitgenommen hatte. „Wir sind hier kurz nach der Entdeckung des
Grabes im Jahr 1922. Da keiner von uns gesehen werden darf, sind
wir in der Nacht hierhergekommen.“ Wolf sah sich um. Unzählige
Grabbeigaben lagen in dem kleinen Raum herum. Unter anderem
waren auch Uschebtis darunter, welche den Pharao in der Unterwelt
beschützen sollten. Obwohl Wolf auf Bildern bereits viele Artefakte
gesehen hatte, war er vom Glanz der damaligen Zeit überrascht,
obwohl alles mit Staub bedeckt war. Plötzlich schoss Wolf durch den
Kopf, dass einige der Entdecker nach den Ausgrabungen unter
mysteriösen Umständen gestorben waren. Man sagte, dass es der
Fluch des Pharaos war. „Sie brauchen sich darüber keine Gedanken
zu machen“, sprach Becker. „Es gibt keinen Fluch. Das sind lediglich
die Bakterien der damaligen Zeit, welche die Jahrtausende
überdauert haben. Die Menschen in der jetzigen Zeit sind nicht mehr
immun gegen diese, und manche Menschen, die bei diesen Monate
dauernden langen Ausgrabungen mitgeholfen haben, sind erkrankt.
Da die Ärzte dies nicht wussten, konnten die Erkrankten auch nicht
richtig behandelt werden. Deshalb sind manche daran gestorben. Da
man damals keine Erklärung hatte, kam die Legende vom Fluch des
Pharaos auf.“ Noch bevor Becker Wolf wieder am Handgelenk
fasste, bückte sich Wolf blitzschnell, nahm drei kleine Statuetten und
steckte diese sofort in seine Hosentasche. Wieder zu Hause
angekommen, erinnerte der Illuminat Wolf mit strengem Blick, dass
er doch nichts aus der Vergangenheit mitnehmen durfte. Danach
verschwand Becker ohne weitere Worte. Um zu verhindern, dass er
durch den angeblichen Fluch des Pharaos körperlich beeinträchtigt
wurde, desinfizierte er die mitgenommen Artefakte sowie seine
Hände. Wolf konnte es nicht erwarten, Claudia diese Statuen zu
zeigen.
Sie war total begeistert, als sie diese jahrtausendalten
Gegenstände sah. „Beim nächsten Mal möchte ich aber dabei sein“,
bat die junge Frau. „Du weißt ja, dass ich eine besondere Beziehung
zu Ägypten habe.“
Kapitel 8
Als Wolf und Claudia die Bilder ihrer Ägyptenreisen wieder einmal
anschauten, überkam die junge Frau erneut die Sehnsucht nach
diesem Land. Sie wusste nicht, warum sie eine solche
Verbundenheit mit dem Land der alten Pharaonen hatte. Jedes Mal,
wenn sie dort waren, hatte sie das Gefühl, zu Hause zu sein. Wolf
konnte sich dieses Gefühl von Claudia nicht erklären, wollte dies
aber auch nicht hinterfragen. Wolf hatte unzählige Bilder von seinen
44 Reisen nach Ägypten, sodass sie viele Stunden damit verbrachte,
diese anzusehen. Claudia stellte fest, dass immer mehr Müll in den
Landschaften und Städten zu sehen war, je jünger die Fotos waren.
Hauptsächlich Plastikmüll lag überall herum. Nur zu gut konnten sich
die beiden daran erinnern, dass die Einheimischen alles in
Plastiktüten einkauften und diese nach einmaligen Gebrauch einfach
auf die Straße warfen. Auch anderen Müll ließen die Ägypter auf den
Straßen liegen. Die junge Frau fragte Wolf, wieso dies so war, doch
er konnte ihr auch keine Antwort darauf geben. Insgeheim dachte
Wolf daran, Becker diesbezüglich zu befragen. Als Wolf unter der
Woche, während Claudia in der Arbeit war, am Computer zufällig ein
Foto von Safaga sah, einer Stadt in der Nähe von Hurghada,
erinnerte er sich, Becker bezüglich des Müllproblems zu befragen.
So kontaktierte er den Illuminaten, der überraschenderweise
kurzerhand bei ihm auftauchte. „Es war nicht immer so“, erklärte
Becker ihm. „Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen ein paar Orte in der
Vergangenheit zeigen.“ Wolf war begeistert und fragte, ob er
ausnahmsweise seinen Fotoapparat mitnehmen dürfe.
Unerklärlicherweise stimmte Becker zu mit der Einschränkung, dass
er jedes Foto erst autorisieren müssen würde. Wolf freute sich
innerlich, da dies bisher nicht möglich gewesen war. „Zuvor müssen
Sie aber Ihre Kleider noch wechseln“, sprach Becker, „um nicht zu
sehr aufzufallen. Ziehen Sie Ihre Djelabeya an.“ Rasch ging Wolf ins
Schlafzimmer und zog sich das traditionelle ägyptische Gewand an.
Als er am Spiegel vorbeikam, sah er sich kurz an. Er hatte diese
Kleidung in Ägypten schon öfter getragen. Er musste schmunzeln,
als er daran dachte, dass ihn einige Einheimische sogar für einen
Imam, einen arabischen Geistlichen, gehalten und ihn ganz
frömmlich gegrüßt hatten. Claudia, welche ihn immer auf den Reisen
begleitete, hatte dies auch schon mehrmals erlebt. „Kommen Sie“,
sprach Becker, welcher auf einmal neben ihm stand und Wolf aus
seinen Gedanken riss. Er war überrascht, Becker auch in einer
Djelabeya zu sehen. Er hatte außerdem noch einen alten Beutel, in
dem Wolf seine Kamera verstauen sollte. Der Illuminat nahm Wolf
am Handgelenk und sogleich befanden sie sich an einem sonnigen
Platz in Ägypten. Wolf war froh, nur das leichte Kleidungstück
angezogen zu haben, da es so heiß war. Als Wolfs Augen sich an
das gleißende Sonnenlicht gewöhnt hatten, schaute er sich um. Erst
jetzt bemerkte er, dass er an der Ecke einer Hauswand stand. Wolf
trat einen Schritt nach vorn und sah eine Straße, in der Menschen zu
sehen waren. Die Männer trugen lange Djelabeyas und die übliche
Kopfbedeckung. Wolf konnte sogar eine Frau sehen, die aber
schwarz gekleidet war und neben einem Kind und einem Hund
stand. Sie befanden sich offensichtlich in einem kleinen Dorf mit
ärmlichen Verhältnissen. Die Straße war recht sauber, auch kein
Hundekot oder sonstige Abfälle waren zu sehen. Schnell nahm Wolf
seinen Fotoapparat und machte ein Foto. „Kommen Sie, wir gehen
weiter“, meinte Becker, der plötzlich an Wolfs Seite stand, und im
nächsten Augenblick befanden sie sich im Hintereingang eines
Hauses im Schatten. „Wir sind jetzt in Kairo“, meinte Becker. Wolf
war gespannt und ging neugierig langsam auf die Straße. Es war
eine breite Straße, auf der einige Menschen, welche einachsige
Wagen vor sicher herschoben, waren. Eine große Moschee stand in
unmittelbare Nähe. Auch dort waren die Straße und die Umgebung
gepflegt. Die Leute trugen ebenfalls lange Gewänder. Auch diesmal
zückte Wolf seine Kamera. Um kein Aufsehen wegen des
Fotoapparates zu erregen, ging er schnell wieder zu Becker, welcher
Wolf nur schweigend am Handgelenk nahm. Nun befanden sie sich
auf einmal an einem schmalen Bach, der sich wahrscheinlich durch
ein Dorf schlängelte. Er war erstaunt, dass er nirgends Abfall
erkennen konnte. Er kannte nur solche Bachläufe, an denen am Ufer
eine Riesenmenge Müll lag und teilweise sogar noch im Wasser
trieb, und nun konnte er das Ägypten von damals sehen, so
wunderschön. „Wir sind hier im früheren El-Merg, in der Nähe von
Kairo“, sagte Becker. Da die beiden im Schatten einiger Palmen
versteckt standen, konnte Wolf das Treiben vor seinen Augen einige
Zeit beobachten. Die Ägypter waren in ordentliche, aber sehr
anspruchslose Gewänder gekleidet. Auch einen Esel, der an einem
Futtertrog fraß, konnte er erblicken. Schade, dass Claudia dies alles
nicht sehen kann, dachte Wolf. „Wir müssen jetzt aber weiter“,
ordnete Becker an. Wolf nahm noch schnell seinen Fotoapparat aus
dem Beutel und machte ein Foto, bevor es zum nächsten Ort ging.
