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Impressum
Einleitung
Vorwort
Danksagungen
Einleitung
Was bisher geschah
Kapitel 1
In den Höhlen von Fuerteventura
Kapitel 2
Lutz erzählt
Kapitel 3
Die beiden Dottores Walter und Moritz
Kapitel 4
Die Götterstatuette aus Bali
Kapitel 5
Der Yogi Meister aus Indien
Kapitel 6
Die verhinderten Flüge
Kapitel 7
Ausnahmezustand im Inselstaat
Kapitel 8
Die Tabula Smaragdina
Kapitel 9
Das Grab des Paracelsus
Kapitel 10
Grimmigs Demontage
Kapitel 11
Die Entdeckungen im Landlerwald am Obersalzberg
Kapitel 12
Die paradoxen Mysterien
Kapitel 13
Die Höhle hinter dem Schießplatz
Kapitel 14
Rosenkreuzer Geheimnisse
Kapitel 15
Die Einladung des Generals
Kapitel 16
Der alte Schriftsteller
Kapitel 17
Die Legende vom Birnenmädchen
Kapitel 18
Die Geheimnisse von Güimar
Kapitel 19
Becker und der General
Kapitel 20
Der unsichtbare Wanderer
Kapitel 21
Ausgrabungen auf dem Obersalzberg
Kapitel 22
Das Keltengrab am Untersberg
Kapitel 23
Die verschwundene Drohne
Kapitel 24
Der Aufruf des Generals
Kapitel 25
Die Fenster in die Zeit
Kapitel 26
Das Zeitentor
Kapitel 27
Die Verbündeten des Generals
Kapitel 28
Die Liste
Kapitel 29
Das Vermächtnis des Schriftstellers
Kapitel 30
Codewort „Hans“
Kapitel 31
Wo viel Gutes – ist auch das Böse nicht weit
Kapitel 32
Beckers Herkunft
Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
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Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe,
Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.
© 2018 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99064-520-8
ISBN e-book: 978-3-99064-521-5
Lektorat: Tobias Keil
Umschlagfoto: Stan Wolf
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
Innenabbildungen: Stan Wolf
www.novumverlag.com
Einleitung
Macht hat viele Gesichter
Das Streben nach Macht ist uns eigen
Die stärkste Macht
liegt im Verborgenen
www.stan-wolf.at
Vorwort
Vieles ist zu unfassbar, als dass man es einfach niederschreiben könnte.
Vielleicht sollte es auch verborgen bleiben, denn der menschliche Verstand
nimmt nur jene Dinge zur Kenntnis, welche ihm geläufig sind.
Deshalb schreibe ich dieses Buch als Roman.
Als vor über dreißig Jahren drei deutsche Bergwanderer auf dem
Untersberg verschwanden und sich nach zwei Monaten von einem
Frachtschiff im Indischen Ozean wieder meldeten, weckte dies Wolfs
Interesse an dem, ihm bis dahin nur als Sage bekannten Zeitphänomen am
Salzburger Untersberg. Zudem hatte Wolf selbst diese drei Leute einige
Jahre vor ihrem Verschwinden auf einer Schutzhütte auf dem Untersberg
getroffen. Er hatte dann in den darauf folgenden Jahren ein sehr mysteriöses
Erlebnis, als er mit seiner Tochter Sabine die vermutete Zeitanomalie am
Berg erforschen wollte.
Doch wieder vergehen etliche Jahre, bis er auf seinen oftmaligen Reisen
in entlegene Gebiete der Fels- und Sandwüsten in Ägypten mit seiner
Begleiterin, der Lehrerin Linda, auf ähnliche, rätselhafte Erscheinungen
stößt, welche offenkundig mit runden, schwarzen Steinen in der Größe und
Form einer Orange zu tun haben. Immer intensiver wird seine Suche, bis er
durch Zufall in der unterirdischen Kammer der Cheopspyramide einen
solchen schwarzen Stein findet. Bei seinen weiteren Recherchen stößt er auf
eine wenig bekannte Sage, der zufolge von einem Tempelritter im elften
Jahrhundert ein ebensolcher Stein aus Mesopotamien zum Untersberg
gebracht wurde.
Diesen Stein, welcher der Überlieferung nach von dem Templer in einer
Höhle im Berg versteckt worden war, ließ bereits Hitler, der ja bekanntlich
eine Vorliebe für den Untersberg hatte, suchen. Hitler hatte angeblich
Hinweise, wonach dieser Stein der Schlüssel zu großer Macht sein sollte.
Wolf dehnt seine Nachforschungen in der Folge auch auf den Obersalzberg
bei Berchtesgaden aus und macht dort mit Hilfe zweier deutscher Polizisten
eine erstaunliche Entdeckung, welche ihm aber beinahe zum Verhängnis
wird.
Noch einmal konzentriert Wolf seine Suche auf den Untersberg und es
gelingt ihm, ein brisantes Geheimnis zu lüften. Er entdeckt einen
verborgenen Eingang in den Berg. Ein General der Waffen-SS, der diese
Zeitanomalie schon 1943 gefunden hatte, ließ sich im letzten Kriegsjahr,
dort im Felsen, eine komfortable Station als Unterkunft errichten, in
welcher er durch die Zeitverlangsamung im Berg innerhalb nur weniger
Monate über siebzig Jahre verbringen konnte. Wolf und Linda kommen mit
diesen Leuten aus der Vergangenheit in Kontakt und erfahren von ihnen
Dinge, welche in keinem Geschichtsbuch zu finden sind.
Der General zeigt den beiden ein Golddepot in den Bergen und ersucht
Wolf, der ja auch Hobbypilot ist, um einen Flug nach Fuerteventura, um
ihm aus den Lavahöhlen unter der Villa Winter zwei Bleizylinder zu
bringen. Wolf und Linda wollen das Geheimnis der Zeitverschiebung
ergründen und willigen ein. Der weite Flug mit der einmotorigen Cessna
und die anschließenden Erlebnisse auf der Kanareninsel gestalten sich für
die zwei extrem abenteuerlich. Es gelingt den beiden aber schließlich
tatsächlich, die Bleizylinder zu bergen und dem General zu überbringen …
Bei archäologischen Ausgrabungen wird ein deutscher Stahlhelm in einem
Kelten-Grab am Dürrnberg in der Nachbarschaft des Untersberges entdeckt.
Daneben liegt ein Skelett eines Kriegers mit einem Einschussloch im
Kopf. Der Verfassungsschutz wird daraufhin aktiv. Wolf und Linda finden
am Obersalzberg radioaktiv strahlende Steine, welche sich als Uranoxid
herausstellen. Der General in seiner Station im Untersberg demonstriert den
beiden seine technischen Geräte, welche weit über die Möglichkeiten der
heutigen Technik hinausreichen. Auf seiner Suche nach den Zeitkorridoren
des Untersberges entdeckt Wolf ein vergessenes Waffendepot der
amerikanischen Besatzungstruppen von 1953. Von einem alten Mann
bekommen die zwei einen wunderschönen Amethystkristall, welcher etwas
mit der altbabylonischen Göttin Isais zu tun haben soll. Hinter einem
uralten Gebetsstock am Untersberg sieht Wolf eine kleine Silberplatte aus
der Erde ragen. Darauf ist ein geheimnisvoller Code zu sehen. Diese uralte
Schrift in lateinischen Buchstaben wirft neue Fragen auf. Ein Illuminat klärt
die beiden über die Isais Geschichte und den schwarzen Stein im Berg auf.
Auch zu einer mysteriösen Marmorplatte mit einer Inschrift aus dem Jahr
1798 erzählt ihnen der Logenmann eine Geschichte. Der General lässt Wolf
mittels eines Zeitkorridors einen Blick in eine ferne Zukunft tun und
ermöglicht ihm und Linda einen Ausflug in die Vergangenheit: in die Stadt
Salzburg zur Zeit Mozarts.
Schließlich retten die beiden noch einem Deserteur das Leben, indem sie
ihn in eine Höhle schicken, in welcher ebenfalls eine Zeitanomalie auftritt.
Eine neuerliche Fahrt in die ägyptische Wüste bringt sie in die Oase Siwa,
wo ihnen die Mumie von Alexander dem Großen gezeigt wird. Wieder
zurück am Untersberg gelingt es ihnen, einen durch ein Hologramm
getarnten
Eingang in den Felsen zu finden.
Ein alter, astrologiekundiger Pfarrer sagt Wolf auf Grund seines
Jahreshoroskops eine Begegnung voraus, welche aus den Tiefen seiner
eigenen Vergangenheit auftauchen wird. Tatsächlich kommt Wolf kurze Zeit
später auf merkwürdige Weise mit seiner einstigen Jugendfreundin Silvia,
die er seit fast vierzig Jahren nicht mehr gesehen hat, in Kontakt. Silvia
begleitet ihn nach Gran Canaria, von wo aus er mit einem kleinen Flugzeug
die sagenumwobene Insel San Borondon suchen will. Tatsächlich gelingt es
den beiden, diese geheimnisvolle Insel, welche in einer fernen
Vergangenheit existiert hat, zu finden.
Aber auch mit Hilfe des Generals kann Wolf einen Blick in die
Vergangenheit werfen. Mit dessen Chronoskop sieht er alles zwar nur in
Schwarz-Weiß, kommt dabei aber sogar bis an Adolf Hitler heran, dem er
mittels eines Laser-Beamers durch das Chronoskop eine „Erscheinung“
schickt, um ihn vom Angriff auf Russland abzuhalten.
Wolf wird von einem Forstarbeiter am Obersalzberg der geheime
Ritualraum N3 gezeigt und der General berichtet vom Mausoleum des
Führers, welches sich dieser im Untersberg errichten ließ. Wolf lädt ihn
anschließend in den Gasthof Kugelmühle am Ende der Almbachklamm ein,
wo sie den Wirt namens Anfang treffen.
Anlässlich eines Besuches in Ägypten fährt Wolf mit Silvia durch die
Berge nach Luxor und trifft dort den Grabräuber Rassul, welcher ihnen tief
unter seinem Haus in Qurna eine geheime Drehtür zeigt, hinter der sein
Bruder auf mysteriöse Weise verschwunden ist. Auch hier spielen wieder
die Schwarzen Steine eine Rolle.
Mit Linda geht Wolf nochmals durch den Hologramm-Eingang in den
Untersberg und gelangt mit ihr in eine völlig fremde Gegend im Jahre 2029.
Eine kurze Unterhaltung mit Leuten von dort eröffnet ihnen neue
Perspektiven zu den alten Prophezeiungen.
Josef, der Geheimdienstmann vom BVT, bekundet ebenfalls sein Interesse
an Wolfs Entdeckungen am Berg. Schließlich führt der Forstarbeiter vom
Obersalzberg Wolf noch zu einem uralten Stollen, in dem, wie sich später
herausstellt, der General zu Kriegsende noch mehr als eine Tonne Uranoxid
verstecken ließ.
Auch eine Art Flaschenpost, ein unvollendetes Manuskript aus den
siebziger Jahren, wird in einer Höhle nahe dem Dorf am Untersberg
entdeckt. Es sind dreizehn Blätter eines bekannten Autors, welcher
ebenfalls seltsame Erlebnisse am Berg gehabt hatte.
Durch den General wird Linda und Wolf ein Ausflug in das Jahr 1818
ermöglicht. Sie fahren am 24. Dezember als Mönche verkleidet auf dem
Fluss mit einem Salzschiff nach Oberndorf, wo sie die Uraufführung des
weltbekannten Liedes „Stille Nacht – Heilige Nacht“ miterleben dürfen.
Ein polnischer Franziskaner Mönch aus Berchtesgaden, den die beiden im
Winter beim Meditieren in der Almbachklamm treffen, erzählt ihnen von
einem Ritual der Isais, durch welches das neue Zeitalter beginnen würde.
Tino, ein Australier österreichischer Abstammung, ebenfalls
Rosenkreuzer wie Wolf, kommt nach Salzburg, um in einer alten Kirche am
Ettenberg, wo einst die Templer auf Geheiß der Isais ihre erste Komturei
errichteten, ein Ritual abzuhalten, welches Wolf durchführen soll.
Letztendlich gibt sich der Illuminat Becker als einer der Anderen zu
erkennen und zeigt Wolf in der Nähe des Hochsicherheitsarchives am Fuße
des Untersberges in einer Art dreidimensionalen Bildschau Schlüsselszenen
aus seinem Leben sowie einen Blick in die Zukunft.
Auf der Kanareninsel La Palma trifft Wolf auf den Fischer Perez, welcher
ihm mit einem Fernrohr die geheimnisvolle Insel „San Borondon“, die in
einer fernen Vergangenheit existiert, zeigt. Zur Wintersonnenwende
gründen Linda und Wolf mit ihren vier Freunden den „Ring der Isais“.
Während draußen der Schneesturm tobt, erhalten alle im Rahmen eines
Rituales, an welchem auch Tino in Australien per Skype teilnimmt,
Goldringe mit dem Isais Zeichen und einem schwarzen Diamanten. Wolf
unternimmt mit den beiden Polizisten Herbert und Elisabeth eine Reise
nach Ägypten, wobei ihnen sein Freund Franz, der Manager vom Sheraton
Hotel in El Gouna, den Archäologen Dr. Khaled vorstellt. Von diesem
erhalten sie interessante Informationen über ein Zeitphänomen bei den
Pyramiden von Gizeh. Anlässlich eines Besuches in Luxor treffen sie den
Grabräuber Rassul, welcher ihnen Kopien von wunderschönen Texten aus
der Zeit der Pharaonin Hatschepsut gibt. Nach einer abenteuerlichen Fahrt
zeigt Wolf den beiden das Tal der Hieroglyphen. Der Illuminat Becker klärt
Wolf über die Aktivierung des Untersberges auf, zu welcher auch die
weibliche Komponente benötigt wird. Vom General in der Station im Berg
werden Wolf und Linda eingeladen, eine Basis in der Vergangenheit zu
besuchen. Der kurze Ausflug bringt die zwei nach Atlantis. Ein alter Jude,
den Wolf in New York trifft, erzählt ihm von seiner Deportation aus
Rumänien und der anschließenden Flucht aus einem Eisenbahnzug in
Salzburg. Von Friedl, dem Wirt der Kugelmühle, erfahren Wolf und Linda
von einem schweren Unglück in der Almbachklamm. Er erzählt ihnen auch
die Geschichte von einer verschwunden, jungen Frau am Untersberg,
welche in den fünfziger Jahren zwölf Tage lang verschollen war und dann
wohlbehalten wieder aufgefunden wurde. Mit Claudia, einer jungen Frau
aus dem Ring der Isais, fliegt Wolf mit einer kleinen Cessna nach Venedig,
wo sie auf der Insel Murano am Boden einer Basilika die steinerne
Abbildung einer Insel finden. Eine schwarzhaarige Dame, welche sich Julia
nennt, gibt ihnen Hinweise dazu und verschwindet plötzlich. Wolf landet
auf dieser Insel und sie entdecken in einer Steinmauer einen Kristall,
welcher vom „Ordo Bucintoro“ dort versteckt wurde. Wolf und Linda
gelangen in ein unterirdisches Labor aus dem Dritten Reich, in welchem das
geheimnisvolle Xerum 525 hergestellt wurde. Mit Obersturmbannführer
Weber bringen sie eine Stahlflasche davon dem General. Weber flutet im
Anschluss das Labyrinth neben dem Gebirgsbach am Obersalzberg.
Claudia sieht bei ihrer Suche am Fuße der alten Römer-Steinbrüche am
Untersberg ein großes Tor im Fels, welches sich wie von Geisterhand öffnet
und auch wieder schließt. Mit Herbert dem Polizisten erkundet Wolf
nochmals das unterirdische Kreuzgewölbe N2 und kurze Zeit später gelingt
es ihm, aus N3, dem Versammlungsraum der Generäle, einen großen
schwarzen Turmalinkristall mit zwei Enden sowie einer Kugel aus
demselben Stein zu bergen. Wolf und Linda lesen in dem gefundenen
Manuskript des verstorbenen Autors, dass dieser eine Höhle am Untersberg
entdeckt hat, durch welche er direkt in die unterirdische Kammer der
Cheops Pyramide gelangt war. Vom General erfahren sie, dass auch diesem
Autor vor vielen Jahren ein Besuch der Basen in der Vergangenheit gestattet
wurde. Schlussendlich machen sich Wolf und Claudia auf den Weg, die
Kraft im Untersberg zu aktivieren. Mit Hilfe eines alten Gedichtes von
Becker dem Illuminaten finden sie den Weg zum Eingang, welcher
überraschenderweise dort liegt, wo ihn niemand vermutet hatte. Sie finden
die Magna Figura, benützen den Kristall von der Insel und gelangen
schließlich in eine riesige, kuppelförmige Halle im Berg, in welcher sie die
Goldene Kugel im Untersberg erblicken.
Auf Wolfs Almhaus gibt es offenbar einen Geist. Als sich die Freunde des
Isaisringes dort oben treffen, macht Claudia in der Nacht auf dramatische
Art Bekanntschaft mit diesem Phänomen. Aber auch im Tal gibt es einige
mysteriöse Besonderheiten. Auf Schloss Mauterndorf, welches dem
Reichsmarschall Göring gehörte, erzählte dieser dem Reichsführer SS
Himmler von den alten Richtstätten des Mittelalters. Unsere Freunde
interessieren sich auch für diese Begebenheiten und nach einer
Besichtigung des Schlosses Moosham und dessen Folterkammer erkunden
sie auch die nahe Richtstätte, wo einst im Namen der katholischen
Erzbischöfe nicht nur Verbrecher, sondern auch eine große Anzahl
unschuldiger Frauen und sogar Bettelkinder verbrannt wurden. Mit
Schaudern erfahren sie, dass nach diesen Verbrechern auch heute noch
Straßen und Plätze im Land benannt sind. Der General ermöglicht es ihnen,
den Gerichtsdiener von Moosham, der ein sadistischer Schurke war, in die
Gegenwart zu holen und seiner gerechten Strafe zuzuführen. Mit Hilfe des
Illuminaten Becker reist Wolf in die Vergangenheit und erlebt hautnah das
Treiben im 17. Jahrhundert, welches einige Überraschungen für ihn
bereithält.
Nachdem am Fuße des Untersberges mehrere sogenannte Benedictus
Kreuze, welche für Exorzismen Verwendung finden, entdeckt werden,
erzählt Wolf den Freunden vom Isaisring von seinen Erlebnissen mit der
dunklen Seite der Macht. Mit Claudia gerät er bei einem Kurzbesuch in
Luxor im Karnaktempel in eine andere Zeit, was für die beiden extrem
gefährlich wird. Schließlich treffen sie am Tag danach auf Rassul den
Grabräuber, welcher sie in einen Geheimgang mit Mumien führt.
Wieder zuhause zeigt der General Wolf am Untersberg Flugscheiben,
welche aus einer deutschen Basis im Irak hierherkommen. Ein Freund aus
Norddeutschland erzählt Wolf eine atemberaubende Begebenheit, welche
dieser vor vielen Jahren bei einer Sondereinheit der Bundeswehr im Golf
von Akaba erlebt hatte. Wolf berichtet von seinen allerersten Abenteuern in
jungen Jahren, bei denen er seine Liebe zum Geheimnisvollen und zu den
Altertümern entdeckte.
Drei Soldaten des Generals gelangen auf einer Erkundungstour durch ein
uraltes Dimensionstor vom Untersberg an die Küste Argentiniens.
Auf der Suche nach den geheimnisvollen Eingängen in den 12
Untersbergkirchen entdeckt Wolf mit Claudia einen Gang in einer Kirche,
durch welchen sie direkt in eine große Kathedrale am Untersberg gelangen.
Dort existiert nach Angaben eines Mönches gar keine Zeit. Sie sehen
Vergangenes und auch Zukünftiges.
Becker, der Illuminat, klärt Wolf über die Macht der Vorsehung und die so
genannten Zufälle auf.
Letztendlich machen sich Claudia und Wolf auf den Weg, um zur
Sommersonnenwende bei einer einzigartigen, astrologischen Konstellation
die Aktivierung des Untersberges in der kuppelförmigen Halle der
Erkenntnis vorzunehmen.
Um den Vergleich des Untersberges mit dem Ayers Rock nachzuprüfen,
fliegt Wolf nach Australien und mietet sich dort eine Cessna, mit welcher er
von Brisbane aus quer durch den Kontinent zum Ayers Rock fliegt.
Eine folgenreiche Begegnung mit einem Aborigine wird für ihn zu einem
Schlüsselerlebnis. Mit Hilfe des Illuminaten Becker findet er mit Linda
einen geheimen Zugang in einen Stollen unter dem Klingeck am
Obersalzberg, wo sich ein riesiger Bergkristall befindet. Dieser soll für eine
Funkanomalie verantwortlich sein, mit welcher die Deutschen vor über
siebzig Jahren bereits eine Verbindung nach Südamerika aufgebaut hatten.
Wolf folgt der Einladung eines geheimen Templerordens und erfährt dabei
interessante Zusammenhänge mit der Magna Figura und den Herren vom
Schwarzen Stein. Der Besitzer eines großen Zementwerkes in der Nähe des
Untersberges ermöglicht es den Freunden des Isaisringes, die dortige,
riesige Stollenanlage, in welcher noch kurz vor Kriegsende das
Oberkommando der Wehrmacht untergebracht werden sollte, zu
besichtigen. Der General im Berg zeigt ihnen die Basis Vier, welche in der
Gegenwart existiert und mit modernster Technik ausgestattet ist. Sabine,
Wolfs ältere Tochter, wird in Murano von der schwarzen Dame Julia
angesprochen. In den Ruinen der alten Komturei soll ihr Vater weitersuchen
und tatsächlich findet Wolf dort abermals zwei Ringe aus der Templerzeit.
