Sie sind auf Seite 1von 454

Hochschultext

Stefan Rolewicz

Funktionalanalysis
und
Steuerungstheorie

Übersetzt aus dem Polnisehen


von D. Pallasehke

Mit 10 Abbildungen

Springer-Verlag
Berlin Heidelberg New York 1976
Stetan Rolewicz
Instytut Matematyczny, Polskiej Akademii Nauk,
00-251 Warszawa, Polska

Übersetzer:

Diethard Pallaschke
Institut tür Numerische und instrumenteile Mathematik,
Westtälische Wilhelms-Universität,
4400 Münster

Titel der polnischen Originalausgabe:


"Analiza tunkcjonalna i teoria sterowania",
Copyright by Par'lstwowe Wydawnictwo Naukowe, Warszawa 1974

ISBN-13: 978-3-540-08076-3 e-ISBN-13: 978-3-642-66561-5


DOI: 10.1007/978-3-642-66561-5

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Über-
setzung, des Nachdruckes. der Entnahme von Abbildungen. der Funksendung. der Wiedergabe aul
photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben,
auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Bei Verviellältigungen lür gewerbliche Zwecke ist
gemäB § 54 UrhG eine Vergütung an den Verlag zu zahlen, deren Höhe mit dem Verlag zu vereinbaren ist.

© by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1976.

Gesamtherstellung: lotokop. Wilhelm Weihert KG, Darmstadt


Vorwort

In den letzten Jahren haben sich die Sprache und Methoden der Funk-
tionalanalysis als das grundlegende Werkzeug für die Optimierungs-
theorie und die optimale Steuerungstheorie herausgebildet. Viele
Bücher über diese Gebiete benutzen ausschlieBlich die Sprache der
Funktionalanalysis (z.B. KULIKOWSKI [1]).

In den normalen Kursen ist an der Polytechnika die Zahl der Vorle-
sungen über Funktionalanalysis relativ gering. Gleichzeitig gibt es
aber auf dem Büchermarkt eine Reihe von Werken über Funktionalana-
lysis, in denen vom mathematischen Standpunkt aus die Probleme der
Steuerungstheorie behandelt werden. Zu erwähnen sind hier einige
recht schöne Lehrbücher, wie etwa: KULIKOWSKI [1], [2), HERMES-
LA SALLE [1], PORTER [1), in denen die Autoren den Apparat der Funk-
tionalanalysis zur Bearbeitung von Aufgaben aus der Steuerungstheorie
benutzen.

Das vorliegende Buch gehört in diesen Rahmen. Es stellt den Apparat


der Funktionalanalysis so dar, daB er unmittelbar auf die Steuerungs-
theorie, insbesondere auf Systeme mit verteilten Parametern, anwend-
bar ist. Alle im Buch eingeführten Begriffe werden an Hand von physi-
kalischen und technischen Beispielen erklärt. Dies gilt insbesondere
für den rein funktionalanalytischen Teil, al so die ersten vier Kapi-
tel dieses Buches.

Den Stoff der ersten vier Kapitel findet man in jedem umfassenderen
Lehrbuch über Funktionalanalysis (wobei möglicherweise einige Begrif-
fe etwas anders sind, wie etwa der der Halbnorm). Der Unterschied zu
den anderen Büchern liegt in der Art der Darstellung. So wird in die-
sem Teil des Buches nicht so sehr nach dem "wie?" als nach dem "wozu?"
gefragt. Dennoch konnte diese Ansicht nicht überall realisiert wer-
den, da die Wichtigkeit von manchen abstrakten Ergebnissen ziemlich
schwer zu erklären ist.

Im ersten Teil dieses Buches werden im Rahmen der Funktionalanalysis


alle grundlegenden Begriffe aus der Topologie und MaBtheorie (oft
VI

ohne Beweis) angegeben, so daS dieses Buch für einen Absolventen des
Polytechnikums ohne jede weitere Literatur verständlich ist. Streng
genommen enthält dieser Teil alle Vorbereitungen für Kapitel V, wel-
ehe als der Schlüssel zu den weiteren KapiteIn dieses Buches bezeich-
net werden kann. Weil der Stoff aus der Funktionalanalysis von diesem
Standpunkt her ausgewählt worden ist, erklärt es sich, daS auf manehe
Aspekte, wie etwa die RIESZsche Theorie der kompakten Operatoren in
dieser Darstellung verzichtet wurde.

In Kapitel V werden die allgemeinen linearen Systeme eingeführt und


besprochen. Dabei bestand die Hauptschwierigkeit darin, die einzu-
führenden Begriffe einerseits so allgemein zu halten, daS man eine
möglichst groBe Klasse von Objekten erfaSt und andererseits darauf
zu achten, daS man mit diesen Begriffen noch genügend starke Sätze
beweisen kann. Der in diesem Buch eingeführte Begriff des "linearen
Systems" umfaSt insbesondere die Systeme mit verteilten Parametern.
Für lineareSysteme und konvexe Nutzenfunktionen untersuchen wir die
Minimal-Norm und Minimal-Zeit Aufgabe und geben hinreichende Bedin-
gungen für die Existenz von Lösungen an. Weiterhin wird die allge-
meine Beobachtungsaufgabe untersucht, und es werden eine Reihe wich-
tiger Aussagen über die optimale Beobachtbarkeit hergeleitet. Mit
Beginn dieses KapiteIs wollen wir unter einem "Beispiel" stets eines
im mathematischen Sinne verstehen. Genauer: Von diesem Kapitel an
behandeln wir in den Beispielen fast nur noch gewöhnliche oder par-
tielle Differentialgleichungen, ohn~ dabei auf die technischen Syste-
me einzugehen, die durch solehe Gleichungen beschrieben werden. Viel-
mehr setzen wir voraus, daS der Leser zahlreiche technische und öko-
nomische Systeme kennt, die man durch Differentialgleichungen be-
schreiben kann. Dieses Kapitel dürfte nach Ansicht des Autors wegen
seiner Allgemeinheit und der komprimierten Darstellung schwierig sein.
Eine weitere Schwierigkeit könnte sich auch dadurch ergeben, daS in
diesem Kapitel viele neue Begriffe eingeführt werden, die dem Leser
möglicherweise auch anderswoher nicht bekannt sind. Weiterhin werden
in diesem Kapitel eine Reihe neuer Ergebnisse aus der Funktionalana-
lysis bewiesen.

Kapitel VI enthält die Anwendungen der im Kapitel V entwickelten


Theorie auf endlich-dimensionale Systeme. Neben einigen Vereinfach-
ungen der Beweise von bekannten Sätzen, enthält dieses Kapitel noch
eine Reihe neuer Ergebnisse aus der Theorie der optimalen Beobach-
tung.
VII

In Kapitel VII werden die ein-dimensionalen Systeme mit verteilten


Parametern behandelt. Uber dieses Gebiet existieren zwei grundlegen-
de Bücher: BUTKOWSKI [1) behandelt die ein-dimensionalen Systeme vom
Standpunkt des Ingenieurs und bei LIONS [1] findet man eine mathe-
matische Behandlung der n-dimensionalen Systeme mit verteilten Para-
metern.

Das Buch von LIONS ist äuBerst allgemein und präzise. Es benutzt al-
lerdings die stark entwickelte Theorie der partiellen Differential-
gleichungen, so daS es für den nicht spezialisierten Leser etwas
schwierig ist.

In Kapitel VII werden die Ergebnisse von BUTKOWSKI (1) mit Hilfe der
FOURIER-Methode verallgemeinert und präzise dargestellt. Nach An-
sicht des Autors sind in diesem Kapitel die Paragraphen 7 und 8 von
besonderem Interesse. Hier werden nämlich die Ergebnisse von
DOLECKI (1) aus dem Gebiet der Beobachtungstheorie dargestellt.

Das Ende eines Beweises wird durch das Zeichen ..... angedeutet.

Ich danke Herrn Doc. Dr. Kazimier MOLANOWSKIE für die gründliche
Durchsicht des Manuskriptes und für eine Reihe von Hinweisen, die
zur Vervollständigung des Textes führten.
Vorwort zur deutschen Auflage

Dem Ubersetzer dieses Buches, Herrn Prof. Dr. D. PALLASCHKE, möchte


ich für seine sorgfältige Arbeit und für viele wertvolle Korrektur-
hinweise und Verbesserungsvorschläge danken.

Mein Dank gilt auch den Herren Professoren W. KRABS, E. MEISTER,


W. WENDLAND und H. WERNER, die sich um die Herausgabe der deutschen
Auflage meines Buches bemüht haben.

Die deutsche Auflage geht in folgenden Punkten über die polnische


hinaus:

1) Störungstheorie für lineare Systeme und Bildstetigkeit (in Kapi-


tel V, § 1)

2) Steuerbarkeit von zeitabhängigen Kontrollsystemen im Zusammenhang


mit Sätzen über die Existenz einer universellen Zeit (in Kapitel V,
§ 4)

Warschau, Juni 1976 Stefan Rolewicz


Inhaltsverzeichnis

Kapitel I Metrische Räume

§ Definition und Beispiele für metrische Räume

§ 2 Konvergenz und verwandte Begriffe 10

§ 3 Stetige Abbildungen 14

§ 4 Halbmetrische Räume 17

§ 5 Vollständige metrische Räume 19

§ 6 Das Prinzip der kontrahierenden Abbildung 25

§ 7 Mengen erster und zweiter Kategorie 28

§ 8 Räume von absolut- und quadratintegrierbaren


Funktionen 31

§ 9 Grundbegriffe der MaB- und Integrationstheorie 34

§10 Separable Räume 48

§11 Kompakte und folgenkompakte Räume 52

Kapitel II Metrische lineare und normierte Räume

§ Grundbegriffe der linearen Räume 60

§ 2 Metrische lineare und normierte Räume 67

§ 3 Lineare Funktionale 85
§ 4 Endlich-dimensionale Räume 93

§ 5 Die Fortsetzung von Funktionalen 99

§ 6 Die allgemeine Form der stetigen linearen


Funktionale in speziellen Räumen 110

Kapitel III Stetige lineare Operatoren in BANACH-Räumen

§ Der Satz von BANACH-STEINHAUS 122

§ 2 Der Satz von BANACH über die Stetigkeit des


inversen Operators 125

§ 3 Abgeschlossene Operatoren 129

§ 4 Konjugierte Operatoren 131


X

KaEitel IV Die schwache Topologie

§ 1 Weshalb braucht man Topologien? Die topolo-


gischen Grundbegriffe 133

§ 2 Kompakte und folgenkompakte Räume 139

§ 3 Topologische lineare Räume 143

§ 4 Die schwache Topolgie 146

§ 5 Reflexive Räume und schwache Kompaktheit 154

§ 6 Extremalpunkte 157

KaEitel V Optimierung und Beobachtung bei linearen


Systemen

§ Lineare Systeme 162

§ 2 Die Optimierung linearer Systeme mit festem


Ausgabeoperator 176

§ 3 Hinreichende Bedingungen für die Existenz


von optimalen Eingaben 199

§ 4 Die Minimal-Zeit Aufgabe 209

§ 5 Die Reduktion der Minimal-Zeit auf die


Minimal-Norm Aufgabe 232

§ 6 Die Beobachtbarkeit in linearen Systemen 237

§ 7 Die Minimal-Zeit Aufgabe in der Beobachtungs-


theorie 255

KaEitel VI Lineare Systeme, die durch gewöhnliche Diffe-


rentialgleichungen beschrieben werden

§ 1 Die Minimierung von konvexen Funktionalen für


Systeme, die durch gewöhnliche Differential-
gleichungen beschrieben werden 262

§ 2 Die Steuerung von endlich-dimensionalen


Systemen 266

§ 3 Die Minimal-Norm-Aufgabe für Supremumsnormen 269

§ 4 Kriterien für die Eindeutigkeit der optimalen


Steuerung 275

§ 5 Das Bang-Bang-Prinzip 280


XI

§ 6 MeBbare Mengenfamilien 291

§ 7 Die Beobachtung bei Systemen, welche durch


gewöhnliche Differentialgleichungen beschrie-
ben werden 303

§ 8 Die optimale Beobachtung bei stationären


Systemen 320

Kapitel VII Systeme mit verteilten Pararnetern


§ Basen in BANACH-Räumen 326

§ 2 Eigenwerte und Eigenvektoren 338

§ 3 Die Temperaturverteilung eines Stabes bei


homogenen Randbedingungen 343
§ 4 Die inhomogene Wärmeleitungsgleichung mit
homogenen Randbedingungen 362
§ 5 Die homogene Wärmeleitungsgleichung mit in-
homogenen Randbedingungen 370

§ 6 Die Steuerung der Erwärmung eines Stabes 381

§ 7 Die Beobachtbarkeit der Temperaturver-


teilung in einem Stab 391

§ 8 Einige andere Probleme, die mit der Erwärmung


eines Stabes verwandt sind 404
§ 9 Die Steuerung des schwingenden Stabes 415

Literaturverzeichnis 433

Stichwortverzeichnis 438
Kapitel I. Metrische Räume

§ Definition und Beispiele für metrische Räume

Es sei X eine Menge. Wir nennen X ein metrischer Raum, falls auf XxX
eine nicht negative Funktion p(x,y) ~ 0, x,y~X gegeben ist, die
"Metrik" genannt wird, und den folgenden Bedingungen genügt:
(1) p(x,y) ° genau dann, wenn x=y
(2) p (x,y) = p (y,x)
(3) p (x,y) ~ p (x,z) + p (z,y) (Dreiecksungleichung)
Die zwei Punkten x, y ~ X zugeordnete Zahl p (x, y) heiBt dann "Abstand"
des Punkte s x vom Punkt y. Wir bemerken, daS nach (2) dieser Abstand
gleich dem Abstand des Punktes y vom Punkte x ist. Die Menge der
Punkte, deren Abstand vom Punkte X o kleiner als eine positive Zahl r
ist, al so Kr (x o ) = {XE.X: p(x,x o ) < r} heiBt "Kugel" mit Radius r um
den Mittelpunkt xo' und Kr (x o ) = {x E X: p (x,x o ) ~ r} heiBt die "ab-
geschlossene Kugel" mit Radius r und Mittelpunkt xo. Die Menge der-
jenigen Punkte, deren Abstand vom Punkte Xo genau gleich rist, also

heiBt "Sphäre" mit Radius r und Mittelpunkt xo.

Wir geben nun einige Beispiele für metrische Räume an:

Beispiel I.1.1.
Der dreidimensionale euklidische Raum ist ein metrischer Raum. Der
Abstand zweier Punkte wird durch die Länge der Verbindungsstrecke
gegeben. Dieser übliche Abstand genügt offensichtlich den Bedingun-
gen (1) - (3), denn die Länge der Verbindungsstrecke ist genau dann
Null, wenn Anfangs- und Endpunkt übereinstimmen (Bedingung (1)).
Weiterhin ist die Länge der Verbindungsstrecke unabhängig davon, von
welchem Punkt aus gemessen wird (Bedingung (2)). Bedingung (3) ist
nichts anderes als die bekannte Tatsache, daB die Summe der Längen
2

zweier Seiten eines Dreiecks nicht kleiner als die Länge der dritten
Seite ist.

Im Falle des dreidimensionalen euklidischen Raumes ist eine Kugel


genau die Kugel im klassischen Sinne ohne Rand. Die abgeschlossene
Kugel ist dann die Kugel im klassischen Sinne mit Rand. Die Sphäre
ist die Oberfläche der Kugel, also die Sphäre im klassischen Sinne.

Beispiel I.1.2.
Die euklidische Ebene mit der Abstandsdefinition wie in Beispiel
I.1.1 ist ein metrischer Raum. In diesem Falle ist die Kugel genau
die Kreisscheibe ohne Rand. Die abgeschlossene Kugel ist die Kreis-
scheibe mit Rand. Die Sphäre ist die Kreislinie.

Im Zusammenhang mit Beispiel I.1.2 wird der folgende Begriff einge-


führt:
Es sei X ein metrischer Raum mit der Metrik p(x,y) und Xo eine Teil-
menge von X. Offensichtlich ist dann die Beschränkung der Metrik
p(x,y) auf XoxXo eine Metrik für Xo. Der Raum Xo mit der auf XoXXo
beschränkten Metrik p (x,y) heiBt "Unterraum des metrischen Raumes X".

Die nun folgenden Beispiele zeigen, daB der durch die Bedingungen
(1) - (3) gegebene Abstandsbegriff eine Verallgemeinerung des eukli-
dischen Abstandes ist.

Beispiel I.1.3.
Es sei X die Erdoberfläche, und p(x,y) der Abstand längs einer Geo-
dätischen zwischen zwei Punkte n x, y e X. Dann sieht man leieht, daB
hierdurch eine Metrik definiert wird, die jedoch wegen der Erdkrüm-
mung nicht die euklidische Metrik ist. Vielmehr existieren auf der
Erde zwei Punkte mit einem Abstand von 20.000 km, wohingegen nach
dem euklidischen Abstand der Erddurchmesser von 12.740 km nie über-
schritten werden kann.

Beispiel I.1.4.
Es sei X die Menge aller Provinzialhauptstädte in Polen. Weiterhin
bezeichne p(x,y) die Eisenbahnentfernung zwischen zwei Städten x und
y. Dann sieht man leieht, daB p(x,y) eine Metrik ist.
3

Beispiel I.1.5.
Es sei X wie im obigen Beispiel die Menge aller Provinzialhauptstädte
in Polen, und p(x,y) sei die StraBenentfernung zwischen zwei Städten
x und y. Offenbar ist p (x,y) eine Metrik.

Beispiel I.1.6.
Es sei X die Menge aller Punkte auf einem rechteckigen StraBennetz
(siehe Abb. I.1.1). Als Abstand zweier Punkte nehme man die Länge
des kürzesten Weges zwischen diesen Punkten längs dem gegebenen Stra-
Bennetz. Man sieht leieht, daB dadurch eine Metrik definiert wird. Die
fettgedruckte Linie ist dann die Sphäre mit Radius r und Mittelpunkt
Xo in dieser Metrik.

,,
/
~
/
,,,
, /
V
,
,/ , ~

,
r

V
,
x
0
/
~
~ , /
/
~
~ V
Abb. I.1.1. Das von der fettgedruckten Linie eingeschlossene Gebiet ist die Kugel
Kr (x o )

Nicht immer handelt es sich bei einer Metrik um den Abstand im ge-
wöhnlichen Sinne. Vielmehr wird im allgemeinen der Abstand durch die
Kosten oder die aufzuwendende Zeit für eine Aktion gegeben.

Beispiel I.1.7.
Es sei X die Menge aller Bahnhöfe in Polen. Es bezeichne p(x,y) den
Preis einer Eisenbahnfahrkarte vom Bahnhof x zum Bahnhof y. Man sieht
leieht, daS p(x,y) eine Metrik ist.

Beispiel I.1.8.
Es sei X die Menge aller Haltestellen einer StraBenbahnlinie, und
p(x,y) sei der Fahrpreis von einer Haltestelle x zur Haltestelle y.
4

Gibt es, wie üblieh, nur einen Fahrpreis, dann ist p(x,y) 1 Zloty,
für x +
y und p(x,x) = O.

Im Zusammenhang mit diesem Beispiel wird der folgende Begriff einge-


führt:
Es sei X ein metriseher Raum mit der Metrik p(x,y), die wie folgt
definiert ist:

p (x,x) o und p(x,y) = e für x + y,


dabei ist e eine positive Konstante. Ein metriseher Raum X mit einer
derartigen Metrik p heiSt ein "diskreter Raum" und p eine "diskrete
Metrik" •

Wir geben noeh ein weiteres Beispiel für einen diskreten Raum an:

Beispiel I.1.9.
Es sei X eine Fabrikhalle und x bezeiehne den Standort einer Masehi-
neo Wir nehmen an, daS die Masehine auf einem starken Betonfundament
steht, und daS die Kosten für die Aufstellung der Masehine vergli-
ehen mit den Baukosten des Fundamentes geringfügig sind. Dann kostet
die Verlegung der Masehine vom Standort x zum Standort y genau so-
viel wie das AbreiSen des alten und das Aufbauen des neuen Funda-
ments. Dies hängt aber nicht von x und y ab. Also wird durch die
Kosten p(x,y) für die Verlegung eine diskrete Metrik definiert.

Beispiel I.1.10.
Es sei X das Gebiet einer Stadt. Für zwei Punkte x,y E X bezeiehne
p.(x, y) die Mindestfahrzei t von x naeh y. Dann sieht man leieht, daS
p(x,y) eine Metrik ist. Wir bemerken noeh, daS man in der Praxis die
Mindestfahrzeit oft als die eigentliehe Entfernung ansieht.

Beispiel I.1.11.
Es sei X ein Gebiet, in dem ein auf einer Sehiene laufender Verlade-
kran arbeitet (Abb. I.1.2). Auf der Sehiene bewege sich der Kran mit
der Gesehwindigkeit "a" und seine Hebegesehwindigkeit sei "b". Wei-
terhin sei p(x,y) die Mindestzeit, die der Kran braueht, um aus der
Lage x in die Lage y zu kommen. Dann zeigt man leieht, daS p(x,y)
eine Metrik ist. Führt man nun ein reehtwinkliges Koordinatensystem
ein und entspreehen die Koordinatenaehsen der Fortbewegung des Kra-
nes auf der Sehiene bzw. der Hebebewegung, dann erhält man für die
5

Metrik die Formel

IX1-aYll
p(x,y) max (

Dabei ist x = '(xl ,x 2 ), y

r----------- ------------,
"
I /'
1 ,,- "
I / "
1 • "
1 ,/ "
1 ./ "
I ./ "
1 ,/
I ,/ "

1 / "

1/ ".
"
" /
" /
" /
" /
"
"
,,-/
"
/'
"
,///
". - _________ ..J

--- 1 -'-'-2 --3

Abb. 1.1.2. Linie 1 - Einheitskugel K( ) (1) aus Beispiel 1. 1.11; Linie 2 - Ku-
0,0
gel K( )(1) aus Beispiel 1.1.12; Linie 3 - Kugel K( )(2) aus Bei-
0,0 0,0
spiel 1.1.13

Beispiel I.l.12.
Es sei X wie im Beispiel I.l.ll. Zusätzlich wollen wir nun annehmen,
daB sich der Kran zu jedem Zeitpunkt nur vertikal oder horizontal
bewegen kann. Dann ist die Verladezeit p(x,y) wiederum eine Metrik
und man erhält die Formel:

p (x,y)

Beispiel I.l.13.
Sei X wie im Beispiel I.l.ll. Genau wie im Beispiel I.l.12 nehmen
wir an, daB eine gleichzeitige horizontale und vertikale Bewegung
des Kranes nicht möglich ist. Weiterhin wollen wir annehmen, daB so-
6

wohl die Fortbewegungs- und die Hebegeschwindigkeit gegenüber den


beiden entsprechenden Beschleunigungen vernachlässigbar klein sind.
Wenn nun die maximale Bewegungsbeschleunigung auf der Schiene "a"
und die maximale Hebebeschleunigung "b" ist, dann erhält man für die
Verladezeit

p (x,y)

In Abbildung I.1.2 sind die jeweiligen metrischen Kugeln der Bei-


spiele I.1.11, I.1.12 und I.1.13 für a = b = 1 dargestellt.

Beispiel I.1 .14.


Es sei X die Menge aller auf dem Intervall [a,b] definierten, steti-
gen reellwertigen Funktionen. Ferner sei

p(x,y) = sup Ix(t)-y(t)l. (1 • 1 )


a<t<b

Offensichtlich erfüllt p(x,y) die Bedingungen (1) und (2) für eine
Metrik. Wir zeigen nun, daB auch Bedingung (3) erfüllt ist:

p (x,y) sup Ix(t)-y(t) I < sup Ix(t)-z(t) I


a<t<b a<t<b

+ sup Iz(t)-y(t) I < p (x,z)+ (z,y).


a<t<b

Der Raum X mit der Metrik p(x,y) wird mit e[a,b] bezeichnet.

Der Raum e[a,b] kommt bei der Bearbeitung vieler Ingenieursaufgaben


vor. So wird zum Beispiel der Ablauf vieler physikalischer Prozesse
durch eine stetige Funktion x(t) im Zeitintervall [a,b] beschrieben.
Wir nehmen nun an, daB aufgrund von gewissen Fehlerquellen der durch
XOE era,b] beschriebene ProzeB nicht genau zu messen geht. Weiterhin
verlangen wir, daB im Zeitintervall [a,b] der MeBfehler nicht gröBer
als eine positive Konstante r i s t . Dabei hängt die Konstante r von
der Genauigkeit der MeBapperatur und möglicherweise (etwa bei chemi-
schen Prozessen) von den im ProzeB erzeugten Produkten ab. Dann in-
teressiert man sich bei der Beschreibung des Prozesses für alle
y E e[a,b] mit p (xo,y) .::. r.
7

BeispieII.1.15.
Falls ein ProzeB durch n Parameter - die als Folge {X 1 (t) , .•• ,Xn(t)}
gegeben sind - dargestellt wird, wobei die zulässige Abweichung der
einzelnen Parameter xi(t) vom wahren ProzeB x~(t) etwa ri>O beträgt,
dann führt man auf dem Raum aller stetigen n-dimensionalen Funktio-
nen die Funktion

lXi (t)-Yi (t) I


p(X,y) = sup max ri
a<t<b 1<i<n
eino Man zeigt leieht, daB p(x,y) eine Metrik ist. Offensichtlich
werden dann zur Beschreibung des Prozesses alle solehe Y mit
p(xo'Y) ~ 1 zugelassen.

Im allgemeinen sind die einzelnen Parameter eines Prozesses nicht


unabhängig. So ist zum Beispiel in vielen Prozessen eine Änderung
des Druckes oder des Volumens ohne eine Änderung der Temperatur mög-
lich; dagegen ist eine gleichzeitige Änderung von Volumen, Druck
und Temperatur wegen der Produktgleichung nicht möglich.

In diesem Falle kann man zur Beschreibung der MeBgenauigkeit nicht


mehr die im vorherigen Beispiel angegebene Metrik verwenden. Viel-
mehr muB man nun eine geeignete Metrik ~(x,y) für den ~n suchen,
und führt dann auf dem Raum Cn[a,b] aller auf [a,b] definierten
n-dimensionalen stetigen Funktionen die Metrik

p(X,y) = sup ~(x(t) ,y(t)) (1 .2)


a<t<b
eino Genauso wie im Beispiel 1.1.14 zeigt man leieht, daB p(x,y) die
Bedingungen (1) - (3) erfüllt.

Der Raum cn[a,bJ mit der Metrik p wird mit Cn,p~[a,b] bezeichnet.

BeispieII.1.16.
In vielen Prozessen, die durch ein System von Parametern beschrieben
werden können, sind die Funktionen nicht stetig, wohl aber stückwei-
se stetig (eine auf [a,b] definierte Funktion heiBt "stückweise ste-
tig", falls sich [a,b] in eine endliche Vereinigung von Intervallen
In zerlegen läBt, so daB die Funktion auf jedem dieser Intervalle
stetig ist). Für den Raum der stückweise stetigen Funktionen (bzw.
stückweise stetigen n-dimensionalen Vektorfunktionen) wird durch die
8

Formel (1.1) (bzw. (1.2)) eine Metrik definiert. Diese beiden Räume
werden dann mit e' [a,b] bzw. e'n, ~[a,b]
p
bezeichnet.

Beispiel I.1.17.
In den Beispielen I.1.14 - I.1.16 haben wir Objekte in einem endli-
ehe n Zeitintervall [a,b] betrachtet. Interessiert man sich jedoch
für das technische Verhalten eines Objektes während seiner gesarnten
Lebensdauer, so kann man im allgemeinen von vornherein keine obere
Grenze für das Zeitintervall angeben. (So kann man zum Beispiel die
Lebensdauer eines Wasserkraftwerkes schlecht nach oben abschätzen.)
In diesem Sinne gilt dann für den Endzeitpunkt b = +~, und man be-
trachtet folglich die Räume e[a,~), e
n,p~[a,~), e'n,p [a,~). Dabei wer-
den allerdings nur die stetigen beschränkten Funktionen zugelassen.
Man zeigt leieht, daB für jeden dieser Räume durch die Formeln vom
Typ (1.1) und (1.2) eine Metrik bestirnrnt wird.

Beispiel I.1.18.
Interessiert man sich nun für Prozesse mit vorher nicht überschauba-
rer Dauer, dann wird man sie zweckmäBig im Zeitintervall [a,~) be-
handeln. Oft braucht man aber nicht über den gesarnten Zeitablauf zu
messen, vielmehr genügen manchrnal schon Messungen zu bestirnrnten
Zeitpunkten.

Zum Beispiel melden die meteologischen Stationen Temperatur und


Luftdruck in vorgegebenen Zeitabständen. Es ist daher sinnvoll, sich
auch für Prozesse zu interessieren, die durch Zahlenfolgen
x = (x 1 , ••. ,x n ' ..• ) beschrieben werden. Die Abweichung des Prozesses
x von einem anderen ProzeB y wird dann durch die Formel

p (x,y) suplx -y
n n n
I (1 .3)

gegeben. Man weist leieht nach, daB auf dem Raum aller beschränkten
Folgen durch (1.3) eine Metrik definiert ist. Der Raum aller be-
schränkten Folgen mit eben dieser Metrik wird mit "m" bezeichnet.

Der Unterraum von m, der aus allen Folgen besteht, die gegen 0 kon-
vergieren, wird mit Ile II
bezeichnet.
o
9

BeispielI.1.19.
In diesem Beispiel befassen wir uns mit der Rentabilität einer In-
vestition. Für eine kurze Investition hat man die Formel

Gewinn
w eingesetztes Kapital

Dabei ist W die Effektivität der Investition, und unter Gewinn ver-
steht man den reinen Gewinn, also abzüglich Nebenkosten.

Für längerfristige Investitionen gilt diese Formel im allgemeinen


nicht mehr. Dann berechnet man sinnvollerweise die auszugebenden Gel-
der nach der Formel

X (1+r)-n+1 (1 .4)
n

Dabei ist Xn die Ausgabequote im Jahre n und x n die Geldmenge, die


man bezüglich eines festen Preissystems bereits heute haben muE, da-
mit man bei einem festen Bankzins von r Prozent im Jahre n den Be-
trag Xn erhält. In der Praxis wird man allerdings nicht immer nach
(1.4) vorgehen, da die Sparneigung vom Bankzins abhängt.

Generell ergeben sich jedoch die Gesamtkosten der Investition durch

Dabei sind die k n reduzierte Einsatzquoten, die sich etwa aus Formel
(1.4) ergeben können. Der Gesamtgewinn der Investition beläuft sich
entsprechend auf

Z L zn'
n=1

wobei die zn einzelne Jahresgewinne sind. Die Effektivität der In-


vestition ist

Z
w K

Diese Formel ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn beide im obigen
Quotienten auftretenden Reihen konvergieren. Dies ist zum Beispiel
bei zyklischen Investitionen immer erfüllt, weil man dann nur für
eine endliche Periode (etwa 8 Jahre) die Gesamtausgaben und den Ge-
samtgewinn zu bestimmen hat. Beispiele für solehe Investitionen sind
10

etwa die Rohstoffinvestitionen oder Investitionen bei Wasserkraft-


werken.

Die Abweichung des tatsächlichen Gewinns x = (x 1 " " , x n ",,) von dem
geplanten Gewinn y = (Y1""'Yn"") beläuft sich auf

p (x,y) (1 .5)

Der Gesamtgewinn ist p(x,O). Letztlich hat man es also mit folgendem
Modell zu tun: X ist der Raum aller Folgen x = (x 1 " " , x n ",,) mit
p(x,O) < +00 versehen mit der Metrik p(x,y). Diesen Raum bezeichnen
wir mit "9-".

Gegeben seien die metrischen Räurne X1 ""'X n und Pi (x,y) bezeichne


die Metrik des Raurnes Xi' Als "Produkt der Räume x 1 , ••• ,X n " bezeich-
net man den Raurn x, dessen Elemente die n-Tupel x = (x 1 ' ••• ,x n ) mit
XiC Xi sind mit der durch

p (x,y)

definierten Metrik. Man weist ganz elementar nach, daB p eine Metrik
ist. Der Raum X wird mit X1 x ••• x Xn bezeichnet.

§ 2 Konvergenz und verwandte Begriffe

Es sei X ein metrischer Raurn mit der Metrik p(x,y). Dann sagt man,
daB eine Folge {xnl von Elementen aus X gegen ein Element Xo "konver-

giert", falls lim p(xn'x o ) =


p n~OO
° ist und schreibt lim x n ~ Xo oder
n~OO

xn ~ xo' Wenn es keine MiBverständnisse gibt, lassen wir den Buch-


staben p auch einfach fort. Das Element Xo heiBt "Grenzwert der Fol-
ge {xnl". Wir bemerken, daB für eine gegen Xo konvergente Folge {xnl

auch jede Teilfolge gegen Xo konvergiert.

Man sagt, daB "fast alle Glieder" einer Folge {x n } in einer gewissen
Menge A liegen, wenn höchstens endlich viele Glieder der Folge nicht
in A liegen, oder mit ande re n Worten, wenn ein N existiert, so daB
für alle n > N stets xnt A ist. Mit diesem Terminus läBt sich der
Begriff der Konvergenz wie folgt definieren: nämlich eine Folge {X n }
11

konvergiert gegen xo' wenn für jedes positive E fast alle Glieder
der Folge in KE (x 0 ) sind. Dies ist natürlich nur eine verbale Umfor-
mulierung der Konvergenzdefinition.

Eine Menge Ae X heiBt "abgeschlossen", wenn für jede konvergente


Folge {x n } von Elementen aus A auch deren Grenzwert zu A gehört, d.h.
lim x n E A. Eine Menge B e X heiBt "offen", wenn es zu jedem x o E B ein
E>O gibt, so daB KE(X O) e B ist.

Satz 1.2.'.
Es sei A eine abgeschlossene Menge, dann ist das Komplement CA X\A
eine offene Menge.

Beweis:
Angenommen, CA sei keine offene Menge. Dann existiert ein XoE CA,
so daB für jedes positive E stets KE(xO)nA tOist. Wähle
XnE K, (X O) n A; dann gilt x n + xo' und da A abgeschlossen ist, ist
n
im Widerspruch zur Annahme XoE A• •

Satz 1. 2.2.
Es sei B eine offene Menge, dann ist CB X\. B eine abgeschlossene
Menge.

Beweis:
Angenommen, CB sei keine abgeschlossene Menge. Dann existiert eine
Folge von Elementen Xn E CB, die gegen ein Xo E C CB = X \. (X \. B) = B
konvergiert. Da nach Annahme B eine offene Menge ist, existiert ein
positives E, so daB KE(xO)e B ist. Weil x n + Xo ist, liegen fast
alle Glieder der Folge {x n } in KE (x 0 )e B, und dies widerspricht der
Annahme, x n E CB. •

Satz 1. 2.3.
Für jede Familie {F }, a E
a
a
von abgeschlossenen Mengen ist der
Durchschnitt F = rl F a eine abgeschlossene Menge.
aeO!.

Beweis:
Es sei {x n } eine Folge von Elementen aus F, die gegen ein Xo konver-
giere. Dann ist für jedes aeet auch XnC F a , und da F a abgeschlossen
ist, folgt auch Xo fO F a' also Xo eF. •
12

Satz 1.2.4.
Für jede Familie {G }, aect von offenen Mengen ist die Vereinigung
a
a~ Ga eine offene Menge.

Beweis:
Sei Xol: G. Nach Definition von G gibt- es ein a ~ et mit x o ~ Ga • Da
Ga eine offene Menge ist, existiert ein positives E, so daB
KE(XO)C GaC G. AIso ist G eine offene Menge. _

Die beiden folgenden Beispiele zeigen, daB die Vereinigung einer Fa-
milie von abgeschlossenen Mengen nicht abgeschlossen sein muB, und
der Durchschnitt einer Familie offener Mengen nicht offen zu sein
braucht.

Beispiel 1. 2.1.

Ix-yl. Weiterhin sei F n die nur aus dem einzigen Punkt *


Es sei X das abgeschlossene Intervall [0,1] mit der Metrik p(x,y) =
bestehende
Menge, al so F n = {*}. Dann ist F = V Fn = {1,~,1, ... } und man
sieht, daB diese Folge zwar gegen 0 konvergiert, jedoch liegt die 0
nicht in F.

Beispiel I.2.2.
Es sei X wie oben und es sei Gn = {x: Ix-~I < *}. Die Mengen Gn sind
offen und ihr Durchschnitt G = rl
Gn ist die aus dem Punkt 21 beste-
n
hende einpunktige Menge7 also eine abgeschlossene Menge.

Es gelten jedoch die folgenden Sätze:

Satz 1.2.5.
Die endliche Vereinigung von abgeschlossenen Mengen, F
ist eine abgeschlossene Menge.

Beweis:
Es sei {Xn } eine Folge von Elementen aus F, die gegen ein Xo konver-
giert. Da F die endliche Vereinigung abgeschlossener Mengen ist,
existiert ein Fr und eine Teilfolge {xn } mit x n eF.r
Weil die Fol-
k k
ge {xn } ebenfalls gegen Xo konvergiert und Fr abgeschlossen ist,
k
fOlgt xoe: FrC F. _
13

Satz 1.2.6.
Der endliche Durchschnitt offener Mengen, G
eine offene Menge.

Beweis:
Sei xoc G; d.h. für jedes i = 1,2, .•. ,m ist xoc Gi , und da die Gi
offene Mengen sind, existieren positive Zahlen E1 , •.• ,E m , so daB

K (x)C G. ist. Für E = min(E 1 , .•. ,E ) > 0 gilt dann, daB für jedes
Ei 0 l. m
i: KE(XO)C Gi ist, also KE(XO)C G • •

Es sei A eine beliebige Teilmenge von X. AIs "AbschluB" A der Menge


A bezeichnet man die kleinste abgeschlossene Menge, die A enthält.
Nach Satz I.2.3 ist A der Durchschnitt aller abgeschlossenen Mengen,
die A enthalten.

Aus der Definition des Abschlusses folgt, daB für jede abgeschlosse-
ne Menge A stets A=A gilt. Bezeichnet man mit Ä den AbschluB der
Menge A, dann gilt für jede Menge A stets A=A.

Satz I. 2.7.
A = {x E X: es existiert x n ->- x, x n cA, n 1,2, ... }.

Beweis:
'v
Bezeichnen wir mit A die auf der rechten Seite stehende Menge, dann
'v _ 'v
ist offensichtlich Ac A e A. Wir zeigen nun, daB A abgeschlossen ist.
'v
Dazu wählen wir eine Folge {X n }, xne A, die gegen ein Xo konvergiert.
'v 1
Offensichtlich gibt es zu jedem x n lõ A ein X~ E A mit p (x n ,x~) < ii: Oa

'v
ist und x n ->- xo' x~ ->- Xo gilt, folgt xoe A. Aus der Abgeschlossenheit
'v 'v _'V
von A folgt dann AC A und dami t A=A ist . •

AIs "Inneres" einer Menge A, IntA, bezeichnet man die gröBte offene
Menge, die in A enthalten ist. Nach Satz I.2.4 ist IntA die Vereini-
gung aller offenen Mengen, die in A enthalten sind. AIs "inneren
Punkt" bezeichnet man jeden Punkt des Inneren. Man sieht sofort, daB
Xo ein innerer Punkt der Menge A genau dann ist, wenn es ein E>O
gibt mit KE (X O) CA.
14

Aus den Sätzen I.2.1 und I.2.2 ergeben sieh noeh die Formeln:

A = X "Int (X "A), IntA X \ (X"-A).

Als "Rand" einer Menge A, FrA, bezeiehnen wir die Menge

FrA = A\IntA An (X "-A) •

Wir sagen, daB eine Menge AC X "dieht" im Raum X ist, falls A = X


gilt; und daB die Teilmenge A der Menge B "dieht" in der Menge B 1st,
falls BC. A.

§ 3 Stetige Abbildungen

Es sei X ein metriseher Raum mit der Metrik PX (x 1 ,x 2 ) und Y ein me-
triseher Raum mit der Metrik PY (Y1'Y2)' Weiterhin sei f(x) eine Ab-
bildung von X naeh Y.

Satz I. 3.1.
Die folgenden Aussagen sind äquivalent:

(a) Für jedes x EO X und jedes positive e: existiert ein 0>0, so daB
f(Ko(x»C Ke:(f(x».

(b) Aus lim PX(xn'x) = 0 folgt lim py(f(x n ) ,fix»~ 0, für jedes
n+ oo n+ oo
x E X und jede Folge {x n } C X.

(e) Das Urbild f- 1 (F) = {x Eo X: f (x) € F} jeder abgesehlossenen Menge


F ist abgesehlossen.

(d) Das Urbild f- 1 (G) = {x G. X: f (x) E. G} jeder offenen Menge G ist


offen.

Beweis:
(a) ~(b). Es sel lim px(xn'x) = 0 und e: eine beliebige positive
n+oo
Zahl. Dann existiert naeh (a) ein 0>0, so daB f(Ko(X» eKe:(f(x». Da
PX
xn----~x' liegen fast alle Glieder der Folge {xn } in Ko(X)' Aus der

obigen Inklusion folgt dann, daB fast alle Glieder der Folge {f(x n )}
15

in K€(f(x)) liegen. Oa €>o beliebig war, impliziert dies (b).

(b) ~(e). Es sei F eine abgesehlossene Teilmenge von Y und {x n }


eine Folge von Elementen aus f- 1 (F), die gegen ein Xo konvergiere.
py
Oa naeh (b) f(xn)----)f(x o ) gilt und F abgesehlossen ist, folgt
-1
f(x o ) (Õ. F, also XoE f (F).

(e) ~(d). Es sei G eine beliebige offene Teilmenge von Y. Oann ist
naeh Satz I. 2.2 Y" G eine abgesehlossene Menge und naeh (e) und Satz
I. 2.1 ist

f- 1 (Y " (Y "G)) f- 1 (Y) " f- 1 (Y \ G)

eine offene Menge.

-1
(d) ~(a). Naeh (d) ist für jedes positive € die Menge f (K€(f(x)))
-1
offen. Also existiert ein Õ>O, so daS Kõ(X)C f (K€(f(x))), und das
heiSt f(Kõ(X))C K€(f(x)) . •

Eine Abbildung f, die eine der vier Bedingungen (a) - (d) erfüllt,
-1
heiSt " s tetig". 1st f bijektiv und ist sowohl f als auch f stetig,
dann heiSt f ein "Homöomorphismus". Zwei metrisehe Räume X und Y
heiSen "homöomorph", falls es einen Homöomorphismus gibt, der X auf Y
abbildet.

Sei X ein metriseher Raum, für den zwei Metriken p(x,y) und p' (x,y)
definiert sind. Weiterhin bezeiehne n(x) = x die identisehe Abbil-
dung des Raumes X mit der Metrik p(x,y) in dem Raum X mit der Metrik
p I (x,y). Oann heiSen die beiden Metriken p (x,y) und p I (x,y) "äguiva-
lent", falls nein Homöomorphismus ist. 1st jedoeh n nur stetig,
dann heiSt die Metrik p (x,y) " s tärker" als die Metrik p' (x,y) und
p I (x,y) " sehwäeher" als p (x,y) •

Beispiel 1.3.1.
Für eine endliehe Menge X ist jede auf X definierte Metrik äguiva-
lent zur diskreten Metrik

für x=y,
d(x,y)
für xfy.
16

Es sei närnlich p{x,y) eine beliebige Metrik für X und es gelte

xn~>xo' Oa inf{p{x,y): x+y} > 0 ist, sind fast alle Glieder der
Folge {xn } gleich dem Limes xo' Mithin gilt also für jede Metrik,
daB xn+x o ist, insbesondere auch für die diskrete Metrik d{x,y).

Beispiel I.3.2.
Es sei X die euklidische Ebene und p{x,y) sei die Länge der Verbin-
dungsstrecke von x nach y (vergl. Beisp. I.1.2). Weiter sei d{x,y)
die diskrete Metrik für X, also:

0 , x=y,
d{x,y) {
1 , xty.

Dann zeigt man leieht, daS diese beiden Metriken nicht äquivalent
sind, und daS d{x,y) stärker als die euklidische Metrik ist.

Gegeben seien die metrischen Räume X mit der Metrik PX und y mit der
Metrik PY' Eine Abbildung T von X auf Y heiSt dann "Isometrie",
falls

py{Tx,Ty) = PX{x,y)

gilt. Jede Isometrie T ist offensichtlich stetig und bijektiv, und


die Umkehrabbildung T- 1 ist ebenfalls eine Isometrie.

Es seien X und y zwei metrische Räume mit den entsprechenden Metri-


ken Px{x,y) und py(x,y). Dann bezeichnet man mit C(X,Y) die Menge
aller stetigen Abbildungen f von X nach Y, für die

sup py{f{x),y) < +- (3.1 )


XEX 0

gilt. Dabei ist yoE Y ein beliebiger Punkt. Man sieht leieht, daS
C(X,Y), versehen mit der durch

P (f,g) sup py{f(x),g{x» (3.2)


XE X

definierten Metrik, ein metrischer Raum ist. Die Bedingung (3.1) ga-
rantiert, daS das in (3.2) auftretende Supremum endlich ist.
17

Wenn Y die Menge der reellen (oder komplexen) Zahlen ist, dann be-
zeichnet man C(X,Y) kurz mit C(X) (oder Ctt (X». 1st X das abge-
schlossene Intervall [a,b], dann schreibt man für C([a,b]) auch kurz
c[a,b] (bzw. Ca [a,b]), vergl. Beispiel 1.1.14.

§ 4 Halbmetrische Räume

In der Praxis ist in einer Reihe von Fällen die Menge X mit einer
nicht negativen Funktion p(x,y), x,y€ X, versehen, die nur den Be-
dingungen (1) und (3), nicht aber der Bedingung (2) einer Metrik ge-
nügt.

Beispiel I.4.1.
Es sei X die Menge der Sehenswürdigkeiten in der Tatra und p(x,y)
bezeichne die Mindestzeit, die man längs Wanderwegen von x nach y
braucht. Dann erfüllt p die Bedingungen (1) und (3), nicht aber (2),
denn bergauf wandern dauert gewöhnlich länger als bergab wandern.

Beispiel I.4.2.
Es bezeichne X die Menge der Binnenhäfen eines Staates. Dann genügen
die Transportkosten p(x,y) für eine Wareneinheit auf dem kürzesten
Weg vom Hafen x zum Hafen y längs Flüssen und Kanälen den Bedingun-
gen (1) und (3) einer Metrik. Bedingung (2) ist im allgemeinen nicht
erfüllt, denn der Transport fluBabwärts ist billiger als fluBauf-
wärts.

Aufgrund dieser Beispiele führt man den folgenden Begriff ein: Es


sei X eine Menge und p(x,y) eine nicht negative Funktion auf XxX,
die den Bedingungen (1) und (3) einer Metrik genügt und für die no ch

lim p(xn'x) =0 genau dann wenn lim p(x,x n ) =0 (2' )


n~m n~~

gelte. Eine Funktion p(x,y) mit diesen Eigenschaften heiBt "Halbme-


trik". Eine Menge X, für die eine Halbmetrik definiert ist, heiBt
dann "Halbmetrischer Raum". Offensichtlich ist jede Metrik auch eine
Halbmetrik.

Genau wie bei Metriken nennt man zwei Halbmetriken p und p' "äquiva-
lent", falls lim p(xn'x) =0 genau dann gilt, wenn lim p' (xn'x) =0
n~m n~m

ist.
18

Satz I. 4.1.
Es sei X versehen mit der Halbmetrik p(x,y) ein halbmetrischer Raum.
Dann existiert für x eine zu p äquivalente Metrik p'. (Dabei bezieht
sich die Äquivalenz auf Halbmetriken).

Beweis:
Setze p' (x,y) = p(x,y)+p(y,x). Dann sind für p' die Bedingungen (1)
und (2) einer Metrik erfüllt. Wir zeigen nun, daB auch Bedingung (3)
gilt. Es ist nämlich:

p' (x,y) = P (x,y)+p (y,x) < p (x,z)+p (z,y)+p (y,z)+p (z,x)


= p' (x,z)+p' (z,y).

Aus der Definition von p' folgt direkt

o < p (x,y) < p' (x,y),

und somit folgt aus lim p' (xn'x) o stets lim p(xn'x) o.
n-+ oo n-+ oo

Die umgekehrte Richtung folgt aus Bedingung (2'). Denn ist


lim p (xn'x) = 0, dann ist auch lim p (X,X n ) = 0 und somit gilt
n-+ oo

lim p(xn,x)+lim p(x,x n ) o.•


n+oo n-+oo

Aus Satz I.4.1 folgt, daB die in den Paragraphen 2 und 3 hergeleite-
ten Sätze auch für halbmetrische Räume gelten.

Weiterhin folgt aus Satz I.4.1, daB zum Beispiel Fragen über Konver-
genz, Stetigkeit u.ä. für halbmetrische Räume genausa wie bei metri-
schen Räumen zu bearbeiten sind, so daB vom mathematischen Stand-
punkt aus die halbmetrischen Räume uninteressant sind.

Dennoch ist es in vielen praktischen Fällen erforderlich, mit halb-


metrischen Räumen zu arbeiten, wie man etwa den Beispielen I.4.1 und
I.4.2 entnimmt.
19

§ 5 Vollständige metrische Räume

Es sei X, versehen mit der Metrik p(x,y) ein metrischer Raum. Eine
Folge {x } von Elementen aus X heiBt "CAUCHY-Folge", falls es zu je-
n
dem E>O einen Index N gibt, so daB für alle n,m>N

ist. X heiBt "vollständiger Raum", falls es zu jeder CAUCHY-Folge


{x n } dieses Raumes ein X gibt mit x n-;> x o • Sind zwei Räume iso-
Xo E.
metrisch und ist einer von ihnen vollständig, dann ist es auch der
andere.

Satz 1. 5.1.
Es sei X ein vollständiger metrischer Raum und Xo eine abgeschlosse-
ne Teilmenge von X. Dann ist Xo als Unterraum ebenfalls vollständig.

Beweis:
Sei {x n } eine beliebige CAUCHY-Folge vop Elementen des Raumes Xo. Da
Xo ein Unterraum von X ist, ist {x n } auch eine CAUCHY-Folge von Ele-
menten aus X. Weil X vollständig ist, konvergiert sie gegen ein
xoe X. Nun ist aber Xo abgeschlossen, also gilt xo~ Xo . •

BeispielI.5.1.
Jeder metrische Raum X, der aus endlich vielen Punkten besteht, ist
vollständig.

Sei nämlich p(x,y) eine Metrik für X, dann gilt

inf{p (x,y): x,y Eo X, xfy} > 0

da X nur aus endlich vielen Punkten besteht. Mithin ist also {x n }


genau dann eine CAUCHY-Folge, wenn fast alle Glieder gleich einem
gewissen Xo sind, woraus xn->x o folgt.

Entsprechend zeigt man:

Beispiel 1.5.2.
Jeder diskrete Raum ist vollständig.
20

Beispiel 1.5.3.
Die Menge X der rationalen Zahlen mit der Metrik p (x,y) = Ix-yl ist
ein metrischer Raum, der nicht vollständig ist. Um dies zu zeigen,
sei etwa x die Dezimalapproximation von ~ bis zur n-ten SteIle.
Dann gilt ~ffensichtliCh p(x ,x ) < 10-min (n,m), d.h. {x } ist eine
n m - n
CAUCHY-Folge. Allerdings konvergiert sie gegen keine rationale Zahl,
da das Quadrat einer rationalen Zahl niemals 2 ist.

Satz 1.5.2. (CANTOR)


Es sei X ein metrischer Raum mit der Metrik p(x,y). Dann existiert
ein vollständiger metrischer Raum X mit der Metrik B (x,y), so daB
X in X dicht liegt und für alle x,y€ X stets B(x,y) = p(x,y) ist.

Beweis:
'" die Menge aller CAUCHY-Folgen {x } von Elementen aus
Es bezeichne X
'" n
X. Wir zerlegen jetzt die Menge X in paarweise disjunkte Mengen Xa .
Dabei gehören zwei Folgen {x n } und {yn} zu ein und derselben Menge
Xa genau dann, wenn

lim p(xn'Yn) = 0
n+co

ist. Die Mengen X heiBen "Äquivalenzklassen" und die Äquivalenzklas-


a
se, die die Folge {x n } enthält, wird mit [{xn}] bezeichnet. 1st
{x } E X , dann nennt man {x } einen "Repräsentanten" der Äquivalenz-
n a n
klasse X • Als Raum
a
X
nimmt man die Menge aller Äquivalenzklassen
mit der Metrik

B(~,Y) = lim p(xn,y n )


n+ co

wobei {xn } und {y n } beliebige Repräsentanten der Äquivalenzklassen


~ und y sind. Zunächst bemerken wir, daB B(~,Y) offensichtlich nicht
von der Wahl der Repräsentanten {x n } und {yn } abhängt.

Weiter zeigen wir nun, daB B(~,Y) eine Metrik ist. Nach Definition
ist B(~,Y) nicht negativ. Für ~=y ist B(~,Y) = 0, da man dann für
~ und y den gleichen Repräsentanten wählen kann. 1st andererseits
B(~,Y) = 0, dann liegen alle Repräsentanten von ~ und y in der glei-
chen Äquivalenzklasse und das heiBt ~=y.
21

Bedingung (2) ist offensichtlich erfüllt, den n es ist

~ (~,y) = lim P (xn,y n ) = lim P (Yn'x n )


n~OO n+oo

wobei wie oben {x n } ein Repräsentant der Klasse ~ und {y n } ein Re-
präsentant der Klasse y ist.
Om Bedingung (3) zu zeigen, sei {zn} ein Repräsentant der Klasse ~,
dann ist

lim P (xn,y n ) < lim P (xn,zn) + lim P (zn'Y n )


n+ oo n+oo n7 00

Darnit ist gezeigt, daB ~ (~,y) eine Metrik ist. Sei nun x E. X und [x]
bezeichne die Äquivalenzklasse, zu der die Folge {x,x,x, •.. } gehört.
Offensichtlich ist

~ <[x] , [Y]J P (x,y) •

Wir zeigen nun, daB die Menge X' aller Äquivalenzklassen der Form
, , ~

[x], x Ee X, dicht in X ist. Dazu x E. X und {x n } ein Repräsentant von


~. Da {x n } eine CAUCHY-Folge ist, gibt es zu 8>0 einen Index N, so
daB für alle n>N P (xn'x N) < E ist. Dies heiBt aber, daB

~(~, [x N]) < E ist. Also ist X' dicht in X.

Wir zeigen, daB X vollständig ist. Dazu sei {~n} eine


von Elementen aus X. Zu x gibt es dann ein x n Ee X mit
n
da X dicht in X ist. Wegen

, ,
p(xn'xm) ~ ~(xm,xm) + ~(xm,xn) + ~(xn,xn)

ist auch {x n } eine CAUCHY-Folge und man bezeichne mit x die von {x n }
repräsentierte Äquivalenzklasse. Dann ist

,
~(x,xn) < ~(x,xn) + D(xn'x n )
22

und damit ist

lim p (x,x n ) O ••
n+ oo

Wir geben jetzt einige Beispiele für vollständige Räume an.

Beispiel 1.5.4.
Die Vervollständigung der Menge der rationalen Zahlen heiSt die "Men-
ge der reellen Zahlen" (vergl. Beispiel 1.5.3) und wird mit ~ be-
zeichnet. Dies ist nicht die übliche Definition für die reellen Zah-
len. Man definiert sie normalerweise als DEDEKINDschen Schnitt
(vergl. etwa POGORZELSKI [1], Vol. I, Einführung). Wir weisen jetzt
die Äquivalenz beider Definitionen nach.

Angenommen, eine reelle Zahl r sei als Schnitt definiert. Dann gibt
es eine Zerlegung der rationalen Zahlen in zwei Mengen A und B, so
daS für alle x € A und alle y 6 B die Ungleichung x<y gilt. Wir wählen
nun eine Folge {x } von Elementen aus A mit folgender Eigenschaft:
n
zu jedem n E IN gibt es ein y 6 B mit Ix n -y I < 1..
n
Der durch diesen
Schnitt definierten reellen Zahl r ordne man nun die von {x n } reprä-
sentierte Äquivalenzklasse ~ zu. Ordnet man entsprechend einer ande-
ren reellen Zahl r 1 die Äquivalenzklasse y zu, dann sieht man leieht,
daS

Ir-r 1 I

gilt.

Nun bleibt noch die umgekehrte Richtung zu zeigen. Zu jeder Äquiva-


lenzklasse ~ ist also ein DEDEKINDscher Schnitt zu konstruieren. Da-
zu sei ~ durch die CAUCHY-Folge {x n } repräsentiert. Dann nimmt man
für A die Menge aller rationalen Zahlen a, so daS für fast alle n~/N
die Ungleichung a~xn gilt und für B die Menge aller rationalen Zah-
len b mit b>x n , für fast alle n. Da {x n } eine CAUCHY-Folge ist, ist
Au B die Menge der rationalen Zahlen.

Beispiel 1.5.5.
Der reelle n-dimensionale Raum mn, also die Menge aller reellen
n-Tupel (x 1 , ••• ,x n ), versehen mit der Metrik
23

p((x 1 ,···,x n ),(Y 1 ,···,Y n » = max IXi-Yi l


1<i<n

ist ein vollständiger Raum. Sei nämlich {(x~, •.. ,x~)} eine CAUCHY-
Folge, dann folgt unmittelbar aus der Definition der Metrik, daS für
jedes i=1, .•. ,n auch {X~} eine CAUCHY-Folge ist, und da der Raum der
reellen Zahlen vollständig ist (siehe Beispiel I.5.4), existiert eine
reelle Zahl xi mit x~ ---~ xi. Also ist

max lim Ix~-xil 0,


1<i<n m+oo

womit die Vollständigkeit von ~n gezeigt ist.

Beispiel I.5.6.
Die Menge der komplexen Zahlen ~ mit der durch

p (z, z')

definierten Metrik, z=a+ib, z'=a'+ib', ist ein vollständiger Raum.

Für die durch

p'(z,z') = max(la-a'I,lb-b'l)

definierte Metrik gilt:

p'(z,z').::. p(z,z') < n p'(z,z').

Daraus folgt, daS eine Folge bezüglich der Metrik p' genau dann kon-
vergiert, falls sie bezüglich p konvergiert und bezüglich p' genau
dann eine CAUCHY-Folge ist, wenn sie es bezüglich p ist. Da nun ~

mit der Metrik p' isometrisch zu ]<2 ist, und dieser Raum nach dem
vorherigen Beispiel vollständig ist, folgt die Vollständigkeit von [
bezüglich der Metrik p.

Beispiel I.5.7.
Der komplexe n-dimensionale Raum ~ n, also die Menge aller komplexen
n-Tupel (z1, .•. ,zn)' versehen mit der Metrik
24

p «Z1 I · · · IZ n) I (Z; I ••• IZ~» max I Z 1.. -z 1.~ I


1<i<n

ist ein vollständiger Raum.

Es ist klari daS p eine Metrik ist. Wie im obigen Beispiel führt man
eine neue Metrik ein , nämlich

p , «Z1 I ••• I zn) I (Z; I ••• ,z~» = max max ( la. -a ~ I , Ib. -b ~ I)
J J J J
12,j2,n

wobei z.
J
= a.+ib.,
J J
Z~
J
= a.+ib. ist.
J J

Wie im vorherigen Beispiel sieht man nun, daB eine Folge bezüglich
p genau dann eine CAUCHY-Folge ist, wenn sie es auch bezüglich p'
ist und entsprechend bezüglich p konvergiert, genau dann, wenn sie
bezüglich p' konvergiert. Nun ist ~ n mit der Metrik p' isometrisch
zu W2n. Weil dieser Raum aber vollständig ist, ist auch ~ n mit der
Metrik p vollständig.

Beispiel 1.5.8.
Der Raum aller stetigen Funktionen C[a,b] ist vollständig. Sei näm-
lich {x n } eine CAUCHY-Folge von Elementen des Raumes C[a,b], dann
ist für jedes t E [a,b] die reelle Zahlenfolge {x (t )} ebenfalls
o n 0
eine CAUCHY-Folge. Wegen der Vollständigkeit der reellen Zahlen kon-
vergiert sie gegen eine reelle Zahl x(t o ) .

Wir zeigen nun, daB x(t) bezüglich des Arguments t eine stetige
Funktion ist. Dazu sei g>O vorgegeben. Dann existiert, da {xn(t)}
eine CAUCHY-Folge ist, ein Index N, so daB für alle n>N und t e [a,bJ

ist. Für n gegen unendlich folgt hieraus, daB für alle t e [a,bJ

(5. 1 )

ist. Nun sei 0>0 so gewählt, daS für alle t,t' e [a,b] mit It-t' I < 0
stets
25

folgt. Dann gilt für x:

Ix(t)-x(t') 12. Ix(t)-xN(t) 1+lxN(t)-XN(t') 1+lxN(t')-x(t') I


1 1 1
< 3 e + 3 e + 3e = e.

Damit ist die gleichmäBige Stetigkeit von x gezeigt. Aus Formel (5.1)
1
folgt noch p (x,xN) 2. 3e und da e>O beliebig war, impliziert dies die
Konvergenz von {xnl gegen x.

Satz 1.$.3.
Das Produkt von n vollständigen metrischen Räumen X1 x ••• XX n ist ein
vollständiger Raum.

Beweis:
Der Beweis geht genauso wie der von Beispiel I.5.5 • •

§ 6 Das Prinzip der kontrahierenden Abbildung

Als erste Anwendung des Begriffs der Vollständigkeit geben wir das
sog. "prinzip der kontrahierenden Abbildung" an.

Satz I. 6 • 1. (BANACH)
Es sei X ein vollständiger metrischer Raum mit der Metrik p(x,y) und
Teine Abbildung von X in sich, so daB für alle x,y Eo X

p(Tx,Ty) 2. ap (x,y) (6.1)

wobei a eine Zahl mit O<a<1 ist. Dann gibt es genau ein xe X mit
Tx=x.
Beweis:
Es sei Xo ein beliebiges Element von X und x n = TnX o • Wir zeigen,
daB {x n } eine CAUCHY-Folge ist. Dazu sei m>n; dann ist

(6.2)
26

Nun sei €>O vorgegeben und

1 (1-a)€
N log a log p (Tx ,x )
o 0

Dann zeigt man leieht, daB wegen (6.2) für alle m,n>N stets
p(xn'xm)<€ ist; somit ist al so {xn } eine CAUCHY-Folge. Da X vollstän-
dig ist, gibt es ein xAe X mitnlim A
T xo=x, Nach ( 6.1) ist T stetig,
n+oo
also folgt weiter, daB

lim Tn Xo X.
n+oo

rst xix ein weiteres Element aus X mit TX=X, dann hat man nach (6.1)

P (x,x) P (Tx,Tx) < ap (x,x) < P (x,x) ,

womit sich ein Widerspruch ergibt. _

Das Element x EO X mit Tx=x heiBt "Fixpunkt" der Abbildung T. Eine Ab-
bildung T, für die (6.1) gilt, heiBt "kontrahierende Abbildung". Man
kann al so Satz r.6.1 auch so formulieren:

"Eine kontrahierende Abbildung eines vollständigen metrischen Raumes


hat genau einen Fixpunkt".

Als Anwendung des Prinzips der kontrahierenden Abbildung geben wir


den Satz über die Existenz von Lösungen bei gewöhnlichen Differen-
tialgleichungen an.

Beispiel r.6.1.
Gegeben sei die Differentialgleichung

ir f(x,y) (6.3)
dx

mit der Anfangsbedingung y(xo)=yo' wobei f(x,y) eine auf dem Recht-
eck

P := {(x,y) (6.4)
27

stetige Funktion zweier Veränderlicher ist, die überdies in der Va-


riablen y der Lipschitzbedingung

If(x,y)-f(x,y') I ~ Nly-y'l (6.5)

genügt.

Wir zeigen nun, daB unter diesen Annahmen die Gleichung (6.3) imInter

vall xo-h ~ x ~ xo+h mit O<h<ho = min (a,~,sup I~(X'Y)I) genau eine
p
Lösung y(x) mit y(xo)=Yo hat.

Dazu bemerken wir zunächst, daB die Differentialgleichung (6.3), zu-


sammen mit der Anfangsbedingung y(xo)=Yo' äquivalent zur Integral-
gleichung
x
y = yo + f f(x,y(x»dx (6.6)
Xo

ist.

Nun sei X die Menge aller auf [xo-h, Xo+h] definierten stetigen
Funktionen g(x) mit g(x o )=y 0 und Ig(x)-y 0 I _< b. Man sieht leieht,
daB X e e [xo-h, Xo+h] eine abgeschlossene Teilmenge und somit auch
ein vollständiger Raum ist.

Nun sei T die durch


x
Tg yo + f f(x,g(x»dx
Xo

gegebene Abbildung. Da ha suplf(x,y) I < b ist, bildet T den Raum X


p -

in sich ab; und da weiterhin h<ho~~ ist, gilt p(Tg,Tg') ~ ~ p(g,g'),


o
d.h. T ist eine kontrahierende Abbildung. Damit existiert also genau
eine Lösung der Gleichung (6.6), die natürlich auch eine Lösung der
Differentialgleichung (6.3) mit der Anfangsbedingung y(xo)=Yo ist.

In den Lehrbüchern über Differentialgleichungen gibt man gewöhnlich


ein gröBeres Lösungsintervall, nämlich
28

mit

min (a'max I~ (x,Y)1 )


p

an, welches man durch schrittweise Fortsetzung der lokalen Lösungen


erhält.

Wir zeigen hier, daB man bei einer geeigneten Wahl der Metrik (siehe
BIELECKI [1], [2]) dieses Lösungsintervall auf einmal bekommt. Man
versehe nämlich den Raum C[Xo-H, Xo+H] mit der sog. "BIELECKI-Metrik",
die durch

definiert ist.

Man zeigt nun leieht, daB eine Konstante A >0 mit


p

(6.7)

existiert, wobei wieder p(g,g') die oben eingeführte Metrik bezeich-


net. Damit ist dann auch C[Xo-H,Xo+HJ mit der Metrik pp(g,g') voll-
ständig. Wir berechnen nun:

pp(Tg,Tg')

Für genügend groBes p ist somit die Abbildung T kontrahierend und


hat al so genau einen Fixpunkt, der dann die gesuchte Lösung der ge-
gebenen Differentialgleichung ist.

§ 7 Mengen erster und zweiter Kategorie

Es sei X ein metrischer Raum. Eine Teilmenge A e X heiBt "nirgends


dicht", falls sie in keiner offenen Menge dicht ist. 1st A eine nir-
gends dichte Menge, dann enthält jede offene Menge eine Kugel K, die
29

zu A disjunkt ist. Offensichtlich ist die endliche Vereinigung von


nirgends dichten Mengen wieder eine nirgends dichte Menge. Eine Men-
ge B e X heiBt eine "Menge von erster Kategorie", wenn sie sich als
oo
abzählbare Vereinigung B = U
B von nirgends dichten Mengen Bn dar-
n=l n
stellen läBt. Aus dieser Definition folgt unmittelbar, daB die ab-
zählbare Vereinigung von Mengen erster Kategorie wieder eine Menge
erster Kategorie ist. Eine Menge, die nicht von erster Kategorie
ist, heiBt eine "Menge von zweiter Kategorie".

Satz I. 7.1.
Ist ACX keine nirgends dichte Menge, dann gibt es eine offene Menge
U, in welcher A dicht ist.

Beweis:
Wenn A nicht eine nirgends dichte Menge ist, dann existiert eine of-
fene Menge U, so daB jede in U enthaltene Kugel mit A einen nicht
leeren Durchschnitt hat. Dies bedeutet aber nach Definition, daB A
in U dicht ist • •

Korollar I.7.2.
Jede abgeschlossene Menge A von zweiter Kategorie enthält eine Kugel.

Beweis:
Da A eine Menge von zweiter Kategorie ist, gibt es eine offene Men-
ge U, in der sie dicht liegt. Aus der Abgeschlossenheit von A folgt
dann, daB Ue A ist. Weil U als offene Menge eine Kugel enthält, ist
alles gezeigt • •

Satz I. 7.3. (BAIRE)


Jeder vollständige metrische Raum X ist eine Menge von zweiter Kate-
gorie in X.

Der Beweis dieses Satzes beruht auf dem folgenden Lernrna:

Lernrna I.7.4.
Es sei X ein vollständiger metrischer Raum und {K rn (x n )} eine Folge

von Kugeln mit


30

(I) lim r n 0
n+ oo

und

e Kr (X n - 1 ) , n= 1 ,2, . .• .
n-1

Dann ist

rl
n=1
r n (x)
K
n f O.

Beweis:
Sei {y n } eine beliebige Folge mit Yn ES Kr (X n ); dann ist nach (II)
n
für alle m>n auch YmE Kr (X n ) und somit ist nach (I) {yn } eine
n
CAUCHY-Folge. Da X vollständig ist, konvergiert dann die Folge {y n }
gegen ein yEX und da für fast alle m stets YmG.K r (X n ) gilt, hat
n
man auch Y € Kr (x n ), für n=1, 2, . .• . Dies bedeutet jedoch
oo n
Y E ~ Krn (x n ), womit das Lemma bewiesen ist. _

Beweis von Satz 1.7.3.


Angenommen, der Raum X sei von erster Kategorie; d.h. X läBt sich
als abzählbare Vereinigung von nirgends dichten Mengen An darstellen,
wobei man ohne Beschränkung der Allgemeinheit AnC An + 1 annehmen kann.

Da A1 nirgends dicht ist, gibt es eine Kugel K (x 1 ), deren AbschluB


r1
disjunkt zu A 1 ist. Entsprechend gibt es zu A2 eine Kugel K (X 2 ) e
r 2
K (x 1 ), deren AbschluB zu A2 disjunkt ist. Allgemein konstruiert
r 1
man induktiv eine Kugel Kr (X n ) e Kr (x n - 1 ), deren AbschluB zu An
n n-1
disjunkt ist. Nach Lemma 1.7.4 ist der Durchschnitt aller dieser Ku-
geln nicht leer und darüberhinaus disjunkt zur Vereinigung der An'
womit sich ein Widerspruch zur Annahme ergibt. _
31

§ 8 Räume von absolut- und quadratintegrierbaren Funktionen

In diesem Paragraphen führen wir weitere metrische Räume ein, die


vom Standpunkt der Anwendung aus wichtig sind. Zur Motivation geben
wir zunächst zwei Beispiele aus der Technik.

BeispieII.8.1.
In einen Behälter flieBe durch ein EinlaBventil eine Flüssigkeit mit
zeitlich variabler Geschwindigkeit x(t) ein und verlasse ihn durch
ein AblaBventil mit der sich zeitlich ändernden Geschwindigkeit y(t).
Dann ändert sich im Zeitintervall von a bis b der Inhalt des Behäl-
ters um

b
p 1 (x,y) k f Ix(t)-y(t) Idt
a

Der Koeffizient k hängt dabei vom Durchmesser des Behälters ab. Man
sieht sofort, daB durch P1 (x,y) auf dem Raum der stetigen Funktionen
c[a,bJ eine Metrik definiert ist.

Beispiel 1.8.2.
Es sei Rein elektrischer Widerstand, an dem man beiderseits das
elektrische Potential x(t) und y(t) zeitlich ändern kann. Dann wird
die von diesem Widerstand ausgestrahlte Wärme im Zeitintervall von
a bis b durch

Q b 2
f
'v
P 2 (x,y) i (x(t)-y(t» dt
a

gegeben, wobei Q der Umrechnungsfaktor von elektrischer Energie in


Wärme ist.

Wir zeigen nun, daB P 2 (x,y) := h


2 (x,y)' eine Metrik auf dem Raum der
stetigen Funktionen c[a,b] ist. Die Bedingungen (1) und (2) für eine
Metrik sind offensichtlich erfüllt; nicht ganz so einfach läBt sich
jedoch die Dreiecksungleichung zeigen.

Dazu beweist man zunächst die sog. "SCHWARZsche Ungleichung".


1 1
b
Ifx(t)y(t)dtl.:: (!(X(t»2 dt)2(!(Y(t»2 dt) 2 . (8.1)
a
32

Zum Beweis dieser Ungleichung betrachtet man die in der Veränderli-


chen s quadratische nicht negative Funktion

b b b 2 b
F (s) j(x(t)+sy(t))2dt j(x(t))2dt +2S jx(t)y(t)dt+s j(y(t))2d~
a a a a

Da die Diskriminante ~ von F(s) nicht positiv ist, erhält man:

o > ~

womit (8.1) gezeigt ist. Eine Konsequenz der SCHWARZschen Ungleichung


ist die "CAUCHYsche Ungleichung"

(8.3)

Da beide Seiten der Ungleichung positiv sind, ist die Ungleichung


genau dann richtig, wenn das Quadrat der linken Seite kleiner oder
gleich dem Quadrat der rechten Seite ist, d.h. wenn

b b b
j(x(t))2dt + 2jx(t)y(t)dt + j(y(t))2 dt
a
1
b b
j(x(t))2dt "2
< + j(y(t))2 dt
a a

gilt. Durch Zusammenfassen und Kürzen ergibt sich hieraus

b b
!X(t)y(t)dt..::. (!(X(t))2 dt )21 b )1
(!(y(t))2 dt "2

und dies ist genau Ungleichung (8.1).

Setzt man in Ungleichung (8.3) an Stelle von x(t) die Funktion


x(t) - z(t) und an Stelle von y(t) die Funktion z(t) - y(t), dann
hat man die Dreiecksungleichung für die Metrik P2(x,y).

Die sich aus den Beispielen I.8.1 und I.8.2 ergebenden Ausdrücke

b
p 1 (x,y) jlx(t)-y(t) Idt
a
33

und
1
b
P2(x,y) = ( !IX(t)-y(t) I 2 dt ) 2"

sind al so Metriken auf dem Raum der stetigen Funktionen C[a,b]. Den-
no ch ist der Raum C[a,b] in keiner dieser Metriken vollständig. Man
nehme etwa die Folge {x n } der stetigen Funktionen

-1, für a < t a+b _ .1.


< -2- n

, a+b a+b
x n (t) net _ a;b) für -2- -n < t < -2- + -n

1, a+b
für -2- + -n -< t < b.

Bezüglich beider Metriken P 1 und P2 ist {X n } eine CAUCHY-Folge, die


gegen die Funktion

-1 für a t a+b
-< < -2-

x (t) 0
a+b
für t = -2-

+1 a+b
für -2- < t < b

konvergiert. Da aber x nicht stetig ist, ist der Raum der stetigen
Funktionen weder in der ersten noch in der zweiten Metrik vollstän-
dig.

Die Vervollständigung des Raumes der stetigen Funktionen C[a,b] be-


züglich der Metrik P1 (x,y) heiBt der "Raum der absolut integrierba-
ren Funktionen" über dem Intervall [a,bJ und wird mit L 1 [a,bJ be-
zeichnet. Die Elemente dieses Raumes heiBen "absolut integrierbare
Funktionen". Die Vervollständigung des Raumes der stetigen Funktio-
nen C[a,b] bezüglich der Metrik p 2 (x,y) heiBt der "Raum der quadrat-
integrierbaren Funktionen" über dem Intervall [a,b] und wird mit
L2 [a,b] bezeichnet. Die Elemente dieses Raumes heiBen "quadrat-inte-
grierbare Funktionen".
34

§ 9 Grundbegriffe der MaB- und Integrationstheorie

Im vorigen Paragraphen haben wir die absolut- und quadratintegrier-


baren Funktionen definiert. Es ist jedoch schwer zu entscheiden, ab
die hier gegebene Definition die natürliche ist, da man letztlich
von einer absolut- (bzw. quadrat-) integrierbaren Funktion annimmt,
daB ihr Absolutbetrag (bzw. Quadrat) bezüglich eines geeigneten In-
tegrationsbegriffes eine integrierbare Funktion ist.

Leider ist hierfür der RIEMANNsche Integrationsbegriff nicht geeig-


net. Sein erster Nachteil ist, daB auf der Funktionenklasse 12 1
(bzw. Je
2 ) aller Funktionen, deren Absolutbetrag (bzw. Quadrat des
Absolutbetrages) im RIEMANNschen Sinne integrierbar ist, die Metrik
P1 (bzw. P2) Funktionen, die bis auf endlich viele Punkte überein-
stimmen, nicht unterscheidet.

Dieser Nachteil läBt sich jedoch auf die folgende, in der Mathematik
übliche Art, beseitigen1 man identifiziert nämlich einfach zwei
Funktionen x und y, falls P1 (x,y) = 0 (bzw. P2{x,y) = 0) ist. Mit
anderen Worten: man un~ersucht ~ Stelle der Räume ~1 (bzw. Jl 2 )
die metrischen Räume 1(1 (bzw. 1(2)' deren Elemente Mengen von Funk-
tionen sind, wobei zu einer Menge ~(t) genau dann zwei Funktionen
x 1 und~x2 gehör~, falls P 1 (x 1 ,x 2 ) = 0 (bzw. P2{x 1 ,x 2 ) = 0) ist. Im
Raum ~1 (bzw. Jt
2 ) führen wir dann die Metrik

'"P 1 (x,y)
'" '" P 1 (x,y)

(bzw.

E ~ und y E Y sind. Man zeigt


ein, wobei x, y beliebige Elemente mit x
leieht, daB ~1 und ~2 nicht von der speziellen Wahl der Repräsentan-
ten x 6 ~ und y 6 Y abhängen.

Betrachten wir also nun die Menge der Funktionen, deren Absolutbe-
trag (bzw. Quadrat des Absolutbetrages) im RIEMANNschen Sinne inte-
grierbar ist, und identifizieren wir wie aben Funktionen x 1 ,x 2 mit
P 1 (x 1 ,x 2 ) o (bzw. P2(x 1 ,x 2 ) = 0). Auf der Menge dieser Äquivalenz-
klassen ist dann '"P1 (bzw. '"P2) eine Metrik, jedoch sind die so erhal-
35

tenen Räume ni el. vollständig. Das liegt einfach daran, daB eine un-
beschränkte Funktion nicht im RIEMANNschen Sinne integrierbar ist,
und daher konvergiert die Folge {x n }, mit

{~
für a < t < a +
n

xn(t)
~ für a + <
n -
t < b,
It-al

die in beiden Metriken ~1 und ~2 eine CAUCHY-Folge ist, gegen keine


im RIEMANNschen Sinne integrierbare Funktion. Erweitert man nun die-
se Funktionenklasse durch Hinzunahme aller soleher Funktionen, für
deren Absolutbetrag (bzw. Quadrat des Absolutbetrages) das uneigent-
liche RIEMANN-Integral existiert, dann konvergiert bezüglich beider
Metriken ~1 und ~2 die Folge {x n } gegen die Funktion

x(t)

Aber auch diese so erweiterten Räume sind noch nicht vollständig,


wie das folgende Beispiel zeigt:
Wir ordnen die Menge aller rationalen Zahlen des Intervalls [a,b] in
einer Folge {wn } an. Sei yn(t) = 1 und
4/1 t-w n I'
n
L il yi(t).
i=O

Da die Folge ~ sehr schnell gegen Null konvergiert, ist {x n } bezüg-


n.
'" '"
lich beider Metriken Pl und P2 eine CAUCHY-Folge.

Da die Folge der Funktionen x n monoton wachsend ist, konvergiert sie


gegen eine Funktion x(t). Diese Funktion x(t) ist jedoch in der Um-
gebung eines jeden Punktes unbeschränkt, so daB für x nicht mehr das
uneigentliche RIEMANN-Integral existiert.

Die hier angeführten Beispiele zeigen, daB wir mit einem allgemeine-
ren als dem RIEMANNschen Integrationsbegriff arbeiten müssen, und
das ist die "Integrierbarkeit im Sinne von LEBESGUE". Da bei einem
in die Funktionalanalysis einführenden Lehrbuch eine ausführliche
Darstellung der MaB- und Integrationstheorie schlecht möglich ist,
36

beschränken wir uns hier auf eine Darstellung, und zwar ohne Beweis,
derjenigen fundamentalen Fakten, die im Verlauf dieses Buches benö-
tigt werden. Wir beginnen also mit den allgemeinen Begriffen aus der
MaBtheorie und führen dabei das LEBESGUE-MaB als ein Beispiel für
ein MaB an.

Im folgenden sei n eine Menge. Eine Menge E von Teilmengen von n


heiBt ein "cr-Körper" (oder auch "abzählbar additiver Körper"), falls
für jedes A EO E auch n '\..A E E ist, und für jede Folge von Mengen
'"
A 1 , ••• ,A n , ••• e.l: auch U
An ~ l: ist. Ein "MaB" ist dann eine auf l:
n=1
definierte nicht negative Funktion ~, so daB für jede Folge
A1 , ••. ,An , •.• EE, n=1,2, ••• , von paarweise disjunkten Mengen

ist, wobei hier zugelassen wird, daB das MaB ~ auch den Wert +'" an-
nehmen kann.

Eine auf n definierte reellwertige (bzw. komplexwertige) Funktion


x(t) heiBt "meBbar", wenn für jede offene Teilmenge U der reellen
(bzw. komplexen) Zahlen das Urbild x -1 (U) = {t: x (t) EO u} € E ist.
Wir bemerken, daB die Summe und das Produkt von zwei meBbaren Funk-
tionen wieder eine meBbare Funktion ist.

Eine Folge meBbarer Funktionen {xn(t)} "konvergiert fast überall"


gegen eine meBbare Funktion x(t), wenn sie bis auf eine Menge A vom
MaBe null überall punktweise gegen x konvergiert.

Es sei x(t) eine auf n definierte, nicht negative meBbare Funktion.


Ist weiterhin 0 = a 1 <a 2 < ••• <a n eine beliebige endliche Zahlenfolge,
dann heiBt die Zahl

s = sup (ni
o=a 1 < ••• <a n i=1
1
ai~({t: ai~x(t)<ai+1})
+ an~({t: x(t)~an}~
das "Integral" der Funktion x(t) und man schreibt
37

s ! x(t)djl.
n
Nun sei y(t) eine beliebige reellwertige meBbare Funktion. Dann be-
zeichnet man mit y
+
(t) =
/y(t)/ +y(t) den Positivteil von y und mit
2
y_(t) = ry(t)~-y(t) den Negativteil dieser Funktion. Falls beide
Funktionen y+(t) und y_(t) integrierbar sind (d.h. beide Integrale
existieren und sind endlich), dann definiert man das Integral der
Funktion y(t) durch

df
!y(t)djl !y+(t)djl-!y_(t)djl.
n n n

Wir bemerken, daB nach dieser Definition des Integrals eine Funktion
x(t) genau dann integrierbar ist, wenn Ix(t) I = x+(t)+x_(t) inte-
grierbar ist.

Nach Definition ist also das Integral eine lineare Abbildung von
der Menge der integrierbaren Funktionen in die Menge der reellen
Zahlen, d.h. es ist

!(ax(t)+by(t»djl a !x(t)djl + b !y(t)djl,


n n n

wobei a,b reelle Zahlen sind.

Für eine Teilmenge E von n die zu E gehört, versteht man unter dem
"Integral über die Menge E" per definitionem:

df
!x(t)djl
E

wobei XE die charakteristische Funktion der Menge E ist, d.h.

1, für t e E
{
0, für t Ef E.

Aus dieser Definition folgt unmittelbar, daB für zwei disjunkte Men-
gen E 1 und E 2 , die zu E gehören, stets
38

J x(t)d~ + J x(t)d~
E1 E2

gilt.

Weiterhin gilt für zwei integrierbare Funktionen x(t) und y(t) mit
x(t) ~ y(t) stets

Jx(t)d~ < Jy(t)d~.


n n

Alle diese hier angegebenen Eigenschaften gelten natürlich auch für


das R1EMANN-1ntegral. Darüberhinaus gilt jedoch hier noch der fol-
gende ohne Beweis angegebene Satz:

Satz 1.9.1. (LEBESGUE)


Es sei y(t) eine nicht negative integrierbare Funktion und {xn(t)}
eine Folge meBbarer Funktionen, die fast überall gegen die Funktion
x(t) konvergiere. Weiterhin sei Ixn(t) I ~ y(t). Dann ist die Funk-
tion x(t) integrierbar und es gilt:

lim [Xn(t)d~
n-+oo ~6

Aus Satz 1.9.1 folgt unmittelbar:

Korollar 1.9.2.
Es sei Lein a-Körper von Teilmengen einer Menge n und ~ ein MaB auf
E, so daB ~(n) endlich ist. Weiterhin sei {x } eine gleichrnäBig kon-
n
vergente Folge von auf n definierten, integrierbaren Funktionen.
Dann ist die Grenzfunktion x(t) dieser Folge ebenfalls eine inte-
grierbare Funktion.

Beweis:
Da {xn(t)} gleichrnäBig gegen x(t) konvergiert, ist x(t) fast überall
der punktweise Limes von {xn }. Weiterhin existiert ein N, so daB für
alle n>N und alle t E. n
39

ist, also lx (t) I < IxN(t) 1+1 ist. Oa nach Voraussetzung die Menge n
n -
ein endliches MaB hat, ist IXN(t) 1+1 integrierbar und somit ist nach
Satz 1.9.1 auch x(t) integrierbar. _

"'1
Mit L (n,L,~)
"'2
(bzw. L (n,L,~» bezeichnen wir die Menge der absolut
integrierbaren Funktionen (bzw. diejenigen, deren Quadrat des Abso-
lutbetrages integrierbar ist). Wir zerlegen nun den Raum L 1 (n,E,~)
(bzw. L2(n,E,~» in disjunkte Mengen x, wobei zwei Funktionen ~1 (t)
'"
und x 2 (t) genau dann zu einer solchen Menge x gehören, wenn sie bis
auf eine Menge vom MaBe null gleich sind. Diese Mengen x heiBen dann
"Äquivalenzklassen" und jede Funktion ~ (t) e x heiBt ein "Repräsen-
tant" dieser Klasse. Die Räume der zugehörigen Äquivalenzklassen
werden dann mit L 1 (n,E,~) und L2(n,E,~) bezeichnet, und für je zwei
Elemente x und y von L 1 (n,E,~) (bzw. L2(n,E,~» wird dann der Ab-
stand durch

P1 (x,y) !I~(t)-y(t) Id~


n
(bzw. durch

gegeben. Dabei sind ~(t) und y(t) beliebige Repräsentanten der Klas-
sen x und y.

Oa MiBverständnisse ausgeschlossen sind, wollen wir, um einfacher


arbeiten zu können, die Elemente des Raumes L 1 (n,E,~) (bzw.
L2(n,L,~» genau wie Funktionen x(t) bezeichnen und verstehen dann
unter dem 1ntegral !x(t)dv einfach das 1ntegral eines Repräsentanten
n 1
dieser Klasse. Wir bemerken noch, daB auf L (n, E , ~) (bzw. auf
L2(n,L,~» P 1 (bzw. P2) eine Metrik ist. Für P1 ist der Beweis tri-
vial, für P2 geht er wie in Beispiel 1.8.2 über die SCHWARZsche und
CAUCHYsche Ungleichung.

Wir zeigen nun:

Satz 1. 9. 2.
1st das MaB der Gesamtmenge n endlich, also ~(n)<oo, dann sind die
Räume LP(n,E,~), für p=1,2, vollständig.
40

Beweis:
Es sei p=1 oder 2 und {x n } eine CAUCHY-Folge im Raum LP(n,L,~). Dann
kann man, wie bei jeder CAUCHY-Folge, eine Teilfolge {xn } mit
k

d.h. mit

1
< (9.1)
22kp+p

auswählen.

Für die Menge

1
folgt dann aus (9.1), daB ~(Ak) ~ 2kp +p ist. Setzt man

Bk = n
.. (n '-Ai)
i=k
dann hat man

~(Bk) ~ ~(n) - L ~(Ai) > ~(n) _ 1


2kp +p - 1
i=k

und weiterhin für alle m>k und alle tE Bk

lx (t)-x (t)1 <.1...-


nm+ 1 nm - 2m

Damit konvergiert also die Folge {x } auf den Mengen Bk gleichmäBig.


nm

Da aber Bkc. Bk + 1 und ~ (Ü


k=1
Bk ) ~ (n) ist, folgt, daB für fast
alle t E n die Zahlenfolge {xn (t)} eine CAUCHY-Folge ist. Daher
m
konvergiert {x nm } punktweise fast überall gegen eine meBbare Funk-
tion x(t). AIs Teilfolge einer CAUCHY-Folge ist natürlich auch {x n
m
eine CAUCHY-Folge, al so existiert zu jedem E>O ein Index N, so daB
für alle n,m'>N
41

ist. Oa der Integrand nicht negativ ist, gilt insbesandere für jedes
k

J
B
lx
n
(t)-x
n ,
(t) IPdll < E
k m m

und für m' gegen unendlich ergibt dies:

Weil diese Abschätzung für jedes k gilt und die Bk aufsteigend sind,
gilt auch

J IX n (t)-x(t) IPdll < E


UB k m

und samit

(9.2)

alsa ist x - xEL P (n,1:,Il). Nach der CAUCHYschen Ungleichung ist


nm
dann auch x = (x-x n )+x n aus LP(n,1:,Il), und da E>O beliebig war,
m m
kanvergiert dann auch {xnm gegen x. Zu zeigen bleibt nur nach, daB

x + x kanvergiert. Oa {x } eine CAUCHY-Falge ist, gibt es zu jedem


n n
E>O einen Index N, sa daB für alle n,n'>N stets p (x ,x ,) < E ist.
P n n
Oa aber x x gilt, gibt es ein n >N mit pp(x n ,x)
+ < E. Für nm=n'
nm m m
erhält man dann

< p (x,x )+p (x ,x)


P n nm P nm

alsa x n + x ••

Man nennt ein auf dem ~-Körper 1: van Teilmengen einer Menge n defi-
niertes MaB Il "~-finit", falls n die abzählbare Vereinigung van Men-
oo

gen nn mit endlichem MaB ist; alsa n U


n=1
nn' nnE. 1:, Il (nn) < oo,
42

n= 1 ,2, . •. • Wir sagen wei terhin, daB eine Menge A t= l: "cr-f ini t" ist,
falls das MaB ~ beschränkt auf die meBbaren Teilmengen von A cr-finit
ist.

Satz 1. 9.3.
1st ~ ein cr-finites MaB, dann ist der Raum LP(O,l:,~) (p=1 oder 2)
vollständig.

Beweis:
Es sei p=1 oder 2 und {x n } eine CAUCHY-Folge im Raum LP(O,E,~). Nach
oo
Annabme ist =
k=1
° UOk' wobei alle Mengen Ok ein endliches MaB haben.

1st nun Ek = {A: A EO E und A e Ok} = {A: A = 0kn B, B E.E} und ~k die

Beschränkung von ~ auf Ek , dann ist nach Satz 1.9.2 der Raurn
LP(Ok,Ek'~k) vollständig. Somit konvergiert die Folge {x 'X~ } gegen
n "k
eine auf Ok definierte Funktion x k • Man sieht sofort, daB auf dem
Durchschnitt 0knoi die beiden Funktionen xi und x k bis auf eine
Menge vom MaBe null übereinstirnrnen. Man kann also x k bis auf eine
Menge vom MaBe null als die Einschränkung auf Ok von einer auf ganz

°= LJ
k=1
Ok definierten Funktion x(t) auffassen.

Da {x n } eine CAUCHY-Folge im Raum LP(O,E,~) ist, gibt es zu jedem


E>O einen Index N, so daB für alle n,m>N

°flx n (t)-xm (t) IPd~ < E

ist. Insbesondere ist somit für jedes k

Der Grenzübergang m+oo ergibt

f Ixn(t)-x(t) IPd~ < E,


01 u ••• uO k

woraus dann
43

folgt, weil k beliebig ist.

Man weist nun genauso wie im Beweis zu Satz 1.9.2 mit Hilfe der
CAUCHYschen Ungleichung nach, daB xE.LP(n,L,)l) ist, und da e:>O belie-
big war, konvergiert dann im Sinne der Metrik von LP(n,L,)J) auch
{Xn } gegen x • •

Satz I. 9.4.
Für jedes beliebige MaB )l ist der Raurn LP(n,L,)l), p=1 oder 2, voll-
ständig.

Beweis,
Es sei {x n } eine CAUCHY-Folge im Raurn LP(n,L,)l). Aus der Annahrne,
daB x n e. LP (n, L,)l) ist, folgt, daB für jedes k die Menge
An, k = {t: lx n (t) 1>-k1 } ein endliches MaB hat. Hieraus folgt nun, daB

U
..
der Träger der Funktion x n ' also An {t: x(tHo} = A k eine
k=1 n,
a-finite Menge ist. Damit ist auch no = LJ
An eine a-finite Menge.
n=1
Bezeichnet nun x~ die Beschränkung von x n auf no' dann konvergiert
nach Satz 1.9.2 die Folge {x~} gegen eine auf no definierte Funktion
xO(t), womit alles gezeigt ist • •

Durch Spezifizierung der Menge n, des a-Körpers L und des MaBes )l


ergeben sich eine Reihe von Beispielen.

Beispiel r.9.1.
Es sei n die Menge der natürlichen Zahlen, L die Menge aller Teil-
mengen von n und )l das ZählmaB, d.h. für jede Teilmenge E c. n ist

)leE) Anzahl der Elemente von E.

