Sie sind auf Seite 1von 478

Social Branding

Matthias Schulten ⋅ Artur Mertens ⋅ Andreas Horx


(Hrsg.)

Social Branding

Strategien - Praxisbeispiele - Perspektiven


Herausgeber
Matthias Schulten Andreas Horx
Furtwangen Frankfurt/Bad Soden
Deutschland Deutschland

Artur Mertens
Darmstadt
Deutschland

ISBN ---- ISBN ---- (eBook)


DOI ./----

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;


detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 


Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht aus-
drücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei-
cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be-
rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der
Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann
benutzt werden dürften.

Lektorat: Stefanie Brich, Ingrid Walther


Einbandentwurf: KünkelLopka GmbH, Heidelberg
Umschlagmotiv & Kapitelillustrationen: branddevelop GmbH / Strategisches Markenmanagement /
www.branddevelop.de

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier

Springer Gabler ist eine Marke von Springer DE. Springer DE ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer
Science+Business Media
www.springer-gabler.de
Grußwort

Dem Konsumenten auf Augenhöhe begegnen

Gerade einmal acht Jahre sind vergangen, seit eine Grup-


pe von Harvard-Studenten um Mark Zuckerberg das
soziale Netzwerk Facebook gründete. Mittlerweile ist die
Online-Community eines der erfolgreichsten Unterneh-
men des Web 2.0 und zählt weltweit nahezu 850 Millio-
nen Mitglieder. Neben Facebook gibt es viele weitere sehr
erfolgreiche Online-Plattformen. All diese Unternehmen
haben grundlegend die Art und Weise verändert, wie
Menschen sich im Internet darstellen, Inhalte miteinan-
der teilen und Produkte und Dienstleistungen bewerten.
Auch in Deutschland ist die Entwicklung von Social-
Media-Plattformen beeindruckend: Laut einer BITKOM-
Studie engagieren sich rund 40 Millionen Bundesbürger
als Mitglied in sozialen Netzwerken. Bei den unter 30-jährigen Internetnutzern ist na-
hezu jeder Deutsche Mitglied einer Online-Community. Soziale Netzwerke haben sich
hierzulande in kürzester Zeit von einem Nischenphänomen zum Internet-Standard ent-
wickelt.
Diese Entwicklung beschränkt sich nicht auf den privaten Bereich, sondern bietet
auch für Unternehmen und ihre Marken neue Chancen und Kommunikationsfelder.
Zahlreiche Experten für Öffentlichkeitsarbeit, Personalfragen oder Markenführung ha-
ben sich in den vergangenen Jahren den neuen digitalen Kommunikationsinstrumenten
geöffnet und sind auf verschiedene Weise mit ihren Kunden und Nutzern in Dialog
getreten. Auch der BITKOM begleitet und entwickelt dieses wichtige Thema im Arbeits-
kreis Social Media.
Eine der grundlegenden Ideen von Social Media ist, dass die Nutzer selbst die Inhalte
gestalten und sie mit anderen Community-Mitgliedern teilen. Die Bandbreite reicht hier
von kurzen Interessensbekundungen per „Gefällt mir“-Button bis zu ausführlichen Blog-
beiträgen. Auf die Unternehmens- und Markenwelt angewendet, führt dieses Prinzip des
„User Generated Content“ dazu, dass Kunden vermehrt ihre weitreichenden Partizipati-
onsmöglichkeiten nutzen und mitunter durch ihre Äußerungen im Social Web selbst

V
VI Grußwort

Einfluss auf die Reputation und den Wert von Marken nehmen. Das starre Verhältnis
zwischen dem sendenden Unternehmen und seinen konsumierenden Kunden ist längst
aufgehoben. Die logische Konsequenz für Unternehmen ist daher, auch auf dem Gebiet
der Markenführung ein Engagement im Social Web zu prüfen, mit dem sie ihren Kun-
den auf Augenhöhe begegnen und diese idealerweise in den Wertschöpfungsprozess
einbinden können.
Das vorliegende Werk zum Social Branding kommt daher zur richtigen Zeit und lie-
fert hochkarätige, interdisziplinäre Impulse aus Theorie und Praxis. Besonderen Wert
haben die Herausgeber auf eine umfassende Darstellung der Chancen und Heraus-
forderungen in der Markenführung im Social Web gelegt: Die Autoren aus Hochschulen,
Unternehmensberatungen, aus großen und mittelständischen Unternehmen sowie Blog-
ger und Social-Media-Experten bündeln das in Deutschland vorhandene Fachwissen
zum Thema Markenführung im Social Web. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine
anregende Lektüre mit vielen neuen Einsichten.

Prof. Dieter Kempf, BITKOM-Präsident


Vorwort

Soziale Medien greifen um sich! Allein im vergangenen Jahr nahm die Zahl der Nutzer
hierzulande um über 30 % auf 40 Millionen zu. Es verwundert daher nicht, dass immer
mehr Unternehmen dazu übergehen, soziale Medien in ihre Unternehmenskommunika-
tion zu integrieren. Die Integration geht dabei mit vollkommen neuen Herausforderun-
gen einher: Waren Unternehmen bislang nur Sender von Botschaften, so empfangen sie
nun dank des Einsatzes sozialer Medien auch Botschaften aus der Community.
Die Community erwartet dabei, dass sie vom Unternehmen respektiert wird und mit
ihren Anliegen Gehör findet. Hierdurch nimmt sie zunehmend Einfluss auf das Unter-
nehmen und seine Marken. In der Folge gewinnt eine neue Teildisziplin der Markenfüh-
rung, das so genannte Social Branding, an Bedeutung. Social Branding, d. h. die Marken-
führung in sozialen Medien, verbindet Kenntnisse des Marketings, sozialer Prozesse und
der Informationstechnik. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es den Nutzern sozialer
Medien zuhört, mit ihnen interagiert, ihre Meinungen akzeptiert und ihnen die Mög-
lichkeit gibt, sich durch Bekennung zur Marke sozial zu erheben und sich selbst zu in-
szenieren.
Trotz seiner großen praktischen Relevanz wird das Social Branding bislang weder von
der wissenschaftlichen noch von der Ratgeber-Literatur angemessen aufgegriffen. Die
vorhandene Literatur widmet sich entweder dem Online-Marketing, sozialen Medien
oder aber technischen Aspekten, lässt aber die spezifischen betriebswirtschaftlichen so-
wie managementorientierten Herausforderungen der Markenführung in sozialen Me-
dien weitgehend außer Acht. Das vorliegende Buch zielt darauf ab, diese Lücke mittels
einer Darstellung von Grundlagen und Erfolgsfaktoren, branchenspezifischen Best-
Practice-Beispielen sowie Controlling-Mechanismen und Perspektiven rund um das
Social Branding zu schließen.
Das Buch hat den Anspruch, zu inspirieren, zum Nachdenken anzuregen und teilwei-
se auch zu polarisieren. Es soll wichtige Fragen pragmatisch beantworten, z. B. wann
Fanpages für Marken Sinn machen, was bei der Entwicklung von Kampagnen zu beach-
ten ist und wie der Erfolg von Marken in sozialen Medien gemessen und bewertet wer-
den kann. Das Buch richtet sich dabei gleichermaßen an Führungskräfte in Marketing
und Vertrieb sowie an Dozenten und Studierende des Marketings. Denn nur wer fun-

VII
VIII Vorwort

dierte Kenntnisse über die Möglichkeiten und Grenzen der Markenführung in sozialen
Medien hat, wird – so unsere These – langfristig erfolgreich Marketing-Verantwortung
tragen können. Dabei gilt es, die kontinuierlich zunehmenden Möglichkeiten der Mar-
kenführung in sozialen Medien auch als ein Experimentierfeld zu begreifen, aus dem
regelmäßig neue überzeugende Marketing-Konzepte und Geschäftsmodelle entstehen.
In das Buch flossen die Erfahrungen führender Unternehmen und Hochschulen ein:
Audi, allfacebook.de, branddevelop, Check24, Dell, dmc digital media center, Deloitte,
Draft FCB, EBS Business School in Oestrich-Winkel, 1&1, Harley-Davidson, Heuking
Kühn Lüer Wojtek, HFU Furtwangen, Hochschule der Medien Stuttgart, HTW Dresden,
Mang Medical One, Markenlexikon, MasterCard, MSO Digital, Nestlé, Salesforce,
Scout24, SUXXEED Sales for your Success, Swiss International Air Lines, Telekom
Deutschland, Universität Bremen, Universität St. Gallen, VZ Netzwerke, Warsteiner,
WHU Vallendar, Wiley-VCH Verlag und XING.
Unser Dank gilt den Inhabern, Managern und Spezialisten dieser Unternehmen bzw.
den Lehrstuhlinhabern und Mitarbeitern der genannten Hochschulen, die mit ihren
spannenden Beiträgen dieses Herausgeberwerk erst möglich gemacht haben. Darüber
hinaus möchten wir die wertvollen Helfer im Hintergrund in unseren Dank einschlie-
ßen: zunächst Stefanie Brich von Springer Gabler, bei der wir uns für die großartige
Zusammenarbeit und die schnelle Drucklegung bedanken möchten. Aber auch bei Boris
Herrmann, der mit viel Fleiß und Sorgfalt das gesamte Manuskript durchgearbeitet und
viele hilfreiche Hinweise gegeben hat. Ein ganz besonderer Dank gilt zudem dem
BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Me-
dien e.V.), der uns bei unserem Vorhaben von Beginn an tatkräftig unterstützt hat.
Den Lesern wünschen wir viel Spaß und viele Anregungen für ihre tägliche Arbeit. Über
Kritik und Verbesserungsvorschläge würden wir uns sehr freuen. Sie erreichen uns über
unsere Website www.socialbranding.de oder per E-Mail unter: matthias.schulten@hs-
furtwangen.de, a.mertens@branddevelop.de und andreas.horx@die-integratoren.net.