Nun befanden sie sich an der Seite einer langen Straße, wieder im
Hintergrund an einer Mauer und ein paar Palmen versteckt. „Wo sind
wir hier?“, fragte Wolf. „Sehen Sie doch“, antwortete Becker. „Sie
kennen dies bereits.“ Ganz gespannt ging Wolf ein paar Schritte in
Richtung Straße. Da er in der Nähe so gut wie keine Menschen
erblickten konnte, war es ihm möglich, sich aus seiner Deckung zu
begeben. Von weitem sah er einen Tempel. Irgendwie kam ihm
dieser bekannt vor, doch er erkannte ihn nicht. Um kein Aufsehen zu
erregen, machte er noch ein Foto, ging zu Becker und fragte:
„Welcher Tempel ist dies? Ich erkenne ihn nicht.“ „Dort waren Sie
schon so oft, und Sie erkennen ihn nicht? Da sehen Sie, dass man
viele Orte, die man aus anderen Sichtweisen kennt, in anderen
Zuständen überhaupt nicht zuordnen kann. Es ist der Tempel von
Karnak.“ Wolf war verblüfft. Es war tatsächlich der Tempel von
Karnak, und Becker hatte recht mit dieser Anschauung. Wolf würde
die Bilder zu Hause eingehend vergleichen. „Ich zeige Ihnen noch
einen letzten Ort“, meinte Becker und nahm Wolf am Arm. Im
nächsten Augenblick standen sie an einer Anhöhe. Es war ein
überwältigender Anblick. Wolf erblickte in der Ferne eine Stadt,
welche von einem Fluss umringt war. Wolf dachte, dass dies
sicherlich der Nil war, welcher gerade über die Ufer trat. Obwohl
Wolf viele Städte am Nil von Fotos und seinen Reisen kannte, kam
diese Stadt ihm fremd vor. „Im welchem Jahr sind wir hier?“, fragte
Wolf, um mehr zu erfahren. „Wir befinden uns ca. 100 Jahre in der
Vergangenheit“, antwortete Becker. Jetzt wurde Wolf klar, dass sich
ja zur damaligen Zeit auch noch kein Staudamm am Nil befand und
deshalb die jährlichen Nilüberschwemmungen der gesamten
Gegend ein völlig anderes Aussehen gaben. So sehr sich Wolf auch
anstrengte, diese Stadt zu erkennen, musste er zugeben, dass ihm
dies nicht gelang. „Vor Ihnen liegt die Stadt Assuan“, erklärte der
Illuminat. Auch diesmal war Wolf sprachlos. Er war bisher drei Mal in
Assuan gewesen. Doch diese Stadt, die vor ihm lag, hatte mit seinen
Erinnerungen gar nichts zu tun. Fast hätte Wolf vergessen, noch ein
Foto von dieser Aussicht zu machen, bevor die beiden im
Wohnzimmer von Wolfs Haus standen. „Nun haben Sie Ägypten von
einer ganz anderen Seite kennengelernt“, sagte Becker und
verschwand ohne weitere Worte vor Wolf. Dieser stand da, in seiner
Djelabeya, in der Hand den Beutel mit der Kamera. Zuerst musste er
ein Glas Wasser trinken, da er von der Hitze in Ägypten durstig
geworden war. Als Claudia von der Arbeit nach Hause kam,
überraschte Wolf sie mit seinem Erlebnis im alten Land der
Pharaonen. Claudia war mehr als enttäuscht, da sie auch gern dabei
gewesen wäre. Sogleich nahm sie Wolfs Kamera und sah sich die
Bilder am Computer an. Verwundert sah sie die Bilder, welche er auf
seiner Reise in der Vergangenheit gemacht hatte, jedoch nur in
Schwarz-Weiß. Wolf staunte nicht schlecht. Claudia erinnerte sich
auf einmal, dass sie den Fotoapparat das letzte Mal benutzt hatte,
um ihre kleine Nichte zu fotografieren. „Oje, Wolfgang“, meinte sie,
„ich glaube, ich bin dafür verantwortlich, dass deine Fotos ohne
Farbe sind. Ich habe die Kamera beim letzten Bild auf Schwarz-
Weiß gestellt.“ Claudia schaute Wolf reumütig an. „Na ja, dann
haben wir halt nur diese Bilder“, seufzte Wolf.
Kapitel 9
Wolf und Claudia fanden, es war wieder mal an der Zeit, ihre
Freunde vom Isais-Ring in ihr Haus einzuladen. Während sie alle
gemeinsam an einem Tisch saßen und sich eingehend unterhielten,
wurden sie von einem Geräusch unterbrochen. Alle außer Wolf und
Claudia sahen sich fragend an. „Was war das?“, fragte Peter mit
dem Leopold. Claudia schmunzelte und meinte: „An so etwas sind
wir schon gewöhnt. Wir hören oft ein Geräusch aus einem anderen
Bereich des Hauses. Manchmal sogar das Öffnen von Türen,
obwohl sie versperrt waren. Oftmals auch welche, als würde eine
Person sich im Haus bewegen und Schränke öffnen.“ „Um Gottes
willen“, sagte Hildegard, „bei euch spukt es ja.“ Wolf lachte und
sprach: „An Geister glauben wir nicht. Die gibt es nur im Schloss
Moosham.“ Claudia stimmte Wolfs Worten zu. Ungern erinnerte sich
die junge Frau an die unheimlichen Erlebnisse in dem Schloss.