Die Franzosenschlacht auf dem Walserfeld wird ihm von Becker live
vorgeführt und Wolf bringt ein Vorderlader-Gewehr mit in unsere Zeit
herüber. Mit Claudia fliegt er auf die Insel Mauritius, um die sieben
schwarzen Pyramiden, welche sich dort befinden sollen, zu untersuchen. Sie
entpuppen sich aber nur als jahrhundertealte, von Sklaven errichtete
Steingebilde, welche bei der Reinigung der Zuckerrohrfelder entstanden
waren. Aber dafür gelangen sie im Urwald von Mauritius zu einem
pyramidenförmigen, heiligen Berg der Hindus, in welchem sich eine Grotte
mit einem unterirdischen See befindet. Dort sehen sie eine uralte
Felsritzzeichnung eines Vimanas – einer Götter-Flugmaschine. Schließlich
fahren sie noch mit einem Speedboot auf das Meer hinaus und können mit
frei lebenden Delphinen schwimmen. Von einem alten Förster am
Untersberg werden die zwei noch darüber aufgeklärt, dass auch Bäume
Lebewesen sind und mit Menschen kommunizieren können. Letztendlich
erhält Wolf zwei Kelche, welche je aus einem Stück Bergkristall gefertigt
wurden, wobei er einen davon den beiden Polizisten Herbert und Elisabeth
zum Geschenk macht. Der General stellt sich bereits auf den Endkampf in
Europa ein. Der Illuminat Becker klärt Wolf über die Kraft der heiligen
Berge auf. Die vielen Asylsuchenden, welche sich ab Herbst 2015
unmittelbar am Fuße des Untersberges von Österreich auf den Weg nach
Deutschland machten, brachten ernste Probleme für beide Länder mit sich.
Becker erinnert Wolf an seine Hilfsfahrt nach Rumänien 1989, um ihn zu
einer erneuten Reise zu bewegen. Diesmal zum Bucegi Gebirge. Auch
Venedig und die Basilika Maria e Donato auf der Insel Murano ist ein Ziel
von Wolf und Claudia, was wieder ein wenig mehr Licht in Juliettas
Geheimnis bringt. Der General gibt überraschend offenherzig Auskunft
über die kommenden Ereignisse und klärt Wolf über eine seltsame
Kontaminierung am Schießgelände neben dem Untersberg auf. Auch sagt
er, dass der Ritterkreuzträger Otto Skorzeny den Ordo Bucintoro 1943
erneuern wollte. Er hört von ihm die Namen Julietta, Livia und Loredana.
Wolf erzählt Claudia von seinen Experimenten mit Wasserkristallen und mit
seinem eigenen Blut. Er warnt sie vor Versuchen mit dem Black Goo.
Nachdem ein mysteriöser Birnbaum Setzling barbarisch umgehackt wurde,
erscheinen fünf seltsame Gestalten auf dem Walserfeld.
Ein Kartograph markiert Ende des 19. Jahrhunderts eine bestimmte Stelle
am Untersberg. Ein Skelett wird von einer Bekannten Wolfs am Untersberg
entdeckt, jedoch bleibt der Schädel unauffindbar. Am Berg werden im Zuge
von Renovierungsarbeiten der Seilbahn eigenartige Messgeräte installiert.
Auf Grund von 13.000 Jahre alten Funden gerät die Kirche in Bedrängnis
und versucht mit aller Kraft ihre Macht zu erhalten. Auch Grimmig vom
BVT intensiviert seine Suche mit allen Mitteln. Eine Reise zum Bucegi
Berg bringt für Wolf und Claudia neue Erkenntnisse. Schließlich geraten 5
Flüchtlinge in ein Zeitphänomen, welches auch für zwei deutsche Polizisten
fatal endet. Der gefällte Birnbaum vom Walserfeld bringt den
Bürgermeister des Ortes in die Schusslinie. Eine Vril Scheibe im Mondsee
sorgt für jahrzehntelange Schlagzeilen. Vom General wird Wolf und Claudia
die Möglichkeit erklärt, wie das Wetter extrem beeinflusst werden kann.
Graf Alexander Wilceck, der Eigentümer des geheimnisvollen Schlosses
Moosham, ermöglicht unseren Freunden tiefe Einsichten. Der Freilassinger
Brunnenbauer Irlmaier, den Wolf als kleiner Bub vor fast sechzig Jahren
besuchte, hatte damals eine interessante Prophezeiung getan. Bei einer
Reise ins Kurdistan besuchen Claudia und Wolf die alte Ruinenstadt Ninive
und entdecken dort zwischen den Trümmern eine Art Zeitentor, durch
welches sie unglaubliche Dinge sehen. Becker erklärt Wolf, dass Julietta
ebenso wie er selbst aus der Zukunft gekommen sind.
Auf der Halbinsel Vizula, wo Wolf vor fünfzig Jahren Artefakte aus der
Römerzeit entdeckt hat, wird ihm von Becker Neues gezeigt und es schließt
sich der Kreis zum Untersberg. Im Winter findet er Reifenspuren im Schnee
des Untersbergwaldes, die plötzlich im Nichts enden. Es meldet sich ein
Interessent, welcher ihm eine hohe Summe für die „Marzipanstangen“
bietet.
Wolf gerät in einen Zwiespalt. Zwar könnte er das Geld dringend
gebrauchen, tut es dann aber doch nicht und überlässt das gefährliche Zeug
dem General.
Auch hört er von seiner Cousine in Bratislava vom geheimnisvollen Berg
Kudrum in Tschechien, wo es ähnliche Zeitphänomene gibt wie am
Untersberg. Bei einem Ausflug in die Almbachklamm trifft er auf den
Franziskaner Mönch Claudius, welcher aber in Wirklichkeit schon vor drei
Jahren verstorben ist. Ein Bericht, den sein Freund Lutz von einem
amerikanischen Offizier erhalten hat, ist reichlich mysteriös und gibt Rätsel
auf. Der General klärt Wolf über die Gefahren des Islamismus auf. Auch
Franz, der Hoteldirektor vom Sheraton Sharm el Sheik, weiß vor allem über
die Türken viel zu erzählen. Ein Höhlenforscher aus Salzburg zeigt Wolf
die kleine Nixloch Höhle und erklärt, weshalb dort im Winter
Nebelschwaden heraufsteigen. Mit Peter und Claudia unternimmt Wolf
einen Ausflug zur Hologrammhöhle und erlebt dort ein gefährliches
Abenteuer. Anschließend gelangen die drei zum Kloster am Untersberg,
dort wo es keine Zeit gibt. Becker klärt ihn über das Phänomen „Innere
Erde“ auf und zeigt ihm auf anschauliche Weise, wie es dazu kam. Wolf
berichtet von einem lange zurückliegenden Erlebnis, bei dem er hautnah mit
dem Phänomen einer Ufo-Sichtung konfrontiert wurde. Werner, welche
immer noch auf der Suche nach der Blechtüre im Brunntal war, findet diese
und erlebt nun das Zeitphänomen persönlich. Bei einem abermaligen
Besuch in Kroatien findet Claudia ein Grab aus römischer Zeit und neben
Ringen, Fibeln auch eine Menge Glasperlen und Mosaiksteine. Die Toni
Lenz Hütte am Untersberg schein immer wieder Ziel von mysteriösen
Besuchern zu sein. Diesmal ist es ein Einbruch während der Winterpause.
In den Medien wird vom Untersberg berichtet, dass er der gefährlichste
Berg der Alpen sei und dass dort immer wieder Menschen zu Tode kommen
und auch spurlos verschwinden. Wolf trifft einen alten Mann, der auch mit
dem General in Verbindung steht und der auch schon den Baron Lex sowie
den Science Fiction Schriftsteller, welcher vor vielen Jahren
Manuskriptrollen im Berg deponierte, gekannt hat. Er klärt ihn über
verschiedene Geheimnisse des Berges auf und weiß auch um die Suche der
CIA am Untersberg. Auf der Jagdstraße von Hitler, am Obersalzberg
beginnt eine großangelegte Suche unter dem Vorwand den Teerbelag zu
entfernen.
Kapitel 1
In den Höhlen von Fuerteventura
Wolf wollte eine Begebenheit überprüfen, welche ihm von Leuten aus
Mitteldeutschland schon mehrmals erzählt wurde. Da berichteten diese
Deutschen von einer jungen Frau, welche in altertümlichen Kleidern im
Untersbergwald, in der Nähe des Veitlbruches gesehen wurde. Immer, wenn
ihr jemand folgen wollte, verschwand sie binnen weniger Sekunden auf
seltsame Weise im Wald, so lauteten die Geschichten. Und zwar wurde
dieses Verschwinden immer an derselben Stelle bei einer kleinen Felswand
beobachtet. Nachdem er diese Begebenheit zum wiederholten Male gehört
hatte, fasste er den Entschluss, der Sache auf den Grund zu gehen. Er fuhr
zur Kapelle nahe dem Veitlbruch und stellte seinen Wagen direkt daneben
ab. Dann stieg er gemächlich nach oben, bis er den alten Römersteinbruch
unter sich gelassen hatte. Auch Claudia zog es immer wieder in diese
Gegend. Er hatte diesmal aber bewusst auf ihr Beisein verzichtet.
Schließlich wusste er ja nicht, was ihn da möglicherweise erwarten würde.
Der steile Aufstieg machte ihm etwas zu schaffen und so setzte er sich auf
einen Felsen und wollte gerade etwas verschnaufen, als er ein Rudel Rehe
auf einer nahen Lichtung erblickte. So etwas hatte er ja auch schon von
Claudia gehört. Auch sie hatte dort in der Nähe vor einem Jahr eine große
Anzahl dieser scheuen Waldtiere gesehen. Er blieb ganz still sitzen und
wartete eine Weile. Die Rehe zogen weiter und er verlor sie aus den Augen,
als eine Frauengestalt sich plötzlich auf der Lichtung befand. Es war ein
anmutiges Wesen, welches ihm aber irgendwie vertraut vorkam. In
Gedanken versunken konnte er seine Blicke nicht von der schönen Frau
abwenden, die da auf dieser Lichtung im Sonnenschein stand. Sie war nicht
sehr weit von ihm entfernt und es schien, als würde sie ihn nicht
wahrnehmen. Doch dann schaute sie unvermittelt in seine Richtung. Wolf
durchfuhr es wie ein Blitz. Das war doch tatsächlich die Dame aus Venedig.
Julia, die ihm schon zweimal begegnet war. Auf der Insel Murano in der
Kirche Maria e Donato hatte sie ihm doch vor einigen Jahren auf einer
Bodenfliese gezeigt, wo auf der kroatischen Insel Unije der Dreiender-
Bergkristall zu finden war. Wolf flog damals mit Claudia mit der kleinen
Cessna dorthin und sie fanden tatsächlich den Kristall. Nach Angaben der
Dame Julia sollten sie diesen Stein dazu benützen, um in die Halle der
Erkenntnis zu gelangen. Dieser Eingang befand sich in unmittelbarer
Umgebung.
Die Dame Julia lächelte ihm zu, wandte sich von ihm ab und ging
langsam in Richtung der Illuminatenhöhle. Es schien so, als schwebte sie
über den Waldboden. Rasch raffte sich Wolf auf und versuchte ihr zu
folgen. Er wollte sie keinesfalls aus seinen Augen verlieren und schaffte es
nur mit Mühe, hinter ihr zu bleiben. Bei einer Felswand angekommen blieb
sie stehen, blickte kurz zu ihm und legte ihre rechte Hand auf den Fels.
Dann verblasste die Erscheinung und keine zehn Meter von Wolf entfernt
verschwand sie schließlich vor seinen Augen unmittelbar vor der Wand.
Wolf war sich unsicher, ob das Ganze nicht doch eine Halluzination
gewesen war oder ob ihm sein Verstand einen Streich spielte. Oder aber
wollte Julia, von der er sich inzwischen sicher war, dass es sich um sie
gehandelt hatte, ihn zu dieser Felswand führen. Langsam schritt er auf die
Stelle zu, wo die Dame verschwunden war. Da war keine Tür und auch
keine Höhle, da war nur der glatte Fels. Als er dicht davorstand, glaubte er
leise Geigenmusik zu vernehmen, was er aber sofort wieder verwarf. Dann
aber übermannte ihn doch die Neugier und er presste sein linkes Ohr gegen
die Wand und versuchte etwas zu hören. Aber da war nichts. Ganz im
Gegenteil, als Wolf seinen Kopf wieder von der Felswand wegzog, hörte er
auf dem linken Ohr überhaupt nichts mehr. Lediglich mit dem rechten Ohr
konnte er noch etwas hören. Er war sich aber sicher, dass nichts in seine
Ohrmuschel gekommen sein konnte. So rasch es ging, stieg er wieder zu
seinem Wagen ab und fuhr zu Claudia. Er erzählte der jungen Frau von dem
eigenartigen Erlebnis und sie meinte: „Vielleicht ist dir an der Felswand
Wasser ins Ohr gelaufen. Ich werde dir reinen Alkohol hineinträufeln, so
könnten wir das Wasser, wenn eines im Ohr drinnen ist, herausdrücken.“
„Ja“, meinte Wolf schon beinahe resignierend, „versuche es, vor vielen
Jahren ist mir beim Schnorcheln in Ägypten Wasser im Ohr geblieben und
da hast du es tatsächlich mit Alkohol rausbekommen.“ Doch auch
mehrmalige Versuche Claudias blieben diesmal erfolglos. Als aber Wolf am
Morgen des nächsten Tages immer noch nichts auf dem linken Ohr hören
konnte, beschloss er zum Arzt zu fahren. Moritz hieß sein Hausarzt. Wolf
kannte ihn schon, als er noch ein Junge war. Moritz hatte die Praxis von
seinem Vater, dem Sprengelarzt Walter, übernommen. Wolf kannte Walter
viel Jahre schon. Mit ihm war er schon vor acht Jahren auf einem Trip in
der libyschen Wüste in Ägypten unterwegs gewesen. Die Lehrerin Linda
und Walters Frau Helga, welche sich schon seit ihrer Schulzeit kannten,
waren damals auch mit von der Partie gewesen, als sie zusammen mit zwei
Geländewagen über die Oase Siwa durch die Große Sandsee nach Farafra
fuhren. Walter war fasziniert von den Oasen und der Wüste in Ägypten. Er
kannte Wolfs Leidenschaft für die alten Ägypter und auch seine
Nachforschungen am Untersberg. Walter war als Sprengelarzt auch für
einige Großbetriebe im Raum Hallein tätig, zudem war er auch
Feuerwehrarzt, wobei er auch anwesend sein musste, wenn ein
Selbstmörder, der sich vom über achthundert Meter hohen Barmstein am
Nordrand von Hallein in den Tod gestürzt hatte, aufgefunden wurde. Auf
den langen, endlosen Fahrten durch die Große Sandsee in Ägyptens
Nordwesten erzählte ihm Walter von einigen Erlebnissen am Fuße des
mächtigen Barmsteines. Dabei handelte es sich um einen eindrucksvollen
Felsen nördlich der Stadt Hallein.
„Ich wurde öfters von der Bergrettung gerufen, wenn es wieder einen
Toten im Bezirk gab. Das Gelände am Fuße des Barmsteines ist recht
unzugänglich. Um dorthin zu gelangen, muss man sich zwischen zwei
Felsen hindurchzwängen, was recht schwierig ist. Einmal, da haben wir
außer dem Toten zusätzlich noch menschliche Überreste gefunden, wobei es
sich um Teile eines Skelettes gehandelt hat. Das musste schon viele
Jahrzehnte dort im Wald gelegen haben. Keiner konnte sagen, um wen es
sich dabei gehandelt hat.“ „Ja“, sagte Wolf, „ich habe auch schon einmal
einen Totenschädel in den Wäldern am Untersberg gefunden. Soweit ich da
einigen Informationen vertrauen kann, handelte es sich dabei um einen seit
den neunziger Jahren vermissten Künstler. Die Salzburger Polizei hatte
damals die restlichen Gebeine, welche noch vorhanden waren,
aufgesammelt, aber interessanterweise wurden absolut keine Informationen
an die Öffentlichkeit herausgegeben. Aus diesem Grunde habe ich auch den
Fund des Schädels verheimlicht. Ich weiß, Walter, so etwas wäre Störung
der Totenruhe und ist auch strafbar. Aber ich habe es bisher niemandem
erzählt.“
Walter schmunzelte und meinte: „Und ich werde es auch niemandem
weitersagen.“
Wolf musste an diese Erlebnisse denken, als er zu Moritz in die Praxis
fuhr. Er hatte sich bereits telefonisch bei ihm angekündigt und der Doktor
erwartete ihn schon.
„Na, dann wollen wir mal sehen, wie es mit deinem Ohr steht“, begrüßte
ihn Moritz. Er leuchtete mit einer Lupe in Wolfs Ohr hinein und meinte:
„Sehen kann ich auf den ersten Blick eigentlich nichts. Hast du dir etwas ins
Ohr gesteckt, ein Wattestäbchen vielleicht?“
Wolf wollte Moritz nichts von seinem Erlebnis im Untersbergwald
erzählen, er würde ihn ohnehin nur belächeln. Auch dass er sein Ohr an die
Felswand, aus der leise Geigenmusik zu hören war, gehalten hatte, wollte er
ihm nicht sagen. „Ich weiß nicht“, erwiderte Wolf, „das war ganz plötzlich
da, ohne irgendein Zutun.“
„Na dann werden wir mal dein Ohr ausspülen“, sagte Moritz und begann
mit einem kleinen Gerät Wolfs linkes Ohr zu bearbeiten. Nach der dritten
Spülung hörte Wolf ein leises Knacken und danach war alles wieder in
Ordnung, wobei der Arzt aber auch nicht sagen konnte, was die Ursache
gewesen war. Moritz, welcher von seinem Vater schon vor Jahren von
Wolfs Erlebnissen am Untersberg gehört hatte, wollte natürlich auch
wissen, inwieweit sich wieder Neuigkeiten bei seinen Forschungen ergeben
hätten.
„Etwas Interessantes kann ich dir zu den Knochenfunden deines Vaters
am Fuße des Barmsteines erzählen“, begann Wolf. „Ich habe nicht nur rund
um den sagenumwobenen Untersberg und den Obersalzberg recherchiert.
Auch die Barmsteine, die ebenfalls genau an der deutsch-österreichischen
Grenze liegen, hatte ich im Visier. Im Jahre 1933, als Hitler in Deutschland
an die Macht kam, haben enthusiastische Mitglieder der NSDAP vom
Gipfel des kleinen Barmsteines einen Mann mit einem Kübel weißer Farbe
an einem Seil heruntergelassen. Dieser sollte ein riesiges Hakenkreuz auf
die glatte Felswand malen. Die Einwohner der Stadt Hallein würden so das
Symbol von Hitlers Partei von weither sehen können. Diese umfangreiche
Arbeit war aber an einem Tag nicht möglich und so beschlossen einige
Leute, dem Treiben ein Ende zu setzen. Als am nächsten Tag das
Hakenkreuz fertig gestellt werden sollte, durchtrennte einer der Gegner der
NSDAP das Seil und der Mann, welcher gerade beim Malen war, stürzte in
den Tod. Seine Leiche wurde nie geborgen. Von ihm dürften die Gebeine
stammen, die nach zig Jahren dort gefunden wurden.“
Moritz war ganz erstaunt von Wolfs Geschichte und fragte: „Wie bist du
auf diese Tatsache dahintergekommen?“
„Weißt du“, gab Wolf zur Antwort, „ich rede da oft mit ganz alten Leuten
und manche erinnern sich eben noch an Dinge, die von den meisten schon
lange vergessen wurden. So bekomme ich immer wieder Sachen zu hören,
die kaum jemand weiß.“ Moritz nickte.
„Wenn du einmal Zeit hast, fahren wir gemeinsam zum Untersberg, da
kann ich dir einige Stellen zeigen, die sehr mysteriös sind.“
„Gerne“, antwortete Moritz, „ich habe ja schließlich von meinem Vater
einiges von deinen Erlebnissen erfahren.“
Wolf bedankte sich noch bei Moritz für die rasche Hilfe und
verabschiedete sich von dem Arzt.
Vom Wagen aus rief er Claudia bei der Heimfahrt an und sagte ihr, dass
mit seinem Ohr wieder alles in Ordnung wäre. „Aber was war das wirklich?
Hat das etwas mit dieser Julietta aus Venedig zu tun?“, fragte sie. „Ich habe
doch nur mein Ohr an die Felswand gehalten, dort, wo ich diese
Geigenmusik gehört habe.“ „Ja, aber irgendwie hat das bestimmt mit dieser
Julia zu tun“, erwiderte die junge Frau, „du hast so etwas doch noch nie
gehabt.“ „Aber an Geister glaube ich nicht so ganz“, lachte Wolf.
„Versprich mir, dass du mich bei nächster Gelegenheit dorthin mitnimmst.
Das ist nämlich genau die Stelle, wo es mich immer hinzieht. Wer weiß,
möglicherweise entdecken wir dort etwas Neues.“
„Ich weiß schon, was du meinst“, sagte Wolf, „ganz in der Nähe dieser
Felswand befindet sich doch der Eingang zur Halle der Erkenntnis.“
„Denkst du, wir sollten wieder einmal in diese Halle hineingehen, wo
diese neun Scheiben gestanden haben?“ „Warum eigentlich nicht?“,
antwortete er.
Kapitel 4
Die Götterstatuette aus Bali
Es konnte sich kaum um einen Zufall handeln, dass Wolf genau zu dieser
Zeit eine Mail aus Bali bekam. Eine junge Frau aus Österreich, welche sich
des Öfteren in Bali aufhielt und dort eine Schule aufbaute, teilte ihm mit,
dass sie von einer dortigen Hohepriesterin den Auftrag erhalten hatte, eine
kleine, geschnitzte Holzstatue mit einer vergoldeten Kugel in den
Untersberg zu bringen. Gertraud, so hieß die Frau, kannte bereits die
Geschichte von Wolf mit der Halle der Erkenntnis und der damit
verbundenen Goldenen Kugel. Sie schrieb ihm in ihrer Mail, dass sie ihm
diese Figur bei ihrer Rückkunft in Salzburg übergeben möchte. Er müsste
ihr aber zusichern, dieses Artefakt unbedingt vor dem 23. September in den
Untersberg zu verbringen. Dass gerade zu dieser Zeit der größte Vulkan auf
Bali, der über dreitausend Meter hohe Gunung Anung, kurz vor dem
Ausbruch stand und von der Regierung über fünfzigtausend Menschen
bereits evakuiert wurden, war vielleicht Zufall. Oder auch nicht?
