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In Österreich sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Das steht in der Verfassung.

Was bedeutet Gleichberechtigung

Gleichberechtigung bedeutet, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben.

Einige Beispiele:

 Frauen und Männer dürfen wählen und gewählt werden.


 Frauen und Männer haben ein Recht auf Bildung und gleichen Zugang zu
Schulen und Universitäten.
 Frauen und Männer dürfen arbeiten gehen und ihren Beruf selbst wählen. Sie
müssen einen Mindestlohn für ihre Arbeit erhalten.
 Frauen und Männer dürfen selbst entscheiden, ob sie heiraten, wen sie heiraten
oder mit wem sie zusammenleben. Es ist auch erlaubt, dass Frauen mit Frauen
und Männer mit Männern leben.
Gleichberechtigung bedeutet aber nicht nur gleiches Recht für alle. Manchmal brauchen
Frauen besondere Rechte und besonderen Schutz (z.B. Mutterschutz, Schutz vor häuslicher
Gewalt, ...).

Das war nicht immer so

Lange Zeit hatten in Österreich Frauen weniger Rechte als Männer. Sie durften nicht zur
Schule gehen oder studieren, viele Berufe nicht ausüben und durften auch nicht wählen.
Zuhause hatte der Mann das Sagen. In der Frauenbewegung kämpften viele Menschen
energisch für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Mit der Zeit bekamen Frauen
mehr Rechte.

Auch heute gibt es noch Ungerechtigkeiten und die Gleichstellung von Männern und Frauen
ist im Alltag nicht selbstverständlich, deshalb braucht es Menschen, die sich weiterhin
einsetzen für eine Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

Meilensteine für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen

1918: Das Wahlrecht für Frauen wird eingeführt.


1927: Olga Rudel-Zeynek wird erste Vorsitzende einer parlamentarischen Kammer weltweit,
des Bundesrats.
1948: Erste österreichische Bürgermeisterin
1975: Der Schwangerschaftsabbruch bis zum 3. Monat wird erlaubt.
1975: Frauen dürfen ohne Zustimmung des Mannes arbeiten.
1977: Das Karenzgeld wird erhöht und der Mutterschutz verlängert.
1989: Die Vergewaltigung in der Ehe wird strafbar.
1990: Erste Frauenministerin
1990: Einführung der Väterkarenz
1993: Das Gleichbehandlungsgesetz tritt in Kraft.
1997: Ein Frauenvolksbegehren unter anderem mit folgenden Zielen: gleicher Lohn für
gleichwertige Arbeit; Recht für jede/n auf Vereinbarung von Beruf und Familie;
Unterstützung von Alleinererziehenden; Recht auf Grundpension.
2006: Erste Präsidentin des Nationalrats
Die Suffragetten - Mit Militanz zum Frauenstimmrecht
Jana Günther

Q: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/277333/die-suffragetten/,

gekürzt

Nach einer langen, erfolglosen Kampagne für das Frauenstimmrecht radikalisierte


sich ein Teil der britischen Frauenbewegung. Die Suffragetten sorgten mit ihren
militanten Aktionen für Aufsehen. 1918 wurde schließlich das (eingeschränkte)
Frauenwahlrecht eingeführt.