Claudia fing zu erzählen an. Oft kam es vor, dass sich der Fernseher
mit einem klickenden Geräusch einschaltete, insbesondere wenn
über gewisse Themen gesprochen wurde. Das geschah ohne
Berührung der Fernbedienung. Auch nahmen sie oft einen Geruch
von Zigarettenrauch und Parfüm wahr. Die Freunde waren erstaunt
darüber, so etwas zu hören, obwohl die beiden Polizisten Elisabeth
und Herbert bereits ein ähnliches Erlebnis mit dem Geruch von
Zigarettenrauch am Untersberg gehabt hatten. „Da wir ja bereits von
Becker einen Hinweis erhalten haben“, erklärte Wolf, „haben wir eine
Vermutung. Der Illuminat informierte mich, dass Tarnanzüge, durch
welche man die Möglichkeit hat, jemanden unbemerkt zu
beobachten, vor geraumer Zeit erfunden wurden.“ „Dann werdet ihr
also bespitzelt“, sprach Herbert. „Alles deutet darauf hin“, antwortete
Wolf. „Das denke ich auch“, sprach Claudia, „aber diejenigen
vergessen, dass wir dennoch ihren Geruch wahrnehmen können. Ich
konnte sogar eine unsichtbare Person spüren. Als ich noch in Piding
wohnte und die Wäsche in den Keller trug, spürte ich ein weiches
Körperteil an meinem Ellenbogen. Die Wand konnte ich nicht berührt
haben, da ich noch mindestens 30 Zentimeter davon entfernt war.
Außerdem wäre die Wand hart gewesen. Es war ganz ein komisches
Gefühl. Ich blieb kurz stehen und wusste nicht, was ich nun tun
sollte. Mittlerweile habe ich mich aber schon an solche Ereignisse
gewöhnt.“ Die junge Frau musste auf einmal lachen und meinte: „Auf
jeden Fall brauchen wir keine Angst vor Einbrechern zu haben – so
gut, wie wir beobachtet werden. Was glaubt ihr, wie diese auf einmal
Angst hätten, wenn sie von etwas Unsichtbarem angegriffen
würden.“ Nun mussten auch alle anderen lachen. Schmunzelnd teilte
Wolf der Runde noch mit, dass die Beobachter aber keine Chance
hätten, wichtige Informationen zu erhalten. Becker hatte
diesbezüglich schon Vorsorge getroffen. Somit waren die Freunde
des Isais-Rings erleichtert und es wurde ein unterhaltsamer Abend.
Kapitel 10
Da die Reisen nach Ägypten in den beiden Jahren zuvor für Wolf
und Claudia wegen der Pandemie ausgefallen waren, war es nun
wieder an der Zeit, ins Land der Pharaonen zu reisen. Obwohl ihr
Freund Dr. Franz nicht mehr im Sheraton-Hotel in Soma Bay als
Geschäftsführer tätig war, fuhren sie wieder dorthin.
Selbstverständlich hatten sie wieder einen Leihwagen mit
inländischem Kennzeichen gebucht, mit welchem sie einen Tag nach
Anreise sofort nach Luxor fuhren. Der Weg führte natürlich wieder
durch die Steinwüste zur Stadt am Nil. Claudia konnte die Ankunft
am Hatshepsut-Tempel nicht erwarten. Endlich dort angekommen,
musste sie erst einmal kurz innehalten. Das Grabmal wirkte auf die
Frau fantastisch. Wolf riss Claudia aus ihren Gedanken und forderte
sie dazu auf, die Treppen des Tempels emporzusteigen.
Oben angekommen drehten sich die beiden um und blickten auf
das Niltal hinab. Da nur sehr wenige Touristen die Anlage
besuchten, wurden die beiden von keinem Lärm gestört. Natürlich
wollte die junge Frau in den hinteren Teil des Tempels gelangen, was
aber von den Aufsehern nicht gestattet wurde. Auch das sogenannte
„Bakschisch“ half nichts. Enttäuscht trat Claudia zwischen den
Säulen hervor, wo Wolf auf sie wartete. Geistesabwesend strich die
junge Frau mit den Fingern über die Säule, schloss ihre Augen, hielt
inne und murmelte ein paar Worte. Wolf, der diese Szene
beobachtete, verstand Claudia nicht und fragte sie, was sie sagte.
Sogleich öffnete sie die Augen. „Was meinst du? Ich habe doch
nichts gesagt.“ Verdutzt ließ sie Wolf stehen und ging die Treppen
des Tempels hinab. Wolf folgte ihr. Nachdem die beiden unterhalb
des Tempels eine Stärkung zu sich genommen hatten, traten sie den
Rückweg zum Hotel an. Am Spätnachmittag erreichten sie es nach
langer Fahrt. Nachdem sie sich ausgeruht hatten, gingen sie auf die
Terrasse des Hotels, um zu Abend zu essen. Diesmal erwartete die
beiden ein sehr seltenes Erlebnis. Es war Vollmond und dieser hatte
zusätzlich noch einen Halo. Der Anblick war atemberaubend. Da
sich die junge Frau nicht sattsehen konnte, blieb sie erst einmal am
Tisch sitzen. Wolf, der schon hungrig war, ging zum Buffet. Als er
zurück zum Tisch ging, bemerkte er von weitem, dass Claudia etwas
Gleißendes, Rundes in der Hand über ihrem Schoß hielt.
Augenblicklich wurde er versehentlich von einem unaufmerksamen
Gast gestoßen, sodass er seinen Blick von der jungen Frau
abwenden musste. Als er dann zum Tisch zurückgekehrt war, fragte
er sie, was das Helle gewesen sei. Claudia wusste aber nicht, wovon
er redete. Wolf berichtete ihr, was er vorher gesehen hatte. Die
junge Frau meinte nur, dass sie auf einmal etwas Rundes,
Unsichtbares in den Händen gehabt hätte, das aber kurzfristig
wieder verschwunden war. Mehr konnte sie dazu auch nicht sagen.
Kapitel 14
Josefs Suche
Nachdem Josef, der Dienstmann von LVT, vor Jahren telefonisch mit
Wolf Kontakt aufgenommen hatte, war ihm die Sache mit dem
amerikanischen Waffenversteck in der Nähe der Römerstraße am
Untersberg nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Es war ihm auch
nicht gelungen, von Wolf verwertbare Informationen zu erhalten.
Auch sein damaliger Chef Hermann, welchem der Untersberg, den
er des Öfteren bestiegen hatte, auch am Herzen lag, zeigte ebenfalls
Interesse an dieser Geschichte. Freilich war es wahr, dass eines der
amerikanischen Waffenverstecke nicht gefunden wurde. Aber ohne
Wolfs genaue Angaben über den Fundort war da nichts zu machen.