Furtwangen, Darmstadt und Bad Soden im Mai 2012

Prof. Dr. Matthias Schulten Artur Mertens Andreas Horx


Inhaltsverzeichnis

Teil A Grundlagen des Social Branding

Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch


sitzen....................................................................................................................................... 3

Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? ............................. 15


Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

Demokratisierung in der Markenführung ..................................................................... 31


Mani Pirouz, Andreas Vill

Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage?................................................................ 43


Andreas Ahlden

Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien


und Netzwerken ................................................................................................................... 65
Florian Geyer

Teil B Erfolgsfaktoren im Social Branding

Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann


und Verbraucher das Marketing von Unternehmen machen..................................... 83
Sven Markschläger, Eva Werle

Kompetenzen für das Online-Reputation-Management............................................. 97


Jana Riedel, Ralph Sonntag

Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches


Interagieren mit Fans.......................................................................................................... 111
Artur Mertens, Markus Caspari

Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor


der Markenführung in Social Media................................................................................ 129
Christoph Burmann, Frank Hemmann, Daniela Eilers, Barbara Kleine-Kalmer

IX
X Inhaltsverzeichnis

Vom Konsumenten zum Markenbotschafter – Durch den gezielten Einsatz


von Social Media die Konsumenten an die Marke binden........................................... 147
Franz-Rudolf Esch, Elisabeth von Einem, Dominika Gawlowski, Marcel Isenberg,
Vanessa Rühl

Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher


in den sozialen Medien........................................................................................................ 167
Karsten Kilian

Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien........... 181


Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

Web-Videos – Social Branding und Performance-Optimierung ............................... 197


Carsten Kreilaus

Teil C Branchenspezifisches Social Branding

Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution ........... 209
Dagmar Nedbal

Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? ......... 225
Thorsten Terlohr, Ben Künkler

Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland...................................................... 237


Christian Arnezeder

„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social Web ist mehr


als das neue Marketing ........................................................................................................ 253
Andreas H. Bock

Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24........................ 263


Volker Wohlfarth

Online-Reputation-Management im Social Web – Der Ansatz von 1&1 ................. 279


Andreas Maurer

Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung


& -gewinnung am Beispiel der Mang Medical One AG................................................ 289
Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht ................... 307


Christian Schmitz, Michael Ahlers

Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen................................................ 329


Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny
Inhaltsverzeichnis XI

Social Branding via XING.................................................................................................. 347


Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Teil D Controlling des Social Branding

Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing........................... 361


Jens Wiese

Return on Social Branding ................................................................................................ 371


Matthias Schulten

Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen


von Measurement & Monitoring im Social Web........................................................... 391
Angela Schmitz-Axe, Thilo Többens, Alexander Wilkoszewski

Teil E Perspektiven des Social Branding

Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping ............................... 409
Harald Eichsteller, Andreas Schwend

Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform


Nestlé Marktplatz ................................................................................................................ 421
Alexander Decker

Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung ............................... 439


Andreas Horx

Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand


und Entwicklungspotenzial ............................................................................................... 451
Gotthard Pietsch

Social Branding – Alles bleibt anders .............................................................................. 467


Matthias Schulten, Artur Mertens, Andreas Horx

Social Media im BITKOM.................................................................................................. 471


Die Herausgeber

Schulten, Matthias
Prof. Dr. Matthias Schulten, Jahrgang 1976, ist Professor für Mar-
ketingkonzeption an der Fakultät Digitale Medien an der Hoch-
schule Furtwangen. Prof. Schulten studierte Betriebswirtschafts-
lehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und
promovierte am Institut für Marketing und Handel an der Univer-
sität St. Gallen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Be-
reichen Social Branding, Customer Relationship Management und
Innovation Management. Seine Expertise beruht unter anderem
auf Beratungstätigkeiten für Nestlé, Procter & Gamble, real,-, Sa-
nofi Aventis, Telekom Austria, BMW und Sony.

Mertens, Artur
Artur Mertens, Jahrgang 1971, ist Geschäftsführer der
branddevelop GmbH, einem Beratungsunternehmen für ganzheit-
liche Markenführung. Seit 2004 unterstützt er Unternehmen bei
der Entwicklung und Umsetzung von Markenstrategien. Neben
der Betreuung zahlreicher mittelständischer Unternehmen sind
vor allem Erfahrungen in Projekten für internationale Konzerne
(AXA, Müller, Nestlé, PricewaterhouseCoopers, Tchibo etc.) für
seine Markenexpertise prägend gewesen. Zuvor war der studierte
Jurist einige Jahre in unterschiedlichen Positionen und Projekten
in der Marketing- und Kommunikationsbranche tätig.

XIII
XIV Die Herausgeber

Horx, Andreas
Dipl.-Betriebswirt (FH) Andreas Horx, Jahrgang 1965, ist seit über
15 Jahren als Managementberater für Marketing und Kommuni-
kation aktiv. Er verfügt über mehrjährige Geschäftsführungser-
fahrung bei verschiedenen nationalen sowie internationalen Kom-
munikations- und Multimedia-Agenturen. Seine Expertise liegt in
den Gebieten Markenführung und ganzheitliche Kommunika-
tions-Strategie, verbunden mit einer ausgesprochen starken Online-
Erfahrung.
Die Autoren

Ahlden, Andreas
Dipl.-Ökonom Andreas Ahlden, Jahrgang 1979, ist Etatdirektor in
der Werbeagentur Draftfcb in Hamburg. Er studierte Wirtschafts-
wissenschaften an der Universität Oldenburg und arbeitete wäh-
renddessen unter anderem am Institut für Marketing und Handel
der Hochschule St. Gallen mit dem Schwerpunkt Marketing-Con-
trolling. Nach seinem Studium betreute er in den Agenturen Jung
von Matt und Draftfcb große nationale und internationale Etats.
Unter anderem wirkte er dabei an der Entwicklung von klassischen
und integrierten Kampagnen für die Marken MINI, Bosch, BASE,
Mirácoli, Lieken Urkorn und Golden Toast mit.

Ahlers, Michael
Dip.-Betriebswirt (FH) Michael Ahlers, Jahrgang 1964, ist ge-
schäftsführender Gesellschafter der SUXXEED Sales for your Suc-
cess GmbH. Michael Ahlers ist gelernter Bankkaufmann und stu-
dierte Betriebswirtschaftslehre in Mainz und Leeds, England.
Beginn der beruflichen Karriere als Key Accounter in der Automo-
bilbranche. Danach bekleidete er mehrere verantwortliche Po-
sitionen in den Bereichen Vertriebsservice sowie Unternehmens-
entwicklung in der IT-Branche – zunächst als Direktor für Process
Reengineering und später als Director Managed Services unter
mehrfach wechselnden Muttergesellschaften: Olivetti – Wang Glo-
bal – Getronics. Hier auch verantwortlich für das erfolgreiche Ge-
tronics Joint Venture HelpYouDesk. Es folgten die Geschäftsfüh-
rer-Funktion bei einem Nürnberger Kommunikationsdienstleister,
Bereich Operations, sowie der Aufbau von dessen ersten europäi-
schen Niederlassungen. Danach Gründung der SUXXEED Sales for
your SUCCESS GmbH.

XV
XVI Die Autoren

Arnezeder, Christian
Dr. Christian Arnezeder, Jahrgang 1963, ist als Geschäftsführer
Regional Operations Deutschland, Österreich und Schweiz für
Harley-Davidson tätig. Nach seinen Studien der Wirtschaftswissen-
schaften sowie der technischen Chemie und seiner Promotion in
technischer Chemie an der Universität Wien war der gebürtige
Salzburger zunächst als Universitäts-Dozent sowie als Berater, Ab-
teilungsleiter und schließlich als Geschäftsführer im Baugewerbe
tätig, bevor er seine private Leidenschaft für Motorräder zum Beruf
machte. 1994 wechselte er zur KTM Sportmotorcycles AG, Mattig-
hofen, wo er in diversen Positionen – zuletzt als Geschäftsführer
der KTM Motorsport GmbH – tätig war. 1999 folgte Dr. Arnezeder
dem Ruf von Harley-Davidson an den Main. Seither ist er in Mör-
felden bei Frankfurt in verschiedenen Führungspositionen für den
amerikanischen Hersteller aktiv. Dr. Arnezeder ist verheiratet,
Vater von zwei Kindern und nach wie vor begeisterter Motorrad-
fahrer.

Bock, Andreas H.
Andreas H. Bock, M. A., ist Leiter Social Media Vertrieb und Ser-
vice Internet bei der Telekom Deutschland GmbH. Andreas H.
Bock absolvierte sein Publizistik-Studium an der Freien Universität
Berlin. Nach dem Studium und seiner Tätigkeit als Medien-Fach-
journalist ist er 1995 als Projektmanager „Electronic Publishing“ in
der Axel Springer Verlag AG ins E-Business gestartet. Es folgten
Stationen bei T-Online, Telefonica, dem Entertainment Media
Verlag und der Ganske Verlagsgruppe. Andreas H. Bock verant-
wortet Strategie, Roadmap und die Gesamtprojektleitung für das
Programm „Telekom hilft“ – einem Leuchtturmprojekt im „Enter-
prise 2.0“-Programm der Deutschen Telekom.

Brexendorf, Tim Oliver


Prof. Dr. Tim Oliver Brexendorf, Jahrgang 1973, ist Juniorprofessor
für Consumer Goods Marketing an der WHU – Otto Beisheim
School of Management, Vallendar und Leiter des dortigen Henkel
Center for Consumer Goods (HCCG). Tim Oliver Brexendorf
studierte Wirtschaftswissenschaften an der Carl von Ossietzky
Universität Oldenburg. Anschließend war er in verschiedenen
Handelsunternehmen tätig, bevor er an die Universität St. Gallen
(HSG) wechselte. Dort arbeitete er am Kompetenzzentrum für
Markenführung des Instituts für Marketing und Handel (IMH-
Die Autoren XVII

HSG) und wurde zum Thema „Markenloyalität durch persönliche


Kommunikation“ promoviert. Danach war er als Projektleiter in
einer Unternehmensberatung tätig, bevor er 2010 an die WHU
wechselte. In Forschungs- und Praxisprojekten war er unter an-
derem für folgende Unternehmen tätig: BMW Group, Henkel,
Hotelplan, KPMG, Migros, OBI, Otto Group, REWE Group und
Swisscom. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen
Konsumgütermanagement, Markenmanagement, insbesondere Be-
havioral Branding, Innovationsmanagement und Hersteller-Han-
del-Beziehungen.

Burmann, Christoph
Prof. Dr. Christoph Burmann, Jahrgang 1962, ist Professor für Be-
triebswirtschaftslehre und Inhaber des Lehrstuhls für Marketing,
insb. innovatives Markenmanagement (LiM©) an der Universität
Bremen. Prof. Burmann studierte Betriebswirtschaftslehre an der
Universität Münster und promovierte am Institut für Marketing des
Marketing Centrums der Universität Münster (MCM) von Prof. Dr.
Dr. h.c. mult. Heribert Meffert. Im Februar 2002 habilitierte er sich
an der Universität Münster im Fach Betriebswirtschaftslehre. Er
arbeitete 1985 und 1986 bei der amerikanischen Werbeagentur
Ogilvy & Mather in Kapstadt/Südafrika in der strategischen Marke-
tingplanung. In den letzten Jahren war Professor Burmann Gast-
forscher u. a. an der Harvard Business School und am Judge Insti-
tute of Management Studies der Universität Cambridge. Seine
Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Markenmanage-
ment, marktorientierte Unternehmensführung, strategisches Mar-
keting sowie Konsumentenverhaltens- und Marktforschung.