"MEN! What are you? TYRANTS? Or PHILOSOPHERS? Or FOOLS? As TYRANTS we will


fight you. As PHILOSOPHERS we will argue you down. As FOOLS we express our
contempt for you", proklamierte die Zeitschrift "Votes for Women" 1908. Dabei ist
"fight", also kämpfen, wörtlich zu verstehen: Nach einer langen, parlamentarisch
erfolglosen Kampagne für das Frauenstimmrecht entfaltete sich die britische
Suffragettenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts zu einem "Kampagnenjuggernaut"
der britischen Frauenbewegung, der im In- und Ausland für Aufsehen sorgte.
Die Suffragetten als militante Aktivistinnen stehen für die "alte" Frage in sozialen
Bewegungen nach der Anwendung der Protestmittel Pate: Sind ziviler Ungehorsam,
defensiver oder offensiver Widerstand, Militanz und Gewalt "gegen Sachen" oder
weitergehend "gegen Personen" ein adäquates Mittel, um Veränderungen im
politischen System zu erreichen? Im europäischen Frauenbewegungsspektrum löste
diese Frage eine hitzige Debatte aus; darüber hinaus wurde durch die militanten
Aktionen die Rolle der Frau in der Gesellschaft medienwirksam auf die öffentliche
Agenda gebracht. So konstatierte die Hamburgerin Hedwig Weidemann 1910 im
"Centralblatt", dem Bundesorgan des Bundes Deutscher Frauenvereine (BDF), einer der
Hauptorganisationen der bürgerlichen deutschen Frauenbewegung, "Suffragetten
sprechen aber nicht nur, sie handeln auch". Doch wer waren die Suffragetten?
Anfänge und politische Wurzeln der Bewegung
Die britische Frauenstimmrechtsbewegung, deren Aktivist_innen und Organisationen
sich ab 1897 größtenteils in der sich als konstitutionell verstehenden National Union of
Suffrage Society (NUWSS) sammelten, konnten auf eine fast 50-jährige Tradition und
insbesondere eine durchaus erfolgreiche Mobilisierungsgeschichte zurückblicken. Die
als Suffragist_innen (abgeleitet aus dem lateinischen suffragium = politisches
Stimmrecht) bezeichneten Stimmrechtler_innen organisierten sich in einer Vielzahl von
Gesellschaften und nutzten konstitutionelle Mittel, um ihr Anliegen – das
Frauenstimmrecht zu den gleichen Konditionen wie die Männer, das heißt ein
Besitzwahlrecht – durchzusetzen. Jedoch hatten sie bis zur Jahrhundertwende –
zumindest auf parlamentarischer Ebene – noch nicht viel erreicht.
Einer jungen Generation an politischen Aktivistinnen gingen die Kampagnen nicht weit
genug. Sie versuchten durch neue Mittel der Protestartikulation, dem Thema neues
Gewicht im öffentlichen Diskurs zu verleihen. Der Begriff "Suffragette" geht dabei auf
die Zeitung "Daily Mail" zurück, die der Frauenemanzipation ablehnend
gegenüberstand. Sie erfanden diesen, um die militanten von den gemäßigten
Suffragist_innen zu unterscheiden. Die Wortschöpfung diente fortan als abwertende
Bezeichnung für Frauenstimmrechtsaktivistinnen, die mit ihrer Vehemenz für "the
Cause" mit gängigen viktorianischen Weiblichkeitsidealen brachen und Frauen
buchstäblich auf die Straße und damit in die politische Öffentlichkeit brachten.
Ihrerseits reagierten die Militanten gewitzt auf die Bezeichnung der "ignorant old boy’s
own paper" und die allgemeine Verurteilung ihres politischen Engagements durch Teile
der britischen Presse sowie der liberalen Regierung: Sie vereinnahmten die Schmähung
und luden die Begrifflichkeit für sich positiv auf. Die Entstehung der Bewegung wird im
Allgemeinen mit der Gründung der Women’s Social and Political Union (WSPU) 1903 in
Verbindung gebracht und entfaltete sich von da an bis zum Ersten Weltkrieg in
mannigfaltigen landesweiten sowie lokalen Kampagnen. Die WSPU zeichnete sich
durch ihre – von den Mitgliedern selbst und der allgemeinen Öffentlichkeit jener Zeit
so bezeichneten – Militanz aus, die gegen Ende der Bewegung (1913/14) teilweise
terroristische Züge annahm.

Als Wegbereiterin und Begründerin der militanten Strömung der britischen


Frauenbewegung sowie der WSPU gilt Emmeline Pankhurst (1858–1928). Sie war
aktives Mitglied der Independent Labour Party (ILP) in Manchester und setzte sich für
soziale Reformen und die Verbesserung der Lage von Frauen in ihrem Distrikt ein.