Ja freilich würde er die Figur in den Berg bringen. Jetzt hatte er endlich
wieder einmal einen Grund in den Untersberg zu gehen. Auch Claudia war
von dieser Idee begeistert. „Ja gerne komme ich mit“, meinte sie, als ihr
Wolf von dieser Sache mit der Holzfigur erzählte. „Aber zuvor müssen wir
uns mit dieser Gertraud treffen, die will mir ja diese Götterstatue persönlich
übergeben. Das soll übrigens in zwei Wochen beim Alten Gasthof
geschehen.“
Als es dann so weit war und auch Claudia das kleine Kunstwerk aus Bali
in den Händen halten durfte, hatte die feinfühlige junge Frau dann doch
irgendwie Angst. Es wurden noch Erinnerungsfotos beim Marmorbrunnen
vor dem Alten Gasthof gemacht und vereinbart, dass ihr Wolf die
erfolgreiche Deponierung der Figur in der Halle der Erkenntnis
bekanntgeben würde.
Die Zeit bis dahin rückte immer näher und als das Wetter es kurz vor dem
dreiundzwanzigsten September erlaubte, machten sich die beiden auf den
Weg. Beim Aufstieg über den steilen Pfad meinte Claudia: „Ob wir diesmal
auch in den Gang hineingehen können?“ „Hiermit bestimmt“, gab ihr Wolf
zur Antwort und zog den Dreiender-Bergkristall aus der Jacke. „Damit
haben wir wie die anderen Male auch Einlass gefunden. Die Dame Julia hat
schon gewusst, warum sie uns diesen Kristall finden ließ.“
„Glaubst du, dass dieser Vulkanausbruch auf Bali mit dieser Figur etwas
zu tun haben könnte?“, fragte sie. „Weißt du“, antwortete Wolf, „ich habe in
den letzten Jahren so viel ‚Unmögliches‘ erlebt, dass ich sogar das glauben
könnte.“
Sie hatten nun die Felswand erreicht, an welcher die Dame Julia
verschwunden war und Wolf damals sein Ohr an den Felsen gehalten hatte.
Er nahm den Bergkristall heraus und hielt ihn vor sich, als er plötzlich den
Spalt in der Wand sah. Er war doch mit Claudia schon zweimal durch diese
enge Stelle hindurchgegangen, aber vor gerade noch einer Minute konnten
beide noch nichts davon sehen. „Denk nicht darüber nach“, lachte Wolf,
„ich weiß auch nicht, wie das funktioniert. Es ist eben so.“ Als sie zu der
Stelle kamen, wo noch immer die doppelköpfige, vergoldete Figur stand,
steckte Wolf genauso wie früher schon den Bergkristall wie einen Schlüssel
in die Öffnung und sie konnten weiter in den Berg hineingehen. Es war
auch dieses Mal wieder spannend, als sie den Eingang zur Halle der
Erkenntnis erreichten. Was würde sie erwarten? Aber ebenso wie damals
standen auch jetzt die neun diskusförmigen Scheiben ruhig im Kreis in der
Halle. Sie gingen die Stufen zur Empore hoch und Wolf stellte sie
Götterstatue aus Bali auf den runden Tisch. Die goldene Kugel war dieses
Mal nicht zu sehen. Claudia blickte von oben in die Runde der silbernen
Scheiben, welche unbeweglich im Kreis in der Halle standen. Kaum hatte
Wolf das Bildnis abgestellt, drängte er schon auf ein Hinuntergehen. Aber
es geschah gar nichts. Er zog dann am Eingang wieder den Bergkristall aus
der Halterung und nach wenigen Minuten standen die beiden wieder
draußen an der Felswand im Bergwald.
Wieder im Wagen hörten sie in den Nachrichten, dass der Gunung Anung
auf Bali unmittelbar vor dem Ausbruch stehen würde und auch der
Flugverkehr vom Airport Denpassar bereits eingestellt war. Tausende
Touristen saßen somit auf der Insel fest. „Glaubst du, dass da eine
Verbindung besteht zwischen dieser Skulptur und dem Untersberg?“ „Die
Hohepriesterin hat das laut Gertraud so gesagt“, antwortete Wolf. Als die
beiden nach eine Weile bei der Kapelle am Veitlbruch ankamen, wollte
Claudia noch die Kerzen zählen, welche von den Leuten dort angezündet
wurden. „Schau, was hier ist“, sagte sie und deutete mit der Hand auf ein
Foto, das Kammler in jungen Jahren zeigte. „Ich glaube“, erwiderte Wolf,
nachdem er sich auch von dem Bild überzeugt hatte, „dass hier offenbar
eine Kultstätte im Entstehen ist. Denke nur an die gebügelten Hemden, die
wir hier zu Weihnachten am Geländer in der Kapelle gesehen haben.“
Claudia nickte.
„Aus diesem Grunde kann ich mir auch gut vorstellen, weshalb sich da
auch Schnüffler wie die CIA oder ähnliche Organisationen für dieses Gebiet
interessieren. Ich für meinen Teil werde immer weniger Auskünfte geben,
wenn ich gefragt werde. Man weiß ja nie, wer der Fragesteller ist.“
Kapitel 5
Der Yogi Meister aus Indien
Freilich war die junge Frau gerne bereit, ihn dorthin zu begleiten. Natürlich
spielte da auch eine gewisse Neugier eine Rolle.
Als die zwei in der Stadt Salzburg in der engen Linzergasse vor der
schweren Türe der Sebastianskirche standen, fragte die junge Frau: „Was
soll denn hier so Besonderes sein? Was meinte Becker eigentlich damit, als
er dir einen Besuch in diesem alten Friedhof vorschlug?“
„Das weiß ich selbst nicht, aber es ist ein besonderer Ort. Es ist nicht bloß
einer der ältesten Friedhöfe der Stadt.“ Er öffnete das mächtige Kirchentor
und sie mussten das Schiff des Gotteshauses durchqueren, in dem gerade
eine Messe von drei Priestern zugleich gefeiert wurde. Gleich auf der linken
Seite des Ausganges erblickten die beiden das Grabmal des Paracelsus.
Wolf fiel es wie Schuppen von den Augen. „Jetzt weiß ich, was Becker
gemeint hat und weshalb er mich hierhergeschickt hat“, sagte Wolf.
Claudia sah ihn an und war gespannt, worum es hier ging. Das wuchtige
Grabmal an der Kirchenwand mit einem Obelisken obendrauf und einer
Marmortafel mit lateinischer Schrift sowie dem Wappenschild von
Paracelsus war schon etwas Imposantes. „Hier habe ich am
fünfundzwanzigsten September des Jahres 1983 eine rote Rose hingelegt.
Ja, soeben ist mir das wieder eingefallen. Becker hatte schon Recht.“
„Warum hast du das damals getan?“, fragte Claudia und sah sich die
Grabstätte dabei genau an.
„Wie du ja weißt, hatte ich in den achtziger Jahren das Meisteramt bei den
Salzburger Rosenkreuzern inne. Unsere Städtegruppe war das ‚Paracelsus
Pronaos‘. Benannt nach dem hier bestatteten, berühmten Arzt, welcher in
Salzburg am 24. September 1541 gestorben ist. Der Gründer unseres
Pronaos war ein großer Verehrer von Paracelsus. Diesen Mann habe ich
einmal in den Salzburger Bergen auf einer einsamen Hütte mitten im
Hochwald getroffen. Er hat mir bei diesem Besuch von Ägypten erzählt und
auch Geheimnisse der Cheopspyramide kundgetan. Ich bin mir mittlerweile
sicher, dass dieses Gespräch sozusagen der Grundstein für meine
unzähligen Ägyptenreisen war.“
Claudia hörte ihm aufmerksam zu.
„Die Rosenkreuzer begehen jedes Jahr Ende September ein sogenanntes
Pyramidenfest. Die Pyramide hat in der Philosophie und Mystik der
Rosenkreuzer schon von alters her eine hohe symbolische Bedeutung.
Dementsprechend bildet das Pyramidenfest einen weiteren Höhepunkt im
Jahreszyklus der Rosenkreuzer. Es wird traditionell um den 21. September,
dem Zeitpunkt der Herbst-Tag- und Nachtgleiche, unter freiem Himmel
begangen. Wir bauen aus kleinen Steinen, die jeder aus seiner
Heimatgegend mitbringt, im Rahmen einer Zeremonie eine kleine Pyramide
im Wald oder auf einem Hügel. Damals schrieben wir das Rosenkreuzerjahr
3333 und ich wollte zu diesem besonderen Anlass ein besonderes
Pyramidenfest ausrichten. Es wurde eine Nachtfahrt mit der Untersberg
Seilbahn organisiert und das Zeppezauerhaus nahe der Seilbahn Bergstation
für eine Nacht gemietet. Über fünfzig Rosenkreuzer aus mehreren Erdteilen
folgten meiner Einladung, auch der Großmeister aus Baden-Baden,
Wilhelm Raab, kam zu dieser Feier am Untersberg.
Es war eine denkwürdige Zusammenkunft, zu welcher im Laufe des
Abends dann auch die drei Deutschen dazustießen, welche dann vier Jahre
später durch ihr Verschwinden zum Auslöser für die größte jemals
durchgeführte Suchaktion am Untersberg wurden.“
„Dann hat das alles mit deinen Nachforschungen am Berg zu tun?“, fragte
sie.
„Ja, eigentlich war es genauso. Nur konnte ich damals noch nicht ahnen,
was vier Jahre später passieren würde. Am nächsten Tag, nachdem wir
wieder mit der Seilbahn im Tal angekommen waren, begleiteten mich
einige Ordensmitglieder dann noch in die Stadt Salzburg, wo wir hier das
Grabmal des Paracelsus besuchten und ich da eine rote Rose hingelegt
hatte.“
Claudia hatte bisher nur fragmentarisch von Wolfs Erlebnissen gehört und
konnte sich jetzt ein genaueres Bild von alledem machen.
„Dann zeigte ich den Leuten noch das Mausoleum vom Erzbischof Wolf
Dietrich und auch das Grab von Mozarts Schwester.“
„Das möchte ich auch sehen“, unterbrach ihn Claudia.
Er nahm sie an der Hand und führte sie am Kircheneingang vorbei in den
Friedhof. Auch dieser Ort war untrennbar mit dem Untersberg verbunden,
denn fast alles hier war aus Marmor vom Berg gefertigt. Der Friedhof war
einem italienischen Campo Santo nachempfunden, den man hier in der
Salzburger Altstadt überhaupt nicht vermuten würde. Wuchtige und doch
verspielte Arkadengänge mit teils gruseligen Reliefs an den Wänden
erinnerten an die Allgegenwart des Todes. Aber dennoch war die grüne
Wiese zwischen den vereinzelten Gräbern ein untrügliches Zeichen des
immer wieder auferstehenden Lebens. „Hier bin ich schon in meiner
Studienzeit oft in der Mittagspause spazieren gegangen“, erklärte ihr Wolf.
„Einmal bin ich mit einem Studienreund, dem Franz, an einem
Novembertag durch die Arkadengänge geschlendert. Da war ein solcher
Nebel, so dass wir nicht einmal das Ende eines Ganges sehen konnten. Das
empfand ich schon damals als sehr mystische Situation.“ Claudia, die dabei
die schaurigen Reliefs an den Wänden des Ganges sah, lief bei diesen
Worten ein leichter Schauer den Rücken hinunter.
„Schau, hier liegt die Familie Mozart begraben“, sagte Wolf und deutete
dabei auf einen eher unscheinbaren Grabstein, in dem die Namen von
Wolfgang Amadeus Mozarts Verwandtschaft eingraviert waren. „Und den
Mozart hast du schon gesehen, bei deinem Besuch in der Vergangenheit?“
„Ja, in seiner Wohnung auf dem Hannibalplatz, dem heutigen Makartplatz.
Da hat er beim Fenster rausgeschaut.“ Er drängte sie zum Weitergehen. „Ich
zeige dir jetzt noch etwas – das Grabmal des Wolf Dietrich, du weißt doch,
dieser Erzbischof von Salzburg, welcher auf Schloss Moosham junge
Mädchen vergewaltigt haben soll. Außerdem ist er dem Hexenverbrenner
Bischof Max Gandolph von Kuenburg nicht viel nachgestanden. Aber bis
heute macht man diesen Verbrechern gegen die Menschlichkeit den Hof und
benennt sogar die Straßen in Salzburg nach ihnen. Aber jene Straßen, die
nach Bildhauern und Künstlern aus der Hitlerzeit benannt wurden, will man
umbenennen. Da zeigt sich wieder einmal, wer hierzulande das Sagen hat.
Im Übrigen habe ich einen Backenzahn dieses Bischofs einmal in der
Hand gehabt. Das war bei einem Steinmetz in der Umgebung von Salzburg.
Der Mann führte vor vielen Jahren Restaurierungsarbeiten in der Gruft von
Wolf Dietrich durch und dabei ist ein Zahn aus dem Schädel gefallen. Er hat
diesen eingesteckt und als Andenken behalten. Diesen Zahn des Bischofs
bewahrte er in einer Streichholzschachtel auf.“
Claudia schmunzelte und meinte, „Was du alles schon erlebt hast, aber
schließlich hieß dieser Bischof ja auch „Wolf“.“
Kapitel 10
Grimmigs Demontage
Genau so, wie der vom Untersberg begeisterte Chef des Salzburger LVT
einem ehemaligen Halleiner Polizisten, welcher übrigens vor Jahren
gemeinsam mit unserer Elisabeth auf Streife gefahren ist, weichen musste,
erging es nun auch dem Grimmig. Pollux, sein Vorgänger, ein Freund von
Gernot, ließ verlauten, dass es eben gewisse Regeln rund um das
Innenministerium gab, die auch von ausländischen Diensten wie der CIA
beeinflusst wurden. Er hatte schließlich seine eigenen Erfahrungen mit dem
amerikanischen Geheimdienst gemacht. Ob und wie das alles mit den
Nachforschungen am Untersberg zu tun hatte, konnte oder wollte er nicht
kommentieren. Dass aber Grimmig mit dem Untersberg etwas zu tun hatte,
sollte so gut wie sicher sein. Es schien ein richtiger Politkrimi zu werden.
Für Wolf war die Sache interessant, aber er wollte nicht noch tiefer
hineingezogen werden. Allerdings hatte er von seinen Informanten eine
Reihe brisanter Sachen erfahren und würde sozusagen das Ganze aus der
Ferne beobachten. Ein Anruf von Becker kam überraschend. Der Illuminat
meinte, dass der Grimmig auf alle Fälle wieder ins BVT als Chef
zurückkehren würde. Sogar gegen die Vorgehensweise des Innenministers.
Und so kam es schließlich auch. Grimmig wurde wieder auf seinen Posten
zurückbeordert.
Peter mit dem Leopold, der ebenfalls an dieser Sache interessiert war,
meinte zu ihm: „Du weißt aber schon, dass es inzwischen gefährlich werden
kann, wenn man behauptet, dass diese radikalen Islamisten die Wurzel allen
Übels sind. Nur allzu rasch kommst du dabei ins Visier dieser
Staatsschützer. Dort heißt es dann ‚Verhetzung‘ gegen Andersgläubige. Da
erhebt sich allerdings die Frage, wen diese Leute eigentlich schützen.“
„Ja“, bekräftigte Wolf, „ich weiß nicht, was da hinter den Kulissen
geschieht, aber ich sehe das christliche Abendland schön langsam in
Gefahr.“
„Recht interessant ist aber auch die Tatsache, dass unsere Regierung nun
doch zur Tat schreitet und Moscheen schließen lässt. Auch Imame samt
ihren Familien sollen ausgewiesen werden. Das ist dann natürlich keine
‚Verhetzung‘ gegen Andersgläubige. Nein, solche Aktionen sind zum
Schutze unserer Verfassung zu bewerten. Nicht zu vergessen ist, dass sich
der Türkenpräsident Erdogan auch schon zu Wort gemeldet hat und sagte,
dass er sich fürchte und die Schritte des österreichischen Bundeskanzlers
die Welt zu einem neuen Kreuzzug führen werden.
Nun, sei es, wie es sei, zumindest bewegt sich etwas“, gab Peter zu
bedenken.
„Wir werden je sehen, ob sich dadurch etwas ändern wird, aber es ist
traurig zusehen zu müssen, wie unsere Werte langsam zerstört werden“,
sagte Wolf. „Möglicherweise wird diese Vorgangsweise aus dem Ausland
gesteuert und unsere Staatsschützer müssen sich diesen Vorgaben
unterwerfen.“
Kapitel 11
Die Entdeckungen im Landlerwald am
Obersalzberg
Abermals traf sich Wolf alleine mit dem Illuminaten. Er wollte ihn fragen,
was es mit den paradoxen, ominösen Mysterien, von welchen er in letzter
Zeit des Öfteren in neu herausgekommenen Büchern gelesen hatte, auf sich
habe. Immer wieder stieß er dabei auf das Wort „mysteriös“.
„Wissen Sie“, meinte Becker, „es gibt Leute, die sich durch die
Verwendung von nicht allzu geläufigen Worten Gehör verschaffen wollen.
Da wird dann von äußeren und inneren Mysterien geredet, von Paradoxien
und Symbiosen zwischen Mensch, Geheimnis und Stein. Jeder sollte einmal
darüber nachdenken, worum es sich bei den vermeintlichen Mysterien
eigentlich handelt und wozu die anderen Wörter benützt werden. Es wird
eine Ausdrucksweise verwendet, welche nur so strotzt vor interessant
klingenden Ausdrücken. Sie soll vermutlich den Lesern vermitteln, dass es
sich hier um geheimes Wissen handeln soll. Anstatt in einfachen Sätzen zu
erklären versuchen, was für die Leute von Wichtigkeit ist, wird etwas
vorgegaukelt, was es gar nicht gibt. Und auch die Bedeutung dieser
sogenannten Mysterien ist nicht wichtig. Es wird, wie bereits gesagt, von
inneren sowie auch von äußeren Mysterien gesprochen. Vielleicht tauchen
in Kürze auch noch dazwischenliegende Mysterien auf? Es ist eine perfide
Art von Desinformation, welche den Suchenden zu verwirren versucht.
Aber niemals war so etwas auf Dauer von Erfolg gekrönt. Es ist belanglos,
von welcher Seite diese Versuche ausgehen. Tatsache ist jedenfalls, dass die
wahren Hintergründe und Ursachen durch solches Tun unerkannt bleiben
sollen. Meist stecken da eine starke Angst und Habgier dahinter und eine
Persönlichkeit, welche unbedingt Aufmerksamkeit erlangen will. Oft endet
so etwas in einer Katastrophe und diese Leute enden mitunter im Suizid.
So etwas soll Sie aber nicht beschäftigen. Sie haben anderes zu tun.
Wie ich Ihnen schon vor längerer Zeit mitgeteilt habe, ist es Ihre Aufgabe,
den Menschen, die es interessiert, die Hintergründe des Untersberges und
der damit verbundenen Geschichten näherzubringen. Und zwar in einfachen
Worten, ohne viel Schnickschnack. Lassen Sie sich nicht abbringen von
selbsternannten Experten, die mit hochtrabenden Fachausdrücken ihre
Werke anpreisen. Der Erfolg liegt nur darin, dass die Menschen Wissen für
sich daraus ziehen können. Denken Sie dabei an die alte Prophezeiung: ‚Er
wird den Sator wieder aufrichten‘ und lassen Sie sich nicht beirren. Es wird
nicht mehr lange dauern, da wird die Spreu vom Weizen getrennt werden.“
Wolf wollte gerade fragen, wann denn dieser Umbruch nun kommen
würde, als Becker ihm zuvorkam und meinte: „Die Bewusstseinsbildung
schreitet sehr rasch voran und damit auch die Entwicklung der Menschheit,
wenn auch nicht überall in gleichem Maße. Aber zumindest hierzulande im
deutschsprachigen Gebiet ist ein Erwachen im Gange, welches eine
gewaltige Veränderung auf vielen Gebieten auszulösen imstande ist. Warten
Sie noch ein kleines Weilchen.“
„Ich werde Ihren Rat beherzigen“, erwiderte Wolf, „aber es ist eben nicht
schön, zusehen zu müssen, wie Leute in die Irre geleitet werden.“
„So war es immer“, antwortete der Illuminat, „aber das gehört auch zur
Entwicklung der Menschheit. Jeder kann für sich selbst entscheiden,
welchen Weg er gehen will und welche sogenannte Lehren er annehmen
will.“
„Kann ich in solchen Fällen denn nicht eingreifen?“, fragte Wolf.
„Denken Sie zurück an Ihre Einweihung in den neunten Tempelgrad in
Zürich. Es war ein wunderschöner Pfingstsonntag und die Glocken des
nahen Mariendomes läuteten. Damals stellten Sie dem Logenmeister
dieselbe Frage, welche Sie schon Jahre zuvor bei Ihrer Einweihung in den
ersten Tempelgrad gestellt hatten. Es ging darum, wie weit Sie Ihre
Fähigkeiten dafür einsetzen dürfen, um letztendlich einem Menschen vor
Schaden und Leid zu bewahren. Sie verglichen es hypothetisch damit, dass
Sie einem fehlgeleiteten Menschen das Überqueren eines
hochwasserführenden Flusses über eine augenscheinlich intakte Holzbrücke
unmöglich machen könnten. Sie aus Ihrer Warte wüssten nämlich, dass die
Brücke auf der Unterseite völlig vermorscht ist. Der Betreffende sieht aber
nur den neuen Holzbelag auf der Oberseite. Er würde, wenn er sich auf die
Brücke begibt, nach deren unvermeidlichem Einsturz jämmerlich ertrinken.
