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Simon Hensellek
E-Business-Generator
Aufbau elektronischer Geschäftsmodelle
in der Digitalen Wirtschaft
E-Business-Generator
Tobias Kollmann · Simon Hensellek
E-Business-Generator
Aufbau elektronischer Geschäftsmodelle
in der Digitalen Wirtschaft
Prof. Dr. Tobias Kollmann JProf. Dr. Simon Hensellek
Lehrstuhl für E-Business und Juniorprofessur für Entrepreneurship und
E-Entrepreneurship Digitalisierung
Universität Duisburg-Essen Technische Universität Dortmund
Essen, Deutschland Dortmund, Deutschland
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail
lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Vorwort
Startups, Mittelstand und Industrie haben im Zuge der rasant fortschreitenden Digitali-
sierung eins gemein: Sie brauchen ein gut entwickeltes und klar artikuliertes digitales Ge-
schäftsmodell basierend auf elektronischen Wertschöpfungsprozessen als zentralen Punkt
ihrer Geschäftsstrategie. Dieses digitale Geschäftsmodell wird zum Treiber ihres Wettbe-
werbsvorteils in einer immer komplexer und dynamischer werdenden Umwelt, die in ste-
tig kürzer werdenden Zyklen durch digitale Innovationen neu geordnet wird. Dabei geht
es jedoch nicht nur um den Neuaufbau von digitalen Geschäftsmodellen (E-Model-Ge-
neration), sondern auch um die Digitale Transformation bestehender realer Geschäfts-
prozesse (E-Business-Generation). Was bedeutet das?
Neue Unternehmen (Startups) und etablierte Unternehmen (Mittelstand/Industrie) aus al-
len Branchen müssen sich der Herausforderung von digitalen Innovationen oder der Digi-
talen Transformation stellen. Zahlreiche Indikatoren zur Wertschöpfung von Unterneh-
men werden aufgrund des Entstehens eines E-Business und damit einer Digitalen Wirt-
schaft hinterfragt und neu gedacht. Dies mündet zwangsweise in der Entwicklung von
digitalen Geschäftsmodellen als strategische Aufgabe von Startups, Mittelstand und In-
dustrie. Diese strategische Aufgabe ist konsequenterweise nicht nur für neuartige Ge-
schäftsmodelle in Bezug auf Neugründungen in der Digitalen Wirtschaft (E-Entrepre-
neurship bzw. Digital Entrepreneurship), sondern auch für die Rekonfiguration beste-
hender Geschäftsmodelle in einer zunehmend vernetzten und digitalen Umwelt anwend-
bar (E-Intrapreneurship bzw. Digital Intrapreneurship). Aber wie geht das?
Leider gibt es kein Kochbuch für die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle, auch wenn
das an vielen Stellen suggeriert wird. Es gibt aber Tools, die diese Entwicklung unterstüt-
zen sollen. Dabei kann man in statische und dynamische Tools unterscheiden. Ein stati-
sches Tool, wie z. B. der Business Model Canvas von Alexander Osterwalder, stellt eine
fixierte Momentaufnahme der Ideengenerierung und damit strukturelle Unterstützung dar,
bei der verschiedene Aspekte in einem Baukastensystem verknüpft werden. Ein dynami-
sches Tool, wie z. B. der E-Business-(Model-)Generator von Tobias Kollmann, berück-
sichtigt dagegen den prozessualen Ansatz der Ideengenerierung und damit die stufenweise
Unterstützung zum Aufbau eines Geschäftsmodells, bei der die Ausgestaltung jeweils von
den Entscheidungen auf der vorangegangenen Stufe abhängig gemacht wird.
Der dynamische Ansatz dieses E-Business-(Model-)Generator oder kurz E-Business-
Generator (EBG) erscheint gerade für digitale Geschäftsmodelle sinnvoll, da die Ent-
scheidung für eine Problemlösung beim Kunden z. B. durch einen E-Shop ganz andere
weitere Überlegungen für die Umsetzung beinhaltet als bei einem E-Marketplace. Das
kann man zwar auch durch das Nebeneinanderlegen von mehreren statischen Canvas-Er-
gebnissen als Mehrlösungsansatz handhaben (werden im Zweifel aber schnell sehr viele)
oder eben direkt zielorientiert mit einer Einlösungsoption aus dem Entscheidungsprozess
heraus dynamisch lösen. Wie sieht dieses dynamische Tool aus?
VI Vorwort
Der E-Business-Generator (EBG) vermittelt ein umfassendes Rahmenwerk und zeigt auf,
wie ein digitales Geschäftsmodell basierend auf Wertschöpfungsprozessen durch innova-
tive Informationstechnologie (IT) verstanden, entworfen, implementiert und kontinuier-
lich (re-)evaluiert werden kann. Entrepreneuren und Vorständen wird damit ein wirksames
Tool an die Hand gegeben, das sie befähigt, auf einfache Art und Weise die Wertschöp-
fungslogik ihres Unternehmens zu erfassen, zu analysieren, zu artikulieren, zu teilen und
letztlich auch zu verändern. Mit Hilfe dieses innovativen Tools für den Aufbau von elek-
tronischen bzw. digitalen Geschäftsmodellen und -prozessen können sowohl Gründer
ihre neuen Startup-Ideen entwickeln, aber auch bestehende Unternehmungen sich mit be-
stehenden Geschäftsprozessen einer umfassenden Digitalen Transformation unterziehen.
Mit dem E-Business-Generator (EBG) bekommen somit alle Zielgruppen ein Tool an die
Hand, mit dem beides möglich ist. Dieses Buch soll erklären, wie es funktioniert!
Dabei wird eine gewisse Grundkenntnis rund um digitale Geschäftsmodelle und -pro-
zesse beim Leser vorausgesetzt. Diese Grundkenntnisse können Praktiker über das Basis-
werk „E-Business kompakt“ und vertiefend über das Spezialwerk „E-Entrepreneur-
ship“ jeweils von Tobias Kollmann erlangen. Hierbei gibt es auch den Online-Kurs „E-
Business-Seminar“ (www.e-business-seminar.de) als multimediales Premium-Angebot
im Internet mit einer aufwendigen Produktion der Lerninhalte in Text, Bild, Ton, Video,
Animation, interaktiven Grafiken usw. Aufgeteilt in sechs Kapitel mit vielen interessanten
Medien und Inhalten erhalten die Teilnehmer das Rüstzeug für einen erfolgreichen Weg
durch die Digitale Wirtschaft bequem für zu Hause oder ihren Arbeitsplatz. Durch das
cloudbasierte Angebot lernt man zeit- und ortsunabhängig. Die professionell aufbereiteten
Inhalte und attraktiven Medienformate machen Spaß und vermehren das Wissen.
Daneben bietet die netSTART-Academy (www.netstart-academy.de) unter dem Titel
„E-Business-Generator“ (www.e-business-generator.de) einen 1- bzw. 2-Tageswork-
shop an, um den Anwender beim Einsatz des Tools zu unterstützen. Die Leser finden hier
auch den E-Business-Generator im Poster-Format als kostenlosen Download. Ziel ist
es, dass am Ende zusammen mit dem Anwender ein konkretes digitales Geschäftsmodell
als Basis für ein Startup (E-Venture), ein Corporate Startup (Spin-off) oder eine Entschei-
dungsvorlage für die Einführung eines solchen digitalen Geschäftsmodells im Mittelstand
oder in der Industrie selbst entsteht. Für wen ist also dieses Buch?
Die Zielgruppe sind zum einen Praktiker, die sich mit dem Gedanken einer Unterneh-
mensgründung in der Digitalen Wirtschaft befassen, bzw. Gründer, die bereits in solchen
Unternehmen arbeiten. Dazu gehören auch Vertreter von Mittelstand und Industrie,
die über Inkubatoren oder Acceleratoren den Anschluss an die Startup-Szene suchen
bzw. in den eigenen Unternehmen über Innovations- bzw. Fachabteilungen oder sogar
schon eigenen Digital Units neue digitale Geschäftsmodelle aufbauen wollen. Eine wei-
tere Zielgruppe sind zum anderen Studierende und Lehrkräfte, die sich an Universitäten,
Fachhochschulen, privaten Business Schools und Technologiezentren mit den Themen
(Digital) Entrepreneurship, Innovationsmanagement, E-Business bzw. E-Commerce be-
schäftigen. Des Weiteren können Business Angels und Vertreter von Venture-Capital-
Unternehmen über die Lektüre des Buches wertvolle Erkenntnisse über die Bewertung
von Geschäftsideen in der Digitalen Wirtschaft erhalten.
Vorwort VII
Unser besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt
den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Lehrstuhls für E-Business und E-Entrepreneur-
ship am der Universität Duisburg-Essen, die unter der zugehörigen Marke „netCAMPUS
– WE START YOUR E-ENTREPRENEURSHIP“ (www.netcampus.de) zu finden sind.
Dazu zählen für diese Auflage Frau Katharina de Cruppe, Herr Philipp Jung und Herr
Lucas Kleine-Stegemann. Weiterhin möchten wir uns sehr bei Herrn Ingo Kummutat für
die Betreuung der zugehörigen Webplattform und Frau Denise Goldkuhle für die Korrek-
turarbeiten bedanken. Auch die studentischen Hilfskräfte haben sich mit den Recherche-
und umfangreichen Layout-Arbeiten für dieses Werk verdient gemacht.
Unser besonderer Dank gilt unseren Familien, die uns einen vorbehaltlosen Rückhalt bie-
ten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zugleich und geben unserem Leben einen Sinn.
Essen, im Sommer 2020
1
Universität Duisburg-Essen, Campus Essen
Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship
Internet: www.netcampus.de / www.netstart.de
Universitätsstrasse 9, D – 45141 Essen
E-Mail: tobias.kollmann@uni-due.de
Facebook: www.facebook.de/prof.tobias.kollmann
LinkedIn: www.linkedin.com/in/tobiaskollmann
Xing: www.xing.com/profile/tobias_kollmann
Twitter: www.twitter.com/prof_kollmann
2
Technische Universität Dortmund
Juniorprofessur für Entrepreneurship und Digitalisierung
Internet: www.wiwi.tu-dortmund.de/ed
Friedrich-Wöhler-Weg 6, D – 44227 Dortmund
E-Mail: simon.hensellek@tu-dortmund.de
LinkedIn: www.linkedin.com/in/simon-hensellek
Xing: www.xing.com/profile/Simon_Hensellek
Twitter: www.twitter.com/SHensellek
VIII Medienhinweise
Medienhinweise
Online-Kurs „E-Business-Seminar“
Alle Grundlagen für elektronische Geschäftsprozesse und -modelle als Online-Kurs. Un-
ser Angebot mit einer aufwendigen Produktion der Lerninhalte zu den Themen digitale
Technologien, digitale Mehrwerte, digitale Geschäftsmodelle und digitaler Wettbewerb.
Informationen/Anmeldung unter anmeldung.e-business-seminar.de
Offline-Workshop „E-Business-Generator“
Im kompakten 1 bis 2-Tages-Workshop wird mit dem E-Business-Generator ein umfas-
sendes Rahmenwerk vermittelt, wie ein digitales Geschäftsmodell basierend auf Wert-
schöpfungsprozessen durch innovative Informationstechnologie (IT) verstanden, entwor-
fen, implementiert und kontinuierlich (re-)evaluiert werden kann.
Informationen/Anfrage unter e-business-generator.de
Offline-Projekt „E-Business-Venture“
Wir entwickeln die digitale Geschäftsidee und das -modell als Konkurrenz zu Ihrem Un-
ternehmen im Netz. Sie entscheiden über das Budget bzw. Startkapital und die zeitliche
Gestaltung des resultierenden Startups. Wir setzen gemeinsam das neue Unternehmen auf
und führen es mit allen Beteiligten zum Erfolg.
Informationen/Anfrage unter e-business-venture.de
Inhaltsverzeichnis IX
Inhaltsverzeichnis
Übungen ........................................................................................................................129
Literatur .......................................................................................................................131
Begriffe..........................................................................................................................144
Autoren .........................................................................................................................145
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 1
Der E-Business-Generator (EBG) ist ein spezielles Tool für den Aufbau von digitalen Ge-
schäftsmodellen und -prozessen speziell in der Digitalen Wirtschaft. Dieses Tool kann
dabei sowohl von Startups zur Generierung neuer Geschäftsideen als auch von etablierten
Unternehmen für die Digitale Transformation bestehender Geschäftsmodelle und -pro-
zesse eingesetzt werden. Um den Einsatz dieses Tools bestmöglich zu gewährleisten, muss
es zunächst im Hinblick auf die Einsatzgebiete eine Darstellung vom zentralen Anwen-
dungsfeld „E-Business“ mit einem zugehörigen Anforderungsprofil „E-Leadership“
für die handelnden Akteure geben. Im Ergebnis steht zum einen die Anwendungsnotwen-
digkeit im Rahmen der „E-Transformation“ innerhalb der vorhandenen Unternehmen,
um ihre realen Geschäftsmodellen und -prozessen zu digitalisieren. Ein weiteres Ergebnis
kann zum anderen aber auch die Anwendungsmöglichkeit im Rahmen des „E-Entre-
preneurship“ sein, bei der es insbesondere um die Entwicklung neuer digitaler Geschäfts-
modelle und -prozesse für eine zugehörige Unternehmensgründung oder Ausgründung in
Form eines Startups geht.
Informationsökonomie
Information
Wettbewerbs-/Produktionsfaktoren
Wirtschaftssektoren
Netzwerkökonomie (Digitale Wirtschaft)
Information / Kommunikation
E-Business E-Community Flexibilität
Kontakt Zeit
E-Procurement E-Shop E-Marketplace
Qualität
Verkauf E-Company
Einkauf Handel
(E-Commerce)
Transaktion Kosten
Kooperation
Innovationen
Informationstechnologie Internet/WWW Mobilfunk ITV
Im Rahmen dieser Entwicklung ist eine wahrliche Datenexplosion entstanden. Diese Da-
tenexplosion konfrontiert die Menschen mit so vielen Informationen, dass sie nur noch
einen geringen Teil wahrnehmen können. Der breite Datenstrom muss daher sowohl lo-
gistisch wie inhaltlich organisiert werden und bietet daher viele Chancen für neue Ge-
schäftsmodelle im Bereich der Informationsverarbeitung, -systematisierung und -übertra-
gung (Kollmann 2006; Kollmann 2019b). Ein aktuelles Stichwort ist in diesem Zusam-
menhang der Begriff „Big Data“, der die Zusammenführung von hohen Datenmengen und
deren Auswertung umfasst. Die vier zentralen Facetten von Big Data sind vor diesem Hin-
tergrund gemäß der BITKOM (2014):
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 3
Datenvielfalt (Variety) bezieht sich auf die wachsende Vielfalt von Datenquellen/
-formaten, welche in Big-Data-Datensätze einfließen. Dabei lassen sich diese oft sehr
heterogenen Daten grob in die drei Oberkategorien von unstrukturierten, semistruk-
turierten und strukturierten Daten einordnen. Optional ist auch die Verwendung einer
vierten Oberkategorie, den sog. polystrukturierten Daten, möglich. Dabei wird oft-
mals auch versucht, die unternehmensintern vorliegenden Daten mittels externer Da-
ten, z. B. aus sozialen Netzen, zu ergänzen und besser zu strukturieren.
Geschwindigkeit (Velocity) bezieht sich gerade auf die Notwendigkeit einer immer
schnellen Auswertung der Datenmengen. Die Geschwindigkeit der Datenverarbei-
tung und -auswertung muss dabei generell mit den stetig wachsenden Datenvolumina
Schritt halten, um eine zeitnahe Analyse der Daten zu gewährleisten – oftmals sogar
in Echtzeit. Die Datengenerierung und -übertragung mit hohen Geschwindigkeiten,
Analyse großer Datenvolumina mit Antwortzeiten im Sekundenbereich sowie Analy-
sen in Echtzeit sind hierbei besondere Herausforderungen.
Die „Digitale Wirtschaft“ bezeichnet den wirtschaftlich genutzten Bereich von elekt-
ronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netzwerkökonomie,
welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder indirekte Ab-
wicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Transaktions-
prozessen erlaubt.
4 Einsatzgebiete für den E-Business-Generator
Als Basis für die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse haben sich in der Praxis
drei zentrale Plattformen gebildet (Kollmann 2019a, S. 65), die den Austausch aller drei
Bausteine (Information, Kommunikation und Transaktion) zum Inhalt haben und damit
zum engeren Kreis des E-Business gezählt werden können. Mit den zugehörigen Stoß-
richtungen Einkauf, Verkauf und Handel adressieren sie die zentralen Betätigungsfelder
einer Unternehmung bzw. eines Marktes (Kollmann 2019a, S. 65):
Ein E-Shop ermöglicht den elektronischen Verkauf von Produkten bzw. Dienstleis-
tungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine Integra-
tion von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstüt-
zung bzw. Abwicklung von operativen und strategischen Aufgaben im Absatzbereich.
Unabhängig von der engeren oder weiteren Sichtweise zum E-Business im Hinblick auf
die zugehörigen Plattformen kann nun abschließend eine theoretische oder eher praxisori-
entierte Interpretation vom Begriff „E-Business“ angeführt werden (Kollmann 2019a,
S. 65):
„E-Business ist die Nutzung der Informationstechnologien für die Vorbereitung (In-
formationsphase), Verhandlung (Kommunikationsphase) und Durchführung (Trans-
aktionsphase) von Geschäftsprozessen zwischen ökonomischen Partnern über inno-
vative Kommunikationsnetzwerke (theoretische Sichtweise).“
Vorgehensweisen.
• Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit
• Kritisches Hinterfragen etablierter modernen digitalen Tools, Technologien, Geräten
Geschäftsmodelle oder Strategien mit Blick und Software.
auf sich verändernde Umweltzustände. • Kompetenzen digitale Potenziale zu erkennen
• Wille, Veränderungen aktiv mitzugestalten und ein Unternehmen im Rahmen der digitalen
und Neues auszuprobieren. Transformation weiterzuentwickeln.
• Prozesse: Kosten senken und Prozesse optimieren. • Agilität: Schnelle Anpassungsfähigkeit gegenüber
• Produkte: Angebot sollte aktuelle Trends antizipieren Veränderungen.
und den Kundenwünschen entsprechen. • Flexibilität: Befähigung sich verändernden
• Plattformen: Digitale Geschäftsmodelle prüfen, Umwelteinflüssen anzupassen.
entwickeln und einführen, um Potenziale • Proaktivität: Initiatives und vorausplanendes
auszuschöpfen. Handeln.
Damit Unternehmen und deren Führungskräften sowie Gründern in ihren Startups der di-
gitale Wandel gelingt, müssen sie sich an Veränderungen und äußere Umwelteinflüsse
anpassen (Hensellek 2019; Kollmann 2019a). Wo früher „Erfahrung“ ein wesentliches
Qualitätsmerkmal war, ist es heute der Faktor „Ausprobieren“. Das bedingt aber Entschei-
dungen unter Unsicherheit – und dafür sind die Strukturen in den Unternehmen meist nicht
ausgelegt. Es widerspricht auch der deutschen Kultur der klaren Planung und mehr oder
weniger abgesicherten Prognose. Von daher muss die Frage nach dem Wollen in vielen
Führungsetagen schon als kritisch betrachtet werden. Wie verschiedene Studien hierzu
belegen, schaffen es viele Unternehmen nicht, sich auf die veränderten Spielregeln von
digitalisierten Märkten einzulassen. Im Hinblick auf den ersten Faktor Digital Mindset
spielen somit die alte Unternehmenskultur, die fehlende Risikobereitschaft und die
starre Unternehmensorganisation (Goran/Srinivasan/LaBerge 2016) eine große Rolle.
Hinzu kommt, dass in den meisten Anreiz- und Belohnungssystemen von Geschäftsfüh-
rern und Vorständen die Ergebniszahlen aus dem laufenden Stammgeschäft im Vorder-
grund stehen und nicht die mutige und risikoreiche Ausrichtung auf neue digitale Ge-
schäftsmodelle. Dadurch verkümmern viele vermeintliche Digitalisierungsoffensiven zu
einer reinen IT-Automatisierung, um vorhandene Prozesse noch effizienter zu machen.
Das Ergebnis sind dann eher inkrementelle als disruptive Fortschritte. Viele Führungseta-
gen delegieren die Digitalisierung vor diesem Hintergrund an ihre IT-Abteilungen, so dass
dieses Thema kein integraler Bestandteil der gesamten Unternehmensstrategie ist. Aus
8 Einsatzgebiete für den E-Business-Generator
diesem Grund muss die Digitale Transformation in den Köpfen der Führungskräfte und
Mitarbeiter universell verankert werden und ein fester Bestandteil der Unternehmenskul-
tur sein bzw. werden. Wie eine Studie des SAP Center for Business Insights (SAP 2017)
zeigt, ist es daher für den Erfolg einer Digitalen Transformation unverzichtbar, ein Digital
Mindset im Unternehmen zu entwickeln, welche die Digitalisierung als Chance interpre-
tiert und Veränderungen annimmt. Ein Digital Mindset zeichnet sich dadurch aus, offen
und neugierig gegenüber aktuellen Technologien, Führungsmodellen und Vorgehenswei-
sen zu sein. Dabei ist ein zentraler Punkt, eine Unternehmenskultur zu implementieren,
welche Veränderungen aktiv mitgestaltet und Neues ausprobiert. Dabei müssen auch
etablierte Abläufe, Geschäftsmodelle oder Strategien kritisch hinterfragt und mit Blick auf
sich verändernde Umweltzustände angepasst werden.
Digital Leader sollten nicht nur aufgeschlossen gegenüber Veränderungen und disruptiven
digitalen Innovationen sein (Digital Mindset), sondern sollten auch über die notwendigen
digitalen Kompetenzen verfügen eine entsprechende Strategie im Unternehmen zu imple-
mentieren. Digitale Veränderungen sind kein technischer Knopf, den man so einfach so
drücken kann. Es geht vielmehr um das konkrete Wissen und das zugehörige Know-how
rund um eine digitale Wertschöpfung. Der zweite Faktor Digital Skills bezeichnen ent-
sprechende Kenntnisse und Fertigkeiten mit digitalen Technologien, Prozessen und Ge-
schäftsmodellen umzugehen. Die zugehörigen Grundlagen der digitalen Ökonomie sind
unerlässlich für jeden Manager. Neben Fach- und Sozialkompetenz wird ein Digital Lea-
der künftig zwingend auch eine Digitalkompetenz brauchen, um unternehmerisch führen
zu können. Dabei geht es darum, ob Führungskräfte über das Wissen und digitale Know-
how rund um die digitale Wertschöpfung verfügen und dieses auch anwenden können.
Es beschreibt im Detail, über welche Fähigkeiten und Kompetenzen eine digitale Füh-
rungskraft verfügen sollte, um digitale Potenziale zu erkennen und ein Unternehmen im
Rahmen der Digitalen Transformation weiterzuentwickeln. Zu den klassischen Führungs-
kompetenzen gehören demnach einerseits digitale Anwendungskenntnisse, wie der Um-
gang mit digitalen Tools für Entscheidungsfindungen, aber auch digitale Verhaltenswei-
sen, wie das Nutzen entsprechender Software im Arbeitsalltag (Crummenerl/Kemmer
2015). Hierbei spielt insbesondere die Persönlichkeit und Einstellung einer Führungskraft
zum ersten Faktor Digital Mindset eine wichtige Rolle im digitalen Zeitalter.
Damit Unternehmen im Rahmen der Digitalen Transformation erfolgreich agieren, müs-
sen Digital Leader insbesondere auch die erforderlichen Maßnahmen ergreifen und richtig
in Bezug auf den dritten Faktor Digital Execution umsetzen. In diesem Zusammenhang
sollten Führungskräfte beachten „Was“ (Objektansatz) umgesetzt werden sollte. Der Ob-
jektansatz beinhaltet die drei digitalen Ps: Prozesse, Produkte und Plattformen, bzw.
deren Aufbau und Gestaltung (Kollmann 2018b). Digitale Prozesse, wie bspw. interakti-
ves Bestellwesen oder Tracking, haben vor allem die steigende Produktivität, sinkende
Kosten und kürzere Reaktionszeiten bei Lieferanten- und Kundenanfragen zum Ziel. Da-
für ist es notwendig, bestehende Arbeitsabläufe zu hinterfragen und aktuelle Prozesse ge-
gebenenfalls zu verändern (Keller 2017). Ebenso muss das Produktangebot stetig hinter-
fragt und angepasst werden, um den rasant ändernden Kundennachfragen gerecht zu wer-
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 9
den. Unternehmen müssen sich demnach mit Innovationen, wie bspw. der künstlichen In-
telligenz oder der Blockchain, beschäftigen und analysieren, inwieweit eigene Produkte
von Veränderungen betroffen sind und inwiefern neue Potenziale genutzt werden können.
Nicht außer Acht gelassen werden darf aber auch der Aufbau digitaler Plattformen (E-
Marketplace), die sich als überlegendes Geschäftsmodell in der Digitalen Wirtschaft er-
wiesen haben. Erfolgreiche Unternehmen, wie beispielweise Alphabet, Amazon, Facebook
und Alibaba, fungieren demnach als Vermittler für Anbieter und Nachfrager und kontrol-
lieren damit immer mehr die bestehenden Absatzmöglichkeiten oder schaffen sogar neue
Märkte. Neben dem „Was“, müssen sich Digital Leader auch damit befassen, „Wie“ dies
geschehen kann (Managementansatz). Führungskräfte sollten demnach agil, flexibel und
proaktiv im Führungsstil agieren, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen.
Folglich sollten sie die Fähigkeit besitzen sich bestmöglich an verändernde Umweltein-
flüsse anpassen zu können. Dies kann sowohl reaktiv, indem flexibel auf Veränderungen
reagiert wird, oder proaktiv geschehen, um Veränderungen selbst herbeizuführen. In die-
sem Zusammenhang sind insbesondere die Aspekte „Geschwindigkeit“, „Anpassungs-
fähigkeit“, „Kundenzentriertheit“ und eine „Haltung“ von zentraler Bedeutung. So ist
es für digitale Leader insbesondere wichtig, schnell und dynamisch auf digitale Verände-
rungen, wie sich ändernde Kundenwünsche, einzugehen und eigene Verhaltensweisen dy-
namisch anzupassen (Fischer 2016).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Begriff „E-Leadership“ bzw. Di-
gital Leadership sich wie folgt zusammensetzt (Kollmann 2019d, S. 41 ff.):
„E-Leadership bzw. Digital Leadership ist ein Führungsverhalten, welches die Ver-
änderungen aufgrund der Digitalisierung mit Hilfe eines Digital Mindsets (Wollen),
von Digital Skills (Wissen) und einer Digital Execution (Machen) aktiv aufgreift und
dafür die digitalen Technologien nutzt, um das Unternehmen sowie die zugehörigen
Geschäftsmodelle und -prozesse gemeinsam mit den Mitarbeitern für die Digitale
Wirtschaft anzupassen und ständig zu verbessern.“
Die Digitalisierung von Industrie und Mittelstand ist vor diesem Hintergrund unausweich-
lich. Zum einen, weil der (potenzielle) Kunde das Internet zunehmend für geschäftliche
Entscheidungen nutzt. Zum anderen, weil der nationale und internationale Wettbewerb
zunehmend das Internet für die Abwicklung von Geschäftsprozessen einsetzt. Und ferner,
weil die Anbieter von digitalen Geschäftsmodellen zunehmend die reale Handelsebene
beeinflussen und somit auch zu realen Produktanbietern und Dienstleistern werden. Das
bedeutet, dass das Internet die nachfragerelevanten Entscheidungsprozesse im Hinblick
auf Information, Kommunikation als auch Transaktion sowie die Wahrnehmung von rele-
vanten Wettbewerbern nachhaltig verändert hat. Das bedeutet aber auch, dass sich alle
Unternehmen der Digitalen Transformation bzw. der E-Transformation gegenübersehen
und sich dieser Herausforderung stellen müssen. Die zugehörige Digitale Transformation
von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozessen hat zu einem neuen Ak-
tionsfeld für Unternehmen geführt, die ein neues Verständnis über die Funktionsweise von
digitalen Märkten und deren handelnden Akteuren nötig machen. Sie stehen heute vor der
Herausforderung eines internationalen Online-Wettbewerbs, der alle Branchen betrifft.
Die Medienbranche, der Einzelhandel und die Musikindustrie haben diesen Wandel seit
zehn Jahren schon hautnah erleben müssen. In anderen Bereichen wie Transport- und Lo-
gistik, Automobil, Finanzwesen oder Maschinenbau hat der Wandel gerade begonnen.
Die Digitale Transformation (auch „digitaler Wandel“) bezeichnet vor diesem Hinter-
grund einen fortlaufenden und tiefgreifenden Veränderungsprozess für die Wirtschaft
und Politik auf Basis digitaler Technologien, der Information, Kommunikation und Trans-
aktion zwischen den hier jeweils beteiligten Akteuren elementar beeinflusst und zu einem
neuen Verständnis und Verhalten in den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politi-
schen Lebensbereichen führt. Der stetige Fortschritt und die wachsende Bedeutung der
Informationstechnik sowie der Ausbau und die Vernetzung von elektronischen bzw. digi-
talen Datenwegen sind notwendige Voraussetzungen für eine neue Dimension des wirt-
schaftlichen Miteinanders: dem elektronischen Handel auf elektronischen Datenwegen.
Durch die Digitale Transformation ergeben sich für Unternehmen sowohl Chancen als
auch Risiken für die Gegenwart und Zukunft. Entgegen der weitläufigen Annahme, dass
die zugehörigen Maßnahmen eher die technische EDV- und IT-Landschaft im Zuge der
Automatisierung betreffen, werden die Auswirkungen gesamte Unternehmen in allen Be-
reichen und Funktionen tangieren.
Es werden zunehmend Technologien wie Künstliche Intelligenz, Big Data, Blockchain,
Cloud-Services und Sensorik eingesetzt. Dementsprechend spielen Kenntnisse in den Be-
reichen Robotik, Human-machine interaction, Data Analytics, IT-Sicherheit und Daten-
schutz eine immer zentraler werdende Rolle. Im Bereich der Business Intelligence wird
ersichtlich, dass es an neuen Lösungen im Hinblick auf Systeme wie CRM (Customer
Relationship Management), ERP (Enterprise-Resource-Planning) und SCM (Supply
Chain Management) bedarf. Da reale und virtuelle Welt stärker als zuvor zusammenhän-
gen, werden neue Geschäftsmodelle vonnöten. Verkürzte Produktlebenszyklen und zu-
sätzliche Services von Konkurrenten sowie der neue Technologiestandard, eingeschlossen
geringerer Hardwarekosten, leiten eine neue Art von Wettbewerb ein. Direkte Kundenbe-
ziehungen, Automatisierung und das digitale Geschäft über digitale Plattformen sowie
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 11
der Online-Vertrieb zeigen, dass die Digitale Transformation einen holistischen Ansatz
für die Unternehmensorganisation erfordert. Indem traditionelle Arbeitsbereiche automa-
tisiert werden, erhöht sich auch die Nachfrage nach digitalen Kompetenzen. Vor diesem
Hintergrund erfordert die Digitale Transformation agile Organisations- und Prozessstruk-
turen, die sich durch innovative Prozesse und neue Geschäftsmodelle auszeichnen.
