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bohlauWien
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Gedruckt mit Unterstützung durch
den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
und die Steiermärkische Landesregierung
ISBN 3-205-98832-9
Harald Heppner
»Die Rumänen und Europa«: eine Einleitung ...................... 11
Lucian Nastasä
Das Europa-Bild bei den Klausenburger
Memoirenschreibern des 17. Jahrh un derts........................... 47
Veniamin Ciobanu
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern
des 18. Jahrhunderts.................................................................. 62
Mihai-Qtefan Ceau§u
Der Wandel des Europa-Bildes in der Bukowina an der
Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert..................................... 88
Florea Ioncioaia
Das Bild Europas in den rumänischen Fürstentümern
(1800-1830) ................................................................................. 106
Mihai-Räzvan Ungureanu
»Europa« und die Ehemoral in der rumänischen
Gesellschaft (erste Hälfte des 19. Jahrhunderts) ............... 131
Stela Märie§
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender
(erste Hälfte des 19. J ahrh un derts)........................................ 143
6 Inhalt
Dumitru Vitcu
»Europa« aus der Sicht der rumänischen
1848er-G eneration....................................................................... 165
Vasile Docea
Das »europäische« Modell und die konstitutionelle
Monarchie in Rumänien ............................................................ 185
Lucian Nastasä
Das Europa-Bild der im Ausland studierenden
rumänischen Jugend (1860-1918)............................................ 215
Gheorghe I. Florescu
»Europa« als Thema im rumänischen Parlament
(1918-1938) .................................................................................. 232
Gheorghe Oni§oru
Vom kalten Krieg zur friedlichen Koexistenz:
Die Entwicklung des Westeuropa-Bildes in Rumänien
(1 9 4 4 -1 9 8 9 ).................................................................................. 253
Alexandru Zub
»Europa« in der rumänischen Kultur - ein E s s a y .................. 273
Bildanhang 301
Vorwort
Texte, für die dieser Auftrag nicht immer einfach gewesen ist.
Weiters gilt der Dank Frau Birgit Tauscheck, die die EDV-Vor
lage erstellt hat, dem Verlag für sein Entgegenkommen sowie
dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung für
den Druckkostenzuschuß. Zuletzt mögen aber auch die ge
schätzten Leser im voraus bedankt sein, wenn sie dieses Buch -
hoffentlich - lesen, über seine Aussagen nachdenken und auch
sonst dazu beitragen, daß die gegenseitige Wahrnehmung und
Toleranz in Europa einen neuen Aufschwung erfährt.
ZUR FRAGESTELLUNG
1 Siehe z. B. Die Identität Europas, hg. v. Werner Weidenfeld, Bonn 1985; Der
»Die Rumänen und Europa«: eine Einleitung 13
3 Stellvertretend für eine ganze Reihe von Studien: Yorgos Kourvetaris, Betty
Dobratz: A Profile of Modern Greece in Search of Identity, Oxford 1987;
Greece and Europe in the Modern Period: Aspects of a Troubled Relationship,
hg. v. Philipp Carabott, London 1995; Andonis Liakos: The Canon of European
Identity: Transmission and Decomposition. In: Modern Greek Studies
(Australia and New Zealand) 3, Melbourne 1995, S. 129-138.
4 Evropa i Srbi [Europa und die Serben], Meždunarodni naučni skup, hg. v.
Slavenko Terzič, Beograd 1996.
5 Die Frage nach dem Europa-Verständnis der Bulgaren steht nicht so sehr im
Vordergrund wie die Frage nach dem kollektiven Ich, siehe hiezu: Zašto sme
takiva? V tärsene na bälgarskata kulturna identičnost [Wieso sind wir so?
Auf der Suche nach der bulgarischen kulturellen Identität], hg. v. Ivan
Elenkov, Rumen Daskalov, Sofija 1994; Ivan Hadžijski: Bit i duševnost na
našija narod [Wesen und Mentalität unseres Volkes], Sofija 1995.
6 Sud-Estul §i contextul european 1 ff, hg. v. Institutul de studii sud-est euro-
pene, Bucure^ti 1994 ff.
»Die Rumänen und Europa«: eine Einleitung 15
Stellt man sich die Frage, wie man die geistige und physische
Begegnung »Europas« und der Rumänen in einen zeitlichen
Raster einordnen kann, bieten sich folgende Meilensteine an:
Zur Abrundung jenes Bildes, das über das Thema »Die Rumänen
und Europa« vermittelt werden soll, sind allerdings noch zwei
Strebepfeiler anzuführen. Der eine betrifft den funktionalen
»Die Rumänen und Europa«: eine Einleitung 17
DAS RESULTAT
Der Ertrag aus den vorliegenden Beiträgen ist weit größer als
bloß der, über die geschichtliche Entwicklung des Themas
Europa in Verbindung mit den Rumänen erfahren zu können. Im
folgenden seien einige besonders wichtige Aspekte hervorgeho
ben.
1. Aus nahezu allen Beiträgen wird ersichtlich, daß der Kom
munikation ein ziemlich großes Gewicht zugewiesen wird. Mit
18 Harald Heppner
EINLEITUNG
2 Nicolae Iorga: Istoria Romànilor prin càlàtori I—II, Bucure§ti 1981, S. 61-300;
Maria Holban (Hg.): Càlàtori stràini despre (àrde romàne I—Vili, Bucure§ti
1968-1983, passim.
3 Ràzvan Theodorescu: Bizanf, Balcani, Occident. La ìnceputurile culturii me
dievale romànegti (secolele X-XTV), Bucure§ti 1974, S. 130 f.
4 Regimili dominapei otomane. In: Istoria Romàniei II, Bucure§ti 1962,
S. 776-799; §t. Gorovei: Moldova in »Casa pàcii«. Pe marginea izvoarelor pri-
vind primul secol de relapi moldo-otomane. In: Anuarul institutului de isto
rie §i arheologie »A. D. Xenopoi« (= AILAI) XVII, Ia§i 1980, S. 659-666.
5 fjerban Papacostea: Geneza statului in Evul Mediu romànesc, Cluj-Napoca
1988, S. 76-96; Victor Neumann: Tentapa lui Homo Europaeus. Geneza spi-
ritului modem in Europa Centrala §i de Sud-Est, Bucure§ti 1991, S. 43 ff.
Die Rumänen und Europa: Vorspiel im ausgehenden Mittelalter 23
kommen, denn die Masse der Bevölkerung verharrte bis weit ins
19. Jahrhundert hinein in der traditionellen Autarkie bäuer
licher Gemeinschaften.
1431 mit Rimgalia27), vor allem aber die Konversion des Fürsten
La^cu (1368-1375) mit Einwilligung des Papstes von Avignon28
sprechen eine symbolhafte Sprache. Einen günstigen Augenblick
für weitere päpstliche Initiativen gab es in der Moldau kurzfri
stig nach dem Tode La^cus, als die Regentschaft 1377/1378 in den
Händen von Margareta Mu§ata lag - »Domina Valachiae
Minoris«, wie sie in der päpstlichen Korrespondenz hieß, und an
scheinend überzeugte Katholikin.29Als Mutter des Thronfürsten
Petru (1376-1391) ließ sie den in Siret niedergelassenen Domi
nikanern eine effektive Unterstützung zukommen und konnte so
das Schicksal des katholischen Proselytismus auf rumänischem
Boden tatsächlich entscheidend beeinflussen. Äußerst bedeut
sam ist in dieser Hinsicht auch der Gebrauch der lateinischen
Sprache, die in den offiziellen Kanzleien - in der Moldau bis 1387
sogar exklusiv - sowie bei Siegeln und Münzinschriften ange
wandt wurde.30
Im Unterschied zu den Erfolgen der katholischen Propaganda
in höfischen Kreisen war das Echo in der rumänischen Land
bevölkerung gänzlich unbedeutend. Das läßt sich annehmen,
wenn man berücksichtigt, daß fast alle vom Papst ernannten
Priester über fehlende Einkommen klagten und daher im
Ausland residierten. Aus diesem Grunde ließ die katholische
Offensive an Intensität wieder nach, und die Bischöfe trachteten
vor allem danach, die erreichten Positionen zu halten. Dennoch
27 Ungewiß bleibt die erste Heirat Alexanders des Guten, ebenfalls mit einer
Katholikin (Margareta), die später in der Kirche von Baia einen Votivstein
erhalten sollte (siehe Leon §imanschi und Georgeta Ignat: Constituirea can-
celariei statului feudal moldovenesc I. In: AIIAIIX/1972, S. 115, Anmerkung
40).
28 Carol Auner: Episcopia de Siret. In: Revista católica II/2, Bucure§ti 1913,
S. 242 f.
29 Ebenda, S. 244; Pascu: Contribufii documentare, S. 44.
30 Dimitrie Ciurea: Observafii pe marginea documentelor latine romäne§ti,
Alba Iulia 1945, passim; Emil Virtosu: Din sigilografía Moldovei §i a färii
Romäne§ti. In: Documente privind istoria Romäniei. Introducere II, Bu-
cureijti 1956, S. 336; ijimanschi, Ignat: Constituirea cancelariei, S. 113 f.,
117-121,124 f.
28 Leon ¡jimanschi und Dumitru Agache
der Gründung der Moldau und Walachei nahm der Handel zu,
weil den Kaufleuten nun bessere Reisewege und erhöhte Si
cherheit geboten wurden.37 A uf diese Weise verfestigten sich die
Endpunkte der beiden großen Handelswege, die Zentraleuropa
oder gar den Atlantik über Buda und Kronstadt/Bra§ov oder
Lemberg/L’viv und Krakau/Kraköw mit den Donauhäfen Bräila,
Chilia und Vicina oder mit den nordpontischen Städten Cetatea
Albä und Kaffa verbanden. Einer der Wege (»Tatarenweg«)
führte entweder am linken Ufer des Dnjestr entlang oder über
das Territorium des Fürstentums Moldau (»via valachiensis«).38
Der Hafenverkehr, der im wesentlichen in den Händen der
Genueser lag, brachte Waren aus dem Mittelmeerraum oder aus
dem Orient an die Schwarzmeerküste und steigerte die Kon
takte zu den Anrainerländern39, ebenso wie der Handel der
Ragusaner Kaufleute vor allem in der Walachei ähnliche Brük-
ken zur Adriaküste schlug.40
Die wachsende Intensität des Transithandels ließ die beiden
Fürstentümer fette Gewinne machen. Bezeichnend hiefür sind
folgende Summen: Basarab I. verfügte in der Walachei im Jahre
1330 über 7000 Silbermark, während Petra Mu§at in der Mol
dau im Jahre 1388 3000 welsche Silberrubel errang.41 Die
par Pierre Mu§at a Ladislaus Jagellon. In: Revue roumaine d’histoire 12/1,
Bucuresti 1973, S. 123-138.
42 Nistor: Handel und Wandel, S. 13-33; Iorga: Istoria comerfului románese,
S. 58-74,78-84; Emilian Diaconescu: Vechi drumuri moldovene§ti, Iasji 1939,
S. 6-77; Alexandru I. Gonfa: Legäturile economice dintre Moldova §i Tran-
silvania in secolele XIII-XVII, Bucuresti 1989, S. 15-45.
43 DRH D. I, S. 198, S. 200; siehe auch Radu Manolescu: Comerful Tärii
Romäne§ti cu Bra§ovul (secolele XTV-XV), Bucuresti 1965, S. 147.
44 DRH D. I, S. 190 f.; Mihai Costächescu: Documente moldovene§ti inainte de
¡jtefan cel Mare, Ia§i 1932, S. 634 f., 769; siehe auch Confa: Legäturile eco
nomice, S. 57 f.
45 Nicolae Iorga: Studii §i documente cu privire la istoria romånilor XXIII,
Bucuresti 1913, S. 293 f.; derselbe: Istoria comerfului románese, S. 84.
Die Rumänen und Europa: Vorspiel im ausgehenden Mittelalter 31
Außer über Religion und Handel beeinflußte der Westen die ru
mänischen Fürstentümer auch im juridischen Bereich. Obwohl
das Magdeburger Recht nicht angewandt wurde, entliehen die
städtischen Gemeinschaften organisatorische Formen aus Sie
benbürgen oder Polen, indem sie Bürgermeister einsetzten, die
in der Moldau »§oltuz« (dt. Schultheiss) oder »voit« (dt. Vogt)
hießen. In der Walachei hingegen erhielt dasselbe Organ den
Namen »jude£« (slaw. sudec). Ihm zur Seite stand ein Rat von 12
»pirgari« (dt. Bürger).48 Ein anderes Beispiel von Vorbildwir
kung sind die moldauischen und walachischen Staatswappen,
deren Ursprung auf die Siegel der von den Sachsen gegründeten
Städte Baia und Cimpulung zurückgehen.49
Die Herrscherhöfe übernahmen noch weitere Praktiken aus
dem Abendland. So besaßen beide Dynastien Wappen ä la Anjou,
auf denen rechts gespaltene Faszes und links in der Moldau
Lilienblüten, in der Walachei hingegen Halbmond und Stern zu
sehen sind.50 Ähnliche Einflüsse beweisen auch einige unge
wöhnliche Herrschersiegel, die entweder die Hypostase einer
51 Ilie Minea: Vlad Dracul §i vremea sa. In: Cercetári istorice IV/1, Bucureçti
1928, S. 99 f.; Vírtosu: Din sigilografia, S. 354 f., 363-368.
52 N. Grãmadã: Cancelaria domneascã in Moldova pínã la domnia lui Con
stantin Mavrocordat. In: Codrul Cosminului IX, Iaçi 1935, S. 154 f.; Damian
P. Bogdan: Diplomatka româno-slavà, Bucureçti 1978, S. 35 f.
53 E. Hurmuzaki: Documente 1/2, S. 483-487; Florin Constantiniu, Çerban
Papacostea: Tratatul de la Lublau (15 martie 1412) §i situala internaponalà
a Moldovei la inceputul secolului al XV-lea. In: Štúdii 17/15, Bucureçti 1964,
S. 1129-1140; P. P. Panaitescu: La route commerciale de Pologne à la Mer
Noire au Moyen Âge. In: Revista istoricä romàna III, Bucureçti 1933,
S. 172-193; Papacostea: Geneza statului, S. 151-204.
54 Siehe DRH D. I, S. 138-142.
55 C. RacoviÇã: începuturile suzeranitäpi polone asupra Moldovei. In: Revista
istoricä românã X, Bucureçti 1940, S. 237-332; Sachelarie, Stoicescu: Inšti
túcii feudale, S. 341, 492 f.
Die Rumänen und Europa: Vorspiel im ausgehenden Mittelalter 33
AUSSENKONTAKTE IN RÜCKGANG
ZWISCHENBILANZ
Das 14. Jahrhundert und die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts
waren für die Rumänen außerhalb der Karpaten eine Zeit der
Selbstfindung und Selbstorganisation ebenso wie der unter
schwierigen Bedingungen ablaufenden Einordnung in das au
ßenpolitische Umfeld. Dieser Prozeß, den im wesentlichen die
Führungsschichten zu meistern hatten, stand im Banne zweier
Brennpunkte, die zur Orientierung zwangen: einerseits Byzanz,
dessen äußere Macht rapide verfiel, wodurch das Ökumenische
Patriarchat um so mehr zum Sammelpunkt der auf die Ostkirche
ausgerichteten Gesellschaft aufstieg, andererseits des Katholi
zismus mit seinem Streben, nach Osten vorzudringen. Sosehr die
Kluft zwischen West- und Ostkirche angesichts des am Balkan
auftauchenden Islam den christlichen Gemeinschaftsgedanken
wiederbelebte, rückte die religiöse Frage zugunsten der konkre
ten Politik in den Hintergrund.67 Außerdem spielte das Bewußt
sein der gemeinsamen romanischen Herkunft eine Rolle.68
Die Eroberung Konstantinopels durch die Türken (29. Mai
1453) bedeutete eine tiefe Zäsur, die die Beziehungen der Rumä
nen zu Europa in eine neue Phase eintreten ließ, die von Anfang
79 Petre §. Nästurel: Considérations sur l’idée impériale chez les Roumains. In:
Byzantina V, Saloniki 1973, S. 397^113; Dumitru Nästase: »Necunoscute« ale
izvoarelor istoriei româneçti. In: AIIAI XXX/1993, S. 483-497.
80 Virgil Cândea: Màrturii româneçti peste hotare I, Bucureçti 1991, S. 448-546.
81 Nistor: Handel und Wandel, S. 13-33; Dumitru Agache: Restructarea càilor
de comunicape din Moldova medievalä în context central çi sud-est european.
In: Itinerarii istoriografice, Ia§i 1996, S. 315-323.
82 Manolescu: Comerpil Târii Româneçti, S. 187-198.
83 Hurmuzaki: Documente XV/1, S. 60 f., 130 f.
84 Mustafa A. Mehmet: Documente turceçti privind istoria României I
(1455-1774), Bucureçti 1976, S. 2 Nr. 2.
Die Rumänen und Europa: Vorspiel im ausgehenden Mittelalter 39
Der von den Türken ausgehende Druck auf die beiden rumäni
schen Länder veranlaßte diese, nicht nur weiterhin die Vasallen
88 I. Bogdan: Documéntele lui ¡Jtefan cel Mare II, Bucureçti 1913, S. 417-441.
89 A. Sokolowski, I. Szujski: Codex epistolaris saeculi decimi quinti II, Krakau
1876, S. 105 f.; Çerban Papacostea: La Moldavie état tributaire de l’Empire
ottomane au XV-e siècle. In: Revue roumaine d’histoire XIII/3, Bucureçti
1974, S. 458.
90 Nicolae Stoicescu: Vlad fepe§, Bucureçti 1976, S. 127-134.
91 N. Iorga: Acte çi fragmente III, Bucureçti 1897, S. 64; siehe auch Ion Ursu:
Çtefan cel Mare §i Turcii, Bucureçti 1914, S. 109 ff.
92 Ilie Corfus: Activitatea diplomaticà in jurul conflictului dintre Petru Rare? çi
Polonia. In: Romanoslavica X, Bucureçti 1964, S. 328 ff.
93 Nicolae Iorga: Notes et extraits pour servir à l’histoire des croisades au XVe
siècle IV (1453-1467), Bucuresti 1915, S. 180-184; Louis Pastor: Histoire des
Papes 5, Paris 1925, S. 73-92.
Die Rumänen und Europa: Vorspiel im ausgehenden Mittelalter 41
94 Nicolae Iorga: Venefiain MareaNeagrå III. In: AARMSI Seria II, Bd. XXXVII,
Bucuresti 1914, S. 4 f., 17.
95 Manole Neagoe (Hg.): Råzboieni. Cinci sute de ani de la campania din 1476,
Bucuresti 1977, S. 121 ff.