Sie hätten jedoch theoretisch die Fähigkeit, mit einem Fingerschnippen die
Brücke vorher in die Luft zu sprengen und so dem armen Kerl das Leben zu
retten. Er würde das aber niemals verstehen und nur erbost über Ihr Tun
sein.“
„Ja ich erinnere mich“, antwortete Wolf, „der Logenmeister meinte
damals nur, ich könnte es ruhig tun und dem Mann die Brücke zerstören,
bevor er sie betreten kann, aber dann müsste ich damit rechnen, dass er es
bei der nächsten Brücke wieder versuchen würde und ich ihm in Zukunft
laufend alle Brücken sprengen müsse. Ich solle lieber lernen, ruhig
zuzusehen, was passiert, wenn einer einem guten Rat nicht zugeneigt ist.
Auch die anderen Fratres und Sorores stimmten der Antwort des Meisters
zu.“
„Sie sehen also, jetzt sind Sie in einer ähnlichen Situation, beherzigen Sie
den Rat des Meisters.“ Wolf verstand, was Becker meinte. Ihm würde es
künftig nicht mehr berühren, wenn sich manche Menschen von
irgendwelchen Leuten irreleiten lassen würden.
Kapitel 13
Die Höhle hinter dem Schießplatz
Nachdem Wolf nun sich ausführlich mit dem Inhalt der Flaschenpost
beschäftigt hatte, wollte er nun nochmals das Büchlein mit den
Geheimnissen der Rosenkreuzer ansehen. Die darin enthaltenen
Zeichnungen stellten allegorisch das Wissen der Bruderschaft im
sechzehnten Jahrhundert dar und waren mit geheimen Bildnissen nur so
gespickt. Da war die Rede von Valentin Andrae und von Christian
Rosenkreutz und dessen Grabmal. Dann stand da etwas von der Fama
Fraternitatis und von der Chymischen Hochzeit und eben auch von der
Tabula Smaragdina. Obwohl Wolf die alten Schriftzeichen einwandfrei
lesen konnte, so verstand er den Sinn der Wörter nicht einmal annähernd. Er
wusste auch keinen mehr, der ihm dabei helfen konnte. Keinen? Doch,
Becker würde ihm vielleicht behilflich sein können. Noch am selben Abend
nahm er Kontakt zu dem Illuminaten auf, der ihm jedoch nur den kurzen
Rat gab: „Suchen Sie in Ihren Rosenkreuzerunterlagen Ihre Antrittsrede als
Meister heraus und studieren Sie diese genau.“ Woher wusste Becker von
dieser von Wolf verfassten Rede? Er suchte dieses Papier aus den alten
Schriften, welche er seit über dreißig Jahren aufbewahrt hatte, heraus und
begann zu lesen:
„Fratres et Sorores, Ihr habt mich zum neuen Meister dieses Pronaos für
die nächsten Jahre gewählt. Ich will versuchen, Euch die Rosenkreuzer
Prinzipien in Demut näher zu bringen. Der Mensch ist frei, doch seit Äonen
mit der Materie behaftet, vergaß er seine Herkunft. Nicht gilt es
übernatürliche Fähigkeiten anzustreben, so verlockend es auch klingen
mag. Vielmehr gilt es den Löwen der Materie zu besiegen und zu zerteilen
um ihn danach behutsam wieder zusammenzusetzen. Dann aber wird er
Euch treu dienen und Ihr werdet Fähigkeiten erlangen, welche Euch zu
Meistern Eures Selbst machen werden. Ihr werdet Gott in Eurem Herzen
erkennen.“
Dreimal las er diese Zeilen, aber er konnte aber nichts Besonderes daran
finden.
Nochmals ersuchte er Becker um Hilfe.
„Sie müssen die einzelnen Worte genauer betrachten, dann wird sich ein
neuer Sinn ergeben, versuchen Sie es. Sie haben es damals schon sehr
genau formuliert.“
Plötzlich fiel es Wolf wie Schuppen von den Augen. Ja freilich, er
brauchte doch nur die Worte ganz einfach wortwörtlich verstehen. Dann
ergaben sie auch einen ganz anderen Sinn. Musste er dafür über sechzig
Jahre alt geworden sein, um das zu enträtseln? Er wusste, dass viele der
Rosenkreuzer Geheimnisse den Studierenden dieser Lehren vorbehalten
waren und nicht der Öffentlichkeit wahllos preisgegeben werden durften.
Nur allzu leicht würden sich dabei labile Persönlichkeiten in eine Pseudo-
Welt begeben und ähnlich einem Süchtigen in einen Wahn verfallen. Solche
Szenen hat es auch vor über einhundert Jahren schon gegeben.
Becker verwies Wolf noch auf das Buch vom englischen Schriftsteller
Bulwer Lytton „Zanoni.“ Das ist ein Rosenkreuzer Roman, welcher einen
Einweihungsweg in dramatischer Weise darstellt. Wolf nickte: „Ja, ich habe
diesen Roman schon vor über dreißig Jahren gelesen und fand ihn sehr
ergreifend. Auch habe ich dieses Buch, das bis heute immer wieder neu
aufgelegt wird, vielen Leuten zum Lesen empfohlen.“ „Dieses Buch ist wie
ein Spiegel, in dem man seine eigene Entwicklung sehen kann, wenn man
es nach Jahren nochmals liest“, erwiderte der Illuminat.
Kapitel 15
Die Einladung des Generals
Der General ließ Wolf über den neuen Kommunikationskanal ein Treffen
vorschlagen. Dies sollte aber absolut sicher sein. Die neuen
Abhörmaßnahmen der Dienste hatten inzwischen ein gefährliches Maß
erreicht. Aus diesem Grunde wurde das Treffen im Alten Gasthof
vereinbart. Und zwar in der Vergangenheit. Dazu müsste Wolf aber zu
einem der Eingänge in die Station kommen. Das aber wiederum könnte
fatale Folgen haben, denn wenn man seiner Spur folgen würde, wäre der
Ort des Eingangs den Geheimdiensten bekannt. Eine andere Möglichkeit
gab es aber auch noch. Becker sollte Wolf dazu verhelfen an einem
bestimmten Tag im Jahre 2009 dort hinzukommen. Der General selbst und
Obersturmbannführer Weber würden durch ihr einstellbares Dimensionstor
ebenfalls dorthin kommen.
Es würde das erste Mal sein, dass die SS-Leute auch mit Becker
zusammentreffen sollten.
Diese Art der Zusammenkunft war auch mit den modernsten Geräten
nicht zu entdecken.
Lediglich der genaue Termin wurde übermittelt. Als Wolf dem
Illuminaten die genauen Details bekannt gegeben hatte und dabei noch
überlegte, wie lange denn der Besuch in der Vergangenheit dauern würde,
schmunzelte dieser und sagte: „Wenn Sie möchten, können Sie in der
gleichen Minute wieder zurück in Ihrer Gegenwart sein.“ Wolf wusste das
bereits von verschiedenen Reisen mit Becker, die oft stundenlang dauerten
und bei denen er dennoch nach wenigen Minuten wieder in der Gegenwart
ankam.
„Das Einzige, auf was Sie achten müssen, wäre nur, dass Sie nicht zur
fraglichen Zeit bereits dort beim Alten Gasthof gewesen sind.“ „Warum“,
fragte Wolf, „weshalb ist das wichtig?“
„Weil Sie sich sonst selber dort treffen würden, was zu Schwierigkeiten
führen könnte.“ „Also gut“, erwiderte Wolf, „dann suche ich eben nach
einem Zeitraum, in welchem ich mit Linda in Ägypten war. Das würde auch
den Leuten im Gasthof nicht auffallen.“
Wolf suchte sich auch noch dazu einen Tag aus, an dem es warm war und
schönes Wetter herrschte. Da könnten sie alle im Gastgarten sitzen.
Es ging dann alles sehr schnell. Nachdem Wolf dem General den
Zeitpunkt mitgeteilt hatte, nahm ihn Becker bei der Hand und im selben
Moment standen sie beim Marmorbrunnen, wo auch bereits der General
und Weber warteten. Wolf, der diese Art des Reisens mit Becker schon seit
längerem kannte, war dennoch jedes Mal aufs Neue überrascht von der
Einfachheit, mit welcher der Illuminat das bewerkstelligte. „An diese Art
könnte ich mich gewöhnen“, sagte er, „und Zeit sparen lässt sich dabei
enorm.“ Becker meinte: „Ja, das ist so eine Sache mit der Zeit, aber was ist
schon Zeit?“
Wolf ging auf den General zu und stellte Becker den beiden als technischen
Begleiter vor, der ihm die Reise in die Vergangenheit ermöglichen konnte,
was ja eigentlich auch tatsächlich so war. Kammler verzog dabei keine
Miene. Offenbar war er ja selbst mit den Zeitreisen vertraut. Dann
überquerten sie die Straße und gingen gleich direkt durch den steinernen
Torbogen in den Gastgarten des Alten Gasthofs. Sandor, dem ungarischen
Oberkellner, fiel natürlich gar nichts auf, da ja Wolf öfters mit Leuten in den
Gasthof kam. Sandor kannte weder Becker noch die SS-Leute. Sie hatten
sich ganz hinten in den Gastgarten gesetzt, so dass auch keine ungebetenen
Zuhörer in der Nähe waren.
Als sich die vier an den Tisch gesetzt hatten, musterte Kammler den
Illuminaten genau und meinte schließlich: „Ich könnte schwören, dass ich
Sie schon irgendwo gesehen habe.“ Becker erwiderte lächelnd: „Das wäre
schon möglich, ich bin viel herumgereist.“ Der General griff sich an die
Stirne und entgegnete: „Ich glaube, dass Sie damals bei der Entwicklung
der ‚Glocke‘ im Forschungsstab dabei waren. Ihr Name war damals aber
nicht Becker, aber das kann ja alles eigentlich gar nicht möglich sein, denn
Ihr Aussehen ist noch genauso wie vor fünfundsiebzig Jahren.“
Becker lächelte und sagte zu ihm: „Sie sehen ja auch nicht gerade so aus,
als wären Sie über einhundert Jahre alt und die Glocke habe ich im alten
Indien vor einigen tausend Jahren auch schon gesehen.“ Kammler schaute,
ob dieser Worte nun etwas irritiert, sagte aber nichts dazu.
Monika, die Wirtin, kam vorbei. Wolf grüßte die junge Frau, welche sich
aber über die Begleitung Wolfs keine Gedanken zu machen schien. Nur zu
oft saß er hier im Gastgarten mit Leuten, mit welchen er über den
Untersberg sprach.
Ohne eine Miene zu verziehen, wandte sich der General nun Wolf zu:
„Die Zeit wird langsam knapp. Seitens der Regierungen sind bereits
Bestrebungen im Gange, die wichtigsten Straßen in Europa ‚panzertauglich‘
zu machen. Unzählige Brücken müssen dazu erneuert oder zumindest
verstärkt werden. Auch Verbreiterungen vieler Verkehrswege würden dafür
notwendig werden. Man kann aus diesen Planungen ersehen, dass
Bodenkämpfe und Truppenverlegungen in Erwägung gezogen werden.
Auch der Führer hat damals schon während des Krieges solche Planungen
und auch Ausführungen in Auftrag gegeben. Kennen Sie die Bauwerke von
General Todt?“
„Was wollen Sie damit andeuten?“, fragte Wolf.
„Dass sich der Zeitpunkt für eine Umwälzung vielleicht verschoben hat,
aber dass auch die Wahrscheinlichkeit einer kriegerischen
Auseinandersetzung immer größer wird. Wir werden jedenfalls nicht
tatenlos zusehen, wie im Reich die letzte Ordnung zerstört werden wird.“
„Bedeutet das“, fragte Wolf, „dass wir in absehbarer Zeit damit rechnen
können, dass Sie eingreifen werden?“
Der General sprach weiter.
„Noch nie zuvor sind Großraum-Transportflugzeuge der ‚Deutschen
Luftwaffe‘ hier in Salzburg gelandet. Bisher gab es nur ein paar
Freundschaftsbesuche von Maschinen der Royal Air Force Großbritanniens,
die aber keinem direkten Zweck des Militärs dienten. Die beiden deutschen
Großflugzeuge flogen letzte Woche von Norden her via Freilassing den
Salzburger Flughafen an. In der Folge gingen in den Stunden danach mehr
als hundert deutsche Soldaten samt Kampfausrüstung an Bord der
Maschinen. Das Ganze geschah unter Aufsicht von Offizieren des
Österreichischen Bundesheeres. Es soll sich dabei um eine deutsche Übung
an den Grenzen Russlands gehandelt haben.
Die Truppen gehörten zu den Bundeswehr-Standorten Bad Reichenhall
und Bischofswiesen bei Berchtesgaden. Dazu wurden Gerät, weitere
Waffen und Munition verladen. Nach einigen Stunden starteten die beiden
Großraumflugzeuge kurz hintereinander wieder in Richtung Tallinn in
Estland. Dort im Süden des kleinen baltischen Staates finden derzeit NATO-
Manöver statt. Damit soll auch den Nachbarn im riesigen Russland gezeigt
werden, dass die westlichen Verbündeten im Konfliktfall die kleinen
baltischen Staaten und Polen jederzeit verteidigen würden.
Das sind für mich alles Indizien, dass die Situation brisanter wird.“
Becker saß beinahe gelangweilt am Tisch und beobachtete die beiden SS-
Leute. Es sah so aus, als wüsste er bereits über die zukünftigen Ereignisse
Bescheid. Wahrscheinlich war es auch so. Aber der Illuminat würde aber
niemals etwas von den bevorstehenden Ereignissen kundtun. Wolf wollte
noch wissen, ob der General tatsächlich in der Lage war, das Wetter zu
beeinflussen.
Gerade als Sandor, der ungarische Kellner, mit den Getränken an den
Tisch kam, sagte Kammler: „Genauso wie das Unwetter hier in St.
Leonhard punktgenau niederging und der Grünbach die alten Stollen
verschüttet hat, sind wir in der Lage, solche Wettererscheinungen an jedem
Punkt im Lande zu erzeugen. Und dagegen gibt es keine Abwehr.“
Nur zu genau wusste Wolf, wozu die SS-Leute im Untersberg im Stande
waren. Er erinnerte sich ebenso exakt an das Erdbeben im Staufen Gebirge,
dem Nachbarberg vom Untersberg. Damals hatte ja Kammler auf die
Minute genau ein Erdbeben an diesem Berg vorausgesagt, als
Machtdemonstration sozusagen.
Sandor hatte beim Einschenken der Getränke einige der Worte des
Generals aufgeschnappt und fragte Wolf leise: „Wann war denn hier so ein
Unwetter? Ich habe davon gar nichts mitbekommen. Bin ich da etwa auf
Urlaub gewesen?“
Wolf reagierte automatisch und flüsterte ihm ins Ohr: „Sie wissen doch,
vor fünf Jahren, damals, als der Grünbach alles verwüstet hat. Wir haben
doch darüber gesprochen.“ Sandor schaute ihn fragend an. Er wusste von
nichts. Da fiel es Wolf ein, dass sie hier ja im Jahr 2009 waren und das
Unwetter erst in vier Jahren stattfinden würde. Ein strafender Blick von
Becker und Wolf wusste, dass er gerade eine unerlaubte „Prophezeiung“
von sich gegeben hatte. Er hoffte, dass Sandor diese Worte rasch wieder
vergessen würde.
Den SS-Leuten war Wolfs kurzes Gespräch mit dem Kellner nicht
aufgefallen.
Der General schaute nur manchmal Becker an, welcher nur als ruhiger
Zuhörer am Tisch saß.
Kammler wandte sich wieder an Wolf: „Mittlerweile haben wir von
sämtlichen Basen die Bestätigung erhalten, dass ein Eingreifen jederzeit
möglich ist. Der Umbruch kann somit stattfinden.“ „Sind Sie sich sicher,
dass eine kriegerische Auseinandersetzung vonnöten sein wird?», fragte
Becker.
Kammler, für den ein Krieg unausweichlich schien, blickte fragend den
Illuminaten an. Dieser erwiderte: „Was, glauben Sie, würde passieren, wenn
die europäischen Länder plötzlich über eine technische Errungenschaft
verfügen würden, welche ihnen Macht über die vielen extremen, Allah-
gläubigen Fremdlinge hierzulande gäbe?“ Kammler griff sich an der Stirn
und gab zur Antwort: „Was um Himmels willen sollte das sein, diese
technische Errungenschaft, von der Sie eben sprachen?“
„Ich habe in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in Triest
vor einem internationalen wissenschaftlichen Forum etwas vorgestellt, das
die ganze Weltordnung revolutionieren könnte. Leider wurde meine
Tätigkeit damals belächelt. Meine Theorie war ja tatsächlich im Bereich des
Unvorstellbaren. Mit sehr wenig Aufwand ließe sich damit bewerkstelligen,
dass unerwünschte, gefährliche Emigranten wieder rasch in ihre
Herkunftsländer zurückkehren würden, und zwar aus freien Stücken.“ „Mit
welcher Technologie“, fragte der General, „sollte so etwas überhaupt
möglich sein?“ Becker blickte Kammler durchdringend an und erwiderte:
„Sie selbst verfügen doch über solche Gerätschaften, welche die Gedanken
der Menschen massiv beeinflussen können.“ Wolf musste bei diesen Worten
Beckers sofort an den „Mantel des Vergessens“ des Generals denken.
Kammler fragte: „Und wie können wir an diese Technologie herankommen,
die uns so etwas ermöglichen würde?“ „Diese ist gar nicht so weit entfernt
von der, die sie selbst benützen“, gab Becker zur Antwort.
„Wir werden jedenfalls, wenn die Zeit gekommen ist, mit all unserer
Macht eingreifen und die Feinde des Reichs vernichten“, sagte der General
in festem Ton der Überzeugung.
Becker zeigte keine Regung. Er antwortete Kammler bloß:
„Möglicherweise werden Sie eines Besseren belehrt werden. Wie Sie ja
bereits wissen, bin ich in der Zukunft beheimatet. Ich weiß bereits, was in
den nächsten Jahren hier geschehen wird.“
„Dann sagen Sie es mir doch!“, fuhr ihn der General forsch an. Becker
blieb wie immer ruhig und erwiderte: „Sie wissen doch genau so wie ich,
dass in der Vergangenheit nichts wirklich verändert werden kann. Genau so
wäre es jetzt bei mir, wenn ich Ihnen die Zukunft beschreiben würde. Es
wäre nichts anderes als ein Eingreifen in eine Vergangenheit. Tun Sie, was
Sie für notwendig erachten, vielleicht ist es ja ohnehin das Richtige.“
„Das werde ich sehr wohl“, sagte der General in seinem gewohnten
barschen Tonfall, „da können Sie sicher sein und mit den uns zur Verfügung
stehenden Mitteln werden wir das deutsche Volk wieder von allem Übel
befreien.“
Becker nickte nur gelassen. Zu Wolf gewandt meinte er: „Sie werden sich
an dieses Gespräch erinnern können, aber es wird so sein, als hätten Sie das
Ganze nur geträumt. Heute sind wir hier im Gastgarten des Alten Gasthofes
im Sommer 2009, aber in wenigen Minuten stehen wir draußen bei Ihrem
Wagen und es ist Frühling 2018.“
Sie verabschiedeten sich von den beiden SS Leuten und begaben sich
nach draußen auf den Parkplatz beim Marmorbrunnen.
Kapitel 16
Der alte Schriftsteller
Wolf brannte noch eine Frage auf den Lippen. „Wäre es möglich, dass wir
den Science Fiction Schriftsteller zu seinen Lebzeiten besuchen könnten?
Vielleicht wäre von ihm etwas zu den ‚Flaschenpost-Manuskripten‘ zu
erfahren?“
„Ja, weshalb nicht“, antwortete der Illuminat, „und selbst wenn gerade
zufällig sein Sohn Robert, den Sie ja schon kennen, bei ihm wäre, täte das
nichts zur Sache, denn zu dieser Zeit haben Sie den Robert ja noch gar nicht
gekannt.“
Sein damaliger Wohnort in Ainring in der Nähe von Bad Reichenhall war
das Mozartstift. Eine noble Seniorenresidenz. Der Autor bewohnte dort das
Zimmer Nummer 71. Sie mussten einen Termin aussuchen, an welchem ein
Gespräch mit dem Autor noch einigermaßen möglich war. Der Schriftsteller
hatte doch ein Lungenemphysem und das Sprechen fiel ihm im
fortgeschrittenen Krankheitsverlauf bereits schwer.
Wie immer nahm Becker Wolf bei der Hand und die beiden standen vor
der Tür des Zimmers 71 im Mozartstift. Wolf klopfte an, dann betraten die
zwei den Raum. Hinter dem Bett stand eine blaue Sauerstoffflasche mit
einer Maske, aus welcher der Mann von Zeit zu Zeit einen tiefen Zug
einatmete. Der Schriftsteller hielt die beiden für Fans, welche ihn
interviewen wollten. Er bot ihnen Platz an und fragte, ob sie etwas zu
trinken haben wollten. Wolfs erste Frage betraf natürlich die Manuskripte
aus der Höhle, welche in Weinflaschen versteckt waren. Die Augen des
Schriftstellers begannen zu leuchten. „Sie haben sie also gefunden?“, fragte
er sichtlich erstaunt. „Ich habe in der Zwischenzeit aus diesem Manuskript
ein Buch gemacht. ‚Die Neun Unbekannten‘ habe ich es genannt. Ein
anderer Verlag hat es dann später nochmals herausgebracht. Unter dem Titel
‚Die unterirdische Macht‘. Und Sie haben die ursprüngliche
Manuskriptfassung entdeckt. Sagen Sie, wie sind Sie darauf gestoßen, das
würde mich sehr interessieren?“
Wolf erklärte ihm in kurzen Worten, wie er mit der Lehrerin Linda hinter
dem Schießplatz in Glanegg die Höhle gefunden hatte und dabei auf die
Flaschen mit den Manuskriptseiten gestoßen war. „Aber wieso haben Sie
dort überhaupt gesucht?“, wollte der Mann wissen. Jetzt erzählte ihm Wolf
von dem Rosenkreuzerbaron, welcher ihm schon vor vielen Jahren von den
Geheimnissen des Untersberges berichtet hatte. „Was, Sie kennen
Hjalmar?“, stieß er aufgeregt hervor, „der Kapitän ist ein alter Freund von
mir, wir haben viel über den Untersberg gesprochen.“ Der Schriftsteller
holte eine Flasche Whisky hervor und stellte drei Gläser auf den Tisch.