Vor diesem Hintergrund ändern sich nicht nur die Produkte, sondern auch die zugehöri-
gen Service- und Handelsleistungen, die künftig einen höheren Stellenwert bekommen
werden. Beide Bereiche müssen zunehmend auch eine digitale Wertschöpfung beinhalten.
Das erfordert sowohl bei Unternehmern als auch bei den Arbeitnehmern ein neues Ver-
ständnis mit zugehörigen Kompetenzen für den Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen.
Dabei verschwinden die Grenzen zwischen der realen und Digitalen Wirtschaftswelt. Aus-
gehend von den drei digitalen Ps mit Prozessen, Produkten und Plattformen gibt es dies-
bezüglich die Notwendigkeit, beispielsweise über folgende Ansätze nachzudenken (Koll-
mann 2018b):
Digitale Plattformen: Aufbau von zugehörigen oder neuen digitalen Markt- und
Kundenplattformen für die Abdeckung vor- oder nachgelagerter Handelsprozesse
oder als Anbindung von Beteiligungs- und Kooperationspartnern.
einzelnen Stufen analysiert, um in der Lage zu sein, primäre und unterstützende Prozesse
effizienter und effektiver zu gestalten. Auch hier ist den Informationen eine entscheidende
Bedeutung für Wettbewerbserfolge beizumessen, da mit ihnen die vorhandenen Prozesse
besser analysiert und kontrolliert werden können. Allerdings wurden diese Informationen
bisher nur als unterstützendes Element, nicht aber als eine eigenständige „Quelle des Ab-
nehmer- bzw. Unternehmenswertes“ angesehen.
Unternehmensinfrastruktur
Personalwirtschaft
Technologieentwicklung
Beschaffung Reales
Produkt
Eingangs- Operationen Ausgangs- Marketing Kundendienst
logistik logistik & Vertrieb
Unterstützungsmöglichkeit
Informationen sammeln
Informationen systematisieren
Informationen auswählen
Informationen kombinieren Elektronisches
(Informations-)
Informationen verteilen Produkt
Informationen austauschen
Informationen bewerten
Informationen anbieten
Die Wertkette in der Digitalen Wirtschaft basiert im zweiten Fall dagegen auf dem
Ansatz von Weiber/Kollmann (1997, 1998): Durch die neue Dimension von Informationen
als eigenständige Quelle von Wettbewerbsvorteilen können auch unabhängig von einer
physischen Wertkette elektronische Wertschöpfungsaktivitäten in digitalen Datennetzen
entstehen. Diese elektronischen Wertschöpfungsaktivitäten sind jedoch nicht mit den von
Porter herausgestellten physischen Wertaktivitäten vergleichbar, sondern liegen in dem
besonderen Umgang mit Informationen (Kollmann 2019a). Die entsprechenden Wertakti-
vitäten können bspw. in der Sammlung, Systematisierung, Auswahl, Zusammenfügung
und Verteilung von Informationen liegen (s. Abb. 3). Durch diese spezifischen Wertschöp-
fungsaktivitäten innerhalb von digitalen Datennetzen manifestiert sich eine „elektronische
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 13
Wertkette“, deren Ursprung und Auswirkung allein in der Digitalen Wirtschaft zu finden
ist. Im Resultat ergeben sich auf Basis dieser neuen Wertschöpfungsebene innovative Ge-
schäftsideen, die über die Nutzung der verschiedenen Plattformen ein „elektronisches Pro-
dukt“ schaffen, für dessen Wert der Kunde zu zahlen bereit ist (Kollmann 2014b). Dieses
Produkt kann dann entsprechend auch die Basis einer Unternehmensgründung in der Di-
gitalen Wirtschaft sein (s. Abb. 3).
Als Beispiel für die elektronische Wertkette kann autoscout24.de angeführt werden. Im
Rahmen eines elektronischen Marktplatzes wird der Handel von Gebrauchtwagen über
das Internet angeboten (E-Marketplace). Der Wert für den Nutzer wird dabei nicht über
den Gebrauchtwagen als solchen geschaffen, sondern liegt vielmehr in der Überblicks-,
Auswahl- und Vermittlungsfunktion der diesbezüglich notwendigen Informationen und
deren Verfügbarkeit, unabhängig von zeitlichen und räumlichen Restriktionen. Dieses
„elektronische Produkt“ wird nur über die zugrundeliegende Informationstechnologie er-
möglicht. autoscout24.de ist somit ein Unternehmen der Digitalen Wirtschaft, da die
Wertschöpfung für den Kunden auf der elektronischen Ebene erfolgt. Ähnliches gilt für
amazon.com, bei denen nicht das Objekt „Buch“ den Mehrwert schafft, sondern die Art
und Weise der elektronischen Auswahl und Bestellung im Internet. Dies ist ein Informa-
tionsprodukt (Überblick, Vermittlung, Abwicklung) und daher ist amazon.com mit seinem
E-Shop ein Unternehmen der Digitalen Wirtschaft. Das bedeutet nicht, dass Unternehmen
wie autoscout24.de und amazon.com keine realen Ressourcen (Personal, Logistik usw.)
benötigen und damit auch keine reale Wertkette besitzen. Sie hat jedoch nur einen Unter-
stützungscharakter (s. Abb. 3), um die elektronische Wertschöpfung anbieten zu können.
Diese Zusammenhänge gelten nicht für ein Angebot wie z. B. seat.com. Hier wird der
Wert für den Kunden über das reale Produkt „Auto“ geschaffen und der Shop im Internet
ist „nur“ ein weiterer Distributionskanal. Dieser vereinfacht zwar das Bestellverfahren,
jedoch wird hierdurch kein eigenständiger Wert geschaffen, für den der Kunde bereit
wäre, gesondert zu bezahlen. Das Auto wird nicht aufgrund des Internetauftritts gekauft,
sondern dieser hat eine Unterstützungsfunktion für den Vertrieb als Bestandteil der realen
Wertkette (s. Abb. 3). Somit ist seat.com kein Unternehmen der Digitalen Wirtschaft.
Für die Gründung eines Unternehmens in der Digitalen Wirtschaft (Kollmann 2019c) ist
neben einem Produkt mit einer elektronischen Wertschöpfung auch ein Management mit
spezifischen Kenntnissen über Zusammenhänge in der Netzwerkökonomie notwendig, um
den weiteren Betrieb sicherzustellen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund bedeut-
sam, dass sich die Informationen und damit die Basis für Wertschöpfungsaktivitäten in
digitalen Datennetzen sehr schnell verändern können. Neben der elektronischen Wertkette
ist eine weitere Besonderheit der Digitalen Wirtschaft, dass es sich um ein relativ neues
Betätigungsfeld handelt, bei dem langjährige Erfahrungen weitgehend fehlen. Entspre-
chend orientieren sich die elektronische Wertschöpfung und die darauf basierende Unter-
nehmung insbesondere an zukünftigen Entwicklungen (Labhard 1999, S. 254; Müller
1998, S. 125). Ferner existiert bezüglich des Einsatzes von innovativen Informationstech-
nologien (z. B. Nutzung des elektronischen Einkaufs bei Internet-Startups) eine hohe Un-
sicherheit über den Umfang und das zeitliche Eintreten der Akzeptanz (Kollmann 1998a)
auf der Kundenseite.
14 Einsatzgebiete für den E-Business-Generator
Gründungstyp Gründungsumfeld
Originär
Unternehmungs- Wachstumsaspekt
Selbständig
gründung Risikoaspekt
Innovativ
Gründungsbezug Gründungsbasis
Aus den skizzierten Gegebenheiten resultiert ein hohes Risiko hinsichtlich der Entwick-
lung in der Digitalen Wirtschaft und damit auch für die entsprechenden Investitionen in
diesem Bereich (Kollmann 2019c). Dem Risiko steht die Tatsache gegenüber, dass es sich
bei der Digitalen Wirtschaft und deren zugrundeliegenden Technologien um einen zent-
ralen Wachstumsbereich handelt und hiermit zahlreiche Chancen verbunden werden. In-
zwischen sind knapp neun von zehn Deutschen mit dem Internet verbunden. Davon sind
ca. 72 % sogar täglich im Internet, womit die Möglichkeiten der elektronischen Geschäfts-
prozesse nahezu alltäglich geworden sind. Die durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag
von in Deutschland lebenden Personen ab 14 Jahren lag laut ARD/ZDF (2018) im Jahr
2017 bei 149 Minuten. Verglichen mit dem Vorjahr ist das ein Anstieg von 21 Minuten.
Auch die mobile Internet Nutzung stieg im Vorjahresvergleich um 2 Prozentpunkte auf
nunmehr 30 %, sodass Nutzer, die über mobile Endgeräte verfügen, das Internet mit 209
Minuten pro Tag deutlich intensiver nutzen. Ferner befinden sich die Investitionen in In-
formationstechnologien immer noch auf einem hohen Niveau, womit zwei Aspekte deut-
lich werden: Informationstechnologien erfordern erstens einen gewissen Kapitalbedarf
für die erstmalige Entwicklung und/oder Betrieb und zweitens unterliegen Informations-
technologien einer ständigen Veränderung und Weiterentwicklung und erfordern somit
Folgeinvestitionen. Neben dem Kapitalbedarf für die Technologie werden weitere Auf-
bauinvestitionen bei einer Unternehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft notwendig
(z. B. Personal, Organisation, Markenaufbau, Vertrieb, Produktion).
Einsatzgebiete für den E-Business-Generator 15
Gründungstyp: Ein E-Venture ist meist eine selbständige, originäre und innovative
Unternehmensgründung innerhalb der Digitalen Wirtschaft.
Gründungsbezug: Ein E-Venture basiert auf einer Geschäftsidee, die durch die Nut-
zung innovativer Informationstechnologien erst ermöglicht wird und die der beson-
deren Bedeutung des Wettbewerbsfaktors „Information“ innerhalb der Netzwerk-
ökonomie Rechnung trägt.
Aus Sicht des Gründers resultiert aus den Vorgaben die Fragestellung: Mit welchen Infor-
mationen kann ich über welche elektronische Plattform einen Wert für den Kunden erzeu-
gen und wie stelle ich die Attraktivität meines Informationsproduktes im Zeitverlauf so
sicher, dass mein innovatives Unternehmen selbständig wachsen kann? Damit sind Grün-
dungen in der Digitalen Wirtschaft heterogener und komplexer und unterscheiden sich in
vielen Punkten von Unternehmensgründungen in der realen Wirtschaft. So erscheint ein
eigenständiger Untersuchungsansatz für Unternehmensgründungen in der Digitalen
Wirtschaft (E-Entrepreneurship) gerechtfertigt (Kollmann 2019c). Um die Begriffe
„E-Entrepreneurship“ bzw. „Digital Entrepreneurship“ (Forschungsfeld) und „E-Venture“
(Forschungsobjekt) deutlich zu trennen, können folgende Definitionen genutzt werden
(Kollmann 2019c; Kollmann 2006; Kollmann 2009a, S. 87; Kollmann 2009b, S. 112):
Unter einem „E-Venture“ bzw. „Digital Startup“ wird ein gegründetes und damit
junges Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee innerhalb der Digitalen
Wirtschaft verstanden, welches über eine elektronische Plattform in Datennetzen
seine Produkte und/oder Dienstleistungen auf Basis einer rein elektronischen Wert-
schöpfung anbietet, wobei dieses Angebot erst durch die Entwicklungen der Informa-
tionstechnologie ermöglicht wurde.
Informationen
Handel mit sammeln, Überblick Information
autoscout24.de Gebrauchtwagen E-Marketplace systematisieren, Auswahl Kommunikation
über das Internet anbieten, Vermittlung Transaktion
austauschen
Informationen
Verkauf von sammeln, Überblick Information
amazon.de Waren über das E-Shop systematisieren, Vermittlung Kommunikation
Internet anbieten, Abwicklung Transaktion
austauschen
Informationen
Professionelle
sammeln, Überblick Information
testberichte.de Warentests im E-Community
bewerten, Auswahl Kommunikation
Internet
anbieten
Informationen
Online-Software Überblick Information
sammeln,
sonepar.de für den Einkauf E-Procurement Vermittlung Kommunikation
systematisieren,
über das Internet Abwicklung Transaktion
verteilen, anbieten
Informationen
Online-Verbund
sammeln,
für die Küchen- Kooperation Information
koncraft.de E-Company kombinieren,
Produktion über Austausch Kommunikation
austauschen,
das Internet
verteilen
Die Geschäftsideen und die daraus resultierenden Geschäftskonzepte sind dabei ebenso
vielfältig wie die neuen Möglichkeiten der Informationstechnologie. Abb. 5 soll daher
Beispiele von E-Ventures darstellen und anhand der Merkmale Geschäftsidee, Plattform,
elektronische Wertschöpfung, Mehrwert und Bausteinbezug skizzieren. Da in den weite-
ren Ausführungen konkret auf das Forschungsobjekt „Junges Unternehmen in der Digita-
len Wirtschaft“ Bezug genommen wird, erscheint die Verwendung des Begriffes „E-Ven-
ture“ im weiteren Verlauf zweckmäßiger.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 17
E-Procurement-Systeme
Der Begriff E-Procurement besteht aus den beiden Wörtern „electronic“ und „procure-
ment“ und beschreibt den elektronischen Einkauf über digitale Netzwerke (Kollmann
2019a, S. 139 ff.). Damit erfolgt eine Integration innovativer Informations- und Kommu-
nikationstechnologien zur Unterstützung bzw. Abwicklung von operativen, taktischen und
strategischen Aufgaben im Beschaffungsbereich. Das „E-Procurement“ stellt dabei im
Prinzip einen Sammelbegriff für die elektronisch unterstützte Beschaffung dar, ohne dass
jedoch eindeutig definiert werden kann, was alles darunter zu verstehen ist. Einigkeit
herrscht in der Literatur allerdings darin, dass der Einsatz von Internettechnologien ein
Kernelement von E-Procurement-Konzepten darstellt (Nekolar 2003; Bogaschewsky
1999). Die Grundidee des elektronischen Einkaufs ist also darin zu sehen, dass die Bezie-
hung und die einkaufsrelevanten Abläufe zwischen einem Unternehmen (Einkäufer) und
einem Lieferanten (Verkäufer) über die mit Hilfe des Internets vernetzten Computer und
den damit einhergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Informationsaustau-
sches abgewickelt werden (s. Abb. 6). Obwohl das E-Procurement bereits seit Anfang der
2000er-Jahre Einzug in den Alltag vieler Unternehmen gefunden hat, zeigen Untersuchun-
gen, dass Unternehmen auch weiterhin mit steigenden Bestell- bzw. Beschaffungsvolu-
mina über E-Procurement-Tools planen (Bogaschewsky 2015). Hintergrund für die Zu-
nahme des Einsatzes elektronischer Informationstechnologien im Beschaffungsbereich
und damit Kerntreiber für das E-Procurement waren zahlreiche Probleme in der realen
Beschaffung, die mit Hilfe der elektronischen Informationsverarbeitung gelöst werden
sollten. Zu diesen Beschaffungsproblemen gehören insbesondere die folgenden Aspekte
(Dolmetsch 2000, S. 11 f.):
gigkeit von der Partei, die die Beschaffungslösung in ihrem System hält, kann zwischen
drei Grundmodellen bzw. Ausprägungen von internetbasierten E-Procurement-Lösungen
unterschieden werden. Dies sind das Sell-Side-, Buy-Side- und Marketplace-Modell.
Situationsanalyse
Konstellationen/Ziele/Strategien/Potenziale
Lieferant
Bedarfsanalyse
Lieferant Unternehmen
Lieferantenverhandlung
Lieferant
Beschaffungsabwicklung
Eine jüngere Entwicklung im E-Procurement ist die auch hier weiter zunehmende Mo-
bilität der Beschaffung (Mobile-Procurement). Um sowohl Kosten- und Zeitvorteile als
auch Flexibilität und Qualität der Beschaffung realisieren zu können, spielen mobile End-
geräte eine wichtige Rolle, da durch mobile Bestellungen und eventuell einhergehendes
Mobile Payment Wettbewerbsvorteile genutzt werden können (Nachtmann/Trinkel 2002,
S. 15). Unternehmen auf der ganzen Welt setzen zunehmend auch auf die mobilen Tech-
nologien wie bspw. Laptops, Handys und weitere mobile Endgeräte, um orts- und zeitun-
abhängig Beschaffungsaktivitäten auszuführen. So werden unternehmensinterne und auch
unternehmensübergreifende Prozesse mit Lieferanten und Partnern revolutioniert und neu-
artige Anwendungsbereiche erschlossen. Mobile Procurement kann dabei alle Prozess-
schritte von der Anfrage, der Bestätigung und dem Empfang von zu beschaffenden Waren
abdecken (Gebauer/Shaw 2004). Dabei ist unter anderem zu beachten, dass eine Verein-
heitlichung des Datenflusses eines Unternehmens stattfindet, welche insbesondere bei Un-
ternehmen mit stark verteilter Struktur von Bedeutung ist. Zwei Schnittstellen sind vor
allem maßgeblich für die einheitliche Verknüpfung von Procurement-Prozessen mit mo-
bilen Endgeräten: Mobile Availability Checks erlauben es Mitarbeitern zum einen, die
Verfügbarkeit von benötigten Produkten oder Ersatzteilen online zu überprüfen.
Nach erfolgreicher Prüfung ist eine sofortige Reservierung oder Bestellung möglich, ohne
sich notwendigerweise in den Geschäftsräumen der Firma aufzuhalten (Scheer et al. 2001,
S. 34). Mobile Procurement Management zum anderen erlaubt die mobile Verfolgung
von Aufträgen und Bestellungen sowie von Bestandsmengen. Dies ermöglicht die sofor-
tige Ermittlung verfügbarer Kapazitäten und eine eventuelle Aufdeckung von Fehlmen-
gen, welche daraufhin direkt vor Ort dokumentiert werden können (Barata/Cunha 2016).
Dieser Zeitgewinn für warenempfangende Unternehmen stellt einen weiteren wichtigen
Wettbewerbsvorteil dar (Kreutzer 2002, S. 387). Ein Beispiel für den mobilen Einkauf ist
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 23
SAP Business One (s. Abb. 10). Mit dieser Software bietet SAP seinen Kunden die we-
sentlichen Elemente des E-Procurement mobil an. Zu diesen Elementen zählen z. B. eine
sichere Anmeldung, Einkaufswarenlisten und Positionsdetails. Zusätzlich können durch
die Mobilität interne Genehmigungsprozesse beschleunigt werden, da die Führungsperso-
nen ortsunabhängig Aufträge bestätigen bzw. ablehnen können. Insgesamt lässt sich zu-
sammenfassen, dass das E-Procurement immer bedarfsgerechter, globaler und dynami-
scher miteinander vernetzt wird.
Abb. 10: Der mobile Einkauf im E-Procurement am Beispiel von SAP Business One
Quelle: Apple App-Store
E-Shop-Systeme
Der E-Shop steht allgemein als Begriff für den elektronischen Verkauf von Produkten
bzw. Dienstleistungen durch eine Person oder ein Unternehmen über digitale Netzwerke
(Kollmann 2019a, S. 259 ff.). Damit erfolgt eine Integration innovativer Informations-
und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung bzw. Abwicklung von operativen,
taktischen und strategischen Aufgaben im Absatzbereich. Die zunehmende Akzeptanz
elektronischer Medien bei den Nachfragern geht mit einem wachsenden Angebot an Pro-
dukten und Dienstleistungen einher, die teilweise oder ausschließlich über das Internet
durch diese „virtuellen Läden“ vertrieben werden. Ein E-Shop ist somit ein „eigenständi-
ges System aus Hard- und Software, das einem Händler erlaubt, seine Wirtschaftsgüter
über Rechnernetze anzubieten, zu verkaufen und ggf. zu vertreiben“ (Zwißler 2002, S. 32).
Man kann vereinfacht sagen, dass ein E-Shop ein virtueller Verkaufsraum eines Unter-
nehmens ist, dessen Grundidee darin besteht, die Beziehung und die verkaufsrelevanten
Abläufe zwischen einem Unternehmen (Anbieter) und einem Kunden (Nachfrager) über
die mit Hilfe des Internets vernetzten Computer und den damit einhergehenden Rahmen-
bedingungen des elektronischen Informationsaustausches abzuwickeln (s. Abb. 11).
24 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Bedarfserkennung
Kunde
Informationssuche, -bereitstellung
Bestellung
Unternehmen Kunde
Bezahlung
Distribution
Kunde
After-Sales-Service
Der elektronische Verkauf (E-Commerce) über einen E-Shop unterscheidet sich vom re-
alen Verkauf dabei in drei wesentlichen Faktoren (Choi/Stahl/Whinston 1997, S. 16 ff.;
s. Abb. 11): Dazu gehört zunächst der Verkäufer (Shopanbieter) an sich, welcher Pro-
dukte über das Internet absetzen möchte. Im traditionellen Sinne ist der Verkäufer im La-
den physisch präsent, d. h., er ist „persönlich“ oder über Angestellte anwesend. Im elektro-
nischen Handel erfolgt ein Kontakt nur virtuell, d. h., der Shopbetreiber braucht nicht per-
sönlich anwesend zu sein, die Kundenkommunikation und der Verkaufsprozess findet aus
Kundensicht über eine Mensch-Maschine-Beziehung im Rahmen der individuellen Web-
seiten-Nutzung statt. Außerdem kann das Produkt, mit dem gehandelt wird, nicht nur
physischer (z. B. Computer), sondern teilweise auch digitaler Natur sein (z. B. Software).
Dies hat Auswirkungen auf die zugehörigen Prozesse, denn im ersten Fall wäre der virtu-
elle Verkauf auch mit einer realen Distribution als notwendige Unterstützungsleistung ver-
bunden, während im zweiten Fall auch die Logistik per Download rein elektronisch erfol-
gen kann. In Abhängigkeit dieser beiden Fälle können sich E-Shops sehr unterschiedlich
gestalten, wobei insbesondere die Digitalisierung des Verkaufsraums immer gegeben sein
muss, um vom elektronischen Verkauf sprechen zu können. Im Endeffekt können aber
dann sowohl physische Produkte wie Bücher und Audio-CDs genauso über E-Shops ver-
trieben werden wie digitale Produkte (z. B. MP3-kodierte Musikstücke oder Software).
Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elektronischer Informationstechnologien im
Absatzbereich und damit Kerntreiber für den E-Shop waren zahlreiche Probleme im realen
Verkauf, die mit Hilfe der elektronischen Informationsverarbeitung gelöst werden sollten.
Zu diesen Verkaufsproblemen gehören dabei die folgenden Aspekte (Kollmann 2019a,
S. 260 f.):
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 25
Intransparenz: Der Nachfrager hat im realen Handel keinen Einblick in die Abläufe
innerhalb der Handelsstruktur. Sämtliche Prozesse hinter dem reinen Verkaufsakt
bleiben für den Kunden intransparent. Gibt es Probleme mit den Produkten, bleibt
dem Kunden lediglich der Kontakt zum Händler, um Beschwerden, Mangelware,
Verbesserungsvorschläge etc. zu kommunizieren. Ferner ist es für den Kunden im
realen Handel schwierig, sich über einen umfassenden Vergleich von Produkten, Prei-
sen und Anbietern einen wirklichen Marktüberblick zu verschaffen.
Für Systemlösungen im E-Shop-Bereich hat sich eine Vielzahl von Anbietern etabliert,
die in den unterschiedlichsten Formen ein solches System zur Verfügung stellen können.
Das Spektrum reicht dabei von sehr umfangreichen kommerziellen Shoplösungen, wie sie
etwa von intershop.de angeboten werden, bis zu kostenlosen Open-Source-Anwendungen,
welche sich online in relativ kurzer Zeit einrichten lassen (z. B. oscommerce.de oder xt-
commerce.com). Der Shop-Betreiber muss die Hauptentscheidung dahingehend treffen,
inwiefern er ein Shop-System kaufen, mieten oder selber entwickeln soll, um sich für eine
Methode der Umsetzung zu entscheiden, die seinen Ansprüchen und Ressourcen entspre-
chend genügt. Drei Grundmodelle kommen dabei in Frage: Entweder die Lösung wird
selbständig entwickelt (Betreiber-Modell), (Teil-)Komponenten der Lösung werden bei
einem externen Anbieter gemietet (Dienstleister-Modell) oder aber der gesamte E-Shop-
Betrieb wird an einen Dritten weitergegeben (Partner-Modell).
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Betreiber-Modells sind die Kosten, die
nicht nur mit dem Kauf der Hard- und Software verbunden sind, sondern vor allem auch
mit personellem Aufwand. Schließlich muss das System nach der aufwendigen Program-
mierung und Implementierung regelmäßig gewartet und gepflegt werden. Für einen rei-
bungslosen Ablauf müssen deshalb genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen, die die
26 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Instandhaltung und den Unterhalt des Systems gewährleisten können. Ferner müssen beim
Betreiber die Fähigkeiten (E-Kompetenz) zum Aufbau und Betrieb des E-Shop vorhanden
sein. Als Beispiel für eine Open-Source-E-Commerce-Plattform kann das von
inmedias.de angebotene Produkt Magento (s. Abb. 12) genannt werden. Hinter Magento
steht ein gleichnamiges amerikanisches E-Commerce-Unternehmen mit Sitz in Los An-
geles, das seit 2011 ein Tochterunternehmen von ebay.com ist. Nach eigenen Angaben
beschäftigt sich Magento seit etlichen Jahren mit E-Commerce-Softwarelösungen und hat
sich in den USA zwischenzeitlich zu einem führenden Dienstleister in diesem Bereich
entwickelt. Bei Magento handelt es sich um ein Open-Source-Shopsystem, das neben um-
fangreichsten Funktionalitäten vor allem eine hohe Erweiterbarkeit und Skalierbarkeit bie-
ten soll.
Während beim Betreiber-Modell der Aufbau und Betrieb eines E-Shops quasi „aus eigener
Hand“ erfolgt, kann im Rahmen des Dienstleister-Modells für den physischen Betrieb
einer Webseite auch die Option des Outsourcings in Frage kommen. Diese Dienstleistung
kann für den E-Shop eine sinnvolle Alternative zum „In-House-Hosting“ des Betreiber-
Modells darstellen (Barreca/O’Neill 2003, S. 61 ff.). Das Outsourcing umfasst im Allge-
meinen die Auslagerung von Informations- und Kommunikationstechnologien an dritte,
externe Unternehmen (Kuhl 2002, S. 300). Dienstleister können aber auch für sämtliche
mit einem E-Shop-System zusammenhängende Aufgaben eingesetzt werden, z. B. für Call
Center, die Katalogpflege oder das Content Management.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 27
Eine spezielle Form des Outsourcings ist die Auslagerung von Software. Diese Auslage-
rung wird dabei auch Software as a Service (s. Kapitel 5.4) oder Application Service
Providing (ASP) genannt. In beiden Fällen bietet der Application Service Provider dabei
bestimmte Software (Application) einem Kunden zur Miete an. Die Software steht in ei-
nem Rechenzentrum zur Verfügung, auf das der Kunde über eine Datenfestverbindung
zugreifen kann. Oftmals wird die Software mehreren Kunden angeboten, was im Allge-
meinen nur eine begrenzte Individualisierung des Angebotes auf die Bedürfnisse des Kun-
den erlaubt. Im Gegensatz zum Outsourcing bleibt die Lizenz für die Software auf jeden
Fall beim Service Provider. Zusätzliche Leistungen neben dem „Ausleihen“ der Software
können z. B. die Bereitstellung der Infrastruktur oder die Bereitstellung von Service und
Support sein. So bietet bspw. der Webhoster strato.de seinen Kunden mit dem Erwerb
einer Domain-Adresse auch direkt die notwendige Software für einen E-Shop an, mit der
ein Betreiber auch ohne Programmierkenntnisse schnell und einfach seine Produkte online
anbieten kann (s. Abb. 13). Überlegungen bei der Auslagerung bestimmter Anwendungen
müssen aber auch im Hinblick auf den Datenschutz und die Datensicherheit gemacht
werden. Überlässt ein E-Shop-Betreiber bestimmte Anwendungen einem Dienstleister, so
muss er sichergehen, dass alle juristischen Anforderungen an Datensicherheit gewährleis-
tet sind. Im Prinzip hat jeder Systemadministrator oder Programmierer des Providers Zu-
gang zu sensiblen Kundendaten und kann somit das Vertrauen des Kunden missbrauchen
(Kuhl 2002, S. 300 ff.).
28 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Sollte der E-Shop in seiner Gesamtheit (also Hard- und Software) von Dritten betrieben
werden, so muss auch hier vor allem die Angebotsverwaltung, Bestellung und Logistik
der Waren, die Verwaltung der Kunden- und Händlerdaten, die Preisgestaltung, der Ein-
satz von Zahlungssystemen, Abrechnungen, Kooperationen, die Anbindung an bestehende
Systeme usw. gewährleistet sein (Zwißler 2002, S. 280 ff.). Somit bleiben nur noch die
Produktaktualisierung und die Content-Erstellung in den eigenen Händen, die dann z. B.
an eine Service-Agentur weitergegeben werden können. Alle anderen Aufgaben über-
nimmt der Dienstleister (Technologielieferant oder Service-Agentur). Ein bekanntes Bei-
spiel für ein Partner-Modell ist ebay.com (s. Abb. 14).
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 29
Jüngere Entwicklungen beim E-Shop versuchen den eigentlichen Bestellprozess mit Ak-
tionen und Anreizen anzureichern (Kollmann 2019c, S. 37 ff.). Hierzu gehört z. B. das aus
den USA stammende Konzept des Live-Shoppings. Beim Live-Shopping wird für kurze
Zeit, meist für einen Tag, ein Produkt zu einem besonders günstigen Preis angeboten.