Sogar den Bergbaron kontaktierten sie in dieser Sache. Der
wiederum ließ sogar in der Nähe der Römerstraße eine ganze Reihe
von großen Bäumen fällen, ebenfalls ohne Erfolg. Metallsuchgeräte
und sogar ein Bodenradar wurden vom LVT dabei eingesetzt, denn
laut damaliger Aussage von Wolf gab es einen metallenen
Zugangsdeckel zu dem betonierten unterirdischen Raum. Es
vergingen Jahre, ohne dass das Depot der Amerikaner entdeckt
wurde. Hermann, der Chef von Josef, dem Dienstmann, ging
mittlerweile in den Ruhestand, was ihn aber nicht davon abhielt, auf
eigene Faust weiterzusuchen. Nochmals direkt bei Wolf anzufragen
erschien den Leuten vom LVT nicht als sinnvoll. Sie konnten Wolfs
Aufenthaltsorte über sein Handy ohnehin nachverfolgen. Wolf, der
diesbezüglich bereits von einem Freund informiert worden war,
vermied es tunlichst, den Ort des Depots aufzusuchen. Dies wusste
das LVT aber nicht. Josef, der sich nur zu gut an die letzte Aktion
von Hermann erinnerte, bei welcher hunderte Kilogramm scharfer
Granaten in der Nähe von Golling in der Scheune eines
Pensionisten entdeckt worden waren, ließ es sich nicht nehmen,
persönlich bei der Räumung dieser Kriegsrelikte anwesend zu sein.
Es sollte aber seine letzte erfolgreiche Aktion sein. Im Übrigen wurde
zur selben Zeit auch Grimmig, der Leiter des BVT, von seinem
Posten abberufen. Auf diese Weise wurden nach und nach alle
involvierten Personen von dem Geschehen um den Untersberg
abgezogen.
Kapitel 16
Antarktis
Wolf, dem nicht aus dem Kopf ging, was Ulf erzählt hatte, wollte sich
selbst ein Bild davon machen. Zuerst aber informierte er sich in den
Medien, ob es einen Gang zum Gebäude des Wirtshauses gab.
Doch leider konnte er nichts dazu finden. Als er sich gerade ins Auto
setzen wollte, um hinzufahren, rief seine Tochter Sabine an. Wolf
erzählte ihr von seinem Vorhaben und konnte ihr ihre Bitte, sie
mitzunehmen, nicht abschlagen. So trafen sie sich in Großgmain am
Marienheilgarten, um zusammen zum Wolfschwang hinaufzufahren.
Sabine war schon so gespannt. Sie wusste, dass es viele
Geheimnisse rund um den Untersberg gab. Noch gut hatte sie das
Erlebnis mit ihrem Vater vor Jahren im Kopf, als sie wegen einer
Zeitverschiebung für einige Minuten verschwunden war.
Es waren weder Wanderer noch Autos auf der Straße zur
Wolfschwang-Alm unterwegs. So konnte Wolf langsam dem Berg
hinauffahren. Erst. unmittelbar vor der Gaststätte sah er auf der
rechten Seite einen gemauerten Eingang. Da ohnehin keine Autos
bei der Alm waren, blieb er auf dem schmalen Weg stehen und stieg
mit seiner Tochter aus. Der mit groben Steinen gemauerte Eingang
ohne Türe führte lediglich einige Meter in den Berg hinein, am Ende
war alles mit einer Bretterwand verschlossen. Da das Tageslicht bis
zum Ende des Stollens ausreichend war, benötigten die beiden
keine Taschenlampe. Wolf konnte das enttäuschte Gesicht von
Sabine sehen. Gerade als sie wieder ins Auto steigen wollten, kam
ihnen von oben ein weißer Geländewagen mit dem Kennzeichen
MMM entgegen. Es war der Gutsverwalter des Bergbarons, des
Besitzers des Gasthofes. Sabine erkannte den Fahrer, mit welchem
sie beruflich schon vor Jahren Kontakt gehabt hatte, sogleich. Da
dieser mit dem Auto nicht an Wolf vorbeifahren konnte, blieb er
stehen. Als er Sabine erkannte, stieg er aus dem Auto aus. „Hallo,
Sabine, schon lang nicht mehr gesehen. Was machst du denn
hier?“, fragte der Gutsverwalter. „Wir wollten zur Wolfschwang-Alm.
Darf ich dir meinen Vater vorstellen?“, antwortete Sabine. „Er hat
übrigens auch einen Jagdschein.“ Der Gutsverwalter begrüßte Wolf
und meinte an Sabine gewandt: „Gratuliere zur bestandenen
Jungjägerprüfung.“ Sabine war erstaunt, dass er davon wusste. „Du
weißt ja, dass mein Bekanntenkreis groß ist, und man redet ja viel“,
erklärte er. Wolf überlegte, ob er den Gutsverwalter bezüglich des
Stollens befragen sollte. „Ich bin im Auftrag meines Chefs, des
Bergbarons, hier und soll mich umsehen, ob mit diesem Gasthof
noch etwas anzufangen ist.“ Sabine nutzte die Chance und fragte:
„Weißt du, ob es unterirdische Eingänge zu der Alm gibt?“ „Nein,
davon weiß ich nichts.“ Wolf ließ seine Antwort unbeeindruckt. Er
wusste zu gut, dass er sicherlich keine Auskünfte über die Objekte
des Bergbarons geben würde. Nach einem kurzen Gespräch
verabschiedeten sich Wolf und Sabine vom Gutsverwalter. Da dieser
noch gesagt hatte, das Gebäude sei ohnehin versperrt, machten
auch sie sich auf den Heimweg. Wolf hatte sich trotzdem in den Kopf
gesetzt, in dem kleinen Stollen hinter der Bretterwand nachzusehen.
Dies würde er aber allein tun.
Kapitel 20
Am Canal Grande
Seit vielen Jahren schon interessierte sich Wolf für die Überreste der
alten Komturei der Tempelritter am Ettenberg. Seine Funde waren
doch recht ansehnlich. Darunter war auch ein Goldring, welcher Wolf
am Ringfinger wie angegossen passte. Jahre später drehte sogar
eine Filmfirma aus Wien im Auftrag von Servus-TV mit Wolf einiges
über diese Ruinen. Da er auch von verschiedenen Leuten
eigenartige Dinge von oberhalb der Komturei gehört hatte, wollte er
den Illuminaten darum bitten, ihn in die Zeit um 1520 zu bringen.
Becker willigte ein, und tatsächlich tauchten sie an einem Herbsttag
des Jahres 1518 in der Nähe dieser Templerunterkunft auf. Wolf und
Becker waren, um nicht aufzufallen, wie Mönche des 16.