Dann ist jede auf n definierte Funktion x meBbar. Sie kann als Folge
{xen)} = {x n } interpretiert werden und es gilt

Den so erhaltenen Raum LP(n,L,)l) bezeichnet man dann mit t p•


44

Es stellt sich nun die Frage, ob es einen cr-Körper E von Teilmengen


des Intervalls [a,b} und ein MaB ~ auf E gibt, so daB für p=1,2 der
Raum LP([a,b],E,~) mit dem im vorherigen Paragraphen eingeführten
Raum LP[a,b] übereinstimmt. Für ein solehes MaB müssen dann die bei-
den folgenden Eigenschaften erfüllt sein:

(I) für jede stetige Funktion stimmt das Integral bezüglich ~ mit
dem RIEMANNschen Integral übereino

(II) der Raum der stetigen Funktionen ist dicht im Raum


LP ( [ a , b] , E , ~), p= 1 ,2 •

Man sieht sofort, daB durch diese beiden Bedingungen die in Frage
kommenden MaBe ~ charakterisiert werden, denn falls (I) und (II) er-
füllt sind, dann ist LP([a,b],E,~) die Vervollständigung des Raumes
der stetigen Funktionen mit der entsprechenden Metrik p , also nach
p
Definition der Raum LP[a,bJ •

Die nun folgende Konstruktion eines cr-Körpers E und eines MaBes ~,

für welche die Bedingungen (I) und (II) gelten, beruht auf dem Be-
griff des äuBeren MaBes und dem Satz von CARATHEODORY.

Es sei n eine Menge. Dann heiBt eine nicht negative Funktion ~e' die
auf der Menge aller Teilmengen von n definiert ist, und die auch den
Wert +00 annehmen kann, ein "äuBeres MaB", falls die beiden folgenden
Bedingungen erfüllt sind:

(a) ~e (0) 0

(b) ist A e U An' dann ist ~e (A) < ~ ~ (A ).


n=1 n=1 e n

Satz I.9.5. (CARATHEODORY)


Es sei ~e ein äuBeres MaB auf n und E die Menge aller Teilmengen
Ae n, so daB für jedes Z e n

gilt.
45

Dann ist E ein cr-Körper und ~e beschränkt auf E ein MaB. Weiterhin
gehören alle Mengen, der en äuBeres MaB null ist, zu E.

Wir geben diesen Satz hier ohne Beweis an und verweisen den interes-
sierten Leser auf das Buch von R. SIKORSKI [1].

Für das Intervall [a,b] wird nu,n das "äuBere LEBESGUEsche MaB" durch

A (E) = inf J Y II I: In=(an,b n ) ist ein offenes Intervall,


e In=1 n

b n -an' E c. Ü
n=1
I ]
n

gegeben. Das von Ae induzierte MaB heiBt dann das "LEBESGUEsche MaB"
und wird mit A bezeichnet.

Aus der Definition von A ergibt sich sofort, daB


A((c,d)) = A([c,d)) = A((c,d]) = A([c,d]) = d-e ist. Somit sind al so
alle offenen, abgeschlossenen und einseitig offenen Intervalle Ele-
mente von E, und man nennt E den "cr-Körper der LEBESGUE-meBbaren
Mengen" •

Nun sei x(t) eine nicht negative stetige Funktion, für die das Ur-
bild eines jeden Punkte s eine endliche Menge ist, und
o = a 1 <a 2 < ••• <a n sei ein endliches Zahlensystem. Dann sind die Men-
gen {t: ai~x(t)<ai+1} stets die endliche Vereinigung von Intervallen,
und somit ist dann

n-1
L a.A{t:
i=1 ~
a.<x(t)<a.+ 1 } + a A{t: a <x(t)}
1- ~ n n-

irgendeine DARBOUXsche Untersumme. Mithin kann also das Integral be-


züglich A nicht gröBer als das RIEMANN-Integral sein. Durch Verfei-
nerung der Unterteilung 0 = a 1 < ••. <a n erhält man eine Normalfolge
von Zerlegungen des Intervalls [a,b] und für jede solehe Folge von
Zerlegungen konvergieren die DARBOUXschen Untersummen gegen das RIE-
MANN-Integral, woraus die Gleichheit von LEBESGUE- und RIEMANN-Inte-
gral für nicht negative stetige Funktionen mit endlichem Urbild
folgt. Da jede nicht negative stetige Funktion auf [a,bJ der gleich-
mäBige Limes einer solchen Folge von Funktionen ist, erhält man
durch Grenzübergang, daB für die stetigen, nicht negativen Funktionen
beide Integrale übereinstimmen.
46

Weiterhin ist für beide Integralbegriffe das Integral der Differenz


zweier Funktionen gleich der Differenz der Integrale, womit für das
LEBESGUEsche Integral die Gültigkeit der Bedingung (I) gezeigt ist.

DaB auch Bedingung (II) gilt, soll hier nicht gezeigt werden. Sie
folgt aus gewissen Eigenschaften der meBbaren Funktionen, die im
folgenden nicht mehr benötigt werden.

In den beiden letzten Paragraphen haben wir die Räume LP(~,E,v) für
p=1,2 betrachtet. Wie man in jedem Lehrbuch über Funktionalanalysis
sieht, kann man allgemein die Räume LP(~,E,v) für 1 ~ P < +00 mit der
Metrik
1
pp(x,y) (llx(t)-y(t) 1PdV) p

betrachten. Der Nachweis, daB p (x,y) eine Metrik ist, geschieht


P
über eine Verallgemeinerung der SCHWARZschen und der CAUCHYschen
Ungleichung, nämlich die "HÖLDERsche-" und "MINKOWSKIsche Unglei-
chung", die wie folgt aussehen:

HÖLDERsche Ungleichung:

wobei P und q Zahlen mit 1<p, q<+oo und

+ .1. 1, X E LP (~ , E , v), Y E Lq (~ , E , V)
P q

sind;

MINKOWSKIsche Ungleichung:
47

Die Beweise dieser Ungleichungen (die der interessierte Leser übri-


gens in jedem Lehrbuch über Funktionalanalysis findet, z.B. DUNFORD
SCHWARTZ [11) werden wir hier weglassen, da man es in der Praxis nur
mit den Räumen LP(O,E,~) für p=1,2 zu tun hat. Zu erwähnen bleibt
nur, daB der Nachweis der Vollständigkeit von LP(O,E,~} genausa ge-
führt werden kann wie im Spezialfall p=1,2.

Im folgenden Beispiel betrachten wir noch einen weiteren Raum, der


auf dem Begriff des MaBes beruht, nämlich den Raum der wesentlich
beschränkten Funktionen.

Beispiel I.9.2.
Gegeben sei eine Menge 0, ein cr-Körper E von Teilmengen von 0 und
'v
ein auf E definiertes MaB ~. Weiterhin bezeichne M(O,E,~} die Menge
aller meBbaren Funktionen x(tl, für die eine Menge Ex mit ~(Exl = 0
existiert, so daB x(tl auf 0 'E beschränkt ist. Wie im Beispiel der
x
Räume LP(O,E,~) wollen wir wieder Funktionen, die auf einer Menge
vom MaBe null verschieden sind, identifizieren. Den Raum dieser Äqui-
valenzklassen bezeichnet man dann mit M(O,E,~} und versieht ihn mit
der durch

p (x,yl ess sup Ix (tl -y (tl I inf sup Ix(tl-y(tl I


E,~(El=O tEO'\E

definierten Metrik. Man sieht sofort, daB für p(x,yl alle drei Be-
dingungen einer Metrik erfüllt sind.

Wir zeigen nun, daB der Raum M(O,E,~l vollständig ist. Dazu sei {xnl
eine CAUCHY-Falge und An,m bezeichne solehe Mengen vam MaBe null,
für die

'"
ist. Die Menge A = U UAn,m ist wegen der abzählbaren Additivi-
n=1 m=1
tät des MaBes ~ eine Menge vam MaBe Null und {xnl beschränkt auf
0\ A ist eine CAUCHY-Folge, die gleichmäBig gegen eine meBbare Funk-
tian xO(tl konvergiert. AuBerdem repräsentiert jede beliebige meBba-
re Fortsetzung von xO(tl ein und dasselbe Element x~M(O,E,)Jl. Oa

O~limp(xn,xl ~lim sup (Ix(tl-Xn(tl l) 0


n+", n+'" t'O\A
48

folgt x n + x.

Für den Spezialfall, daB 0 die Menge der natürlichen Zahlen, E die
Menge aller Teilmengen von 0 und ~ das ZählmaB ist (d.h. ~(A)

Anzahl der Elemente der Menge A), ist M(O,E,~) der Raum aller be-
schränkten Zahlenfolgen, der mit m bezeichnet wird (vergl. Beispiel
I.1.18).

Ist o=[a,b], E der cr-Körper der LEBESGUE meBbaren Teilmengen und A


das LEBESGUEsche MaB, dann bezeichnet man den Raum M(O,E,A) auch mit
M[a,b] .

§ 10 Separable Räume

Ein metrischer Raum X mit der Metrik p(x,y) heiBt "separabel", wenn
eine Folge {xn } von Elementen aus X existiert, die im Raum X dicht
ist; mit anderen Worten, wenn es zu jedem e:>O und jedem x e. X einen
Index no mit p(x,x n ) < e: gibt.
o

Satz I.10.1.
Jeder Teilraum eines separablen Raumes ist separabeI.

Beweis:
Es sei X ein separabler Raum mit der Metrik p(x,y), Y ein Teilraum
von X und {xn } eine Folge von Elementen aus X, die im Raum X dicht
ist. Für alle Paare (n,m) von natürlichen Zahlen mit inf p(xn,y) < m'
YfeY
wähle man dann ein x .. Y mit p (x ,x 1 • Die Menge dieser x
) < -m
n,m n n,m n,m
läBt sich dann in einer Folge anordnen, und wir zeigen nun, daB die-
se Folge in Y dicht ist. Dazu sei e:>0, yE Y und m eine natürliche
2
Zahl mit m<e:. Da {xn } dicht in X ist, gibt es ein n 0 mit p(y,x n )<1
m
und somit ist o

< m
2
< E,

womit alles gezeigt ist • •


49

Satz 1.10.2.
Es sei X ein separabler Raum mit der Metrik p(x,y). Oann ist auch
'" von X ein separabler Raum.
die Vervollständigung X

Beweis:
Es sei {x } eine Polge von Elementen aus X, die im Raum X dicht ist,
x e. X'" und ne: >0 beliebig. Oa X in X
'" dicht ist, gibt es ein X E X mit
o
1
p(xo'x) < 2e:, und da X separabel ist, gibt es zu Xo einen Index no
mit p(xo,x n ) < ~e:, also zusammen
o

< e:. _

Eine Teilmenge n eines metrischen Raumes X mit der Metrik p(x,y)


heiBt "e:-Netz", wenn es zu jedem x E: X ein y la n mit p (x,y) <e: gibt.

Satz 1. 10.3.
Ein metrischer Raum X ist genau dann separabel, wenn es zu jedem e:>0
ein abzählbares e:-Netz ne: gibt.

Beweis:
"Notwendig": Angenommen, X ist separabel. Oann existiert nach Oefi-
nition eine abzählbare Teilmenge no die dicht im Raum X ist, und so-
mit ist für jedes e:>0 die Menge no ein e:-Netz.

"Hinreichend": Sei für e:>0 die Menge ne: G X ein abzählbares e:-Netz.
oo
Oann ist die abzählbare Menge no LJ n 1 dicht in X. -
m=1 m

Korollar 1.10.4.
Es sei X ein metrischer Raum mit der Metrik p(x,y), e:>O eine positi-
ve Zahl und n c: X eine nicht abzählbare Teilmenge mitder Eigenschaft,
daB für alle x,y € n mit XTY stets p (x,y)~e: ist. Oann ist der Raum X
nicht separabel.

Beweis:
Es sei ne: ein ~-Netz und n' e ne: die Menge aller x E. ne:' für die es ein
2 2 2
Y EO n mit p (x,y) <t gibt.
50

Da es nach Definition von n zu jedem x € n' genau ein y e n mit


p(x,y) < '2e: gibt, hat die Menge n' und damit auch ne: eine gröBere
2"
Mächtigkeit als n; al so kann nach Satz 1.10.3 der Raum X nicht sepa-
rabel sein. _

Ein metrischer Raum, der nicht separabel ist, heiBt ein "inseparabler
Raum".

Wir geben nun mehrere Beispiele für separable und inseparable Räume
an.

Beispie11.10.1.
Der Raum c[a,b] ist separabel. Dazu sei a = Wo<w1<"'<Wn_1<wn = b
eine Zerlegung von [a,b], und S(wo"",Wniro, ••• ,rn) bezeichne den
Streckenzug, der im Punkte wi den Wert r i annimmt, also diejenige
stetige Funktion f(x) mit:

(i=0,1, ••• ,n)

2) die Beschränkung von f(x) auf jedes der 1ntervalle (w i ,wi + 1]


(i=0, .•• ,n-1) ist eine lineare Funktion.

Sind nun die w1"",wn_1,ro, ••• ,rn rationale Zahlen, dann ist die
Menge aller soleher Streckenzüge S(wo, ••• ,wn,ro, ••• ,rn ) dicht in
C[a,b]. Da sie überdies noch abzählbar ist, d.h. sich in eine Folge
anordnen läBt, ist der Raum C[a,b] separabel.

Beispiel 1.10.2.
Der Raum LP[a,b], (p=1 oder 2) ist separabel. Dazu sei wieder

eine Zerlegung des 1ntervalls [a,bJ und T(wo , ••• ,wn ,r 1 , •.• ,r n ,x) be-
zeichne die Treppenfunktion
51

für wi _ 1 <x,:,w i

(i=1, •.• ,n)

für X=W
o

Sind nun wie im vorherigen Beispiel die w1, ... ,wn_1,r1, •.. ,rn ratio-
nale Zahlen, dann ist die Menge aller dieser Treppenfunktionen dicht
in LP[a,b], und da sie auch abzählbar ist, ist der Raum LP[a,b} sepa-
rabel.

Beispiel 1.10.3.
Der Raum ~p ist separabel, denn die Menge et aller Elemente der Form
{r 1 , ... ,rn ,0,0, •.• }, wobei r 1 , .•• ,r n rationale Zahlen sind, ist ab-
abzählbar und dicht in ~p.

Beispiel 1.10.4.
Der Raum M[a,bJ ist inseparabel. Dazu sei für eine beliebige reelle
Zahl c mit a<c<b Xc = X[a,c]· Die Menge aller dieser Funktionen Xc

ist nicht abzählbar. Weiterhin ist für cic' stets p(xc,x c ') = 1. Also
folgt aus Korollar 1.10.4, daB Raum M[a,b] nicht separabel ist.

Beispiel 1.10.5.
Der Raum m ist inseparabel. Definiert man für eine beliebige Teilmen-
ge A von natürlichen Zahlen die Folge x A = {xA} durch
n

r 1, für n Eo A

L0, für n+A,

dann ist die Menge aller dieser Folgen nicht abzählbar. Da für AiA'
A
stets p(x,x
A' ) = 1 ist, folgt dann aus Korollar 1.10.4, daB der
Raum m nicht separabel ist.

Eine Familie H t , t <!:: Q von offenen Teilmengen eines metrischen Raumes


X heiBt eine "überdeckung", falls X e U Ht .
tEQ
52

Satz 1.10.5. (LINDELÖF)


Es sei Ht , t en, eine Uberdeckung eines separablen metrischen Raurnes
oo'
X. Dann existiert eine Folge von Indices {t }, so daB X e LJ Ht •
p p=1 P

Beweis:
Da X nach Annahme eine abzählbar dichte Teilmenge {X n } enthält, bil-
det die Menge aller Kugeln Kr(X n ) mit rationalem Radius r eine ab-
zählbare offene Uberdeckung von X. Sie läBt sich al so als Folge {Gm}
anordnen. Nun sei {Gmp } diejenige Teilfo1ge von {Gm}' die aus 501-
chen Gmp besteht, zu denen es einen Index t p mit Gm C Ht gibt. Wir
p p
zeigen nun, daB X CU Ht ist. Dazu sei x ein beliebiges Element
p=1 p
von X. Dann gibt es, da die Familie Ht , t E. n eine offene Uberdeckung
von X ist, einen Index to mit x Ee Ht ; und da Ht offen ist, existiert
o 0
ein rationales r>O, so daB Kr(X)CH t • Nun ist jedoch die Folge {xn }
o
dicht, also existiert ein x mit p(x,x ) E
< 2, und somit ist
no no

(10.1)

Dies heiBt aber, daB Kr(x o ) ein Element der Teilfo1ge {Gmp } ist. So-
"2
mit ist al so x€ Ht ' was zu zeigen war. Bemerkt sei, daB t p nicht
p
unbedingt to sein muB. _

Satz 1.10.5 kann wie folgt urnformuliert werden:

Aus jeder offenen Uberdeckung eines separablen metrischen Raumes


läBt sich eine abzählbare Teilüberdeckung auswählen.

§ 11 Kompakte und folgenkompakte Räume

Ein metrischer Raum X mit der Metrik p(x,y) heiBt "folgenkompakt",


wenn jede Folge {xn } von Elementen dieses Raurnes eine Teilfolge {xn }
enthält, die gegen ein x E X konvergiert. Eine Teilmenge Ac X k
o
heiBt "folgenkompakt", wenn sie als Unterraum fo1genkompakt ist.
53

Satz I. 11 .1 •
Jede abgeschlossene Teilmenge eines folgenkompakten Raumes ist fol-
genkompakt.

Beweis:
Es sei {X } eine beliebige Folge von Elementen der abgeschlossenen
n
Menge A. Da A e X und X folgenkompakt ist, gibt es eine Teilfolge
{x }, die gegen ein X o E.. X konvergiert. Da aber die x E A und A ab-
~ ~
geschlossen ist, folgt X o EA . •

Satz 1.11.2.
Jeder folgenkompakte Raum X ist vollständig.

Beweis:
Sei {xn } eine CAUCHY-Folge von X, dann existiert, da X folgenkompakt
ist, eine Teilfolge {x }, die gegen ein xo~ X konvergiert, d.h. zu
nk
jedem E>O gibt es einen Index K, so daS für alle k>K p(x n ,xo) < E
k
ist. Da aber {x n } eine CAUCHY-Folge ist, gibt es einen Index N, so
daS für alle n,m~N stets p(xn'xm) < E; also ist für alle n>m = nk~N,

mit k>K

womit alles gezeigt ist . •

Satz I. 11 .3.
Jeder folgenkompakte Raum X ist separabel.

Beweis:
Es sei E eine beliebige positive Zahl und A E = {p~, •.. ,p~} sei eine

Menge mit maximal vielen Elementen, so daS für je zwei Elemente P7,
1.

p: dieser Menge, mit p~


J 1. J
+
p~ stets p(p7,p~) > E ist. Da X folgenkom-
1. J -
pakt ist, ist eine derartige Menge stets endlich, und da sie maximal
ist, ist sie auch ein e-Netz. Denn angenornrnen, A wäre kein e-Netz.
e
Dann existierte ein X E.. X mit p(x,p:) >efür alle i=1,2, ... ,n und
1. - oo

dies widerspricht der Maximalität von A e • Die Menge Aa ~ A1 ist


n=1
n
dann abzählbar und dicht im Raum X. •
54

Satz 1.11.4. (CANTOR)


Es sei X ein folgenkompakter Raum und {F n } eine absteigende Folge,
Fn~Fn+1' von abgeschlossenen nicht leeren Teilmengen des Raumes X.

Dann ist

n
co

F
n
n=1

nicht leer.

Beweis:
Es sei {x } eine Folge von Punkten mit x ~ F . Da X folgenkompakt
n n n
ist, existiert eine Teilfolge {x }, die gegen ein xocX konvergiert.
nk
Weil die F absteigend sind, folgt für nk>m stets x c F m; also
n ~
folgt aus der Abgeschlossenheit von F m auch xo~ F m und somit

X o E.
m=1
el F ••
m

Satz 1.11.5. (BOREL)


Es sei X ein folgenkompakter Raum und {G n } eine Folge offener Mengen

U
co

mit X e Gn • Dann existieren endlich viele Mengen Gn , ••• ,G , so


n=1 1 nk
daB

Beweis:
Setzt man F n = X '\. (G 1 U .•• V Gn ), dann bilden die F n eine absteigende
Folge von abgeschlossenen Mengen. Nimmt man nun an, daB alle diese
Mengen nicht leer sind, dann ist nach Satz 1.11.4 auch ihr Durch-
schnitt nicht leer. Dies widerspricht aber der Annahme, daB die Gn
ganz X überdecken. Mithin existiert also ein Index m', für den Fm ,
leer ist, d.h. es ist

X G1 U ••• UGm , ••
55

Satz 1.11.6. (BOREL - LEBESGUE)


Es sei X ein folgenkompakter Raum und {G t }, tE. Teine Familie von
offenen Mengen mit X e LJ
Gt • Dann existieren endlich viele Mengen
teT
k
mit XC U
i=1
Gt .·
J.

Beweis:
Da nach Satz 1.11.3 der Raum X separabel ist, kann man nach dem Satz
von LINDELÖL (Satz 1.10.5) eine abzählbare Uberdeckung {G t } aus-
n
wählen. Dann folgt der Beweis einfach aus dem Satz von BOREL
(Satz 1.11.5) • •

Ublicherweise formuliert man Satz 1.11.6 auch so:

Satz 1.11.6.'
Aus jeder offenen Überdeckung eines folgenkompakten Raumes kann man
eine endliche Uberdeckung auswählen.

Aus Satz 1.11.6 folgt unmittelbar:

Satz 1.11.7.
1st X ein folgenkompakter Raum, dann existiert zu jedem positiven E
ein endliches E-Netz in X.

Beweis:
Uberdeckt man nämlich X mit Kugeln KE(x) um x mit Radius E, dann
kann man nach Satz 1.11.6 aus dieser überdeckung eine endliche aus-
wählen. Wegen der speziellen Art der Uberdeckung bedeutet dies die
Existenz eines endlichen E-Netzes • •

Wir bemerken, daB es auch nicht folgenkompakte Mengen gibt, die für
jedes positive E ein endliches E-Netz besitzen, etwa das offene In-
tervall (a,b). Immerhin gilt:

Satz 1.11.8.
1st X ein vOllständiger metrischer Raum mit der Eigenschaft, daB für
jedes E>O ein endliches E-Netz in X existiert, dann ist X auch fol-
genkompakt.
56

Beweis:
Sei {x n } eine beliebige unendliche Folge. Da nach Voraussetzung eine

endliche überdeckung von Kugeln mit Radius ~ existiert, kann man aus

{xn } eine unendliche Teilfolge mit p (X~ ,X~) < 1, für i,j
~ J
= 1,2, .•.

auswählen. Entsprechend kann man aus dieser Folge eine weitere Teil-
folge {x~} auswählen, die zu einer endlichen Überdeckung mit Kugeln
·
vom Ra d ~us 41 ge hooor t un d foour d'~e p (2
xi,x 2)
j < 21.~s.
t A l l geme~n
. k ann

dann durch lnduktion eine unendliche Teilfolge {X~-l} von {X~-2} mit

p(x~-l ,X~-l) < ~-2 ausgewählt werden. Die Diagonalfolge {X~} ist
2
dann eine CAUCHY-Folge, die, da X als vollständig vorausgesetzt war,
gegen ein xoc X konvergiert. Damit ist also gezeigt, daB X folgen-
kompakt ist. _

Wir zeigen nun die Urnkehrung von Satz l.l1.6':

Satz I.l1.9.
Es sei X ein metrischer Raum und aus jeder offenen Überdeckung von X
lasse sich eine endliche Überdeckung auswählen. Dann ist X ein fol-
genkompakter Raum.

Beweis:
Wir zeigen zunächst, daB X vollständig ist. Angenornrnen, dies ist
falsch, dann ist also X eine echte Teilmenge der Vervollständigung
X von X, d.h. es gibt ein xo€. X""'X. Nun sei

n= 1 ,2, . .. ,

wobei hier ~ = +00 vereinbart sei. Man sieht nun leieht, daB Rn eine
Überdeckung von X ist, aus der man keine endliche Überdeckung aus-
wählen kann. Dies widerspricht der über X gemachten Annahme. Also
ist X ein vollständiger Raurn. Wir überdecken nun für ein beliebiges
positives E den Raum X mit Kugeln um x E: X und Radius E. Aus dieser
überdeckung läBt sich dann nach Voraussetzung eine endliche über-
deckung auswählen und dies bedeutet nicht s anderes, als daB X ein
endliches E-Netz hat. Somit ist nach Satz l.ll.8 der Raum X folgen-
kompakto _
57

Ein metrischer Raum X heiBt "kompakt", falls man aus jeder offenen
überdeckung eine endliche überdeckung auswählen kann.

Als Konsequenz aus den Sätzen 1.11.6' und 1.11.9 erhält man:

Satz 1.11.10.
Ein metrischer Raum X ist genau dann kompakt, wenn er folgenkompakt
ist.

Zum SchluB dieses Paragraphen geben wir noch einige Eigenschaften


von kompakten (folgenkompakten) Räumen an. Da die Begriffe "kompakt"
und "folgenkompakt" bei metrischen Räumen (siehe Satz 1.11.10) zu-
sammenfallen, formulieren wir diese Aussagen nur für kompakte Räume.

Satz 1.11.11. (R1ESZ)


Es sei X ein kompakter Raum und {F t }, tG Teine Familie von abge-
schlossenen Mengen mit der Eigenschaft, daB je endlich viele dieser
Mengen einen nicht leeren Durchschnitt haben, also:
Ft
1
n ... nFt
n
+O. Dann ist auch

Beweis:
Angenommen, der Durchschnitt aller F t sei leer, also (l F t = O.
tE.T
Setzt man dann Gt = X~Ft' dann bilden die {G t } eine Uberdeckung von
X, aus der man, nach Voraussetzung, eine endliche überdeckung aus-
wähIen kann; etwa X = Gt U ••• U Gt . Daraus folgt aber
1 n
Ft rt··· rt F t = 0 im Widerspruch zur Annahme. •
1 n

Satz 1.11. 12.


Es sei X ein kompakter Raum und f eine stetige Abbildung von X in
einem metrischen Raum Y. Dann ist das Bild von f unter X, also f(X),
kompakto
58

Beweis:
Sei {y } eine beliebige Folge von Elementen der Menge f(X). Dann
n
existiert also zu jedem Yn ein xn~ X mit f(x n ) = Yn ' Da X kompakt
ist, existiert eine Teilfolge {x } von {x n }, die gegen ein X o e. X
nk
konvergiert. Aus der Stetigkeit von f folgt dann

lim Yn lim f (x )
k+oo k k+oo nk

Damit hat man aus {y } eine konvergente Teilfolge ausgewählt. _


n

Korollar 1.11.13.
Es sei X ein kompakter Raum und f eine stetige Abbildung von X in
einem metrischen Raum Y. Dann bildet f abgeschlossene Mengen auf ab-
geschlossene Mengen ab.

Beweis:
1st etwa Fc X eine abgeschlossene Teilmenge von X, dann ist F nach
Satz 1.11.1 kompakt, und somit ist nach Satz 1.11.12 auch f(F) kom-
pakt, also nach Satz 1.11.2 abgeschlossen. _

Korollar 1.11.14.
Es sei X ein kompakter Raum und f eine bijektive stetige Abbildung
von X auf einen metrischen Raum Y. Dann ist auch die Umkehrabbildung
-1
f stetig.

Beweis:
Setze g=f- 1 , dann bildet g-1=f abgeschlossene Mengen auf abgeschlos-
-1
sene ab. Somit ist nach Satz 1.3.1 die Abbildung g=f stetig._

Satz 1.11.15.
Es sei X ein kompakter Raum und f eine auf X definierte stetige re-
ellwertige Funktion. Dann nimmt f ihre obere und untere Grenze an.

Beweis:
Zum Beweis zeigen wir, daS jede kompakte Teilmenge A der reellen
Zahlen auch beschränkt ist. Wenn das nicht so wäre, dann gäbe es
eine gegen +00 bzw. -<X> divergente Folge,aus der man keine konvergente
Teilfolge auswählen könnte. Somit ist also A beschränkt, und da sie
als kompakte Menge auch abgeschlossen ist, enthält sie ihre obere
59

und untere Grenze. Der Rest des Beweises folgt dann einfach aus Satz
I.11.12 • •
Kapitel II. Metrische lineare und normierte Räume

§' Grundbegriffe der linearen Räume

Es gibt viele Aufgaben aus dem Bereich der Technik, zu deren Bearbei-
tung die Vektorrechnung nützlich ist. Nimmt man etwa an, daB eine
Ladung drei Meter nach vorne, zwei Meter nach links, einen Meter zu-
rück und drei Meter nach rechts gestellt werden soll, dann läBt sich
so ein Vorgang mit der Vektorrechnung besonders einfach beschreiben.
Als weiteres Beispiel kann man die Überlagerung zweier Wellen nehmen,
die von verschiedenen Quellen herkommen. Bezeichnet man etwa die Aus-
lenkung aus der Ruhelage im Punkte x zur Zeit t, die von der i-ten
Quelle herrührt, mit Qi(t,x), dann berechnet sich die gesarnte Auslen-
kung vom Gleichgewichtszustand unter dem EinfluB beider Quellen wie
üblich als

Q(t,x) = Q, (t,x) + Q2(t,x);

während man es im ersten Beispiel mit der zweidimensionalen Vektor-


addition, also einer wohlbekannten Operation zu tun hat, kommt man
im Unterschied dazu im zweiten Beispiel mit keiner endlich-dimensiona-
len Vektoraddition aus.

Nimmt man etwa an, daB im ersten Beispiel alle Längen verdoppelt bzw.
im zweiten Beispiel die Intensitäten der Quellen um 50 % gesteigert
werden, dann erhält man ein Beispiel für die Multiplikation eines
Vektors mit Skalaren.

Diese und ähnliche Beispiele zeigen, daB es zweckrnäBig ist, den Be-
griff des "linearen Raumes" einzuführen.

Eine Menge X heiBt ein "linearer Raurn", falls für die Elemente von X
eine Addition, x+y, und eine Multiplikation mit Skalaren (reelloder
61

komplex),tx, definiert ist, die den folgenden Axiomen genügt:

1) Die Addition ist assoziativ, d.h. für alle x,y,zE X ist

x + (y+z) (x+y) + z,

und dieses Element wird dann einfach mit x+y+z bezeichnet.

2) Zu je zwei Elementen x,YE.X gibt es ein ZE.X mit x+z = yi z heiBt


die "Differenz" der Elemente y und x und wird mit y-x bezeichnet.

3) Die Addition ist kornrnutativ, d.h. x+y = y+x.

4) 1 • x = x.

5) Die Multiplikation mit Skalaren ist assoziativ, d.h. für je zwei


Skalare a und b und jedes x E. X ist

a(bx) (ab)x.

6) Die Addition ist distributiv bezüglich der Multiplikation mit Ska-


laren, d.h. für alle x,YE. X und jedes Skalar ist

t(x+y) tx + ty.

7) Die Addition der Skalare ist distributiv bezüglich der Multiplika-


tion mit Elementen, d.h. für je zwei Skalare a und b und jedes
x E X ist

(a+b)x ax + bx.

Für je zwei Teilmengen A und B eines linearen Raumes X bezeichnet man


mit A + B (bzw. A-B) die Mengen

A+B={zlõ:X: z=x+y,xcA,yeB}.

Die Menge {x} + A wird dann auch mit x + A bezeichnet und unter tA
versteht man die Menge

tA = {ZE:X: z = tx, xeA, t ist ein fester Skalar}.

Wir bemerken, daB man einen linearen Raum, für den die Multiplikation
mit reellen bzw. komplexen Zahlen erklärt ist, auch einen "linearen
Raum über dem Körper der reellen (bzw. "komplexen") Zahlen" nennti
62

oder auch kurz einen "reellen (bzw. "komplexen") linearen Raum".

Da in der Mehrzahl der Aufgaben aus dem Bereich der Technik nur reel-
le lineare Räume auftreten, werden wir in diesem Buch unter einem
"linearen Raum" stets einen reellen linearen Raum verstehen, und so-
bald wir es mit komplexen linearen Räumen zu tun haben, dies dann
ausdrücklich bemerken.

Ist nun xeX ein beliebiges Element eines linearen Raumes X, dann be-
zeichnet man mit 0x das Element x-x. Wir zeigen nun, daS für jedes
y E. X stets y+Ox = y ist. Nach Definition von 0x hat man nämlich
x+Ox = x und addiert man auf beiden Seiten dieser Gleichung (y-x),
dann erhält man

(y-x) + x + 0x (y-x) + x.

Nach Definition von (y-x) ergibt dies

y+Ox = y, für alle y E.. X. (1.1 )

Ein Element 0x' welches (1.1) genügt, heiSt "Null" oder "neutrales
Element". Jeder lineare Raum (reelloder komplex) hat genau eine Null,
denn seien 01 und 02 zwei Nullen, dann hat man stets 01 = 01+02 = 02.
Diese eindeutig bestimmte Null bezeichnet man traditionsgemäS mit 0.
Für O-x schreibt man auch -x, wobei bemerkt sei, daS aus der Eindeu-
tigkeit der Null auch die Eindeutigkeit des Inversen folgt.

Ist X ein linearer Raum (reelloder komplex) und sind x 1 , •.. ,X n E..X
endlich viele Elemente von X und t 1 , ••. ,t n (reelle oder komplexe)
Zahlen, dann heiSt das Element x = t 1 x 1 + .•• +t n x n eine "Linearkombi-
nation" der Elemente x 1 ' ..• ,x n .

Insbesondere nennt man x 1 ' ... ,x n E. X "linear abhängig", wenn es eine


Linearkombination der Null, also °
= t,x,+ .•. +tnx n gibt, bei der
nicht alle t i null sind. Sind die x" .•• ,x n EO. X nicht linear abhängig,
dann heiSen sie "linear unabhängig". Anders ausgedrückt heiSt dies,
daS die einzige Linearkombination der Null diejenige ist, bei der
alle Koeffizienten null sind.

Ein linearer Raum X (reelloder komplex) heiBt "n-dimensional", wenn


jedes System von linear unabhängigen Elementen aus genau n Elementen
63

besteht. 1st die Anzah1 der 1inear unabhängigen Elemente nicht nach
oben beschränkt, dann heiBt der Raum X "unend1ich-dimensiona1". Die
Dimension eines n-dimensiona1en Raumes ist die Zah1 n, und wir schrei-
ben dimX = n. 1st X unend1ich-dimensiona1, dann sagen wir, daB seine
Dimension "unend1ich" ist und schreiben dimX = +co. Für einen unend-
1ich-dimensiona1en Raum 1äBt sich durch 1nduktion eine Fo1ge {x n }
von 1inear unabhängigen E1ementen konstruieren.

FaBt man einen komp1exen 1inearen Raum a1s ree11en 1inearen Raum auf,
dann verdoppe1t sich seine Dimension. Dies 1iegt einfach daran, daB
die komp1exen Zah1en, aufgefaBt a1s ree11er 1inearer Raum (d.h. mit
der normalen komp1exen Addition und der Mu1tip1ikation mit ree11en
Ska1aren) die Dimension 2 haben.

Eine Menge et von E1ementen eines ree11en oder komp1exen 1inearen


Raumes X heiBt "linear unabhängig", wenn jede end1iche Tei1menge von
E1ementen der Menge at 1inear unabhängig ist. Weiterhin nennt man
eine Tei1menge ;S von X eine "a1gebraische Basis" (oder auch kurz
"Basis"), wenn man jedes Element x E.X auf genau eine Art a1s Linear-
kombination von end1ich vie1en E1ementen x" •.• ,x n aus 17 darste11en
kann. Weil diese Darste11ung eindeutig sein 5011, ist die Menge ~
1inear unabhängig.

Satz II.'.'.
Es sei X ein n-dimensiona1er ree11er oder komp1exer 1inearer Raum.
Dann ist jedes System von 1inear unabhängigen E1ementen x" .•. ,x n
eine Basis.

Beweis:
Angenommen, ein y E X 1asse sich nicht a1s Linearkombination von
x" ••. ,x n darste11en. Dann kann a1so die Linearkombination
t,x,+ ... +tnxn+ty nur dann gleich 0 sein, wenn t = 0 ist, und da die
x" ... ,x n 1inear unabhängig sind, imp1iziert dies t, = t 2 = •.• =t n = o.
A1so sind die (n+') Elemente x" ..• ,xn'y 1inear unabhängig. Dies wi-
derspricht aber der Annahme, daB X n-dimensiona1 ist.

Aus der 1inearen Unabhängigkeit der x" .•• ,x n fo1gt nun, daB sich je-
des y E X auf genau eine Art a1s Linearkombination dieser Elemente
darste11en 1äBt. Dann sei etwa

y
64

dann ist

und das bedeutet, daB t i t! für alle i 1,2, ... ,n ist . •


~

Ist nun {e 1 , ••• ,e n } ein System von linear unabhängigen Elementen


eines n-dimensionalen (reellen oder komplexen) linearen Raumes X,
dann 1st es nach Satz II.1.1 auch eine Basis, d.h. jedes Element
xe. X läBt sich eindeutig in der Form x = t 1 x 1 + ... tnx n darstellen.
Die Vorschrift, die jedem xe.X dieses n-Tupel (t 1 , ... ,t n ) zuordnet,
ist dann eine bijektive Abbildung in den n-dimensionalen Raum
(~n oder (n) der n-Tupel (t 1 , ... ,t n ).

Eine Menge Y eines linearen Raumes X (reelloder komplex) heiBt eine


"lineare Menge" (oder auch ein "Unterraum"), wenn für alle X,YE Y
auch x+y € Y und für alle Skalare t und alle x € Y auch tx EY ist.
Offensichtlich ist Y ein linearer Raum mit dimY ~ dimX.

Ist X ein linearer Raum (reelloder komplex) und A eine Teilmenge


von X, dann versteht man unter der "linearen Hülle von A" oder dem
von A "aufgespannten Raum" den kleinsten Unterraum Y von X, der A
enthält, und man schreibt: Y = LinA.

Satz II. 1 .2.


Es ist

LinA

Beweis:
Die auf der rechten Seite dieser Gleichung definierte Menge ist ein
linearer Raum, der in jedem linearen Raum enthalten ist, der die
Menge A enthält. AIso folgt aus der Definition von LinA die behaup-
tete Gleichheit. •

Korollar II.1.3.
Es sei X ein (reeller oder komplexer) linearer Raum und Ac. X eine
Teilmenge von linear unabhängigen Elementen. Dann ist A eine Basis
von LinA.
65

Beweis:
Nach Satz 11.1.2 läSt sich jedes Element von LinA als Linearkombina-
tion von Elementen aus A darstellen, und da A linear unabhängig ist,
ist die Darstellung auch eindeutig. •

Satz 11.1.4.
Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum und {e 1 , •.• ,e n }
ein System von n linear unabhängigen Elementen von X. Dann hat
Lin{e 1 , ••• ,e n } die Dimension n.

Beweis:
Oa die e 1 , ••• ,e n e X linear unabhängig sind, ist zunächst die Dimension
von Lin{e 1 , ••• ,e n } gröSer oder gleich n. Wir zeigen nun, daS für
m > n jedes System {f 1 , ••• ,fm} von Elementen aus Lin{e 1 , ••• ,e n }
linear abhängig ist.

Schreibt man nämlich a 1 f 1 + ... +amf m = 0 mit f i


i = 1,2, ... ,m,in ein Gleichungssystem

1 + m
a 1t j . . . + a mt J. 0, j 1,2, ... ,n

um, dann hat dieses mehr Unbekannte als Gleichungen, also stets eine
Lösung a1, ... ,a~, bei der nicht alle ai null sind. Dies heiSt aber,
daS die f 1 , ••• ,fm linear abhängig sind . •

Das folgende Beispiel zeigt, welche Bedeutung der Begriff des Unter-
raumes bei der Bearbeitung von Ingenieursaufgaben hat.

Beispiel II. 1 .1 •
Gegeben sei ein System von n elektrischen Widerständen, die in einem
Stromnetz liegen, das k < n feste Stromquellen hat. Welche Stromstär-
ken kann man nun in den einzelnen Widerständen durch Spannungsänderun-
gen erhalten?

Dazu bezeichnen wir mit I. die durch den Widerstand R., i = 1,2, ... ,n,
l . . l .
flieSende Stromstärke und verstehen unter I J = (I~, .•. ,I;) 6. 'iR n,
j = 1,2, ... ,k, das System von Stromstärken, welches man erhält, wenn
nur die j-te Stromquelle angesehaltet ist und an ihr die Spannung
1 Volt herrscht. Man sieht nun, daS man durch Änderung der Spannung
(an den k Stromquellen) alle solehe Stromstärken erhält, die im Raum
Lin{I 1 , ••• ,I k } liegen. Dieser Raum ist genau dann k-dimensional, wenn
66

die r 1 , .•. ,r k im 1t\n linear unabhängig sind.

Als nächstes führen wir den Begriff des Quotientenraumes eino


Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum und YcX ein Teil-
raum. Eine "Nebenschar" von Y besteht dann aus allen x, z E X, deren
Differenz in Y liegt. Gehört etwa x E X zu einer Nebenschar von Y,
dann bezeichnet man diese Nebenschar auch mit [x] und nennt x einen
Repräsentanten von [x]. Auf der Menge aller Nebenscharen definiert
man dann eine Addition und Multiplikation mit Skalaren durch
[x]+[y] = [x+y] und t[x] = [tx]. Man sieht leieht, daB diese Verknüp-
fungen von der Wahl der Repräsentanten unabhängig sind und daB die
Menge der Nebenscharen einen linearen Raum bilden, der mit X/ y be-
zeichnet wird und "Quotientenraum" heiBt.

Beispiel rr.1.2.
Beim AuBenhandel zwischen n Ländern K1 , ... ,K n werden die ins Land Ki
exportierten Güter in der lokalen Währung, etwa mit xi Währungseinhei-
ten bezahlt. Nehmen wir etwa an, daB die Länder K1 , .•• ,K r Mitglieder
des COMECON und die restlichen Kr + 1 , ..• ,K n kapitalistische Länder mit
konvertierbarer Währung seien. Weiterhin sei K1 die Soviet-Union und
Kr + 1 die Vereinigten Staaten. Dann läBt sich der in den Ländern
K2 , ... ,K r erhaltene Geldbetrag mittels

(1 .2)

in Rubel umrechnen und entsprechend für die Länder Kr + 2 , ••. ,K n mittels

(1 .3)

in US-Dollar.

Nun sei X der n-dimensionale Raum aller Erlöse in lokalen Währungen


und Y lÕ:. X der Teilraum aller solchen x = (x 1 ' ••• ,x n ), die der Glei-
chung (1.2) und (1.3) genügen. Der Quotientenraum X/ y ist dann der
zweidimensionale Raum der Verrechnungseinheiten, und als Basis kann
man die von einem Rubel repräsentierte Nebenschar e 1 [(1,O, .•. ,0)J
und die von 0,2994 US Dollar repräsentierte Nebenschar
e 2 = [(0, .•• ,0,0,2994, O, ... ,O)J nehmen. Zum Unterschied von ihren
,. t4 ...,
(r+J)-te Stelle
Repräsentanten nennt man die Nebenschar e 1 auch "Transfer-Rubel" und
die Nebenschar e 2 "Goldwährung".
67

Es seien X1 "",Xn lineare Räume über dem gleichen Körper, etwa der
reellen oder komplexen Zahlen. Dann versteht man unter dem "Kartesi-
schen Produkt" von X1 ""'X n den Raum x, dessen Elemente die n-Tupel
x = (X 1 ' ... ,X n ) mit XieX i sind. Die Addition wird dann durch

und die Multiplikation mit Skalaren durch

definiert.

Man sieht sofort, daB X ein linearer Raum über dem entsprechenden Kör-
per ist und schreibt für das kartesische Produkt auch:

Wenn alle Räume X (i 1,2, ... ,n) endlich dimensional sind, dann gilt

(1 .4)

Ist einer der Räume Xi unendlich-dimensional, dann ist auch das Pro-
dukt X1 x"'XX n unendlich-dimensional, so daB auch in diesem Falle
die Formel (1.4) gilt.

§ 2 Metrische lineare und normierte Räume

Gegeben sei eine Menge X,die sowohl ein linearer Raum (reelloder
komplex) als auch ein metrischer Raum ist. Man nennt dann X einen
"metrischen linearen Raum", wenn die Addition und die Multiplikation
mit Skalaren stetig sind, wenn al so aus x n ~ x und Yn ~ Y und tn ~ t
fOlgt xn+Y n ~ x+y und tnx n ~ tx; tn,t Skalare.

Beispiel II.2.1.
Der klassisehe euklidische Raum mit der üblichen Vektoraddition und
der üblichen Multiplikation mit Skalaren ist ein metrischer linearer
Raum.
68

Beispiel II.2.2.
Es seien R1 , ••. ,Rn ein System von n elektrischen Widerständen, die
in einem Stromnetz liegen,und Ii bezeichne die Stromstärke des durch
den Widerstand Ri (i = 1,2, ... ,n) flieBenden Stromes. Definiert man
für zwei Ströme I = (I 1 , ... ,I n ) und I' = (Ii, ... ,I~) den Abstand
n
durch p(I,I') I !I.-I!!, dann erhält man einen metrischen linea-
i=1 ~ ~

ren Raum.

Beispiel II.2.3.
Man nehme, wie in den Beispielen I.1.11 und I.1.12, für X den zwei-
dimensionalen linearen Raum,in dem ein Verladekran arbeitet. Nimmt
man an, daB die Ladung bereits am Kran befestigt ist, dann ist die
kürzeste Zeit, die der Kran braucht, um die Ladung vom Punkte x zum
Punkte y zu bringen, eine Metrik (siehe Beispiel I.1 .11 und I.1 .12)
und man erhält auf diese Art einen zweidimensionalen metrischen linea-
ren Raum.

Beispiel II.2.4.
Der Raum c[a,bJ (Beispiel I.1.14) ist ein metrischer linearer Raum,
wenn man für die Addition die normale Addition von Funktionen und
für die Multiplikation mit Skalaren die normale Multiplikation einer
Funktion mit einer Zahl nimmt.

Beispiel II.2.5.
Berücksichtigt man in Beispiel II.2.3 auch no ch die Mindestzeit, die
man zur Befestigung einer gegebenen Ladung braucht, sobald diese von
einer Stelle zu einer anderen gebracht werden soll, dann ist X ein
linearer Raum mit einer Metrik, jedoch kein metrischer linearer Raum,
da die Multiplikation mit Skalaren nicht stetig ist. Bezeichnet a die
Mindestzeit für die Befestigung der Ladung, dann ist für jedes t f 1
stets p(tx,x) > a > O. Aus tn ~ 1 folgt dann nicht tnx ~ x.

Es sei X ein metrischer linearer Raum über dem Körper der reellen oder
komplexen Zahlen mit der Metrik p(x,y). Die Metrik p(x,y) heiBt dann
"translationsinvariant", wenn für alle x,y,z~X

p(x+z,y+z) p(x,y)

ist.
69

Die in den Beispielen 11.2.1 - 11.2.4 angegebenen Metriken sind


translationsinvariant.

Natürlich treten bei der Bearbeitung von Problemen aus dem Bereich
der Technik auch metrische lineare Räume mit nicht translationsinva-
rianten Metriken auf.

Beispiel 11.2.6.
Stellen wir uns das "platte Land" X als zweidimensionalen linearen
Raurn mit der üblichen Vektoraddition und Multiplikation mit Skalaren
vor. Wird nun der Abstand p(x,y) zwischen zwei Punkten x und y als
die kürzeste Fahrzeit von x nach y längs eines StraBennetzes genommen,
dann erhält man zwar einen metrischen linearen Raum, jedoch ist die-
se Metrik im allgemeinen nicht translationsinvariant.

1st X ein metrischer linearer Raum über dem Körper der reellen oder
komplexen Zahlen mit einer translationsinvarianten Metrik p(x,y),
dann heiBt die Funktion II x I = p (x, 0) eine "F-Norm". Für eine F-Norrn
gilt dann wegen der Eigenschaften von p:
1. /I x Il = 0 genau dann, wenn x = 0

2• "x I = II -x I
3. 1/ x+y I 2. I x I + I y II·
Aus der Stetigkeit der Multiplikation mit Skalaren folgt weiter:
4. Wenn tn + tund x n + x, dann gilt tnx n + tx.

1st für einen linearen Raum X eine Funktion IIxll definiert, die den
Bedingungen 1-3 genügt, dann ist p (x, y) = II x-y Il eine translationsin-
variante Metrik für X, und aus Bedingung 3 folgt dann die Stetig-
keit der Addition. Gilt närnlich x n + x und yn + y, dann ist nach 3

also

Dagegen wird die Stetigkeit der Multiplikation mit Skalaren nicht


von 1-3 impliziert, wie das folgende Beispiel der F-Norm

für x 0
IIxll
für x f 0
70

zeigt, dessen zugehörige Metrik p (x, y) = II x-y II die berei ts bekannte


diskrete Metrik ist. 1st jedoch Bedingung 4 erfüllt, so bedeutet dies
gerade die Stetigkeit der Multiplikation mit Skalaren.

Konvergiert eine Folge {x n } bezüglich einer translationsinvarianten


Metrik, die von einer F-Norm II II erzeugt wird, dann sagt man einfach,
daB sie bezüglich der "F-Norm II 1\ konvergiert". Entsprechend nennt
man zwei F-Normen II II, und II 11 2 "äguivalent", wenn die zugehörigen

translationsinvarianten Metriken äquivalent sind.

Ein reeller oder komplexer linearer Raum X, auf dem eine F-Norm /I
definiert ist, heiBt reeller oder komplexer "F*-Raum".

Wir bemerken noch, daB jeder Teilraum eines metrischen linearen Rau-
mes wiederum ein metrischer linearer Raum ist.

Sind X" ... ,X n metrische lineare Räume über dem gleichen Körper, und
bezeichnet Pi die Metrik des Raumes Xi' i = ',2, ••. ,n, dann ist das
kartesische Produkt x,x •.• XX n nach §2 ein linearer Raum und nach
Kap.1.§' ein metrischer Raum. Wir zeigen jetzt, daB x,x .•. xX n ein
metrischer linearer Raum ist. Dazu ist zu zeigen, daB Addition und
Multiplikation mit Skalaren stetige Verknüpfungen sind.

. etwa {m}
x = {m
(x" ..• ,xm } =
n ) gegen x (x"0 ... ,x 0n ) und
Konverg~ert 0

{ym} = {m m } gegen y 0 = (y"0 •.. 'Yn)'


(y" ... 'Yn) 0
dann ist nach Definition
der Metrik des kartesischen Produktes

Da in jedem der Räume Xi die Addition stetig ist, streht die rechte
Seite der obigen Gleichung gegen Null, womit die Stetigkeit der Addi-
tion gezeigt ist. Die Stetigkeit der Multiplikation geht genau so.

Es sei X ein linearer Raum (reelloder komplex) ,auf dem eine F-Norm
II x II definiert ist, die den Bedingungen '-3 genügt. Man nennt diese
F-NOrm IIx~ "homogen", falls zusätzlich

4I • II tx 1\ = I t I Ilx 1\ , für alle x eX

für alle Skalare t (reelloder komplex) gilt.


71

Aus Bedingung 4' folgt sofort Bedingung 4, denn gelte tn + tund


dann erhält man

da {tn} als konvergente Folge auch beschränkt ist.

Eine homogene F-Norm heiBt "Norm". Die in den Beispielen II.2.1,


II.2.2 und II.2.4 angegebenen Metriken sind von homogenen F-Normen
erzeugt. Das gleiche gilt auch für Beispiel II.2.3, falls die Metrik
wie in Beispiel I.1.11 gegeben ist. Wir bemerken, daB die F-Norm, die
von der in Beispiel I.1.13 angegebenen Metrik erzeugt wird, nicht
homogen ist.

Ein F*-Raum, dessen F-Norm homogen (also eine Norm) ist, heiBt ein
"normierter Raum" oder auch "B*-Raum".

Beispiel II.2.7.
Es sei X ein (reeller oder komplexer) linearer Raum. Dann bezeichnet
man als "Skalarprodukt" eine von zwei Argumenten abhängige Funktion
(x,y) mit den folgenden Eigenschaften:
(1) <x,x) .:. 0 und <x,x) = 0 genau dann, wenn x 0,
(2) <ax,y) = a(x,y) (a e1R oder C. )
(3) <x,+x 2 ,y) = (x 1 ,y) + <x 2 ,y)
(4) <x,y) = <y:x), wobei z
für z = a+ib die konjugiert komplexe
Zahl z= a-ib bezeichnet.

Falls X ein linearer Raum über dem Körper der reellen Zahlen ist, dann
hat (4) die Form: <x,y) = <y,x).

Aus (1)-(4) folgt unmittelbar:


(5) <x, ay) = a~,y>
(6) <x,y,+Y2'> = (x,y,> + (x'Y2>.

Auf dem Raum X definiert man dann eine Norm durch

II x II = rx,x' (2.1)
72

Aus (1) folgt, daS \I x I = 0 genau dann, wenn x 0, und aus (2) und
(5) folgt die Homogenität der Norm.

Die Dreiecksungleichung kann man wie folgt beweisen: Seien x,y €. X


beliebige Elemente und teine beliebige reelle Zahl, dann ist

o ~ (x+ty, x+ty) = <x,x) + t[(y,x> + (x,y>J

+ t 2(y,y) = (x,x) + 2t re(x,y) + t 2(y,y)

und somit gilt für die Diskriminante ö

2
4"ö = re(x,y) - (x,x)(y ,y) ~ O.

Setzt man

(x,y)
a = l(x,y)1

dann ist einerseits

und andererseits wegen lal = 1 auch (ay, ay) = (y,y).

Ersetzt man nun in (*) y durch ay, dann erhält man die sogen.
"CAUCHYsche Ungleichung"

I(x,y) I 2 ~ (x,x) (y ,y),

aus der dann sofort

<x+y,x+Y) = (x,x> + 2re(x,y) + (y,y)

~ (x,x) + 21 x,x y,y I + (y,y)

< (/<x,y> + l<y,y»)2

fOlgt. Zieht man dann auf beiden Seiten die Wurzel, so erhält man die
Dreiecksungleichung

II x+y I ~ IxI + I y II.


73

Diese Ungleiehung heiBt traditionsgemäB aueh "SCHWARZsehe Unglei-


chung" .

Ein linearer Raurn X, versehen mit einer durch (2.1) gegebenen Norm,
heiBt auch ein "Prä-HILBERT-Raurn".

Als Beispiel für einen derartigen Raurn nehrne man etwa L2(n,E,~), wo-
bei (n,E,~) ein MaBraum ist. Das Skalarprodukt wird dann durch

<x,y>
gegeben.

Jeder Unterraurn eines normierten Raumes ist wiederum ein normierter


Raurn. Man sieht auch leieht, daB auch das kartesische Produkt von
endlieh vielen reellen bzw. komplexen Räumen ebenfalls ein reeller
bzw. komplexer Raum ist.

Ein vollständiger F*-Raurn heiBt "F-Raum", ein vollständiger normier-


ter Raum heiBt "BANACH-Raurn" oder kurz "B-Raum" und ein vollständi-
ger Prä-HILBERT-Raum heiBt "HILBERT-Raum".

Wir bemerken noch, daB jeder abgesehlossene lineare Unterraum eine s


F-Raurnes (bzw. BANACH-Raumes, HILBERT-Raurnes) ein F-Raurn (bzw. BANACH-
Raurn, HILBERT-Raum) ist. (Siehe Satz 1.5.1). Ferner ist das kartesi-
sehe Produkt von n F-Räurnen (BANACH-Räurnen) ein F-Raum (BANACH-Raurn).

Es seien H1 , ... ,H n Prä-HILBERT-Räume über dem Körper der reellen oder


komplexen Zahlen, und (x,y). bezeichne das Skalarprodukt im Raum
~

Hi , i = 1,2, .•. ,n. Dann ist

n
<x,y> = I
i=1
(x. ,y.).
~ ~ ~

ein Skalarprodukt für H1 x ... xH n , wobei x = (x 1 ' ... ,x n ) und


y = (Y1' •.• 'Yn) Elemente des kartesischen Produktes H1 x ... xH n sind.
Hieraus folgt, daB H1x •.. xH n mit dem Skalarprodukt (x,y) ein Prä-HIL-
BERT-Raurn ist.

Damit folgt wie im Falle der F*-Räurne bzw. der normierten Räume aus
Satz 1.5.3, daB das kartesisehe Produkt von endlieh vielen HILBERT-
Räumen wiederum ein HILBERT-Raum ist.
74

Es sei X ein linearer Raum etwa über dem Körper der reellen oder kom-
plexen Zahlen. Eine Teilmenge A e X von X heiBt "konvex", wenn für je
zwei Elemente x,y€A auch die Verbindungsstrecke dieser Punkte, also
die Menge aller Elemente der Form tx+(l-t)y, o~t~l, in A liegt.

Satz II.2.1.
Es sei X ein reeller oder komplexer normierter Raum mitNorm I! x II.
Dann ist die Einheitskugel

K={x:llxl\<l}

eine offene, konvexe und syrnrnetrische Menge. Dabei bedeutet "syrnrne-


trisch", daB mit x€. K auch -x € K ist.

Beweis:
Da in einem metrischen Raurn die Kugeln per Definition offen sind
(vergl. Kap.I, §2), ist die Einheitskugel K eine offene Menge. Bedin-
gung 2 einer Norm impliziert, daB K syrnrnetrisch ist. Aus der Drei-
ecksungleichung (Bedingung 3) folgt dann die Konvexität von K. Seien
nämlich x, y € K, dann ist II x II < 1, II y II < 1 und somi t ist auch für j e-
des t mit O<t<l

Iltx+(l-t)yll < Itlllxll+ l(l-t) Ihll < 1,

d.h.
tx+(l-t)YE.K. •

Für reelle normierte lineare Räume gilt auch die Umkehrung des obi-
gen Satzes:

Satz II.2.2.
Es sei X ein reeller normierter Raurn und U ~ X eine offene konvexe syrn-
metrische Teilmenge. Dann existiert eine Funktion li x II' auf X, die den
Bedingungen 2,3,4' einer Norm genügt, mit

U = {x: II x II' < 1}.

Beweis:
Setze

II X II' inf { t>O: I E. u} ,


75

dann ist Bedingung 2 eine Konsequenz der Symmetrie von U. Die Homoge-
nität (Bedingung 4') zeigt man so:

IIaxii' = inf{t>o: a: =U} = lalinf{ I!' > 0: la~x €. u}

= lal inf{s>O: i€U} = laI/lxII'·

Zu zeigen bleibt noch die Dreiecksungleichung (Bedingung 3).

Dazu seien x,y e X und tx,t y positive Zahlen mit

und

lIyll' < t und


Y

Dann ist

und f-y €.u.


Da U eine konvexe Menge ist, gilt:

x ~ ~
t +t €. U ,
t x t x +t y
X Y

also ist nach Definition von ~xl/'

und das heiBt

I x+y II' < t x +t y

Da diese Beziehung für alle t x > I x II' und alle t y > II y II' gil t, folgt:

II x+y II' ~ II x II' + !lY II' ,


womit die Dreiecksungleichung gezeigt ist. •
76

Eine Funktion, die den Bedingungen 2, 3 und 4' genügt, heiBt eine
"Pseudonorm". Wir haben also mit dem letzten Satz bewiesen, daB jede
offene konvexe und symmetrische Menge eine Pseudonorm bestimmt. Man
zeigt leieht, daB die von der Menge U bestimmte Pseudonorm genau dann
eine Norm ist, wenn die Menge U keine Geraden enthält, d.h. wenn es
zu jedem x+O ein r>O mit rx ~ U gibt.

Zwei Normen, die auf einem linearen Raum X (reelloder komplex) defi-
niert sind, heiBen "äguivalent", wenn die von ihnen bestimmten Metri-
ken äguivalent sind.

Beispiel 11.2.8.
Es sei X der Raum der stetigen Funktionen e[a,b] (siehe Beispiel
1.1.14). AIs erste Norm für X nehmen wir die in Beispiel 1.1.14 einge-
führte Norm

l[x[1 = sup [x (t) [ ,


a<t<b

als zweite Norm

b
[[ x [1 1 J
a
[x(t) [dt

Diese beiden Normen sind nicht äquivalent, denn die Folge der steti-
gen Funktionen

konvergiert in der Norm I[ x 11 1 gegen 0; dagegen ist sie in der Norm


[[ x [[ nicht konvergent.

Satz 11.2.3.
Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum. Dann sind zwei auf
X definierte Normen I[ x [I und I[ x II', genau dann äquivalent, wenn positi-
ve Konstanten A und B mit o<A<B existieren, so daB für alle xfo

A <
- hJL
n-xr < B (2.2)

gilt.
77

Beweis:
Wenn (2.2) und Ilxnll-> 0 gilt, dann strebt auch Ilxnll' :5.. Bllxnll gegen O.
Aus der zweiten Seite der Ungleichung folgt entsprechend, daB
II x n II '-> 0 stets II x n II -+ 0 impliziert.

Angenommen, Ilxll und Ilxll' seien äquivalent und (2.2) gelte nicht. Wenn
dann die zweite Seite der Ungleichung (2.2) nicht gilt, dann existiert
2
eine Folge {x n } mi t /I x n II' ~ n II x n II. Setzt man nun

x
n
-n
~
dann gilt: IIYnl1 -+ 0, aber IIYnll' strebt nicht gegen O. Entsprechend
kann man vorgehen, falls die erste Seite der Ungleichung nicht erfüllt
ist . •

Korollar 11.2.4.
1st X ein reeller oder komplexer linearer Raum, dann sind zwei auf X
definierte Normen II x II und II x II' genau dann äquivalent, wenn es positi-
ve Konstanten A und B mit

{XEX: Ilxll < 1} C. B{XEX: Ilxll' < 1}


und
{ X E. X: II x II '< 1} e A-1 {x E. X: II x II < 1}

gibt.

Aus Korollar 11.2.4 folgt unmittelbar:

Satz 11.2.5.
Es sei X ein reeller normierter Raum mit Norm Ilx II und U e X eine offe-
ne konvexe symmetrische Menge. Die durch U bestimmte Pseudonorm ist
genau dann zur Norm II x II äquivalent, wenn

sup II x II < +00


x6U

gilt.

Es sei X ein reeller oder komplexer normierter Raum. Dann heiBt eine
Teilmenge A e X "beschränkt", falls supll x II < +00 ist. Mit Hilfe dieser
xe.A
Definition kann man Satz 11.2.5 dahingehend umformulieren, daB man
78

statt sup \Ixll < +00 verlangt, daS die Menge U beschränkt ist. Aller-
X€U
dings ist diese Definition der Beschränktheit noch unbefriedigend, da
sie sich nicht ohne weiteres auf metrische lineare Räume übertragen
läSt. Ublicherweise nennt man eine Teilmenge A eine s metrischen line-
aren Raumes X (reelloder komplex) "beschränkt", wenn für jede Null-
folge von Skalaren {tn}' auch tnxn~O für jede Folge {x n } von Elementen
aus A folgt. Im Falle eine s normierten Raumes sind beide Definitionen
äquivalent. Eine beschränkte Menge enthält keine Geraden, denn sei
etwa x"O und tx € A für alle reellen Zahlen t, dann ist xn=nx ein Ele-
ment von A. Obwohl nun {~} eine Nullfolge ist, konvergiert dann
{l x } nicht gegen o.
n n

Satz 11.2.6. (KOLMOGOROV [1J)


Es sei X ein reeller metrischer linearer Raum mit Metrik p(x,y) und
UeX eine offene beschränkte konvexe Menge. Dann existiert eine Norm
II x \I für X, so daS die von dieser Norm erzeugte Metr ik äqui valent zu
p (x,y) ist.

Beweis:
Es sei X o e: U, V = U-xo und W = V 1\ (-V). Dann ist W eine offene konvexe
und beschränkte Menge, die überdies noch symmetrisch ist. Setzt man
nun

/lxii = inf{t>O: r€.w},

dann zeigt man wie im Beweis von Satz 11.2.2, daS II x" eine Pseudonorm
ist. Oa aber W beschränkt ist, also keine Geraden enthält, ist II x"
eine Norm. Wir zeigen nun, daS die von dieser Norm bestimmte Metrik
äquivalent zur Metrik p(x,y) ist, d.h. daS IIxnll~O genau dann gilt,
wenn p(xn'O)~O gilt. Dazu zeigen wir zunächst, daS p(xn'O)~O stets
Ilxnl/~o impliziert. Gelte xn~O' dann gibt es zu jedem e:>O ein N, so
daS für alle n>N - x n EO. e:W ist, d.h. II x n 11< e: • Andererseits
x ist für jede
Folge {xn } von Elementen aus X mit x n to stets 211x nII E. W. Falls nun
n
IIxnll-+O, dann folgt aus der Beschränktheit der Menge W, daS auch die
Folge

in der Metrik p gegen 0 konvergiert • •


79

Satz 11.2.7. (KOLMOGOROV [1J)


Es sei X ein komplexer metrischer linearer Raum mit Metrik p(x,y)
und U e x eine offene beschränkte konvexe Menge. Dann existiert eine
Norm II x II für X, so daB die von dieser Norm erzeugte Metrik äquivalent
zu p(x,y) ist.

Beweis: FaBt man X als reellen metrischen linearen Raum auf, dann
existiert nach Satz II. 2.6 eine reelle Norm II x 11 0 (II 11 0 ist homogen be-
züglich der Multiplikation mit reellen Zahlen), so daB die von die-
ser Norm erzeugte Metrik äquivalent zur Metrik p(x,y) ist.

Nun sei

Ilxll sup II ax 11 0 •
lal=1
Um zu zeigen, daB dieses Supremum existiert, und daB II x II äqui valent
zu "xll o ist, zeigen wir, daS

sup II axll o
M sup lal=1 _ __
.L.::~-"-
(2.3)
xeX Ilxllo
x+o
ist.

Aus (2.3) folgt, daS Ilxll 5.. Mllxllo ist, daB al so insbesondere Ilxll exi-
stiert. Da nach Definition /lxllo 5.. Ilxll ist, sind Ilxll und Ilxllo äquiva-
lent.

Angenommen, (2.3) ist falsch. Dann existiert eine Folge von Elementen
{xn } und eine Folge komplexer Zahlen {an} mit lani = 1, so daS

ist.

a x
Insbesondere hat also jedes Element der Folge ( nn • [X]f:] eine Norm,
n 0
die gröser oder gleich 1 ist, im Widerspruch dazu, daS
x a
eine beschränkte Menge und { .~] eine Nullfolge ist. Damit ist
{lx:l)
also Formel (2.3) bewiesen • •
80

Darnit haben wir also gezeigt, daB es eine bijektive Beziehung zwischen
der Menge aller Normen, die zur Ausgangsnorm äquivalent sind, und der
Menge aller offenen konvexen symmetrischen und beschränkten Mengen
gibt.

Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum mit einer Halbmetrik
p(x,y) (siehe Kap. I, §4). Man nennt dann X einen "halbmetrischen line-
aren Raum", falls die Addition und die Multiplikation mit Skalaren be-
züglich der Halbmetrik p(x,y) stetig ist. Die Halbmetrik p heiBt
"translationsinvariant", wenn für alle x,y,z € X stets p (x+z, y+z)
p(x,y) ist. 1st p (x,y) eine translationsinvariante Halbmetrik, dann
heiBt p(x,O) eine "F-Halbnorm", und man setzt wie oben Ilxll = p(x,O).
Falls die F-Halbnorm I x II noch zusätzlich homogen ist, d .h.11 tx I = tll x I
für t>O, dann heiBt II x I eine "Halbnorm".

Eine Halbnorm I x I genügt offenbar den folgenden Bedingungen:


1• I x I = 0 genau dann, wenn x=O
3. I x+y I ~ II x I + II y 1\
4. II tx I = tll x II für t>O.

(vm mit der bei der Definition der Norm angegebenen Numerierung der
Bedingungen in Einklang zu bleiben, hat man hier Bedingung 2 ausge-
lassen.)

Eine Funktion II x II, die auf X def iniert ist und nur den Bedingungen
3 und 4 genügt, heiBt eine "Pseudohalbnorm".

Da es zu jeder Halbmetrik eine äquivalente Metrik gibt (Satz 1.4.1),


sind alle Aussagen, die sich auf normierte Räume beziehen, wie etwa
die Äquivalent von Normen, auch auf halbnormierte Räume übertragbar.
Dabei ist dann ein "halbnormierter Raum" ein halbmetrischer linearer
Raum, dessen Halbmetrik von einer Halbnorm erzeugt wird.

Wir zeigen jetzt:

Satz II.2.8.
Es sei X ein reeller halbnormierter Raum,dessen Metrik durch eine
Halbnorm I xii erzeugt werde. Dann existiert eine positive Konstante A
mit
81

Beweis:
Angenomrnen, die Behauptung sei falsch, dann existiert eine Folge von
Elementen {x n } mit

Setzt man nun

dann gilt Yn+O und

x
II-y n I = 11- nii x: 1111 ~ n ,

was der Stetigkeit der Multiplikation mit Skalaren widerspricht. •

Satz II. 2.9.


Es sei X ein halbnormierter Raum mit Halbnorm II x Il. Dann ist die Menge

K = {x: II x I < 1}

offen, konvex und enthält die O.

Der Beweis dieses Satzes verläuft genauso wie der von Satz 11.2.1.

Satz 11.2.10.
Es sei X ein reeller metrischer linearer Raum und U eine offene kon-
vexe Teilmenge von X mit 0 EU. Dann existiert eine stetige Pseudohalb-
norm I x II, so daB

u= {x: I xI < 1}

ist.

Dieser Satz wird genauso wie Satz 11.2.2 bewiesen.

Enthält die Menge U keine Halbgrade (d.h. existiert für jedes x € U


ein positives t mit tx~U), dann ist die sich aus Satz 11.2.2 erge-
bende Pseudohalbnorm eine Halbnorm. 1st die Menge U sogar beschränkt,
dann ist die durch II x II bestimrnte Halbmetrik sogar äquivalent zur ur-
82

sprünglichen Halbmetrik.

Es sei X ein metrischer linearer Raum mit der Metrik p(x,y) und
Y SX ein linearer Unterraum von X. Dann ist natürlich auch Y mit der
Metrik p (x,y) ein metrischer linearer Raum. Angenommen, Y sei abge-
schlossen. Wir fragen nun, ob es auf dem Quotientenraum X/ y eine Me-
trik p([x], ey]) gibt derart, daB 1) der Quotientenraum mit dieser Me-
trik ein metrischer linearer Raum ist und 2) aus xn~x auch [xn]~[xJ
folgt.

Nimmt man etwa an, daB p (x,y) translationsinvariant ist, dann wird
eine Metrik ~([xJ, [Y]) für den Quotientenraum durch

~([xJ,[y]) = inf{p(x,y): x e. [x], y€[y]} (2.4)

gegeben. Dies sieht man z.B .. so: Ist [x] = [y], dann kann man die
gleichen Repräsentanten wählen, al so x = y E: [x] = [y], und wegen
o 2. ~([x],[y]) 2. p(x,y) = 0 folgt ~([xJ,[y]) = o. Angenommen, es sei
~([xJ, ry]) = 0, dann bedeutet dies, daB Folgen {x n }, {yn} mit
x n E. [x], Yn E. [y] existieren mit lim p (x n , yn) = O. Da p translations-
n~OO

invariant ist, heiBt dies lim p(xn-Yn' 0) O. Wir bemerken, daB


n~OO

xn-Yn E: [x]-[y] ist~ Da Y abgeschlossen ist, folgt aus der Stetigkeit


der Addition, daB auch jede Nebenschar abgeschlossen ist. Somit ent-
hält [x] - [y] die o. Also erhält man [x] - [y] = 0, d.h. [x] LY] .

Aus der Translationsinvarianz der Metrik p(x,y) folgt auch, daB


~([x], ey]) translationsinvariant ist. Die Symmetrie für p ist klar.
Um schlieBlich die Dreiecksungleichung zu beweisen, genügt es

p(0, [x] + [y] l 2. ~ (0, [x] l +~ (0, [y] l

zu zeigen. Dazu seien x n E: LX] und yn E: [y] mit lim p (O,X n ) ~(O,[x]l
n~OO

und lim p (0, y n' p(0, [yJ ,; dann g i lt :


n~OO

~ (0 , [x] + [y] l 2. lim p (0, x n +y n' < lim~ (O,xn'+p(O,Yn']


n~OO n~OO

= ~ (0, [x])+~ (0, [y] l .

Auf die gleiche Art zeigt man auch die Stetigkeit der Multiplikation
83

mit Skalaren. Gelte närnlich [xnJ+o und tn+O, dann existiert zunächst
eine Folge x €. [x
n
J
n
mit t x +0, und wegen ~(O,L"'t x J) < p(O,t x )
nn nn - nn
folgt tn[xnJ+o, was zu zeigen war.

Damit haben wir al so gezeigt, daS X/ y mit der Metrik p([x] ,[Y]) ein
metrischer linearer Raum ist. Aus ~([xJ ,[yJ) ~ p(x,y) folgt die für
~ geforderte Bedingung 2).

1st aber Y kein abgeschlossener Unterraum, dann erfüllt ~([xJ, ey])


nicht die erste Bedingung einer Metrik. Das ist der Grund, warum wir
uns im wesentlichen nur mit abgeschlossenen Unterräumen befassen.

An dieser Stelle ist eine Bemerkung zum Begriff des "Unterraumes"


angebracht. In der Funktionalanalysis benutzt man dieses Wort per
Definition nur für abgeschlossene lineare Mengen. In Bezug auf die
in §1 angegebene Definition des Unterraumes müBte man von einem abge-
schlossenen Unterraum sprechen. Wir wollen jedoch hier der aus der
Funktionalanalysis kornrnenden Tradition folgen und wie dort nicht nur
im Falle der metrischen linearen Räume, sondern auch im allgemeinen
Falle des topologischen linearen Raumes unter einem "Unterraum" stets
eine abgeschlossene lineare Menge verstehen.

Wenn die Metrik p (x,y) nicht translationsinvariant ist, dann wird


durch Formel (2.4) im allgemeinen keine Metrik auf dem Quotientenraum
definiert, wie das folgende Beispiel zeigt:

Beispiel 11.2.7.
Es sei X ~2 der zweidimensionale reelle lineare Raum, versehen mit
der Metrik

und

die Diagonale. Die Nebenscharen von Y sind dann von der Form
84

Dann definiert Formel (2.4) keine Metrik auf X/y , da stets

~(Yr' y
ro
) = inf(larctg t-arctg tl +Iarctg(t+r)-arctg(t+r ) I)
t 0
= O.

Die sich für nicht translationsinvariante Metriken ergebenden Schwie-


rigkeiten , eine Metrik für den Quotientenraum zu definieren, kann
man mit Hilfe des folgenden Satzes von KAKUTANI beheben, den wir ohne
Beweis angeben.

Satz II. 2 .11. (KAKUTANI [1J).


Es sei X ein reeller oder komplexer metrischer linearer Raum mit Me-
trik p(x,y). Dann existiert für X eine zu p(x,y) äquivalente trans la-
tionsinvariante Metrik p' (x,y).

Einen Beweis dieses Satzes findet man zum Beispiel im Buch von
ROLEWICZ [1J.

Nun sei X ein reeller oder komplexer normierter Raum und Y ein abge-
schlossener Unterraum von X. Für den Quotientenraum X/ y ist dann

II [x] II ' = inf{llxll: xE. [xJ} (2.5)

eine Norm, denn wegen der wechselseitigen Beziehung zwischen trans la-
tionsinvarianten Metriken und F-Normen ist nach den obigen Uberlegun-
gen II [x] II , eine F-Norm. Da aber Ilxll homogen ist, ist auch II [x] II ,
homogen, also eine Norm.

1st X ein reeller halbnormierter Raum, dann zeigt man genausa wie oben,
daB auch auf dem Quotientenraum durch (2.5) eine Halbnorm definiert
wird.

Sind nun zwei metrische lineare Räume X mit der Metrik Px(x,y) und Y
mit der Metrik Py(x,y) gegeben, dann ist das kartesische Produkt Xxy
mit der Metrik

p ((x,y) , (x,y))

wiederum ein metrischer linearer Raum. Falls Px(x,y) und Py(x,y) trans-
lationsinvariante Metriken sind, ist auch p(x,y) eine translationsin-
variante Metrik. Die zugehörige F-Norm wird durch
85

II(x,y)11 = Ilxll x + /lylly

gegeben, wobei Ilxllx und IIYll y die von den Metriken px(x,y) und Py(x,y)
erzeugten F-Normen sind. Sind die F-Normen II x Il x und II y Il y homogen,
dann ist II (x,y) II eine Norm.

§ 3 Lineare Funktionale

Es seien X und y reelle oder komplexe lineare Räume. Dann heiSt eine
Abbildung f(x) von X nach Y ein "linearer Operator", falls für alle
x,y E. X

f(x+y) f(x)+f(y)

und für alle x E X und alle Skalare t

f(tx) tf(x)

gilt. Wenn Y der Skalarenkörper ist, dann heiSt f ein "lineares Funk-
'!:ional".

Eine Teilmenge Y eines reellen oder komplexen linearen Raumes X heiSt


"Linearmannigfaltigkeit", falls für alle x,yE Y und alle Skalare a,b mi
a+b=1 stets ax+by E: Y ist.

Satz 11.3.1.
Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum, Y fO X eine Linear-
mannigfaltigkeit und Xoe Y ein beliebiges Element. Dann ist Yo=Y-X o
ein linearer Teilraum von X, der nicht von der speziellen Wahl des
Elements Xo abhängt.

Beweis:
Es seien Y1' y2 E. yo· Diese Elemente haben nach Definition von yo die
Form y1 = Yl- x o' y2 =Y2- x o mit Yl' y2 eY. Sind nun a,b beliebige Ska-
lare, dann ist wegen

und a+b+(1-a-b) = 1 auch aY1+bY2+xoIEY, also aY1+bY2IEYo. Damit ist


gezeigt, daS YO ein (nicht notwendig abgeschlossener) Unterraum ist.
86

1st nun X1 E.Y ein beliebiges Element, dann ist X1 -X o E:Y o . Oa YO eine
lineare Menge ist, gilt Y-X o = Y-x o +(x o -x 1 ) = Y-x 1 • •

Man sagt, daB eine Linearmannigfaltigkeit Yc X die "Kodimension n" hat


falls der Quotientenraum X/YO n-dimensional ist, wobei YO wie oben die
lineare Menge Y-X o ' x o €. Y ist. Eine Linearmannigfaltigkeit der Ko-
dimension 1 heiBt "Hyperebene".

Satz 11.3.2.
Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum und f(x) ein auf X
definiertes lineares Funktional f f o. Dann ist

Hf = {x ~X: f(x) = 1}

eine Hyperebene, die das Element 0 nicht enthält. 1st umgekehrt Heine
Hyperebene, die die 0 nicht enthält, dann existiert ein lineares Funk-
tional f mit

H = {X6.X: f(x) 1}.

Beweis:
Sind x,y E: Hf und a,b zwei Skalare mit a+b = 1, dann ist f (ax+by) =
af(x)+bf(y) = a+b = 1, d.h. also aX+bYE.H f . Für ein beliebiges
XoE Hf ist H~ = Hf-X o der Unterraum H~ = {x 6X: f(x) = o}. Wir bilden
nun den Quotientenraum X/ao . Oa f auf jeder Nebenschar von H~ kon-
f
stant ist und umgekehrt zwei Elemente x,y€.X mit f(x) = f(y) zur glei-
chen Nebenschar von H~ gehören, hat man eine bijektive Zuordnung zwi-
schen den Nebenscharen von H~ und den Skalaren.Damit ist gezeigt, daB
X/H~ eindimensional ist. Oa f(ü) = 0 ist, liegt 0 nicht in Hf .

Nun sei eine Hyperebene H mit ü tf; H gegeben. Dann ist der Quotienten-
raum X/Ho eindimensional. Dabei ist HO der zu H gehörende lineare
Teilraum, d.h. HO = H-x ,mit x EH. Dies bedeutet: Falls e kein Ele-
o 0
ment von HO ist, enthält jede Nebenschar lxi f 0 von HO ein Vielfa-
ches von e, d.h. te E. [x] für einen Skalar t. Der Skalar t ist dabei
eindeutig bestimmt. Man definiert nun das Funktional f durch
f( [x]) = t mit te €. [x]. Offensichtlich ist für e = Xo Hf = H. •

1st X ein reeller oder komplexer metrischer linearer Raum, dann heiBt
ein auf X definiertes lineares Funktional f (bzw. Operator) ein
87

"stetiges 1ineares Funktiona1" (bzw. "stetiger 1inearer Operator") ,


fa11s f stetig ist.

Satz II. 3.3.


1st ein Funktional fIxI in einem Punkte xo~X stetig, dann ist es
im ganzen Raum X stetig.

Beweis:
Angenommen, die Fo1ge {x n } konvergiere gegen ein gewisses x E X, dann
f01gt aus der Stetigkeit der Addition, daS {x'} mit x' = x +(x -x)
n n n 0
gegen Xo konvergiert. Oa aber f in Xo stetig ist, konvergiert dann
auch {f(x~)} gegen f(x o )' Aus der Additivität von f fo1gt dann

11m (f(xn)+f(xo)-f(x»
n ......

a1so

f (x) •

Satz II.3.4.
Es sei X ein reel1er oder komp1exer metrischer linearer Raum. Ein
auf X definiertes 1ineares Funktiona1 fIxI ist genau dann stetig,
wenn die zugehörige Linearmannigfa1tigkeit Hf = {x ~X: fIxI = 1}
abgesch10ssen ist.

Beweis:
Angenommen, das Funktiona1 fIxI sei stetig und {x } sei eine Fo1ge
n
von E1ementen der Hyperebene Hf , die gegen ein x e: X konvergiere. Oa
f(x n ) = 1, n = 1,2, ..• , ist, fo1gt aus der Stetigkeit von f, daS
auch f (x) = 1, a1so x e Hf ist.

Nehmen wir nun andererseits an, daS das Funktiona1 fIxI nicht stetig
ist. Oann fo1gt aus dem zu1etzt bewiesenen Satz, daS f nicht in 0
stetig ist. Es existiert al so eine Nul1fo1ge {xm} und eine positive
Zah1 E, so daS !f(xm)! > E ist. Oa die Folge {f(~m)} beschränkt ist,
enthält sie nach dem Satz von BOLZANO-WEIERSTRASS eine konvergente
xm
Teilfo1ge {f(X~n)} Also ist {y } mit y = f( n ) eine Nul1fo1ge.
n n xm
n

Nun ist aber f(Yn)


geschlossen. •
88

Wir bemerken hier, daB es metrische lineare Räume gibt, bei denen nur
das identisch verschwindende lineare Funktional stetig ist. Aller-
dings existiert für einennormierten Raum stets ein von Null verschie-
denes stetiges lineares Funktional, wie wir zeigen werden.

Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum, dann heiBt die Men-
ge aller auf X definierten linearen Funktionale der "Dualraum"von X.
Er wird mit X' bezeichnet. Die Summe zweier linearer Funktionale
f ,9 E XI wird dann durch

df
(f+g) (x) f(x)+g(x)

definiert und die Multiplikation mit Skalaren durch

df
(U) (x) tf(x)

Mit diesen Verknüpfungen ist X' ein linearer Raum über dem zugehöri-
gen Skalarenkörper.

Ist nun X ein metrischer linearer Raum, dann bezeichnet x* die Teil-
menge aller stetigen linearen Funktionale des Dualraumes X'. Da so-
wohl die Summe zweier stetiger Funktionen als auch die Multiplika-
tion einer stetigen Funktion mit einem Skalar eine stetige Funktion
ergibt, ist auch x* ein linearer Raum. Wir nennen ihn den zu X
"konjugierten" Raum.

Wir untersuchen nun die Frage, ob auf x* eine Metrik existiert, so


daB 1) X· mit dieser Metrik ein metrischer linearer Raum ist und
2) die Abbildung (f,x)+f(x) eine in beiden Veränderlichen f,x stetige
Funktion ist, d.h. wenn fn+f und xn+x, dann gilt fn(xn)+f(x).

Man kann zeigen, daB man eine derartige Metrik nicht immer definieren
kann; sie existiert jedoch für den besonders interessanten Fall der
normierten Räume, wie wir jetzt zeigen werden.

Dazu sei X ein reeller oder komplexer normierter Raum. Dann definiert
man für ein stetiges lineares Funktional f E X· die "Norm" durch

II f 1\ sup If(x) I. (3.1)


Ilx~ ~1
89

Wir zeigen zunächst, daB das in Formel (3.1) angegebene Supremum


stets existiert. Angenornrnen, dies wäre nicht der Fall, dann existiert
eine Folge {x n } mit II x n II .::. 1 und f (x n ) > n 2 • Oa {x n } beschränkt ist,
x
konvergiert {~} gegen Null und aus der Linearität von f folgt
x
1ft :) I ~ n, was der Stetigkeit von f widerspricht.

Wir weisen nun die Bedingungen einer Norm für II f I nach. Für das iden-
tisch verschwindende Funktional 0 gilt

11011 = sup 0 = 0,
II x 11.::.1

und ist ~f~ = 0, dann ist für jedes x 40

also If(x)1 = 0, d.h. f = o.

Die Dreiecksungleichung ergibt sich so:

Ilf+gll = sup If(x)+g(x)!.::. sup If(x) 1+ sup Ig(x) I II fll+llgll,


II xll.::.1 Il x ll.::.1 Il x l[.::.1

und die Homogenität folgt aus

Iltfll = sup Itf(x) I = Itl sup If(x) I It III fll·


Il x ll'::'1 Il x ll.::.1

Wir bemerken noch, daB stets die folgende Abschätzung

I f (x) I .::. II f II . II x II

gilt. Für x = 0 ist sie trivial und für x +0 folgt sie aus

Aus dieser Abschätzung folgt dann, daB aus xn+x und fn+f stets
fn(xn)+f(x) folgt. Die Dreiecksungleichung ergibt närnlich
90

Aus fn .... f folgt die Beschränktheit von {llfnll}. Für x n .... x und fn .... f folgt
dann fn(xn) .... f(x).

1st X ein reeller normierter Raurn, dann gilt sogar

~f~ = sup f(x). (3.2)


Il x ll2. 1

Aus der Definition von ~fll folgt zunächst die Existenz einer Folge
{x n } mit Ilxn[I2.1 und limlf(xn) I ~f[I. Setzt man nun
n .... co

falls f(x n ) > 0


Yn
= {-:: falls f(x n ) < 0

dann ist ~Yn~2.1, f(y n ) I f (x ) I und lim f(y n ) II f II, womi t alles ge-
n n .... co
zeigt ist.

Im Falle eines komplexen normierten Raurnes hat Formel (3.2) die Ge-
stalt:

sup re f(x), (3.2) I

II x 112.1
wobei man wie üblich mir re a den Realteil der komplexen Zahl a be-
zeichnet. Formel (3.2) I wird genausa wie Formel (3.2) bewiesen.
Man wähle närnlich eine Folge {x n } mit II xnll2.1 . und lim I f (x n ) I = ij fjj.
n .... co
Setzt man nun

If (x )
n
I

dann ist [I Ynll 2.1 , re f(y n ) = f(y n ) If(x n ) I. Wegen re f(x)2.lf(x) I er-
hält man dann Formel (3.2) I .

Das Supremurn in den Formeln (3.1), (3.2) und (3.2) I kann wegen der
Stetigkeit des Funktionals f auch über die offene Einheitskugel bzw.
wegen der Homogenität von f auch über die Sphäre S = {x: \lxll=1} ge-
nornrnen werden.
91

Im Falle der halbnormierten Räume, d.h. der reellen linearen Räume mit
Halbnorm wird durch Formel (3.2) auf dem konjugierten Raum eine Halb-
norm definiert, für die natürlich auch die Abschätzung If(x) 1~..IIfll·llxll
gilt.

1st X nun ein reeller linearer normierter (bzw. halbnormierter) Raum


mi t Norm (bzw. Halbnorm) II x II, dann ist die zugehörige Einhei tskugel

K = {x E. X: II x 11< 1 }

eine offene, konvexe, symmetrische (bei einer Halbnorm ist nur 0 E. K)


Menge, und es besteht eine bijektive Zuordnung zwischen der Menge der
Normen (bzw. Halbnormen) llxll und den entsprechenden Mengen K.

Nun sei fE x* ein stetiges lineares Funktional auf X mit Norm 1, d.h.
IIfll = 1. Wir stellen uns nun die Frage, wie die Einheitskugel K zur
Hyperebene Hf = {x e X: f (x)=1} liegt. Zunächst kann man bemerken, daS
für jedes x eK wegen IIxll<1 und der Definition von IIfll stets
f(x)~~fll·~x~<1 ist, d.h. die Kugel K und die Hyperebene Hf sind zuein-
ander disjunkt.

Wei terhin existieren zwei Folgen I x }, {y } mit x e. K, Y e. Hf , so daS


1 n n n n
limllxn-Ynll=o ist.
n+oo

Diese Folgen findet man etwa so: nach Defini tion von II f II existiert
eine Folge {xn } von Elementen aus K mit lim f(xn)=~f\I. Setzt man nun
n+oo
1
y = ~ x n ' (f(x n ) f 0), dann ist yn € H f und es gilt:
n
n

lim IIx n -y nii o.


n+oo

Wir nennen eine Hyperebene Heine "Stützhyperebene" an eine offene


konvexe Menge K, wenn zunächst K und H disjunkt sind, und weiterhin
zwei Folgen {xn } und {y }, x EO K, Y H mit limllx -y II = 0 existieren.
Eo
n n n n n
n+oo
In dieser Terminologie ist al so für jedes Funktional f EO: x* mit II f II = 1
die Hyperebene Hf eine Stützhyperebene an die Einheitskugel.

Angenommen, es existiere eine abgeschlossene Hyperebene H, die Stütz-


hyperebene an die Einhei tskugel K : = {x G X: 1\ xii <1} ist. Dann existiert
auch ein stetiges lineares Funktional f, so daS H = Hf = {x 6. X: f (xl =1 }
92

ist. Wir zeigen nun, daS II f II = 1 ist. Sei nämlich x E K, dann ist
Ux~<1 und da K und H disjunkt sind, ist flx) < 1. Weiterhin existie-
ren zwei Folgen {x n } und {y n } mit x n E K, Yn e H, für die
lim II x n -Y n II = 0 ist. Da Y n e. H, ist f Iy n ) = 1. Dami t folgt aus der
n .....
Stetigkeit von f, daS lim flxn-y n ) lim flx n )-1 =0 ist, d.h.
n+m n+ m

IIfll = sup flx) = 1 .


I x 11<1
Damit haben wir also insgesamt gezeigt, daS eine bijektive Zuordnung
zwischen den abgeschlossenen Stützhyperebenen an die Einheitskugel
und den stetigen linearen Funktionalen mit Norm 1 existiert.

Eine Hyperebene H heiSt "Tangentialebene" an eine offene konvexe Men-


ge K, falls H" K = ~ ist und eine Folge {x } mit x € K existiert,
n n
die gegen ein xeH konvergiert. Jede Tangentialebene ist natürlich
auch eine Stützhyperebene, umgekehrt stellt sich jedoch heraus, daS
es Stützhyperebenen gibt, die keine Tangentialebenen sind.

Um dies zu zeigen, bemerken wir, daS eine Stützhyperebene H genau


dann eine Tangentialhyperebene an die Einheitskugel K ist, wenn ein
x €. H mit II x II = 1 existiert.

Beispiel II.3.1.
Es sei X L1 [0,1J und das lineare Funktional f sei von der Form

1
flx) J txlt)dt .
o

Dann bemerken wir zunächst, daS

1 1
flx) < Jltxlt) Idt < Jlxlt) Idt
o 0
II x ll 13.3)

ist. Daraus folgt, daS UfU < 1 ist.


Setzt man nun

wobei XA wie üblich die charakteristische Funktion der Menge A bezeich-


93

net, dann ist einerseits

1
f xn(t)dt n • -
n
o

und andererseits

1 1 1 1
f
o
txn(t)dt = n
1-1
f tdt > n(1- n)·n 1 - -
n
n

Also ergibt sich

Ilfll = sup If(x) I > 1 ,


IIxll~1

und wegen der bereits gezeigt umgekehrten Ungleichung folgt II f II = 1.

Da jedoch die Ungleichung (3.3) scharf ist, existiert kein Element


XEX mit Norm 1, für das f(x) = Ilfll = 1 ist.

§ 4 Endlich-dimensionale Räume

Es sei X ein reeller oder komplexer n-dimensionaler metrischer line-


arer Raum mit Basis {e 1 , .•• ,e n }.

Ist nun

eine Folge von n-Tupeln von Skalaren, für die

lim t~ = t i ' i=1 ,2, .•. ,n (4. , )


m-"'''
gilt, dann folgt aus der Stetigkeit der Addition und der Multiplikation
mit Skalaren, daB die Folge

m
x (4.2)

gegen das Element

(4.3)
94

konvergiert.

Satz II. 4.1.


Konvergiert eine Folge von Elementen der Form (4.2) gegen ein Element
x der Form (4.3), dann gilt Formel (4.1).

Beweis: Wegen der Stetigkeit der Addition ist der Satz nur für x=O
zu beweisen.

Aus der Konvergenz folgt zunächst, daB {xm} eine beschränkte Menge
ist. Also ist auch für jedes i=1 ,2, ... ,n die Folge der Koeffizienten
{t~} beschränkt. Nach dem Satz von BOLZANO-WEIERSTRASS kann man eine
Te~lfOlge {mk} auswählen, so daB jede Folge {t:k } gegen ein gewis-
ses t i konvergiert. Angenommen, eines der t i sei nicht Null.

Aus der Stetigkeit der Addition und der Multiplikation mit Skalaren
erhält man dann

und da nicht alle t i Null sind, ergibt dies einen Widerspruch zur
linearen Unabhängigkeit der Elemente e 1 , ... ,e n . •

Als Folgerung aus Satz II.4.1 erhält man:

Satz II.4.2.
Jeder endlich-dimensionale metrische lineare Raum ist vollständig.