Erste militante Akte und Etablierung


Einen landesweiten Bekanntheitsgrad in Großbritannien erlangte die noch junge WSPU
1905. Am 13. Oktober kam es zu einem regelrechten öffentlichen Skandal, als die zwei
WSPU-Mitglieder Annie Kenney und Christabel Pankhurst (1880–1958) in Manchester
eine Versammlung der Liberalen mit den Unterhausabgeordneten Edward Grey und
Winston Churchill durch Zwischenrufe zum Frauenstimmrecht störten und ein Banner
mit dem Slogan "Vote for Women" entrollten. Sie wurden unter Gejohle aus dem Saal
entfernt und bei dem sich anschließenden Straßenprotest verhaftet. Ihr Strafmaß
begründete sich überdies nicht aus der Störung der politischen Veranstaltung, sondern
weil sie Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet hatten und Pankhurst die
Polizisten bespuckt hatte. Anstatt die veranschlagte Strafzahlung zu leisten, zogen es
beide vor, ins Gefängnis zu gehen, ihre Strafe abzusitzen und damit symbolisch ein
Zeichen zu setzen.
….
Die Taktik des systematischen hecklings, also des gezielten Störens durch Zwischenrufe
in öffentlichen Versammlungen, wurde in der folgenden Zeit von den Suffragetten
weiter forciert.
Die Entwicklung der Suffragettenbewegung lässt sich in vier Phasen
systematisieren: einer ersten Phase des demonstrativen Protestes (1903–1908), der
zweiten Phase, die durch eine allgemeine Radikalisierung gekennzeichnet ist (1909–
1911), der dritten Phase, in der terroristische Gewaltakte eingesetzt wurden (1911–
1914), und der vierten Phase, in der sich die Suffragettenbewegung zu Beginn des
Ersten Weltkrieges patriotisch erklärte und zum größten Teil auflöste beziehungsweise
sich einer neuen Aufgabe widmete (1913/14).
Augabenstellung 1: Öffne den Text mittel obenstehenden Link. Beschreibe jede
der 4 Phasen mit jeweils 4 bis 5 Sätzen.
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Die 1. Frauenbewegung
Die erste Frauenbewegung, die auch als Frauenrechtsbewegung oder Frauenemanzipation
bekannt ist, entstand im 19. Jahrhundert und setzte sich für die politischen, sozialen und
wirtschaftlichen Rechte von Frauen ein. Diese Bewegung war ein Meilenstein in der
Geschichte der Geschlechtergleichstellung und legte den Grundstein für nachfolgende
feministische Wellen.
Ursprünge und Kontext: Die erste Frauenbewegung entstand im Kontext der industriellen
Revolution und sozialen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts. Frauen, insbesondere aus der
Mittel- und Oberschicht, begannen, gegen ihre gesellschaftliche Unterdrückung und die
eingeschränkten Rechte zu protestieren. Das Aufkommen von Ideen wie Liberalismus und
Aufklärung spielte eine Rolle bei der Herausbildung der Forderungen nach
Gleichberechtigung.

Forderungen und Ziele: Die Frauen der ersten Frauenbewegung setzten sich für
grundlegende Rechte wie das Wahlrecht, Bildungszugang, das Recht auf Eigentum und die
Beseitigung rechtlicher Ungleichheiten ein. Der Kampf für das Frauenwahlrecht wurde zu
einem zentralen Anliegen der Bewegung.

Schlüsselakteurinnen:

.) Mary Wollstonecraft (1759–1797): Mit ihrem Werk "A Vindication of the Rights of Woman"
(Eine Verteidigung der Rechte der Frau) legte Wollstonecraft den Grundstein für die
feministische Theorie und wird oft als Wegbereiterin der ersten Frauenbewegung betrachtet.

.) Elizabeth Cady Stanton (1815–1902): Eine führende Aktivistin der US-amerikanischen


Frauenbewegung, sie organisierte die erste Frauenrechtskonvention in Seneca Falls im Jahr
1848 und spielte eine Schlüsselrolle in der Entstehung der Frauenrechtsbewegung in den
USA.

.) Emmeline Pankhurst (1858–1928): Eine britische Frauenrechtlerin, die als Gründerin der
Women's Social and Political Union (WSPU) bekannt ist. Pankhurst setzte sich entschieden für
das Frauenwahlrecht ein und führte militantere Methoden wie zivilen Ungehorsam ein.