96 Ebenda, S. 128 f.
97 Dlugosz: Historiae Polonicae XIII, Col. 527 f.
98 Bogdan: Documentele lui §tefan II, S. 343-347 (unter dem Datum 1478).
42 Leon §imanschi und Dumitru Agache
104 Ebenda II/l, S. 91-94; Ion Ursu: Die auswärtige Politik des Peter Rare§,
Fürst von Moldau (1527-1528), Wien 1908, S. 123.
105 Alexandru Papiu Ilarian: Tesauru de monumente istorice pentru Romänia
III, Bucuresti 1864, S. 13 ff.
106 Alexandru Cioränescu: Petru Rare§ §i politica orientalä a lui Carol Quintul.
In: AARSI Seria III, Bd. XVII, 1935-1936, S. 241-246.
107 Grigore Ureche: Letopiseful färii Moldovei, Bucuresti 1959, S. 156; Mihai
Guboglu, Mustafa Mehmet (Hg.): Cronici turce§ti privind f'ärile romäne,
Extrase I, Bucuresti 1966, S. 270 (Mustafa Gelalzade), S. 354 (Mustafa Ali),
S. 480 f. (Pecevi).
108 Nicolae Iorga: La place des Roumains dans l’histoire universelle, Bucuresti
1980, S. 210-234.
44 Leon fjimanschi und Dumitru Agache
AUSBLICK
der Seite von Jänos Hunyadi (Iancu de Hunedoara) mit den No
vitäten der Kriegskunst in Kontakt zu kommen: mit der Feld
artillerie, den runden Festungsbastionen oder mit der »Pro-
fessionalisierung« der Krieger.113
Des Kontakts zum Westen erfreute sich auch der Sohn des
großen Fürsten, Petru Rare§, dessen Qualitäten als Diplomat
und Politiker von Freund und Feind anerkannt wurden. Auch
wenn er nicht die lateinische Sprache beherrschte, wie seine Un
terschrift aus dem Abkommen mit Joachim von Brandenburg an
deutet, so sprach er doch polnisch und türkisch und erwies sich
als wahrer »Philosoph« und »weiser Doktor« (Ivan Peresve-
tov).114 Er war von Persönlichkeiten ähnlicher Qualität umge
ben: von Logofät Teodor (Botschafter zugleich in Konstantinopel
und Wien), von Bischof Macarie (Autor der fürstlichen Chronik),
von Abt Grigore Ro§ca (»Autor« des ikonographischen Pro
gramms der bemalten Kirchen) oder vom Schatzmeister Ma-
teia§, von dem der Bischof von Lund berichtete: »Ich schloß mit
diesem Menschen große Freundschaft, und wir beschlossen, ein
ander zu schreiben. Er ist wahrlich ein bescheidener und sehr
guter Mensch, dazu vorsichtig und besonnen in seinen Ge
schäften, so wie ich keinen anderen finden könnte in diesem
Königreich [Ungarn].«115
Das 16. Jahrhundert bietet natürlich auch zahlreiche andere
Beispiele von Persönlichkeiten der rumänischen Kultur und Spi
ritualität, denen die Werte der europäischen Renaissance nicht
fremd waren: den Buchdrucker Macarie (der in der Walachei zwi
schen 1508 und 1512 tätig war), Neagoe Basarab, Luca Cirje,
Diakon Coresi (Autor zahlreicher auch rumänischer Druck
werke in Kronstadt/Bra§ov), Logofät Luca Stroici, die Chroni
sten Macarie, Eftimie und Azarie etc. In diesem Zusammenhang
können die Gründung einer lateinischen Schule und der Bau
113 Leon §imanschi: Politica interna a lui §tefan cel Mare. In: Revista de isto
rie XXXV/5-6, Bucure§ti 1982, S. 592-593.
114 Càlàtori stràini I, S. 452-463.
115 Leon ¡jimanschi (Hg.): Petru Rare§, Bucure§ti 1978, S. 319 f.
46 Leon Çimanschi und Dumitru Agache
Das westliche Europa des 17. Jahrhunderts übte auf die Sieben
bürger nicht nur eine starke emotionale und intellektuelle Fas
zination aus, sondern bot mittels Bereisung die Möglichkeit,
andere politische Organisationsformen, Kulturalternativen ma
teriellen und geistigen Charakters sowie Ideologien und Insti
tutionen wahrzunehmen und im eigenen Lande in die Praxis
umzusetzen. Die Reiseerfahrung trug wesentlich dazu bei, daß
Siebenbürgen - zwischen 1541 und 1699 formell ein autonomes
Fürstentum unter osmanischer Suzeränität —an die westlichen
Verhältnisse jener Zeit raschen Anschluß fand. Die Folge davon
war, daß die Unterschiede zur südöstlichen Nachbarschaft nun
zwar größer wurden, die Annäherung an den Westen jedoch ra
sche Fortschritte machte. Das Ergebnis dieser Annäherung
zeigte sich schon 1691, als die habsburgische Herrschaft in die
sem Gebiet tatsächlich einsetzte und kaum irgendwelche trau
matische Spuren hinterließ, zumindest nicht im Alltagsleben der
städtischen Zentren und im Kollektivbewußtsein.
Der vorliegende Beitrag versucht, das Erfahrungsgut der
Memoirenschreiber aus Klausenburg/Cluj/Kolozsvär auszuwer
ten, die das sogenannte abendländische Europa bereist haben.
Diese Autoren hatten auf ihren Reisen andere Landstriche,
Menschen, Sitten, Sprachen und intellektuelle Produkte ken
nengelernt, auf die sie sich dann beziehen konnten. Viele von
ihnen identifizierten sich mit den anderswo Vorgefundenen
Idealen und suchten, sich »Europa« zugehörig fühlend, am wirt
schaftlichen oder geistigen Leben des Kontinents teilzuhaben
und so viele Kontakte wie möglich zu knüpfen bzw. aufrechtzu
erhalten. Nach Hause zurückgekehrt, versuchten sie in ihrer we
niger entwickelten Heimat die abendländischen Modelle (z. B.
das Überwinden der Isolierung, die Sozialisierung, den »Fort
schritt der Sitten«) durchzusetzen.
48 Lucian Nastasä
1 Biblioteca Universitarä Cluj: Fond Jözsef Kemeny. Col. minor Bd. XII A. 12
(7), f. 155-161.
2 Elek Jakab: Segesväri Bälint krönikaja, 1606-1654. In: Erdelyi törtenelmi
adatok IV, Cluj 1862, S. 157- 218. Die Aufzeichnungen von 1639-1652 sind
verlorengegangen.
3 Biblioteca Universitarä Cluj: Fond Jözsef Kemeny. Col. minor Bd. XXVIA. 26
(1), f. 1-17.
4 Bälint Jözsef, Pataki Jözsef (Hg.): Kolozsväri emlekirök, 1603-1720,
Bukarest 1990, S. 173-214.
Das Europa-Bild bei den Klausenburger Memoirenschreibem ... 49
5 Ebenda, S. 271-298.
6 Ebenda, S. 173.
50 Lucian Nastasä
7 Ebenda, S. 125-135.
8 Stefan Pascu, Viorica Marica: Clujul medieval, Bucuresti 1969, Bild 1.
9 Szäsz Ferenc: Szamosközy adatai az erdélyi värosokröl. In: Erdélyi Muzeum,
Kolozsvär 1909, S. 174.
10 David Frölich: Medulla Geographiae practicae ... 1639. In: M. Holban, M. M.
Alexandrescu-Dersca Bulgaru und P. Cernovodeanu (Hg.): Cälätori sträini
despre färile romäne V, Bucuresti 1973, S. 45-54.
11 Siehe Jakab Elek: Kolozsvär torténete II, Budapest 1888; Pascu-Marica,
Clujul medieval.
Das Europa-Bild bei den Klausenburger Memoirenschreibem ... 51
12 Die Folgen des Brandes von 1697 waren auch 1702 noch sichtbar. Siehe hiezu
das Zeugnis des Engländers Edmund Chishull, in: Cälätori sträini VIII,
Bucureçti 1983, S. 210.
13 Für diesen umfassenderen Kontext siehe Péter Katalin: Erdély rövid torté-
nete, Budapest 1993, S. 266- 317; Szakaly Ferenc: Magyarok Euröpabon II.
Virägkor és hanyatläs, 1440-1711, Budapest 1990, S. 182-242.
52 Lucian Nastasä
sung«, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Gültigkeit behal
ten sollte, andererseits zur Garantie für die autonome Ent
wicklung Siebenbürgens. Gleichzeitig markierte dieser Akt eine
neue Etappe in der Geschichte der Stadt Klausenburg.
Die Stadt behielt die Funktion eines wichtigen politischen,
wirtschaftlichen und kulturell-künstlerischen Zentrums inner
halb Siebenbürgens; hier tagte im Jahre 1692 jene Kommission,
die die Gegensätze zwischen den vier Religionen (Katholiken,
Protestanten, Unitariern, Orthodoxen) abzuschwächen versuch
te; hier hatte das Gubem ium des Landes zwischen 1695 und
1697 seinen Sitz. Die habsburgische Herrschaft öffnete das Tor
zur Gegenreformation, indem sie die Katholiken in einer Stadt
kräftig förderte, die seit 1638 zum Zentrum des Calvinismus ge
worden war. Diesen Vorgang spricht u. a. der Memoirenschreiber
und Tischler Ferencz Szakäl an, indem er die neuartige Reli-
gionspolitik des Wiener Hofes und dessen Methoden bei der
Durchsetzung des katholischen Primats schmerzlich notierte.14
Das auslaufende 17. Jahrhundert hatte für das Bewußtsein
und die Lebensweise der Siebenbürger, insbesondere in der
Mittel- und Oberschicht, einen fundamentalen Wandel herbei
geführt. Klausenburg, das sich kraft der eigenen Tradition und
der siebenbürgisch-sächsischen Einflüsse entwickelte,15 nahm
in der Geschichte Siebenbürgens eine Sonderstellung ein, und
zwar dadurch, daß es frühzeitig die ideellen Impulse des Puri
tanismus aufnahm.16 Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde
die Stadt das bedeutendste Zentrum dieser Bewegung, und kei
neswegs zufällig mußte Jänos Apäczai Csere wegen seiner radi
kalen Ideen zum Puritanismus das Kollegium von Weissen-
sehe Mode.20 Auch das Beispiel des Sándor Károly —er hielt 1711
in Wien vor dem Kaiser, in traditioneller ungarischer Tracht ge
kleidet, für die allgemeine Amnestie eine Dankrede, die er auf
deutsch auswendig gelernt hatte, und erregte hiemit das Lachen
der Damen bei Hofe - belegt die weitverbreitete Ablehnung von
allem Nichtungarischen und hiemit auch von »Modernisierung«.
Brown, der spätere Hofarzt des englischen Königs Karl II., be
reiste die Länder »jenseits von Györ und Komárom« und stieß
dabei auf eine vom Abendland deutlich unterscheidbare Welt, in
der »man weder Perücken noch Manschetten sieht, weder Hüte
noch Handschuhe«, wo »kein Bier getrunken wird und man über
all merkwürdige Kleider, Bräuche und Lebensweisen, völlig ver
schieden von den unseren, antrifft«.21 Dennoch konnte Klausen
burg den Reisenden des 17. Jahrhunderts ein ziemlich »abend
ländisches« Leben bieten, so daß sich die Fremden fast wie zu
Hause fühlten. Es herrschte in der Stadt eine westlich geprägte
Atmosphäre, und die Wohnungen waren voll mit ausländischen
Möbeln und Gegenständen, die das Leben viel angenehmer
machten (Skulpturen, Gemälde, Tapeten, Teppiche, Uhren, Spie
gel etc.).22
Als Folge der Reformation und der Ausbreitung des Prote
stantismus in der Klausenburger Ober- und Mittelschicht ent
standen bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
höhere konfessionelle Schulen, die damals moderne westliche
Erziehungskonzepte einführten und zur Aneignung eines abend
36 Ebenda, S. 228.
37 Ebenda, S. 230-231.
Das Europa-Bild bei den Klausenburger Memoirenschreibem ... 61
EINLEITUNG
setzen sich dabei als Resultate einer der beständigsten Aktivitäten der
Europäer durch.« Siehe Dupi: Cälätorii, S. 282.
23 N. A. Ursu: Formarea terminologiei §tiinpfice romäne§ti, Bucure§ti 1962,
S. 13. Der Autor gibt als Ort der Übersetzung »Muntenien oder Südtrans
silvanien« an. Catalina Velculescu (Animale fantastice §i Tara preo^ului Ioan.
In: Manuscriptum 2—4, Bucure§ti 1991, S.23) nennt als Autor der Überset
zung Costea Dascälul aus Brasjov.
24 Siehe N. A. Ursu: Nicolae Costin, traducätor al geografici universale a lui
Giovanni Boterò. In: Revista de Istorie §i teorie literarä 3-4/1991, S. 366 ff.
Siehe auch derselbe: Formarea, S. 13 f.
25 Derselbe: Nicolae Costin, S. 370.
26 Biblioteca Academiei Romàne. Ms. 1556 f. 87 v. r. 11-16. Zur Identifizierung
siehe N. A. Ursu: Nicolae Costin, S. 366.
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern des 18. Jh.s 69
Teil des Römischen Reiches ist«.27 Der Kontinent Europa ist bei
Costin einer der »vier Teile der Welt«, während die anderen drei
Asien, Afrika und Amerika sind, die in ihren geographischen
Abgrenzungen gleichfalls detailliert beschrieben werden.28 Die
ser Art der Verwendung des Europa-Begriffes steht jener politi
sche Sinn gegenüber, wenn Costin die Eroberungen Attilas schil
derte, der unter anderem »ganz ... Europa oder das Tatarenland«
unter seine Herrschaft brachte und an dessen Spitze dann sei
nen Bruder setzte.29
Eine sowohl geographische als auch politische Bedeutung hat
der Begriff »Europa« auch für einen walachischen Chronisten,
nämlich für den Muntenier Radu Popescu. Den Schilderungen
über die Eroberungen des Sultans Bayazid in Asien fügte er
hinzu, daß jener, »nach Europa zurückkehrend, viele Kriege
führte ...«30; aus »Europa« sammelte auch Sultan Murad einen
großen Teil seiner Truppen, die er 1636 gegen die Perser
sandte.31
Der moldauische Chronist Ion Neculce wußte, daß bei den
Friedensverhandlungen von Karlowitz, deren Ziel die Beendung
des 1683 begonnenen Krieges zwischen der Heiligen Liga und
dem Osmanischen Reich war, sich Abgesandte aus »allen Län
dern Europas« versammelt hätten, nämlich »aus Polen, aus
Frankreich, aus Venedig, aus England, aus Holland, aus Rußland
und aus anderen Ländern«.32
Im Werk des moldauischen Fürsten-Gelehrten Dimitrie
Cantemir jedoch, das die Grundlagen für die »Terminologie der
rumänischen Geographie« legte, dominiert die geographische
Seite des Europa-Begriffes.33 Wie man weiß, leistete Cantemir
Dakiens unter Kaiser Aurelian wurde daher als Folge gerade die
ser Kriege gewertet.40 Die gleiche Interpretation ist auch jener
Erwähnung zu entnehmen, als sich die Slawen »in Europa« nie
dergelassen haben, während die Feststellung, daß »die himmli
sche Ordnung« die Türken zu den »Herren Europas, Asiens und
Afrikas« gemacht habe, auch einen politischen Hintergrund
hatte.41 Cantemir benutzte den Begriff Europa daher auch
schon, als er die Umstände beschrieb, durch die die Türken wie
auch die Tataren erstmals auf den Kontinent kamen42 (die »von
allen anderen Völkern Europas unbesiegten Barbaren«, die sich
allerdings »aus den Gebieten Europas« wieder zurückzogen43).
Im zweiten, äußerst bedeutenden Werk des Gelehrten (»Istoria
imperiului otoman«) ist die geographische Seite des Europa-
Begriffs noch offensichtlicher, da hier das Pendeln der osmani-
schen Armeen zwischen Asien und Europa bis zur Eroberung
Konstantinopels hervorgehoben wird. Das Vordringen der Tür
ken auf den europäischen Kontinent begann gemäß Cantemir
durch die Kolonisierung einiger Scharen befreundeter Völker,
die Sultan Murad zwang, »nach Europa zu kommen«.44 Darauf
folgten militärische Expeditionen kleineren Ausmaßes, die eher
»die Erforschung« bestimmter Gebiete zum Ziel hatten, wie dies
auch 1338 der Fall war, als Sultan Orhan seinen Sohn Süleyman
40 Aurelian täuschte sich in der Annahme, er werde Dakien gegen die »Tata-
reneinfälle« nicht verteidigen können, und also »kamen die Römer aus
Dakien vergebens über die Donau, richteten doch die Tataren nicht gegen
Europa ihre Raubzüge, auch nicht gegen Dakien (...), sondern bahnten sich
anderen Weg übers Meer nach Asien hin ...«. Ebenda, S. 226 f., auch S. 210,
224.
41 Ebenda, S. 132,170.
42 Nachdem Sultan Orhan 1326 in Asien eine Reihe von Eroberungen vollen
dete, schickte er seinen Sohn Süleyman »nach Europa«, und Murad, der
Nachfolger Orhans, »kam ganz nach Europa« und machte sich unter ande
rem auch die Walachei untertan. Ebenda, S. 440 f.
43 Ebenda, S. 465, 478. Vor dieser Episode erwähnte Cantemir die Bulgaren,
»welche schon lange in das Gebiet Europas gekommen und mit der Ortho
doxie sich erhellt hatten«. Ebenda, S. 455.
44 Dimitrie Cantemir: Istoria Imperiului otoman. Creçterea §i descreçterea
lui I, Bucureçti 1876, S. 17.
72 Veniamin Ciobanu
45 Ebenda, S. 34.
46 Ebenda, S. 35 f.
47 Ebenda, S. 36.
48 Ebenda, S. 54 f.
49 Ebenda, S. 61-64.
50 Ebenda, S. 66.
51 Ebenda, S. 66 f.
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern des 18. Jh.s 73
52 Es geht um die Reise nach Karlsbad des oltenischen Bojaren Barbu §tirbei.
Siehe dazu Nicolae Iorga: Un boier oltean la Karlsbad in 1796-1797.
Cälätoria lui Barbu §tirbei in Apus. Auszug aus: Analele Academiei Romane
seria II/XXIX (Memoriile Secpunii Istorice), Bucure§ti 1906, S. 1 ff. Siehe
auch Vlad Georgescu: Istoria romänilor, Los Angeles 1984, S. 119.