.
Bewe1S: E ' { e 1 , ... ,e }e1ne
s se1 . B ' von X un d x m = t me + ... +tme
aS1S
n 1 1 n n
eine CAUCHY-Folge. Da dann für jedes i=1,2, .•• ,n auch

{t~} eine CAUCHY-Folge ist, gibt es Skalare t. mit lim t~ = t .. Aus


1 1 m 1 1
der Stetigkeit der Addition und der Multiplikation mit Skalaren folgt
dann, daB die Folge {xm} gegen das Element x = t 1 e 1 + ... +t n e n konver-
giert. •

Satz II. 4.3.


Es sei X ein endlich-dimensionaler metrischer linearer Raum. Dann
existiert in X eine Umgebung der Null, deren AbschluB kompakt ist.
95

Beweis:
lst {e 1 , ••• ,e n } eine Basis von X, dann ist die Menge

U = {x: x

eine Umgebung der Null, deren AbschluB nach dem Satz von BOLZANO-
WElERSTRASS kompakt ist. •

Nun sei X ein reller oder komplexer n-dimensionaler Raum mit Basis
{e 1 , ... ,e n } und f(x) ein auf X definiertes lineares Funktional. Aus
der Linearität von f folgt dann, daB für jedes x = t 1 e 1 + ... +t n e n E X
stets

f(x) (4.4)

mit

i=1 ,2, ... ,n

gilt. Umgekehrt wird natürlich durch Formel (4.4) stets ein lineares
Funktional definiert. Wird nun für jedes i=1,2, •.• ,n das lineare
Funktional f. durch
~

definiert, dann folgt aus Formel (4.4), daB sich jedes auf X definier-
te lineare Funktional eindeutig in der Form

(4.5)

mit ai = f(ei) , i=1,2, .•. ,n darstellen läBt. Damit ist insbesondere


gezeigt, daB der Dualraum X' wiederum n-dimensional ist.

lst nun x m t~e1+ ••. +t:en eine Folge von Elementen aus X, die gegen
x = t 1 e 1 + ••. +t n e n konvergiert, dann ist nach Satz ll.4.1 stets

lim t~ ti , i=1,2, •.. ,n. Nach Formel (4.4) gilt dann


m.....

woraus
96

folgt.

Oamit haben wir also gezeigt:

Satz II. 4.4.


In einem endlich-dimensionalen reellen oder komplexen metrischen line-
aren Raurn X ist jedes lineare Funktional stetig, d.h. X* = X', und es
gilt dim X = dim X'.

Als Konsequenz von Satz II.4.3 erhält man:

Satz II.4.5.
Es sei X ein endlich-dimensionaler reeller oder komplexer metrischer
linearer Raurn und K eine offene konvexe und beschränkte Teilmenge
von X. Oann ist jede Stützhyperebene H an K auch eine Tangentialhyper-
ebeneo

Beweis:
Nach Oefinition der Stützhyperebene ist H n K = lIl, und es existieren
Folgen {x } und {y n} mit x n
n
E. K, Yn E H, so daB lim Ilx n -y n II = 0 ist.
n+ oo
Nach Satz II.4.3 gibt es eine Umgebung der Null, deren AbschluB kom-
pakt ist. Oa K nach Voraussetzung beschränkt ist, existiert ein Ska-
lar b mit K e bU. Weil bU kompakt ist, ist auch K kompakt. Man kann
also aus {x } eine gegen ein x Eo X konvergente Teilfolge {x } auswäh-
n nk
len. Für die Teilfolge {nk } der Indizes hat man dann:

woraus y ->- x folgt. Oa H abgeschlossen ist, folgt x Eo H, womi t alles


nk
gezeigt ist. •

Korollar II.4.6.
Es sei X ein endlich-dimensionaler reeller oder komplexer halbnormier-
ter Raum. Oann existiert zu jedem linearen Funktional f ein XEX mit
II x II = 1, so daB f (xl = II f II ist.

Nun sei X ein endlich-dimensionaler reeller normierter bzw. halbnormier-


ter Raum und K = {x: II x 11< 1} die Einhei tskugel. Wir fragen j etzt nach
der geometrischen Gestalt der Einheitskugel im Oualraurn X' = X*.
97

Zu j eder Norm bzw. Halbnorm II x II, die durch eine entsprechende Formel
gegeben wird, kann man die Norm eines Funktionals aus dem konjugier-
ten Raum berechnen und somit rein rechnerisch die Einheitskugel in
x* bestimmen. Bei vielen in der Technik auftretenden Problemen wird
die Einheitskugel in X jedoch aufgrund von experimentellen Daten als
die konvexe Hülle einer gewissen Menge gegeben. Daher geben wir hier
noch eine rein geometrische Konstruktion für die zugehörige Einheits-
kugel im Dualraum an.

Da sowohl X als auch X' n-dimensionale lineare Räume sind, bestimmen


sie im 'IR n zwei Normen Ix~ und I x II' deren zugehörige Einhei tskugeln
K = {x: IIxll<11 und K' = (x: IIxll'<1} sind. Man kann nun aus der Kennt-
nis der Kugel K rein geometrisch die Kugel K' konstruieren. Definiert
man sich im 'JR nein Skalarprodukt durch <x,y) = x 1 Y1+x 2Y2+" .+xnY n '
dann verläuft die Konstruktion wie folgt: Man nehme eine Tangential-
hyperebene H an K und projeziere die Null orthogonal auf H. Die Menge
aller dieser Bildpunkte der Null bezeichnen wir mit Ko ' Spiegelt man
nun Ko am euklidischen Einheitskreis, d.h. führt man eine Inversion
durch,die jedem x K 1 >
-x,x
<
E.
o den Punkt x' = ax mit a = zuordnet,
dann erhält man die Einheitskugel K'. Dies ist zumindest für die Di-
mensionen n=2,3 eine recht hübsche geometrische Konstruktion der Ein-
heitskugel des Dualraumes.

Om zu beweisen, daB man auf diese Art stets die Einheitskugel K' er-
hält, genügt es zu zeigen, daB der oben konstruierte Punkt x' als ein
lineares Funktional mit Norm <1 angesehen werden kann.

Dazu sei Heine Tangentialhyperebene an K. Dann existiert ein line-


ares Funktional f(x) = a 1 t 1 + ... +a n t n , mit x = (t 1 , ... ,t n ), so daB

H = {x: f(x) = 1} ist. Da der Vektor a= (a 1 , •.. ,a n ) orthogonal zu H


ist, also dieselbe Richtung wie x €K
o
hat, ist x =
1
aa. Aus f(x)=1
folgt dann, daB a(a,a) = 1 ist, also x = ----- a. Spiegelt man X6K o
<a,a)
am euklidischen Einheitskreis, also x' bx, dann erhält man
x' = a~ f, womit alles gezeigt ist.

In den Abbildungen II.4.1 - II.4.2 wird diese Konstruktion im zwei-


dimensionalen Raum an zwei Beispielen erklärt. (Wir bemerken, daB man
im allgemeinen die höher dimensionalen Figuren nicht durch Drehung um
eine senkrechte Achse erhält.) Zu den Zeichnungen ist weiter nichts
zu bemerken. Wir erinnern lediglich an die Eigenschaften der Inver-
98

sion, die im zweidimensionalen Fall Kreise in Kreise und im drei-


dimensionalen Fall Sphären in Sphären überführt. Dabei werden Gera-
den (bzw. Ebenen) als Kreise (bzw. Sphären) mit unendlichem Radius
verstanden. Insbesondere werden Kreislinien (bzw.Sphären), die durch
den Nullpunkt gehen, in Geraden (bzw. Ebenen) transformiert. Die
zweite wichtige Eigenschaft der Inversion ist die Winkeltreue. Ins-
besondere geht jeder Kreis, der den Einheitskreis unter einem rech-
ten Winkel schneidet, als Ganzes in sich über.

Angenommen, die Kugel K habe eine Ecke. (Formal ist ein Extremalpunkt
von K gemeinti vergl. auch S. 157). Dann bilden die Projektionen der
Null aufdie Tangentialhyperebenen der Ecke einen Kreisbogen (bzw.
ein Stück einer Sphäre), der bei der Inversion in ein Intervall
(bzw. ein Stück Ebene) übergeht. Auf diese Art sieht man also, daS
durch den Ubergang von K nach K' aus Ecken Geradenstücke (bzw. Flächen-
stücke) und aus Geradenstücken Ecken werden .

...... ' •
.' ;I'
, , . ."",.._ ........ , .
."
••;1 ",
,
."--_..:._-- ...,.,
'.
;I' '.

/ " "/
;I" '..... -.... /
.
,.. ... . - . -..... ' "

.. 1/ ,'. '.
I i ,\ \
: ./ \\ ~
\
! !, \\ \ \.
i. !I I \', I.
. .I
\~ \. \
I,
I·I ,:
.
i /
". .
.' \

\\ \\'.' li l I
./
/ \
i
.'"" ......---;1(..---
I
// i
/ / ..
"',' '.

_...... '-.-' ,,"


. / .'~ /.
\
/
/
I i
i
"'., " .'
~""*,,._.=:;,
--.
_____ Jl
'., ..... -._._ ...... /"
, .. " "
.'
.'
'. .'
",

----2 _.-._. 3

Abb. 11.4.1 und 11.4.2. Linie 1 - euklidische Einheitskugel; Linie 2 - die Kugel K;
Linie 3 - die Figur Ko ; Linie 4 - die Einheitskugel K' im
konjugierten Raum
99

1st insbesondere Kein Polygon (Polyeder), dann ist K' ebenfalls


ein Polygon (Polyeder), wobei die Anzahl der Ecken von K' gleich der
Anzahl der Seiten von K und die Anzahl der Seiten von K' gleich der
Anzahl der Ecken von K ist (bzw. die Anzahl der Ecken von K' gleich
der Anzahl der Flächen von K und die Anzahl der Flächen von K' gleich
der Anzahl der Ecken von K ist.).

§ 5 Die Fortsetzung von Funktionalen

Es sei Xo ein Unterraum eines reellen normierten (bzw. halbnormier-


ten) Raumes X mit Norm (bzw. Halbnorm) Ilxll. Es stellt sich dann die
Frage, ob sich jedes auf Xo definierte stetige lineare Funktional f
auf ganz X fortsetzen läBt, d.h. ob es ein auf ganz X definiertes
stetiges lineares Funktional F mit F (x) = f (x) für x E X o gibt.

Satz II.5.1. (HAHN [1], BANACH [1J - [2J).


Es sei Xo ein Unterraum eines reellen normierten (bzw. halbnormierten)
Raumes X mitNorm (bzw. Halbnorm) Il x Il und Xo habe die Kodimension 1.
Dann läBt sich jedes auf Xo definierte stetige lineare Funktional f
zu einem auf X definierten stetigen linearen Funktional F fortsetzen,
und zwar unter Erhaltung der Norm, d. h. I! F Il = Il f II.

Beweis:
Es sei y ein beliebiges Element des Raumes X, welches nicht in Xo
liegt. Da X o die Kodimension 1 hat, läBt sich jedes x E X auf genau
eine Art in der Form

x = ty + x'

mi t x I E Xo schreiben.
Nach Definition der Norm gilt für je zwei beliebige Elemente x',x"
von Xo

f (x ') +f (x II = f(X'+X") ~ Ilfll·ll(y+x')+(-y+x")11 <

~llf!( II y+x I 1\ + II-y+x "11) ,

woraus

f(x")-lIfll·ll-y+x"11 < -f(x ' )+lI f ll·lly+x' ll


100

folgt. Da diese Ungleichung für alle x', x"~Xo gilt, ist

A sup [f(x" )-~fll·i-y+x"IIJ ~ inf [-f(x')+llfIHy+x'II] B.


X"E X o X'E.X o

Nun sei e eine beliebige reelle Zahl mit A~c~B. Dann definiere man
das Funktional F auf ganz X durch

F (x) te + f (x ') ,

wobei x im Sinne der Formel (*) durch x ty + x', mit x' € Xo ge-
geben ist.

Zur Berechnung von II F II nehmen wir zunächst t>O an. Dann ist

F(x) = tc+f(x') ~ tB+f(x') ~ t(-f(~')+llfll·IIY+~'II)+f(x')

= -f(x')+llfll·jty+x'll+ f(x') = Ilfll·llxll,

also II F II ~ II f II·

Für t<O erhält man die umgekehrte Ungleichung, wenn man anstelle von
c~B die Ungleichung A~c benutzt. •

Wir bemerken, daB man diesen Satz nur für Funktionale der Norm , zu
beweisen braucht, da er dann offensichtlich bereits für alle stetigen
linearen Funktionale gilt. Für Funktionale der Norm , hat jedoch der
Beweis von Satz 11.5.1 eine hübsche geometrische Interpretation. Sei
etwa X1 = {X€X o : f(x) = O}, dann ist X1 ein Unterraum von Xo und so-
mit auch Von X. Da X1 in Xo die Kodimension 1 hat und XOCX ebenfalls
ein Unterraum der Kodimension 1 ist, hat der Quotientenraum X/X, die
Dimension zwei. Die Norm (Halbnorm) des Raumes X bestimmt dann eine
Norm II II (bzw. Halbnorm) für X/X1' und die zugehörige Einheitskugel K
ist dann eine offene konvexe und symmetrische (bzw. es ist nur 0 € K)
Menge. Der Raum Xo bestimmt dann eine Gerade im Raum X/x 1 . Die Punkte
x €X o mit f(x) = , sind dann die Schnittpunkte dieser Geraden mit der
Sphäre S = {y E. X/X, ilYll = 1}.

Satz II.5.' kann man nun auch so interpretieren. Im zweidimensionalen


Raum sei eine offene konvexe Menge gegeben, die die Null enthält. Dann
existiert durch jeden Randpunkt dieser konvexen Menge eine Gerade, die
101

diese Menge nicht schneidet. Der Beweis von Satz 11.5.1 ist de facto
der analytische Nachweis dieses geometrischen Sachverhalts.

Aus Satz 11.5.1 erhält man unmittelbar:

Satz II.5.2. (HAHN [1J, BANACH [1J - [2J).


Es sei Xo ei~ Unterraum eines reellen normierten (bzw. halbnormierten)
separablen Raumes X. Dann läBt sich jedes auf Xo definierte stetige
lineare Funktional f zu einem auf X definierten stetigen linearen
Funktional F fortsetzen, und zwar unter Erhaltung der Norm, d.h.

Beweis:
Es sei {x n } eine dichte Folge in X und Xn = Lin{x o v{x 1 , ... ,x n }}.
Offensichtlich ist dann entweder Xn = Xn + 1 oder Xn ist ein Unterraum
von Xn + 1 der Kodimension 1. Nach Satz 11.5.1 kann man dann durch
Induktion f zu einem stetigen linearen Funktional F, welches auf der
rv oo
in X dichten linearen Menge X n~1 Xn definiert ist, fortsetzen, so

daB IIF II II f II ist.

rv
Nun sei y X und {y n } eine Folge von Elementen aus X, die gegen y
EO:

konvergiert. Oa F stetig ist, ist {F(y n )} eine CAUCHY-Folge, die ge-


gen eine gewisse reelle Zahl a konvergiert. Man definiert dann
F(y) := a. Auf diese Art hat man F auf ganz X fortgesetzt, und man
sieht leieht, daB dabei die Norm erhalten bleibt. •

1st jedoch X ein reeller normierter (halbnormierter) Raum, der nicht


separabel ist, dann werden die entsprechenden Beweise wesentlich kom-
plizierter. Alle bekannten Beweise beruhen auf der axiomatischen Men-
gentheorie und dem Auswahlaxiom. P. COHEN hat gezeigt, daB das Aus-
wahlaxiom von den übrigen Axiomen der Mengenlehre unabhängig ist. So-
ba Id wir in diesem Buch das Auswahlaxiom benötigen, werden wir darauf
besonders hinweisen. Um den zu Satz 11.5.2 analogen Satz für nicht se-
parable Räume zu beweisen, benutzen wir ein zum Auswahlaxiom äquiva-
lentes Axiom, das auch als "Lernma von KURATOWSKI-ZORN" bekannt ist.

Man sagt, daB für eine Menge X eine "Halbordnung -3" def iniert ist,
falls die folgenden Bedingungen erfüllt sind: x~x; x~y und y~x impli-
ziert x=y und aus x~y und y~z folgt x~z. Eine Teilmenge Y e X heiBt
dann "wohlgeordnet", falls für alle x,ye:.Y entweder x~y oder y~x gilt.
1st A e X irgend eine Teilmenge, dann heiBt x A ~ A ein "maximales Ele-
102

ment" von A, falls aus XA-iX, xeA stets x=x A folgt. Eine Menge kann
offensiehtlich mehrere maximale Elemente enthalten.

Lemma von KURATOWSKI-ZORN:


Es sei X eine Menge, für die eine Halbordnung ~ definiert ist. AuSer-
dem existiere zu jeder wohlgeordneten Teilmenge A e X ein a E. X, so daS
für alle x e A stets x~a ist. Dann hat X ein maximales Element.

Mit Hilfe dieses Axioms (wobei wir beaehten, daS das Lemma von KURA-
TOWSKI-ZORN entgegen seiner Bezeiehnung ein Axiom ist) beweist man
dann leieht:

Satz IL5.3. (HAHN [1J, BANACH [1J, [2J)


Es sei Xo ein Unterraum eines reellen normierten (bzw. halbnormierten)
Raumes X. Dann läBt sieh jedes auf Xo definierte stetige lineare
Funktional f zu einem auf X definierten stetigen linearen Funktional F
fortsetzen, und zwar unter Erhal tung der Norm, d. h. II FII = II f II.

Beweis:
Es sei et die Menge aller linearen Funktionale F, die auf einem ge-
wissen Teilraum XF von X mit Xo e XF definiert sind, und für die noeh
gilt, daB IIFII = IIfll und für alle XEX stets f(x) = F(x) ist. AufO(.
o
def inieren wir eine Halbordnung ~: F -,3 G genau dann, wenn XF c. XG und
für alle x EX F gilt G(x) = F(x). Nun sei ~ eine wohlgeordnete Teil-
menge von oi... Dann ist für je zwei F,G 6 ~ entweder F eine Fortsetzung
von G oder G eine Fortsetzung von F. Wir definieren nun ein lineares
Funktional

= u
F€~
X
F

dureh Fh (x) = F(x), für x 6XF • Wegen der Wohlordnung von"&" ist
F~ eindeutig definiert und es gilt F~E et . Weiterhin ist für jedes
Fe tr naeh Konstruktion stets F -:l F~ • Also existiert naeh dem Lemma
von KURATOWSKI-ZORN ein maximales Element Fo von at. Wir zeigen nun,
daB XF = X ist. Angenommen, es gelte XF t X, dann gibt es ein
o 0
y E. X \ XF . Da nun XF in X1 = lin {XF U {Y} }ein Unterraum der Kodimen-
o 0 0
sion 1 ist, läBt sieh naeh Satz II.5.1 das Funktional F unter Erhal-
o
tung der Norm zu einem stetigen linearen Funktional F 1 auf X1 fort-
setzen. Dies widersprieht aber der Tatsaehe, daB F ein maximales
o
Element ist. •
103

Satz 11.5.4. (BOHNENBLUST-SOBCZYK [1J).


Es sei Xo ein Unterraum eines komplexen normierten Raumes X. Dann
läBt sich jedes auf Xo definierte stetige lineare Funktional f zu
einem auf X definierten stetigen linearen Funktional F fortsetzen,
und zwar unter Erhal tung der Norm, d. h. II F 1\ = II f II.

Beweis:
Zum Beweis dieses Satzes fassen wir X zunächst als einen reellen nor-
mierten Raum auf. 1nsbesondere ist dann das auf Xo definierte reell-
wertige lineare Funktional re f(x) (also der Realteil von f(x» ste-
tig. Nach Satz 11.5.3 (für separable Räume genügt Satz 11.5.2) kann
re f(x) zu einem auf ganz X definierten reellwertigen stetigen linea-
ren Funl<tional ~ mit II FII = II re f II fortgesetzt werden. Das Funktional
'" '"
F(x) = F(x)-iF(ix) ist dann ein stetiges additives Funktional (d.h.
F(x+y) = F(x)+F(y», das bezüglich der Multiplikation mit reellen
Zahlen homogen ist. Wir zeigen jetzt,daB F auch bezüglich der Multipli-
kation mit komplexen Zahlen homogen ist. Es gilt nämlich:

'" '"
F«a+ib)x) = F«a+ib)x)-iF(i(a+ib)x)

rv rv 'v rv
aF(x)+bF(ix)-iaF(ix)+ibF(x)

'" '"
(a+ib)F(x)-(a+ib)iF(ix) = (a+ib)F(x).

Weiterhin zeigen wir, daB F eine Fortsetzung von f ist. Dazu bemerken
wir zunächst, daB für ein Funktional f, welches bezüglich der Multipli-
kation mit komplexen Zahlen homogen ist, stets f(ix) = if(x) und somit

im f(x) = - re f(ix)

gilt. Für jedes x E.X o ist somit

'v 'v
F(x) = F(x)-iF(ix) = re f(x)-i re f(ix) = re f(x)+i im f(x) = f(x),

d.h. F ist eine Fortsetzung von f. 1nsbesondere ist also IIFII.:.llf\I.


Zu zeigen bleibt noch die umgekehrte Ungleichung. Es gilt aber

IIFII sup IF(x) I = sup sup IF(ax) I


Ilxll~1 I\xll~1 lal=1
sup sup re F(ax) = sup re F(x) II re F II.
IIx 1I~1 I a I =1 Ixll~1
104

'v 'v
Wegen re F(x) F (x) i s t II F II IIFII II re f II < II f II, womit alles gezeigt
ist. •

Aus den Sätzen 11.5.3 - 11.5.4 ergeben sich eine Reihe wichtiger Kon-
sequenzen.

Satz 11.5.5.
Es sei X ein reeiier oder kompiexer normierter Raurn (oder ein reeiier
haibnormierter Raurn). Dann existiert zu jedem X o "'- X ein stetiges iine-

ares Funktionai f mitNorm 1, so daB f (x o ) = II xoll ist.

Beweis:
'v 'v
Es sei f das auf Xo = Lin{x o } mitteis f(x) = a~xo~' ~ = ax o ' defi-
nierte lineare Funktional. Da für alle XE.X stets If(x)1 ~ Ilxll ist,
'v 'v 0
hat man II f II = 1. Setzt man nun f unter Erhaitung der Norm zu einem
Funktionai auf ganz X fort, dann ist der Satz bewiesen. •

Koroiiar 11.5.6.
Es sei X ein reeiier oder kompiexer normierter Raurn (oder ein reeiler
haibnormierter Raurn). Dann ist

Ilxll = sup If(x) I (bzw. II x II sup f (xl) .


Ilfll ~1 Ilfll~1

Nun sei wieder X ein reeiier oder kompiexer normierter Raum (bzw. ein
reeiier haibnormierter Raurn) und X* bezeichne den konjugierten Raurn
von X, der nach den obigen überiegungen (siehe § 3) ebenfaiis ein
reeiier oder kompiexer normierter Raum (bzw. ein reeiier haibnormier-
ter Raurn) ist. Mit x** = (X*)* bezeichnet man den konjugierten Raum
von X* und nennt ihn den "zweiten konjugierten Raurn" von X.

Jedes x o "'- X definiert nun durch F (f) q,f f(x ) ein stetiges iineares
Xo 0

Funktionai F
Xo
auf x*. Offenbar ist F
Xo
iinear. Die Stetigkeit foigt

aus

IF Xo (f) I (5 •1)

(bzw. F x (f) = f(x o ) ~ ~xol' ~f~)


o

Die Abbiidung, die j edern Xo E. X das stetige iineare Funktionai F x Eo x**


o
105

zuordnet, heiSt die "kanonisehe Einbettung" von X in den zweiten kon-


jugierten Raum. Sie wird mit n bezeiehnet, also n(x o ) = FX • Der
o
Operator n ist offensiehtlieh linear und aus Formel (5.1) folgt zu-
näehst, daS IInll2..1 ist. ~veiter folgt aus der Definition der kanoni-
sehen Einbettung und Korollar 11.5.6, daS für jedes x E: X

Iln(x)11 = IIF II = sup IF (f) I = sup If(x) I = Ilxij


x Il f ll2..1 x Ilfll2..1

(bzw. ~n(x)1I = IIF II = sup F (f) = sup f(x) = ~xll)


x Ilfll2..1 x Ilfll2..1

gilt, womit gezeigt ist, daS die kanonisehe Einbettung eine Isometrie
ist.

Als weitere wiehtige Folgerung aus Satz 11.5.3 erhält man die soge-
nannten "Trennungssätze", die zuerst von MAZUR [1J bewiesen wurden.

Es sei X ein reeller normierter bzw. halbnormierter Raum. Man sagt


dann, daS sieh zwei konvexe Mengen A, B e X "trennen" lassen, falls
ein f E. xI- und eine reelle Zahl e existieren, so daS

{
< e für x eA
f(x) (5.2)
> e für x € B

gilt.

Weiterhin sagt man, daS sieh A und B "strikt trennen" lassen, falls
es ein fE. x*, eine reelle Zahl e und ein positives e: gibt, so daS

[
< e für x E. A
f(x) (5.3)
> e+e: , für x E. B

gilt.

Satz II.5.7.
Es sei A ~ X eine konvexe Menge mit nieht leerem Inneren, also IntAf!2!,
Ferner sei x € X "IntA. Dann läSt sieh {x} von der Menge A trennen.
106

Beweis:
Für einen beliebigen Punkt X o € IntA enthält die Menge A-x o die 0 in
ihrem Inneren und bestimmt somit eine Halbnorm II Il. Nach Satz II. 5.5
existiert dann ein lineares Funktional f I mitHalbnorm 1 I d. h. II fll =1 I

so daB f(x-x o ) = IIx-xoll~1 ist. Wegen Ilfll=1 ist andererseits für alle
YE.A

Dies bedeutet aber , daB für c = 1+f(xo ) die beiden Ungleichungen

f(x)~c und f(y)~c für y E. A

gelten. •

Korollar 11.5.8.
Es sei A eine konvexe Menge mit IntA+~. Ferner sei O~IntA. Dann exi-
stiert ein ste tige s lineares Funktional f I so daB für alle y E. A stets
f (y)~O ist.

Beweis:
Nach Satz 11.5.7 lassen sich 0 und A durch ein stetiges lineares
'"
Funktional f trennen. Wegen f(O) = 0 ist für jedes y€.A der,.., Wert f(y)
stets positivoder negativ. Im ersten Falle nehme man f = f , im zwei-
ten Falle f = -fo •
Satz II.5.9.
Es seien A und B konvexe disjunkte Teilmengen eine s reellen normier-
ten Raumes X mit IntA*~. Dann lassen sich A und B trennen.

Beweis:
Da A 1'\ B=~ ist , ist 0 li/; A-B und weil IntA~~ ist , ist auch
Int(A-B)~~. Nach Korollar 11.5.8 existiert somit ein stetiges lineares
Funktional f I so daB für alle x E. A und alle y E. B I f (x-y) ~ 0 ist. Dies
bedeutet aber , daB für alle x E.A stets f(x):5c und entsprechend für
alle y E. B stets f (y)~c ist , wobei c eine beliebige Zahl mit

sup f(y) ~ c ~ inf f(x)


y€B xeA

ist. •
107

Satz II.5.10.
A und B seien konvexe disjunkte Teilmengen eines reellen normierten
Raumes X. Darüberhinaus sei A kompakt und B abgeschlossen. Dann exi-
stiert ein stetiges lineares Funktional f, das die Mengen A und B
strikt trennt.

Beweis:
Da die Mengen A und B disjunkt sind, A kompakt und B abgeschlossen
ist, gilt:

inf Ilx-y II r>O. (5.4)


xEA
yeB

Setze Kr = {XE.X: Ilxll<r}. Nach (5.4) ist dann A+K r eine offenekon-
vexe Menge, die zur Menge B disjunkt ist. Es existiert also nach
Satz II. 5.9 ein stetiges lineares Funktional f E x*, welches A+K r und
B trennt, d.h. es ist

{
< c für x €A+K
r
f(x) (5.5)
> c für x EB

für eine reelle Zahl c. Aus (5.5) folgt insbesondere, daS für alle
x e. A stets f (x) :!; c-Ilfll r ist.Dies heiSt gerade, daS die Mengen A und B
strikt getrennt werden. •

Korollar II.5.11.
Es sei B eine abgeschlossene konvexe Menge eines reellen normierten
Raumes X und x EO: X \ B. Dann existiert ein stetiges lineares Funktional
f E. X·, eine reelle Zahl c und ein E > 0, so daS

ist und für alle x E B die Ungleichung

f (x) > c + E

gilt.
108

Die Sätze und KarolIare 11.5.7 - 11.5.11 lassen sich auch für komplexe
normierte Räume formulieren. Dazu beaehte man zunäehst, daS jeder kom-
plexe normierte Raum auch ein reeller normierter Raum ist, daS also
stets ein trennendes lineares Punktional ~ existiert, welehes homogen
bezüglieh der Multiplikation mit reellen Zahlen ist. Setzt man nun
f(x) = '"f(x)-if(ix),
'" dann zeigt man genausa wie im Beweis von Satz
11.5.4, daS f bezüglieh der Multiplikation mit komplexen Zahlen homo-
gen ist. Da

'"f(x) re f(x)

ist, kann man die Sätze und KarolIare 11.5.7 - 11.5.11 dahingehend
umformulieren, daS man das stetige lineare Punktional f durch seinen
'"
Realteil f = re f ersetzt.

Aus Korollar 11.5.11 folgt:

Korollar 11.5.12.
Es sei Y ein Unterraum eines reellen oder komplexen normierten Raumes
X. Dann existiert ein auf X definiertes nicht identiseh versehwinden-
des stetiges lineares Punktional f, welehes auf Y versehwindet.

Beweis:
Sei Xo € X \ Y. Dann existiert naeh Korollar 11.5.11 ein f € X* und eine
Konstante e, so daS

f(x) ~ e für alle x€.. Y (bzw. re f (x) < e)

und

(bzw. re f(x o ) > e) •

Da Y ein linearer Raum ist, folgt aus der ersten Ungleiehung, daS für
'"
alle X€Y stets f(x) = 0 ist. Denn sei etwa xe.Y mit f(x) +0, dann

ist für t (e+l)_l_


f(x)

f(tx) e+l > e,

was der Ungleiehung widersprieht. Die zweite Ungleiehung besagt ledig-


lieh, daS f nicht identiseh Null ist. •
109

Aus Korollar 11.5.12 ergibt sich:

Satz 11.5.13.
Es sei X ein normierter Raum. Wenn der konjugierte Raum X * separabel
ist, dann ist auch der Raum X separabel.

Beweis:
Angenommen, X sei nicht separabel. Wir zeigen dann, daB auch x* nicht
separabel ist. Dazu sei Fc x* eine Menge von Funktionalen

F {f el : ~f el -fS~ > 1, für elf S}

mit

Die Gesamthei t dieser Teilmengen Fc x* werde durch die Inklusion halb-


geordnet. Da jede wohlgeordnete Teilmenge von solchen Mengen eine
obere Schranke besitzt, hat die Menge aller dieser Fc x* nach dem
Lemma von KURATOWSKI-ZORN ein maximales Element Fo. Wir zeigen nun,
daB Fo überabzählbar viele Elemente hat. Angenommen, das wäre nicht
so, dann wäre Fo = {fn}' n=O,l, .•. , mit fo=O. Für n=1,2, ... hat man
offensichtlich stets II fnll > 1. Aus der Definition der Norm eines
Funtionals folgt, daB es für n=l ,2, •.. ein x ~ X mit Ilx 11=1 und
n n
f(x n ) 1 gibt. Setzt man nun Y = Lin{x n }, dann ist YcX ein separab-
>

ler Teilraum von X. Da aber X nach Annahme nicht separabel ist, folgt
YfX. Nach Korollar 11.5.12 existiert dann ein f E. x*, welches nicht
identisch Null ist und auf Y verschwindet.

Ohne Beschränkung der Allgemeinhei t kann man II fll > 1 annehmen. Also
ist II f-foll = II fll > 1, und für nfO hat man

Damit ist gezeigt, daB Fo entgegen der Annahme kein maximales Element
ist. •
110

§ 6 Die allgemeine Form der stetigen linearen Funktionale in


speziellen Räumen

Endlich-dimensionale Räume. Wie wir bereits in § 4 gezeigt haben,


läBt sich jedes stetige lineare Funktional f, das auf einem n-dimen-
sionalen metrischen linearen Raum X definiert ist, in der Form

(6.1)

darstellen. Dabei ist x = x,e,+ ... +xne n die Darstellung von XEX be-
züglich der Basis e" •.. ,e n von X und (a" ... ,a n ) ein n-Tupel von
Skalaren. Umgekehrt wird durch Formel (6.') auf dem Raum X ein steti-
ges lineares Funktional definiert.

Der Raum co. Jedes Element x ECO läBt sich als Reihe in der Form

x (6.2)

--------
darstellen, wobei en = (0,0, •.• ,0,',0, ••• ,0) e. Co ist.
n-te Stelle
Diese Reihe (6.2) ist in Co konvergent und für j edes x G Co ist die
obige Darstellung eindeutig. Ist nun fe. (Co)*ein stetiges lineares
Funktional auf co' dann folgt aus (6.2), daB

f(x) L anx n (6.3)


n='

mit

an f(en) (6.4)

ist.

Nun sei {zN} die nachstehend definierte Folge von Elementen des Rau-
mes co:

o für n > N

{ZN ,n } mit zN ,n
{ für n < N.
111

Dabei ist sign r das Vorzeichen der reellen Zahl r, d.h.

[
+1 , für r > e
sign(r) e für r e
-1 , für r < e

Die Elemente zN liegen offensichtlich in Co und für jedes N=1,2, ...


folgt

N
L lani
n=1

Da diese Ungleichung für jedes N gilt, ist die Reihe nI lani konver-
1
gent, und es gilt

L lani ~ Ilfll· (6.5)


n=1

Wenn nun urngekehrt die Reihe L lani konvergiert, dann wird durch
n=1
Formel (6.3) auf Co ein stetiges lineares Funktional f definiert und
man hat

(6.6)

Aus den Formeln (6.5) und (6.6) folgt dann

(6.7)
Ilfll

Darnit ist al so die Existenz einer linearen Isometrie zwischen (co) *


und R, gezeigt.

Der Raum R,. Sei nun f ein auf dem Raurn R, definiertes stetiges lineares
Funktional und x Eõ R, ein beliebiges Element. Genauso wie oben kann man
nun x als eine in R, konvergente Reihe der Form (6.2) darstellen, und
erhält dann für f die Darstellung (6.3).

Die Elemente zN ~R, werden nun etwas anders definiert. Ist närnlich
aNte, dann setzt man zN = (sign aN)eN~L Da IlzN11 = 1 und
f(zN) = laNI ~ ~f~ ist, erhält man:
112

(6.8)

Andererseits zeigt eine leichte Rechnung, daB durch Formel (6.3) ein
ste tige s lineares Funktional f auf t definiert wird, falls die Folge
{an} der Bedingung (6.8) genügt. Für dieses Funktional f gilt dann
wie oben ~fll ~ A, und wegen (6.8) ergibt dies Ilfll = A. Damit ist also
die Existenz einer linearen Isometrie zwischen t* und m gezeigt.

Der Raum t 2 . Auch hier beginnen wir mit den gleichen Uberlegungen wie
im Falle der Räume Co und t. Wir stellen zunächst jedes x ~ t 2 in
der Form (6.2) dar und erhalten für f eine Darstellung der Form (6.3).
Die zugehörigen zN {zN ,n} € t 2 definieren wir nun durch

für n > N

für n < N.

Offensichtlich ist zN € t 2 und es ist

(6.9)

woraus

N
L a~
n=1

und somit

Ilf II (6.10)

co 2
folgt. Da N beliebig ist, konvergiert die Reihe L an
n=1
und es ist
co 1/ 2
( L a~) ~ I f II· (6.11)
n=1

Ist nun andererseits die Reihe nI1a~ konvergent, dann folgt aus der
SCHWARZschen Ungleichung (siehe Kap. I, §8), daB durch Formel (6.3)
ein auf ganz t 2 definiertes stetiges lineares Funktional f gegeben
wird, für das
113

(6.12)

gilt. Zusammen mit Formel (6.11) erhält man dann

II f II (6.13 )

womit die Existenz einer linearen Isometrie zwischen (~2)* und ~2 ge-
zeigt ist.

Ersetzt man bei der obigen überlegung die SCHWARZsche Ungleichung


durch die HÖLDERsche, dann erhält man, daB jedes stetige lineare
Funktional f auf ~P mit 1<p<oo von der Form (6.3) ist, wobei für die
Koeffizientenfolge {an} € ~q mit ~ + ~ = 1 gilt. Umgekehrt definiert
jede Folge,die in ~q liegt, durch (6.3) ein stetiges lineares Funk-
tional auf ~P.

Die Räume LP [0,1] mit p=1 oder 2. Um die allgemeine Form eines steti-
gen linearen Funktionals auf L P [0,1] anzugeben, benötigt man den Be-
griff der absolut stetigen Funktion und den Satz von RADON-NIKODYM.

Eine Funktion f(t), 0.::.t.::.1, heiBt "absolut stetig", wenn es zu jedem


E > 0 ein 0 > 0 gibt, so daB für jedes endliche System von paarweise
disjunkten Teilintervallen I. = [a.,b.
l l l
Je [0, 1J, i=1, 2, ..• ,n, mit

n
L Ib. -a. I < 0
i=1 l l

stets
n
L If(b.) - f(a i ) I < E
i=1 l

folgt.

Satz von RADON-NIKODYM. Eine absolut stetige Funktion f(t) hat fast
überall (d.h. bis auf eine Menge vom MaBe 0) eine Ableitung f' (t) und
es gilt:

t
f(t) f(O) + f f' (a)da.
o
114

Wir zitieren diesen Satz ohne Beweis. Der Leser findet ihn in jedem
Lehrbueh über reelle Funktionen, etwa bei SIKORSKI [1J.

Mit Hilfe dieses Satzes läBt sieh die allgemeine Form der stetigen
linearen Funktionale auf dem Raum LP [0,1] für p=1 bzw. 2 angeben.

Dazu sei f(x) ein auf L1 [0,1J (bzw. L2 [0,1J) definiertes ste tige s
lineares Funktional. Weiter sei Ut die eharakteristisehe Funktion des
Intervalls [O,t], d.h. Ut = X[O,t] und 9 (t) = f (Ut). Wir zeigen zu-
näehst, daB 9 als Funktion von t absolut stetig ist.
Dazu sei Ii ein endliehes System von paarweise disjunkten Interval-
len Ii [ai,biJ, i=1,2, ••. ,n. Dann ist

n n
L I 9 (b . ) -g (a . ) I L f(sign f(XI.)XI.) (6.14)
i=1 1 1 i=1 1 1

n
< Il f ll·1I L sign f(xr. )xr.ll
i=1 1 1

Da aber

n n
II L sign f (XI. ) XI. 1\ L
i=1
Ib. -a·1 (6.15)
i=1 1 1 1 1

(bzw.
n n 1/
II L sign f (XI. lx I . II ( i=1
L Ib. -a. I) 2) (6.15')
i=1 1 l. l. l.

ist, folgt aus (6.14) und (6.15) (bzw. (6.15')), daB g(t) absolut ste-
tig ist. Naeh dem Satz von RADON-NIKODYM besitzt somit g(t) fast über-
all eine Ableitung g' (t), und man hat

t t
g(t) 9 (0) + f g' (a) da f g' (a) da ,
o o

da g(O) = f(O) = 0 ist. Setzt man nun a(a) g' (a), dann folgt aus der
Definition von g(t), daB
115

t 1
g (t) f a(cr)dcr f ut·a(cr)dcr
o o

ist. Da f ein lineares Funktional ist, hat man für jede Funktion
z(t) der Form
n
z(t) L c.(u b i -u ai ) (6.16 )
i=1 ~

stets

1
f (z) f z(t)a(t)dt. (6.17 )
0

rst nun x(t) eine beschränkte meBbare Funktion, dann existiert eine
gleichmäBig beschränkte Folge {zn(t)} von meBbaren Funktionen der
Form (6.16), die fast überall gegen x(t) konvergiert. Aus der Stetig-
keit von fund dem Satz von LEBESGUE ergibt sich dann
1
f(x) lim f(zn)
n .... oo
lim
n .... oo
f
0
zn(t)a(t)dt (6.18 )

1 1
f
o
lim zn(t)a(t)dt
n.-+oo
f
0
x(t)a(t)dt.

Nun sei E e [0,1] eine beliebige Menge mit positivem MaB. Ferner sei

wobei IE I
das LEBESGUE-MaB von E ist. Offensichtlich ist I zE 11=1, in
der Norm von L1 [0,1J, und somit

Weil dies für jede Menge E gilt, erhält man: a(t) € MeO,1J und

ess sup la(t) I < IlfiI. (6.19 )


0<t<1

(rm Falle des Raumes L2 [0,1], argumentiert man so:


116

es sei

a (t) falls I a(t) I < N


xN(t)
{ N sign a(t) falls la (t) I > N.

Dann ist

1
J xN(t)a(t)dt
o

also

(6.19 I )

Da diese Ungleichung für jedes N gilt, folgt

(J1
o
a
2
(t)dt
)1/ 2
2. Ilfll ) . (6.19")

Ist nun urngekehrt die linke Sei te von Formel (6.19) bzw. (6.19 ") be-
schränkt, dann wird durch Formel (6.17) ein auf ganz L 1 [0,1J
(bzw. L 2 [0,1J) definiertes stetiges lineares Funktional gegeben. Die
Stetigkeit ergibt sich dabei aus

1 1
IJ x(t)a(t)dtl < ess sup la(t)1 Jlx(t)ldt (6.20)
o o<t<1 o

(bzw. aus der SCHWARZschen Ungleichung

(6.20 ')
117

Aus diesen beiden Formeln (6.20) und (6.20') folgt weiterhin

Ilfll = ess sup la(t) I (6.21)


o<t<1

(bzw.

Wir bemerken hier, daS für die Räume L1 [a,bJ und L2 [a,bJ offensicht-
lich die gleichen Formeln gelten.

Ersetzt man die SCHWARZsche Ungleichung durch die HÖLDERsche, dann


läSt sich genausa wie oben zeigen, daB für 1<p<+m jedes auf LP[a,bJ
definierte stetige lineare Funktional F in der Form

b
F(x) J x(t)f(t)dt (6.22)
a

dargestellt werden kann, wobei

mit 1 + 1 = 1.
P q

Umgekehrt wird für jedes f€Lq[a,b] durch Formel (6.22) ein auf ganz
LP[a,bJ definiertes stetiges lineares Funktional F gegeben. Dabei ist
stets ~F~ = ~f~ •
LP

Wir haben uns bisher nur mit der allgemeinen Form der stetigen line-
aren Funktionale der Räume ~P und LP[a,bJ befaBt. Es stellt sich je-
doch heraus, daS auch im allgemeinen Fall jedes auf LP(n,E,~),
1~p<+m, definierte stetige lineare Funktional F von der Form

F(x) J x(t)f(t)djJ (6.22')


n

ist, wobei für p>1, fE.Lq(n,E,jJ) mit ~ + ~ = 1 und für p=1,


f € M(n, E, jJ) ist. umgekehrt wird durch Formel (6.22') ein auf ganz
LP(n,E,jJ) definiertes stetiges lineares Funktional F gegeben, wobei
für p>1 (bzw. =1) die Norm von F gleich der Norm von f in Lq(n,E,jJ)
118

(bzw. M(SI,r,lJ» ist.

Der Beweis dieser Aussage verläuft genauso, wie der Beweis im Falle
des LEBESGUE'schen MaBes auf einem Intervall. Man muB jedoch den
Begriff der absolut stetigen Mengenfunktion einführen und eine allge-
meinere Form des Satzes von RADON-MIKODYM benutzen. Der interessier-
te Leser wird hierzu auf das Buch von SIKORSKI [2J verwiesen.

Der Raum e[0,1]. Wir beginnen zunächst mit der Definition des
RIEMANN-STIELTJES Integrals bezüglich einer Funktion von beschränkter
Variation. Dazu sei g(t) eine auf dem Intervall [0,1J definierte
reellwertige Funktion und Ä = {aO ,a 1 , .•. ,a n } eine Zerlegung von
[0,1J, d.h.

o 1•

Die Funktion g ist dann von "beschränkter Variation", wenn

1 n
Var g(t) sup L !g(a k )-g(a k _ 1 )!
o Ä k=1

endlich ist, wobei das Supremum über alle Zerlegungen Ä zu nehmen ist.
1
Die Zahl "Var g(t)" heiBt dann die "Variation" der Funktion g(t).
o

Eine Folge Äm = {am,o , ... ,am,n } von Zerlegungen heiBt "Normalfolge",


falls die Abstände zwischen deW Zerlegungspunkten gegen Null streben,
d.h.

lim O.
m......

Bezliglich einer Normalfolge von Zerlegungen bildet man dann flir zwei
auf [0,1J definierte Funktion f(t) und g(t) die Summen

wobei tk ein beliebiger Punkt im Intervall [am,k-1' am,k] ist. Unter


dem "RIEMANN-STIELTJES-Integral" von f bezüglich g versteht man dann,
119

genau wie beim RIEMANN-Integral, den Grenzwert der Folge Im' sofern
er existiert und von der Wahl der tk unabhängig ist. Das RIEMANN-
1
STIELTJES-Integral wird mit J f(t)dg(t) bezeichnet. Man kann, genau
o
wie in der Theorie des klassischen RIEMANN-Integrals beweisen, daB
das Integral nicht von der speziellen Wahl der Normalfolge abhängt.

Ganz analog wie im Falle des RIEMANN-Integrals läBt sich nun zeigen:

(1) ist f(t) stetig und g(t) von beschränkter Variation, dann existier
1
J f(t)dg(t).
o

1 1 1
(2) es ist J f 1 dg(t) + J f 2 dg(t) =J (f 1 +f 2 )dg(t), unter der Bedingung
o o o
daB die obigen Integrale existieren,

1 1
( 3) J af dg (t) a J fdg(t), für jede reelle Zahl a,
o o

1 1
(4) IJ fdg(t) I < ( sup If(t) I) Var g(t).
o o<t<1 o

Mehr über die Funktionen von beschränkter Variation findet der Leser
etwa im Buch von SIKORSKI [1J.

Aus den oben angeführten Eigenschaften des RIEMANN-STIELTJES-Integrals


folgt, daB für jede Funktion g(t) von beschränkter Variation durch

'u
1
g(x) J x(t)dg(t) (6.23 )
o

ein stetiges lineares Funktional auf e[O,1] mit

1
II g1\ < Var g (t)
o
(6.24)

definiert wird.
120

Wir zeigen nun, daB umgekehrt jedes stetige lineare Funktional g(x)
von C [0, 1J das RIEMANN-STIELTJES-Integral bezüglich einer Funktion
g(t) von beschränkter Variation ist, daB also Formel (6.23) und

1
1/ gJJ = Var g (t) (6.25)
o

gilt.

Dazu sei g(x) ein stetiges lineares Funktional auf C [0, 1J. Oa C [0, 1J
ein Teilraum von M[0,1] ist, kann man g nach dem Satz von HAHN-BANACH
zu einem stetigen linearen Funktional auf M[0,1J fortsetzen, das wir
ebenfalls mit g bezeichnen werden.

Nun sei Ut die charakteristische Funktion von [o,t), und

g(t) X[o,t))·

Wir zeigen zunächst, daB g eine Funktion von beschränkter Variation


ist. Dazu sei ö = {ao, ..• ,a n } eine Zerlegung von [0,1J. Dann ist

n
i=1
L 19 (a 1. ) -g (a 1. -1 ) I

n
L g(sign[g(a.)-g(a. 1)]·(u -u )) < IlgII,
i=1 1 1- ai ai - 1

n
da L
i=1
sign[g(a.)-g(a. 1)](u
1 1- ai
-u
a i _1
)

ein Element von M[0,1] mit Norm 1 ist. Weil ö eine beliebige Zerlegung
von [0,1J ist, gilt somit

1
Var g(t)
o
< II gil· (6.26 )

Für x EC[0,1] sei

n k
L
x (il) (uk (t) -u k - 1 (t)) .
k=1 -n -n
121

Oa x stetig ist, konvergiert die Folge {x n } gleichrnäBig gegen x,


d.h. {x } konvergiert gegen x in der Norm von M[0,1]. Aus der Ste-
n
tigkeit von g folgt nun

1
'v
lim g(x n ) f x (t) dg (t) •
n+ oo o

Oamit haben wir einen Teil des "Satzes von RIESZ" bewiesen; nämlich:

"Jedes auf C [0, 1J definierte stetige lineare Funktionai g hat die


Form

1
g(x) f x (t) dg (t) ,
o

wobei g(t) eine Funktion von beschränkter Variation ist. Weiterhin


gilt

II gII Var g (t) ."


o

Wir bemerken noch, dad für den Raum C[a,b] der stetigen Funktionen
auf einem beliebigen Intervall [a,bJ die gleiche Formel gilt, nämlich

b
g(x) f x (t) dg (t) •
a
Kapitel III. Stetige lineare Operatoren
in Banach-Räumen

§ 1 Der Satz von BANACH-STEINHAUS

Für zwei normierte Räume X, Y (reelloder komplex) bezeichnen wir


mit B(X + Y) die Menge aller stetigen linearen Operatoren von
X nach Y. Für B(X + Y) definiert man auf die folgende Art eine Addi-
tion und eine Multiplikation mit Skalaren:

(T 1 + T2 ) (x) qJ T1 (x) + T2 (x)

(aT) (x) q,t a (T (x) ) .

Mit den so erklärten Verknüpfungen ist B(X + Y) ein linearer Raum.


Man setzt nun für T € B (X + Y)

sup II Txll . (1.1 )


II x~~ 1
Aus der Stetigkei t von T folgt, daB II T I stets eine endlich reeHe
Zahl ist; denn wäre etwa IITI = + "', dann gäbe es eine Folge {x n } von
Elementen aus X, deren Normen nicht gröBer als 1 sind, so daB

Nun strebt aber die Folge {:n} gegen o. Oa gleichzeitig IIT(:n) II > n,
ergibt sich ein Widerspruch zur Stetigkeit des Operators T.

Man weist nun mit Hilfe einer einfachen Rechnung nach, daB II T II die
Bedingungen für eine Norm erfüHt. IITII heiBt die "Operator-Norm" von
T. Versehen mit dieser Norm ist dann B(X + Y) ein normierter Raum.

Wir bemerken noch, daB, falls X und Y reelle halbnormierte Räume sind,
durch Formel (1.1) ebenfalls eine Halbnorm auf dem Raum aller stetigen
Operatoren von X nach Y gegeben wird.
123

Ist X ein normierter Raum und Y der zu X gehörende Skalarenkörper,


dann ist B(X + Y) der konjugierte Raum X*. Die durch Formel (1.1) de-
finierte Norm ist dann genau die Norm (bzw. im Falle eines reellen
halbnormierten Raumes die Halbnorm) des Funktionals.

Wir zeigen nun, daB für BANACH-Räume X, Y, also vollständige normierte


Räume, auch B(X + Y) ein BANACH-Raum ist.

Dazu beweisen wir zunächst:

Satz III. 1.1. (BANACH-STEINHAUS [1])


Es seien X und Y BANACH-Räume und 0( e B(X + Y) eine Menge stetiger
linearer Operatoren, so daB für jedes x t' X

sup {IIA(x) ~ A( (Jn < + .. (1 .2)

ist.

Dann ist

A E~} < + oo (1 .3)

Beweis: Es sei

{x IIA(x) I < m für alle A E Oll

n
A E (J{
{x IIA(x) II ~ m}

Die Mengen Km sind abgeschlossen, und nach Bedingung (1.2) ist ihre
Vereinigung der gesamte Raum X, d.h.

X=LJKm (1 .4)
m=1
Da X vollständig ist, ist X nach dem Satz von BAlRE (Satz I. 7.3) von
zweiter Kategorie. Es existiert also ein mo' so daB auch K von zwei-
mo
ter Kategorie ist. Dies bedeutet aber, da ~ abgeschlossen ist, daB
o
diese Menge eine abgeschlossene Kugel enthält, also K:(X:) e K • Das
r 0 mo
heiBt insbesondere, daB für jedes x E X mit II x ~ < r und für jeden Ope-
rator A ~ pr
124

IIA(x + xo) II ~ mo (1 .5)

Hieraus folgt nun

IlA (x) II < m + IIA(x ) II -< 2m (1 .6)


- 0 0 0

und somit

2m
IIAl = sup IA(x) I= -r sup IIA(x) II -< r
(1 .7)
Ilxll~1 ~xhr

Korollar III.1.2. (BANACH-STEINHAUS [1])
Es seien X und Y BANACH-Räume, {An} sei eine Folge von Operatoren aus
B(X -+- Y), so daS für jedes x E X die Folge {AnX} konvergiert. Dann ist

A(x) = lim An(x)


n-+- co
ein stetiger linearer Operator.

Beweis:
DaS A ein linearer Operator ist, ist unmittelbar klar. Zu zeigen
bleibt also noch, daS A stetig ist. Dazu bemerken wir, daS für jedes
xiX

II Ax II lim ~A (x)
n
II (1 .8)
n-+- co

mit

M = sup II A II • (1 .9)
n n

Da jede konvergente Folge beschränkt ist, ist nach (1.3) das Supre-
mum M endlich, womit die Stetigkeit von A gezeigt ist.

Satz III.1. 3.
Es seien X und Y BANACH-Räume. Dann ist auch der Raum B(X -+- Y) voll-
ständig, also ein BANACH-Raum.
125

Beweis:
Es sei {An} eine CAUCHY-Folge im Raum B(X + Y); d.h. zu jedem E > 0
gibt es ein no' so daS für alle n, m > no und alle x € X mit Ilx II <

(1.10)

Dies bedeutet insbesondere, daS für jedes x (X auch {An (x)} eine
CAUCHY-Folge ist. Diese konvergiert gegen ein gewisses A (x) EY, da Y
vollständig ist. Nach Korollar III.1.2 ist A ein stetiger linearer
Operator. LäSt man nun in Ungleichung (1.10) m gegen unendlich gehen,
dann erhäl t man für alle x (X mit I x I <

(1.11)

Dies bedeutet gerade

IAn - All ~ E

Da E > 0 beliebig war, hat man somit gezeigt, daS die CAUCHY-Folge
{An} in B(X + Y) gegen A konvergiert .•

Korollar III.1.4.
Für jeden BANACH-Raurn X ist der konjugierte Raurn X· vollständig.

§ 2 Der Satz von BANACH über die Stetigkeit des inversen Operators

Satz III.2.1. (BANACH [1], [2])


Es seien X, Y BANACH-Räurne und Tein stetiger linearer Operator, der
X auf den gesarnten Raurn Y abbildet. Dann ist das Bild jeder offenen
Teilmenge von X unter T eine offene Teilmenge von Y.

Beweis:
Wir zeigen zunächst, daS das abgeschlossene Bild jeder Umgebung UeX
der Null, wiederurn eine Umgebung der Null enthält.

Aus der Stetigkeit der Addition folgt närnlich, daS es eine Umgebung
V der Null gibt, so daS V - V C: U ist. Da V eine Umgebung der Null ist,
folgt aus der Stetigkeit der Multiplikation mit Skalaren, daS es für
alle x E X eine natürliche Zahl n mit ~ f: V gibt. Mithin ist also
126

x = 0
n=1
nV (2.1)

Oa T den Raum X auf den ganzen Raum Y abbildet, folgt hieraus

y o
n=1
nT(V) (2.2)

Aus dem Satz von BAlRE ergibt sich dann, daB wenigstens eine dieser
Mengen, etwa noT (V) , von zweiter Kategorie ist; d.h. noT (V) hat ein
nichtleeres lnneres. Oa die Abbildung y + noy ein Homöomorphismus
von Y in sich ist, hat auch T(V) ein nichtleeres lnneres. Oaraus folgt
dann

T(U) ~ T(V) - T(V) ~ T(V) - T(V) j lntT(V) - lntT(V) (2.3)

Oa nun die rechte Seite von (2.3) eine Umgebung der Null darstellt,
ist die zu Beginn des Beweises behauptete Aussage bewiesen. lnsbeson-
dere folgt hieraus, daB das abgeschlossene Bild einer jeden Kugel mit
Mittelpunkt 0 eine Kugel mit Mittelpunkt 0 enthält.

Für eine beliebige positive Zahl r setzen wir nun:

{XEX: Ilxll < r} {yeY:IYI<r} (2.4)

Nun sei EO eine beliebige positive Zahl und Ei seien positive Zahlen
mit

(2.5)

Wie wir bereits gezeigt haben, existiert dann zu jedem Ei ein ni > 0
mit

(i 1 ,2, ••• ) • (2.6)

lst nun y ein beliebiges Element von Y , dann folgt aus (2.6), daB
no
es ein x t: X mi t
o EO

gibt. Mit anderen Worten: Es gilt y - T(X o ) EY Entsprechend folgt


n1
127

aus Formel (2.6) die Existenz von x 1 € X mit


E1

So fortfahrend kann man induktiv eine Folge {x n } von Elementen


x € X mit
n En
n
!lY - L T(X i ) 1< nn+1 (2.9)
i=o

konstruieren.

Setzt man nun

zm x o + ••• + X
m
(2.10)

dann ist {zm} eine CAUCHY-Folge. Denn für m' > m ist

Ilz m -z,l<
m

und nach (2.5) ist lim ( L )E k O.


m->-"" k=m

Da X vollständig ist, konvergiert {zm} gegen ein gewisses z € X, und


es ist nach (2.5)

Dies bedeutet gerade, daS T(X 2 )~ Y • Da E > 0 beliebig war, folgt


EO no 0
hieraus, daS das Bild einer jeden Umgebung VCX der Null eine Umgebung
Wc Y der Null enthält.

Nun sei U eine beliebige offene Teilmenge des Raumes X und x f U ein
beliebiger Punkt. Da U offen ist, existiert eine Umgebung N der Null
mit x + NeU. Ist nun MeYeine Umgebung der Null mit T(N) ::>M, dann
ist

T(U) ~ T(x+N) ~ T(x) + T(N) ::> T(x) + M . (2 .11 )

Somit enthält die Menge T(U) mit jedem ihrer Punkte T(x) noch eine
gewisse Umgebung dieses Punktes. Sie ist also per Definitionen offen .

128

Korollar I I I . 2.2. (BANACH [1], [2])


Es seien X und Y BANACH-Räume und T sei ein bijektiver stetiger line-
arer Operator von X auf Y. Dann ist der Umkehroperator T- 1 von Y nach X
ebenfalls ein stetiger linearer Operator.

Beweis:
Oa T bijektiv ist, ist T- 1 wohldefiniert. Weiterhin ist T- 1 , wegen der
Linearität von T, auch ein linearer Operator. Nun ist nach Satz 111.2.1
das Bild jeder offenen Menge unter T wiederum eine offene Menge. 1st
al so V eine offene Teilmenge von X, dann ist ihr Urbild unter T- 1 ,
d.h. (T- 1 )-1 (V) = T(V), wiederum eine offene Menge. Dies heiBt ein-
fach, daB T- 1 stetig ist • •

Korollar 111.2.3.
Es sei X ein BANACH-Raum mit der Norm Ilxi. Ferner sei IX~1 eine wei-
tere Norm auf X, die schwächer als lxi ist (d.h. aus lx
n
I + 0 folgt
Ixni1 + 0). Wenn dann X auch bezüglich ~x11 vOllständig ist, dann sind
die beiden Normen Ix~ und !lxl1 äquivalent.

Beweis:
Man bezeichne den Raum X versehen mit der Norm Ixl1 mit Y und nehme
für T die identische Abbildung, also Tx = x. Der Raum Y ist nach Vor-
aussetzung vollständig. Oa die Norm I x 11 schwächer als die Norm I x I
ist, ist T stetig. Nach Korollar 1I1.2.2 ist dann auch T- 1 stetig. Das
heiBt aber gerade, daB die Norm !lxII schwächer als die Norm Ixl11 ist.
Damit ist also gezeigt, daB beide Normen äquivalent sind.

Korollar 111.2.4.
Es sei X in den beiden Normen lxi und Ixl1 ein BANACH-Raum, und die
Mengen der stetigen linearen Funktionale bezüglich der beiden Normen
seien gleich. Dann sind die Normen !lxi und Ixl1 äquivalent.

Beweis:
Die Norm Ixl2 = lxi + IIxl1 ist offensichtlich stärker als die beiden
Normen lxi und Ix11. Wir bezeichnen nun den Raum X versehen mit der
Norm Ixl2 mit Z und zeigen, daB er vollständig ist. Dazu sei {x n }
eine CAUCHY-Folge im Raume Z. Oa Ixl12 stärker als jede der beiden Nor-
men IIxl und !lxi, ist, ist {x n } auch eine CAUCHY-Folge bezüglich jeder
der Normen I x I und I x 11 . Nach Voraussetzung ist X in beiden Normen
129

vollständig. Also konvergiert {x } bezüglich


n
lxi gegen ein gewisses
x E X und bezüglich ~ x I, gegen ein gewisses X'€ X. Wir zeigen nun, daB
x = x' ist. Dazu benutzen wir die Annabme, daB jedes lineare Funktio-
nal auf X, welches bezüglich der einen Norm stetig ist, auch bezüg-
lich der anderen Norm stetig ist. Angenornrnen, es sei x + x'. Dann
existiert nach dem Satz von HAHN-BANACH ein stetiges lineares Funk-
tional f mit f(x) + f(x'). Da dieses Funktional bezüglich beider Nor-
men stetig ist, folgt f(x) = lim f(x ) = f(x'), womit ein Widerspruch
hergeleitet ist. Es gilt alson~oo= x'~ Also konvergiert die Folge {x n }
in beiden Normen lxi und lxI, gegen x. Damit konvergiert sie natür-
lich auch gegen x in der Norm !xI 2 • Dies heiBt aber, daB Z vollstän-
dig ist.

Nach Korollar 111.2.3 ist dann jede der beiden Normen lxi und lxi, zu
der Norm Ixl2 äquivalent, und somit sind auch ix~ und lxi, äquivalent.

Zum Beweis von Korollar 111.2.4 wird nicht benötigt, daB jedes line-

are Funktional, welches bezüglich der einen Norm stetig ist, auch be-
züglich der anderen stetig ist. Vielmehr benötigt man nur, daB es eine
Farnilie {fa} von linearen Funktionalen gibt, die in beiden Normen si-
multan stetig sind, und überdies die Eigenschaft haben, daB aus
f (x) = 0 für alle a, stets x = 0 folgt. Darnit erhält man die fol-
a
gende umformulierung des Korollars:

Korollar 111.2.4'.
Es sei X in den beiden Normen Ix~ und lxi, ein BANACH-Raum und {fa}
eine totale Familie von linearen Funktionalen auf X (d.h. ist
f a (x) = 0 für jedes a, dann ist x = 0), die bezüglich beider Normen
stetig sind. Dann sind die Normen I x I und I x I, äqui valent.

§ 3 Abgeschlossene Operatoren

Es seien X und Y reelle oder komplexe normierte Räume und A ein auf
einer linearen Teilmenge DA e X definierter linearer Operator mit Wer-
ten im Raum Y. Die lineare !>1enge DA heiBt der "Definitionsbereich"
des Operators A. Unter dem "Graphen" WA des Operators A versteht man
die lineare Menge WA = {(x,A (x)) : x € DA } e X l( Y. Der Operator A heiBt
"abgeschlossen", falls sein Graph eine abgeschlossene lineare Teil-
menge, also ein linearer Unterraum von X le Y ist. Dabei ist die Norm
in X le Y die Surnrne der auf X und Y def inierten Normen. (vgl. Kap. II,
130

§ 2). Anders ausgedrückt: Ein linearer Operator A ist abgeschlossen,


wenn aus x n .... x, x n E DA und Yn = A(x n ) .... Y folgt, daB x € DA und
Y = A (x) ist.

Nun sei A ein injektiver linearer Operator mit Definitionsbereich DA .


Dann ist der Umkehroperator A- 1 wohldefiniert und sein Definitions-
bereich ist RA = A(D A). Nimmt man nun an, daB A ein abgeschlossener
Operator ist, dann ist nach Definition sein Graph WA eine abgeschlos-
sene Menge. Den Graphen von A- 1 erhält man durch Achsenvertauschen,
da

-1
W -1 { (y, x) Y EY, x E X, A (y) x}
A

und

WA {(x,y): x E X I Y EY, A(x) = y} .

Mithin ist also für einen injektiven abgeschlossenen linearen Operator


-1
A auch der Umkehroperator A abgeschlossen.

Nun sei DA eine abgeschlossene lineare Teilmenge von X und A ein ste-
tiger linearer Operator. Dann ist A auch ein abgeschlossener Opera-
tor. Denn gelte x n .... x, x n E DA und Yn = A(X n ) .... y, dann ist zunächst
x € DA , und aus der Stetigkeit von A folgt, daB Yn = A (x n ) gegen A (x)
strebt, d.h. y = A(x) .

Satz IIL3.1. (BANACH [1], [21)


Es seien X und Y BANACH-Räume und A sei ein abgeschlossener operator,
der ganz X in Y abbildet. Dann ist A stetig.

Beweis:
Nach Definition der Abgeschlossenheit von A ist WA e X xy ein Unter-
raum von X x Y. Da X JC Y ein BANACH-Raum ist, ist WA vollständig.

Weil DA = X ist, gilt WA = {(x,A(x» : x E X}. Ordnet man nun jedem


(x,A(x») E WA seine erste Komponente x ei X zu, so erhält man eine bijek-
tive Abbildung von WA auf X. Da II (x,A(xllII = lxi + IA(xq ~ lxI, ist
diese Abbildung stetig. Nach Korollar III.2.2 ist dann auch die Um-
kehrabbildung stetig, d.h. aus x
n
.... 0 folgt ~x
n
+ !A(x
n
I )! . . O. Dies


bedeutet aber gerade, daB der Operator A stetig ist.
131

Satz 111.3.1 wird gewöhnlieh als der "Satz vom abgesehlossenen Graphen"
bezeiehnet.

Es seien X und Y reelle oder komplexe BANACH-Räume. Dann heiBt ein


linearer Operator A von X naeh Y kompakt, falls A(K) ey eine kompakte
Menge ist, wobei wie üblieh K = {x~X : lxI 2.. 1} ist.

§ 4 Konjugierte Operatoren

Es seien X und Y lineare Räume über dem Körper der reellen oder kom-
plexen Zahlen und A ein linearer Operator, der X in Y abbildet. 1st
nun f(y) ein lineares Funktional auf Y, dann ist

F(x) f(A(x» (4.1)

ein lineares Funktional auf X.

Auf diese Art definieren wir nun einen Operator A', der naeh Formel
(4.1) jedem linearen Funktional auf Y ein lineares Funktional auf X
zuordnet.

Bezeiehnet man mit X' bzw. y' die Menge aller auf X bzw. Y definier-
ten linearen Funktionale, dann sieht man, daB die oben definierte Ab-
bildung A' den Raum y' in den Raum X' abbildet. Man nennt X' bzw. y '
den "Dualraum" von X bzw. Y und A' den "dualen Operator" von A.

Definiert man nun in den Dualräumen x' und y ' eine Addition und eine
Multiplikation mit Skalaren dureh

(f + g) (x) f(x) + g(x)

(af) (x) a(f(x»

dann sind die Dualräume lineare Räume. Man sieht dann leieht, daB der
duale Operator A' linear ist.

Nun seien X und Y Banaeh-Räume über dem Körper der reellen oder kom-
plexen Zahlen, und A sei ein stetiger linearer Operator von X naeh Y.
Dann nennt man die Besehränkung des dualen Operators A' auf den konju-
gierten Raum y* e Y' den "konjugierten Operator" und bezeiehnet ihn
132

mit A*. Da für f f Y auch A' f = fA als Komposition zweier stetiger


Abbildungen stetig ist, bildet A' den konjugierten Raum Y* in den kon-
jugierten Raum x* ab.

Satz III.4.1.

Beweis:
Nach Korollar 11.5.6 ist

IA*II = sup IIA*fl = sup (sup If(A(x» I)


II q2.1 If 12.1 Ix 12.1
= sup (sup I f (A(x» I) = sup !Ax I = IIAl·
ix 1\2.1 lfl2.1 lx 12.1

Wir bemerken noch, daB dieser Satz auch für reelle halbnormierte Räu-
me gilt.

Aus dem Beweis des obigen Satzes ergibt sich noch:

Satz III.4.2.
Es seien X und Y BANACH-Räume und A ein linearer Operator von X nach Y.
Wenn die Beschränkung des dualen Operator A' auf Y eine stetige line-
are Abbildung von Y* in'X* ist, dann ist der Operator A stetig.
Kapitel IV. Die schwache Topologie

§ 1 Weshalb braucht man Topologien? Die topologischen Grundbegriffe

Viele praktische Optimierungsaufgaben führen auf das folgende mathe-


matische Problem. Gegeben sei ein stetiges lineares Funktional f auf
einem BANACH-Raum X, gesucht wird ein x o { X mit Norm 1, für das

(1 • 1 )

gilt.

Man hat also Bedingungen anzugeben, die die Existenz eines solchen
Elements garantieren.

Wäre die Einheitskugel {x : lxi ~ 1} kompakt, dann würde die Existenz


eines solchen Elements X o sofort aus der Stetigkeit von f folgen. Doch
leider sind nur in endlich-dimensionalen BANACH-Räumen die Einheits-
kugeln kompakto

Wir zeigen zunächst, daB für einen unendlich-dimensionalen BANACH-


Raum X die Einheitskugel nicht kompakt ist. Dazu konstruieren wir in-
dukti v eine Folge von Elementen {x n }, x n f X, mit

, n 1 ,2, ••. ,

Als x 1 kann man ein beliebiges Element von X nehmen, welches Bedin-
gung (1) erfüllt. Angenommen, x 1 , ... ,x n seien bereits konstruiert und
genügten den Bedingungen (1) und (2). Nun sei Xn = Lin {x 1 , ..• ,x n }
der von x 1 , ••• ,x n aufgespannte lineare Raum. Da Xn endlich-dimensio-
nal ist, gibt es im Quotientenraum X/X n ein von Null verschiedenes
134

Element und somit auch ein Element der Norm ~. Aus der Definition der
Norm des Quotientenraumes folgt dann, daS dieses Element etwa von
einem Xn +1 f X repräsentiert wird, welches Bedingung (1) erfüllt. Da
{X 1 ' ••• ,X n }C Xn in der Nebenschar liegt, die die Null repräsentiert,
gilt

(2 ')1 x n+1 - xi 1>1.


- 2 i 1,2, ••• ,n,

was zu zeigen war.

Da jede Folge {x } die den Bedingungen (1) und (2) genügt, eine Folge
n
von Elementen der Einheitskugel ist, die keine konvergente Teilfolge
enthält, haben wir gezeigt, daS die Einheitskugel eines unendlich-
dimensionalen BANACH-Raumes nicht kompakt ist.

Wir stellen nun die Frage, ob man nicht in jedem unendlich-dimensio-


nalen BANACH-Raum eine Metrik einführen kann, so daS

(1) die Einheitskugel in der neu en Metrik kompakt ist


und
(2) die stetigen linearen Funktionale in der neuen Metrik stetig blei-
ben.

Die Antwort auf diese Frage ist negativ. Man muB sich also überlegen,
ob man nicht zu einem allgemeineren Begriff als dem des metrischen
Raumes übergehen sollte, um damit die Existenz eines Elementes xo'
welches der Bedingung (1.1) genügt, wenigstens für gewisse unendlich-
dimensionale BANACH-Räume nachzuweisen. Dies führt uns zum Begriff
der "schwachen Topologie".

Bevor wir uns hiermit genauer beschäftigen werden, definieren wir zu-
nächst den Begriff der Topologie.

Es sei X eine Menge. Eine "Topologie" für X ist eine Familie & von
Teilmengen von X (die Elemente von (f1 heiSen "offene Mengen") mit den
folgenden Eigenschaften:

(1) die leere Menge und der ganze Raum gehören zu (f1, also !lI,x ~ (jJ
(2) der Durchschnitt zweier offener Mengen ist offen, d.h. mit
U,VE (f) ist auch UnVE (JJ.
135

(3) die beliebige Vereinigung offener Mengen ist eine offene Menge,
d.h. für eine Familie (U.) von Elementen U. € e7 ist auch
U l.iEI l.
i €I U i E' (fJ

Eine Menge X mit einer Topologie heiBt ein "topologischer Raum". Ist
x ein Punkt des topologischen Raumes X und gilt für U E (Il : x E U,
so heiBt U eine "Umgebung" von x.

Oa die Menge 67 sehr groB sein kann, ist es im allgemeinen zweck-


mäBig, mit einer Umgebungsbasis eines Punkte s zu arbei ten. Für x E X
heiBt eine Menge B(x) von Umgebungen von x eine "Umgebungsbasis" für
x, wenn es zu jeder Umgebung U von x ein Ve B(x) mit VC U gibt.

Man überzeugt sich leieht, daB eine Umgebungsbasis B(x) eines Punk-
tes x f X die folgenden Eigenschaften hat:

(1) B (x) ist nicht leer und für alle V E B (x) ist x E V

(2) für alle U, VEB(x) gibt es ein WEB(x) mit WCUf'lV

(3) für alle VEB(x) und alle yeV gibt es ein WEBey) mit WcV.

Ist nun in jedem Punkte x (X eine Umgebungsbasis B (x) gegeben, dann


erhält man die gesamte Topologie auf folgende Art. Die beIiebige Ver-
einigung ~ Ua von Mengen UaE B(X a ) ist nach (3) eine offene Menge,
und jede offene Menge U läBt sich in der Form

U u
X E U
V

darsteIIen, wobei V f B (x) eine Umgebung mit Vc U ist.

In jedem topologischen Raum ist per Definitionem die FamiIie der offe-
nen Mengen gegeben. Eine Teilmenge F eines topologischen Raumes X
heiBt "abgeschIossen", wenn ihr Komplement X"-..,F eine offene Menge ist.
Aus (3) folgt, daB der Durchschnitt einer beIiebigen FamiIie von abge-
schIossenen Mengen wieder eine abgeschIossene Menge ist.

Es sei A eine beIiebige TeiImenge eines topologischen Raumes X. Dann


bezeichnet man als "AbschIuB" li: von A die kIeinste abgeschIossene
Menge, die A enthäIt. OffensichtIich ist:

A= n {F : F ist abgeschIossen und AC F} •


136

Als "Inneres" Int A von A bezeichnet man die gröBte offene Menge, die
in A enthalten ist. Offensichtlich ist:

Int A U {G G ist offen und G CA}

x "'- (X ' A )

Die hier gegebenen Definitionen von Int A und A sind allgemeiner als
die in Kapitel I, § 2 angegebenen Definitionen. Aus den dortigen
Sätzen folgt, daB jeder metrische Raurn auch ein topologischer Raum
ist. Die zugehörige Topologie wird närnlich durch die in Kapitel I,
§ 2 definierten offenen Mengen gegeben. Wir bemerken noch, daB auch
im Falle des metrischen Raurnes das Komplernent jeder offenen Menge
wieder abgeschlossen ist (im Sinne der Definition von Kapitel I,
§ 2) und das Komplernent einer abgeschlossenen Menge offen ist.

Im folgenden werden wir es nicht mit den allgemeinen topologischen


Räumen, sondern mit den "HAUSDORFFschen topologischen Räumen", kurz
auch "HAUSDORFF-Räume" genannt, zu tun haben. Dies sind topologische
Räume, die der folgenden zusätzlichen Bedingung genügen: Zu je zwei
Punkten x 1 und x 2 mit x 1 +
x 2 gibt es disjunkte Umgebungen U1 und U2
der Punkte x 1 und x 2 • Offensichtlich ist jeder metrische Raum ein
HAUSDORFFscher topologischer Raum.

Es sei X ein topologischer Raurn, d.h. für X ist wie oben eine Familie
offener Mengen gegeben. 1st nun YCX eine Teilmenge von X, dann wird
auf Y durch die offenen Mengen Uy = ynux eine Topologie gegeben. Da-
bei ist Ux eine offene Menge von X. Der Raum Y mit dieser Topolo-
gie heiBt ein "UnterrauI:'." von X.

1st Y eine abgeschlossene Teilmenge des topologischen Raumes X und Z


eine abgeschlossene Teilmenge des Unterraumes Y, dann ist Z auch eine
abgeschlossene Teilmenge von X. Denn ist Z abgeschlossen in Y, dann
ist es von der Form Z = Y'-G, wobei G offen in Y ist. Da Y ein Unter-
raum von X ist, gilt G = Yn Go ' wobei Go eine offene Menge von X ist.
Da überdies Y eine abgeschlossene Teilmenge von X ist, erhält man
Y = X 'G 1 , G1 e x offen. Somit ist dann

al so eine abgeschlossene Menge, da die Vereinigung zweier offener


137

Mengen eine offene Menge ist.

Es sei X ein topologiseher Raum. Dann heiBt eine Teilmenge Ac: X


"dieht" in X, wenn für alle x E X jede Umgebung U von x mit A einen
niehtleeren Sehnitt hat. X heiBt "separabel", wenn es eine abzählbare
diehte Teilmenge A e X gibt.

Ist A eine diehte Teilmenge eines topologisehen Raumes X, dann ist


li: = X.

Satz IV.1.1.
Es seien X und Y topologisehe Räume und f eine Abbildung von X naeh Y.
Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:

(a) zu jeder Umgebung U von f(x o ) existiert eine Umgebung V von Xo


mit f (V) e U.

(b) für jede offene Teilmenge G ey ist das Urbild

-1
f (G) = {x : f (x) E G}

offen.

(e) für jede abgesehlossene Teilmenge FC Y ist das Urbild

-1
f (F) = {x f(x) (F}

abgesehlossen.

Beweis:
(a) -> (b). Ist G eine offene Teilmenge von Y und x E f- 1 (G), dann ist
f (x) E Gi und da G offen ist, gibt es eine Umgebung U von f (x) mit
U C: G. Naeh (a) existiert dann eine Umgebung Vx von x mit f (VX ) e U cG.
Somit ist

als Vereinigung offener Mengen eine offene Menge.

(b) => (a) Man setze V = f- 1 (U) •

(b) _ (e) Ist F eine abgesehlossene Menge (bzw. G eine offene

Menge), dann ist Y'-F eine offene (bzw. Y'G ein abgesehlossene)
138

-1
Menge und naeh (b) (bzw. (e» ist f (Y'F) eine offene (bzw.
f- (Y~G) eine abgesehlossene) Menge. Oarnit ist
1

-1
eine abgesehlossene (bzw. f (G) X ........ f- 1 (Y ........ G) eine offene) Menge._

Eine Funktion f, die einer der drei Bedingungen (a), (b) oder (e) ge-
nligt, heiSt "stetig". Bildet f den topologisehen Raum X bijektiv auf
den topologisehen Raum Y ab und sind sowohl fund f- 1 stetig, dann
heiBt f ein "Homöomorphismus". Zwei topologisehe Räume X und Y heiSen
"homöomorph", falls es einen Homöomorphismus von X auf Y gibt.

Wir stellen nun die Frage, wie man flir einen topologisehen Raum den
Konvergenzbegriff bei Folgen definiert. Man kann dies in naheliegen-
derweise, wie fOlgt, maehen:

Nämlieh eine Folge {X n } von Elementen eines topologisehen Raumes X


"konvergiert" gegen ein XoE X, wenn es zu jeder Umgebung U von Xo
einen Index n(U) gibt, so daB flir alle n~ n(U) stets Xn E U gilt.

Wenn X ein HAUSOORFF-Raum ist, dann ist der Grenzwert Xo eindeutig


bestimmt, und dann konvergiert auch jede Teilfolge einer konvergenten
Folge gegen den gleiehen Grenzwert.

Eine Abbildung f von einem topologischen Raum X in einen topologisehen


Raum Y heiBt "folgenstetig", wenn sie konvergente Folgen in konver-
gente Folgen liberflihrt.

Satz IV.1.2.
Jede stetige Funktion f von einem topologisehen Raum X in einen topo-
logisehen Raum Y ist folgenstetig.

Beweis:
Es sei xoE X ein beliebiges Element und {X n } eine gegen Xo konvergen-
te Folge. Ferner sei U eine beliebige Umgebung von f(x o ). Oa naeh
Voraussetzung f stetig ist, gibt es eine Umgebung V von Xo mit
f (V) e U. Weil {X n } gegen Xo E X konvergiert, g ibt es einen Index N,
so daS flir alle n 2 N stets Xn E V und somit f (X n ) E U ist. Oa U be-
liebig war, heiBt dies, daS {f(x n )} gegen f(x o ) konvergiert . •
139

Wir bemerken, daB sich Satz IV.1.2 nicht umkehren läBt. Vielmehr wer-
den wir in Kapitel VII fOlgenstetige Operataren angeben, die nicht
stetig sind.

Es sei A eine abgeschlossene Teilmenge eines topologischen Raumes X


und {X n } eine Folge von Elementen aus A die gegen ein XoE X konver-
giert. Wir zeigen nun, da/3 XoE A ist. Da A abgeschlossen ist, ist X>,A
offen. Wäre XoE X '-A, dann gäbe es eine zu A disjunkte Umgebung U von
x o • Dies widerspricht aber der Annahme, da/3 {X n } gegen Xo konvergiert.

Somit liegt also für eine beliebige Teilmenge A e X die Menge

{x : x

im AbschluB Avan A. Im Falle eines metrischen Raumes ist sogar


~ = A (siehe Satz I.2.7).

Im . allgemeinen Fall ist


~
dies jedoch nicht richtig. Es kann sogar vor-
kommen, da/3 die Menge 1\ = {x E X : x 11m x n ' Xn E l\} echt grÖ/3er als
~ ist. n+~

§ 2 Kompakte und folgenkompakte Räume

In Kapitel I.§11 haben wir gezeigt, da/3 die Eigenschaften folgenkom-


pakt und kompakt in metrischen Räumen zusammenfallen.

Allgemein nennt man nun einen HAUSDORFFschen topologischen Raum X


"folgenkompakt", wenn jede Folge von Elementen aus X eine konvergente
Teilfolge enthält. Man sagt, da/3 X "kompakt"ist, wenn man aus jeder
offenen Uberdeckung von X eine endliche Uberdeckung auswählen kann.

Wir bemerken, daB es folgenkompakte Räume gibt, die nicht kompakt


sind (siehe z.B. ENGELKING [1], p. 135).

Sieht man sich nun genau die Beweise der in Kapitel I. §11 aufgeführten
Sätze an, dann bemerkt man, da/3 viele dieser Sätze ahne jede Änderung
auf HAUSDORFFsche topologische Räume übertragen werden können.

Satz IV.2.1.
Jede abgeschlossene Teilmenge eines folgenkompakten Raumes ist ein
140

folgenkompakter Raum
(vgl. Satz I.11. 1.) .

Satz 1V.2.2.
1st X ein folgenkompakter Raum und {F n } eine absteigende Folge von
abgeschlossenen nichtlinearen Teilmengen von X, dann ist

(vgl. Satz I.11 .4) .

Satz 1V.2.3.
1st X ein folgenkompakter Raum, dann kann man aus jeder abzählbaren
offenen Uberdeckung von X eine endliche Überdeckung auswählen.

(vgl. Satz I.11.5).

Satz 1V.2.4.
1st X ein folgenkompakter Raum und f eine folgenstetige Abbildung
von X auf einen HAUSOORFF-Raum Y, dann ist auch Y folgenkompakt.

(vgl. Satz I. 11 .12) •

Satz IV.2.5.
1st f eine reellwertige folgenstetige Funktion, die auf einem folgen-
kompakten Raum X definiert ist, dann nimmt f auf X seine obere und
untere Grenze an.

(vgl. Satz 1.11.15).

Satz 1V.2.6.
Es sei f eine bijektive folgenstetige Abbildung, die den folgenkompak-
ten Raum X auf den HAUSOORFF-Raum Y abbildet. Oann ist die Umkehrfunk-
tion f- 1 ebenfalls folgenstetig.

Beweis:
Es sei {Y n } eine Folge von Elementen aus Y die gegen yo konvergiert
-1 -1
und es sei Xo = f (yo) und x n f (Y n ). Wir zeigen nun, daS die
Folge {X n } gegen X o konvergiert. Angenommen, dies wäre nicht der Fall,
dann existiert eine Umgebung U von xo' auSerhalb derer sich unendlich
viele Glieder der Folge {x n } befinden. Oa X folgenkompakt ist, ent-
f
hält diese Folge eine gegen ein x' U konvergente Teilfolge {X nk }.
141

Aus der Folgenstetigkeit von f folgt, daS y = f(x n ) gegen f(x')


konvergiert. Da {y
nk
f.
} eine Teilfolge von {yn 1.st,
n
kh"l
er a t man
f(x') f(x o ). Dies widerspricht aber der Injektivität von f . •

Da, wie bereits erwähnt, die folgenkompakten und kompakten Räume nicht
die gleiche Klasse bestimmen, geben wir nun für die kompakten Räume
die analogen Ergebnisse von bereits gezeigten Sätzen an.

Satz IV.2.7.
Es sei X ein kompakter Raum und {F t}' t ~ Teine Familie von abgeschlos-
senen Teilmengen von X, so daS jede endliche Unterfamilie einen nicht
leeren Durchschnitt hat. Dann ist

Beweis:
Der Beweis verläuft genau so, wie bei Satz 1.11.11 . •

Satz IV.2.8.
Hat ein HAUSDORFF-Raum X die in Satz IV.2.7 angegebene Eigenschaft,
dann ist er kompakto

Beweis:
Es sei {G t }, t (' T eine offene Überdeckung von X, und man setze
Ft = X'G t . Die F t sind abgeschlossen und ihr gemeinsamer Schnitt ist
leer. Also existieren nach Voraussetzung endlich viele F t , •.. ,F t
1 n
mi t leerem Schni tt und dies heiSt X e Gt 1 u ... U Gtn · •

Satz IV.2.9.
Es sei X ein kompakter topologischer Raum und Y e X eine abgeschlosse-
ne Teilmenge. Dann ist auch Y ein kompakter topologischer Raum.

Beweis:
Es sei {F t}' tE Teine Familie von abgeschlossenen Teilmengen von Y,
so daS der Durchschnitt von je endlich vielen Mengen nicht leer ist.
Da Y abgeschlossen ist, ist F t in X ebenfalls abgeschlossen. Nach
142

Satz IV.2.7 ist der Schnitt der gesamten Familie nicht leer. Also ist
nach Satz IV.2.8 Y ein kompakter topologischer Raum . •

Satz IV.2.10.
Es sei X ein kompakter topologischer Raum und f eine stetige Abbildung
von X in einen HAUSDORFF-Raum Y. Dann ist f(X) kompakto

Beweis:
Es sei {G t } eine offene Uberdeckung von f(X). Weil f stetig ist, ist
-1
{f (G t )} eine offene Uberdeckung von X. Da X kompakt ist, kann man
-1 -1
hieraus eine endliche Uberdeckung f (G t ) , ... ,f (G t ) auswählen.
1 n
Damit ist aber Gt , •.. ,G t eine endliche Uberdeckung von f(X) . •
1 n

Aus diesem Satz folgt unrnittelbar, daB Satz I.11 .15 auch für kompakte
topologische Räume gilt, daB also jede stetige reellwertige Funktion
auf einem kompakten topologischen Raum ihre obere und untere Grenze
annimmt.

Auf die gleiche Art, wie sich die Korollare I.11 .13 und I.11 .14 er-
geben, erhält man:

Korollar IV.2.11.
Es sei X ein kompakter topologischer Raum und f eine stetige Abbildung
von X in einen HAUSDORFF-Raum Y. Dann bildet f abgeschlossene Mengen
auf abgeschlossene ab.

Korollar IV.2.12.
Es sei f eine bijektive stetige Abbildung eines kompakten topologi-
schen Raumes auf einen HAUSDORFF-Raum. Dann ist f- 1 stetig.

Eine Teilmenge A eines topologischen Raumes X heiBt "kompakt" (bzw.


"folgenkompakt"), wenn sie als Unterraum von X ein kompakter (bzw.
folgenkompakter) Raum ist.

Es sei {X }, (l E A, eine Familie von HAUSDORFFschen topologischen


(l

Räumen. Mit)( X bezeichnet man dann die Menge aller Folgen der Form
(liiA (l
{x N

~
}, (l E A. In X
(lEA
X
(l
führt man die folgende Topologie ein: Es sei

xO {xc} ein beliebiger Punkt und {U} eine Umgebungsbasis von


(l (lB B E B
143

x O im Raum X . Als Umgebungsbasis von x O in x


a a X
aeA
a
nirnrnt man dann

die Farnilie aller Mengen V der Form

Man weist leieht nach, daB ~ Xa ein HAUSOORFFscher topologischer


~{~
Raum ist. Er heiBt das "TICHONOW-Produkt" von {X }.
a

Ohne Beweis zitieren wir noch den folgenden wichtigen Satz:

Satz IV.2.13. (TICHONOW)


Es sei {X } eine Familie von kompakten topologischen Räumen, dann
a
ist das TICHONOW-Produkt ebenfalls ein kompakter topologischer Raum.

Einen Beweis dieses Satzes findet man in jedern Lehrbuch der Topologie
etwa bei ENGELKING [1], p. 101.

Oa dieser Satz für fOlgenkompakte Räurne nicht gilt - es gibt närnlich


ein Beispiel eines Produktes von zwei folgenkompakten Räurnen, das
kein folgenkompakter Raum ist (siehe ENGELKING [1], p. 135) - sind
die kompakten Räume vom topologischen Standpunkt wichtiger als die
folgenkompakten Räume.

§ 3 Topologische lineare Räume

Es sei X ein linearer Raum über dern Körper der reellen (oder komple-
xen) Zahlen, der zusätzlich noch ein HAUSOORFF-Raum ist. Oann heiBt
X ein "topologischer linearer Raum", wenn die Addition und die Mul-
tiplikation mit Skalaren stetige Verknüpfungen sind. Mit anderen
Worten: falls

(1) zu jeder Umgebung Ux +y von x+y eine Umgebung Ux von x und eine
Umgebung Uy von y existiert, so daB

und

(2) zu jeder Umgebung Utx von tx eine Umgebung Ux von x und ein 8>0
existiert, so daB für alle t' mit I t'-tl < 8 stets t'UxC Utx •
144

Aus der Stetigkeit der Addition folgt für eine Umgebungsbasis {U~}

der Null, daS {U +x} eine Umgebungsbasis von x ist.


~

Nun sei X ein linearer Raum, der zugleich ein HAUSDORFF-Raum ist.
Dann nennt man die Topologie von X "translationsinvariant" falls für
jede offene Teilmenge G von X und jedes x f X auch x+G eine offene
Teilmenge von X ist. 1st die Addition eine stetige Operation, so
folgt, daS die Topologie translationsinvariant ist. In diesem Falle
braucht man dann die Stetigkeit der Addition nur noch im Nullpunkt
nachzuweisen. Die Bedingungen (1) und (2) für einen topologischen
linearen Raum können also durch
(1 ') zu j eder Nullumgebung U g ibt es eine Nullumgebung V mi t V+V e U

und
(2') zu jeder Nullumgebung U und jedem E>O gibt es eine Nullumgebung
V, so daS für alle Itl < E stets tVC.U gilt
ersetzt werden.

Ein topologischer linearer Raum X heiSt "lokal-konvex" falls jede


Nullumgebung U eine konvexe Nullumgebung V enthält. X heiBt dann auch
kurz "lokalkonvexer Raum".

Nun sei X ein lokalkonvexer Raum über dem Körper der reellen Zahlen,
U eine Nullumgebung von X und Vc U ein konvexe Nullumgebung. Aus der
Stetigkeit der Multiplikation mit reellen Zahlen folgt dann, daS
W= ~ E V ebenfalls eine Nullumgebung ist. Nach Satz 11.2.2 be-
I E 1=1
stimmt W eine Pseudonorm I x I in X. Setzt man Xo = {x € X: I x I = o}
und X' X/X o ' dann existiert nach dem Satz von HAHN-BANACH auf X'
ein lineares Funktional ffO, welches bezüglich lxi stetig ist. Damit
ist f aber auch bezüglich der ursprünglichen Topologie stetig. Diese
Konstruktion kann man für jede Nullumgebung machen. Da X ein HAUS-
DORFF-Raum ist, gibt es zu jedem XfO eine Nullumgebung U mit x ~ U.
Somit erhält man:

Satz IV.3.1.
Es sei X ein lokalkonvexer Raum über dem Körper der reellen Zahlen.
Dann gibt es zu jedem XfO ein stetiges lineares Funktional f mit
f (x) fO.
145

Entsprechend dem Beweis von Satz II.5.4 erhält man:

Satz IV.3.2.
Es sei X ein lokalkonvexer Raum über dem Körper der komplexen Zahlen.
Dann gibt es zu jedem x+O ein stetiges lineares Funktional f mit
f{x) O.+
Die Trennungssätze lassen sich ebenfalls auf lokalkonvexe Räume über-
tragen.

Satz IV.3.3.
Es seien A und B zwei disjunkte konvexe Mengen eines lokalkonvexen
Raumes über dem Körper der reellen (bzw. komplexen) Zahlen, wobei
wenigstens eine der beiden Mengen ein nicht leeres Inneres hat. Dann
existiert ein stetiges lineares Funktional f, welches A und B trennt,
d.h. es ist

sup f{x) < inf f{x)


XEA xEB

(bzw.

sup re f{x) < inf re f{x»


xeA xEB

Satz IV.3.4.
Es sei X ein lokalkonvexer Raum über dem Körper der reellen (bzw.
komplexen) Zahlen, U e X eine abgeschlossene konvexe Teilmenge von X
und Xo E X" U. Dann existiert ein stetiges lineares Funktional f (x) ,
eine reelle Zahl c und ein positives E, so daB

f (xo) ~ C+E, und für alle x E Ustets f (x) < c ist

(bzw.

re f (xo) ~ C+E, und für alle x E U stets re f (x) ~ C ist).