Aktionsformen: Die erste Frauenbewegung bediente sich verschiedener Aktionsformen,


darunter Petitionen, politische Lobbyarbeit, Verfassen von Büchern und Essays, aber auch
ziviler Ungehorsam und Demonstrationen. Die berühmte Seneca Falls Convention von 1848
in den USA war ein bedeutendes Ereignis, das die Forderungen der Frauenrechtsbewegung in
einem Manifest zusammenfasste.

Herausforderungen und Widerstand: Die Bewegung stieß auf erheblichen Widerstand und
Kritik seitens der konservativen Kräfte, die traditionelle Geschlechterrollen verteidigten.
Frauen wurden oft verhöhnt, verspottet oder gar kriminalisiert, wenn sie sich öffentlich für
ihre Rechte einsetzten.

Ergebnisse und Vermächtnis: Die erste Frauenbewegung erzielte einige bedeutende Erfolge,
insbesondere im Kampf um das Frauenwahlrecht. In den USA wurde das Frauenwahlrecht
1920 mit dem 19. Verfassungszusatz gewährt, während Großbritannien Frauen das Wahlrecht
1928 gewährte. Diese Erfolge legten den Grundstein für die folgenden feministischen Wellen
des 20. Jahrhunderts.

Die erste Frauenbewegung legte den Grundstein für die nachfolgenden feministischen
Bewegungen und inspirierte Frauen weltweit, für ihre Rechte einzutreten. Ihre Kämpfe und
Errungenschaften sind ein wichtiger Teil der Geschichte der Geschlechtergleichstellung.

Quellen:

.) Wollstonecraft, Mary. "A Vindication of the Rights of Woman." 1792.

.) Stanton, Elizabeth Cady, et al. "Declaration of Sentiments." Seneca Falls Convention, 1848.

.) Pankhurst, Emmeline. "My Own Story." 1914.

A2: Beschreibe die wesentlichen Ziele der 1. Frauenbewegung und die Art und Weise wie die
diese erreicht werden sollten.

Die Ziele der 1. Frauenbewegung waren das Wahlrecht, Bildung und Berufschancen,
Gleichstellung in Ehe und Familie sowie die Bekämpfung von sozialer Ungerechtigkeit und
Diskriminierung. Diese sollten durch Aktivismus, Gründung von Frauenorganisationen,
Nutzung von Medien, rechtliche Schritte und Zusammenarbeit mit anderen Bewegungen
erreicht werden

A3: Recherchiere genauer zu einer der 3 Schlüsselakteurinnen und schreibe circa 100W zu
ihrer Bedeutung für die Frauenbewegung. Gib die Quelle an!

Emmeline Pankhurst, eine Schlüsselfigur der Frauenbewegung, war eine britische


Frauenrechtlerin und eine führende Figur der Suffragettenbewegung. Sie gründete die
Women's Social and Political Union (WSPU), eine radikale Organisation, die sich für das
Frauenwahlrecht einsetzt. Pankhursts unerschütterliches Engagement für die Sache führte zu
zahlreichen Protesten, Hungerstreiks und öffentlichen Demonstrationen. Durch ihre
standhafte Führung und ihre Bereitschaft, persönliche Opfer auf sich zu nehmen, inspirierte
sie viele Frauen, für ihre Rechte einzutreten. Pankhursts Memoiren My Own Story befasst sich
mit ihren Motivationen, Methoden und Auswirkungen auf die Frauenbewegung.

Quelle: https://chat.openai.com/ / Pankhurst, Emmeline. "My Own Story." 1914.

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FEMINISMUS DER SECHZIGER JAHRE:


Sie wollten ihre eigene Sprache finden
 VON HELENE BUBROWSKI-AKTUALISIERT AM 17.02.2018
Q: https://www.faz.net/aktuell/stil/die-frauenbewegung-der-sechziger-jahre-
15445131-p2.html, am 24.1.2024

Mit einem Tomatenwurf begann 1968 der Kampf deutscher


Frauen für Gleichberechtigung. Die Frauen von heute haben
den feministischen Kämpferinnen von gestern viel zu
verdanken.