Jahrhunderts gekleidet. Wolf musste nach Anweisung des
Illuminaten das Mönchsgewand, welches er bereits in Oberndorf am
Weihnachtstag 1800 getragen hatte, anziehen. Er bewahrte diese
Kleidung sorgfältig zu Hause auf, um jederzeit für solche Reisen
gerüstet zu sein. Er musste sich aber erst wieder an das Kratzen des
rauen Stoffes der Mönchskutte gewöhnen. Die Gegend dort am
Südhang des Untersbergs sah völlig anders aus, als er es gewohnt
war. Da war keine Straße, und auch keine Wiese. Eine sumpfige
Stelle war links vor ihnen zu sehen, in der Richtung, wo ein schmaler
Weg zu dem Ort hinaufführte, an dem in mehr als 200 Jahren die
Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung gebaut werden würde. Obwohl
der Tau noch auf den Blättern der Bäume lag, hatte die Sonne noch
genug Kraft, ein wenig Wärme abzugeben. Wolf war froh darüber, da
er ja nur mit dem christlichen Umhang bekleidet war. Er hatte nicht
lange Zeit, über die neuen Eindrücke nachzudenken, da drei
Personen aus dem kleinen Gebäude, welches in ca. 20 Metern
Entfernung stand, heraustraten. Im Hintergrund war das Wiehern
von Pferden zu hören. Rasch wurden die beiden von den
vermeintlichen Tempelrittern bemerkt und nach ihrer Herkunft
befragt. Wolf, der zuvor schon die Anweisung von Becker erhalten
hatte, nicht zu sprechen, faltete die Hände ganz fromm vor der Brust
und nickte nur zur Begrüßung. Becker nickte ebenso und antwortete
an seiner Stelle: „Gott zum Gruße, Brüder im Herrn. Wir kommen
aus dem Süden von Assisi und sind Anhänger des Ordens der
Franziskaner. Unser Weg hat uns bis hierher an den Fuße dieses
Berges geführt, da hier eine Schar tapferer Ritter einen schwarzen
Stein versteckt haben soll.“ Die drei Tempelritter schauten sich
fragend an und antworteten in einem für Wolf schwer verständlichen
Dialekt: „Der Herr sei mit euch, wir haben nicht damit gerechnet, hier
an diesem versteckten Ort auf Brüder zu treffen. Fürwahr, wir haben
den schwarzen Stein aus Mesopotamien.“ Wolf zuckte nach diesen
Worten zusammen. Also musste einer von ihnen Hubertus sein,
welcher von Claudia, die durch das Zeitportal nach Ninive gelangt
war, den Stein erhalten hatte. Wolf musste kurz schmunzeln, da
Hubertus Claudia für die Göttin Isais gehalten haben musste.
Sicherlich waren daran die tiefstehende Sonne und ihr weißes, kurz
geschnittenes Kleid mit glänzenden Applikationen am Ausschnitt
schuld. Wolf wurde aus seinen Gedanken gerissen. „So stimmt es
also, dass Ihr den schwarzen Stein hierhergebracht habt?“, fragte
der Illuminat. „Ja“, gab einer der Ritter zur Antwort, „wir haben hier
die kleine Komturei errichtet, um immer in der Nähe des Versteckes
des Steines bleiben zu können.“ Nun hatte Wolf die Bestätigung,
dass der schwarze Stein wirklich am Untersberg aufbewahrt wurde.
Als Wolf dem Tempelritter, welchen er für Hubertus hielt, genauer
musterte, sah er den goldenen Ring mit dem schwarzen Stein,
welchen er selbst vor Jahren in den Ruinen der Komturei gefunden
hatte. Demnach musste es tatsächlich der Ritter Hubertus sein. Die
drei Ritter hatten allesamt einen Vollbart, und auch ihr Gewand war
nicht so, wie man es aus Filmen über die Tempelritter kennt. Es war
aus groben Leinen gefertigt und kaum so weiß, wie man es sich
vorstellen würde. Einzig das rote Kreuz über der Brust zeugte von
der Zugehörigkeit zum Templerorden. „Ihr könnt heute in unserer
Komturei nächtigen“, meinte einer der Ritter. „Ihr werdet sicher
hungrig sein. Kommt und nehmt mit uns die Atzung ein.“ Wolf und
Becker folgten den dreien in das einfache Gebäude. Auf einem
offenen Herd köchelte eine Suppe in einem Kupferkessel. Alle aßen
mit hölzernen Löffeln aus irdenen Schalen. Wolf ließ sich – ebenso
wie Becker – nicht anmerken, dass diese Mahlzeit für ihn doch zu
wenig gewürzt war. Wolf wusste, dass Gewürze in der Zeit, in der sie
sich befanden, kaum zu erhalten waren. Das Brot, welches vom Tal
heraufgebracht werden musste, war schon hart, sodass es in die
Suppe eingetaucht werden musste. Was für einen Luxus haben wir,
dachte Wolf, als ihn schon nach kurzer Zeit das Gesäß wegen der
harten, engen Holzbank schmerzte. Auch der Geruch der zwei
Öllampen, welche nur wenig Licht in dem Gemäuer spendeten, war
für Wolf gewöhnungsbedürftig. Schließlich legten sie sich auf
Strohsäcken, welche auf Holzbrettern lagen, zur Ruhe. Wolf war
froh, dass er und der Illuminat in einem separaten Raum
übernachten konnten. Wolf stellte fest, dass die Komturei für fünf bis
sechs Personen Unterkunft bot. Die Räume hatten einen Holzboden,
doch alles war sehr einfach gebaut, und auch das Holzschindeldach
schützte lediglich vor Regen, nicht aber vor Kälte. Da der Illuminat
kein Aufsehen bei den Rittern erregen wollte, entschied er, die Nacht
mit Wolf dort zu verbringen. Erst am nächsten Tag standen die
beiden frühzeitig auf. Da Wolf in der Schlafstätte sehr schlecht
geschlafen hatte, war er froh, endlich aufstehen zu können. Die drei
Templer saßen bereits am Tisch. „Gott zum Gruß“, sprach Becker,
als sie in die Stube eintraten. Wolf wiederum nickte nur und hielt
ganz andächtig sein Kreuz aus Holz, welches er um den Hals trug,
um als Mönch authentisch zu wirken. „Da wir ja nun wissen, dass
der Stein in guten Händen ist, werden wir die Reise fortsetzen“,
sprach der Illuminat weiter. „Gott schütze euch, edle Ritter.“ Mit
diesen Worten segnete er die Ritter noch, dann drehten sie sich um
und verließen die Komturei. Nachdem sie ein Stück des Weges
gegangen und nicht mehr in Sichtweite der Komturei waren, nahm
Becker Wolf am Handgelenk und im Nu standen die beiden in Wolfs
Wohnzimmer. Da der Illuminat wusste, dass Wolf noch von der
Nacht mitgenommen war, verschwand er ohne weitere Worte. Wolf
streifte sich sofort die Mönchskutte ab, welche ihn schon die ganze
Zeit gekratzt hatte. Danach ging er zum Glasschrank, in welchem
der Ring des Hubertus lag, und steckte sich diesen an den Finger.
Anschließend fiel er müde ins Bett und schlief, bis Claudia von der
Arbeit kam. Sie staunte nicht schlecht, als sie Wolf im Bett vorfand.
Erst als er ihr von seiner Reise mit Becker erzählt hatte, verstand die
junge Frau seine Müdigkeit. Eigentlich konnte sie sich gar nicht
vorstellen, wie Wolf mit seinem korpulenten Körper überhaupt in eine
damalige Schlafstätte gepasst hatte. Sie dachte an die damaligen
Betten, welche sie im Freilichtmuseum am Fuße des Untersbergs
gesehen hatte. „Auf jeden Fall wirst du unser Bett jetzt mehr als
vorher schätzen“, schmunzelte Claudia.