Der Beweis dieser Sätze verläuft genausa wie bei normierten Räumen.
146

§ 4 Die schwache Topologie

Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum und r eine Menge von
auf X definierten linearen Funktionalen mit den beiden folgenden
Eigensehaften:

(1) "r ist eine lineare Menge", d.h. für f,g E r i s t aueh f+g ~ r, und
für jedes f ~ r und jeden Skalar a ist af E r

(2) "r ist total" I d.h. ist x E X und ist für alle f E r stets
f(x) = 0, dann gilt x=o.

Für X definiert man nun eine translationsvariante r-Topolgie mit Hil-


fe einer Nullumgebungsbasis , deren Elemente von der Form:

sind.

Man sieht leieht, daB die so definierten Mengen den Bedingungen einer
Nullumgebungsbasis genügen. Denn der Sehnitt zweier soleher Mengen
enthält wieder eine Menge desselben Typs.

Dureh Translation erhält man dann eine Topologie auf X, genannt die
"r-Topologie". Da r total ist, ist X mit der r-Topologie ein HAUS-
DORFF-Raum. Mit Hilfe einer leiehten Reehnung sieht man weiterhin,
daB X mit der r-Topologie ein lokalkonvexer Raum ist.

Im weiteren Verlauf dieses Buehes sind nur die beiden folgenden


r-Topologien für BANACH-Räume von Interesse.

X sei ein BANACH-Raum und r = x* der konjugierte Raum von X. Dann


heiBt die entspreehende r-Topologie die "sehwaehe Topologie" für X.

Falls X = Y*der konjugierte Raum eines gewissen BANACH-Raumes Y


ist , und

r {ffX*: es gibt y~Y mit f(x) x (y) },

dann heiEt die zugehörige r-Topologie die "sehwaeh-*-Topologie" für


X. Genauer sollte man von der "schwaeh-*-Topologie bezüglieh Y"
147

sprechen, da es nämlich nicht isomorphe BANACH-Räume Y und Y1 gibt,


die isomorphe konjugierte Räume haben. Wir werden jedoch aus tradi-
tionellen Gründen immer da, wo keine MiBverständnisse entstehen kön-
nen, einfach von der schwach-*-Topologie von X sprechen.

1st eine Teilmenge eines linearen Raumes in der r-Topologie folgen-


kompakt (bzw. kompakt), dann nennen wir sie "r-folgenkompakt" (bzw.
"r-kompakt"). 1st sie bezüglich der schwachen Topologie folgenkom-
pakt (bzw. kompakt), dann heiBt sie "schwach folgenkompakt" (bzw.
"schwach kompakt"). Entsprechend sind die Begriffe"schwach-*-folgen-
kompakt"und"schwach-*-kompakt"zu verstehen.

Satz 1V.4.1.
Es sei X ein reeller oder komplexer linearer Raum und rc X' eine Men-
ge von linearen Funktionalen, die den Bedingungen (1) und (2) genügen.
Dann ist ein lineares Funktional f ( X I in der r-Topologie genau dann
stetig, wenn f lõ rist.

Beweis:
"Hinreichend": Aus der Definition der r-Topologie folgt unmittelbar,
daB jedes f f r in der r-Topologie ein stetiges lineares Funktional
ist.

"Notwendig": 1st f E XI in der r-Topologie stetig, dann existiert eine


Nullumgebung U der r-Topologie mit

sup I f (x) I < 1.


XEU

Da U von der Form

U = {xeX: Ifi(x)1 < ci ' i=1,2, ••• ,n}

ist, enthält es den linearen Teilraum

Xo = {x E X: f i (x) = 0 , i=1,2, ••• ,n}.

Nach Voraussetzung ist f auf U beschränkt. Das bedeutet wegen der


Homogenität von f, daB f auf Xo verschwindet. Der Quotientenraum X/Xo
ist nach Definition von Xo höchstens n-dimensional, und jedes der line-
aren Funktionale f i induziert auf x/xo ein lineares Funktional ~i. Da
f auf Xo ebenfalls verschwindet, induziert es auch ein lineares Funk-
148

tional f auf X/Xo. Dies heiBt, daB } eine Linearkombination der fi'
al so f eine Linearkombination der f. ist. Aus der Linearität von f
~
folgt dann, daB f € f ist . •

Satz 1V.4.2.
Es seien X und Y reelle oder komplexe lineare Räume und A ein linea-
rer Operator von X nach Y. Ferner sei X bzw. Y mit einer f X- bzw. f y -
Topologie versehen. Der Operator A ist genau dann ein stetiger line-
arer Operator von X, versehen mit der fx-Topologie nach Y, versehen
mi t der ry -Topolog ie, wenn für jedes f lE ry das lineare Funktional
f(A(x» in r X ist (d.h. A' bildet f y in r X ab).

Beweis:
"Notwendig". Es sei f € ry. Da A nach Voraussetzung stetig ist, ist
dann auch f 0 A ein stetiges lineares Funktional auf X in der r X-Topo-
logie. Nach Satz 1V.4.1 heiBt das fOAEr x •

"Hinreichend". Es sei U eine beliebige Nullurngebung von Y in der


ry-Topologie. Dann hat U die Form

Da nach Voraussetzung f i 0 A € r X ist, ist das Urbild von U unter A,


also

A- 1 (U) {x € X: [f.(A(x»[ < c. , i=1,2, ••. ,n},


~ ~

eine Nullumgebung in der fx-Topologie, womit die Stetigkeit von A ge-


zeigt ist . •

Korollar 1V.4.3.
Es seien X und Y BANACH-Räurne. Dann ist jeder stetige lineare Opera-
tor A von X nach Y auch schwach stetig; d.h. stetig als Operator von
X,versehen mit der schwachen Topologie, nach Y versehen mit der
schwachen Topologie.

Beweis:
1st f ein stetiges lineares Funktional auf Y, dann ist auch f(A(x»
ein stetiges lineares Funktional auf X. Also bildet A' den Raurn Y*
in den Raum x* ab. Aus der Definition der schwachen Stetigkeit und
Satz 1V.4.2 folgt dann, daB A schwach stetig ist . •
149

Korollar IV.4.4.
Es sei X bzw. Y ein BANACH-Raum, der der konjugierte Raum von Xo bzw.
yo ist und A ein stetiger linearer Operator von X nach Y. Dann ist A
schwach-*-stetig genau dann, wenn A der konjugierte Operator eines
stetigen linearen Operators Ao von yo nach Xo ist.

Beweis:
Der konjugierte Operator A- eines linearen Operators A ist genau dann
stetig, wenn A stetig ist. Nach Definition der schwach-.-Topologie
und Satz IV.4.2 ist A genau dann stetig, wenn A* den Raum Y in X
o 0
abbildet. Dies bedeutet aber gerade, daB A' den Raum n(Y o ) in n(x o )
abbildet, wobei n(Z) wie üblich das kanonische Bild von Z in Z** ist.
Identifiziert man nun n(Y o ) mit yo und n(X o ) mit Xo und bezeichnet
man die Beschränkung von A' auf yo mit Ao ' dann ist offensichtlich
A = A* •

Satz IV.4.5.
Es sei rein linearer Raum und X = r' der Dualraum von r.·Ferner sei
X mit der r-Topologie versehen, und c(y) sei eine beliebige (nicht
notwendig stetige) reellwertige Funktion auf r. Dann ist

K {x E X: y (x) .::. c (y) für alle y E r}

kompakt in der r-Topologie.

Beweis:
Es sei

I(y) {a: a Skalar mit lal < c(y)},

und
I = X I (y)
YE r

das TICHONOW-Produkt der I(y) (siehe § 2). Nach dem Satz von TICHONOW
(Satz IV.2.13) ist lein kompakter topologischer Raum. Nun sei T die
durch

T{x) {x }
y

mit x y y{x) definierte Abbildung von K nach I. Da aus der Defini-


tion der r-Topologie sofort folgt, daB Tein injektiver Homöomorphis-
mus ist, braucht nur noch gezeigt werden, daB das Bild von K unter T,
also T(K), eine abgeschlossene Menge ist.
150

Dazu benutzt man nun, daS rein linearer Raum ist. Sei etwa für
f ,g E r

A(f,g)

und für f E r, a Skalar

Da für jedes f € r die Abbildung {x'Y} + x f in der r-Topologie stetig


ist, sind alle Mengen A(f,g) und B(a,f) abgeschlossen. Damit ist
aber auch

T (K) [t:! /(f ,g) ] " [Q


a-Skalar
B (a,f)]

abgeschlossen ••

Als Korollar erhält man:

Satz IV.4.6. (ALAOGLU [1])


Es sei X = Y* der konjugierte Raum eines BANACH-Raumes Y. Dann ist
die abgeschlossene Einheitskugel von X kompakt in der schwach-*-
Topologie.

Beweis:
Es ist K = {XEX: ~xl ~ 1} = {xEX: Ix(y)1 ~ hll, für jedes YEY} .•

Als unmittelbare Konsequenz aus dem Satz von ALAOGLU erhält man, daS
jede beschränkte schwach-*-abgeschlossene Teilmenge A eines BANACH-
Raumes X, der der konjugierte Raum eines BANACH-Raumes Y* ist, in der
schwach-*-Topologie kompakt ist.

Wir haben uns bisher mit der schwachen Topologie befaSt. Jetzt wal-
len wir die schwache Konvergenz untersuchen. Als triviale Konsequenz
des Satzes von BANACH-STEINHAUS erhält man zunächst:

Satz IV.4.7.
Ist der BANACH-Raum X der konjugierte Raum eines BANACH-Raumes Xo '
dann ist jede in der schwach-*-Topologie konvergente Folge {X n } e X
auch beschränkt.
151

Korollar IV.4.8.
Jede schwach konvergente Folge von Elernenten eines BANACH-Raumes X
ist beschränkt.

Beweis:
Man bette X in seinen zweiten konjugierten Raum x** ein und wende
Satz IV.4.7 an. _

Satz IV.4.9.
Es seien X und Y BANACH-Räume und {An} eine Folge von stetigen line-
aren Operatoren von X nach Y, die in der Norm gegen einen linearen
Operator A von X nach Y konvergiert. Ferner sei X der konjugierte
Raum eines BANACH-Raumes X . Sind dann alle Operatoren A fOlgenste-
o n
tig vom Raum X mit der schwach-*-Topologie bezüglich Xo in den Raum
Y mit der Norm-Topologie, dann ist auch A folgenstetig von X mit der
schwach-*-Topologie nach Y mit der Norm-Topologie.

Beweis:
Es sei {X n } eine Folge von Elernenten aus X, die in der schwach-.-
Topologie gegen X o konvergiert. Nach Satz IV.4.7 ist diese Folge
dann beschränkt und wir setzen

Da die Folge {An} in der Norm gegen A konvergiert, gibt es zu belie-


big vorgegebenen E>O einen Index N mit

Nach Voraussetzung ist ~ fOlgenstetig, d.h. zu unserem vorgegebenen


E>O gibt es ein no' so daS für alle n>no

< ~
3

ist. Somit gilt für alle n>n o :

< M • ;M + J+M. ;M = E.
152

Oa E>O beliebig war, folgt hieraus, daS Axn+Ax in der Norm-Topologie


konvergiert. •

Korollar IV.4.10.
Es sei {An} eine Folge von stetigen linearen Operatoren, die den
BANACH-Raum X in den BANACH-Raum Y abbilden, und {An} konvergiere in
der Norm gegen einen linearen Operator A. Transformiert jedes An
schwach konvergente FOlgen in Norm-konvergente, dann transformiert
A auch schwach konvergente Folgen in Norm-konvergente.

Beweis:
Man bette die zugrundeliegende Folge des Raumes X in den zweiten kon-
jugierten Raum x** ein und wende Satz IV.4.9 an ••

Wir zeigen nun, daS die Einheitskugel des konjugierten Raumes X*


sChwach-*-folgenkompakt ist, falls X separabel ist. Allerdings geben
wir dafür nicht den üblichen Beweis an, der auf einem recht allgemei-
nen Satz über kompakte Räume und dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6)
beruht, sondern beweisen diese Aussage hier direkt.

Satz IV.4.11.
Es sei X ein separabler BANACH-Raum. Oann ist die abgeschlossene Ein-
heitskugel des konjugierten Raumes X· schwach-*-folgenkompakt.

Beweis:
Es sei {fn} eine Folge stetiger linearer Funktionale fnE X· mit
Ifnl ~ 1. Oa X nach Voraussetzung separabel ist, existiert eine dich-
te Folge {xn } von Elementen aus X.

Zunächst kann man induktiv eine Folge von Teilmengen {f~} von {fn}
mit

(1) {fi} ist Teilfolge von {fi-1}


k k

und

i
(2) {fk(xi)} ist für jedes i eine konvergente Skalarfolge

konstruieren. Wir wallen diese Konstruktion, die sehr einsichtig 1st,


hier nicht vorführen. Aus (1) und (2) fOlgt nun, daS für jedes i und
153

i
jedes m mit 1~m~i auch {fk(xm)} eine konvergente Skalarfolge ist.

Als die gesuchte konvergente Teilfolge {f } von {f } wählen wir die


nk n
Folge {f~}. Da für alle m fast alle Glieder der Folge {f }={f~} in
nk
{f~} liegen, ist für alle m die Folge {f (x)} konvergent.
nk m

Wir zeigen nun, daB für alle x E X die Folge {f (x)} konvergiert.
nk
Dazu sei E>O vorgegeben. Da {xm} dicht in X ist, gibt es zunächst

ein x mi t I x-xm I < -3


1 E. Weil die Folge {f } in jedern der Punkte
mo 0 nk
x m ' also insbesondere in x mo ' konvergiert, gibt es eine natürliche

Zahl K, so daB für alle k,k'>K

Da II f n h1 ist, gilt weiterhin für alle k und für die oben gewählten
k
Punkte x und x
Ino

Zusarnrnen ergibt sich also für alle k,k'>K

Dies bedeutet, daB {f (x)} für jedes x E X eine CAUCHY-Folge ist,


nk
die gegen ein gewisses f(x) konvergiert. Nach dern Satz von BANACH-
STEINHAUS ist f(x) ein stetiges lineares Funktional auf X. Ferner
ist I f 11~1, da

Die Konvergenz von {f (x)} gegen f (x) für jedes x E X bedeutet aber
nk
gerade, daB {f n } gegen f in der schwach-.-TOpologie konvergiert . •
k
154

§ 5 Reflexive Räume und schwache Kompaktheit

Im folgenden sei X ein BANACH-Raum, X* der konjugierte Raum von X und


x** = (X*)* der zweite konjugierte Raum. In Kapitel II, § 5 haben wir
gezeigt, daS man auf natürliche Weise jedern x € X ein n(x) E x** mit
n(x)f = f(x) für alle fE x* zuordnen kann. Die Zuordnung n ist die
kanonische Einbettung von X in x**. Sie ist, wie bereits gezeigt,
eine injektive lineare Isometrie.

1st die kanonische Einbettung n von X in X** surjektiv, d.h. ist


n(X) = x**, dann heiBt der Raum X "reflexiv".

Die in Kapitel II, § 6 bewiesenen Aussagen, ergeben die folgenden


Beispiele für reflexive Räume:

BeispielIV.S.1.
Der Raum ~2 ist reflexiv.

Beispiel IV.S.2.
Jeder endlichdimensionale Raum ist reflexiv.

Beispiel IV.S.3.
Der Raum L 2 [0,1] ist reflexiv.

Beispiel IV.5.4.
Der Raum Co ist nicht reflexiv, denn es ist (c o )**

Beispiel IV.5.5.
Der Raum L 1 [0,1] ist nicht reflexiv. Da (L 1 [0,1])* = M[0,1] nicht
separabel ist, ist nach Satz 11.5.13 auch (L 1 [0,1J)** = M[0,1J* nicht
separabel, und somit nicht der Raum L 1 [0,1], denn dieser ist separa-
bei.

Satz IV. 5.1. (GOLDSTINE [1])


Es sei X ein reeller (bzw. komplexer) BANACH-Raum und x** der zweite
konjugierte Raum von X. Ferner bezeichne K bzw. K** die abgeschlosse-
ne Einheitskugel von X bzw. x**. Dann ist n(K) bezüglich der X*-TOPO-
logie eine dichte Teilmenge von K**.

Beweis:
Es bezeichne K1 den AbschluB von n(K) in der X*-Topologie. Da nach
155

dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6) K** bezüglich der X*-TOpologie ab-
geschlossen ist, hat man K,CK**. K, ist als AbschluB einer konvexen
Menge wiederum konvex. Angenommen, es sei K,fK**. Dann existiert ein
x**~ K**, welches nicht in K, liegt.

Nach dem Trennungssatz (Satz IV.3.4) gibt es dann ein lineares Funk-
tional f, welches in der X*-Topolgie stetig ist, eine reelle Zahl c
und ein positives g, so daB

für alle x E K, stets f (x) < c und f (x**) > c+g (5.1)

(bzw.: für alle x E K, stets re f (x) < c

und re f(x ** ) ~ c+g) ist. (5.2)

Da f in der X*-TOpologie stetig ist, ist es nach Satz IV.4.' von der
Form

f (;'{) ;'{ (x*) , für :i E x**,

wobei x* E x*.

Weil n (K) e K" ist für jedes x E n (K) der Wert f (x) (bzw. re f (x) )
nicht gröBer als c. Somit gilt für alle x E K stets I x (x*) I ~ c. Aus
der Definition der Norm eines Funktionals folgt dann, daB Ilx*l~c ist
im Widerspruch zur Ungleichung (S.,) (bzw. (5.2» ••

Satz IV.5.2.
Es sei X ein BANACH-Raum über dem Körper der reellen oder komplexen
Zahlen. Der Raum X ist genau dann reflexiv, wenn die abgeschlossene
Einheitskugel K = {x f X: Ilx~~1} schwach kompakt ist (d.h. kompakt in
der X*-TOpologie) •

Beweis:
"Notwendig". 1st X reflexiv, dann ist n(K) = K**. Nach dem Satz von
ALAOGLU (Satz IV.4.6) ist K** kompakt in der X*-TOpologie. Somit ist
K kompakt in der X*-TOpologie.

"Hinreichend". Angenommen, K sei schwach-kompakt, also kompakt in


der X*-Topolgie. Dann ist n(K) als Teilmenge von X** ebenfalls kom-
pakt in der X*-Topologie. Da aber nach Satz IV.5.1 n(K) in K** auch
156

dicht ist, folgt n(K)

Korollar IV.S.3.
Ein BANACH-Raum X über dem Körper der reellen oder komplexen Zahlen
ist genau dann reflexiv, wenn jede beschränkte und schwach abgeschlos-
sene Teilmenge von X auch schwach kompakt ist.

Satz IV.S.4.
Es sei A eine abgeschlossene, beschränkte und konvexe Teilmenge eines
reflexiven BANACH-Raumes X über dem Körper der reellen (bzw. komple-
xen) Zahlen. Dann ist A schwach kompakto

Beweis:
Nach Korollar IV.S.3 genügt es zu zeigen, daB A schwach abgeschlos-
sen ist. 1st etwa p E X '.A, dann gibt es nach dem Trennungssatz
(Satz IV. 3.4) ein stetiges lineares Funktional f E X·, eine reelle
Zahl c und ein positives E, so daB

für alle xt;A, f(x) ~c und f(p) > C+E

(bzw. für alle x E A, re f (x) < c und re f(p) > c+d.

Hieraus folgt aber, daS p auch nicht im schwachen AbschluS von A


liegt . •

Korollar IV.S.S.
Jeder Unterraum eines reflexiven Raumes ist reflexiv.

Beweis:
Sei Xo ein Unterraum eines reflexiven Raumes X und A eine beschränkte
abgeschlossene und konvexe Teilmenge von Xo. Dann ist natürlich auch
A eine abgeschlossene Teilmenge von X. Also ist A schwach kompakto
Nach Korollar IV.S.3 ist somit Xo reflexiv . •

Wir haben bereits früher gesagt, daS sich die Begriffe kompakt und
folgenkompakt nicht decken. Für die schwache Topologie gilt jedoch:

Satz IV.S.G. (EBERLEIN [1], SMULIAN [1])


Es sei X ein BANACH-Raum. Eine Teilmenge A e X ist genau dann schwach
kompakt, wenn sie schwach folgenkompakt ist.
157

Einen Beweis dieses Satzes findet man in jedem Lehrbuch über Funk-
tionalanalysis (siehe etwa DUNFORD-SCHWARZ [1J, Kapitel V, § 6, oder
ROLEWICZ [1J, p. 130). Wir beweisen den Satz hier nicht, da wir nur
den folgenden schwächeren Satz benutzen werden.

Satz IV.5.6 ' .


Es sei X ein reflexiver BANACH-Raum. Dann ist jede beschränkte abge-
schlossene und konvexe Teilmenge A von X schwach folgenkompakt.

Beweis:
Wir bemerken zunächst, daB A in der schwachen Topologie abgeschlos-
sen ist. Nun sei {x } eine Folge von Elementen aus A und X =lin{x }
n 0 n
der von den {x n } aufgespannte Unterraum. Nach Konstruktion ist Xo se-
parabel. AIs Unterraum eines reflexiven BANACH-Raumes ist er auch re-
flexiv. Insbesondere ist X der konjugierte Raum von (X )*. Nach Satz
o 0
11.5.13 ist (X o )* separabel. Nun kann man nach Satz IV.4.11 aus {x n }
eine Teilfolge {xn } auswählen, die in der schwach-*-Topologie gegen
k
ein gewisses X o E X konvergiert. Da Xo reflexiv ist, fällt die schwach-*
-Topologie mit der schwachen Topologie zusammen. Somit konvergiert
{x n } schwach gegen xo. Da A schwach abgeschlossen ist, folgt dann
x EA • •
o

§ 6 Extremalpunkte

Es sei X ein topologischer linearer Raum und A e X eine konvexe Teil-


menge von X. Dann heiBt eine Teilmenge BC: A eine "Extremalmenge",
wenn aus x,y E A und tx+(1-t)y E: B für ein gewisses t mit 0<t<1 stets
x,y € B folgt. Eine Extremalmenge, die nur aus einem Punkt besteht,
heiBt "Extremalpunkt". Die Menge aller Extremalpunkte von A wird
mit E(A) bezeichnet.

Eine nicht einpunktige Extremalmenge heiBt auch eine "Seite". Bei


dieser Sprechweise sollte man beachten, daB sich diese Redeweise
nicht nur auf den intuitiven Begriff einer Seite bezieht. Z.B. sind
auch die Kanten eines Polyeders im Sinne dieser Definition Seiten.

Man sagt weiterhin, daB eine Menge U "endlich (bzw. abzählbar) viele
Seiten hat", wenn sie endlich (bzw. abzählbar unendlich) viele Seiten
enthält.

In einem endlich-dimensionalen topologischen linearen Raum hat jede


158

abgesehlossene und besehränkte konvexe Menge A mindestens einen Ex-


tremalpunkt, und es ist

A = eonvE (A) •

Dabei versteht man für eine beliebige Menge B unter eonvB die klein-
ste konvexe Menge, die B enthält also:

eonvB {y : y

Die Menge eonvB heiBt die "konvexe Hülle" von B.

Im Falle eines unendlieh-dimensionalen topologisehen linearen Raumes


hat jedoeh nicht jede abgesehlossene und besehränkte konvexe Teilmen-
ge Extremalpunkte.

Beispiel:
Es sei X = L1 [0,1) und A die abgesehlossene Einheitskugel von X, al so
A = {x ~ L 1 IO,
1}: I x I ~ 1}. Wir zeigen nun, daB A keine Extremalpunkte
hat.
1
Dazu sei x ( L 1 [0,1) mit I xI
Ilx(t)ldt=1.
o
e 1
Man bestimme ein e mit 0<e<1, so daB Ilx(t) Idt 2' Nun setze man
o

= f02X(t) , tE [o,e)
x 1 (t)
, t€[e,1)
und
, t e [o,e)

, tde,1}.

Oa I x 1 I = I x21 = 1 und x = t (x 1+x 2 ) ist x kein Extremalpunkt. A hat


also keine Extremalpunkte.

Der Hauptsatz dieses Paragraphen ist:


159

Satz IV.6.1. (KREIN-MILMAN [1)


Es sei X ein lokalkonvexer Raum über dem Körper der reellen oder kom-
plexen Zahlen. A e X sei eine kompakte konvexe Teilmenge von X. Dann
hat die Menge A Extremalpunkte und es gilt weiterhin, daB A die abge-
schlossene konvexe Hülle seiner Extremalpunkte isti also:

A = convE (A) .

Beweis:
Es bezeichne f(A) die Menge aller abgeschlossenen Extremalmengen
von A. ~(A) wird nun mit der durch die Inklusion gegebenen Halbord-
nung versehen. Man setze nämlich: E 1 ~ E 2 , E 1 , E 2 E [(A) , wenn E 1 e E 2 •

Wir zeigen nun, daB jede wohlgeordnete Teilmenge von [(A) ein mini-
males Element hat. Dazu sei orc f(A) eine wohlgeordnete Teilmenge.
Dann setzen wir Eo = r-t E. Zunächst folgt aus der Kompaktheit von
E E IX
A und aus der Definition der Halbordnung, daB Eo+~ ist. Wir zeigen
nun, daB Eo eine Extremalmenge ist. Dazu sei k=tk 1 +(1-t)k 2 € Eo'
k 1 ,k 2 E A und O<t<1. Dann ist aber für jedes E E Ol'auch k=tk 1 +(1-t)k 2EE.
Da E eine Extremalmenge ist, gilt k 1 ,k 2 E E. Dies bedeutet aber
k 1 ,k 2 E Eo. Somi t ist Eo eine Extremalmenge, also Eo E 'f (A) •

Damit haben wir also gezeigt, daB für jedes E E ~ stets Eo ~ E gilt.
Wir können also das Lemma von KURATOWSKI-ZORN anwenden und erhalten
die Existenz eines minimalen Elementes von f(A) etwa E . ~ (A).
ml.n

Wir zeigen nun, daB Emin ein Extremalpunkt von A ist. Angenommen,
Emin enthalte mindestens zwei verschiedene Punkte. Dann existiert
nach dem Trennungssatz ein stetiges lineares Funktional f(x), welches
auf Emin nicht konstant ist (bzw. re f(x) ist auf Emin nicht konstant).

Sei

E' . {x € Emin : f (x) min f(y)}


ml.n
y€E min

(bzw.

E~in = {x E Emin : re f (x) min re f(y)}).


yeE min

Aus der Kompaktheit von Emin fOlgt zunächst, daB E~in nicht leer ist.
160

Oa f (bzw. re f) auf Emin nicht konstant ist, ist E~in eine echte
abgeschlossene Teilmenge von Emin . Wir zeigen nun, daS E~in eine Ex-
tremalmenge ist. Dazu seien k, ,k 2 E: Emin und k=tk 1 + (l-t) k 2 E E~in mit
Q<t< 1.

Angenommen, es sei etwa kl~ E~in' d.h. es sei

f(k 1 ) > min f(y)


y€E min

(bzw.

re f (k 1 ) > min re f (y) ) .


yEEmin

Dann ist aber auch

f(k) > min f(y)


YEE min

(bzw.

re f(k) > min re f(y)),


YEEmin

im Widerspruch zur Annahme, daS k E E~in ist. Somit folgt also aus
k € E~in auch k 1 , k 2 E E~in. Also ist E~in e Emin eine wei tere Extremal-
menge. Das ist aber nicht möglich, denn Emin war minimal. Insgesamt
haben wir also gezeigt, daS Emin einpunktig ist.

Wir beweisen nun den zweiten Teil des Satzes. Angenommen, es sei
A f convE (A). Dann g ibt es ein x E A ,",convE (A). Nach dem Trennungs-
satz gibt es dann ein stetiges lineares Funktional f(x), eine reelle
Zahl c und ein positives E, so daS

f (x) < c und für alle y E convE (A) stets f (y) > C+E

(bzw. re f(x) < c und für alle y~convE(A) stets re f(y) > C+E)

gilt.

Nun sei

E {x € A: f (x) min f(y)}


y€A
161

(bzw.

E = {XEA: re f(x) min re f (y) }) •


yEA

Zunäehst folgt aus der Stetigkeit von f, daS E abgesehlossen ist.


Weiterhin zeigt man wie oben, daS E eine Extremalmenge ist. Insbe-
sondere enthält dann E einen Extremalpunkt x o ' für den dann
f(x o ) ~ c (bzw. re f(x o ) ~ e) gilt. Hieraus folgt aber xo~ E(A), wo-
mit sich ein Widerspruch ergibt ••
Kapitel V. Optimierung und Beobachtung
bei linearen Systemen

§ Lineare Systeme

Unter einem "linearen System" versteht man ein Tripel reeller BA-
NACH-Räume x,D ,Y zusammen mit zwei stetigen linearen Operatoren
A und B, wobei A von X nach D und B von 0 nach Y geht. Im folgenden
wird ein lineares System stets mit

(X~ D~Y)
A B

bezeichnet.

Man nennt X den "Eingaberaum", Y den "Ausgaberaum" und D den "Trans-


formations- oder Trajektorenraum". Der Operator A heiBt "Eingabeope-
rator" und B heiBt "Ausgabeoperator". Bei vielen Fragestellungen
interessiert man sich nur für den Ein- und Ausgaberaum und nicht für
den Transformationsraum.

Beispiel V.1.1.
Bekanntlich lassen sich viele Systeme aus Technik und Physik durch
eine lineare Differentialgleichung

dx A(t)x (1. 1 )
dt

beschreiben. Dabei ist [to,T] das zugrundegelegte Zeitintervall,


x ist eine absolut stetige Vektorfunktion und A eine lokal integrier-
bare (n,n)-Matrix-Funktion. Man verlangt, daB die Gleichung (1.1) fast
überall erfüllt ist.

Der Eingaberaum X ist dann der n-dimensionale Raum der Anfangswerte


x o ; der Transformationsraum 0 ist Cn [to' TJ und als Eingabeoperator A
163

nimmt man den linearen Operator, der jedem Anfangswert Xo die eindeu-
tig bestimmte Lösung x von (1.1) mit x(t o ) = X o zuordnet. Bezeichnet
man mit ~(t) die Fundamentalmatrix von (1.1), wobei ~(to) = l i s t ,
dann ist A von der Form

(1 .2)

Offensichtlich ist A ein stetiger linearer Operator.

Für den Ausgaberaum Y gibt es mehrere Möglichkeiten: So kann man etwa

a) Y =0 und B = I nehmen. Dann interessiert man sich für den Ver-


lauf der Trajektorien in [to,T],
oder
b) man nimmt für Y den n-dimensionalen Raum und definiert
B durch B(x) = x(T). Dann interessiert man sich (und dies kommt
häufig vor) für den Endwert der Trajektorie.

Betrachtet man etwa ein nichtisoliertes System, auf welches eine


äuBere GröBe, hier "Steuerung" genannt, einwirkt, dann kann man,
zumindest in einfachen Fällen, einen ähnlichen Ansatz wie (1.1) machen.
Allerdings ist die zugehörige Differentialgleichung dann inhomogen:

dx
A(t)x + B(t)u(t) (1 .3)
dt

Dabei sind A und x wie oben. Die Steuerung u ist eine m-dimensionale
meBbare Vektorfunktion, und B ist eine meBbare (n,m)-Matrix-Funktion.

Um die Existenz einer Lösung von (1.3) zu sichern, benötigt man noch
gewisse Annahmen, die die Integrierbarkeit der Vektorfunktion
B(t)u(t) in [to,T] garantieren. (Dabei versteht man unter dem Integral
einer Vektorfunktion den Vektor der Integrale der Komponentenfunkti-
onen. )

Beispiele für derartige Annahmen sind etwa:

1) B(t) ist beschränkt und u(t) ist integrierbar.


2) B(t) ist integrierbar und u(t) ist beschränkt.
3) B(t) und u(t) sind quadrat-integrierbar.
164

Im Prinzip kann man als Steuerungsraum Ujeden BANACH-Raum von m-di-


mensionalen meBbaren Vektorfunktionen u(t) auf [to,TJnehmen, so daB
für jedes u € U die Funktion B (t) u (t) integrierbar ist.

Im einzelnen sind die Annahmen 1)-3) so zu verstehen: Legt man Annah-


me 1) zugrunde, dann nimmt man für U den BANACH-Raum L 1 [t Tl aller
m 0' J
m-dimensionalen absolut integrierbaren Vektorfunktionen
u(t) = (u 1 (t), ... ,um(t», also:

L~[to,TJ := {u(t): u=(u 1 '.·· ,um) mit ui €. L 1 [to,T], i=1, .•. ,m}.
m T
L~[to,TJ wird mit der Norm /luU L tf lu. (t) Idt
1.
versehen. Die Be-
i=1
o
dingung, daB B(t) beschränkt ist, ist folgendermaBen zu verstehen. Man
versehe 'iR n und 'iR. m jeweils mit der Summennorm
n m
\lxII = L lXii (bzw. lIu/l = L lu·l)
i=1 i=1 1.

und definiere für eine (n,m)-Matrix B die Norm durch

~ B II sup II Bu " •
lIul/~1

Dann heiBt B(t) beschränkt, falls IIB(t)1I eine beschränkte Funktion


auf [to,T] ist.

Geht man von Annahme 2) aus, dann nimmt man für U den BANACH-Raum
aller m-dimensionalen wesentlich beschränkten Vektorfunktionen

mit der Norm

lIull

Versieht man nun It< n und 1K m mit der Maximum-Norm

Ilxll = max Ix.1 (bzw. Ilull = max lu.l)


1<i<n 1. 1<i<m 1.

und definiert für eine (n,m)-Matrix B die Norm durch


165

IIBII sup II Bu II,


Ilull5..1
dann bedeutet die Annahrne, daS B(t) integrierbar ist, genau, daS
T
f IIB(t)lIdt existiert.
to

Bei der Annahme 3) nirnrnt man für U den BANACH-Raurn aller m-dimensiona-
len quadrat-integrierbaren Vektorfunktionen

mi t der Norm

Ilul!

Versieht man nun 'lK n und 1R m mit der Euklidischen Norm

n
Ilxll (I (bzw. Ilull
i=1

und definiert man für eine (n,m)-Matrix B die Norm durch

IIBII sup HBU II '


lIuh1

dann bedeutet die Annahme, daS B(t) quadrat-integrierbar ist, genau,


T
daS f ~B(t)1I2dt existiert.
to

Der Eingaberaurn X ist in diesen drei Fällen das kartesische Produkt


des Raurnes ~ n der Anfangswerte mit dern Steuerungsraurn U. Der Trans-
formationsraurn ist wie aben Cn[to,T]. Der Eingabeoperator wird durch

t 1
~(t)xo + ~(t) f ~- (s)u(s)ds (1 .4)
to

gegeben, wobei ~ die Fundarnentalmatrix des homogenen Systems (1.1)


166

mit ~(to)=I ist. Der Ausgaberaurn Y und der Operator B können wie aben
definiert werden.

Im Zusarnrnenhang mit diesen speziellen Steuerungsräurnen sei folgendes


bemerkt: Genau wie für m=1 läSt sich zeigen, daS L~[to,TJ mit seinem
konjugierten Raurn übereinstimmt, daS also L~[to,T] reflexiv ist. Wei-
terhin ist Mm[to,T] zu dern konjugierten Raurn von L~[to,T] i~ometrisch
isomorph. Genauer: Jedes stetige lineare Funktional F auf L [t ,T]
1 m 0
(bzw. Lm[to,TJ) ist von der Form

m T
F(u) L f fi(t)ui(t)dt,
i=1 to

wobei f = (f 1 , ••• ,fm) L~[to,TJ (bzw. Mm [to,T] ) ist. Weiterhin gilt:


II F II = II fll·
Oa die Einheitskugel von L~[to,T] keine Extrernalpunkte hat (siehe
Beispiel IV.6.1), gibt es nach dern Satz von KREIN-MILMAN keine Topo-
logie L, die mit der linearen Struktur von L~[to,T] verträglich ist,
und in der die Einheitskugel kompakt ist. Aus dern Satz von ALAOGLU
(Satz IV.4.6) folgt weiter, daS L~[to,TJ nicht isometrisch zu dern
konjugierten Raurn irgendeines BANACH-Raurnes ist.

Beispiel V.1.2.
Wir betrachten nun ein System, welches im Zeitintervall [to,T] durch
eine Differentialgleichung mit Lag (Lag = zeitliche Verzögerung)

m
dx
dt L Ai(t)x(t-h i ) (1 .5)
i=1

gegeben ist. Dabei sind Ai(t) un~ x(t) wie im Beispiel V.1.1, und für
die zeitlichen Verzögerungen gelte

Nimmt man dann als Eingaberaum den Raurn der Anfangsfunktionen


X = Cn[to-hm,toJ , dann erhält man wie in Beispiel V.1.1 als Transfor-
mationsraurn den Raurn CnCto,T]. Der Eingabeoperator A wird dann durch
167

t
x(t) JO f(s)dsK(t,s) (1.6)
t
o -hm

gegeben.
Dabei ist r eine Eingabefunktion und K(t,s) eine (n,n)-Matrix, die im
Argument tE [to,T] stetig und in s E [to-hm,tJ von beschränkter Vari-
ation ist. In der Regel ist K(t,s) schwer zu bestimmen.

Der Ausgaberaum Y und der Ausgabeoperator B können etwa wie in a) und


b) von Beispiel V.1.1 gewählt werden. Zusätzlich zu diesen beiden Mög-
lichkeiten interessiert man sich auch no ch für den Fall:

B(x) = x(t) I
[T-hm,T] •

Dabei bedeutet, wie üblich, f(t) lA die Einschränkung der Funktion f


auf die Menge A.

Wir nehmen nun an, daB wir ein System mit einer SteuerungsgröBe u ha-
ben, welches sich durch eine Gleichung der Form

m
dx ,I Ai(t)X(t-hi)+B(t)U(t) (1. 7)
ut ~=1

beschreiben läBt. Dabei sollen wieder Ai und x wie oben sein, und für
B und u gelte eine der drei Annahmen aus Beispiel V.1.1.

Als Eingaberaum X kann man dann das kartesiche Produkt des Raumes der
Anfangsfunktionen e [t -h ,t l mit dem Steuerungsraum U (also einem
n 0 m OJ 2
der Räume Mm [to,T] , L~[to,T], LmCto,TJ) nehmen. Ferner wird der Opera-
tor A durch

t
x(t) f(S)dsK(S,t)+! M(t,s)B(s)u(s)ds (1.8)
to

gegeben, wobei M(s,t) eine gewisse stetige Matrix-Funktion ist, die


168

im Falle der gewöhnlichen Differentialgleichungen der Matrix


~(t)~(s)-1 entspricht.

Der Ausgaberaum Y und der Operator B können wie oben gewählt werden.

Differentialgleichungen mit Lag eignen sich vor allem zur Beschrei-


bung von Systemen, bei denen es Transportverzögerungen gibt. Zu die-
sen Systemen gehören insbesondere die chemischen Reaktionsprozesse.

Eine weitere wichtige Klasse von linearen Systemen sind die "Systeme
mit verteilten Parametern". Sie werden durch partielle Differential-
gleichungen beschrieben und werden zusammen mit geeigneten Beispie-
len in Kapitel VII eingeführt. Dort wird insbesondere gezeigt, wie
die hier allgemein entwickelte Theorie der Optimierung linearer Sy-
steme auf die Systeme mit verteilten Parametern anzuwenden geht. Der
Leser, der sich für diese Systeme besonders interessiert, sei auch
auf die Bücher von LIONS [1J und BUTKOWSKI [1J hingewiesen.

Wir kehren nun zur allgemeinen Theorie der linearen Systeme zurück.
Sei etwa

(x~D~Y)
A B

ein lineares System. Dann heiBt ein Element yo e: Y "steuerbar", falls


yo E. BA(X) ist. Weiterhin heiBt das lineare System "steuerbar" ,wenn
BA(X) = Y ist. Dies bedeutet nicht s anderes, als daB der Operator BA
surjektiv ist. Diese Definition der Steuerbarkeit ist jedoch nicht aus-
reichend. I st etwa yo €. Y steuerbar, dann g ibt es zwar ein Xo ~ X mit
BA(x o ) = Yo' jedoch möchte man auch oft wissen, ob es zu einer fest
vorgegebenen Linearmannigfaltigkeit M CX bereits ein x' E.M mit
BA(x') = yo gibt. Eine derartige Situation hat man, wenn etwa in Bei-
spiel V.l.1 die Anfangsbedingung oder in Beispiel V.1.2 die Anfangs-
funktion fest vorgegeben ist. In beiden Fällen ist dann die Linear-
mannigfaltigkeit von der Form M = (XO,U), wobei XO die Anfangsbedin-
gung bzw. Anfangsfunktion ist und U der Steuerungsraum.

Wir führen daher noch den Begriff der "bedingten Steuerbarkeit" eino
Dazu sei
(x~D~Y) (1.9)
A B
169

ein lineares System, wobei X das kartesische Produkt zweier BANACH-


Räume Xo und X 1 ist, d. h. X = XC: X 1 • Wei terhin sei xo €. Xo ein fest
vorgegebener Punkt. Dann heiBt yo € Y "steuerbar unter der Nebenbe-
dingung Xo = xo", falls ein x 1 E X 1 mit BA (xo ,x 1 ) = yo existiert.

Der Zusammenhang zwischen bedingter Steuerbarkeit und Steuerbarkeit


ist einfach. 1st nämlich YoE Y steuerbar unter der Nebenbedingung
°
xo=x, d ann ~st
.

Dies heiBt aber mit anderen Worten, yo ist genau dann im System (1.9)
steuerbar unter der Nebenbedingung x =xo, wenn y -BA(Xo,O) steuerbar
(ohne Nebenbedingung) im System ° °
(X 1 ----1 0 ----1 Y)
A1 B

df
mit A1 (x 1 ) = A(0,x 1 ) ist. Damit ist der Zusammenhang zwischen beiden
Begriffen geklärt.

Wir wollen uns nun noch mit der Frage befassen, wie sich eine Störung
der Operatoren A und B auf die Kontrollierbarkeit des linearen Systems

(X ------7 0 ------7 Y)
A B

auswirkt.

Zunächst gilt folgendes Ergebnis (siehe GOHBERG-KRE1N [1J):

Es sei

ein kontrollierbares System. Dann existiert eine positive Zahl 0, so


daB jedes lineare System

(1.10)

mit
170

ebenfalls kontrollierbar ist.

Leider ist diese Aussage für die in den Ingenieurswissensehaften auf-


tretenden Probleme nieht ausreiehend. Wir zeigen dies an folgendem
Beispiel:

Beispiel V.1.3.
Es sei X = 2 ('iR) der BANACH-Raum aller auf lK. definierten
0 = y = C
11 0,
211-periodisehen stetigen Funktionen, versehen mit der Supremum-Norm.

Weiterhin sei A = Id und für jedes t€1K sei (BtX) (s) = x(s-t). Man
sieht nun leieht, daB für alle t 1 ,t 2 E.1R mit t 1 f t 2 stets
II Bt-B t I = 2 ist. FaBt man etwa den Parameter t als die Zeit auf
1 2
und ist x(t) der MeBwert einer GröBe x zur Zeit t, dann versteht man,
daB vom Standpunkt des Ingenieurs die Operatoren Bt und Bt
1 2
"benaehbart" sind, falls nur die Werte t 1 und t 2 nahe genug beieinan-
derliegen.

Wir bemerken, daB für die Operatoren Bt aus Beispiel V.1.3 stets:

lim für alle x E. X (1 .11)


t ... t
n 0

gilt. Eine Familie von Operatoren Bt , für die (1.11) gilt, heiBt
"stetig" in der starken Operator-Topologie.

Wir zeigen nun anhand eines Beispiels, daB man für die starke Operator-
Topologie keine sinnvollen "Störungssätze" beweisen kann.

Beispiel V.1.4.
Es sei X = D = y L 1 [0, 1J. Ferner sei A Id und für t ~ [0, 1J
sei

Man sieht leieht, daB der Operator BtA für t=O kontrollierbar und für
alle t+O nieht kontrollierbar ist.
171

Daher führen wir einen neuen Stetigkeitsbegriff ein, nämlich die


"Bild-Stetigkeit". Dazu sei E ein topologischer linearer Raum und T
ein metrischer Raum mit Hetrik P. Dann heiBt eine Familie E(t)cE,tET
von Teilmengen des Raumes E "stetig" im Punkte to ~ T, wenn es zu jeder
Nullumgebung VeE ein posi ti ves <5 9 ibt, so daB für alle t ~ T mit
P (t, to) < <5.

( 1.12)

und

(1.13)

gilt.

Wenn nur (1.12) gilt, dann heiBt die Familie E(t)CE, t€T "halbstetig
von aben" im Punkte toE T. Ist E(t) e E, t EõT in jedem Punkt von T ste-
tig (bzw. halbstetig von aben), dann heiBt sie "stetig" (bzw. "halb-
stetig von aben").

Nun seien X und Y zwei BANACH-Räume und Ct € B(x ->- Y) eine Familie von
stetigen linearen Operatoren. Der Parameter t durchläuft dabei wieder
den metrischen Raum T. Dann heiBt die Familie der Operatoren Ct
"~ild-stetig"im Punkte toE T, wenn es eine offene beschränkte und

konvexe Menge U e X gibt, so daB die Familie Ct (U) ey, t ~ T im Punkte


to stetig ist. Wenn die Familie Ct für jedes tE T Bild-stetig ist,
dann heiSt sie "Bild-stetig".

Wir bemerken, daS die in Beispiel V.1.3 angegebene Familie der Opera-
toren BtA Bild-stetig ist. Man nehme einfach für U die Einheitskugel
des Raumes C 2 ('lK). Nun gilt:
0, 'IT

Satz V. 1 .1 .
Es seien x,D und Y BANACH-Räume, A€B(X -+ D) und BtE B(D ->- Y),
wobei der Parameter t den metrischen Raum T durchläuft. Ferner sei
die Familie BtA im Punkte toE T Bild-stetig. Wenn dann das lineare
System

(X ~ D ----7 Y) (1.14)
A Bt
o
172

kontrollierbar ist, dann gibt es ein ö >0, so daB für alle t G T mit
p(t,to)<ö das System

(X ----? D ~ Y) (1.14 )
A Bt

kontrollierbar ist.

Der Beweis dieses Satzes beruht auf den folgenden Lemmata:

Lemma V.l.2. (RÄDSTRÖM [1])


Es seien A,B,C Teilmengen eines normierten Raumes X. Falls

A+CcB+C (1.15)

und B abgeschlossen und konvex und C beschränkt ist, dann ist

A e B. (1.16)

Beweis:
Es sei a G. A ein beliebiges Element. Dann existieren nach (1.15) Ele-
mente c 1 'C 2 E C und b 1 G B, so daS

(1.17)

ist. Nach (1.15) gibt es dann zu a+c 2 Elemente b 2 e B, c 3 ~ C mit

(1.18)

Auf diese Art kann man also induktiv zwei Folgen {bn } e B und {cn } e C
konstruieren, so daB

n=l ,2, ... (1.19)

gilt. Summation bis m ergibt:

m m m+l
ma + I ci I bi + I ci ' (1.20)
i=l i=l i=2

also
173

m
ma L b. + c
1 m+1
- c1 (1 .21 )
i=1

Damit ist

m c m+1 c1
a = m L
i=1
b i + -m - m
(1 .22)

Da B konvex ist, ist d m = k i=1mL b i E. B. Weil C beschränkt ist, konver-


c1
m+ 1 } und {mt
gieren die beiden Folgen { c m gegen Null. Also ist a E B, da

B abgeschlossen ist. •

Aus Lemma V.1.2 folgt unmittelbar:

Lemma V. 1 . 3 • (RADSTRÖM [1])


Es sei X ein normierter Raum. Ferner seien A,B cX abgeschlossene kon-
vexe Teilmengen und C e X sei eine beschränkte Teilmenge. Dann folgt
aus A+C = B+C bereits A=B.

Lemma V.1.4.
Es sei X ein normierter Raum und Kr(X o ) = {x: Ilx-xoll<r} die Kugel um
Xo e X mit Radius r. Wei terhin sei r e X eine abgeschlossene konvexe
Menge mit leerem Inneren. Dann ist für kein romit ro<r die Kugel
Kr(x o ) in der Menge r+K
r o (0) enthalten.

Beweis:
Angenommen, das Lemma sei falsch. Dann gibt es ein r 1 >r o mit

K (x) e r+K (0).


r1 0 ro

Da

(1 .23)

ist, folgt aus Lemma V.1 .2, daS

(1 .24)

ist. Dies ist aber ein Widerspruch zu der Annahme, daS Int r =!1l ist .•
174

Lemma V.l .5.


Es sei X ein normierter Raum und E (t) c. X, tEi. T, eine im Punkte to Ei. T
stetige Familie von abgeschlossenen konvexen Mengen. Dabei ist wieder
Tein metrischer Raum mit Metrik p. Wenn E(t o ) ein nicht leeres
Inneres hat, dann gibt es ein n>O, so daS für alle t ET mit p(t,to)<n
auch die Mengen E(t) ein nicht leeres Inneres haben.

Beweis:
Da 1ntE(to)+~ ist, gibt es eine Kugel KE(X O ) ' die ganz in E(t o ) liegt.
Da E (t) c. X, t E. T stetig in to E T ist, gibt es ein n >0, so daB für alle
tET mit p(t,to)<n stets

E(t O ) e E(t) + KE (0) (1 .25)


2"

ist. Also hat nach Lemma V.l.4 die Menge E(t) ein nicht leeres 1nne-
res. _

Beweis von Satz V.l.l:


Nach Voraussetzung ist die Familie BtA Bild-stetig im Punkte toET.
Also existiert eine offene beschränkte konvexe Menge U cX, so daB
BtA (U) c. Y, tE T, stetig in to ET ist. Wei terhin ist nach Voraussetzung
das lineare System (1.14) kontrollierbar. Also hat die Menge Bt A(U)
nach dem Satz von BANACH (Satz 11.2.1) ein nicht leeres 1nneres~ Nach
Lemma V.lo5 gibt es dann ein n>O, so daB für alle tE.T mit p(t,to)<n
auch 1nt(BtA(U»+~ ist. Dies bedeutet aber, daB das System (1.14)
für alle tET mit p (t,to)<n kontrollierbar ist. _

Zwischen der Stetigkeit in der starken Operator-Topologie und der


Bild-Stetigkeit gibt es keine Beziehungen. Aus Satz V.l.l folgt zu-
nächst, daB die in Beispiel V.l.4 angegebene Familie von Operatoren
BtA nicht Bild-stetig ist. Nach Konstruktion ist sie aber stetig in
der starken Operator-Topologie. Das folgende Beispiel zeigt, daB auch
die umgekehrte Beziehung nicht gilt:

Beispiel V.l.5.
Es sei X = Y = ([ die komplexe Ebene und C t E B (X + Y), t lE [0, lJ die
durch
175

{
z für t=O
Ctz (1 .26)
i
etz für t € (O,1J

definierte Familie von Operatoren. Man sieht leieht, daB Ct Bild-ste-


tig ist, aber nicht stetig ist bezüglich der starken Operator-Topolo-
gie.

Die Bild-Stetigkeit hat die folgenden Nachteile: der konjugierte Ope-


rator eines Bild-stetigen Operators, die Verknüpfung zweier Bild-ste-
tiger Operatoren und die Summe von zwei Bild-stetigen Operatoren
braucht nicht Bild-stetig zu sein.

Beispiel V.1.6.
Es sei X=Y= '/il.. 2 und C
t sei die von Ct aus Beispiel V. 1 .5 induzierte
Familie von Operatoren, wenn man IL als 'iR 2 auffaBt. Weiterhin sei
Pt=P die Orthogonalprojektion auf die erste Koordinate. Dann ist
~ ~
Ct und P t Bild-stetig, jedoch ist die Verknüpfung Ct e P t nicht Bild-
stetig.

Beispiel V.1 .7.


~

Es sei X,y,Ct'P t = P wie in Beispiel V.1.6. Dann ist zwar


nicht Bild-stetig, jedoch ist der konjugierte Operator
(C t 0 P t )* = P t 0 C~ Bild-stetig.

Etwas komplizierter ist es nun, zwei Bild-stetige Operatoren anzuge-


ben, deren Summe nicht Bild-stetig ist.

Beispiel V.1 .8.


Es sei X = 1i(4, Y =1K 2 , A(x 1 ,x 2 ,x 3 ,x 4 )

B(x 1 ,x 2 ,x 3 ,x 4 ) = (X 3 ,O). Weiterhin sei

(1 .27)

2 2
Man sieht leieht, daB A(U) = (A+B) (U) = { (x"x 2 ) : x,+x 2 < 1} und
~

B(U) = {(X,O): lxi < 1} ist. 1st nun Ct wie in Beispiel V., .6, dann
zeigt man ähnlich wie bei den beiden anderen Beispielen, daB
~ ~
CtA und Ct(A+B) Bild-stetig sind.Dagegen ist die Familie
176

Problem V.1.1.
Existiert eine Topologie T für den Raum der linearen Operatoren von
X nach Y, so daB:
1) Satz V.1.1 für T gilt
2) die in Beispiel V.1.3 angegebene Farnilie von Operatoren bezüglich
der Topologie T stetig ist
und
3) Summe, Verknüpfung und Konjugierte von stetigen Familien wieder
stetig ist~

§ 2 Die Optimierung linearer Systeme mit festem Ausgabeoperator

Im Folgenden sei

(X~ D~Y)
A B

ein lineares System, V e Xx 0 xY eine Teilmenge und F ein auf V definier-


tes stetiges (nicht notwendig lineares) Funktional, genannt "Nutzen-
funktion". Die Optimierungsaufgabe für ein lineares System besteht
nun darin, ein v o = (xo,no'Yo) ~V mit A(X o ) = no und B(n o ) = Yo zu
bestimmen, für welches

F(v ) inf{F(u): u (x,n,y)€V, Ax=n und Bn=y}


o

gilt.

Wir bemerken, daB man sehr viele Typen von Optimierungsaufgaben für
lineare Systeme als Spezialfälle der hier formulierten Optimierungs-
aufgabe auffassen kann. Dies gilt jedoch nicht für die Minimal-Zeit-
Aufgabe, die wir in den Paragraphen 4 und 5 dieses Kapitels betrach-
ten werden.

Oa wir die Methoden der linearen Funktionalanalysis verwenden wollen,


verlangen wir fortan, daB V eine konvexe Menge ist, und daB die
Nutzenfunktion F ein konvexes Funktional ist. Dabei heiBt ein Funk-
tional f, welches auf einem reellen oder komplexen linearen Raum L
definiert ist "konvex", wenn es reellwertig ist, und wenn für je zwei
177

Elemente x,y€ Lund jede reelle Zahl t mit O<t<1 stets

f(tx+(1-t)y) < tf(x)+(1-t)f(y)

gilt.

Wir leiten zunächst einige einfache Eigenschaften konvexer Funktionale


her. Dazu sei F ein konvexes Funktional, das auf einem linearen Raurn
L definiert ist. Wir zeigen zunächst, daB die Teilmenge

W {t,x)€'/KXL: t > F(x)}

des Produktes von 'lK und L konvex ist.

Sind närnlich (r 1 ,x 1 ), (r 2 ,x 2 ) E W, dann ist für jedes reelle t mit


O<t<1 stets

mit x=tx 1 +(1-t)x 2 . Also ist auch (r,x)€ W, womit die Konvexität von W
nachgewiesen ist.

Insbesondere sieht man nun, daB für jedes reelle a die Menge

{ (t,x) Eo: W: t < a}

konvex ist. Oa die Projektion einer konvexen Menge wieder eine konvexe
Menge ist, erhält man letztlich, daB für jede reelle Zahl a auch

{x E:..L: F(x) < a}

eine konvexe Menge ist.

Die Surnrne zweier konvexer Funktionale Fund G ist wieder ein konvexes
Funktional. Sind närnlich x,YE:.L und ist t E.[O,1], dann ist

(F+G) (tx+(1-t)y) = F(tx+(1-t)y)+G(tx+(1-t)y)

~ tF(x)+(1-t)F(y)+tG(x)+(1-t)G(y)

t(F(x)+G(x) )+(1-t) (F(y)+G(y» = t(F+G) (x)+(1-t) (F+G) (y).


178

Im folgenden sei Z ein BANACH-Raum und F ein auf Z definiertes steti-


ges konvexes Funktional. Aus der Stetigkeit von F folgt insbesondere,
daB die oben definierte Teilmenge Wc 'iR xZ abgeschlossen ist.

In der Steuerungstheorie ist oft das Minimum von F auf einer gegebe-
nen abgeschlossenen Linearmannigfaltigkeit V von Z zu bestimmen. Wir
erinnern daran, daB eine Teilmenge V e Z eine "Linearmannigfal tigkei t"
heiBt, wenn für alle x, y E. V und alle Skalare a, b mit a+b=1 stets
ax+by = Vist. Nach Satz II. 3.1 ist V dann von der Form

V (2.1)

wobei Xo e. Vein beliebiger Punkt ist und M e Z eine lineare Teilmenge


von Z. Da wir V als abgeschlossene Linearmannigfaltigkeit vorausge-
setzt haben, ist auch M abgeschlossen, also ein Unterraum.

Weil wir im folgenden nur abgeschlossene Linearmannigfaltigkeiten be-


trachten, wollen wir das Wort "abgeschlossen" weglassen und einfach
von Linearmannigfaltigkeiten sprechen.

Unsere Aufgabe lautet nun so: Gegeben sei eine Linearmannigfaltigkeit


VcZ der Form (2.1) und ein auf Z definiertes stetiges konvexes
Funktional F. r-1an berechne

a = inf F(v).
veV
Zu diesem Zweck betrachten wir den Raum 1KxZ. Oort bestimmt F die
oben angegebene konvexe Menge

W = {(t,x) E.1K xZ: t~F(x)}.

Oa F stetig ist, gilt zunächst W+~. Oenn sei E>O gegeben und
(to'~o) EW mit to>F(~0)+2E. Oann gibt es ein 6>0, so daB für alle
x EO Z mit II x-xoll <6 stets F (x) <F (~o) +E ist. Hieraus folgt nun, daB für
alle tG'/K. mit It-tol<E und alle XE.Z mit Ilx-~oll<6 stets (t,x)EW
ist. Also ist (to'~o) ein innerer Punkt von W.
179

Nun sei V'C ~ xZ die folgende Linearmannigfaltigkeit:

v' {(t,x)c1i{ xZ: t=a, X€.V}.

Zunächst folgt aus der Definition von a, daS V' und W disjunkte Men-
gen sind. Also existiert nach dem Trennungssatz ein stetiges nicht
tri viales lineares Funktional 1: auf 'iR x Z mit

sup{~[(t,x)J: (t,x) E V'} (2.2)

~ inf{~ [(t,x)]: (t,x) € w}.

'v
Dies bedeutet insbesondere, daS f auf der Linearmannigfaltigkeit V'
'v 'v
beschränkt ist. Aus der Homogenität von f folgt dann, daB f auf V'
konstant ist. Somit gibt es ein c € 'iR, so daB für alle (t,x) E V' stets
'v
f(t,x) = c ist.

'v
Als nächstes beachte man, daS f [(t,x)] = at+f o (x) gilt, wobei a € 'iR
und fOE Z* ist. Wir zeigen nun, daS a>O ist. Denn wäre a~O, so folgt
aus der Definition von W, daS

inf{f [(t,x)]: (t,x) E W} =

ist, im Widerspruch zu Formel (2.2).

Oa sich die Ungleichung (2.2) bei Multiplikationen mit einer positiven


Zahl nicht ändert, kann man ahne Beschränkung der Allgemeinheit stets
a=1 annehmen. Nach Definition von V' gilt dann zunächst

für ein XoE V.

Weiterhin folgt aus Ungleichung (2.2), daB für t~F(x) stets

ist. Für t=F(x) hat man also

F(x}+f (x}-f (x ) > a (2.3)


o 00-

'v
Oa f auf V' konstant ist, gilt für alle x~M stets fo(x)=O. Bezeich-
net man die Menge dieser Funktionale mit M~, also
180

M.L = {fe.Z*: f(x) o für x E M},

dann gilt:

Satz V.2.1. (LAGRANGEsche Multiplikatoren)


Es sei F ein stetiges konvexes Funktional, welches auf einem BANACH-
Raurn Z definiert ist. Ferner sei V = Xo+M eine Linearmannigfaltigkeit
von Z, wobei McZ ein Unterraurn ist. Dann gilt

inf F(v) sup (inf [F(x)+f(x)-f(xo)J),


ve.V fEM.L xe;Z

.L
und ·es existiert ein fo E M mit

inf F(v) inf [F (x) +f (x) -f (x )J (2.4)


vaV xeZ 0 0 0

Beweis:
Da für jedes f aM.L und jedes x EV stets f(x) = f(x o ) ist, folgt:

a = inf F(v) > sup (inf [F(X)+f(x)-f(xo~).


ve.V f E: M 1. xeZ
Die urngekehrte Ungleichung und Formel (2.4) sind dann unmittelbare
Konsequenzen von (2.3). •

Wir beschränken uns nun auf den folgenden, in der Optimierungstheorie


wichtigen Fall, daB V von der Form

V = {(x,n,y) E XxO xY: Ax=n und Bn=yo} (2.5)

ist. Dabei ist, wie eingangs gesagt,

(x~D~Y)
A B

ein lineares System; ferner sei yo E Y ein fest vorgegebenes Element


und Fo ein auf X definiertes stetiges konvexes Funktional. Die auf V
definierte Nutzenfunktion F wird dann durch

F(x,~,y)
181

gegeben. Falls Fo(X) eine Norm bzw. Halbnorm auf X ist, dann sprechen
wir von der"Minimal-Norm-Aufgabe". Dieser Aufgabentyp tritt in der
Kontrolltheorie häufig auf.

Wir wenden auf diesen Fall die Methode der LAGRANGEschen Multiplika-
toren an. Nach Formel (2.2) ist dann V = xo+M, wobei xo~ Vein belie-
biges Element ist und

M = {(x,~,y) :Ax = ~ und B~ = O}

Dazu ist eigentlich Mi zu bestimmen. Zunächst hat jedes auf


XxO xY definierte stetige lineare Funktional f(x,~,y) die Form

wobei f 1 ,f 2 ,f 3 stetige lineare Funktionale auf X,O und Y sind. Wir


beschränken uns jedoch nun auf den Fall f 2 =f 3 =0, da sonst

ist. Somit bleibt nur noch die Darstellung von f 1 übrig. Dies ist
also ein Funktional, für welches aus BAx=O folgt, daS f 1 (x)=O ist.
Wir wollen die Menge dieser Funktionale mit V1 bezeichnen. Ist etwa
'(EY*, dann ist f 1 (x) = 'f(BA(x» ein Element aus V 1 • Mit anderen Wor-
ten, es ist stets

Wir fragen nun, wann

gilt.

Satz V.2.2.
Es ist A*B*Y* = V 1 genau dann, wenn BAX ein Unterraum (also eine abge-
schlossene lineare Menge) von Y ist.

Beweis:
"Hinreichend": Sei Xo XI 1 • Dann induziert jedes fE. V1 ein
(BA) - (0)
182

'v 'v
stetiges lineares Funktional f auf Xo' welehes dureh f ( [x] ) =f (x)
gegeben ist. Umgekehrt definiert jedes 'vf *
~XO ein stetiges lineares
Funktional f EV l ' närnlieh f (x) =f ( [x] ) • Man zeigt leieht, daB diese
beiden Zuordnungen lineare 1sometrien sind.

Weiterhin induziert der lineare Operator BA, der X in Y abbildet,


einen stetigen linearen Operator BA von Xo nach Y. Man setze nämlieh

,.J
BA ( [x] ) BA (x) ,

'" bildet
wobei [x] die Restklasse ist, die x enthält. Der Operator BA
Xo bijektiv auf BAX ab, wobei BAX naeh Voraussetzung ein BANACH-Raurn
ist. Nach dem Satz von BANACH über die Stetigkeit des inversen Opera-
tors (Korollar 111.2.2) ist auch (BA)-1 stetig. Mithin gibt es zu je-
dem f E X~ ein auf BAX definiertes stetiges lineares Funktional f
mit f=A-B*f. Für jede Fortsetzung ~ von ~ auf ganz Y gilt dann eben-
falls f=A *B*'f. Da aber jedes f E. V1 genau ein stetiges lineares Funk-
tional auf Xo induziert, heiBt dies, daS jedes f~V1 von der Form

mit 'f E Y*

ist.

"Notwendig": Man zeigt zunäehst, genau wie im ersten Teil des Bewei-
ses, daB X* zu V1 isomorph ist. Angenommen, nun se1. V1 = A* BY.
* * Dann
o * * .J. *
folgt, daS A B den Raurn (BAX) isomorph auf Xo abbildet. Dies be-
deutet aber, daS BA den Raum Xo linear homöomorph auf BAX abbildet.
Darnit ist BAX ein Unterraurn von Y. •

Korollar V.2.3.
1st X oder Y endlich-dimensional, dann gilt A*B*Y* V1 •

Beweis:
Sind X oder Y endlieh-dimensionale Räume, dann ist BAX stets endlieh-
dimensional, also abgesehlossen. •

Korollar V.2.4.
1st X oder Y endlieh-dimensional, dann existiert ein 'f 0 *
EY, so daB

inf {Fo (x): BAx inf{F (x)+r (BAX)-r (y )}


XEX X~X 0 0 0 0
183

Korollar V.2.4 kann man als eine Variante des Maximum-Prinzips für
lineare Systeme ansehen.

Wenn man sich nun von der Annahme lösen möchte, daS einer der beiden
Räume endlich-dimensional ist, dann kann man wie folgt vorgehen:

-1
Sei YoE Y und V (BA) (yo). Dann ist zunächst

inf Fo(V) inf Fo(X) (2.6)


VEV x 6 (BA)
-1
(yo)

sup rinf (Fo (x) +f (x) -f (Xo))J '


fe[(BA) -1 (o)i"Lx&:x

-1
wobei Xo e (BA) (yo) beliebig ist.

Wir werden nun zeigen, daS man unter gewissen Voraussetzungen das
Supremum nicht über die gesamte Menge [(BA)-1 (oU~, sondern nur über
die Teilmenge A·B*Y* zu bilden braucht. Diese Menge ist wesentlich
einfacher zu bestimmen. Da man bei der Optimierung von einem festen
yo e Y ausgeht und wei ter keine Annahmen über Y benötigt, ist es manch-
mai auch sinnvoll, den Raum Y so umzunormieren, daS B stetig bleibt
und Y* von möglichst einfacher Gestalt ist. Dies erleichtert dann unter
Umständen die Bestimmung der Menge A*B*Y*.

Satz V.2.5.
Wenn für jedes r li 'i< die Menge

BA{XE.X: F(x) ~ r}

abgeschlossen ist, dann gilt

inf F(x) = sup [inf{F(X)+f(X)-f(X )}] .


x 6 (BA) -1 (yo) f Le
<:
A*B*Y* xe:X 0

-1
Dabei ist Xo E (BA) (yo) ein beliebiges Element.
184

Beweis:
Wir setzen:

a inf F(x)
x E(BA)-1 (yO)

und

Oa für jedes fE A*B*Y* und jedes x E (BA) -1 (Yo) stets

gilt, ist

b<a. (2.7)

Angenommen, es sei b < a. Oa die Menge r b = BA{XEoX: F(x) < b} abge-


schlossen ist, folgt aus b < a, daS yo 4' r b ist.

Ähnlich wie oben betrachtet man nun den Produktraum ~ xY. Oort bildet
man die Menge

~ {(t,x): x€BAX und t > inf F«BA)-1(x»}

"-
Oa Yo'*- r b ist, ist auch (b,yo) ~ W . Es existiert also ein ste tige s
lineares Funktional '"f E(~xY)
g * , welches (b,y ) und W
'" trennt. Ohne Ein-
o '"
schränkung der Allgemeinheit kann man annehmen, daS f von der Form

'"f[(t,x)] = t + 'f(x)

ist, wobei 'f E Y* ist. Hieraus folgt nun, daS man im Raum 'iR xX die
Menge

W {(t,x)E. '/il.. xX; t ~ F(x)}

von der Menge {b}x(BA) -1 (yo) durch ein Funktional der Form t+f(x)
'"

mi t f€ A*B*Y* trennen kann. Oer Rest des Beweises verläuft dann wie
185

bei Satz V.2.1 . •

Wir kehren nun zur Methode der LAGRANGEsehen Multiplikatoren zurüek.


Sei etwa Z ein BANACH-Raum, fe z*, e eine reelle Zahl und

v = {xeZ: f(x) = e}.

1st F ein auf Z definiertes stetiges konvexes Funktional, dann ist


naeh der Methode der LAGRANGEsehen Multiplikatoren

inf F(v) sup inf [F (x) +af (x) -ac] •


veV oL.€1i\ xoaZ

Betraehten wir nun den Spezialfall Z X und

v = {x EX: 'fE. Y* •

Dann erhält man:

inf{F(x): x eX, 'f(BAX) (2.8)

sup inf [F (x) +a 'f (BAx) -ai' (yo)].


ae'iR, XEX

Nirnrnt man nun auf beiden Seiten von (2.8) das Suprernum, dann erhält
man wegen der Linearität von Y*:

sup inf iF (x): x E. X, I.p(BAx) (2.9)


'f' E: Y*

sup inf[F(x)+ f(BAx)- 'f'(Yo )].


X&X
'f E: Y*

Hieraus und aus Satz V.2.5 folgt dann:

Satz V.2.6.
Es sei für jedes r E. 'iK die Menge

BA{X EX: F(x) ~ r}

abgeschlossen. Dann ist


186

inf{F(x): x ",X, BAx Yo}= sup inf{F(x): ~(BAX)


'f<=y*

Für diesen Satz gibt es auch einen direkten Beweis , den wir nun an-
geben wollen.

"Zweiter Beweis für Satz V.2.6".


Es sei
a ={inf F(x): BAx = Yo}

und

b sup rinf{F (x): 'f'(BAx)


'{'€oy. LXEX

Da aus BAx = yo stets f(BAx)

b < a.

Angenommen , es sei b < a. Dann ist zunächst

yo~ r b = BA{X 0;0 X: F(x) ~ b}. Da r b nach Voraussetzung abgeschlos-


sen ist I existiert ein stetiges lineares Funktional '1'0 E: y* I eine
reelle Zahl c und ein positives E, so daB

ist und für alle y € rb

ist.
Dies bedeutet aber , daB

im Widerspruch zur Definition von b. •


187

An Hand eines Beispiels zeigen wir, daS Satz V.2.6 falseh ist, falls
man nicht fordert, daS rr BA{x: F(x) < r,} abgeschlossen ist.

Beispiel V.2.1. (siehe auch SINGER ~J)


Es sei X = 2 und D = y = Co (oder auch 2 bzw. 2 2 ). Ferner sei B die
Identität und A sei wie folgt definiert: In Y wähle man eine Folge
fYnI von "stark linear" unabhängigen Elementen; d.h. aus

L t
n Yn
= 0 folgt t n =0 für jedes n=0,1 ,2, ... Weiterhin gelte noch
n=o
lim Yn=Y O und IIYol1 =1. Für die vorliegenden Räume kann man eine sol-
n
ehe Folge fYnI einfaeh angeben. Man setze nämlich

yo = {1,0,0, ... } und Yn {1 ,0, ... ,0,~,0, ... }


~
(n+1 ) -te Stelle

für n > 1.

Man kann zeigen, daS in jedem unendlieh-dimensionalen BANACH-Raum eine


Folge von stark linear unabhängigen Elementen existiert. Oa der Be-
weis dieser Aussage etwas länglieh ist, lassen wir ihn fort.

Nun sei t {tn}~ E 2. Oann setzt man

Oa die Folge {y } besehränkt ist, ist A ein wohldefinierter besehränk-


n
ter linearer Operator. Weil die Folge fYnI aus stark linear unabhängi-
gen Elementen besteht, ist A auSerdem no ch injektiv.

Nun sei F(x) = Ilxlldie Norm von x in to Ist nun r 1 = BA{X: Ilxll'::"1},
1 Y als Bild von Y in r liegt. Aus der
dann folgt zunäehst, daS -2
o 0 1
1
Injektivität von A folgt weiter, daS für jedes b > '2 stets bYofr1
gilt. Somit ist also:

inf{ II ull : BAu = yo} 2.

Andererseits wähle man nun ein beliebiges stetiges lineares Funktional


~~ Y* mit f(Y o ) t O. Oann folgt zunäehst aus der Stetigkeit von ~,
daS die Folge c n f(Y n ) gegen e f(Y o ) konvergiert. Es existiert
188

also ein Index no' so daB für alle n > no der Wert c n
Für n ~ no setze man:

y'
n

Dann ist zunächst f(Y~) c. Weiterhin gilt für

(0, •.. ,0,..2....,0, ... )


cn
t ..A :-""\
(n+1) -te Stelle

daB

folgt dann, daB für jedes 'f' E ylf

inf{ll u II:

ist.

DOLECKI [3J hat kürzlich gezeigt, daB Formel (2.10) genau dann gilt,
wenn

n
e:<0
BA{X: Ilxll < a+d
e:>0
n BA{X: Ilxll < a+d

ist. Interessant ist weiterhin, daB Formel (2.10) auch auf eine ge-
wisse Klasse von nicht linearen Funktionalen erweitert werden kann.Da-
durch werden die quadratischen Ausgleichsverfahren und die Momentenme-
thode auf eine gemeinsame Grundlage gestellt. (Siehe DOLECKI-KURCYUSZ
[1J) .

Aus Korollar V.2.4 und Satz V.2.1 folgt zusammen mit Satz V.2.6 un-
mittelbar:

Korollar V.2.7.
1st für jedes r e.'IK die Menge

BA {x € X: F (x) ~ rl
189

abgeschlossen und ist BAX ein Unterraum von Y (das ist etwa der Fall,
wenn X oder Y endlich-dimensional ist), dann existiert ein 'fo EO Y*
mit

inf{F(x): 'Po(BAx) sup [inf{F(x): 'f(BAx)=r(yo)}]


'f E. Y*

Korollar V.2.7 ist das sogenannte "PONTRJAGINsche Maximum-Prinzip


für lineare Systeme mit fester Ausgabe".

Der folgende Satz ist die Umkehrung von Korollar V.2.7.

Satz V.2.8.
Es sei

(X~ 0 ---"""7Y)
A B
ein lineares System und F ein auf X definiertes stetiges konvexes
Funktional. Ferner sei für jedes r E. 'lK die Menge

rr = BA{x: F(x) < r}

abgeschlossen. Wenn nun BAX eY kein Unterraum ist (also nicht abge-
schlossen), dann existiert ein yo E. BAX, so daB für jedes 'f E. Y* die
Ungleichung

inf{F(x): BAx yo} > inf{F(x): 'f (BAx)

gilt.

Der Beweis dieses Satzes beruht auf einer Reihe von Begriffen und
einem fundamentalen Lemma, welches von P. WOJTASZCZYK [1J bewiesen
wurde.

Es sei X ein reeller BANACH-Raum und KcX eine abgeschlossene konvexe


Teilmenge. Dann heiBt a € Kein "algebraisch innerer Punkt" von K,
wenn für jede durch a gehende Gerade L der Punkt a im Inneren des
Intervalls K f'I L liegt. Ein Punkt a € K, der kein algebraisch innerer
Punkt ist, heiBt ein "algebraischer Randpunkt". Die Menge aller alge-
braischen Randpunkte von K heiBt der "algebraische Rand" von K.
190

Nun sei asK ein algebraisch innerer Punkt und p e-K ein algebraischer
Randpunkt der' konvexen Menge K. Ferner sei L die durch a und p gehen-
de Gerade. Wir zeigen nun, daB p ein Endpunkt des Intervalls LnK
ist. Angenonunen, dies sei falsch. Dann ist LI'IK = [c,d] ein'Intervall
mit den Endpunkten e und d und die Punkte a und p liegen im Inneren
dieses Intervalls. Ohne Beschränkung der AIIgemeinheit kann man nun
annehmen, daB a im Inneren des Intervalls [c,p] und p im Inneren des
Intervalls [a,d] liegt. Dies bedeutet, daB es reelle Zahlen ta,t p mit
O<t a , t p <1 gibt, so daB

(2.11 )

und

p (2.12 )

gilt.

Nun sei x E X ein beliebig gewähl ter Punkt mit p+x E. K. Da K konvex ist,
folgt dann aus (2.11), daB

Weil asK ein algebraisch innerer Punkt ist, gibt es ein E>O, so daB
für alle d.. €./K mi t I Il I <e:

Aus (2.12) und der Konvexität von K folgt weiter, daB auch

P+lltatpx = t p
(a+llt a
x) + p
(1-t )de.K

ist. Da aber xe.X beliebig war, folgt, daB p ein algebraisch innerer
Punkt ist, im Widerspruch zur Annahme.

Es sei wieder K cX eine konvexe Teilmenge eines reellen BANACH-Raumes


X und f ES x*. Dann sagt man, d'aB f die Menge K im Punkte X o E K" stützt ~
wenn f (xo ) =1 ist und für alle x Ei K stets f (x) <1. Ein Punkt X o SK, zu
dem es ein f 6X· gibt, welches K in X o stützt, heiBt auch ein "Stütz-
punkt" von K.
191

Lemma V.2.9. (WOJTASZCZYK [1J)


Es sei X ein BANACH-Raum über dem Körper der reellen Zahlen und KcX
eine abgeschlossene konvexe Teilmenge von X, die die 0 als algebraisch
inneren Punkt enthält. Ferner sei jeder algebraische Randpunkt von K
auch ein Stützpunkt und die lineare Hülle von K, LinK, sei dicht in
X. Oann hat Kein nichtleeres Inneres.

Beweis:
Wir zeigen zunächst, daS, wenn 0 G: K kein innerer Punkt ist, stets
eine Folge von algebraischen Randpunkten existiert, die gegen 0 kon-
vergiert. Angenommen, so eine Folge würde nicht existieren. Oann
gibt es ein tS >0, so daS für alle algebraischen Randpunkte p G: K stets
II p 11>0 ist.

Nun sei XE:X\{O} mit Ilxl~ö ein beliebiges Element. Oa LinK = X ist,
folgt aus der Konvexität von K, daS eine Folge {xn } von Elementen
aus K existiert mit

xn x
lim ~ = ~ • (2.13 )
n-+'" II An II II A II

Wir bezeichnen nun mit Ln die Gerade, die durch 0 und x n geht. Wei-
ter sei PnE Kein algebraischer Randpunkt von K, der auf dem Teil der
Geraden Ln liegt, die in Richtung x n geht. Nach Annahme ist
IIPnl1>o und Ilxl~ö. Also existiert nach (2.13) eine Folge {an} von
reellen Zahlen mit O<a <1 und
n

x. (2.14 )

Oa K konvex ist und 0 G:.K, ist auch anPn €. K. Aus der Abgeschlossenheit
von K folgt dann nach (2.14), daS auch x E K ist.

Oa xex\{o} mit Ilxl~ö beliebig war, ist 0 GK ein innerer Punkt von K
im Widerspruch zur Annahme.

Oamit haben wir also gezeigt, daS, wenn OGK kein innerer Punkt ist,
stets eine Folge von algebraischen Randpunkten existiert, die gegen 0
konvergiert. Ist a EK, dann kann man mit der Menge K-a entsprechend
argumentieren, so daS man insgesamt zu folgendem Ergebnis kommt:
1st K= ~, dann ist die Menge FraK der algebraischen Randpunkte von K
192

dicht in K.

AIs nächstes zeigen wir, daS auch die Menge IntaK der algebraisch
inneren Punkte von K dicht in K ist, falls wie angenommen IntaU=~
ist.

Dazu sei Xo ca Kein algebraisch innerer Punkt von K und p e.K ein be-
liebiger algebraischer Randpunkt von K. Ist dann L die Gerade durch
Xo und p, dann ist, wie wir bereits gezeigt haben, p ein Endpunkt
des Intervalls K f'\ L. Daraus folgt aber, daS in jeder Umgebung von
p € K noch algebraisch innere Punkte liegen.

Nach Voraussetzung sind weiterhin alle algebraischen Randpunkte von K


auch Stützpunkte. Sei nun An e K die Menge aller algebraischen Rand-
punkte von K, zu denen es ein Stützfunktional f ex* mit Ilfll~.n gibt.
Offensichtlich ist die Folge der Mengen An aufsteigend und es gilt

'"
LJ
n=1
An (2.15)

Wir zeigen nun, daS die Mengen An abgeschlossen sind. Dazu sei
{x } eine Folge von Elementen aus A mit xm+x o . Da XmcAn , gibt es
m * n
ein f m e x mit II fmll ~n und f m (Xm) = 1, so daS für alle x €K stets
fm(x)~1 ist.

Nach dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6) hat die Folge {fm} einen
Häufungspunkt fo in der schwach-*-Topologie. Es existiert also eine
Teilfolge {f } von {fm}, mit f m. (xo)+f o (X o ) • Zunächst ist II foll ~n.
mi l.
Wei terhin ist für j edes x f:. K

Da auch Xm.+X O und IIfm.lI~n, gilt


l. l.

(2.16)
193

Damit ist also gezeigt, daS Xo E An ist; d.h. An ist eine abgeschlos-
sene Menge.

Insgesamt haben wir al so gezeigt, daS der algebraische Rand FraK die
abzählbare Vereinigung einer aufsteigenden Folge von abgeschlossenen
Mengen An ist.

Setzt man

Kn =(1 - l)K
n '

dann sieht man, daS auch das algebraisch Innere IntaK die abzählbare
Vereinigung einer aufsteigenden Folge von abgeschlossenen Mengen ist.
Genauer gilt:

Somit ist al so

K ü
[n=1 KnJ U r~=1
Ü Anl.
J
(2.17)

Als abgeschlossene Teilmenge eines vollständigen metrischen Raurnes


ist auch Kein vollständiger metrischer Raum, d.h. K ist von zweiter
Kategorie. Nach dern Satz von BAlRE (Satz 1.7.3) ist dann auch eine
der Mengen Kn oder An von zweiter Kategorie. Wir bezeichnen diese
Menge mit B. Da B abgeschlossen und von zweiter Kategorie ist, hat
sie ein nicht leeres Inneres. Es existiert also ein XoE B und eine po-
sitive Zahl r, so daS

{xE.K: Ilx-xoll<r} eB. (2.18)

Nun sind der algebraische Rand FraK und das algebraische Innere
IntaK disjunkte Mengen. Weiterhin ist IntaK dicht in K. Somit kann
also B nicht gleich einer Menge An sein.

Oa K nach Annabme keine inneren Punkte hat, ist Fr aK = K. Also ist B


auch keine der Menge Kn . Dies ist aber ein Widerspruch. Damit ist al-
so gezeigt, daS IntK+~ ist. •
194

Mit diesem Lemma läBt sich nun Satz V.2.8 einfach beweisen.

"Beweis von Satz V.2.8.".


Es sei

r > inf F(x)

und xoe X mit F(X o ) < r. Oa F stetig ist, ist dann Xo ein innerer
Punkt von

Kr = {X€X: F(x) ~r}

und somit auch ein algebraisch innerer Punkt von Kr. Oa die Eigen-
schaft, algebraisch innerer Punkt zu sein, unter linearen Abbildungen
erhalten bleibt, ist auch BAX o ein algebraisch innerer Punkt von

Oamit ist also 0 ein algebraisch innerer Punkt von r~ = rr-BAXo.

Angenommen, für jedes ye BAX stände in der Behauptung von Satz V. 2.8
die Gleichheit. Oann ist für jedes y € BAX der Punkt y-BAx o stets ein
algebraischer Randpunkt von rr' der zugleich Stützpunkt ist. Nach
Lemma V.2.9 hat dann Tr in yo = LinPr ein nicht leeres Inneres. Dies
bedeutet aber, daB yo Linrr ist. Oaraus folgt nun

also ist BAX abgeschlossen im Widerspruch zur Voraussetzung. •

KURCYUSZ hat bemerkt, daB die Abgeschlossenheit von rr eine entschei-


dende Voraussetzung von Satz V.2.8 ist, wie das folgende Beispiel
zeigt:

Beispiel V.2.2:
Es sei X = Y = co' A I und B sei durch

gegeben. Ferner sei


195

Dann ist für jedes r>O die Menge

rr < r und lim nYn O}


n

nicht abgeschlossen.

Da A und B injektiv sind, gibt es zu jedem yOE BAX genau ein xO mit
BAxo = yO.Nach Definition von Fund B ist

x 1 . Dann ist

al so gilt das PONTRJAGINsche Maximum-Prinzip.

Dieses Beispiel ist insofern etwas unnatürlich, als F nur von der
ersten Koordinate abhängt. Daher ist die folgende Frage von Interesse.

Problem V.2.1.
Ist auch die Abgeschlossenheit von rr eine entscheidende Vorausset-
zung für Satz V.2.8, falls F die Norm auf X ist?

Satz V.2.8 zeigt, daB, falls BAX kein Unterraum ist (und dies ist
leider für viele Systeme mit verteilten Parametern der Fall), man
auch kein Maximum-Prinzip im Sinne von Korollar V.2.7 beweisen kann.

Daher formuliert man oft ein schwächeres Maximum-Prinzip: Man sucht


nämlich nicht

inf{F(x): BAx = yo} ,

sondern für ein gegebenes m>O bestimmt man

inf{F(x): IIBAx-yoll ~ m}.


196

Sei also

und

r = inf{F(x): IIBAx-Yoll ~ m}.

Die Menge Bm ist abgesehlossen und hat ein niehtleeres Inneres. Naeh
Definition von rist fr = BAK r mit Kr = {x EX: F(x) ~ r} zum Inneren
von B disjunkt. Es existiert also ein stetiges lineares Funktional
m*
'f' 0 E. Y und eine reelle Zahl e, so daB

'fo(Y) -> e, für alle y.:.Bm

und

'fo (y) -< e, für alle y Ee fr.

Dies ergibt:

Satz V.2.10.
Es existiert ein Funktional 'f o .:. Y* , so daB

inf{F(x) : I BAx-yoll ~ m} inf{F (x): 'fo (BAx)

Beweis:
Man beachte, daB

e = inf{ 'fo (y) : y E Bm}

ist •

Besonders wiehtig ist dieser Satz für den Fall, daB F(x) Ilxll eine
Norm bzw. eine Halbnorm ist. Dann ist nämlieh

'[I (yo) -mii 'f II


inf {II xii: 'f(BAX) =
IIA*B*'f' II

Die Optimierungsaufgabe besteht dann nur noeh darin, die Norm von
A*B*f zu bereehnen. Dies kann unter anderem mit den in Kapitel III.§6
197

angegebenen Ergebnissen geschehen.

Um Satz V.2.6 anzuwenden, benötigt man no ch ein Kriterium dafür,


daB Tb abgeschlossen ist.

Korollar V.2.11.
Es sei X ein reflexiver BANACH-Raum und F ein auf X definiertes ste-
tiges konvexes Funktional mit F (x) -+ oo , falls I xii -+ oo.

Dann gilt Formel (2.10), d.h.

inf{F(x): x E.X, BAx = yo} sup inf{F(x): ~(BAx)


'f E.Y*

Beweis:
Da F stetig und konvex ist, sind die Mengen

K b = {x € X: F (x) 2.. b}

abgeschlossen und konvex. Aus der Reflexivität von X folgt somit, daB
Kb schwach kompakt ist. Wie wir schon gezeigt haben, sind die Operato-
ren A und B auch bezüglich der schwachen Topologie stetig. Damit ist
auch r b schwach abgeschlossen, also insbesondere abgeschlossen. Der
Rest des Beweises folgt aus Satz V.2.6 . •

Satz V.2.12.
Es seien X,O,Y die konjugierten Räume der Räume Xo' 00'Y o . Ferner
sei F(x) = Ilxll die Funktionalnorm (bzw. Halbnorm), die zur Norm (bzw.
Halbnorm) I xii 0
von Xo gehört. Die Ein- und Ausgabeoperatoren A und B
seien die konjugierten Operatoren von Operatoren Ao und Bo ' die
Oo in Xo und yo in Oo abbilden. Dann gilt:

Beweis:
Es sei

a inf {II xii: BAx


198

und

b sup inf {II xii: x (AoB o 'f) = yo ( 'f ) } •


'fG.Yo

Da (AoB o ) * = BA ist, gilt für jedes XEX mit BAx YO auch


X(AoBof) = Yo(f), 'fE.Y*'. Also ist b.:::. a.

Wir zeigen nun, daB b = a ist. Dazu nehmen wir an, daB b < a sei. Aus
dieser Annahme folgt zunächst, daB YO € Tb = BAK b ist. Dabei ist

Kb = {X&X: 1\ xii .:::. b}.

Nach dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6) ist die Menge Kb schwach-*-
kompakto Da B und A die konjugierten Operatoren von Bo und Ao sind,
sind B und A schwach-*-stetig. Mithin ist r b schwach-.-kompakt, also
insbesondere schwach-*-abgeschlossen. Nach den Trennungssätzen
(Satz IV.3.2 und IV.3.3) gibt es ein in der schwach-*-Topologie steti-
ges lineares Funktional f, eine reelle Zahl c und ein positives E
mit

(2.19)

und

f(x) < c - E, für alle x &r b • (2.20)

Da f in der schwach-*-Topologie stetig ist, gibt es ein 'fo E yo


mit f(y) = Y( 'fo) für alle Y EY.

Damit folgt aus (2.19) und (2.20), daB

ist, im Widerspruch zur Definition von b. •


199

§ 3 Hinreichende Bedingungen für die Existenz Von optimalen Eingaben

Im vorherigen Paragraphen haben wir uns mit der Berechnung von

inf{F(x,AX,BAx): (x,Ax,BAx) E. v}

befaBt. Dabei ist F ein stetiges konvexes Funktional auf XxOxY und
Vc Xx 0 xY eine Linearmannigfal tigkei t.

In diesem Paragraphen untersuchen wir nun die Frage, wann das Infinum
angenommen wird; wann al so ein x o '" X existiert, so daB
(xo,Axo,BAx o ) ~ V ist und

gilt. Solch ein xo'""X heiBt dann ein "optimales Element" (bzw. eine
"optimale Eingabe") .

Satz V. 3.1.
Es sei

(X~O~Y)
A B

ein lineares System und Vc Xx 0 xY eine abgeschlossene konvexe Menge.


Dann ist auch

Vo = {(x,~,y)ev: Ax =~, B~ = y}

eine abgeschlossene konvexe Menge.

Beweis:
Wir zeigen zunächst, daB Vo konvex ist.
Dazu seien (x1'~1 'Y1)' (x2'~2'Y2) ~ Vo' Nach Definition von Vo ist
dann

(i=1,2).

Ist nun O<t<1 gegeben, dann folgt hieraus, daB

(3.1)
200

und

(3.2)

ist. Da V konvex ist, ergibt sich

d.h. Vo ist ebenfalls konvex.

Zu zeigen bleibt noch, daS Vo abgeschlossen ist. Dazu sei (Xn,Axn,BAx n )


eine Folge von Elementen aus Vo' die gegen ein (xo,l;o,yo)€.xxDxY kon-
vergiere. Da Voc V und V abgeschlossen ist, gilt zunächst, daS
(xo,l;o'yo) €V ist. Weiterhin folgt aus der Stetigkeit der Operatoren
A und B, daS

und

Damit ist aber (x o ' l;o'yo) E. Vo' womit alles gezeigt ist. •

Wir bemerken noch, daS die Menge Vo vollständig durch die Menge

bestimmt ist. Aus der Abgeschlossenheit und Konvexität von Vo folgt,


daS auch Uo abgeschlossen und konvex ist. Umgekehrt folgt natürlich
aus der Annahme, daS UcX eine abgeschlossene und konvexe Menge ist,
auch sofort die Abgeschlossenheit und Konvexität von

V {(x,Ax,BAx): x € ut c Xx Dxy

(vergl. Beweis von Satz V.3.1). Um also

inf{F(x,l;,y): (X,l;,y)E.V, Ax = l;, Bl; = y}


201

zu bestimmen, braucht man nur das Infinum eines auf dem Eingaberaurn X
definierten konvexen Funktionals F zu bestimmen, al so

inf F(x,Ax,BAx).
XE Uo

Satz V.3.2.
Es sei F(x,~,y) ein auf XxO xY definiertes stetiges konvexes Funktional
Oann ist F(x,Ax,BAx) ein auf dem Eingaberaurn X definiertes stetiges
konvexes Funktional.

Beweis:
Oa F, A und B stetig sind, ist auch die Zusammensetzung F(x,Ax,BAx)
auf X stetig. Zu zeigen bleibt die Konvexität. Es ist für 0<t<1

F (tx+ (1-t)x', A(tx+ (1-t)x'), BA (tx+ (1-t)x'))

F(tx+(1-t)x', tAx+(1-t)Ax', tBAx+(1-t)BAx')

< tF(x,Ax,BAx)+(1-t)F(x' ,Ax',BAx').



Satz V.3.2 zeigt also, daB man die Bestimmung eines optirnalen Elemen-
tes nur im Eingaberaurn X durchzuführen braucht.