Caspari, Markus
Dipl.-Kfm. (FH) Markus Caspari, Jahrgang 1977, ist passionierter
Blogger und Digital Native. Bereits 1994 betrieb er sein erstes um-
fangreiches Online-Projekt, eine eigene „FidoNet Mailbox“. Nach
der Ausbildung zum Industriekaufmann, anschließendem Redakti-
onsvolontariat und Stipendium beim Begabtenförderprogramm
berufliche Bildung studierte Markus Caspari berufsbegleitend Be-
triebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing. Er arbeitete in
verschiedenen Positionen bei Medien- und Marketing-Unter-
nehmen, u. a. als Business Development Manager und Leitung der
B2B Online-Projekte im US-Medienkonzern John Wiley & Sons.
Darüber hinaus war er Head of Sales & Marketing und Mitunter-
XVIII Die Autoren

nehmer in einem durch Venture Capital unterstützten, interna-


tional agierenden Internet Start-up aus dem Bereich B2B Social
Media bzw. Crowdsourcing.

Decker, Alexander
Dr. Alexander Decker, Jahrgang 1968, ist Head of Consumer Re-
lations im Corporate Marketing der Nestlé Deutschland AG.
Dr. Decker studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität
Bayreuth und promovierte am Lehrstuhl für Dienstleistungsmana-
gement von Prof. Dr. Bernd Stauss an der Katholischen Universität
Eichstätt-Ingolstadt. Danach war er fünf Jahre in der strategischen
Beratung als Senior Consultant und Leiter des Knowledge Mana-
gements bei der CRM Group/Vectia tätig. Nach weiteren fünf Jah-
ren als Director CRM Strategy & Analysis bei Premiere wechselte er
2009 zu Nestlé und baute den Bereich Consumer Relations auf. Er
ist u. a. für die Entwicklung und den Betrieb der Social-Commerce-
Plattform Nestlé Marktplatz verantwortlich.

Eichsteller, Harald
Prof. Harald Eichsteller, Jahrgang 1961, ist Studiendekan des Mas-
terprogramms Elektronische Medien an der Hochschule der
Medien (HdM). Vor seinem Wechsel nach Stuttgart war er in Me-
dienunternehmen, Agenturen und der Industrie tätig, zuletzt als
Geschäftsführer Strategie/Online im Aral Konzern. Der studierte
Betriebswirt (D, USA, F) gilt als Experte für kundenorientierte Stra-
tegien, Innovationsmanagement und Marketing und leitet seit 2003
den Deutschen CRM-Gipfel.

Eilers, Daniela
Dipl.-Kauffrau Daniela Eilers, Jahrgang 1984, ist seit Sommer 2009
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marketing, insb.
innovatives Markenmanagement an der Universität Bremen. Danie-
la Eilers studierte Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten
Innovatives Markenmanagement sowie Innovations- und Projekt-
management an der Universität Bremen. Praktische Erfahrungen
sammelte sie u. a. bei der Beiersdorf AG im Bereich Interactive
Brand Management. Aktuell schreibt sie ihre Dissertation zum
Thema der Erfolgsmessung der identitätsbasierten Markenführung
in Social Media.
Die Autoren XIX

Esch, Franz-Rudolf
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch ist Head of Marketing an der EBS
Business School in Oestrich-Winkel und leitet als Academic Direc-
tor das neu gegründete Automotive Institute for Management
(AIM). Zudem ist er Inhaber der Professur für Markenmanagement
und Automotive Marketing an der EBS Universität für Wirtschaft
und Recht, Direktor des Instituts für Marken- und Kommunika-
tionsforschung (IMK) sowie Gründer und wissenschaftlicher Beirat
von ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis.

Gawlowski, Dominika
Dipl.-Kauffrau Dominika Gawlowski, Jahrgang 1981, ist seit 2008
Doktorandin bei Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch an der EBS Business
School in Oestrich-Winkel sowie Projektmitarbeiterin des dort an-
sässigen Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung
(IMK). Vor ihrer Promotion studierte Dominika Gawlowski Be-
triebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der
Justus-Liebig-Universität in Gießen.

Geyer, Florian
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Augsburg und
Boston (LL.M.) sowie dem Referendariat in Frankfurt am Main
arbeitet Florian Geyer, Jahrgang 1975, seit dem Jahr 2003 als
Rechtsanwalt mit den Spezialgebieten Marken-, Wettbewerbs- und
Internetrecht. Seit dem Jahr 2007 gehört er der überörtlichen Wirt-
schaftskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek an, in deren Frankfurter
Büro er tätig ist. Florian Geyer ist Fachanwalt für gewerblichen
Rechtsschutz. Er hat langjährige Erfahrung bei der Beratung von
Agenturen und Unternehmen im Zusammenhang mit der Ent-
wicklung und Umsetzung von Werbekampagnen (TV, Print, OOH
und Online) sowie von Markenschutzstrategien. Einen weiteren
Schwerpunkt bildet die Vertretung von Unternehmen in gerichtli-
chen Auseinandersetzungen in den genannten Rechtsgebieten.

Hemmann, Frank
Dipl.-Kaufmann Frank Hemmann, Jahrgang 1981, ist seit Herbst
2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing,
insb. innovatives Markenmanagement an der Universität Bremen.
Frank Hemmann studierte Betriebswirtschaftslehre mit den
Schwerpunkten Innovatives Markenmanagement und Internatio-
nales Management an der Universität Bremen und an der Universi-
XX Die Autoren

ty of Auckland, Neuseeland. Während seines Studiums arbeitete er


u. a. für die Deutsche Post im Bereich Dialogmarketing. Zurzeit
schreibt er seine Dissertation im Bereich Social Media und iden-
titätsbasierte Markenführung.

Henkel, Sven
Prof. Dr. Sven Henkel, Jahrgang 1977, ist Assistenzprofessor für
Marketing an der Universität St. Gallen. Prof. Henkel studierte Be-
triebswirtschaftslehre an der Universität Mainz und promovierte
am Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Torsten Tomczak an der
Universität St. Gallen. In seiner aktuellen Funktion als Vizedirektor
am Center for Customer Insight an der Universität St. Gallen ver-
antwortet Prof. Henkel sämtliche anwendungsorientierten For-
schungsprojekte des Instituts. Zu seinen langjährigen Koopera-
tionspartnern gehören u. a. ABB, BMW, Lufthansa und die REWE
Group. Die Forschungsschwerpunkte von Sven Henkel liegen in
den Feldern Branding, Corporate Branding und Brand Behavior
sowie in der Vermarktung und Etablierung von Information Com-
munication Technology Solutions (in Kooperation mit T-Systems).

Hosseiny, Schahab
Schahab Hosseiny, Jahrgang 1984, ist innerhalb der MSO Digital
GmbH & Co. KG, einem Unternehmen des Medienhauses Neue
OZ, als Leiter nationale Vermarktung & Online Marketing haupt-
verantwortlich für die Tätigkeiten des Medienhauses in diesem
Segment. Schahab Hosseiny studierte Online Medien an der Hoch-
schule Furtwangen und befindet sich aktuell nebenberuflich im
Master Studienprogramm der Betriebswirtschaftlehre an der Hoch-
schule Pinneberg. Schahab Hosseiny arbeitete zuvor für die base-
com GmbH & Co. KG und verantwortete dort unter anderem die
Monetarisierung diverser Social-Networking-Plattformen, mitunter
stayblue.de.

Isenberg, Marcel
Dipl.-Kaufmann Marcel Isenberg, Jahrgang 1982, ist Senior Con-
sultant bei ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis sowie externer
Doktorand an der EBS Business School in Oestrich-Winkel. Zuvor
studierte er Wirtschaftswissenschaften u. a. mit dem Schwerpunkt
Marketing an der Justus-Liebig-Universität in Gießen.
Die Autoren XXI

Kasberg, Hanna Laura


Hanna Laura Kasberg, Jahrgang 1982, ist seit Anfang 2009 als PR-
Managerin bei der Mang Medical One AG tätig. Zuvor studierte sie
an der Universität Münster Kommunikationswissenschaft, Psycho-
logie und Romanische Philologie (M. A.) und arbeitete als Studen-
tische Hilfskraft in verschiedenen PR-Agenturen. Nach dem Stu-
dienabschluss absolvierte sie ein Volontariat bei der ThyssenKrupp
Stainless AG in Duisburg. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind die Be-
reiche Online-Kommunikation, Social Media und TV.

Kilian, Karsten
Prof. Dr. Karsten Kilian, Jahrgang 1972, gilt als einer der führenden
Markenstrategen Europas. Mit Markenlexikon.com hat er das größ-
te Markenportal im deutschsprachigen Raum aufgebaut. Karsten
Kilian studierte Betriebswirtschaftslehre und Englisch an der Uni-
versität Mannheim und an der University of Florida. Anschließend
arbeitete er als Consultant bei Simon-Kucher & Partners und pro-
movierte bei Prof. Dr. Torsten Tomczak an der Universität St. Gal-
len. Seit über 10 Jahren lehrt Prof. Dr. Karsten Kilian an Hochschu-
len im In- und Ausland und berät mittelständische Unternehmen
in Markenfragen.

Kleine-Kalmer, Barbara
Dipl.-Kauffrau Barbara Kleine-Kalmer, Jahrgang 1982, ist seit Früh-
jahr 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Marke-
ting, insb. innovatives Markenmanagement an der Universität Bre-
men. Barbara Kleine-Kalmer studierte Betriebswirtschaftslehre mit
den Schwerpunkten Marketing, Internationales Management und
Controlling an der Universität Dortmund und der CERAM Sophia
Antipolis in Frankreich. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Pro-
duktmanagerin für die Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG in
Irland und Deutschland. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in
den Bereichen Markenführung und Social Media.

Kreilaus, Carsten
Dipl.-Kaufmann Carsten Kreilaus, Jahrgang 1971, ist seit Ende 2010
Marketingleiter der CHECK24 Vergleichsportal GmbH. Carsten
Kreilaus studierte an der Universität Passau und der UAB in Barce-
lona, Spanien, Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Marketing.
Nach seinem Studium arbeitete er zunächst bei der Serviceplan
Gruppe für innovative Kommunikation und bei einer Werbeagen-
XXII Die Autoren

tur für B2B-Hightech-Kommunikation. 2005 folgte der Wechsel


zur s.Oliver Bernd Freier GmbH & Co. KG, wo er zuletzt das Glo-
bal-Brand-Marketing verantwortete. In seiner aktuellen Position
beschäftigt sich Carsten Kreilaus auch mit der Markenstrategie in
sozialen Netzwerken.