Dadurch, dass nur ein Produkt angeboten wird, können große Abnahmemengen für den
Betreiber realisiert werden, der den günstigen Preis an die Kunden weitergeben kann. Der
Kunde muss sich durch die zeitliche Restriktion schnell entscheiden, sodass hier vor allem
Spontankäufer angesprochen werden. Beispiele für solche Portale in Deutschland sind
1dayfly.com oder dailydeal.de. Einige Shops erweitern mittlerweile das ursprüngliche
Live Shopping. So bietet bspw. die Webseite 1dayfly.com in verschiedenen Kategorien
jeweils ein Produkt für einen begrenzten Zeitraum an (s. Abb. 15).
Eine weitere Entwicklung besteht im sog. Abo-Commerce, einem in der Regel individu-
alisierten E-Shop, der nur für registrierte Mitglieder zugänglich ist. Innerhalb des Shops
wechselt das Sortiment in regelmäßigen Abständen. Bei der Registrierung wird oftmals
ein Style- oder Persönlichkeitstest durchgeführt, um die Mitglieder in Kategorien einzu-
teilen. Darauf basierend werden dem E-Shop-Mitglied – je nach Konzept – regelmäßig
Shoppingvorschläge oder direkt vermutlich zum Kunden passende Produkte zugeschickt.
Wie bei einem Abo auch in der realen Wirtschaft üblich, wird dem Mitglied regelmäßig
ein bestimmter Betrag in Rechnung gestellt. Das Hauptproblem bei diesem Geschäftsmo-
dell ist die Überschneidung von Lieferung und Kundennutzen im immer wiederkehrenden
Zeitpunkt.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 31
Ein bekanntes Beispiel ist glossybox.de (s. Abb. 17). Wie viele der Plattformen beim Abo-
Commerce bedient glossybox.de vorrangig eine weibliche Zielgruppe. Den Mitgliedern
wird monatlich eine Überraschungsbox zugesendet, die fünf, nach eigenen Angaben,
hochwertige Markenprodukte beinhaltet, die dem Bereich Beauty zugerechnet werden
können. Mittlerweile bietet glossybox.de auch Produkte für Männer an. Auch können Bo-
xen (bspw. zum Verschenken) einmalig ohne Abo erworben werben.
Abb. 18: Das mobile Shopping beim E-Shop am Beispiel der barcoo-Applikation
Quelle: https://www.barcoo.com
Neben dem bisherigen stationären Online-Einkauf, bei dem der Kunde mit Hilfe eines
Computers oder Laptops auf Basis des vielfältigen Angebotes im Internet seine Einkäufe
tätigt, was ihm vor allem Kosten- und Zeitvorteile sowie Flexibilität ermöglicht, bestehen
heutzutage zunehmend Wunsch und Möglichkeit, mit mobilen Smartphones, losgelöst
vom heimischen PC, z. B. während der Wartezeit am Bahnhof, Konsumgüter zu erwerben.
Laut dem dem Global Consumer Survey kaufen in Deutschland 45 % online über ihr
Smartphone (Mobile Shopping) ein und bei mobilen Routinebestellungen liegt Deutsch-
land mit 23,5 % nur knapp unter dem weltweiten Durchschnitt von 25,1 % (Statista 2018).
Aus früheren Studien ist bekannt, dass vor allem bekannte Marken und Online-Shops von
dem Trend zum M-Commerce profitieren, da vor allem das Vertrauen beim Internet-Shop-
ping eine ausschlaggebende Rolle spielt. So kauft ein Großteil der Befragten nur bei den-
jenigen Shops ein, die den Kunden vom stationären Handel bereits bekannt sind. Zu den
bevorzugten Produkten zählen primär mobile Güter wie Fahr- und Veranstaltungskarten
sowie Flugtickets. Weiterhin sind Bücher, DVDs und CDs, Produkte des klassischen On-
line-Shoppings, auch bei den Mobile-Shoppern beliebt. Das Smartphone unterstützt da-
32 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
bei laut der oben genannten Studie Prozesse für den elektronischen Einkauf und wird in-
tensiv für die Produktrecherche genutzt. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu erwäh-
nen, dass einige Unternehmen ganze Prospekte in ihrer mobilen Applikationen anbieten
(z. B. Media Markt). Auch erfreuen sich in diesem Rahmen Bonusprogramme und Gut-
scheine bzw. Coupons steigender Aufmerksamkeit im mobilen Shopping. Beim sog. Mo-
bile Couponing wird das Smartphone zum Abruf bzw. Empfang von Gutscheinen bzw.
Coupons verwendet.
Im Folgenden sei ein weiterer Vorteil beim mobilen Einkauf bzw. M-Commerce erläu-
tert, der auf den neuen Möglichkeiten der mobilen Kommunikation basiert. So bieten mo-
derne Smartphones mit Kamera die Möglichkeit, den Barcode eines Produktes zu scannen,
um sich sofort alle verfügbaren Informationen zu diesem Produkt ortsunabhängig anzei-
gen zu lassen. Informationen können die Produktbeschreibung, der Online-Preis oder die
Lieferkonditionen sein. Anhand dessen kann der Nutzer die Kaufkonditionen zwischen
Offline- und Online-Welt vergleichen, um dadurch zu einer fundierten Kaufentscheidung
zu gelangen. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich in der Offline-Welt einen reellen
Eindruck vom Produkt zu machen, den Einkauf anschließend aber aus Kostenvorteilen
online zu tätigen. Als Beispiel sei die mobile Applikation barcoo (s. Abb. 18) angeführt.
Die Applikation bietet einen kostenlosen Barcode-Scanner und liefert nach der Fotoauf-
nahme den aktuellen Preis zum gewählten Produkt auf amazon.com. Das Produkt kann
dann dort direkt bestellt werden. Die oben zitierte Studie weist in diesem Zusammenhang
darüber hinaus als häufigste Aktivität des Smartphoneeinsatzes im Zuge von Einkaufspro-
zessen den Preisvergleich aus. Durch den schnellen Zugriff auf eine Vielzahl von Ange-
boten, inklusive damit verbundener weiterer Konditionen, wie Versandkosten oder Lie-
ferzeit, erscheint diese Feststellung wenig überraschend.
E-Marketplace-Systeme
Der E-Marketplace steht allgemein als Begriff für die marktliche Organisation des elek-
tronischen Handels von Produkten bzw. Dienstleistungen durch einen Marktplatzbetreiber
über digitale Netzwerke (Kollmann 2019a, S. 495 ff.). Damit erfolgt eine Integration in-
novativer Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung bzw. Ab-
wicklung von operativen, taktischen und strategischen Aufgaben im Handels- bzw.
Marktbereich. Während reale Marktplätze von örtlichen Gegebenheiten (z. B. Messe
oder Wochenmarkt) gekennzeichnet sind, setzen elektronische Marktplätze als virtuelle
Plattformen auf die digitale Vernetzung der Marktteilnehmer (Kollmann 2019a, S. 495).
Jeder dieser Teilnehmer kann auf elektronischem Wege von jedem beliebigen Punkt im
Datennetz einen beliebigen E-Marketplace „betreten“ (z. B. per Mausklick am heimischen
Computer), ohne sich real zu einem bestimmten Ort begeben zu müssen. Dieser nicht-
reale Zutritt kann dabei zu jedem Zeitpunkt erfolgen (7 Tage die Woche/24 Stunden am
Tag/365 Tage im Jahr), da elektronische Marktplätze eine permanent vorhandene und
durchgehend geöffnete Einrichtung darstellen. Anbieter und Nachfrager treffen sich somit
nicht mehr persönlich zur Abwicklung einer Transaktion, sondern treten über digitale Da-
tenwege im Internet unter einer spezifischen Adresse (marktplatz-name.de) in Kontakt.
Unter dem Begriff des E-Marketplace wird somit „ein konkreter aber nicht-realer Ort der
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 33
Handelsabsicht
Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Informationsbereitstellung und -suche Unternehmen
Handelspartnersuche
Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Unternehmen
After-Sales
Man kann vereinfacht sagen, dass ein E-Marketplace der virtuelle Handelsraum eines
Marktplatzbetreibers ist, den Anbieter und Nachfrager digital betreten können. Die Grund-
idee des elektronischen Handelsplatzes ist also darin zu sehen, dass die Koordination von
marktrelevanten Abläufen zwischen einem Anbieter (Unternehmen/Privatperson) und ei-
nem Nachfrager (Unternehmen/Privatperson) über die mit Hilfe des Internets vernetzten
Computer und den damit einhergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Infor-
mationsaustausches abgewickelt werden (s. Abb. 19). Der elektronische Handel über ei-
nen E-Marketplace unterscheidet sich vom realen marktplatzorientierten Handel in zwei
wesentlichen Faktoren (Kollmann 2000a): Die Rahmenbedingungen der virtuellen
Marktplatzkoordination ermöglichen gerade einen uneingeschränkten Handel ohne
physische Restriktionen. Während reale Marktplätze örtlichen (z. B. Teilnahme an einer
Messe) und zeitlichen Begrenzungen (z. B. Wochenmarkt) unterliegen, da sie einen phy-
sischen Kontakt zwischen Anbietern und Nachfragern erfordern, werden diese geogra-
fisch-kalendarischen Raum-Zeit-Restriktionen im elektronischen Handel ausgeräumt. An-
bieter und Nachfrager brauchen nicht mehr in einen direkten persönlichen Kontakt zu tre-
ten, vielmehr können sie digitale Daten über die weltweiten Kommunikationsnetze von
jedem Ort aus und zu jeder Zeit über die Plattform austauschen. Ferner gehen die
34 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Markttransparenz: Aufgrund der vielen Akteure auf der Anbieter- und Nachfrager-
seite und dem daraus resultierenden unübersichtlichen Gesamtmarkt ist es für den
Einzelnen nicht oder nur unter sehr hohen (Opportunitäts-)Kosten möglich, sich eine
Marktübersicht zu verschaffen. Dies unterminiert einen effektiven Preiswettbewerb
unter konkurrierenden Anbietern, was die Nachfrager dazu zwingt, Transaktionen auf
einem hohen Preisniveau zu tätigen.
len, dass er den bestmöglichen Preis erhält. Im Ergebnis kann kein idealer Transakti-
onspartner gefunden werden und es kommt entweder zu gar keinem Leistungsaus-
tausch oder es müssen weniger bedarfsgerechte Objekte gekauft werden.
Horizontale Marktplätze konzentrieren sich dagegen nicht auf die Bedürfnisse einer
bestimmten Nutzergruppe bzw. Branche, sondern auf bestimmte Produktgruppen
(z. B. Büromaterial oder Computerhardware) oder bestimmte Funktionen und Pro-
zesse, denen in bestimmten Branchen ein hoher Stellenwert zukommt (z. B. Beschaf-
fungswesen). Alle Funktionen auf dem horizontalen E-Marketplace sind hier voll auf
die Vermittlung dieser Objekte bzw. auf den spezifischen Prozess zugeschnitten, so-
dass eine eher branchenübergreifende Zusammenführung von Angebot und Nach-
frage erfolgt. Horizontale Marktplätze richten sich dabei auf eine bestimmte Stufe in
der Wertschöpfungskette (Kaufakt) aus, an der aber möglichst viele Mitglieder aus
unterschiedlichen Branchen teilnehmen sollen (Kollmann 2000a). Damit geht die
elektronische Serviceleistung eher in die Breite. Folglich handelt es sich bei den Teil-
nehmern auf horizontalen Marktplätzen um einen offenen Nutzerkreis, wenngleich
für die Anbieter und Nachfrager zumeist aber eine Registrierung obligatorisch ist (Si-
mon 2000, S. 26).
36 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Der Betrieb eines elektronischen Marktplatzes muss nicht zwangsläufig durch einen
neutralen Intermediär erfolgen. Auch einzelne Objekt-Anbieter und/oder Nachfrager kön-
nen durchaus ein originäres Interesse daran haben, eigene elektronische Marktplätze zu
etablieren bzw. den E-Marketplace eines Intermediärs an sich zu binden. Für jede der drei
Marktparteien bestehen spezifische Anreize zur Investition in Marktplätze. Auf der An-
bieterseite besteht die Aussicht auf eine Gewinnerhöhung, auf der Nachfragerseite zur
Nutzenmaximierung und auf der Seite des Intermediärs zur Gewinnerzielung. Ähnlich wie
bei den anderen Plattformen des E-Business lassen sich auch die Systemlösungen eines
E-Marketplace anhand der Frage differenzieren, wer die resultierenden Geschäftsprozesse
durch die Implementierung der Systemlösung ermöglicht. In Abhängigkeit von der Partei,
welche die Marktplatzlösung in ihrem System hält bzw. maßgeblichen Einfluss auf das
Marktplatzgeschehen ausübt, können zwischen den beiden Extrema „E-Shop“ und
„E-Procurement“ insgesamt drei Grundmodelle bzw. Ausprägungen von internetbasier-
ten E-Marketplace-Lösungen unterschieden werden, auf die im Folgenden jeweils detail-
liert eingegangen werden soll.
Bei einem Anbieter-Modell versucht ein bzw. versuchen wenige Anbieter einen E-Mar-
ketplace zu betreiben. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Abbau von Informations-
asymmetrien und die Verringerung der Suchkosten zwei zentrale Motive für die Partizi-
pation von Nachfragern an einem E-Marketplace sind. Die daraus resultierende Anbieter-
und Produktpreistransparenz vergrößert den Kostendruck auf die Anbieter und ist somit
unvorteilhaft für die Anbieterseite. Die Anbieter werden folglich tendenziell versuchen,
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 37
die Form und Ausrichtung des E-Marketplace zu ihren Gunsten zu beeinflussen und an-
stelle von E-Marketplaces mit überwiegender Preisvergleichsfunktion informationsori-
entierte E-Marketplaces zu gestalten (Bakos 1991, S. 302). Dabei soll insbesondere die
Produktdifferenzierung in den Mittelpunkt gestellt werden. Durch die Etablierung eigener
E-Marketplaces, die diesem Anbieter-Modell folgen, soll letztendlich auch die Entstehung
neutraler oder nachfragerseitiger Marketplaces verhindert resp. ein Gegengewicht zu be-
reits bestehenden E-Marketplaces geschaffen werden. Über die passive, strategieindu-
zierte Argumentation hinaus, werden die Anbieter darauf zielen, einen Teil des messbaren
Mehrwerts als Betreiberrendite abzuschöpfen (Bakos 1997, S. 1686 f.). Zu diesem Zwecke
schließen sich Anbieter zusammen und betreiben gemeinsam einen Marktplatz. Der Be-
treibergewinn für die einzelnen Anbieter ist dabei abhängig von der Gruppengröße. Je
mehr Anbieter sich zusammenschließen, desto geringer fällt der Individualgewinn aus. So
entstehen Anreize zur Gestaltung eines individuellen E-Marketplace. Dieses Extremum
eines geschlossenen, individuellen E-Marketplaces kann ebenfalls als E-Shop-Lösung be-
zeichnet werden. Als Beispiel für ein Anbieter-Modell kann der Online-Reiseservice
opodo.de genannt werden. Das Unternehmen stellt im Internet ein breites Spektrum an
Reiseleistungen zur Verfügung (s. Abb. 20). Anteilseigner von opodo.de sind die Vermö-
gensgesellschaft AXA Private Equity und die Beteiligungsgesellschaft Permira Funds so-
wie neun der führenden europäischen Fluggesellschaften (Lufthansa, Aer Lingus, Air
France, Alitalia, Austrian Airlines, British Airways, Finnair, Iberia und KLM).
Bei einem Nachfrager-Modell versucht ein bzw. versuchen wenige Nachfrager einen
E-Marketplace zu betreiben. Nachfragerseitige Marktplätze entstehen in der Regel aus
ähnlichen Motiven wie anbieterseitige Marktplätze. Die Marktplatzpartei versucht durch
die größtmögliche Einflussnahme auf das Handelsgeschehen einen in der Regel geldlichen
Vorteil zu erzielen. Die Nachfrager werden folglich tendenziell versuchen, die Form und
Ausrichtung des E-Marketplace zu ihren Gunsten zu beeinflussen und tendenziell preis-
orientierte E-Marketplaces zu konstruieren. Die Nachfrager verfolgen durch die Etab-
lierung eigener Marktplatzlösungen nach dem Nachfrager-Modell das Ziel, den Nutzen zu
maximieren und parallel die Kosten zu senken (Bakos 1997). Dabei adressieren sie im
Wesentlichen zwei Problembereiche von Marktplätzen:
In der Regel ist es für die Nachfrager schwieriger, geeignete Anbieter auf sich und ihren
Transaktionswunsch aufmerksam zu machen als umgekehrt. Jedoch hat sich in vielen Be-
reichen ein Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten vollzogen, sodass die Nachfrager
stark konzentriert sind oder über eine hohe Marktmacht verfügen (Weller 2000, S. 8 f.).
Der Zusammenschluss zu sog. Nachfragerkonsortien zielt auf eine weitere Erhöhung der
Nachfragermacht. Ein mögliches Beispiel für nachfragerseitige Marktsysteme ist die
Nachfragebündelung, bei der sehr viele Nachfrager das gleiche Objekt erwerben möch-
ten und über ein gemeinsam abgegebenes Gesuch aufgrund der dem Anbieter in Aussicht
gestellten hohen Absatzmenge einen reduzierten Preis erhalten. Die Extremform der nach-
fragerseitigen Marktplatzlösungen ist der private, geschlossene Nachfragermarktplatz, bei
dem in der Regel ein einzelnes Unternehmen seinen Einkauf mit mehreren (potenziellen)
Lieferanten elektronisch und ggf. automatisiert durchführt. Diese Lösungen werden eben-
falls als E-Procurement-Systeme bezeichnet.
Als Beispiel für ein Nachfrager-Modell kann pharmaplace.de (s. Abb. 21) genannt wer-
den. Aus der Reaktion auf steigende Kosten und immer komplexere Versorgungsketten
wurde im Jahr 2000 von neun Pharmaunternehmen unter Beteiligung des Bundesverbands
der Pharmazeutischen Industrie der nachfragerseitige Marktplatz als eine nutzenorientierte
Einkaufsplattform „aus der Branche für die Branche“ gegründet. Die Kombination eines
Kooperations- und Marktplatzbereiches ermöglicht den Kunden klare Preisvorteile, eine
Entlastung des Einkaufs und einen Know-how-Ausbau.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 39
Bei Marktplätzen mit einem aktiven zentralen Betreiber greift ein Organisator oder
Broker aktiv in das Marktgeschehen ein. Er sammelt Angebote und Gesuche in seiner
Datenbank und ordnet diese nach einem bestimmten Koordinationsmechanismus
(sog. Matching) zu (Kollmann/Krell 2011b). Diese aktive Vermittlungsleistung zwi-
schen Angebot und Nachfrage wird als unternehmerisches Produkt am Markt (dem
Internet) offeriert. Als Beispiele für Marktplätze mit einem aktiven zentralen Betrei-
ber können Online-Auktionen (z. B. my-hammer.de) oder elektronische Objektbörsen
(z. B. immobilienscout24.de) angeführt werden, bei denen Vermittlungsleistungen in
Hinblick auf einen ganz bestimmten Gegenstand angeboten werden. Die Vermitt-
lungsaufgabe des Marktplatzbetreibers besteht hier in der konkreten Koordination
von Angebot und Nachfrage (Choi/Stahl/Whinston 1997).
Um den Marktteilnehmern also mehr als nur einen Überblick bieten zu können, muss ein
aktiver Marktplatzbetreiber im Makler-Modell eine Neutralität und Unabhängigkeit für
die konkrete Vermittlung von Angebot und Nachfrage signalisieren. Die Möglichkeiten
der Informationstechnik erlauben es dem Betreiber des E-Marketplace über die Bereitstel-
lung von Handelsraum hinaus, die Rolle einer aktiven Marktleitung zu übernehmen. Die
elektronisch vorhandenen Transaktionsinformationen machen den gesamten Marktplatz
für den Betreiber übergreifend transparent und vor allem steuerbar.
40 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Der Marktplatzbetreiber verfolgt dabei ein individuelles Gewinnziel. Er schöpft dazu den
für die Anbieter und Nachfrager generierten Mehrwert über diverse Einnahmemodelle ab.
Wenngleich dies den Interessen der Anbieter- und Nachfragerseite prinzipiell entgegen-
gerichtet ist, wertschätzen und entlohnen diese Marktparteien den Marktplatzbetreiber für
den neu geschaffenen Absatz- und Vertriebskanal (Anbieterseite) sowie für die geschaf-
fene Markttransparenz (Nachfragerseite). Der Nutzen bzw. der Mehrwert, den der
Marktplatzbetreiber erzeugt, steigt dabei mit der Anzahl der zu koordinierenden Angebote
und Nachfrager, da der Marktplatzbetreiber als Intermediär einen Datenbankabgleich über
alle Offerten und Gesuche auf dem E-Marketplace gleichzeitig durchführen kann.
Als Spezialist für die Koordination/Vermittlung von Transaktionen kann der unabhängige
Marktplatzbetreiber die Intermediationsfunktion zum Teil erheblich besser als anbie-
tende oder nachfragende Marktteilnehmer erfüllen. Durch die neutrale Positionierung zwi-
schen Anbieter- und Nachfragerseite kann der Marktplatzbetreiber neben der unabhängi-
gen semantischen und qualitativen Prüfung der Informationen die Angebote und Nachfra-
gen glaubhaft objektiv strukturieren und kommentieren. Diese Funktionen können von
anbietenden Marktteilnehmern nicht selbst erfüllt werden, da ihnen einerseits die benötig-
ten Informationen von ihren Konkurrenten nicht zur Verfügung stehen und ihnen anderer-
seits die Objektivität beim Produktvergleich abzusprechen ist. Die vollständigen Informa-
tionen über den Markt, die Teilnehmer, die Offerten und Gesuche und deren neutrale Ver-
arbeitung und Nutzung sind Kernanforderungen an vermittlerseitige E-Marketplaces. Die
Glaubwürdigkeit des Marktplatzbetreibers ist somit ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor für
den E-Marketplace.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 41
Handys) an sie zu verkaufen, statt die oftmals für andere Menschen noch wertvollen Pro-
dukte verstauben zu lassen oder diese zu entsorgen. Auf der anderen Marktseite bieten sie
interessierten Kunden an, diese Gebrauchtwaren im Vergleich zu ggf. gleichwertigen Neu-
waren relativ günstig zu erwerben. Ein Beispiel ist die Plattform rebuy.de (s. Abb. 23),
die sich nach eigenen Angaben bereits seit 2007 mit der Thematik beschäftigt. Neben der
bereits beschriebenen Funktionalität bietet rebuy.de in Übereinstimmung mit einer anzu-
nehmenden Nachhaltigkeitsorientierung seinen Kunden die Möglichkeit, einen Teil oder
den Gesamtbetrag eines Verkaufserlöses im Rahmen eines Partnerprogramms zu spenden.
Zu den Partnern gehören bspw. die Aktion „Deutschland hilft“, die SOS Kinderdörfer oder
World Vision.
Abb. 24: Das mobile Matching beim E-Marketplace am Beispiel des Apple App Store
Quelle: https://www.apple.de
Basierend auf dem Mobile-Matching ist eine Tendenz hin zu mobilen Marktplätzen zu
beobachten. Mit dem App Store von Apple soll ein Beispiel angeführt werden, das in erster
Linie für mobile Endgeräte konzipiert wurde. Dort können User Applikationen für das
iPhone kostenlos herunterladen bzw. kostenpflichtig erwerben sowie selbst entwickelte
mobile Applikationen frei oder zum Kauf anbieten (s. Abb. 24). Auch hier führt somit ein
Matching zwischen Angebots- und Nachfragekonditionen zu einer Transaktion. Einen
ähnlichen Service bietet Microsoft mit dem Windows Store Marketplace und Google mit
seinem Android Market an. Und auch das soziale Netzwerk facebook.com ist mit seinem
App-Zentrum dabei, dieses spannende und lukrative Feld zu besetzen. Zusätzlich erweitern
sich die stationären, internetbasierten E-Marketplaces tendenziell zu mobilen Marktplät-
zen. Eine weitverbreitete mobile E-Marketplace-Anwendung ist die kostenlose Applika-
tion von ebay.com, die Nutzern sowohl den mobilen Kauf als auch den mobilen Verkauf
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 43
von Artikeln ortsunabhängig ermöglicht. Zusätzlich kann der Nutzer nach Angeboten su-
chen, Nachrichten an Verkäufer schicken und es werden ihm bald endende Angebote per
Push-Funktion mitgeteilt.
Zusammenfassend kann hinsichtlich einer Definition des Web 1.0 festgehalten werden
(Kollmann 2019c, S. 68):
Kontaktabsicht
Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Kontaktprofileingabe Unternehmen
Kontaktpartnersuche/ -vermittlung
Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Unternehmen
Informationsaustausch
Kontaktnetzwerkpflege
Nachfolgend werden die Plattformen E-Community und E-Company als Systeme im Web
2.0 thematisiert (Kollmann 2019c, S. 37 ff.).
E-Community-Systeme
Die E-Community steht als Begriff für die organisierte Kommunikation innerhalb eines
elektronischen Kontaktnetzwerkes und damit für die Bereitstellung einer technischen
Plattform für die Zusammenkunft einer Gruppe von Individuen, die in einer bestimmten
Beziehung zueinander stehen bzw. zueinander stehen wollen (Kollmann 2019a, S. 671 ff.).
Diese Beziehung kann thematisch durch die Kommunikationsinhalte, aber auch über den
sozialen oder beruflichen Status der Community-Teilnehmer bestimmt werden. Im Mit-
telpunkt steht dabei jedoch immer die soziale Interaktion und damit der Austausch selbst
geschaffener entweder inhaltlich oder personenbezogener Informationen (sog. User-ge-
nerated Content). Neben technischen und extrinsischen Faktoren, die die Schaffung von
User-generated Content begünstigen, kann diese jedoch in bestimmten Fällen (z. B. bei
der politischen Partizipation) auch von der intrinsischen Motivation eines Individuums
abhängen (Kollmann/Kayser/Stöckmann 2013). Entsprechend weisen die Individuen ge-
meinsame Bindungen in Hinblick auf Interessen, Ziele oder Aktivitäten auf und besuchen
vor diesem Hintergrund zumindest zeitweise einen gemeinsamen Ort (Mühlenbeck/Skibi-
cki 2008, S. 17).
Im Fall der E-Community stellt dieser gemeinsame Ort eine elektronische Plattform, ins-
besondere im Internet, aber verstärkt auch im Mobilfunk-Bereich dar, über die die Indivi-
duen über einen längeren Zeitraum und wechselseitig miteinander kommunizieren (Tietz
2007, S. 20). Diese Kommunikation ist dabei insbesondere geprägt von dem asynchronen
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 45
Abb. 26: Das Board-Modell bei der E-Community am Beispiel von phpBB
Quelle: https://www.phpbb.com
Abb. 27: Das Weblog-Modell bei der E-Community am Beispiel von WordPress
Quelle: https://www.wordpress.org
Die in der Regel asynchron kommunizierten Inhalte werden in diesem Fall von der Platt-
form aufgezeichnet und können vom Nutzer verwaltet werden. E-Community-Lösungen
fallen in diese zweite Kategorie von Social Software. Diese zeichnen sich durch die
Grundprinzipien aus, dass die Nutzer so einfach wie möglich Inhalte veröffentlichen
bzw. editieren können, einfach strukturierende Metadaten (z. B. Schlagwörter) beitragen
können, einfach zusätzliche Inhalte und Metadaten durch Annotationen und Verlinkungen
bereitstellen können, durch Abonnements einfach auf neue Inhalte aufmerksam gemacht
werden können, von anderen Nutzern beigetragene Inhalte über deren Schlagwörter leicht
auffinden können und dabei mit modularen, dienstorientierten und datenzentrierten Sys-
temlösungen interagieren (Koch/Richter 2009, S. 14). Viele der bislang verfügbaren Lö-
sungsansätze, die zum Aufbau einer E-Community genutzt werden können, sind im Kon-
text des Web 2.0 entstanden. Allgemein lassen sie sich in sechs Modelltypen unterteilen,
die im Folgenden jeweils vorgestellt werden sollen. Dabei ist allgemein davon auszuge-
hen, dass die Anzahl der am Markt vorhandenen standardisierten Systemlösungen zur Re-
alisierung von Community-Funktionalitäten in Zukunft zunehmen wird (Mühlenbeck/Ski-
bicki 2008, S. 148 ff.).
Den ältesten Ansatz zur Realisierung eines Informationsaustausches zwischen Commu-
nity-Mitgliedern spiegelt das Board-Modell wider. Das Board-Modell erlaubt die techni-
sche Umsetzung eines einfachen Diskussionsforums. Innerhalb des Forums können die
Mitglieder bzw. Nutzer sog. Postings veröffentlichen, die von anderen Nutzern gelesen
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 47
und beantwortet werden. Mehrere Beiträge zum selben Thema werden zusammenfassend
als Thread (Faden) oder Topic (Thema) bezeichnet (Bächle 2006, S. 122). Abonniert ein
Mitglied einen solchen Thread, kann es sich bspw. per E-Mail benachrichtigen lassen,
wenn neue Beiträge vorliegen. Nach der Strukturierung der Beiträge lassen sich zwei Fo-
ren-Typen unterscheiden (Koch/Richter 2009, S. 33 f.):
Beim Web-Forum werden die Beziehungen zwischen den Beiträgen eines Themas
in Form einer hierarchischen Baumstruktur dargestellt, damit der Nutzer erkennen
kann, welche Beiträge als Antwort auf einen anderen Beitrag erstellt wurden.
Beim Bulletin Board werden alle Postings auf einer Seite vereint. Das Thema wird
auf eine Folgeseite umgebrochen, wenn die Anzahl der Beiträge eine festgelegte An-
zahl überschreitet.
Im Web existieren professionelle Foren-Lösungen wie phpbb.com (s. Abb. 26). Der Ad-
ministrator hat über eine entsprechende Back End-Oberfläche die Möglichkeit, im Forum
neue Themen anzulegen sowie Gruppen und Berechtigungen zu verwalten. Dabei können
offene und geschlossene Themen definiert werden. Grundsätzlich ist es möglich, vorhan-
dene Foren-Lösungen als Basis oder Bestandteil zur Realisierung von Community-Platt-
formen einzusetzen, deren Funktionalität über den einfachen Funktionsumfang des Board-
Modells hinausgeht. Aus Entwicklersicht gilt es dabei zu beachten, dass sämtliche Com-
munity-Komponenten – so z. B. die Nutzerverwaltung – fest in die Lösung integriert sind
(Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 158).