„Darauf müssen wir trinken! Ich hätte es eigentlich nicht für möglich
gehalten, dass irgendwer meine Aufzeichnungen jemals finden würde. Also
heben wir unsere Gläser darauf.“ Wolf, der ebenso wie Becker so gut wie
nie harte Getränke zu sich nahm, wollte zuerst ablehnen, aber als er sah,
dass ihm das nichts nützen würde, trank er den Becher Whisky mit
Todesverachtung hinunter. Wolf erzählte ihm von den Rosenkreuzern in
Salzburg und wie er zu den Geschichten um den Berg gekommen war. Im
Laufe des Gespräches stellte sich heraus, dass der Autor auch Roland den
Apotheker kannte, der sich ja ebenfalls intensiv mit dem Untersberg
beschäftigte. Wolf fiel dabei ein, dass das Grab von Roland ja nur wenige
Meter vom Grab des Autors entfernt am Maxglaner Friedhof in Salzburg
seinen Platz hatte. Ihm wurde dabei klar, dass er sich dank Beckers Hilfe
mit einem bereits Verstorbenen unterhielt, aber das verwunderte ihn schon
längst nicht mehr.
„Dass ich bisher noch nichts von Ihnen gehört habe“, meinte der Mann
verwundert. „Ja, das liegt vielleicht daran, dass ich erst seit zehn Jahren
Bücher über die Geheimnisse des Berges schreibe“, antwortete Wolf. Jetzt
war der Schriftsteller vollends verwirrt. Wolf wollte unbedingt wissen, ob
und was der Schriftsteller vom General wusste. Er wollte ihn aber nicht
überrumpeln und begann daher mit der Illuminatenhöhle und den drei
Deutschen, welche im August des Jahres 1987 am Untersberg
verschwunden waren.
„Das waren doch nur Spinner, die sich wichtigmachen wollten“, meinte
der Autor. Wolf vermied es, über die Einzelheiten und sein Treffen mit dem
Deutschen zu erzählen. Viel interessanter war es doch vom Schriftsteller
etwas Neues zu erfahren. Er fragte ihn auch über seine Erlebnisse in
Norwegen auf dem Gipfel dieses schneebedeckten Berges, wo er damals
diese seltsamen Gestalten getroffen hatte. Auch dazu bekam er vom
Schriftsteller nur das zu hören, was er bereits in dessen Buch gelesen hatte.
Erst als dieser von sich zu erzählen begann, wurde es interessant. Der Zufall
wollte es, dass der Autor im Jahr 1961 auch am Irschenberg wohnte, ganz
in der Nähe, wo Wolf auf einem Bauernhof seine ersten Lebensjahre
verbracht hatte. Auch später dann, hier im Mozartstift, wohnte der
Schriftsteller nur wenige hundert Meter von Claudias früherem Wohnort
entfernt. Alles nur Zufälle? Auch dass sein Lieblingsthema Zeitreisen waren
und Wolf in seinen Büchern auch immer wieder über solche berichtete, war
eine Gemeinsamkeit. Nur war es Wolf eben nicht vergönnt, den Autor zu
seinen Lebzeiten persönlich kennen zu lernen.
Becker war bis jetzt nur ruhig danebengesessen und hatte den beiden
zugehört. Plötzlich wandte sich der Schriftsteller an den Illuminaten und
fragte unvermittelt: „Darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Ich komme von dort, was Sie in Ihren Romanen immer gerne
beschrieben haben, nämlich aus der Zukunft.“ „Wie soll ich das
verstehen?“, fragte der über achtzigjährige Autor mit ungläubigem Blick.
„So wie ich es sage und Sie es immer wieder beschrieben haben. Es gibt
sie, die Zeitreisen. Ich komme aus dem Jahr 2091.“ Becker sagte das mit
einer Normalität, so als ob er jemandem die Uhrzeit mitteilen würde.
Die Augen des Schriftstellers begannen zu glänzen, obwohl sein
Gesichtsausdruck doch auf einen gewissen Zweifel schließen ließ. Wolf
wusste, dass er auch mit dem General Kontakt gehabt haben musste und
daher auch von den Zeitexperimenten Kammlers mit der „Glocke“
informiert sein würde.
Er unterließ es jedoch, ihn auf dieses Thema anzusprechen. Er wollte den
alten Mann nicht unnötig aufregen. Sie sprachen noch über die Zukunft der
Menschheit und wie seine Meinung darüber sei. Der Schriftsteller meinte
dazu:
„Wenn keine Katastrophe eintritt, die alles Leben auf unserem Planeten
auslöscht, könnte die Menschheit einfach verdummen. Ihr wird das Denken
abgenommen. Man drückt auf ein paar Knöpfe, und schon ist wieder ein
Problem scheinbar gelöst. In dieser Hinsicht verhalten sich selbst heute
noch intelligente Menschen nicht anders als Affen, die auf ein
Klingelzeichen hin die Klappe öffnen, um eine Banane zu erhalten. In
einigen Generationen werden sie ihre Finger gebrauchen müssen, um zwei
und zwei zusammenzuzählen, falls sie ihren Computer verlegt haben.“
Becker nickte nur, ohne sich aber dazu zu äußern. Er wusste ja viel mehr,
als er dazu sagen durfte.
Wolf sprach ihn auch noch auf die vor vielen Jahren geplante Expedition
mit Däniken an, wobei die Zeit- und Dimensionsportale am Untersberg
untersucht werden sollten. „Ja, freilich erinnere ich mich daran, aber da hat
irgendetwas nicht so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt hatten. Manche
Dinge entziehen sich eben unserer genauen Kenntnis.“
Wolf erwiderte: „Ja, Sie haben Recht, mir geht es genauso. Ich habe da
viele seltsame Sachen an dem Berg erlebt und auch ich kann sagen, dass es
ein heiliger Berg ist. Aber weshalb diese Phänomene gerade da geschehen
und was ihr Auslöser ist, darüber tappe ich absolut im Dunkeln.“
„Ich war schon immer der Ansicht, dass es sich um Relikte unserer Ahnen
von den Sternen handelt, die im Untersberg verborgen sind, und irgendwann
werden wir wieder mit diesen zusammentreffen – ‚ad astra‘“, gab der
Schriftsteller zur Antwort.
Bei diesen Worten huschte ein Lächeln über das Antlitz Beckers. Sicher
könnte er vieles dazu sagen, was er aber nicht tat.
Wolf, der ja wusste, dass der Schriftsteller bereits im Januar 2005
gestorben war, fiel ein, dass er im Laufe des Jahres 2005 sein erstes Buch
über das Mysterium des Untersberges zu schreiben begonnen hatte. Es
dauerte noch drei weitere Jahre, bis das Manuskript fertiggestellt war und
ein Verlag zur Veröffentlichung gefunden wurde. Irgendwie hatte das Ganze
den Anschein, als hätte Wolf die Geschichten des Schriftstellers mit seinen
Büchern irgendwie fortgesetzt. Aber auch das war wahrscheinlich wieder
nur ein Zufall. Die beiden verabschiedeten sich vom alten Schriftsteller und
Wolf versprach, eines Tages wieder auf Besuch zu kommen. Wann, wusste
er noch nicht. In der Zukunft oder in der Vergangenheit.
Kapitel 17
Die Legende vom Birnenmädchen
Florian, ein Bekannter von Wolf, erzählte ihm von einer seltsamen
Geschichte, welche sich vor über einhundert Jahren im Südosten der Insel
Teneriffa zugetragen hatte. Und zwar ganz in der Nähe der Ortschaft
Güimar. Diese Gegend war schon zur Guanchenzeit von den Ureinwohnern
der Kanaren besiedelt gewesen. Man schrieb das Jahr 1890. Dort am Fuße
der Berge über der kleinen Ortschaft lebte eine Bauernfamilie mit ihrer
kleinen Tochter. Weiter oben am Berg mündete eine Schlucht, die
„Barranco de Badajoz“, in der es fast immer neblig war. Hohe Felsen ragten
dort auf und es war irgendwie mystisch. Aber dort gab es einen alten,
wilden Birnbaum, welche kleine, süße Früchte trug. Schon des Öfteren
hatte das kleine Mädchen von dort oben Birnen geholt. Es kannte den Weg
dorthin recht gut und kam jedes Mal mit einem gefüllten Korb dieser
Früchte zurück nach Hause.
Eines Tages schickten die Eltern das Kind wieder einmal zu dem Baum,
um Birnen zu holen. Aber dieses Mal vergingen viel Stunden und das
Mädchen kam nicht mehr zurück zum Haus.
Die Eltern machten sich große Sorgen und baten Nachbarn und Hirten um
Hilfe, um nach dem Kind zu suchen. Doch soviel sie auch nach dem
Mädchen Ausschau hielten, es blieb verschwunden. Die Eltern waren
verzweifelt und große Trauer überfiel sie. Sie konnten sich nicht vorstellen,
was der Kleinen passiert sein konnte. Es gab dort keine wilden Tiere und es
waren auch keine gefährlichen Abgründe, wo das Kind hinuntergestürzt
sein konnte.
Dann, eines Tages nach über zwanzig Jahren, pochte es an der Türe und
das Mädchen stand vor ihnen. Sie sah noch genau so aus wie damals, als sie
zur Schlucht hinaufgegangen war, und hatte den mit Birnen gefüllten Korb
in ihrer Hand.
Die überglücklichen, aber fassungslosen Eltern wollten wissen, was sich
zugetragen hatte. Wo war ihre Tochter in all den Jahren gewesen? Was war
ihr passiert?
Das Mädchen erzählte ihnen daraufhin eine schier unglaubliche Geschichte:
An dem Tag ihres Verschwindens machte es sich wie immer auf den Weg
zur Schlucht von Badajoz. Denn es wusste ja, dass dort der Birnbaum stand,
der zu dieser Zeit besonders süße Früchte trug. Müde von dem langen Weg
und dem Pflücken der Birnen lehnte sich die Kleine an den Stamm des
Baumes und schlief ein.
Als sie wieder erwachte, stand vor ihr eine weiße Gestalt. Das Mädchen
fürchtete sich nicht, denn das Wesen war freundlich und es gab keinen
Grund, um ihm zu misstrauen. Die Gestalt lud das Mädchen ein, es zu
begleiten und sich die entfernte Welt anzusehen, aus der es kam.
Das Mädchen war neugierig und, ohne auch nur einen Moment zu zögern,
nahm es die Einladung an. Die weiße Gestalt führte das Kind zu einer
Höhle. In dieser Höhle führte eine lange Treppe hinunter zu einem
mystischen Ort. Das Mädchen folgte dem weißen Wesen. Am Ende der
Treppe war ein Ausgang, durch den sie in einen wunderschönen Garten
gelangten. Alle Wesen in diesem Garten ähnelten sich und glichen ihrem
weißen Begleiter.
Das Mädchen erzählte den Eltern, dass es nur ein paar Minuten in dem
Garten geblieben war. Es unterhielt sich auch nur kurz mit den Bewohnern
des abgeschiedenen Ortes und verabschiedete sich dann, um sich auf den
Heimweg zu machen. Ihr seltsamer und zugleich liebenswerter Begleiter
führte sie zurück zum Ausgang der Höhle in der Schlucht zurück.
Für das Kind waren nur ein paar Stunden vergangen – für die Eltern
Jahrzehnte.
Wolf war erstaunt über diese Geschichte und fragte Florian, was er denn
davon halte. Dieser hatte aber noch nachgeforscht und berichtete weiter.
„Ich habe da mit vielen Leuten gesprochen, die in diese Schlucht
hinaufgestiegen sind, aber bemerkenswert ist, dass noch heute manche
Besucher des Barranco de Badajoz berichten, dass an einigen Stellen der
Schlucht ihre Uhren stillstehen.
Bisher wurde von den weißen Wesen in der Schlucht nur Gutes berichtet.
So wird erzählt, dass zwei Jahre nach der Rückkehr des verschwundenen
Mädchens, im Jahre 1912, auch Bergleute die Bekanntschaft mit den
mystischen Gestalten machten. So sollen sich drei weiße Wesen den
Arbeitern, die auf der Suche nach Wasser waren, gezeigt haben. Diese
steilste und tiefste Schlucht auf Teneriffa, auf der Ostseite der zentralen
Bergkette, ist ein Ort, um den sich allerlei mystische Erzählungen ranken.
Der Barranco de Badajoz in den meist von Wolken verhüllten Bergen von
Güimar ist ein geheimnisvoller Riss in der Landschaft, in dem recht
seltsame Dinge passieren. Einige dieser Geschichten möchte ich Ihnen
erzählen:
Nach der spanischen Eroberung der Insel wurde dieser Landstrich an den
Edelmann Juan de Badajoz vergeben, daher der Name. Bei den Guanchen
hieß diese Landschaft Chamoco, die Schlucht ist deshalb auch heute noch
als Barranco de Chamoco bekannt.
Im Jahre 1912 befanden sich zwei Arbeiter in einem Wasserstollen, ganz
am Ende der Schlucht, als die Wand, an der sie arbeiteten, einstürzte.
Dahinter öffnete sich ein sehr weiter Tunnel, und sie sahen drei weiße
Wesen, die offensichtlich nicht zur Arbeitertruppe gehörten. Sie kamen ein
Stück über dem Boden schwebend näher.
Ab hier gibt es zwei Versionen der Geschichte:
Einerseits sagt man, dass die beiden Arbeiter einen Riesenschreck bekamen
und so schnell wie möglich zur Polizei nach Güimar liefen, um den Vorfall
anzuzeigen. Auf der Polizeistation ist jedoch keine solche Anzeige bekannt,
sei es, weil sie nie stattfand oder die Akten auf geheimnisvolle Weise
wieder verschwunden sind.
Die andere Version ist, dass sie sich mit den drei Lichtgestalten unterhalten
haben und diese ihnen sogar die richtige Stelle zeigten, wo sie nach Wasser
graben sollten. Das taten sie, und das Wasser sprudelte aus dem Felsen.
Doch als man später die Stelle wieder aufsuchte, konnte man die
eingestürzte Wand nicht mehr finden und auch kein Wasser, alles war wie
vorher. Und seit dieser Zeit will niemand mehr im Barranco wohnen.
Vielleicht waren die Männer ja auch nur etwas benommen vom
Sauerstoffmangel im Tunnel?“
Wolf hatte interessiert zugehört und meinte: „Und ist auch heutzutage etwas
von dieser geheimnisvollen Schlucht bekannt geworden?“
Florian erwiderte: „Ich habe natürlich auch weiter nachgeforscht und bin
auf ganz eigenartige Erzählungen gestoßen.
Es gibt einige Berichte aus den neunziger Jahren über eine Insel, die man
aus diesem Barranco heraus sehen könnte, wenn man Richtung Meer blickt.
Doch es kann nicht die Nachbarinsel Gran Canaria sein. Zeugen
beschrieben diese Insel als sehr hell, wie aus Glas, und sie sahen ein Licht
in Form eines Schiffes, das von dieser Insel ablegte, sich mit großer
Geschwindigkeit den Felswänden der Schlucht näherte und sich dann
auflöste. Über diese Vorfälle wurde sogar in einigen spanischen
Zeitschriften berichtet, die sich mit übernatürlichen Phänomenen
beschäftigten. Anwohner, die oft in der Nähe des Barranco arbeiten,
bestätigen ebenfalls, dass sie ein helles Licht auf dem Meer beobachten, das
sich wie eine gläserne Insel aus dem Wasser erhebt. Darauf folgte jedes Mal
ein starker Luftstrom, der in die Schlucht hineinbläst. Dieses Phänomen
wird begleitet von heftigen Geräuschen.“
Wolf fiel bei dieser Sache auf, dass diese gläserne Kristallinsel genau in
Richtung der Ufo Landestelle von Las Rosas auf Gran Canaria liegen
musste. Er würde das auf alle Fälle nachprüfen.
Florian fuhr fort: „Da ist noch etwas“, sagte er, „hoch in den Felswänden,
die den Barranco umrahmen, gibt es eine völlig unzugängliche Höhle, in
einer Höhe von ungefähr einhundert Meter. An deren Eingang kann man
mit einem Fernglas eine Art Holzgestell aus zwölf Stangen sehen.
Wozu das sein soll, ist völlig unbekannt. Vor allem, weil es keinen Weg
dorthin gibt.
Der spanische Forscher Francisco Remedios behauptet, dass die
Ureinwohner, die Guanchen, dort ihre besonders zu ehrenden Verstorbenen
aufhängten. Die Vögel konnten das Fleisch von den Knochen lösen und so
den Körper in die Ewigkeit tragen. Grabstätten in Höhlen sind auch von
anderen Schluchten bekannt, aber nie in so großer Höhe. Und wie wurde
der Leichnam dort hinauf transportiert?
Am 28. Juli 1991 wurde in einer Höhle in der Schlucht der Griff eines
Dolches gefunden, der die Form eines geflügelten Wesens hat. Solche
Symbole wurden auch in der Ideologie der Nationalsozialisten verwendet,
da ihnen besondere Kräfte und Fähigkeiten zugeschrieben wurden. Der
Dolch soll einem SS-Mann gehört haben, der vielleicht auf der Suche nach
magischen Kräutern war, wird erzählt. Sicher ist, dass Einheiten der
deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs auf Teneriffa waren.
Aber ob tatsächlich die Nazis im Barranco de Badajoz herumstöberten, das
ist nur eine Vermutung und gehört ins Reich der Legenden.
Im Jahr 2005 machten drei Freunde eine Exkursion in den Barranco zur
Naturbeobachtung. Sie gingen spät zurück und es wurde in der engen
Schlucht bereits dunkel. Da hörten sie ein lautes Flattern über ihren Köpfen,
sie duckten sich und schützten sich mit den Armen, da sie Angst hatten, mit
etwas zusammenzustoßen.
Sie leuchteten mit ihren Taschenlampen nach oben, aber es war nichts zu
sehen. Es kam das leise Schluchzen eines Kindes dazu und ein tiefes,
geheimnisvolles Krächzen, das sie gehörig in Schrecken versetzte. In einem
Reflex drückte einer von ihnen auf den Auslöser seiner Kamera, obwohl
eigentlich nichts zu sehen war. Aber auf dem Bild fand er nachher ein
Gespenst mit zwei Flügeln.
Es gibt viele Zeugen, die fest behaupten, eine ähnliche Erfahrung gemacht
zu haben. Oder haben wir es einfach nur mit Fledermäusen zu tun?
Eines ist aber klar: Diese tiefe Schlucht bietet mit ihren wabernden
Nebelschwaden, den imposanten Felswänden und dem undurchdringlichen
Gebüsch wahrlich Anlass genug dafür, dass aus einfachen Geschehnissen
geheimnisvolle Legenden entstehen können. Es lohnt sich allemal, auf einer
Wanderung den Barranco zu erforschen.“
Wolf bedankte sich bei Florian und hatte bereits den Entschluss gefasst bei
einem neuerlichen Besuch auf den Kanaren diesen Barranco zu besuchen.
Kapitel 18
Die Geheimnisse von Güimar
„Ich werde dem General im Berg einen Besuch abstatten, wenn Sie
möchten, können Sie gerne mitkommen“, meinte Becker beim nächsten
Treffen mit Wolf.
„Wie soll das möglich sein?“, antwortete dieser. „Eine Stunde im Berg
wären für mich doch dreihundert Stunden?“
„Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen“, lächelte Becker,
„wenn Sie mit mir unterwegs sind, können Sie schon eine Minute nach dem
Treffen wieder hier sein.“ Wolf wusste zwar, dass Becker solche
Zeitsprünge jederzeit durchführen konnte, aber ebenso konnte er sich
erinnern, dass ein Aufenthalt in der Station des Generals einen enormen
Zeitverlust nach sich zog. Aber er würde dem Illuminaten vertrauen. „Wann
soll das geschehen“, fragte ihn Wolf, „ich muss doch Kammler vorher
Bescheid geben?“
„Nein, das brauchen Sie nicht, wir können auch unangemeldet bei ihm
erscheinen.“ Wolf war überrascht.
„Kommen Sie, wir machen das gleich“, sagte Becker und nahm Wolf bei
der Hand.
Im nächsten Moment befanden sich die zwei in der Station, direkt neben
dem Energie-Generator. Wolf hatte diesen Raum schon einmal vor Jahren
betreten und hatte ein mulmiges Gefühl. Damals waren innerhalb von
Minuten viele Stunden für ihn vergangen. Aber er vertraute Becker. Eine
Ordonanz wurde zu Kammler gesandt. Der General war rasch zur Stelle und
sah Becker ungläubig an. „Wie sind Sie unbemerkt hier in unsere Station
hereingekommen?“, fragte er.
„Ich glaube, wir brauchen uns mit solchen Kleinigkeiten nicht
aufzuhalten“, erwiderte Becker, „wichtig ist nun, Ihnen mitzuteilen, dass
bald auch die Geheimdienste in der Lage sein werden, Ihr Reich hier im
Untersberg zu betreten.“
„Das ist völlig unmöglich“, schnaubte Kammler, dem seine Wut deutlich
anzusehen war.
„Wie Sie sehen können, sind wir beide“, er deutete dabei auf Wolf, „ja
auch ohne Ihre Hilfe in Ihre Station gelangt.“
„Sie glauben tatsächlich, dass es auch andere Leute gibt, die so etwas
bewerkstelligen können?“
„Nun“, versuchte der Illuminat den General zu beruhigen, „das müssten
schon Leute aus der fernen Zukunft sein und ich weiß nicht, ob da jemand
an Ihnen Interesse haben sollte.“
Das schien den General nicht sonderlich zu beeindrucken. Allein die
Tatsache, dass heute zum ersten Mal stationsfremde Personen ohne
Einladung hierherkommen konnten, beschäftigte ihn zutiefst.