Satz V.3.3.
Es sei X ein BANACH-Raurn und G ein auf X definiertes stetiges konvexes
Funktional. Oann ist G in der schwachen Topologie halbstetig von unten
(d.h. zu jedem X o E X und jedem e;>0 gibt es eine Umgebung W von X o
in der schwachen Topologie, so daB inf G(x) > G(x ) - e; ist).
X€W - 0

Beweis:
Es sei 00, b = G(xci-e:und Kb = {XE-X: G(x)~b}. Oa G stetig und konvex
ist, ist Kb eine abgeschlossene konvexe Menge. Weil Xo$K b ist, kann
man X o und Kb trennen. Es existiert also ein f EX*, eine reelle Zahl c
und ein 0>0, so daB

und

f(x) > c + 6, für x EKb. (3.3)


202

Als Umgebung von Xo in der schwachen Topologie nehmen wir nun

W {X€X: !f(x)-f(xo )! < a}.

Da nach (3.3) die Mengen W und Kb disjunkt sind, ist

inf G(x) > b


xeW •
Satz V.3.4.
Ist der Eingaberaum X reflexiv und ist V0 e Xx 0 xY eine abgeschlossene
konvexe und beschränkte Teilmenge, dann existiert eine optimale Ein-
gabe.

Beweis:
Da Vo abgeschlossen konvex und beschränkt ist, ist auch
Uo = {x e. X: (x,Ax,BAx). E vol eine abgeschlossene konvexe und beschränk-
te Menge. Nun sei b E'iR mi t

b>a inf F(x,Ax,BAx).


x E. U o

Dann ist

Ub = Uo I) {x EX: F(x,Ax,BAx) ~ b} ( 3 .4)

ebenfalls eine abgeschlossene konvexe und beschränkte Menge; d.h. Ub


ist kompaktin der schwachen Topologie. Für b 2 > b 1 > a gilt
Ub c:. Ub . Also folgt aus der Kompakthei t der Mengen Ub ' daB
1 2

nichtleer ist.

'v
Nun sei Xo E Ua ' Dann ist für alle b>a auch Xo e: Ub ' und somit ist nach
Definition von Ub auch F(Xo,AXo,BAX o ) < b. Dies heiBt aber
F(xo,Axo,BAx o ) = a. •

Satz V.3.5.
Ist der Eingaberaum X reflexiv und hat die Nutzenfunktion
203

F(x,Ax,BAx) die Eigenschaft, daB für ein b>a = inf F(x,Ax,BAx)


x E. Uo
die in (3.4) definierte Menge Ub beschränkt ist, dann existiert eine
optimale Eingabe.

Diese Aussage beweist man genauso wie Satz V.3.4.

Wenn man nicht mit der schwachen Topologie, sondern mit anderen Topolo-
gien arbeitet, muB man noch weitere Annahrnen über die Nutzenfunktion
und die Menge Uo machen.

Satz V.3.6.
Es sei X ein BANACH-Raurn und G ein auf X definiertes stetiges konvexes
Funktional. Ferner sei X mit einer r-Topologie T versehen und für jedes
b Ei. 'lK sei

K b = {x €X: G(x) ~ b}

in der Topologie T abgeschlossen. Dann ist G in der Topologie T von


unten halbstetig.

Der Beweis geht genauso, wie der von Satz V.3.3. Man hat lediglich zu
beachten, daB man jedes Xo ~Kb durch ein Funktional trennen kann, wel-
ches in der Topologie T stetig ist. Da Kb r-abgeschlossen ist,existiert
ein solches Funktional in r.

Satz V.3.7.
Auf dern Eingaberaurn X sei eine lineare Topologie T gegeben, so daB
alle nach Forrnel (3.4) definierten Mengen Ub bezüglich T kompakt (oder
folgenkompakt) sind. Dann existiert eine optimale Eingabe.

Beweis:
Es sei

n
oo

U 1
n=1 (a+n:)

Dann ist Ua
'v
+ ~, und der Rest des Beweises verläuft genauso wie bei
Satz V.3.4. •
204

Beispiel V.3.1.
Es sei X der konjugierte Raurn eines BANACH-Raurnes (bzw. eines vollstän-
digen halbnormierten Raurnes) Xo und F (x) = IIxll sei die Funktionalnorm
(bzw. Funktionalhalbnorm) über dem Raurn Xo. Weiterhin sei UOCX eine
konvexe Menge,die in der schwach-.-Topologie abgeschlossen ist. Dann
existiert eine optimale Eingabe.

Zunächst ist die Menge

Kb = {XE.X: II xii ~b}

kompakt in der schwach-.-Topologie. Somit ist auch

kompakt in der schwach-.-Topologie. Aus Satz V.3.7 folgt dann die Exi-
stenz einer optirnalen Eingabe.

Die in diesem Beispiel V.3.1 auftretenden Mengen Uo sind oft von der
folgenden Form:

1) Gegeben sei eine konvexe Menge _ e Xo.


Man setze

oder

2) Gegeben sei yo ~ Y. Man setze

Uo = {XEX: BAx = yo}.

Satz V.3.8.
Es sei

(X~D~y)
A B

ein lineares System und F ein auf X definiertes stetiges konvexes


Funktional. Ferner sei Yo E BAX,

a = inf{F(x): BAx = Yo}'

und die Menge


205

r a = BA { x E X: F (x) :::.. a}

sei abgeschlossen und nichtleer.

Oann existiert ein XoE. X mit F(X o ) a und BAX o

Beweis:
Nach Voraussetzung ist ra f ~. Somit ist auch

Ka = {XE.X: F(x) < a}

nichtleer. Für ein beliebiges Element Xo E Ka ersetze man nun F durch


F' (x) = F(Xo-X)-F(x o ) und yodurch y~ = yo - BAX o ' Nach dieser Trans-
formation kann man dann den Beweis unter den zusätzlichen Annahrnen,
daB a~O und F(O) = 0 ist, durchführen. Aus F(O)=O folgt zunächst,
daB 0 E K ist.
a

Wir zeigen nun, daB YoEra ist. Angenornrnen, man hätte Yoira. Oann sei

yo
c = inf {t > 0: T E: ra} •

Oa Yotfra ist, erhält man, daB c>1 ist.

Nun sei d ~ ~ mit 1<d<c. Oann folgt aus der Konvexität von F, daB

F(x) < d1 F(dx) + (1- d1 )F(O)

ist. Oa F(O) = 0 ist, folgt hieraus

F(dx) > d F(x),

und somit

und

r da e dr a .
206

Weil d<c ist, ist Yoq.;dra , und damit ist auch Yo $ fda' Aus der Defini-
tion von fda folgt dann

inf{F(x): BAx = yo} ~ da > a,

im Widerspruch zur Definition von a. Damit ist also gezeigt, daB


YOE f a ist.

Nach Voraussetzung ist nun f a abgeschlossen. Somit ist auch YoEf a •


Folglich existiert ein Xo E X mit F (x o ) = a und BAx o = Yo' •

Satz V.3.9.
Es sei

(X _ _ D~Y)

A B

ein lineares System und F ein auf X definiertes stetiges konvexes


Funktional. Ferner sei für jedes re 'iR die Menge

fr BA{x€.X: F(x) ~ r}

II-
abgeschlossen, und es existiere ein 'fo G Y mit

inf{F(x): XE:X, BAx = yo} = inf{F(x): x€.X, 'fo (BAx)

Wenn es dann genau ein Xo E X mit

F(X O) = inf{F(x): XEX, 'fo (BAx) (3.6)

gibt, dann gilt für dieses Xo auch

Beweis:
Wir setzen wieder

a = inf{F(x): BAx = Yo}'

Nach Voraussetzung ist dann f a abgeschlossen. Aus Satz V.3.8 folgt


dann, daB es ein X'€X mit F(x') = a und BAx' = Yo gibt. Für dieses
x' €. X gilt dann auch\f(BAx') = 'f (Yo)' Nach Voraussetzung ist aber
207

ist x' = x o ' womit alles gezeigt ist. •

1st ra nicht abgeschlossen, so ist Satz V.3.8 falsch, wie folgendes


Beispiel zeigt.

Beispiel V.3.2.
Es sei X =0 derjenige Teilraum von L 1 [O,1J, der aus allen solchen
Funktionen besteht, die auf dem 1ntervall ({,t) konstant sind. Weiter-
hin sei A die 1denti tät und Y der zweidimensionale Raum 'ii<. 2. Der Opera-
tor B wird nun durch

B(x) {F 1 (x), F 2 (x)}

gegeben, wobei F 1 , F 2 die nachstehend definierten Funktionale sind.


Nämlich:

Fi(X) } fi(t)x(t)dt i=1,2


0

mit

1
4t für o < t 4"

{
<

1 1 3
f 1 (t) für 4" t 4"
"2 < <

3
0 für t
4" -< <

und

f 2 (t) = f 1 (1-t).

Als Nutzenfunktion nehme man die Norm im L 1 [0,1],also F(x) Ilxll.

Dann setzt man wieder

r1 BA{x: F(x) < 1}.


208

Wegen
1 3
4 4 1
f 4tlx(t) Idt + 2 f1 -2 Ix(t) Idt
o
4

1
+ f 4(1-t)lx(t)ldt,
3
4

folgt fllr ~x~ ~ 1, daB

ist.

1st also x € X mit I xii ~ 1 in [O,t] u [i,1J nicht Null, dann ist
< 1. Man hat nur dann Gleichheit, also
1 3
IF 1 (x)1 + IF 2 (x)1 1, wenn der Träger von x das 1ntervall (4'4) ist.
Daraus ergibt sich

1st nun

dann erfllllt das Funktional 'fo b. ('iR 2) * mit

'fo(x,y) = x+y

die Gleichung (3.5) und die Gleichung (3.6) hat dann genau eine Lösung
x Doch Xo erfllllt nicht die Operatorgleichung, denn es
o

ist
209

§ 4 Die Minimal-Zeit Aufgabe

Wir haben uns bisher mit linearen Systernen beschäftigt, deren Ausgabe-
operator konstant ist. In diesem Abschnitt wollen wir nun lineare
Systeme

(X- 0-7 Y)
A Bt

betrachten, bei denen der Ausgabeoperator Bt von einem reellen Para-


meter t mit °
< t < T abhängt. Dieser Pararneter t ist gewöhnlich die
Zeit.

AIs Beispiel hierfür kann man alle solchen linearen Systeme nehrnen,
die man durch gewöhnliche Differentialgleichungen ohne Steuerung (mit
oder ohne Lag) beschreiben kann. (Siehe etwa Beispiele V.1.1 und
V.1 .2). AIs Eingabe nirnrnt man dann die Anfangsbedingung (bzw. Anfangs-
funktion) und als Ausgabe den Wert der Trajektorie zu einem zeitpunkt
t (bzw. den Verlauf der Trajektorie im Intervall [t-hm,tJ).

Unter der"Minimal-Zeit Aufgabe" versteht man folgendes:

Gegeben sei eine abgeschlossene konvexe Teilmenge U e X x 0 und eine


Farnilie von abgeschlossenen Mengen Y(t} eY mit < t < T. °
Man bestirnrne erstens

T = inf{tE:[O'TJ: es gibt ein XEX mit (x,Ax}c;<U und BtAXe.Y(t)}

und zwei tens ein x E X mit (x ,Ax) E. U und BTAx EY (T) •

Satz V.4.1.
Für jede abgeschlossene konvexe Menge U e X xO ist Uo {xeX: (x,Ax) EO. u}
eine abgeschlossene konvexe Menge.

Der Beweis verläuft genauso, wie der von Satz V.3.1.

Satz V.4.2.
Es sei
(X~O-7 Y)
A Bt
210

ein lineares System mit reflexivem Eingaberaurn X. Die Abbildung von


[0, ,J nach B (D Y), die jedem t den Operator Bt zuordnet, sei stetig
-+

bezüglich der Operator-Norm in B (D -+ Y). Wei terhin sei U e x eine ab-


geschlossene beschränkte konvexe Menge und Y (t) eY, tE: [0 "J, eine
Familie von abgeschlossenen konvexen Mengen, die halbstetig von oben
ist.

Existiert dann ein tE [O"J mit (BtAU) n Y(t) t 13, dann gibt es ein
XEU mit BTAXEY(T). Dabei ist wieder

T = inf{ t: (BtAU) nY (t) t !3}.

Beweis:
Für 0 > 0 sei

Vo = conv r u (B t A)-1(Y(t»]nu
LT<t<T+o

Nach Definition von T ist Vo t 13. Da U abgeschlossen und beschränkt


ist, ist Vo schwach kompakto Für 0' > 0 > 0 gilt v o ' =::>v o ; also ist

nicht leer. Wir zeigen nun, daB BTA(Vo ) e Y(T).

Dazu sei c>O beliebig. Da die Operatoren Bt in der Norrn-Topologie von


B(D -+ Y) stetig von t abhängen und Y(t)c.Y, tE[O"J halbstetig von

oben ist, gibt es 15>0, so daB für alle tE:. [O,TJ mit T < t < T + 15

für alle v Ei U (4. 1 )

und

Y(t) e Y(T) + cK. (4.2)

Dabei ist K {y E:. Y: II yll < 1}.

Nun sei x GVo beliebig. Dann gibt es nach Definition von V o endlich
viele Punkte t 1 , ••• ,t mit T < t. < T + 0 und nicht negative Zahlen
. n - ~ - -1
a 1 ,··· ,an m~t a 1 +· •• +a n = 1 und Elemente xi E: (Bt.A) (Y(t i » n U,
~
i=1, .•• ,n, so daB
211

(4.3)

Oa Bt,AXi€Y(t i ) ist, folgtaus (4.1) und (4.2):


~

Aus der Konvexität von Y(T) folgt dann weiter

Zusammen mit Formel (4.3) ergibt dies, daB

Oa Y(T) abgeschlossen ist und E>O beliebig war, fOlgt hieraus, daB
BTAX E:. Y(T). •

Satz V.4.3.
Es sei

te [O,T]

ein lineares System mit reflexivem Ausgaberaum Y, wobei die Operatoren


Bt bezüglich der Norm-Topologie von B(O ~ Y) stetig von t abhängen.
Ferner sei Uo e X eine konvexe Menge und Y (t) c Y eine Familie von abge-
schlossenen konvexen Mengen, die halbstetig von aben ist. SchlieBlich
existiere ein t € [O,T] und ein x € u o mit BtAX € Y (t) .

Ist dann BTA(U o ) mit T = inf{t: BtAUo nY(t) 4' (Il} eine abgeschlossene
beschränkte Menge, dann existiert ein v € Uo mit BTAV € Y (T) •

Beweis:
Es sei E>O beliebig. Oa Bt stetig von t abhängt und Y(t) halbstetig
von aben ist, gibt es ein 0>0, so daB für alle tE: [O,T] mit !t-T!<o

(4.4)

mit K = {y eY: hll 2. 1J


212

und

Y(t)cY(T) + EK. (4.5)

Wir setzen nun

Man sieht sofort, daB W konvex und beschränkt ist. Man kann sogar zei-
gen, daB W auch abgeschlossen ist, doch wird diese Eigenschaft im
folgenden nicht benötigt.

Nun sei für a > 0

V
a

Zunächst ist V konvex, beschränkt und abgeschlossen. Da Y reflexiv


a
ist, ist Va schwach kompakto Somit ist

n
a>O
V
a

nicht leer.Wir zeigen nun, daB

(4.6)

ist.

Dazu sei x E. Va und õ >0 wie zu Beginn des Beweises. Da V 0 e Võ' folgt
aus der Definition von Va' daB es Punkte t l , ... ,t n mit T<ti~T+o,
nicht negative Zahlen al , ... ,a n mit a l + ..• +a n =l und Elemente

Yi e Y(t i ) f) (Bt,A) (U o )' i=l, ... ,n (4.7)


l

gibt, so daB

gilt.
213

Aus (4. 4), (4.5) und (4. 7) folgt dann, daS

i=1, .•. ,n. (4.8)

(4.9)

Daraus folgt aber, daS

(4.10)

d.h.

Da E>O beliebig war und Y(T) und BTA(Uo ) abgeschlossene Mengen sind,
erhält man Formel (4.6), womit der Satz bewiesen ist • •

Wir zeigen nun anhand von zwei Beispielen, daS beide Sätze V.4.2 und
V.4.3 nicht gelten, falls man nicht entsprechende Annahmen macht,
die die Kompaktheit von BTA(U) garantieren. Dies läSt sich auch nicht
durch zusätzliche Annahmen über die Stetigkeit der Familie von Opera-
toren Bt kompensieren.

Beispiel V.4.1.
Es sei X = L1 [0,1] und Uo = {XE X: IIxll~1}. Uo ist also eine beschränk-
te, abgeschlossene und konvexe Menge. Weiterhin sei D=x, A=Id und
Y=lK. Für 0<t<1 sei

1
Btx J bt(s)x(s)ds,
o
mit

und
214

{
s , für 0<s<1-t

1 , für 1-t<s<1

Da für t+O b t gleichmäBig gegen b O konvergiert, hängen die Operatoren


Bt €. B (X + 'iil,) = x* bezüglich der Norm-Topologie von x* stetig von t
ab. Für O<t<1 sei Y(t) = {1} die einpunktige Menge, die nur aus
1 € 'iR besteht. Da die Familie Y (t) konstant ist, ist sie auch halb-
stetig von oben.

Man sieht nun leieht, daB für alle t mit 0<t<1 stets Bt AU o =[-1,+1].
Also gibt es zu'jedem t mit 0<t<1 ein XEU o mit BtAXEY(t). Daraus
folgt T=O. Nun ist aber BoA(U o ) = (-1,+1), al so

In diesem Beispiel ist der Eingaberaum X nicht reflexiv und die Men-
ge BTA(U o ) nicht abgeschlossen. Wir geben nun ein analoges Beispiel
an, bei dem die Menge BTA(U o ) abgeschlossen und beschränkt ist. In
diesem Falle darf dann der Ausgaberaum Y nicht reflexiv sein (siehe
Satz V.4.3).

Beispiel V.4.2.
Es sei x'Uo,D und A wie in Beispiel V.4.1 und Y=~xx. Die Familie
'v
der Operatoren Bt mit O<t<1 sei durch

gegeben, wobei die Operatoren Bt wie in Beispiel V.4.1 definiert


sind. Da die Funktionale Bt I:. x* bezüglich der Norm-Topologie von
x* stetig von t abhängen, hängt auch
'v
Bt stetig von t ab. Wir zeigen
nun, daB BoA(U o ) abge~chlossen ist. Dazu sei {(BoAXn,AX n )} eine Fol-
ge von Elementen aus BA(U o )' die gegen (r,x o ) E 'iR xX konvergiere.
Da A=Id,hat man Xn+X o . Aus der Abgeschlossenheit von Uo folgt dann,
daB Xo E. Uo ist. Aus der Stetigkei t von Bo folgt daraus, daB
'v
r=Boxo=BoAX o ist. Damit ist also gezeigt, daB (r,x o ) E. BoA(U o ) •

Für t mit O<t<1 sei nun

Y(t) = {(1,x): x€.uo}CY.


215

Wie in Beispiel V.4.1 zeigt man nun, daS für jedes t mit 0<t<1

Daraus folgt insbesondere, daS T=O ist. Für T=O ist jedoch

In vielen praktischen Fällen, insbesondere bei Systemen mit verteil-


ten Parametern, hängen die Operatoren Bt bezüglich der Operatör-
Norm nicht stetig von t ab. Auf solehe linearen Systeme kann man al-
so die Sätze V.4.2 und V.4.3 nicht anwenden. Deshalb arbeiten wir
hier zunächst mit den in § 1 eingeführten Stetigkeitsbegriffen für
Mengenfamilien weiter.

Als erstes zeigen wir die folgende Identität: Es sei Y ein topologi-
scher linearer Raum und Y(t) eY, t ",,[O,T] eine Familie von abge-
schlossenen Mengen, die halbstetig von oben ist. Dann gilt für je-
des t E(O,T] und jedes Oo mit

die Beziehung:

Y(t) n IJ Y (T) (4.11)

Die Inklusion

Y(t) e n u

ist klar. Zu zeigen bleibt die umgekehrte Richtung. Dazu sei V e Y


eine Nullumgebung. Oa Y(t) eY, t E [O,T] halbstetig von oben ist, exi-
stiert ein ° mit 0<0<0 0 , so daS für alle T mit t<T<t+O die Inklusion

Y(T) e Y(t)+V (4.12)

gilt. Aus (4.12) folgt dann sofort


216

n
0<0<0
lJ y(,)) e y(t)+v .
o t<,<t+o

Da aber Y(t) abgeschlossen und V eine beliebige Nullumgebung ist,


folgt hieraus die umgekehrte Inklusion. Damit ist (4.11) bewiesen.

Wir bemerken noch, daB die Stetigkeit stets die Halbstetigkeit von
oben impliziert. Die Umkehrung gilt jedoch nicht, wie das folgende
Beispiel zeigt:

Beispiel V.4.3.
Es sei Y = 'IR und Y (t) eY, t e IP, 1], sei wie folgt definiert:

{o} für o<t<.!


- 2

Y(t) für t 1
[0,1J "2

{1} für }:t~1

Man sieht leieht, daB diese Familie von Mengen halbstetig von oben,
aber nicht stetig ist.

Satz V.4.4.
Es sei

(X~O~Y), te[o,,]
A Bt

ein lineares System und Uo e x eine konvexe Teilmenge. Weiterhin sei


Y (t) ey, t € [0, ,], eine Familie von Mengen. Es wird nun angenommen,
daB für den Ausgaberaum Y eine Topologie ~ existiert, bezüglich de-
rer Y ein topologischer linearer Raum ist, und in der die beiden Men-
genfamilien Y (t) e Y und BtA(Uo ) eY halbstetig von oben sind. SchlieB-
lich sei

und 00 >0 so gewählt, daB T+oo~' ist.


217

Sind dann für alle 0 mit 0<0<00 die Mengen

U Y(t)
T<t<T+o
in der Topologie a abgeschlossen und die Mengen

kompakt (oder fOlgenkompakt), dann ist

Beweis:
Für jedes 0 mit 0<0<0 0 ist

nach Voraussetzung in der Topologie a kompakt (oder folgenkompakt) .


Als Durchschnitt einer absteigenden Folge von kompakten (oder folgen-
kompakten) ~~engen ist dann

n
n=1
IX)

V1
il

nicht leer. Nach Annahme sind BtA(Uo ) e Y und Y (t) eY, t e [0,.], in
der Topologie a Familien von abgeschlossenen Mengen, die halbstetig
von oben sind. Also ist nach Formel (4.11)

n
co

W1
n=1 il

und

n
IX)

Y1 Y(T) •
n=1
n

Hieraus folgt nun


218

Da Vo + !Il, ist auch BTA(U o ) nY(T) + !Il, womit der Satz bewiesen ist • •

Satz V.4.5.
Der Satz V.4.4 bleibt gültig, wenn man die Annahmen über YO und WO
vertauscht, d.h. wenn man YO als kompakt (oder folgenkompakt) und WO
als abgeschlossen voraussetzt.

Beweis:
Man zeigt dies mit dem gleichen Beweis wie bei Satz V.4.4. •

Wir geben jetzt mehrere Bedingungen dafür an, daB Y eine abgeschlos-
sene oder kompakte (bzw. folgenkompakte) Menge ist.

Satz V.4.6.
Es sei Y ein topologischer linearer Raum und Y(t) eY, t E... [0, TJ ' eine
aufsteigende Familie von abgeschlossenen (bzw. kompakten oder folgen-
kompakten) Mengen. Dann ist für jedes T €[O,T) und jedes 0 mit
O<o<T-T die Menge

U Y(t)
T<t<T+6

abgeschlossen (bzw. kompakt oder folgenkompakt) .

Beweis:
Nach Voraussetzung ist Y(t) eY, t €[O,T] aufsteigend. Damit ist

Yo, T = Y (TH)

also eine abgeschlossene (bzw. kompakte oder folgenkompakte) Menge . •

Satz V.4.7.
Es sei Y ein topologischer linearer Raum und Y (t) eY, tE. [0, TJ '
eine Familie von abgeschlossenen Mengen, die halbstetig von oben ist.
Dann ist für jedes Te [O,T) und jedes 0 mit O<o<T-T die Menge

U
T<t<T+o
Y(t)
219

abgeschlossen.

Beweis:
Es sei y E. Y ein Häufungspunkt von Y 8,T Dies bedeutet, daB es zu
jeder Nullurngebung U eY ein 0>0 und ein t mit T<t<T+o gibt, so daB

Y E. Y (t) +U . (4.13)

Wir bezeichnen nun mit E U den AbschluB aller t e[T,T+o], für welche
(4.13) gilt. Zunächst ist E U kompakto Weiterhin ist für jede Nullurn-
gebung Wc Y, die im Durchschni tt von zwei Nullurngebungen U, V von Y
enthalten ist, also WcU nV, auch EWCE U nEv. Daraus folgt, daB für
endlich viele Nullumgebungen U1 ' ••• 'U n von Y mit U1 n ... nUn +~
auch E U n nEu
1
~ ist.
n
+

Nun sei {U } eine Nullurngebungsbasis von Y und


a

Da die EU kompakt sind, ist nach der obigen Eigenschaft ihr Durch-
schnitt nicht leertalso Eo + ~. Sei nun to ~Eo und U eY eine bel_ie-
bige Nullumgebung von Y. Dann folgt aus der Halbstetigkeit von
Y(t) eY, t <s[O,T], daB ein 0' mit 0>0'>0 existiert, so daB für alle
t E. [0, TJ mit I t-t o 1< 0' die Inklusion

gilt.

Aus der Definition von Eo folgt, daB toE EU ist. Daher existiert ein
t E [O,T] mit It-tol<o' und

YEY(t) +U.

Hieraus folgt nun:

Da U e Y eine beliebige Nullurngebung ist und Y (to) abgeschlossen ist,


220

folgt hieraus


Korollar V.4.8.
Es sei Y ein BANACH-Raum (bzw. der Konjugierte eines BANACH-Raumes)
und Y (t) eY, t ~ [0, ,J, eine Familie von schwach- (bzw. schwach-*-)
abgeschlossenen Mengen, die in der Norm-Topologie halbstetig von
oben ist. Dann ist für jedes TG [0,,) und jedes ö mit O<ö<,-T die
Menge

U Y(t)
T<t<T+ö

abgeschlossen in der schwachen (bzw. schwach-*0 Topologie.

Beweis:
Aus der Halbstetigkeit in der Norm-Topologie folgt die Halbstetig-
keit in der schwachen (bzw. schwach-*-) Topologie. Die Behauptung
folgt dann unrnittelbar aus Satz V.4.7. •

Satz V.4.9.
Es sei Y ein topologischer linearer Raum und Y(t) eY, tE [o"J eine
Familie von kompakten Mengen, die halbstetig von oben ist. Dann ist
für jedes T E [0, T) und jedes ö mit 0< ö <, -T die Menge

u
T<t<T+ö
Y(t)

kompakto

Beweis:
Sei {w } eine offene Überdeckung der Menge Y T' Für t (õ [T, TH] sei
{W t } = a {w e {w }: W Il Y(t) f ~}. Dann ist {w~} eine offene Überdeckung
a a el.
von Y(t). Da Y(t) kompakt ist, läBt sich eine endliche Überdeckung
wt1 , ••• ,w t auswählen. Wir setzen nun:
nt

W~1.
221

Zunächst ist vt offen und Y (t) e vt. Also existiert zu jedem y E. Y (t)
eine Nullumgebung Uy e Y mit y+U y c vt. 1st nun MyC Y eine wei tere
Nullumgebung von Y mit My+MyCU y ' dann ist für jedes y't. y+My stets

t
Y , +My C y+My +M y C y+U e V (4.14)

Damit bilden die Mengen der Form y+My eine offene Überdeckung von
Y(t). Man kann also eine endliche Überdeckung, etwa Y1+M ,
m y1
Y2+M , ... ,y +M
y2 m ym
auswählen. Setze M = n
M . Zu jedem yo EY(t)
i=1 yi
existiert dann ein i mit yo EY, +M . Aus (4.14) folgt dann, daB
~ yi

Y +M ey, +M +M ey, +M +M e vt. (4.15)


o ~ yi ~ yi yi

Aus (4.15) und der Halbstetigkeit von Y(t) eY, t t. [O,T) folgt die
Existenz eines 0t>o, so daB für alle t' E. (t-0t' t+Ot) 1'\ [O,T] die
1nklusion

Y (t ' ) e Y ( t) +M e vt (4.16 )

gilt. Nun bilden die Mengen der Form

(4.17)

eine offene Überdeckung von [O,T]. Man kann also eine endliche Über-
deckung etwa

auswählen.und erhält dann nach (4.16)

t
W,n (4.18)
~

womit die Kompaktheit von Yo,T gezeigt ist. •

Korollar V.4.10.
Es sei Y ein metrischer linearer Raum und Y (t) eY, t E [0, TJ, eine
Familie von folgenkompakten Mengen, die halbstetig nach oben ist.
Dann ist für jedes TE [O,T) und jedes 0 mit O<o<T-T die Menge
222

Yö,T U Y(t)
T~t~T+Ö

folgenkompakt.

Beweis:
Da für metrische Räume die Begriffe folgenkompakt und kompakt zusam-
menfallen, folgt die Behauptung unmittelbar aus Satz V.4.9. •

In Satz V.4.4 haben wir die Halbstetigkeit von BtA(U o ) in der Topo-
logie T gefordert. Wir geben nun ein Kriterium für den Nachweis dieser
Bedingung an. Dabei schreiben wir für BtA einfach Ct'
Satz V. 4.11 .
Es seien X und Y BANACH-Räume, Uo e X eine beschränkte Menge und
Ct ' t E. [0, TJ eine Familie von stetigen linearen Operatoren, die X
in Y abbilden. Ferner sei für jedes fe. Y* die Abbildung, die jedem
t e. [0, TJ das Funktional C~f e x* zuordnet, bezüglich der Norm-Topolo-
gie von x* im Punkte to e. [O,T] (bzw. in ganz [O,T]) stetig. Dann ist
die Familie Ct (U o ) eY, t e. [0, T], im Punkte. to €. [0, TJ (bzw. in ganz
[O,T]) stetig bezüglich der schwachen Topologie.

Beweis:
Es sei

und

eine beliebige Nullumgebung in der schwachen Topologie. Da Ctf in *


to e. [O,T] stetig ist, gibt es zu E>O ein ö>O, so daB für alle
tC:[O,T] mit It-tol<ö stets

i=1 ,2, ... ,n. (4.19)

Für jedes x E Uo fOlgt dann

Ifi (Ctx)-fi(C t x) I<E, i=1,2, •.. ,n. (4.20)


o
223

Also ist für jedes x E UO

(4.21)

und

Ct (X)€.Ct(X) +V. (4.22)


o

Dies heiBt aber, daB Ct(Uo)CY, t€[O,,], in to e [0,,] bezüglich der


schwachen Topologie stetig ist. Falls C~f in ganz [O"J stetig ist,dann
ist auch Ct (U O ) in ganz [0, ,J stetig. •

Satz V.4.12.
Es seien X und Y BANACH-Räurne und Ct , t € [0, ,J, eine Familie von ste-
tigen linearen Operatoren, die X in Y abbilden. Ferner sei für jedes
xeX die Abbildung, die jedem tc=:[O,,] das Element CtxeY zuordnet,
bezüglich der Norm-Topologie von Y in to E:: [0, ,J (bzw. in [o"J) ste-
tig. SchlieBlich sei Uo e Y* eine in der schwach-*-Topologie abgeschlos-
sene und beschränkte Menge von Y* Dann ist die Familie
C~(Uo) c:x*, t e[O"J, im Punkte to e[O"J (bzw. in [O"J) bezüglich
der schwach-*-Topologie stetig.

Beweis:
Zunächst ist nach Satz IV.4.7 die Menge Uo kompakt in der schwach-*-
Topologie. Da nach Satz IV.4.2 auch die Operatoren Ct in der schwach-
*-Topologie stetig sind, ist auch Ct(Uo ) kompakt in der schwach-*-To-
pologie.

Nun sei

eine Nullurngebung von x* in der sChwach-*-Topologie.

Da Ct (x) in to E: [0, ,J stetig ist, existiert zu x 1 ' ... ,x n ein 0>0,


so daB für alle tE [0, ,J mit It-tol<o

(4.23)
224

mit

M = sup{llfll: fEUO}. (4.24)

Aus (4.23) folgt dann für alle ~E Uo

Ir(ct(xi)-C t (Xi)) I<E, i=1,2, ••• ,n. (4.25 )


o

Hieraus folgt nun, daS für alle 'f E Uo die beiden Formeln

(4.26)

und

*
Ct ('f) e *
C t ( 'f') + V (4.27 )
o

gelten. Da V eine beliebige Nullumgebung in der schwach-*-Topologie


war, ist die Familie C:(U) eY, t -=:'[O,TJ im Punkte t E [O,T] stetig.
* 0
Wenn Ctx in ganz [O,T] stetig ist, dann ist Ct(U)cY, t-=:'[O,T], eben-
falls in ganz [O,T] stetig . •

Wenn für jedes x EX die Funktion Ctx, tE [O,T], stetig ist, dann folgt
daraus noch nicht, daS für jedes fe..Y* auch C:f, tE [O,T] stetig ist.
Dies zeigt das folgende Beispiel:

Beispiel V.4.4.
Es sei X = C[O,1], Y =lK und CtEB(X .... Y), tE[0,1], die Familie
der Funktionale CtX = x(t). Offensichtlich ist für jedes x EX die
Funktion Ct (x) E 'IR, t 6. [O,T], stetig. Der konjugierte Operator C~ bil-
det nun 11( in X* ab. Für 1 E lK gil t dann insbesondere

und damit ist C:(1) in keinem Punkte von [0,1J stetig. Wir bemerken
j edoch, daS für die Einhei tskugel K e C [0, 1J stets

CtK = [-1 ,+1J, t E [0, 1J

gilt. Damit ist also die Mengenfamilie CtK e 'iR, tE [0, 1J bezüglich
der Norm-Topologie stetig. Also ist die in Satz V.4.11 angegebene Be-
225

dingung über die Halbstetigkeit von Ct(U) nicht notwendig.

Das sehr naheliegende Beispiel V.4.4 kann wie folgt verallgemeinert


werden:

Satz V.4.13.
Es sei X ein separabler BANACH-Raum. Dann existiert eine Familie
Cts X·, t s[0,1}, von stetigen linearen Funktionalen, so daB für jedes
x E X die Funktion Ctx in [0,1] stetig ist; j edoch C~ (1) E. X,
t €. [0,1] ist bezüglich der Norm-Topologie von X nicht stetig.

Beweis:
Da X separabel ist, existiert eine Folge von Funktionalen {fnt'
f n €. X· mit II fn~ = 1, die in der schwach-*-Topologie gegen 0 konver-
giert. Nun definiere man für t € [0, 1J die Funktionale Ct e x* durch:

für -- < t < ___1_


2n - 2n - 1

o für t O.

Man rechnet leieht nach, daB Ct € XW in (0,1J bezüglich der Norm-To-


pologie von x* stetig ist. In 0 ist Ct nicht mehr stetig bezüglich
der Norm-Topologie. Jedoch ist Ct im Punkte 0 bezüglich der schwach-
*-Topologie stetig. FaBt man nun die Ct als lineare Operatoren von
X nach 'lK auf, dann hat man zusammenfassend, daB für jedes x€ X die
Funktion Ctx, t € [0, 1J in [0,1J stetig ist. Für den konjugierten
Operator C~ gilt dann an der SteIle 1 €~

Damit ist C~(1) in ° nicht stetig. •

Wenn X zusätzlich reflexiv ist, dann gilt für die in Satz V.4.13
konstruierte Familie von Funktionalen Ct e: X·, t e [0,1], zusätzlich
noch, daB für jedes t € (0,1]
226

wobei K = {x~X: Ilxll'::"1} die Einheitskugel ist. Für t=O ergibt sich:
CoK {o}. Somi t ist CtK e 'iR. , t E [0, 1J, nicht halbstetig von oben.

Als Folgerung ergibt sich:

Korollar V.4.14.
Der Satz V. 4 • 1 3 bleibt wahr, wenn man 'IR durch einen beliebigen
BANACH-Raum Y ersetzt.

Beweis:
Man definiere C E.X* wie oben und bilde für ein YE.Y\{O} den Operator
~ t ~
Ct(X) = Ct(X) .y. Dann hat Ct die gewünschte Eigenschaft • •

In vielen Fällen ist fOlgender Satz recht zweckmäSig.

Satz V. 4.15.
Es seien X und Y BANACH-Räume und KcX eine kompakte Menge. Ferner
sei Ct ' t E. [0, T], eine Familie von stetigen linearen Operatoren,
die X in Y abbilden, so daS für jedes x e.X die Funktion CtX,
t e[o,T], bezüglich der Norm-Topologie von Y stetig ist. Dann ist
die Familie Ct (K) eY, t e. [0, TJ im gesamten Intervall [0, TJ stetig.

Beweis:
Nach dem Satz von BANACH-STEINHAUS (Satz 111.1.1) ist

sup II Ctll,::"M<co.
O<t<T

Nun sei E>O gegeben. Da KcX eine kompakte Teilmenge eines metrischen
Raumes ist, existiert ein 3~ - Netz {x 1 , ••• ,x n } für K. Weil für jedes
xeX die Funktion CtX stetig ist, existiert zu! und x 1 , ••• ,x n ein
Ö>O, so daS für alle t ' , t Ei [O,TJ mit It-t'l<ö auch

Jetzt sei x E. Kein beliebiges Element. Dann existiert ein


xi l: {x 1 , ••• ,x n } des 3~-Netzes mit
227

Man erhält für CtX:

E E E
~ 3M • M + 3 + 3M • M E,

womit der Satz bewiesen ist. •

Korollar V.4.16.
Es sei

tfO:[o"J

ein lineares System, wobei A ein kompakter Operator und Bt , t € [0, ,J ,


eine Farnilie von stetigen linearen Operatoren ist, so daB für jedes
y E.O die Abbildung Bty, t ~ [0, ,J bezüglich der Norrn-Topologie von
Y stetig ist. Dann ist für jede beschränkte Teilmenge Uo e x die Farni-
lie BtA(U o )' t fO: [O"J stetig in der Norrn-Topologie.

Es sei

(X ---? 0 ---? Y) O<t<+'" (4.28)


A Bt

ein lineares System, wobei

(4.29)

das Produkt von zwei BANACH-Räumen X1 und X2 ist. Dann heiBt das
System (4.28) "steuerbar" (bzw.INull-steuerbar"), wenn es zu jedern
x 1 € X 1 und y E. Y (bzw. x
1 € X1 ) ein t>O und ein xi €. X 2 gibt, so daB

y (4.30)

(bzw.

0) (4.30) I

gilt.
228

Nun sei für t~O

(4.3' )

Dann gilt:

Satz V. 4. '7. (ROLEWICZ [6J)


Es sei

O<t<+oo

ein lineares System und für alle t,t' mit O<t<t'<oo gelte

(4.32)

Ist das lineare System Null-steuerbar, dann existiert ein tu>O


(genannt:"universelle Zeit"), so daB es zu jedem x, E: X, ein X 2 EX 2
mit

gibt.

Beweis:
Zunächst ist für jedes t>O die Menge

O} (4.33)

abgeschlossen, da sie das Urbild von 0 unter BtA ist. Nun sei P die
kanonische projekti~n von x,XX2 auf X" also P(x"x 2 ) = x,. Dann ist
für alle t~O stets Xt = PW t • Nach dem Satz von BANACH (Satz V.2.')
ist dann entweder '"Xt = X, oder X
'" t ist von erster Kategorie. Da das
lineare System Null-steuerbar ist, folgt aus (4.33) daB

(4.34)

ist. Also existiert ein no mit '"X X,. Setzt man tu=no ' dann ist


no
der Satz bewiesen.
229

Satz V.4.18.
Es sei

O<t<+oo

ein lineares System. Ferner sei für alle t>O

(4.35)

und für alle t,t' mit O<t<t' gelte

(4.36)

t
Wenn es dann zu j edern y E. Y ein t>O und ein x 2 E X2 mit

y (4.37 )

gibt, dann gibt es bereits ein tu2:.0, so daB zu jedem YE.Y ein X 2 EX 2
mit

y (4.38)

existiert.

Beweis:
Dieser Satz folgt unrnittelbar aus dem vorherigen, falls man Y=X 1 und

setzt. •

Korollar V. 4.19. (ROLEWICZ [6J).


Ist das lineare System (4.28) steuerbar und gilt (4.36), dann exi-
stiert eine universelle Zeit tu' so daB es zu jedem x 1 EX 1 und jedem
y EY ein x 2 EX 2 mit

gibt.
230

Beweis:
Es sei tu wie in Satz V.4.18. Ferner sei y= y-B t A(X 1 ,0). Wendet man
u
nun Satz V.4.18 auf y an, dann erhä1t man die Behauptung . •

Das 1ineare System (4.28) heiBt "approximativ steuerbar" (bzw. "appro-


ximativ Nu11-steuerbar'), fal1s es zu jedem e:>0, jedem x 1 E X1 und
jedem y EY ein bO und ein x 2 E X 2 gibt, so daB

(bzw.

ist.

Im Fo1genden sei

O~t<+"'.

Lernrna V.4.20.
Für jedes t>o ist X~ abgesch10ssen.

Beweis:
o
Es sei {x~} e Xt eine Fo1ge, die in X1 gegen x 1 konvergiert. Zu zeigen
o 0
ist, daB x 1 € Xt g~'lt • Dazu se~' 0
e:> vorgege b en. Oa l'~m x n x 1 ,~s t ,
1 =o
n
gibt es einen Index N, mit

(4.39)

Oa x N O,
1 E X t ~st,
' tb
g~ '
es e~n x2 € X2 , so d aB

(4.40)

ist. Aus (4.39) und (4.40) fo1gt dann:


231

+ ~ E. (4.41)
2

o 0
Da pO beliebig war, bedeutet dies, daB x 1 E Xt ist. •

Satz V. 4.21 . (siehe DOLECKI [2J).


Es sei

O<t<+oo

ein approximativ steuerbares lineares System und für alle t,t' mit
O<t<t'<oo gelte

(4.42 )

Dann existiert ein tu>O (universelle Zeit), so daB

ist.

Dieser Satz wird genauso wie Satz V.4.17 bewiesen.

Satz V. 4.22. (vergl. DOLECKI [2J).


Es sei

o<t<+oo

ein lineares System und für alle t,t' mit O<t<t'<oo gelte

(4.36)

Dann existiert eine universelle Zeit tu~O, so daB es zu jedem


pO, jedem X1 E.X 1 und jedem YEY ein X2 E.X 2 mit

IIB t A(x 1 ,X 2 )-yll < E (4.43)


u

gibt.
232

Diesen Satz beweist man genauso wie Satz V.4.18 und Korollar V.4.19,
wobei lediglich et durch et zu ersetzen ist.

§ 5 Die Reduktion der Minimal-Zeit Aufgabe auf die Minimal-Norm


Aufgabe

Im vorherigen Paragraphen haben wir mehrere Sätze über die Existenz


von Lösungen der Minimal-Zeit Aufgabe bewiesen. Dabei wurde unter
geeigneten Voraussetzungen die Existenz eines Elementes xoe Uo mit
BTA(X o ) eY(T) hergeleitet, ohne es jedoch explizit zu konstruieren.

In diesem Paragraphen, der im wesentlichen auf den Ergebnissen der


§§ 2 und 3 beruht, wollen wir nun zeigen, wie man dieses xo~ Uo
konstruktiv bestimmen kann.

Dazu nehmen wir an, daS die in der Minimal-Zeit Aufgabe auftretende
Menge Uo nicht nur konvex und abgeschlossen ist, sondern wir fordern
zusätzlich noch, daS UOCX beschränkt ist und ein nichtleeres Inne-
res hat. Dabei kann man ohne Einschränkung der AIIgemeinheit stets
davon ausgehen, daS °
~ IntU o ist. 1st nämlich Xo EO: IntU o ' dann kann

man die Minimal-Zeit Aufgabe wie folgt transformieren: Man ersetze


Uo durch u~ = uo-xo und Y(t) durch Y' (t) = Y(t)+BtAX o . Zu bestimmen
ist dann ein X~E: u~ mit BTAx~E Y' (T). Dabei ist natürlich auch
Y' (t) ey, t E [o"J eine halbstetige Familie von Mengen, sobald nur
BtAx o stetig ist.

Da nach Annahme Uo e X eine beschränkte konvexe Menge ist, mit


° Eo IntU o ' induziert sie durch

eine Halbnorm auf X. Insbesondere ist also Xo E Uo genau dann, wenn


II xoll.::.l ist.

Nun sei

und
233

'"
T inf{t>a: ~(t) < 1}. ( 5. 1 )

Setzt man wieder

'"
dann ist offensichtlich T < T.

Nimmt man jedoch an, daS für jedes t €. [a,T] ein x t E. U mit
0",
BtAX t IS Y(t) und Ilxtll 'f(t) existiert, dann gilt T = T.

Bei den folgenden Uberlegungen wallen wir von dieser Annahme ausge-
hen: d.h. wir setzen varaus, daS es zu jedem tE.[a,T] ein XtEU o
mit BtAX t E.Y(t) und Ilxtll = 'F(t) gibt. Dann kann man die Minimal-Zeit
Aufgabe nach der folgenden Methode bearbeiten:
1) Han bestimme die Funktion 'f(t) und berechne T. '"
2) Für jedes tE. [a,T] bestimme man ein x t eS Uo mit BtAX t E. Y(t) und
!I xtll = \f(t).

3) Man prüfe, ab ~(T) ~ 1 ist.

Man nennt dieses Verfahren auch die "Reduktion der Minimal-Zeit Auf-
gabe auf die Minimal-Norm Aufgabe".

Wie man die Punkte 1) und 2) bearbeitet, haben wir in den Paragraphen
2 und 3 dieses KapiteIs gezeigt. Im Folgenden befassen wir uns mit
der Frage der Stetigkei t von 'f und zeigen, daB 'f stets halbstetig
von unten ist.

Satz V. 5.1.
Es sei

(x-~ D - - ' j Y) ,
A Bt

ein lineares System, Uo e x eine beschränkte konvexe Menge und


Y(t) e Y, tE. [a,T], eine in to E [a,T] stetige Familie von Mengen. Fer-
ner sei auch BtA (U o ) eY, t IS [a, TJ eine in to E. [a, rJ stetige Mengen-
familie und IntB t A(U o ) + ~. Dann ist die Funktion ~ im Punkte
[a,T] stetig. o
to E.
234

Beweis:
Nach Lenuna V.1.5 existiert ein n>O, so daS für alle t .:::[o,1:J mit
It-tol<n IntBtA(Uo)+~ ist. Also ist

(5.2)

für jedes e:>0.

Da BtA(U o ) eY, t ~ [o,1:J, bezüglich t stetig ist, folgt aus (5.2),


daS es ein 0O mit O<oo.::.n gibt, so daS für alle t' E [o,1:J mit
It'-tl <0 o auch

(5.3)

Aus der Definition von f folgt weiter, daS

(5.4)

Zusammen mit (5.3) ergibt dies

(5.5)

Bislang haben wir nicht benutzt, daS Y(t) in to stetig ist. Nun sei
t'=t o . Dann folgt aus (5.5) und der Stetigkeit von Y(t), daS es ein
01 mit 0<01'::'00 gibt, so daS für alle tE [o,1:J mit It-tol<01

(5.6)

ist.

Hieraus folgt nach Definition von ~

(5.7)

Durch entsprechende Argumentation erhält man auch

(5.8)

Da e:>0 beliebig war, heiSt dies, daS ~ in to f'. [o,1:J stetig ist. •
235

Wir bemerken no ch folgendes: Wenn ein Xo Eo uo mit BTAX o Eo Y (T) und


Ilxoll = 'f(T) existiert und 'f im Punkte T G. [o"J stetig ist, dann
ist wegen

lim 'f (t)


t+T

Xo ein Randpunkt von Uo

Anhand eines Beispiels zeigen wir nun, daB die Stetigkeit von ~ no ch
nicht daraus folgt, daB die Operatoren Bt bezüglich der Operator-Norm
stetig von t abhängen.

Beispiel V.5.1.
Es sei X = 0 = Y 1K 2 der zweidimensionale Raum,
U o = {(x 1 ,x 2 ): x~ + x~ ~ 1} die Einheitskreisscheibe und A = Id die
Identität. Ferner seien die Operatoren Bt , t 6[0,1J, durch die Matri-
zen

e
definiert und Y(t) e 'lK 2, tE [0,1J , sei durch

Y(t) = {(t,1)}

gegeben. Dann ist Bt und Y(t) stetig und man sieht leieht, daB T=O
und ~(T)=1 ist.

Dagegen ist für alle t E (0, 1J stets 'f(t) = /2. Dies sieht man etwa
so: Zunächst ist 'f(1) = /2 und für jedes t'2 (O,1J ist Bt AY(1)=Y(t).
Daraus folgt aber, daB genau dann BtAx EY(t) ist, wenn B1 Ax = Y(1)
ist.

Es sei f eine auf [a,bJ definierte reellwertige Funktion. Dann heiBt


f in to EO [a,b) "rechtsseitig halbstetig von unten", wenn

lim inf f(t)


t+t
t>t O
o
ist.
236

Wir bemerken, daB die in Beispiel V.2.1 definierte Funktion f in 0


rechtsseitig halbstetig von unten ist.

Satz V.5.2.
Wenn die Voraussetzungen einer der Sätze V.4.2-V.4.4 erfüllt sind,
dann ist 'f rechtssei tig halbstetig von unt en .

Beweis:
Es sei to b. [O,T] ,

a = lim inf 'f(tl


t-+t
t;>t O
o

und Ua auo. Aus jeder der Voraussetzungen der Sätze V.4.2-V.4.4


folgt dann, daB ein x a ~ Ua mit

existiert. Damit ist also 'f (tol ~ a, d.h. 'f ist rechtsseitig halb-
stetig von unten. •

1st jedoch keine der Voraussetzungen der Sätze V.4.2-V.4.4 erfüllt,


dann braucht ~ nicht rechtsseitig halbstetig von unten zu sein, wie
das folgende Beispiel zeigt.

Beispiel V.5.2.
y 2
Wie in Beispiel V.2.1 sei X i, D Co (bzw. i oder i l , B=Id
und

gegeben. Dabei ist {Yi} eine Folge von stark linear unabhängigen Ele-
menten aus D, die gegen yo konvergiert. Wir definieren nun eine ste-
tige Funktion y(tl, t E.. [0, 1] mH Werten in Y wie folgt:

, für t = 0
y(t)= {
(n(n+1lt-nlYn+(n+1-n(n+1ltlYn+1' für n+1 < t ~ n'
n=1 ,2, ...
237

Mit anderen Worten: Es ist y(*) = Yn und auf den Intervallen

[n.:1' *l
ist y linear. Definiert man nun y(t) ey, tE..[0,1J durch
y(t) = {y(t)}, dann ist die Mengenfamilie stetig.

Aus Beispiel V.2.1 kann man zunächst entnehmen, daB ~(O) = 2 ist.
Da für jedes n=1,2, •.• das Element Yn aus r 1 = BAU o ist, hat man
1
'f(n) = 1. Damit ist 'f im Punkte 0 nicht rechtsseitig halbstetig
von unten. Beachtet man noch, daB die Einheitskugel in ~ die abge-
schlossene konvexe Hülle der Punkte en {0, ... ,0,1,0, ... } ist und
~
n-te Steile
daB Ae n = Yn - 1 gilt, dann sieht man auch, daB für jedes tE (0,1J
stets f(t) = 1 ist.

Aus diesem Beispiel kann man nun leieht andere Beispiele mit einer
variablen Familie von Operatoren Bt und einer konstanten Mengenfunk-
tion y(t) = {yo} herleiten.

§ 6 Die Beobachtbarkeit in linearen Systemen

Bevor wir mit den eigentlichen überlegungen dieses Paragraphen be-


ginnen, wollen wir noch einige Bemerkungen zur Terminologie machen.

Die Begriffe "Wahrnehmung", "Beobachtung" etc. werden in der Litera-


tur nicht einheitlich verstanden. Wir zeigen dies an folgenden Bei-
spiel.

Es sei

(X--t O--t Y)
A B

das in Beispiel V.1.1 angegebene lineare System. Der Eingaberaum X


ist der Raum der Anfangswerte und der Transformationsraum 0 ist der
Raum aller auf [to,T] definierten stetigen Funktionen mit Werten in X,
al so

Nun nennt eine Gruppe von Autoren (zu denen z.B. LIONS ~J zählt),
solch ein lineares System "steuerbar~ wenn x=y ist und B die speziel-
238

le Gestalt Bx = x(T) hat. In allen Fällen nennen diese Autoren das


lineare System "beobaehtbar".

Die zweite Gruppe von Autoren (zu denen etwa KALMAN [lJ, [2],
FALB, ARIB [lJ und KRASOWSKI [lJ zählen), sprieht irnrner dann von
"Beobaehtbarkeit", wenn man aus den Eigensehaften der Ausgabe auf
die Eigensehaften der Eingabe sehlieBen kann.

Wir sehlieBen uns diesem Begriff der Beobaehtbarkeit an, für den wir
jetzt eine geeignete mathematisehe Forrnulierung angeben werden.

Dazu sei

(X -----'» D -----'» y)
A B

ein lineares System. Die im System auftretenden physikalisehen GröBen


(wie etwa Impuls oder Gesehwindigkeit im Falle von Bewegungsvorgän-
gen, die man bei einem Versueh messen kann), hängen offensiehtlieh ste-
tig von der Eingabe ab, sind also stetige Funktionen auf X. Oa wir
uns hier nur mit linearen Systemen befassen, wallen wir im Folgenden
nur solehe physikalisehen GröBen betraehten, die dureh stetige line-
are Funktionale gegeben sind.

Angenornrnen, man kann eine physikalisehe GröBe f IS x* nur aus der Kennt-
nis des Eingaberaumes X nieht explizit bereehnen. Man denke etwa an
eine Kugel, deren Lage bekannt ist und auf die einrnalig eine feste
unbekannte Kraft wirkt. Nirnrnt man nun als Eingaberaurn X den Raurn der
Anfangswerte (also Ruhelage und Anfangsgesehwindigkeit, wobei aber
nur die Ruhelage explizit bekannt ist), dann kann man die Anfangsge-
sehwindigkeit der Kugel dureh Messungen im Transforrnationsraum bestim-
men. (VgI. aueh Beispiel VI. 7 .1.) In solehen Fällen besteht die Beob-
aehtungsaufgabe darin, das Funktional f e Xli' dureh ein geeignetes
fE y* und die Ein- und Ausgabeoperatoren A und B auszudrüeken.

Naeh dem bislang Gesagten liegt die mathematisehe Forrnulierung des


Beobaehtbarkeitsbegriffes auf der Hand: Für ein lineares System

(X - - ) D ------7 Y)
A B
239

heiBt ein stetiges lineares Funktional fE X* genau dann "beobaehtbar",


wenn es ein fE Y* gibt, so daB für alle x Ee X

f(x) 'f(BAx) . (6.1)

Das Funktional 'f E. Y* heiBt dann eine "Beobaehtungsmethode". (Siehe


etwa KRASOWSKI [1 J) .

Geht man zum konjugierten Operator über, dann hat Gleiehung (6.1)
die Form

(6.2)

Satz V. 6.1.
Es sei

(X -------" D -----7 Y)
A B

ein lineares System. Ein stetiges lineares Funktional f ~x* ist genau
dann beobaehtbar, wenn

0$ BA{X€.X: f(x) = 1}. (6.3)

Beweis:
"Notwendig": Angenommen, (6.3) gelte nicht. Dann existiert eine Folge
{x }, x €.X, mit f(x n ) = und BAX n -> o. Dies bedeutet aber, daB für
n
jedes
n
'f E
>il
Y auch 'f(BAx) -> O. Da f 6 X
* beobaehtbar ist, gibt es
ein 'fo tO. Y'" mit A* B* 'fo n= f. Für die Folge {x n } gilt dann
1 = f(x n ) = ro(BAX n ) -> 0, womit ein Widersprueh hergeleitet ist.

"Hinreiehend": Angenommen, es gelte (6.3). Dann existiert naeh dem


Trennungssatz (Satz II.5.7) ein fE.Y* und eine Konstante eiO, so daB
für alle y€BA{x~X: f(x) = 1} stets

gilt. Da BA{X €X: f(x) = 1} eine Linearmannigfaltigkeit ist, folgt


wie bei früheren Beweisen, daB 'f auf BA{x €. X: f (x) = 1} konstant,
etwa gleieh e' ist. Ohne Besehränkung der Allgemeinheit kann man
e'=1 annehmen. (Man trenne sonst mit ~, 'f.) Dann folgt aus f(x)=1
auch ~(BAx) = 1. Aus der Homogenität der Funktionale folgt (6.1) . •
240

Zu einem beobachtbaren Funktional f E. X· können unter Umständen meh-


rere Funktionale ~€ y* existieren, die der Gleichung (6.2) genügen.
Wir stellen uns nun die Aufgabe unter den möglichen Lösungen von
A*B*'f = f eine "optimale" Lösung zu bestimmen. Dazu betrachten wir
die folgende Situation. Es sei

(x~D~Y)
A B

ein lineares System. Ferner sei fE. X* eine physikalische GröBe und
XrE X eine Eingabe, zu der die Ausgabe Yr E. Y gehört.

Bei vielen praktischen Aufgaben kann man aber Yr nicht genau bestim-
men, sondern nur eine Näherung yo € Y angeben, mitder Eigenschaft
Yo-Yr€W, wobei W eine abgeschlossene beschränkte und konvexe Menge
ist mit O€IntW. Diese Menge W bestimmt die zulässige Höchstabwei-
chung. Gesucht ist nun eine Beobachtungsmethode \.f IS *
Y für f tS *
X
mit möglichst kleinem Fehler I 'f (Y r -Y 0) I .

Wir wollen zunächst an einigen Beispielen erläutern, wie man sich aus
vorgegebenen Genauigkeitsschranken eine abgeschlossene beschränkte
und konvexe Menge Wc Y mit 0 E. IntW konstruieren kann, so daB für die
exakte Ausgabe Yr und deren Näherung yo die Beziehung Yr-YoE.W gilt.

Beispiel V.6.1.
Es sei Y = Cn[a,b], d.h. die Ausgabe sei eine n-dimensionale Vektor-
funktion Y = (Y1' .•• 'Y n ) E cn[a,b]. Angenommen, die Messungen können
koordinatenweise unabhängig von der Zeit durchgeführt werden. Bezeich-
net dann ai >0 die zulässige Höchstabweichung in der i-ten Koordinate,
dann nimmt man für die gesuchte Menge Wc Y einfach:

W {Y~Cn[a,bJ: sup ly. (t) I -< a.1 , i=1,2, ... ,n}.


te[a,b] ~

Beispiel V.6.2.
Wie im vorherigen Beispiel nehmen wir wieder an, daB Y = cn[a,b]
ist und daB die Messungen koordinatenweise mit der Genauigkeit
ai > 0, i=1,2, .•• ,n, unabhängig von der Zeit durchgeführt werden
können. Weiterhin nehmen wir an, daB man die Summe der Abweichungen
in den einzelnen Koordinaten mit einer Genauigkeit
241

messen kann. Dann wird die gesuchte Menge durch

{y € e [a,b]: sup ly. (t) I < a., i=1 ,2, •.. ,n


n te[a,b] l. - l.

und sup IY1 (t) + ••• + yn(t) I ~ b}


te[a,b]

gegeben. Wegen b < a 1 + ... + an ist W1 eine echte Teilmenge von W


(d.h. W1 CW und W1 "W).

Beispiel V.6.3.
Gegeben seien zwei Stromkreise, die durch einen Widerstand verbunden
sind. Dabei sei der erste Stromkreis vom zweiten Stromkreis aus steuer-
bar und der Steuerungsparameter sei die Spannung. Als MaB für die
Kopplung der beiden Stromkreise wird die im Beobachtungszeitraum
[O,T] am Widerstand erzeugte Wärmemenge M2 (vergl. Beispiel I.8.2)
genommen. Dann setzt man Y = L 2 [O,T] und

T
W {Y€L 2 [O,T]: fly(t)1 2 dt < M2 }.
o

Wie wir bereits gesehen haben, induziert jede abgeschlossene be-


schränkte und konvexe Teilmenge Wc Y mit ° E IntW eine Halbnorm

/I YI/ = inf{ t>O: ~ €. W}

für Y. Da die Menge W in der Regel symmetrisch ist, wollen wir im


Folgenden stets annehmen, daB /I /I eine Norm für Y ist. Dann ist für
jedes y E Y die Bedingung /lyl/ ~ 1 äquivalent zu y€ W. Dies bedeutet,
daB durch die MeBtechnik und die Genauigkeitsschranken eine Halbnorm
(bzw. Norm) /ly/l auf Y bestimmt wird, so daB man für den exakten Wert
Y
r und dessen Näherung y 0 stets /I y r -y 0 I <
-
1 hat. Dabei ist die Zahl 1
natürlich unerheblich. Man kann es stets so einrichten, daB zu
gegebenen E>O für die Abweichung stets

gilt.
242

Die eingangs gestellte Frage nach der Existenz einer optirnalen Beob-
achtungsmethode für f E. x* besteht nun darin, ein 'fo E. Y* mit
f = B*A* ~o zu bestimmen, so daB I ~o(Yr-Yo) I mÖgli~hst klein ist.
Wegen II Yr -Y oll < 1 bedeutet dies, daB man ein 'fo e Y mit

und minimaler Norm, d.h.

I 'fo I = inf{11 'f II: 'f E Y* und A*B*'f = f}

zu bestimmen hat. Man hat also die Minimal-Norm Aufgabe für das konju-
gierte System

zu lösen. Ein Funktional f €.x* heiBt dann "optimal beobachtbar" ,wenn


es ein 'fo E. Y* mit A*B*'f o = fund minimaler Norm gibt.

Dieser hier geschilderte Zusarnrnenhang wird auch als die "Dualität"


zwischen Steuerung und Beobachtung bezeichnet.

Da man im konjugierten System stets mit der schwach-*-Topologie arbei-


ten kann, ist die Bestimmung einer optirnalen Beobachtungsmethode we-
sentlich einfacher als die Lösung der Minimal-Norm Aufgabe. Es gilt
närnlich:

Satz V.6.2.
Es sei

(X~ D~Y)
A B

ein lineares System. Dann ist jedes beobachtbare Funktional fE. X*


auch optimal beobachtbar.

Beweis:
Es sei

r = inf{11 'P II: 'f E. Y* und A*B*'f f}


243

und

V= { 'fEY:AB'f'
* ** = f}.

Bezüglich der schwach-*-Topologie ist dann die Menge V abgeschlossen


und die Menge

Mn = {'f E V: I 'f I ~ r + *}
für jedes n=1 ,2, ... kompakto Die Folge der Mengen Mn ist absteigend.
Nach Definition von rist jedes Mn nichtleer. Damit ist dann auch
Vo = n
Mn nichtleer. Nach Definition von Mn ist zunächst für jedes
n
'PEVo stets 11'P11~r. Wegen voev gilt aber auch lI'fll~r, d.h.lllfll=r.
Wegen voev ist auch Gleichung (6.2) erfüllt, womit alles gezeigt ist .

Nach dem Satz von HAHN-BANACH hängt das Minimum der Norm von 'f f Y*
nicht von Y ab. Genauer: ist Y1 eY ein Unterraum des BANACH-Raumes Y,
dann ist, falls BAX e Y1 ey,

inf { I 'f II: 'f E Y* und f (6.4)

inf {II 'f II: 'f b Y7 und f

Hat man al so zwei BANACH-Räume Y1 und Y2 , deren Normen auf dem gemein-
samen Schnitt Y = Y1 n Y2 äquivalent sind, dann folgt aus (6.4), daS
die Minimal-Norm Lõsungen die gleiche Norm haben.

Für die Beobachtungsaufgabe gilt ein zu Satz V.2.4 analoges Ergebnis:

Satz V.6.3.
Es sei

(X~ D--7Y)
A B
ein lineares System und f E x* ein beobachtbares Funktional. Dann ist

inf {II 'P II: f sup inf {II 'i' II: f (x) \f(BAx)}.
xeX
244

Beweis:
Setze

a inf {II 'f II: 'f E: Y* und f

und

b sup inf{11 'f II: 'f E: Y* und f (x) 'f (BAx) } .


XEX

Da für jedes 'f E Y* mit f = A*B*'f auch f (x) f(BAx) für jedes
x E X gilt, hat man zunäehst

b < a.

Um die Gleiehheit zu zeigen, nehmen wir nun an, daB b < a ist. Setzt
man

rb = {g: g

dann folgt aus b < a, daB f 4


r b ist. Weil r b in der sehwaeh-*-Topolo-
gie kompakt, also insbesondere abgesehlossen ist, existiert eine
Konstante e, ein positives e: und ein Xo ~ X, so daB

und

Dies bedeutet aber, daB für alle 'f E Y* mit II 'f I ~ b stets im Wider-
sprueh zur Definition von b die Ungleiehung 'f(BAx o ) < f(x o ) - e: gilt .


Im AnsehluB an diesen Beweis bemerken wir noeh, daB f stets auf dem
Rande von ra liegt. Nehmen wir zusätzlieh noeh an, daB X endlieh-di-
mensional ist, dann folgt aus der Reflexivität von X, daB X der kon-
jugierte Raum von x* ist. Da ra abgesehlossen ist, folgt dann aus
Satz V.6.3, daB ein XoEX mit
245

existiert. Somit gilt:

Korollar V.6.4.
Ist X endlich-dimensional, dann existiert ein Xo E X mit

inf{11 'f II: f

Bislang haben wir uns nur mit der Aufgabe befaBt, ein einziges
f G x* zu beobachten. Wir wollen nun dazu übergehen, ein endliches Sy-
stem F = (f 1 , ... ,f n ) von auf X definierten stetigen linearen Funktiona
len zu beobachten. Ohne Beschränkung der Allgemeinheit kann man an-
nehmen, daB diese Funktionale f 1 ' ... , f n E X* linear unabhäng ig sind.
In naheliegender Weise nennen wir nun ein System F = (f 1 , ... ,f n ),
fiGX, * i=1,2, .•• ,n "beobachtbar", wenn alle f i , i=1,2, ..• ,n beob-
achtbar sind.

Satz V.6.S.
Das System F (f 1 , ... ,f n ) ist genau dann beobachtbar, wenn jede Line-
arkombination

beobachtbar ist.

Beweis:
"Hinreichend": Wenn jede Linearkombination beobachtbar ist, dann sind
auch die einzelnen Funktionale f 1 , ... ,f n beobachtbar.

"N o t wen d·"


~g : Angenommen, J. e d es f . E: X , * .~= 1 , 2 , ... , n, sei beobachtbar.
Dann existieren Funktionale 'i' 1 ' ~... , 'f n €
*
Y mit

A*B*'f\, i=1,2, ... ,n. (6. S)

Für jede Linearkombination a 1 f 1 + ... +a n f n GX* gilt dann natürlich

a 1 f 1 + .•. +a n f n = A*B*(a1 'f 1 + .•. +a n 'f n ) .

Dies heiBt aber, daB a 1 f 1 + ... +a n f n beobachtbar ist • •


246

Offensichtlich kann es zu einem System F = (f 1 , ... ,f n ) wieder mehrere


Systeme op = ('f1' .•• ''f n ) geben, die die Gleichungen (6.5) erfüllen.
Man kann al so wieder nach der Existenz eines optimalen Systems fragen.
Allerdings muB man dazu auf dem lK n eine Norm einführen.

Wenn man an der maximalen Abweichung in den einzelnen Koordinaten


interessiert ist, dann wird man den 'fR n mitder Norm
sup lY, II yll = I
1<i<n 1
versehen. Entsprechend wird man die euklidische Norm nehmen,-wenn
man am euklidischen Abstand interessiertist. Allgemein wird man wieder
annehmen, daB die Differenz zwischen dem exakten Vektor yr E 1K n und
seiner Näherung YoE~n in einer beschränkten abgeschlossenen symmetri-
schen und konvexen Menge W e 1R. n mit 0 EO IntW liegt, entsprechend der
MeBgenauigkeit. Diese Menge W induziert dann auf ~n die entsprechende
Norm.

Im Folgenden bezeichnen wir mit E den n-dimensionalen Raum ~n, ver-


sehen mit eben dieser durch die MeBtechnik und Genauigkeitsschranken
gegebenen Norm I[ yll .

FaBt man nun das System F = (f 1 , ••• ,f n ) als lineare Abbildung von X
nach E auf, die jedem XEX das n-Tupel F(x) = (f 1 (x), ... ,f n (x))EE
zuordnet, dann bedeutet die Beobachtbarkeit von F gerade, daB ein ste-
tiger linearer Operator op von Y nach E mit

F OP BA (6.6)

existiert. In der Notation der Diagramme heiBt dies: Es existiert ein


OP, so daB das Diagramm

(6.7)

"kommutativ" ist. Gleichbedeutend sagt man auch, daB der Operator F


durch den Operator BA "faktorisiert" wird.
247

Es sei

(X~O~y)
A B

* i=,,2, ... ,n. Dann


ein lineares System und F = (f" .•. ,f n ), fiE X,
versteht man unter der "optimalen Beobachtungsaufgabe" die Bestimmung
eines 'l>oEB(Y~E) mit

und

(6.8)

Falls solch ein '1>0 existiert, so heiBt das System F "optimal beobacht-
bar".

Satz V.6.6.
Jedes beobachtbare System ist optimal beobachtbar.

Der Beweis dieses Satzes beruht auf einer Verallgemeinerung des Satzes
von ALAOGLU (Satz IV.4.6), die wir jetzt formulieren:

Es seien E, und E BANACH-Räume. Für den Raum E, existiere eine Topo-


logie T, bezüglich derer er ein topologischer linearer Raum ist. Wei-
terhin sei in dieser Topologie T für jedes r>O die abgeschlossene Ku-
gel Kr = {x E.E,: Ilxll~r} kompakto Auf B(E .... E,) führen wir nun mittels
Teine Topologie ~ wie folgt ein: Als die Umgebungen U e B(E .... E,) eines
Operators Ao ~ B (E .... E,) nehme man die Mengen der Form

U (6.9)

wobei x" ... ,XnE E irgend ein endliches System von Punkten aus E ist
und V" ••• , Vn e E endlich viele Nullumgebungen in der Topologie T sind.

Wir bemerken noch, daB B(E .... E,) mit der Topologie ~ ein topologischer
linearer Raum ist; ~ heiBt die zu T geh6rende "Operator-Topologie".
248

Satz V.6.7.
Die Menge

(6.10)

ist bezüglich der Topologie ~ kompakt.

Beweis:
Für jedes x E E sei

I(x) = {yeE 1 : IiYII < MIixii} (6.11)

und

I = X I (x)
xeE

das TICHONOFF-Produkt der Mengen I(x). Nach dem Satz von TICHONOFF ist
I kompakt. Offensichtlich kann man I auch als die Menge aller Abbil-
dungen f von E nach E 1 auffassen, für die Ilf(x)11 .::. Miixii gilt. Damit
ist KM eine Teilmenge von I. Da ~ und die Produkt-Topologie auf KM
übereinstimmen, ist KM homöomorph in I eingebettet.

Wir zeigen nun genauso wie beim Beweis des Satzes von ALAOGLU (Satz
IV.4.6), daS KM eine abgeschlossene Teilmenge von l i s t .

Da für jedes xeE die kanonische Projektion von I auf I(x) stetig ist,
ist für alle x, Y E: E die Menge

A(X,y) = {TEI: T(x+y) = T(x)+T(y)}

abgeschlossen. Ebenso ist für alle xeE und alle Skalare a die Menge

B(a,x) = {TEI: T(ax) = aT(x)}

abgeschlossen. Wegen

KM = [n
x,YEE
A(X'y)] !) [ n
xeE
B (a ,x)J
a Skalar

ist auch KM eine abgeschlossene Teilmenge von I. •


249

"Beweis von Satz V.6.6".


Es sei

r = inf{II<pII: F = <pBA}.

Oa E endlich-dimensional ist, sind in der Norm-Topologie Talle


Kugeln kompakt, also sind nach Satz V.6.7 die Mengen

K 1 = {AE:B(Y ->- E): IIAII .5... r +~}


r~
m

in der zugehörigen Operator-Topologie ~ kompakto Oa

v = {<P E: B (Y ->- E): F <pBA}

bezüglich ~ abgeschlossen ist, bilden die Mengen

V fl K 1
r~
m

eine absteigende Folge von kompakten Mengen. Somit ist

nichtleer. Nun sei <PoE: V. Oann ist einersei ts 11<p oll > r, anderersei ts
ist wegen .poE: K 1 für jedes m 11<p oll .5... r, also 11.p oll r..
r+-
m

Im Unterschied zum eindimensionalen Fall hängt nun das Minimum der


Norm von <p tatsächlich von Y ab.

Wenn auf E die Norm durch

sup ai I t i I ,
1<i<n

gegeben ist, dann folgt aus dieser speziellen Oefinition der Norm und
dem Satz von HAHN-BANACH, daS man jeden Operator von Y nach E unter
Erhaltung der Norm auf einen Raum Y1 fortsetzen kann, der Y als Unter-
raum enthält. In diesem Fall gilt ein zu (6.4) analoger Sachverhalt.
250

Falls jedoch ein endlich-dimensionaler normierter Raum E 1 nicht line-


ar isometrisch zu dem oben angegebenen Raum E ist, dann existiert
stets einBANACH-Raum Y1 , ein Unterraum Y von Y1 und ein Operator T
von Y nach E 1 , so daB für jede Fortsetzung T1 von T auf Y1 stets
II T1 1 > IITII gilt. (Siehe GOODNER [1J, KELLEY [1J, NACHBIN [1J).

Für den Fall X = E und F = Id folgt aus Satz V.6.4 die Existenz eines
stetigen linearen Operators ~o mit minimaler Norm und

x = ~o(BAX) , x G X.

Bei der Beobachtung von Systemen mit verteilten Parametern tritt oft
die Frage auf, ob man die Identität auf einem unendlich-dimensionalen
BANACH-Raum beobachten kann. Man sucht also ein ~ vom Ausgaberaum
in den unendlich-dimensionalen Eingaberaum, so daB x = ~(BAx) gilt.

Zu diesem Zweck erweitern wir nun das Diagramm (6.7) auf den Fall, wo
E ein unendlich-dimensionaler BANACH-Raum ist.

Sei

(X~ D~Y)
A B

ein lineares System und F ein stetiger linearer Operator von X in


einen BANACH-Raum E. Dann heiBt F "beobachtbar", falls es einen ste-
tigen linearen Operator ~ von Y nach E mit

F ~BA (6.6) ,

gibt. Der Operator ~ heiBt "Beobachtungsmethode". Ein beobachtbarer


Operator F heiBt "optimal beobachtbar", wenn es ein ~0 E B (Y .... E) mit

F ~ BA
o

und

inf { I ~ II: ~ E B (Y .... E) und F ~BA}

gibt.
251

Ein stetiger linearer Operator P von einem BANACH-Raum Z in sich mit


p 2 = P heiBt eine "Projektion". Setzt man Zo = PZ, dann ist fOr jedes
z ~ZO stets pz = Zi d.h. auf Zo ist P die Identität. Ein Unterraurn Z,
von Z heiBt "komplementierbar", wenn es eine Projektion P mit
PZ = Z, gibt. Wir bemerken, daB es BANACH-Räurne Z gibt, bei denen
nicht jeder Unterraurn komplementierbar ist. Ein Beispiel fOr einen
solchen Raurn geben wir nicht an.

Satz V.6.9.
Jeder endlich-dimensionale Unterraurn Z, eines BANACH-Raurnes Z ist
komplernentierbar.

Beweis:
Es sei e" .•. ,en ~ Z, eine Basis. Dann gibt es stetige lineare Funktio-
nale f" ••. ,fnE.Z~, so daS sich jedes XEZ, in der Form

schreiben läSt. Nach dem Satz von HAHN-BANACH lassen sich nun die
~ ,.J

f" ..• ,f n zu stetigen linearen Funktionalen f l , ... ,f n auf ganz Z fort-


setzen. Der stetige lineare Operator P mit

ist dann die gewOnschte Projektion von Z auf Zl' •

Satz V.6.'O.
Es sei

(X~ D - - ' H )
A B

ein lineares System und E ein BANACH-Raurn. Wenn

(I) BAX ein komplementierbarer Unterraurn von Y


und
(II) BA auf BAX invertierbar ist,
dann ist jeder Operator F.:;. B (X ->- E) beobachtbar.
252

Beweis:
Nach Voraussetzung (I) existiert eine Projektion Q von Y auf BAX.
Nach (II) ist (BA)-l auf BAX wohldefiniert. Oa BAX ein Unterraurn von
-1
Y ist, folgt aus dem Satz von BANACH (Korollar III.2.2), daS (BA)
ein stetiger Operator ist. Also ist auch $ = F(BA)-l Q ein stetiger
linearer Operator von Y nach E für den

F 4> BA

gilt. •

Satz V. 6 . 11 .
Wenn E = X und F = Id ist, dann sind die Bedingungen (I) und (II) von
Satz V.6.10 auch notwendig.

Beweis:
Es sei 4> e B (Y .... X) mit Id = 4> BA . Oann ist zunächst BA auf BAX inver-
tierbar, und weiterhin ist BA4> eine Projektion von Y auf BAX. •

Wir zeigen nun anhand eines Beispiels, daS ein beobachtbarer Operator
FE. B (X .... E) nicht optimal beobachtbar zu sein braucht, wenn E ein
unendlich-dimensionaler BANACH-Raum ist.

Beispiel V.6.1. (Vgl. ISBELL, SEMAOENI [lJ)


Es sei

o 1
Y = L [O,lJ,

B Id die Identität und f Eo Y* das durch

1
f(x) I tx(t)dt (6.12)
o

definierte stetige lineare Funktional. Ferner sei

X = E = {x E.L 1 [O,lJ: f(x) a}

A die natürliche Einbettung von X nach D und F die Identi tät.


253

Wir zeigen nun, daS F beobachtbar ist. Dazu zeigen wir zunächst, daS
eine Projektion P von Y auf X existiert. Diese Projektian konstruiert
man so: Es sei x E Y\X. Dann ist für das in (6.12) definierte Funk-
tional fE Y * stets
0
f (x o ) " 0, und man setze

P(x) = x - ~ x (6.13)
f(x o ) 0

Man sieht leieht, daS P eine Projektion von Y auf X ist.

Für die Norm von P hat man zunächst:

IIp(x)11 ~ II xii + II xii


If(x o ) I II fll·llxoll

und wegen II fll = 1 folgt hieraus

Ilxoll
Ilpll ~ 1 + I f(x ) I
o

Wir zeigen nun, daB die Gleichheit gilt:

Dazu sei {xn } die durch

0 , für O<t<1-.l
n
x n (t)

1 n , für 1-.l<t<1
n- -

definierte Folge von Elementen aus L 1 [0,1J. Für jedes n=1,2, ••• ist
dann IIxnll = 1. Nun schätzen wir IIp(xn)1I nach unten ab; dabei ergibt
sich

lx n (t) Idt - I J1 1 f (x )
f(X:) xo(t)dt
I) ~
1--
n
254

Also ist

IIpll

Da F = Id und BA die Einbettung von X nach Y ist, ist jedes


4> E. B (Y ... X) mit Id = 4>BA eine Proj ektion von Y auf X. Nun sind die
Projektionen von Y auf X alle von der Form (6.13).

Gibt man sich nun ein E >0 vor, dann existiert stets ein Xo € Y mit
1
Ilxoll = 1 und If(xo) I < 1 + E.

Also gilt für die zugehörige Projektion

4> (x) = x - f(x) x


f(x o ) 0

stets 114>11 < 2 + E. Da aber kein XoE. Y mit lixoll = 1 und If(xo) I = 1
existiert, folgt hieraus, daB es kein 4> o E B(Y ... X) mit Id = 4> o BA und
114>0 11 = 2 gibt.

Aus Satz V.6.7 ergibt sich die folgende Verallgemeinerung von Satz
V.6.6.

Satz V. 6 • 1 2.
Es sei

(X~D~Y)
A B

ein lineares System und E ein BANACH-Raum. Ferner existiere eine To-
pologie T für E, so daB E bezüglich Tein topologischer linearer Raum
ist. Für alle r>O seien die Kugeln Kr = {XEE: IIxll~r} bezüglich der
Topologie T kompakto Dann ist jeder beobachtbare Operator Fe B(X ... E)
auch optimal beobachtbar.

Beweis:
Wir zeigen zunächst, daB die Menge

V = {4>eB(Y ... E): F = 4>BA}

in der zu T gehörenden Operator-Topologie ~ abgeschlossen ist. Sei


255

näInlich T Ef. V. Dann gibt es ein Xo E X mit F (X O )+T (BAX o ). Nun wähle
man zu y = (BAx o ) eine Umgebung U in der ,-Topologie, so daB
F(x o ) 4: U ist.

Dann ist die Menge

'"
U {S E B (Y -+- E): Sy E u}

eine zu V disjunkte Umgebung des Operators T in der TOpologie ~. Dies


heiSt aber, daS V abgeschlossen ist.

Der Rest des Beweises verläuft dann genausa wie bei Satz V.6.6. •

Korollar V.6.11.
1st E ein reflexiver BANACH-Raum oder der konjugierte Raum eines
BANACH-Raumes Eo' dann ist jeder beobachtbare Operator F €. B (X -+- E)
auch optimal beobachtbar.

Beweis:
In der schwachen Topologie (bzw. schwach-.-Topologie) sind die durch
die Norm definierten Kugeln Kr kompakto •

§ 7 Die Minimal-Zeit Aufgabe in der Beobachtungstheorie

Genau wie in der Kontrolltheorie kann man auch in der Beobachtungs-


theorie die Minimal-Zeit Aufgabe formulieren. Sie entsteht aus der
Frage, welche Mindestzeit man benötigt, um eine Beobachtung mit einer
vorgegebenen Genauigkeit durchzuführen. Wir beginnen zunächst mit
einigen Beispielen für solehe Situationen:

Beispiel V.7.1.
Gegeben ist ein-Materiepunkt,der sich im Raum geradlinig gleichför-
mig bewegt. Man möchte nun aus der Beobachtung seiner Lage zu zwei
verschiedenen Zeitpunkten seine Geschwindigkeit bestimmen. Es ist
dann klar, daS man auf diese Art seine Geschwindigkeit umso genauer
bestimmt, je weiter die beiden Zeitpunkte auseinander liegen.

Beispiel V.7.2.
Wir werden in diesem Buch noch zeigen, daS man die Temperaturvertei-
lung eines Stabes zum Zeitpunkt 0 dadurch bestimmen kann, daS man in
256

gewissen festen Punkten während eines Zeitintervalls die Temperatur


miBt. Auch hier stellt sich dann die Frage, ob man durch Verlängerung
des Beobachtungszeitraumes den Fehler verkleinern kann.

Formal hat man wieder, wie in der Kontrolltheorie, eine Familie von
l~nearen Systemen

(x~D~ y), tE[O,T], (7.1)


A Bt

wobei die Ausgabeoperatoren von einem reellen Parameter t, gewöhnlich


der Zeit, abhängen. Ferner ist auf dem Eingaberaum X ein stetiges
lineares Funktional f gegeben. Dann existiert, wie wir im vorherigen
Paragraphen gesehen haben, für jedes tE [O,T] ein stetiges lineares
Funktional it ~ y* (optimale Beobachtungsmethode) mit

und

lI~tll = inf{II~II: 'f E Y* und f = A* B*t 'P } •

Wir erinnern daran, daB man die Norm der Beobachtungsmethode


'f tE. y*, also II 'f t ll , als die Genauigkei t interpretieren kann, mitder
bei gegebenem MeBgerät und MeBtechnik die physikalische GröBe f € x*
beobachtet wird. Daher stellt sich die Minimal-Zeit Aufgabe in der
Beobachtungstheorie wie folgt: Gegeben ist eine reelle Zahl M>O
(genannt: Genauigkeitsschranke). Man bestimme zunächst das Infinum T
aller t € [0, TJ, zu den en es eine optimale Beobachtungsmethode
'ft eY* für feX* mit II 'ftll 5... M gibt, also

T= inf{t>O: lI'ftll5...M}.

Weiter wird dann nach der Existenz einer optimalen Beobachtungsmetho-


de 'f T E Y* für f € x* mit I 'f T" 5... M gefragt.

Die Minimal-Zeit Aufgabe in der Beobachtungstheorie heiBt "lösbar",


falls es ein 'PoE Y mit * II 'f oll **
5... M und f = A BT 'fo gibt.

Mit anderen Worten: Man hat die Minimal-Zeit Aufgabe für das konju-
257

gierte System

zu lösen. Auf dieses Problem kann man die in den Paragraphen 4 und 5
hergeleiteten Ergebnisse anwenden. Der einzige Unterschied besteht
darin, daB dort immer die Operatoren BtA auftreten, während wir es
hier mit Operatoren der Form A*B~ zu tun haben. Dies ist jedoch un-
erheblich, da wir nie mit den einzelnen Operatoren, sondern stets
mit deren Komposition gearbeitet haben und der Raum 0* niemals be-
nutzt wurde. Da die Nutzenfunktion durch die Norm auf Y* gegeben ist,
kann man vor allem die in Paragraph 5 angegebene Technik verwenden.

Fiir jedes te [O,T] setzen wir nun wie oben

. {II y *11 : y*
'f(t) = l.nf . und f = A• BtY
G. Y • *} , (7.2)

wobei f E. x· ist.

Satz V.7.1.
Es sei

te[O,T],

ein 11neares System und f E. x· ein fiir jedes t € [0, T] beobachtbares


Funktional. Ferner sei für jedes x E. X die Funktion BtAx, t € [O,T] ,
bezüglich der Norm-Topologie von Y stetig. Dann ist die Funktion
'j'(t), tE [O,T) rechtsseitig halbstetig von unten.

Beweis:
Es sei to E [O,T), O<I5<T-t o und

M 11m inf 'f (t) •


t-+t o
t>t o
258

Dann ist die Kugel

naeh dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6) kompakt in der sehwaeh-*-Topo-
logie. Damit ist dann naeh Satz V.4.12 die Familie der Mengen
A*B~(KM}CY*, t€[O,.} stetig in der sehwaeh-*-Topologie. Also folgt
aus Satz IV.4.6, daB

in der sehwaeh-*-Topologie kompakt ist. Somit existiert naeh Satz V.4.4


eine Lösung der Minimal-Zeit Aufgabe. Es ist al so f(t o } ~ M, d.h.

11m inf 'rtt} .


t ... t
o
t>t o

Dami t ist die Halbstetigkei t von 'f gezeigt. •

Dieser Satz läBt sieh verhältnismäBig leieht auf die allgemeinere


Beobaehtungsaufgabe für ein endliehes System F = (f 1 , .•• ,f n ) von
Funktionalen übertragen.

Dazu sei

(X ---'1 0 ~ Y) ,
A Bt

ein lineares System, E ein BANACH-Raum und FE: B (X ... E). Wir nehmen
nun an, daB F beobaehtbar ist, daB also für jedes tE:[O,.] ein
~ e B (Y ... E) existiert, so daB das Diagramm

x ) 0 ) Y
A Bt /
/
/
/
F / ~ (7.3 )
/
/
IL
E
259

kommutativ ist. Ferner setzen wir wieder:

f(t) = inf{11 ~II: ~ E B(Y -+ E) und F (7.4)

Dann gilt:

Satz V.7.2.
Für den BANACH-Raum E sei eine Topologie • gegeben, bezüglieh der E
ein topologiseher linearer Raum ist. Ferner sei für jedes r>O die
Kugel Kr = {XEE: Ilxll.::.r} in der Topologie • kompakto Wenn dann für je-
des XEX die Funktion BtAx, tE [O,.]bezüglich der Norm-Topologie von
Y stetig ist, dann ist f(t), tE [0,.) rechtsseitig halbstetig von
unten.

Beweis:
Es sei to E:. [0,.), O<o<.-t o

und

M lim inf 'f(tl.


t-+t
o
t>t
o

Nach Satz V. 6.7 ist dann die Menge KM = {~E:. B (Y -+ E): II ~II.::.M} in der
zu • gehörenden Operator-Topologie 'Y kompakto '"
'"
Nun sei 'X die zu • auf B(X -+ El gehörende Operator-Topologie.

Wir zeigen jetzt, daB für jedes tE: [o,.J die Abbildung

'"
von B(Y -+ E) mit der Topologie 'Y nach B(X -+ El mit der Topologie 'X '"
stetig ist.

Dazu sei ~0 E B (Y -+ E) ein beliebiges Element und Fo


len nun eine Umgebung U von Fo der Form

U {FeB(X -+ E): FX.-F X.EV., i=1,2, ... ,n},


101 1
260

wobei xl"" ,x n E X und V1 ' .•• , Vn Nullumgebungen von E in der Topologie


, sind. Setzt man Yi = BtAx i , i=1,2, •.. ,n und

W i=1,2, .•• ,n},

dann gilt offensichtlich :J3 tA (W) = U. Dies bedeutet aber, daB J3 t.4
stetig ist. Daher ist ~t~(KM) eine kompakte Menge in der Topologie
''X'
"
Als nächstes zeigen wir nun, daB die Familie :Bell (KM) e B (X .... E) ,
t € [o"J, in der Topologie ~X stetig ist.

Dazu sei t l E [o"J und U eine Nullumgebung der Form:

U h E B(X .... E): 1/I(X i )E.V i , i=1,2, ••. ,n},

wobei x l , ••. ,X n EX und Vl ""'Vn Nullumgebungen von E in der TopologiE


, sind. Da , schwächer als die Norm-Topologie ist, existieren positi-
ve Zahlen E l , ..• ,E n , so daB

u::>U o = {1/1 E B(X .... E): !!1/1 (Xi)!! < Ei' i=1,2, •.. ,n} .

Da BtAx für j edes x € X stetig ist, existiert auch ein ö >0, so daB
für alle tE[O"J mit !t-t l !<ö stets

!!BtAx. - Bt Ax.!! i=1,2, .•• ,n.


~ 1 ~

Also ist für jedes 1/1 E KM

Das heiBt:

1/1 (BtAX.) - 1/I(B t Yx.) EV. , i=1,2, •.• ,n.


~ 1 ~ ~

Dies bedeutet also, daB für jedes 1/1" KM

JjtA1/I - J\ A1/I E U
1

ist, mit anderen Worten, daB die Familie :Bt.J{(KM) e B(X .... E), tE. [O"J
261

in der Topologie ~x stetig ist.

Der Rest des Beweises verläuft dann so wie in Satz V.7.1. Aus Satz
V.4.6 folgt nun, daB die Menge

bezüglich der Topologie ~x kompakt ist. Weiterhin ist die einelemen-


tige Menge {F} ebenfalls kompakt. Also existiert nach Satz V.4.4
eine Lösung der Minimal-Norm Aufgabe. Daraus folgt dann die Halbstetig-
keit von 'P' •

Korollar V.7.3.
Wenn E endlich-dimensional oder reflexiv oder der konjugierte Raum
eines BANACH-Raumes ist, dann ist die durch Formel (7.4) definierte
Funktion ~ rechtsseitig halbstetig von unten.
Kapitel VI. Lineare Systeme, die durch
gewöhnliche Differentialgleichungen
beschrieben werden

§ 1 Die Minimierung von konvexen Funktionalen für Systeme, die


durch gewöhnliche Differentialgleichungen beschrieben werden

Bekanntlich führen viele Optimierungsaufgaben aus Physik und Technik


auf die Optimierung von linearen Systemen, die durch gewöhnliche
Differentialgleichungen gegeben sind.

Im folgenden wollen wir von der Differentialgleichung

dx
dt = A(t)x+S(t)u(t), te [ O,T], (1 • 1 )

ausgehen. Dabei ist x eine n-dimensionale und u eine m-dimensionale


Vektorfunktioni ferner sind A und S matrixwertige Funktionen der Di-
mensionen nxn und nxm.

Ublicherweise wird die Stetigkeit von A, S und u geforderti darüber-


hinaus wird angenommen, daB für eine Lösung x beide Seiten der Dif-
ferentialgleichung stetige Funktionen sind, die punktweise überein-
stimmen. Diese Forderungen haben zwei Nachteile:

Der erste Nachteil ist mathematischer Art: Die Lösung x wäre dann
aus C [O,TJ, und dieser BANACH-Raum ist kein konjugierter Raum. So-
n
mit existiert für C [O,T] keine schwach-.-Topologie. Der zweite Nach-
n
teil besteht darin, daB bei vielen Kontrollproblemen die Steuerungs-
funktion u unstetig ist.

Daher machen wir über x, u, A und S die folgenden Annahmen:

a) für fast alle t ~ [O,TJ hat x eine Ableitung x' (t) und es gilt:

t
x(t) X(O) + Ix' (a)da
o
263

b) die Funktion A(t) ist integrierbar, d.h. jedes Element a ik der Ma-
trix A ist integrierbar, also aikE L1 [o"J

e) S und u sind meBbar und S u ist integrierbar.

Unter den Annahmen a), b) und e) existiert dann eine Lösung x der
Gleiehung (1.1), die für fast alle te.[O,,] erfüllt ist (d.h. bis auf
eine Menge vom MaB 0) .