Kapitel 22
Amelies Besuch
Als Wolfs Enkeltochter wieder einmal zu Besuch war, sah sie sich
die ägyptischen Artefakte in den Glaskästen an. Sie wollte wissen,
ob ihr Großvater noch weitere Fundstücke hatte. Wolf fragte, ob er
ihr einige neue Fotos von dem arabischen Land zeigen solle, was
sie bejahte. So saßen die beiden vor dem Computer in dem kleinen
Bürozimmer. Wolf, der unzählige Fotos von Ägypten hatte, musste
erst einmal den Ordner, in welchem die neuesten Fotos gespeichert
waren, suchen. Darunter befanden sich auch Fotos von
Sarkophagen und Grabkammern, welche im letzten Jahr in Sakkara
entdeckt worden waren. Diese waren reich verziert und die Farbe
war noch deutlich erkennbar. Amelie staunte nicht schlecht, als sie
die Bilder sah. Wolf erklärte ihr, dass die alten Ägypter nicht nur
Hieroglyphen, sondern auch viele ihrer Tiere und Pflanzen sowie
Halbgötter auf Steinen abgebildet hatten. Dazu zeigte er ihr einige
Bilder aus dem Tal der Könige sowie des Hatschepsut- und des
Dendera-Tempels. Da Amelie noch nie in Ägypten gewesen war,
lauschte sie gespannt den Worten ihres Opas. „Aber irgendwie finde
ich es schon komisch“, meinte Amelie. „Die Wissenschaftler
behaupten doch, dass die Pyramiden von den Ägyptern als letzte
Ruhestätte für den Pharao gebaut worden sind. Aber wieso findet
man auf den Abbildungen nirgends eine Zeichnung der Pyramiden?“
Wolf überlegte und antwortete: „Du hast Recht. Das ist mir bisher
auch nicht aufgefallen. Bisher hat man weder in einem Tempel noch
in einem Grabmal oder auf einer Kartusche eine Skizze der
Pyramiden gefunden. Dies ist wirklich eine interessante Frage.“
Amelie, welche ganz stolz war, hob ganz selbstbewusst den Kopf.
„Die Pyramiden sind für mich immer noch ein Rätsel“, meinte Wolf.
„Die Cheops-Pyramide soll ja nach Angaben der Ägypter ein
Totentempel sein. Bemerkenswert ist aber, dass in diesem Bau keine
sonst üblichen Zeichnungen oder Grabbeigaben gefunden wurden.
Vor ein paar Jahren hat man sogar Messungen mit einem Myonen-
Scanner durchgeführt, um weitere Hohlräume finden zu können.
Dies war auch von Erfolg gekrönt. Es wurden ein Gang sowie
weitere Hohlräume entdeckt. Dabei hat man festgestellt, dass es
zahlreiche thermische Anomalien gibt. In einigen Steinblöcken seien
bis zu sechs Grad höhere Temperaturen gemessen worden als in
den Nachbarblöcken. Dies ist nach jetziger Erkenntnis unvorstellbar.
Weitere genauere Informationen wurden von den Forschern aber
nicht veröffentlicht.“ „Opa, dann musst du unbedingt dort hin“, sagte
Amelie, „vielleicht entdeckst du etwas. Die ägyptischen Behörden
haben sicherlich nicht alles bekannt gegeben. Es könnte ja sein,
dass die Forscher etwas gefunden haben. Nimmst du mich mit?
Bitte, Opa“, bat Amelie und sah ihren Opa ganz erwartungsvoll an.
Das junge Mädchen war vom Abenteuerfieber gepackt. Wolf wusste
nicht, was er seiner Enkeltochter antworten sollte. Innerlich freute er
sich, dass sie seinen Tatendrang geerbt hatte, und doch war eine
solche Reise, wie Amelie sie sich vorstellte, nicht möglich. Um ihr
weder eine Absage noch eine Zusage zu geben, meinte Wolf nur:
„Da musst du schon deine Eltern fragen, ob du mit mir nach Kairo
fliegen darfst.“ So hoffte Wolf, dass Amelie dieses Unternehmen mit
ihm vergessen würde.
Kapitel 23
Wie jedes Mal, wenn Wolf und Claudia die Insel Gran Canaria
besuchten, war der Ausflug mit dem Schiff von Arguineguin nach
Puerto de Mogan ein absolutes Muss. So fuhren sie gemütlich nach
dem Frühstück mit dem Leihauto nach Arguineguin. Die kleine, enge
Straße zur Anlegestelle war ziemlich versteckt. Da sehr wenige
Touristen von dieser Stelle mit dem Schiff nach Mogan fuhren, waren
dorthin auch kaum Leute unterwegs. Die beiden stellten das Auto
auf dem großen Parkplatz ab, welcher hauptsächlich den Besuchern
der großen Fischhalle, die neben dem Parkplatz stand, diente. Da
sie auf die Abfahrt der Blue Bird noch eine halbe Stunde warten
mussten, gingen sie zu einer kleinen Kapelle, die in die hohe
Hafenmauer gebaut war. Claudia hatte so etwas noch nicht
gesehen. Diese Kapelle war eingegrenzt mit einer weiß-blauen
Mauer. Innerhalb davon standen viele verschiedene südländische
Pflanzen und Blumen. Das Dach war mit Fischernetzen, welche von
bunten Bojen gehalten wurden, geschmückt. Claudia gefiel die
kleine Kapelle, eine solche hatte sie bei uns im Alpenraum noch nie
gesehen. Während Claudia ihre Begeisterung Wolf gegenüber
kundtat, wurden die beiden von zwei Fischern, welche neben der
Kapelle saßen, beobachtet. Nachdem die beiden die Kapelle
ausgiebig begutachtet hatten, wollten sie zum Schiff gehen. Da
sprach einer der Fischer sie an: „Jedes Mal, wenn wir Fischer in See
stechen, kommen wir hierher und bitten um Schutz“, sagte der
jüngere Mann in gebrochenem Deutsch. „Das Meer hier im Atlantik
kann ziemlich stürmisch sein, und viele von uns Fischern sind nie
mehr nach Hause gekommen. Die Bitte um Schutz gibt uns mehr
Kraft.“ „Gibt es noch viele Fischer hier?“, fragte Claudia. „Nein, es
sind nur noch sehr wenige“, antwortete der Fischer. „Ich habe die
kleine Fischerei von meinem Großvater übernommen.“ Bei diesen
Worten drehte er sich zu dem älteren, neben ihm sitzenden Mann.