Künkler, Ben
Ben Künkler ist Geschäftsführer Beratung und Partner der Saint
Elmo’s Interaction Berlin GmbH & Co. KG. Der erfahrene Online-
Experte startete seine Karriere schon 1999 während der New Eco-
nomy. Sein Schwerpunkt liegt in der strategischen Entwicklung
digital vernetzter Kampagnen. Mit seinem umfassenden Markt-,
Werbe- und Verbraucher-Know-how ist er maßgeblich für den
Ausbau und die Weiterentwicklung des Berliner Standortes ver-
antwortlich.

Ludowig, Carsten
Carsten Ludowig, Jahrgang 1972, ist seit Oktober 2009 Director
Advertising & Partnerships bei der XING AG. Der Betriebswirt ist
in dieser Funktion verantwortlich für die Vermarktung der Platt-
form sowie für den Ausbau und die Leitung der Business Unit Ad-
vertising & Partnerships. Zusammen mit seinem Team entwickelt
Carsten Ludowig Vermarktungsstrategien und -produkte, steuert
Vermarktungspartner, betreut strategische Kooperationen und ent-
wirft neue Möglichkeiten zur Kapitalisierung der Plattform und
angrenzender Geschäftsfelder auf allen Kommunikationskanälen.
Carsten Ludowig hat über 14 Jahre Erfahrung in der Produktent-
wicklung, dem Produktmanagement und der Vermarktung digita-
ler Medien. Vor seinem Wechsel zur XING AG war Ludowig bei
G+J Electronic Media Sales tätig, dem Vermarkter digitaler Medien
von Gruner + Jahr. Dort verantwortete er seit 2003 und zuletzt als
Director Sales Strategy & Business Development die Bereiche Ver-
kaufssteuerung, Mobile, Creative Solutions, Kooperationen und
neue Geschäftsfelder. Zuvor bekleidete Ludowig sieben Jahre lang
verschiedene leitende Positionen bei der T-Online Tochter Interac-
tive Media. Carsten Ludowig ist verheiratet, hat einen Sohn und
lebt in Hamburg.
Die Autoren XXIII

Markschläger, Sven
Medieninformatiker Sven Markschläger, Jahrgang 1977, leitet seit
Beginn des Jahres 2012 als Director Digital Marketing die Bereiche
Digital Communication und Social Media der internationalen Pub-
lic Relations-Agentur Weber Shandwick. Im Anschluss an sein
Studium der Medieninformatik war er bei der Karlsberg Brauerei
im Bereich Innovative Brands für das Online-Brand-Marketing der
Marken Mixery und Desperados zuständig, bevor er 2007 als Head
of Digital Marketing bei der Mast Jägermeister AG den nationalen
und internationalen digitalen Marken-Aufbau sowie die Online-
Kommunikation der Marke Jägermeister verantwortete. Ab 2010
war er in der Position als Chief Marketing Officer bei den VZ
Netzwerken (schülerVZ, studiVZ und meinVZ) der Verlagsgruppe
Georg von Holtzbrinck für das mit 17 Mio. Mitgliedern größte
deutsche soziale Netzwerk mitverantwortlich.

Maurer, Andreas
Andreas Maurer, Jahrgang 1969, leitet seit Ende 2009 das Social-
Media-Communications-Team im Bereich Unternehmenskommu-
nikation der 1&1 Internet AG. Zuvor war er sechs Jahre als Presse-
sprecher für das Unternehmen tätig. Er hat Publizistik an der Frei-
en Universität Berlin und Journalismus an der University of Iowa
in Iowa City, USA, studiert.

Morsbach, Philipp
Diplom-Volkswirt Philipp Morsbach, Jahrgang 1970, ist seit Ap-
ril 2008 Vorstand der Mang Medical One AG, einer der führenden
Klinikgruppen für Ästhetische Chirurgie in Deutschland. Nach
seinem Studium in Köln und Bayreuth arbeitete er bei verschiede-
nen Unternehmen im Medizin- und Pharmabereich, u. a. bei der
Vamedis AG und später bei der Pharm Allergan GmbH und Aller-
gan Ltd, wo er für Vertrieb und Marketing verantwortlich war. In
seiner aktuellen Funktion verantwortet er neben anderen Unter-
nehmensbereichen ebenfalls das Marketing und hier speziell alle
Formen des Online-Marketings.
XXIV Die Autoren

Nedbal, Dagmar
Dagmar Nedbal studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universi-
tät Mannheim mit den Studienschwerpunkten Marketing und Un-
ternehmensführung/Organisation. 1996 begann sie ihre Karriere im
Produktmanagement von McCain Foods Deutschland, wo sie mit
Kommunikation und Vermarktung des Produktportfolios betraut
war. 1998 wechselte Dagmar Nedbal zur Rudolf Wild GmbH/Cap-
ri-Sun AG und zeichnete verantwortlich für das Globale Marketing
im B2B- und B2C-(Capri-Sonne)-Bereich. Im Laufe ihrer beruf-
lichen Entwicklung bei Rudolf Wild zeichnete sie neben dem glo-
balen Marketing verantwortlich für das strategische Marketing, das
New Business Development, das Ingredients- und Innovations-
Management und sammelte Vertriebserfahrungen im Area Sales
Management Osteuropa. Im Jahre 2009 wechselte Dagmar Nedbal
in die Branche der Finanzdienstleistungen und leitet seitdem als
Head of Marketing das Marketing und die Markenführung des
Unternehmens MasterCard in Deutschland.

Pietsch, Gotthard
Prof. Dr. Gotthard Pietsch ist Professor für Digitale Wirtschaft an
der Hochschule Furtwangen. Er studierte Wirtschaftswissenschaft
und Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und war
als wissenschaftlicher Angestellter sowie als Revisor bzw. Berater/
Coach tätig. Er übernahm unter anderem Lehraufträge an der Uni-
versität Innsbruck sowie der Technischen Universität Dortmund
und ist Privatdozent an der FernUniversität in Hagen. Seine For-
schungsschwerpunkte liegen in den Bereichen E-Business/Online-
Produktmanagement, Controlling und Organisationsforschung.

Pirouz, Mani
Diplom-Medienwissenschaftler Mani Pirouz, Jahrgang 1980, ist seit
2009 als Director Produktmarketing bei salesforce.com verantwort-
lich für das Messaging sowie den Marktauftritt des US-Unter-
nehmens in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zudem ist er
verantwortlich für die Förderung der Akzeptanz einer vernetzten
Unternehmensstrategie, die das Unternehmen salesforce.com als
Social-Enterprise™-Ansatz etabliert hat. Vorherige Stationen waren
DaimlerChrysler AG und SAP AG, wo Mani Pirouz zuletzt als Di-
rector Product Management für die Bereiche CRM und Industry So-
lutions tätig war.
Die Autoren XXV

Riedel, Jana
Jana Riedel, Jahrgang 1985, ist seit 2009 in verschiedenen Projekten
der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden beschäftigt.
Sie konzipiert, betreut und evaluiert Weiterbildungsangebote für die
Förderung von Schlüsselkompetenzen und im Bereich Social Media.
Jana Riedel studierte an der Universität Leipzig Kommunikations-
und Medienwissenschaft sowie Kulturwissenschaften und hat neben
dem Studium Erfahrungen im Bereich des redaktionellen Schrei-
bens für einen Radiosender sowie im Bereich der Öffentlichkeits-
und Pressearbeit in verschiedenen kulturellen Einrichtungen ge-
sammelt. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen der
Kompetenzentwicklung, der Medienkompetenz, des E-Learnings
und der Social Media.

Rühl, Vanessa
Dipl.-Kauffrau Vanessa Rühl, Jahrgang 1983, ist seit 2009 Dokto-
randin bei Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch an der EBS Business School
in Oestrich-Winkel sowie Projektmitarbeiterin des dort ansässigen
Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung (IMK). Vor
ihrer Promotion studierte Vanessa Rühl Betriebswirtschaftslehre
mit dem Schwerpunkt Marketing an der Justus-Liebig-Universität
in Gießen.

Schmidt-Grell, Stefan
Stefan Schmidt-Grell, Jahrgang 1968, ist seit April 2011 Director
Marketing bei der XING AG. In dieser Position leitet er die Kom-
munikation zur Gewinnung von Neumitgliedern, das Brand-Mar-
keting und die Vermarktung der Geschäftskunden-Services, insbe-
sondere der Produktlinie E-Recruiting. In seiner vorangegangenen
Funktion war Stefan Schmidt-Grell bereits für den Bereich Product
Marketing und damit für die Vermarktung der Bereiche E-Re-
cruiting und Unternehmensprofile sowie der mobilen Dienste ver-
antwortlich. Als Director XING Jobs hatte er zuvor den Stellen-
markt auf der Plattform erfolgreich ausgebaut. Vor seinem Wechsel
zur XING AG war Stefan Schmidt-Grell in leitenden Positionen bei
der eBay Deutschland GmbH tätig, zuletzt als Head of Merchant
Relations. Bei der Bertelsmann AG war er zuvor neun Jahre lang in
Berlin und Hamburg tätig, unter anderem leitete er für die Bertels-
mann Music Group den Bereich Marketing & Media Management.
Stefan Schmidt-Grell studierte Betriebswirtschaft und Marketing an
der FH München. Das Studium schloss er Anfang 1994 mit dem
XXVI Die Autoren

Diplom zum Betriebswirt ab. Er ist verheiratet, hat zwei Söhne und
lebt in Hamburg.