Der Begriff Weblog ist allgemein als eine Abkürzung für die Wortschöpfung aus „Web“
(Netz) und „Log“ (Tagebuch) zu verstehen. Das zugehörige Weblog-Modell bezeichnet
eine Webseite, die von einem Autor regelmäßig mit Beiträgen zu unterschiedlichen The-
men gespeist wird, wobei der aktuellste Beitrag zumeist an erster Stelle steht (Mikloweit
2007, S. 57). Die sog. Weblogs sind dabei relativ häufige und chronologisch angeordnete
Veröffentlichungen persönlicher Gedanken, die mit Links zu anderen Webseiten angerei-
chert sind (Lovink 2006, S. 95). Nach Ansicht vieler Autoren wurde der Begriff des
Weblogs erstmals 1997 für Webseiten verwendet, die genau diese Charakteristika aufwie-
sen (Möller 2006). Nachfolgend sprach sich ein Weblog-Autor dafür aus, Weblog kurz
Blog auszusprechen. Ein Blog ist eine Art öffentliches Notizbuch, mit dem der die Blog-
Einträge verfassende Blogger je nach Interessenlage und Zielsetzung informieren, externe
Informationen sammeln, verlinken, selektieren und kritisch kommentieren kann (Die-
mand/Mangold/Weibel 2006, S. 8). Neue Anwendungen ermöglichen zudem auch dem
Leser, die bereitgestellten Beiträge zu kommentieren und so Diskussionen zwischen Au-
tor und anderen Kommentatoren zu initiieren. Die Leser werden auf diese Weise aktive
Mitproduzenten von Inhalten und werden in den Diskussionsprozess einbezogen (Stauss
2008, S. 254). Aus soziologischer Sicht unterstützen Blogs daher den Aufbau und die
Pflege von sozialen Netzwerken. Dabei verstärken sie den allgemeinen Trend des relativen
Bedeutungsverlustes räumlich begrenzter und eng verbundener Gemeinschaften zuguns-
ten von eher locker verbundenen und geografisch zerstreuten Netzwerken (Schmidt 2006;
Wellman 1999).
48 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Abb. 28: Das Wiki-Modell bei der E-Community am Beispiel von MediaWiki
Quelle: https://www.mediawiki.org
Ähnlich wie beim Board-Modell existieren auch für Weblogs verschiedene Systemlösun-
gen, die zum Teil kostenlos einsetzbar sind. Ein Beispiel für eine derartige Lösung stellt
wordpress.org dar (s. Abb. 27). Die Software ist Open Source und legt besonderen Wert
auf Webstandards, Eleganz, Benutzerfreundlichkeit und die leichte Anpassbarkeit (Koch/
Richter 2009, S. 32). Wie viele andere Weblog-Lösungen bietet auch wordpress.org zu-
nächst einen Administrationsbereich, in dem bspw. das Erscheinungsbild des Weblogs
konfiguriert wird sowie eigene Beiträge und Kommentare verwaltet werden. Neben grund-
legenden Funktionen zum Schreiben von Beiträgen bieten Weblogs weitere Funktionen
wie z. B. die automatische Veröffentlichung von Beiträgen in chronologisch umgekehrter
Reihenfolge. Archivierte Beiträge können mit einem Kalender verlinkt werden (Al-
par/Blaschke/Keßler 2007, S. 15 f.). Die Software bietet darüber hinaus verschiedene Zu-
satzmodule (z. B. für Galerie-, Umfrage- und Statistikfunktionen). Andere Erweiterungen
sind die Kategorisierung von Beiträgen mit Hilfe von eTagging-Ansätzen und der als
Anti-Spam bezeichnete Schutz vor unerwünschten Kommentaren. Hilfreich ist zudem die
automatische Benachrichtigung von Suchmaschinen über Änderungen im Weblog mit ei-
nem sog. Pingback (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 18). Wird eine Weblog-Lösung als
Bestandteil in eine eigens entwickelte Community-Lösung integriert, muss eine entspre-
chende Online-Contentschnittstelle in der Regel zunächst geschaffen werden. Zu beachten
ist hierbei, dass die Blog-Funktionalität zielgerichtet in die Hintergrundgeschichte der
Community integriert wird (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 159 f.) und Aspekten wie inte-
grierter Nutzerverwaltung und visueller Gestaltung des Weblogs die nötige Aufmerksam-
keit gewidmet wird.
Anders als beim Weblog-Modell, welches der subjektiven Meinungsäußerung einzelner
Nutzer dienen soll, hat das Wiki-Modell das Ziel, das Wissen mehrerer Nutzer zu be-
stimmten Themen zu konsolidieren (Koch/Richter 2009, S. 37 f.). Dazu erstellen und be-
arbeiten die Nutzer gemeinsam eine Menge von Webseiten. Wikis verkörpern somit das,
was der ursprüngliche Gedanke des WWW-Begründers Berners-Lee (1999) war, nämlich
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 49
Informationen online zur Verfügung zu stellen und für jedermann bearbeitbar zu machen.
Wikis bezeichnen allgemein im Internet verfügbare, auf Hypertexten basierende Daten-
sammlungen zu verschiedensten Themen, die von Webnutzern nicht nur gelesen, sondern
auch online verändert werden können (Mikloweit 2007, S. 57). Heute existieren über 100
verschiedene Programme zum Betrieb eines Wikis (Mikloweit 2007, S. 57). Während viele
Groupware- und Content Management-Lösungen die Funktionalität zum Einrichten eines
Wikis mit sich bringen (Koch/Richter 2009, S. 41 f.), existiert auch spezielle Software, die
die Wiki-Funktionalität unterstützt. Neben kommerziellen Systemlösungen existiert mit
mediawiki.org eine frei erhältliche PHP-/MySQL-basierte Lösung, mit der unter anderem
auch wikipedia.de betrieben wird (s. Abb. 28). Neben dem Standard der Volltext- bzw.
Titelsuche und der bereits zuvor erwähnten Bearbeitungsfunktion weisen die meisten Wi-
kis weitere spezifische Merkmale auf. So gibt die Recent-Changes-Funktion einen aktu-
ellen Überblick über alle zuletzt gemachten Änderungen im Wiki, mitsamt Uhrzeit und
Autor. Dieser Überblick wird automatisch aktualisiert und kann nicht von den Nutzern
beeinflusst werden. Zudem kann sich der Webnutzer die Historie von Änderungen einer
Seite oder eines Artikels (je nach Speicherplatz des Wikibetreibers) oft bis zur ersten Ver-
sion anzeigen lassen. Eine Erweiterung dieses Prinzips stellt die Diff-Funktion dar, wel-
che die Veränderung zwischen zwei ausgewählten Revisionen wiedergibt. Durch diese
Funktionen lassen sich Manipulationen oder Beschädigungen an Seiten schnell durch die
Gemeinschaft des jeweiligen Wikis aufdecken bzw. reparieren (Mikloweit 2007, S. 59 f.).
Ein wichtiger Bestandteil eines Wikis ist in diesem Sinne die Rollback-Funktion, welche
mit Hilfe der Versionshistorie Änderungen an einer Seite rückgängig machen kann (Al-
par/Blaschke/Keßler 2007, S. 73).
Abb. 29: Das Mashup-Modell bei der E-Community am Beispiel von yelp
Quelle: https://www.yelp.de
50 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Das Wiki-Prinzip der internen Verlinkung beschreibt die Möglichkeit, dass alle Artikel
bzw. Seiten auf die Titel anderer Seiten verweisen können. Um eine neue Seite anzulegen,
muss man diese erst auf einer bereits existierenden eintragen, wodurch gewährleistet ist,
dass alle Seiten des Wikis untereinander vernetzt sind. Wie diese Links gestaltet sind, um
sich vom übrigen Text hervorzuheben, unterscheidet sich oft von Wiki zu Wiki. Weit ver-
breitet ist hierbei die sog. CamelCase-Syntax, bei der Wörter mit Großbuchstaben verse-
hen und ohne Zwischenraum aneinandergereiht werden. Kritiker bemängeln, dass durch
diese Links angereicherte Texte sehr unleserlich werden. Demnach ist es nicht verwun-
derlich, dass wikipedia.de auf diese Art der Verlinkung verzichtet und Links wie viele
andere Wikis durch eine farbliche Kennzeichnung hervorhebt. So verweisen blaue Links
zu bereits existierenden Seiten bzw. Artikeln und rote Links zeigen an, wenn hierzu noch
keine Seite vorhanden ist. Verfassten Autoren auf den ursprünglichen Wiki-Plattformen
ihre Artikel noch anonym, so etabliert sich in der Praxis mehr und mehr, sich bei der Er-
stellung bzw. Bearbeitung von Artikeln namentlich zu erkennen zu geben. Um dies zu
gewährleisten und die internen Bereiche zu sichern, wird oftmals eine Nutzerverwaltung
angeboten (Mikloweit 2007, S. 60).
Ein Typ, welcher der besonderen Anforderung der Online-Contentschnittstellen gerecht
wird, ist das sog. Mashup-Modell. Der Begriff Mashup kommt ursprünglich aus der Mu-
sik und bezeichnet dort Remixe, die aus zwei oder mehreren Titeln zusammen gemischt
wurden. Im Rahmen des E-Community-Ansatzes im Web 2.0 wurde dieser Begriff über-
nommen und verwendet, um einen neuen Trend zu beschreiben und mit einem Schlagwort
zu versehen. Das Ziel von Mashups ist es, durch die Verwendung bestehender Inhalte und
Anwendungen den Aufwand für die Erstellung neuer Angebote zu mindern. Im allgemei-
nen Verständnis sind Mashups Anwendungen, die über offene Online-Contentschnittstel-
len zugängliche Inhalte oder Dienste miteinander verknüpfen und als neues Angebot be-
reitstellen (Hommen 2007, S. 104). Durch die Wiederverwendung bestehender Funktio-
nalitäten können kostengünstig und schnell neue Anwendungen geschaffen werden. Dabei
fällt zum einen kein Entwicklungsaufwand zum Erstellen der Funktionen an. Zum anderen
geht auch die eigentliche Implementierung des Mashups aufgrund oftmals sehr gut doku-
mentierter Schnittstellen schnell vonstatten, sodass die Implementierungskosten in der Re-
gel gering ausfallen. Alle übrigen Kosten können im Voraus mit Hilfe eventueller Lizen-
zierungsmodelle der Schnittstellenanbieter bestimmt und somit besser gesteuert werden
(Hommen 2007, S. 118). Ein Beispiel für das Mashup-Modell ist yelp.de, wobei hier die
besten Restaurants, Bars, Einkaufszentren oder auch Sehenswürdigkeiten in ausgewählten
Gegenden gesucht werden können. Der Community-Gedanke wird dabei über den Service
von Empfehlungen anderer Nutzer im Netzwerk gebildet. Für das zugehörige Kartenma-
terial greift yelp.de auf Kartenmaterial von Google zurück, um den Nutzern auch grafisch
anzuzeigen, wo sich die Lokalität befindet (s. Abb. 29).
Der Aufbau und die Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen bezeichnet man all-
gemein als Social-Networking-Modell. Systemlösungen, die diesem Social Networking
folgen, haben daher das Ziel, die Gesamtmenge aller Nutzer einer E-Community zu be-
trachten und zwischen diesen softwaregestützt ein möglichst enges Netz von Beziehungen
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 51
zu knüpfen. Dabei soll aufbauend auf einer größtmöglichen Menge an Nutzern und Be-
ziehungen ein möglichst breiter Austausch der Community-Mitglieder erzielt werden
(Koch/Richter 2009, S. 53 ff.). Social-Networking-Plattformen verfügen vor diesem Hin-
tergrund in der Regel über die drei folgenden Grundfunktionen (Koch/Richter/Schlosser
2007, S. 450):
Visualisierung: Das persönliche Netzwerk sowie die darin enthaltenen Kontakte wer-
den mit Hilfe von Graphen, Verbindungen und Profilen angezeigt. Optional möglich
ist eine Funktionalität, die die Kontakte der Kontakte anzeigt. Auf diese Weise lässt
sich feststellen, über wie viele Zwischenkontakte ein Mitglied mit einem anderen Mit-
glied vernetzt ist.
Abb. 30: Das Social-Networking-Modell bei der E-Community am Beispiel von Xing
Quelle: https://www.xing.com/profile/tobias_kollmann
betrachtet werden kann, lässt sich auf die Bedürfnisse des Nutzers anpassen. Konfigurier-
bare Elemente sind dabei u. a. eine Übersicht über neue Mitglieder, eigene und öffentliche
Termine, Geburtstage der eigenen Kontakte und Neuigkeiten aus den Profilen der eigenen
Kontakte (Lamprecht 2007, S. 131 ff.).
Ein weiterer Ansatz zur Realisierung des Informationsaustausches zwischen Nutzern elek-
tronischer Kontaktnetzwerke ist das Geotagging-Modell. Beim Geotagging werden Sub-
jekte oder Objekte, also z. B. Personen, Fotos oder Videos mit geografischen Standortin-
formationen, also Längen- und Breitengraden versehen (Ebersbach/Glaser/Heigl 2011,
S. 148 f.). Der eigentliche Mehrwert dieses Modells entsteht aber erst, wenn diese geogra-
fischen Informationen auf einer Landkarte angezeigt werden oder mit den Koordinaten
bekannter Standorte in Verbindung gebracht werden (Ebersbach/Glaser/Heigl 2011,
S. 148 f.). Google Maps stellt bspw. eine Schnittstelle zur Verfügung, mittels derer andere
Dienste auf verschiedene Funktionen zugreifen können, um geografische Standortdaten
zu visualisieren. Ein Beispiel für diese besondere Form des Mashups, nämlich basierend
auf Geotagging, ist die aus den USA stammende mobile Community und Applikation
foursquare.com (s. Abb. 31).
Abb. 31: Das Geotagging-Modell bei der E-Community am Beispiel von Foursquare
Quelle: https://www.foursquare.com
54 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Abb. 32: Das Social Shopping bei der E-Community am Beispiel von Facebook
Quelle: https://www.facebook.com
Eine jüngere Entwicklung bei der E-Community ist das Social Shopping (Kollmann/Krell
2011a, 2011b; Kollmann 2013a). Beim Social Shopping werden Elemente der Social-Net-
working-Community und die Möglichkeit, „social bookmarks“ einzubinden, mit Shop-
ping-Aspekten wie Produktbewertungen oder der „Schnäppchenjagd“ kombiniert. Ein
Beispiel für Social Shopping ist das Facebook Connect Social Shopping (s. Abb. 32). So-
bald die Anwendung installiert ist, können User vor der Detailseite des Produkts aus eine
Anfrage an ihre Facebook-Freunde stellen und so Freunde, Bekannte und Familie in die
Kaufentscheidung mit einbeziehen. Daneben werden zunehmend auch bekannte eSales-
Prozesse aus dem E-Shop-Bereich in eine E-Community eingewoben. Der Handelskon-
zern Otto bietet bspw. einen kompletten Facebook-Online-Shop im Rahmen seiner Fan-
page an. Unternehmen wie dealdoktor.de bieten ferner den Händlern über ihr Tool die
Möglichkeit für Group-Deals und Fan-Offers an, bei denen mehrere Mitglieder der E-
Community in einer Käufergruppe zusammengefasst werden.
Ebenfalls etabliert haben sich vor diesem Hintergrund community-orientierte Shopping
Clubs (wie z. B. brands4friends.de, vente-privee.com oder buyvip.com). Ein Shopping
Club wie bspw. vente-privee.com bietet zeitlich begrenzte Verkaufsaktionen an, welche
ausschließlich registrierten Nutzern der Plattform zugänglich sind. Das Konzept von
vente-privee.com zeigt, dass Schnäppchen-Anbieter von Bekleidung erfolgreich im Inter-
net sein können. Sie greifen dabei z. B. auf Kollektionen des Vorjahres oder Restbestände
von Markenherstellern zurück und können somit großzügige Rabatte von bis zu 70 % er-
möglichen. Ähnlich funktioniert das Unternehmen brands4friends.de, welches im Jahr
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 55
2007 in Berlin gegründet wurde und inzwischen auf über 200 Mitarbeiter angewachsen
ist. Nach eigenen Angaben auf seiner Webseite verfügt der Online-Shopping-Club über
ein „internationales Team, welches im Durchschnitt 35 Jahre alt ist und eng mit den Kol-
legen anderer eBay-Töchter zusammenarbeitet.“ Einen guten Überblick zu den Shopping-
Clubs in Deutschland bietet die Webseite shopping-club.com, die auch Vor- und Nachteile
auflistet. Neben dem zentralen Vorteil „Preis“, werden für diese Shopping-Form aber auch
die geringen Verfügbarkeiten von bestimmten Modellen, die mitunter langen Lieferzeiten
und die begrenzte Produktmenge als Nachteile angeführt.
Abb. 33: Die Brand Community bei der E-Community am Beispiel von 1-2-do.com
Quelle: https://www.1-2-do.com
E-Company-Systeme
Die E-Company steht allgemein als Begriff für die elektronische Kooperation zwischen
Unternehmen über digitale Netzwerke. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch von
einer gemeinschaftlichen „virtuellen Unternehmung“ bzw. von einem zusammenhän-
genden „virtuellen Unternehmen“ gesprochen (Kollmann 2019c, S. 37 ff.). Damit erfolgt
eine Integration von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien zur
Verknüpfung von einzelnen Unternehmensleistungen im Hinblick auf die Bildung eines
virtuellen Unternehmensverbundes mit einem zusammengesetzten Transaktionsangebot
in Form einer elektronischen Kooperation (Kollmann 2019a, S. 813 ff.). Diese Form der
mehr oder weniger losen gekoppelten elektronischen Kooperation ermöglicht es rechtlich
unabhängigen Unternehmen, eine Leistung auf der Basis eines gemeinsamen Geschäfts-
verständnisses zu erbringen und gegenüber Dritten quasi als ein einheitliches Unterneh-
men aufzutreten. Dabei stehen der Verzicht der „Institutionalisierung zentraler Manage-
mentfunktionen zur Gestaltung, Lenkung und Weiterentwicklung“ des virtuellen Unter-
nehmens und der Ersatz des „notwendigen Koordinations- und Abstimmungsbedarfs
durch geeignete Informations- und Kommunikationssysteme“ im Mittelpunkt (Mertens/
Griese/Ehrenberg 1998, S. 3).
Die Grundidee der elektronischen Kooperation ist also darin zu sehen, dass die Beziehung
und die kooperationsrelevanten Abläufe zwischen den teilnehmenden Unternehmen über
die mit Hilfe elektronischer Datennetzwerke verbundenen Computer (z. B. Internet) und
den damit einhergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Informationsaustau-
sches abgewickelt werden (s. Abb. 34). Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elek-
tronischer Informationstechnologien im Kooperationsbereich und damit bedeutende Kern-
treiber für die E-Company waren zahlreiche Herausforderungen in der realen Kooperati-
onsbildung, die mit Hilfe der elektronischen Informationsverarbeitung bewältigt werden
sollten. Zu diesen wesentlichen Herausforderungen gehören insbesondere folgende As-
pekte (Fleisch 2001, S. 17 ff.):
Käufermarkt: Der Wandel des Marktes von einem Verkäufermarkt zu einem Käu-
fermarkt zwingt viele Unternehmen, z. B. durch eine hohe Serviceorientierung oder
durch eine hohe Preis-Qualität-Relation ihrer Produkte, mehr auf die Kunden einzu-
gehen. Auslöser für diesen Wandel sind Produktivitätssteigerungen, neue Technolo-
gien und die Möglichkeit, Ressourcen weltweit austauschen zu können.
durch die Organisationseinheit selbst begrenzt werden. Als Ergebnis entsteht die Fä-
higkeit zur Vernetzung mit internen und externen Organisationseinheiten.
Kooperationsabsicht
Unternehmen Unternehmen
Kooperationspartnersuche
Kooperationspartnerauswahl
Unternehmen Unternehmen
Kooperationspartnerintegration
Kooperationsdurchführung
Unternehmen Unternehmen
Kooperationsauflösung
Eine Groupware beinhaltet keine bestimmte Anwendung, sondern beschreibt eine um-
fassende „Sammlung von Softwarewerkzeugen, die die Erfüllung unstrukturierter Aufga-
ben durch räumlich verteilte Arbeitsgruppen unterstützt“ (Müller 2003, S. 108). Speziell
den virtuellen Unternehmen helfen Groupware-Systeme, sich zeitlich und räumlich mit
verteilten Arbeitsgruppen abzustimmen und zu kommunizieren. Aus den beiden Dimen-
sionen Zeit und Raum ergeben sich vier Möglichkeiten der Zusammenarbeit: Am selben
Ort und zur selben Zeit, an unterschiedlichen Orten und zur selben Zeit, an unterschiedli-
chen Zeiten und am selben Ort sowie an unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen
58 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Orten. Passend zu der jeweiligen Situation der Zusammenarbeit, eignen sich nur be-
stimmte Groupware-Systeme zum Einsatz, sodass es umso ausschlaggebender ist, bei der
Zusammenstellung der Groupware-Systemkomponenten auf die optimalen Unterstüt-
zungsmöglichkeiten der aktuellen Form der Arbeitsgruppe zu achten.
Eine Auswahl der Werkzeuge (Tools), die neben der Überbrückung von zeitlichen und
örtlichen Gegebenheiten auch spezifische Funktionen erfüllen, wird nachstehend be-
schrieben (Müller 2003, S. 110 f.):
E-Mail: Die E-Mail-Systeme werden hinter dem Telefon am häufigsten als Group-
ware-Werkzeug ausgewählt. Erweiterte E-Mail-Systeme ergänzen die nativen Funk-
tionen der E-Mail um weitere und nützliche Gruppenfunktionen.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 59
Black Boards: Die Black Boards nutzen eine strukturierte Variante der E-Mail. Nut-
zer können Nachrichten an ein schwarzes Brett senden und dort für andere Nutzer,
mit entsprechenden Leserechten, veröffentlichen.
Abb. 35: Das Workflow-System bei der E-Company am Beispiel von Lotus
Quelle: https://www.ibm.com
Abb. 36: Die strategische Allianz bei der E-Company am Beispiel von Star Alliance
Quelle: https://www.staralliance.com
Als Beispiel für offene und standardisierte Systemarchitekturen, die zunehmend an Be-
deutung gewinnen, können Digitale Zwillinge angeführt werden. Digitale Zwillinge (sog.
Digital Twins) sind virtuelle Abbildungen von Objekten oder Prozessen aus der realen
Welt. Digitale Zwillinge können sowohl physische als auch immaterielle Objekte und Pro-
zesse abbilden, indem wichtige Informationen und Dienste über eine einheitliche Schnitt-
stelle zur Verfügung gestellt werden (Gesellschaft für Informatik 2017). Der Einsatz von
Digitalen Zwillingen kann so bspw. die nahezu nahtlose Verknüpfung und Planung von
Prozessen ermöglichen. Insbesondere im Rahmen von Kooperationen kann dies zu Effizi-
enzgewinnen, Fehlerminimierung sowie verkürzten Entwicklungs- und Produktionszeiten
führen.
Ein Executive Information System (EIS) oder auch Führungsinformationssystem um-
fasst alle Formen der Unterstützung durch die Informations- und Kommunikationssysteme
für Führungskräfte auf der Managementebene in den einzelnen Kooperationsunterneh-
men. Insbesondere bei einem großen Netzwerk innerhalb der E-Company verlagert sich
der Schwerpunkt in dem Aufgabenspektrum hin zur Koordination und Organisation der
Kooperationspartner. Diese Zentralisierung führt zur Vereinheitlichung von verbindlichen
Prinzipien und sollte auch dementsprechend in der Vereinbarungsphase erfolgen, damit
keine nachträglichen Anpassungen in der operativen Phase geleistet werden müssen und
die Kooperationspartner weiter flexibel agieren können. Insbesondere die Informations-
bereitstellung hat die Hauptaufgabe, wichtige Informationsfelder aus der gesamten Wert-
schöpfungskette bereitzustellen und damit alle benötigten Informationen für das Manage-
ment zusammenzutragen. Dazu gehören die Beschaffung, Auswertung und Präsentation
dieser Informationen. Als Grundlage dienen interne und externe Datenquellen, die nach
der Aufbereitung einen entsprechenden Überblick, z. B. über die verteilte Leistungserstel-
lung aller Kooperationspartner, geben sollen. Im Netzwerk wird ein gemeinsames Füh-
rungsinformationssystem genutzt, wobei die Daten zum Teil automatisiert erfasst und zum
62 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Teil nur vom Broker gepflegt werden. Ein Konverter übernimmt anschließend die Konver-
tierung der Daten (z. B. Kennzahlen) aus dem zentralen Führungsinformationssystem in
die entsprechenden Führungsinformationssysteme der jeweiligen Kooperationspartner
(Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 118 ff.).
Als Beispiel für ein entsprechendes Führungsinformationssystem, das zudem für virtuelle
Netzwerke mit mehr als fünf leistungsstarken Kooperationspartnern geeignet ist (Arnold
2003, S. 150), kann die Corporate Planning Suite von der Corporate Planning AG aufge-
führt werden. Diese basiert auf mehreren Modulen und bietet für die Unternehmenssteue-
rung eine Sammlung von Werkzeugen in den Bereichen des operativen bzw. strategischen
Controllings und im Bereich der Konsolidierung. Durch den modularisierten Aufbau kön-
nen sich die Kooperationspartner einzelne Module beliebig zusammenstellen und jederzeit
anpassen. Weiterhin erlaubt eine grafische Benutzerschnittstelle, die auch über das Inter-
net zugänglich ist, den Zugriff auf diese Module und damit auch die standortunabhängige
Analyse aller Geschäftsbereiche der einzelnen Unternehmen.
Jüngere Entwicklungen im Bereich der E-Company bildet die Kooperation in Form einer
(elektronischen) strategischen Allianz. Diese Kooperationsform benennt alle Kooperati-
onstätigkeiten in einem bindenden Vertrag. Insbesondere wird festgeschrieben, wie sich
die beteiligten Unternehmen durch die Allianz vom restlichen Wettbewerb ausschließen.
Das bedeutet auch, dass alle Kooperationspartner wirtschaftlich unabhängig am Markt
agieren und eigene Ziele verfolgen können (Bickhoff et al. 2003, S. 28 ff.). Ein Beispiel
für eine strategische Allianz bildet z. B. die Star Alliance (s. Abb. 36). Diese ist derzeit
die größte Luftfahrtallianz weltweit und das führende Netzwerk von Fluglinien mit insge-
samt 28 Partnern (u. a. United Airlines, Air Canada, Deutsche Lufthansa AG und Singa-
pore Airlines). Zwar erfüllt diese Allianz zum Großteil alle Merkmale eines virtuellen
Unternehmens (Bickhoff et al. 2003, S. 89 f.), jedoch versteht sie sich ausdrücklich als eine
strategische Allianz, da sie auf einem begrenzten Gebiet arbeitet und jeder Kooperations-
partner wirtschaftlich unabhängig bleibt. Als Beispiel für eine strategische Allianz kann
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 63
die Open Connectivity Foundation angeführt werden (s. Abb. 37). Diese stellt den Ver-
bund einer Vielzahl diverser, aber primär technologieorientierter Unternehmen dar, die
gemeinsam auf die Schaffung von einheitlichen Spezifikationsstandards und Richtlinien
für einheitliche Schnittstellen im Bereich des „Internet of Things“ (s. Kapitel 2.4) abzie-
len. Die Open Connectivity Foundation widmet sich den Verbrauchern, Unternehmen und
Branchen, indem die Interoperabilität von Geräten durch die Bereitstellung einer standar-
disierten Kommunikationsplattform, Überbrückungen von Spezifikationen, einer Open-
Source Implementierung sowie eines Zertifizierungsprogramms ermöglicht wird. Somit
wird die Kommunikation unabhängig vom Faktor, dem Betriebssystem, dem Dienstanbie-
ter, der Übertragungstechnik sowie dem Ökosystem. Alle teilnehmenden Kooperations-
partner versuchen mit ihren Kernkompetenzen und durch die kollektive Strategie ein Öko-
system aufzubauen, das auch auf eine verbesserte Wettbewerbsposition der E-Company
sowie der einzelnen Unternehmen abzielt. Zugleich können die Kooperationspartner wei-
terhin ihre individuellen Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien verfolgen.
Zusammenfassend kann hinsichtlich einer Definition des Web 2.0 festgehalten werden
(Kollmann 2019c, S. 88):
zers von einer ganzen Reihe von Kontextfaktoren abhängt. Damit die zukünftigen Platt-
formen in der Lage sind, Kontextinformationen und Webressourcen automatisiert mitei-
nander in Zusammenhang zu setzen, gilt es die im aktuellen Web verfügbaren, lediglich
auf einer syntaktischen Ebene modellierten Informationen durch Annotationstechniken
mit Metadaten zu ergänzen, die die Informationsinhalte zusätzlich auf einer semantischen
Ebene klassifizieren und beschreiben.
E-Procurement
E-Community
Plattformtyp E-Shop E-Desk
E-Company
E-Marketplace
Abb. 38: Vom Web 1.0 zum Web 2.0 zum Web 3.0
Quelle: in Anlehnung an Kollmann/Häsel 2007a, S. 246.
E-Request
Obwohl Web 2.0 und Semantisches Web langsam zusammenwachsen und damit potenzi-
elle Lösungsansätze zur Bewältigung der Informationsflut entstehen, wird es noch einige
Zeit dauern, bis die entsprechenden Technologien und darauf aufbauenden Geschäftsmo-
delle damit beginnen, das Web wirklich zu revolutionieren und erste Lichtungen in den
Informationsdschungel schlagen. Viele alltägliche Informationsprobleme der Nutzer blei-
ben zunächst also noch ungelöst. Trotz zunehmender Verbreitung von Tags und Metada-
ten werden dabei insbesondere offene Fragestellungen, so z. B. die Frage nach dem „op-
timal zu mir passenden Auto“, zunächst kaum von Softwaresystemen beantwortet werden
können. Allerdings möchte der Kunde nicht mehr lange und erfolglos auf verschiedenen
Plattformen nach dem passenden Objekt suchen, sondern hat das Bedürfnis eines persön-
lich auf ihn zugeschnittenen (M)E-Business-Angebots. Erste innovative Plattformen des
Web 3.0 werden sich diese offensichtliche Not der Nachfrager zur Tugend machen und
den Kunden mit seinem individuellen (Informations-)Bedürfnis in den Mittelpunkt des
eigenen Geschäftsmodells stellen. Damit ist nicht nur die reine Personalisierung bereits
bestehender Produkte und Dienstleistungen gemeint – denn diese erwartet der Kunde laut
verschiedener Studien ohnehin (Schenk 2007, S. 36). Gemeint sind hier vielmehr nach-
fragerorientierte Plattformen bzw. E-Request-Systeme, die die Nachfrage des Kunden
mit Hilfe intelligenter und benutzerfreundlicher (z. B. Ajax-basierter) Oberflächen erfas-
sen und/oder aus bereits gesammelten Informationen über den Kunden ableiten. Der je-
weiligen Nachfrage entsprechende Objekte werden dann weniger aus der Informationsflut
des Webs, sondern vielmehr durch menschliche Referenz aus einem übersichtlich struk-
turierten Pool von Partnerunternehmen generiert, die für die Vermittlungsleistung des
Plattformbetreibers eine Provision entrichten.