Wir maehen noeh einige Bemerkungen zur analytisehen Form der Lösung.
Zunäehst existiert eine stetige (n,n)-Matrix-Funktion ~(t), te [0,,],
die fast überall eine Ablei~ung ~'(t) hat und der Gleiehung

d4> A(t)~(t) (1 .2)


dt

fast überall genügt. Weiterhin ist ~(O) Id die Einheitsmatrix, und


für jedes te [0,,] gilt:
t
~(t) ~(O) + f ~'(a)da.
o

Ferner ist für jedes t ~ [0,,] die Matrix 4>(t) invertierbar. Für den
Fall, daB A eine stetige Matrix-Funktion ist, gehört die Existenz
von ~ zu den Standard-Aus sagen über Differentialgleiehungen. In man-
ehen Lehrbüehern über Differentialgleiehungen wird auch die Existenz
von ~ für integrierbare Matrix-Funktionen gezeigt. Die Matrix ~ aus
der Gleiehung (1.2) heiBt die "Fundamentalmatrix" des homogenen Glei-
ehungssystems

dx A(t)x(t) • (1.3)
dt

Obwohl man stets die Existenz einer Fundamentalmatrix zeigen kann,


ist es im allgemeinen reeht sehwer, sie expiizit zu bestimmen. Aus-
genommen ist lediglieh der Fall, daB A eine konstante Matrix-Funktion
ist, d.h. A(t) ist unabhängig von tE [0,,]. Bei den folgenden Uberle-
gungen werden wir jedoeh stets davon ausgehen, daB wir die Fundamen-
talmatrix ~ kennen. In diesem Fall kann man jede Lösung x von (1.1)
264

in der Form

t
x(t) ~(t)x(O) + ~(t)J(~(S»-lS(S)u(s)dS (1 .4)
o

schreiben.

Als Steuerungsraurn U nirnrnt man im allgemeinen einen der folgenden


Räume:

1) U = L~[O,,], den BANACH-Raum aller m-dimensionalen absolut inte-


grierbaren Vektorfunktionen,

2) U = M [o"J, den BANACH-Raum aller m-dimensionalen wesentlich


m
beschränkten Vektorfunktionen

und

3) U = L~[O"J, den BANACH-Raum aller m-dimensionalen quadrat-inte-


grierbaren Vektorfunktionen.

Der Eingaberaurn X ist dann das kartesische Produkt des n-dimensiona-


len Raurnes ~n der Anfangswerte mit dem Steuerungsraum U. Für den
Transformationsraum nirnrnt man D = C [O,.J und für den Ausgaberaum
n

Der Eingabeoperator A wird durch die Gleichung (1.4) gegeben, näm-


lich:

t 1
x(t) ~(t)xo+~(t)J~- (cr)S(cr)u(cr)dcr.
o

Als Ausgabeoperator B nirnrnt man gewöhnlich den Operator Bx x(,)


(vergl. auch Beispiel V.l .1).

Satz VI. 1 .1 •
Es sei U = L~ [0,.] und U1 c. Xx 0 xY eine abgeschlossene konvexe Menge,
so daB

{x E X: (x,Ax,BAx) e. U1 } (1 .5)
265

besehränkt ist. Ferner sei F(x,y,z) ein auf XxO xY definiertes ste-
tiges konvexes Funktional.

Dann existiert ein X o EO X mit

und

inf{F (x,Ax,BAx): (x,Ax,BAx) EO u,}. (, .6)

Beweis:
Dieser Satz ist eine unmittelbare Konsequenz von Satz V.3.4 • •

Wir geben nun noeh einige Beispiele für die in der Praxis vorkommen-
den Mengen U, und Funktionale F an.

Die Mengen U, werden oft wie folgt konstruiert:

Es seien V ,W e 1R n und U e U abgesehlossene konvexe Mengen, wobei 6


o 0 ~
und VO noeh zusätzlieh besehränkt sind. Ferner sei U(t)CCn[O,T],
tE [0, TJ, eine Familie von abgesehlossenen konvexen und besehränkten
Mengen, die in [O,T] halbstetig ist. Dann läBt man solehe abgesehlos-
senen konvexen Mengen U, e Xx 0 xy zu, für die

Man kann dies noeh weiter spezialisieren, indem man etwa annimmt,
daB eine der Mengen Vo oder Wo einelementig ist, oder daB die Menge
U von der Form

U {u:u(t)€U(t)}

ist. Dabei ist dann wieder U(t) c. u, t IS [O,T], eine Familie von Men-
gen, die halbstetig ist.
266

Das Funktional F ist oft von der Form

1) F (u) = iu I
oder

2) F (u)

Dabei ist K(t), t ~ [O,TJ, eine meBbare beschränkte und positiv semi-
definite (n+m) x (n+m) Matrix-Funktion, [u,x] ist ein (n+m)-dimensiona-
ler Zeilenvektor und [~] ein (n+m)-dimensionaler Spaltenvektor.

Ferner ist fE 1R nein beliebiges Element und <, > bezeichnet das ka-
nonische Skalarprodukt im ~ n.

Die Funktionale vom Typ 2) heiBen " quadratische Kostenfunktionale".

§ 2 Die Steuerung von endlich-dimensionalen Systemen

Gegeben sei ein lineares System, daB durch die Gleichung (1.1)

dx
A(t)x(t) + S(t)u(t), tE. [O,T], (1.1)
dt

beschrieben wird. Dabei genüge wieder x, u, A und S den in § 1 ange-


gebenen Bedingungen.

Dann heiBt das System (1.1) " s teuerbar", wenn es zu je zwei Vektoren
xo' x 1 E 11( n eine Steuerung u gibt, so daB die zu dieser Steuerung
gehörende Lösung mit der Anfangsbedingung x(O) = X o die Endbedingung
x(T) = x 1 erfüllt.

Nach Formel (1.4) ist dies genau dann der Fall, wenn es ein u cU mit

T
K(U) !<II- 1 (s)S(s)u(s)ds (2.1)
o
267

gibt. Dabei ist ~(s) die Fundamentalmatrix der Gleichung (1.3) und

(2.2)

Das System (1.1) ist also genau dann steuerbar, wenn der Operator K
von U nach y=1R n surjektiv ist. Da der Operator K durch die Matrix
~-1 (s)S(s) mit n Zeilen und m Spalten bestimmt wird, erg~bt sich
weiter, daB K genau dann surjektiv ist, wenn die Zeilenvektoren
-1
K1 (s) , ... ,Kn(s) der Matrix ~ (s)S(s) als Funktionen auf dem 1nter-
vall [O,T] linear unabhängig sind.

Hieraus sieht man zunächst, daB die Steuerbarkeit des Systems (1.1)
von der 1ntervallgröBe abhängt. So ist es zum Beispiel möglich, daB
für O<To<T das System (1.1) in [O,T] steuerbar und in [O,T o ] nicht
steuerbar ist. 1st (1.1) in [O,T o ] steuerbar, dann ist für jedes T 1
mit O<T1~To (1.1) auch in [O,T 1] steuerbar.

Wir beschränken uns jetzt auf den Fall, daB A(t) A und S (t) S
konstante Matrizen sind. Dann ist für jedes tE1R

~ (t)

und somit ~-1 (t)S = e-tAs.

Nun gilt:

Satz VI.2.1. (KALMAN[1])


Das System (1.1) ist genau dann steuerbar, wenn die Matrix

[ S ,AS, ..• , An-1 S J (2.3)

mit m Zeilen und mn Spalten den Rang n hat.

Beweis:
"Notwendig": Angenommen, der Rang der Matrix (2.3) sei kleiner als n.
Dann existiert ein n-dimensionaler Zeilenvektor v mit

vS YAS = VAn - 1 S = O. (2.4)


268

n-1 i
1st nun p(z) = zn L ciz das charakteristische Polynom von A,
i=O
dann gilt wegen p(A)=O

(2.5)

Aus (2.4) folgt dann

vAnS = o. (2.6)

Multipliziert man nun beide Seiten von (2.5) mit A, dann folgt aus
(2 .6)

O. (2.7)

So fortfahrend erhält man durch Induktion

VAmS = 0, m=O, 1 ,2, • •• • (2.8)

Daraus folgt nun

-tA
v <I> (t)S ve S v L O.
i=1

Dies bedeutet gerade, daB (1.1) nicht steuerbar ist.

"Hinreichend": Angenommen, das System (1.1) sei nicht steuerbar.


Dann gibt es einen n-dimensionalen Zeilenvektor vfo, so daB für alle
ue. U

T
v !e-tASu(t)dt O. (2.10)
o

Oa UtU beliebig ist, bedeutet dies, daB für alle tE. [O,T]

-tA
ve S = O. (2.11)

Durch n-malige Differentiation von (2.11) an der Stelle t=O folgt


dann
269

vS vAS o. (2.19)

Da VfO ist, bedeutet dies, daS die Matrix (2.3) einen Rang kleiner
als n hat. _

Korollar VI.2.2.
Ist das System (1.1) mit konstanten Koeffizienten in einem Intervall
[O,T o ] steuerbar , dann ist es in jedem Intervall [a,T] steuerbar.

§ 3 Die Minimal-Norm-Aufgabe für Supremumsnormen

Gegeben sei das System (1.1)

dx A(t)x(t) + S(t)u(t) I t EO [a,T] I


dt

wobei x, u , A, S den in Paragraph 1 angegebenen Bedingungen genügen.


Ferner gelte für die Lösung X: x(o) = Xo und x(T) = x 1 •

Wir nehmen nun an, daS u E Mm [o,T] ist. Jedoch werden wir diesen Raum
nicht mit seiner ursprünglichen Norm (vergl. Kapitel V § 1), sondern
mit einer hierzu äquivalenten Norm versehen. Diese definieren wir
wie folgt: Es sei ~ I E eine Norm auf dem m-dimensionalen Raum 1R m
Wie schon früher bezeichne E den 1R m mit der Norm I IlE' Für Mm[O,T]
definieren wir dann

Ilul (3.1)

Diese Norm ist zur ursprünglichen Norm von ~[O,T] offensichtlich


äquivalent. Der Raum ~[o,Tl mit der Norm (3.1) wird mit ~[OlT] be-
zeichnet. Normen dieses Typs treten bei sehr vielen praktischen Prob-
lemen auf. Man denke etwa an folgendes:
Es sei uc.1R m eine abgeschlossene beschränkte symmetrische konvexe
Menge mit 0 EIntU. Man kann die Minimal-Zeit-Aufgabe für u(t) E u,
t € [O,T], nach der in Kapitel V § 5 angegebenen Methode lösen. Zweck-
mäSigerweise versieht man dazu den ~ m mit der Norm
270

Oann geht die Bedingung, daB u(t) E.U, t ~ [O,T], ist, in die äquiva-
lente Bedingung

~u~ = ess sUf ~u(t)~E <


te.[O,Tj

über.

Wie im Paragraphen 2 führt man die zu (1.1) gehörende Minimal-Zeit-


Aufgabe in die Minimal-Norm-Aufgabe (2.1)

T -1
K(u) f~ (s)S(s)u(s)ds
o

über. Oabei ist wieder ~(t) die Fundamentalmatrix der Gleichung (1.3)
-1
und YO = ~(T) x 1 -x o .

Oa der Ausgaberaum Y endlich-dimensional ist, existiert nach Korollar


V. 2 • 7 ein 'f 0 E. y*, so daB

(3 .2)

Wir berechnen nun den Ausdruck ~o(KU) explizit:


Oa y=1R n , läBt sich 10 als Zeilenvektor interpretieren, d.h.

T 1 T""
f 'f 0 ~ - (s) S (s) u (s) ds f ljJ o(s)S(s)u(s)ds (3.3)
o o

mit ""
ljJ ots) I.fo~
-1 (s). 1st ljJo(s) der transponierte Vektor des Zei-

lenvektors ~o(s), dann läBt sich (3.3) in der Form

T
'fo (Ku) f<wo(s), S(s)u(s»ds (3.4)
o

schreiben. Oabei bedeutet <, > das Skalarprodukt im 1R n. Nach Oe-


fini tion ist

( ~ -1 (s) ) tr tp ~r ,

wo c tr die transponierte Matrix (Vektor) bedeutet.


271

Wir zeigen nun, daB $o(s) der zu (1.3) konjugierten Differentialglei-


chung

d1lJ -(A(S»tr 1lJ (s) (3.5)


ds

genügt.

Dazu hat man zu zeigen, daB ($-1 (s»tr die Fundamentalmatrix der Dif-
-1
ferentialgleichung (3.5) ist. Differenzieren von $ (s) ergibt:

d$-1 (s) $-1 (s+h)-$-1 (s)


lim h (3.6)
ds h-+O

lim $-1 (s+h) ($ (s)-~ (s+h) ) $-1 (s)


h-+O

Durch Transponieren erhält man dann:

d ( $ -1 (s) ) tr
_ (A (s) ) tr ( $ -1 (s) ) tr. (3.7)
ds

Damit ist gezeigt, daB $o(s) eine Lösung von (3.3) ist.

Wir wenden uns nun der Frage zu, ob ein u o E. M


-"E
[0, TJ mit Ku 0 =y0 und

(3.8)

existiert.

Dazu benutzen wir Satz V.3.8. Um diesen Satz anwenden zu können, muB
man zeigen, daB die dort angegebene Menge ra abgeschlossen ist. Dazu
zeigen wir, daB es auf ME [O,1] eine schwach-*-Topologie gibt. Dies
ist aber klar, da der konjugierte Raum von L~*[o,Tl isometrisch iso-
morph zu ~[O,T] ist, wie wir zeigen werden.

L~*[O,T] ist der Raum aller auf [O,T] definierten m-dimensionalen


absolut integrierbaren Vektorfunktionen mit der Norm
272

T
J Ilx (t>l!E*dt. (3.9)
o

Hier ist wieder E* der konjugierte Raum von E und I I E* die zugehö-
rige Norm des konjugierten Raurnes. Oa E endlich dimensional ist, hat
man E**=E, d.h. man kann E als den konjugierten Raum von E* auffas-
sen.

Bezeichnet nun <, >


das Skalarprodukt im JR m, dann wird durch jedes
f Eõ ~ [O,T] mittels

T
'"
f(x) J<f (t) ,X (t)dt (3.10)
o

ein stetiges lineares Funktional auf L~*[O,T] gegeben.

Aus
T
I'"f(x) I < J Ilf(tlilE"x(tlllE*dt < ~fll·llxll
o

'" ~ ~f~ ist.


folgt zunächst, daB If~

Oa jedes auf L~*[O,T] definierte stetige lineare Funktional von der


Form (3.10) ist, und da es zu jedem f~~[O,T] ein xcL~*[O,TJ mit

(f(t) ,x(t) = IIf(t) IEllx(t) II E*

gibt, folgt wie im klassischen Falle der Räurne L1 [O,T] und M[O,T],
daB (L~*[O,T])* = ~[O,T] ist.

Nun ist der Operator K durch die Zeilenvektoren der Matrix ~-1 (s)S(s)
gegeben. Oa nach Voraussetzung für jedes UEõME[O,T] die Funktion
S(s)u(s) integrierbar ist und ~-1 (s) stetig ist, folgt aus dem obi-
gen, daB K bezüglich der schwach-*-Topologie auf ~[O,T] stetig ist.
Oabei ist zu bemerken, daB auf dem Ausgaberaurn Y die Norm- und
schwach-*-Topologie zusarnrnenfallen. Somit existiert dann nach
Satz V.3.8 ein Uo€~[O,T] mit
273

und

inf { I ull: Ku

Nun sei Uo€~[O,TJ ein derartiges Element mit minimaler Norm. Dann
gibt es naeh (3.2) und (3.4) eine Lösung wo(t) der konjugierten Glei-
ehung (3.5), so daB

T T
J<w o (s) ,S (s) u (s»ds < J<wo(s) ,S(s)uo(s)ds (3.11 )
o o

für alle U~ME[O,TJ mit Ilull -< Ilu 0 II. Naeh Definition der Norm von
ME[O,T] heiBt dies, daB (3.11) für alle solehe uaME[O,T] gilt, die
für fast alle te[O,T] die Ungleiehung Ilu(t) IlE ~ Iluoll erfüllen. Dies
bedeutet, daB Uo genau dann (3.11) erfüllt, wenn für fast alle
t e [O,T]

(3.12 )

gilt.

Satz VI. 3.1.


(Maximum-Prinzip für die Minimal-Norm-Aufgabe)
1st UOE ME [O,T] eine Lösung der Minimal-Norm-Aufgabe, dann existiert
eine Lösung wo+o der konjugierten Gleiehung (3.5), so daB für fast
alle tE [o,T]

Wir untersuehen nun noeh die Minimal-Zeit-Aufgabe. Gegeben sei also


eine besehränkte, abgesehlossene und konvexe Menge U e \Rm mit
Int U+11l und eine Familie Y(t) cIR n, tE: [O,T], von abgesehlossenen
Mengen, die halbstetig von oben ist. Gesueht wird die Minimal-Zeit
TlE [O,T], zu der eine Steuerung UoE.ME[O,T] mit uo(t)EU, tE.[O,T 1],
und

(3.13 )
274

existiert.

Dazu setzen wir:

T 1 = inf{t>O: Kt{U: u(-r) e. U,T e. [O,T]} n y(tjf{ll} (3.14)

mit

t 1
Kt(u) = !<I>- (s)S(s)u(s)ds.
o

Da die Mengen Kt{U: u(T) e. U,T E [O,T]} kompakt sind, existiert nach
Satz V.4.4 ein UoE ~[O,T], welches (3.13) erfüllt.

Setzt man nun YO = K(U o )' dann hat man dieses Problem wieder auf die
Aufgabe (2.1) zurückgeführt. Man hat also ein u O E ME [O,T 1 ] mit
uo(t) E u, tE [o,T 1 ], zu bestimmen, für welches

gil t. 1st nun v 0 E Int U, dann bestimmt die Menge V = U-v 0 eine Halb-
norm ~ II E auf 1R m (bzw. eine Norm, wenn V symmetrisch ist). Zu lösen
ist also die Minimal-Norm-Aufgabe

(3.15)

in ME [O,T 1 ]. Formel (3.15) folgt aus (3.13) mit Hilfe des Ansatzes
u = v+vo ' Erfüllt nämlich Uo die Gleichung (3.13), dann minimiert
v O = uo-vo die Formel (3.15).

Damit existiert also eine Lösung wo der konjugierten Gleichung, so


daB

sup <wo(t) ,Sv).


VE.V

Addiert man auf beiden Seiten noch <wo(t) 'va> ' dann erhält man:
275

Satz VI. 3.1 . '


(Das Maximum-Prinzip für die Minimal-Zeit-Aufgabe)
Ist U o eine Lösung der Minimal-Zeit-Aufgabe, dann existiert eine Lö-
sung wofO der konjugierten Gleichung, so daS für fast alle t

sup (wo(t),S(t)u) (3.16)


UEU

gilt.

§ 4 Kriterien für die Eindeutigkeit der optimalen Steuerung

Im folgenden untersuchen wir die zum System (1.1) gehörende Minimal-


Zeit- und Minimal-Norm-Aufgabe.

Zunächst ergibt sich aus den im vorigen Paragraphen angegebenen


Maximum-Prinzipien stets das Folgende.

Angenommen, die Lösung Wo der konjugierten Gleichung (3.5), für die


die Gleichung (3.12) bzw. (3.16) gilt, habe zusätzlich noch die
Eigenschaft, daS <w(t) ,S(t)u) sein Maximum für fast alle t in genau
einem uo(t) e U annimmt, dann folgt aus dem Maximum-Prinzip die Ein-
deutigkeit der optimalen Steuerung.

Wir bemerken noch, daS uo(t) ~U für fast alle tein Extremalpunkt
von U ist. Zunächst ist nämlich für jedes t

Vt = {u': u' E U,(w(t) ,S(t)u') sup(w(t),S(t)u)}


Uf.U

eine Extremalmenge von U. Da aber nach Annahme genau ein Uo (t) ~ U


existiert, in dem <w(t) ,S(t)u) sein Maximum annimmt, ist Vt einele-
mentig und damit ein Extremalpunkt. Also ist uo(t) E U für fast alle
tein Extremalpunkt von U.

Eine konvexe Teilmenge U ~ IR m mit nichtleerem Inneren heiSt "strikt


konvex", falls jeder Randpunkt von U ein Extremalpunkt ist. Da dann
alle Extremalmengen einpunktig sind, ist in diesem Falle die optima-
le Steuerung Uo stets eindeutig bestimmt.
276

Wir gehen nun zu einer etwas spezielleren Situation über: Angenommen


Ue 1R m sei ein Polyeder und die Matrizen A und S des Systems (1.1)
seien konstant. Dann sagt man, daB U bezüglich A und S in "allgemei-
ner Lage" ist, falls für jeden Vektor w E.. ~~{o}, der parallel zu ir-
gendeiner Kante des Polyeders U ist, die Matrix

[ Sw,ASw, .•. ,A n-1 Sw J

den Rang n hat.

Es gilt nun:

Satz Vl.4.1. (PONTRlAGlN, BOLTlANSKl, GAMKRELlDZE, MlSZCZENKO [1J)


Es seien A und S konstante Matrizen und U c. ii<. m sei bezüglich A und S
in allgemeiner Lage. Dann ist die optimale Steuerung des Systems

dx
Ax+Su
dt

eindeutig bestimmt.

Beweis:
Nach dem Maximum-Prinzip existiert eine Lösung wo der konjugierten
Gleichung, für die (3.16)

= sup <wo(t) ,Su)


UfU

gilt. Angenommen, es gäbe neben Uo noch eine weitere optimale Steue-


rung U1fUo. Dann ist auch für diese die Gleichung (3.16) erfüllt,
d.h. es gilt

O. (4.1)

Nun sei für jedes t

{UEU: <wo(t),Su) = sup<wo(t),Sv)}.


v€U

Dann ist Wt offensichtlich eine gewisse k-dimensionale Seite des


Polyeders U.
277

1st nun DC '\R eine Menge mit posi ti vem MaB, so daB für jedes t tE D
stets u 1 (t) " uo(t) ist, dann ist naeh (4.1) für jedes tl: D stets
dim Wt > 1.

Da das Polyeder U nur endlieh viele Seiten hat, existiert eine Menge
D1~D mit posi ti vem MaB und ein Vektor w tE 'IR m \ {o}, der parallel zu
einer gewissen Kante von U ist, so daB für alle t € D1

(4.2)

gilt. Da Wo stetig ist, gilt dann (4.2) aueh auf dem AbsehluB von D1•

Nun ist aber Wo als Lösung einer Differentialgleiehung mit konstan-


ten Koeffizienten eine analytisehe Funktion. Also folgt aus dem Ver-
sehwinden von (wo(t),Sw) auf D1 , daB für alle t~~

(4.3)

Differenziert man nun (4.3) (n-1)-mal und beaehtet, daB Wo eine Lö-
sung der konjugierten Gleiehung (3.5) ist, so erhält man:

Hieraus folgt dann zusarnrnen mit (4.3)

<w0 (t) ,Sw > = 0

<wo(t),ASw) = 0

Da U in allgemeiner Lage ist, folgt hieraus wo=o, womit ein Wider-


sprueh hergeleitet ist . •
278

Im folgenden wollen wir uns auf einen speziellen Typ von konvexen
Mengen U c~m mit endlich (bzw. abzählbar unendlich) vielen Seiten
beschränken (vergl. S. 157). Diese konvexen Mengen U seien von der
folgenden Gestalt:
Es existiere eine strikt konvexe beschränkte Menge Uo c~m und
Funktionale f 1 , ••• ,f n e (1R m)* (bzw. eine Folge {fi} von Funktionalen

fi€('lR m)*), sodaB

(bzw.

Dabei wollen wir im folgenden stets davon ausgehen, daB das System
der Funktionale f i minimal gewählt ist, d.h. keine der Beschränkun-
gen fi(x)~ai ist zur Beschreibung von U überflüssig.

Nun seien wie oben wieder A und S konstante Matrizen. Dann heiBt
eine konvexe Menge Uc~m mit endlich oder abzählbar unendlich vie-
len Seiten bezüglich A und S in "allgemeiner Lage", wenn für jeden
Index i und jedes we1R m ,{o} mit fi(w) = 0 die Matrix

[Sw, ASw, ••• , An-1 Sw]

den Rang n hat.

Man sieht leieht, daB Satz VI.4.1 auch für konvexe Mengen mit end-
lich oder abzählbar unendlich vielen Seiten gilt. Am Beweis ändert
sich nichts.

Ist jedoch die Anzahl der Seiten überabzählbar, dann gilt SatzVI.4.1
nicht mehr, wie das folgende Beispiel zeigt:

Beispiel VI.4.1.
Als Steuerungsraum nehme man
279

ferner sei S=Id die (3,3)-Einheitsmatrix und

A
n 0
a2
0
0
0
a3
)
wobei in der Diagonalen paarweise verschiedene reelle Zahlen stehen.
Dann hat für jedes w E 1R 3 , dessen sämtliche Komponenten ungleich
Null sind, die Matrix

den Rang 3. Wir fordern noch, daB e(max{a 1 ,a 2 ,a 3 })T < 2 ist.

Nun sei

et 1 e -a 1

tlJ (t) = ( et 2 e
-a t
2
t)
et 3 e
-a 3 t

eine Lösung der konjugierten Differentialgleichung. Dann ist für


ein t o E1R der Wert tlJ (to) = 0 genau dann, wenn et 1 =et 2 =et 3 = 0 ist,
d.h. wenn t1J=O ist.

Jetzt sei

u und

<tlJ (t) , x> 2. la ~ + et ~ + et ~', t E [0, T] } .

Dann enthält für jedes t E [O,T] der Schnitt der Hyperebene

mit der Kugel


280

stets ein Geradenstück, das zu einem Vektor w e ~3 parallel ist,


dessen sämtliche Koordinaten ungleich Null sind. Also liegt die kon-
vexe Menge U, die überabzählbar viele Seiten hat, in allgemeiner
Lage bezüglich A und S.

Andererseits kann man nun leieht zwei verschiedene Funktionen


u o ,u 1 EM 3 [O,T] wählen, für die beide das Maximum-Prinzip (3.16)
gilt, al so

Falls dann K(U o ) = K(U 1 ) ist, dann ist die optimale Steuerung nicht
eindeutig bestimmt. Ist jedoch K(u o ) +
K(U 1 ), dann liegt die Verbin-
dungsstrecke dieser beiden Punkte auf dem Rand von K(u). Wir zeigen
im nächsten Paragraphen, daB auch in diesem Falle die optimale
Steuerung nicht eindeutig bestimmt ist.

§ 5 Das Bang-Bang-Prinzip

Wir gehen wieder von dem linearen Differentialgleichungssystem aus

dx
dt A(t)x + S(t)u, r,
t ~LO,T],

mit der Anfangsbedingung x(O) = x o • Es sei x(T) = x 1 •

Ferner sei wieder UC ~m eine abgeschlossene beschränkte konvexe


Menge mit 0 E Int U und I I E bezeichne die von U auf 1R m induzierte
Halbnorm. Als Steuerungsraum nehmen wir wieder ~[O,T], wobei wir
nur solehe Steuerungen UE ~[O,T] zulassen wollen, für die u(t) Eo U,
t ~ [O,T], gilt.

Da (L~*[O,T]) * = ~[O,T] (siehe § 3), ist die Einheitskugel

K {ue~[O,T]: ~ull < 1} {u: u(t)~U, te[O,T]}

in der sChwach-*-Topologie kompakt.


281

Weiter fOlgt aus Paragraph 4, daS für jede Minimal-Norm- (bzw. Mini-
mal-Zeit-) Steuerung u o und fast alle t € [O,T] der Punkt u o (t) ein
Randpunkt von U ist. Wenn U insbesondere strikt konvex ist, dann ist
für fast alle t ~ [O,T] der Punkt uo(t) ein Extremalpunkt von U.

Eine Steuerung u, bei der für fast alle te [O,T] der Punkt u(t) ein
Extremalpunkt von U ist, heiSt eine "Bang-Bang-Steuerung". Im Moment
wissen wir nur, daS im Falle einer strikt konvexen Menge U jede Mi-
nimal-Norm- (bzw. Minimal-Zeit-) Steuerung eine Bang-Bang-Steuerung
ist. Wenn U jedoch nicht strikt konvex ist, dann gibt es auch andere
optimale Steuerungen. Dennoch gilt der folgende Satz:

Satz VI.5.1. (Bang-Bang-Prinzip)


Es existiert stets eine Minimal-Norm- (bzw. Minimal-Zeit-) Ste.uerung
uo(t)
u o ' so daS für fast alle t der Punkt uo(t) (bzw. lu o (t) lE ) ein Ex-
tremalpunkt von U (bzw. der Einheitskugel) ist.

Beim Beweis dieses Satzes darf man ohne Beschränkung der AIIgemein-
heit annehmen, daS

inf{~u~: K(u) = yo}


ist. Allerdings werden wir diesen Satz zunächst nicht in voller AI1-
gemeinheit beweisen. Wir werden uns zunächst auf solehe konvexe Men-
gen U beschränken, die höchstens abzählbar unendlich viele Seiten
haben. Dies ist bereits eine sehr umfassende Klasse, die zur Bear-
beitung der praktischen Aufgaben durchaus ausreicht. Um den Satz je-
doch in voller AIIgemeinheit zu beweisen, benötigen wir noch einige
Hilfsmittel aus der Topologie, die wir erst im nächsten Paragraphen
kennenlernen werden.

Der Beweis von Satz VI.5.1 beruht auf einer Reihe von Sätzen:

Satz VI.5.2.
Es sei U eine konvexe Menge mit höchstens abzählbar unendlich vielen
Seiteno Dann ist u o genau dann ein Extremalpunkt von

'"
U {u: u(t)e U für fast alle t e[O,T]},
282

wenn für fast alle tE [O,T} uo(t) auch ein Extremalpunkt von U ist.

Beweis:
"Hinreichend": Es sei Uo 6 ~ [O,T] und für fast alle t E [o,T] sei
"-
Uo (t) ein Extremalpunkt von U. Angenornrnen, es existierten u 1 ' u 2 E. U
und O<k<1 mit

Dann heiBt dies, daB für fast alle t e. [O,T]

kU 1 (t) + (1-k)u 2 (t).

Da uo(t) ein Extremalpunkt ist, fo~gt hieraus u 1 (t)


Also ist Uo ein Extremalpunkt von U.

"Notwendig": Angenornrnen, es existiere eine Teilmenge D e [O,T] mit


positivem MaB, so daB Uo (t) für t IS D kein Extremalpunkt ist. Da U
nach Voraussetzung höchstens abzählbar unendlich viele Seiten hat,
existiert eine Menge D1 e D mit positivem MaB und eine Seite W von U,
so daB für alle t € D1 der Punkt Uo (t) kein Extremalpunkt von W ist.
Dabei kann man stets annehmen, daB die Dimension von W minimal ist.
Insbesondere existiert also ein r E 'IR m ,,{ o} und eine Menge D2 e D1
mit positivem MaB und uo(t)±re.w für alle t€D 2 •

r
Wir setzen nun

für t ~ D2
u 1 (t)
Jtl

r
U:Jtl+r. für tE. D2

für t $ D2
u 2 (t)
Jtl
U:Jtl-r. für t E D2 •

"-
Dann ist u 1 ,U 2 EU und U1fU2.
283

Ferner gilt

'v
d.h. Uo ist kein Extremalpunkt von U • •

Satz VI. 5.3.


Es seien X und Y lineare Räurne und Teine lineare Abbildung von X
nach Y. Ferner sei U G X eine konvexe Menge und yo ef = T (u) ein Ex-
tremalpunkt von f. Dann ist Un T- 1 (yo) eine Extremalmenge von U.

Beweis:
Für Uo E: un T- 1 (yo) existiere eine Darstellung der Form

mi t O<k< 1 und u 1 ' u 2 E U. Dann ist

Aus der Definition von f folgt zunächst Tu 1 ,TU 2 E f. Da yo ein Extre-


malpunkt von f ist, folgt weiter, daB T(U 1 ) = T(u 2 ) = T(U o ) = yo ist.
-1
Dies bedeutet aber u 1 ' u 2 E UnT (Yo)'.

Satz V1.5.4.
Es sei U cW m eine beschränkte konvexe Menge mit höchstens abzählbar
unendlich vielen Seiten. Wie oben sei

'v
U = {UEME[O,T]: u(t)..: U für fast alle tf: [O,T]}

'v
Ferner sei f K(U), wobei K der durch (2.1) definierte Operator

T 1
K(u) !<I>- (s)S(s)u(s)ds
o

ist.

-1
1st dann yo = <I> (T)x 1 -X o ein Extremalpunkt von f, dann existiert
eine Steuerung u o ' so daB für fast alle t e [O,T] der Punkt uo(t)
ein Extremalpunkt von U ist.
284

Beweis:
-1
Nach Satz VI.5.3 ist UnK (Yo) eine Extremalmenge von U. Da K be-
züglich der schwach-*-Topologie stetig ist (vergl. § 3) ist K- 1 (yo)
'" bezüglich
in der schwach-*-Topologie abgeschlossen. Weiterhin ist U
der schwach-*-Topologie kompakt (vergl. § 3). Daher ist '"
U n K-1 (yo)
bezüglich der schwach-*-Topologie kompakt. Also hat '"
un K-1 (yo) nach
dem Satz von KREIN-MILMAN (Satz IV.6.1) mindestens einen Extremal-
punkt. Da die Extremalpunkte einer Extremalmenge selbst Extremal-
'" mit
punkte der Gesamtmenge sind, existiert ein Extremalpunkt UOE U
K(u o ) = yo. Nach Satz VI.5.2 ist dann für fast alle t E [O,T] auch
uo(t) ein Extremalpunkt von U . •

Wir beweisen nun Satz VI.5.1 zunächst für den Fall m=1. Dann ist U
eine eindimensionale konvexe Menge, also ein Intervall, und der
Steuerungsraum ist M[O,T]. Für diesen Spezialfall ist Satz VI.5.1
eine unmittelbare Konsequenz des folgenden Satzes:

Satz VI.5.5.
Es sei

'"
U {ue:M[O,TJ: für fast alle t ist O~u(t)~1}

und

'" o
U {uEM[O,TJ: für fast alle t ist u(t)G. {O,1}}.

Ferner seien W1 ' ••• ,w n E. L 1 [OtT], und durch

T
w(u) {jwi(t)u(t)dt} (5.1)
o

sei ein linearer Operator von M[O,T] in ~n gegeben.

Dann ist

'"
w(U) •
285

Beweis:
1
Setzt man u o = 2X[O,T]' .
dann ~st 'v
U-u J
o eine Kugel in M[O,T • Wegen
(L 1 [O,TJ)* = M[O,T] folgt aus dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6),
'v
daB U-u bezüglich der schwach-*-Topologie kompakt ist. Weiterhin
ist für jedes ye
0
1)1 <il) auch 1)1-1 (y) bezüglich der schwach-*-Topologie
'v -1
abgeschlossen. Also ist un 1)1 (y) schwach-*-kompakt und besitzt da-
her nach dem Satz von KREIN-MILMAN (Satz IV.6.1) mindestens einen
Extremalpunkt u.

'v
Wir zeigen nun, daB u auch ein Extremalpunkt von U ist. Dazu nehmen
'v -1 'v
wir an, daB u Ei. Un 1)1 (y) kein Extremalpunkt von U ist und zeigen
dann durch Induktion über die Dimension n, daB u auch kein Extremal-
'v -1
punkt von Un 1)1 (y) ist.

'v
Aus der Annahme, daB u kein Extremalpunkt von U ist, folgt zunächst
die Existenz eines E>O und einer Menge D e [O,T] mit positivem MaB,
so daB für alle t e D

E < u(t) < l-E.

Den Induktionsanfang für n=l führen wir jetzt nicht vor, da alle
diese Schlüsse auch beim InduktionsschluB von (n-l) auf n vorkommen.

Angenommen, für alle (n-l)-Tupel von Funktionen 1)Il, ..• ,1)In-l E L 1 [O,T]

gelte für den durch (5.1) definierten Operator 1)1 die Gleichheit
'v 'v
1)I(U) = 1)1 (U o ) • Dann wählen wir in D zwei disjunkte Teilmengen D1 und
D2 mit positivem MaB aus, und benutzen die Induktionsannahme für die
beiden (n-1)-Tupel (1)I1XD1, ... ,1)In-1XD1) und (1)I1 XD2 , ... ,1)In-1 XD2 )'
Hieraus folgt dann die Existenz von zwei Mengen F 1 e D1 und F 2 e D2
mit positivem MaB, für die

i 1 ,2, ••• , (n-l ) (5.2)


j 1 ,2

gilt.
286

Setzt man nun

hj 2x p . - X D. ' j 1 ,2
J J

dann ist nach (5.2)

T
Jlj).
o 1.
(t)h. (t)dt
J ° i
j
1,2,oo.,(n-1)
1 ,2.
(5.3)

Wir bemerken noch, daB die Punktionen h 1 und h 2 disjunkte Träger ha-
ben.

Nun sei lj)n lÕ L 1 [O,T] eine weitere Punktion. Wir wählen nun reelle
Zahlen a,b, die ungleich Null und vom Betrage kleiner als e:>O sind,
so daB für

die Gleichung

T
Jlj)
o n
(t)h(t)dt
° (5.4)

gilt.

Aus I al.::. e: und Ib I .::. e: folgt zunächst, daS u±h EO U '" ist. Wei ter folgt
aus (5.3) und (5.4), daS lj)(h) = °
ist, also lj)(u±h) = lj)(u) = y. Dies
heiBt aber, daB u kein Extremalpunkt von U '" n lj) -1 (y) ist.
o

Damit ist al so gezeigt, daS für jedes yclj)(il> stets E(Unlj)-1 (y»c {Jo
'" = lj)(U'" o )' •
ist. Dies bedeutet gerade: lj)(U)

Jedes n-Tupel lj)1, ••• ,lj)n6 L 1 [O,T] induziert in kanonischer Weise eine
abzählbar additive Mengenfunktion ~(E) auf den meBbaren Teilmengen E
des Intervalls [O,T] mit Werten im mn. Man setze nämlich

(5.5)
287

mit

Jli(E) !w.(t)dt, i 1,2, ••• ,n.


E J.

Jede abzählbar additive Mengenfunktion Jl(E) mit Werten im t n heiBt


ein "VektormaB". Wenn alle KomponentenmaBe Jli bezüglich des LEBES-
GUEschen MaBes absolut stetig sind, dann heiBt Jl "absolut stetig"
bezüglich des LEBESGUEschen MaBes. Nach dem Satz von RADON-NIKODYM
ist jedes absolut stetige VektormaB von der Form (5.5).

Satz VI.5.5 gilt übrigens auch, wenn man das Intervall [O,T] durch
eine meBbare Teilmenge E mit positivem LEBESGUEschen MaB ersetzt.
Dann kann man den Satz wie folgt formulieren:

Satz VI. 5.5. '


Es sei Ec [O,T] eine meBbare Menge mit positivem MaB und Jl ein auf
den meBbaren Teilmengen von E definiertes VektormaB mit Werten im
1R n , das bezüglich des LEBESGUEschen MaBes absolut stetig ist. Dann
ist der Wertebereich

H '" E'" eE meBbare Teilmenge}


{Jl (E):

eine kompakte konvexe Menge des ~n.

Beweis:
Nach dem Satz von RADON-NIKODYM ist

(5.6)

Nun sei w der nach (5.1) von den w1" •• , W EL 1 (E) definierte Opera-
tor. Dann ist zunächst H = w(U'" o )' Da nach n Satz V.5.5 auch H = W(U)
'"
gilt, ist Heine kompakte konvexe Teilmenge des ~n. _

Dieser Satz ist eine abgeschwächte Version des Satzes von LIAPUNOW
(siehe LIAPUNOW [1], HALMOS [1]), welcher besagt, daB der Wertebe-
reich eines nicht atomaren beschränkten n-dimensionalen VektormaBes
stets eine kompakte konvexe Menge ist. Wir beweisen nun diesen Satz
nach einer Methode von LINDENSTRAUSS [1].
288

Satz VI.5.6. (DVORETZKI, WALD, WOLFOWITZ e,])


Auf der Menge der meBbaren Teilmengen von [O,T] seien m VektormaBe
~" ••• '~m mit Werten im 1R n gegeben, die alle bezüglich des LEBES-
GUEschen MaBes absolut stetig sind. Ferner seien a" ••• ,am nicht ne-
gative reelle Zahlen mit

a,+ ••• +am ,. (5.7)

Dann kann man jede meBbare Teilmenge E als Vereinigung von paarweise
disjunkten meBbaren Mengen Ei schreiben, also E = E, u ••• U Em, so
daB

i 1, •• • ,m (5.8)

gilt.

Beweis:
Der Beweis wird durch Induktion über die Anzahl der MaBe geführt.
Wir beginnen mit m=2. Es sei a, eine beliebige Zahl mit o~a,~'. Dann
ist a 2 = '-a,. Wir konstruieren nun ein 2n-dimensionales VektormaB
~(E) = (~, (E)'~2(E)), wobei wir als erste Komponente das MaB ~" als
zweite das MaB ~2 nehmen. Nach Satz VI.5.5' existiert dann eine Men-
ge E, mit p(E,) = a,p(E). Dies bedeutet, daB

(5.9)

ist. Setzt man nun E2 = E" E" dann erhä.lt man die gewünschte Zerle-
gung.

Angenommen, die Induktionsannahme sei für jedes (m-')-Tupel von ab-


solut stetigen VektormaBen erfüllt, und ~" ••• '~m seien m VektormaBe
mit Werten im 1R n • Dann konstruieren wir ein nm-dimensionales Vek-
tormaB

Nach Satz VI.5.5' existiert dann eine meBbare Teilmenge E, von E mit
~(E,) = a,~(E), d.h.

i ',2, ... ,m. (5.'0)


289

Man setze nun E' = E~E1' Dann kann man nach Induktionsvoraussetzung
über die MaBe ~2""'~m die Menge E' als Vereinigung von paarweise
disjunkten Mengen E 2 , ... ,E m so schreiben, daB

(5.11)

ist. Daraus folgt aber

denn

1 •• (5.12)

Lemma VI.5.7.
Es sei U eine kompakte konvexe Teilmenge des n-dimensionalen Raumes
1R n. Dann läBt sich jedes Element u ~ U in der Form

u a e + .•. +a e (5.13)
o 0 n n

darstellen, wobei die eo, •.. ,e n Extremalpunkte der Menge U und


ao, ••. ,a n nicht negative reelle Zahlen mit ao+ ..• +a n = 1 sind.

Beweis:
Der Beweis beruht auf Induktion. Für n=1 ist das Lemma trivial. An-
genommen, das Lemma gilt für alle k = 1,2, ... ,n-1 mit n~2. Nun sei
u ~U ein beliebiges Element, welches kein Extremalpunkt ist, und
eoE U irgendein Extremalpunkt von U. Der Schnitt der Geraden durch
eo und u mit der Menge U ist dann ein abgeschlossenes Intervall mit
den Endpunkten eo und w, d.h. u läBt sich in der Form

mit O~a~1 darstellen.

Nun sei Heine Stützhyperebene an U in w. Dann ist W = H n U eine


höchstens (n-1)-dimensionale Seite von U. Nach Induktionsvorausset-
zung läBt sich daher w in der Form
290

mit O~bi~' und b,+ ••• +b n = , darstellen. Oabei sind e" •.• ,e n Extre-
malpunkt von W. Oa W eine Extremalmenge von U ist, sind auch die
e" ••• ,e n Extremalpunkte von U. Setzt man nun

i = ' , ••• ,n, (5.14 )

dann erhält man die in (5.'3) geforderte Oarstellung. _

Satz VI. 5. "


Es sei U c.1R m eine kompakte konvexe Teilmenge mit höchstens abzähl-
bar unendlich vielen Sei ten. Existiert dann zu einem yo ~ n eine =
Minimal-Zeit-Steuerung, dann existiert auch eine Minimal-Zeit-Steue-
rung u*, so daB für fast alle te [O,T] der Punkt u*(t) ein Extremal-
punkt von U ist.

Beweis:
Wir setzen wieder

'"
U {us Mm[O,T]: u(t) 6. U für fast alle t}

und r '" wobei K der durch (2.1) definierte Operator


K(U),

T ,
K(u) f IP - (s) S (s) u (s) ds
o

ist.

Nun sei YO € 1R n ein Punkt, zu dem eine Minimal-Zei t-Steuerung exi-


stiert, d. h • YO E r. Nach Lemma VI. 5.7 läBt sich dann YO in der Form

(5.15 )

darstellen. Oabei sind die eo, .•• ,e n Extremalpunkte von r und


ao, ••• ,an nicht negative Zahlen mit ao+ ••• +a n = 1.

Nach Satz VI.5.4 existieren Steuerungen uo, .•• ,u n mit K(U i ) = ei'
i = O,1, ••• ,n, so daB für fast alle te [O,T] die Elemente u i (t) Ex-
tremalpunkte von U sind.
291

Wir betrachten nun die (n+1) VektormaBe ~o' ..• '~n' die durch

~i (E) f <I>
-1 (s)S(s)u(s)ds i O,1, ..• ,n (5.16)
E

definiert sind. Per Definitionem ist stets ~i ([O,T]) = ei'


i = O,1, ••• ,n. Nun folgt aus dem Satz von DVORETZKI-WALD-WOLFOWITZ
(Satz VI.S.6), daB man das Intervall [O,T] als Vereinigung von (n+1)
paarweise disjunkten meBbaren Mengen Eo, •.. ,E n darstellen kann, also
[O,T] = E u ••• u E , so daB
o n

i O,1, ••• ,n (5.17)

gilt.

Jetzt setze man:

u*(t) = UO(t)X E + ••. + un(t)X E .


o n

Da die Mengen Eo, •.. ,E n paarweise disjunkt sind und ihre Vereinigung
das gesamte Intervall [O,T] ergibt, sieht man, daB für jedes t ~ [o,~
auch u*(t) ein Extremalpunkt von U ist. Weiterhin ist nach (5.17)
und (5.15)

K(U*) f
T -1
<I> (s) S (s) u
* (s) ds
o

n n n
L f <1>-1 (s) S (s) u. (s) ds L ~. (E. ) L a.e.
i=O E. 1 i=O 1 1 i=O 1 1
1

§ 6 MeBbare Mengenfamilien

Im vorherigen Paragraphen ist Satz VI.S.1 unter der zusätzlichen An-


nahme bewiesen worden, daB U höchstens abzählbar unendlich viele
Seiten hat. Um den Satz nun in voller Allgemeinheit zu zeigen, müs-
sen wir noch den Begriff der meBbaren mengenwertigen Funktian ein-
führen und einige grundlegende Eigenschaften hierüber beweisen.
292

Dazu sei E eine Menge, auf der ein a-Körper L von Mengen definiert
ist. Wir erinnern daran, daB man unter einem a-Körper eine Familie L

von Teilmengen von E mit den folgenden Eigenschaften versteht: Die


Grundmenge E gehört zu l: und für j edes Eo E. l: ist auch E" Eo El:. 1st
{En} eine Folge von Elementen aus l:, dann ist auch U En' n En E:. L
n n

In unserem Fall ist stets E [O,T] und l: die Menge der LEBESGUE-
meBbaren Teilmengen von E.

Nun sei Heine beliebige Menge. Dann versteht man unter einer "men-
genwertigen Funktion" F eine Abbildung, die jedem e e E eine Teilmen-
ge F (e) e H zuordnet. Das "Urbild" einer Menge B unter F wird durch

{eEE: F(e)IIB +~}

definiert. Man weist nun leieht nach, daB für jedes System {B } von
cl
Teilmengen von H stets

U F- 1 (B cl
) (6.1)
cl

gilt.

Es sei Hein metrischer Raum. Eine mengenwertige Funktion F, die E


in die Teilmengen von H abbildet, heiBt "punkt-abgeschlossen", wenn
für jedes e lE E die Menge F (e) abgeschlossen ist; sie heiBt "meBbar",
falls für jede offene Menge Bc H die Menge

F- 1 (B) = {e E E: F (e) nB +~} E l: (6.2)

ist.

Wir bemerken noch, daB eine mengenwertige Funktion F genau dann meB-
bar ist, wenn für jede abgeschlossene Menge K die Menge

ist.
293

Dies folgt unrnittelbar daraus, daB E ein a-Körper ist und einerseits
jede abgeschlossene Teilrnenge K der Durchschnitt einer absteigenden
Farnilie von offenen Mengen Bn (etwa Bn = {XEoH: p(x,K) < *}) und an-
dererseits jede offene Menge B die Vereinigung einer aufsteigenden
Farnilie von abgeschlossenen Mengen Kn

(etwa Kn = {x E-B: p (x,H"'-B) > *}) ist.

Wenn der rnetrische Raurn H "abzählbar kompakt" ist, d.h. wenn H die
Vereinigung von abzählbar vielen kornpakten Mengen Hn ist, dann ist
eine rnengenwertige Funktion F genau dann rneBbar, wenn für jede korn-
pakte Menge K e H

ist.

Da jede kompakte Menge K auch abgeschlossen ist, folgt aus dern obi-
-1
gen, daB für eine rnengenwertige rneBbare Abbildung F stets F (K) E- E
gilt. Andererseits ist jede offene Menge Bc H die Vereinigung von
rv
abzählbar vielen kornpakten Mengen, also B = U (K n rl Hn ). Dabei ist
n=1
rv n
Kn wie oben und Hn U
i=1
Hi ·

Beispiel VI.6.1.
Es sei H=1R rn der rn-dirnensionale Raurn und U e 1R rn eine abgeschlossene
Teilrnenge. Ferner sei u eine (einwertige) rneBbare Funktion von [O,T]
nach ~rn. Dann ist F(t) = u(t)+U eine rnengenwertige rneBbare Funk-
tion.

Urn dies einzusehen, sei etwa B e 'IR rn eine offene Menge. Dann ist zu-
nächst

{t: F (t) n B f 1Il} {t: u(t) E B - U}.

Da B-U = LJ B-{x} als Vereinigung von offenen Mengen wieder offen


x lÕ. U -1
ist, folgt aus der MeBbarkeit von u, daB F (B) E E ist.
294

Sind nun Fund G zwei mengenwertige meBbare Funktionen, dann ist die
mengenwertige Funktion FnG mit (F nG) (e) = (F(e)) n (G(e)) ebenfalls
wieder meBbar. Dies folgt unmittelbar aus:

(FnG)-1(B) = {e€E: F(e)nG(e)n B 4' 95} (6.3)

= {eEE: F(e)nB 4' 95}n{e c E: G(e)nB +rb}.

Beispiel V1.6.2.
Es sei H= 1R m , U e Heine abgeschlossene Teilmenge und u eine (einwer-
tige) meBbare Funktion von [O,T] nach ~m. Dann ist
F(t) = U n(2n(t)-U) eine mengenwertige meBbare Funktion.

Beispiel V1.6.3.
Es seien H, U, u und F wie im vorherigen Beispiel. Ferner sei E>O
und

G (t)
E
{x€.F(t): Ix-u(t)I > d.

Dann ist GE eine mengenwertige meBbare Funktion.

Dies sieht man folgendermaBen ein: Es sei r U sup lxii und


xeU

Dann ist zunächst

W(t) u(t)+W

meBbar. Oa G (t) F(t)n W(t) ist, folgt auch, daB GE meBbar ist.
E

1st U e Wm und u € U, dann ist die Menge 2u-U punktsymmetrisch zu U


bezüglich u. 1nsbesondere ist also u der symmetrische Mittelpunkt
von un (2u-U) .

Aus dieser geometrischen 1nterpretation folgt nun sofort:


295

Lemma VI.6.1.
Es sei X ein linearer Raum und Uc X eine konvexe Menge. Ein Element
u e. U ist genau dann ein Extremalpunkt von U, wenn die Menge un (2u-Ul
genau aus dem Punkt u besteht.

Beweis:
Oa u e U ist, gilt auch u 2u-u Eo (2u-Ul, also UISU n (2u-Ul •

Angenommen, die Menge U n (2u-Ul sei nicht einelementig. Oann exi-


stiert no ch ein u1fU mit u 1 Ei U 1"'1 (2u-Ul. Insbesondere ist dann u 1 ~ U
und v 1 = 2u-u 1 € U. Da U konvex ist, ist wegen u = 2(u 1
1+v 1 l der Punkt
u kein Extremalpunkt von U.

Um die umgekehrte Richtung zu beweisen, nehmen wir an, daB u lE U kein


Extremalpunkt von U ist. Oann existieren also zwei Punkte u 1 ,U 2 E U
und eine reelle Zahl a mit O<a<1, so daB u = a u 1+(1-alu 2 • ahne Be-
schränkung der Allgemeinhei t darf man annehmen, daB a > ~ ist. Dann
ist

Wegen u = ~(u1+u3l ist dann u 3 = 2u-u 1 und u 1 = 2u-u 3 , also


u 1 ,u 3 lE U n (2u-Ul. Oa U1fU3' ist U n (2u-Ul nicht einelementig. -

Zum Beweis von Satz VI.5.2 benötigt man noch den "allgemeinen Selek-
tionssatz" von KURATOWSKI und RYLL-NAROZEWSKI [1J.

Zum Beweis dieses Satzes benötigt man das folgende Lemma:

Lemma VI.6.2.
Es sei E eine beliebige Menge und Lein cr-Körper von Teilmengen von
E. Ferner sei Hein metrischer Raum und {fn} eine auf E definierte
Folge von meBbaren Funktionen mit Werten in H, die gleichmäBig gegen
eine Funktion f konvergiert. Oann ist die Funktion f meBbar.

Beweis:
Es sei K e Heine beliebige abgeschlossene Teilmenge von H und

Kn {XI5.H: p(x,Kl < i}.


296

Da {fn} nach Voraussetzung gleichrnäBig konvergiert, existiert eine


Teilfolge {fm I,
so daS für alle x e E
n

p (f m (x),f (x» < -


n
n

Wir zeigen nun

(6.4)

Dazu sei x € f- 1 (K), also f (x) e K. Nach Wahl von {fmnf ist dann stets
f (x) e K , n=1,2, ..• , und das heiBt:
mn n

(6.5)

Wir beweisen nun die umgekehrte Inklusion. Dazu sei x E. rl


n=1
f;1 (K n ),
n
d.h. für jedes n = 1,2, ..• ist f m (x) E Kn • Nach Wahl von{fmnJbedeu-
n
tet dies, daB (f(x) ,K) -< ~
n
für alle n = 1,2, . . . . Da K abgeschlos-
p

sen ist, folgt hieraus f(x)E.K und somit

f- 1 (K) ::::> rl
n=1
f- 1 (K ),
m
n
n
(6 .6)

womit (6.4) bewiesen ist.

Da die Funktionen f meBbar sind, ist für jedes n = 1,2, .•• auch
mn
f- 1 (K ) E.: E. Daher ist nach (6.4) auch f- 1 (K) E. E • •
m n
n

Satz VI.6.3. (KURATOWSKI, RYLL-NARDZEWSKI [1])


Es sei E eine beliebige Menge und E ein a-Körper von Teilmengen aus
E. Ferner sei Hein separabler vollständiger metrischer Raum und F
eine mengenwertige meSbare Funktion, die j edem e e. E eine abgeschlos-
sene Teilmenge F(e) cH zuordnet.
297

Dann existiert eine (einwertige) meBbare Funktion f von E nach H mit


f (e) €. F (e) für alle e ~ E.

Beweis:
Wir nehmen zunächst an, daB der Durchmesser von H, also

ö (H) sup{p (x,y): x,y E H}

kleiner als 1 ist. Dies kann man ohne Einschränkung der Allgemein-
heit tun, da zur Metrik p(x,y) stets die Metrik

1 p (x,y)
p' (x,y) '2 1+p (x,y)

äquivalent ist.

Nun sei {r i } eine dichte Punktfolge in H. Dann definieren wir induk-


tiv eine Folge von meBbaren Funktionen f n mit den beiden Eigenschaf-
ten:

p (f n (x) ,F (x)) < n=O,1 , ••• (6.7)n


2n

und

1
p(f n (x),f n _ 1 (x)) < n-1 ' n=1,2, ••• für alle xeE. (6.8)n
2

Da der Durchmesser von H kleiner als 1 ist, kann man für fo eine be-
liebige meBbare Funktion wählen. Die Bedingung (6.7)n ist dann er-
füllt.

Wir nehmen nun an, daB wir die Funktion f n - 1 bereits konstruiert ha-
ben. Dann setzen wir:

c~ = {x€.E: p(r.,F(x)) <.L} (6.9)


~ ~ 2n

{x € E: F (x) (') {y E. H: p (r. , y)


~
< .L}
2n
+fl}},
298

und

D~ {X€.E: p(r.,f 1(x» < n1_1}' (6.10)


~ ~ n- 2

n n
Aus der MeBbarkeit von Fund f n - 1 fOlgt zunächst ei 'Oi e E, i=1, 2, ••••
Also ist auch

A~ i 1 ,2, • •• • (6 • 11 )
~

Wir zeigen nun

E Ü
i=1
A~.
~
(6.12 l

Dazu sei x E. E. Nach Induktionsannahme ist dann zunächst

1
p (f n - 1 (x) ,F (xl) < n-1 • (6.13 )
2

Oa die Folge {r~} dicht ist, gibt es ein r mit


• i o

1
p (f n - 1 (xl ,r i ) < -- (6.14 )
o 2n - 1

und auch

(6.15)

Aus (6. 1 4) und (6. 1 5) folgt dann, daB x €. Ain ist, womit wir (6.12 l
gezeigt haben. o

Die Funktion f n definieren wir nun wie fOlgt:

Man setze

für x E. A r: \. (An1 u ••• u Ar:


~ ~-
1)'
299

Aus (6.11) folgt dann zunächst, daB f n meBbar ist. Weiter folgt aus
(6.15) die Bedingung (6.7)n und aus (6.14) die Bedingung (6.8)n.

Die Bedingung (6.8)n impliziert die gleichmäBige Konvergenz von {fn}'


Da H vollständig ist, konvergiert dann {fn} gegen eine gewisse Funk-
tion f, die nach Lemma VI. 6.2 meBbar ist. Da für jedes x e E die Men-
ge F (x) e H abgeschlossen ist, folgt aus (6.7) n I daB f (x) €; F (x) ist . •

Man nennt die in Satz VI.6.3 konstruierte einwertige Funktion f eine


"Selektion" der mengenwertigen Funktion F.

Wir beweisen nun Satz VI.5.2 ohne weitere Annahmen über die Anzahl
der Seiten der Menge U.

Satz VI. 6.4.


Es sei U e '\Rm eine kompakte konvexe Menge und

'"
U { U € Mm [0 , T]: u (t) € U} •

'" , wenn für


Die Funktion UoE. U ist genau dann ein Extremalpunkt von U
fast alle t € [O,T] der Punkt uo(t) E. U ein Extremalpunkt von U ist.

Beweis:
"Hinreichend": Angenommen, u E. U'" sei kein Extremalpunkt von U. Dann '"
o '"
gibt es ein a mit O<a< 1 und u 1 ' u 2 E. U mit u 1fu2, so daB

(6.16 )

Da u1fu2 ist, gibt es eine Teilmenge D e [O,T] mit positivem MaB, so


daB für alle t€.D stets u 1 (t) f u 2 (t). Aus (6.16) folgt dann, daB
für alle t € D der Punkt Uo (t) kein Extremalpunkt von U ist.

"Notwendig": Angenommen, es existiere eine Menge D e [O,T] mit positi-


vem MaB, so daB für alle t E D der Punkt Uo (t) €. U kein Extremalpunkt

von U ist. Nach Lemma VI. 6.1 ist dann für alle t E D die Menge
W(t) = U n(2u o (t)-U) nicht einpunktig. Es existiert al so ein E>O und
eine Teilmenge D1 e D mit positivem MaB, so daB für alle t ED 1 die
Menge
300

nicht leer ist. Nach Beispiel VI.6.3 ist GE(t), t€ 0 1 , eine meSbare
mengenwertige Funktion. Also existiert nach Satz VI.6.3 eine meSbare
Funktion (}1 mit (}1 (t)
€ G E (t), für alle tE. 0 1 , Aus der Definition von
GE (t) folgt nun, daS für alle te. 0 1 auch 2u o (t) -(}1 (t) EO GE (t) ist.
Also gehören die beiden Funktionen u 1 ,u 2 mit

U (t) für t If 01

~:(t)
{
u 1 (t)
für t €. 0 1

und

'\, 1
zu U. Oa U o ='\,2(u 1 +u 2 ) ist, hat man somit gezeigt, daS Uo kein Extre-
malpunkt von U ist • •

Aus Satz VI.6.4 folgt nun unmittelbar Satz VI.S.1. Wir bemerken noch,
daS nur zum Beweis von Satz VI.S.2 die Annahme benötigt wurde, daS U
höchstens abzählbar unendlich viele Seiten hat.

Bemerkung VI.6.S.
Es sei Uc 1 m eine abgeschlossene beschränkte Menge. Dann sind die
Extremalpunkte der konvexen Hülle convU von U stets Punkte von U.
Dies bedeutet aber, daS man stets die Existenz einer Minimal-Zeit-
Steuerung in U beweisen kann, ohne dabei anzunehmen, daS U konvex
ist. Nehrnen wir nämlich irgendeine Steuerung aus convU, die stets
existiert, dann gibt es nach Satz VI.S.1 auch stets eine Steuerung
u o ' so daS für fast alle t e [O,T] der Punkt U o (t) ein Extremalpunkt
von convU ist, d.h. uo(t) e U. Dies kann man übrigens auch noch auf
den Fall erweitern, wo die Menge U durch eine mengenwertige Funktion
U(t) von abgeschlossenen und beschränkten Mengen des 1R n ersetzt
wird.

Wir formulieren nun dazu die entsprechende Minimal-Zeit-Aufgabe. Es


sei U(t) e 1R m , tE. [o,-r], eine meSbare mengenwertige Funktion von ab-
geschlossenen und konvexen Mengen, die wesentlich beschränkt i~t,

d.h.

ess sup (supfllxll: xe:U(tll) < oo.


t E. [O,T]
301

Ferner sei yo e. 'R n und 1/1 (t) eine lokal- integrierbare Matrix-Funktion
mit n Zeilen und m Spalten. Gesucht ist die Minimal-Zeit T ~ [o,.J,
zu der eine Steuerung ue.Mm[O,.] mit u(t) e. U(t) für fast alle t exi-
stiert, so daS

T
$(u) !1/I(t)u(t)dt (2.1)
o

gilt.

Die Existenz einer solchen Steuerung folgt unmittelbar aus der all-
gemeinen Theorie über lineare Systeme und dem folgenden Satz:

Satz VI.6.6.
Es sei U(t)c 1R m, te. [O,.J, eine meSbare wesentlich beschränkte men-
genwertige Funktion von abgeschlossenen und konvexen Mengen. Ferner
sei

'"
u = {Ue.Mm[O,T]: u(t) e.U(t), für fast alle t}

'"
Dann ist UC~[O,T] kompakt in der schwach-*-Topologie.

Beweis:
Da die mengenwertige Funktion U wesentlich beschränkt ist, folgt zu-
nächst aus dem Satz von ALAOGLU (Satz IV.4.6), daS U '" in einer
schwach-*-kompakten Menge enthalten ist. Zu zeigen bleibt noch, daS
'" in der schwach-*-Topologie abgeschlossen ist. Dazu sei
U
u €M [O,T] \ i'J. Da für alle t ~ [o,.J die Menge U(t) abgeschlossen ist,
m
existiert eine Menge D e [0,.] mit positivem MaS und ein e:>0, so daS
für alle t E D

p(U(t),U(T» > e:. (6.17)

Dabei bezeichnet p den von einer Norm des ~m induzierten Abstand.


Nun sei

hi (0, ••• ,O'XD'O, ••• ,0)


~
i-te Stelle

Dann ist h i € L~[O,TJ, und die Menge


302

v
T
I f <h i (t) ,v(t)+u(t)
o
>dt I < .E. I. (D) }
n

ist eine Umgebung von u in der schwach-*-Topologie, die nach (6.17)


'u
zu U disjunkt ist. Mit I. (D) ist dabei das LEBESGUEsche MaB von D ge-
meint. _

Um das Bang-Bang-Prinzip genausa wie bei einer konstanten Menge U zu


beweisen, benötigt man noch:

Satz VI.6.7.
Es sei U (t) e 1R m, t e [0 ,T], eine mengenwertige meBbare Funktion und
u eine einwertige meBbare Funktion. Dann ist V(t) = u(t)+U(t),
t t [O,T] , eine mengenwertige meBbare Funktion.

Beweis:
Da u meBbar ist, ist u der gleichmäBige Limes einer Folge von Trep-
penfunktionen un' Man kann ohne Beschränkung der Allgemeinheit anneh-
men, daB für alle t E. [O,T]

(6.18)

Offensichtlich sind die mengenwertigen Funktionen Vn(t) un(t)+U(t)


meBbar.

Nun sei K c.1R m eine beliebige kompakte Menge und

{x~1Rm: p(x,K) < .l}.


n

Wir zeigen nun, daB

(6.19)

Dazu sei tE. V- 1 (K). Nach Definition des Urbildes heiBt dies, daB
V(t) n K +0 ist. Formel (6.18) impliziert dann, daB für alle
n = 1,2, ..• auch Vn (t) n Kn +0 ist, d.h. t € V~l (K n ).
303

Nun sei für alle n = 1,2, ••. stets t € V- 1 (K ). Dann ist für alle
n n
n = 1,2, ... stets V (t)nK t~. Sei etwa x eV (t)nK. Da K kom-
n n n n n
pakt ist, enthält {x } eine Teilfolge {x }, die gegen ein gewisses
n nk
Xo e K konvergiert. Da x € V (t) ist, folgt aus der Abgeschlossen-
nk nk
heit von U(t) und der gleichmäBigen Konvergenz von un gegen u, daB
XoEV(t) ist. Dies bedeutet aber, daB tE:V- 1 (K) ist, womit wir (6.19)
gezeigt haben. Aus (6.19) folgt nun die MeBbarkeit von V • •

Mit diesem Satz kann man ohne Abänderung der Beweise sämtliche Er-
gebnisse der Paragraphen 5 und 6 auch auf den Fall übertragen, wo
die Menge U durch eine mengenwertige meBbare Funktion ersetzt wird.

§ 7 Die Beobachtung bei Systemen, welche durch gewöhnliche Differen-


tialgleichungen beschrieben werden

Wir gehen wieder von einem linearen System

dx
A(t)x, O<t<T (7 • 1 )
dt

aus, wobei wie üblich x eine n-dimensionale absolut stetige Vektor-


funktion ist und A eine lokal integrierbare nxn-Matrix-Funktion.
Weiter verlangen wir, daB (7.1) für fast alle Punkte tE [O,T] er-
füllt ist. Die Fundamentalmatrix von (7.1) bezeichnen wir mit ~(t).

Zusätzlich sei nun eine stetige Matrix-Funktion G(t), t € [O,T] , mit


n Spalten und m Zeilen gegeben, die wir die "AbIesematrix" nennen.
Ferner setze man:

y(t) G(t)x(t) . (7.2)

Wir stellen uns nun die Aufgabe, ein auf dem n-dimensionalen Raum
der Endwerte (bzw. Anfangswerte) definiertes stetiges lineares Funk-
tional möglichst genau zu bestimmen.

Dazu gehen wir wie üblich zu einem linearen System mit Eingabe-Aus-
gabe- und Trajektorienraum über. AIs Eingaberaum X nehmen wir den
n-dimensionalen Raum ~n der Endwerte. Der Trajektorienraum 0 ist
dann der Raum aller stetigen n-dimensionalen Vektorfunktionen, also
304

o = C [O,T]. Der Ausgaberaum Y ist entsprechend der Raum aller


n
stetigen m-dimensionalen Vektorfunktionen Cm[O,T].

Den Operator A definieren wir durch

-1
Ax T = ~(t)~ (T)X T , (7.3)

mi t XT E 1R n, und B wird durch

Bx(t) G(t)x(t) (7.4)

gegeben. Damit erhält man also ein lineares System

(X o - - - - + l Y) (7.5)
A B

Angenommen, auf dem Raum der Endwerte X sei ein stetiges lineares
Funktional f gegeben. Die Aufgabe der optimalen Beobachtung besteht
nun darin, ein ~ E Y* mit minimaler Norm zu bestimmen, für welches

f (7.6)

gilt. Dabei kann man die Norm im Ausgaberaum Y irgendwie wählen.


Sinnvoll ist etwa, auf Y = C [O,T} die folgende Norm einzuführen:
m

Es sei II II E eine Norm für den 1R m. Wie berei ts früher bezeichnen wir
wieder mit E den 1R m versehen mit der Norm II IlE. Auf Cm [O,T] defi-
nieren wir dann eine Norm durch

Ilxll = sup Ilx(t)II E . (7.7)


O<t<T

Der Raum Cm [O,T], versehen mit dieser Norm, wird dann mit CE[O,T]
bezeichnet.

Normen dieses Typs (7.7) treten bei Beobachtungsaufgaben häufig auf.


Insbesondere treten diese Normen immer dann auf, wenn man x(t) bis
auf eine fest vorgegebene Genauigkeit zu messen hat. Wir haben dar-
auf bereits in Kapitel V § 6 hingewiesen. Wenn zum Beispiel die MeB-
genauigkeiten in den einzelnen Koordinaten voneinander unabhängig
305

sind und ai die Ablesegenauigkeit in der i-ten Koordinate ist, dann


erhält man als entsprechende Norm im 1R m

1
sup ai lXi I· (7.8)
1<i<m

Zur Lösung der Minimal-Norm-Aufgabe (7.6) ist zunächst der Raum


CE[O,T]* und dessen Norm zu bestimmen.

Aus der allgemeinen Form der auf C[O,T] definierten stetigen linearen
Funktionale folgt zunächst, daB jedes auf Cm[O,T] (der topologisch
natürlich gleich CE[O,T] ist) definierte stetige lineare Funktional F
von der Form

J <x (t) ,dg (t) >


T m T
F (x) L J xi(t)dgi(t) (7.9)
o i=1 0

ist. Dabei ist (x 1 ' ••• ,xm) ~Cm[O,T], und die g1, ••• ,gm sind Funktio-
nen von beschränkter Variation.

Für die m-dimensionale Vektorfunktion g = (g1, ••• ,gm) von beschränk-


ter Variation definieren wir nun eine Variation VarE*g durch

n
sup L IIg(t],)-g(t]'_1)II E*, (7.10)
j=1

wobei das Supremum über alle Zerlegungen

des Intervalls [O,T] zu nehmen ist und I xii E* die Norm in dem zu E
konjugierten Raum E* ist.

Satz VI.7.1.
Für die Norm des durch (7.9) definierten Funktionals F gilt:
306

Beweis:
Es ist

T m
F (x) J L xi(t)dgi(t) (7.11)
o i=1

n
lim L «x(t~),g(t.)-g(t·_1))·
l!. j=1 J J J

Dabei bezeichnet wieder < ' > das Skalarprodukt im 'IR m. Der Limes
ist über eine Normalfolge l!. von Zerlegungen O=t o <t 1 < ••. <tn = T zu
nehmen. Die t~ sind Zwischenwerte, al so t. 1 < t~ < t J.•
J J- J -

Man erhält nun die folgende Abschätzung:

n
L <x(t~) ,g(t.)-g(t·_ 1 ) (7.12)
j=1 J J J

n
< sup Ilx(t)II E jI Ilg(t j )-g(t j _ 1 )II E
1 *
O<t<T

al so letztlich

(7.13)

Um die umgekehrte Abschätzung herzuleiten, beweisen wir zunächst,


daB jede Vektorfunktion von beschränkter Variation bis auf abzählbar
viele Punkte überall stetig ist.

Dazu setzen wir:

W(t) lim sup Ilg(t 2 )-g(t 1 )II E *.


t 1 <t<t 2
t 1 ,t 2 +t
307

Die Funktion g ist im Punkte toE.[O,T] genau dann stetig, wenn


w(t o ) = 0 ist. Nun ist aber stets

n T
L w(t i ) < Var Ilg (t) II E * ,
i=O 0

wobei 0 t o <t l < •.. <t n = Teine beliebige Zerlegung von [O,T] ist.
Also kann höchstens für abzählbar viele verschiedene t j e [O,T] der
Wert w(t j ) +0 sein, womit die obige Behauptung gezeigt ist.

Nun sei t' E [O,T] ein Stetigkeitspunkt von g. Dann gibt es zu jedem
E>O ein 0>0, so daB die Variation von g im Intervall [t'-o,t'+o]
kleiner als E ist. Zu diesem E>O existiert al so eine Zerlegung

o T , (7.14 )

wobei t 1 , ..• ,t n - l Stetigkeitspunkte von g sind, so daB

n
L Ilg(t J.)-g(t J·_ l )II E* > VarE*g - E. (7.15 )
j=l

Um dies zu zeigen, hat man zu ~ ein 0>0 zu wählen, so daB die Varia-
n
tion von g in [t.-o,t.+oJ kleiner als E ist.
J J n

Nun sei x.
J
E.1R m mit Ilx.II E = 1 so gewählt, daB
J

II g (t j ) -g (t j _ 1 ) II E* (7.16 )

gilt. Ferner sei xeCm[O,T] mit IlxlIE.::. 1 so, daB für allej=1, ... ,n-1
und alle tE (t. l,t.) mit It-t.1 > 0 stets x(t) x .• Dann folgt aus
J- J J J
(7.15), (7.16) und der Definition von 0, daB

T
J<x(t),dg(t) > varE*g - 2E (7.17)
o

ist. Da E>O beliebig ist, folgt hieraus

(7.18 )

womit wegen (7.13) der Satz bewiesen ist • •


308

Im folgenden wird der Raum aIIer m-dimensionalen Vektorfunktionen


von beschränkter Variation, versehen mit der durch (7.10) definier-
ten Norm, mit varE*[o,T] bezeichnet.

Wir benötigen noch den folgenden Satz:

Satz VI.7.2.
Die ExtremaIpunkte der Einheitskugel von varE*[o,T] sind genau die
durch (7.9) bestimmten Funktionale von eELO,T], zu denen ein
toE [O,T] und eine Funktion 9 von beschränkter Variation gehört, die
auf den IntervaIIen [o,t o ) und (to,T] konstant ist und für die
g(to)-g(to-O) ein ExtremaIpunkt der Einheitskugel K von E* ist.

Beweis:
Es sei ge. varE*[o,T] mit varE*g = 1. Angenommen, es existiere kein
to e [O,T], so daS 9 auf den IntervaIIen [o,t o ) und (to,T] konstant
ist. Dann gibt es ein t 1 6 [O,T], so daS 9 auf keinem der IntervaIle
[0,t 1 ), (t 1 ,T] konstant ist. Wir können annehmen, daS t 1 ein Stetig-
keitspunkt von 9 ist.

Wir setzen nun

["(tl für 0~t~t1

g(t 1 ) für t1~t~T

f"(t,l
(7.19)
für 0~t~t1

g(t) für t1~t~T

Man sieht nun leieht, daS für alle X€CE[O,T]

f (x (t) ,dg (t) >


T

o
f <x (t) ,d9 1 (t) > + f
T
o
T
0
<x (t) ,d9 2 (t) (7.20)

f <x (t) ,dg (t) >


T
gilt. Setzt man nun F(x) und
o

T
f
o
(x (t) ,d9 i (t) > i 1 ,2, (7.21)
309

dann folgt aus (7.20)

(7.22 )

und

(7.23)

Aus (7.22) und (7.23) folgt dann

F (7.24 )

Wegen

II~II=I~II
und (7.23) kann F kein Extremalpunkt sein.

Wir haben also gezeigt, daB es zu einem Extremalpunkt F stets ein


t 0 6 [O,T] gibt, so daB die zugehörige Funktion g auf den Intervallen
[o,t o ) und (to,T] konstant ist.

Wir nehmen nun an, daB g auf den Intervallen [o,t o )' (to,T] konstant
ist, daB aber g(to+O)-g(to-O) kein Extremalpunkt der Einheitskugel
von E* ist. Dann existieren g1,g2EE* mit Ilg 1 11 E '" = Ilg 2 11 E '" = 1 und
reelle Zahlen a,b ~ 0 mit a+b = 1, so daB

g(to+O)-g(to-O) ag 1 + bg 2 (7.25)

Nun sei

C,
für O<t<t
0
g 1 (t) (7.26 )
für t <t<T
0- -

und

g2(t)
[, , für o<t<t
0
(7.27 )
für t <t<T
0- -
310

OffensichtIich Iiefern g(t) und ag, (t)+b9 2 (t) die gleichen Funktio-
naIe. Da II 9 ,11 = I 9 2 11 = " ist 9 kein ExtremaIpunkt der Einhei tskugel
von varE*[o,T].

Zu zeigen bIeibt noch die umgekehrte Richtung. Dazu sei gevarE*[o,T]


von der im Satz angegebenen Form. Angenommen, 9 lieBe sich in der
Form

9 = ag, + b9 2 (7.28)

mit 1g,11 = II g2 11 = , und a,b > °


mit a+b = , darstellen. Dann haben
insbesondere die Funktionen g, und g2 im Punkte to Sprünge der GröBe
v, und v 2 • Da IIg,1 = IIg 2 11 = , folgt hieraus max(llv,IIE*,lIv21IE*) < 1.

Nach Voraussetzung hat 9 in to einen Sprung der GröBe v. Dabei ist v


ein ExtremaIpunkt der Einheitskugel von E*. Nach (7.28) ist nun

v = av, + bv 2 • (7.29)

Da vein ExtremaIpunkt ist, giIt v = v, = v 2 • Mithin ist auch


IIv,II E* IV 2 !E* = ,. Da IIg,1I = IIg 2 ! = , ist, sind die Funktionen
g, und g2 auf den IntervaIIen [o,t o ) und (to,T] ebenfalls konstant.
Daraus folgt dann, daB 9 = g, = g2 ist • •

Aus Satz VI.7.2 folgt nun

Satz VI.7.3.
Gegeben sei das Iineare System

(X - D - Y) ,
A B

wobei X der Raum der Endwerte x(T), D = Cn[O,T] und Y = CE[O,T] ist.
Die Operatoren A und B seien durch die Formeln (7.3) und (7.4) defi-
niert. Weiter sei f ein auf dem Eingaberaum X definiertes stetiges
beobachtbares Iineares Funktional.

Dann existiert eine Minimal-Norm-Lösung ~~ Y* der GIeichung

** '
f=AB'f
311

die von der Form

n
(y(t) ) L <v.,y(t.) (7.30)
i= 1 1. 1.

ist. Dabei ist n die Dimension von X, die t 1 , ••• ,t n sind Punkte des
<, >
Intervalls [O,T], die v 1 ' ••• ,vn sind Vektoren des 'IR m und be-
zeichnet das UbHche Skalarprodukt im 1R m.

Beweis:
Es sei K* die abgeschlossene Kugel in Y* mit Radius r und r*=A*B*K*.
r * * r * r
Nach dem Satz von ALAOGLU ist Kr schwach-*-kompakt. Oa B und A in
der schwach-.-Topologie stetig sind, ist r: e X* kompakt (man be-
achte, daS X endlich-dimensional ist).

Nun sei

a = infill 'f II: \.f e: Y* und f = A*B*lf} (7.31)

Aus Satz V. 6.2 folgt zunächst die Existenz eines 'f e. Y* mit I 'f I = a
und f = A*B*'f. Dies bedeutet, daS f Ei: r: ist. Nach Definition von a
ist f ein algebraischer Randpunkt von r*; mit anderen Worten, f ist
a
in einer Extremalmenge Mcr: enthalten, deren Dimension nicht gröSer
als (n-1) ist. Also existieren nach Lemma VI.5.7 n Extremalpunkte
e 1 , ••• ,e n von M (die auch Extremalpunkte von r: sind), so daS sich f
in der Form

(7.32)

schreiben läSt. Dabei sind die a 1 , ••• ,an nichtnegative Zahlen mit
a, + ••• + an ,.

Nach Satz VI. 5.3 existieren nun Funktionale 'f" ... , "Pn E Y* mit
I 'f,11 = ••• = I 'f ~ = a, so daS fUr jedes i = 1,2, ••• ,n das 'fi ein
*
Extremalpunkt von n Ka ist und

(7.33)

gilt.
312

Setze

'f = a 1 ~ 1 + ..• + an 'f n . (7.34)

Dann ist zunächst

(7.35)

und wegen (7.32) und (7.33) gilt noch

f = A*B* f .

Nach Definitian von a ist somit I 'f II = a.

Die Form der Funktionale 'f i kann man nun nach Satz VI. 7 . 2 bestim-
men. Zu v).
rl.
existiert nämlich eine Funktian g.l. und ein t.l. G [O,T],
so daB g. auf den Intervallen [O,t.) und (t. ,T] konstant ist und in
l. l. l.
t i einen Sprung der GröBe vi hat. Dann ist also

T
f
o
<x (t) ,dg i (t) > (7.36 )

Setzt man nun vi = aivi' dann falgt aus (7.34) und (7.35) die Be-
hauptung des Satzes. _

Für den Fall m=1 erhält man insbesandere, daB stets eine Minimal-
Norm-Lösung der Form

n
,(,(y(t» L viy(t i ) (7.30' )
i=1

existiert. Ein Funktional der Form (7.30) bzw. (7.30') heiBt "gequan-
telt". Wir bernerken, daB man Satz VI.7.3 auch mit einem Ergebnis von
PTAK [1] beweisen kann.

Satz VI.7.3 hat eine wichtige physikalische Interpretation: Gegeben


sei ein lineares System, welches durch eine lineare Differential-
gleichung der Ordnung n beschrieben wird. Dann kann man jede physi-
kalische GröBe, die durch ein lineares Funktional gegeben wird, be-
reits mit höchstens n Messungen bestimmen, die zu geeigneten Zeit-
313

punkten durehzuführen sind. Dabei sollte man natürlieh erwähnen, daB


man bei einer m-dimensionalen Ausgabe unter einer Messung stets eine
Messung aller m Parameter versteht.

Wir geben nun noeh eine Verallgemeinerung dieses Satzes auf endliehe
Systeme von linear unabhängigen physikalisehen GröBen f 1 ' ••• , f k E. X*
an. Wie wir bereits erwähnt haben, faBt man das k-Tupel (f 1 , ..• ,f k )
als lineare Abbildung von X in einen k-dimensionalen BANACR-Raum R
auf. Gesueht wird dann ein stetiger linearer Operator q, € B (Y -+ R)
mit minimaler Norm, der das Diagramm

(7.37)

kommutativ maeht (siehe Kap. V, § 6).

Da R endlich-dimensional ist, existiert naeh Satz V.6.6 stets eine


Minimal-Norm-Lösung für beobachtbares F. Unser Ziel ist es, die all-
gemeine Form einer solehen Lösung zu bestimmen, wobei nur der Ausga-
beraum CE[O,T] benutzt werden soll. Da jeder stetige lineare Opera-
tor von CE[O,T] in einen k-dimensionalen BANACR-Raum als ein k-Tupel
von stetigen linearen Funktionalen auf CE[O,T] aufgefaBt werden
kann, erhält man unmittelbar die allgemeine Form eines Operators
~ ~
GEB(CE[O,T] -+ R). Es gibt nämlich zu jedem GEB(CE[O,T] -+ R) ein
k-Tupel {g1, ... ,gk} von m-dimensionalen Vektorfunktionen gi' die von
besehränkter Variation sind, so daB

~
T
G(x) {f <x (t) ,dg i (t» }. (7.38)
o

1st G(t) [g1 (t) ,···,gk(t)]tr, dann kann man (7.38) auch in der
Form

~
T
G(x) !(dG(t»x(t) (7.39 )
o

schreiben. G(t) heiBt dann eine "Matrix-Funktion von beschränkter


Variation" •
314

Offensichtlich gilt wieder

T n
f(dG(t»x(t) lim L [G(t.)-G(t·_1)]x(t~), (7.40)
o ~ i=1 1 1 1

wobei der Limes über eine beliebige Normalfolge ~ von Zerlegungen

(7.41)

zu nehmen ist und die ti Zwischenwerte mit t i _ 1 <ti ~ t i sind.

Für G e:. B (E -- H) bezeichnen wir mit II Gil E IH die zugehörige Operator-


Norm (siehe Kapitel III, § 1, Formel (1.1». Ferner setzt man für
die Menge aller (mxk)-Matrizen-Funktionen G(t), die von beschränkter
Variation sind,

n
varB(E+H)G(t) = sup L ~G(t.)-G(t·_1)~E H ' (7.42)
i= 1 1 1 I

wobei das Supremum über alle Zerlegungen (7.41) von [O,T] zu nehrnen
ist.

Aus den Formeln (7.39) und (7.40) folgt nun unmittelbar

(7.43)

Mit genau dem gleichen Beweis wie zu Satz VI.7.1 erhält man auch die
umgekehrte Ungleichung, so daB sich insgesarnt der folgende Satz er-
gibt:

Satz VI. 7.4.


'"
Die allgemeine Form eines Operators GEB(CE[O,T] + H) wird durch

T
'"
G(x) f (dG (t) ) x (t)
o

gegeben, wobei G(t) eine Matrix-Funktion von beschränkter Variation


ist. Für die Normen gilt:

(7.44)
315

Da die Menge der (mxk)-Matrizen einen m·k-dimensionalen linearen


Raum bilden, kann man die Operator-Norm II Gil E H auch als Norm auf dem
rR m• k auffassen. Man kann also auf varB(E+H) '[ O,T], versehen mit der
Norm (7.44), Satz VI.7.2 anwenden und erhält:

Satz VI. 7 . 2 . '


Die Extremalpunkte der Einheitskugel des Raumes varB(E+H) [O,T] sind
genau diejenigen Matrix-Funktionen G, zu denen es ein to ~ [O,T]
gibt, so daB G(t) auf den Intervallen [o,t o ) und (to,T] konstant
ist, und der Operator

ein Extremalpunkt der Einheitskugel des Raumes B(E + H) ist.

Der Operator V heiBt dann wieder der "Sprung" der Matrixfunktion


G(t) an der SteIle to. Aus Satz VI.7.2' folgt nun:

Satz VI.7.S.
Gegeben sei das eingangs definierte lineare System

(X-D -Y)
A B

Ferner sei FeB(X + H) ein beobachtbarer Operator von X in einem k-


dimensionalen BANACH-Raum H.

Dann existiert ein Operator ~ ~ B (Y + H) mit minimaler Norm, der das


Diagramm

kommutativ macht, und der von der Form

nk
~ (y) L Vi y(t i ) (7.4S)
i=1
316

ist. Dabei ist n die Dimension von X, die t 1 , .•. ,t nk sind Punkte des
Intervalls [O,T] und die V1 , ••• ,V nk sind Matrizen mit k Zeilen und
n Spalten.

Beweis:
Der Beweis dieses Satzes verläuft genau so wie der von Satz VI.7.3.
Man setze wieder

a = inf {II ~ II: ~ € B (Y + H) und F = ~BA}.

Dann beachte man wieder, daB B(X + H) n·k-dimensional ist und daB F
auf dem Rande der Kugel um 0 mit Radius a in varB(E+H) [0,T1 liegt.
Wie beim Beweis von Satz VI.7.3 folgt dann, daB ~ in der Form

nk
I a.~. (7.46)
i=l ~ ~

dargestellt werden kann, wobei die ~l""'~nk Extremalpunkte der Ku-


gel in varB(E+H) [O,T] um o mit Radius a sind.

Nach Satz VI.7.2' ist

T
~i (y) f (dG i (t)) Y (t) v. y(t i )
~
, (7.47)
0

wobei Vi der Sprung von Gi an der SteIle t i ist. Setzt man noch
Vi = ai Vi' i=l, ••• ,n·k, dann folgt aus (7.46) und (7.47) die Be-
hauptung. _

Beispiel VI.7.1.
Gegeben sei ein Materiepunkt, der sich im eindimensionalen Raum in
der Zeit von 0 bis T geradlinig gleichförmig bewegt. Die Geschwin-
digkeit dieses Materiepunktes soll nun dadurch beobachtet werden,
daB man seine Lage zu mehreren verschiedenen Zeitpunkten bestimmt.

Bezeichnet man mit x(t) die Lage des Materiepunktes zur Zeit t, dann
wird seine Bewegungsgleichung durch

0, t IS [O/T] , (7.48)
317

gegeben. Der Raum der Anfangs- (bzw. End-) Werte ist also zweidimen-
sional. Damit existiert nach Satz VI.7.3 eine optimale Beobachtungs-
methode f ' die höchstens zwei Messungen benötigt. In der Bezeich-
nungsweise von (7.5) und (7.6) ist also X = ~ 2, wobei für
x = (x 1 ,x 2 ) e X die erste Komponente die Anfangsgeschwindigkeit und
die zweite Komponente die Ausgangslage des Materiepunktes ist. Fer-
ner ist 0 = C2 [0,T], und der Operator A ordnet dem Vektor
(~i) die Vektorfunktion (tx~~X2) zu. Im Ausgaberaum interessie-
ren wir uns nur noch für den zeitlichen Ablauf der Bewegung. Also
ist y = e[O,T] und der Ausgabeoperator B ordnet dem Vektor (tx~~X2)
die zweite Komponente zu.

Mithin ist

(BA)xl =tx 1 +x 2 ' t E. [O,T] •


t

Das Funktional f ~ x* ist durch f(x) := x 1 gegeben, und ~ 6 e[o,T]*


ist von der Form

I.jl(x) (7.49)

Löst man mit dem Ansatz (7.49) die Gleichung

f=A*B
* f'
dann ergeben sich die Beziehungen

1
a = t 1 -t 2
und b -a (7.50)

Mithin ist

Offensichtlich ist die Norm von ~ genau dann minirnal, wenn t 1 =0 und

t 2 =T ist. Dieses Ergebnis stirnrnt al so mit der Intuition (vergl. auch


Beispiel V.7.1) übereino
318

Beispiel VI.7.2.
Gegeben sei der harmonisehe Oszillator, der durch die Differential-
gleiehung

o O<t<T (7.52)

besehrieben wird, wobei x eine skalare Funktian ist. Wie bei der vor-
herigen Aufgabe sall nun aus der Lagebestimmung zu versehiedenen
Zeitpunkten die Gesehwindigkeit in einem festen Zeitpunkt toE [O,T]
ermittelt werden.

1 1
Dazu nehmen wir an, daB entweder T-t o ~ 2~ oder aber to ~ 2~ ist.
Dann existiert naeh Satz VI.7.3 eine Minimal-Norm-Lösung f der Glei-
ehung (7.6), die sich in der Form (7.49) darstellen läBt. Bezeiehnen
wir mit d die Lage und mit e die Gesehwindigkeit im Zeitpunkt to'
dann ist die Lösung x von (7.52) mit diesen Anfangswerten von der
Form

x(t) (7.53 )

Die Koeffizienten a,b in (7.49) sind so zu wählen, daB für jedes x


der Form (7.53) stets 'f(x) = e gilt. Dies heiBt also:
Es ist

a(e sin(t 1-to )+d eos(t 1-t o » + (7.54)


b(e sin(t 2-t o )+d eos(t 2-t o » e,

für alle e,d e: 1R

Hieraus folgt nun

a sin(t 1-to ) + b sin(t 2-t o ) (7.55)


a eos(t 1-to ) + b eos (t 2-t o ) O.
319

Als Lösung von (7.55) erhält man:

a =

(7.56)

Man zeigt leieht, daB die Norm des dureh (7.49) gegebenen Funktio-
nals 'f genau dureh

gegeben wird.

Nun ist

(7.57)

I eos (t 2-t o ) I + I eos (t,-t o ) I


1.
I eos (t 2-t o ) I + I eos (t,-t o ) I

Für t, = to ±
,
ist aber eos(t,-t o ) = o. Somit ist a
2~ ±, und b=O.
Oaher ist das Funktional (7.49) von der Form

(7.58)

Oa I 'f I = , ist, folgt aus (7.57), daB (7.58) eine Minimal-Norm-Lö-


sung der Gleiehung (7.6) ist.
320

Die Ergebnisse dieses Paragraphen gelten auch für den Fall, daS sich
die MeSgenauigkeit mit der Zeit stetig ändert. In diesem Fall ist
der BANACH-Raum E durch eine Familie von BANACH-Räumen E(t) zu er-
setzen, die wie folgt konstruiert wird. Wir nehmen an, daS zum Zeit-
punkt t ~ [O,T] die MeSgenauigkeit durch eine offene symmetrische
beschränkte und konvexe Menge U (t) e 1R m gegeben wird und daS diese
Mengenfamilie U(t) e 'fR m, t€. [O,T] stetig ist. Der 1R m wird nun mit
einer Norm II IIE(t) versehen, so daS U(t) bezüglich dieser Norm die
Einheitskugel ist. Den so umnormierten 1R
m bezeichnet man dann mit
E(t). Weiterhin führt man auf Cm[O,T] eine zur üblichen Norm äquiva-
lente Norm

~x~ sup ~x(t)~E(t)


O<t<T

ein und bezeichnet den Cm[O,T] mit dieser Norm auch mit CE(t) [O,T].
Damit ist (CE(t) [O,T~* = varm[O,T] mit der Norm

varE (t) G (t) (7.59)

wobei das Supremum über alle Zerlegungen

von [O,T] zu nehmen ist und die ti E [t i _ 1 ,tiJ beliebige Zwischen-


punkte sind.

Für Räume von Vektorfunktionen von beschränkter Variation, deren


Norm durch (7.5.9) gegeben ist, kann man dann wieder Satz VI.7.2 be-
weisen, aus dem die Sätze VI.7.3 und VI.7.4 folgen.

§ 8 Die optimale Beobachtung bei stationären Systemen

Wir nehmen nun an, daS die in Gleichung (7.1) auftretende Matrix A
und die in Gleichung (7.2) auftretende Matrix G konstant sind.

Nun sei U ~ 1R m mit m> 2 ein Polyeder mit dim U=m. Man sagt dann, daS
U bezüglich A und G in "allgemeiner dualer Lage" ist, falls für je-
321

den Vektor w EO 1R m '\ {o} der orthogonal zu einer (m-1) -dimensionalen


Seite von U ist, die Matrix

* n-1 G* wJ
[G * w, A* G* w, . .. , (A) (8. 1 )

den Rang n hat. (rgA = n nach Voraussetzung)

Wir erweitern diese Definition nun noch auf die Dimension m=1. In
diesem Falle ist U ein Intervall. Somit ist der Rand von U nulldimen-
sional. Man sagt dann, daB U cW 1 bezüglich A und G in "allgemeiner
dualer Lage" ist, wenn für den Einheitsvektor 1 E 1R 1 die Matrix (8.1)

den Rang n hat.