Schmitz, Christian
Prof. Dr. Christian Schmitz, Jahrgang 1978, ist Assistenzprofessor
für Betriebswirtschaftslehre mit besonderer Berücksichtigung des
Marketings und Leiter des Kompetenzzentrums Business-to-Busi-
ness Marketing an der Universität St. Gallen. Prof. Schmitz studierte
Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre an der Uni-
versität Duisburg, der Katholischen Universität Eichstätt und der
European Business School London. Er promovierte am Institut für
Marketing bei Prof. Dr. Christian Belz an der Universität St. Gallen.
Prof. Schmitz beschäftigt sich in seiner Forschung mit Fragen des
Business-to-Business Marketings, des Vertriebsmanagements, des
persönlichen Verkaufs und der Marketingstrategie. In Fachkreisen
gilt er als der Fachmann für Vertriebsfragen, insbesondere in der
Investitionsgüterindustrie, und hat in den letzten Jahren verschie-
dene Studien zu aktuellen Marketing- und Vertriebsherausforde-
rungen veröffentlicht. In Kooperation mit führenden Unternehmen
untersucht Prof. Schmitz aktuelle Fragen des Managements von
Vertriebsorganisationen und -prozessen in Unternehmen. Partner-
unternehmen waren bzw. sind u. a. BASF, E.ON, Die Post, Schott,
Heidelberger Druck, Leica Microsystems, Mainova, Pfizer, SBB,
Swisscom sowie T-Systems.

Schmitz-Axe, Angela
Dipl.-Kauffrau Angela Schmitz-Axe, Jahrgang 1978, ist seit 2006
Unternehmensberaterin bei der Deloitte Consulting GmbH in
Düsseldorf. Angela Schmitz-Axe studierte Betriebswirtschaftslehre
an der Universität zu Köln. Nach ihrem Studium arbeitete sie als
strategische Marktforscherin für die Ideal Standard GmbH, bevor
sie 2006 zu Deloitte wechselte. Ihr Beratungsschwerpunkt liegt auf
Social Media, Marketing- und Vertriebsstrategien und Branded
Customer Experience in der TMT-Industrie.
Die Autoren XXVII

Schwend, Andreas
Andreas Schwend, geboren 1968, ist Managing Partner von dmc
digital media center. Dort ist er verantwortlich für die Bereiche
Corporate Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und strategische Bera-
tung. Als Wirtschaftsingenieur war er zuvor als technischer Pro-
jektleiter im Bereich EDV-Organisation tätig. Schnell erfasste er die
Marktchancen der digitalen Wirtschaft und gründete dmc 1995
gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Daniel Rebhorn. Andreas
Schwend ist unter anderem aktiv im Arbeitskreis E-Commerce des
bvh, im Unternehmensbeirat der Hochschule der Medien Stuttgart
und in der Wirtschaftsinitiative bwcon.

Sonntag, Ralph
Ralph Sonntag, Jahrgang 1968, nahm 2004 die Professur für Marke-
ting, insbesondere Multimedia-Marketing, an der Hochschule für
Technik und Wirtschaft Dresden an. Zuvor war Ralph Sonntag Pro-
fessor an der Fachhochschule Ansbach. Nach seinem Studium der
Betriebswirtschaftslehre in Würzburg war er wissenschaftlicher
Mitarbeiter und Projektleiter des Steinbeis-Transferzentrums für
Betriebliches Informationsmanagement in Dresden. Daran an-
schließend folgten Stationen bei der Unternehmensberatung Die-
bold (jetzt Detecon) Bereich Digital Business sowie einigen Kom-
munikations- und Werbeagenturen. Seine Arbeits- und Forschungs-
schwerpunkte liegen in der Untersuchung von Social Media und
Commerce, Word of Mouth, Kundenbindungsinstrumenten, Me-
thoden der Mediaplanung und der Werbeerfolgsforschung.

Terlohr, Thorsten
Thorsten Terlohr, Jahrgang 1965, ist Leiter des Bereichs Sponso-
ring, Eventmarketing und Social Media (national und international)
innerhalb der Warsteiner-Gruppe. Nach seinem Studium der Dip-
lom-Sportwissenschaften und Sportökonomie an der Deutschen
Sporthochschule Köln arbeitete er zunächst bei der BBE Unterneh-
mensberatung. Anschließend war er in leitender Funktion sowohl
auf der Agenturseite (Sponsor Partners, Bonn, Gemadi, Nauheim)
als auch auf der Industrieseite erfolgreich tätig. Hier zählten die
Holsten Brauerei und Bacardi Deutschland, beides Hamburg, zu
seinen Stationen.
XXVIII Die Autoren

Többens, Thilo
Thilo Többens, Jahrgang 1974, ist Unternehmensberater bei Deloitte
Consulting. Neben dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der
Universität zu Köln erwarb er einen Master in International Mana-
gement (CEMS MIM) an der Community of European Management
Schools. Thilo Többens berät seit 10 Jahren hauptsächlich Unter-
nehmen im Telekommunikations-, Medien- und Technologie-Sek-
tor. Die fachlichen Themenschwerpunkte umfassen u. a. Marketing-,
Vertriebs-, Customer Experience- und Social-Media-Strategien.
Thilo Többens leitet die Initiative „Digital Strategy and Innovation“
innerhalb von Deloitte Consulting und ist Vorstandsmitglied des
Arbeitskreises Social Media im Bundesverband Informationswirt-
schaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM).

Vill, Andreas
Diplom-Kaufmann Andreas Vill, Jahrgang 1968, verfügt über viel-
seitige Erfahrung in der Kommunikations-, Medien- und Auto-
mobilbranche. Zu seinen Stationen zählen BMW, ProSieben, w&v
werben & verkaufen, Business 2.0. Danach folgten weitere Füh-
rungspositionen bei der DaimlerChrysler AG, zuletzt als Geschäfts-
führer der hauseigenen Bewegtbildagentur DaimlerChrysler tv
media. Vill leitete die Agentur nach Verkauf an die in fischerAppelt
Gruppe umfirmierte Agentur als fischerAppelt tv media GmbH
weiter und wechselte 2010 als Sprecher der Geschäftsführung der
PR-Agentur fischerAppelt relations nach Hamburg. Er beschäftigt
sich schon länger mit Social Media und hat im April 2011 gemein-
sam mit der Agentur NeulandHerzer die anythingabout GmbH ge-
gründet. Als geschäftsführender Gesellschafter bietet er dort inno-
vative Lösungen für Corporate Social Publishing – eine wichtige
Teildisziplin des Social Brandings.

Von Einem, Elisabeth


Dipl.-Kauffrau Elisabeth von Einem, Jahrgang 1981, ist seit 2009
Doktorandin bei Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch an der EBS Business
School in Oestrich-Winkel sowie Projektmitarbeiterin des dort an-
sässigen Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung
(IMK). Vor ihrer Promotion studierte Elisabeth von Einem Be-
triebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der
Justus-Liebig-Universität in Gießen und war anschließend als Mar-
ketingmanagerin bei einem mittelständigen Industrieunternehmen
tätig.
Die Autoren XXIX

Werle, Eva
Dipl.-Betriebswirtin Eva Werle, Jahrgang 1978, ist selbständige
Marketing- und Kommunikations-Beraterin in Berlin. Nach ihrem
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule für Tech-
nik und Wirtschaft in Saarbrücken arbeitete sie bei den Werbeagen-
turen kdh & Partner, TBWA und der HDW Werbeagentur für die
Kunden Toyota, H.J. Heinz, Henkel und Heineken, bevor sie 2007
in das Innovationsmanagement der Mapa GmbH (NUK Baby-
Care) wechselte und nun seit 2011 selbständig Kunden in den Berei-
chen Innovationsmanagement, Digitaler Markenführung und ROI
fokussierter Kommunikation berät.

Wiese, Jens
Jens Wiese (MSc.) hat Online Medien und Digitale Medien an der
Hochschule Furtwangen und an der Murdoch University Perth
studiert. Als freier Berater hilft er internationalen Organisationen
und Unternehmen, ihre eigene Facebook- und Social-Media-Stra-
tegie zu finden. In diesem Kontext entwickelt er Anwendungen und
organisiert Workshops sowie Konferenzen. Jens Wiese ist Gründer
und Chefredakteur des bekanntesten Facebook-Blogs im deutsch-
sprachigen Raum: allfacebook.de.

Wilkoszewski, Alexander
Dr. Alexander Wilkoszewski, Jahrgang 1976, arbeitet seit fünf Jahren
als Projektleiter bei Deloitte Consulting. Sein Beratungsschwerpunkt
liegt im Strategischen Marketing, insbesondere bezogen auf Frage-
stellungen des Pricings und Profitability Managements sowie Social
Media. Zuvor war er wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand
am Institut für Marketing der Ludwig-Maximilians-Universität
München, wo er sich in der Forschungsgruppe Kundenmanagement
mit CRM und Dienstleistungsmarketing beschäftigte.

Wohlfarth, Volker
Volker Wohlfarth (42) ist seit 2008 Geschäftsleiter Brand- und An-
bieter-Marketing bei der Immobilien Scout GmbH. Zusätzlich leitet
er bei der Scout Holding das Center Brand Marketing für die
Scout24 Gruppe seit März 2011. Vor seinem Einstieg bei Immo-
bilienScout24 arbeitete er in Führungspositionen bei eBay, erento
und Toshiba Europe. Er studierte Betriebswirtschaft an der Eber-
hard-Karls-Universität in Tübingen und schloss als Diplom-Kauf-
mann ab.
XXX Die Autoren

Zydorek, Christoph
Prof. Dr. Christoph Zydorek ist Professor für Medienwirtschaft und
Medienmanagement sowie Studiendekan des Masters Digitale Me-
dien an der Hochschule Furtwangen. Prof. Zydorek studierte Wirt-
schaftswissenschaften und Politikwissenschaften an den Universitä-
ten Wuppertal, Duisburg und Birmingham (UK) und promovierte
1998 über soziale und politische Steuerung im Telekommunika-
tionssektor. Bevor Christoph Zydorek im Jahr 2000 zum Professor
berufen wurde, arbeitete er an der Universität Wuppertal, im For-
schungsinstitut für Telekommunikation (Dortmund) sowie im New
Business Development für crossmediale Lösungen eines Medien-
dienstleisters.
Teil A
Grundlagen des Social Branding
Social Branding – Unternehmen wollen
am digitalen Marken-Stammtisch sitzen
1
Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi
und Ralf Maltzen

Die Markenführung in sozialen Medien ist noch eine relativ junge Disziplin, die aber auf-
grund der rasanten Entwicklung von Facebook & Co. für immer mehr Unternehmen an
Bedeutung gewinnt. Was sind Herausforderungen und Erfolgsfaktoren im Social Branding
und wie können Kunden für die eigene Marke begeistert werden? Wir sprachen mit Mi-
chael Buck, Leiter des weltweiten Online-Marketings für Konsumenten und kleine und
mittlere Unternehmen bei Dell, Christian Lüdi, Social-Media-Verantwortlicher bei Swiss
International Air Lines, und Ralf Maltzen, Leiter Interaktives Marketing bei Audi.

Audi, Dell und Swiss International Air Lines gehören zu den


erfolgreichsten Marken in den sozialen Medien. Was hat Sie
dazu veranlasst, in sozialen Medien aktiv zu werden?