53 Nicolae Iorga: Documente privitoare la familia Callimachi II, Bucure§ti 1902,
S. 299.
54 Am 17. Januar schrieb er ihm erneut, diesmal in Zusammenhang mit der
Begleichung der Kosten für die beschafften Landkarten. Siehe ebenda, S. 309,
Anmerkung 1.
55 Ursu: Formarea, S. 12-15.
74 Veniamin Ciobanu
daß der Tod Peters des Großen 1725 bloß den Türken »große
Freude« bereite, während »unter den Christen große Klage und
Trauer« herrsche.68 Aus diesem Grund wurden die Unruhen, die
die 1716 in die Moldau eingedrungenen habsburgischen Trup
pen hervorriefen, verurteilt, während dem »wahren Christen es
mehr bedeutet, den von Christus auf moldauischem Territorium
geschaffenen Frieden zu wahren denn einen Krieg zu beginnen
zur Begleichung der ihm anhaftenden Ungerechtigkeiten«. Die
sem Prinzip folgte auch der moldauische Fürst Mihai Racovi^ä,
als er eine Zeitlang zögerte, mit Gewalt zu antworten.69
Ein anderer Chronist, Radu Logofätul Greceanu, notierte mit
Genugtuung, daß die Türken infolge des Friedens von Karlowitz
(1699) die Festung Kamieniec an ihre früheren Besitzer, die
Polen, zurückgeben mußten, denn dies erwecke »in der ganzen
Christenheit - also in ganz Europa« - viel Freude, und die »Chri
sten« rühmten Gott für dieses »Wunder«.70 Der Chronist unter
strich den Begriff »christlich-europäisch« jedoch, indem er jenen
der »rechtgläubigen Völker« hinzufügte, worunter er sowohl die
Rumänen als auch die christlich-orthodoxen Völker des Balkans
verstand.71 Der Sieg der in der Heiligen Liga verbündeten
Christen bei Wien im Jahre 1683 hatte zur unmittelbaren Folge,
daß die osmanische Macht auch in der »Ukraine« zurückgehe72,
denn der Türke sei der Feind »der ganzen Christenheit«; sein
»Joch« drücke nicht nur die Moldauer, sondern »auch andere
christliche Gebiete«.73 Andere Belege für die synonyme Bedeu
tung von »europäisch« und »Europäer« waren »christlicher
Fürst«, »christliche Monarchen«, »Christenreiche«, »die christli
chen Kaiser und Fürsten«.74 Im gleichen Sinn ging auch der
68 Ebenda, S. 70.
69 Ebenda, S. 59.
70 Radu Logofätul Greceanu: Istoria domniei lui Constantin Brincoveanu voie-
vod (1688-1714), Bucure^ti 1970, S. 130.
71 Ebenda, S. 193.
72 Costin: Opere I, S. 112.
73 Ebenda.
74 Ebenda, S. 118,170,184.
78 Veniamin Ciobanu
Chronist Axinte Uricariul vor, wenn er, bezogen auf den Vertrag
von Karlowitz, schrieb, der Friede sei »zwischen dem Reich [der
Hohen Pforte] und anderen christlichen und Kaiser- und
Königreichen« geschlossen worden.75 Das Osmanische Reich war
für ihn »ein starker und gemeinsamer Feind der ganzen Chri
stenheit«.76
Zu dieser Zeit tauchte zur Bezeichnung des von den Türken
bedrohten Europa noch ein anderer Begriff auf - der Terminus
»Abendland«. Der anonyme Autor der »Istoria färii Romäne§ti«
wies darauf hin, daß die Türken zu Ende des 18. Jahrhunderts
noch immer viel zu stark seien, um vertrieben werden zu kön
nen, denn »der Türke erhob sich aus dem Osten und kam lang
sam, bezwang aber die großen und starken Fürsten, Könige, die
Kaiser sowie auch die Hälfte des Abendlandes ...«,77 Derselbe
Anonymus ging ebenso mit dem Inhalt des Begriffs »christlich«
sorgsam um. Indem er die Absicht des walachischen Fürsten
§tefan Cantacuzino, die Vererbbarkeit der Herrschaft einzu
führen, kritisierte, klagte er jenen an, die Lösung des Landes aus
der Oberhoheit der Pforte zu betreiben, die, wie man wisse, einen
solchen Weg nicht zulasse, auch nicht »zu bleiben unter der
Herrschaft der Christen, also der Deutschen oder der Mosko
viten«.78
Umfassender taucht der Begriff »christlich« beim Chronisten
Ion Neculce auf. Als er das Interregnum in Polen nach dem Tode
König Mihail Wi§niowieckis am 10. November 1673 behandelte,
läßt Neculce die Polen um Unterstützung gegen eine mögliche
osmanische Invasion bitten »bei der ganzen Christenheit, wie sie
in Europa existiert, bei den Deutschen wie bei den Moskoviten,
bei den Franzosen wie bei den Venezianern und beim Papst von
85 Ebenda, S. 641.
86 N. Camariano, A. Camariano-Cioran (Hg.): Cronica Ghicule§tilor. Istoria
Moldovei intre anii 1695-1754. Text grecesc ìnsopt de traducere romàneascà,
Bucure§ti 1965, S. 355.
87 Ebenda, S. 507.
88 Ebenda.
89 Ebenda, S. 617.
90 Vgl. Dan Simonescu: Cronici §i povestiri romàneijti versificate (sec. XVII-
XVIII), Bucure§ti 1967, S. 61 ff.
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern des 18. Jh.s 81
97 Ebenda, S. 279 f.
98 Ebenda, S. 280, 287.
99 Ebenda, S. 287 ff.
100 Dufu: Cälätorii, S. 283.
101 Ebenda, S. 286.
102 Adrian Marino: Les lumières roumaines découvrent l’Europe. In: Romul
Munteanu (Hg.): La culture roumaine à l’époque des lumières I, Bucureçti
1982, S. 58.
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern des 18. Jh.s 83
103 Grigore Rimniceanu: Prefajä la Triodul, Bucure§ti 1798. In: Ioan Bianu,
Nerva Hodo§ (Hg.): Bibliografia romäneascä veche 1508-1830 II (1716-
1808), Bucure§ti 1910, S. 406.
104 Ebenda.
105 Dupi: Etapele, S. 119.
106 Cronica Ghicule§tilor, S. 53.
107 Ebenda, S. 177; siehe auch Uricariul: A doua domnie, S. 157.
108 Ebenda, S. 253.
84 Veniamin Ciobanu
ZUSAMMENFASSUNG
120 Marino: Les lumières roumaines, S. 42; derselbe: Ilumini§ti romàni §i »afa-
cerile Europei«. In: Lumea 39, Bucure?ti 1964, S. 25.
121 Derselbe: Les lumières roumaines, S. 42 f.
122 Dupi: Coordonate, S. 166 f.
123 »Dieses europäische Ideal«, führte Marino aus, »stellt die erste Form einer
Äußerung des rumänischen Geistes der Aufklärung in den Fürstentümern
dar. Auf die wesentliche Frage: >Wie ist man Europäer?«, gibt es nur eine
Antwort: durch die Verbreitung der »Aufklärung«. Genauso gültig ist die um
gekehrte Sicht, denn die Verbreitung der Aufklärung ist die fundamentale
Ideologie der Anfänge der modernen rumänischen Kultur und Zivilisation.«
Siehe Marino: Les lumières roumaines, S. 45 f.
124 Ebenda, S. 47.
Die Europa-Rezeption in den rumänischen Fürstentümern des 18. Jh.s 87
1 Aus einer ziemlich langen Liste von Arbeiten zur Annexion der Bukowina
durch Österreich erwähnen wir bloß einige der neuesten: Karl A. Roider:
Austria’s Eastem Question 1700-1790, Princeton 1982, S. 140-150; Harald
Heppner: Österreich und die Donaufürstentümer 1774-1812. Ein Beitrag zur
habsburgischen Südosteuropapolitik, Graz 1984, S. 9-15; Veniamin Ciobanu:
La granida a trei imperii, Iap 1985, S. 11-40; Mihai Iacobescu: Din istoria
Bucovinei 1774-1862. De la administrapa militara la autonomia provin-
cialã I, Bucureçti 1993, S. 49-82; Mihai-Çtefan Ceau§u: Instituirea admini-
strapei habsburgice in Bucovina. In: Suceava. Anuarul Muzeului Bucovinei
XX, Suceava 1993, S. 125-141; derselbe: Aspecte juridice ale instituirii ad-
ministrapei habsburgice in Bucovina. In: Anuarul Institului de Istorie A. D.
Xenopol XXX, Ia§i 1993, S. 392—402.
2 Über den Josephinismus im allgemeinen siehe: Eduard Winter: Der Jose
phinismus und seine Geschichte. Beiträge zur Geistesgeschichte Österreichs
1740-1848, Brünn/München/Wien 1943; Fritz Valjavec: Der Josephinismus.
Zur geistigen Entwicklung Österreichs im achtzehnten und neunzehnten
Jahrhundert, München 1945; Ferdinand Maass: Der Josephinismus. Quellen
zu seiner Geschichte in Österreich 1-5, Wien 1951-1961.
Der Wandel des Europa-Bildes in der Bukowina an der Wende ... 89
3 Für die reformierenden Schritte des Wiener Hofs während der militärischen
Verwaltung der Bukowina siehe: Ferdinand von Zieglauer: Geschichtliche
Bilder aus der Bukowina zur Zeit der österreichischen Militär-Verwaltung
12, Czernowitz 1908; Raimund Friedrich Kaindl: Geschichte der Bukowina
3, Czernowitz 1893; Ion Nistor: Istoria Bucovinei, Bucureçti 1991; Mihai-
§tefan Ceauçu: Instituirea, S. 131 ff.
4 Allgemein über das Reich siehe: Elisabeth Bradler-Rottmann: Die Reformen
Kaiser Josephs II., Göppingen 1973; zu Siebenbürgen und dem Banat siehe:
Mathias Bemath: Habsburg und die Anfänge der rumänischen National
bildung 1700-1848, Köln/Wien 1982; Nicolae Bocçan: Contribuid la istoria
iluminismului románese, Timiçoara 1986.
5 Paul Hazard: Criza conçtiinlei europene 1680-1715, Bucureçti 1973.
6 Louis Réau: L’Europe française au siècle des Lumières, Paris 1971.
90 Mihai-§tefan Ceau§u
7 Ebenda, S. 59.
8 Siehe hiezu vor allem Alexandru Du{u: Coordonate ale culturii romäne§ti ln
secolul al XVIII-lea (1700-1821). Studii §i texte, Bucure§ti 1968; derselbe:
Sintezä §i originalitate in cultura romänä (1650-1850), Bucureijti 1972; der
selbe: European Intellectual Movements and Modernization of Romanian
Culture, Bucure§ti 1981; Vlad Georgescu: Ideile politice §i iluminismul in
Principatele Románe 1750-1831, Bucure§ti 1972; Adrian Marino: »Luminile«
romäneíjti descoperirea Europei. In: Revista de istorie §i teórie literarä
28/1, Bucure§ti 1979, S. 27-48.
Der Wandel des Europa-Bildes in der Bukowina an der Wende ... 91
41 Ebenda.
42 Ebenda.
43 Ebenda.
44 Siehe hiezu Mousa Raskolnikoff: Histoire roumaine et critique historique
dans l’Europe des Lumières: La naissance de l’hypercritique dans l’historio
graphie de la Rome antique, Rom 1992.
Der Wandel des Europa-Bildes in der Bukowina an der Wende ... 99
Als Gegensatz dazu fungierte in dieser Zeit die Idee eines be
freienden und die traditionellen Werte der christlichen europäi
schen Zivilisation beschützenden Österreich. Dies geht u. a.
aus einem Rundschreiben des Bukowiner Konsistoriums vom
5. April 1799 hervor, wo es heißt:
Weil die französischen Feinde die Christenheit versprengen, vieler
orts bringen sie Plünderungen und Blutvergießen der Menschheit,
und unlängst haben sie angefangen einen feindlich Krieg gegen
unser barmherziges Reich«, das sich gezwungen sah »zu den Waffen
zu greifen und davon Gebrauch zu machen zur Verteidigung der
Länder des Reiches und aller Christenheit vor dem Feind und vor
dem Verderben.57
59 Arhivele Statului Suceava: Colecfta Documente, pachet VIII doc. nr. 47/1809.
60 Arhivele Statului Suceava: Colecfia Documente, pachet IX doc. nr. 47/1813.
61 Ebenda.
62 Ebenda: Pachet IX doc. nr. 15/1814.
Der Wandel des Europa-Bildes in der Bukowina an der Wende ... 103
Die Vorstellung über »Europa« ist nicht bloß ein Bild des einen
vom anderen; es ist fast ein Gemeinplatz, daß gar kein objekti
ves Bild existieren kann: Die Bilder sind subjektive, oftmals kon
junkturbedingte Vorstellungen, und die jeweilige imagologische
Aussage hängt sowohl vom Informations- und Rationalitäts
niveau als auch von Einbildungen ab; deshalb gibt es mehrere
Verstehens- und Vorstellungsebenen.1 Das Bild, das die vorlie
gende Studie erstellen will, erscheint als Komplex expliziter und
impliziter Vorstellungen, denen sowohl die Widerspiegelung all
gemeiner Sachverhalte als auch bewußt vollzogene Wahrneh
mungen zugrunde liegen. Zuerst zur Geschichtlichkeit imagolo
gischer Aussagen: Haben Bilder eine Biographie? Kann man
einen bestimmten Ursprung und eine bestimmte Entwicklung
für Bilder feststellen, abgesehen von deren gesellschaftlicher
Bedeutung? Weiters: Kann man von einem geschlossenen Bild
als von einer artikulierten, relativ einheitlichen Aussage spre
chen oder nur von verschiedenartigen Vorstellungen? Handelt es
sich um einen sich selbst reproduzierenden Vorgang, dem eine
innere Dynamik eigen ist, die zwischen den diversen Erschei
nungsformen eine kausale Beziehung herstellt, oder handelt es
sich um einen rein reaktiven, konjunkturellen Vorgang?
Der vorliegende Beitrag setzt sich weder das Ziel, auf all diese
Fragen zu antworten, noch den Anspruch auf einen systemati
sierten Charakter zu erheben: Es geht nicht um die Gesamtheit
möglicher Texte und Aussagen. Im Rahmen der Imagologie ist
schwer zu entscheiden, wo Ursache und Wirkung zu finden sind,
bei seinem muntenischen Pendant, Dinicu Golescu: »Und dann werden wir,
jeder von uns, die wahre Ehre und Beglückung gewinnen, das Volk wird in
wenigen Jahren zweifellos auf jenen Stand gelangen, auf dem sich die ande
ren Völker Europas befinden, sowie auch zu jener angemessenen Aufklärung
reifen, wenn wir uns an anderen Völkern ein Beispiel nehmen.« Siehe Dinicu
Golescu: tnsemnare a cälätoriei mele. In: Scrieri, Bucureijti 1990, S. 52.
17 »Ach, könnte ich dir doch die Ikone dieser unbescholtenen Schweiz beschrei
ben«, schreibt der junge Bräiloiu seinem Vater, einem hervorragenden mun
tenischen Bojaren, im Mai 1828, »Du würdest fühlen, wie in Dir mit größerer
Kraft jenes patriotische Gefühl erwacht, von dem ich weiß, daß es Dir ange
boren ist, und das mich beseelt.« P. Eliade: Histoire de l’esprit public en
Roumanie I (1821-1828), Paris 1905, S. 268.
18 Es geht um Antim Ivireanul, einen hohen orthodoxen Prälaten aus Mun-
tenien, mit seinen Sfaturi cre§tine-politice. Vgl. Du(u: Modele §i imagini,
S. 157.
19 Siehe hiezu den Beitrag von Veniamin Ciobanu in diesem Band.
Das Bild Europas in den rumänischen Fürstentümern (1800-1830) 113
20 Siehe hiezu die Briefe einiger muntenischer Bojaren aus den ersten Jahr
zehnten des Jahrhunderts, in denen die Schulen aus Hermannstadt, oftmals
bloß private Pensionate, als europäische Schulen bezeichnet wurden. N.
Iorga: Contribupi la istoria ¡nväjämintului in farä §i sträinätate 1780-1830.
In: Analele Academici Romäne. Memoriile secfiunii literare (= AARMSL)
XXIX, Bucuresti 1906, S. 45 und passim.
21 Corfus: Insemnäri de demult, S. 17.
22 Diesem niederen Kleriker verdanken wir in den ersten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts die vollständigste Vision von »Europa«. Vgl. Cronica ineditä a
protosinghelului Naum Rämniceanu I a. Text insopt de un studiu introduc-
tiv de Stefan Bezdechi, Cluj-Sibiu 1944, vor allem die Kapitel 5-10.
23 Dionisie Eclesiarhul: Hronograf 1764-1815. Hg. v. Dumitru Bäla§a und
Nicolae Stoicescu, Bucuresti 1981, S. 116.
114 Florea Ioncioaia
Europa (Abendland) war, sondern jene Bühne, auf der die be
deutendsten Mächte auftraten. Dieses »Europa« war ein Raum
des Mächtespiels, in dem das Maß der Teilnahme an den poli
tisch-diplomatischen Geschäften zählte; hieraus erklärt sich,
daß Rußland und die Türkei oft in das europäische »Konzert« der
Großmächte einbezogen wurden.24
Meist erschien das politische Europa als eine Gemeinschaft
der Souveräne - der Kaiser, Könige und eventuell auch der
Fürsten. Die napoleonischen Kriege wurden daher vornehmlich
als Konflikte zwischen einzelnen europäischen Führern einge
stuft. Mit »Europa« wurde meist dann operiert, wenn es um eine
allgemeine Gefahr ging, sei es Napoleon, seien es die Türken oder
dann die Griechen mit ihren revolutionären Versuchen.25 Dio-
nisie Eclesiarhul übernahm in diesem Sinne aus einer Bekannt
machung des Zaren Alexanders II. die Formulierung, Napoleon
mache »in ganz Europa Aufruhr«, indem er sich außerhalb des
gängigen Kanons (»ohne Wissen der Kaiser Europas«) zum
»Empéreur« proklamierte.26
Außer der Vielzahl von Souveränen tauchte damals bereits
eine neue Macht auf, die »Europa« in gewissem Sinne zu einer
fiktiven Einheit machte: die öffentliche Meinung. »Europa« war
ein Raum geworden, in dem die Ereignisse ein Echo hatten: Es
gab ein moralisches Bewußtsein, ein öffentliches Gewissen. Weil
die Vernunft, bestimmte Ideen und moralische Werte politische
Gesten begründen konnten, schien »Europa« nun verstehbarer
und seine Taten vorhersehbarer zu sein.27
28 Ebenda, S. 55.
29 Georgescu: Mémoires et projets, S. 108.
30 Golescu: însemnare a cälätoriei mele, S. 61.
31 Das Thema taucht in einer Bittschrift der muntenischen Bojaren an den
Wiener Hof auf, ist aber vor allem nach 1821 häufig präsent, obwohl der
Bezug auf »Europa« bloß ein impliziter ist, siehe Georgescu: Mémoires et pro
jets, S. 45; sowie derselbe: Din corespondenfa, passim.