Satz VI. 8.1.


Es sei A eine konstante (nxn)-Matrix und G eine konstante (nxm)-Ma-
trix. Ferner sei ~~ = Ax und y(t) = Gx(t) ein stationäres System und
U ~ 1R nein Polyeder, das bezüglich A und G in allgemeiner dualer
Lage ist. Bezeichnet man nun mit E den ~ n versehen mit der von U in-
duzierten Norm

II xll E inf{ t>o: I E u},


dann ist jede Minimal-Norm-Lösung ~ der Gleichung

(7.6)

gequantelt, also von der Form (7.30).

Beweis:
Es sei ~ E (CE[O,T])* eine Lösung mit minimaler Norm von

Dann gibt es ein 9 e varE*[o,T] mit

J (x (t) ,dg (t) >


T
'f(x)
o
322

Weiter existiert nach Korollar V.6.4 ein x o €.1R n \ {e} mit

inf{ II~II: 'fe Y*, f=A*B*'f} (8.2)

= inf{II'fII: f(x o ) = 'f(BAx o )}

Setze

D = it: Ilx(tH E = sup Ilx(tH E },


tE[O,T]

wobei x(t) = GeAt Xo ist. Offensichtlich ist D abgeschlossen und aus


(8.2) folgt weiter, daB g auf [O,TJ~ D konstant ist.

Wir zeigen nun, daB D nur aus endlich vielen Punkten besteht. Ange-
nommen, dies ist nicht der Fall. Da die Oberfläche von U die endli-
ehe Vereinigung von (m-1)-dimensionalen Seiten ist, existiert eine
(m-1)-dimensionale Seite W von U und eine Folge {t i } von Elementen
aus [O,T] mit x(t i ) e. aW, a = IlxlIE.

Nun sei w e 1<, m\ {e} orthogonal zu W. Dann ist nach Definition von x:

<w, Ge
At·
~xo> = 0, i=1,2, ••••

Aus der Analytisität dieser Funktion folgt dann, daB für alle
te: [O,T]

<w, Ge At X o > 0. (8.3)

Differenziert man nun (8.3) (n-1)-mal nach t an der Stelle t=O, dann
erhält man:

< *w,xo > °


G =

<A*G*w,xo > ° (8.4)

°
323

Da U in allgemeiner dualer Lage bezüglich A und G ist, folgt hieraus,


daB xo=O ist, im Widerspruch zur Annahme. _

Aus der Annahme, daB jede Lösung ~ mit minimaler Norm der Gleichung
(7.6) gequantelt ist, folgt no ch nicht, daB sie eindeutig bestimmt
ist. Dies zeigt insbesondere das Beispiel VI.7.2, in dem unter der
zusätzlichen Annahme

für jedes a mit O<a<1 das Funktional

'f (y)

eine Minimal-Norm-Lösung von (7.6) ist.

Satz VI.8.1 läBt sich wie folgt verallgemeinern:

Satz VI. 8.2.


Angenommen, der Rand von U lasse sich als abzählbare Vereinigung von
Seiten Wn der Dimension 1 bis (m-1) darstellen. Ferner existiere zu
jeder Seite Wn ein Vektor wn E 1R m \ {O}, der orthogonal zu Wn ist, so
daB die Matrix

IG'"W n ,A*G*W n '" '"


. ,(A) n-1 G'" W n J

den Rang n hat.

Dann läBt sich jede Minimal-Norm-Lösung f von (7.6) in der Form

'f(y) I
i=1
<a.
~
,y(t.)
~
(8.5)

darstellen, wobei {t i } eine Punktfolge in [O,T] ist und {ai} eine


Folge von Vektoren des 10~ m.
324

Beweis:
Man zeigt nun genau wie beim Beweis von Satz VI.8.1, daB ein
Xo E 11< m" {o} existiert, welches der Gleichung (8.2) genügt. Dann de-
finiert man die Menge D entsprechend. Zu zeigen bleibt nun noch, daB
D höchstens abzählbar ist. Dies folgt daraus, daB der Rand von U die
abzählbare Vereinigung von Seiten ist. Weiter gilt für jede Seite W,
daB x(t) E aW nur für endlich viele t gilt • •
Kapitel VII. Systeme mit verteilten Parametern

"Systeme mit verteilten Pararnetern" heiBen in den Ingenieurwissen-


schaften alle solehe Systeme, die durch partielle Differentialglei-
chungen beschrieben werden, wie etwa durch die "Wärmeleitungsglei-
chung"

aQ = a (a-2Q
"IT 2 + a 22
... + - Q) (0.1 )
aX 1 aX n
oder die "Wellengleichung"

2
+ 9)·
ax
(0.2)
n
Dabei liegt in den Beispielen (0.1) und (0.2) t in dem Intervall
[OrT} und x= (x 1 , ••. ,X n ) in einem gegebenen Gebiet D e R n . Weiterhin
gehören zu den Gleichungen noch gewisse Rand- und Anfangsbedingungen.

In diesem Kapitel zeigen wir, wie man die in Kapitel V entwickelte


Theorie der linearen Systeme auf die Systeme mit verteilten Para-
metern anwenden kann.

Wir benutzen dabei eine Lösungsmethode für partielle Differentialglei-


chungen, die man als verallgemeinerte FOURIER-Methode bezeichnen kann.
Sie hat den Vorteil, besonders einfach zu sein und liefert in ein-
fachen Fällen recht schnell die explizite Lösung. Weiterhin beschrän-
ken wir uns hier nur auf den Fall, wo auf der rechten Seite der Glei-
chungen (0.1) und (0.2) nur eine Veränderliche x auftritt.

Man sollte jedoch bemerken, daS man selbst in diesen einfachen Fällen
mit der verallgemeinerten FOURIER-Methode schwächere Ergebnisse er-
hält als die, die aus der allgemeinen Theorie der partiellen Diffe-
rentialgleichungen bekannt sind. So folgt mit der FOURIER-Methode
etwa nur die Existenz einer verallgemeinerten Lösung für die ein-
326

dimensionale Gleichung (0.2), wenn die Randbedingungen unstetig sind,


obwohl auch klassisehe Lösungen existieren. Weiterhin folgt auch
nicht unrnittelbar, daB die Lösung, aufgefaSt als Funktion des Argu-
ments t mit Werten in L2 , stetig ist. Dazu benötigt man bereits einen
Satz aus der allgemeinen Theorie der partiellen Differentialgleichun-
gen (siehe LIONS [1] und LIONS-MAGENES [1J). Daher empfehlen wir also
dem Leser, der sich besonders für Systeme mit verteilten Pararnetern
interessiert, das äuBerst interessante Buch von LIONS [1].

Die verallgemeinerte FOURIER-Methode läuft darauf hinaus, daS man


eine partieIle Differentialgleichung als gewöhnliche Differential-
gleichung in einem BANACH-Raum X auffaBt. Im Falle der Gleichungen
(0.1) und(0.2) ergäbe dies etwa:

Ax mit A (0.3)

Nach der FOURIER-Methode wird dann der BANACH-Raum X in die Eigen-


räurne des Operators A zerlegt.

Unter der "Ableitung" der Funktion x(t) einer reellen Veränderlichen


t mit Werten in einem BANACH-Raurn X versteht man wie üblich den Grenz-
wert

dx lim x(t+h)-x(t) (0.4)


dt h+o h

Die in (0.3) auftretenden Operatoren A sind zwar stets linear, aber


im allgemeinen nicht stetig. Sie sind auch nur auf einem dichten
linearen Teilraum ~von X definiert, den sie nach X abbilden. Im
Falle der Differentialgleichungen (0.1) und (0.2) werden die verschie-
denen Räume ~ und X aus den Randbedingungen bestirnrnt. Dabei wird es
hier irnrner so sein, daS die Lösung x in einer gewissen Linearmannig-
faltigkeit VCX verläuft, die sich in naheliegender Weise aus den
Randbedingungen bestirnrnt.

§ Basen in BANACH-Räurnen

Es sei X ein BANACH-Raum. Dann heiSt eine Folge {en}CX von Elementen
aus X eine "SCHAUDER-Basis" (kurz "Basis") für X, wenn sich jedes
x E X eindeutig in Form einer Reihe
327

x I
i=1
t.e.
1 1
(1 • 1 )

darstellen läBt.

Offensichtlich ist jede Basis eines endlich-dimensionalen BANACH-Rau-


mes auch eine SCHAUDER-Basis.

Beispiel VII.1.1.
In den Räumen ~,~2 und Co ist die Folge {en} mit

en { 0, .•• ,0 0,0,1,0... O, ... }


~
n-te Stelle

eine Basis.

Beispiel VII.1.2.
Im Raum L 2 [-TI,+TI] ist {en}' n=O, +1, -1, +2, -2, ... eine Basis, wo-
bei

(a) für den Skalarenkörper der komplexen Zahlen

int
e

(b) für den Skalarenkörper der reellen Zahlen

nt , für n < 0

nt für n > 0 ist.

Wir beweisen nun einige grundlegende Ergebnisse über Basen.

Dazu sei X ein BANACH-Raum und {en} e X eine Basis für X. Für jedes
n=1,2, ..• setzt man dann

n
Pn(x) = I tie i , wobei x
i=1

Für die Operatoren Pn gilt nun:

Satz VII.1.1. (SCHAUDER [1])


Die Operatoren Pn sind stetig, und ihre Normen sind gleichmäBig be-
328

sehränkt.

Beweis:
Es bezeiehne X1 = Linm{e n } den Raum aller soleher Folgen y = {nn}'
m

für die die Reihe L n.e. konvergiert. Aus der Linearität des Limes
i=1 1 1
folgt zunäehst, daS X1 ein linearer Raum ist. Wir führen nun auf X1
die Norm
n
IYI* = sup I I nie i l (1.2)
n i=1

eino X1 ist dann bezüglieh dieser Norm ein normierter Raum. Wir zei-
gen, daS er aueh vollständig ist, also daB X1 ein BANACH-Raum ist.

Dazu sei yk = {n~} eine CAUCHY-Folge aus X1 • Dann existiert zu jedem


e>O eine natürliehe Zahl mo' so daB für alle m,k~mo

(1 .3)

Dies heiBt, daB für alle n=1,2, •••

(1 .4)

Da e>O beliebig ist, folgt hieraus, daB f.ür jedes n=1, 2, ••• die Ska-
larenfolge {n m} eine CAUCHY-Folge ist. Da der Skalarenkörper valI-
n
ständig ist, existiert alsa

(1 .5)

Geht man nun in (1.3) bezüglieh k zum Limes über, dann erhält man
für alle m>m
-0

(1 .6)

Setzt man al so

dann hat man naeh (1.6) für alle n,r und alle m>m
-0
329

Also ist für alle m1~mo {S:1} eine CAUCHY-Folge in X. Es existiert


daher ein N, so daE für alle n,r~N

(1 .8)

ist. Zusarnrnen mit (1.7) ergibt dies

(1 .9)

Darnit ist gezeigt, daE L n. e . konvergiert, d.h. y


i=1 1. 1.

Aus (1.6) folgt nun für alle m~mo:

d.h. X1 ist vollständig.

Nun sei A der durch

(1.10)

definierte Operator von X1 nach X.

Nach Definition von X1 ist A auf ganz X1 erklärt. Weiterhin ist A


linear und wegen

(1.11)

auch stetig. Aus der Definition der Basis folgt noch, daB A bijektiv
ist.

Also ist nach dem Satz von BANACH (Korollar III.2.2) auch der inverse
-1
Operator A stetig.

Aus (1.11) folgt nun, daE für jedes n=1 ,2, •.• und jedes

x = L ni ei ( X
i=1
n
II Pn (xlii = I L nieJ -< !lY 11* IIA- 1 (x) 11* < IIA- 1 11'llxll (1 .12)
i=1
330

Daraus folgt aber

(1.13)

Korollar VII.1.2.
Die Entwicklungskoeffizienten bezüglich der Basis {ei} sind stetige
lineare Funktionale auf X. Sie heiBen "Basisfunktionale".

Der folgende Satz kann als Umkehrung von Satz VII.1.1 angesehen wer-
den.

Satz VII. 1 .3.


Es sei X ein BANACH-Raum und {en} eine Folge linear unabhängiger Ele-
mente von X. Ferner sei Xo Lin{e n }, und für jedes n=1,2, .•. sei Pn
der durch

falls m < n
Pn (x) (1.14)
falls m > n

m
mit x = iI t i e i EX o definierte lineare Operator von Xo nach Xo. Nun
1
versehe man Xo mit der von X induzierten Norm. Wenn es dann ein M>O
gibt, so daB für alle n=1 ,2, .•. stets IIPnl::.M ist, dann ist {en} eine
Basis im AbschluB von Xo' also in Xo.

Beweis:
Es sei wieder X1 = Linoo{e n } der lineare Raum aller solcher Elemente
von X, die sich als konvergente Reihe der Form

x 2
t.e.
i=1 ~ ~
(1.15)

schreiben lassen.

Angenornrnen, es gibt ein M>O, so daB für alle n=1, 2, . •• stets II Pn !::'M
ist. Dann zeigen wir, daB die Folge {e } aus stark linear unabhängi-
n
gen Elementen besteht. Dabei heiBt stark linear unabhängig, daB aus

2 t.e.
i=1 l ~
= 0 stets t.=O, i=1,2, ... folgt.
~
331

Angenommen, die Elemente der Folge {en} seien nicht stark linear un-
abhängig. Dann existiert eine Skalarfolge {t?}, deren Elemente nicht
oo ~

sämtlich Null sind, mit L t?e. = O. Da nicht alle t? verschwinden,


i=l ~ ~ ~
gibt es ein n, so daB für alle m>n

m
a = P ( L t?e.)
n i=l ~ ~
+ O.
m
Wegen lim L t?e. = 0 widerspricht dies jedoch der Stetigkeit von Pn'
m i=l ~ ~
Dami t ist gezeigt, daB unter der Voraussetzung I Pn II::..M die Elemente
en stark linear unabhängig sind.

Die Operatoren Pn lassen sich also auf Xl durch

n
P(Lt.e.)
n i=l ~ ~
L t.e.
i=l ~ ~

fortsetzen.

Wir führen nun auf Xl eine weitere Norm

n
Ilx I'" sup i L t. e. i (1.16)
n i=l ~ ~

eino Dabei ist wieder x L t.e ..


i=l ~ ~

Den Raum Xl' versehen mit der Norm (1.16) bezeichnen wir mit X2 •

Nach Definition von ~x~'" gilt zunächst

Da für alle n=l ,2, .•• aber IIPnb..M ist, gilt

lxii'" ::.. M·llxll· (1.17)

Also sind die Normen ~ und II i* äquivalent und somit die Räume Xl
und X2 isomorph.

Aus dem Beweis von Satz VII.l.1 folgt nun, daB X2 vollständig ist.
Damit ist auch Xl vollständig, d.h. es ist Xl = Xo • Weiter folgt nun
aus der Definition von Xl und der starken linearen Unabhänigkeit der
332

Elemente en' daS {en} eine Basis für X1 ist ••

Eine Folge {en} von Elementen eines BANACH-Raumes X heiSt eine "Basis-
folge" genau dann, wenn sie eine Basis in dem von ihr erzeugten Raum
X1 = Lin{e n } ist.

In dieser Terminologie lautet dann Satz VII.1.3 folgendermaSen:

Satz VI!.1.3'.
Wenn für die Normen der Operatoren Pn eine gemeinsame Schranke exi-
stiert, dann ist {en} eine Basisfolge.

Korollar VII.1.4.
Es sei X ein BANACH-Raum und {en} eine Folge von Elementen aus X. Die
Folge {en} ist genau dann eine Basis für X, wenn

(a) Lin{e n } dicht in X ist

und

(b) eine Konstante M>O existiert, so daS für alle m,n mit m>n die Un-
gleichung
n m
It.~ e.~ ~
Ii=1 ~ It.~ e.~ II
M·I i=1
gilt.

Beispiel VII.1.3.
Es sei Hein HILBERT-Raum und {en} eine Folge von paarweise orthogo-
nalen Elementen aus H, al so <en,em> = 0, für min. Wir zeigen nun,
daS {en} eine Basisfolge ist. Da {en} eine Orthogonalfolge ist, gilt
für jedes n=1,2, •••

I
I i=1 t.e·1
~ ~
I t.e.,
=~< i=1 ~ ~

Also ist für alle m>n


333

1st also Lin{e n } dicht in H, dann ist {en} eine Basis für H, die auch
"Orthogonalbasis" genannt wird.

Eine Orthogonalbasis heiBt "Orthonormalbasis", wenn zusätzlich noch


len~ = 1 gilt für alle n=1,2, •••• Existiert für einen HILBERT-Raum
Heine Orthonormalbasis {e }, dann liegt für jedes x f H die Folge der
n
Entwicklungskoeffizienten {e n } in 121 dabei ist e n = <x,e n >. Offen-
sichtlich gilt dann Ixl H = ~{cn} 112 •

Nun seien X und Y BANACH-Räume. Ferner sei {en} eine Basis für X und
{fn} eine Basis für Y. Dann heiBen die Basen {en} und {fn} "äquiva-
oo
lent", falls die Reihe l t.e. genau dann konvergiert, wenn die
i=1 ~ ~
Reihe l t.f. konvergiert.
i=1 ~ ~

Satz VIL1. 5.
Es sei {en} eine Basis des BANACH-Raumes X, die äquivalent zu einer
Basis {fn} des BANACH-Raumes Y ist. Dann ist X isomorph zu Y.

Beweis:
Es bezeichne X1 (bzw. Y1 ) die Menge aller solchen Folgen ~={~i} (bzw.
oo oo

n={n i }), für die die Reihe l ~ie. (bzw . . l niei) konvergiert. Wir
i=1 ~ ~=1
versehen nun X1 (bzw. Y1 ) mit der Norm
n
hl x sup I i=1
l ee.
~ ~
I (1.18)
n
(bzw.
n
hl y sup II) nifill) (1 .18' )
n ~=1

Dann folgt aus dem Beweis von Satz VII.1.1, daB die Räume X und X1
und die Räume Y und Y1 zueinander isomorph sind.

Da die Basen {en} und {fn} äquivalent sind, bestehen die beiden Räume
X1 und Y1 aus der gleichen Menge von Skalarenfolgen. Weiterhin folgt
aus Korollar VII.1.2, daB die Basisfunktionale ~i' bzw. ni' in bei-
den Topologien stetig sind.Da diese jedoch auf X1 und Y1 eine totale
Familie sind, folgt aus Korollar 111.2.4', daB X1 und Y1 isomorph
sind ••
334

Satz VII.1.6. (KREIN-MILMAN-RUTMAN [1])


Es sei X ein BANACH-Raum, und {e n } mit le n ~=1 sei eine Basis für X.
Ferner sei {fn} eine Folge von stark linear unabhängigen Elementen
von X, so daS die Reihe

i=1
L le.~ - f. I
~
(1 .19)

konvergiert. Dann ist auch {fn} eine Basis für X.

Beweis:
Es sei M = supIPn~. Da nach Voraussetzung die Reihe (1.19) konver-
n
giert, existiert ein N, so daS

(1.20)

Nun sei

und

Wir zeigen nun, daS {fN' f N+ 1 , ••• } eine Basis für Y1 ist, die äquiva-
lent zur Basis {eN' e N+ 1 , ••• } von X1 ist.

Dazu beachte man zunächst, daS nach der Dreiecksungleichung für alle
n,n I mit n I >n>N
n' n' n'
I L t.e.11
i=n ~ ~
- L It·llf.~
i=n ~
- e.11 ~
~
I L
i=n
t. f.
~ ~
I (1 .21)

n' n'
< IL t.e·1 + L It. II f. - ei I·
i=n ~ ~ i=n ~ ~

Da für alle i=1,2, ••• stets le i l=1 ist, folgt aus (1.4)
n'
I i=n
L t .e. II
~ ~
i n,n+1, ••• ,n ' • (1.22)

Also:
n' n'
L It·I·lf.~
i=n ~
- e·11
~
< 2M.KN·11 I
i=n
t.e. ~
~ ~
(1.23)
335

Für 8=~.2M<1 folgt dann aus (1.21)

n' nl nl
(1-8) I L t.e. ~ < i L t.f .11 ~ (1+8) I L t.e.1 (1 .24)
i=n ~ ~ i=n ~ ~ i=n ~ ~
oo
Dies bedeutet aber, daB die Reihe L t.f. genau dann konvergiert,
oo i=N ~ ~
wenn die Reihe L t.e. konvergiert. Weiterhin folgt noch aus (1.24),
i=N ~ ~
daB für alle n,m mit N~n~m

n n m
II L t.f·11 ~ (1+0)11 L t.e·ll ~ M(1+8)11 L t.e·11 (1 .25)
i=N ~ ~ i=N ~ ~ i=N ~ ~
m
< M(1+8)
- 1-6 Il L t. f. ~
i=N ~ ~

Dies bedeutet, daB {fN' f N+ 1 , •.• } eine Basis für Y1 ist.

Oa nach Voraussetzung die f n stark linear unabhängig sind, gilt für


alle i=1, ••• ,N-1 fi~ Y1 • Da Y1 EY abgeschlossen ist, existieren al so
Fi € Y*, i=1, ••• ,N-1 mit

für i j
[ 1
F i (f j ) (1 .26)
0 für i f j und j 1, ..• ,N-1

und

F i (Y) 0 für y € Y 1 • (1.27)

Nun sei Y 2 00der Raum aller Y EY, die sich als konvergente Reihe der

Form Y = L t.f. darstellen lassen. Ferner sei Qn von Y2 nach Y2


i=1 ~ ~
durch

n
Q(Lt.f.) L t.f.
n i=1 ~ ~ i=1 ~ ~

definiert.

Dann folgt zunächst aus (1.26) und (1.27), daB für alle n=1,2, ... ,N-1
die Operatoren Qn stetig sind. Weiter folgt aus (1.25), daB für alle
n>N stets
336

I Qn I <
-
IQ
N-1 u
II + 2M ( 1 H
(1-5)
) • (1 .28)

Also existiert für die Normen der Operatoren Qn eine gemeinsame


Schranke. Damit ist nach Korollar VII.1.4 die Folge {f n } eine Basis
für Y2'

Um zu zeigen, daB {f } auch eine Basis von X ist, genügt es zu zeigen,


n
daB Y2 gleich Y ist. Dann ist nämlich Lin{f n } dicht in X, und nach
Korollar VII.1.4, ist {f } eine Basis von X.
n

Angenommen, die Kodimension von Y1 sei nicht (N-1). Dann ist


yo = L~nte1,···,eN_1' Y1} nicht der gesamte Raum X. Es existiert al so
ein x o € X mit I x o 11=1 und

(1 .29)

Nun stellen wir x o als konvergente Reihe bezüglich der Basis {en}
dar, also

L tC:>e .•
i=1 ~ ~

Setzt man nun

(1.30)

dann ist offensichtlich

(1 .31 )

im Widerspruch zu (1.29) ••

Aus Formel (1.24) folgt übrigends immer, daB die Elemente


{fN' f N+1 ,···} stark linear unabhängig sind. Ohne näher darauf einzu-
gehen, bemerken wir noch folgendes: Man kann zeigen, daB {f } be-
n
reits eine Basisfolge ist, wenn nur die Summe (1.19) hinreichend klein
ist. Dazu benötigt man nicht die Annahme, daB die f n stark linear
unabhängig sind.

Für HILBERT-Räume läBt sich noch ein zum Satz von KREIN-MILMAN-RUTMAN
337

verwandter Satz herleiten:

Satz VII.1. 7. (SINGER [1])


Es sei Hein HILBERT-Raum und {en} eine Orthonormalbasis von H. Ferner
sei {fn} eine Folge von stark linear unabhängigen Elementen von H mit

r ~e
i=1 n
- f
n
~2 < +'" • (1.32)

Dann ist {fn} eine Basis von H, die zur Basis {en} äquivalent ist.

Beweis:
Wir zeigen zunäehst, daB die Folge {f } eine Basisfolge ist, falls
n
die Summe (1.32) kleiner als 1 ist.

Dazu sei

i 1 ,2, •••

und

(1 .33)

Aus der SCHWARZsehen Ungleiehung und Formel (1.33) folgt dann

(1 .34)

n 2)1/2 n
~e. ( llt.1 = e'l l t.e.1 .
i=1 ~ i=1 ~ ~

Aus (1.34) und der Dreieeksungleiehung folgt dann für alle n und alle
n-Tupel {t 1 , ••. ,t n } von Skalaren:

n n n
(1-e)11 l t.e.11
i=1 ~ ~
~ l i=1
l t.f.~
~ ~
~ (1+e) I i=1
l t.e.11
~ ~
(1.35)

Hieraus erhält man, daB für alle n,m mit m~n

Naeh Satz VII.1.3 heiBt dies, daB {f } eine Basisfolge ist.


n
338

Nun sehen wir uns den allgemeinen Fall an. Zunächst existiert nach
(1.32) ein N mit

1
< -
2
(1.36)

Aus dem eben Gezeigten folgt dann, daB {fN' f N+ 1 , ... } eine Basisfolge
ist. Genauso wie beim Beweis von Satz VII.1.6 zeigt man dann noch,
daB Lin{f } in H dicht ist . •
n

§ 2 Eigenwerte und Eigenvektoren

Es sei X ein BANACH-Raum über dem Körper der reellen oder komplexen
Zahlen und DACX eine lineare Teilmenge von X. Ferner sei A ein line-
arer Operator von DA nach X. Man bezeichnet dann DA als den "Defini-
tionsbereich" von A. (Wir bemerken ausdrücklich, daB wir weder die
Abgeschlossenheit von DA noch die Stetigkeit von A fordern.) Dann
heiBt jede Zahl A des Skalarenkörpers, zu der es ein XA~DA"{O} mit

(2.1)

gibt, ein "Eigenwert" von A. Das Element x A wird als "Eigenvektor"


von A zum Eigenwert A bezeichnet.

Beispiel VII.2.1.
Es sei X = C (O,T] der BANACH-Raum aller auf [O,T] definierten steti-
gen reellwertigen (bzw. komplex-wertigen) Funktionen und A = ~t'
Dann besteht der Definitionsbereich DA von A aus allen solchen Funk-
tionen von X, die stetig differenzierbar sind. Man sieht leieht, daB
sowohl im reellen, wie im komplexen Fall jeder Skalar A ein Eigenwert
von A ist. Ein zugehöriger Eigenvektor wird durch x A = e At gegeben.

Beispiel VII.2.2.
Wie im vorigen Beispiel sei wieder X = C r,T]; jedoch sei jetzt
d2
A = ---2' Dann besteht der Definitionsbereich DA von A aus allen
dt
solchen Funktionen von X, die zweimaI stetig differenzierbar sind.
Auch in diesem Fall ist wieder jeder Skalar A ein Eigenwert, zu dem
allerdings bis auf A=O stets zwei linear unabhängige Eigenvektoren
.
existieren. Im komplexen Fall sind es die Funktlonen +fit • Im reel-
e-
+lXt
len Fall gehören zu A~O die Eigenvektoren e- und zu A<O die Eigen-
vektoren sin/TiTt und cos/TiTt.
339

Beispiel VII.2.3.
Nun sei Xc C(O,T] der Teilraum aller stetig differenzierbaren reell-
wertigen Funktionen x mit x(o) = x(T) und x' (0) = x' (T). Man sieht
sofort, daS X mit der induzierten Norm ein BANACH-Raum ist. Wie im
d2
obigen Beispiel sei A ---2 und DA der lineare Raum aller zweimal
dt
stetig differenzierbaren Funktionen aus X. Mit Hilfe einer leichten
Rechnung sieht man dann, daS die Eigenwerte von A genau die Zahlen

n 1 ,2, •••

sind. Zu jedem Eigenwert An gehören zwei linear unabhängige Eigenvek-


toren, nämlich

sin 2n~ t und eos 2n~ t


T T
2
Für T = 2~ ist A - n , und die Eigenvektoren sind die Funktionen
n
sin nt und eos nt.

Nun sei wieder X ein BANACH-Raum und A ein linearer Operator mit
Werten in X und Definitionsbereich DA e X. Weiter nehmen wir an, daS
die Eigenvektoren {en} von A ein~ Basis im Raum X bildene Dann läSt
sich jedes x!X in der Form x = L t.e. schreiben, und für den Ope-
i=1 ~ ~
rator A gilt:

A( L t.e.) i=1
L A.t.e. (2.2 )
i=1 ~ ~ ~ ~ ~

Dabei ist wieder Ai der Eigenwert von A zum Eigenvektor e .• Die Dar-
~
stellung des Operators A in der Form (2.2) heiBt die "Diagonalgestalt"
von A.

Auf dieser Darstellung des Opearotors A in Diagonalgestalt beruht


nun ein Lösungsverfahren für die Differentialgleichung (0.3).

Dazu setzen wir voraus, daS überhaupt eine Lösung von (0.3) existiert,
und daS sich der Operator A in Diagonalgestalt darstellen läSt.

Es existiert also für X eine Basis { e },die genau aus den Eigenvekto-
n
ren von A besteht. Die Folge der zugehörigen Basisfunktionale sei
{f }. Dann läSt sich jedes x E X in der Form
n
340

x L f. (x) e.
i=1 ~ ~

darstellen. Wir haben nun vorausgesetzt, daB die Differentialglei-


chungen (0.3)

dx Ax)
dt

mit der Anfangsbedingung

x(O) = X o (bzw. x(O) (2 .3)

eine Lösung r hat. Wendet man nun auf beide Seiten der Differential-
gleichung (0.3) das Funktional f i an und setzt Yi = fi(rl, dann er-
hält man eine unendliche Folge von Differentialgleichungen

(2.4 l

mit den Anfangsbedingungen

(II.
I ~
(0) = f. (x )
~ 0
(bzw. Yi(O) = r
fi(x o ) und ddt i \ = f i (x 1 l), i=1,2, •••
o
Jede dieser Differentialgleichungen kann einzeln gelöst werden. Die
Lösung sei etwa ri (t) .

Als mögliche Lösung von (0.3) bietet sich dann die Funktion

(II(t) =
I
L IP.
i=1! ~
(tl e.
~
(2.5)

an.

Wir werden in diesem Kapitel keinen allgemeinen Satz über die Exi-
stenz einer Lösung der Form (2.5) für die Differentialgleichung (0.3)
beweisen. Vielmehr werden wir uns stets nach (2.5) einen Lösungsan-
satz verschaffen, von dern wir dann im konkreten Fall nachweisen wer-
den, daB er auch eine Lösung ist. Dabei treten jedoch noch einige
prinzipielle Schwierigkeiten auf.

Zunächst ist bei vielen Differentialgleichungen der Form (0.3), die


von praktischen Problernen herkommen, die Situation komplizierter als
341

wir es eben geschildert haben. Oft bilden nämlich die Eigenvektoren


des Operators A keine Basis für X, sondern eine Basis in einem BANACH-
Raum Y, der X als lineare Teilmenge enthält. Darüberhinaus ist die
von Y auf X induzierte Topologie schwächer als die Topologie von X.

Beispiel VII.2.4.
Es seien X und A wie in Beispiel VII.2.3. Der Einfachheit halber sei
noch T 2~. Dann ist die Folge der Eigenvektoren {e } des Operators
n
A also

!! t für n 2k, k 0,1, •••


e ( c~s 2
n n-1
s~n -2- t, für n = 2k+1, k 1 ,2, •••

keine Basis im Raum C[0,2~], wohl aber eine Orthogonalbasis im Raum


L2[0,2~J. Weiterhin istC[O,2~] eine lineare Teilmenge von L2[0,2~),
und die von L2[o,2~J auf C[0,2~J induzierte Topologie ist schwächer
als die ursprüngliche Topologie von C[O,2~).

In diesem Fall kann man dann so vorgehen. Zunächst beachte. man, daS
die Basisfunktionale f i E Y* auch auf dem Raum X stetig sind. Man kann
also wieder auf beiden Seiten von (0.3) die Funktionale f i anwenden,
und erhält somit die unendliche Folge von Differentialgleichungen
(2.4) mit den entsprechenden Anfangsbedingungen.

Den Nachweis, daS (2.5) eine Lösung von (0.3) ist, erbringt man dann
wie folgt:

Wenn für jedes tf [O,T] die Reihe (2.5) in X konvergiert und ihre
Summe aus DA ist und überdies die Reihe

~ ,'. (t)e. (bzw. ~ tP'. (t)e. und ~ ,". (t)e.) (2.6)


i=1 ~ ~ i=1' ~ ~ i=1 ~ ~

in X konvergiert, dann ist (2.5) eine Lösung von (0.3) mit der An-
fangsbedingung (2.3).

Konvergiert jedoch eine der Reihen (2.5) oder (2.6) nicht in X, son-
dern nur in Y, dann erhält man eine "verallgemeinerte Lösung" von
(0.3). Genauer: Der Grenzwert der Reihe (2.5) in der Topologie von Y
heiBt dann eine "verallgemeinerte Lösung" von (0.3).
342

Wir wenden uns nun der inhomogenen Differentialgleichung

dx Ax + h(t) Ax + h(t» , tE[O,T), (2.7)


dt

mit der Anfangsbedingung (2.3) zu. Differentialgleichungen dieses


Typs treten bei der Bearbeitung von vielen praktischen Problemen auf.

Zunächst nehmen wir an, daS h~X ist. Dann kann man h (t) bezüglich der
Basis {e } in der Form
n

h(t) = I h (t)e (2.8)


n=1 n n

darstellen.

Angenommen, 'I sei eine Lösung von (2.7). Wendet man dann auf beide
Seiten von (2.7) die Basisfunktionale f i an und setzt i = fi(f?, Y
dann erhält man wieder eine unendliche Folge von Differentialglei-
chungen
2
d J'i
(bzw. - - (2.9)
dt 2
mit den Anfangsbedingungen

(bzw. ID. (0) = f.(x) und (I~(O) = f.(x 1 ». i=1,2, •••


'i ~ 0 I ~ ~

Wie im Falle der homogenen Differentialgleichung prüft man dann wie-


der nach, ob die Reihe (2.5) eine Lösung ist.

In vielen konkreten Fällen ist h(t) nicht aus X, sondern aus Y. Dann
kann man die ganzen Uberlegungen in Y durchführen und erhält höch-
stens eine verallgemeinerte Lösung von (2.7). Wir werden uns im fol-
genden fast nur für verallgemeinerte Lösungen interessieren.

Die Frage nach der Eindeutigkeit der Lösung wollen wir hier nicht dis-
kutieren, sondern auf die einschlägigen Lehrbücher über Differential-
gleichungen verweisen.
343

§ 3 Die Temperaturverteilung eines Stabes bei homogenen Rand-


bedingungen

Gegeben sei ein homogener Stab der Länge S, der an den Seiten gegen
Wärmeaustausch mit seiner Umgebung isoliert ist. Es soll also ledig-
lich an den beiden Enden des Stabes ein Wärmeaustausch stattfinden.

Nun sei x die Ortskoordinate im Stab. Mit Q(t,x) bezeichnen wir dann
die Temperatur zur Zeit t im Punkte x. Sie genügt der Wärmeleitungs-
gleichung

o < x < S. (3.1 )

Dabei ist a~O ein Koeffizient, der von der Wärmeleitfähigkeit des
Stabes abhängt (siehe etwa T1CHONOW und SAMARSK1 [1)).

Man kann jedoch ohne Beschränkung der AIIgemeinheit a=1 annehmen, da


unter der Transformation x'=lax die Gleichung (3.1) in

O<x'<las (3.1 ')

übergeht.

wir nehmen im folgenden stets an, daB a=1 ist. Für a+1 erhält man dann
die entsprechenden Formeln dadurch, daB man S durch la S ersetzt.

Wir beschreiben nun den Wärmeaustausch an den Enden des Stabes. Dieser
wird, sobald die Temperatur in der Umgebung des Stabes konstant Null
ist, durch die Randbedingungen:

aQI = a Q(t,O) bzw. ~QI = asQ(t,S) (3.2)


ax (t,O) 0 oX (t,S)

gegeben. Dabei sind a o für x=O und as für x=S Austauschkoeffizienten,


für die aufgrund der physikalischen 1nterpretation stets a~O und
a~O gilt.

1st etwa ao=O (bzw. aS=O), dann geht (3.2) in

lQl
3x (t,O)
= 0 (bzw. a Q
ax 1 (t,S)
= 0) (3.3)

über. 1st dagegen ao=+oo (bzw. aS=-oo), dann erhält man aus (3.2) die
344

Beziehung

Q(t,O) ° (bzw. Q(t,S)=O). (3.4 )

Durch (3.3) wird die vollständige Isolierung und durch (3.4) der voll-
ständige Wärmeaustausch beschrieben.

Die Randbedingungen (3.2) (und daraus folgend auch (3.3) und (3.4»
heiSen "homogene Randbedingungen".

Unsere Aufgabe besteht nun darin, für a=1 die Differentialgleichung


(3.1) unter der Anfangsbedingung

(3.5)

und den homogenen Randbedingungen zu lösen. Dabei wollen wir auch den
Fall der gemischten Randbedingungen betrachten, genauer: An einem
Ende des Stabes gelte z.B. Bedingung (3.3) am anderen Ende Bedingung
(3.4) .

GemäS den im vorherigen Paragraphen angegebenen Lösungsmethoden stel-


len wir daher (3.1) als Differentialgleichung in einem BANACH-Raum
dar, und konstruieren uns zunächst aus den Randbedingungen den ent-
sprechenden BANACH-Raum X

Wir beginnen mit dem einfachsten Fall: An beiden Enden des Stabes sei
die Randbedingung (3.4) erfüllt. Dann nimmt man für X den Raum

colo,s] = {F E c[o,s}: F(O) F (S) o}

aller stetigen Funktionen, die an den Endpunkten verschwinden, ver-


sehen mit der Supremumnorm

II F i = sup IF (x) I .
XE [0,s1
Man sieht sofort, daS C [O,SJ ein BANACH-Raum ist.
o

Komplizierter ist die Situation schon, wenn etwa im Punkte x=O die
Bedingung (3.3) und im Punkte x=S die Bedingung (3.4) erfüllt ist.
Dann nimmt man für X den Raum
345

x {f € C [0, SJ: f (S ) o und lim f(h)-f(O) O}


h+o h
h>o
aller stetigen Funktionen,die im Punkte S verschwinden und im Punkte
o eine verschwindende rechtsseitige Ableitung haben. X ist offensicht-
lich ein linearer Raum. Bezüglich der üblichen Supremum-Norm ist X
nicht vollständig. Führt man jedoch die Norm

I il = max (sup If (x) I, sup I f (X~ -f (0) I) (3.6)


o~x~S o<x~S

ein, dann erhält man einen BANACH-Raum.

Zunächst ist X bezüglich dieser Norm ein normierter Raum. Wir zeigen,
daB er auch vollständig ist. Dazu sei {fn} eine CAUCHY-Folge von Ele-
menten aus X. Nach (3.6) ist dann {fn} auch eine CAUCHY-Folge in der
Supremum-Norm und konvergiert daher gegen ein f E C [ 0, S J •

Zunächst ist f(S)=O. Wir zeigen nun, daB f in 0 eine verschwindende


rechtsseitige Ableitung hat.

Nach Voraussetzung ist {fn} eine CAUCHY-Folge in der Norm (3.6). Zu


E>O existiert also ein no' so daB für alle n,m mit n>m~no

n - f mI
If < E • (3.7)

Hieraus folgt für alle x € [0, S J

(3.8)

- (fm(x)-fm(O))
= I x

Oa fmeine in 0 verschwindende rechtsseitige Ableitung hat, gibt es


ein 0>0, so daB für alle x mit O<x~o

I fm (x) -fm (0) I (3.9)

Geht nun in (3.8) n+~, dann folgt aus (3.9) für alle x mit O<x<o
346

I f(X)~f(O) I < 2~ (3.10)

ist. Dies bedeutet aber, daS f im Punkte 0 eine versehwindende reehts-


seitige Ableitung hat. Damit haben wir gezeigt, daS f E X ist.

Zu zeigen bleibt noeh, daS {fn} gegen f in der Norm (3.6) konvergiert.

Aus (3.7) folgt zunäehst, daS für alle m~no und alle x E [O,S]

(3.11 )

Aus (3.8) und (3.11) folgt dann, daS bezüglie.h der Norm (3.6) für
alle m>n
-0

(3.12)

Damit ist die Vollständigkeit gezeigt.

Angenommen, an beiden Enden des Stabes sei die Randbedingung (3.3)


erfüllt. Dann nimmt man für X den Raum

X = ( f ec[o,s]: lim flh) -f (0) o und lim f(S-h)-f(S) o}


h-+o h h
h>o
aller stetigen Funktionen, deren einseitige Ableitungen an den End-
punkten versehwinden. Als Norm nimmt man:

If I max (sup
o~x~s
If (x) I sup
o<x<s
I f (xl -f (0)
x
(3.13 )

sup If (x) -f (S) I


o<x<s lx-sl

Man zeigt leieht, daS X mit dieser Norm ein BANACH-Raum ist.

lst weiterhin an beiden Enden des Stabes die Randbedingung (3.2) er-
füllt, dann nimmt man für X den Raum
347

x {f (C[O,SJ: lim f(h)-f(O) = et f(O)


h+O h 0
h::O
und lim f(S)-f(S-h)
h+O h
h>O

aller stetigen Funktionen, deren einseitige Ableitungen an den End-


punkten die Randbedingungen (3.2) erfüllen.

Als Norm nimmt man:

Iq = max (sup
o~x~S
If (x) I, sup
o<x<S
I
f(x)-f(O)
x - f (0) I' (3.14)

sup
o<x<S
I f(x)-f(S)
x-S - f(S) I)
Man zeigt wieder leieht, daS X mit dieser Norm ein BANACH-Raum ist.

Zu den restlichen Kombinationen der Randbedingungen konstruiert man


die BANACH-Räume X entsprechend. Der Operator A ist in jedem Fall
die zweite Ableitung. Der Definitionsbereich DAC X von A ist der line-
are Raum aller zweimal stetig differenzierbaren Funktionen von X,
deren zweite Ableitung zu X gehört.

Obwohl formal jedesmal derselbe Operator A benutzt wird, hat man es


de facto doch mit verschiedenen Operatoren zu tun, da die Definitions-
bereiche jeweils verschieden sind. Man erhält daherauch für die ver-
schiedenen Räume X verschiedene Folgen von Eigenwerten und Eigenvek-
toren von A.

Beispiel VII.3.1.
An beiden Seiten des Stabes seien die Randbedingungen (3.4) erfüllt.
Dann ist X = Co[o,SJ. Eigenwerte und Eigenvektoren von A findet man
nun so: Man bestimme alle solehe A,für die die Differentialgleichung

d2f AX (3.15)
dx 2

mit den Randbedingungen

f (0) f(S) 0

eine nicht verschwindende Lösung hat.


348

Die allgemeine Form einer Lösung von (3.15) ist für A>O

(3.16)

und für A<O

f(x) = a eos ITiTx + b sin /TITx. (3.17)

Die Bedingung f(O) = f(S) = 0 liefert für (3.16)

a+b = 0, ae lrs + be- Irs = 0 (3.18)

und für (3.17)

a = 0, b sin /TiTs = O. (3.19)

Nicht-triviale Lösungen existieren also nur, wenn A<O ist und


sin If):Ts O. Dies ist genau für die Werte
2
A - (~)
S 1 2 •••
,n="
n

und Aa = 0 der Fall. Zu An gehört als nicht-triviale Lösung

sin mrx , n=1 ,2, •••


S

zu Aa = 0 gehört di.e Lösung eo (t) = at+b.

Da eo nicht die Randbedingungen erfüllt, sind en' n=1,2, ••. ,die Eigen-
vektoren zu den Eigenwerten An' n=1,2, ••• von A.

Beispiel VII.3.2.
An beiden Enden des Stabes seien die Bedingungen (3.3) erfüllt, es
gelte also:

f I (0) = f I (S) = o.

Dann fOlgt aus (3.16) und (3.17), daB die Werte

, n=O, 1 ,2, •••


349

Eigenwerte sind, zu denen anders als im Beispiel VII.3.1 die Eigen-


vektoren

n x
eos -S , n=O, 1 ,2, .••

gehören.

Beispiel VII.3.3.
Ang enomme n , an einem Ende des Stabes, etwa bei x=O sei Bedingung
(3.4) erfüllt und am Ende bei x=S gelte Bedingung (3.3). Oann folgt
für >">0 aus (3.16) und (3.17)

a+b 0, O.

Oa dieses Gleichungssystem nur die triviale Lösung hat, gibt es keine


nicht negativen Eigenwerte von A. Für >"<0 erhält man

a = 0, bl'i"iT eos ~S O.

Also sind die Eigenwerte

2
>.. = - (~ (n - l)) n= 1 ,2 , ••.
n S 2

und die entsprechenden Eigenvektoren


1
'IT (n - '2)
sin x.
S

Beispiel VII.3.4.
Angenommen, an einem Ende des Stabes, etwa bei x=O sei Bedingung
(3.4) erfüllt und am anderen Ende bei x=S gelte Bedingung (3.2) mit
ClS<O.

Setzt man in Formel (3.16) x=O und differenziert (3.17) an der Stel-
le x=S, dann erhält man für >">0

a+b 0,
° (3.20)

Zusammenfassend ergibt sich

O. (3.21)
350

Da ~S<O ist, ist der erste Summand in (3.21) stets betragsmäBig


gröBer als der zweite, so daB für alle A>O die Gleichung (3.21) keine
Lösung hat.

Für A<O erhält man

a = 0, b/TiT eos /TiTs = ~S b sin /TiTs.

Also ergeben sich die Eigenwerte

2
- lJ n n=1,2, ••.

wobei die lJ n genau die positiven Lösungen der Gleichung

sind. Die Eigenvektoren sind die Funktionen

Da man für A=O als Lösung at+b erhält, ist AO=O kein Eigenwert.

Beispiel VII.3.5.
Angenommen, an einem Ende des Stabes, etwa bei x=O sei die Randbedin-
gung (3.3) erfüllt und am anderen Ende bei x=S gelte (3.2) mit uS<O.

Aus (3.16) und (3.17) folgt dann wieder durch Differenzieren an den
Stellen x=O und x=S für A>O

al>:' - bfi = 0, O. (3.22)

Für aiO folgt hieraus:

Wegen uS<O, ist der erste Summand gröBer als der zweite. Also existie-
ren keine positiven Eigenwerte.

Für A<O erhält man


351

b 0

a/"i"iT sin I"f"iTs = aS a eos I"f"iTS.

Daraus folgt, daB die Zahlen

2
An - Il n n=1 ,2, •••

Eigenwerte sind, wobei die Il n die positiven Lösungen von

(3.23 )

sind. Die zu An gehörenden Eigenvektoren sind dann

Wie oben zeigt man wieder, daB 1..=0 kein Eigenwert ist.

Beispiel VII.3.6.
An beiden Enden des Stabes sei die Bedingung (3.2) mit <lo>O und <lS<O
erfüllt.

Für 1..>0 erhält man durch Differentiation von (3.16) an den Stellen
x=O und x=S und Einsetzen in (3.2) das Gleichungssystem

a(lr-a o ) - b(/I+a o ) = 0
(3.24)
lrs -/Is
a(lr-as)e - b(lr+a s )e O.

Die Determinante ist gleich

Wegen <lo>O und <ls <0 ist der erste Summand wieder gröBer als der zvTei-
te. Mithin existiert für (3.24) nur die triviale Lösung. Es gibt also
keine positiven Eigenwerte.

Für 1..<0 erhält man die Gleichung


352

a(/TiT sin /TiTS+a s eos /TiTS)-b(!fiT eos /TiTS-a s sin !TiTS)=O.

Die Derterminante dieses Systems ist dann:

fi = /TiT(/TiT sin /TiTs + aS eos /TiTS)

Teilt man nun die Gleichung

fi 0

durch eos /TiTs und setzt ~=/TiT, dann erhält man

(3.25)

Die Eigenwerte sind dann A =_~2, wobei die ~ die Lösungen von (3.25)
n n n
sind. Für die zugehörigen Eigenvektoren ergibt sich

In den Beispielen VII.3.1 - VII.3.3 konnte man die Eigenwerte An ex-


plizit bestimmen. Bei den restlichen Beispielen traten in der Bestim-
mungsgleichung für ~ sowohl ~ als auch tg~ auf. Da man nun diese Glei-
chungen nicht explizit lösen kann, wollen wir uns mit dem asymptoti-
schen Verhalten der ~n beschäftigen.

Dazu bemerken wir zunächst, daB die Gleichung

äquivalent zu der Gleichung

_1.l_ = ctg~S
las I
ist. Deren Lösungen 1.ln sind aber genau die SChnittpunkte des Cotan-

gens mit der Geraden y


x
Hieraus folgt, wie Abb. VII.3.1

zeigt, daB
353

lim(llnS- (n-1) lf) o (3.26)


n+ co

Il

Abb. VII. 3 . 1

Verfährt man mit der Gleichung

entsprechend, dann erhält man für das asymptotische Verhalten der


Wurzeln

o (3.27 )

(siehe Abbildung VII.3.2)

....... ........

Abb. VII. 3 .2
354

Die Gleichung (3.25) läBt sich äquivalent zu

umforrnen. Da uo-uS>O und US<O ist, strebt für ~+O die rechte Seite
gegen -roo (Siehe Abbildung VII.3.3). Man erhält also auch in diesem
Falle für die Wurzeln ein entsprechendes asymptotisches Verhalten.

Abb. VI1. 3 .3

Wir gehen nun zur Lösung der Differentialgleichung

dx
Ax
dt

im BANACH-Raum X über. Dabei ist X der zu den Beispielen VII.3.1-


VII.3.6 eingangs konstruierte BANACH-Raum. Um diese Gleichung mit der
verallgemeinerten FOURIER-Methode zu lösen, hat man noch einen BANACH-
Raum Y zu bestimmen, der X als lineare Menge enthält und für den die
Folge der Eigenvektoren {en} eine Basis ist.

Wir zeigen nun, daB man für alle Räume X, die in den Beispielen
VII.3.1 - VII.3.6 auftreten, als Y stets den Raum L 2 [O,S) nehmen kann.

Für die Beispiele VII.3.1-VII.3.3 ist das klar, denn die Folgen

sin S
n1TX ' n= 1 , 2 , ••• (Beispiel VII.3.1)

und
355

n1Tx
en(x) = eos --8- , n=O,1,2, •.. (Beispiel VII.3.2)

sind Orthogonalbasen im Raum L2 [O,8).

Ebenfalls zeigt man leieht, daB auch die Folge


(n- .1.)
2
1TX
en(x) = sin , n= 1 ,2 , ..• (Beispiel VII.3.3)
8

eine Orthogonalbasis im Raum L 2 [O,8) ist.

Wir zeigen nun, daB auch die Folgen der Eigenvektoren {en} aus den
Beispielen VII.3.4-VII.3.6 eine Orthogonalbasis im Raum L 2 [O,8] bil-
den. Dazu benötigt man einige einfache Fakten: 8eien f,g E X zweimaI
stetig differenzierbare Funktionen, wobei X einer der Räume aus den

I:
Beispielen VII.3.4-VII.3.6 ist. Dann ist zunächst
8 8
Jf"(x)g(x)dx f' (x) g (x) Jf' (x)g' (x)dx

I: - I:
o o

= f' (x) g (x) f (x) g' (x) + !f (x) gil (x) dx.

Wir zeigen nun, daB


8 8
f'(X)g(X)l o - f(X)g'(X)l o 0

gilt.

Zunächst beweisen wir es für die Randwertbedingungen (3.2). In diesem


Fall ist nämlich:
8 8
f' (x) g (x) 10 - f (x) g' (x) 1 0 f' (8)g(8) - f' (O)g(O)

- f(8)g'(8) + f(O)g'(O)

Die restlichen Fälle ergeben sich genauso. Man beachte dazu noch,
daB (3.3) ein 8pezialfall von (3.2) ist. Für Bedingung (3.4) erhält
man das Ergebnis ebenfalls sehr einfach. Folglich gilt al so für alle
356

Räume X

S S
Jf"(x)g(x)dx Jf(x)g"(x)dx.
o o
FaBt man nun X als lineare Teilmenge von L 2 [O,S) auf und ist DAC X
der Definitionsbereich von A, dann kann man die obige Beziehung auch
in der Form

<Af ,g> <f,Ag)

schreiben.

Allgemein nennt man einen Operator A der auf einer linearen Teilmen-
ge OA eines HILBERT-Raumes H definiert ist und die Eigenschaft (*)
besitzt "symmetrisch".

Nun sei A ein symmetrischer Operator. Ferner seien en und e m Eigen-


vektoren von A, die zu verschiedenen Eigenwerten An und Am gehören.
Dann sind die Eigenvektoren en und e m zueinander orthogonal. Es ist
nämlich:

An <e n , e m>= <Ae n , e m> = <e n ,Aem> = >,


Am(e n , e m

und wegen A f A folgt hieraus < e , e > = O.


n m n m

Oa wir gezeigt haben, daB der Operator A für alle in den Beispielen
VII.3.4-VII.3.6 auftretenden Räume symmetrisch ist, ergibt sich aus
der obigen Bemerkung, daB die zugehörigen Eigenvektoren {en (x) } stets
eine Basisfolge in L 2 [O,S] sind.

Wir zeigen nun, daS die Eigenvektoren von A auch eine Basis im
L 2 [O,S) sind. Dazu benutzen wir Satz VII.1.7.

Wir beginnen mit Beispiel VII.3.5.

Lemma VII.3.1.
Die positiven Lösungen ~n der Gleichung ~tg~S = lasi seien der GröBe
nach angeordnet. Dann existiert eine positive Konstante e, so daS
für alle n=1,2, ..•
357

(3.29)

gilt.

Beweis:
Der erste Teil der Ungleichung folgt aus Abbildung VII.3.1. Wir zei-
gen nun den zweiten Teil.

Zunächst liegt die n-te Wurzel ~n im Intervall [nn, (n+ t)n]. Für
alle ~. S E [nn, (n+ t) nJ ist offensichtlich

tg~S > (~S-nn).

Daher ist ~n kleiner als diejenige Wurzel der quadratischen Gleichung

(3.30)

die in [nn, (n+ t) n] liegt. Diese Wurzel ist aber

nn + /(nn)2+ 41 a s Is
a
n
2S

Aus ~n ~ an folgt nun:


nn +
~ S - nn < a S - nn - nn
n n 2

/(nn)2+ 4lasls~nn 1 I asi S


< ---
2 2" nn


Lernrna VI1. 3 • 2 .
Die positiven Lösungen ~n der Gleichung ~ctg~S = aS seien der GröBe
nach angeordnet. Dann existiert eine positive Konstante e, so daB
für alle n=1,2, .••

(3.31)

gilt.
358

Der erste Teil dieses Lemmas folgt aus Abbildung VII.3.2. Der zweite
Teil der Ungleiehung wird genausa wie Lemma VII.3.1 gezeigt.

Lemma VII.3.3.
Die positiven Lösungen ~n der Gleiehung

(3.25)

seien der GröBe naeh angeordnet. Dann existiert eine positive Kon-
stante e, und ein Index no' so daB für alle n~no

(3.32)

gilt.

Beweis:
Die Gleiehung (3.25) ist äquivalent zur Gleiehung

(3.28)
~

Da (ao-a s )>0 und aS<O ist, ist die reehte Seite dieser Gleiehung eine
monoton waehsende Funktion, die sich asymptotiseh der Geraden ---~-­
ao-aS
nähert. Man kann al so für hinreiehend groBe ~ die reehte Seite von
(3.28) durch ---~-- ersetzen und erhält dann wie in Lemma VII.3.1 die
ao-aS
Ungleiehung (3.32) • •

Aus dem Lemmata VII.3.1-VII.3.3 folgt nun:

Lemma VII.3.4.
Die positiven Lösungen ~n der Gleiehung

(3.23)

seien der GröBe naeh geordnet. Dann existiert eine Konstante '"
e>o,
so daS für alle n=1,2, ••••

'"
- eos n s1T x I ::.. e
I eos ~nx n

Dabei ist I ~ die Norm im HILBERT-Raum L2 [O,S).


359

Beweis:
Zunäehst ist

Also ist naeh Lemma VII.3.1 für genügend groBe ~

leos ~nx - eos ~xl ~ 21sin ~ (~n-~u) xl <

< 2.11~ ~I.s


2 n S
< I~ n S-nul < C
n

Hieraus folgt nun sofort die Behauptung. _

Lemma VII.3.5.
Die positiven Lösungen ~n der Gleiehung

seien der GröBe naeh angeordnet. Dann existiert eine Konstante '"
C>O,
so daB für alle n=1,2, •••

<n-1 ) ux '"
C
I sin ~nx - sin ~ I < -.
n

Dabei ist I I die Norm im Hilbert-Raum L 2 [O,S].

Der Beweis dieses Lemmas verläuft genausa wie der von Lemma VII.3.4.
Hierbei ist der Sinus an Stelle des Cosinus abzusehätzen und statt
Lemma VII.3.1 benötigt man Lemma VII.3.2.

Lemma VII.3.6.
Die positiven Lösungen ~n der Gleiehung

'"
seien der GröBe naeh angeordnet. Dann existiert eine Konstante C>O
und ein Index no' so daB für alle n > no
360

"-
I en (x) - eos n~xll < ~

Dabei ist

und I I ist die Norm im Hilbert-Raum L 2 [O,S].

Beweis:
Aus lim(lIn-JJn) o und der Definition von en folgt die Existenz einer
n "-
Konstante e1 mit

"-
et e1
I en (x) - eos JJnxll II~ sin JJ n xii <
n
(3.33 )
JJ n

Weiterhin folgt mit der Beweismethode von Lemma VII.3.4 aus Lemma
VII.3.3 die Existenz einer Konstanten e 2 >o mit

e2
I eos JJnx - eos n;xll < n (3.34)

Aus den Formeln (3.33) und (3.34) folgt dann die Behauptung. _

Aus Lemma VII.3.4 - VII.3.6 und Satz VII.1.7 folgt nun unmittelbar:

Satz VII.3.7.
Die in den Beispielen VII.3.4 - VII.3.6 angegebenen Folgen {en} von
Eigenvektoren bilden eine Orthogonalbasis in L 2 [O,S].

Zur Lösung der Differentialgleiehung

dQ
dt AQ

mit der Anfangsbedingung Q(O) = QOE X kann man nun die verallgemei-
nerte FOURIER-Methode benutzen. Wir bemerken noeh einmal, daB X einer
der in den Beispielen VII.3.1 - VII.3.6 auftretenden Räume ist und A
den dureh die zweite Ableitung definierten Operator darstellt. Als Y
361

nimmt man L 2 [o,sl. Dann ist XCY eine lineare Teilmenge und die Eigen-
vektoren en von Abilden eine Orthogonalbasis, die zur üblichen Ortho-
normalbasis des L 2 [O,S] äquivalent ist. Dabei haben wir die Folge {en}
so gewählt, daB 0 < infilenii < supllenll < +ex>.
n n

Nun kann man Qo e X e Y bezüglich der Basis {en} in der Form

(3.35)

darstellen. Diese Reihe konvergiert in Y = L 2 [O,S]; sie braucht je-


doch nicht im Raum X zu konvergieren, d.h. bezüglich der Supremum-
Norm. Oa {en} eine Orthogonalbasis ist, gilt für die Entwicklungs-
koeffizienten von Qo:

(3.36)

Löst man nun die in § 2 Formel (2.4) angegebenen Differentialgleichun-


gen und bildet die Reihe (2.5), dann erhält man als Lösungsansatz:

Q(t,x) (3.37)

Wir zeigen nun, daB (3.37) eine verallgemeinerte Lösung der Differen-
tialgleichung

dQ
dt AQ

mit der Anfangsbedingung Q(O) = QOE X ist. Dazu differenzieren wir


die Reihe (3.37) gliedweise nach tund erhalten:

a
ät Q(t,x) (3.38)
362

Entsprechend differenzieren wir die Reihe (3.37) formal zweimal nach


d2
x. Da A = ---2 und en Eigenvektor von A ist, erhält man:
dx

(3.39)

Also sind die beiden Reihen (3.38) und (3.39) gleich. Zu zeigen bleibt
nur noch, daB die beiden Reihen (3.38) und (3.39) in Y = L2 [0,S] kon-
vergieren.

Aus dem oben gezeigten asymptotischen Verhalten der Eigenwerte An


folgt die Existenz einer Konstanten C>O mit

A
C l'1m ---2
n (3.40)
n -n

Aus (3.40) fOlgt nun, daB die Reihen (3.37) und (3.38) für o<t in
Y = L2 [0,S] konvergieren, und daB sie überdies für o<t auch in X kon-
vergieren.

Also ist die durch (3.37) definierte Funktion Q(t,x) für t>o eine
verallgemeinerte Lösung von (3.1) und für t>o sogar eine Lösung. Wei-
terhin ist die Anfangsbedingung

lim Q(t,x) (3.41)


t~O

erfüllt, wobei zunächst die Konvergenz in Y = L2 [0,SJ gilt. Man kann


auch hier zeigen, daB man bereits Konvergenz in X hat.

§ 4 Die inhomogene Wärmeleitungsgleichung mit homogenen Randbedin-


gungen

Im vorherigen Paragraphen haben wir die Differentialgleichung

O<x<S
O<t<T
363

für homogene Randbedingungen und mit der Anfangsbedingung Q(O,x)=Qo(x)


studiert. Dabei führten die einzelnen Randbedingungen zur Betrachtung
verschiedener BANACH-Räume X, die jedoch alle lineare Teilmengen des
Raumes L2 [0,SJ waren. Ferner bildete die Folge {en} der Eigenvektoren
2
des Operators A = d 2 stets eine Basisfolge im Raum L2 [0,SJ.
dx

Man konnte dann mit der in Paragraph 2 angegebenen Methode die ver-
allgemeinerte Lösung der Gleichung (3.1) angeben. Dabei stellte sich
sogar heraus, daS diese Lösung bereits eine klassisehe Lösung ist.

Nun tritt bei vielen technischen Aufgaben auch die inhomogene Wärme-
leituhgsgleichung

(4.1)

auf. Dabei wird durch die Funktion H(t,x) die "Intensität einer Wärme-
quelle" beschrieben.

Diese Gleichung beschreibt al so nicht die Situation eines isolierten


Stabes; vielmehr wird zu jedem Zeitpunkt t dem Stab an der Stelle x
die Wärme H(t,x) zugeführt.

Wir nehmen nun an, daS wir die Temperaturverteilung zum An'fangszei t-
punkt kennen, d.h.

Q(O,x) = Qo(x) (4.2)

mit Qo E L2 [o,s] ist bekannt. Ferner lassen wir wieder nur homogene
Randbedingungen an beiden Enden des Stabes vom Typ (3.2), (3.3) oder
(3.4) zu. Dabei können an den beiden Endpunkten des Stabes durchaus
verschiedene Typen von Randbedingungen gelten.

Zur Lösung der inhomogenen Wärmeleitungsgleichung (4.1) mit homogenen


Randbedingungen vom Typ (3.2), (3.3) oder (3.4) und der Anfangsbedin-
gung (4.2) benutzen wir nun die in Paragraph 2 eingeführte verallge-
meinerte FOURIER-Methode. Dazu sei wieder Y = L 2 [0,SJ. Zunächst haben
wir noch einige Annahmen über die Funktion H(t,x) zu machen. Wir for-
dern, daS H i!õ M 2 [O,T] ein Element des Raumes aller auf [O,T] definier-
L
364

ten meBbaren wesentlieh besehränkten Funktionen mit Werten in


L2 [O,S] ist. Offensiehtlich ist M 2[O,T] ein linearer Raum, für den
L

1
IIHII = ess sup (oJIH(t,x) 2dx ) '2
1 (4.3)
O<t<T

eine Norm ist. Aus der Vollständigkeit von L2 [O,S] folgt genau wie
im skalarwertigen Fall des Raumes M[O,T] auch die Vollständigkeit
von ML2 [O,T].

AuBer dem Raum ML2 [O,T] benötigen wir noeh den Raum LL 2 [O,T] aller
auf [O,T] definierten integrierbaren Funktionen mit Werten in L2 [O,S].
Offensichtlieh ist L 2[O,T] ein linearer Raum, für den
L

T S 1
b (blg(t,X) 1 2ds ) '2 dt (4.4)

eine Norm ist.

Man sieht nun leieht, daB für jedes h E.ML2 [O,T] dureh

T S
F(g) J J h(t,x)g(t,x)dx dt, (4.5)
o 0

ein stetiges lineares Funktional auf L 2[O,T] definiert wird. Für die
L
Normen gilt

~ F I = I hll , (4.6)

wobei I hll die Norm im Raum M 2 [O,T] ist.


L

Wir zeigen nun, daB jedes auf L 2[O,T] definierte stetige lineare
L
Funktional von der Form (4.5) ist.

Dazu sei {en} eine Orthogonalbasis von L2 [O,S]. Dabei nehmen wir an,
daB zwei positive Konstanten rn 1 und rn 2 e~istieren, so daB für alle
n=1,2, ••• rn 1 ~ ~en~ ~ rn 2 ist. Nun sei {fn} die zu {en} gehörende
365

'v
Folge von Basisfunktionalen, al so fn(y)
'v
Die Normen der Funktional f n haben eine gemeinsarne obere Schranke,
nämlich

n=l ,2, •••

Für jedes n=1,2, ••• ist nun der Raum L(n) [O,T] der Elemente der Form

g (t) en mit g eL l [O,T] isomorph zu L 1 [O,T]. Also gibt es zu jedem


FE (L 2[0,T])* und jedem n=1,2, ••• ein h E M[O,T] mit
L n

T
f hn(t)g(t)dt (4.7)
o

Nun sei g € L 2 [O,T]. Dann ist wegen


L

g(t,x) L gn(t)en(x)
n=l

mit

(4.8)

stets

T
F(g) f L hn(t)gn(t)dt. (4. 9)
o n=l

Da die Basis {en} zur Orthonormalbasis von L 2 [0,SJ äquivalent ist,


ist g = g(t,x) E L 2[0,T] genau dann, wenn
L

< +<:0. (4.10)


366

Weil (4.9) für jedes g E LL2 [O,T] beschränkt ist, impliziert (4.10)

2
ess sup L Ih n (t) I < +"'. (4.11)
t n=1

Daraus folgt wiederum, daS die Funktion

hn(t)en(x)
h(t,x) L (4.12)
2
n=1
Ile n'

ein Element des Raumes M 2[O,T] ist und das Funktional F durch (4.5)
L
gegeben ist.

Wir gehen jetzt zur Lösung der Gleichung (4.1) nach der in Paragraph 2
angegebenen Methode über. Es sei {en} die Basis, die durch die Eigen-
vektoren des Operators A gegeben wird. Die zugehörigen Beweisfunktio-
nalen sind

y(L 2 [O,S],

Die verallgemeinerte Lösung Q(t,x) von (4.1) stellen wir nun in der
Form

Q(t,x) L qn(t)en(x) (4.13)


n=1

dar. Dabei werden die Koeffizienten durch

s
f Q(t,x)fn(x)dx (4.14)
o

gegeben. Setzt man nun Q in der Form (4.13) in die Gleichung (4.1)
d2
ein, dann erhält man, da die en Eigenvektoren von A = --- zum Eigen-
dx 2
wert An sind, die Beziehung
367

O. (4.15)

Dabei ist

s
jH(t,x)f (x)dx. (4.16)
o n

Die in (4.15) auftretenden qn sind dann die Lösungen von

n=1 ,2, ••• (4.17)

zu den Anfangsbedingungen

(4.18 )

wobei die

(4.19 )

die Entwicklungskoeffizienten von Qo bezüglich der Basis {en} sind.

Die Lösung des Anfangswertproblems (4.17) und (4.18) wird durch

(4.20)

gegeben.

Setzt man dies in (4.13) ein, dann erhält man:

Q(t,x) (4.21 )
368

Wie wir bereits im vorherigen Paragraphen bemerkt haben, konvergiert


für t>o die erste Reihe

von Formel (4.21) gegen eine Funktion, die einmal in tund zweimal
in x differenzierbar ist.

Wir fragen nun nach der Konvergenz der zweiten Surnrne

Da H E M 2 [O,T] ist, gilt für fast alle t €. [O,T]


L

Dabei ist M = ~ die eingangs gewählte obere Schranke für die Normen
m1",
der Funktionale fn'

Da für alle n=1,2, ••• stets An < 0 ist, gilt zunächst

t A (t-Tl M
I I •f e
M· H n d t .:. TCT • I H I . (4.23)
o n

Wie wir bereits im vorherigen Paragraphen bemerkt haben, gilt für


alle hier auftretenden Eigenwerte stets

lim hJ
2 > O. (4.24)
n-+ co n

Also konvergiert auch die zweite Reihe von Formel (4.21) gleichmäBig
gegen eine stetige Funktion. Damit ist al so gezeigt, daB die durch
(4.21) definierte Funktian Q(t,x) stetig ist.

Leider weiB man nun irnrner noch nicht, ab die Funktian Q(t,x) bezüg-
lich t differenzierbar ist, denn
369

(4.25)

braucht nicht zu konvergieren. Daher stellt sich die Frage, ob und in


welchem Sinne Q(t,x) eine Lösung von (4.1) ist. Wir wollen diese Fra-
ge hier nicht weiter verfolgen, sondern verweisen auf das Buch von
LIONS [1J, in dem dieses Problem eingehend erörtert wird. Es stellt
sich heraus - siehe etwa LIONS [1] -, daS Q(t,x) zu den distributio-
nellen Lösungen von (4.1) gehört. Dies ist ein Typ von verallgemeiner-
ten Lösungen,der von SOBOLEV eingeführt wurde. Man kann aber auch mit
unseren Methoden nachweisen, daB Q(t,x) eine verallgemeinerte Lösung
von (4.1) im Sinne von Paragraph 2 ist.

Wir zeigten bereits (siehe (4.23», daB durch die Reihe

Q1 (t,x) (4.26)

'" von M 2 [O,TJ nach C([O,TJx[O,SJ) de-


eine stetige lineare Abbildung A
L
finiert wird. Dabei ist C([O,T]x[O,SJ) der BANACH-Raum aller auf dem
Rechteck [O,T]X[O,S] definierten stetigen reellwertigen Funktionen
mit der Norm

1Q1 (t,x) ~ sup 1Q1 (t,x) I. (4.27)


O<t<T
O<x<S

Da ML2 [O,T] = (LL2 [O,T])· ist, kann man ML2 [O,T] mit der von LL2 [O,T]
bestimmten schwach-*-Topologie versehen. Wir zeigen nun, daS der Ope-
'" jede schwach-.-konvergente Folge von M 2[O,T] in eine konver-
rator A
L
gente Folge abbildet.

Dazu sei {~(t,x)} eine Folge aus ML2 [O,T], die in der schwach-*-
Topologie gegen H(t,x) konvergiert. Dann ist {~} zunächst eine be-
schränkte Folge. Also ist auch die Doppelfolge
370

s
If1(t)
n
f If1(t,x)f n (x)dx
o

beschränkt.

Da {Hm} schwach gegen H(t,x) konvergiert, konvergiert auch für jedes


n=1,2, ••• die Folge {~(t)} gegen Hn(t). AIso folgt aus (4.23) und
(4.24), daS

'"
A(~) -+ '"
A(H) (4.28)

gilt.

§ 5 Die homogene Wärmeleitungsgleichung mit inhomogenen Randbedin-


gungen

Wir betrachten die homogene Wärmeleitungsgleichung

O<x<s
O<t<T

mit der Anfangsbedingung Q(O,x) = Qo(x).

Anders als in Paragraph 3 suchen wir nun eine Lösung, die nicht den
homogenen Randbedingungen (3.2) - (3.4) genügt sondern den inhomoge-
nen Randbedingungen

aQI (t,o) =
ax ll
aQI
o (Q(t,O)-S1(t», ax (5.1)
(t, S)

oder

aQI (5.2)
ax (t,o)

Dabei bedeutet (5.1), daS an den Stabenden nicht nur der Wärmeaus-
tausch stattfindet, sondern daS zusätzlich noch eine bestimmte Wärme-
menge zugeführt wird. Bedingung (5.2) dagegen besagt, daB an den End-
punkten kein selbständiger Wärmeaustausch stattfindet, daB dort aber
371

eine bekannte Wärmemenge hinzugefügt wird. Als weiteren Fall nehmen


wir noch

Q{t,O)= )11 (t), Q{t,S) = )l2{t) (5.3)

auf. Hier findet dann im Gegensatz zu (5.2) ein vollständiger Wärme-


austausch statt, so daS dann die Temperatur an den Stabenden mit der
AuSentemperatur )11 bzw. )12 übereinstimmt.

In den klassischen Lehrbüchern über Differentialgleichungen führt man


die obige Aufgabe auf die Lösung einer inhomogenen Wärmeleitungsglei-
chung mit homogenen Randbedingungen zurück. Diese Aufgabe ist bereits
im vorherigen Paragraphen behandelt worden.

Dazu setzt man

Q{t,x) v{t,x)+U{t,x), (S. 4)

wobei U{t,x) eine Funktion ist, die den inhomogenen Randbedingungen


genügt. Für U{t,x) kann man etwa die in Tabelle VII.5.1 zu den ent-
sprechenden Paaren von Randbedingungen angegebenen Funktionen nehmen.

Setzt man nun (5.4) in Gleichung (3.1) ein, dann erhält man

av a2v
--2 + H{t,x) (5.5)
at 3x

mit

H{t,x) (5.6)

Dabei wird angenommen, daS alle in (5.6) auftretenden Ableitungen


auch wirklich existieren. Die inhomogene Gleichung (5.5) kann man
dann mit der Anfangsbedingung

v(O,x) = Qo(x)-U(O,x)

und den homogenen Randbedingungen


u>
Tabelle VII.5.'. .....
I\.)

Randbedingung
für x=S

Q = 112 dQ = v dQ
dx 2 dx = Il S (Q-02)

Randbedingung
für x=O

U(t,x) = Il, +
cxS(lJ,-02)
Q = lJ, U(t,x) = lJ,+xv 2 u (t,x) = lJ, + X
~
,_<:: Cl
X S
+ S (lJ 2- lJ ,)

U(t,x) = xv, +
dQ v,
= v, U(t,x) = (x-S) v,+ lJ 2 U(t,x) = v,·x + - -v S+0
dX, 2
X IlS ' 2
+ 2S (v 2 -v,)

2cxocxS0,+(ClO+CXS)02 +
U (t ,x) = Cl O
IlO ClS-etoet S
U(t,x) = lJ 2 + U(t,x) = v 2 (x-S) +
dQ = IlO (Q-0,) + x eto et s 0,+Cl S0 2 +<lo0,
dx eto et s- eto IlS
eto (lJ 2 -0,)
+ (x-s) , +Sa + ~
et +v , +S+0 1
0 0
falls eto - et
s- IlO ets +o.
373

v(t,O) v(t,S)
°
lösen.

Leider können wir die obige Umformung bei vielen praktischen Proble-
men nicht anwenden. Zwar sind, wie man Tabelle VII.5.1 entnimmt, die
Funktionen U(t,x) in x Polynome und daher beliebig oft differenzier-
bar, jedoch sind die Funktionen ~, v und e in der Regel noch nicht
einmal stetig. AIso ist U im allgemeinen nicht nach t differenzierbar.

Damit man dennoch die verallgemeinerte FOURIER-Methode anwenden kann,


formt man zunächst die Differentialgleichung (3.1) mit der Anfangs-
bedingung Q(O,x) = Qo(x) in die Integro-Differentialgleichung

Q(t,x) - Qo(x) (5.7)

umo Setzt man nun (5.4) in (5.7) ein, dann erhält man für v(t,x) die
Integro-Differentialgleichung

t a2v t a2u
f - 2 dc - U(t,x) + f - 2 dc. (5.8)
o ax 0 ax

Wir bemerken, daB bis auf eine Ausnahme für die in Tabelle VII.5.1
2
angeführten Funktionen U (t,x) stets a ~ ==
ax
°
ist. Die Funktion v (t,x)

genügt den homogenen Randbedingungen (3.4).

Wir wenden nun auf (5.8) die in Paragraph 2 entwickelte Technik an.
Dazu nehmen wir an, daB für i=1,2 die Funktionen ~i'Vi,8i E M[O,TJ
2 d2
sind. AuBerdem ist Y = L [O,sJ, X = co[o,sJ und A = ---2 mit entspre-
dx
chendem Definitionsbereich DAc X. Die Folge {en} der Eigenvektoren
von A (siehe Beispiel VII.3.1) ist dann eine Basis für Y. Für jedes
te [O,T] stellen wir nun v(t,x) analog zu (4.13) in der Form

v(t,x) L vn(t)en(x) (5.9)


n=l
374

dar. Um jedoch die einzelnen vn mit Hilfe von (5.8) zu bestimmen, muB
man noch die Funktion

t a2u
U(t,x) - J -2 dt
o ax

bezüglich der Basis {en} entwickeln.

Dazu betrachten wir zunächst den einfachen Fall, daB U(t,x) in x li-
near und wie in Tabelle VII.5.1 ist. Dann ist

U(t,x) u 1 (t) +xu 2 (t) • (5.10)

Wie man Tabelle VII.5.1 entnimmt, sind die beiden Funktionen u 1 und
u 2 Linearkornbinationen der Funktionen ~i,vi,ei' i=1,2. Gleichung (5.8)
reduziert sich also auf

v(t,x)-Oo(x) (5.11)

Wir entwickeln nun die beiden Funktionen fo(x) 1 und f 1 (x) x be-
züglich der Basis {en}' al so

i=0,1.

Wegen en(x) sin ~x gilt für die Entwicklungskoeffizienten {c~}

C.
~
sup nlc~1 < «J, i=0,1. (5.12)
n

Setzt man nun (5.9) und (5.10) in (5.11) ein, dann erhält man:

co t
L [vn(t)-qo ,n -JA
n=1 0 n
V n (t)dt+c o
n U 1 (t)+c n1u 2 (t)]e n (x) 0, (5.13)

wobei die q o,n die Entwicklungskoeffizienten von 0o bezüglich der Ba-


sis {en} sind.
375

Aus (5.13) erhält man ein unendliehes System von VOLTERRAsehen Inte-
gralgleiehungen zweiter Ordnung:

(5.14)

n=1,2, •..

Die Lösungen sind:

(5.15)

Setzt man nun (5.15) in (5.9) ein, dann erhält man als Lösung für die
Gleiehung (5.11)

o
v(t,x) L v (t)e (x) Q (t,x)-U(t,x)+Q2(t,x), (5.16)
n=1 n n

wobei

"nt
L e q e (x) (5.17)
n=1 o,n n

eine Lösung von (3.1) unter den homogenen Randbedingungen (~=v=e=O)

und

Q2(t,x) (5.18)

ist.

Aus den Formeln (5.16) und (5.4) folgt, daB die Lösung der Gleiehung
(3.1) die Form

o
Q(t,x) = Q (t,x)+Q2 (t,x) (5.19 )

hat. Dabei ist Q2 die Lösung von (3.1) zur Anfangsbedingung Qo=O und
376

den inhomogenen Randbedingungen.

Wir hatten eingangs vorausgesetzt, daB für i=1,2 die Funktionen


~.,v.,e.E M[O,T] sind. Aus dieser Voraussetzung folgt nun, daB
1 1 1

Q2(t,x) E M 2 [O,T] ist. Dies sieht man so: Zunächst sind die Funktio-
L
nen u 1 ,u 2 nach Tabelle VII.5.1 Linearkombinationen von vi'~i,ei'

i=1,2, also ist auch u 1 ,u 2 EO M[O,T].

S 2
Wir schätzen nun das Integral !(Q2(t,x)) dx ab.
o

Es ist:

S 2
! Q2(t,x)dx < (5.20)
o

< K

< K L
n=1

1
Dabei sind Co ,C 1 die in (5.12) definierten Konstanten und L L 2:.
n=1 n
Aus der Abschätzung (5.20) folgt zunächst, daB Q2EM 2[O,T] ist.
L
FaBt man nun Q2 E M 2 [O,T] als Funktion des Intervalls [O,T] in den
L
HILBERT-Raum L 2 [O,S] auf, dann folgt aus (5.20) weiterhin, daB Q2 be-
züglich des Parameters t stetig ist. Um dies zu zeigen, sei €>O be-
liebig vorgegeben. Nach (5.20) existiert dann ein N, so daB die Norm
der Funktion

'v
QN(t,x) (5.21)

im Raum ML2 [O,T] kleiner als 1 ist.


377

Weiterhin ist

"'N
Q (t,x) '"
Q2(t,X)-QN(t,X)

eine in beiden Veränderlichen stetige Funktion. Da der Definitionsbe-


reich [o,S]x[O,T] von ON kompakt ist, ist ON auch gleichmäBig stetig.
Also existiert ein 6>0, so daB für alle x € [O,SJ und alle t,t' ES [O,T]
mi t I t-t' I < 6

"'N "'N e: (5.22 )


IQ (t,x)-Q (t' ,x) I <
- uS'

Dies bedeutet aber, daB für alle t,t' E [O,T] mit It-t' I < 6

wobei hier die Norm im Raurn L 2 [O,S] gemeint ist.

Nach der Dreiecksungleichung erhält man nun für alle t,t' ES [O,T] mit
I t-t' I < 6

(5.23)

Darnit ist gezeigt, daB Q2(t,x) als Funktion des Arguments t mit Wer-
ten in L 2 [O,S] stetig ist.

Mit e 2[O,T} bezeichnen wir nun die Menge aller stetigen Funktionen
L
G von [O,T] nach L 2 [O,S] mit der Norm
378

sup II G (tH 2 (5.24)


t L

Man sieht recht leieht, daS CL2 [O,T] ein Unterraum von ML2 [O,T] ist,

also daS C 2[O,T] vollständig ist.


L

Damit erhält man:

Satz VII. 5.1.


Der Operator A von M[O,TJxM[O,T] nach C 2Io,TJ, der je zwei Funktio-
L
nen u 1 ,u 2 cM[O,T] die durch (5.18) definierte Funktion Q2(t,x) zu-
ordnet, ist stetig und linear.

Da die Funktionen u 1 und u 2 Linearkombinationen der in den Randbedin-


gungen auftretenden ~.,v. ,O. €M[O,T], i=1,2 sind, besagt Satz VII.S.1,
111
daS durch die zur Anfangsbedingung Qo=O und den inhomogenen Randbe-
dingungen (5.1) - (5.3) gehörende verallgemeinerte Lösung Q2(t,x)
ein stetiger linearer Operator von M[O,T]xM[O,TJ nach C 2 [O,T] defi-
L
niert wird.

Nun ist M[O,T]XM[O,T] der konjugierte Raum von L[O,TJxL[O,T]. Also


kann man auf M[O,T]xM[O,T] die schwach-.-Topologie betrachten. Da für
alle n=1,2, ... stets e"n'SL[o,T], folgt aus

"'N
Q (t,x) (5.25)

daS der endlich dimensionale Operator AN' der jedem Paar u 1 ,U 2 E M[O,T]
die Funktion QN(t,x) zuordnet, bezüglich der schwach-*-Topologie auf
M[O,TJXM[O,TJ und der Norm-Topologie auf CL2 [O,T] folgenstetig ist.

Damit folgt dann aus Satz IV.4.9:

Satz VII.S.2.
Der in Satz VII.S.1 angegebene Operator A von M[O,TJXM[O,TJ nach
CL2 [O,T] ist folgenstetig bezüglich der schwach-*-Topologie auf

M[O,T]XM[O,T] und der Norm-Topologie auf C 2[O,T].


L
379

Wir haben bisher nur den Fall diskutiert, wa die Funktian U(t,x) in x
linear war. Wie man Tabelle VII.5.1 entnirnrnt, kann man sich jedoch
auf diesen Fall im allgemeinen nicht beschränken. Sind nämlich beide
Enden des Stabes isoliert (Randbedingung (5.2)), dann ist

(5.26)

eine quadratische Funktian in x. Für U(t,x) gilt dann:

t 2 t 2
-U(t,x) + J~ dt -u 1 (t)+Ju 3 h')dT-xu2 (t)_x2 u 3 (t)
o dX 2 o

Setze:

t
11 (t) u 1 (t) - J u 3 (T)dT. (5.27)
o

Der Operator A, der den beiden Funktionen u 1 ,u 3 E. M[O,T] die Funktion


11 zuordnet, ist dann ein stetiger linearer Operatar von M[O,TJXM[O,TJ
nach M[O,TJ. Er bleibt auch stetig, wenn man beide Räume mit der
schwach-*-Topolagie versieht.

Setzt man nun (5.27) in (5.8) ein, dann erhält man:

(5.28)

Darnit man mit der gleichen Methode wie oben arbeiten kann, stellt man
2
die Funktion x2 E: L2 [0, sj wieder bezüglich der Basis {en} als Reihe

L c 2 e (x) (5.29)
n=1 n n

dar. Für die Entwicklungskoeffizienten gilt dann: (siehe (5.12))

2
sup nlcnl = C2 < ~. (5.30)
n
380

Wendet man jetzt auf (5.28) die gleiche Technik wie auf (5.11) an,
dann erhält man ein System von Integro-Differentialgleichungen für
die Entwicklungskoeffizienten vn(t,x) der Funktion v(t,x). Entspre-
chend (5.16) erhält man eine Lösung der Form

v(t,x) o (5.31)
Q (t,x)-U(t,x)+Q2(t,x),

wobei diesmal

oo t An (t-L) 0'" 1 2
Q2(t,x) LIA Ife [c U(L)+C u 2 (L)+c u 3 (L)]dLe (x) (5.32)
n=l n 0 n n n n

ist. Aus (5.31) und (5.4) folgt nun, daB

o (5.33)
Q (t ,x) = Q (t, x) +Q 2 (t, x) •

Damit gelten auch für den Fall, wo U(t,x) in x quadratisch ist, die
Sätze VII.5.1 und VII.5.2. Genauer: Der Operator A, der den Funktio-
nen ~'Ul,u2e M[O,T] die Funktion Q2(t,x) zuordnet, ist ein stetiger
linearer Operator von M[O,TJ XM[O,T] xM[O,TJ nach e 2[O,T]. Versieht
L
man den Raum M[O,T}XM[O,TJxM[O,T] mit der von L[O,T]xL[O,TJXL[O,T]
induzierten schwach-*-Topologie, dann ist A fOlgenstetig bezüglich
der Norm-Topologie von e 2[O,T].
L

Oa jede der Funktionen u"u 2 ,U 3 cM[O,T] nur eine Linearkombination


von zwei der Funktionen ~. ,v.,e.EM[o,T], i=1,2 ist, ist der Operator
111
A bereits auf M[O,TJxM[O,TJ definiert. Versieht man M[O,TJXM[O,TJ mit
der schwach-*-Topologie und betrachtet auf e 2[O,TJ die Norm-Topolo-
L
gie, dann bleibt dieser Operator folgenstetig.

Bislang haben wir nur die inhomogene Wärmeleitungsgleichung mit homo-


genen Randbedingungen und die homogene Wärmeleitungsgleichung mit in-
homogenen Randbedingungen diskutiert.

In der Praxis ist im allgemeinen die inhomogene Wärmeleitungsgleichung


(4.1) mit inhomogenen Randbedingungen (5.1) - (5.3) zur Anfangsbedin-
gung Q(O,x) = Q (x)
o +° zu lösen. Die allgemeine Lösung dieses Prob-
lems ist offensichtlich von der Form
381

Q(t,x) o (5.34)
Q (t ,x) +Q1 (t ,x) +Q2 (t ,x)

Dabei ist QO(t,x) die Lösung der homogenen Gleichung (3.1) zur An-
fangsbedingung QO(O,x) = Qo(x) und den homogenen Randbedingungen
(3.2) - (3.4). Diese Lösung wird durch Formel (3.37) gegeben. Ferner
ist Q1 (t,x) die Lösung der inhomogenen Gleichung (4.1) zur Anfangsbe-
dingung Q1 (O,x) = 0 und den homogenen Randbedingungen (3.2) - (3.4).
Diese Lösung wird durch Formel (4.26) gegeben. Die Funktion Q2(t,x)
ist schlieBlich die Lösung der homogenen Gleichung (3.1) mit der An-
fangsbedingung Q2(O,x) = 0 und den inhomogenen Randbedingungen
(5.1) - (5.3). Sie wird durch Formel (5.18) bzw. (5.32) gegeben, je
nachdem ob U(t,x) in x linear bzw. quadratisch ist.

§ 6 Die Steuerung der Erwärmung eines Stabes

Bei vielen konkreten Erwärmungsaufgaben wird ein Stab nicht nur an


seinen beiden Enden, sondern auf seiner gesamten Länge in jedem Punkt
erwärmt. Man denke etwa daran, daB man durch den Stab einen elektri-
schen Strom von bekannter Spannung und Stromstärke schickt und die
Widerstandsverteilung im Stab genau bekannt ist. Weiterhin muB man
bei allen Erwärmungsaufgaben die Anfangstemperatur des Stabes berück-
sichtigen. Der Eingaberaum X wird daher insgesamt durch

X L 2 [O,SJXM 2[O,T]X(M[O,T]xM[O,T]) (6.1)


L

gegeben. Hierbei ist L 2 [O,S] der Raum der Anfangsbedingungen Qo(x).


Der inhomogene Teil H(t,x) von Gleichung (4.1) ist ein Element von
ML2 [O,T] und die in den inhomogenen Randbedingungen (5.1) - (5.3)
auftretenden Funktionen ~i,Vi,ei€ M[O,TJ i=1,2 liefern den Faktor
M[O,T] XM[O,TJ •

Der Eingabeoperator A ordnet der Anfangsbedingung, dem inhomogenen


Teil der Gleichung (4.1) und den Randbedingungen die durch (5.34) ge-
gebene Lösung zu. Wir haben bereits gezeigt, daB A ein stetiger linea-
rer Operator von X nach e 2 [O,T] ist. Weiterhin ist A folgenstetig,
L
falls man X mit der durch
382

x L2 [O,SJ X\2 [O,SJ x (L[O,T] xL[O,TJ) (6.2)

bestirnmten schwach-.-Topologie versieht und auf C 2[0,T] die Norm-


L
Topologie betrachtet. Als Transformationsraum 0 nehmen wir
o = C 2 [O,T] •
L

Je nach Fragestellung wird man verschiedene Ausgabeoperatoren B be-


nutzen. In der Regel wird der Ausgaberaum jedoch Y = L 2 [0,S] und der
Ausgabeoperator

B(Q(t,x» = Q(T,x)

sein.

Man erhält also das lineare System

(X -r D ---s- Y) (6.3)

Zunächst fragen wir uns, ob das System (6.3) steuerbar ist, d.h. ob
Y = BAX ist. Die Antwort ist negativ. Aus den Basisdarstellungen von
QO,Ql und Q2 folgt zunächst, daB die Folge {q~} der Entwicklungskoef-

fizienten von Q(T,x) bezüglich der Basis {en} wie {*} gegen 0 geht,

d.h.

1
Daher gehört das Element y L ~ en nicht zu BAX, d.h. es ist
n=l n
BAX + Y.
Andererseits ist jedoch BAX offensichtlich eine dichte lineare Teil-
menge von Y. Also ist BAX nicht abgeschlossen.

Wir führen nun auf X eine Norm eino Dazu sei E ein beliebiger 4-dimen-
sionaler BANACH-Raum. Da X das Produkt von 4 BANACH-Räumen ist, wird
jedes Element von X durch ein Tupel (Qo,H,w 1 ,w 2 ) von 4 Funktionen ge-
383

geben. Oabei ist W 1 ,W 2 E.{Jl1,Jl2'\)1'\)2,0 1 ,0 2 } je nachdem welche Randbe-


dingungen genommen werden. Ist nun I ~E die Norm auf E, dann definiert
man eine Norm auf X durch

(6.4)

Oa E endlich-dimensional und somit reflexiv ist, kann man E als den


konjugierten Raum von E* auffassen und somit auf X (siehe (6.2» die
Norm

einführen.

Man sieht nun leieht, daB bezüglich der Normen I I E* und I IE die
Räume (X )* und X isometrisch sind. Oa X separabel ist, ist die Ein-
hei tskug:l von X in der Norm I I E fOlgen~ompakt bezüglich der von X
bestimmten schwach-*-Topologie.

Nach Beispiel V.3.1 hat damit die Minimal-Norm-Aufgabe eine Lösung.

Satz VII. 6.1 .


Zu jedem YoE BAX gibt es ein Xo G X mit

(6.5)

Eine andere wichtige Norm bekommt man folgendermaBen:


Wie in Kapitel VI § 3 geschiIdert, fasse man M[O,T]XM[O,T] als ME[O,T]
auf, wobei E ein zweidimensionaler BANACH-Raum ist. Ist nun F ein
dreidimensionaler BANACH-Raum, dann führt man auf X die Norm

(6.6)

eino Dabei ist I IF die Norm auf F.


384

Den Raum X versieht man entsprechend mit der Norm

(6.7)

Bezüg1ich der Normen (6.6) und (6.7) sind die Räume (X )* und X wie-
der isometrisch. Damit hat al so auch für die Norm II IIF-die Minima1-
Norm-Aufgabe eine Lösung.

Nun sind bei Minima1-Norm-Aufgaben in der Rege1 noch gewisse Nebenbe-


dingungen gegeben. Oft betrachtet man nicht den ganzen Raum X a1s
Eingaberaum, sondern nur eine gewisse Linearmannigfa1tigkeit

wobei P € B (X + X) eine Projektion ist. Wie wir in Kapitel V § 1 ge-


zeigt haben, kann man dann zu einem anderen 1inearen System, näm1ich

(X 1 ----x- D ---a- Y) (6.8)

übergehen. Die Operatoren A und B und die Räume D und Y sind wie in
(6.3). Statt X nimmt man a1s Eingaberaum

X1 = {x € X: Px = O}

und statt der Minima1-Norm-Aufgabe BAx yo 1öst man die Minima1-Norm-


Aufgabe BAx = yo-BAx o •

Ein Beispie1 für eine solehe Situation hat man etwa dann, wenn die
Anfangsbedingung oder eine der beiden Randbedingungen oder der inho-
mogene Teil der Wärme1eitungsg1eichung nicht zur Steuerung zuge1assen
wird.