Ein Beispiel eines nachfrageorientierten E-Request-Systems ist blauarbeit.de (s. Abb. 39).
Bei diesem Unternehmen handelt es sich um eine Plattform, auf der Suchanfragen von
Nutzern nach Handwerkern und Gärtnern online geschaltet werden können. Die Such-
wunsch-Erfassung ist hierbei völlig kostenfrei. Umsätze werden erst durch Provisionen,
die bei einem erfolgreichen Vertragsabschluss zu bezahlen sind, generiert. Im ersten
Schritt kann der Nutzer eine Kategorie wählen und seine Suchanfrage kurz beschreiben.
Danach können verschiedene Handwerks- und Gärtnerbetriebe Angebote abgeben, sodass
im nächsten Schritt der Nutzer zwischen den einzelnen Angeboten wählen und das pas-
sende aussuchen kann. Ein Angebot kann nur einmal abgegeben werden, sodass die ein-
zelnen Preise zum Angebot statisch festgelegt sind. Zusätzlich können die abgegebenen
Angebote von anderen Anbietern nicht eingesehen werden. Die Vorteile liegen vor allem
in einer Zeitersparnis, da der Nutzer nicht nach passenden Handwerksbetrieben suchen
muss, sowie der Möglichkeit, qualitativ hochwertige Betriebe zu beauftragen und monetär
Kosten zu sparen.
66 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Ein oft genanntes Beispiel für die neuen E-Request- und Preis-Systeme ist das Unterneh-
men my-hammer.de. Auf dieser Plattform wird vom Nutzer sein Produkt- oder Dienstleis-
tungswunsch kurz beschrieben, um daraufhin Angebote von verschiedenen Unternehmen
zu erhalten. Dadurch, dass die einzelnen Unternehmen die Angebote der Konkurrenz ein-
sehen können, wird von den Unternehmen versucht den jeweiligen Preis zu unterbieten
und somit wird beim Kunden der geringste Preis erzielt. Das Unternehmen my-hammer.de
bietet seinen Kunden dadurch zwei wesentliche Vorteile. Zum einen werden die individu-
ellen Bedürfnisse einer Suchanfrage durch das nachfrageorientierte System befriedigt, so-
wie zum anderen durch einen dynamischen Preisfindungsprozess möglichst niedrige
Preise für den Kunden realisiert.
E-Customization
Im Rahmen von Produktkonfigurationen wird versucht, dem Kunden bei der Spezifika-
tion seines Produktwunsches bestimmte Individualisierungsmöglichkeiten anzubieten. Zu
diesem Zweck werden bestimmte Produkteigenschaften oder -zusammensetzungen mit
Hilfe von Optionsmenüs durch den Kunden wählbar. Die Wahloptionen bieten dabei dem
Kunden die Möglichkeit, aus einem vorgegebenen Set an Produktvariationen sein eige-
nes Individualprodukt zu wählen (zur Gestaltung von Angebotsalternativen s. Weiber/
Mühlhaus/Hörstrup 2010; Weiber et al. 2010), während der Anbieter durch die Einbin-
dung des Kunden im Rahmen seiner Produktanalyse zusätzlich wertvolle Hinweise auf die
vom Markt nachgefragten Produktmerkmale erhält. Speziell im Rahmen möglicher Pro-
duktkonfigurationsangebote wird die Individualisierung bzw. Personalisierung dabei im-
mer öfter auch selbst zu einem wesentlichen Bestandteil des elektronischen Geschäftsmo-
dells. Dies ist bspw. bei mymuesli.com zu beobachten, die gerade damit am Markt werben,
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 67
dass die Kunden die Möglichkeit haben, aus verschiedenen Zutaten ihre eigene Müslimi-
schung zusammenzustellen. Als entsprechend explizite Personalisierung beschreiben
Riemer/Klein (2001, S. 141 ff.) die Möglichkeit, dass Kunden anhand von produktspezi-
fischen Parametern, die vom Anbieter selbst definiert und vorgegeben werden (müssen),
das Angebot nach ihren eigenen Wünschen konfigurieren können.
werden kann. Im Gegensatz dazu versuchen andere Modelle über die Zusammenstel-
lung verschiedener Einzelprodukte zu einem neuen, individuellen Endprodukt zu
kommen wie bspw. bei mymuesli.de. Dort können zu dem Basisprodukt Müsli noch
weitere Zutaten (Nüssen, Kerne, Früchte) für das individuelle Müsli ausgewählt wer-
den.
Anteilsmenge und Preis: Wichtiges Kriterium bei der Produktanalyse sind ferner die
Bestimmung der Anteilsverhältnisse verschiedener Komponenten und die Preiszu-
sammensetzung. Gerade wenn Kunden die Möglichkeit haben, selbst ihr Produkt zu
konfigurieren, so muss die Auswirkung eines jeden Schrittes (z. B. Auswahl einer
Sorte oder Veränderung des Anteils am Endprodukt) inhaltlich und wirtschaftlich
transparent gemacht werden. Bei sonntagmorgen.com bspw. werden die Anteile der
einzelnen Kaffeesorten automatisch unter den ausgewählten Sorten gleichmäßig ver-
teilt. Der Kunde kann jedoch den Anteil erhöhen oder verringern und sieht dabei so-
fort, wie sich der Endpreis dadurch verändert. Bei mymuesli.com bestimmt sich dage-
gen der Endpreis über die Basismischung hinaus auch über die Hinzunahme einzelner
Cerealien wie Früchten, Nüssen und Kernen oder anderen Zutaten (s. Abb. 40).
E-Service
Während viele E-Shops und E-Marketplaces heute noch Informationsinseln darstellen,
über die ein Konsument nur schwer einen Überblick gewinnen kann, werden Plattformen
des Web 3.0 zu einem wesentlich höheren Grad über verschiedene E-Services miteinander
vernetzt sein. Eine Basistechnologie stellen dabei sehr wahrscheinlich Web Services dar,
wie sie auch im aktuellen Web schon zum interorganisationalen Datenaustausch verwen-
det werden. So bieten bspw. amazon.com und google.com Web-Service-Schnittstellen,
über die Kunden- und Partnerplattformen nahezu übergangslos auf die angebotenen Pro-
dukte und Dienste zugreifen können (Neimarlija 2007, S. 100 f.). Standards wie SOAP
und WSDL lösen die Problematik heterogener Systeme und sorgen dank XML für Platt-
formunabhängigkeit. Googles Android-Softwaresystem für mobile Applikationen ist
bspw. quelloffen (Open-Source). Jeder Programmierer einer mobilen Applikation für An-
droid kann auf den Quellcode von Android zugreifen. Allerdings bieten aktuelle Standards
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 69
Suche und Auffindung: Sind die Eigenschaften eines Dienstes klar definiert und von
Computersystemen interpretierbar, sind diese selbständig in der Lage, passende Wert-
schöpfungspartner, Kunden und Lieferanten zu finden. Die kostenintensive Suche
nach kompatiblen Partnern wird im Web 3.0 entfallen.
Komposition: Nicht zuletzt werden Unternehmen im Web 3.0 in der Lage sein, meh-
rere semantische Web Services zu kombinieren, um diese gemeinsam komplexe
elektronische Geschäftsprozesse ausführen zu lassen. Eine kostenintensive manuelle
Koordination beteiligter Wertschöpfungspartner (z. B. verschiedener Lieferanten,
Logistik- und Payment-Dienstleister) wird im Web 3.0 entfallen.
Garantiert werden diese vier Merkmale semantischer Web Services durch das Zusammen-
spiel der bereits vorgestellten Semantic-Web-Technologien und aktuellen Web-Service-
Standards. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich neben SOAP/WSDL-basierten
bzw. service-orientierten Architekturen (SOA) auch weborientierte Architekturen
durchsetzen werden (Sheth/Verma/Gomadam 2006). Die dadurch entstehenden leichtge-
wichtigen Web Services basieren auf dem sog. REST-Architekturprinzip (Hommen
2007). Anders als klassische Web Services werden sie also durch einfache HTTP-Re-
quests aufgerufen, sind dank eines URIs als Ressourcen identifizierbar und nutzen einfa-
che XML-Dokumente für den Datenaustausch (Sheth/Verma/Gomadam 2006). Einen be-
sonders populären Anwendungsbereich dieses Prinzips stellen schon jetzt Mashups dar
(Hommen 2007). Diese nutzen von verschiedenen Anbietern zur Verfügung gestellte
leichtgewichtige Web Services, um die dadurch gelieferten Inhalte zu aggregieren. Um
die auf der syntaktischen Ebene dank XML zwar homogenen, auf der semantischen Ebene
70 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Abb. 41: Das Mashup-Prinzip beim Semantischen Web am Beispiel von Trendsmap
Quelle: https://www.trendsmap.com
Haben sich Semantic Web Services einmal etabliert, lassen sich mit wenig Aufwand Me-
ta-Shops erstellen, also E-Shops, die sich hinsichtlich der von ihnen präsentierten Produkt-
daten lediglich aus externen Quellen bedienen (Kollmann/Häsel 2007b, S. 240). Ein Bei-
spiel wäre ein Online-Buchladen, dessen Angebot sich ausschließlich aus den Angeboten
anderer Buchhändler zusammensetzt. Ähnliche Geschäftsmodelle sind zwar auch im heu-
tigen Web bereits anzutreffen, können sich aufgrund fehlender Semantik allerdings noch
nicht voll entfalten. Dies liegt insbesondere daran, dass sich die XML-Schemata der be-
teiligten Buchhändler unterscheiden. Werden die Schemata der Ein- und Ausgabedaten
der beteiligten Dienste jedoch durch Metadaten ergänzt, die einer von allen beteiligten
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 71
Um die Kontextinformation für das System verständlich zu machen, muss sie in einer ab-
strakten, strukturierten Form erfasst werden. Kommen zur Formalisierung des Kontextes
Semantic-Web-Technologien zum Einsatz, kann die Plattform im Netz verfügbare Infor-
mationen sowie den Kontext in Zusammenhang miteinander setzen und schlussfolgern,
welche Informationsauswahl bzw. -zusammenstellung das Bedürfnis des Benutzers aktu-
ell optimal befriedigen würde. Zudem würde eine derartige Formalisierung des Kontextes
die Wiederverwendbarkeit statischer Kontextinformationen für verschiedene Anwendun-
gen erhöhen. So könnte ein Nutzer ein einmalig angelegtes und an zentraler Stelle gepfleg-
tes Nutzerprofil bspw. mehreren Anbietern zur Verfügung zu stellen, die ihre Dienste dann
entsprechend dieses Profils individualisieren. Unabhängig davon, ob die von einer M-/
E-Business-Plattform verwendeten Kontextinformationen statischer oder dynamischer
Natur sind, können drei unterschiedliche Ebenen für Adaptionsleistungen identifiziert
werden (Ziegler/Kaltz/Lohmann 2006; Kollmann/Häsel 2007b, S. 242):
Inhaltliche Ebene: Wenn die Bedürfnisse und Präferenzen des Nutzers bekannt sind
bzw. sich aus dessen Umfeld ableiten lassen, kann die Auswahl und/oder Neuzusam-
menstellung von Inhalten, Diensten bzw. Produktangeboten an diesen ausgerichtet
werden. Diese Ebene betrifft den Detaillierungsgrad der dargestellten Inhalte.
Navigationale Ebene: Nicht nur die benötigte Information als solche, sondern auch
die optimale Positionierung einzelner Inhaltselemente in einer Navigationsstruktur ist
kontextabhängig. So sollten im aktuellen Kontext besonders relevante Informationen
direkt erreichbar sein, während bei weniger relevanten Informationen eine Erreich-
barkeit über mehrere Interaktionsschritte ausreicht.
Die für ein wirkliches M(E)-Business nötigen Adaptionsleistungen auf Inhalts-, Navigati-
ons- und Präsentationsebene bedingen, dass Informationen nicht mehr als natürlichspra-
chige, für einen festen Kontext verfasste Dokumente vorliegen, sondern in einer struktu-
rierten Form, strikt getrennt von der letztendlichen Darstellung (Balci/Bülbül 2007, S. 77)
und ergänzt durch semantische Beschreibungen abgelegt werden. Die für den menschli-
chen Nutzer gedachten Dokumente werden dabei erst zum Zeitpunkt der Anfrage gene-
riert. In einem Web, das sich durch eine Trennung von Inhalt (Semantik), Struktur (Syn-
taktik) und Darstellung auszeichnet, werden kontextadaptive Plattformen allerdings nicht
nur eine Adaptation von Informationen vornehmen, sondern zudem auch als Berater fun-
gieren, die aus den Anforderungen des Nutzers auf nötige Produkteigenschaften schließen
und dem Nutzer entsprechende Kaufvorschläge unterbreiten. Zur Zusammenstellung der
für eine umfassende Beratung nötigen Informationen müssen M(E)-Business-Plattformen
zu einem großen Teil unabhängig von Benutzereingriffen arbeiten.
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 73
Abb. 42: Das E-Request-Pricing im Web 3.0 am Beispiel von Hilton Garden Inn
Quelle: https://www.hilton.com
Die dafür benötigte Funktionalität werden Software-Agenten liefern, die in der Lage sind,
den aktuellen Kontext zu interpretieren, sich verschiedener Web-Service-basierter Infor-
mationsquellen zu bedienen und mit Hilfe von Inferenzmechanismen intelligente Ent-
scheidungen zu treffen (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001). Software-Agenten stellen
also eine Art „virtuelle Handlungsreisende“ (Grütter 2006, S. 3) dar, die für ihre Benutzer
Aufträge ausführen. Dafür werden sie zunehmend mit anderen Software-Agenten intera-
gieren und in einer gemeinsamen Agentenkommunikationssprache kommunizieren müs-
sen, welche Gegenstand der aktuellen Forschung auf diesem Gebiet darstellt (Grütter
2006). Diese Sichtweise, die Software-Agenten im Web 3.0 gleichzeitig als Erbringer
und Benutzer von Diensten versteht, spiegelt den aktuellen Trend hin zu Web Services
wider. Sind diese wie weiter oben beschrieben weitgehend durch semantische Beschrei-
bungen ergänzt und somit wiederverwendbar, interoperabel und miteinander kombinier-
bar, werden auch solche Software-Agenten miteinander interagieren können, die nicht ex-
plizit für eine Zusammenarbeit geschaffen wurden (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001).
74 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Abb. 43: Das Mobile Tagging im Web 3.0 am Beispiel von barcoo
Quelle: https://www.barcoo.com
Die Effektivität von Software-Agenten wird exponentiell ansteigen, während weitere ma-
schinenlesbare Inhalte und zusätzliche automatisierte Dienste (einschließlich anderer Soft-
ware-Agenten) verfügbar werden (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001). So ist es sogar
denkbar, dass intelligente Agenten für sich wiederholende Standardeinkäufe abseits der
Impulskäufe den Kaufvorgang von der Produktsuche über den Preisvergleich bis hin zur
Bestellung komplett übernehmen werden. Selbst wenn Software-Agenten des Web 3.0 zu
solchen autonomen Handlungen befähigt sein werden, bedeutet dies aber nicht, dass der
menschliche Nutzer nicht mehr aktiv ins kommerzielle Geschehen eingebunden ist. Viel-
mehr werden Software-Agenten ihrem Benutzer in Form einer Entscheidungsgrundlage
mehrere alternative Problemlösungsvorschläge aufzeigen und ihm dann die Wahl überlas-
sen, auf welche Art der Lösungsweg eingeschlagen werden soll (Hendler 2001).
Ein derartiges Zuarbeiten des Nutzers erinnert in seinen Grundzügen an bereits verfügbare
Preis- bzw. Produktsuchmaschinen wie guenstiger.de oder preis.de. So stellt die Möglich-
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 75
keit einer automatisierten semantischen Inferenz für den Nutzer keinen Paradigmenwech-
sel dar, wird derartige Plattformen jedoch hinsichtlich ihrer Effizienz und Effektivität
grundlegend revolutionieren. Mit Hilfe von leichtgewichtigen Web Services und den vom
Web 2.0 zur Verfügung gestellten Mashup-Konzepten können die Dienste fremder Soft-
ware-Agenten wiederum in bestehende Plattformen (z. B. E-Shops oder E-Communities)
eingebunden werden. Absehbar ist in diesem Zusammenhang eine noch weiter zuneh-
mende Reduzierung der Zwischenhändler (Disintermediation). Betroffen werden davon
vor allem die Märkte sein, in denen die Verarbeitung von Metadaten über verfügbare Res-
sourcen bislang die Aufgabe spezialisierter Informationsdienstleister war (Falk et al.
2006). Dazu zählen keineswegs nur Internetsuchmaschinen und Preisvergleichsdienste,
sondern bspw. auch Finanz- und Versicherungsmakler, Arbeitsagenturen oder Reisebüros,
deren Rolle zumindest in Teilen von softwarebasierten Akteuren übernommen wird (Koll-
mann/Häsel 2007b, S. 244).
Als jüngere Entwicklung im Web 3.0 kann vor diesem Hintergrund die Kombination aus
einer ein- oder zweistufigen Produkt- und Preisanfrage im sog. E-Request-Pricing ange-
führt werden. Ein Beispiel hierfür bietet Hilton Garden Inn (s. Abb. 42). Dieses Unterneh-
men bietet Nutzern die Möglichkeit in wenigen Schritten an eine individuelle Location zu
kommen für Feiern zu verschiedenen Anlässen. Hierzu wird zunächst der Anlass, die Zahl
an Teilnehmern sowie die benötigte Anzahl an Hotelzimmern bestimmt. Der Anbieter ver-
gleicht dann den Request mit den Angaben der Hotels aus der Datenbank und listet an-
schließend alle Hotels, die für das Event infrage kommen unter den angegebenen Voraus-
setzungen. Der Nutzer kann dann für ihn infrage kommende Hotels aussuchen und eine
Anfrage an diese senden. Die Hotels unterbreiten dem Nutzer dann jeweils ein Angebot,
aus denen der Nutzer dann die endgültige Location auswählen kann. Somit kann der Nut-
zer schnell und effizient eine Location ausfindig machen, ohne jedes Hotel einzeln zu
kontaktieren oder aufzusuchen. Die verfügbaren Angebote können von allen anderen
Händlern online eingesehen werden, sodass hierdurch ein Preiskampf entsteht, der für den
Kunden den niedrigsten Preis garantiert. Durch eine standardisierte Oberfläche kann der
Nutzer die einzelnen Angebote schnell vergleichen, um in Online-Verhandlungen das in-
dividuelle Angebot zur Austragung des Events zum geringsten Preis zu erhalten sowie zu
einer fundierten Kaufentscheidung zu gelangen. Sobald sich Käufer und Verkäufer einig
sind, wird ein Vertrag geschlossen, die Daten werden von Hilton Garden Inn an das lokale
Hotel übermittelt und der Nutzer kann zum angegebenen Termin sein Event in dieser Lo-
cation austragen. Für die Vermittlung wird eine Gebühr erhoben. Eine weitere Variante
ist das sog. Bet-Commerce, bei der das Produkt schon fixiert ist und nur eine individuelle
Preisanfrage bzw. ein Preisangebot durch den Nachfrager formuliert wird. Als Beispiel
kann uberspace.de genannt werden.
Eine weitere jüngere Entwicklung im Web 3.0 sind Applikationen, die mobile Preisver-
gleiche von Produkten ermöglichen. Als ein Beispiel sei auf barcoo.com verwiesen
(s. Abb. 43). Mit Hilfe eines Smartphones und der entsprechenden Applikation können
Nutzer den Barcode eines beliebigen Produktes scannen, um Produkt- und Preisinforma-
tionen zu erhalten. Hierdurch können die Nutzer Preise vergleichen und sich für das güns-
76 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
tigste Angebot entscheiden. Zusätzlich können die Nutzer Testberichte, Öko- und Gesund-
heitsinformationen erhalten sowie Kommentare zu Produkten abgeben, die Freunde inner-
halb einer Community einsehen und beantworten können. Mit dem „Scan Hero“ lassen
sich die erfassten Artikel dann auch mit Facebook-Freunden teilen. Damit können User
ihre Freunde über ihre Käufe informieren und Produkte bewerten.
Zusammenfassend kann hinsichtlich einer Definition des Web 3.0 festgehalten werden
(Kollmann 2019c, S. 100):
Internet of Things (IoT): Dieser Begriff steht für eine Verlängerung des Internets in
die reale (physische) Welt mit dem Ziel, dass nicht mehr der Computer bzw. das In-
ternet selbst aktiv vom Menschen genutzt werden, sondern vielmehr der Mensch un-
merklich in seinen Tätigkeiten durch Computer bzw. das Internet unterstützt wird und
so einen Mehrwert erhält. Bei solchen Computern handelt es sich oftmals um sog.
eingebettete Systeme (Embedded Systems), welche die üblichen Funktionen von Ob-
jekten (things) mit dem Internet verbinden und ein Abbild des Objekts im Internet
erschafft. Die Objekte werden somit zu sog. Smart Devices und selbst ein Teil des
Internets. Eine zentrale Rolle solcher Smart Devices spielen dabei auch Sensoren und
Aktoren, welche laufend Daten aufzeichnen und Befehle ausführen. Die Anwen-
dungsfelder des Internet der Dinge erstrecken sich heutzutage auf nahezu alle Lebens-
bereiche (Wortmann/Flüchter 2015).
Cloud Computing: Die dezentrale Nutzung von M2M und IoT, oftmals über physi-
sche Distanzen hinweg, wird erst durch innovative Informationstechnologie zum Da-
tenaustausch und zur Datenspeicherung ermöglicht. Neben lokalen Netzwerken und
Speichern liefert im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen das Cloud Computing
eine innovative Möglichkeit, die Maschinen und Objekte zu verbinden, deren Daten
zu speichern und ohne lokale oder physische Beschränkungen zugänglich zu machen.
Mit Hilfe der Cloud kann eine globale Infrastruktur geschaffen werden, die es jedem,
der darauf Zugriff hat, erlaubt, neue Services, Inhalte oder Applikationen zu schaffen.
Die gemeinsame Nutzung dieser Technologien kann im Rahmen der Industrie 4.0 zu ei-
nem hohen Automatisierungsgrad (eAutomatization) und damit verbunden zu signifikan-
ten Produktivitätszuwächsen führen (Reinhart et al. 2013). Bei konsequenter Digitalisie-
rung durch Nutzung der Technologien der Industrie 4.0 können mithin sog. Smart Fac-
tories entstehen, in denen sich die Maschinen und Systeme weitestgehend selbstständig
über „Industrial Content“ organisieren und der Mensch nur noch eine überwachende
Rolle einnimmt. Wege und Fertigungsreihenfolgen werden so z. B. automatisch über
drahtlose Kommunikation optimiert und Bestellungen von Material direkt von den jewei-
ligen Maschinen zum optimalen Zeitpunkt ausgelöst. Neben den Einsatzbereichen in Pro-
duktion, Logistik und im B2B-Bereich, streben Unternehmen jedoch auch danach, dass
das Internet der Dinge, über das Tragen von Wearables hinaus, ebenfalls Einzug in Privat-
haushalte nimmt. Durch die Entwicklung von modernen, smarten Haushaltsgeräten im
Zusammenspiel mit intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) sollen Stromerzeugung und
-verbrauch dezentralisiert und neu strukturiert werden. Eine weitere aktuelle Entwicklung
78 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
im Bereich Smart Devices stellen die sog. Dash Buttons dar, wobei es sich um kleine
Geräte mit einem Knopf handelt. Diese können vom Kunden im Haushalt (z. B. an der
Waschmaschine) angebracht und mit bestimmten Produkten (z. B. Waschmittel) ver-
knüpft werden. Auf Knopfdruck wird dann automatisch die Bestellung des Kunden direkt
über amazon.de ausgelöst (sog. Home Replenishment).
Intuitiv mit dieser nahezu vollständig automatisierten Übertragung, Speicherung und Aus-
wertung von Informationen verbunden ist der Begriff „Big Data“ (s. Kapitel 1.1). Bei
derart großen Datenmengen, die sekündlich automatisch wachsen, ist es essenziell, über
passende Analysemethoden die benötigten Informationen aus den Daten hinausziehen und
aufarbeiten zu können, um diese z. B. der Geschäftsleitung über passende Kennzahlen als
Entscheidungsgrundlage zugänglich zu machen. Neben den hohen Investitionskosten für
die Anschaffung neuer Technologien im Bereich der Industrie 4.0 nennen viele Unterneh-
men jedoch noch die Angst ihrer Mitarbeiter vor dem Verlust des Arbeitsplatzes an eine
Maschine als mögliche Hinderungsgründe einer Digitalisierung in Mittelstand und Indust-
rie. Mittel- und langfristig ist die Digitale Transformation von Unternehmen der klassi-
schen Wirtschaft jedoch unausweichlich, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu
können und wird, sofern sich Unternehmen und Arbeitnehmer ihr gemeinsam stellen,
deutlich mehr Chancen als Risiken bieten können. Als Beispiel für das Web 4.0 kann an
dieser Stelle der in Abb. 44 dargestellte selbstfahrende Roboter angeführt werden. Dieser
Roboter wird von Ford in seinem Werk in Valencia eingesetzt und bringt Teile mittels
Machine-to-Machine Communication im Rahmen des Internet of Things automatisiert
Einsatzfelder für den E-Business-Generator 79
dorthin, wo diese angefragt werden. Der Roboter kann Hindernissen automatisch auswei-
chen und soll als erster Roboter seiner Art die Produktion in dem Ford Werk effizienter
gestaltet werden. Erste Testläufe zeigten bereits, dass bis zu 40 Arbeitsstunden, die sonst
für Laufwege benötigt werden, eingespart werden können (Ford 2019). Die spezialisierten
Mitarbeiter können sich so auf die Kernaspekte ihrer Arbeit konzentrieren, wobei die Pro-
duktionsprozesse durch den automatisierten Informationsaustausch und somit die gesamte
Fabrik hin zu einer Smart Factory optimiert werden können.
Zusammenfassend kann hinsichtlich einer Definition des Web 4.0 festgehalten werden
(Kollmann 2019c, S. 103):
Das Web 4.0 beschreibt technologieorientierte Informations-, Kommunikations- und
Transaktionsprozesse innerhalb der Digitalen Wirtschaft, bei denen der Ausgangs-
punkt im Informationsaustausch zwischen Maschinen und Geräten in der physischen
und virtuellen Welt (Cyber Physical Systems) liegt und die zugehörigen eAutomatiza-
tion-Prozesse in erster Linie auf Basis von M2M, IoT und Cloud-Computing abge-
wickelt werden.
Abb. 45: Das Computerprogramm AlphaGo als Beispiel für künstliche Intelligenz
Quelle: https://www.deepmind.com
Eines der prominentesten Beispiele für Maschinelles Lernen ist AlphaGo (s. Abb. 45), ein
Computerprogramm, das von dem Unternehmen Google DeepMind entwickelt wurde. Es
ist das erste Computerprogramm, dass es geschafft hat einen menschlichen professionellen
Go-Spieler sowie den Weltmeister in Go zu schlagen. Go ist ein äußerst komplexes Brett-
spiel, das seinen Ursprung vor ca. 3000 Jahren in China fand. AlphaGo wurde durch eine
Vielzahl von bereits gespielten Go-Spielverläufen gespeist, auf deren Basis das Programm
lernte und sich so inkrementell verbessern konnte.
Die Möglichkeit des Maschinellen Lernens eröffnet ein sehr großes Spektrum für poten-
zielle Anwendungsfelder der Künstlichen Intelligenz, die in nahezu allen Lebensberei-
chen vorstellbar sind. Für Unternehmen kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu
Effizienz- sowie Produktivitätssteigerung führen und ein besseres Eingehen auf Kunden
ermöglichen, wodurch Mehrwerte geschaffen werden können (Gentsch 2018). Insbeson-
dere in Branchen, in denen große Datenmengen generiert werden kann eine Anwendung
mit Künstlicher Intelligenz zu wettbewerbsentscheidenden Vorteilen führen. Praxisbe-
spiele für Unternehmen, die bereits Programme im Feld der Künstlichen Intelligenz an-
wenden, sind mannigfaltig. Die Otto Group nutzt bspw. ein Feature, welches dem Kunden
ermöglicht die wichtigsten Aspekte einfach und gezielt aus den bestehenden Produktbe-
wertungen herauszufiltern. Dieses Feature wird durch einen Algorithmus durchgeführt,
der automatisch die häufigsten Aspekte der Bewertung erkennt und die Tonalität in diesen
Bewertungen identifiziert. Ein Prinzip, das durch die Künstliche Intelligenz ermöglicht
wird (s. Abb. 46).
Nimmt man die neusten technologischen Entwicklungen, wie bspw. Künstlicher Intelli-
genz und Blockchain zusammen, stellt sich die Frage, inwieweit diese Fortschritte im Be-
reich der Digitalisierung eine Entwicklung hin zum Web 5.0 bedeuten. Nach aktuellem
Verständnis wird unter Web 5.0 das selbstständige teilnehmen von Geräten und Maschi-
nen im Alltag und im Wirtschaftskreislauf verstanden. Aufgaben und Tätigkeiten von
82 Einsatzfelder für den E-Business-Generator
Mensch und Maschine würden zunehmend miteinander verschmelzen und Computer so-
wie Roboter dem Menschen vermehrt als persönliche Assistenten dienen (Smith 2018).
Im Gesundheitswesen wird in diesem Zusammenhang bereits diskutiert inwieweit Pflege-
roboter Aufgaben des Menschen erfüllen können und diesen sowohl fachlich als mensch-
lich hinsichtlich ihrer Empathie ersetzen können (Schulz 2018). Auf Grund dieser engen
Verbindung von Mensch und Maschine, die über rein technische Funktionen hinausgeht,
wird in der Wissenschaft häufig der Begriff „Emotional Web 5.0“ angeführt (Benito-
Osorio et al. 2013). Dabei ist davon auszugehen, dass zukünftig auf Grund von Künstlicher
Intelligenz Roboter in der Lage sein werden, wie Menschen zu kommunizieren, zu denken
und zu handeln, was zu einer emotionalen Interaktion zwischen Mensch und Maschine
führt (Smith 2018). Inwieweit dies zu ethischen Problemen und Diskussionen führt, kann
an dieser Stelle nur angedeutet werden.