„Der Grund, weshalb ich zu Ihnen gekommen bin, ist folgender: Ich will
Ihnen auf keinen Fall Ihre Entscheidungen zunichtemachen, aber es ist nicht
notwendig eine unmittelbare Aktion zu starten. Da gibt es noch andere,
welche ein viel größeres Potential besitzen und die auch an einem massiven
Eingreifen interessiert sind. Warten Sie es ab. Sie können dann immer noch
mit Ihren Bataillonen dazustoßen, wenn es so weit ist.“
„Wer soll da noch dazukommen?“, fragte Kammler erstaunt.
„Diejenigen, von denen die Konstruktionspläne der Glocke sind und die
auch die Technologie der Scheiben haben“, erwiderte Becker.
„Woher wissen Sie das?“, fragte Kammler. „Ich weiß es eben“, antwortete
der Illuminat und Wolf stand sprachlos neben den beiden. Der General
stand auf und sagte: „Nehmen wir einmal an, es wäre so, wie Sie sagen,
würde dann ein weiteres Zuwarten nicht den Tod von vielen Deutschen
bedeuten?“
„Das sehe ich nicht so“, antwortete Becker, „denn wenn die anderen für
eine saubere Lösung sorgen, dann wird es ziemlich sicher kaum große
Opferzahlen geben.“
„Eine Hilfestellung kann ich Ihnen noch geben“, ergänzte Becker, „ich
habe beste Kontakte zu den betreffenden Ministerien und kann Ihnen
Informationen geben, die Ihnen Ihre Entscheidung erleichtern können.“ Der
General schaute ihn nachdenklich an. „Auch wenn es zurzeit ganz anders
aussieht, sind in Deutschland und auch in Teilen der EU bereits
Maßnahmen in Gang gesetzt worden, die sehr effektiv sind und auch in
absehbarer Zeit Wirkung zeigen werden.“
„Gut, dann lassen Sie mir diese Informationen zukommen und wenn es
tatsächlich so sein sollte, wie Sie sagen, dann werde ich meine
Entscheidung noch überdenken. Wir alle wollen doch Frieden für
Deutschland.“ „So möge es sein“, gab Becker zur Antwort. „Wir gehen nun
wieder nach draußen“, sagte Becker noch zu Kammler, welcher im nächsten
Augenblick feststellen musste, dass die beiden praktisch vor seinen Augen
verschwunden waren.
Als Wolf mit Becker wieder vor dem Marmorbrunnen beim Alten Gasthof
stand, schaute er hastig auf seine Armbanduhr. Der Illuminat sah ihm
lächelnd zu und meinte: „Sehen Sie, es sind doch keine zwei Minuten
gewesen, seit wir zum General in seine Station gegangen sind.“
„Wie machen Sie das?“, fragte Wolf völlig erstaunt. Doch statt einer
Antwort meinte Becker bloß: „Wollen wir uns noch kurz in den Gastgarten
setzen?“
„Was meinen Sie“, fragte Wolf, „wird es nun gar nicht zum großen
Eingreifen des Generals kommen? Und stimmt das mit den ‚Anderen‘?“
„Ja, freilich entspricht das alles den Tatsachen, aber auch ich darf nicht
dem General seine Absichten vereiteln. Ich vermute aber, dass er ein
Einsehen haben wird.“
Becker und Wolf saßen noch eine geraume Weile im Gastgarten vom
Alten Gasthof. Thomas, der Wirt, kam kurz vorbei und grüßte die beiden.
Wolf war sich dessen bewusst, dass er noch so manche Zeitreise mit
Becker machen würde. Von Wolf darauf angesprochen, meinte dieser, es
würde sich ohnehin bald alles ändern und auch Zeitreisen würden dann für
jedermann möglich werden.
Kapitel 20
Der unsichtbare Wanderer
Es war ein herrlicher Tag im Mai und es waren schon zahlreiche Touristen
am Untersberg. Zwar lag an manchen Stellen des Gipfelplateaus noch etwas
Schnee, aber das war für die Leute kein Hindernis. So auch nicht für Gerald
und Christine, welche an diesem Tag eine ausgiebige Tour am Untersberg
machen wollten. Da die meisten Leute, welche mit der Seilbahn auf den
Berg fuhren, nur bis zum Kreuz und wieder zurück gingen, waren sie nach
einer halben Stunde ganz allein auf weiter Flur. Sie wollten bis zum
Störhaus gehen und erst von dort nach einer Rast wieder zur Bergstation der
Seilbahn zurückkehren. Sie mussten oben am Plateau so manches
Schneefeld überqueren, wobei sie keinerlei menschliche Fußspuren sehen
konnten. Von Zeit zu Zeit blieben sie stehen und Gerald machte ein paar
Aufnahmen mit seiner Kamera.
Plötzlich sagte Christine: „Schau, da sind Spuren im Schnee“, und deutete
auf eine Stelle etwa zwanzig Meter vor ihnen. Die beiden gingen an die
besagte Stelle und staunten nicht schlecht, als zu sehen war, dass diese
Spuren dort mitten im Schneefeld ihren Ursprung hatten. „Das sieht so aus,
als wäre ein Fallschirmspringer hier ganz sachte gelandet und
weitergegangen“, witzelte Gerald. Aber so sehr die beiden nach dem
Verursacher dieser Spur Ausschau hielten, sie konnten nichts entdecken.
Es waren eindeutig männliche Schuhabdrücke, ungefähr Größe 44 und
etwa zehn Zentimeter in den Schnee hineingedrückt. Sie folgten der Spur,
bis diese nach hundert Metern mitten im Schneefeld aufhörte. „Das ist
wirklich eigenartig“, meinte Christine, „wie ist so etwas möglich?“
Auch Gerald war das nicht ganz geheuer. Aber sie konnten weit und breit
niemanden sehen, der für diese Spur verantwortlich gewesen sein könnte.
Nach einiger Zeit gelangten sie wieder auf schneefreies Gelände und
erreichten nach weiteren zwei Stunden das Störhaus, wo sie Rast machten.
Sie ließen sich die Geschichte vom Unfall in der Riesending Höhle,
welche ganz in der Nähe des Schutzhauses war, erzählen. Als die zwei sich
wieder zum Rückweg aufmachen wollten, sahen die draußen vor der Türe
einen Mann, der eine Drohne in der Hand hielt. Er begrüßte Gerald und
Christine und meinte: „Ich habe euch vorher mit meinem Fluggerät
fotografiert, als ihr das große Schneefeld überquert habt. Wollt ihr es
sehen?“
Er hielt ihnen den Monitor hin und sie konnten sehen, wie sie die Spur vor
ihnen im Schnee bestaunten. Von der Drohne hatten sie nichts bemerkt.
„Stopp“, rief plötzlich Gerald, „fahren Sie ein Stück zurück.“
Da sah man auf dem Display einen Mann im Schneefeld, keine zwanzig
Meter vor ihnen. „Aber der war doch gar nicht da“, rief Christine. „Wir
haben doch nur Spuren gesehen“, ergänzte Gerald. Der Mann mit der
Drohne zeigte ihnen nun den ganzen Film und darauf war dieser Kerl noch
eine ganze Weile zu sehen, bis er dann urplötzlich mitten im Schneefeld
verschwand.
„Ja, solche Sachen habe ich hier schon öfters beobachtet. Auf der
Speicherkarte meiner Drohne sind Leute zu sehen, die ich eigentlich mit
meinen Augen gar nicht gesehen habe. Es scheint so, als wäre dabei der
Blickwinkel entscheidend. Von oben gesehen sieht man etwas, was
horizontal nicht sichtbar ist. Nur was die Spuren dieses Mannes betrifft,
weiß ich auch nicht zu erklären.“ „Kommt so etwas hier öfters vor“, fragte
Christine.
„Ab und zu“, erwiderte der Mann mit der Drohne. „Eine Besonderheit war
vorigen Herbst, als ich für einen Augenblick eine riesige, diskusförmige
Scheibe auf der Speicherkarte hatte. Nur für zwei Sekunden. Keine
Ahnung, was das war. Zumindest geschah es auch in derselben Gegend, wo
jetzt noch das große Schneefeld ist.“
Eine Zeit lang sahen sich Gerald und Christine die Bilder der Drohne an,
dann meinte der Mann, er werde ihnen, wenn er wieder im Tal sei, mehrere
solcher seltsamen Aufzeichnungen zeigen. Sie ließen sich seine Karte geben
und machten sich wieder auf den Rückweg. Sie folgten ihren Spuren, als sie
über das Schneefeld gingen. Dort konnten die beiden in der Mitte des
Feldes die Fußstapfen des Unbekannten deutlich sehen.
Gerald, welcher von Wolfs Nachforschungen am Untersberg bereits
gehört hatte, meldete sich ein paar Tage später bei ihm und erzählte von
dem eigenartigen Erlebnis am Berg.
Wolf erinnerte sich, als er letztes Jahr mit der Cessna über das
Untersbergplateau geflogen war. Da hatte er auf seinen Instrumenten
kurzzeitige, eigenartige Aussetzer festgestellt. Am auffälligsten waren die
Anzeigen des GPS im Flugzeug. Ob das etwas mit diesen Sichtungen mit
der Drohne zu tun hatte? Wolf beschloss den Drohnenbesitzer aufzusuchen
und sich mit ihm zu unterhalten.
Der Mann mit der Drohne, er war von Berchtesgaden, war sehr erstaunt,
als er von Wolfs Erlebnissen am Untersberg erfuhr. Aber auch Wolf selbst
hörte wieder einmal echte Neuigkeiten vom Berg. Allerdings konnten sich
beide kein Bild davon machen, was die Ursache dieser Sachen war.
Wolf würde Becker fragen, worum es dabei ging.
Waren es geheimnisvolle Aktivitäten der CIA oder hatte es doch vielleicht
mit den „Anderen“ zu tun, deren silberne Scheiben in der Halle der
Erkenntnis standen?
Die Antwort des Illuminaten war irgendwie kryptisch. „Es gibt viele, die
das Geheimnis des Untersberges lüften wollen, dessen können Sie sicher
sein. Auch die Anderen sind hier seit Urzeiten vertreten. Ihre Spuren finden
sehr wenige, was aber ihre Existenz nicht infrage stellt. Manche Dinge sind
gewollt von diesen, aber nicht alle.“
Wolf überlegte und dachte dabei an die Halle der Erkenntnis. So als ob
der Illuminat seine Gedanken lesen könnte, sprach er weiter: „Denken Sie
an das alte Gedicht auf dem Zettel:
Nun war der Schnee vom Obersalzberg endgültig verschwunden und Wolf
machte sich auf den Weg, dort oben Nachschau zu halten. Alle geteerten
alten Straßen waren mittlerweile weggerissen und bei den verbleibenden
Wegen war überall nur ein Schotterbelag zu sehen. Die Verbotsschilder
waren weggeräumt worden und auch die großen Halden, auf denen der ach
so „giftige“ Teerbelag gelagert worden war, gab es nicht mehr.
Wolf ließ seinen Wagen in der Nähe der Kehlsteinstraße stehen und wollte
zu Fuß die Lage erkunden. Insbesondere der Zustand von N2 interessierte
ihn. Als er so im Landlerwald umherstreifte, fielen ihm markierte Bäume
auf. Zuerst glaubte er an forsttechnische Maßnahmen, dann aber bemerkte
er, dass diese Markierungen sich auf vergrabene Kabel beziehen mussten,
da sie in einer gerade Linie lagen. Schon vor vielen Jahren hatte Apollo die
Idee geäußert, dass von N2 aus Leitungen im Wald verlegt worden waren.
Er hatte damals sogar eines dieser „Telefonkabel“, wie er es nannte,
ausgegraben. Es war in einer Tiefe von knapp einem Meter verlegt worden.
An sich waren diese Leitungen keine Besonderheit. Was aber Wolfs
Aufmerksamkeit erregte, war, dass es einige Stellen in unmittelbarer Nähe
von N2 gab, an denen augenscheinlich recht tief gegraben wurde. Da
mussten sogar kleinere Bagger im Einsatz gewesen sein, was immer noch
sichtbare Raupenspuren bestätigten.
Wolf würde den Forstarbeiter fragen, ob der mehr wüsste.
Er hatte eine kleine Led-Lampe dabei und ging hinunter zu N2. Man
konnte klar erkennen, dass diese „Straßenarbeiter“ auch hier untern im
Gewölbe gewesen sein mussten. Dort zwischen den vier Säulen, wo einst
die Lehrerin Linda dieses Druckgefühl im Kopf hatte und Wolf dann Jahre
später mit einer großen Akku-Bohrmaschine ein tiefes Loch in den
Betonboden bohrte, war der Boden fein säuberlich gereinigt worden. So
sauber, dass Wolf sogar das unscheinbare, acht Millimeter kleine Bohrloch
sehen konnte.
Wonach suchten diese Leute? Etwa nach dem Gold? Er beschloss daher
zum Teich zu gehen, um auch dort Nachschau zu halten. Er ging also von
der Schotterstraße rechts in den Wald hinunter, aber da war alles
unverändert. Der Teich und seine Umgebung sahen gleich aus, so wie vor
Jahren.
Er ging also wieder hinauf zum Schotterweg. Nicht weit entfernt müsste
jetzt der kleine Pfad hinauf zum Kuppelgewölbe N3 sein, dachte er und
ging weiter. Tatsächlich fand er auch diesen schmalen Steig, den ihm einst
der Forstarbeiter gezeigt hatte. Er dachte daran, wie er damals den kleinen
Stromgenerator hinaufgeschleppt hatte.
Oben, an der Felswand angekommen, war aber nichts mehr von dem
verschütteten Eingang zu N3 zu sehen. Wolf ging trotzdem ein Stück an der
Wand entlang, konnte aber keinerlei Spuren von Arbeitsmaschinen
entdecken. Da musste jemand ganze Arbeit geleistet haben, und zwar von
Hand aus. Die Stelle, wo früher das alte, vermorschte Holztor lag, war
absolut unkenntlich gemacht worden. Irgendwie war Wolf froh, dass er
damals vor Jahren den Betonboden unter der großen Feuerschale
aufgestemmt hatte. Die beiden schwarzen Turmaline, die er dort fand, lagen
in Sicherheit in seinem Glaskasten zuhause. Er bedauerte, dass er damals
keine Fotos von N3 gemacht hatte. Plötzlich hörte er von der Straße her ein
Auto fahren. Er musste aus der Richtung der Ligeret Alm kommen, dort,
wo Bormann seine Alm hatte. Die Straße würde wahrscheinlich intakt sein,
so wie vor Beginn der Arbeiten. Man konnte bis zur Scharitzkehl Alm
fahren.
Wolf verhielt sich ruhig und konnte einen Unimog von Ferne ausmachen,
der sich langsam auf der Jagdstraße von Hitler bewegte.
Das könnte doch der Forstarbeiter sein, welcher ihm schon so viel hier am
Berg gezeigt hatte. Rasch stieg er wieder zum Weg hinunter und kam
gerade noch rechtzeitig an, bevor der Unimog die Stelle passierte.
Tatsächlich war es sein Bekannter, der Forstarbeiter Manfred, welcher das
Fahrzeug lenkte. Er hielt an, als er Wolf erkannte, stellte den Wagen ab und
stieg aus.
„Wo hast du deinen Wagen abgestellt?“, fragte Manfred, „normalerweise
fährst du doch immer hier im Fahrverbot herum.“
Wolf lachte: „Ich muss mich doch auch mal selber bewegen, das ist gut
für die Linie.“
„Spaß beiseite, ich habe gesehen, dass du von oben, vom verschütteten
Eingang vom N3 gekommen bist. Wie sieht es oben an der Felswand aus?“
Wolf schüttelte den Kopf: „Diese Burschen haben gründliche Arbeit
geleistet. Dort, wo wir beide damals in dieses kuppelförmige Gewölbe
hineingegangen sind, ist überhaupt nichts mehr zu sehen. Alles ist fein
säuberlich ‚renaturiert‘ worden.“
„Du glaubst, dass die den N3 leergeräumt haben?“
„Viel war da nicht mehr zum Ausräumen, höchstens die große
Feuerschale in der Mitte des Raumes und das Edelstahlschild beim Eingang
mit der Aufschrift ‚Wir sind hier‘, aber das Wichtigste, die beiden
schwarzen Turmaline unter der Feuerschale, die habe ich damals mit dem
Bohrhammer herausgestemmt.“
„Wozu der ganze Hokuspokus von Himmler, denn dem traue ich das alles
zu, gut war. Ich kann es mir nicht vorstellen.“
Der Forstarbeiter zuckte nur mit den Achseln und meinte zu Wolf:
„Komm, steig ein, ich werde dir etwas zeigen.“
Sie fuhren wieder bergwärts, bis sie zur Abzweigung kamen, die linke
Hand hinunter führte zum General Scheer Blick.
Das war praktisch nur eine Umkehrschleife, auf welcher man wieder
hinauf zur Jagdstraße kam. Unten angekommen meinte er: „Du musst dir
das so vorstellen, dass hier in der Hitlerzeit keine Bäume standen. Die
Fichten, die du hier siehst, sind keine achtzig Jahre alt. Man konnte von hier
aus einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt Berchtesgaden haben.“ „Ja“,
antwortete Wolf, „ich kenne die Geschichte.“
„Komm, steig aus, ich werde dir etwas zeigen.“
Sie brauchten nicht weit zu gehen, da konnten sie ein großes tiefes Loch
sehen, dass augenscheinlich von einem Bagger gegraben sein musste.
„Wozu soll das gut sein?“, fragte Wolf.
„Das frage ich mich auch. Die haben sich nicht einmal mehr die Mühe
gemacht, die Grube wieder aufzufüllen.“
„Oben am Klingeck wurde auch gegraben, aber dort haben sie die Löcher
wenigstens wieder zugeschüttet“, sagte Manfred. Sie fuhren wieder ein
Stück weiter in Richtung N2, als dieser den Unimog abermals anhielt. „Hier
haben die Leute einen verrosteten Stahlträger ausgegraben. Der hatte ein
betoniertes Fundament und war kippbar. Wahrscheinlich eine Art
Antennenmast. Vermutlich hatte das mit der Funkverbindung nach
Südamerika zu tun.“ „So wie der riesige Bergkristall tief unter dem
Klingeck“, ergänzte Wolf.
„Vergiss nicht, hier standen vor siebzig, achtzig Jahren kaum Bäume. Das
‚Bienenhaus‘, unter dem sich dieser unterirdische Säulenraum ‚N2‘ befand,
stand auf einer sonnigen Bergwiese“, erklärte Manfred. „Du musst dir diese
Gegend hier komplett anders vorstellen. Ich habe alte Fotos bei uns im
Archiv gesehen, das sah einmal richtig lieblich aus, nicht so ein Urwald wie
jetzt.“
Inzwischen waren sie bei der Kehlsteinstraße angelangt. Wolf bedankte
sich bei Manfred für den kleinen Ausflug und ersuchte ihn, bei den
Ausgräbern nachzufragen, was da eigentlich alles gefunden wurde. Er ging
zu seinem Wagen und fuhr nach Hause.
Er erzählte Claudia von seinem Treffen mit Manfred. „Sag mal, könnten
wir nicht kurz hinauffahren zur Jagdstraße, ich würde mir gerne mal die neu
gestalteten Wege ansehen?“
„Ja“, erwiderte Wolf, „und ich werde mir den Geigerzähler mitnehmen,
ich habe da so eine Vermutung.“
Am folgenden Samstag fuhren sie auf den Obersalzberg hinauf und weiter
zur Rossfeld Mautstraße. Sie bezahlten ihr Ticket und fuhren dann einen
guten Kilometer weiter bis zur Abzweigung der Forststraße. Diese war
durch den dauernden Schwerverkehr ein recht fester Weg geworden. Wolf
fuhr weiter bis zur Kehlsteinstraße und ließ dort im Landlerwald seinen
Wagen stehen. „Aber von hier aus gehen wir zu Fuß“, meinte die junge
Frau, „da sehen wir viel mehr und können auch durch den Wald streifen.“
Wolf nahm seinen Geigerzähler hervor und begann das Gerät zu
beobachten, während sie die frisch geschotterten Wege entlanggingen.
Ihm fiel auf, dass die Anzeigen in früheren Jahren wesentlich höher
ausgefallen waren als nun. „Was glaubst du, weshalb das so ist?“, fragte er
Claudia. „Vielleicht haben die Leute die Ursache dieser radioaktiven
Strahlung entdeckt und entfernt?“ „Wäre möglich“, meinte Claudia.
Sie machten noch einen Abstecher zum unterirdischen Gewölbe N2,
welches Claudia bereits kannte. Auch sie war erstaunt über den sauberen
Boden, auf welchen sie auch Wolfs Bohrloch noch entdecken konnte.
„Da hat sich aber jemand bemüht, den Boden blank zu kehren“, meinte
sie.
Dieses Mal spürte Claudia in dem Gewölbe aber absolut keine
Beklemmung. Es war jetzt alles vollkommen normal. „Greif aber hier unten
bloß nichts an“, sagte Wolf zu ihr und deutete dabei auf seinen Fuß, welcher
noch immer am Schienbein eine dunkelrote Farbe hatte.
„Denk an das Senfgas, welches mir vor vielen Jahren diese
Verbrennungen beschert hat.“
Claudia schauderte bei dieser Vorstellung. Ob die Grabungsmannschaften
auch von dieser Sache wussten? Wohl kaum, denn ansonsten wäre N2
bestimmt zugeschüttet worden.
Auf einen Besuch des Klingeckes verzichteten die beiden, da es dort
außer dem neuangelegten Schotterweg nichts zu sehen gab.
Kapitel 22
Das Keltengrab am Untersberg
Von Norbert erfuhr Wolf, dass es am Untersberg auch Keltensiedlungen
geben sollte. Und auch Gräber der Kelten wären dort. Der Grundbesitzer
wollte dies aber absolut geheim halten, da er sonst damit rechnen musste,
dass diese Entdeckung viele Leute anziehen würde und die heilige Ruhe
dort am Berg nicht mehr gewährleistet wäre.