Im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) ging es immer


und immer wieder um die Unterdrückten und Entrechteten. Doch
Frauen waren damit nicht gemeint. Dabei war die
Gleichberechtigung der Geschlechter Mitte der sechziger Jahre
keineswegs vollendet. Der Mann war das Oberhaupt der Familie,
hatte Vorrechte bei der Kindererziehung. Ohne das Einverständnis
der Männer durften Frauen nicht arbeiten. Das Recht des Mannes,
den Arbeitsvertrag seiner Frau fristlos zu kündigen, war gerade erst
abgeschafft worden. Viele junge Frauen fühlten sich bevormundet
und wollten die Rolle der treu sorgenden Ehefrau und Mutter endlich
überwinden. Doch im Kampf gegen die herrschende Klasse war für
diese Themen kein Platz – und dabei gaben die Männer den Ton an.

In einer Sitzung des SDS im September 1968 in Frankfurt wurde es


der Filmstudentin Helke Sander schließlich zu bunt. Sie wollte über
die Ausbeutung der Frauen im privaten Bereich diskutieren, aber die
Delegierten weigerten sich. „Genossen, wenn ihr zu dieser
Diskussion, die inhaltlich geführt werden muss, nicht bereit seid,
dann müssen wir allerdings feststellen, dass der SDS nichts weiter
ist als ein aufgeblasener konterrevolutionärer Hefeteig“, rief sie.
Nicht einmal nach diesem Ausruf war ihr die Aufmerksamkeit sicher.
Also warf Sigrid Rüger Tomaten auf die Bühne. Die Männer
spotteten, aber der Wurf gilt als Auftakt der Frauenbewegung in der
Bundesrepublik. In Frankfurt gründeten Frauen noch am selben Tag
den „Weiberrat“. Weitere Frauenräte, Frauenzentren, Frauencafés in
ganz Deutschland folgten, feministische Verlage wurden gegründet,
Publikationen von und für Frauen erschienen.

Diese Räume für Frauen sollten dabei helfen, sich von der
männlichen Dominanz loszusagen. Kritiker meinen, die
Achtundsechziger hätten Ehe und Familie diskreditiert und
zurückgedrängt. Die Feministinnen aber wollten ihre eigene Sprache
und ihre eigenen Themen finden.

„Mein Bauch gehört mir“

Aus heutiger Sicht klingt das altbacken. Emanzipierte Frauen


unterscheiden nicht mehr zwischen Männer- und Frauenthemen,
sondern wollen selbstverständlich in jeder politischen und
gesellschaftlichen Debatte gleichberechtigt mitreden. Doch mussten
Frauen Themen, die sie angehen, überhaupt erst besetzen.
Lesbische Liebe, Rechte von Prostituierten, Vergewaltigung in der
Ehe – im gesellschaftlichen Diskurs spielte das keine Rolle. Über
Geburt und Abtreibung tauschten sich Fachleute aus, also Männer,
die Meinung von Frauen spielte kaum eine Rolle. Frauen, die mit
ihrem Gynäkologen über die Methoden der sanften Geburt sprechen
wollten, mussten sich anhören: „Ich habe schon 100 Kinder auf die
Welt gebracht, Sie noch keins.“

Viele Frauen wollten sich das nicht länger gefallen lassen, sondern
selbst bestimmen – nicht nur wie, sondern auch ob sie ein Kind auf
die Welt bringen. „Mein Bauch gehört mir“, so lautete der Slogan, mit
dem Frauen für eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen
stritten. „Wir haben abgetrieben“, titelte der „Stern“ 1971 und
veröffentlichte die Selbstbezichtigungen von 374 Frauen –
Studentinnen, Berufstätige, Hausfrauen, Mütter. Waren sie stolz auf
ihre Entscheidung gegen das Kind? Die meisten sicher nicht. Doch
die Aktivistinnen wollten den Anschein erwecken, als gingen sie mit
dem Thema leichtfertig um, als seien die körperlichen und
psychologischen Risiken von Abtreibungen einfach zu ignorieren. Die
Kampagne war eine Provokation, die Positionierung extrem – gegen
die herrschende Sexualmoral, gegen Kirchen und Konservative. Die
Folge: eine kontroverse gesellschaftliche Debatte und eine
Kompromisslösung Mitte der siebziger Jahre.