Abb. 46: Produktbewertungen mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz bei der Otto Group
Quelle: https://www.otto.de
Zusammenfassend kann hinsichtlich einer Definition des Web 5.0 festgehalten werden
(Kollmann 2019c, S. 107):
Für die Verwendung des E-Business-Generator (EBG) sind nicht nur die Einsatzgebiete
und -felder entscheidend, sondern auch die Einsatzfaktoren rund um neue oder transfor-
mierte digitale Geschäftsmodelle und -prozesse in Bezug auf eine diesbezügliche Projek-
tierung (E-Management), Gründung (E-Entrepreneurship) oder Ausgründung (E-Intrapre-
neurship). Diesbezüglich hat Kollmann (2019c, S. 128 ff.) fünf zentralen Erfolgsfaktoren
Management, Produkt, Prozesse, Marktzugang und Finanzen entwickelt.
Negativfall: Das in Berlin gegründete Startup Pets Deli verkauft über den eigenen E-
Shop gesunde Tiernahrung und versprach gegenüber Investoren schnelle Wachstums-
raten sowie sehr gute Performance-Kennzahlen. So investierte im Jahr 2016 der welt-
bekannte Geldgeber Index Venture mehrere Mio. Euro in das deutsche E-Venture.
Doch anderthalb Jahre nach der Finanzierungsrunde zerstritt sich das Gründerteam
um David Spanier und David Reinecke, weil inmitten der starken Wachstumsphase
Reinecke mit den Geldgebern aneinandergeriet. Die genaue Ursache ist bis heute nicht
öffentlich kommuniziert worden. Der Mitgründer verließ 2017 das Unternehmen und
gründete sein eigenes unabhängiges Unternehmen. Pets Deli rutschte in die Insolvenz.
Mit einem neuen Team konnte sich das Startup letztendlich wieder erholen und ein
erfolgreiches Comeback feiern.
• Digitale Wirtschaft-Know-how
• Branchenwissen/Erfahrung
• Kommunikationskompetenz Management
• Organisationsfähigkeiten • Marketing
• Führungsqualitäten • Vertrieb
• Kooperationen
• Multiplikatoren
• Public Relations
Produkt/ Marktzugang/
• Idee/Konzept Service Netzwerk
• Technologie
• Businessmodell
• Alleinstellungsmerkmal
• Kundennutzen/-mehrwert
• Cash-Flow-Orientierung
• Arbeitsabläufe/Planung • Liquiditätsplanung
• Organisationsaufbau • Controlling/Reporting
• Projektmanagement Prozesse Finanzen • Beteiligungsmanagement
• Prozessmanagement • Investor Relations
• Krisenmanagement
Positivfall: Das in Hamburg gegründete Startup Jimdo ist Anbieter von Webseiten-
Baukästen und Internetdienstleistungen. Das Unternehmen wurde 2007 von Matthias
Henze, Christian Springub und Fridtjof Detzner gegründet. 2015 erhielt das Startup
den Deutschen Gründerpreis, insbesondere auf Grund des starken Teams und Unter-
nehmenskultur. Laut Henze zeichnet das Gründerteam insbesondere aus, dass gleiche
Wertvorstellungen und Ziele verfolgt werden sowie ein hohes Maß an Vertrauen und
Loyalität zwischen den Gründern vorherrscht. Dies bemerkten auch die späteren In-
vestoren von Spectrum, welche 25 Mio. Dollar in das E-Venture investierten. Spect-
rum wollte nämlich vor allem das Team. „Investoren wissen, dass man Teams zwar
verändern kann, dass das aber nicht ohne Schmerzen geht. Daher investieren sie am
liebsten, wenn beides vorhanden ist: eine super Idee und super Team“, so Mitgründer
Henze (Gritzuhn 2015).
Der Baustein „Produkt“ (s. Abb. 47) betrifft die Leistung- bzw. Angebotskonfiguration
eines E-Ventures. Dabei muss das elektronische Produkt- bzw. Dienstleistungsangebot
spezifiziert und hinsichtlich des Kundennutzens kommuniziert werden. Im Mittelpunkt
steht sodann die Frage, ob der Kunde die elektronische Leistung des E-Ventures auf Basis
der Informationstechnologie überhaupt nachfragt und ob auch eine Zahlungsbereitschaft
vorhanden ist. Ziel des Unternehmens ist es ferner, über die Outputleistung mit einer elek-
tronischen Wertschöpfung (s. Kapitel 1.1) einen Mehrwert (Value-Added) für den Kunden
bzw. ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz am Markt zu erzielen. Die
Mehrzahl der E-Ventures beschäftigt sich mit neuartigen Geschäftsideen bzw. Geschäfts-
modellen, bei denen sich der Mehrwert erst nach einem gewissen Gewöhnungseffekt beim
Einsatzfaktoren für den E-Business-Generator 85
Negativfall: Das Startup Juicero wurde 2014 in San Francisco gegründet und bietet
eine App-gesteuerte Saftpresse an. Statt frisches Obst oder Gemüse auszupressen,
nutzt die Maschine Plastiktüten mit vorgepresstem Inhalt. Über den QR-Code an der
Tüte erfährt der Entsafter dabei wie fest zugedrückt werden soll. Ebenfalls können
über die App weitere Saftpäckchen einzeln oder im Abo nachbestellt werden. Trotz
Finanzierungsrunden von über 120 Mio. Dollar, scheiterte der 400 Dollar teure digi-
tale Entsafter, weil die Kunden den Mehrwert des Produktes schließlich nicht sahen.
Nach Tests des Wirtschaftsdiensts Bloomberg sei nämlich keine „hochpreisige Hard-
ware“ nötig, um frischen Saft herzustellen.
Positivfall: Bett1.de ist ein Berliner Startup, welches über seinen E-Shop Matratzen
veräußert. Die Geschäftsidee basiert darauf, dass nur eine Matratzenart angeboten
wird, welche nur in der Liegehärte und Größe an den Kunden angepasst wird. Unter
dem Slogan „die Beste jemals getestete Matratze in Deutschland kostet nur 199 Euro“,
konnte der Matratzenhändler im Jahr 2017 insgesamt 750.000 Matratzen verkaufen
und 120 Mio. Euro generieren. Das Erfolgsrezept scheint dabei im schnellen, unkom-
plizierten Online-Kauf einer günstigen und getesteten Matratze zu liegen. Das zeigt
sich insbesondere an der trotz einfacher Retourmöglichkeit geringen Retourenquote
von nur 1,7 %.
Negativfall: Das im Jahr 2014 gegründete Startup Fittaste bietet seinen Kunden die
Möglichkeit gesundes Essen sowie gesunde Snacks via Boxen per Post zu bestellen.
Nach Einführung eines neuen Shops sowie eines neuen Warenwirtschaftssystems, das
86 Einsatzfaktoren für den E-Business-Generator
durch das schnelle Wachstum des Startups nötig wurde, begab sich das Startup in eine
finanzielle Notlage. Nach dem Auftritt in einem bekannten TV-Format, wurden Shop
und Warenwirtschaftssystem schnellstmöglich eingeführt und haben entsprechend
nicht richtig funktioniert. Dabei wurden die Bestände mitunter falsch berechnet, das
Lager war zu schnell leer und die Bestellungen wurden nicht richtig verarbeitet. Durch
diese Prozess-Engpässe musste das Startup im Mai 2019 beim Amtsgericht in Trier
den Antrag auf Insolvenz einreichen.
Der Baustein „Marktzugang“ (s. Abb. 47) im E-Venture bedeutet nicht nur den Markt-
eintritt zu gewährleisten und ein Produkt bzw. eine Marke zu etablieren, sondern vor allem
die Kunden zu erreichen und deren Bedürfnisse zu befriedigen. Basis hierfür ist zunächst
die Entwicklung einer marktgerechten Preis-, Produkt- und Kommunikationspolitik. Dies
erfordert Flexibilität in der Nutzung unterschiedlicher Varianten der Produkt- und Ser-
vicegestaltung. Über die Realisierung eines dauerhaften Kundenzugangs bestimmt sich
dann der Erfolg der Distributionspolitik. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie mit dem ei-
genen Informationsprodukt der Kunde erreicht werden soll. Hierbei kann man auf der ei-
nen Seite durch eigene Aktivitäten den Marktzugang erreichen (z. B. Werbung), was je-
doch in Anbetracht der knappen Ressourcen bei Startups sehr problematisch erscheint.
Auf der anderen Seite können aber auch Kooperationen zur Realisierung des Markt-/Kun-
denzugangs beitragen (z. B. Vertriebskooperationen zwischen mehreren Online-Anbie-
tern) und somit eben die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Markteintritts erhöhen
(Kollmann/Herr 2003). Die Schonung von vorhandenen oder die Ergänzung von nicht-
vorhandenen Ressourcen bzw. die Erreichung von Multiplikatoreffekten (Kommunika-
tion, Distribution usw.) über Kooperationen, kann vor diesem Hintergrund auch als eine
der Kernaufgaben eines Startups in der Digitalen Wirtschaft herausgestellt werden. Fol-
gende Fallbeispiele sollen die Zusammenhänge verdeutlichen:
Negativfall: Das amerikanische Startup Outbox hatte anfangs die Idee den Weg der
amerikanischen Post zu revolutionieren indem Kunden ihre Briefe/Postkarten etc. nur
noch per Web bereitgestellt würden. Dabei konnte man sich vor redundanten Flyern
o. Ä. durch eine Anti-Spam-Funktion schützen. Für 5 US-Dollar konnte der Kunde
seine Post an die Firma weiterleiten und digitalisieren lassen. Allerdings war dazu ein
Einsatzfaktoren für den E-Business-Generator 87
entsprechender Prozess in Kooperation mit der US-Post nötig. Jedoch lehnte Letztere
die Zusammenarbeit strikt ab und wirkte gegen eine Abholung der Post im jeweiligen
Postamt. Da eine Zusammenarbeit mit der US-Post nicht möglich war, musste Outbox
sein Geschäftsmodell ändern und die Post bei den Kunden selbst abholen (Wiesend
2015). Dies führte, neben einer geringen Kundenanzahl, zu hohen finanziellen Kos-
ten, die das Geschäftsmodell langfristig nicht rentabel gemacht haben.
Positivfall: Ein Problem von Plattformen im Internet ist es, die sog. „kritische Masse“
an Nutzern zu erreichen. Dem Internetphänomen twitter.com ist dies in kürzester Zeit
gelungen, in dem sich die Nutzer „quasi selbst eingeladen“ haben. In kaum zweiein-
halb Jahren hatte das Startup so sechs Mio. Nutzer weltweit gewonnen, die sich 24
Stunden am Tag Nachrichten mit maximal 140 Zeichen zukommen lassen. Stand im
1. Quartal des Jahres 2019 sind es inzwischen 330 Mio. aktive Nutzer weltweit. Twit-
tern – zu Deutsch: Zwitschern – ist wie googlen zur Vokabel geworden. Die Mi-
schung aus Nachrichtendienst und Dauerklatsch ist mittlerweile zum „Volkssport und
Freizeitvergnügen“ für Mio. Nutzer avanciert. Inzwischen ist Twitter auch ein belieb-
ter Kommunikationskanal für Unternehmen und auch die Politik geworden um auch
hier ihre Angebote bzw. Ansichten bzw. entsprechende Marketing- oder Kampagnen-
aktivitäten zu ergänzen.
Negativfall: Über das 2014 gegründete Unternehmen 99chairs konnten sich Firmen
ihre Büros einrichten lassen, wobei dem Kunden ein Designer beratend zur Seite
stand. Das ausgesuchte Mobiliar konnte anschließend direkt über den E-Shop bestellt
werden. Bedingt durch das kurzfristige Abspringen eines Investors und der drauf fol-
genden Absage noch weiterer Investoren, konnte eine geplante und notwendige Fi-
nanzierung nicht erfolgreich abgeschlossen werden. In der Folge musste das Unter-
nehmen 2018 alle 40 Mitarbeiter entlassen und mit Hilfe eines Insolvenzverwalters
liquidiert werden.
Positivfall: Im Jahre 2011 gegründet, umfasst Delivery Hero mit Sitz in Berlin ver-
schiedene Online-Plattformen, auf denen Gerichte von Restaurants und Lieferdiens-
ten angeboten werden. Laut crunchbase.com konnte das Unternehmen in der Vergan-
genheit bereits 15 Finanzierungsrunden erfolgreich abschließen und dabei den Unter-
nehmenswert kontinuierlich steigern (Stand 07/2019). Am 30. Juni 2017 konnte das
Unternehmen beim Börsengang zu einem Ausgabepreis von je 26,90 Euro pro Aktie
Einnahmen i. H. v. 996 Mio. Euro generieren. Insgesamt beträgt die Gesamtsumme
aller Finanzierungsrunden von Delivery Hero umgerechnet ca. 1,42 Mrd. Euro. Das
eingesammelte Kapital ermöglichte es dem Unternehmen diverse Konkurrenten, wie
bspw. foodora, zu akquirieren und so seine Marktmacht auszubauen. Delivery Hero
beschäftigte im 1. Quartal 2017 weltweit rund 12.100 Mitarbeiter, davon 6.800 Fahrer
und 1.000 Personen am Hauptsitz in Berlin.
Einsatzphasen für den E-Business-Generator 89
Der E-Business-Generator (EBG) kann grundsätzlich in allen Phasen einer Ideen- mit
zugehöriger Projekt- oder Unternehmensentwicklung eingesetzt werden (Kollmann
2019c, S. 134). Die Unternehmensentwicklung in der Digitalen Wirtschaft kann anhand
einer einfachen Frage skizziert werden: Was passiert mit der Idee im Zeitablauf und wel-
che Einsatzphasen für den E-Business-Generator (EBG) ergeben sich daraus? Am An-
fang jeder Unternehmensgründung oder eines digitalen Transformationsprozesses steht
eine Idee für ein mögliches neues oder transformiertes Geschäftskonzept im Mittelpunkt.
Diese Idee muss zunächst einmal gefunden und hinsichtlich der Erfolgswahrscheinlich-
keiten geprüft werden (Phase der Ideenfindung, s. Abb. 48). In einem weiteren Schritt
muss die Idee auf ein tragbares Fundament gestellt und der zugehörige Businessplan er-
stellt werden (Phase der Ideenformulierung), um sie dann, in einem nächsten Schritt,
konsequent umzusetzen (Phase der Ideenumsetzung). Der Erfolg im E-Venture ist jedoch
nicht nur abhängig von der ersten Umsetzung eines Geschäftsmodells, sondern insbeson-
dere auch von dessen Weiterentwicklung und Anpassung an die Markterfordernisse
(Phase der Ideenintensivierung). Abschließend muss sich die Idee dauerhaft am Markt
etablieren und zu einer langlebigen Unternehmung werden (Phase der Ideenfortführung).
In jeder dieser Phasen gilt es, besondere Aufgaben entlang der bereits vorgestellten Bau-
steine der Unternehmensgründung (s. Abb. 48) zu erfüllen. Die einzelnen Phasen und die
spezifischen Fragestellungen, die während der Entwicklung eines Unternehmens in der
Digitalen Wirtschaft zum Tragen kommen, sollen vor diesem Hintergrund nun näher be-
schrieben werden (Kollmann 2019c, S. 134 ff.).
Ideenfindung
Ideenfortführung
E-Venture-
Ideenformulierung Ideenintensivierung
Idee
Ideendiversifikation
Ideenumsetzung
E-Venture-
Early Stage Expansion Stage Later Stage
Entwicklung
Wie können neue Ideen für ein E-Venture gefunden und bewertet werden?
Unternehmer
Venture Capital-Gesellschaften Venture Capital-Gesellschaften
Businessplan-Wettbewerb
Finanzierungs-
Welche ArtenFörderprogramme
quellen
von Geschäftsmodellen
/ Hausbank
Strategische Investoren
bieten sich in der DigitalenStrategische
Förderprogramme / Hausbank
Wirtschaft Investoren
Privatanleger
an?
Business Angels
Business Angels Hausbank
Venture Capital-Gesellschaften
Welche Netzwerke können beim Aufbau eines E-Ventures genutzt werden?
Die Fragen im Rahmen der Phase zur Ideenformulierung sind darüber hinaus u. a.:
Wie beschreibt man einen Zielmarkt und dessen Erschließung für das E-Venture?
Die Fragen im Rahmen der Phase zur Ideenumsetzung sind ferner u. a.:
Wie macht man ein neues Unternehmen in der Digitalen Wirtschaft bekannt?
Wie sieht der Vertrieb für die Produkte eines E-Ventures aus?
Wie kann das Produkt in der Digitalen Wirtschaft etabliert und angepasst werden?
Wie können die digitalen Informationen aus den Kundenkontakten genutzt werden?
Wie kann man den Wert des Unternehmens in der Digitalen Wirtschaft steigern?
„Die Logik, wie ein Unternehmen innerhalb der Digitalen Wirtschaft agiert und wie
es nachhaltig Werte schafft durch elektronische, informationsbezogene Prozesse ba-
sierend auf innovativen Informationstechnologien.“
Basisebene
Welches relevante Problem kann mit Hilfe Beschreibung der Geschäftsidee im Hinblick auf
elektronischer Geschäftsprozesse besser gelöst
werden, als mit bereits bekannten realen und/oder • Digitalisierungsgrad • Skalierbarkeit
elektronischen Lösungen und sind Kunden bereit, • Innovationsgrad • Nachhaltigkeit
für eine solche Problemlösung von Anfang an • Massentauglichkeit • Expansionsfähigkeit
auch zu bezahlen (Monetarisierung)?
Digitaler Wertschöpfungsprozess
• Informationssammlung • Informationsverarbeitung • Informationsübertragung
Angebotsebene Nachfrageebene
Implementierungsebene
Finanzebene
In diesem Sinne bietet der E-Business-Generator ein aus den vorangegangen Kapiteln
abgeleitetes, praxisorientiertes Rahmenwerk, das die prozessuale Errichtung elektroni-
scher Geschäftsmodelle unterstützen soll (Kollmann 2019c, S. 659 ff.). Die jeweils zu be-
rücksichtigenden Felder sind dabei bewusst schlank gehalten, sodass dieses Rahmenwerk
auch aktuellen Entwicklungen, wie z. B. dem Lean Startup-Management, Design Thin-
king oder auch Digital Prototyping, Rechnung trägt. Zudem wird es durchgehend anhand
eines entsprechenden Praxisbeispiels erläutert. Der E-Business-Generator (s. Abb. 49) soll
vor diesem Hintergrund eine ganze Reihe an Fragen beantworten, die sich jeder Gründer
eines Startups in der Digitalen Wirtschaft bzw. jeder Manager im Zuge einer Digitalen
Transformation bestehender Geschäftsmodelle stellen sollte. Die folgende zentrale Kern-
frage ist Ausgangspunkt für weitere Überlegungen in einem prozessualen Ablauf (Koll-
mann 2019c, S. 659 ff.):
Welches Problem kann mit Hilfe elektronischer Geschäftsprozesse besser gelöst wer-
den, als mit bereits bekannten realen und/oder elektronischen Lösungen und sind die
Kunden bereit, für eine solche Problemlösung von Anfang an zu bezahlen?
Anhand dieser Ausgangsfrage lassen sich nun weitere Fragestellungen entwickeln, die
eine detailliertere Vorgehensweise versprechen. Diese sind u. a.:
96 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Geschäftsbereiche
Dabei kann im E-Business zunächst eine grobe Unterscheidung in Anbieter und Empfänger
der elektronisch basierten Leistungen erfolgen. Entsprechend findet man als mögliche
Anbieter bzw. Empfänger hauptsächlich Unternehmen (Business), öffentliche Institutio-
nen (Government) und private Konsumenten (Consumer). In Kombination ergeben sich
die typischen Geschäftsbereiche für das E-Business (Kollmann 2019d, S. 31 ff.):
Prinzipiell gilt, dass die Rollen der Akteure in der Digitalen Wirtschaft nicht hundert-
prozentig fix sind. Das bedeutet, dass sich in Abhängigkeit vom Markt die Rollen wieder
verändern und umkehren können (Wirtz 2018, S. 25 f.). Klassisches Beispiel ist der Kon-
sument, der ab einem bestimmten Zeitpunkt auf ebay.com zum Profianbieter (Powersel-
ler) wird und damit eher die Rolle eines Unternehmers einnimmt. Auch kann es vorkom-
men, dass ein Marktplatz wie z. B. autoscout24.de sowohl den Handel zwischen Unter-
nehmen und Privatpersonen (B2C) als auch den Handel unter Privatpersonen (C2C) orga-
nisiert und damit eine Mischform bei der Wahl des Geschäftsbereiches präferiert.
98 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Geschäftskonzepte
Die Antwort auf die nachfolgende Frage „Wie können Einnahmen im E-Business generiert
werden?“ ist direkt über eine Analyse des elektronischen Geschäftskonzeptes zu beantwor-
ten. Dieses Geschäftskonzept beschreibt dabei den Austausch einer angebotenen Leistung
(Produkt oder Service) zwischen bestimmten Geschäftspartnern hinsichtlich des Inhalts
und der dafür zum Tragen kommenden Vergütung (Kollmann 2019d, S. 33 ff.). Dabei kön-
nen für das E-Business fünf typische Geschäftskonzepte identifiziert werden: Content,
Commerce, Context, Connection und Communication (Wirtz 2003, S. 106 ff.; Rayport/Ja-
worski 2002, S. 184 ff.).
Direkte (Objektaufnahme/
Direkte (Premiuminhalte) Transaktionsabhängige, Direkte (Inhalts- Direkte (Verbindungs-
Verbindungsgebühr) oder
Erlösmodell und indirekte direkte und indirekte aufnahme) und indirekte
Indirekte Erlösmodelle
gebühr) und indirekte
Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung)
(Werbung)
E-Community,
E-Shop, E-Shop, E-Marketplace,
E-Community, E-Shop,
Plattformen E-Community, E-Procurement,
E-Marketplace
E-Company,
E-Marketplace,
E-Company E-Marketplace E-Community
E-Company
Überblick,
Überblick, Überblick, Überblick,
Überblick, Auswahl,
Auswahl, Auswahl, Auswahl,
Mehrwert Kooperation,
Auswahl,
Vermittlung,
Vermittlung,
Vermittlung,
Abwicklung Abwicklung,
Abwicklung Austausch Austausch
Austausch
Das Geschäftskonzept „Content“ (s. Abb. 50) beinhaltet die Sammlung, Selektion, Sys-
tematisierung, Kompilierung (Packing) und Bereitstellung von Inhalten auf einer eigenen
Plattform innerhalb eines Netzwerkes. Dabei zielt dieses Geschäftskonzept auf die einfa-
che, bequeme, visuell ansprechend aufbereitete und online zugängliche Präsentation und
Handhabung der Inhalte für den Nutzer. Varianten dieses Geschäftskonzepts sind im Hin-
blick auf E-Information, E-Entertainment und E-Education zu sehen und verfügen dement-
sprechend über informierende, unterhaltende oder bildende Inhalte. Die Erlöse werden bei
diesem Konzepttyp entweder über direkte (z. B. Verkauf von Premiuminhalten) oder in-
direkte (z. B. Werbung bei Inhaltspräsentation) Erlösmodelle erzielt. Ein Beispiel für ein
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 99
direktes Modell wäre genios.de, bei der Inhalte über eine Datenbank nur gegen eine Nut-
zungsgebühr zu erhalten sind. Dagegen sind die Beiträge auf der Plattform manager-ma-
gazin.de bis auf Premiumartikel grundsätzlich kostenlos, wobei die Einnahmen indirekt
über Werbeeinblendungen generiert werden (z. B. Banner).
Das Geschäftskonzept „Commerce“ (s. Abb. 50) umfasst die Anbahnung, Aushandlung
bzw. Abwicklung von Geschäftstransaktionen über Netzwerke. Die traditionellen Trans-
aktionsphasen werden somit elektronisch unterstützt, ergänzt oder substituiert. Dieses Ge-
schäftskonzept zielt dabei auf die einfache, bequeme und schnelle Abwicklung von Kauf-
bzw. Verkaufsprozessen ab. Die Erlöse werden bei diesem Konzepttyp wiederum über
direkte (z. B. Verkauf von Produkten und Dienstleistungen) oder aber indirekte (z. B. Wer-
bung) Erlösmodelle erzielt. Ein Beispiel ist das Reiseunternehmen expedia.de, das einen
Großteil seines Reiseangebots direkt von den Anbietern erwirbt und anschließend Hotel-
zimmer und Flugtickets über seine Webseite an Endkunden direkt weiterverkauft – und
zwar zu einem Preis, den das Unternehmen nach Angebot und Nachfrage selbst kalkuliert
(Hirn/Rickens 2003, S. 77 f.).
Das Geschäftskonzept „Context“ (s. Abb. 50) zeichnet sich durch die Klassifizierung,
Systematisierung und Zusammenführung von verfügbaren Informationen und Leistungen
in Netzwerken aus. Hierdurch wird das Ziel verfolgt, eine Verbesserung der Markttranspa-
renz (Komplexitätsreduktion) und Orientierung (Navigation) für den Nutzer zu erreichen.
Die Erlöse werden bei diesem Konzepttyp entweder über ein direktes (z. B. Gebühr für
die Aufnahme oder Platzierung von Inhalten) oder indirektes Modell (z. B. Werbung, Sta-
tistiken, Inhalte) generiert. Als Beispiel können hier in erster Linie die Suchmaschinen,
wie bspw. google.de (Röhle 2010) und lycos.de oder die Web-Kataloge, wie web.de ge-
nannt werden. Während Suchmaschinen die Netzinhalte quasi automatisch suchen und ka-
talogisieren, beinhalten Web-Kataloge qualitative Bewertungen von Webseiten und werden
von Redakteuren eigenhändig erstellt (Fritz 2004, S. 53).
Bei dem Geschäftskonzept „Connection“ (s. Abb. 50) wird die Interaktion von Akteuren
in Datennetzen ermöglicht bzw. organisiert. Dieser Zusammenschluss kann auf kommer-
zieller aber auch technologischer Ebene erfolgen. Als Erlösmodell kommen erneut direkte
(z. B. für die Objektaufnahme/-anbindung oder Verbindungsgebühren) oder indirekte
(z. B. Werbung, Statistiken, Cross-Selling) Modelle zum Einsatz. Als Beispiel für eine
technologische Zusammenführung kann t-online.de genannt werden, die einen generellen
Zugang zum Internet anbieten und somit gegen eine Verbindungsgebühr die „Connec-
tion“ ermöglichen. Als ergänzendes Beispiel für eine kommerzielle Zusammenführung
kann autoscout24.de genannt werden, die Autohändler zum Zwecke des Gebrauchtwagen-
verkaufs mit einer Datenbankanbindung auf einen E-Marketplace bringen.
Bei dem Geschäftskonzept „Communication“ (s. Abb. 50) wird die Interaktion von Ak-
teuren in Netzwerken ermöglicht bzw. unterstützt. Dies schließt sowohl die Kommunika-
tion zwischen Nutzern einer Seite untereinander als auch die Kommunikation von Nutzern
mit einer Plattform und umgekehrt ein. Die Erlöse werden bei diesem Geschäftskonzept
entweder über ein direktes (z. B. Verbindungsgebühr) oder ein indirektes Modell (z. B.
100 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Werbung) generiert. Im Hinblick auf die Werbung wird dabei insbesondere auf die vor-
handenen Kommunikations- und Nutzerprofile zurückgegriffen. Als Beispiel können hier
in erster Linie E-Communities (social networks), wie facebook.com oder elitepartner.de,
bzw. Informationsangebote, wie durch E-Mail-Benachrichtigungen auf ebay.com reali-
siert, genannt werden.
autoscout24.de
reifendirekt.de
expedia.de
yahoo.de
ciao.de
Abb. 51: Beispiele für Mischformen der Geschäftskonzepte der Digitalen Wirtschaft
Quelle: in Anlehnung an Wirtz 2018, S. 309.
-verarbeitung und -übertragung für die Umsetzung des Digitalen Geschäftsmodells (Koll-
mann 2019d, S. 25 ff.).
Der elektronische Wertschöpfungsprozess beschreibt die Informationsaktivitäten bzw.
die Abfolge von Informationstätigkeiten, die zusammengenommen einen Mehrwert für
den Kunden schaffen (Kollmann 2019a). Dabei gibt es Kern- und Serviceprozesse. Die
Kernprozesse haben eine echte Wertschöpfungsfunktion, während die Serviceprozesse die
Abläufe in der Wertschöpfungskette unterstützen. Der elektronische Wertschöpfungspro-
zess beginnt in der Regel mit dem Informationsinput. Um den avisierten Mehrwert an-
bieten zu können, müssen zunächst die benötigten Informationen gesammelt werden (z. B.
Wer fragt was in welcher Qualität nach bzw. bietet an?). In einem zweiten Schritt werden
die Informationen intern so bearbeitet, dass sie in gewünschter Form als Informationsout-
put wieder an den Kunden mehrwertorientiert übertragen werden können. Dieser Vorgang
kann als zentraler elektronischer Wertschöpfungsprozess bezeichnet werden und be-
schreibt den Kernprozess der meisten Aktivitäten im E-Business. Somit kann meist der
folgende idealtypische elektronische Wertschöpfungsprozess, als sog. Informationsdrei-
sprung für die Digitale Wirtschaft unterstellt werden (Kollmann 1998b):
Im ersten Schritt steht die Informationsgewinnung, bei der es darum geht, relevante
Daten als Informationsinput für die weitere Wertschöpfung zu sammeln. Im Ergebnis
steht der Aufbau eines nutzbaren Datenbestandes. Dieser Wertschöpfungsschritt kann
auch als Informationssammlung bezeichnet werden. Ziel dieser Informationssamm-
lung ist eine Effektivitätssteigerung: Die einfache, schnelle und umfassende Gewin-
nung von Informationen über die Ansprüche bzw. Vorstellungen der potenziellen Kun-
den soll die Basis für die Realisierung eines auf die individuellen Wünsche zuge-
schnittenen Leistungsangebotes sein. Kundeninformationen können aktiv in die Pro-
duktgestaltung einfließen.