116 Florea Ioncioaia
34 Vgl. Ion Bianu, Nerva Hodo§: Bibliografie romäneascä veche II. Bucure§ti
1910, S. 406.
35 Derselbe: Amänunte din istoria invä(ämintului in (arä §i sträinätate 1780-
1830. In: ARMSL XXXVII/1916, S. 381 f.
36 Virtosu: 1821, S. 119.
118 Florea Ioncioaia
war für ihn ein symbolischer Raum, der sich in groben Zügen mit
der westlichen Welt deckte.
Das Bewußtsein der Gemeinschaftlichkeit mit »Europa« war
bei den Eliten des 18. Jahrhunderts präsent, löste jedoch noch
kein Signal für eine Vorbildhaftigkeit aus. In einem fürstlichen
Beschluß aus dem Jahre 1797 über die Abfassung einer Ge
schichte und Geographie der Walachei wurde verlangt, »die Geo
graphie des Landes« zusammenzustellen, »wie es sich fügt mit
denen außerhalb seiner, also: mit dem Allmächtigen Reich und
mit dem fremden Boden, sowie die Grenzen des Landes zum
Banat und zu Transilvanien«; der europäische Westen befand
sich offenbar noch außerhalb des Horizonts.41
In den ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts wurde die Ord
nung der Dinge noch immer von Konstantinopel vorgegeben. Es
gab zwei Zeitmaße - die türkische Zeit (die gewöhnlich in Ge
brauch war) und die europäische Zeit - sowie zwei Arten von
Kleidung, wobei die Kleider europäischer Art mit Fremdsein as-
soziert wurden; ganz zu schweigen von den Konfessionen, politi
schen Praktiken und kulturellen Mentalitäten.42 Sogar die
Schrift (kyrillisch) oder das Notensystem waren von den »eu
ropäischen« Normen verschieden.43
Demgegenüber ist es paradox, wenn die Vorstellung über die
tiefe kulturelle Differenz zu »Europa« in der öffentlichen Mei
nung kaum erörtert worden ist. Dies deshalb, weil »Europa« vor
wiegend nicht als kulturelle Entität erschien und weil die Ein
sicht in die Notwendigkeit von Reformen erst langsam wuchs.
44 Vgl. auch Radu Rosetti: Arhiva senatorilor din Chiçinâu §i ocupapa ruseascä
delà 1806-1812 I, Bucureçti 1909, S. 36, 71 ff., 79.
45 Zum allgemeinen Kontext vgl. Eliade: Influenza francezä, Kap. III, Teil III;
vgl. auch Georgescus Einführung zu: Mémoires et projets, S. VI.
46 Vgl. Virtosu: 1821, S. 189, passim.
Das Bild Europas in den rumänischen Fürstentümern (1800-1830) 121
Alsbald wurde diese Einsicht zur Plattform für den Weg der
Rumänen in die Zukunft. In diesem Sinne meinte Grigore
Ple§oianu im Vorwort zu seiner Übersetzung von Marmontel
(1829):
Gebe Gott von nun an, daß wir den Europäern folgen, auf daß auch
wir »Europäer« genannt werden können, nicht nur dem Namen nach,
sondern auch gemäß den Taten.50
Moldauer [sic!], das, auch wenn es sich unter der Herrschaft der os-
manischen Pforte weiß, diese Herrschaft selbst gefordert und akzep
tiert hat, bloß zum Schutze und in Verträgen abgehandelt und fest
gesetzt. Deshalb haben diese ihre Regierung mit eigenen Häuptern,
bodenständigen Gesetzen und Bräuchen ... Auch noch ganz Europa
wird über das, was es sieht, in Staunen versetzt werden!57
Mit der Zeit verwandelte sich die Vorstellung der eigenen Rück
ständigkeit zum Gefühl des betrogenen Opfers. Den »Europäern«
wurde vorgeworfen, die spezifischen Verhältnisse in den Für
stentümern nicht gut genug zu kennen, weshalb ihre Ent-
57 Ebenda, S. 192 f.
58 Iancu, einer der Dichter aus der Familie Väcärescu, schrieb Ende des dritten
Jahrzehnts: »Cite curind vä inäljati/Europa vä prive§te« (Iancu Väcärescu:
Mar§ul romänesc. In: Poefti Väcäre§ti: Serien alese. Ed. Elena Piru, Bucure§ti
1961, S. HO).
59 Virtosu: 1821, S. 200.
Das Bild Europas in den rumänischen Fürstentümern (1800-1830) 125
63 Wir beziehen uns hier auf eine relativ homogene Kategorie von Texten, zu
sammengesetzt aus den von Ilie Corfus edierten Chroniken, aus Dionisie
Eclesiarhuls Chronik, den Chroniken und Pamphleten Naum Rämniceanus,
den Briefen Tudor Vladimirescus.
64 Dionisie Eclesiarhul: Hronograf, S. 111.
65 Vladimirescu: Serien, S. 24, 26 für den Brief vom Juli 1814, passim für den
Rest der Korrespondenz der Jahre 1814-1815.
Das Bild Europas in den rumänischen Fürstentümern (1800-1830) 127
feld dieser sozialen Gruppe erfaßte das Thema auf zwei Ebenen:
einerseits als Vorstellung von einer fremden und exotischen Welt
ohne klare Physiognomie oder als Ort konkreter Politik, woher
die politischen Einflüsse, Ideen und manchmal auch vage Zei
chen der Solidarität kamen, bzw. als Ziel des politischen Asyls.
Die Schriften der ersten beiden einheimischen Herrscher, die
in der Moldau und Walachei zwischen 1822 und 1828 regierten,
bezeugen, daß Ioni^ä Sandu Sturdza und Grigore Ghica gegen
über dem europäischen Westen wachsendes Interesse hegten,
ohne aber allzuviel Sympathie zu entwickeln, zumal die osma-
nische Suzeränität dies nicht erlaubte.68 Wie auch sein Vor
gänger, der griechisch-phanariotische Fürst Gheorghe Caragea
(1812-1818), hatte Grigore Ghica zudem einen privaten Korre
spondenten in Wien (Friedrich von Gentz), der ihn, wenn auch
auf Geheiß der Hohen Pforte, über die diplomatischen Aktua
litäten in »Europa« informierte.69 Dieses bestand für Grigore
Ghica aus den Großmächten, d. h. aus England, Frankreich und
der Heiligen Allianz. Er suchte eine Welt der konservativen Ord
nung, in die er auch Rußland einfügte. Dem politischen »Europa«
warf er fehlende Einheitlichkeit im Handeln gegenüber Rußland
und der Türkei vor. Offensichtlich verfügte Ghica nicht mehr
über jenes Bewußtsein der Zugehörigkeit zur osmanischen Welt,
wie sich das bei Ioan Caragea noch offenbart.70 Als er im März
1827 auf den Aufstand der Griechen Bezug nahm, warnte der
walachische Fürst:
Le feu ne brûle pas en Amérique, il est en Europe et la situation phy
sique des pays agités est telle, que tôt ou tard elle peut sans qu’on
s’en aperçoive amener des complications.71
Auch aus einem anderen Zitat geht hervor, daß der Regent dem
Echo der großen Ereignisse in »Europa« für sein Land entspre
chende Bedeutung beimaß. 1824 meinte er:
Aucune affaire ne peut être discutée en Europe sans attirer plus ou
moins l’attention générale.
Der Fall der ersten Begegnung mit »Europa«, wie sie Dinicu
Golescu ausführlich beschrieben hat, hinterläßt ein Dilemma:
Ging es tatsächlich um die Entdeckung von Neuland oder erfand
sie der walachische Bojar nur zum Gebrauch seiner lesenden
Landsleute? War der Kontaktschock real oder gespielt? Eine ein
deutige Antwort kann nicht gegeben werden. Die Darstellung
über die Andersartigkeit des europäischen Westens war jeden
falls dazu bestimmt, die Distanz zwischen den beiden Welten zu
dramatisieren.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in den beiden
rumänischen Fürstentümern drei Begriffsinhalte von »Europa«.
Der eine meinte das Gefüge der Großmächte, zu dem zwar auch
die Türkei und Rußland zählten, nicht aber die nichtsouveränen
und realpolitisch einflußlosen Staaten. Der zweite Begriffsinhalt
definierte Europa kraft der mit der Aufklärung erreichten Zivi
lisation, der ein symbolischer, richtungweisender Wert zuerkannt
wurde. Der dritte Inhalt bezog sich auf Europa in seiner maxima
len, rein geographischen Dimension. In der zeitgenössischen
Vorstellung existierte der Raum nicht autonom, sondern war
Ausdruck zeitlicher Beziehungen. Die Menschen schienen daher
nicht in verschiedenen Regionen zu leben, sondern gleichzeitig in
unterschiedlichen Epochen. Die Nachahmung »Europas« war ein
Versuch, den Anschluß an die damalige Gegenwart zu finden.
Die Entdeckung des Themas »Europa« seitens der rumäni
schen Aufklärer beruhte auf der Entdeckung der geschichtlichen
Zeit, d. h. der Wahrnehmung, daß es keine homogene Geschichte
im Einklang mit Gott gebe, sondern nur menschliche Handlun
gen sowie historische Ursachen und Wirkungen. Diese Wahrneh
mung führte vor Augen, daß geschichtliches Werden eine frei
willige, den Völkern offenstehende Option sein konnte. Die
Mythisierung des Nationalen, die in den 1820er Jahren ihren
Anfang genommen hat, steht in unmittelbarem Zusammenhang
mit der Einsicht, daß Geschichte durch den menschlichen Willen
gestaltbar sei. Dementsprechend wurde die Idee der Zukunft als
Objekt von Träumen und Ziel von Hoffnungen eine neuartige
Errungenschaft unter den Rumänen.
130 Florea Ioncioaia
gegenüber diesem Phänomen läßt sich aber auch aus den Reise
berichten Fremder entnehmen. Demnach wurde die Ehe als
künstliche Verbindung angesehen, bei der die Versprechen (Ehe
verträge) von mindestens einer Seite gebrochen wurden, Kinder
zeugung und Vermehrung der Bevölkerung kein unmittelbares
Ziel waren, so daß sich die Ehe auf rein physiologische Aspekte
oder pragmatische Gründe reduzierte. Im Zentrum der Ehe
scheidung stand die Frau, die automatisch als Hauptschuldige
benachteiligt war.
Es ist kein Zufall, daß zur Illustration des vorliegenden The
mas zunächst die Erinnerungen des Grafen Rochechouart her
angezogen wurden, denn dem »Zustand der Sitten« in den bei
den rumänischen Ländern schenkten selbst die ausländischen
Reisenden große Aufmerksamkeit: in den diplomatischen Be
richten oder in Privatkorrespondenzen ebenso wie in den mi
litärischen Schilderungen oder in intimen Tagebüchern war
dieses Thema vertreten. Der französische Konsul Lagan z. B.
konstatierte im Jahre 1828:
Der Verfall der Sitten scheint nirgends größer zu sein als in dieser
Ecke Europas ... Die Frauen ... kaum verheiratet ... lassen ihren
schlechten Anwandlungen freien Lauf, vergeuden ihre Gunst und un
terscheiden sich nicht voneinander ... als durch das Schlechte, das
sie tun. Ohne Zärtlichkeit für ihre Kinder, zeigen sie gewöhnlich auch
für ihre Ehemänner keine Zuneigung. Folglich sind auch die
Scheidungen etwas Gewöhnliches. Der unbedeutendste Vorwand
reicht aus, um gleich eine zweite oder dritte Heirat zu planen.5
denn so werden sie es unter den Umständen der heutigen Zeit zeit
lebens besser haben!6
9 Ebenda, S. 219 f.
10 Marie E. Holban: Rapport sur la Valachie et la Moldavie par Reinhard. In:
RHSEE VTI/10-12 (1930), S. 240. Christian von Struve (Reise eines jungen
»Europa« und die Ehemoral in der rumänischen Gesellschaft 137
Russen von Wien in die Krim, Gotha 1801) behauptet Anfang des 19. Jahr
hunderts, daß die in den Fürstentümern ansässig gewordenen Fremden gar
bald genauso trunksüchtig seien wie auch die Einheimischen (vgl. Gh. Pascu:
Cälätori sträini in Moldova §i Muntenia in secolul XVIII. Struve. In: Revista
Criticä XTV/1, Bucuresti 1940, S.118). Zwanzig Jahre früher, im Jahre 1778,
erwähnte der russische Feldmarschall S. E. de Bauer in seinen »Mémoires hi-
storiques et géographiques sur la Valachie ...« (Francfort), daß die Gewohn
heit, viel Wein zu trinken, sehr verbreitet sei, was zusammengehe mit der
Trägheit und Knauserigkeit der Einheimischen (vgl. Ders.: Cälätori sträini
in Moldova §i Muntenia in secolul XVIII. Bauer. In: Revista criticä XIII/1,
Bucuresti 1939, S. 88 f).
11 Nicolae Iorga: Un observator englez asupra romänilor din epoca lui Tudor
Vladimirescu. In: Analele Academiei Romäne. Memoriile secfiunii istorice
(= AARMSI) Seria III/X, Bucuresti 1933, S. 155.
12 Ion I. Nistor: O descriere a Principatelor Romäne din 1822. In: AARMSI Seria
III/XXV, Bucuresti 1943, S. 387.
138 Mihai-Räzvan Ungureanu
Ich kann ... nicht entscheiden darüber, ob ich das schöne Geschlecht
der Walachen aller dakischen Provinzen loben oder tadeln soll für
seine Neigung zur Liebe und die angeborene Zärtlichkeit.16
Der sexuelle Umgang wurde oft als eine der Ursachen für die
Verbreitung von Geschlechtskrankheiten angeführt. Die Prä
senz der Syphilis schien die Vorstellung von der weiblichen Zü
gellosigkeit zu belegen:
Auch nicht die Syphilis, die natürliche Strafe für verbotene
Geschlechtsbeziehungen, so verbreitet unter den Walachen beider
Geschlechte, kann sie nicht dazu bewegen, ihren Begierden Zügel an
zulegen,
16 Ebenda, S. 176 f.
17 Ebenda, S. 179. Von Karaczay stellt das auch so fest.
18 V. Papacostea: Un observator prusian in lärile romäne acum un veac,
Bucuresti 1942, S. 94.
19 Wilkinson: Starea Principatelor, S. 219. Der dänische Historiker Frederik
Schiern wunderte sich 1857, daß das Durchschnittsalter der Heirat viel unter
20 lag, die Männer waren oft erst 17 und ihre Frauen 14 Jahre alt. (R. V.
Bossy: Un drumet danez in Principate. In: AARMSI Seria III/XXIV, Bucuresti
1941-1942, S. 2).
20 »Sie kümmerte sich wenig um ihren Haushalt und um ihre Kinder, deren
Erziehung in den französischen Instituten erfolgt, die größtenteils nicht zu
friedenstellend geführt werden« (N. Iorga: Opinia publica germanä §i
Romänia lui Carol I inainte §i dupä räzboiul de independenfä. In: AARMSI
Seria III/XTV, Bucuresti 1933, S. 8).
21 Heitmann: Das Rumänenbild, S. 174: »Überhaupt haben die rumänischen
Weiber kein sanftes Los. Der Rumäne betrachtet sein Weib weniger als
gleichberechtigte Lebensgefährtin denn als Dienerin und eigentliche Besor
gerin des Hauses und der Wirthschaft.«
140 Mihai-Räzvan Ungureanu
22 Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts glaubte Prinz Anatol Demidov, die
französische Mode bewirke die Veränderung der Sitten (Bezviconi: Cälätori
ru§i, S. 314 f.), und Dimitrie Bantys-Kamenskij sah einen Zusammenhang
zwischen der »Grobheit, Faulheit und Ungepflegtheit« des Volkes und dem
eklatanten Snobismus der adligen Frauen (ebenda, S. 172 f.).
23 Von Struve fand die Wurzeln der weiblichen Immoralität im »Luxus und in
der Trägheit der herrschenden Kreise« (ebenda, S. 143).
24 »Alle sind verrückt nach Tanzen« (aus den Notizen General Pavel Kiseleffs,
1810), ebenda, S. 178.
25 Ebenda, S. 265. Die Frauenkleider, notierte Graf Alexandre de Langeron im
ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, sind derart hergestellt, daß sie sexuell
aggressiv wirken: »Die moldauischen Frauen tragen lange, faltenlose Kleider.
Das Kleid schließt am Hals und läßt dem Bauch völlige Freiheit, was dazu
führt, daß sie wenig angenehm erscheinen« (ebenda, S. 153). Nicht immer er
laubten es die letzten phanariotischen Fürsten, daß die Pariser Mode die kon-
stantinopolitanische ersetzte, welche noch irgendwie an die byzantinische
Blütezeit erinnerte (siehe V. A. Urechia: Societatea sub I. G. Caragea. In:
AARMSI Seria I/XXIII, Bucure§ti 1900, S. 154 0.
»Europa« und die Ehemoral in der rumänischen Gesellschaft 141
26 Es ist Adrien Cochelets Beobachtung, der etwa 1834-1835 durch die rumä
nischen Länder kam (Alex. Rally: Le voyage de Cochelet dans les Prin
cipautés Roumaines (1834-1835). In: RHSEE VIII/10-12, Bucureçti 1931,
S. 278 f.). Dazu bemerkte er auch die »Jassyer Promenade auf dem Copou«,
der Treffplatz der bestellten oder sich im Besitz der adligen Frauen befind
lichen luxuriösen Equipagen (S. 289).
27 Bereits um das Jahr 1714 bemerkte der schwedische Offizier Erasm Henric
Schneider von Weismantel, wie die Frauen, obwohl sie es »für eine Sünde hal
ten«, mit den Augen die Fremden suchten. Sogar die Priester sah er, wie sie
sich in Wirtshäusern in galanter Begleitung aufhielten; die Nonnen waren
für ihn »die ärgsten Huren« (N. Iorga: O nouä descriere a Moldovei in secolul
XVIII de un suedez. In: Revista istorica XVI/1-3, Bucureçti 1930, S. 11). Das
gleiche bemerkten die französischen Reisenden um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts (Giers, Laurençon etc.), siehe Djuvara: Intre Orient §i Occi
dent, S. 143.