Die sexuelle Befreiung hatte aber auch Seiten, die im Widerspruch


zu den Emanzipationsbestrebungen standen. Zwar hielten sich die
wenigsten an den Spruch „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört
schon zum Establishment“. Doch in einem Buch berichtete die
Journalistin Tissy Bruns, welch ein Druck auf jungen Frauen lastete,
sexuelle Abenteuer zu wagen. Nicht jede Frau sehnte sich danach,
nackt durch die Wohngemeinschaft zu springen und jede Nacht in
ein anderes Bett zu schlüpfen - zumal sich das Leben in den
Kommunen oft nach den Wünschen der Männer richtete. In der Me-
too-Debatte melden sich in diesen Tagen nun laufend Frauen zu
Wort, denen es nicht gelungen ist, Männern eine Abfuhr zu erteilen -
weil sie Angst hatten oder einfach nicht bieder rüberkommen
wollten. Und das war ungleich schwieriger in einer Zeit, in der eine
Generation sich die Befreiung von der spießigen Sexualmoral ihrer
Eltern auf die Fahnen schrieb.

Die Beschäftigung mit der eigenen Sexualität brachte der


Achtundsechziger-Bewegung auch den Vorwurf ein, die falschen
Prioritäten zu setzen. „Es spricht vieles für die Theorie, dass es
gerade die 68er-Frauen waren, die aus einer ursprünglich knallhart
politischen Bewegung eine ayurvedische Wellness-Kur mit
eingebauter Orgasmus-vorfahrt gemacht haben“, schrieb die
„Berliner Zeitung“ vor einigen Jahren über die Frauenbewegung.
Wenn das Private politisch ist, dann ist alles politisch, auch der Sex.

Ein Meilenstein für alle Frauen

Aber bei manchen Aktionen kann man sich fragen, was die Frauen
eigentlich bezwecken wollten – und ob sie sich darüber überhaupt
Gedanken gemacht haben. So sagte Helke Sander vom Aktionsrat
zur Befreiung der Frauen in ihrer Rede zur Delegiertenkonferenz des
SDS 1968: „Warum sprecht ihr denn hier vom Klassenkampf und zu
Hause von Orgasmusschwierigkeiten? Ist das kein Thema für den
SDS?“ Die Grünen-Politikerin Waltraud Schoppe sagte später im
Bundestag: „Eine wirkliche Wende wäre es, wenn hier oben zum
Beispiel ein Kanzler stehen und die Menschen darauf hinweisen
würde, dass es Formen des Liebesspiels gibt, die lustvoll sind, und
die die Möglichkeit einer Schwangerschaft gänzlich ausschließen.“
Solcher Hedonismus war den Frauenrechtlerinnen aus dem 19.
Jahrhundert fremd. Ihre Themen lauteten: Recht auf freie
Meinungsäußerung, Wahlrecht für Frauen, Arbeitsschutz, Zugang zu
Bildung, Abschaffung der Sklaverei. Von den Forderungen der
Achtundsechziger-Frauen hätten die Feministinnen knapp 100 Jahre
früher nicht zu träumen gewagt. Eine Feministin etwa, die bei
Wahlen in New York einen Stimmzettel in die Wahlurne warf, wurde
sofort verhaftet. Traurige Berühmtheit erlangte auch der Vorfall in
einer New Yorker Textilfabrik: Die Arbeiterinnen streikten für
bessere Arbeitsbedingungen, die Fabrikbesitzer schlossen die
Frauen ein, damit sich die anderen Angestellten nicht mit ihnen
solidarisierten. Ein Brand brach aus, und 129 Arbeiterinnen kamen
ums Leben.