Norbert hatte schon vor Jahren von diesen Siedlungen, welche sich auf
der halben Höhe des Untersberges befanden, gehört und Wolf auch damals
schon mitgeteilt.
Der dreißigste April stand kurz bevor. Zu dieser Jahreszeit wurde in
früheren Zeiten auch das Fest „Beltane“ gefeiert.
„Weißt du“, sagte Claudia zu Wolf, „dass Beltane das zweitwichtigste Fest
der Kelten war. Es ist genau sechs Monate nach Samhain. Während zu
Samhain die Ernte bereits eingebracht war, der Anderswelt gedacht wurde
und man sich auf die Winterszeit vorbereitete, war zu Beltane genau das
Gegenteil der Fall. Feuer wurden entfacht und rauschende Feste gefeiert,
bei denen die Fruchtbarkeit und auch die Sexualität im Vordergrund
standen.“
„So, so“, erwiderte Wolf, „also so ähnlich wie bei den Hexen in der
Walpurgisnacht, die ja auch in der Nacht zum ersten Mai gefeiert wird?“
„Ja freilich, diese uralten Feste wurden ja durch die Zeiten hindurch
weitergegeben. Nur andere Namen gab man ihnen. Könnten wir zu diesem
Datum nicht zu den verborgenen Keltenstätten am Untersberg hinaufgehen?
Norbert hat dir die Stellen ja beschrieben.“
„Du weißt schon, was du da von mir verlangst. Dort hinauf führen zum
Teil nicht einmal beschilderte Wege. Aber wir werden das tun, sofern das
Wetter mitspielt.“ Claudia freute sich, denn endlich nahm sie Wolf wieder
einmal mit auf den Berg.
Dort oben hatte Norbert eine ganz kleine Höhle gefunden. Man konnte sie
eigentlich nur als ein Loch im Boden bezeichnen.
Norbert ließ damals einen kleinen Stein hinunterfallen und war ganz
erstaunt, als er danach den Aufschlag vernahm. Dieser klang so, als würde
der Stein auf einen metallenen Untergrund aufgetroffen sein. Er versuchte
es noch zweimal und es war wiederum genau dasselbe Geräusch zu hören.
Das Loch war aber in keinem Höhlen-Kataster eingezeichnet.
Ganz in der Nähe waren kleine Hügel zu sehen, welche Norbert als
Überreste von Keltensiedlungen identifizierte.
Der Aufstieg würde gut neunzig Minuten dauern. Das wäre ungefähr die
Hälfte des Weges bis zur Klingeralm. Claudia hatte ihren kleinen Rucksack
gepackt und Wolf trug eigentlich nur zwei Messgeräte und seine Kamera
mit sich. Sie ließen ihren Wagen in der Nähe des Aufstiegs zur
Illuminatenhöhle stehen. Nach einem relativ leichten Weg durch den Wald
kamen sie dann an den so genannten Windlöchern vorbei. Das waren zirka
siebzehn, mehr oder weniger große Höhleneingänge, die zu einem fast
dreizehn Kilometer langen Höhlensystem gehörten. Aus einem der Löcher
wehte ein eiskalter Wind, so dass es die beiden beim Vorübergehen direkt
fröstelte.
Es dauerte nicht mehr lange, da erreichten die beiden die von Norbert
beschriebene Stelle mit dem kleinen Loch in der Wiese.
Claudia, welche brennend neugierig war, warf einen kleinen Stein hinein
und tatsächlich war ein metallisch klingendes Geräusch beim Aufschlag zu
hören.
Wolf hatte es sich auf der grünen Bergwiese bequem gemacht und
schaltete seine Instrumente ein. Da war gar nichts Besonderes. Weder der
Geigerzähler noch der Magnetfeldmesser zeigten etwas Auffälliges an.
Interessant waren lediglich die kleinen Hügel in der Wiese, die Norbert
schon aufgefallen waren. Auch eine etwa achtzig Zentimeter große
Steinplatte, welche hier mitten in der Wiese lag, war irgendwie seltsam.
Claudia wollte sie anheben, was ihr aber nicht gelang, und so holte sie Wolf
zu Hilfe. Mit vereinten Kräften gelang es den beiden den Stein aufzuheben.
Sie kippten ihn auf die Seite. Claudia rief: „Schau, was da in der Erde
liegt!“ Wolf konnte es kaum glauben. Da war ein kleiner Plastiksack mit
irgendwelchen Sachen darin. Claudia öffnete das kleine Säckchen und fand
darin einige alte, patinierte Bronzestückchen. Wolf betrachtete die Sachen
und meinte: „Das sind bestimmt Artefakte aus der Keltenzeit. Die hat
wahrscheinlich jemand hier in der Nähe ausgegraben und aus irgendeinem
Grund unter dieser Steinplatte versteckt. Vielleicht wollte er seine Funde
wieder loswerden?“ „Mag schon sein“, antwortete die junge Frau, „aber
jetzt habe ich sie gefunden und nehme sie auch mit.“
„Du weißt ja, ein Stück weiter oben ist doch die Klingeralm, die hat etwas
mit der Loretto Bewegung zu tun. Da kommen oft recht viele, vornehmlich
junge Leute herauf. Da wird dann viel gebetet. Dort oben stehen auch
Statuen und Kreuze. Außerdem hat man da einen wunderschönen Ausblick
auf die Stadt Salzburg. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass einer von
diesen Gläubigen die Dinger hier ausgegraben hat. Es weiß ja offiziell kaum
jemand von einer Keltensiedlung hier am Berg.“
„Nun“, antwortete Claudia, „der Norbert hat es ja auch gewusst. Also
werden sicher auch andere davon erfahren haben.“
„Weil du gerade Norbert erwähnst“, erwiderte Wolf, „der hat doch vor
Jahren hier in einer kleinen Höhle ein ‚Benedictus‘ Kreuz gefunden. Das
wird bei Exorzismen verwendet. Nur frage ich mich, wer hier am
Untersberg Teufelsaustreibungen veranstalten will. Ob das etwas mit diesen
Gebetsbrüdern zu tun hat, die weiter oben auf dem kleinen Plateau ihre
Versammlungen haben? Die müssten ja dann den Untersberg oder
zumindest seine Höhlen mit dem Bösen gleichsetzen. Das kann ich mir
beim besten Willen nicht vorstellen.“
„Diese Gebetsbrüder haben auch etwas mit der Loreto Kirche in Salzburg
zu tun. Man schreibt das Wort übrigens mit einem ‚T‘. Dort in dieser
kleinen, alten Kirche gibt es das so genannte ‚Loreto Kindel‘. Das ist eine
elf Zentimeter große Elfenbeinfigur aus dem siebzehnten Jahrhundert,
welche ein edelsteinbesetztes, von den Nonnen gefertigtes Kleid trägt. Viele
Gläubige kommen aus nah und fern in die Loretokirche, um sich dieses Jesu
Kindel von einer Nonne auf das Haupt setzten zu lassen. Eine Klosterfrau
spricht dazu einen Segen. Die an den Wänden der Kirche aufgehängten
Votiv Bilder zeugen davon, dass viele Wunder im Zusammenhang mit dem
Loretokindel geschehen sind.
Du siehst also, hier bei uns in Salzburg gibt es einige wundersame
Geschichten. Nicht nur der Untersberg ist sozusagen sagenhaft.“
Kapitel 23
Die verschwundene Drohne
Eine recht seltsame Mail erreichte Wolf. Ein Mann aus Mittelfranken,
welcher auch ein großes Interesse an den Geheimnissen des Untersberges
hatte, berichtete darin, dass er einen Oktokopter, also eine Drohne mit acht
Rotoren und einer relativ langen Flugdauer, an den Steilhängen der
Nordseite des Berges zur Erkundung fliegen ließ. Der Mann wollte Fotos
und Videos von absolut unzugänglichen Teilen des Untersberges machen.
Er ließ das Fluggerät dabei sehr nahe an die senkrecht abfallenden Felsen
fliegen. Dabei geschah dann das Unfassbare. Obwohl der Pilot die Drohne
auf Sichtkontakt steuerte und diese zusätzlich auch mit GPS und Radar
ausgerüstet war, verschwand der Oktokopter plötzlich vor den Augen des
Mannes. Dessen Bestürzung war groß, denn das Fluggerät hatte einen Wert
von vielen tausend Euro. Zwar verfügte die Drohne über zahlreiche
Sicherheitseinrichtungen, welche im Falle eines Funkausfalles ein
vollkommen autonomes Fliegen gewährleisteten. Das Gerät konnte in
diesem Notfall-Modus sämtlichen Hindernissen selbständig ausweichen und
auf einem zuvor gespeicherten Notlandeplatz sicher aufsetzen. Dies sollte
dann zum Tragen kommen, wenn die Drohne aus irgendeinem Grund die
Verbindung zum Sender verlieren würde. In der aktuellen Situation war das
aber keineswegs der Fall. Es bestand ja sogar Sichtkontakt. Sosehr sich der
Deutsche auch bemühte, konnte er jedoch nichts von seinem Fluggerät
erblicken. Schließlich blieb ihm nur noch die Hoffnung das teure Stück auf
dem eingespeicherten Notlandefeld, einer kleinen Wiese unterhalb der
Felswände, zu finden. Er machte sich also auf den Weg nach oben und
erreichte nach zwanzig Minuten Aufstieg die Stelle, wo der Oktokopter
hätte landen sollen. Aber auch dort war keine Spur von dem Fluggerät. Die
Akkus mussten zu diesem Zeitpunkt bereits leer geworden sein. Es gab
praktisch keine Hoffnung mehr. Er sah sich auf dem Monitor nochmals
genau die letzten Minuten an, welche die drei Kameras aufgenommen
hatten. Es war nichts Auffälliges darauf zu sehen. Die Drohne schwebte
einige Meter von der Felswand entfernt und sendete gestochen scharfe
Bilder. Dann plötzlich gab es von allen drei Kameras kein Bild mehr. Er
konnte anhand dieser Aufnahmen auch sehr genau den letzten Standort des
Gerätes bestimmen. Er setzte sich ins Gras und überlegte. Falls die Drohne
abgestürzt wäre, hätte sie ein betreffendes Notsignal gesendet, aber auch
das war nicht der Fall. Das Fluggerät hatte auch so etwas wie eine Blackbox
mit einem Notfallsender, der vierzehn Tage lang ein Peilsignal senden
würde. Aber auch das kam nicht an. Schließlich schaltete er den Sender aus.
Während der Deutsche noch überlegte, hörte er plötzlich ein Surren über
sich und sah, wie sein Oktokopter im sanften Sinkflug auf die Wiese
zusteuerte.
Der Mann war vollkommen perplex. Was ging hier vor? Die Drohne
konnte nach dieser Zeit auf keinen Fall mehr vom Akku Strom erhalten.
Wenige Meter von ihm entfernt landete das Gerät sanft und schaltete
selbständig die Rotoren ab. Jetzt stellte er seinen Sender wieder an und
siehe da, die verbliebene Akkuleistung war noch über siebzig Prozent, und
das nach einer Stunde vermeintlicher Flugzeit.
Hier ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. Erst als er über seinen
Sender die Zeit abrief, wurde ihm klar, dass der Oktokopter nur wenige
Minuten geflogen war. Es war aber mittlerweile eine gute Stunde
vergangen.
Auch als er den aufgezeichneten Film vom Gerät kontrollierte, war keine
Ungereimtheit darauf zu sehen. Und das, obwohl über fünfzig Minuten der
Flugzeit fehlten. Es sah so aus, als hätte irgendetwas dort in der Nähe der
Felswand die Zeit angehalten, als das Fluggerät verschwunden war.
Der Mann übermittelte Wolf in seiner Mail die exakten Koordinaten und
ersuchte ihn, diese keinesfalls zu veröffentlichen.
Als dieser Claudia von dem Vorfall erzählte, meinte diese: „Das ist ja eine
arge Sache. Stell dir vor, so etwas wäre dir passiert, als du mit der Cessna
um den Untersberg geflogen bist.“
„In gewisser Weise bin ich wahrscheinlich mit diesem Phänomen auch in
Kontakt gekommen, wenn eben nur in abgeschwächter Form. Du erinnerst
dich, als ich dir erzählt habe, dass genau in dieser Gegend einmal das GPS
verrückt gespielt und völlig falsche Koordinaten ausgegeben hat.“ „Ja, ich
erinnere mich“, meinte die junge Frau. „Außerdem bin ich ja in so ein
Zeitphänomen vor Jahren mit der Silvia hineingeraten. Damals auf den
Kanaren, als wir südlich der Insel La Palma in eine Nebelbank flogen. Da
haben doch das GPS und der Funk ausgesetzt und wir sahen dann plötzlich
die sagenhafte Insel ‚San Borondon‘, die wir dann auch umrundeten. Als
wir dann dieselbe Route wieder zurückflogen, hatten wir ja auch einen
massiven Zeitverlust, den ich dem Copiloten unmöglich erklären konnte.“
Claudia nickte, Wolf hatte ihr diese Begebenheit ja schon ausführlich
erzählt. „Hast du dich damals eigentlich nicht gefürchtet? Ihr müsst ja in
einer sehr fernen Vergangenheit gewesen sein?“
„Da fällt mir noch eine eigenartige Geschichte auf, die ich vor Jahren
gelesen habe“, antwortete Wolf. „In den USA wurde eine militärische
Rakete getestet. Sie sollte zwanzig Minuten fliegen und dann ins Meer
stürzen. Das Geschoss hob plangemäß ab und verschwand plötzlich vor den
Augen der Beobachter am wolkenlosen Himmel. Am Radar war nichts
mehr von ihr zu sehen. Auch im Zielgebiet kam die Rakete nicht an.
Man konnte sich das Verschwinden des Flugkörpers nicht erklären.
Doch plötzlich nach acht Stunden tauchte die Rakete wieder auf. Und
zwar genau an dem Punkt, wo sie verschwunden war. Ihr Treibstoff hätte
aber maximal für dreißig Minuten gereicht. Was war geschehen? Lange
wurde über diese Sache diskutiert, aber niemand konnte nur ansatzweise
das Verschwinden der Rakete erklären.“
„Die ist eben in ein Zeitloch geraten“, stellte Claudia fest. „Weißt du
was“, sagte sie, „wir gehen nächstes Mal zu dieser Felswand, und zwar
genau unterhalb der Stelle, an welcher der Oktokopter verschwunden ist.
Dort lassen wir einen Gas-Luftballon an einer langen Schnur aufsteigen und
schauen, was dann passiert.“
Wolf hatte zuhause zwei Helium-Kartuschen und einige Ballons für den
Kinderfasching liegen. Die nahmen sie mit und gingen damit zur besagten
Stelle, welche die beiden mit dem GPS auch rasch fanden.
Wolf füllte einen Ballon und ließ ihn an der Schnur aufsteigen. Es waren
fast einhundert Meter, als der grellrote Ballon urplötzlich verschwand. Die
Schnur jedoch blieb scheinbar in der Luft stehen wie bei einem indischen
Seiltrick. Wolf zog daran und nach einigen Metern war der rote Ballon
wieder zu sehen.
„Wo war der Luftballon jetzt gerade?“, fragte Claudia erschrocken.
Anstatt ihr eine Antwort zu geben, ließ Wolf den Ballon wieder etwas
steigen. Auch jetzt verschwand er wieder und war nicht mehr zu sehen.
„Vielleicht sehen ihn jetzt die Mönche im Kloster im Untersberg“, lachte
Claudia.
Wolf war sich aber nicht im Klaren, ob diese Stelle fix war oder ob es sich
um ein temporäres Phänomen handelte. Sie würde es noch einige Male mit
dem Ballon nachprüfen.
Er schrieb eine Mail an den Deutschen und teilte ihm darin sein Erlebnis
mit dem Ballon mit. Bis zur Klärung der ganzen Sache wollten die beiden
aber niemandem die genaue Stelle bekanntgeben.
Kapitel 24
Der Aufruf des Generals
Noch einmal bat Wolf den Illuminaten, mit ihm gemeinsam den General in
seiner Station aufzusuchen. Er wollte sehen, ob und was Kammler nun
vorhatte.
Er traf sich mit Becker beim Brunnen des Alten Gasthofes. Es war am
frühen Vormittag und Monika, die Wirtin, ging gerade mit einer Gießkanne
am Haus entlang, um die Blumenkästen zu bewässern.
Sie sprach mit Wolf und war zutiefst erstaunt, als plötzlich Becker neben
ihm stand. Sie konnte sich nicht vorstellen, woher dieser gerade gekommen
war.
Die beiden gingen ein Stück hinter den Marmorbrunnen und Becker
meinte: „Sie möchten also sehen, welche Schritte der General bereits in die
Wege geleitet hat?“ Wolf nickte, es war ihm ein Anliegen, darüber Bescheid
zu wissen. Unzählige Anfragen wegen des bevorstehenden Umbruchs hatte
er in den letzten Wochen bereits erhalten und wusste nicht, was er den
Leuten sagen sollte.
„Ja, das möchte ich“, antwortete er.
„Gut“, erwiderte Becker, „dann gehen wir jetzt zu Kammler“ und er nahm
Wolf beim linken Handgelenk. Im nächsten Augenblick standen sie wie
beim letzten Mal im Generatorraum der Station im Untersberg.
Auch diesmal war Kammler rasch zur Stelle. Ohne Umschweife klärte er
Wolf und Becker darüber auf, dass die Vorbereitungen für einen Einsatz
bereits voll im Gange seien. Nicht nur die Kommandanten der
verschiedenen Basen waren in Alarmbereitschaft versetzt worden, sondern
auch zahlreiche hochrangige Entscheidungsträger in Deutschland und
Österreich, welche sich bereit erklärt hatten, bei dieser Aktion mitzuhelfen.
Gerade diese Leute waren aber jetzt einer großen Gefährdung ausgesetzt,
denn wenn sie auch nicht öffentlich auftraten, so waren sie doch den
offiziellen Stellen ein Dorn im Auge und konnten daher nur im Untergrund
mithelfen.
„Kommen Sie mit“, sagte der General und führte die beiden in einen
großen Raum, in dem sich wie in einer Art Kommandozentrale bereits viele
ranghohe SS-Leute befanden. Es waren aber auch etliche Zivilisten unter
ihnen, die vermutlich zu den Helfern des Generals gehörten.
„Es werden bereits die letzten Einsatzbesprechungen durchgeführt. Sie
können Ihren Freunden bereits bestätigen, dass wir viele Verbündete haben
werden und die Gefährdung der Bevölkerung minimal zu halten
versuchen.“
Es waren Abordnungen von anderen SS-Einheiten zu sehen, was Wolf
auch an deren Uniformen sehen konnte.
Becker sah sorgenvoll in die Runde. Es war ihm ja hinreichend bekannt,
dass die Zukunft, wie er sie bereits kannte, noch jederzeit durch massive
Eingriffe verändert werden konnte. Aber das lag nicht in seiner Macht.
Wolf war erstaunt, welche Gesichter er hier unter den Zivilisten entdeckte.
Da waren bekannte Persönlichkeiten, welche er vom Fernsehen her
kannte.
Nie hätte er es für möglich gehalten, dass diese Leute auf der Seite des
Generals standen. Aber das war durchaus zu begrüßen. Wenn all diese ihre
Macht einsetzen könnten, um diese Umwälzung zu unterstützen, dann
könnte das Unterfangen durchaus von Erfolg gekrönt sein.
Nicht zu unterschätzen waren natürlich die Truppen des Generals.
Aber als ein riesiges, noch weitgehend unbekanntes Potential waren die
„Anderen“ einzustufen. Mit ihren „Waffen“ konnten diese derart viel
ausrichten, wie es keine Armee der Welt schaffen würde.
Es gab also zahlreiche Verbündete, welche diesen Kampf unterstützen
würden. Wolf selbst hatte sich so etwas gar nicht vorstellen können, aber es
war so. Hinzu kam natürlich auch noch das morphogenetische Feld des
Untersberges. Auch das wurde täglich größer und war nicht zu
unterschätzen.
Auf zahlreichen Monitoren in dem Raum konnte man silberne Scheiben in
Hangars sehen, welche auf ihren Einsatzbefehl zu warten schienen. „Das
hätte der Walter Ernsting sehen müssen“, meinte Wolf zu Becker, „über
solche Dinger hat er ja zeit seines Lebens geschrieben.“
Der Illuminat nickte: „Ja, wir können ihn gerne nochmal besuchen, wenn
Sie möchten. Im Übrigen sind die Scheiben auf den Bildschirmen nicht jene
des Generals. Das sind Flugscheiben von den Anderen.“
„Das heißt ja dann, dass auch die Anderen mit dabei sein werden?“, fragte
Wolf.
„Was die ganze Umwälzung sehr viel ruhiger ablaufen lassen wird“,
ergänzte Becker.
Kapitel 28
Die Liste
Für Wolf stellte sich seit vielen Jahren die Frage, weshalb manche Leute,
mit denen er beruflich zu tun gehabt hatte, in mittlerem Alter plötzlich
verstarben. Einem Mitarbeiter in seiner damaligen Firma in Hallein war das
ebenfalls aufgefallen. Dieser Mann, er hieß Martin, meinte: „Das kann doch
alles kein Zufall sein. Fast jedes Mal, wenn dich jemand massiv ungerecht
behandelt oder dir Schaden zufügt, ereilt denselben ein früher Tod. Ich habe
das aufgeschrieben und eine Liste erstellt. Das sind bereits fünfzehn
Personen. Deren Ableben kam meist sehr plötzlich. Hast du diese Leute
etwa verflucht?“
Natürlich wunderte es Wolf auch, was da geschah, und er gab ihm damals
zur Antwort: „Martin, an Verfluchungen, Magie und Sonstiges glaube ich
absolut nicht und zu tun habe ich damit auch rein gar nichts. Freilich fällt es
mir auch auf und auch Karin, der Sekretärin, ist das Ganze nicht geheuer.“
Es waren alles natürliche Todesfälle. Meist betraf es Leute im Alter von
vierzig bis knapp über fünfzig Jahren. Die einzige Gemeinsamkeit, welche
allen Fällen zugrunde lag, war, dass diese Menschen Wolf massiv geschadet
hatten. Im Büro von Wolfs Firma gab es damals schon den geflügelten Satz:
„Kommt Herr X jetzt auch auf die Fluchliste?“ In einigen Fällen passierte
dann tatsächlich etwas. Zwar war Wolf dann nicht wirklich traurig darüber,
aber er hatte absolut nichts mit diesen Dingen zu tun. Martin war sich da
nicht so sicher, aber ihm fiel es am ehesten auf, da er einen guten
Menschenverstand hatte und auch Einblick in die Machenschaften der
Betreffenden. Nachdem aber über das Unternehmen von Wolf die Insolvenz
eröffnet wurde, sahen Martin und die anderen Mitarbeiter im Büro schon
die dafür Verantwortlichen tot umfallen. Nur Wolf meinte damals: „Wer
weiß, wofür das Ganze gut ist, so habe ich mehr Zeit zum Bücherschreiben
und mein Auskommen habe ich natürlich auch weiterhin.