28 Dies Verhalten kritisierte der philorumänische Jean Vaillant in »La Rou
manie« und in seinen kleinen Satiren (siehe N. Iorga: Trei generafii in viafa
politicä romäneascä dupä judecata lui J. A. Vaillant. In: AARMSI Séria
III/XVI, Bucureçti 1934-1935, S. 332).
29 Zum Luxus der Equipagen siehe I. G. Caragea: Un ofifer austriac despre
Moldova (pe la 1854). In: Revista istorica VI, Bucureçti 1920, S. 117.
30 Contele d’Hauterive: Mémoire sur l’état ancien et actuel de la Moldavie (en
1787), Bucureçti 1902, S. 360-361.
142 Mihai-Räzvan Ungureanu
Aus dem Studium der Quellen ersieht man, daß das Phänomen
»Ehemoral« ein Thema gewesen ist, dem sich die reisenden
Ausländer besonders angenommen haben, erstens um die Leser
ihrer Berichte darauf aufmerksam zu machen, zweitens um die
rumänischen Verhältnisse damit abzuqualifizieren. Allerdings
ergibt das Studium auch, daß hiebei Klischees erstellt wurden,
Klischees, die bestenfalls für einen Teil der Oberschichten Gül
tigkeit besessen haben mochten, nicht jedoch für die übrige
Bevölkerung der Moldau und Walachei. Obwohl die ausländi
schen Berichte das Problem der Ehemoral in schärfere Worte ge
kleidet haben, als dies die Inländer taten, ist dennoch zu be
haupten, daß der kausale Zusammenhang mit den damals in die
rumänischen Länder eindringenden westlichen Einflüssen nicht
klar erfaßt worden ist; deshalb fiel das Urteil auch viel strenger
aus.
Und weil sich die »Augen und Gedanken« der jungen rumäni
schen Generation auf den Westen hefteten, suchte sie in ihm
auch Wege zu einer neuartigen Orientierung. Dieser Umstand
führte zu einer reichhaltigen Reiseliteratur (Tagebücher, Noti
zen, Reiseaufzeichnungen, Memoiren, Erinnerungen usw.), die
viele Hinweise auf das Europa-Verständnis vermitteln. Deshalb
hat sich der vorliegende Beitrag das Ziel gesetzt, die rumänische
Reisebeschreibung, d. h. die gedruckten Reiseaufzeichnungen
dieses Zeitalters2 stichprobenartig auf ihren dokumentarischen
täte scriitorul román. In: Tectonica genurilor literare, Bucuresti 1980, S. 260-
275; Florin Faifer: Semnele lui Hermes. Memorialistica de cälätorie (pänä la
1900) între real §i imaginär, Bucureçti 1993 (mit einer umfassenden Biblio
graphie); Florea Ioncioaia: Viena, optsute treizeci §i opt. Relatärile de cäläto
rie §i imaginarul politic european la mijlocul secolului al XIX-lea. In: Itine-
rarii istoriografice, Ia§i 1996, S. 415^137.
3 Adrian Marino: Iluminismul romänesc §i »afacerile Europei«. In: Lumea 39,
Bucuresti 1964, S. 24 f.
4 Ebenda.
5 Alexandru Dufu: Cälätori, imagini, constante, Bucuresti 1985, S. 283.
6 Im rumänischen Raum taucht diese Bezeichnung zum ersten Mal beim Fa
beldichter Dimitrie Cichindeal (Tichindeal) in seinem Buch auf: Filozofîceçti
§i politiceçti prin fabule moralnice inväfäturi, Buda 1814.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 145
10 Ebenda, S. 199.
11 Dinicu Golescu: Insemnare a cälätoriei mele Constantin Radoviči din Gole§ti
facutä in anul 1824,1825,1826. In derselbe: Scrieri, Bucure§ti 1990, S. 4: »Das
Gute lernten die Menschen erst einer vom anderen, dann ein Volk vom an
deren, wie wir es in den Geschichtsschreibungen sehen: daß die Griechen,
indem sie Ägypten bereisten, von dort das Licht der Wissenschaften und viele
Handwerke brachten, und die Römer, unsere Vorfahren, haben sie vermehrt
weitergegeben. Und diese haben sie im ganzen hellen Europa ausgeschüttet,
und dieses, von Tag zu Tag sie bereichernd, machte sie hundertfach frucht
bar«.
12 Mircea Anghelescu: Dinicu Golescu in vremea sa, Bucure§ti 1990, S. XXXIII.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 147
bis hin zum Motor jenes Schiffes, mit dem er von Triest nach
Venedig fuhr. Golescu nahm Vorbehalt-, aber auch kritiklos alle
moralischen, ideologischen, politischen, sozialen, kulturellen
westlichen Werte und all das, was die dortige Kultur und Zivi
lisation an Neuem, Gutem, Nützlichem, Fortschrittlichem und
Nachahmenswertem bot, in sich auf. Er nahm zur Kenntnis, daß
die Arbeit und Sozialstruktur sowie der Bildungsgrad der
Bürger und der öffentliche Fortschritt und Wohlstand in einem
Zusammenhang standen. So bewunderte er die Organisation der
Schweizer Kantone, in denen es weder Adlige noch Gemeine gab,
sondern alle Brüder und Landsleute seien,13 und sah, daß die
Schweizer Landwirte sich an einem bestimmten Tag der Woche
trafen, »um zu erfahren, was sich in der Welt zuträgt«, und
»Gazetten« lasen. Dabei wußten jene Kronstadt in Siebenbürgen
von der gleichnamigen Stadt im nördlichen Rußland sehr wohl
zu unterscheiden.14
Interessiert an den Beziehungen zwischen Herrschenden und
Volk - ein Hauptthema seiner Reisememoiren - , schreibt Dinicu
Golescu bewundernd über den König von Bayern:
Es gibt keine größere Freude, als jemanden zu sehen, wie er sich
unter sein Volk mischt, durch Stadt und Gärten, ins Theater geht, ge
radeso wie jedweder Städter, dabei gekleidet ohne Anschein von
Luxus, sondern mit gewöhnlichen Kleidern, um den anderen ein
gutes Beispiel zu geben.15
Als er Bayern besuchte, fiel ihm die Milde und Väterlichkeit der
Regierenden und die unbeschränkte Sorge derer auf, wie die
Völker, über die sie herrschten, zu beglücken seien.16 Über die
Bayern schrieb er mehrfach lobend: »Sie sind wohlhabend, ar
beitsam, wohlerzogen und ordentlich« oder »alle Einwohner,
auch der ärmste, sind sauber gekleidet; mit Flicken oder barfuß
17 Ebenda, S. 86.
18 Ebenda, S. 21.
19 Ebenda, S. 60: »Alle trugen große Hüte, festgebunden mit einem breiten
Band, gekleidet mit Spenzern aus rotem Tuch, mit schwarzen Beinkleidern
bis zum Knie, von da bis unten Baumwollstrümpfe und kurze Stiefel, über
den Knöcheln gebunden wie bei den Soldaten.«
20 Ebenda, S. 19, 116.
21 Ebenda, S. 24.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 149
22 Ebenda, S. 60: »Graz, die erste Stadt der Steiermark, regiert von einem
Guvernator, mit allen der Zufriedenheit notwendigen Einrichtungen und
Regeln. Ziemlich groß und sehr geschmückt mit schönen Mauern, mit großen
Marktplätzen und breiten Straßen.«
23 Ebenda, S. 61: »Triest - das ist jene Stadt am Golf der Adria, berühmter
Hafen, dessen Schönheit bekannt ist. Die Häuser sind alle sehr schön, mit
Architektur und allem in Linie gearbeitet. Pflasterung gleich der seiner
Gassen glaube ich nicht, daß es sonstwo noch gibt. Ihre Schönheit und
Tüchtigkeit verdienen es, gesehen zu werden.«
24 Ebenda, S. 65.
25 Petrache Poenaru (1799-1875) aus Bene§ti-Välcea war ein Schüler des sie-
benbürgischen Gelehrten Gheorghe Lazär am Nationalkollegium Hl. Sava
aus Bukarest, später selbst Lehrer am selben Kollegium (1819) und
Kanzleisekretär von Tudor Vladimirescu (1821); Neffe der großen Craiovaer
Bojaren Iordache und Grigore Oteteli§anu, durch deren finanzielle Unter
stützung er Philosophiekurse an der Universität Wien (1822) belegte.
150 Stela Mãrieç
1824 beantragte und erhielt er vom muntenischen Fürsten Grigore Ghica ein
Stipendium, um seine Studien in »Europa« noch vier Jahre fortsetzen zu kön
nen. Siehe seinen Brief vom 22. September 1824 aus Bukarest an Grigore
Ghica in G. Potra: P. Poenaru, ctitor al inväfämintului românese, Bucureçti
1963, S. 237 f. Als Stipendiat der Walachei studierte er Ingenieurstechnik an
der Universität Wien zwischen 1824-1826, dann in Paris, an der École Poly-
technique unter der Leitung von Louis Puissant (1825-1831). Im Mai 1827
patentierte er in Paris eine eigene Erfindung - einen Vorgänger der Füllfeder.
Er machte eine Reihe von Studien- und industriellen Dokumentationsreisen
nach Frankreich und England, desgleichen mit materieller Unterstützung
der muntenischen Regierung, die ihm auftrug, die Metallurgie, die Kohlen-
und Eisenförderung etc. in den westlichen industriell entwickelten Ländern
zu studieren. Es gibt aus der Zeit seiner Reisen durch das Abendland eine
reiche Korrespondenz mit der Heimat, in der auch Reiseeindrücke enthalten
sind. So notierte er »als Neuigkeit« im Wien des Jahres 1825 die Erfindung
eines Engländers, nämlich einer »Kutsche, die mittels einer Dampfmaschine
losgeht und durch den Prater fahrt, ohne Pferde und sehr schnell«. 1831 rei
ste er nach England, um sich über jene Industrie zu unterrichten, die dieses
Volk »zu einem so hohen Grad der Perfektion geführt hat«. Er besuchte
London und blieb sechs Tage, an denen er über die »englischen Wunder«
äußerst erstaunt war, sowohl was die »Industrie, als auch was die
Gesetzgebung« betraf. Er bewunderte die englische Hauptstadt, »diese rei
che Stadt«, und war von der »Industrie dieses in höchstem Grade spekulati
ven Volkes« beeindruckt. Er beschreibt die Reise auf dem »eisernen Weg«, als
er mit dem ersten Zug für Personen und Waren auf der Strecke Man
chester-Liverpool fuhr, in einem umfassenden Brief in französischer Spra
che, den er dem Hermannstädter Kaufmann Zenovie Hagi Pop 1831 aus
London schickte. Poenaru war beeindruckt vom technischen Fortschritt im
Transport-, Kommunikations- und Maschinenbauwesen in England sowie
auch von der Organisation der Schulen, der Wohltätigkeitsvereine, der
Industrie- und Handelsgesellschaften, »die von einem Ende zum anderen des
Landes angetroffen werden ... und die zur moralischen und physischen
Würde dieses Volkes beigetragen haben«. Nicolae Iorga: Scrisori vechi de stu-
denji (1822-1889), Bucureçti 1934, S. VII f. Poenaru hielt alles schriftlich fest,
»pour prendre part en quelque sorte aux lumières des nations éclairées«.
Derselbe: Contribufii la istoria literaturii romäne in veacul al XVIII-lea §i al
XlX-lea. In: Analele Academiei Romäne. Mem. Secfiei Lit. Seria 11/28, S. 250-
259.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 151
26 Mircea Dumitrescu: Europa anului 1839 in viziunea lui N. Supi. In: Almanah
turistic ’83, Bucure§ti 1983, S. 172.
27 Ebenda.
28 Ebenda, S. 173.
29 Ebenda, S. 173 f.
30 Ebenda, S. 172.
31 Ein großer moldauischer Bojar, der 1846-1847 per erster Klasse durch Ita
lien, Frankreich, die deutschen Staaten, durch Holland und England reiste,
notierte Tag für Tag alle Ausgaben und kam auf 9840 Lei; davon kostete die
eigentliche Reise 5880 Lei. 3960 Lei gab er für Einkäufe aus. Die Summe war
für jene Zeit ziemlich hoch. G. Potra: Statele Europei la 1846-1847, väzute
de un boier moldovean. In: Revista istoricä romänä IX, Bucure^ti 1940, S. 4.
152 Stela Märie§
35 Ebenda, S. 215.
36 Scarlat Callimachi: Pagini inedite despre Moldova. Insemnärile unui cälätor
sträin din întâia parte a veacului al XIX-lea, Bucureçti 1947, S. 33.
154 Stela Märie§
rige Zukunft für ein Land, wenn es solch eine Jugend hat.«41 Er
verurteilte weiters, daß das Wiener Volk die Arroganz des Adels
hinnehme, der in pompösen Kutschen durch die Stadt fahre und
mit Lakaien und Dienern, die den Weg mit Stöcken freimachten,
und meinte:
Ein Volk, das solch eine Mode erträgt, ist noch nicht reif für die
Freiheit, die viele fälschlicherweise mit dem materiellen Wohlstand
vermischen.42
Er zog den Vergleich zu den Franzosen, die »gar bald solch eine
Mode beseitigen würden«. Angesichts der vielen Polizei resü
mierte er:
In Österreich zu denken ist ein Übel, darum strengen sich alle
Menschen an, die Gedanken zu töten und sich zu vergessen.43
Weiters kritisierte der Rumäne auch die Wiener, die seiner Mei
nung nach nur an Lustbarkeiten dachten:
Ungarns Wein, die Musik am Kämtnertor, Strauß-Walzer, das Bier
und der Prater, das ist das Leben des Wieners; er kennt keine frem
den Ideen und will solche auch nicht annehmen.44
41 Ebenda.
42 Ebenda, S. 196.
43 Ebenda, S. 198.
44 Ebenda, S. 200.
45 Ebenda, S. 199.
156 Stela Märie§
47 Ebenda, S. 139.
48 Ebenda, S. 134.
49 Ebenda, S. 134, Anmerkung 1.
50 Ebenda, S. 131.
158 Stela Märieij
51 Ebenda, S. 143.
52 ijerban Cioculescu, Vladimir Streinu, Tudor Vianu: Istoria literaturii romäne
moderne, Bucure§ti 1944, S. 155.
53 Ebenda.
54 Ebenda, S. 126.
55 Ebenda, S. 117.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 159
56 Ebenda, S. 206.
57 Artur Gorovei: Voiajul unui boier moldovean in Occident in 1864. In: Revista
Fundatiilor Regale II/6, Bucure^ti 1935, S. 583-602.
58 C. Negruzzi: Opere I, Bucure§ti 1974, S. 308 ff.
160 Stela Mãrieç
59 Ebenda, S. 57 ff.
60 Ebenda, S. 60 f.
61 Ebenda, Anmerkung 1.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 161
66 Ebenda, S. 33.
67 Ebenda, S. 126.
68 Ebenda, S. 35.
69 Dumitru Popoviči, Vorwort zu Ion Heliade Rädulescu: Opere I, Bucuresti
1939, S. 30 f.
70 I. E. Voinescu: O Duminecä la Paris. In: Romänia literarä 20, Ia§i 1855, S. 245.
71 Al. Odobescu: Cälätorie din Paris la Londra (de la 3 päna la 11 august 1852).
In: Opere I, Bucuresti 1965, S. 180.
Das westliche Europa aus der Sicht rumänischer Reisender 163
72 Ebenda, S. 176.
73 Popa: Relapa de cälätorie, S. 260-275; vgl. Harald Heppner: Zur Sozial
geschichte der rumänischen Historiker. In: Südostforschungen 52, München
1993, S. 11-24.
74 Ebenda.
164 Stela Märie§
EINLEITUNG
1 Wenn Europa 1815 190 Millionen Bewohner zählte, waren es 1850 266 Mil
lionen (vgl. Jacques Godechot: Les révolutions de 1848, Paris 1971. Nach
Alexandru Du(u: Modele, privel iijti, imagini, Cluj-Napoca 1979, S. 55).
166 Dumitru Vitcu
Österreich und auch Rußland früher um sich griff als in den nach
und nach entstehenden Staaten in Südosteuropa. All dies sind
bloß einige Elemente jener Epoche, die die Behauptung bekräf
tigen, daß die den natürlichen Zyklen und Erscheinungen fol
gende Geschichte damals ihr Ende genommen hat.2
Aus rumänischer Sicht ist diese Zeit eine Etappe, während der
sich das nationale Programm herauskristallisierte und die Ent
wicklung ein deutlich schnelleres Tempo annahm. Wie überall in
Europa waren es drei Faktoren, die die Veränderungen hervor
riefen:
Der letzte Faktor beruhte auf einer Reihe von Begriffen, die da
mals ihren Inhalt veränderten: So wie etwa die Kunst aufhörte,
bloß eine Fertigkeit zu sein, sondern sich aus Eigenschaften zu
sammensetzte, die den Weg zur »Wahrheit« weisen sollten, ent
ledigte sich die Kultur ihrer traditionellen Bindungen und stieg
zu einer Art Berufungsinstanz für die gesellschaftliche Ent
wicklung auf.3
Für ein Volk wie die Rumänen, das sich ständig von externen
Interessen oder Kräften bedroht sah, erhielt der Begriff »Nation«
- obwohl noch weit abstrakter als »Vaterland« - eine ganz neue
Dimension.4 Obwohl bis zum Ende des 19. Jahrhunderts der
Aufbau des modernen rumänischen Staates am meisten politi
sche Aufmerksamkeit auf sich zog, ist es dennoch unbestreitbar,
daß der äußere Rahmen für die Modernisierung auf die 1848er-
Generation zurückgeht, deren Vertreter innerhalb dreier Jahr
zehnte (1848-1878) Autoren oder Zeugen einer Revolution, der
Gründung des modernen rumänischen Staates und der politi
schen Unabhängigkeit Rumäniens waren. Es ist diejenige
Generation, deren Kern im zweiten Jahrzehnt geboren worden
ist: Gh. Bari^iu und C. Negri (1812), I. Maiorescu (1811), A. T.
Laurian und N. Golescu (1810), C. Bolliac (1813), I. Ghica, C. A.
Rosetti, D. Ralet und I. Voinescu (1816), M. Kogälniceanu (1817),
D. Brätianu (1818), N. Bälcescu, Al. G. Golescu, Alecu Russo und
D. Bolintineanu (1819), I. C. Brätianu und V. Alecsandri (1821).
Hinzu kamen die »Älteren«, nämlich §t. Golescu (1809), C.