Im dritten Schritt steht der Informationstransfer, bei dem es um die Umsetzung des neu
erlangten oder bestätigten Wissens über die gesammelten, gespeicherten, verarbeiteten
und ausgewerteten Daten gegenüber dem Kunden geht. Im Resultat steht ein wertschaf-
fender Informationsoutput. Dieser Wertschöpfungsschritt kann auch als Informa-
tionsübertragung bezeichnet werden. Ziel dieser Informationsüberarbeitung ist ins-
besondere eine Effektivitätssteigerung: Die einfache, schnelle und umfassende Über-
tragung von Informationen kann zu einer verbesserten Wahrnehmung der Vorteilhaf-
tigkeit eines Angebotes führen. Die relevanten und individuell benötigten Informatio-
nen werden dabei vom Empfänger selektiert und aktiv ausgewertet.
102 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Wichtig bei dieser Betrachtung ist die Erkenntnis, dass ein einmaliger Durchlauf durch
diesen idealtypischen elektronischen Wertschöpfungsprozess alleine nicht ausreicht, son-
dern der Durchlauf durch Informationsgewinnung, -verarbeitung und -übertragung viel-
mehr permanent notwendig ist (Kollmann 2019d, S. 25 ff.). Dies gilt umso mehr, als die
Daten, aus denen Informationen gewonnen werden, Veränderungen unterliegen. Insofern
muss deren Aktualität stetig überprüft werden. Einige Beispiele für den elektronischen
Wertschöpfungsprozess in der Digitalen Wirtschaft bietet vor diesem Hintergrund die Abb.
52.
Bei der Bestimmung des zugehörigen Angebots und der passenden Nachfrage wird sodann
der elektronische Mehrwert des Projekts genauer bestimmt und dazu komplementär die
passende elektronische Plattform erarbeitet. Hierzu zählt ebenfalls die Identifikation der
Zielgruppe, deren Bedarfsermittlung sowie die Problemidentifikation und das Profiling.
In diesem Zusammenhang müssen dann insbesondere folgende Fragen beantwortet wer-
den:
Antworten auf diese Fragen führen dann direkt zu dem Komplex „Umsetzung“, bei dem
dann die Durchführung der zuvor bestimmten Geschäftsprozesse und die Auswahl geeig-
neter Technologien für deren Realisierung erarbeitet wird. Für diese Implementierung
des Gründungs- bzw. Transformationsprojekts stehen dann folgende Fragen im Fokus:
Wird der jeweilige (z. B. mobile) Plattform-Nutzen für den Kunden bedient?
Unter der Voraussetzung einer inhaltlichen, prozessualen und technischen Umsetzung der
digitalen Geschäftsidee muss dann natürlich auch der betriebswirtschaftliche Charakter
des zugehörigen digitalen Geschäftsmodells und damit die Finanzen der Geschäftslogik
beschrieben werden. Bei der Ausarbeitung dieser Finanzebene werden dann das passende
Erlösmodell, sowie die geeignete Erlössystematik bestimmt. Dies geschieht abschlie-
ßend unter Berücksichtigung der erarbeiteten Kern- und Nebenleistungen, sowie der zu-
gehörigen Kostenstruktur für die Umsetzung aller relevanten Geschäftsmodell-Aspekte.
Vor diesem Hintergrund müssen insbesondere noch folgende Fragen beantwortet werden:
Welche laufenden Kosten fallen für den Betrieb der digitalen Plattform an?
Ab wann werden variable und fixe Kosten durch Einnahmen getragen (Break-Even)?
Im Folgenden wird nun auf alle Fragen im Detail eingegangen und mögliche Lösungs-
bzw. Antwortwege quasi als prozessualer Durchlauf durch den E-Business-Generator wer-
den aufgezeigt (Kollmann 2019c, S. 659 ff.).
104 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
ten als Informationsinput zur weiteren Wertschöpfung gesammelt werden, um einen nutz-
baren Datenbestand aufzubauen. Das Ziel der Informationssammlung ist eine Effektivi-
tätssteigerung durch eine einfache, schnelle und umfassende Gewinnung von Informatio-
nen zu den Bedürfnissen potenzieller Kunden. So können Kundeninformationen aktiv zur
Angebotsgestaltung genutzt werden und darauf basierend individuelle, auf die Kunden-
wünsche zugeschnittene Leistungen angeboten werden. Die Informationsverarbeitung be-
zeichnet den zweiten Schritt, bei dem die gesammelten Daten bearbeitet und in ein ent-
sprechendes Informationsprodukt für den Kunden umgewandelt werden. Das Ziel der In-
formationsverarbeitung ist eine Effizienzsteigerung, da die einfache, schnelle und umfas-
sende Verarbeitung der Informationen die Prozesse des Unternehmens verbessern und
Kosten reduzieren kann. Die Informationsübertragung bezeichnet den dritten Schritt, bei
dem die erlangten und verarbeiteten Informationen gegenüber den Kunden umgesetzt wer-
den und ein wertschaffender Informationsoutput entsteht. Das Ziel der Informationsüber-
tragung ist eine Effektivitätssteigerung, da die einfache, schnelle und umfassende Über-
tragung der Informationen die wahrgenommene Vorteilhaftigkeit eines Angebots erhöhen
kann. Der Kunde kann dabei als Informationsempfänger die für ihn individuell relevanten
Informationen selektieren und aktiv auswerten. So kann das Kauferlebnis bzw. der Kun-
dennutzen in den Bereichen Suche, Bewertung (produktbezogen), Problemlösung (dienst-
leistungsbezogen) erhöht oder aber auch die Transaktionskosten gesenkt werden. Ent-
scheidend für diese Basis-Informationsprozesse ist, dass ein permanenter und verlässlicher
Informations- und damit Datenfluss von einem Schritt zum nächsten etabliert wird, insbe-
sondere da der Informationsinput und damit die Datenlage im Ausgangspunkt stetigen
Veränderungen unterliegt.
Am Beispiel von autoscout24.de verdeutlicht Abb. 53 die elektronische Problemlösung
anhand des realen Problems der Autosuche bzw. des Autoverkaufs. Die Plattform bietet
mittels weitestgehend standardisierter und skalierbarer elektronischer Basisprozesse die
Möglichkeit, sein Auto einfach, komfortabel, schnell und kostengünstig im Internet anzu-
bieten (1) und so eine deutlich größere Reichweite (2) zu erzielen, als es früher bei den
klassischen Zeitungsinseraten der Fall war. Dabei kann das Inserat nicht nur einfacher,
schneller und durch mehr Interessenten (2) über die verschiedenen stationären und mobi-
len Plattformen gefunden werden (3), sondern auch deutlich umfangreicher beschrieben
und durch Zusatzfeatures wie Fotos etc. visualisiert werden (4). Zudem erfolgt die Ein-
stellung durch den Nutzer selbst, so dass im Hinblick auf die Skalierbarkeit nur die tech-
nische Performance und Ergonomie, aber keine personellen Ressourcen für die Annahme
der Inserate aufgebaut werden müssen. Damit löst autoscout24.de das Problem der Suche
nach aber eben auch das Einstellen von einem Gebrauchtwagen als Angebot sowie die
effektive und effiziente Zuordnung von Nachfrager und Anbieter mit Hilfe elektronischer
Geschäftsprozesse besser, als es Zeitungen mit ihren realen Lösungen (= Printprodukten)
können. Zudem waren und sind die Kunden (= Autohändler) bereit, für eine solche Prob-
lemlösung (= bessere Zuführung von Interessenten) von Anfang an zu bezahlen (= Gebühr
für das Einstellen der Gebrauchtwagen in die Datenbank). Die Informationssammlung
(Daten zu Gebrauchtwagen und den Suchkriterien), die Informationsverarbeitung (Mat-
ching-Prozess eines Abgleichs von Angebot und Nachfrage) sowie die Informationsüber-
tragung (Anzeige der passenden Trefferliste mit Bildern und Texten sowie strukturierter
106 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Objektausprägungen) werden bestmöglich nur über das technische System bzw. die hierzu
programmierte Plattform (E-Marketplace) abgewickelt. Damit ist zusammenfassend der
Ausgangspunkt des E-Business-Generator (Kollmann 2019c, S. 659 ff.) mit der zugehöri-
gen Kernfrage bestmöglich beantwortet worden.
Überblick: Ein elektronisches Angebot bietet einen Überblick über eine große Menge
an Daten, deren Sammlung andernfalls sehr aufwendig wäre. Es schafft somit einen
Strukturierungswert. Beispiel: google.com
Austausch: Ein elektronisches Angebot bietet Möglichkeiten, die es den Parteien er-
lauben, effektiver und/oder effizienter miteinander zu kommunizieren. Es schafft so-
mit einen Kommunikationswert. Beispiel: facebook.com
1
1
Führt man das Beispiel von autoscout24.de im Rahmen der Analyse der elektronischen
Mehrwerte weiter, so wird aus Abb. 54 deutlich, dass hier ebenfalls mehr als nur ein elekt-
ronischer Mehrwert geschaffen wird. Erstens entsteht ein im Mittelpunkt stehender Mat-
chingwert durch die erfolgreiche Vermittlung von Anbietern und Nachfragern durch ak-
tive Suche oder Benachrichtigungen bei passenden Angeboten (1). Zweitens erhält der
Nutzer einen guten Überblick über die passendsten verfügbaren Artikel, welcher durch die
stringent strukturierten Ergebnisse einen entsprechenden Strukturierungswert schafft (2).
Drittens kann darüber hinaus der Nutzer anhand verschiedenster vorgegebener und auch
eigener Kriterien seine Suche bzw. Auswahl verfeinern und zieht auf diese Weise einen
Selektionswert aus dem elektronischen Angebot (3).
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 109
Das Marketing im E-Procurement verlangt z. B. einen starken Fokus auf das Supplier Re-
lationship Management (SRM) und Wissensmanagement. Im Gegensatz dazu liegt der
Fokus z. B. im E-Shop-Marketing auf Kundengewinnung, -bewertung und -bindung.
Kommen für die Kundengewinnung allgemein die bereits oben genannten Marketing-
maßnahmen in Frage, nimmt heute auch die Kundenbewertung einen wichtigen Stellen-
wert ein. Mittels innovativer und natürlich stark informationsgetriebener Methoden wie
Data Warehouse (Aufbau eines Datenpools), Data Mining (multidimensionale Analyse
des Datenpools) und Database-Marketing (Umsetzung von Marketing- und Verbesse-
rungs-Aktivitäten auf Basis des Datenpools) können aussagekräftige Kundenprofile er-
stellt und genutzt werden (Kollmann 2019b). Daran anknüpfend kann durch unmittelbare
Personalisierung (One-to-One-Marketing) ein höherer Mehrwert geliefert werden, da
die Kundenpräferenzen besser befriedigt werden, sodass ein wiederholter Kauf oder eine
wiederholte Nutzung wahrscheinlicher ist und die Kundenloyalität erhöht wird. Im Rah-
men der Kundenbindung kann ferner eine individualisierte Reaktivierung von Kunden an-
gestrebt werden. Der Datenpool kann außerdem auch im Beschwerdefall ein präzises und
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 111
ca. 99 % aller organischen Klicks auf die erste Suchergebnisseite entfallen (Beus 2015).
Hinzu kommen noch zielgruppenspezifische Marketingmaßnahmen gegenüber den Händ-
lern und weitere massenorientierte Werbemaßnahmen über TV-Spots, Werbebanner usw.
Die Auswertung der Kundenprofile schlägt sich zudem beispielsweise in den personali-
sierten Newslettern nieder. Wie zuvor erwähnt, müssen sich die Marketingmaßnahmen
von autoscout24.de dabei jedoch in dem durch die gesetzlichen Regularien vorgegebenen
Rahmen bewegen, welche u. a. durch die DSGVO festgelegt werden. Dazu gehören neben
den Informationspflichten (s. Abb. 56) auch technische Schritte wie z. B. das Double-Opt-
In-Verfahren bei Newsletter-Anmeldungen, Cookie-Pop-Ups oder auch die Möglichkeit
der Weitergabe seiner Daten an Dritte zu widersprechen.
im Frontend aktiv bei der Nutzung des elektronischen Angebots eines Unternehmens wahr
und beurteilen das Unternehmen anhand von dessen Prozesssicherheit und -qualität (Koll-
mann 2019a). Diese beiden Faktoren determinieren somit maßgeblich das Nutzungsver-
halten des Angebots durch die Kunden. Getrieben von der Virtualität elektronischer An-
gebote, entsteht durch elektronische Prozesse das reale Qualitätsbild eines Unternehmens
in der Öffentlichkeit und wird mit dem von Konkurrenten und der realen und Digitalen
Wirtschaft verglichen. Kunden beurteilen ein Unternehmen heutzutage vermehrt anhand
seiner Prozesskompetenz, welche aus einer erfolgreichen Implementierung und damit er-
folgreichen Transformation der ersten innovativen Idee in ein elektronisches Angebot als
Kern eines digitalen Geschäftsmodells resultiert.
3 3
places ohne aktiven Marktplatzbetreiber waren zuvor der zeitliche Faktor und das Ver-
trauen zwischen Anbieter und Nachfrager bezüglich der Transaktionsleistung, da der
Marktplatzbetreiber hier keine tragende respektive unterstützende Rolle eingenommen hat
(Kollmann 2019a). Und da, wo ein zentraler aktiver Marktplatzbetreiber eine vermittelnde
Rolle übernommen hat, stellt sich die Frage, ob diese nicht auch durch die Blockchain-
Technologie selbst übernommen werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es wahr-
scheinlich, dass die Blockchain-Technologie neue digitale Geschäftsmodelle ermöglicht,
die klassische Geschäftsmodelle wie E-Communities oder E-Marketplaces mit entspre-
chenden Intermediären als Plattformbetreiber angreifen bzw. transformieren können. Koll-
mann/Hensellek/de Cruppe/Sirges (2019) sprechen in diesem Zusammenhang auch von
einem kooperativen Blockchain-enabled Electronic Marketplace (BEEM) als mögliche
neue Form digitaler Geschäftsmodelle auf Basis der Blockchain-Technologie.
Am Beispiel von autoscout24.de zeigt Abb. 57 den Aufbau der zentralen Datenbankarchi-
tektur auf Basis des DataGuard-Systems der ORDIX AG mit einer Active-DataGuard-Le-
sefarm. Laut Langer/Skowasch (2012) war „Kern der alten Umgebung eine Master-DB,
eingebunden in einen HACMP Cluster (aktiv/passiv). Für den Lesezugriff der Applikati-
onen wurde ein Teil der Daten mit Hilfe von Materialized Views auf insgesamt 15 „Lese-
Datenbanken“ repliziert. Es gab 5 Arten von Replica-DBs, die sich bzgl. der replizierten
Daten und Indexe unterschieden. Die neue DataGuard-Live-Umgebung verteilt sich über
das Primary-RZ, bestehend aus Brandabschnitt BA1, BA2 und das K-Fall-RZ (1). Die
Master-DB befindet sich im Primary-RZ und die K-Fall-DB (Mount-Status) im K-Fall-
RZ. Der Observer (2) überwacht die Master- und K-Fall-Datenbank. Die Standby-DBs
sind über alle 3 Standorte verteilt. Sowohl der schreibende als auch der lesende Zugriff
der Clients und Applikationen erfolgt über die Loadbalancer (3). Die Vorteile dieser Lö-
sung liegen laut Langer/Skowasch (2012) in „der einfachen Umgebung, bei der alle Da-
tenbanken den gleichen Datenstand und die gleiche Datenstruktur haben. Zudem gibt es
keine Verzögerung auf den Standby-DB mehr und die Standby-DB sind nahezu synchron
mit der Master-DB. Ferner erfolgt der automatische Failover auf die K-Fall-DB bei Aus-
fall der Master-DB.“ Diese Ausführungen zum Aufbau der Datenbank-Architektur bei
AutoScout24 machen deutlich, dass elektronische Prozesse gerade bei Matching-Plattfor-
men mit zwei Marktseiten und damit unterschiedlichen Datenquellen umfangreiche An-
forderungen an die technischen Systeme und zugehörigen, zum Teil noch verteilten Re-
chenzentren, mit sich bringen. Aufbau, Gestaltung und Absicherung müssen sich an dem
zentralen Informationsdreisprung orientieren und eine für ihn jederzeit sichere Verfügbar-
keit von Daten zu jedem Zeitpunkt gewährleisten. Nur so kann insbesondere die techni-
sche Skalierbarkeit mit den zugehörigen Kosteneffekten auch bei größeren Datenmengen
funktionieren. Für die softwaretechnische Weiterentwicklung des E-Marketplace setzt
autoscout24.de u. a. auch auf agile Methoden wie Scrum. Das Unternehmen setzt hierfür
explizit interdisziplinäre Teams in den iterativen Lern- und Weiterentwicklungsphasen
ein, um mit inkrementellen Entwicklungen eine schnelle „Time-to-Market“ für neue Fea-
tures bzw. Produktverbesserungen zu erreichen.
116 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Symbiose-Prinzip: Hier existiert, ähnlich des Plural-Prinzips, eine Kern- und Neben-
leistung, wobei die Kernleistung (z. B. Nutzung einer E-Community) jedoch kosten-
los angeboten wird bzw. werden muss, um so die notwendigen Informationen für die
Nebenleistung (z. B. personalisierte Werbung) zu erhalten. Die im Zuge der elektro-
nischen Wertschöpfung generierten Informationen werden ausschließlich über die
Nebenleistung wirtschaftlich genutzt.
Unabhängig davon, ob es sich um eine Kern- oder Nebenleistung handelt und welches
Erlösmodell gewählt wird, können für digitale Geschäftsmodelle drei typische Erlössys-
tematiken identifiziert werden. In Abhängigkeit von der elektronischen Plattform und
dem unternehmensindividuellen Leistungsangebot werden diese wie folgt klassifiziert
(Kollmann 2019a, S. 73 f.; Wirtz 2018):
Margenmodell: Dieses Modell wird für direkte Verkäufe eigener Leistungen an Kun-
den genutzt. Die für die Leistungserstellung notwendigen Kosten werden kalkuliert
und um eine Gewinnmarge erhöht. Diese Summe bildet den Preis der elektronischen
Leistung und ist so zu wählen, dass die Gewinnmarge neben den variablen Kosten
auch langfristig die Fixkosten deckt. Ein typisches Beispiel ist der E-Shop.
Eine eindeutige und präzise Artikulation, wie ein Unternehmen seine Erlöse anhand der
vorgestellten Erlösmodelle und -systematiken strukturiert, um stabile Einkommensströ-
me zu generieren, ist integraler Bestandteil eines erfolgreichen digitalen Geschäftsmodells
und wird daher von Investoren (Kollmann 2019c) und anderen Stakeholdergruppen regel-
mäßig verlangt. Inwiefern Kryptowährungen wie z. B. Bitcoin in Zukunft von Unterneh-
men als Zahlungsmittel verwendet werden können, um Zahlungsströme abzuwickeln,
hängt maßgeblich von der Akzeptanz dieser Währungen in der breiten Bevölkerung ab.
Ähnliches gilt auch für innovative Arten der Preissetzung zum Abschöpfen der individu-
ellen Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Käufers durch Dynamic Pricing, da die damit
einhergehenden unterschiedlichen Preise für unterschiedliche Konsumenten bzw. Kon-
sumentengruppen in der Öffentlichkeit teils kritisch gesehen werden. Die spezifische
Preisstrategie eines digitalen Startups sollte insofern sorgfältig geplant sowie ständig über-
wacht und bei Bedarf angepasst werden (Kollmann 2019a).
Wie intuitiv klar wird, sind die Einkommensströme eines Unternehmens inhärent mit kor-
respondierenden Kosten verknüpft, z. B. für das Generieren von Klicks und somit poten-
ziellen Kunden oder das Ausführen eines Auftrags. Die entscheidende Frage „wie viel
kostet uns ein zahlender Kunde?“ impliziert bereits die untrennbare Verbindung zwischen
der Umwandlung von Klicks in einen Kauf mit einem bestimmten Umsatz (sog. Conver-
sion-Rate) auf der einen Seite und die damit verbundenen Kosten für die Generierung der
Klicks (z. B. Cost per Click) und Abwicklung dieses Kaufs auf der anderen Seite (Trans-
aktionskosten). Im Allgemeinen muss ein E-Venture auf der Kostenseite sowohl unter-
scheiden zwischen Startup-Kosten und laufenden Betriebskosten als auch zwischen fixen
und variablen Kosten. Startup-Kosten sind notwendig, um die digitalen Basissysteme
und -technologien des (neu gegründeten oder neu ausgerichteten) Unternehmens initial
aufzusetzen und sind somit einmalige Kosten (Kollmann 2019c). Dahingegen fallen Be-
triebskosten regelmäßig an, um den laufenden Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Ein
wesentliches Merkmal digitaler Geschäftsmodelle besteht darin, dass diverse Formen von
klassischen Fixkosten in variable Kosten, die proportional zum Leistungsoutput des Un-
ternehmens sind, transformiert werden können (z. B. E-Fulfillment oder Web-Traffic).
Dies führt im Vergleich zu klassischen Geschäftsmodellen zu einer höheren Degression
der Fixkosten sowie zu unterschiedlichen Kostenstrukturen, Kostenbestandteilen und
Kostentreibern (Kollmann 2019c).
118 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Der positive Effekt durch die Verteilung von fixen Kosten auf einen immer größeren Out-
put wird als Kostendegressionseffekt bezeichnet und kann zu einem signifikanten Kos-
tenvorteil von digitalen Geschäftsmodellen führen (Kollmann 2019a). Dies geht außerdem
eng einher mit der bereits oben beschriebenen Prozesssicht bei der Implementierung einer
digitalen Geschäftsidee. Für bestimmte Nicht-Kernprozesse kann ein Unternehmen ferner
Make-or-Buy-Entscheidungen bzw. Outsourcing in Erwägung ziehen, wobei Kernaktivi-
täten stets als unternehmensspezifische Quelle der Wertschöpfung im Unternehmen selbst
verbleiben sollten. Während der kurzfristige Fokus junger Unternehmungen auf Größen
wie dem Deckungsbeitrag pro Kunden liegen kann, muss jedes Unternehmen langfristig
jedoch auch seine Fixkosten erfolgreich decken und so den Betriebserfolg nachhaltig si-
chern können. Da der Gewinn oder Verlust eines Unternehmens auch in der digitalen
Geschäftswelt weiterhin die Zahl ist, die letztlich über ein nachhaltiges Bestehen am Markt
entscheidet, erleichtert ein – anhand des hier dargestellten E-Business-Model-Generator –
sorgfältig entwickeltes, differenziertes und klar ausgedrücktes digitales Geschäftsmodell
das Identifizieren und Quantifizieren der unternehmensspezifischen Kosten- und Erlös-
treiber auf allen relevanten Ebenen.
Die relevantesten Kennzahlen fließen schließlich in die sog. KPI-Struktur eines digitalen
Startups bzw. Transformationsprojektes ein und beschreiben so das digitale Geschäftsmo-
dell. Einen Ansatz hierfür bietet das 4-K-Modell zur prozessorientierten KPI-Steue-
rung von Startups in der Digitalen Wirtschaft (Kollmann 2019c, S. 499 ff.; Kollmann/
Hensellek 2017a). Dieses Modell bietet den Vorteil, dass es sowohl die Unternehmens-
sicht (intern) als auch die Investorensicht (extern) berücksichtigt und somit sowohl zum
eControlling als auch zur Kommunikation mit Investoren und weiteren Stakeholdern ge-
nutzt werden kann. So kann ein E-Venture sowohl den Anforderungen der kontinuierli-
chen Kontrolle und Verbesserung seiner Geschäftsprozesse als auch seinen Informations-
und Kommunikationspflichten gerecht werden. Das 4-K-Modell umfasst sowohl quanti-
tative als auch qualitative Steuerungsgrößen und spiegelt die wichtigsten Kennzahlen der
elektronischen Wertschöpfungslogik wider. Grundsätzlich kann das 4-K-Modell für alle
elektronischen Plattformen (E-Shop, E-Procurement, E-Marketplace, E-Community und
E-Company) genutzt werden. Insgesamt deckt das 4-K-Modell unternehmensinterne
(Kundengewinnung, Konversion, Kundenbindung) und unternehmensexterne (Kommuni-
kation) Bereiche prozessorientiert und anhand jeweils geeigneter KPIs ab (s. Abb. 58).
Im Rahmen der Kundengewinnung werden die potenziellen Interessenten eines digitalen
Startups beschrieben, welche das Potenzial haben, in neue Kunden umgewandelt werden
zu können. Dies sind für die elektronischen Plattformen E-Shop und E-Procurement je-
weils Käufer, für den E-Marketplace Teilnehmer (Anbieter und Nachfrage), für die E-
Community Teilnehmer und für die E-Company Partner. Wichtige Kennzahlen zur Er-
mittlung der Kundengewinnung bieten dabei unterschiedliche quantitative Kennzahlen,
wie bspw. der Tausender-Kontakt-Preis (TKP), welcher die Kosten pro 1.000 erreichter
Kontakte in Form von Impressionen widerspiegelt. Der TKP gibt dabei jedoch noch keine
Aussage über die Qualität dieser Kontakte, sodass weitere Kennzahlen wie z. B. (unique)
Visits oder die Bounce Rate berücksichtigt werden sollten. Insgesamt können im Bereich
Kundengewinnung als Spitzenkennzahl schließlich die Customer Acquisition Costs
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 119
(CAC) herangezogen werden. Die Konversion bildet darauf basierend anschließend den
Übergang von Interessenten zu tatsächlichen Kunden nebst dazugehöriger Transaktion ab
und folgt somit unmittelbar aus dem Prozess der Kundengewinnung. Eine der wichtigsten
KPIs in diesem Zusammenhang ist die Konversionsrate, welche die Anzahl der Transak-
tionen (z. B. Verkauf im E-Shop) in Relation zur Anzahl der Seitenbesuche setzt und so
angibt, wie erfolgreich die Umwandlung von Interessenten in Kunden gelingt. Weitere
Kennzahlen in diesem Bereich berücksichtigen den mit der Transaktion zusammenhän-
genden Umsatz und die Kosten, sodass ein Online-Deckungsbeitrag und als Spitzenkenn-
zahl der sog. Return on Advertising Spending (ROAS) gebildet werden kann.
Kommunikation
Investorensicht
Das dritte Feld im 4-K-Modell bildet die langfristige Perspektive der Kundenbindung ab.
Es trägt damit der anhaltenden Entwicklung hin zum Relationship- und One-to-One-Mar-
keting Rechnung und gibt Aufschluss über die Nachhaltigkeit des Erfolgs eines E-Ven-
tures in Bezug auf die langfristige Beziehung zu dessen Kunden. Die Nutzung eines digi-
talen Angebots, als Folge einer erfolgreichen Konversion, führt auf Kundenseite zu einer
Zufriedenheitseinschätzung, die regelmäßig über Online-Bewertungen ausgedrückt wer-
den kann. Da das Neueinwerben von Kunden für Unternehmen der Digitalen Wirtschaft
mit hohen Kosten verbunden ist, besteht, obgleich ebenfalls mit Kosten verbunden, ein
großes Interesse an der Aktivierung bzw. Reaktivierung von Stammkunden. Das gesamte
Geschäftspotenzial bzw. der Wert eines Kunden für ein Unternehmen wird daher oftmals
in der Langfrist-Perspektive als sog. Customer Lifetime Value (CLV) ausgedrückt. Der
CLV gibt den „diskontierten erwarteten Online-DB über die gesamte Lebenszeit einer
Kundenbeziehung und somit den investitionstheoretischen Kundenertragswert an“ (Koll-
mann/Hensellek 2017a, S. 52). Diesen Wert gilt es als Spitzenkennzahl zu maximieren.
120 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Das vierte Feld des 4-K-Modells bildet schließlich die Kommunikation des E-Ventures
mit (potenziellen) Investoren ab. Im Rahmen einer erfolgreichen „Investor Relation“ sollte
ein digitales Startup proaktiv vorgehen und (potenziellen) Investoren Einblick in die un-
ternehmensindividuelle elektronische Wertschöpfungslogik geben. Dazu ist es notwendig,
auch vermeintlich vertrauliche Informationen mit Investoren zu teilen, denn es sind nur
solche KPIs zur Kommunikation an Investoren zielführend, die vom Startup selbst als so
relevant eingestuft werden, dass diese auch intern erhoben, ausgewertet und als Grundlage
für laufende Verbesserungszyklen genutzt werden. Insofern ist intuitiv nachvollziehbar,
dass die zu Kommunikationszwecken zu verwendenden KPIs zwangsläufig den drei Be-
reichen der digitalen Kundengewinnung, Konversion und Kundenbindung entstammen
müssen. Auf Basis eines zusammenhängenden Modells zur KPI-Steuerung können digi-
tale Unternehmen auch nicht-digitalen Unternehmen aus der klassischen Wirtschaft, wel-
che oftmals als Corporate-Venture-Capital-Geber fungieren, ihre Wertschöpfungslogik
einfacher vermitteln.
Das Beispiel von autoscout24.de in Abb. 59 stellt einen E-Marketplace dar, dessen Erlös-
modell dem Plural-Prinzip folgt. Die Erlössystematik umfasst dabei gleich mehrere Leis-
tungen, durch die das Unternehmen Erlöse generiert. Neben der (von gewerblichen An-
bietern) bezahlten Kernleistung, der Anzeigenschaltung gegen Gebühr (1), werden dar-
über hinaus auch weitere Erlöse mittels Nebenleistungen (2) generiert. Diese bestehen ins-
besondere aus bezahlten Werbeflächen, z. B. für Bannerwerbung, sowie in der Vermitt-
lung von Zusatzangeboten über Partnerunternehmen, wofür an autoscout24.de Provisio-
nen ausgezahlt werden. Damit die jeweils integrierten Nebenleistungen auch ertragreich
sind und das Angebot des Unternehmens sinnvoll ergänzen, sollten diese in einem logi-
schen Zusammenhang dazu stehen und so dem Nutzer einen höheren Mehrwert liefern,
z. B. indem er nicht noch zusätzlich auf einer externen Seite nach einer KFZ-Versicherung
oder einem Kredit suchen muss. Ferner werden mittels verschiedener Methoden, u. a. über
persönliche Mitgliedskonten oder Cookies, detaillierte Statistiken erstellt, welche eben-
falls sowohl intern (z. B. via Cross- und Up-Selling, Kollmann 2019b) als auch extern
(z. B. Verkauf von Nutzerstatistiken) monetisiert werden können. Im Ergebnis kommuni-
ziert autoscout24.de im Rahmen seiner Investorenkommunikation Spitzenkennzahlen
(KPIs) aus allen drei Bereichen des 4-K-Modells wie z. B. Unique Monthly Visitors (Kun-
dengewinnung), Average Revenue per User (Konversion) oder Anzahl aktiver Händler-
partner (Kundenbindung).