Freilich wurde durch die Machenschaften von einigen Leuten meine
Firma vernichtet, aber betroffen sind da schon eher die Mitarbeiter, welche
jetzt ohne gutbezahlte Arbeit dastehen werden. Es ist leicht vorstellbar, dass
so mancher, der diesen Konkurs mitverursacht hat, das Zeitliche wird
segnen müssen. Aber das hat nichts mit mir zu tun, obwohl ich diesen
Leuten nicht unbedingt das Beste wünschen kann.“
Er würde nun mit Becker darüber sprechen. Vielleicht konnte dieser ihm
dieses Phänomen erklären.
Becker versuchte, ihm darzulegen, was es mit diesen seltsamen Zufällen
zu tun hatte. „Vor einiger Zeit habe ich Ihnen bereits gesagt, dass Sie ein
gewisser Schutz umgibt. Bei vielen Ihrer Unternehmungen hätten Sie schon
umkommen können. Beim Fliegen, beim Autofahren oder im Winter am
Berg, aber Ihre Zeit war noch nicht gekommen. Sie haben noch eine
Aufgabe. Um diese erfüllen zu können, durften Ihre Gedanken nicht
hasserfüllt gegen Ihre Feinde sein. So sind diese Leute einfach
verschwunden und Sie brauchten sich nicht mehr mit ihnen in Gedanken zu
beschäftigen.“
„Dann hat das also doch etwas mit mir zu tun“, fragte Wolf.
„Ja“, erwiderte Becker, „in gewisser Weise schon, aber nicht Sie selbst
haben diese Vorgänge ausgelöst. Das wurde von den Betreffenden selbst
verursacht.“
„Da bin ich beruhigt“, antwortete Wolf.
„Sie sollten sich auch gar nicht mit diesen Dingen beschäftigen, auch
nicht in Gedanken. Sie haben genug anderes zu tun.“
„Ich weiß“, antwortete Wolf.
Kapitel 29
Das Vermächtnis des Schriftstellers
So wie es Becker versprochen hatte, würde er mit Wolf noch einmal zu dem
Schriftsteller nach Ainring in die Seniorenresidenz Mozartstift gehen. Um
das Gespräch mit dem schwerkranken Mann abzukürzen, würden die beiden
für den Besuch ein Datum wählen, welches nach ihrem ersten Treffen mit
dem Schriftsteller lag. Dann brauchten viele Dinge nicht noch einmal
erklärt werden. Es waren dann tatsächlich nur einige Tage später, als Becker
und Wolf vor dem Zimmer Nummer 71 auftauchten. Sie klopften und traten
ein. Der Mann hatte gerade wieder einige Züge von seiner Sauerstoffflasche
genommen, als er Becker und Wolf erblickte. Er war sichtlich erfreut, die
zwei zu sehen. Wieder lud er sie auf einen Schluck Bourbon Whisky ein.
„Ich habe viel nachgedacht über mein Manuskript, meine
Aufzeichnungen, welche Sie gefunden haben“, wandte er sich an Wolf.
„Die eigentliche Frage, die sich mir stellt, ist aber folgende: Weshalb haben
Sie dort hinter dem Schießplatz gesucht. Erstens darf und kann man da gar
nicht ohne weiteres hingehen, weil es im Sperrgebiet des Schießplatzes
liegt, und zweitens, was hofften Sie dort zu finden?“
Wolf überlegte kurz und antwortete: „Ja, Sie haben Recht, so ohne
weiteres haben wir auch nicht dorthin gehen können. Wir sind erst in der
Nacht bei Finsternis gegangen. Vom Bürgermeister hatten wir die
Genehmigung in den alten Katasterplänen herum zu schmökern und sind
dabei auf einige Hakenkreuze gestoßen, welche wir auf den Plänen
gefunden haben. Wir wollten eigentlich bloß nachsehen, ob dort die Leute
des Generals etwas verborgen haben. Außer einem eingeritzten Hakenkreuz
auf einem Baum haben wir aber nichts gefunden. Die beiden Stollen unter
den morschen Brettern, dort, wo Sie ihre Flaschenpost versteckt hatten,
haben wir aus reinem Zufall gefunden.“
„Zufälle gibt es nicht – und solche schon gar nicht“, entgegnete der alte
Mann. „Wie viele Bücher haben Sie schon geschrieben?“
„Erst neun“, entgegnete Wolf und Becker ergänzte: „Der zehnte Band ist
bald fertig und einen großen Bildband mit 350 Fotos hat er auch
herausgebracht.“
„Ich muss sagen, dass ich Ihre Perry Rhodan Romane schon als
Jugendlicher gerne gelesen, ja eigentlich verschlungen habe. Diese haben
mich bestimmt schon vor Jahren dazu inspiriert, auch zu schreiben.“
Ein Lächeln huschte bei diesen Worten um das Antlitz des Schriftstellers.
„Das freut mich außerordentlich, und auch dass Sie mit Hjalmar, dem
Rosenkreuzerbaron, befreundet waren. Den Rosenkreuzermeister und
Apotheker Roland habe ich auch einige Male gesehen. Das waren allesamt
sehr liebenswerte Menschen.“
Wolf nickte. „Ich werde in einigen Jahren auch Ihren Sohn Robert
kennenlernen“, sagte er zu ihm, worauf der Schriftsteller nur seinen Blick
nach oben richtete. „Na ja“ meinte er, „Sie werden ihn schon noch kennen
lernen.“
„Ach, eine Frage interessiert mich brennend“, sagte der Schriftsteller, „aus
welchem Jahr kommt ihr eigentlich?“
„Nun, ich komme aus dem Jahr 2018 und er“, dabei deutete er auf Becker,
„kommt aus 2091.“ Er lachte: „Aber Mausbiber gibt es bei uns noch immer
nicht! Auch nicht mit einem Nagezahn.“
„Forschen Sie weiter, vielleicht kommen Sie dem Geheimnis des
Untersberges auf die Spur. Vielleicht gelingt es Ihnen, mit Hilfe dieses
Herrn aus der Zukunft das Mysterium der Zeit zu ergründen.“
„Es gibt von mir noch einige Manuskripte, die ich noch nicht
veröffentlicht habe, vielleicht wird das Robert, mein Sohn, erledigen, aber
da bin ich mir nicht so sicher.“
„Da wäre noch etwas. Haben Sie noch Kontakt zu den SS-Leuten im
Berg? Diese dürften mittels ihrer Technologie in Bezug auf die Zeit doch
schon ein gutes Stück weiter vorangekommen sein.“
„Ja“, gab ihm Wolf zur Antwort, „wir haben schon die eine oder andere
Zeitreise mit Hilfe des Generals machen dürfen. Glauben Sie auch, dass
diese Technologie von den Anderen stammt? Oder kann es sein, dass das
etwas mit den Forschungen an der ‚Glocke‘ zu tun hat?“
„Ich würde sagen, beides. Denn die Glocke wurde damals ja auch nur mit
dem Wissen der Anderen gebaut.“
Der Schriftsteller beugte sich zu der Sauerstoffmaske, die neben seinem
Bett lag, hielt sie sich auf sein Gesicht und machte einige tiefe Züge.
Dann sagte er zu Wolf: „Ich habe damals, als ich diese Manuskript Teile
in der Flasche versteckt hatte, auch noch etwas anderes in einer Höhle
deponiert.
Ich wollte es Ihnen schon bei Ihrem ersten Besuch sagen, aber das habe
ich wohl in der Aufregung vergessen.
Ein kleines Stück weiter oben im Wald hinter dem Schießplatz, da
befindet sich noch ein kleiner alter Stollen. Ich hoffe, dass er noch nicht
eingestürzt ist. Dort habe ich noch zwei Flaschen hineingelegt. Da drinnen
befinden sich verschiedene Aufzeichnungen, welche ich nicht zuordnen
konnte. Falls es Ihnen tatsächlich gelingen sollte, die beiden Flaschen zu
finden, versuchen Sie etwas damit anzufangen. Ich wünsche Ihnen viel
Glück dabei.“
Kapitel 30
Codewort „Hans“
Es war ein heißer Sommertag in der Stadt Salzburg. Wolf war alleine
unterwegs, um einige Fotos für seinen zehnten Band zu machen, als ihn ein
Mann zu beobachten schien. Zuerst dachte er an eine Observierung seitens
des BVT, was ja schon des Öfteren vorkam. Daran war er bereits gewöhnt,
aber dieser Mann verhielt sich irgendwie anders. Wolf sprach ihn einfach
an. „Heiß heute, nicht wahr?“, und der andere erwiderte: „Einen schönen
Gruß von Hans.“
Wolf stutzte. „Hans“, das war doch das Codewort für den General. Die
Freunde vom Isaisring und auch einige andere gute Bekannte verwendeten
dieses Wort zuweilen.
Der Mann im mittleren Alter meinte: „Wir sind jetzt schon viele und
wollen mithelfen, die neue Zukunft zu gestalten.“
Für Wolf war dies ein erfreuliches Zeichen, dass ihn sogar schon auf der
Straße Leute ansprechen würden, um ihm ihre Verbundenheit auszudrücken.
„Das freut mich außerordentlich“, sagte er dem Mann, „woher kommen Sie,
wenn ich fragen darf?“
„Meine Freunde und ich sind aus dem angrenzenden Bayern. Wir haben
aber auch Kontakt zu anderen Gruppen im ganzen deutschen
Bundesgebiet.“
„Dann kann ich Ihnen eine Neuigkeit mitteilen“, entgegnete Wolf, „der
General hat bereits weltweit aus den Basen die Kommandanten
zusammengerufen, um ein gemeinsames Vorgehen zu besprechen. Und was
das Wichtigste ist, auch Leute vom Regierungslager sind dabei. Wir können
auch damit rechnen, dass die ‚Anderen‘ ihre überlegenen Technologien
einsetzen werden, um ein friedliches Umdenken einzuleiten.“ Der Mann
schien von Wolfs Worten beruhigt zu sein.
Wolf fragte ihn noch: „Wie haben Sie mich erkannt?“
„Ihr Wiedererkennungswert ist recht hoch. Ich habe Sie schon im Internet
auf vielen Ihrer Vorträge gesehen und auch im Alten Gasthof habe ich
bereits einigen Buchvorstellungen von Ihnen beigewohnt.“
„Ich bin neugierig, wann dieser prophezeite Umschwung dann tatsächlich
kommen wird“, sagte der Mann.
„Ich warte schon seit einigen Jahren darauf“, erwiderte Wolf, „aber die
Zeit ist relativ. Sogar der Brunnenbauer Irlmaier hat das schon vor fast
siebzig Jahren vorausgesagt und es ist immer noch nicht eingetroffen.“
„Zumindest sind wir durch den General aber gut darauf vorbereitet.“
Der Mann zückte seine Brieftasche und nahm eine Visitenkarte heraus.
„Hier nehmen Sie, Sie können mich jederzeit erreichen. Falls ich Ihnen in
irgendeiner Weise behilflich sein kann, lassen Sie es mich wissen.“
Wolf konnte anhand der Visitenkarte sehen, dass es sich bei diesem
Herren um einen Generalleutnant der deutschen Bundeswehr handelte.
Dann waren also auch ranghöchste Militärs bereit, den Einsatz des
Generals zu unterstützen. Das war ein gutes Zeichen für Wolf.
Kapitel 31
Wo viel Gutes – ist auch
das Böse nicht weit
Der Pfarrer von Großgmain, welcher auch der Untersbergpfarrer genannt
wird und der auch in Astrologie bewandert ist, veranstaltet jedes Jahr einige
interessante Unternehmungen, welche mit dem Wunderberg in engem
Zusammenhang stehen.
So zum Beispiel die Untersbergwallfahrt. Am 14. August findet auch
heuer wieder die jährliche Untersbergumrundung statt. Sie beginnt um vier
Uhr morgens bei der Kirche in Großgmain. Diese Wallfahrt führt rund um
den ganzen Untersberg. Die Strecke ist an die fünfzig Kilometer lang,
dauert zirka zwölf Stunden und sollte nicht unterschätzt werden. Gegen
Abend sind die Leute dann wieder in Großgmain.
Das Umrunden heiliger Berge kennt man ja weltweit. So zum Beispiel
wird von den Hindus und Buddhisten der fast siebentausend Meter hohe
Kailash in Tibet umrundet. Manchmal sogar auf den Knien.
Auch ein Weihnachtsfest der besonderen Art, zelebriert der Großgmainer
Pfarrer jedes Jahr, und zwar geschieht das am 25. November direkt bei der
Waldandachtskapelle am Fuße des Untersberges. Um 23 Uhr wird dort
gefeiert.
Dieser Termin beruht auf Visionen der seliggesprochenen Anna Katharina
Emmerich.
Dass dieser Gottesmann aber bei seinem Tun nicht immer die
Zustimmung seiner Kirche gehabt hat, liegt irgendwie auf der Hand.
Nichtsdestotrotz ist er ein profunder Kenner des Untersberges und seiner
Mythen.
Wolf war eingefallen, dass Becker, welcher sich mit ihm und Claudia vor
Jahren das erste Mal gemeinsam getroffen hatte, dazu diesen Platz
auswählte. Er bezeichnete die Waldandacht als äußerst kraftvolle Stelle am
Untersberg.
Nun, er müsste eigentlich nur den Pfarrer fragen, weshalb er gerade hier
bei der Waldandacht diese Weihnachtsfeier veranstaltet.
Aber bis er ihn wieder einmal treffen würde, konnte es noch eine Zeit
dauern.
Wolf sagte zu Claudia: „Weißt du, ich frage einfach den Illuminaten. Der
soll mich über diese Kraftplätze am Berg aufklären.“
Becker gab gerne Auskunft und meinte: „Meistens sind so genannte
Kraftplätze Stellen, an denen schon Menschen tiefgreifende Erlebnisse
hatten und die dann des Öfteren auch von anderen Leuten aufgesucht
wurden. Das können Höhlen oder Kapellen sein, aber auch Gipfel von
Bergen oder Wasserfälle.
Aber ebenso gibt es auch Orte, an denen es gruselig ist und nicht
besonders einladend. Auch so etwas spüren viele Menschen. Besonders
jene, die etwas psychisch labil sind, können dort Erscheinungen haben, die
andere eben nicht sehen.“
„Soll das heißen, dass es hier am Untersberg Stellen gibt, an denen
Geister hausen und an anderen wiederum die Allmacht der Liebe?“, fragte
Wolf.
„Nun“, gab der Illuminat zur Antwort, „nicht unbedingt Geister, ich
würde es einfach ‚das Böse‘ nennen. Wo es viel Gutes gibt, da ist auch die
Anwesenheit der anderen Seite nicht weit. Gerade bei Menschen, die sich
mit spiritistischen Dingen beschäftigen kommen solche
‚Geistererscheinungen‘ schon zuweilen vor. Auch eine diesbezügliche
Erwartungshaltung kann zu solchen Wahrnehmungen führen. Erinnern Sie
sich, als Sie mit Ihrer Bekannten Ulrike an einem Krampustag in Grödig am
Fuß des Untersberges den Satan gerufen haben? Diese Ulrike wollte mittels
Gläserrücken mit einem verstorbenen Verwandten Kontakt aufnehmen. Als
das aber nicht funktionierte, haben Sie damals aus Jux den Fürsten der
Hölle gerufen. Freilich war das nicht ernst gemeint, aber es hat bereits
ausgereicht, Sie und Ihre Bekannte in panische Angst und Schrecken zu
versetzen. Sie haben damals den eiskalten Luftzug verspürt und das
Flackern der beinahe verlöschenden Kerzen gesehen.“
„Ja“, erwiderte Wolf, „ich entsinne mich noch ganz genau. Ich habe das
damals überhaupt nicht ernst genommen und wollte eben Ulrike nur
erschrecken, aber was dann geschah, das hätte ich nie für möglich
gehalten.“
„Sehen Sie“, sprach Becker weiter, „und genauso verhält es sich
umgekehrt an so genannten Kraftplätzen. Dort spüren die Leute die
Hingabe an die Natur und ihre positiven Kräfte.“
„Und wodurch passiert es, dass manche Menschen Geister sehen und in
Panik geraten?“
„Wie ich bereits gesagt habe, handelt es sich dabei um Personen, die dafür
anfällig sind und auch solche Erscheinungen erwarten. Als Sie mit Claudia
in der Froasenhöhle waren, welche ja auch Geisterhöhle genannt wird, da
haben Sie doch nichts gesehen, was Ihnen in irgendeiner Weise Angst
eingeflößt und Sie beunruhigt hat. Sie haben so etwas ja auch nicht erwartet.
Es gibt aber Menschen, die schwören Stein und Bein, dass ihnen dort
Geister begegnet sind. Weiße oder schwarze Frauen, Zwerge oder
riesenhafte Gestalten, von welchen sie in Angst und Schrecken versetzt
wurden. Ja, diese Kräfte sind real, nur bedarf es dazu aber auch
empfänglicher Leute.“
„Denken Sie daran, wie Sie als kleiner Junge ganz alleine bei einem
Gewitter hoch oben am Berg bei Hallein in einer Höhle Kaffee gekocht
haben. Sie verspürten damals auch keine Angst, nein, Sie empfanden eine
sonderbare Geborgenheit in den Klüften des Berges. Aus genau diesem
Grunde haben Sie auch in der Froasenhöhle weder eine Beklemmung noch
eine Angst verspürt. Auch Claudia, welche ebenfalls nichts
Außergewöhnliches bemerkt hat, ist da sehr ähnlich wie Sie. Denken Sie
auch an Ihren Bekannten Mario aus Wien, auch er hat diese Höhle besucht
und absolut nichts Furchterregendes festgestellt. Andere hingegen wollen
sogar eine flammende Inschrift auf der Stollenwand gesehen haben und sind
schreiend nach draußen gelaufen. Inwieweit hier psychische
Beeinträchtigungen bei dem Betreffenden vorgelegen sind, kann ich nicht
sagen.“
Kapitel 32
Beckers Herkunft
Alles, was der Illuminat bisher gesagt hatte, stimmte in jedem einzelnen
Fall. Aber woher kam der Illuminat wirklich? Dass er aus der Zukunft
stammen würde, und zwar aus dem Jahr 2091, hatte er ja schon mehrmals
erwähnt, aber hatten alle Leute in der Zukunft dann auch diese Fähigkeiten,
welche Becker besaß?
Wolf würde ihn fragen.
Claudia meinte noch, dass es sehr interessant wäre, zu erfahren, wie weit
Becker in die Vergangenheit zurückreisen kann. „Weißt du“, sagte sie zu
Wolf, „vielleicht könnte er dich einmal in die Zeit des Jesus von Nazareth
mitnehmen und du könntest sehen, was damals tatsächlich geschah. Auch
der Pyramidenbau in Gizeh wäre eine fantastische Sache.“
„Der Illuminat hat mir doch schon vor einigen Jahren gesagt, dass eine
Reise, welche über Jahrtausende in die Vergangenheit geht, zu ungeahnten
Konsequenzen führen kann und aus diesem Grunde nicht zu empfehlen ist.“
„Verstehe“, entgegnete Claudia, „interessant wäre es aber zu wissen, wie
weit er selber zurückgehen kann.“
Genau diese Frage stellt Wolf Becker beim nächsten Treffen.
„An sich unbegrenzt, aber die Gefahren dabei sind nicht zu unterschätzen.
Schon ein kleiner Fehler und man kommt nicht mehr zurück.“
„Gibt es viele, die solche Fähigkeiten haben, so wie Sie?“, fragte Wolf.
„Ja, viele Menschen haben das in der Vergangenheit schon zuwege
gebracht. Es ist keine Fähigkeit, die es erst in ferner Zukunft geben wird.
Ich könnte Ihnen einige so genannte Zeitreisende aufzählen“, erwiderte
der Illuminat, „ich bin nur einer von vielen. Denken Sie an die Julietta de
Montefeltro vom Ordo Bucintoro. Auch sie konnte durch die Jahrhunderte
reisen. Oder der Graf von Saint Germain, auch von ihm wird Ähnliches
gesagt, obwohl es sich bei den Geschichten, welche man sich über den
Grafen erzählt, eigentlich um verschiedene Personen handelt.“
„Ja“, meinte Wolf, „ein Bekannter von Haimo C. hat mir bereits vor
Jahren von der ‚doppelten Unsterblichkeit‘ der Dame Julia berichtet. Und
ich bin ihr auch schon einige Male selbst begegnet.“
„Ob im Rosenkreuzer Roman ‚Zanoni‘ von Edward Bulwer Lytton oder
von Meldungen in neuerer Zeit, solche Zeitreisende gab es immer schon
und sie sind auch heute unter uns präsent.“
Wolf schluckte. Er wusste es, Becker würde ihm nichts Neues dazu
erzählen.
So als ob er Wolfs Gedanken lesen konnte, antwortete Becker: „Gedulden
Sie sich ein wenig, schon bald werden Sie mehr von mir erfahren. Alles zu
seiner Zeit. Dann werden Sie auch erleben, dass die Zeit nichts
Unveränderliches ist.“
Steine der Macht
Wolf, Stan
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265 Seiten