Negruzzi und S. Bärnu^iu (1808), I. Heliade Rädulescu (1802),
und die »Jüngeren«, d. h. Avram Iancu (1824), Al. Papiu Ilarian
(1828) und C. D. Aricescu (1823). Ein gleiches oder eng zusam
menliegendes Alter bedeutet zwar nicht automatisch die Ge
meinsamkeit desselben Ideals, doch gab es dennoch zwischen
den »Jüngeren« und »Älteren« Affinitäten.5 In ruhigen Zeiten
mit normalen Entwicklungsgängen bestehen wenig Anhalts
punkte zur Definition einer »Generation«, doch erhält dieser
Begriff, wenn die Entwicklung ihren Rhythmus deutlich be
schleunigt, die Aufgabe, die Gesellschaft in ideologischer, psy
chologischer und moralischer Hinsicht aufgliedern zu lassen. Die
während oder im Umfeld eines größeren geschichtlichen Um
schwungs Geborenen unterscheiden sich in ihrem Bewußtsein
von ihren Vorgängern nämlich deutlich. Ein Paradebeispiel hie-
für sind die sogenannten Achtundvierziger, die gleichermaßen
die Generation der Revolution (1848) wie jene der Vereinigung
der Fürstentümer (1859) repräsentieren. Innerhalb des kurzen
Zeitintervalls zwischen 1848 und 1849 war es eine Gruppe von
Protagonisten, die sich zunächst für die Formulierung eines
Programms und dann für dessen Verwirklichung eingesetzt
haben. Nicht alle Angehörigen dieser Generation erlebten die
6 Ebenda, S. 20.
»Europa« aus der Sicht der rumänischen 1848er-Generation 169
In der Tat hatten die Rumänen der Moldau und Walachei typisch
orientalische Kultur- und Zivilisationsformen angenommen ge
habt. Die neue politische Lage ab den 1830er Jahren führte je
doch vor allem bei der Jugend zu jener erstaunlichen Meta
morphose, die zur Annäherung der rumänischen Länder an
»Europa« führte. Binnen dreier Jahrzehnte (1829-1859) ver
wandelten sich die öffentlichen und privaten Verhältnisse in den
beiden rumänischen Fürstentümern radikal. In der Mode z. B.
machte sich binnen kurzem die »europäische« oder »deutsche«
Kleidung breit, die die langen orientalischen Röcke, Pluderhosen
und teuren Pelzmützen durch westliche Jacketts, Pantalons und
Zylinder ersetzte. Dies hatte zur zwangsläufigen Folge, daß sich
die Handwerker völlig umstellen mußten.8 Die orientalischen
Zwergmöbel machten den aus dem Westen kommenden funktio
nalen Möbeln Platz. Der Schritt von den luxuriösen Kutschen
der Großbojaren in kurzer Zeit zur Pferdetramway oder zur
Dampflokomotive bedeutete gleichfalls eine gewaltige Umstel-
7 Alecu Russo: Studie moldovanä. In: Scrieri alese, Bucure§ti 1959, S. 142.
8 Manual administrativ al Prinppatului Moldovei II, Ia§i 1855, S. 41.
170 Dumitru Vitcu
was bodenständig ist, haben wir von den Ausländern bloß die
Oberflächlichkeiten, das äußere Kleid, den Wortlaut, und nicht
den Geist übernommen.« So kam der Redakteur der »Dacia li-
terarä« und zukünftige »Architekt des modernen Rumänien«13
zur Überzeugung, daß
»die wahre Zivilisation jene ist, die wir aus unserer Brust schöpfen,
indem wir die Einrichtungen der Vergangenheit mit den Ideen und
den Fortschritten der Gegenwart reformieren und verbessern«.14
halten. Aber eine Sache, die den Völkern vom Schicksal bestimmt
wird, kann nicht aufgehalten werden.16
Verbindung von Ideen und Interessen her, die nicht weniger stark ist
als die Blutsverwandtschaft«.
ter Plan ist es, die östlichen Länder zu umfassen, unter sich aufzu
teilen, die Nationalitäten aufzulösen und deren Land zu besetzen.29
Wie auch Simion Bärnu^iu30 berief sich Barifiu auf die Vernunft
und das natürliche Recht. Auch für Ion Ghica stellte die Soli
darität unter den Rumänen das bestimmende Element dar:
»Solange wir den Ereignissen von außen ausgeliefert sind, kann
sich unser nationaler Genius nicht entwickeln.«31 Im Falle der
kleinen Völker, bemerkte er ein anderes Mal, »werden die
Normen des internationalen Rechts oft ignoriert, wenn sie von
den Großen nicht brutal mit Füßen getreten werden«.32 Ähnliche
Ansichten vertraten auch andere Gesinnungsgenossen (Cezar
Bolliac, Dimitrie Bolintineanu, Alecu Russo, Mihail Kogälni-
ceanu etc.).
29 Ebenda, S. 161.
30 Simion Bämutiu: Dreptul public al Romänilor, Ia§i 1876, S. 182 f.
31 Ion Ghica: Opere I, Bucure§ti 1956, S. 351.
32 Ebenda II, S. 22.
33 Antologia gindirii romäne§ti I, Bucure§ti 1967, S. 299 f.
34 V. Chereste§iu: Adunarea naponalä de la Blaj, 3-5 (15-17) mai 1848, Bucu-
re§ti 1966, S. 219.
178 Dumitru Vitcu
Die Idee der Brüderlichkeit weitete Timotei Cipariu sogar auf die
ganze Habsburgermonarchie aus, in der er für die christlichen
Völker aus dem Osten und Südosten Europas zu jenem Zeit
punkt die einzige lebensfähige Lösung sah, um sich von der »tür
kischen Herrschaft« und von der »beschämenden russischen
Protektion« zu befreien.35 Cipariu, der ein leidenschaftlicher An
hänger der Föderalisierung aller Rumänen war, vertrat die
Ansicht, »die Donaufürstentümer können nur mit Österreich
frei, stark und politisch bedeutend werden, wenn sie sich verei
nigen unter dem kaiserlichen Zepter«, als Teil eines großen ver
fassungsrechtlichen Staates, bei dem das Gleichgewicht der
Völker vorwalte, »anstatt wie bisher Spielzeug der Türken und
der Russen zu sein«.36 Er war nicht der einzige, der so dachte. Als
die magyarischen Revolutionäre unter Ludwig Kossuth die Ver
einigung Siebenbürgens mit Ungarn eigenmächtig proklamier
ten, setzte man die Hoffnungen um so mehr in den Wiener Hof.37
Zeugnis derartigen Denkens angesichts des magyarischen Vor
gehens ist der »Protestul na^iund romäne« (Juni 1848), der an
die öffentliche Meinung der ganzen Welt gerichtet war. In ihm
heißt es:
Vater Ferdinand, der alle seine Kinder mit der gleichen Liebe be
schützt, wird nicht akzeptieren, ja, er wird gar nicht tolerieren, daß
in der Zeit freier, legaler Taten ein barbarischer und empörender
Todesstoß gegen die nationalen Rechte des rumänischen Volkes aus
geführt wird.38
Sehr bald entpuppte sich jedoch, daß Kaiser Ferdinand, der sich
nach Innsbruck zurückgezogen hatte, die Wünsche der Rumänen
nicht erfüllen konnte40, worauf A. T. Laurian aus Hermann-
stadt/Sibiu seine Enttäuschung Nicolae Bälcescu mitteilte. Nach
Ansicht des Souveräns hätten sich die Rumänen durch die
Vereinigung Siebenbürgens mit Ungarn »auf eine Linie mit den
anderen Nationen« gestellt, weshalb es nun zwischen den Eth
nien, Sprachen und Konfessionen keine Unterschiede mehr
gebe. »Diese Antwort«, schrieb Laurian an Bälcescu,
»konnte uns nicht zufriedenstellen ... Sie sind nur vier Millionen
Ungarn, die sich von zehn Millionen Nichtungam umgeben sehen ...
und deswegen würden sie in ihrer Mitte am liebsten gar keine frem
den Elemente mehr aufnehmen. Eine helvetische Konföderation wol
len sie noch nicht. Geneigter scheinen sie zu sein, eine offensive oder
defensive Konföderation anzunehmen.«41
40 Ebenda I, S. 591.
41 Ebenda II, S. 788.
42 Ebenda, S. 80. In einem anderen Brief, den er vorher an ¡ptefan Golescu rich
tete, riet er den in Bukarest gebliebenen Landsleuten, »ein Manifest zu ver
fassen an die europäischen Völker und vor allem an Frankreich, woher wir
die Milch der Freiheit getrunken, und an Deutschland, dem wir in unseren
Interessen und Sympathien verbunden sind«. In: Anul 1848 II, S. 370-375.
180 Dumitru Vitcu
In Hinblick auf die Zahl der Magyaren meinte er, daß »wir
Rumänen überall zahlenmäßig stärker sind, jedoch schwächer,
was die Energie betrifft«, weswegen er seine Landsleute in der
Moldau und Bukowina, in Siebenbürgen und im Banat zu einer
lebendigeren Propaganda in Wort und Schrift aufrief. Es sollte
jedoch auch die Brücke zu »Europa« gebaut werden, weshalb es
gelte, »die Verständigung mit dem Wiener Kabinett und mit dem
Deutschen Bund, dann mit Frankreich und England« zu suchen;
dabei war Golescu voll des Glaubens, daß »die internationale
Sache gut angehe«.43 Seine Hoffnungen wie auch jene der mei
sten anderen Revolutionäre aus der Walachei setzten aber vor
wiegend auf Frankreich, wo »die Posaune der Auferstehung
Italien, Spanien, Deutschland und Rumänien aus ihren Gräbern
gehoben hatte«.44 Der Verfasser schloß einen Brief mit den
Worten:
Wir müssen von ihm [Frankreich] erreichen, daß es zusammen mit
England in unsere Angelegenheiten direkt eingreift, zuerst weniger
offensichtlich, dann aber mehr ... wie sie es ... in Athen gemacht
haben und wie sie es heute in den Angelegenheiten Italiens tun.45
51 Ebenda, S. 707.
52 Ebenda, S. 709. Auch M. Kogälniceanu forderte in seinem in Czernowitz
verfaßten Programm (Dorin^ele partidei nationale), sich auf das Beispiel
Polens und Galiziens berufend, zu einer Zusammenarbeit zwischen den
Klassen auf, um die Agrarfrage »zu lösen«. Eine eindeutig wirtschaftliche
Frage, war sie zugleich auch ein soziales und nationales Problem durch das
Gewicht und die Rolle der Bauernschaft in der rumänischen Gesellschaft und
für die Definierung der nationalen Persönlichkeit der Rumänen. Vgl. Gh.
Platon etc.: Cum s-a infaptuit Romania modernä, Ia§i 1993, S. 71.
»Europa« aus der Sicht der rumänischen 1848er-Generation 183
ZUSAMMENFASSUNG
EINLEITUNG
tet hat, die Idee der säkularen Macht sei legitim, auch wenn sie
außerhalb der Kirche auftrete.6 Der Rationalismus des 18.
Jahrhunderts, die Französische Revolution, ihre Folgen und
schließlich der Liberalismus sorgten allesamt für eine forcierte
Säkularisierung. Sie ging parallel mit der stufenweise erfolgen
den Laisierung des gesellschaftlichen Lebens. Die Macht des
Königs wurde mehr und mehr als nicht von Gott kommend und
zunehmend als ein Ergebnis nationalen Willens betrachtet. Die
Monarchie tendierte also generell zur Säkularisierung, ohne je
doch in einem monarchischen Staat je zur Vollendung zu kom
men. Ausgeprägter im Westen des Kontinents, manifestiert sie
sich in Zentraleuropa ziemlich zaghaft, wo die Idee göttlichen
Ursprungs der monarchischen Macht ihre Lebenskraft länger
bewahrt hat. In Preußen-Deutschland z. B. fand diese Idee in der
Person des Juristen Friedrich Julius Stahl jedoch einen
Verteidiger.7 Bismarck sollte für diese Idee eine kategorische
Erklärung finden:
Denn warum - wenn es nicht göttliches Gebot ist - , warum soll ich
mich denn diesen Hohenzollern unterordnen? Es ist eine schwäbi
sche Familie, die nicht besser ist als meine und die mich dann gar
nichts angeht.8
6 In seinem wichtigsten Werk, »De thesauris in Peru«, griff Bartolomé die spa
nische Conquista in der Neuen Welt an und sprach der spanischen Krone die
Rechte über die transozeanischen Territorien ab, indem er behauptete, daß
das Dominium der Indianer, auch wenn diese Heiden waren, rechtens war
und daß die Spanier deren legitime Titel usurpiert haben. Kenneth Pen
nington: The Prince and the Law 1200-1600, Berkeley/Los Angeles/Oxford
1993, S. 272.
7 »Gott hat die Menschheit nicht einzelnen Menschen zur Herrschaft überge
ben, bloß auf ihre jenseitige Verantwortung, sondern er hat eine Ordnung und
Anstalt gesetzt und in dieser die einzelnen Menschen als Häupter ... Die
Gewalt des Königs ist von Gottes Gnaden, ist ein göttliches Recht.« Siehe
Friedrich Julius Stahl: Staatslehre, Berlin 1910, S. 94,100.
8 Gespräch Bismarcks mit von Keudell vom 31. Mai 1857, siehe Lothar Gail:
Bismarck. Der weiße Revolutionär, Frankfurt/Main 1983, S. 58.
Das »europäische« Modell und die konstitut. Monarchie in Rumänien 189
Rede sein, denn die Wirklichkeit bot eine Vielzahl von Beispie
len. Für die Rumänen gab es daher eine Chance: Sie konnten
wählen.
Die Formel »von Gottes Gnaden« (Dei gratia) aus dem Titel der
rumänischen Herrscher drückt die Idee göttlichen Ursprungs
ihrer Macht aus. Sie trat bereits kurz nach der Bildung der feu
dalen rumänischen Staaten im 14. Jahrhundert auf11 und sollte
bis zu König Michael I., dem letzten Monarchen auf dem Throne
Rumäniens, verwendet werden. Die Formel, wonach dem Herr
scher die Macht von Gott gegeben wurde, hatte ursprünglich
zwei Bedeutungen: Nach außen hin schloß sie die Idee der Unter
werfung der rumänischen Herrscher gegenüber anderen Monar
chen aus; nach innen unterstrich sie die uneingeschränkte
Macht des Herrschers über seine Untertanen, vor denen er für
seine Taten keine Rechenschaft abzulegen hatte. Mit dem Be
ginn der osmanischen Suzeränität (Oberhoheit) behielt allein
die zweite Bedeutung Gültigkeit, während die erste verschwand
oder bloß ein Wunsch bleiben konnte.
Somit kam es hinsichtlich der Exklusivität göttlichen Ur
sprungs der Macht des Herrschers zu einer Akzentverschiebung.
Wie aus den Quellen ersichtlich, wiesen einige Herrscher des 17.
Jahrhunderts daraufhin, daß ihnen die Macht von Gott und vom
Kaiser (Sultan) verliehen wurde.12 Zu dem göttlichen Ursprung
gesellte sich also ein weltlicher Ursprung hinzu, der ersteren zu
verdrängen drohte (der Suzerän war in diesem Fall außerdem
gar kein Christ). Der Säkularisierungsprozeß im Falle der Ru
mänen ergibt sich demnach nicht aus einer internen und nor
11 Zum ersten Mal finden wir sie beim walachischen Herrscher Vladislav-Vlaicu
(1364-1377). Valentin Al. Georgescu: Institupile statelor romäne§ti de-sine-
stätätoare, in: Constituirea statelor feudale romäne§ti, Bucure§ti 1980,
S. 225.
12 Ebenda.
Das »europäische« Modell und die konstitut. Monarchie in Rumänien 191
14 Artikel 3 der französischen Verfassung von 1791: »Le principe de toute sou
veraineté réside essentiellement dans la nation. Nul corps, nul individu ne
peut exercer d’autorité que n’on émane expressément.« Henri Oberdorff
(Hg.): Les Constitutions de l’Europe des Douze, Paris 1992, S. 143.
15 loan C. Filitti: Frâmântârile politice §i sociale în Principatele románe de la
1821 la 1828. In: Opere alese, Bucureçti 1985, S. 126.
16 Dezbaterile Adunârei Constituante din anul 1866 asupra Constitufiunei §i
Legei électorale din România, veröff. v. Alexandru Pencovici, Bucureçti 1883,
S. 295.
17 Artikel 25 der belgischen Verfassung: »Tous les pouvoirs émanent de la na
tion. Ils sont exercés de la manière établie par la Constitution.« Oberdorff,
Les Constitutions, S. 62.
Das »europäische« Modell und die konstitut. Monarchie in Rumänien 193
28 Ebenda, S. 240.
29 Kardinal Giovanni Battista Pitro an Katharina von Hohenzollern (zweite
Ehefrau des Großvaters väterlicherseits von Carol I.), Rom, 28. Dezember
1866. Arhivele Statului Bucure§ti: Fond Regele Carol I. Personale 1/9 f. 7.
30 Sein einziges Kind, Prinzessin Maria, geboren 1870, starb im Alter von 4
Jahren.
196 Vasile Docea
Ein solches Bild signalisiert die Grenzen der Dynastie, in die or
thodoxe Welt integriert zu werden, zumindest für jene Zeit.
Es kann zusammengefaßt werden. Die Säkularisierung der
monarchischen Macht steht einerseits in Zusammenhang mit
dem Prinzip der Volkssouveränität, d. h. der Übernahme eines
aus dem westlichen Europa kommenden Modells, ist anderer
seits die Wirkung einer spezifischen Situation, die sich aus der
konfessionellen Differenz zwischen Monarchen und Untertanen
ergeben hat.
sie doch stets möglich und wurde erst mit dem 18. Jahrhundert
zur Realität. Wenn die sogenannte phanariotische Epoche nach
außen ein größtmögliches Anwachsen fürstlicher Abhängigkeit
von den Osmanen mit sich brachte, so steigerte sie intern effek
tiv die herrscherliche Macht. A uf der einen Seite nach dem
Gutdünken des Sultanshofes eingesetzt, am Throne belassen
oder wieder abgesetzt, erlangten die Phanariotenherrscher in
tern eine große Machtfülle: Die Armee wurde aufgelöst, und der
fürstliche Diwan, dessen Mitglieder direkt vom Fürsten ernannt
wurden, mutierte zu einer Institution »ad pompam et ostenta-
tionem«.40
Die in den verschiedenen Reformprojekten am Anfang des 19.