Lüdi: Bei Swiss International Air Lines war es die Gunst der Stunde. Als im Frühjahr
2009 der bekannte Schweizer Regisseur Marc Forster den Kurzfilm LX40 in unserem
Auftrag drehte, setzte unsere Agentur Facebook, Foren, Blogs und YouTube ein, um
Gerüchte über den Film zu streuen und die Premiere zu zeigen. Wir nutzten dies aus, um
zeitgleich unsere eigenen Social-Media-Aktivitäten hochzufahren. Für uns, aber auch für
die gesamte Schweiz war das damals absolutes Neuland. Es war vollkommen unklar, ob
ein Einsatz von Social Media überhaupt sinnvoll sei.
Buck: Unsere Social-Media-Aktivitäten haben ihren Ursprung in den Bedürfnissen der
Kunden. Es hört sich eigentlich banal an, aber viele Kunden und Kaufinteressenten ha-
ben echte Probleme damit, mit großen Firmen in Kontakt zu treten. Automatisierte
Anrufsysteme, Web-basierte und Menü-geführte Anfragemasken, Call-Center-Mitarbei-
ter von Fremdfirmen oder schlecht informierte Mitarbeiter in den Geschäften hinterlas-
sen bei vielen Kunden ein Gefühl der Machtlosigkeit. Wie können die Kunden mit Fach-
personal und Entscheidern in Kontakt treten, die gezielt und umfassend Auskunft geben
können? Diese und andere Fragen haben wir uns bei Dell gestellt und Antworten darauf
gefunden. Dabei stand zunächst das Zuhören vor dem Agieren. Was motiviert Kunden,
positiv oder negativ über die Marke zu sprechen? Wer spricht und wer hört zu? Wer sind

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 3


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
4 Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi und Ralf Maltzen

die potenziellen Meinungsführer und Multiplikatoren im Netz und wo wird über ihre
Marke gesprochen? Dell hat über die letzten Jahren auf eigenen Community-Plattfor-
men, externen Social-Media-Plattformen und über Dell.com mehr und mehr Möglich-
keiten entwickelt, damit Kunden ihre Meinungen, Bewertungen, Innovationen, Vor-
schläge und Beiträge hinterlassen können. Wir haben also einen echten Dialog mit den
Kunden und den Interessenten der Marke aufgebaut.
Maltzen: Bei uns war es ähnlich. Die so genannten sozialen Medien sind eine moderne
Form des guten alten Stammtisches, wenn Sie so wollen. Dort wollen wir natürlich Ge-
sprächsinhalt sein und auch mit am Tisch sitzen. Allein an den digitalen Stammtischen
von Facebook unterhalten sich über 800 Millionen Mitglieder – vorwiegend junge, tech-
nikaffine Menschen. Das können wir uns als progressive Premium-Marke nicht entge-
hen lassen.

Vielfach ist zu hören, dass die Öffnung der eigenen Marke


mittels sozialer Medien Mut erfordert. Wie sehen Sie das?

Maltzen: Aus meiner Sicht erfordert es keinen besonderen Mut. Weil eine Marke sowie-
so diskutiert wird; egal, ob sie in sozialen Medien dabei ist oder nicht. Da bin ich doch
lieber aktiv mitten drin im Geschehen. Dennoch gibt es große Herausforderungen. Was
hilft eine großangelegte Social-Media-Kampagne, wenn am Ende Kunden oder Mit-
arbeiter doch nicht das Gefühl haben, einen Dialog auf Augenhöhe führen zu können?
Es geht also um eine ganzheitliche Sicht auf die Marke.
Buck: Dem schließe ich mich an. Wichtig erscheint mir zudem, dass auf den Kunden ein-
gegangen wird. Das Zuhören steht dabei am Anfang. Die Kunden erwarten aber auch,
dass das Unternehmen auf ihre Beiträge und Vorschläge reagiert. Dell hat hier verschie-
dene Ansätze entwickelt, um das Feedback der Kunden zu erfassen und in die internen
Kommunikationskanäle, Entscheidungs- und Verbesserungsprozesse einfließen zu las-
sen. Zugleich ist dies aber auch eine der größten Herausforderungen für ein global agie-
rendes Unternehmen. Denn Web-basierte Kommunikation ist Echtzeit-Kommunikation.
Um in Echtzeit kommunizieren zu können, müssen interne Prozesse, Entscheidungskri-
terien, Trainings und Anforderungen an die Mitarbeiter angepasst werden.

▶ „Zuhören steht am Anfang.“

Lüdi: Mir erscheint noch ein weiterer Punkt wichtig, und zwar die Sensibilisierung des
Top-Managements für die Chancen sozialer Medien. Gerade zu Beginn wurde bei uns
immer wieder der Nutzen sozialer Medien in Frage gestellt. Wir mussten intern viel
Überzeugungsarbeit leisten, um zu zeigen, dass es sich bei Facebook und Co. nicht um
Teenie- oder Dating-Plattformen handelt, sondern um ernst zu nehmende Medien. Der
Ausbruch des Vulkans in Island und unsere erfolgreiche Krisenkommunikation wäh-
rend dieser Zeit ebneten dann den Weg für unsere heutigen Social-Media-Aktivitäten.
Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen 5

Über die Gesprächspartner


Michael Buck ist Leiter des weltweiten Online-Marketings für
Konsumenten und kleine und mittlere Unternehmen bei Dell.
Vor seinem Eintritt bei Dell im Jahr 2004 war er für Hewlett-
Packard, die Dresdner Bank und die Deutsche Bank tätig. Dell
zählt zu den Innovationsführern im Bereich sozialer Medien
und gilt als eines der erfolgreichsten Unternehmen im Social
Commerce.

Christian Lüdi ist seit 2009 Social-Media-Verantwortlicher bei


Swiss International Air Lines und dort für sämtliche Social-
Media-Aktivitäten strategisch und operativ zuständig. Unter
seiner Führung entwickelte sich der globale Twitter-Channel
des Unternehmens zum größten der Schweiz. Nebenbei lehrt er
an der Hochschule für Wirtschaft Zürich Social Media Manage-
ment.

Ralf Maltzen ist nach Stationen bei der PopNet Internet AG,
BMW Deutschland und der Volkswagen AG seit 2009 Leiter
Interaktives Marketing bei der Audi AG. Die Social-Branding-
Aktivitäten der Audi AG wurden seitdem mehrfach ausgezeich-
net, beispielsweise mit dem Forrester Groundswell Award und
dem Effie in Bronze.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihren Social-Branding-Aktivitäten?

Lüdi: Wir möchten unsere Online-Reputation stärken, die Kundenloyalität erhöhen und
neue Kunden akquirieren. Hinzu kommen interne Kommunikationsziele und erfolgreiche
Krisenkommunikation. Letztlich unterscheiden sich unsere Ziele bis auf den Dialog, der
für uns sehr zentral ist, nicht groß von den Kommunikationszielen anderer Abteilungen.
Buck: Unsere erklärten Ziele sind nachhaltige Verbesserungen im Kundendialog, im
Markenbewusstsein und in der Loyalität der Kunden. Die Kunden müssen Vertrauen in
die Marke haben. Transparenz und Authentizität in der Interaktion mit dem Unterneh-
men sind Voraussetzungen, um dies zu erreichen. Dann sind mittelfristige und langfris-
tige Erfolge bei der Stärkung der Marke möglich.
Maltzen: Das gilt auch für uns. Natürlich möchten wir als Marke in den sozialen Medien
bekannt und attraktiv sein. Je nach Plattform müssen diese Ziele dann mit eigenen Stra-
tegien hinterlegt werden. Konkret reicht es uns nicht, wenn wir möglichst viele Fans oder
Follower haben, denn das sagt nichts über die Qualität des Kontaktes aus. Die Qualität
kommt über die Interaktion mit der Marke. Wir bezeichnen dies als Engagement.
6 Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi und Ralf Maltzen

Sind Ihre Social-Media-Aktivitäten auf die Gesamtkundschaft


ausgerichtet oder konzentrieren Sie sich auf spezielle
Kundensegmente?

Lüdi: Da man auf Facebook, Twitter und YouTube nicht wirklich gut segmentieren
kann, ist dort unsere Kommunikation auf alle Kunden, potenzielle Kunden und Fans
ausgerichtet. Ich empfinde es als durchaus spannend, wenn an einem Ort alle Kunden
gleichbehandelt werden.
Buck: Dell bedient ganz unterschiedliche Märkte und Kundensegmente. Daher ist es
sehr wichtig, auf die spezifischen Bedürfnisse gezielt einzugehen. Hier sollte man sein
Engagement, die Sprachen und auch die gewählten sozialen Kanäle abstimmen. Die
sozialen Medien und eigenen Community-Plattformen lassen sehr wohl eine differen-
zierte Kommunikationsstrategie zu. Man sollte keine „One size fits all“-Strategie etablie-
ren. Natürlich handelt es sich bei der Nutzung von Social Media bei Dell um eine ganz-
heitliche Geschäftsstrategie, bei der alle verschiedenen Kundensegmente eingeladen
werden, daran zu partizipieren. Allerdings wird hier sehr genau darauf geachtet, welche
sozialen Kanäle für die jeweilige Kundengruppe genutzt werden.
Maltzen: Audi hat für unterschiedliche Zielgruppen unterschiedliche kommunikative
Angebote etabliert. Entsprechend integrieren wir unsere Kommunikation dort in soziale
Medien, wo wir denken, dass sich unsere Zielgruppe aufhält.

Dell, Audi und Swiss International Air Lines sind Weltmarken.


Wie werden Sie auf Facebook & Co. den unterschiedlichen
Nationalitäten Ihrer Fans gerecht?

Buck: Unsere Devise dazu lautet: „Think globally and act locally.“ Es ist wichtig, die
Sprache und die Kultur der jeweiligen Länder zu verstehen und die regionalen Teams
stark einzubinden. Als globales Unternehmen muss ich mich den Gegebenheiten anpas-
sen. Es bestehen gravierende Unterschiede in der Nutzung sozialer Medien zwischen
China, USA, Europa und Lateinamerika. Diese Unterschiede müssen verstanden werden,
um die jeweilige Social-Branding-Strategie anpassen zu können.
Maltzen: Dem stimme ich zu. Eine Marke wird bei aller Globalisierung noch immer
beim Kunden „vor Ort“ erlebt. Das hat zur Folge, dass wir dort hingehen müssen, wo
sich der Kunde aufhält. Facebook ist die weltweit größte soziale Plattform, es darf aber
nicht vergessen werden, dass zum Beispiel die Chinesen eigene soziale Netzwerke haben.
Ich möchte hier nur RenRen nennen.