„Obwohl er schon 90 Jahre ist, hilft er mir, so gut er kann.“ Da fiel
Wolf die Insel San Borondon ein und er wollte wissen, ob der alte
Fischer dazu auch etwas sagen konnte. Er fragte: „Ich habe einmal
von einer Insel namens San Borondon gehört. Kennen Sie diese?“
Kaum hatte Wolf diese Worte ausgesprochen, zuckte der alte Mann
zusammen. Wolf und Claudia, welche dies beobachteten, sahen sich
kurz an. Der Alte murmelte ein paar unverständliche Worte auf
Spanisch. Lediglich „La Isla Magica“ konnten die beiden verstehen,
was so viel heißt wie „Zauberinsel“. Um das Vertrauen des Alten zu
gewinnen, erzählte Wolf von seinem Erlebnis, als er die Insel San
Borondon überflogen hatte. Der junge Fischer übersetzte dies dem
Alten, welcher interessiert zuhörte, aber nach Ansicht von Wolf
unentschlossen war, etwas darüber zu berichten. Erst nach einer
kurzen Pause fing der Alte zu erzählen an, und der Jüngere
übersetzte auf Deutsch: „Mein Vater hatte am Bein eine sehr große
Narbe. Da ich als Jüngling neugierig war, wollte ich unbedingt
wissen, woher diese stammte. Erst nach vielen Jahren erzählte er
mir, als er einmal ein paar Gläser Wein zu viel getrunken hatte, dass
er während eines Sturmes beim Fischen in den frühen
Morgenstunden an einer Insel gestrandet war, welche er nicht
kannte. Die Vegetation war völlig anders als auf den kanarischen
Inseln. Mein Vater zog das Boot, welches Gott sei Dank heil
geblieben war, so gut wie möglich an Land. Er konnte feststellen,
dass es nach dem angrenzenden Dickicht steil nach oben ging. Um
mehr von dieser Insel zu erfahren, wollte er sich umsehen und
marschierte deshalb ins Gebüsch, wo er verschiedene Tiere sah,
welcher er bisher noch nicht gekannt hatte. Als er von weitem ein
furchteinflößendes Geräusch hörte und sah, dass vor ihm
mittelgroße Bäume umgeknickt wurden, packte ihn die Angst und er
floh. Dabei stolperte er und schnitt sich sein Bein an einem Felsen
auf, welcher mit Pflanzen bedeckt war, weshalb er ihn nicht gesehen
hatte. Von Schmerzen geplagt konnte er sich noch humpelnd zum
Boot retten, welches er dann auf das Meer steuerte. Danach verlor
er das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, lag er im
Krankenhaus. Einige andere Fischer hatten ihn ein paar Tage später
im Boot, welches im Meer getrieben hatte, gefunden. Mein Vater
hatte noch Glück, dass er gefunden wurde. Dennoch lag er tagelang
im Krankenhaus im Koma und kämpfte um sein Leben. Die Wunde,
welche durch eine unbekannte pflanzliche Substanz eiterte, löste ein
hohes Fieber aus. Die Ärzte konnten damals nicht feststellen, um
welches Gift es sich handelte, da man die Pflanze nicht bestimmen
konnte. Es war auf jeden Fall kein Gewächs, das man auf den
kanarischen Inseln vorfindet. So hofften sie nur, dass die
Medikamente, welches sie ihm gaben, halfen. Als mein Vater wieder
zu sich kam, berichtete er sein Erlebnis dem Arzt, welcher ihn nur für
verrückt erklärte. Da mein Vater vermutete, dass ihn auch andere
Menschen für geistesgestört halten würden, erzählte er niemandem
mehr von der Insel. Ich habe ihn damals auch nicht für voll
genommen und meinte, dass dies nur ein Ammenmärchen sei.“ Wolf
und Claudia waren erstaunt, dies zu hören. Da der Alte sehr
authentisch erzählte, glaubten sie seinen Worten. Da er nun in
Gedanken versunken wirkte und nur noch auf die Schiffe starrte,
welche am Kai befestigt waren, bedankte sich Wolf und
verabschiedete sich mit kurzen Worten auf Spanisch. Er zupfte
Claudia am Kleid, um ihr zu bedeuten, dass sie gehen sollten.
Claudia, die den Wink von Wolf wahrnahm, verbeugte sich höflich
und folgte ihm. Nun mussten sie feststellen, dass die Silver Bird, das
Schiff, welches sie nach Puerto Mogan bringen sollte, längst
abgefahren war. Daher beschlossen Sie, diesen Ausflug auf einen
anderen Tag zu verschieben. Während der Fahrt zurück zum Hotel
meinte Wolf: „Sicherlich gibt es noch mehr Menschen, welche
Ähnliches erlebt haben, aber Angst davor haben, für verrückt
gehalten zu werden und deshalb schweigen.“ „Da hast du Recht“,
meinte Claudia. „Da fällt mir noch etwas ein. Das habe ich ja total
vergessen, dir mitzuteilen. Ein Einheimischer der Kanaren hat in den
Medien über neun Inseln berichtet. Ist doch schon seltsam, dass
einer neun Kanareninsel zählt, obwohl es doch eigentlich nur acht
sind. Dieser zählte also San Borondon dazu. Irgendwie erinnert mich
das an das Buch ‚Die Neun Unbekannten‘ von Walter Ernsting.“ Da
Wolf diesbezüglich auch keine Antwort wusste, schwieg er.
Kapitel 24
Der Wächter
Jedes Mal, wenn Wolf und Claudia mit dem Wagen über die
Autobahn nach Grödig zum Gasthof Schorn fuhren, betrachtete die
junge Dame den Untersberg genau. Sie hoffte, eventuelle
Veränderungen zu bemerken. Als die beiden von der Autobahn
abbogen und die lange Straße zum Gasthof fuhren, konnte sie die
ganze Vorderfront des wuchtigen Berges erblicken. Der Untersberg
ist schon ein imposanter Berg, dachte sie, und trotzdem sehr
gefährlich. Fast jeden Monat gab es entweder einen verletzten
Wanderer oder sogar einen Toten. Viele darunter hatten sich
überschätzt und doch gab es auch immer wieder unerklärliche
Ereignisse, von welchen aber nie in den Medien zu lesen war. Ohne
gute Verbindungen zu Bergrettern oder anderen Personen hätte
Wolf nie davon erfahren. Plötzlich stutzte Claudia, als sie etwas zu
bemerken schien. Zuerst war sie sich aber nicht sicher. Da Wolf aber
für Claudia zu schnell fuhr und die beiden beim Gasthof
angekommen waren, bat sie ihn, noch einmal zu wenden und zum
Parkplatz bei der Ampel zurückzufahren. Wolf, der darüber nicht
sehr begeistert war, da er schon Hunger hatte, drehte missmutig um
und folgte Claudias Bitte. Dort angekommen, stieg Claudia aus dem
Auto, um besser sehen zu können. Auch Wolf stieg aus. „Schau
doch“, sprach Claudia, „dort oben. Siehst du auch eine große, runde
Ausnehmung an der Felswand am Untersberg?“ „Ja“, meinte Wolf
erstaunt, „diese ist mir bisher noch nicht aufgefallen.“ „Ist schon sehr
groß, findest du nicht?“, fragte die junge Frau. „Schon, da hätten auf
jeden Fall die Flugscheiben Platz“, antwortete Wolf. „Du hast doch
so viele Fotos vom Untersberg gemacht“, meinte Claudia, „da hast
du doch sicherlich ein Foto von dieser Stelle am Berg.“ Wolf bejahte
und sagte: „Lass uns meine Fotos zu Hause kontrollieren. Dann
können wir feststellen, ob diese Ausnehmung immer schon da war.“
Da die beiden aber keine weitere Erklärung finden konnten, stiegen
sie wieder ins Auto und fuhren zum Gasthof.
Nach einem ausgiebigen Mittagessen konnte die junge Frau es
nicht erwarten, die Bilder aus Wolfs Sammlung zu sehen. Da diese
so umfangreich war, saß Claudia etliche Stunden vor dem Computer.