Jahrhunderts wiederholt erhobenen Forderungen, daß der Fürst
dem Gesetz untertan werden solle, beweisen einerseits, daß auf
die politische Praxis noch immer »legibus solutus« zutraf, ande
rerseits jedoch auch, daß diese Situation unerträglich geworden
war, wenn nicht für die gesamte, so doch für einen guten Teil der
rumänischen Gesellschaft. Bereits 1802 wurde daher von einer
Gruppe moldauischer Bojaren in einer Bittschrift an die Hohe
Pforte gefordert, der Fürst möge »eine blinde Beachtung der ein
heimischen Regeln und Sitten, eine unerschütterliche Befolgung
der Gesetze« praktizieren.41 Der gleiche Wunsch war in einem
anderen Verfassungsprojekt aus dem Jahre 1822 formuliert, wo
es hieß:
Den Gesetzen des Landes und den zusammen mit dem Nationalrat
vom Fürsten gefaßten Beschlüssen sind auch der Fürst selbst und
der Nationalrat unterworfen.42
Die Reaktion der Großbojaren ließ deshalb nicht auf sich warten,
denn auf Beschluß des fürstlichen Diwans wurde der Reform
eifer der Kleinbojaren, die »einen Geist französischen Unge
horsams« zeigten, abgeblockt.46 Dennoch setzten sich auch die
Großbojaren mit Fragen der Erneuerung und daher auch mit
dem abendländischen Europa auseinander. Als Gegner gewalt
tätiger Umstürze schlugen sie zur Alternative stufenweise er
folgende, friedliche Reformen vor. 1837 z. B., als man nach Lösun
gen für die Modernisierung des öffentlichen Unterrichts suchte,
schlug Costache Conachi, einer der größten Grundbesitzer der
Moldau, vor, in den staatlichen Schulen die Literatur
»in der Sprache jener Nation zu lehren, bei der die Zivilisation in der
Moral und in den Taten zu sehen ist und nicht in der Zerstörung der
Ideen; also in der Sprache eines friedlichen und unverwirrten Volkes,
welches mir die deutsche Sprache zu sein scheint«.47
48 Es ist der Fall des Lehrers Petru Cämpeanu von der Academia Mihäileanä
aus Ia§i, der 1841 nach Deutschland geschickt wurde. Gh. Ungureanu:
invätämäntul juridic la Academia Mihäileanä. In: De la Academia Mihäi
leanä la Liceul National, Ia§i 1936, S. 362.
49 1843 fragte der moldauische Fürst Mihail Sturdza Neigebaur um seine
Meinung zur Reorganisierung der Academia Mihäileanä. Die Ratschläge des
Generalkonsuls mit der Einführung des Griechischen als Pflichtstudienfach
(»wie in den Gymnasien Deutschlands«), des Systems des Geschichtsunter
richts (»das auch in mehreren anderen Gymnasien Preußens angewendet
wird«) und der Hierarchisierung der Lehrergrade (»nach dem Beispiel
Preußens und Österreichs«) wurden befolgt. J. F. Neigebaur: Beschreibung
der Moldau und Walachei, Breslau 1848, S. 225 f; V. A. Urechia: Istoria §coale-
lor de la 1800-1864II, Bucure§ti 1892, S. 249-258; Fritz Valjavec: Geschichte
der deutschen Kulturbeziehungen zu Südosteuropa IV, München 1965, S. 57.
50 Nicolae Iorga: Istoria invätämäntului romänesc, Bucure§ti 1928, S. 297.
51 Barbu Paris Mumuleanu: Rost de poezii adecä stihuri, 2Bucure§ti 1822, S. 5.
Nach Marino: Pentru Europa, S. 161.
204 Vasile Docea
56 Ebenda, S. 188 f.
57 Nach der Aufgabe des Souveränitätsrechts über das Fürstentum Hohen-
zollern zugunsten des Königs von Preußen 1848 wurden Karl Anton von
Hohenzollem - Vater von Carol I. - sowie seine Nachkommen Mitglieder des
preußischen Königshauses. K. Th. Zingeler: Karl Anton Fürst von Hohen-
zollern, Stuttgart/Leipzig 1911, S. 28-67.
58 Klaus Heitmann: Deutsche und rumänische Kultur am Hofe Carols I. und
Carmen Sylvas. In: Höfische Kultur in Südosteuropa, hg. v. Reinhard Lauer
u. a., Göttingen 1994, S. 305-338 passim.
59 Paul Lindenberg: Es lohnte sich, gelebt zu haben. Erinnerungen, Berlin 1941,
S. 126.
206 Vasile Docea
Der zitierte Text bezieht sich auf das Vetorecht des Herrschers,
das weiter unten nochmals zur Sprache kommen soll.
65 Es zitiert sie N. Blarenberg in der Sitzung vom 22. Juni 1866. Ebenda, S. 196 f.
66 A. Pascal in der Sitzung vom 20. Juni. Ebenda, S. 71.
67 Ebenda, S. 244 f.
68 Ebenda, S. 31.
208 Vasile Docea
Die Verfassung von 1866 sah vor, daß die Thronfolge einzig auf
dem Prinzip der Vererbbarkeit beruhe. Das Prinzip hatte schon
im Mittelalter funktioniert, war allerdings mit dem Prinzip der
Wählbarkeit verkoppelt gewesen; im 18. Jahrhundert hingegen
sind beide Verfahrensweisen durch die Praxis der osmanischen
Regierung ersetzt worden, die Fürsten zu ernennen. Gegen einen
derartigen Übergriff sprachen sich die Notablen bereits zu Ende
des 18. Jahrhunderts aus, indem sie, je nach den eigenen Inter
essen, entweder die Wahl des Herrschers durch eine Versamm
lung der privilegierten Stände oder die Vererbbarkeit vorschlu
gen. In diesem Sinne sah eine Bittschrift der moldauischen
Bojaren an die Pforte aus dem Jahre 1802 die Rückkehr zu einer
traditionell angesehenen Prozedur vor: »... die Wahl des Fürsten
seitens des nationalen Diwans nach altem Brauche.«69 Die glei
che Forderung taucht auch in Projekten bzw. Bittschriften in der
Moldau70 und in der Walachei71 im Jahre 1822 auf. Schließlich
war das Wählbarkeitsprinzip Bestandteil der Organischen
Règlements72 und der Konvention von Paris aus dem Jahre
1858.73
Die Idee der Vererbung des Thrones taucht im politischen
Denken der Rumänen weit vor deren Verwirklichung auf, z. B. in
einem Organisationsprojekt von 1829: »Beim Tode des herr
schenden Fürsten soll die Krone samt all ihren Rechten auf seine
in gerade absteigender Linie hinterbliebenen Erben übergehen,
84 Ebenda, S. 24.
85 Angelescu: Izvoarele Constitufiei; Filitti: Främintärile politice.
86 Aus dem Leben Karls I. von Rumänien. Aufzeichnungen eines Augenzeugen
I, Stuttgart 1894, S. 65, 70.
87 Rede N. Blarenbergs vom 22. Juni. Ebenda, S. 199 f.
212 Vasile Docea
und seine politische Bildung fallen in jene Zeit, als sich das poli
tische Leben in Preußen noch im Rahmen dieser Verfassung ab
spielte. Es ist somit verständlich, warum der Monarch, nach
Rumänien gekommen, »mit allem Nachdruck darauf beharrte«,
in die Verfassung jenes Staates, dessen Führung er zu überneh
men gerufen worden war, das Prinzip des absoluten Vetos auf
nehmen zu lassen. Durch dieses Element stand die rumänische
Monarchie seit 1866 dem, was man so treffend als »die mitteleu
ropäische Spielart der konstitutionellen Monarchie«91 bezeich
net hat, weit näher als der parlamentarischen Monarchie in
Westeuropa.
Trotz der Einsetzung einer ausländischen Dynastie und der
Inkrafttretung einer Verfassung nach westlichem Zuschnitt
blieb eine Reihe traditioneller Elemente erhalten. Eines davon
war die orthodoxe Religion. Die Annahme der orthodoxen Tra
dition seitens der neuen Dynastie erfolgte sowohl über den
Verfassungsartikel betreffend die orthodoxe Taufe des Thron
erben als auch durch die formelle Pflege der orientalisch-christ
lichen Riten seitens Carols L, der persönlich allerdings katho
lisch blieb. Die Formel »Märia Ta«, die im Laufe der rumänischen
Geschichte als Anrede der Untertanen an den Fürsten üblich
geworden war, blieb parallel mit »Majestate« weiterhin, sogar
nach 1881, als das Königreich ausgerufen wurde. Es gibt weiters
nicht wenige Fälle, in denen in zeitgenössischen Schriften (kei
nen offiziellen Urkunden) der König mit »Vodä« benannt wird,
mit der Abkürzung des Titels »Voievod« also, der seit dem
Mittelalter von den rumänischen Fürsten getragen wurde und
die Eigenschaft als Oberbefehlshaber des Heeres hervorgehoben
hat. Der Monarch war auch gemäß der Verfassung von 1866 der
oberste Befehlshaber der Armee, was belegt, daß Tradition und
Moderne auch auf diese Weise zusammenkamen. Es ist möglich,
daß dieser Usus sogar vom Herrscher selbst gefördert wurde,
gehörte zu seiner Methode der Legitimierung doch auch die sym
bolische Plazierung in die Nachfolge der rumänischen Fürsten
Auch Carol I. war sich, wie aus einem Brief an seinen Vater
aus dem Jahre 1871 hervorgeht, dessen bewußt:
Was in anderen Ländern die Kabinettchefs so gewissenhaft regeln,
wird hier alles vor mich gebracht; es wird keine Entscheidung ge
troffen, ohne daß ich gefragt werde. Jeder will vom Fürsten empfan
gen werden, um ihm seine Mißgeschicke zu erzählen.95
92 Binder-Iijima: Rites of Power, S. 212. 1878 z. B. sprach Carol von der »Gele
genheit des zwölften Jahrestags meiner Besteigung des Thrones von Stefan
und Mihai«. In: Regele Carol I. al Romäniei. Cuväntäri §i scrisori II, S. 210.
93 Heitmann: Deutsche und rumänische Kultur, S. 317.
94 Aus dem Leben König Karls I., S. IX.
95 Regele Carol I al Romäniei. Cuväntäri §i scrisori I, S. 251.
LUCIAN NASTASÄ
Eine Lizenz oder ein Doktorat im Ausland war für die Jugend
ein wesentliches Ziel. »Jeder, der einen universitären Titel hatte,
vor allem, wenn er im Ausland erzielt wurde, fand eine fertige
Karriere vor sich«, konstatierte der Philosoph C. Rädulescu-
Motru in seinen »Bekenntnissen«5 und fügte noch hinzu:
Die Fortführung des Universitätsstudiums im Ausland war für
meine gesamte Generation eine so natürliche Sache, daß keine son
derlichen Vorbereitungen nötig waren ... Man ging ins Ausland, weil
dies alle taten.6
Daraus geht hervor, daß das Studium im Westen für viele junge
Rumänen nicht nur Ausbildung und Horizonterweiterung be
deutete, sondern auch einen Trum pf im Streben nach sozialem
Aufstieg. Rädulescu-Motru schrieb aber auch über weniger eh
renhafte Motive für den Entscheid, den Weg in die Fremde zu
nehmen:
Dieses Weggehen ins Ausland geschah fast mechanisch, ohne von den
gewohnten sentimentalen Vorwegnahmen begleitet zu sein. Der
junge Rumäne ging nicht ins Ausland, weil er etwas zu sehen
wünschte, was er noch nicht gesehen hatte, oder weil er kennenler
nen wollte, wovon ihm andere erzählt hatten, sondern er ging ganz
einfach - mitgerissen vom Strom. Im Ausland angekommen, kannte
er außer der Schule, wo er studieren sollte, nur das Restaurant und
das Café. Der Eintritt ins kulturelle Leben des Auslands interessierte
die wenigsten. Die meisten, auch wenn sie Jahre lang im Ausland ver
brachten, kehrten in kultureller Hinsicht genauso zurück, wie sie
einst aufgebrochen waren. Sie hatten ein Diplom und waren damit
zufrieden.7
14 Ebenda, S. 131.
15 Ebenda.
16 Ebenda.
17 Titu Maiorescu, S. 58.
222 Lucian Nastasä
21 Ebenda, S. 251.
22 Ebenda, S. 105.
23 Rädulescu-Motru: Märturisiri, S. 43.
224 Lucian Nastasä
24 Ebenda, S. 42.
25 N. Scurtu (Hg.): Eugen Lovinescu. Scrisori §i documente, Bucureçti 1981,
S. 218.
Das Europa-Bild der im Ausland studierenden rumänischen Jugend 225
alles verdanke, was ich in meinem Land geworden bin, und daß sich
die Fackel meines rumänischen Patriotismus am Feuer der deut
schen Vaterlandsliebe entzündet hat.26
land stets unter dem Einfluß der französischen Kultur stand, die
er bereits in seiner Heimat gründlich kennengelernt hatte.39 Ein
anderes Beispiel ist Nicolae Iorga, der ausgezeichnete Bezie
hungen zu deutschen Historikern hatte - vor allem zu Karl
Lamprecht, in dessen Reihe er die »Geschichte des rumänischen
Volkes« (1905) und die monumentale »Geschichte des Osmani-
schen Reiches« (1908-1913) veröffentlichte - , der im Ersten
Weltkrieg aber zugunsten Frankreichs jedwedes Bündnis mit
Deutschland ablehnte.
Innerhalb der hier untersuchten Zeitspanne haben die Rumä
nen in der Regel ihren Studienort entweder in Frankreich oder
in Deutschland gewählt. Vorherrschend war trotz allem Frank
reich, dessen Einfluß über eine viel längere Tradition verfügte.
Österreich(-Ungarn) als Studienland war zwar weniger beliebt,
weil es »der Unterdrücker« der siebenbürgisch-rumänischen
Brüder war, erfreute sich aber trotzdem eines relativen Inter
esses. Vorrangig von siebenbürgischen Rumänen aufgesucht, bil
dete das Habsburgerreich insbesondere wegen der Qualität sei
ner medizinischen und technischen Ausbildung stets einen
Anziehungspunkt für die jungen Studierenden.40 Außerdem war
zumindest die westliche Reichshälfte mit dem gleichen »deut
schen Geist« verbunden, der die Rumänen faszinierte, jenem
Geist der Ordnung und Disziplin, des Rationalismus und der
Gründlichkeit. Während sich Nicolae Iorga 1892/1893 mehr vom
ländlichen als vom »gepuderten und bürokratisierten Österreich
Wiens«41 angezogen fühlte, fand der Siebenbürger Cosma, der in
der Hauptstadt der Donaumonarchie studiert hatte, die Wiener
Gesellschaft »leutselig, empfänglich, gastfreundlich, zuvorkom
mend allen Fremden gegenüber«, die man gut aufnahm, »nur
damit sie mit guten Eindrücken aus Wien und mit Bewunderung
für die Wiener weggingen«.42
Verglichen etwa mit Berlin, ging Wien stets als Siegerin her
vor. Iacob Negruzzi, der 1862 in der Kaiserstadt weilte, war
sowohl im ersten Augenblick der Ankunft als auch während meines
Aufenthalts dort beeindruckt. Es [Wien] ist zweifellos glanzvoller
und populärer als Berlin. Es ist eine Metropole im wahrsten Sinne
des Wortes ... Wenn ich Wien und Berlin aufgrund meiner Kenntnisse
vergleichen wollte, müßte ich zugeben, daß Wien mehr beeindruckt.43
EINLEITUNG
1 J. M. Roberts: The Pelican History of the World, 1987, S. 811-812; siehe auch
Robert Leckie: The Wars of America, New York 1981, S. 598.
2 Vgl. Robert O. Paxton: Europe in the Twentieth Century, New York 1975, S.
180; Joseph Rothschild: East Central Europe between Two World Wars,
Seattle and London 1983, S. 3.
3 Rothschild: East Central Europa, S. 3^1.
»Europa« als Thema im rumänischen Parlament (1918-1938) 233
9 Vgl. Paraschiva Cäncea, Mircea losa, Apostol Stan (Hg.): Istoria Parla-
mentului §i a viepi Parlamentäre din Romania pinä la 1918, Bucure^ti 1983,
S. 238 f.
10 Hugh Seton-Watson: Eastern Europe between the Wars, 1918-1941, New
York/Evanston/London 31962, S. 198.
»Europa« als Thema im rumänischen Parlament (1918-1938) 235
Ein anderer Abgeordneter, sich auf das gesamte Werk des rumä
nischen Parlaments beziehend, betonte, daß
»diese Debattenjenseits ihres historischen Charakters, ... eine viel
größere Bedeutung haben ..., sie haben eine gegenwärtige und reale
Bedeutung, denn es ist zum ersten Mal, daß die Demokratien der
Welt aufmerksam Gehör schenken, was im und vom ersten wirkli
chen Parlament und der ersten legalen Repräsentanz Großrumä
niens gesagt wird«.14
17 Ebenda.
18 DAD, 14. Dezember 1922, S. 131.
19 Ebenda, 11. April 1922, S. 524.
238 Gheorghe I. Florescu
Der rumänische Staatsmann aus der Zeit vor 1914, Ion C. Brä-
tianu, wandte sich gleichfalls an das Parlament, indem er daran
erinnerte, daß Rumänien bis 1914 dem Dreibund angehört hatte,
»nicht weil uns Deutschland bedroht hätte«, sondern weil die eu
ropäischen Beziehungen diese Option verlangten. Der Krieg
habe diesen Bund kompromittiert, weshalb
»es selbstverständlich ist, daß unsere Herkunft, unsere geographi
sche Lage und unsere Mission in diesen Regionen der Welt dazu
führen muß, daß zwischen uns und den westeuropäischen Völkern,
speziell zwischen uns und der lateinischen Zivilisation, permanente
Beziehungen herrschen, die zu jeder normalen Zeit in Beziehungen
der internationalen Freundschaft mit jenen Staaten des Okzidents
ihr Äquivalent finden müssen, mit denen die Politik Rumäniens nor
malerweise Zusammengehen muß«.22
... darstellt, aber es ist auch nicht weniger wahr, daß alle diese
Staaten zusammen einen Faktor ergeben, der mindestens genauso
stark wie eine Großmacht ist. Normal wäre es also, daß sie [die
Staaten] auch ein offizielles Ausdrucksmittel für ihre Interessen fin
den, wenn es um eine europäische Angelegenheit geht.