▶ „Eine Marke wird bei aller Globalisierung noch immer beim Kunden ‚vor Ort‘ erlebt.“
Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen 7

Lüdi: Ergänzen möchte ich noch die Sprachthematik. Im Idealfall wird die Sprache der
Kunden gesprochen. Hierfür sind allerdings umfangreiche Ressourcen erforderlich.
Swiss International Air Lines kommuniziert daher global nur in Englisch. In der Schweiz
auch, weil wir sonst jedes Update in den vier Landessprachen Deutsch, Französisch,
Italienisch und Rätoromanisch ausliefern müssten. Wenn wir lokale Updates schalten,
machen wir dies meist in der jeweiligen Landessprache, womit dann auch die „Lokalität“
gefördert wird.

Wie schaffen Sie es, Ihre Communities immer wieder aufs Neue
zu begeistern und in die Markenführung mit einzubeziehen?

Lüdi: Das ist in der Tat nicht immer einfach. Mal gibt es Zeiten, da hat man fast zu viel
zu erzählen, dann kommen aber auch wieder Zeiten, in denen man Themen regelrecht
„zusammenkratzen“ muss. Dies hängt auch damit zusammen, dass es Swiss International
Air Lines erst seit neun Jahren gibt, wir also nicht einfach in die Geschichtekiste greifen
können und zum Beispiel Fotos von Uniformen der 60er Jahre zeigen können. Wir ar-
beiten dann mit Lückenfüllerthemen, wie zum Beispiel Blicken hinter die Kulisse, Reise-
tipps oder Gewinnspielen. Generell versuchen wir die Community immer wieder zu
involvieren, beispielsweise indem wir sie auffordern, Fotos hochzuladen, oder mit ihnen
diskutieren.
Maltzen: Die Fans zu involvieren ist auch uns sehr wichtig. Wie ich bereits beschrieb,
zählt für uns das Engagement rund um die Marke Audi. Also muss unsere Strategie sein,
unsere Fans anzuregen, sich zu beteiligen. „Mitmach-Web“ ist ein passender Ausdruck
für unsere Herangehensweise.

▶ „Fans zu involvieren ist uns sehr wichtig.“

Buck: Wir setzen sehr stark auf Innovationen. Der Markt verlangt nach Innovationen
und die heutigen Social-Media-Plattformen entwickeln sich rasant weiter. Dies erlaubt es
uns, neue Dinge auszuprobieren und mit wechselnden Aktionen die Fans zu begeistern
und zu beteiligen.

Wie wichtig ist Kreativität und was ist bei der Entwicklung
und Lancierung von Social-Branding-Kampagnen zu beachten?

Buck: Ob Social oder nicht – Branding-Kampagnen müssen immer authentisch sein und
zur Marke passen. Kreativität spielt dabei eine wichtige Rolle. Soziale Medien geben uns
neue Möglichkeiten, die eigene Kreativität zu erweitern.
8 Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi und Ralf Maltzen

Lüdi: Ja, Kreativität ist wichtig. Auch, weil mittlerweile so viele Unternehmen auf Face-
book sind, dass man sich differenzieren muss. Wir tun dies zum Beispiel mit unserem
Kundendialog und unserem Kundenservice, der fast keine Anfrage unbeantwortet lässt.
Darüber hinaus veranstalten wir regelmäßig kreative Gewinnspiele, wie zum Beispiel das
„Fly to your Friends“-Spiel in diesem Sommer, bei dem Facebook-User ihre Freunde
virtuell besuchen mussten, um so viele Meilen wie möglich zu sammeln.

Welche Rolle spielt die Markenpositionierung


in Ihren Social-Branding-Aktivitäten und inwiefern sind diese
in die Gesamtkommunikation Ihrer Marke integriert?

Buck: Die Markenpositionierung spielt im heutigen globalen Markt eine immer größere
Rolle. Christian Lüdi hat ja bereits erwähnt, dass die klare Differenzierung zu den Mit-
bewerbern entscheidend ist. Soziale Medien sind eine von mehreren Möglichkeiten, sich
darzustellen und einen Markendialog zu führen. Hier liegen ganz klar ihre Stärken. Ein
Unternehmen kann die eigene Marke global und mit verschiedensten Nutzergruppen im
1:1-Dialog darstellen. Soziale Medien spielen daher eine wichtige Rolle in der Gesamt-
kommunikation von Dell.
Maltzen: Soziale Medien sind auch für Audi ein wichtiges Element in der Gesamtkom-
munikation. In den Anfängen des digitalen Marketings haben viele danach gefragt, was sie
denn in Zukunft weglassen können – jetzt, wo das Internet da ist. Schließlich haben alle
Marketeers gemerkt, dass es nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“
ist. Dieses Learning können wir nun im Social Web von vornherein antizipieren und „So-
wohl als auch“-Aktivitäten planen. So haben wir zum Beispiel einen „Social Configurator“
entwickelt. Also die Möglichkeit, auf Facebook eine Audi-Konfiguration vorzunehmen,
um sie anschließend öffentlich mit anderen zu teilen, zu besprechen und zu verbessern.
Die Konfiguration des eigenen Premium-Autos ist für viele Menschen eine emotionale
Angelegenheit, die sie mit Freunden und/oder Familienangehörigen intensiv diskutieren.

Wie ist das Social Branding bei Ihnen organisatorisch verankert?

Lüdi: Bei Swiss International Air Lines sind die sozialen Medien primär im Online-
Marketing angesiedelt. Wir haben dort allerdings kein eigenes Social-Media-Team, son-
dern arbeiten mit einer Art Satellitensystem. So haben auch andere Abteilungen Mitar-
beiter, die sich neben ihren eigentlichen Tätigkeiten sozialen Medien widmen. Zum
Beispiel wird der Twitter-Kanal @SWISS_OffersCH durch die Abteilung Sales & Marke-
ting Schweiz betreut. Alle Mitarbeiter, die mit sozialen Medien zu tun haben, treffen sich
zweiwöchentlich zum Austausch. Wir arbeiten dabei auch sehr eng mit Corporate
Communications zusammen. Das Satellitensystem hat den Vorteil, dass alle Beteiligten
Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen 9

sehr nahe an den Informationen sind und die Abteilungen selber entscheiden können,
wie viel Zeit sie in soziale Medien investieren.
Buck: Insgesamt binden wir die sozialen Netze und den verstärkten Kundendialog holis-
tisch in das Unternehmen mit ein. Eine zentrale Koordination der Social-Media-
Aktivitäten findet dadurch nicht mehr statt. Dabei wird zwar das Social Branding bei
Dell von denselben Menschen koordiniert, die auch die traditionelle Markenkommuni-
kation verantworten. Allerdings werden auch andere Teams im Social-Media-Umfeld
mit einbezogen, um alle Aktivitäten abzustimmen, Innovationen zu teilen und eine klare
und koordinierte Markenbotschaft zu vermitteln.
Maltzen: Wir sind derzeit in einer Übergangsphase. Wie bei den meisten innovativen
Aktivitäten bilden wir zuerst eine Projektorganisation und überführen diese dann nach
der Etablierung in Linienorganisationen. Bei Social Media erarbeiten wir gerade den
Übergang in die Linienorganisation.

Inwiefern halten Sie es für sinnvoll, Agenturen für das Social Branding
einzusetzen? Wo sehen Sie Chancen und Risiken?

Buck: Social Media lassen sich nicht outsourcen! Allerdings gibt es mittlerweile Kreativ-
agenturen und Strategieberatungen, die helfen können, den eigenen Social-Media-
Auftritt erfolgreicher zu gestalten. Die Risiken sind sicherlich darin zu sehen, dass Agen-
turen nicht das Unternehmen repräsentieren und die Social-Media-Aktivitäten nicht
authentisch beim Kunden ankommen. Wer sich über seine Social-Media-Strategie, die
Zielsetzung und Messkriterien im Klaren ist, kann aber durchaus mit Agenturen zusam-
menarbeiten, um Ideen zu erhalten und Programme und Aktivitäten zu unterstützen.

▶ „Social Media lassen sich nicht outsourcen!“

Lüdi: Wir benötigen Agenturen für Spiele und Apps. Den Rest kann man gut selber ma-
chen. Vor allem der Dialog sollte intern organisiert werden, da sonst nur Zeit und Per-
sönlichkeit verloren geht. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Learnings im Haus sind.

Inwiefern gibt es bei Ihnen Richtlinien und Prozesse


für Social-Branding-Aktivitäten? Was hat Sie dazu veranlasst,
diese zu entwickeln?

Maltzen: Es ist wie beim Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes. Wir haben uns Stück für
Stück gefragt, welche Relevanz die sozialen Medien in unserem Geschäft haben, und
dann Schritt für Schritt die entsprechenden Prozesse und Richtlinien erarbeitet. So gibt
10 Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi und Ralf Maltzen

es beispielsweise Social-Media-Guidelines für die Audi-Händler, aber auch Verhaltens-


Richtlinien für Mitarbeiter.
Buck: Dell hat schon sehr früh verbindliche Social-Media-Regeln für die Mitarbeiter auf-
gestellt. Verständlich formulierte und pragmatische Regeln im Umgang mit sozialen
Netzen sind wichtig. Dell verspricht sich eine Vereinheitlichung der Grundlagen und
Spielregeln im Sinne des Unternehmens. Dies gibt der Firma die Möglichkeiten, die Nut-
zung der sozialen Netze zu optimieren und den Mitarbeitern die rechtlichen bzw. ethi-
schen Rahmenbedingen zu erläutern. So schaffen sie Sicherheit im Umgang mit sozialen
Netzen und vermeiden eine Überregulierung. Die Mitarbeiter bei Dell sind ein sehr
wichtiger Bestandteil der Social-Media-Businessstrategie. Das Management bringt den
Mitarbeitern Vertrauen in der Nutzung entgegen und lebt es vor.

▶ „Vor allem der Dialog sollte intern organisiert werden.“

Lüdi: Auch wir haben Guidelines, zum Beispiel zum Schreiben eines Blog-Artikels und
zu unserem Wording in sozialen Medien. Darüber hinaus geben wir Tipps. Wir wollen
unsere Mitarbeiter sensibilisieren, rufen sie aber auch zum Mitmachen auf.

Gab es in der Vergangenheit kritische Momente


in Ihren Social-Branding-Aktivitäten? Wie haben Sie diese gelöst
und was haben Sie daraus gelernt?