Auch in den Sechzigern litten noch viele Frauen, vor allem


Gastarbeiterinnen, unter schlechten Arbeits- und Wohnbedingungen.
Aber die Feministinnen hatten ein eher abstraktes Verständnis
davon: Sie bewegten sich in studentischen und parlamentarischen
Kreisen, fernab der Fabriken. Arbeiter spotteten über Studenten, die
ihnen Flugblätter über Arbeiterrechte in die Hand drückten. Und
doch wäre es falsch, die Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts
gegen die des 20. Jahrhunderts in Stellung zu bringen. Jede Zeit hat
ihre eigenen Themen - und die neuen Feministinnen wollten sich
bewusst von historischen Vorbildern abgrenzen und eigene
Erfahrungen zum Thema machen.

Heute ist es wieder ganz anders. Juristisch ist die Gleichstellung


erreicht, und doch ist Diskriminierung weiter an der Tagesordnung.
Bis zum Beginn der Me-too-Debatte war das wichtigste Thema von
Frauenrechtlerinnen in den vergangenen Jahren die Vereinbarkeit
von Familie und Beruf. Frauenquote für Aufsichtsräte, Karriere mit
Kind – auch das sind Themen für die Privilegierten. Mit dem
Weinstein-Skandal rückten sexuelle Belästigung und Übergriffe in
den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Noch ist der Kampf für die
Sache der Frauen nicht zu Ende. Aber die jungen Frauen von heute
haben den feministischen Kämpferinnen früherer Jahre einiges zu
verdanken. Der beste Beweis dafür sind die Wortmeldungen
selbstbewusster Frauen, die das Thema für überflüssig halten.

A4: Recherchiere und nenne wesentliche Errungenschaften der Frauenbewegung


der 60er und 70er Jahre in Österreich zu den Bereichen:
Reproduktive Rechte, Arbeitsrecht, Kinderbetreuung, Gewalt in der Familie, Frauen in
der Politik, Bildungsmöglichkeiten

Reproduktive Rechte:
 Die Einführung von Sexualerziehungsprogrammen und
Aufklärungskampagnen zur Förderung des Verständnisses für
reproduktive Rechte und Familienplanung.
 Der Kampf für das Recht auf legale Abtreibung und der Zugang zu
sicheren Schwangerschaftsabbrüchen.

Arbeitsrecht:
 Die Einführung von Gesetzen zum Schutz von Frauen am
Arbeitsplatz, wie z. B. gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
 Die Förderung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und
Familie, um Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Kinderbetreuung:
 Die Forderung nach staatlich geförderter
Kinderbetreuungseinrichtungen, um Frauen die Möglichkeit zu
geben, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
 Die Schaffung von Kinderkrippen und Kindergärten sowie die
Ausweitung der Öffnungszeiten, um die Vereinbarkeit von Familie
und Beruf zu verbessern.

Gewalt in der Familie:


 Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Problem der
häuslichen Gewalt gegen Frauen.
 Die Gründung von Frauenhäusern und Beratungsstellen, um
betroffenen Frauen Schutz und Unterstützung zu bieten.

Frauen in der Politik:


 Die Forderung nach einem größeren politischen
Mitspracherecht für Frauen und ihrer verstärkten Vertretung
in politischen Gremien.
 Die Gründung von Frauenorganisationen und -parteien, um
die Interessen von Frauen in der Politik zu vertreten.

Bildungsmöglichkeiten:

 Die Förderung des Zugangs von Frauen zu höherer Bildung


und Berufsausbildung.
 xDie Bekämpfung von Geschlechterstereotypen in
Bildungseinrichtungen und die Förderung von
Bildungsprogrammen, die die Teilnahme von Frauen in allen
Bereichen der Gesellschaft unterstützen.
A5: Beschreibe wesentliche Unterscheidungsmerkmale zwischen der 2. Und der 3. Welle der
Frauenbewegung.
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A6: Erörtere, auch mit Hilfe der Dokumentation 5 Jahre #MeToo – was jetzt, ob MeToo als 4. Welle
der Frauenbewegung angesehen werden kann.

Q: https://www.youtube.com/watch?v=8jP_CAwVBF0, am 1.2.2024

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