Nach und nach tauchten vermehrt Stimmen auf, die vom »Unter
gang des Abendlandes« eines Oswald Spengler sprachen, d. h.
von einer allgemeinen Krise in Europa.34 Von einer Reise in die
USA zurückgekehrt,35 wies Dr. Nicolae Lupu daraufhin, daß
die allgemeine Lage der Welt ernst und kritisch ist ... Ich kam zur
Überzeugung ..., daß die Situation sich nicht ändern kann, solange
es nicht die Vereinigten Staaten von Europa gibt, ... zu denen auch
Rußland und auch Deutschland zu gehören haben.36
34 Vgl. Oswald Spengler: Der Untergang des Abendlandes, München 1922. Sie
he auch Richonnier: Les métamorphoses, S. 21; Romulus Cotaru: La crise de
la Société des Nations. In: Revue internationale française du droit des gens
V /l-4, Paris 1938, S. 19 ff.; Albert Aftalion: L’équilibre dans les relations éco
nomiques internationales, Paris 1937, passim.
35 Vgl. Dr. N. Lupu: Prin lume: Jurnal american, Iaçi 1995.
36 DAD, 30. November 1923, S. 386.
37 Ebenda, 22. November 1923, S. 192.
246 Gheorghe I. Florescu
diesen Staaten eine Einheit geschaffen zu haben, ist dies eine große
Illusion.38
38 Ebenda, S. 193.
39 Ebenda, S. 206.
40 Ebenda, 14. November 1926, S. 1.
41 Ebenda, S. 2.
42 Ebenda, 27. November 1926, S. 106.
»Europa« als Thema im rumänischen Parlament (1918-1938) 247
nämlich daß ... Mussolini ... ein Idol der Volksmassen ist.«43
Hiemit ist ein Hinweis gegeben, daß man sich der in Europa um
gehenden Gefahren auch für Rumänien bewußt geworden ist.
Um so mehr wurde das rumänische Parlament als politische
Errungenschaft hochgehalten, wie z. B. aus folgenden Worten
hervorgeht: »Das Parlament ist ein Tempel, in dem die Messen
des rumänischen Volkes abgehalten werden. Diese Tribüne ist
ein Altar.«44
Angesichts der Zunahme rechtsorientierter Kräfte in Europa
erkannte man, daß
es ein immenser Fehler ist, wenn wir nur die Bindung der Verträge
in Betracht ziehen, denn wir vergessen, daß die Verträge allein die
Beziehungen zwischen den Völkern nicht sichern können, denn oft
mals sind sie ... nichts als armselige Papierfetzen, und daß die
Beziehungen zwischen den Völkern durch etwas anderes gesichert
werden, und zwar durch gegenseitiges Kennenlernen und durch
Zusammenarbeit in allen Bereichen. Es wird also notwendig sein,
daß wir die anderen Völker kennenlemen und daß sie uns kennen-
lemen.45
43 Ebenda, S. 107.
44 Ebenda, 2. Dezember 1926, S. 172.
45 DAD, 15. Dezember 1926, S. 382.
46 Ebenda.
47 Ebenda, S. 445.
248 Gheorghe I. Florescu
weshalb ganz Europa auf uns blickt, die wir zusammen mit Polen den
einzigen ernsthaften Damm gegen die Wildnis jenseits des Dnjestr
bilden. Das Licht aus dem Westen ... darf vom Feuer, von der
Verheerung aus dem Osten nicht verdunkelt werden.48
48 Ebenda, S. 484.
49 Ebenda, 28. November 1930, S. 91.
50 Ebenda und Guglielmo Ferrerò: Grandeur et décadence de Rome, Paris 1902-
1907.
51 DAD, 3. Dezember 1930, S. 154.
»Europa« als Thema im rumänischen Parlament (1918-1938) 249
52 Ebenda, S. 157.
53 Ebenda, 5. Dezember 1930, S. 197.
54 Ebenda, 10. Dezember 1930, S. 240.
250 Gheorghe I. Florescu
mit diesen nun nicht mehr aus, und das Verhältnis zu den
Nachbarn gewann im politischen Kalkül ein ungleich größeres
Gewicht.
Die Diskussionen, die es rund um diese Rede gab, legten offen,
daß Europa für das rumänische Parlament nicht mehr dasselbe
bedeutete wie einst und daß die nach Kriegsende gehegten
Hoffnungen verflogen waren. Deshalb tauchte erneut die Idee
der Vereinigten Staaten von Europa auf, wie dies schon 1922 der
Fall gewesen war.60 Obwohl der König den Völkerbund in Genf
als eine international wirksame Einrichtung empfahl, die den
Frieden der Welt garantiere, waren immer mehr Parlamentarier
zu dem Standpunkt gekommen, daß
es nicht zulässig ist, uns in Illusionen zu ergehen, was die
Möglichkeit des Völkerbunds betrifft, den Frieden zu sichern und zu
wahren, wodurch die bewaffneten Konflikte zwischen den Nationen
beseitigt werden. Dies ist eine gefährliche Politik, die Illusionen
schafft und nährt, die sich auf eine verführerische, aber in der Praxis
unanwendbare Ideologie stützt, denn sie übersieht die Realitäten.61
EINLEITUNG
zum Westen zwar, doch kam es in den letzten Jahren des Ceau-
§escu-Regimes erneut zu einer Krise.
Alle diese berühmten Hauptstädte und die Bevölkerung dieser Länder lie
gen nun in der Einflußzone der Sowjets.« Siehe Baciu: Agonia, S. 196.
16 ASB: Fond Regele Mihai - personale dosar 20/1946, f. 2.
17 George I. Duca: Cronica unui romän in veacul XX/III, München 1985, S. 168.
18 Siehe das Stenogramm der Sitzung des ZK der RKP vom 31. August 1946,
Arhivele Statului Galafi: Fond Regionala RC.R. »Dunärea de Jos« dosar
1/1946, f. 96 ff.
19 »Dreptatea«, 29. Oktober 1946.
20 ASB: Fond Presedinfia Consiliului de Mini§tri - cabinet dosar 195/1946, f. 12.
260 Gheorghe Oni?oru
21 Siehe den Wortlaut und einige Kommentare in ASB: Fond Casa Regala Mihai
dosar 4/1947, f. 6-31.
22 Robert King: A History of the Romanian Communist Party, Stanford 1980,
S. 52.
23 John Lewis Gaddis: The Long Peace. Inquiries into the History of the Cold
War, Oxford 1987, S. 159.
24 Constantin Sanatescu: Jurnal, Bucure§ti 1993, S. 244.
Vom kalten Krieg zur friedlichen Koexistenz 261
Trumans Rede steht auf der Tagesordnung, und viele glauben, daß er
die Möglichkeit eines Krieges nähergebracht hat; das wäre schließ
lich auch die beste Lösung zur Liquidierung des Kommunismus.25
1948 z. B. fand ein Prozeß statt, den die Behörden gegen eine so
genannte Agentengruppe zugunsten der USA eingeleitet hat
ten.35 Der Zweck dieses Prozesses wurde von Justizminister
Avram Bunaciu folgendermaßen definiert:
Sinn dieses Prozesses ist es, keinen Zweifel mehr über die
Einmischung Amerikas in unsere inneren Angelegenheiten zu las
sen, und deswegen muß auch das Komplott aufgedeckt werden. Zu
dieser Stunde sind das die Befehle, und wir haben sie zu respektie
ren.36
35 Die Liste umfaßt Max Auschnit, Alexandra Bal§, Ion Bujoiu, George Bontilä,
Nistor Chioreanu, Alexandru Gheorghiu, Horia Mäcelariu, George Manu,
Nicolae Märgineanu, Nicolae Pätra§cu, Alexandra Popp, Eugen Teodorescu.
Siehe Nicolae Märgineanu: Amfiteátre §i inchisori. Märturii asupra unui
veac zbuciumat, Cluj-Napoca 1991, S. 183.
36 Ebenda, S. 173. Derselbe Märgineanu notiert in seinen Memoiren: »Des
gleichen in Jilava erfuhr ich auch den Grund des »großen Prozesses«,
anläßlich der Anhörung General Rädescus und Minister Vi§oianus bei der
UNO über die Bedingungen, unter denen Wyschinski die Regierung Groza
installierte. Infolgedessen klagte Acheson, der amerikanische Minister,
Wyschinski der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Rumäniens an,
was eine Übertretung der Vereinbarungen von Jalta bedeute. Anstatt einer
Antwort erhob Wyschinski die gleichen Anschuldigungen gegen Acheson, und
unser Prozeß sollte nun die Beweise erbringen, daß seine Behauptungen
wahr seien.« Ebenda, S. 177.
Vom kalten Krieg zur friedlichen Koexistenz 265
gesagt, er wolle als Rumäne sterben, und daß die als Mitglieder der
Rumänischen Kommunistischen Partei Eingetragenen ehemalige
Legionäre waren und sich das Mühlenrad drehe.37
BEFRISTETES TAUWETTER
Am Anfang der sechziger Jahre wandte sich das Blatt, als sich
die Bukarester Diplomatie neu ausrichtete und folgerichtig auch
das Bild Westeuropas in einem neuen Licht erscheinen ließ. In
den rumänischen Kinos begannen wieder westliche Filme zu
laufen, ausländische Modezeitschriften tauchten auf, und die
Außenkontakte nahmen wieder zu. Im Mai 1961 wurden die
Legationen Englands und Frankreichs in Bukarest in den Rang
von Botschaften gehoben.52 Touristen aus dem Westen kamen
nach und nach ins Land, und die auflagenstarke amerikanische
Zeitung »New York Times« bezeichnete Rumänien 1961 als
»boom-country« innerhalb des sowjetischen Blocks.53 Trotz die
51 1958, als er sich zum zweiten Mal im Gefängnis von Jilava befand, erzählte
der ehemalige liberale Minister Aurelian Bentoiu seinen Zellengenossen:
»Ich war bereits einmal verhaftet und sechs Jahre lang Gefangener. Nach der
Revolution in Ungarn im Jahre 1956 ermutigte uns Radio >Free Europe«,
indem es uns ankündigte, daß in unserem Land freie Wahlen stattfinden
würden. Ich sprach mit dem Botschafter Amerikas in Bukarest, aber er hatte
keine Anordnung in diesem Sinne. Meine Freunde, die Liberalen, kamen zu
mir, um sich zu informieren, um uns zu organisieren für diese zukünftigen
Wahlen. Vor sechs Monaten dann, plötzlich, verhafteten die Kommunisten
unsere ganze Gruppe und verurteilten uns wegen konterrevolutionärer poli
tischer Aktivität. Die amerikanische und englische Botschaft, bei denen un
sere Ehefrauen intervenierten, rührten keinen Finger, um uns zu schützen.«
Gheorghe Mazilu: In ghearele securitäpi. o. O. 1990, S. 115 f.
52 Vlad Georgescu: Istoria romänilor de la origini pänä in zilele noastre, Los
Angeles 1989, S. 300-305.
53 Joseph Harrington, Bruce Courtney: Romania’s Changing Image: Bucharest
and the American Press, 1952-1975. In: Paul D. Quinlan (Hg.): The United
Vom kalten Krieg zur friedlichen Koexistenz 269
ses Wandels meinten Historiker wie Politiker, daß die hiemit ein
gegangenen Risiken gegenüber Moskau nicht größer waren als
jene Charles de Gaulles gegenüber den USA.54 Einen neuen
Höhepunkt brachte das Jahr 1964. Die außenpolitische Neu
orientierung der Bukarester Führung im April, die Befreiung der
letzten politischen Häftlinge im Sommer sowie der Besuch des
rumänischen Premierministers Ion Gheorghe Maurer in Paris
im Juli wurden im Westen als Akte der Courage gesehen.
Daraufhin schlossen die USA mit Rumänien ein Handelsab
kommen ab, das die gewandelte Haltung Washingtons gegen
über dem nun nicht mehr monolithisch verstandenen sowjeti
schen Block signalisierte.55 Geradezu sensationell entwickelte
sich der Tourismus: 1964 besuchten Rumänien ca. 180.000 Aus
länder, deren größter Anteil auf die 30.000 Besucher aus der
Bundesrepublik Deutschland entfiel.56
Der Nutznießer dieser Kursänderung wurde Nicolae Ceau-
§escu57, der, 1965 an die Macht gekommen, die von Gheorghiu-
Dej eingeleitete Politik eine Zeitlang fortführte. 1967 wurde dar
aufhin Ion Gheorghe Maurer ins Weiße Haus eingeladen, und
Präsident Richard Nixon besuchte Bukarest. Mehr noch, im glei
chen Jahr wurde der rumänische Außenminister sogar zum
Vorsitzenden der UNO-Vollversammlung gewählt, und zwar als
erster Repräsentant eines kommunistisch geführten Staates.58
Den Höhepunkt in der von Moskau abgekoppelten Politik stellte
59 Die Haltung Ceau§escus wurde sogar von einigen scharfen Kritikern des
kommunistischen Regimes, die im Westen lebten, begrüßt. George Cioräne-
scu schrieb z. B.: »Die tragischen Ereignisse aus der Tschechoslowakei hat
ten ein positives Resultat für Rumänien ... Nicolae Ceau§escu bewies, daß
der Führer eines kleinen Staates sich einer Supermacht widersetzen kann.«
In: East Europe 18/6, New York 1969, S. 2.
60 1982 belegte Rumänien den 5. Platz (nach der UdSSR, den USA, Frankreich
und Großbritannien) in der Welt im Verkauf von Waffen (es wurde in nur
einem Jahr 1 Milliarde Dollar erzielt, gemäß der Zeitschrift »Business Week«,
welche sich auf die Daten der US. Arms Control an Disarmement Agency
stützte). David Britton Funderburk: Pinstripes and Reds. An American
Ambassador Caught between the State Departement and the Romanian
Communists, 1981-1985, Washington 1987, S. 49.
61 Siehe Text und eine Diskussion dazu in: Les temps modernes, Paris, S. 42-45.
Vom kalten Krieg zur friedlichen Koexistenz 271
Die Zuspitzung der Lage bewirkte, daß der Westen und Moskau
im Dezember 1989 gemeinsam den Fall des Ceau§escu-Regimes
unterstützten. Der Diktator behauptete in der Sitzung des Poli
tischen Exekutivkomitees vom 14. Dezember 1989, »die Anord
nung« gegeben zu haben, »jedweden Tourismus zu unterbinden.
Es darf kein ausländischer Tourist mehr kommen, weil sie alle
zu Spionageagenten geworden sind«.64 Drei Tage später warf
Ceau§escu anläßlich der Telekonferenz mit den Ersten Sekre
tären der Kreisparteiorganisationen die Idee eines Komplotts er
neut auf, bei dem sich der Osten und Westen die Hände reichten:
Jetzt geht hervor, daß diese Sache von den ausländischen Geheim
diensten und von den antisozialistischen, antirumänischen Kreisen
sowohl aus dem Westen als auch aus dem Osten von langer Hand vor
bereitet worden ist.65
»EUROPA«-KRITISCHE STIMMEN
12 Ebenda.
13 Ebenda.
14 Ebenda, S. 76.
15 Ebenda, S. 79.
16 Ebenda, S. 81.
17 Ebenda, S. 83 ff.
278 Alexandru Zub
28 Vgl. I. Hangiu: Presa literara romaneasca II, Bucure§ti 1968, S. 282; Al.
Husar: Idea europeana sau noi §i Europa, Ia§i 1993, S. 341-364.
29 Husar: Idea, S. 342.
30 Vgl. Z. Ornea: Traditionalism §i modernitate in deceniul al treilea, Bucure§ti
1980.
31 Derselbe: Anii treizeci. Extrema dreapta romaneasca, Bucure§i 1935.
32 Husar: Idea, S. 345 f. Vgl. mit D. Micu: Gindirea §i gindirismul, Bucure§ti
1975 passim.
»Europa« in der rumänischen Kultur - ein Essay 281
33 Dreptul la memorie in lectura lui Iordan Chimet IV, Cluj 1993, S. 225 ff. ; Liviu
Rebreanu: Europenism sau romànism? o. O. 1924.
34 Dreptul, S. 228 f.
35 Mihai Ralea: Europeism §i tradifionalism. In: Via|a romàneascà XVI/3/1924,
siehe auch: Dreptul, S. 231, 233.
36 Husar: Idea, S. 327.
37 Nae Ionescu: ìntre ziaristicà §i filosofie, Ia§i 1996, S. 115 ff.
38 Anton Dumitriu: Orient §i Occident, Bucure§ti 1943; Retrospective, Bucu-
re§ti 1991, S. 66-75.
39 Vgl. Dan Petrescu: Tentatio Orientis Interbellica. In Al. Zub (Hg.): Cultura §i
societate, Bucure§ti 1991, S. 397-442; Al. Zub: Istorie §i finalitate, Bucureijti
1991, S. 160-168.
40 Liviu Antonesei: Un model de acpune culturalà: grupul »Criterion«. In:
Cultura, S. 367-396.
282 Alexandru Zub
41 Vgl. Al. Zub: Istorie §i istorici in Romänia interbelicä, Ia§i 1989, passim.
42 Vgl. Stefan §tefänescu (Hg.): Reflectarea istoriei universale in istoriografia
romäneascä, Bucure§ti 1986.
»Europa« in der rumänischen Kultur - ein Essay 283
57 Al. Dupi: Umaniçtii romàni §i cultura europeanä, Bucuresti 1974, S. 176 ff.
58 Derselbe: Sintezä §i originalitate in cultura romàna, Bucuresti 1972.
59 Derselbe: Umaniçtii romàni, S. 156-190.
60 Ebenda, S. 62-72.
61 Derselbe: Cultura romàna in civilizafia europeanä modernä, Bucuresti 1978.
62 Derselbe: Modele, imagini, priveliçti, Cluj 1979, S. 69-96.
63 Derselbe: Literatura comparata §i istoria mentalitäplor, Bucreçti 1985, pas
sim.
64 Derselbe: Cälätorii, imagini, constante, Bucureçti 1985, passim.
65 Derselbe: Europe’s Image with Romanian Representatives of the Enlighten
ment. In P. Teodor (Hg.): Enlightenment and Romanian Society, Cluj-Napoca
1980, S. 143-151; Humanisme, baroque, lumières. L’exemple roumain, Buca
rest 1984, S. 130 f.
»Europa« in der rumänischen Kultur - ein Essay 287
Abb. 4:
Nicolae Bälcescu
(1819-1852)
Abb. 5: Bogdan Petriceicu Haçdeu (1838-1907)
Abb. 6:
Carol I., König von Rumänien
(1839-1914)
Abb. 7:
Titu Maiorescu (1840-1917)
Abb. 8:
Alexandru Dimitrie Xenopoi
(1847-1920)
Abb. 9:
Ferdinand I., König von
Rumänien (1865-1927)
Abb. 10:
Nicolae Torga (1871-1940)
Abb. 11:
C. Rädulescu-Motru
(1883-1956)
Abb. 12:
Mihai L, König von Rumänien
(1921-)
Abb. 13:
Nicolae Ceau§escu (1918-1989)
ZUR KUNDE SÜDOSTEUROPAS ■BAND II / 24