Zu ihrem Bedauern konnte sie bei den Bildern, welche die
Vorderfront des Untersbergs zeigten, die Ausnehmung nicht
feststellen. Auch Wolf, der von der jungen Frau zur Ansicht der
Bilder am PC gerufen worden war, konnte keinerlei Veränderung
feststellen. „Was soll das sein?“, fragte Claudia. „Vielleicht ist es eine
Schattenbildung, welche nur bei einer bestimmten
Sonneneinstrahlung zu sehen ist“, erwiderte Wolf. „Kann sein, muss
es aber nicht“, antwortete die junge Frau, welche sich die
Schattenbildung nicht vorstellen konnte. „Auf jeden Fall werde ich
beim nächsten Besuch am Untersberg genau auf diese Stelle sehen.
Außerdem könntest du ja Becker danach fragen. Kammler wird
diesbezüglich sicherlich keine Auskunft geben.“
Kapitel 28
Als Peter einige Tage beruflich auf Reisen gehen musste, erklärte
sich Claudia bereit, seinen Hund Leopold für diese Zeit zu
beaufsichtigen. So holte die junge Frau, die gerade Urlaub hatte,
den Hund frühzeitig am Morgen bei Peter ab. Da der Wetterbericht
für diesen Tag große Hitze voraussagte, beschloss sie, gleich von
Piding zum Untersberg weiterzufahren, um mit dem Hund spazieren
zu gehen. Sie parkte ihr Auto beim Latschenwirt und ging mit
Leopold den Waldweg in Richtung Großgmain entlang. Nach knapp
einer Stunde erreichte sie die Kneippanlage auf der linken Seite.
Während der Hund ein ausgiebiges Bad nahm, setzte sich Claudia
auf eine der kleinen Bänke neben dem Wasser. Sie genoss die noch
angenehme Kühle des Waldes und Leopold tollte um sie herum.
Nach einer Weile kam plötzlich ein Mann von der
gegenüberliegenden Seite den Schotterweg entlang. Sofort nahm
Claudia den Hund an die Leine, welcher bereits knurrte. Sie
wunderte sich, dass der Mann bei diesem Wetter lange Hosen und
einen Pulli trug. Claudia grüßte ihn und meinte: „Sie sind aber für
dieses Wetter ziemlich warm angezogen.“ Der Mann im mittleren
Alter murmelte nur ein paar unverständliche Worte. „Kann ich Ihnen
etwas zu trinken anbieten?“, fragte sie, da sie seine Schweißtropfen
an der Stirn bemerkte. Nun blieb der Wanderer stehen und nickte
nur. Die junge Frau gab ihm einen Plastikbecher, welchen sie mit
Apfelschorle füllte. Hastig trank der Mann den Becher aus und setzte
sich auf die danebenstehende Bank. „Was für ein schöner
Sommertag“, sprach Claudia. Bei diesen Worten zuckte der
Wanderer sichtlich zusammen. „Was meinen Sie?“, fragte dieser,
„was ist denn heute für ein Tag?“ „Heute ist Dienstag, der 6. Juli
2021. Wissen Sie das nicht?“, wunderte sich Claudia. „6. Juli 2021
also“, meinte der Mann, „sind Sie sich da wirklich sicher?“ „Ja,
selbstverständlich.“ Sie zeigte ihm das Display ihres alten Nokia-
Handys, welches dieses Datum anzeigte. „Was ist denn so schlimm
an diesem Tag, dass Sie so verwundert sind?“, hakte die junge Frau
nach. „Vergessen Sie es“, sagte er und fügte ganz leise hinzu: „Sie
werden mich für verrückt halten.“ Claudia, die sehr gute Ohren hatte,
verstand diese Worte natürlich ganz genau. Nun hatte sie eine
Ahnung und meinte: „Aus welcher Zeit kommen Sie? Hier in dieser
Gegend haben schon viele Zeitverschiebungen stattgefunden.“ Der
Wanderer sah sie mit großen Augen an. Anscheinend hatte sie nun
das Vertrauten des Mannes gewonnen, der zu erzählen anfing: „Ich
ging hier am Untersberg wandern. Während einer Rast muss ich
kurz eingenickt sein. Als ich dann aufwachte, fand ich nicht die
herbstliche Umgebung vor, in der ich eingeschlafen war. Auch der
Weg war irgendwie anders.“ Claudia, welche schon ganz neugierig
zuhörte, fiel ihm ins Wort. „Aus welcher Zeit kommen Sie?“ „Aus
dem Jahr 2035.“ Die junge Frau war verblüfft. Noch bevor sie
reagieren konnte, stand der Mann, welcher aber noch sichtlich
durcheinander war, auf und lief den Weg, von dem er gekommen
war, wieder zurück. Claudia, welche alle Hände voll zu tun hatte, ihre
Sachen einzupacken, wollte dem Mann folgen. Doch so schnell sie
auch ging, sie holte ihn nicht ein. Nach einer Kurve musste sie auch
noch feststellen, dass er verschwunden war. Die junge Frau, welche
schon ein Abenteuer gewittert hatte, musste die Verfolgung
einstellen und ging geknickt zum Auto zurück. Zu Hause bei Wolf
angekommen, berichtete sie von ihrem Erlebnis. Wolf, der sichtlich
froh war, dass die junge Frau nach dieser Sache heil nach Hause
gekommen war, meinte nur: „Was wäre, wenn du auch in eine
Zeitverschiebung gelangt wärst? Vielleicht wärst du dann jetzt nicht
hier, sondern zehn Jahre in der Vergangenheit.“ Claudia überlegte
und musste Wolf recht geben.
Kapitel 29
Die Stille-Nacht-Kapelle
Dieses Buch wird auf keinen Fall dafür sorgen, dass Sie
besser golfen. Es wird Ihren Abschlag nicht verlängern, Ihre
Annährung nicht verbessern und Ihre Putts nicht
erfolgreicher machen. "Der Herrennachmittag" macht etwas
ganz anderes. Er erlaubt einen tiefen Einblick in die Seele
der Golfer und ihre größtenteils abstrusen Handlungen - auf
und neben dem Platz. Für acht Golfer, die unterschiedlicher
nicht sein könnten, beginnt beim letzten Turnier des Jahres
ein Abenteuer, in dessen Verlauf Mitspieler fast erschlagen,
die deutsch-spanischen Beziehungen auf eine knallharte
Probe gestellt und mehrere Beziehungen den Bach
runtergehen werden. Teilweise. "Das ist mit Abstand das
beste Golfbuch, das ich seit Jahren gelesen habe. Köstlich!"
(Hinnerk Baumgarten, Kultmoderator NDR 2 und DAS!,
Handicap 6,9) "Überragend ! Was für ein Golfroman. Selten
wurde das Innenleben eines Golfers so furios beschrieben."
(Stefan Beinlich, Ex-Fußballprofi und Nationalspieler,
Handicap 10,1) "Mein Anwalt sollte dieses Buch dringend
verhindern." (Nix Dickes, Spieler des Herrennachmittags,
Handicap 12,3)