Die vorangegangenen Ausführungen bezogen auf die einzelnen Handlungsfelder des E-
Business-Generator haben verdeutlicht, dass es für ein neues oder am Markt bereits tätiges
E-Venture notwendig ist, jedes dieser Felder sorgfältig zu berücksichtigen und fortlaufend
zu analysieren. Im Ergebnis der Anwendung des E-Business-Generator stehen entweder
für ein neues bzw. geplantes E-Venture die Grundzüge einer ersten „Executive Sum-
mary“ oder für ein bereits tätiges E-Venture ein grober Analyse- bzw. Prüfbericht (Koll-
mann 2019c, S. 659 ff.). So oder so kann mit dem E-Business-Generator eine Untersu-
chung des elektronischen Geschäftsmodells – ausgehend von einer Problemlösung bis hin
zu letztlich relevanten Finanzgrößen des Erfolgs oder Verlusts – durchgeführt werden.
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 121
Gegeben dem bislang genutzten Beispiel von AutoScout24 soll im Folgenden exempla-
risch eine Executive Summary zu der Geschäftsidee auf Basis der Situation für das E-
Venture im Gründungsjahr 1999 aufgebaut werden. Kollmann (2019c) war damals als
Gründungsgesellschafter und -geschäftsführer auch der Verfasser des ersten Business-
plans des Unternehmens, auf den hier in Analogie ein historischer Bezug genommen wird,
ohne jedoch vertrauliche Informationen zu verwenden. Die dabei ebenfalls angestellten
Basisüberlegungen zu einem E-Marketplace können ferner dem Lehrbuch „E-Business“
entnommen werden (Kollmann, 2019a, S. 595 ff.). Damit wird auch klar, dass der E-Bu-
siness-Generator (s. Abb. 49) bestmöglich auch in Verbindung mit einem Grundwissen
rund um elektronische Geschäftsmodelle und -prozesse auf der zugehörigen Plattform ver-
wendet werden kann (Kollmann 2019c, S. 659 ff.):
1 2
Basisebene: Ausgangspunkt/Problembeschreibung
Der Angebotsmarkt für gebrauchte Kraftfahrzeuge in Deutschland wird seit Jahrzehnten
vom stationären Handel (Autohäuser), Privatanbietern und dem zugehörigen Anzeigenteil
in klassischen und zudem oftmals regionalen Printmedien (Tageszeitung) dominiert. Auch
der Nachfragermarkt (Händler und Privatpersonen) muss sich diesem Anzeigenteil in den
Printmedien bedienen. Diese Kommunikation ist aber räumlich (Erscheinungsort des
Printmediums) und zeitlich (Anzeigenteil nur in Mittwochs- und Samstagsausgabe) sowie
mengenmäßig (begrenzte Anzeigenaufnahme) limitiert. Damit ist der Markt für ge-
brauchte Kraftfahrzeuge in Deutschland und die zugehörige Zusammenführung von An-
gebot und Nachfrage ineffizient und ineffektiv organisiert! AutoScout24 will unter dem
Motto „Findet, was Sie suchen“ einen elektronischen Marktplatz im Internet aufbauen, der
eine schnellere, bessere und günstigere Zusammenführung von Anbietern und Nachfra-
gern ermöglicht als es über die bisherigen Printprodukte möglich ist.
Basisebene: Geschäftsidee/Wertschöpfungsprozess
Die Geschäftsidee von AutoScout24 bietet aufgrund der elektronischen Zuordnung von
Angebot und Nachfrage eine innovative, massentaugliche und skalierbare Lösung für den
Handel mit Gebrauchtwagen an. Für den Anbieter bietet die Plattform die Möglichkeit,
das Auto über die entsprechenden Eingabemenüs einfach, komfortabel, schnell und kos-
tengünstig im Internet einzustellen und anzubieten und so eine deutlich größere Reich-
weite zu erzielen, als es früher bei den klassischen Zeitungsinseraten der Fall war. Der
Nachfrager kann über die elektronische Suche mit Hilfe von Auswahlmenüs das passende
Inserat einfacher, schneller und überregional finden. Die Beschreibungsmöglichkeiten des
Objekts „Gebrauchtwagen“ sind dabei sehr umfangreich über Texte, Fotos und verschie-
dene Kategorien (z. B. Farbe, km-Stand, Ausstattung usw.), so dass eine ausreichend gute
Beschreibung seitens des Anbieters und eine gute Beurteilbarkeit seitens des Nachfragers
im Distanzhandel des Internets gegeben ist. Da die Einstellung und die Suche seitens der
Nutzer auf Basis eines technisch performanten Systems erfolgt, ist die Skalierbarkeit für
den Massenmarkt „Gebrauchtwagen“ mit auch in der Zukunft zu erwartenden Stabilität
(= Nachhaltigkeit) gegeben. Eine Expansionsmöglichkeit wäre auf Basis des gleichen
technischen Systems und Matching-Prozessen auch für Neuwagen möglich.
AutoScout24 basiert vor diesem Hintergrund auf einem zentralen Wertschöpfungsprozess:
Die Informationssammlung (Daten zu Gebrauchtwagen und den Suchkriterien), die Infor-
mationsverarbeitung (Matching-Prozess eines Abgleichs von Angebot und Nachfrage) so-
wie die Informationsübertragung (Anzeige der passenden Trefferliste mit Bildern und
Texten sowie strukturierter Objektausprägungen) werden bestmöglich nur über das tech-
nische System bzw. die hierzu programmierte Plattform (E-Marketplace) abgewickelt.
Neben der Eingabe der Daten zu den Gebrauchtwagen wird dem Händler auch eine direkte
Schnittstelle zu der eigenen Verwaltungssoftware im Autohaus angeboten. Der Matching-
Prozess erfolgt nach dem Katalog-Prinzip mit einer 100%-igen Zuordnung von Angebot
und Nachfrage. Das bedeutet, dass die Inserate in der Datenbank hinterlegt und zu einem
durchsuchbaren Multi-Katalog mit zugehörigen Kategorien (z. B. Marke, Modell, Farbe
usw.) zusammengefasst werden. Ein Angebot wird dabei nur dann aufgenommen, wenn
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 123
alle Angaben zu allen Kategorien gemacht wurden. Eine Zuordnung zu der Trefferliste
einer Nachfrage erfolgt ferner nur dann, wenn alle Suchkriterien vollständig erfüllt sind.
Angebotsebene: Mehrwert/Plattform
AutoScout24 bietet den Marktteilnehmern eine ganze Reihe an elektronischen Mehrwerten
an. Im Mittelpunkt steht die erfolgreiche elektronische Vermittlung zwischen Anbieter
und Nachfrager (Matchingwert) mit einer anschließend darauf basierenden hohen Wahr-
scheinlichkeit für einen tatsächlichen realen Verkauf bzw. Kauf des Autos (Transaktions-
wert). Dafür erhält der Nachfrager einen guten und strukturierten Überblick über die pas-
sendsten sowie verfügbaren Gebrauchtwagen (Objekte) in der Datenbank (Strukturie-
rungswert), deren Anzeige er noch individuell z. B. nach dem Preis oder der Ausstattung
sortieren kann (Selektionswert). Der Anbieter erhält über ein Inserat bei AutoScout24 eine
bundesweite Reichweite und damit eine höhere Vermarktungschance für seinen Ge-
brauchtwagen. Damit die Zusammenführung für beide Marktseiten fair, transparent und
vorteilhaft erfolgt, positioniert sich AutoScout24 als neutraler und unabhängiger Betreiber
des E-Marketplace im Internet. Aufgrund der technischen Verarbeitungskapazität der
Plattform-Systeme kann AutoScout24 eine aktive Vermittlungsrolle für jeden Marktteil-
nehmer und alle Marktaktivitäten einnehmen. Die Datenbanken ermöglichen sowohl den
nachfragerseitigen als auch angebotsseitigen Koordinationsprozess und sind gegen Aus-
fall über mehrere Sicherheitsablagen auf verschiedenen, auch räumlich getrennten Servern
geschützt.
Nachfrageebene: Zielgruppe/Marketing
Die Nachfrage und das Angebot nach Gebrauchtwagen zeigten sich über die letzten Jahre
stabil. Der Bereich „private Automobile“ ist mit einem Bestandswert von ca. 200 Mrd.
DM (Stat. BA 1997) einer der größten Einzelmärkte in Deutschland, wobei Neuwagen
einen Anteil von ca. 64 Mrd. DM und Gebrauchtwagen einen Anteil von ca. 75 Mrd. DM
an den Konsumausgaben der Bundesbürger ausmachen. Vor diesem Hintergrund wurden
1997 in Deutschland laut dem Stat. BA 3,5 Mio. neue PKW zugelassen und 7,4 Mio. Ge-
brauchtwagen wechselten den Besitzer. Der Handel mit Gebrauchtwagen soll auch in den
nächsten Jahren trotz zunehmender Stilllegung von Altfahrzeugen auf einem hohen Ni-
veau von deutlich über 7 Mio. Einheiten bleiben. Da nahezu alle Bundesbürger ab dem
18. Lebensjahr über ein Auto verfügen wollen, kann AutoScout24 auf eine sehr große Ziel-
gruppe zurückgreifen, die allen demografischen Eigenschaften der breiten Bevölkerung
entspricht und zunehmend auch über einen Internet-Anschluss verfügt. Daher wird Auto-
Scout24 auf umfangreiche Massenwerbung in TV-, Print- und Online-Medien (insbeson-
dere Keyword-Advertisement bei Suchmaschinen wie Google und auch Banner-Werbung
bei autoaffinen Webseiten wie ADAC) zurückgreifen, um schnell die kritische Masse an
Nachfragern bzw. Nachfragen für die Angebote in der Datenbank zu erreichen. Da hiermit
auch die Angebotseinstellung der Privaten angesprochen wird, soll gegenüber den profes-
sionellen Händlern (Autohäusern) zusätzlich ein direkter Vertrieb aufgebaut werden. Da
diese klar identifizierbar sind, können diese über klassische Vertriebsprozesse (Mailings,
124 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
Implementierungsebene: Domain/Technologie/Geschäftsprozess
Unter der Domain „www.autoscout24.de“ soll eine Plattform im Internet entstehen, wel-
che die komplexen Strukturen eines E-Marketplace erfüllt. Dazu gehört die Bewältigung
des Umfangs der zu speichernden und zu verarbeitenden Datenmengen sowie die automa-
tisierte Aktualisierung der heterogenen automobilrelevanten Informationen. Die zugehö-
rige Software-Entwicklung setzt sich dabei insbesondere aus den Teilbereichen Informa-
tion und Kommunikation (Zugangswege, Anbahnung, Distribution), Datenhaltung (Da-
tenbank und Workflow), Darstellung (Multimedia, Ergonomie, Fulfillment) und Transak-
tion (Matching, Bewertung, Reichweite-Vermarktung) zusammen. Im Mittelpunkt steht
die Realisierung des zentralen Geschäftsprozesses für den E-Marketplace, bestehend aus
der angebotsseitigen Einstellung von Objekten (eOffer-Prozess), der nachfragerseitigen
Suche nach Objekten (eSearch-Prozess), der Zuordnung eines passenden Angebots zu ei-
ner Nachfrage (eMatching-Prozess), der Abwicklung für die zugeordneten Marktteilneh-
mer (eTransaction-Prozess) sowie der Betreuung der Marktteilnehmer nach der erfolgrei-
chen Zuordnung (After-Sales-Prozess). Hierfür wird der Einsatz einer relationalen sowie
objektorientierten Datenbank notwendig sein. Im ersten Schritt steht dabei die Umsetzung
der Internet-Plattform im Fokus, später soll der mobile Zugang für die Nutzer möglich
sein. Das zugehörige Management von AutoScout24 verfügt vor diesem Hintergrund über
einschlägige Erfahrungen in den Bereichen E-Business, Automobilmarkt und Technologie
sowie Marketing und Finanzen.
Einsatzanleitung für den E-Business-Generator 125
Finanzebene: Einnahmen/Kosten/Geschäftsmodell
Das Geschäftsmodell von AutoScout24 basiert auf der Annahme, dass der größte Nutzen
der Plattform für die professionellen Händler entsteht, die ihre Gebrauchtwagen mit hö-
heren Marktchancen über den E-Marketplace verkaufen wollen und dies auch tun müssen,
da die Objekte auf dem Hof als „totes Kapital“ gelten. Somit liegt der sog. „Pain-Point“
im Markt auf der Anbieterseite. Da zudem aufgrund des Katalogprinzips zuerst die Daten
der Gebrauchtwagen für den Matching-Prozess sichtbar werden, gilt die Angebotsseite
mit dem Objekt „Gebrauchtwagen“ ebenso als sog. „Domino-Kunde“, der zuerst akqui-
riert werden muss, damit die andere Marktseite eine Attraktivität zur Nutzung der Such-
möglichkeiten erkennt. Da ferner über die Plattform nur die Kontaktanbahnung zum Ge-
brauchtwagenkauf, nicht aber der tatsächliche Vollzug nach einer Probefahrt vor Ort si-
cher gemessen werden kann, kann das Einnahmenmodell nur auf Basis der Einstellung der
Gebrauchtwagen in die Datenbank erfolgen und nicht aufgrund des realen Kaufs bzw.
Verkaufs. Bezahlt werden muss somit das nun „elektronische Inserat“ und damit die hö-
here Verkaufschance für den Gebrauchtwagen. Im Ergebnis steht vor diesem Hintergrund
das Grundgebührmodell als Erlössystematik und das Plural-Prinzip als Erlösmodell.
Die Einnahmen von AutoScout24 werden aufgrund des Plural-Prinzips zum einen von An-
fang an gespeist aus den direkten Einnahmen für das Einstellen der Gebrauchtwagen durch
die professionellen Händler. Zum anderen können indirekte Nebeneinnahmen durch das
Angebot von Versicherungen und Zubehör zu den jeweiligen Gebrauchtwagen als Wer-
beplatzierungen realisiert werden. Die allgemeine Vermarktung von Banner-Plätzen auf
der Plattform für Image-Werbung der Hersteller und anderer Unternehmen mit einer au-
toaffinen Zielgruppe kommt noch hinzu. Da das Angebot auf ausreichend Nachfrage tref-
fen muss, um den Vorteil der höheren Reichweite tatsächlich für die Händler zu generie-
ren, stehen auf der Kostenseite insbesondere die Aufwendungen für Marketing im Mittel-
punkt. Als „Big-Budget-Modell“ muss hier mit großen Investitionen in eine Bekanntma-
chung von AutoScout24 als „die führende Plattform für den Handel mit Gebrauchtwagen
im Internet“ gerechnet werden. Neben den Investitionen in die Technologie und den Ver-
trieb gegenüber den Händlern werden die Werbeausgaben der größte Kostentreiber für das
E-Venture sein. Es muss daher das Ziel sein, die Customer Acquisition Costs über den
möglichst niedrigen Einsatz von Werbeausgaben im sog. Cost-per-Click- bzw. besser
noch im sog. Cost-per-Lead-Verfahren bei einer gleichzeitig hohen Konversionsrate so
gering wie möglich zu halten. Unterstützt werden soll die Attraktivität für die privaten
Nutzer auch dadurch, dass diese ihre Gebrauchtwagen kostenlos einstellen können. Durch
diesen besonderen geldwerten Vorteil im Gegensatz zu der Konkurrenz im Printbereich
soll schnell die kritische Masse an eingestellten Gebrauchtwagen sowie an Nachfragen für
alle Objekte und damit auch für die zahlenden Händler gewährleistet werden. Im Ergebnis
der zugehörigen Kalkulation im Finanzbereich soll der Break-Even im dritten Jahr nach
Gründung erreicht werden.
Ergebnis
Auch wenn die Finanzen im Anwendungsfall des E-Business-Model-Generator im Bei-
spiel von AutoScout24 aufgrund der diesbezüglich vertraulichen Informationen nicht als
126 Einsatzanleitung für den E-Business-Generator
konkretes Zahlenwerk aufgeführt werden konnten, so wird doch deutlich, wie eine zuge-
hörige und grundsätzliche Idee zu einem E-Venture mit Hilfe dieses Tools eine erste Aus-
gestaltung erfahren kann. Dabei waren die Ausführungen lehrdidaktisch etwas umfang-
reicher als es vielleicht bei einem konkreten Anwendungsfall und der normalerweise üb-
lichen Begrenzung der Executive Summary auf eine Textseite hätte sein müssen. Das Er-
gebnis ist dann die Ausgangslage für weitere kritische Auseinandersetzungen mit der Ge-
schäftsidee und dem zugehörigen Geschäftsmodell innerhalb des Gründerteams und kann
zudem einfließen in die eigentliche Erstellung eines Businessplans, einem Pitch-Deck
für Investoren oder einem Expertengespräch, um eine externe Validierung bzw. ein
Feed-Back vom Markt zu bekommen.
Das spezifische Geschäftsmodell bildet aber auch danach weiterhin den Mittelpunkt der
Strategie und Geschäftstätigkeit eines jeden Unternehmens und es kann sich über die Zeit
aufgrund von Wettbewerbern oder Technologie- und Marktveränderungen abnutzen (Lin-
der/Cantrell 2000). Passiert dies, schwindet damit auch der aus einem erfolgreichen Ge-
schäftsmodell ursprünglich hervorgegangene Wettbewerbsvorteil. Daher müssen Unter-
nehmen mit neuen Entwicklungen Schritt halten und sich diesen möglichst früh stellen.
Ein weit verbreiteter Fehler bei der Entwicklung von digitalen Geschäftsmodellen ist, dass
die eigenen Annahmen als selbstverständlich und richtig gelten, was zu einem zu engen
Blick auf die komplexe digitale Welt führt. Zu hohe Umsatz- und zu geringe Kostenschät-
zungen sind die natürliche Folge und führen letztlich zum Scheitern vieler innovativer
Ideen. Als Gegenmittel und gleichzeitig Best Practice, sollte jedes E-Venture sorgfältig
und stetig sein eigenes digitales Geschäftsmodell mittels Sensitivitäts- und/oder Szena-
rioanalysen (re-)evaluieren, um die Effekte von Variationen interner und externer Para-
meter auf den Output des Unternehmens aufzudecken – sowohl c. p. als auch in Kombi-
nation. Der Startpunkt sollte auch hier wieder die konkrete Idee und Lösung zu einem
relevanten Problem stehen, für die Kunden zu einer Gegenleistung bereit sind. Eine solche
Analyse ist insbesondere wichtig für die Kernprozesse eines Unternehmens, welche des-
sen spezifische Wertschöpfung ausmachen. Sie ermöglicht dem Unternehmen somit, kri-
tische Parameter ex ante zu identifizieren sowie ihre Wirkung zu verstehen und trägt somit
der komplexen, dynamischen und unsicheren Umwelt Rechnung, in der sich ein jedes di-
gitales Geschäftsmodell heutzutage unweigerlich bewegt. Manchmal macht lediglich eine
kleine, aber smarte Veränderung – z. B. während solch einer (Re-)Evaluation entdeckt –
den Unterschied und lässt ein digitales Geschäftsmodell einzigartig, innovativ und erfolg-
reich werden (Kollmann 2019c, S. 659 ff.).
Einsatzergebnis für den E-Business-Generator 127
Die Relevanz des E-Business für die heutige Gesellschaft und Wirtschaft steht außer Fra-
ge, machen doch die Umsätze im E-Business mittlerweile einen signifikanten Teil der ge-
samten Wirtschaftsleistung aus und wachsen weiterhin mit zweistelligen Wachstumsraten
(Quinn/Biondi/Penmetcha 2014). Die Digitalisierung der Geschäfts- und Privatwelt
bringt großartige Möglichkeiten mit sich und eröffnet neue Wege zur Exploration und
Exploitation innovativer Ideen, die zunehmend unser tägliches Leben verändern. Gleich-
zeitig baut sie jedoch auch einen enormen Druck auf etablierte Unternehmen auf, die sich
der Herausforderung gegenübergestellt sehen, in einer sich schnell verändernden, komple-
xen Umwelt mit immer kürzeren Produktzyklen zu bestehen. Disruptive Geschäftsmo-
delle junger Startups bergen nicht selten das Potenzial, existierende Wettbewerbsvorteile
nahezu über Nacht verschwinden zu lassen und so den Wettbewerb neu zu ordnen. Heute
noch etablierte Geschäftsmodelle können bereits morgen erodieren und Unternehmen –
ungeachtet ihrer Branche, ihres Alters oder ihres Erfolgs – müssen daher die Herausfor-
derung des E-Business annehmen, um überhaupt Schritt halten zu können. Der E-Busi-
ness-Generator soll einen ersten Ansatz liefern, wie man diesen Herausforderungen be-
gegnen kann.
Neben dem Selbststudium und der Selbstanwendung des E-Business-Generator bieten wir
einen 1- bis 2-Tagesworkshop an, um Unternehmen und Startups bei der eigenen Ent-
wicklung bzw. Transformation von bzw. in digitale(n) Geschäftsmodellen und -prozessen
zu unterstützen. Im Mittelpunkt des Workshops steht natürlich die gemeinsame Anwen-
dung des E-Business-Generator. Neben einem theoriegeleiteten Überblick über das The-
menfeld E-Business wird insbesondere diese praxisorientierte Anwendung für die Teil-
nehmer vermittelt. Startups und große Unternehmen lernen das Tool für die Entwicklung
digitaler Geschäftsmodelle einzusetzen (E-Model-Generation) und Mittelstand bzw. In-
dustrie für eine digitale Transformation ihrer realen Geschäftsprozesse (E-Business-Ge-
neration). Startups oder Unternehmen wird damit ein wirksames Tool an die Hand gege-
ben, dass sie befähigt, auf einfache Art und Weise die Wertschöpfungslogik ihres Vorha-
bens zu erfassen, zu analysieren, zu artikulieren, zu teilen und letztlich auch zu verändern.
Alle zugehörigen Informationen und die Möglichkeit für eine Workshop-Anfrage bietet
die Webseite: www.e-business-generator.de
Mit der Digitalisierung ist es wie mit allen Veränderungen: Es gibt Gewinner und Verlie-
rer. Alle Technologien, die schneller, besser und/oder günstiger waren, haben sich in Wirt-
schaft und Gesellschaft durchgesetzt und die bis dahin gültigen Regeln und Strukturen
verändert: das Rad, die Dampfmaschine, das Radio, das Auto. Heute sind es das Internet
und die damit verbundenen digitalen Technologien, die die bisher bestehende Ordnung
umwälzen. Wir brauchen den Mut und die konsequente Haltung, diesen digitalen Wandel
als wesentliche Veränderung zu akzeptieren – und sie endlich als zentrale gesellschaftli-
che, wirtschaftliche und politische Aufgabe zu sehen. Das klare Ziel muss es sein, mit
möglichst vielen Gewinnern ins digitale Zeitalter zu gehen. Keine Struktur und keine
Branche wird sich den Veränderungen aufgrund technologischer Innovationen auf Dauer
Übungen
2. Xing (xing.de) ist ein soziales Netzwerk, das seinen Nutzern die Möglichkeit bietet,
berufliche Kontakte zu verwalten, zu pflegen und sich auszutauschen. Neben dem An-
legen persönlicher Profile bietet die Plattform außerdem Gruppen, Diskussionsforen
und Events an, die den Austausch fördern sollen. Während die Basis-Mitgliedschaft
bei xing.de kostenfrei ist, sind einige Funktionen der Webseite – bspw. die gezielte
Suche nach Mitgliedern mit spezifischen Qualifikationen – zahlenden Premiummitglie-
dern vorbehalten. Wenden Sie den E-Business-Model-Generator auf das Geschäfts-
modell von www.xing.de an.
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144 Begriffe
Begriffe
Die „Digitale Wirtschaft“ bzw. „Net Economy“ bezeichnet den wirtschaftlich genutzten
Bereich von elektronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netz-
werkökonomie, welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder in-
direkte Abwicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Trans-
aktionsprozessen erlaubt.
„E-Business“ ist die Nutzung von innovativen Informationstechnologien, um über den
virtuellen Kontakt etwas zu verkaufen, Informationen anzubieten bzw. auszutauschen,
dem Kunden eine umfassende Betreuung zu bieten und einen individuellen Kontakt mit
den Marktteilnehmern zu ermöglichen.
Mit dem Begriff „E-Commerce“ wird die Nutzung von stationären Computer-Endgeräten
als Informationstechnologie bezeichnet, um über Informations-, Kommunikations- und
Transaktionsprozesse zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektronische Waren und
Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche Verkauf im Mit-
telpunkt steht.
Unter „E-Entrepreneurship“ wird die Schaffung einer selbstständigen und originären
rechtlichen Wirtschaftseinheit in der Net Economy (E-Venture; Startup) verstanden,
innerhalb der die selbständige(n) Gründerperson(en) mit einem spezifischen Online-An-
gebot (Produkt bzw. Dienstleistung) einen fremden Bedarf decken möchte(n).
Unter einem „E-Startup“ bzw. „E-Venture“ wird ein neu gegründetes und damit junges
Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee innerhalb der Net Economy verstanden,
welches über eine elektronische Plattform in Datennetzen seine Produkte und/oder
Dienstleistungen auf Basis einer rein elektronischen Wertschöpfung
Unter „Online-Marketing“ wird die absatzpolitische Verwendung elektronisch vernetz-
ter Informationstechnologien verstanden, um unter deren technischen Rahmenbedingun-
gen, die Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik mit Hilfe der innovativen
Möglichkeiten der Online-Kommunikation marktgerecht zu gestalten.
Unter dem „Digital Leadership“ wird ein Führungsstil speziell für die Digitale Wirtschaft
verstanden. Dieser besteht aus den Komponenten Digital Mindset (Wollen), Digital Skills
(Können) und Digital Execution (Machen) und befähigt, digitale Prozesse, Produkte und
Plattformen zu gestalten und die zugehörigen Mitarbeiter proaktiv und agil zu führen.
„Digitale Transformation“ (auch „digitaler Wandel“) bezeichnet einen fortlaufenden
und tiefgreifenden Veränderungsprozess für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf Basis
digitaler Technologien, der Information, Kommunikation und Transaktion zwischen den
hier jeweils beteiligten Akteuren elementar beeinflusst und zu einem neuen Verständnis
und Verhalten in den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebensbereichen
führt.
Autoren
Prof. Dr. Tobias Kollmann ist Inhaber des Lehrstuhls für E-Business und E-Entrepre-
neurship an der Universität Duisburg-Essen. Seit 1996 befasst er sich mit wissenschaftli-
chen Fragestellungen rund um die Themen Internet, E-Business und E-Commerce. Als
Mitgründer von AutoScout24 gehörte er mit zu den Pionieren der deutschen Internet-
Gründerszene und der elektronischen Marktplätze. Für sein besonderes Lehr- und Förder-
konzept in diesem Bereich erhielt er beim UNESCO Entrepreneurship Award „Entrepre-
neurial Thinking and Acting“ einen Sonderpreis. 2004 hat er lange vor Apple zusammen
mit Motorola und der Telekom die erste mobile UMTS-App in Deutschland konzipiert
und in einem Feldversuch im Rahmen der Kieler Woche getestet. Seit 2013 ist er der Vor-
sitzende des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“ im BMWI und wurde in dieser Funktion
mehrfach einstimmig wiedergewählt. Von 2014 bis 2017 war er zudem der Landesbeauf-
tragte für die Digitale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. 2012 wurde er zum „Business
Angel des Jahres“ gewählt und laut dem Magazin Business Punk (Ausgabe 02/2014) ge-
hört er zu den 50 wichtigsten Köpfen der Startup-Szene in Deutschland. Die Redaktion
von politik & kommunikation (Ausgabe 117/2016) zählt ihn zu den bedeutendsten Akteu-
ren der Digitalisierung im politischen Berlin. Brandwatch zählt „Prof_Kollmann“ im No-
vember 2017 zu den TOP-10 der einflussreichsten Twitter-Autoren rund um das Thema
„Digitale Transformation“ und „Digital Leadership“. Seit 2018 gehört er laut der FAZ zu
den 100 einflussreichsten Ökonomen in Deutschland und hat „Gewicht in Medien, For-
schung und Politik“. Seit 2015 ist er Mitglied im Aufsichtsrat vom börsennotierten Stahl-
und Digitalkonzern Klöckner & Co SE. 2019 wurde er als stellvertretender Vorsitzender
zudem in den Aufsichtsrat der COMECO GmbH & Co. KG, einem FinTech-Spin-off der
Sparda Banken, berufen.
JProf. Dr. Simon Hensellek ist Juniorprofessor für Entrepreneurship und Digitalisierung
an der Technischen Universität Dortmund. Zuvor studierte er Management & Economics
an der Ruhr-Universität Bochum und absolvierte Studienaufenthalte an der Tongji Uni-
versität Shanghai sowie der Utrecht University School of Economics. Er promovierte an
der Universität Duisburg-Essen und arbeitete dort als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw.
PostDoc am Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship. Einzelne Studien seiner
kumulativen Dissertation wurden u. a. mit Preisen wie dem „Best Paper on International
Entrepreneurship Award“ (ACERE Conference 2018) ausgezeichnet. Praxiserfahrung
sammelte er bei der Deutsche Telekom AG und PricewaterhouseCoopers AG WpG sowie
durch die Gründung eines E-Commerce Unternehmens. Gemeinsam mit Prof. Kollmann
Autoren 147
hat er ein umfangreiches Seminar- und Workshop-Angebot zu den Themen Digitale Wirt-
schaft, Digitale Transformation und digitale Geschäftsmodelle aufgebaut. In seiner For-
schung und Lehre verfolgt er einen Dreiklang der Themen Entrepreneurship, Innovation
und Digitalisierung. Im Besonderen liegt sein Fokus dabei auf entrepreneurialen Verhal-
tensweisen (z. B. Bricolage) und Strategien (z. B. Entrepreneurial Orientation) sowie di-
gitalen Innovationen (z. B. Digital Prototyping) und Geschäftsmodellen (z. B. Plattfor-
mökonomie). Forschungsgegenstand sind dabei neben jungen, innovativen Wachstums-
unternehmen (Startups) auch etablierte Unternehmen im Rahmen der Digitalen Transfor-
mation (z. B. Digital Leadership). Er veröffentlicht seine Forschung in internationalen
Fachjournalen wie z. B. Electronic Markets oder Journal of Business Research und prä-
sentiert seine Forschungsergebnisse regelmäßig auf nationalen und internationalen Kon-
ferenzen wie z. B. dem Academy of Management Annual Meeting (AOM).
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