Wenn der Unterraum X1C X auch in der schwach-*-Topo10gie von X abge-


sch10ssen ist (dies ist bei den obigen Beispie1en der Fa11) dann
existiert eine Lösung der Minima1-Norm-Aufgabe.

Wir betrachten nun den Fa11 der homogenen Wärme1eitungsg1eichung (3.1)


mit fester Anfangsbedingung Q(O,x) = Qo(x). Die Steuerung soll aus-
sch1ieB1ich über die Randbedingungen erfo1gen. Dabei wo11en wir zu-
385

näehst annehmen, daB U(t,x) in x linear ist, also von der Form

U(t,x) u 1 (t) +xu 2 (t) •

Aus Formel (5.18) und der Definition von B folgt dann für den Opera-
tor BA:

wobei w1 ,w 2 C{v1,v2'~1'~2,e1,e2} ist. Der Operator BA bildet al so

M[O,TJxM[O,T] in L 2 [0,S] ab.

Da die Basis {e } äquivalent zur Orthonormalbasis des L 2 [0,S] ist,


n
geht die Gleiehung

(6.9)

in ein unendliehes System von Gleiehungen

(6.10)

über und für die Folge {y n } der Entwieklungskoeffizienten von yo be-

züglieh der Basis {en} gilt {y n } E ~2. Mithin kann man die Gleiehungen
(6.10) als einen stetigen linearen Operator von M[O,T]XM[O,TJ in den
~2 auffassen.

Da BAX1c Y nur eine diehte lineare Teilmenge von Y ist, gibt naeh
Korollar V.2.7 in diesem Fall nieht das Maximum-Prinzip. Deshalb dis-
kutieren wir nun das in Satz V.2.10 angegebene Substitut des Maximum-
Prinzips.

Dazu sei r>O beliebig und I I eine Norm auf M[O,T] XM[O,T] mit der
Eigensehaft, daB die zugehörige Einheitskugel in der sehwaeh-*-Topo-
386

logie kompakt ist. Gesucht ist ein Paar (w~,w~) ~M[O,T]xM[O,T] mit

(6.11 )

Angenommen, dieses (w~,w~) sei bereits bekannt. Dann existiert nach


Satz V.2.10 ein stetiges lineares Funktional G e (~2)*, so daB für alle
(w 1 ,w 2 ) € M[O,T] XM[O,TJ mit

(6.12 )

stets

(6.13)

ist. Dabei ist

R = Il (w~,w~) Il. (6.14 )

Aus (6.13) und (6.14) folgt nun, daB das Funktional G(BA(w 1 ,w 2 )) sein
Maximum auf der Menge

Um weitere Eigenschaften von (w~,w~) zu bestimmen, fassen wir


M[O,T]XM[O,TJ wieder als ME[O,T] auf, wobei E ein zweidimensionaler

BANACH-Raum ist. Weiterhin gehört zu G € (~2) '" ein g = {gn} € ~2, so


daB für alle x E. ~2

G(x) <x,g) x = {x n }.

Also ist
387

(6.15)

T
J[G 1 (·r)w 1 (T)+G 2 (·r)w 2 (T)]dT.
o

Dabei ist

o 1 An (T-T)
L g A (e a.+c b.)e i=1,2 (6.16)
n=1 n n n 1 n 1

eine analytische Funktion in T e (O,T) •

Ähnlich wie in Kapitel VI § 4 kann man nun schlieBen, daB für alle
T G [O,T] stets

(6.17 )

Dabei ist

(6.18)

und

H
T {(V 1 ,V 2 )€E: ~(G1(T)~G2(T)11 *[G 1 (T)V 1 +G 2 (T)V 2 ] R}. (6.19)
E

Geometrisch heiBt dies, daB HT eine Stützhyperebene an die Kugel KR


ist. Besteht nun für jedes T € [O,T] die Menge KR () RT aus genau einem
Punkt, etwa PT' dann ist die Steuerung (6.17) eindeutig bestirnrnt und
PT ist offensichtlich ein Extremalpunkt der Kugel KR.

Allgemein ist KR eine zweidimensionale abgeschlossene konvexe und be-


schränkte Menge. Ihr Rand besteht al so aus gewissen Extremalpunkten
und höchstens abzählbar vielen Seiten. Wenn es nun eine Menge D e [O,T]
mit positivem MaB gibt, so daB für alle T l:. D die Menge KRn HT nicht
einpunktig ist, dann gibt es auch eine Teilmenge Doe D mit positivem
388

MaB, so daB für alle ,EO: Oo KR nH, = Wo ist, wobei Wo eine Seite von
KR ist. Oa G1 und G2 analytische Funktionen sind, folgt hieraus, daB
für alle, EO: [O,T] stets KR (\ H, Wo gilt. Hieraus folgt weiter, daB
An'
G1 (,) ein Vielfaches von G2 (,) ist, und da die Funktionen e stark
linear unabhängig sind, existiert eine Konstante e, so daB für alle
n=1 ,2, .••

e. (6.20)

Aus (6.20) folgt dann

e. (6.21)

Für die in Tabelle VII.5.1 aufgeführten Funktionen U(t,x), die in x


linear sind, kann dieser Fall (6.21) allerdings nie eintreten.

Also erhält man:

Satz VII.6.2.
Gegeben sei die homogene Wärmeleitungsgleichunq (3.1) mit fester An-
fangsbedingung Q(O,x) = Qo(x). Die Steuerung erfolge ausschlieBlich
über die Randbedingungen (W 1 'W 2 ) E ~[O,T]. U(t,x) = (a 1 w1 +a 2 w2 ) +
x(b1w1+b2w2) sei aus Tabelle VII.5.1 gewählt. Ferner sei

(w~,w~)€ ~[O,TJ bezüglich der Norm von ME[O,T] eine Minimal-Norm-


Steuerung, die Formel (6.11) genügt. Oann ist für fast alle ,~[O,T]

(6.22)

ein Extremalpunkt von KR. Oabei ist

die Kugel um 0 mit Radius


389

Dieser Satz ist das "Bang-Bang-Prinzip" für die Erwärmungsaufgabe


eines Stabes bei Randsteuerung. Falls nur eine Randbedingung steuer-
bar ist, dann gelten die gleichen Uberlegungen wie aben mit der ein-
zigen Einschränkung, daS in Formel (6.15) für GBA nur eine der Funk-
tionen Gi , i=1,2, etwa G1 auftritt. Da G1 analytisch ist, folgt dann
für die optimale Steuerung wO , daS für fast alle T E. [O,T] stets
IWO(T) I = Rist.

Wir betrachten nun noch den Fall, wo U(t,x) in der Veränderlichen x


quadratisch ist. Wie bereits früher erwähnt, tritt dieser Fall bei
der Bearbeitung von praktischen Kontrollproblemen durchaus auf. Den-
noch wallen wir ihn hier nicht in voller AIIgemeinheit diskutieren,
sondern uns nur auf die in Tabelle VII.5.1 auftretende Funktion

U(t,x)

beschränken. Bei dieser Funktion tritt nämlich kein absolutes Glied


auf.

Aus Formel (5.32) und der Definition von B erhält man die explizite
Darstellung des Operators BA von ~[O,TJ nach L2 [0,S]. Entwicklung
bezüglich der Basis {en} liefert dann, analog zu (6.10), daS der Ope-
rator BA von ~[O,TJ in i 2 durch

(6.23)

n=1 ,2, ...

gegeben wird.

Durch partieIle Integration

(6.24)

und Einsetzen in (6.23) erhält man schlieBlich:


390

(6.25)

Geht man nun so wie oben vor und wählt ein G e (t 2 )*, für welches
(6.13) gilt, dann erhält man wieder (6.15). Allerdings sind die Gi(t),
i=1,2, jetzt aus (6.25) zu bestimmen. Sie sind wiederum analytisch,
und man kann formal genauso wie oben argumentieren. Obwohl die expli-
zite Durchführung der Rechnung komplizierter ist als oben, kann man
auch für diesen Fall die Gültigkeit von Satz VII.6.2 zeigen.

Wir wollen nun noch die Minimal-Zeit-Aufgabe diskutieren. Dazu gehen


wir von der inhomogenen Wärmeleitungsgleichung (4.1) mit der Anfangs-
bedingung Q(O,x) = Qo(x) aus. Ferner sei YoC Y = L2 [O,S] eine gegebe-
ne Menge (die insbesondere auch einpunktig sein kann). Gesucht wird
nun eine Steuerung durch die Randbedingungen und den inhomogenen Teil
von (4.1) oder auch nur durch eins von beiden, zu der es ein minima-
les T 6: [O,T] mit Q('r,x) E. yo gibt.

Wegen Q(t,') € C 2[O,T] ist Y(t)CL 2 [O,S], te.[O,T] mit


L

eine stetige Familie von Mengen. Wir nehmen nun an, daB die Steuerun-
gen (H,w 1 ,w 2 ) E U sind, wobei UcM 2 [O,TJ XM[O,T] XM[O,TJ eine Teilmenge
L
ist, die bezüglich der schwach-*-TOpologie kompakt ist. Dann ist aber
auch A (U) c= C 2 [O,T] in der Norm-Topologie von C 2[O,T] kompakt. Nun
L L
definiere man die Operatoren Btb B(C 2[O,T] + L2[O,S]) te. [O,TJ durch
L

Q (t,x) •
391

Dann ist für jedes Y e e 2 [O,T] die Funktion BtY im Argument t stetig.
L
Also ist nach Satz V.4.11 die Familie der Mengen Bt A(U)CL 2 [0,S],
t S[O,T], halbstetig von oben. Nach Satz V.4.4 hat dann die Minimal-
Zeit-Aufgabe eine Lösung.

§ 7 Die Beobachtbarkeit der Temperaturverteilung in einem Stab

Gegeben sei ein homogener Stab der Länge S. Um einfacher rechnen zu


können, kann man ohne Beschränkung der Allgemeinheit S=1 annehmen.
Weiterhin wollen wir noch annehmen, daB der in der Wärmeleitungsglei-
chung auftretende Koeffizient a gleich 1 sei. Dann wird die Tempera-
turverteilung Q des Stabes durch

(7.1)

gegeben. Wir nehmen nun an, daB für (7.1) die homogenen Randbedingun-
gen (3.2) - (3.4) gelten, und daB die Anfangsbedingung Q(O,x) = Qo(x)
nicht bekannt sei.

Unsere Aufgabe besteht nun darin, aus der Messung der Temperatur
Q(t,:J.) in einem festen Punkt'" e:. [0,1] während der Zeit von 0 bis T
die Temperaturverteilung Q(T,x) zum Zeitpunkt T zu bestimmen.

Dazu betrachten wir das lineare System

(X ~ 0 --s- Y) , (7.2)

wobei X = L2 [0,S] und A der durch Formel (3.37) definierte Operator


ist. Der Operator A ordnet der Anfangsbedingung QOE L2 [0,S] die Lö-
sung von (7.1) bei homogenen Randbedingungen zu. Weiterhin setze man
o = AX e e 2 [0 , T] und B = B"J' ,.} 6 [0, 1], mi t
L

B~ Q(.,.)

Als Ausgaberaum nehme man Y


392

Um das vorliegende Beobachtungsproblem zu formulieren, nehme man für


E einen der BANACH-Räume C[O,1] bzw. LP [O,1] mit 1 ~ P < +~ und defi-
'" e. B (0 ->- E) durch
niere F

'"
F(Q(·,.)) = Q(T,·). (7.3)

'"
Weiterhin setze man noch F = F·A. Wir zeigen nun, daS '"
Fund damit
auch F stetig ist. Dazu beachten wir zunächst, daS nach den Beispie-
len VII.3.1 - VII.3.6 die zur Diskussion stehenden Eigenvektoren
d2
{en (x)} von ---2 eine gemeinsame Schranke haben, daS al so
dx

M sup suplen(x) I < +~.


O<x<1 n

Damit folgt aus (3.37)

I Q (T ,x) II ~ M

mit

K (I n=1
e
1
2A n T) "2 •

Die Beobachtungsaufgabe besteht nun darin, einen stetigen linearen


Operator ~~,T so zu bestimmen, daB das Diagramm

A B

X'\I~Q (7.4)

kommutativ ist. Dabei ist yo BAX eY.


393

Alle Ergebnisse dieses Paragraphen beruhen auf dem folgenden Satz aus
der Approximationstheorie:

Satz VII.7.1. (LUXEMBURG und KOREVAAR [1])

'" komplexer Zahlen mit den folgenden Eigen-


Gegeben sei eine Folge {An}
schaften:

< co

(2) es existiert eine positive Zahl p, so daS für alle m,n 1 ,2, •••

(3) es existiert ein 0>0 und ein no' so daS für alle n~no

Dann ist die Folge {exp(-Ant)} im Raum E (d.h. in jedem der Räume
e[0,1] und LP[0,1] mit 1~p<+co) stark linear unabhängig. Setzt man
noch für jedes n=1,2, •••

Z E: lin {exp (A'" 1t) , ••• , exp (A'" n - 1t) , exp (- 'A
" n + 1t) , exp (- '"An + 2t) , ••• } } ,

dann gibt es zu jedem g>O ein ng' so daS für alle n~ng

(7.5)

Der Beweis dieses Satzes wird hier nicht vorgeführt. Er beruht auf
tieferen Eigenschaften von analytischen Funktionen, die über die The-
matik dieses Buches hinausgehen.

Aus Satz VII.7.1 folgt nun unmittelbar:


394

Satz VII. 7 .2. (DOLEeKI [1


'v
J)
Es sei ,.J- € [0,1] und {An} eine Folge von komplexen Zahlen, die der
Voraussetzung von Satz VII. 7.1 genügen. Ferner sei {'f n} eine Folge
von Funktionen aus E und {B n } eine Folge positiver Zahlen mit

(7.6)

SchlieBlich existiere ein e>O mit

< +00. (7.7)

Dann ist der Operator ~ AJ,T' der jeder Funktion

u(t, "J) (7.8)

aus

die Funktion

u(T,x) L (7.9)
n=1

'v
zuordnet, ein stetiger linearer Operator von Yc Y nach E.

Beweis:
Es ist

II u (T ,x) II E < L (7.10)


n=1

(1) Wie in Paragraph 1 bedeutet linoofen} die Menge aller x, die sich
oo
als konvergente Reihe der Form x = L tne n schreiben lassen.
n=1
395

Nach Definition von d n ist für jedes n=1,2, .••

(7.11)

und damit ist

(7.12)

Aus (7.5) und (7.7) ergibt sich, daS die Reihe

< co (7.13)

konvergiert. Dabei ist in (7.5) &>0 durch ~ zu ersetzen. Aus (7.13)


und (7.12) folgt dann die Behauptung. _

2 d2
Nun sei {An} = {-Pn} die Folge der Eigenwerte von dx 2 aus den Beispie-
len VII.3.1 - VII.3.6.

Dann erfüllt die Folge {~n} = {-An} = {p~} die Voraussetzungen von
Satz VII.7.1. Die Funktionen u(t,~) und u(T,x) kann man nun wie
folgt darstellen:

Nach (3.37) ist

Q(t,x) (7.14)

wobei die c n die Entwicklungskoeffizienten von Qo bezüglich der Basis


{en} sind (Formel (3.35» und -P~ = An ist. Setzt man nun ~n=cnen(~)'
dann geht die Funktion u(t,~) aus (7.8) in

co
2
(-" t)
Q(t,,s,) L
n=1
c e
n
.. n e (,J.)
n
(7.15)

und u(T,x) aus (7.9) in


396

Q(T,x) (7.16)

über.

~ 2
Damit sieht man,daS für die spezielle Folge {An} mit ~n = -An ~n
der lineare Operator ~~,T das Diagramm (7.4) kommutativ ergänzt,
d.h. es ist

F ~ "',T BA

Um die Stetigkeit von ~~,T nach Satz VII.7.2 nachzuweisen, muB man
zeigen, daS eine Folge {B n } und ein E>O mit

(7.17)

und

'" -(T-e:)~2
L B e
n
n < +'" (7.18)
n=1

existiert.

Der Hauptsatz dieses Paragraphen besagt nun, daB für fast alle
~E[O,1J der Operator ~""T stetig ist.

Satz VII. 7.3. (DOLEeKI [1J)


Für fast alle ~E [0,1J existiert ein stetiger linearer Operator
~~,T' der das Diagramm (7.4) kommutativ macht.

Der Beweis dieses Satzes beruht auf mehreren Lemmata:

Lemma VII. 7 . 4 •
1
Es seien a,b und v reelle Zahlen mit v>1, O<a<1 und O~b~4. Ferner
definieren wir für jede reelle Zahl e

II ell = inf{le-nl, n=O,.:t 1,.:t2 , •.• }.

Dann ist das LEBESGUEsehe MaB von


397

Hv,a,b = {..J: O~.. J':5..1 und Ilv"-all < b} (7.19)

nieht gröBer als 8b, also

A(H v,a, b) < 8b.

Beweis:
Eine leiehte Reehnung zeigt, daB

a+n
~J
b
- v' v +

gilt. Diese Intervalle

(7.20)

haben alle die Länge 2b, und jedes Intervall, das zwisehen zwei sol-
v
ehen Intervallen liegt, hat die Länge 1-2b
v

Angenommen, k soleher Intervalle vom Typ (7.20) haben einen niehtlee-


ren Durehsehnitt mit dem Einheitsintervall. Da v>1 und b<l
-4
ist, folgt
zunäehst, daB k>2 ist.

Dann ist

2bk (7.21)
ACH v,a, b) <
v

und

[ J v ,a, b »- ( k - 11-2b
A(0,1\H )v- - . (7.21 ' )

Dabei ist A(B) das LEBESGUEsehe MaB von B. Da kz2 ist, folgt dann aus
(7.21) und (7.21 ')

2kb
v b
(7.22)
A([0,1},H v,a, b) < -(-k--1-).......,-'(1:--"""2c:""b""") < 4 1 - 2 b < 8b ,
v

womit das Lemma gezeigt ist. •


398

Lemma VII. 7.5.


Es seien {aq }, {b q } und {~q} relle Zahlenfolgen, wobei lim inf ~q>1

und b >0, I b <+00 gilt. Dann hat die Menge Haller


q q q
J' E [0, 1J mit

(7.23)

für unendlieh viele Indizes q das LEBESGUEsehe MaB o. Dabei ist wie
oben

II ell (7.24)

Beweis:
Naeh Definition von H gilt:

oo

H e HQ = U
q=Q
Hb'
~q,aq' q
Q=1, 2, • .. . (7.25 )

Also ist für jedes Q=1,2, ... naeh Lemma VII.7.4

I A (H" a b ) < I 8b q . (7.26 )


q=Q ~q' q' q q=Q

Da die Reihe qI b q konvergiert, folgt hieraus


1

o ~ A(H) < lim A(H Q ) 0, (7.27)


Q.... oo

was zu zeigen war. •

Lemma VII.7.6.
Es sei J'~ [0,1J und {~q} eine beliebige Folge von positiven Zahlen
mit

lim inf ~
q
> O. (7.28)
q .... oo

Ferner sei
399

Dann ist für fast alle tJ'E[0,1] B", < +00, q=1,2, •••
q,v

und es gilt

q=1 ,2, ••• (7.29)

Weiterhin ist für alle positiven T

2
-IJ 1fT
L B
q,"
e q < +00. (7.30)
q=1

Beweis:
Wegen

I COS1f IJ qxll ~ 11111

< B _<h I sin1T1J tr I)


q,v q

ist Formel (7.29) klar. Formel (7.30) beweist man mit Lernrna VII.7.S.
2
-IJ T
1
Dazu setzen wir a q = 2 (bzw. a q = 0) und b q 1J2d q . Dann gilt zu-
q

< oo.

Nach Lernrna VII.7.S ist für fast alle ~ und fast alle q (d.h. für
alle q bis auf endlich viele die von {f abhängen können)

(7.31 )

Aus (7.31) folgt dann

_1_ > (7.32 )


2 -
IJ q IIIJ q v' _lii
2 1f I COSTIIJ q J' I
400

(bzw.

_)l 2T _)l 2 T
q q
2
1 e
-> lI)lq tJ'1I
>
e
- 'IT 1sin'IT)l q 171 ) .
)lq

Aus (7.28) und der Definition von Bq,~ folgt dann (7.30) .

"Beweis von Satz VII.7.3":
Wir betrachten zunächst die in den Beispielen VII.3.1 - VII.3.5 auf-
geführten Fälle. Hier sind die Eigenvektoren stets von der Form
en(x) = eos )lnX (bzw. en(x) = sin )lnx). Aus Satz VII.7.2 und Lemma
VII.7.6 folgt also, daB für diese Fälle Satz VII.7.3 stimmt.

Etwas komplizierter ist der in Beispiel VII.3.6 aufgeführte Fall. Dort


sind die Eigenvektoren von der Form

(7.33)

Man definiert nun eine Folge {dn} durch

(7.34)

Dann ist

Isin eos jj'd ~d ) I


()l
<
(7.35)
n n

Setzt man nun an = -dn' dann folgt aus Lemrna VII.7.5 und einer ähn-
lichen Beziehung wie in Lemrna VII.7.6 die Behauptung . •

Man sieht sofort, daB es Punkte .(te: [0, 1J gibt, zu denen kein stetiger line-
arer Operator ~ ~,T existiert, der das Diagramm (7.4) kommutativ
macht. Insbesondere existiert solch ein Operator ~ ~,T dann nicht,
wenn für irgendein n en ( v') = 0 gilt. Oa die Menge

8 {J' fO. [0, 1J: es gibt ein n mit en (J» = O}


401

im Intervall [0, 1J dicht ist, ist die Menge aller .,J € [0, 1J, für die
der Operator ~ ~,T nicht existiert, dicht in [0,1J und hat trotzdem
nach dem obigen Resultat das LEBESGUEsche MaB null. Von der gleichen
Schwierigkeit sind die beiden weiteren Sätze von DOLECKI, die sich
mit den Fällen ~n = 0,1,2, ..• und ~n = c,1+c,2+c, •.. befassen.

Satz VII. 7.7. (DOLECKI [1]).


Es sei ~q = q (bzw. ~q = q+c) und eq(x) = ~~~ qx. Dann ist die Men-
ge 6o C[0,1] aller solcher V'mit en(.J) +
0 für alle n=1,2, ... und
der Eigenschaft, daB für alle T>O kein Operator ~~,T existiert, der
das Diagramm (7.4) kommutati v macht, dicht in [0, 1J •

Satz VII. 7.8. (DOLECKI [1J)


Die Folgen {~n} und {en} seien wie im vorherigen Satz. Für T>O sei
6 1 ,T die Menge aller .:r
€ [0,1], für die zwar kein Operator ~ tJ',T

existiert, der das Diagramm (7.4) kommutativ macht, wohl aber zu je-
dem E>O ein Operator 6~,T+E existiert, der das Diagramm (7.4) kom-
mutativ macht. Dann ist 6 1 ,T dicht im Intervall [0,1J.

Den Beweis dieser beiden Sätze bringen wir nicht. Sie werden nämlich
mit Techniken aus der Zahlentheorie (genauer, der Theorie der dio-
phantischen Ungleichungen) bewiesen, was über den Rahmen dieses Buches
hinausgeht.

Bisher haben wir nur den Fall betrachtet, daB man die Temperatur in
einem festen Punkt während einer bestimmten Zeit miBt. Wir wenden uns
jetzt dem Fall zu, wo sich das Thermometer gradlinig gleichförmig mit
der Geschwindigkeit b bewegt und fragen, ob man auf diese Art die
Temperaturverteilung im Stab zur Zeit T bestimmen kann. Genauer: Es
sei

Q (t, .J"+bt) (7.36)

und

Q(T,x) (7.37)
402

Ist der Operator ~ -Lrb


',der der Funktion (7.36) die Funktion (7.37)
zuordnet, stetig?

Satz VII. 7.9. (DOLECKI [1])


Es sei 'l1'E [0,1J, b>O und T>O mit ~+bT<1. Ferner sei YoC.C[O,T]
(bzw. Yoc LP [O,T] mit 15.P<+") der lineare Raum aller Funktionen der
Form (7.36) versehen mit der induzierten Norm und E = Co [0,1]
(bzw. E = LP [0,1], mit 15.P<+"). Dann ist ~ ~,b ein stetiger linearer
Operator von yo nach E.

Beweis:
Entsprechend den jeweiligen Randbedingungen sind die Eigenfunktionen
von der Form:

en(x) cos Il n x

en(x) sin Il n x

und
ao
en(x) sin Il n x + cos Ilnx.
Il n

Wir führen den Beweis exemplarisch für den ersten Fall durch:

Dann ist en(x) cos Il n X und


2
co -lJ n t e in (V'+bt) +e -in (tt+bt)
Q (t, 1t'+bt) L cn e (7.38)
n=1 2

.. cn -t(1l n2-inb)
L in ". e
n=1 2" e

2
co cn -in J' -t (Il n +inb)
+ L e e
n=1 2"

Man setze nun

2
lJ n + inb.
403

Die Folge {~n} genügt dann den Voraussetzungen des Satzes von LUXEM-
BURG-KOREVAAR (Satz VII.7.1). Naeh Formel (7.5) ist also:

(E: Ix' I)
< 2·e n IIQ(t,V'+bt)ll y ' (7.39)
o

für jedes E:>O und genügend groBes n.

Für T>E: folgt aus (7.39)

(7.40)

-I~ I (T-e:) ..
2K I. e n IIQ(t, V'+bt)ll y
n=l 0

Dabei ist naeh (7.39)

2K suple d I (1IQ(t,J'+bt)ll y )-1 < +00 .


n n n 0

-IX' I (T-e:)
Da die Reihe I e n konvergiert, folgt dann aus (7.40) die
n=l
Stetigkei t von 4> it', b .

Für die beiden anderen Fälle

und

(lo
sin ~ x + eos ~nx
~n n

wird der Satz genauso bewiesen. •


404

§ 8 Einige andere ProbIeme, die mit der Erwärmung eines Stabes


verwandt sind

Bisher haben wir die Erwärmungsaufgabe nur im wesentlichen für zwei


Fälle behandelt. Einmal war der Stab an den Seiten isoliert (homo-
gene Gleichung) und zum anderen wurde dem Stab in jedem Punkt eine
bestimmte Wärmemenge zugefügt (inhomogene Gleichung). In beiden Fäl-
len hat man die Abkühlung des Stabes nicht berücksichtigt. Den Ab-
kühlungsvorgang beschreibt man folgendermaBen: Angenommen, die
AuBentemperatur sei Null. Dann gilt für die Temperaturverteilung Q
im Stabe die Differentialgleichung

a2Q O<x<S
~ a--- - aQ, (8 • 1)
at ax 2 O<t<T

wobei der Koeffizient a nicht negativ ist und von der Beschaffenheit
des Stabes abhängt. Man nennt a>O auch den "Ausstrahlungskoeffizien-
ten" des Stabes.

1st die AuBentemperatur nicht Null, sondern etwa gleich H(t,x) zur
Zeit t im Punkt x, dann geht Gleichung (8.1) in

aQ
at
aQ + H(t,x) (8.2)

über.

Im folgenden diskutieren wir diese beiden Gleichungen (8.1) und (8.2)


für die Anfangsbedingung Q(O,x) = Qo(x) und die homogenen Randbedin-
gungen (3.2)-(3.4). Diese Differentialgleichungen löst man wieder mit
der verallgemeinerten FOURIER-Methode. Ohne Beschränkung der Allge-
meinheit kann man wieder a=1 annehmen, so daB die Differentialglei-
chungen (8.1) und (8.2) in

dQ
AQ + H
dt

mit

Af
405

übergehen. Zu bestimmen sind der durch die Randbedingungen festge-


legte BANACH-Raum X und die zugehörigen Eigenwerte und Eigenvekto-
ren von A. Die BANACH-Räume X haben wir bereits in den Beispielen
VII.3.1-VII.3.6 bestimmt. Die Eigenwerte und Eigenvektoren erhält
man aus der Differentialgleichung

(Ho)f. (8.3)

d 2 und ---
Daraus folgt, daS --- d2 - 0 in X die gleichen Eigenvektoren
haben. dx 2 dx 2

d2
A --- - 0 hat die Eigenwerte {An-o}, wobei {An} die Eigenwerte
dx 2

d2 d2
von --- sind. Da sämtlichen Eigenwerte {An} von ---2 negat iv sind,
~2 ~
d2 -
hat A - --- 0 ebenfalls nur negative Eigenwerte.
- dx 2
d 2 und A die gleichen Eigenvektoren haben,
Weil bei Operatoren ---2
dx
kann man die allgemeinen Lösungen von (8.1) und (8.2) sofort ange-
ben. Also gelten die in den beiden vorigen Paragrap.hen hergeleiteten
Ergebnisse auch für die Gleichungen (8.1) und (8.2). Insbesondere
exisitert stets eine Lösung der Minimal-Norm und Minimal-Zeit Auf-
gabe. Weiterhin gilt auch DOLECKIs Satz (Satz VII.7.3), wonach die
Menge aller Punkte {J E [O,SJ, für die man aus dem Temperaturverlauf
im Intervall [O,T] die Temperaturverteilung zur Zeit T im ganzen
Stab bestimmen kann, das MaS S.

Wichtig ist nun noch der Fall, daS der Stab [o,s] nur teilweise,
etwa im Intervall [O,sJ isoliert ist. Dann hat die Wärmeleitungs-
gleichung die Form

2
a1 a Q für O<x<s
ax 2
aQ (8.4)
at
a 2Q
a2 - 2 - oQ, für s<x<S.
<lx
406

Auf diese Gleichung läBt sich nun das folgende technische Problem
zurückführen.

Auf einem Forschungsschiff befindet sich ein stählerner Landeplatz


für Hubschrauber mit dem in Abb. VII.8.1 angegebenen Querschnitt.
Dieser Landeplatz ist von unten isoliert und wird durch Dampf erwärmt,
der durch ein Heizungsrohr strömt. Unser Ziel ist es nun, den Lande-
platz so zu beheizen, daB er zu den benötigten Zeiten nicht vereist
ist.

Dazu nehmen wir an, daB der Landeplatz von unten her ideal isoliert
ist. Ferner wollen wir annehmen, daB er in völlig gleiche Abschnitte
aufgeteilt ist, wobei in der Mitte eines jeden Abschnittes genau ein
Heizungsrohr ist. An der Oberfläche des Landeplatzes wird nun pro-
portional zum Temperaturunterschied zwischen Luft und Landeplatz Wär-
me abgegeben. Dabei ist der Aussstrahlungskoeffizient a bei der Wär-
meabgabe nicht konstant, sondern hängt gewöhnlich noch von
mehreren äuBeren Faktoren wie etwa der Windgeschwindigkeit ab. Wir
wollen hier jedoch annehmen, daB a konstant ist. Es stellen sich nun
mehrere Fragen, etwa: Wie hat man den Landeplatz zu beheizen, damit
er möglichst schnell benutzbar wird, und wieviel Zeit benötigt man
dafür? Wie groB ist die minimale Wärmemenge, die man benötigt, um
den Landeplatz benutzbar zu machen? Kann man die Temperaturverteilung
auf dem Landeplatz dadurch bestimmen, daB man in einem festen Punkt
die Temperatur während einer bestimmten Zeit miBt?

Zu all diesen Fragen gehört jedesmai eine besondere Wärmeleitungs-


gleichung. Bei der Aufstellung dieser Gleichung kann man sich stets
auf einen einzelnen Abschnitt des Landeplatzes beschränken, da nach
Voraussetzung alle diese Abschnitte völlig gleich sind. Man hat also
die Wärmeleitungsgleichung für ein Gebilde, das wie ein T aussieht
(siehe Abb. VII.8.2), aufzustellen. Nach Annahme ist die Temperatur-
verteilung im horizontalen Teil dieses Systems (T) symmetrisch, so
daB man nur noch eine Hälfte des horizontalen Teils zu betrachten
braucht. Damit hat man das gesamte Problem auf den Fall eines teil-
weise isolierten Stabes (denn der vertikale Teil ist nach Vorausset-
zung vollständig isoliert) reduziert,für den die Wärmeleitungsglei-
chung von der Form (8.4) ist.
407

Landeplatz (Stahl) einzelne Abschnitte


I

Heizungsrohre Isolierung
Abb . VII.8.1

Abb. VII.8.2

o s S

Abb. VII.8 . 3

Da aber die beiden Platten möglicherweise unterschiedlich dick sind,


sind die in der Wärrneleitungsgleichung (8.4) auftretenden Koeffizien-
ten a 1 und a 2 im allgemeinen verschieden.

Wir wollen uns nun mit der Beobachtung der Temperaturverteilung auf
dem Landeplatz beschäftigen. Dazu nehmen wir an, daB der Landeplatz
nicht beheizt wird. Stellt man ihn schematisch als Stab [o,SJ mit
Unterteilungspunkt s (siehe Abb. VII.8.3) dar, dann bedeutet dies,
daB die Stabenden vollständig isoliert sind.

Im Punkte s e=: [O,sJ sind dann zwei Koincidenz-Bedingungen erfüllt,


närn li ch

lim Q (t,x) lim Q(t,x) (8.5)


x+s-o x+s+o
408

und

11m k 11m aQ (8.6)


x .... s-o x .... s+o ax

wobei der Koeffizient k von beiden Teilen des Stabes abhängt. Die
Funktion Q besehreibt wieder die Wärmeverteilung. Durch Variablen-
transformation kann man stets erreiehen, daB k=' ist.

Wir lösen nun die Beobaehtungsaufgabe mit der in Paragraph 2 angege-


benen verallgemeinerten FOURIER-Methode. Der auf der reehten Seite
der Gleiehungen auftretende Operator A ist von der Form

{
a,f"(x) für o<x<s
Af (8.7)
a 2 f"(x)-crf(x), für s<x<S.

Er ist auf dem Raum aller Funktionen, die bis auf den Punkt s E [o,sJ
zweimal stetig differenzierbar sind, definiert. Da bei der Beobaeh-
tungsaufgabe der Landeplatz nicht aufgeheizt wird, muB man für den
Stab [o,s] die Randbedingungen

dfl dfl o (8.8)


dx x=o dx x=S

nehmen.

Wir bestimmen nun die Eigenwerte und Eigenvektoren von A.

Angenommen, A sei ein Eigenwert des Operators A. Naeh (8.7) ist dann
der zugehörige Eigenvektor von der Form

e, sin {F, x + d, eos 'ff


a, x, für O<x<s

.. ~ ir>:::; für s<x<S.


e 2 sin V~---
a2 x + d 2 eos V~---
a2 x,
409

Dabei sind die Koeffizienten c 1 ,d 1 ,c 2 ,d 2 aus den Koincidenz-Bedin-


gungen (8.5) und (8.6) und der Randbedingung (8.8) zu bestimmen.

Zu lösen ist also das lineare Gleichungssystem:

c, 0 ,

d1 - fi:.{i:
-
a,
sJ.n -
a
s =
1

c
2 ~~
- - cos - - s
a2 a2
- d
2 ~.~
- - sJ.n - - s
a2 a2
,

d 1 cos ~
a1 s = c 2 sJ.n.~
--
a2
s + d 2 cos ~
--
a2
s ,

0 c
2
~
A-cr
--
a2
cos 0--;
A-cr
-- S - d
a2 2
F;- . r;;;
- - sJ.n
a2
-- S
a2

Es hat genau dann eine nicht-triviale Lösung c 1 ,d 1 ,c 2 ,d 2 , wenn die


Determinante

{f
a
.{f
-
a 1
sJ.n -
1
s , - ~
--cr
-
a2
cos ~-cr
--- s
a2
, + f?
--cr
a2
. fff-cr
- sJ.n -- s
a2

cos" lA s,
Va; -cos ~-cr
-- s
a 2

0, - ~
A-cr
--
a2
cos Y-- - -,
A-cr
-- S
a2

verschwindet. Entwickelt man diese Determinante nach der ersteh Spal-


te, dann erhält man:

-{t, sinlF; Vd
A;2 cosY";2cr ' (S-s) +

+cos {f (fij
-
a1
s --cr)2
- • sin Vfi-cr
a2
- - (s-S)
a2
O.
410

Hieraus folgt

tg f2-
-a
a2
(s-S) {1; r! {f
-_.
'\-a
- 2 tg
a1
-
a1
s • (8.9)

Da für den allgemeinen Fall das asyrnptotisehe Verhalten der Wurzeln von
(8.9)sehwer zu bestimmen ist,besehränken wir uns auf den Fall a 1 =a 2 =1.

Dann geht Gleiehung (8.9) in

t
g
~ (s-S) II ,\:a' tg VA s (8.10)

über.
Wegen

limy,\'=1 (8.11 )
'\-a
,\-+-co

verhalten sich asyrnptotiseh die Wurzeln von (8.9) genausa wie die von

tg Y;::-; (s-S) tg
~
V'\ s. (8.12 )

sina
Sehreibt man nun tga = easa und benutzt das Additionstheorem für den
Sinus, dann falgt aus (8.12)

sin( r;:::; (s-S) - YAs) o. (8.13)

Alsa ist:

r;::; (s-S) - (;' s nrr. (8.14)

Bringt man nun die Terme mit s auf die reehte Seite und quadriert,
dann erhält man:

2 2 ~J1 2
('\-a) (s-S) (nrr) - 2nrrs ~,\ + '\s •

Ähnlieh wie in Paragraph 3 erhält man hieraus die Existenz einer po-
sitiven Kanstanten e mit

IVf;:J - en I ~ e . *' n=1 ,2, •••• (8.15)


411

Da die Eigenvektoren paarweise orthogonal sind (siehe §3), kann man


wieder die gesamte oben entwickelte Theorie verwenden. Insbesondere
folgt aus der Form der Eigenwerte:

Satz VII. 8.1. (DOLEeKI [1J)


Unter den obigen Voraussetzungen hat die Menge aller J' E. [0, sJ ' für
die ein stetiger linearer Operator~ ~,T existiert, der das Diagramm

(7.4) kommutativ macht, das LEBESGUEsche MaB S, (d.h. die Menge


aller Punkte,in denen keine Beobachtung möglich ist, hat das MaB 0).

AIs Nächstes wollen wir uns mit der Temeeraturverteilung im Kreisring


beschäftigen. Wenn zum Beispiel kein Wäremaustausch mit der Umgebung
stattfindet, dann ist die zugehörige Wärmeleitungsgleichung von der
gleichen Form wie beim Stab, nämlich:

(8.16 )

Da beim Kreisring keine Randbedingungen auftreten, ist diese Gleichung


dann zur Anfangsbedingung

(8.17)

zu lösen.

AIs Ersatz für die Randbedingungen hat man jedoch eine periodische
Lösung in 'lK anzugeben.

Angenommen, der Kreisring habe den Umfang 2n und für den in (8.16) auf-
tretenden Koeffizienten a gelte a=1.

Um die verallgemeinerte FOURIER-Methode zu benutzen, bestimmen wir


2
zunächst die Eigenwerte von A = ~. Hierbei ist DA der Raum aller
dx
zweimaI stetig differenzierbaren Funktionen auf dem Kreisring.

Man rechnet nun leieht nach, daB die Eigenwerte durch

2
-n n=0,1 ,2, .•.

gegeben werden. Zum Eigenwert AO=O gehört der Eigenvektor e o =1, und
412

2
zu den restlichen Eigenwerten An = -n , n=1,2, ••. gehören die bei-
den linear unabhängigen Eigenvektoren cosnx und sinnx.

Die allgemeine Lösung Q(t,x) von (8.16) zur Anfangsbedingung (8.17)


ist dann (vergl. § 3)

c s. -n 2 t
Q(t,x) L
n=o
(qo,n cosnx + qo,n s~nnx)e (8.18)

Dabei ist

211
f Qo(x)cosnxdx
o
n=0,1 ,2, • •. • (8.19)

211
f QO(x)sinnxdx
o

LäBt man noch eine Wärmezufuhr von auBen zu, die durch die Funktion
H(t,x) gegeben wird, dann hat man auf dem Kreisring die inhomogene
Differentialgleichung

aQ
(8.20)
'IT

zur Anfangsbedingung (8.17) zu lösen.

AIs Lösung erhält man:

c s. -n 2 t (8.21)
Q(t,x) L (qo,n cosnx + qo,n s~nnx)e +
n=o

c s
Dabei ist qo,n und qo,n wie in (8.19) definiert und
413

21T
f H(t,x)cosnxdx
o
n=0,1 ,2, • •• •

21T
f H(t,x)sinnxdx
o

Aus Formel (8.21) folgt nun, daB die Abbildung, die der Anfangsbedin-
gung Qo(x) und dem inhomogenen Teil H(t,x) von (8.20) die Lösung
'v
(8.21) zuordnet, ein stetiger linearer Operator A von
X = L2 [O,21TJXM 2 [O,T] nach D = e 2[0,T] ist. Der Operator A bleibt
L L
folgenstetig, wenn man X mit der schwach-*-Topologie versieht und auf
D die Norm-Topologie betrachtet. Daraus folgt nun, daB sowohl die
Minimal-Norm- wie auch die Minimal-Zeit Aufgabe stets eine Lösung ha-
ben. (Vergl. §6).

Eine weitere interessante Aufgabe ist die Beobachtung der Temperatur-


verteilung im Kreisring. Hier ist die Situation folgendermaBen: Nimmt
man sich irgend einen Punkt ~ des Kreisringes, dann kann man im all-
gemeinen nichts über die Temperaturverteilung aussagen, auch selbst
dann nicht, wenn man die Temperatur beliebig lange beobachtet. Dies
liegt einfach daran, daB zu jedem ~ € [0,21TJ zwei Folgen
{q o,n'
C } {qS } E. 1. 2 existieren mit
o,n

q~,n cosn:! + q~,n sinn () o für alle n=0,1,2, •••• (8.22)

Also existiert zu jedem ~ E. [0,21TJ stets eine Temperaturverteilung


auf dem Kreisring, die im Punkte v' stets die Temperatur Null hat.

Aufgrund dieses Beispiels fragen wir nun, ob man die Temperaturver-


teilung im Kreisring durch Temperaturmessungen in mehreren Punkten
bestimmen kann.

Dazu sei k>O eine natürliche Zahl und {~n} eine Folge von komplexen
Zahlen, die den Voraussetzungen von Satz VII.7.1 genügen. Ferner exi-
stiere zu jedem ~n ein System von k linear unabhängigen Funktionen
'f' n, 1 (x) , ••• , 'fn, k (x) •
414

Weiter sei

k -X' n t
u(t,x) L I a ,
n,~
'f ' (x) e
n,~ (8.23)
n=o i=1

und J'1"'" ifk E [0,211J seien k beliebige Punkte.

Dann ist

{u(t, J 1 ), ••• ,u(t,.J'k)}

eine auf [O,TJ definierte Vektorfunktion mit Werten in ,-Xx ••• XX"
k-mal
wobei X einer der Räurne C[O,T] oder LP[O,TJ mit 1.::.,p<+oo ist.
Setzt man nun in (8.23) t=T, so erhält man eine Funktion u(x,T), die
ein Element von Y ist. Dabei ist Y wieder einer der Räurne C[0,211J
oder LP[0,211J mit 1.::.,p<+oo.

Falls dann die Abbildung, die u(T,x) die Vektorfunktion


{u(T, i1'1), ••• ,U(T, ZJ k )} zuordnet, bijektiv ist, dann erhält man
einen Operator ~"tJ> ,J T von ,Xx ••• xX, nach Y, durch den dann die
1'···' k' k-mal
Ternperaturmessung in den Punkten :; 1 ' ••• , v'k gegeben wird.

Satz VII.8.2. (DOLECKI [1J)


Falls eine Folge {Bn } von positiven Zahlen existiert, so daB für
jede Funktion f n "" Lin{'fn,1"'" lfn,k}

B • sup I f n (v',)
J
I (8.24)
n 1~j~k

gilt, und falls weiterhin no ch (7.7) .gilt, dann ist der Operator
stetig.

Der Beweis verläuft genauso wie bei Satz VII.7.2.

Im Falle des Kreisringes sind die Funktionen fnE{Lin 'Pn,1' fn,2}


stets von der Form

a sin(nx-a).
415

Man kann al so die Bn leieht absehätzen, nämlieh

(8.25)
< sli P max{ \ sin(n "" 1-a) \' \ sin(n t!)'2- a ) \ t

inf max{ \ sin(n -()' 1-a) \' \ sin(n tJ'2-a) \}


a

\ simr -1\\ n J'1-n J' 2\\

Hält man nun ~2 fest, so kann man wie bei Satz VII.7.3 leieht zei-
gen, daS für fast alle J 1 Formel (7.7) gilt. Also hat man:

Satz VII.8.2. (DOLECKI [1J)


Die Menge aller Punkte (tJ tr
1 , 2 ) des Kreisringes mit Umfang 2rr, für
die ein stetiger linearer Operator ~ ~ .~ T existiert, der das
v1,··· ,v k'
Diagramm (7.4) kommutativ maeht, hat das MaB 4rr 2 , also das MaB des
Produktes der Intervalle [O,2rrJ x [O,2rrJ.

§ 9 Die Steuerung des sehwingenden Stabes

Die Längssehwingung eines Stabes der Länge S mit konstantem Elasti-


zitätsmodul a wird bekanntlieh dureh die Differentialgleiehung

a 2v O<x<S
a ---2 + H(t,x) , (9.1)
ax

besehrieben. Dabei gibt V(t,x) die Abweiehung von der Ruhelage im


Punkte x zur Zeit t an und H(t,x) ist die GröBe einer von auBen ein-
wirkenden Kraft. (Siehe TICHONOW und SAMARSKI [1J ,Kap.II, §1).

Eine ähnliehe Gleiehung erhält man für den quersehwingenden Stab.


Ohne Besehränkung der Allgemeinheit darf man wieder annehmen, daB
für den in Gleiehung (9.1) auftretenden Koeffizienten a=1 gilt.

Zur vollständigen Besehreibung der gesamten Bewegung des Stabes be-


nötigt man noeh die Anfangsbedingung:
416

V(O,x) Vo(x) und at


dV
(O,x) V 1 (x) (9.2)

und Randbedingungen, die wie folgt aussehen können.

Wenn das Schwingungsverhalten an den Endpunkten vorgegeben ist,


nimmt man als Randbedingungen

V(t,O) = ]11 (t) , V(t,S) = ]12 (t). (9.3)

Wirkt auf die Enden des Stabes eine feste Kraft v 1 bzw. v 2 , dann
ergeben sich die Randbedingungen

dV (t,O) v 1 (t) , dV (t,S) v2 (t) • (9.4)


dx dx

Die Randbedingung

~~ (t,O) Cl O (V(t,0)-8 1 (t)) , ~~(t,S) (9.5)

erhält man bei der sogenannten "Federaufhängung". Hier bezeichnet


8 1 (t) und 8 2 (t) die Schwingung an den Aufhängepunkten.

Die allgemeine Lösung der Gleichung (9.1) läBt sich als Summe in der
Form

V (t, x) = VO (t, x) + V1 (t, x) + V2 (t, x) (9.6)

schreiben. Dabei ist VO(t,x) die Lösung der homogenen Gleichung


(H=O), die zu der gegebenen Anfangsbedingung (9.2) und den entspre-
chenden homogenen Randbedingungen (d.h. ]1=v=8= 0) gehört. Die Funk-
tion V1 (t,x) ist die Lösung der inhomogenen Gleichung (9.1) mit der
Anfangsbedingung Vo = V1 = °
und der entsprechenden homogenen Rand-
2
bedingung und V (t,x) ist die Lösung der homogenen Gleichung zur An-
fangsbedingung Vo = V1 = ° und der gegebenen inhomogenen Randbedin-
gung.

Wir bestimmen nun der Reihe nach die Funktionen Va, V1 und V2 •
417

Die Funktion VO ist die Lösung der Differentialgleichung

(9.7)

zur Anfangsbedingung (9.2) und den entsprechenden homogenen Rand-


bedingungen

=
V(t,O) V(t,S)
° (9.3' )

(lV(t S)
°
lY(t 0) (9.4')
(lx ' (lx '

aoV(t,O), (lV(t S) (9.5' )


(lx '

Dabei können, wie es in den vorherigen Paragraphen bereits vorgekom-


men ist, an den einzelnen Enden des Stabes auch verschiedene Typen
von Randbedingungen auftreten.

Man faBt die Differentialgleichung (9.7) wieder als Differential-


gleichung

AV (9.8)

im BANACH-Raum X auf. Der BANACH-Raum X wird durch die Randbedingun-


2
gen und der Operator A durch ~ gegeben. Für X erhält man die in
dx
Paragraph 3 bestimmten Räume und dementsprechend für die einzelnen
Operatoren A auch die dort bestimmten Eigenwerte {An} und Eigenvek-
toren {en}' Somit ist wieder Y = L 2 [0,S] und die Folge {en} der
Eigenvektoren ist eine Basis, die zur Orthonormalbasis von
L 2 [O,SJ äquivalent ist.

Wir wollen nun die Differentialgleichung (9.8) lösen. Dazu setzen


wir der Einfachheit halber

]Jn ~.
418

Ferner nehmen wir an, daS v o ,v 1 €L 2 [O,S] ist und entwickeln diese
beiden Funktionen bezüglich der Basis {en}:

I vo,n en (x) , v 1 (x) I v1 e (x). (9.9)


n=1 n=1 ,n n

Da {en} äquivalent zur Orthonormalbasis von L2 [O,SJ ist, ist dann


{v } , {v 1 ,n }€.R. 2 •
o,n

Die zur Basis {en} gehörenden Basisfunktionale {fn} sind durch

mit

gegeben. Wendet man nun auf beide Seiten von (9.8) die Basisfunktiona-
le f n an, dann erhält man wegen Ae n = Ane n das System von Differenti-
algleichungen

2
d 2 v (t) n=1 ,2, •.• (9.10)
dt n

mit den aus (9.9) bestimmten Anfangsbedingungen

vn(O) = v
o,n
dvn
und dt I
t=o
(9.11)

Dabei ist

S 'v
fn(V(t,.» f V(t,x)fn(x)dx (9.12)
o

Die Lösungen von (9.10) mit den Anfangsbedingungen (9.11) sind durch

(9.13)
419

gegeben, wobei wie aben

Jl n (9.14 )

Die in Paragraph 2 angegebene verallgemeinerte FOURIER-Methode lie-


fe rt als Lösungsansatz:

VO(t,x) (9.15)

Aus dem in Paragraph 3 hergeleiteten asymptotischen Verhalten der Jl n


und der Tatsaehe, daB {vo,n }, {v 1 ,n } € R, 2 ist, folgt nun, daB der Ope-
rator A, der dem Funktionenpaar (V O,V 1 ) die in (9.15) definierte
Funktian V(t,x) zuordnet, ein stetiger linearer Operator von
L2[0,s]xL2[0,S] naeh L2 ([0,TJX[0,SJ) ist.

Wir nehmen nun zusätzlich an, daB Va € c 1 [o,s] ist, also ein Element
des Raumes aller stetig differenzierbaren Funktianen mit der Norm

sup IV (x) 1+sup I: V0 (x) I. (9.16)


O<x<S 0 O<x<S x

Multipliziert man dann Vo(x) mit eos ax und integriert partiell, dann
erhält man:

(9.17)

Entspreehend erhält man

(9.18)
420

Aus (9.17) und (9.18) und dem asymptotischen Verhalten der ~n folgt
unmittelbar, daS es zu VoE e 1 [O,SJ eine Konstante K>O gibt mit

für alle n=1,2, •••• (9.19)

2
Ist V1 E. L [O,s], dann existiert ebenfalls ein K1 >0 mit

für alle n=1,2, •••• (9.20)

Mit den gleichen Argumenten wie sie im Zusammenhang mit Formel (5.20)
auftreten, zeigt man dann, daS der Operator A, der den beiden Funktio-
nen Vo' V1 die in (9.15) definierte Funktion VO(t,x) zuordnet, ein

stetiger linearer Operator von e 1 [0,S]XL 2 [0,SJ in den Raum


e 2[ [O,T] ist.
L o,sJ

Der Nachteil ist nur, daS die Einheitskugel von in der e 1 [o,sJ
1
schwachen Topologie nicht kompakt ist, und daS für e [o,s] keine
schwach-*-Topologie existiert. Daher ersetzt man gewöhnlich den Raum
e 1 [o,sJ durch den Raum aller absolut stetigen Funktionen auf [O,SJ
(siehe Kapitel II, § 6).

Wir erinnern kurz an die wichtigsten Fakten über absolut stetige


Funktionen. Eine Funktion f,e[O,s] heiSt "absolut stetig", wenn es
zu jedem E>O ein 5>0 gibt, so daS für jede Folge Ii = (ai,b i ) ,
i=1,2, ••• von paarweise disjunkten Intervallen mit

L Ib. -a. I < 5, (9.21)


i=1 ~ ~

die Beziehung

L If (b. ) -f (a. ) I < E (9.22)


i=1 ~ ~

gilt.
421

Der Hauptsatz über absolut stetige Funktionen ist der Satz von RADON-
NIKODYM. Danach existiert für eine absolut stetige Funktion f E. e [0, sJ
fast überall die Ableitung f' (x). Weiterhin ist f' integrierbar und
für alle x € [0, s] gilt

x
f(x) f(O) + I f' (~)d~. (9.23)
o

Wichtig ist noch, daS das Produkt zweier absolut stetiger Funktionen
eine stetige Funktion ist. Weiterhin gilt für das Produkt von zwei
absolut stetigen Funktionen die Formel von der partiellen Integration.

Im vorliegenden Buch sind diese Ergebnisse nicht bewiesen worden. Der


interessierte Leser wird auf Lehrbücher über reelle Funktionen, z.B.
das Buch von R. SIKORSKI [1] verwiesen.

Mit DM[O,SJ (bzw. DL 2 [0,SJ) bezeichnen wir den Raum aller absolut
stetigen Funktionen V(x) auf [o,SJ mit V' (x) E. M[O,S] (bzw.
V' (x) G L 2 [o,SJ) .

Als Norm für DM[O,S] nirnrnt man

~V~ = sup IV(x) I+ess suplv ' (x) I (9.24)


O<x<S O<x<S

und für DL 2 [0,S}

Der Raum DM[O,S] ist isomorph zu M[O,S] und DL 2 [0,S} ist ein HILBERT-
Raurn. Also existiert fu~ beide Räume eine schwach-*-Topologie.

Für DM[O,S] gelten die Formeln (9.17) und (9.18) und somit auch die
Formeln (9.19) und (9.20). Also ist der lineare Operator A von
DM[0,S]xL 2 [0,SJ nach e 2 [O,T] , der den beiden Funktionen V , V1 die
L 0
durch (9.15) definierte Funktion VO(t,x) zuordnet, stetig.
422

Weniger offensichtlich ist die Tatsache, daB A auch folgenstetig ist,


wenn man den Raum DM[O,S] xL 2 [o,s] mit der schwach-*-Topologie versieht
und auf e 2 [O,T] die Norm-Topologie betrachtet. Vm dies zu zeigen
L
approximiert man A durch die Operatoren An mit

An (V o 'V 1 ) (9.25)

Dabei ist wieder

s '" sjV '" (9.26)


v .
0,1.
jVo(x)f (x)dx, v 1 ,i 1 (x)f i (x)dx.
o 0 o

Wegen vo,i = fi(Vo ) und v 1 ,i = f i (V 1 ) ist An folgenstetig in der


schwach-*-Topologie. Daher folgt aus Satz IV.4.9, daB A folgenstetig
ist.

Oa für DL 2 [O,S] zu (9.17) und (9.18) ähnliche Formeln gelten, ist der
oben definierte Operator A von DL 2 [O,SJxL 2 [O,SJ nach e 2[O,T] mit
L
A(Vo 'V 1 ) = VO(t,x) ebenfalls stetig.

Weiterhin kann man ohne jede Schwierigkeit zeigen, daB der lineare
Operator A von DM[O,S]xM[O,S] (bzw. DL 2 [O,S]xM[O,S]) nach e 2[O,TJ
L
ebenfalls stetig ist, und daB er folgenstetig bleibt, falls man
DM[O,S]XM[O,S] (bzw. DL 2 [O,S]XM[O,SJ) mit der schwach-*-Topologie ver-
sieht und auf e 2[O,T] die Norm-Topologie betrachtet.
L

Als Nächstes wollen wir nun die Funktion V1 (t,x) bestimmen. Diese
Funktion ist die Lösung der inhomogenen Differentialgleichung

(9.27)

mit der Anfangsbedingung

av
V(O,x) ät(O,x)
°
423

und den homogenen Randbedingungen (siehe (9.3) bis (9.5». Die Funk-
tion H(t,x) sei aus M 2[0,Tl (oder, falls H(t,x) nicht von x abhängt,
L
aus L 2 [O,T]).

Wendet man nun auf beiden Seiten von (9.27) die Basisfunktionale {fn}
an, dann erhält man ein unendliches System von Differentialgleichungen

n=1 ,2, ••• (9.28)

mit den Anfangsbedingungen

v~(O) o. (9.29)

Dabei ist vn(t) durch (9.12) definiert und

S '"
J G(t,x)fn(x)dx.
o

Die Lösungen von (9.28) zu den Anfangsbedingungen (9.29) sind

(9.30)

~. Also wird die Lösung V1 (t,x) von (9.27) durch

1
V (t,x) (9.31 )

gegeben. Aus dem asymptotischen Verhalten der ~n folgt unmittelbar


die Existenz einer positiven Konstanten K mit

(bzw. (9.32)
424

Hieraus folgt nun wie in Paragraph 5, daB der Operator A, der der
Funktion H(t,x) die in (9.31) definierte Funktion V 1 (t,x) zuordnet,
ein stetiger linearer Operator von M 2[0,T] nach e 2[0,T] (bzw.
2 2 . L L
L [O,T] nach L ([O,T]x[O,S])) ist. Weiterhin folgt aus (9.32), daB
bezüglich der Operator-Norm der Operator A der Grenzwert der endlich-
dimensionalen Operatoren

n t
L (~ f sin ~i(t-T)hi(T)dT)ei(x) (9.33 )
i=1 ~i 0

ist. Oa die Funktionale

t
f sin ~i(t-T)hi(T)dT (9.34 )
o

in der schwach-*-Topologie stetig sind, folgt aus Satz IV.4.9, daB


der Operator A sogar fOlgenstetig ist bezüglich der schwach-*-TopologiE
auf M 2[0,T] und der Norm-Topologie auf e 2[0,T].
L L

Wir bestirnrnen nun die Funktion V2 (t,x). Sie ist die Lösung der homoge-
nen Differentialgleichung

(9.35)

zur Anfangsbedingung

av
at
V(O,x) (O,x)
° (9.36)

und den gegebenen Randbedingungen.

Dazu nehrnen wir an, daB in der zu betrachtenden inhomogenen Randbe-


dingung die auftretenden Funktionen w1 ,w 2 E { \) 1 ,\) 2' ~ 1 '~2' e 1 ,e 2} aus
L 2 [O,SJ sind.

Wie im Paragraphen 5 bestirnrnen wir dann eine Funktion U(t,x), die


von w1 und w2 abhängt (siehe Tabelle VII.5.1), so daB
425

2
v(t,x) = v (t,x)-U(t,x) (9.37)

die Lõsung einer geeigneten inhomogenen Gleichung zur Anfangsbedin-


gung v(O,x) = ~~(O,X) = 0 und der zugehõrigen homogenen Randbedingung
ist. Allerdings stõBt man dabei wieder auf die in Paragraph 5 erwähn-
te SChwierigkeit, daB U(t,x) im allgemeinen nicht nach t differenzier-
bar ist. Deshalb formt man die Differentialgleichung (9.35) mit der
Anfangsbedingung (9.36) in die äquivalente Integro-Differentialglei-
chung

V(t,x) (9.38)

umo Setzt man nun (9.37) ein, so erhält man

t sa2
v(t,x) = J(J ~("x)d,)ds (9.39)
o oax

t sa2u
+ J(J-2 ("X)dS)dt - U(t,x).
o oax

Wir betrachten nun den ersten Fall

U(t,x) = u, (t)+x u 2 (t) (9.40)

mit

o und (9.39) geht in

v(t,x) (9.41)

über.
426

Wendet man auf beide Seiten der Gleichung (9.41) die Basisfunktionale
f n an, dann erhält man ein unendliches System von Integralgleichungen

(9.42)

n=1 ,2, ...

Dabei ist

und {c~} (bzw. {c~}) die Folge der Entwicklungskoeffizienten der


Funktion 1 (bzw. der Funktion x) bezüglich der Basis {en}'

Die Lösungen von (9.42) sind:

(9.43 )

Wir zeigen nun die Existenz einer Konstante K>O, so daB für alle
t E [O,T]

(9.44)

gilt. Dabei ist Ilu111, IIu211 die Norm der beiden Funktionen u 1 , u 2 im
Raum L 2 [O,S].

Um (9.44) zu beweisen, beachte man zunächst, daB wegen

i=O,1 (9.45)

nur no ch
427

(9.46 )

zu zeigen ist. Da aber für jedes hinreichend groSe ~ die Funktionen


{sin )J t} in L 2 [0,T] eine zur Orthonormalbasis äquivalente Basisfolge
n
bilden, gilt (9.46) •

Aus (9.44) folgt nun, daS der Operator A, der den beiden Funktionen
u 1 ' u 2 (und damit auch W1 ' W2 ) die Funktion

v(t,x) Lv (t) e (x) (9.47 )


n=1 n n

zuordnet, ein stetiger linearer Operator von L 2 [0,SJxL 2 [0,SJ nach


L 2 ([0,T}x[0,SJ) ist. Also ist auch der Operator A, der den beiden
Funktionen W1 ' W2 € L 2 [0,S] die Funktion

2
V (t,x) = v(t,x)+U(t,x) (9.48)

zuordnet, ein stetiger linearer Operator von L 2 [0,S]xL 2 [0,SJ nach


L 2 ([O,TJ x [O,SJ) •

Der andere Fall, daS

U(t,x) (9.49)

eine quadratische Funktion in x ist, wird genauso behandelt wie in


Paragraph 5. Mit der dort angegebenen Technik erhält man dann

2
V (t,x) (9.50)

Dabei ist

t
'"
u(t) u 1 (t)-ju 3 (T)d, (9.51)
o
428

2
und {c n2 } die Folge der Entwicklungskoeffizienten der Funktion x be- :r
züglich der Basis {e n }.

Ähnlich wie dort zeigt man wieder, daB die Vorschrift, die den in den
Randbedingungen auftretenden Funktionen W 1 ' w2 die in (9.50) definier-
te Funktion V2 (t,x) zuordnet, ein stetiger linearer Operator von
L2[0,s]xL2[0,S] nach L 2 ([0,TJx[0,SJ) ist.

Falls die beiden Funktionen w1 , w2 beschränkt sind, also w1 ,W 2 EM[0,T],


dann ist sogar V(t,x) € e 2 [O,T] . Allerdings läBt sich dieses Ergebnis
L
mit der verallgemeinerten FOURIER-Methode nicht beweisen. Vielmehr
braucht man dazu die allgemeine Theorie der partiellen Differential-
gleichungen (siehe etwa: LIONS [1], LIONS-MAGENES [1J).

Insgesarnt haben wir al so die verallgemeinerte Lösung der inhomogenen


Wellengleichung (9.1) zur Anfangsbedingung (9.2) und den inhomogenen
Randbedingungen konstruiert. Sie ist von der Form:

V(t,x) = Vo (t,x)+V 1 (t,x)+V 2 (t,x),

wobei VO(t,x) durch (9.15), V1 (t,x) durch (9.31) und V2 (t,x) durch
(9.48) oder (9.50) gegeben wird.

Der Operator A, der dem Funktionentupel (Vo(x) , V, (x), H(t,x), w1 (t) ,


w2 (t» die in (9.6) definierte Funktion V(t,x) zuordnet, ist dann
ein stetiger linearer Operator vom Eingaberaum

x = L 2 [O,S] xL 2 [0, SJ XL 2 ([O,T] x [o,sJ) xL 2 [o,sJ xL 2 [o,sJ

in den Transformationsraum

Damit haben wir den Eingaberaum, den Eingabeoperator und den Trans-
formationsraum angegeben. Ubrig bleiben noch der Ausgaberaum Y und
der Ausgabeoperator B. Offensichtlich kann man Y und B auf recht ver-
schiedene Art definieren. Im vorherigen Beispiel der Wärmeleitungs-
gleichung hatte man B(V(t,x» = V(T,x). Dies geht jetzt nicht, da
diese Definition von B auf L2 ([O,TJx[0,SJ) keinen Sinn hat.
429

Deshalb definieren wir als "Ersatz" den Ausgabeoperator durch

T 1
J h:V(t,x)dx (9.52)
T-h

mit O<h<T. Offensichtlich ist Bh ein stetiger linearer Operator vom


Transformationsraum D = L2 ([O,T]x[O,S]) in den Ausgaberaum Y. Damit
haben wir ein zum schwingenden Stab gehörendes lineares System

(X --x-- D B
h
,Y) (9.53)

Nun sei F ein auf X definiertes konvexes Funktional. Wir betrachten


die zugehörige Minimal-Norm-Aufgabe. Genauer: gegeben sei ein yo~ Y
und gesucht wird X o ~ X mit BhA X o = yo und

(9.54)

Wenn nun für jedes r>O die Menge {x: F(x) ~ r} beschränkt ist, dann
existiert nach Satz V.3.4 ein derartiges xo' falls (B hA)-1 (Yo) ~ +
ist.

Beispiel VII.9.1.
Es sei U e X eine beschränkte abgeschlossene konvexe Menge, die die
Null enthält. Ferner sei

F(x) = inf{t>O: ~E.U}, (9.55)

und falls für kein t>O das Element I in U liegt sei F(x) = +~. Dann
existiert für j edes yo E C· BhA (U), c ein Skalar, stets ein X o E. X, so
daB (9.54) gilt. Dies liegt einfach daran, daB F als Halbnorm auf dem
linearen Raum Lin U e X aufgefaBt werden kann.

Wir gehen jetzt zur Minimal-Zeit-Aufgabe über. Dazu seien die Anfangs-
bedingungen Vo~ DL 2 [O,S] und V1 Eo L 2 [O,S] fe st vorgegeben. Man erhält
dann das reduzierte lineare System
430

(9.56)

mit dem Eingaberaum

Nun sei O<h<T und für t E [h,T] sei

t 1
Bt,h(V) f llV(t,x)dt. (9.57)
t-h

Dann ordnet der konjugierte Operator B~,h jedem F ~ L 2 [O,SJ die Funk-
tion

zu. Wir bemerken, daS für jedes FE L2 [O,S] die Funktion B~,hF in der
Variablen t stetig ist. Also ist nach Satz V.4.7 die Familie
Bt , h (A (U) ) e L2 [0, SJ, t €. [h, T], in der schwachen Topologie von aben
halbstetig, da U beschränkt und abgeschlossen ist.

Nun sei YoC Y eine fe ste abgeschlossene Teilmenge und

te[O,T].

Dabei ist VO(t,x) die durch Formel (9.15) gegebene Lösung der homoge-
nen Gleichung mit homogenen Randbedingungen zur Anfangsbedingung Vo
und V1 • Wie bereits gezeigt, ist dann VO(t,x) € e 2[O,T]. Also ist die
L
Familie

Y(t) c. L 2 [O,S], te [O,T]

stetig.

Jetzt sei

T = inf{t: Bt,hA(U) n Y(t) +ID}.


431

Dann folgt aus Satz V.4.4

Also hat in diesem Fall die Minimal-Zeit-Aufgabe eine Lösung.

Man kann nun noch die Minimal-Norm und Minimal-Zeit-Aufgabe für die
inhomogene Gleichung bei homogenen Randbedingungen betrachten. Dabei
nimmt man zur Steuerung den inhomogenen Teil H(t,x) der Wellenglei-
chung. Falls H cM 2 [O,T] ist, dann ist V1 (t,x) Ee. e 2 [O,T]. Deshalb
L L
kann man für alle t E [O,T] den Operator Bt durch

V (t,') (9.58)

definieren. Ferner setze man B = BT • Man sieht dann leieht, daS in


diesem Fall die Minimal-Norm- und die Minimal-Zeit-Aufgabe Lösungen
haben.

Wie wir eben bemerkt haben (siehe LIONS [1J, LIONS-MAGENES [1J) kann
man auch im Falle der homogenen Wellengleichung zeigen, daS
V(t,x) 6 e 2 ist, wenn für die Anfangsbedingung Vo=V 1=o gilt und die
L
zu den inhomogenen Randbedingungen gehörenden Funktionen w1,w2EM[O,T]
sind. Dann kann man den Ausgabeoperator B wieder durch

B (V ( • , • » = V (T, • )

definieren. Die Steuerung durch die inhomogenen Randbedingungen lie-


fert dann das lineare System

Aus Ergebnissen von RUSSEL [1] folgt, daS ein To existiert, so daS
für alle T>T o
432

(d.h. das lineare System ist dann steuerbar) und für alle T<T o

(d.h. das lineare System ist nicht steuerbar).

Dies ist ein prinzipieller Unterschied zur Temperaturverteilung in


einem Stab. Denn in Paragraph 6 haben wir gezeigt, daB das entspre-
chende lineare System für kein T steuerbar ist.
Literaturverzeichnis

ALAOGLU, L.
[11 Weak topologies of normed spaees, Ann. of Math. (2),41 (1940),
pp. 252-267.
BANACH, S.
(1) Teoria Operaeyj, Tom I. Operaeje Liniowe, Warszawa 1931.
(Französisehe Ubersetzung, Warszawa 1932, ukrainisehe Uber-
setzung, Kiew 1948).
[2] Sur les fonetionelles lineaires, Stud. Math. I-l (1929), pp.
211-216; II-l (1929), pp. 223-229.

BANACH, S., STEINHAUS, H.


[1) Sur le prineipe de la eondensations de singularites, Fund.
Math. 9 (1927), pp. 50-61.
BIELECKI, A.
[1] Une remarque su la methode de Banaeh-Caeeiopoli-Tiehonov dans
la theorie des equations differentielle ordinaires, Bull.
Aead. Pol. Sei. 4 (1956), pp. 261-264.
[2] Une remarque sur l'applieation de la methode de Banaeh-
Caeeiopoli-Tiehonov dans la theorie de l' equation
s=f(x,y,z,p,q), Bull. Aead. Pol. Sei. 4 (1956), pp. 265-268.
BOHNENBLUST, H.F., SOBCZYK, A.
[1] Extensions of funetionals on eomplex linear spaees, Bull.
Amer. Math. Soe. 44 (1938), pp. 91-93.
BUTKOWSKI, A.G. (6YTKOBCK~t1, A.r.)
[1] TeopHR onTHMa~bHoro ynpa6~eHHR CHCTeMaMH C pacnpeAe~HH~MH
napaMeTneTnaMH, MocKBa 1965. (Englisehe Ubersetzung: Distribut-
ed Control Systems, Elsivier, Amsterdam-New York, 1969).
[2] MeToA~ ynpaB~eHHR CHCTeMaMH C pa3npeAe~eHHWMH napaMeTpaMH,
MOCKBa 1975.
DOLECKI, s.
[11 On observability for one dimensional heat equation, Stud.
Math. 48 (1973), pp. 291-305.
[2) A elassifieation of eontrollability eoneepts for infinite
dimensional linear systems, Control and Cyberneties (im Druek) •
434

[3) Bounded controlling sequences, lower stability and certain


penalty procedure, Appl. Math. and Optimization (erscheint
demnächst) .

DOLECKI, S., KURCYUSZ, S.


[1) On ~-convexity in extremal problems (erscheint demnächst)

DUNFORD, N., SCHWARZ, J.


[1] Linear operators I. General Theory, New York, London 1958.

DVORETZKY, A., WALD, A., WOLFOWITZ, J.


[1] Relations arnong certain ranges of vector measures, Paeifie
Jour. Math. ( 1 9 5 1 ), pp. 59 -7 4 •

EBERLEIN, W.F.
(1) Weak eompactness in Banach spaces I, Proc. Nat Acad. Sci. USA
36 (1950), pp. 162-166.
ENGELKING, R.
[1) Zarys topologii ogolnej, Biblioteka Matematyczna 25, Warszawa
1968.
GOHBERG, I.C., KREIN, M.G. (rOX6EPr, H.U., KPE~H, M.r.)
[1J OCHoBH~e nono~eHHR 0 Ae$eKTH~x 4Hcnax, KopHeB~X 4Hcnax H
HHAeKcax nHHeHHblX onepaTOpo, Ycn. MaTe~. HaYK 12 (1957),
B~H 2, pp. 43-118.

GOLDSTINE, H.H.
(1) Weakly compact Banaeh spaees, Duke Math. Jour. 4 (1938), pp.
125-131.
GOODNER, D.R.
(1J Projeetions in normed linear spaees, Trans. Arner. Math. Soe.
69 (1950), pp. 89-108.

HAHN, H.
[1) über lineare Gleiehungssysteme in linearen Räumen, Jour. Reine
und Angew. Math. 157 (1927), pp. 241-229.

HALMOS, P.
[1J The range of a veetor measure, Bull Amer. Math. Soc. 54 (1948)
pp. 416-421.

HERMES, H. and LA SALLE, J.P.


(1) Functionalanalysis and time optimal control, Mathematics in
Science and Engineering, Vol. 56, Academic Press, New York
and London 1969.
435

ISBELL, J.R., SEMADENI, Z.


[1] Projeetion eonstant and spaees of eontinuous funetions, Trans.
Amer. Math. Soe. 107 (1963), pp. 38-48.
KAKUTANI, S.
(1) über die Metrisation der topologisehen Gruppen, Proe. Imp.
Aead. Tokyo 12 (1936), pp. 82-84.
KALMAN, R.E.
[1) On general theory of eontrol systems, Proe. First IFAC
Congress (Moskau), ed. London 1960.
[2] Leetures on eontrollability, CIME Seminar 1968.

KALMAN, R.E., FALB, P.L., ARIB, M.A.


[1] Topies in mathematieal eontrol theory, New York, 1969.

KELLEY, J.L.
[1] Banaeh spaees with extension property, Trans. Amer. Math. Soe.
72 (1952), pp. 323-326.

KOLMOGOROV, A.N.
[1] Zur Normierbarkeit eine s allgemeinen topologisehen Raumes,
Stud. Math. 5 (1934), pp. 29-34.
KRASOWSKI, N.N. (KPACOBCK~HI, H.H.)
[1) TeopHR ynpa6neHHR A6H*eHHeM. flHHeHHwe CHeTeMW, MOCKBa 1968.
KREIN, M.G., MILMAN, D.P.
(1) On extrem points of regularly eonvex sets, Stud. Math. 9
(1940), pp. 133-138.

KREIN, M.G., MILMAN, D.P., RUTMAN, L.A. (KPEHH, M.r. MYflbMAH, A.n.
PYTMAH, fl.A.)
[1J 06 OAHOM C6oHcT6e 6a3Hca 6 npocTHacT6e 6aHaxa, San. XapK.
Mn. T-Ba 4 (1940), pp. 106-110.

KULIKOWSKI, R.
[1) Proeesy optymalne i adaptaeyjne w uk1adaeh regulaeji
automatyeznej, Warszawa 1965.
[2) Sterowanie w systemach wielkieh, Warszawa 1970.

KURATOWSKI, K.
(1] Wstep do teorii mnogosei i topo10gii, Wyd. 5, Warszawa 1972.

KURATOWSKI, K., RYLL-NARDZEWSKI, Cz.


[1) A general theorem on se1eetors, Bu11. Aead. Pol. Se. 13
(1965), pp. 397-403.
436

LEE, E.R., MARKUS, L.


[1J Foundations of optimal eontrol theory, New York 1968.

LIAPUNOW, A.A.(JJlInYHOB, A.A.)


(1) 0 6nonHe aAA~T~6H~X 6eKTop $YHK~RX, H3S. AKaA. HaYK CCCP,
I - 3 (1940), pp. 465-478; II - 10 (1948), pp. 277-279.

LINDENSTRAUSS, J.
[1] A short proof of Liapunoff's eonvexity theorem, Jour. of
Math. and Mechanies, 15 (1966), pp. 971-972.

LlONS, J.L.
[1J Controle optirnal de systemes gouvernes par des equations aux
derivees partielles, Paris 1968.

LlONS, J.L., MAGENES, E.


[1} Problernes aux limites non homogenes et applieations, v.1,2,3,
Paris 1968.

LUXEMBURG, W.A.J., KOREVAAR, J.


[1] Entire funetions and Müntz-Szasz type approximations, Trans.
Arner. Math. Soe. 157 (1971), pp. 23-37.

MAZUR, S.
[1J Uber konvexe Mengen in linearen norrnierten Räurnen, Stud. Math.
4 (1933), pp. 70-84.
NACHBIN, L.
[1J A theorem of the Hahn-Banaeh type for linear transformations,
Trans. Arner. Math. Soe. 68 (1950), pp. 28-46.

POGORZELSKI, W.
[1} Analiza matematyezna, PWN Warszawa, tomy: I, II - 1953,
III - 1954, IV - 1956.

PONTRIAGIN, L.S., BOLTIANSKI, W.G., GAMKRELIDZE, R.W.,MIESZCZENKO,E.F.


(nOHTPlIrHH, JJ.C., DOJlTlIHbCKH~, B.r., rAMKPEJJH~3E, P.B., MHmEHKO, E.~.)

[1] MaTeMaT~~eCKaR Teop~R onT~ManbH~X npo~ecco6, H3A. STopoe,


MocKsa 1969.

PORTER, W.A.
[1] Modern foundations of systems engineering, New York, London
1966.

PTAK, V.
(1) Aremark on approximation of eontinuous funetions, Czeehoslov.
Math. Jour. 8 (83), ((1958), pp. 251-256.
437

MoSTROM, H.
(1) An embedding theorem for spaees of eonvex sets, Proe. Amer.,
Math. Soe. 3 (1952), pp. 165-169.
ROLEWICZ, S.
(1) Metrie linear spaees, Monografie Matematyczne 56, Warszawa
1972.
(2) On a problem of moments, Stud. Math. 30 (1968), pp. 183-191.
(3) On optimal observability of linear systems with infinite-
dimensional states, Stud. Math. 44 (1972), pp. 411-416.
[4J On observability of linear systems, Berichte der Gesellschaft
für Mathematik und Datenverarbeitung 77 (1973), pp. 139-141.
(51 On minimum time control problem and continuous families of
eonvex sets, Stud. Math. (im Druck) •
(6) On universal time for eontrollability of time-depending linear
control systems, Stud. Math. (im Druck) •
RUSSELL, D.L.
[1] Non-harmonic Fouries series in the control theory of distribut
ed parameter systems, Jour. of Math. Anal. and Appl. 18 (1967)
pp. 542-560.
SIKORSKI, R.
[1J Funkcje rzeczywiste, Monografie Mathematyczne, t. I, II,
Warszawa 1958, 1959.
SINGER, I.
[1] Bases in Banaeh spaces I, Springer-Verlag, 1970.
[2J On a problem of moments of S. Rolewicz, Stud. Math. 48 (1973),
pp. 95-98.
v
SMULIAN, V.
(1) über lineare topologisehe Räume, MaT. C6. 7(49} (1940), pp.
425-448.
TICHONOW, A.N., SAMARSKI, A.A. (THXOHOB, A.H., CAMAPCKH~, A.A.)
(1) Ypa6~eH~R MaTeMT~4eCKOH ~~3~K~, H3A. III, MocKBa 1966.
WOJTASZCZYK, P.
(1) A theorem on convex sets related to the Abstract Pontriagin
Maximum Principle, Bull. Acad. Pol. Sei. 21 (1973), pp. 93-95.
ZABCZYK, J.
[1) Remarks on algebraic Ricatti equations in Hilbert spaces,
Appl. Math. and Optimization (im Druek).
Stichwortverzeichnis

Abbildung, kontrahierende 26 - L 2 (" , E , \.I ) 39


- , stetige 14 - L~[O,TJ 165
abgeschlossen 11, 135 - LL 2 364
Ableitung einer Funktion - R,P 43
mit Werten in einem LP (",E,\.I) 39, 46
BANACH-Raum 326 - m 8
Ablesematrix 303 - ML 2 363
Abstand 1 - M(r2,E,\.I) 47
algebraisch innerer Punkt 189 Mm [0, T J 1 64
algebraischer Randpunkt 189 - quadratintegrierbarer
Allgemeine Lage einer Menge Funktionen 33
bzw. eines linearen - reflexiver 154
Systems 276, 278 Bang-Bang Prinzip 281
Äquivalenz von Basen 333 - Steuerung 281
- F-Normen 70 Basis, algebraische 63
- Halbmetriken 17 Orthogonal - 333
- Metriken 15 Orthonorrnal - 333
B - Raum 73 SCHAUDER - 326
B*- Raum 71 Umgebungs - 135
BANACH-Raum 73 Basisfolge 332
- , absolut integrierbarer Beobachtungsmethode 239, 250
Funktionen 33 Bildstetigkeit 171
- C(a,b] 6 CAUCHY-Folge 19
- c(a,oo) 8 CAUCHY'sche Ungleichung 32, 72
- C' [a,oo) 8 Diagonalgestalt 339
- CE(O,T) 304 dicht 14, 137
- C E (t) [O,T] 320 Dimension 63
- CL2 367 Dreiecksungleichung
- C (a,b] 7 Dualitätsprinzip 242
n
- Co[O'S] 344 Dualraum 88
- e 8 Eingage, optimale 199
o
- DL2[O,S) 421 Einbettung, kanonische 105
- DM [O,S] 421 Eigenvektor 338
- R, 10 Eigenwert 338
- L 1 [a,b] 33 Element, maximales 101
- r.4[O,T] 164 neutrales 62
- L1 (",E,U) 39 optimales 199
- L 2 [a,b] 33 g-Netz 49
439

Extremalmenge 157 Kodimension 86


Extremalpunkt 157 komplementierbar 251
F-Halbnorm 80 konjugierte Gleichung 271
F-Norm 69 Konvergenz 10, 138
F-Raum 73 fast überall 36
F*-Raum 70 in der F-Norm 70
Fixpunkt 26 konvexe Hülle 158
Fundamentalmatrix 165 Kugel
Funktion, absolut stetige 113 abgeschlossene
folgen-stetige 138 Lemma von KURATOWSKI-ZORN 102
halbstetig von unten 235 linear abhängig 62
mengenwertige 292 - , unabhängig 62
mengenwertige meBbare 292 Linearkombination 62
meBbare 36 Linearmanigfaltigkeit 85
stetige 15, 138 Lineare Hülle 64
von beschränkter Lineare Menge 64
Variation 118 Linearer Raum 60
Funktional, beobachtbares 239 dualer 88
konvexes 176 halbnormierter 80
lineares 85 komplexer 61
lineares stetiges 87 metrischer 67
optimal beobachtbares 242 n-dimensionaler 62
r- kompakte Menge 147 normierter 71
r- Topologie 146 reeller 61
Graph eines Operators 129 topologischer 143
Grenzwert 10 unendlich-dimensionaler 63
Halbmetrik 17 Lineares System 162
- , translationsvariante 80 Lösung, verallgemeinerte 341
Halbnorm 80 MaB 36
HAUSDORFF-Raum 136 äuBeres 44
HILBERT-Raum 73 , äuBeres LEBESGUEsches 45
HÖLDERsche Ungleichung 46 LEBESGUEsches 45
homöomorph 15, 138 a-finites 41
Homöomorphismus 15, 138 vektorwertiges 287
Hülle, lineare 64 Matrixfunktion von beschränkter
konvexe 158 Variation 313
Hyperebene 86 Maximum-Prinzip 189, 273, 275
Inneres 13, 136 Menge, abgeschlossene 11 , 135
Integral, LEBESGUE 36 AbschluB einer - 13, 135
- , RIEMANN-STIELTJES 118 beschränkte 78
Isometrie 16 dichte 14, 137
440

Menge, folgenkompakte 52, 142 - , vollständiger 19


folgen r-kompakte 140 Minimal-Norm Aufgabe 181
folgen schwach-kom- - , Zeit Aufgabe 209
pakte 147 MINKOWSKIsche Ungleichung 46
folgen schwach-*-kom- Nebenschar 66
pakte 147 nirgends dicht 28
r-kompakte 147 Norm 71
Inneres einer - 13, 136 - homogene 70
kompakte 142 - eines Funktionals 88
konvexe 74 - eines Operators 122
linear unabhängige 63 Nutzenfunktion 176
mit endlich vielen offen 11,134
Seiten 156 Operator, abgeschlossener 129
mit abzählbar vielen Ausgabe - 162
Seiten 156 - , beobachtbarer 250
nirgends dichte 28 Definitionsbereich eines - 129
offene 11,134 - , dualer 131
Rand einer - 14 Eingabe - 1 62
schwach kompakte 147 Graph eines - 129
schwach-*-kompakte 147 konjugierter 131
a-finite 42 linearer 85
strikt konvexe 275 linearer stetiger 87
von erster Kategorie 29 Norm eines - 1 22
von zweiter Kategorie 29 - , symmetrischer 356
Mengenfamilie, stetige 171 Prinzip der kontrahierenden
von oben halbstetige 171 Abbildung 25
Metrik 1 Produkt, linearer Räume 67
BIELEeKI - 28 - , metrischer Räume 10
diskrete 4 TleHONOW - 1 43
schwächer als 000 15 Projektion 251
stärker als 000 15 Pseudohalbnorm 80
translationsinvariante 68 Pseudonorm 76
Metrischer Raum 1 Punkt, algebraisch innerer 189
- e n, ",[a,b]
p
7 bedingt steuerbarer 168
e'n, ",[a,b]
p
8 innerer 13
- Cn, ",[a,oo)
p
8 steuerbarer 1 68
C ' ",[a,oo) 8 Quotientenraum 66
n,p
diskreter 4 Rand 14
folgenkompakter 52 Raum, Ausgabe - 1 62
inseparabler 50 BANACH - 73
separabler 48 - "dualer 88
441

Raum, Eingabe - 162 - von HAHN-BANACH 99, 101, 102


folgenkompakter 52, 139 - von KAKUTANI 84
halbmetrischer 17 - von KALMOGOROV 78, 79
halbmetrischer line- - von KREIN-MILMAN 159
- von KREIN-MILMAN-
RUTMAN 334
- von KURATOWSKI-RYLL-
NARDZEWSKI 296
- von LEBESGUE 38
- von LINDELÖF 52
- von LUXEMBURG-KOREVAAR 393
- von RADON-NIKODYM 113
143
31, 73
157
299
36
45
71

91
190
162
Multiplikatoren 180 - , approximativ steuerbar 230
vom abgeschlossenen - , steuerbares 168
Graphen 131 Tangentialebene 92
- von ALAOGLU 150 Topologie 134
- von BAIRE 29 schwache 146
- von BANACH 125, 128, 130 146
- von BANACH-STEINHAUS 123,124 translationsinvariante 144
- von BOREL 54 Topologischer linearer Raum 143
- von BOREL-LEBESGUE 55 Trennungssatz 105, 145
- von CANTOR 20, 54 - , starker 105, 145
- von CARATHEODORY 44 überdeckung 51
- von DOLECKI 231 , 394, 396 Umgebung eines Punktes 135
401, 402, 411 , 414, 415 Umgebungsbasis 135
- von DVORETZKY-WALD- Universelle Zeit 228
WALFOWITZ 288 Unterraum, eines linearen
- von EBERLEIN-SMULIAN 156 Raumes 64
- von GOLDSTINE 154 eines metrischen
Raumes 2
442

eines metrischen line-


aren Raumes 83
eines topologischen
Raumes 136
Urbild 14
einer mengenwertigen
Abbildung 292
Variation einer Funktion 118
Zeit, universeIle 228
Hochsch uItext/U niversitext
In diese Sammlung werden preiswerte Lehrbücher aufgenommen, die,
was Anordnung und Präsentation des Stoffes betrifft, nach didaktischen
Gesichtspunkten aufgebaut und in erster Linie für Studenten mittlerer
Semester geeignet sind. Die einzelnen Bände - es sind entweder
Ausarbeitungen von aktuellen Vorlesungen oder Übersetzungen
bekannter fremdsprachiger Bücher - geben jeweils eine solide Einführung
in ein nicht nur für Spezialisten interessantes Fachgebiet.

M. Aigner, Kombinatorik I. Grundlagen und Zähltheorie. 1975. DM 36,-


M. Aigner, Kombinatorik II. Matroide und Transversaltheorie. Erscheint 1976.
K. Bauknecht/J. Kohlas/C. A. Zehnder, Simulationstechnik. 1976. DM 24.50
K.-D. Becker, Ausbreitung elektromagnetischer Wellen. 1974. DM 32,-
H. Bühlmann/H. Loettel/E. Nievergelt, Entscheidungs- und Spieltheorie. 1975. DM 24,80
L. Cremer, Vorlesungen über Technische Akustik. 2., durchgesehene Autlage. 1975. DM 32,-
K. Deimiing, Nichtlineare Gleichungen und Abbildungsgrade. 1974. DM 16,80
O. Endler, Valuation Theory. 1972. DM 32,-
E. Fitzer/W. Fritz, Technische Chemie. 1975. DM 44,-
W. Giloi/H. Liebig, Logischer Entwurt digitaler Systeme. 1973. DM 32,-
H. Grauert/K. Fritzsche, Einführung in die Funktionentheorie mehrerer Veränderlicher. 1974.
DM 19,80
M. Gross/A. Lentin, Mathematische Linguistik. 1971. DM 38,-
O. Heer, Flugsicherung. Einführung in die Grundlagen. DM 48,-
H. Hermes, Introduction to Mathematical Logic. 1973. DM 34,-
H. Heyer, Mathematische Theorie statistischer Experimente. 1973. DM 19,80
K. Hildenbrand/W. Hildenbrand, Lineare ökonomisehe Modelle. 1975. DM 29,80
K. Hinderer, Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitstheorie. Korr. Nachdruck der 1. Auflage. 1975.
DM 19,80
V. Hubka, Theorie der Maschinensysteme. 1973. DM 19,80
R. Isermann, ProzeBidentifikation. 1974. DM 22,-
K. JÖrgens/F. Reliich, Eigenwerttheorie gewöhnlicher Differentialgleichungen. 1976. DM 28,-
R. Koller, Konstruktionsmethode für den Maschinen-, Geräte- und Apparatebau. 1975. DM 39,-
G. Kreisel/J. L. Krivine, Modelltheorie. 1972. DM 35,-
H. Kronmüller/F. Barakat, ProzeBmeBtechnik 1. 1974. DM 20,-
K. Kroschel, Statistische Nachrichtentheorie. Teil 1. 1973. DM 22,-
K. Kroschel, Statistische Nachrichtentheorie. Teil 2. 1974. DM 23,-
H. Labhart, Einführung in die Physikalische Chemie
Teiii: Chemisehe Thermodynamik. 1975. DM 16,-
TeilII: Kinetik. 1975. DM 13,60
TeiliII: Molekülstatistik. 1975. DM 14,-
TeiliV: Molekülbau. 1975. DM 16,-
Teil V: Molekülspektroskopie. 1975. DM 14,-
Hochsch uItext/U niversitext
R. lauber, ProzeBautomatisierung 1. 1976
W. leutzbach, Einführung in die Theorie des Verkehrsflusses. 1972. DM 22,-
H. Liebig, logischer Entwurf digitaler Systeme. Beispiele und Obungen. 1974. DM 24,-
H. D. lüke, Signalübertragung. Einführung in die Theorie der Nachrichtenübertragungstechnik.
1975. DM 29,80
H. lüneburg, Einführung in die Algebra. 1973. DM 24,-
S. Maclane, Kategorien. 1972. DM 38,-
Meereskunde der Ostsee, 1974. DM 39,80
E. Neher, Elektronische MeBtechnik in der Physiologie. 1974. DM 16,80
G. Owen, Spieltheorie. 1972. DM 36,-
J. C. Oxtoby, MaB und Kategorie. 1971. DM 24,-
H. Petermann, Einführung in die Strömungsmaschinen. 1974. DM 24,-
G. Preuss, Allgemeine Topologie. 2. Auflage. 1975. DM 38,-
B. v. Querenburg, Mengentheoretische Topologie. Korrigierter Nachdruck der 1. Auflage.
1976. DM 16,80
R. Richter/U. Schlieper/W. Friedmann, Makroökonomik. 2. Auflage. 1975. DM 38,-
W. Rupprecht, Netzwerksynthese. 1972. DM 45,-
E. Seibold, Der Meeresboden. 1974. DM 29,80
D. Seitzer, Arbeitsspeicher für Digitalrechner. 1975. DM 29,-
P. v. Sengbusch, Einführung in die Allgemeine Biologie. 1974. DM 29,80
H. Späth, Elektrische Maschinen. 1973. DM 24,-
K. Stange, Kontrollkarten tür meBbare Merkmale. 1975. DM 24,-
H.-J. Thomas, Thermische Kraftanlagen. 1975. DM 58,-
R. Uhrig, Elastostatik und Elastokinetik in Matrizenschreibweise. 1973. DM 31,-
R. Unbehauen, Elektrische Netzwerke. 1972. DM 43,-
H. Werner, Praktische Mathematik I. 2. Auflage. 1975. DM 19,80
H. Werner/R. SChaback, Praktische Mathematik II. 1972. DM 22,-
H. Wolf, Lineare Systeme und Netzwerke. 1971. DM 20,-
H. Wolf, Nachrichtenübertragung. 1974. DM 32,-

Preisänderungen vorbehalten

Das könnte Ihnen auch gefallen