Lüdi: Probleme gab es eigentlich nicht wirklich. Wir haben allerdings vor einiger Zeit
eine Krise selber ausgelöst. Als wir unsere Markenneupositionierung kommunizierten,
störten sich sehr viele Menschen an dem neuen Logo von Swiss International Air Lines.
Wir traten dem entgegen, indem wir Hintergrundinfos bereitstellten und sogar einen
Chat mit unserem CCO durchführten. Nach einer Woche hatte sich das Thema dann
wieder gelegt. Es gibt natürlich immer wieder kritische Stimmen in sozialen Medien, die
mit unseren Produkten oder Services nicht zufrieden sind. Wir betrachten dies aber als
Chance, den Fehler wiedergutzumachen. In den meisten Fällen gelingt das auch. In den
anderen Fällen lässt sich das auch sonst nicht lösen.
Buck: Kritisch wird es meist nur dann, wenn überambitionierte Mitarbeiter sich im
Namen des Unternehmens engagieren und es keine verbindlichen Regeln und gezielten
Trainings gibt. Dies ist mit dem Risiko behaftet, dass die Marke nicht klar erkenntlich ist
oder rechtliche Risiken eingegangen werden. Das kann aber, wie bei Dell geschehen,
durch gute Schulung und klare Regeln vermieden werden.
Maltzen: Soziale Medien erfordern Transparenz in jeglicher Form. Wir dürfen also den
Nutzern dieser Medien nicht den „Mund verbieten“. Interessant ist: Kommt es einmal zu
unsachlicher Kritik, beobachten wir einen „Selbstreinigungseffekt“ im Web: Andere
Nutzer reagieren ausgleichend und versachlichen die Diskussion.
Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen 11

Wie messen Sie den Erfolg Ihrer Social-Branding-Aktivitäten?

Maltzen: Wie im richtigen Leben müssen wir nicht nur bekannt sein, sondern auch ge-
mocht beziehungsweise „gewollt“ werden. Hierfür haben wir quantitative internationale
KPIs entwickelt.
Lüdi: Wir messen unseren Erfolg vor allem qualitativ. Das heißt, wir schauen uns an, wel-
che Themen die Fans interessieren und welche nicht. Wir setzen uns zudem mit ihrer
Stimmung auseinander und versuchen, diese möglichst hochzuhalten. Uns ist vor allem
an einer qualitativ guten Community gelegen. Die Größe der Community ist für uns wich-
tig, aber nicht entscheidend. Seit einiger Zeit tracken wir zudem die Verkaufszahlen via So-
cial Media. Diese sind – verglichen mit der Homepage – noch gering, wachsen aber stetig.
Buck: Wir setzen auf klassisches Brandtracking, Net-Sentiment-Analysen und Engage-
ment-Scoring. Dabei vergleichen wir die Performance sozialer Medien auch mit der
anderer Medien. Wie effektiv sind unsere Aktivitäten, wie gut funktionieren unsere Pro-
gramme und wie nachhaltig verändert sich der Wert unserer Marke im Bewusstsein
unserer Kunden? Unsere Erfolgsmessung gibt Antworten auf diese Fragen.

Was sind aus Ihrer Sicht Erfolgsfaktoren im Social Branding?

Lüdi: Die Betreuung sozialer Medien kann sehr zeitintensiv werden. Von daher ist es
wichtig, ausreichend Ressourcen zu haben. Darüber hinaus sind gutes Zuhören, eine
konstruktive Auseinandersetzung mit den Anliegen der Fans und Geduld erforderlich.
Maltzen: Nicht verkaufen – unterhalten! Die Erfahrung zeigt, dass wir besonders positi-
ves Feedback erhalten, wenn wir unsere Fans unterhaltsam involvieren. Umgekehrt mer-
ken wir, dass Social Commerce in unserer Branche noch in den Anfängen steckt.

▶ „Nicht verkaufen – unterhalten!“

Wie gehen Sie mit den rasanten Entwicklungen in sozialen Medien


um und welche Insights nutzen Sie, um Ihr Social Branding
weiterzuentwickeln?

Maltzen: Second Life, Facebook, LinkedIn, Google+, FourSquare … Die Dynamik in


diesem Umfeld ist in der Tat erstaunlich. Und jedes Mal stehen wir vor der Frage: „Was
machen wir damit?“ Die Welt entwickelt sich so rasant, dass wir nicht auf empirische
Werte und wissenschaftliche Untersuchungen warten können. Daher erarbeiten wir uns
Erfahrungen, indem wir auch Dinge einfach mal ausprobieren. Hierzu treffen wir bei
Audi Entscheidungen über einzelne Aktivitäten nach dem Mehraugenprinzip. Mit den
gewonnenen Erfahrungen können wir dann die nächsten Schritte gehen.
12 Interview mit Michael Buck, Christian Lüdi und Ralf Maltzen

Buck: Das sehe ich genauso. Trial und Error ist ein probates Mittel, neue Entwicklungen
zu testen und gegebenenfalls für sich zu nutzen. Leider gibt es kein Patentrezept, aber
sicherlich haben sich über die Zeit einige Erfolgsfaktoren herauskristallisiert. Zuhören
und den Dialog zu suchen erscheint mir wichtig, um das Social Branding kontinuierlich
zu verbessern.

Wo sehen Sie Entwicklungsperspektiven für das Social Branding?


Welche Chancen bieten Social Commerce, Mobile Solutions
und Location-based Services?

Lüdi: Aus meiner Sicht steckt das Social Branding noch in den Kinderschuhen. Man
sieht dies am Trial and Error und an den Budgets beziehungsweise den zur Verfügung
stehenden Ressourcen. Großes Potenzial sehe ich in den Bereichen HR-Marketing, Mar-
ket Research und Idea Management. Location-based Services nutzen wir derzeit noch
nicht, da wir bis auf unsere Lounges keine Facilities am Boden haben. Mobile Solutions
sind für uns eine Selbstverständlichkeit. So haben wir bereits seit einiger Zeit eine sehr
populäre App, die wir permanent weiterentwickeln. Das ganze Thema Social Commerce
steht bei uns aktuell auf dem Prüfstand.

▶ „Social Branding steckt noch in den Kinderschuhen.“

Buck: Hier sind wir bereits sehr aktiv. Dell verkauft schon seit einigen Jahren seine Pro-
dukte sehr erfolgreich über soziale Netzwerke. Wir sind deswegen so erfolgreich, weil es
uns gelungen ist, das Vertrauen der Nutzer zu gewinnen. Voraussetzung hierfür ist, dass
der Verkauf nicht das primäre Ziel eigener Aktivitäten ist. Er sollte das Resultat der Din-
ge sein, die man tut. Mobile Commerce und Location-based Services werden sicherlich
eine wichtigere Rolle in der Zukunft spielen. Es wird hier aber noch so viele Entwicklun-
gen geben, so dass ich noch keine abschließende Bewertung abgeben kann.
Maltzen: Uns Automobilisten fasziniert natürlich alles rund um die individuelle Mobili-
tät. So schauen wir insbesondere auf Entwicklungen, die nah an unserem Kerngeschäft
liegen. Bereits heute nutzen wir so genannte Car-Floating-Data, um die Verkehrsinten-
sität zu bestimmen und vorherzusagen – so wissen andere Verkehrsteilnehmer, ob es
sinnvoll ist, gerade jetzt auf die Autobahn zu fahren oder eventuell noch zu warten. Mit
diesem Wissen können wir uns noch viele sinnvolle Anwendungen vorstellen.

Derzeit stehen viele Unternehmen hinsichtlich Social Branding


in den Startlöchern. Was empfehlen Sie diesen?

Maltzen: Das Patentrezept gibt es aus unserer Sicht nicht. Wie beschrieben, erfordert
jede Situation eine individuelle Vorgehensweise. Daher helfen klassische Tugenden: Set-
Social Branding – Unternehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen 13

zen Sie sich ein klares, messbares Ziel. Erarbeiten Sie auf dieser Basis eine Strategie, wie
Sie das Ziel erreichen wollen, und leiten Sie entsprechende Maßnahmen ab.
Buck: Auf diesem Weg erscheinen mir sieben Dinge wichtig. Erstens: Lernen Sie Zuhö-
ren und akzeptieren sie Kundenmeinungen! Zweitens: Zeigen Sie Bereitschaft zu schwie-
rigen Entscheidungen! Drittens: Trainieren Sie Ihr Team hinsichtlich Interaktion und
Dialog! Viertens: Definieren Sie messbare Ziele! Fünftens: Passen Sie die Bewertung
Ihrer Mitarbeiter an und koppeln Sie hieran deren Bezahlung! Sechstens: Sorgen Sie für
Konsistenz an jedem Customer Touch Point! Siebtens: Bringen Sie Geduld mit!

Wir danken Ihnen für das Gespräch!


Steuern die Markenmanager
oder die Konsumenten die Marke?
2
Kritische Reflexionen zur partizipativen Markenführung
unter der Berücksichtigung von sozialen Medien

Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 16
2 Die Rolle der sozialen Medien ................................................................................................. 17
3 Die neue Rolle der Marke......................................................................................................... 17
4 Die neue Rolle der Markenführung ........................................................................................ 18
4.1 Veränderung der Machtverhältnisse und Verlust der Kontrolle ........................ 18
4.2 Einbezug von Konsumenten in die Markenführung ............................................ 19
5 Sicherstellung eines Equilibriums in der Markenführung .................................................. 22
5.1 Balance zwischen den Anspruchsgruppen der Marke.......................................... 22
5.2 Balance zwischen Markenstrategie und Markenimplementierung .................... 23
5.3 Balance zwischen Markenstärke und Markenrisiko ............................................. 23
5.4 Balance zwischen internen und externen Markenbeziehungen.......................... 24
6 Zusammenfassung..................................................................................................................... 25
6.1 Implikationen für die Unternehmenspraxis........................................................... 25
6.2 Implikationen für die Forschung ............................................................................. 27
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 27

_______________________
Prof. Dr. Tim Oliver Brexendorf ()
WHU – Otto Beisheim School of Management, Henkel Center of Consumer Goods,
Burgplatz 2, 56179 Vallendar, Deutschland
e-mail: tim.brexendorf@whu.edu
Prof. Dr. Sven Henkel ()
Universität St. Gallen, Center for Customer Insight, Bahnhofstr. 8, 9000 St. Gallen, Schweiz
e-mail: sven.henkel@unisg.ch

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 15


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_2, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
16 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

„Markenführung beinhaltet, dass Unternehmen mit ihren Marken eine wertsteigernde und proaktive
Strategie verfolgen. Bevor man darüber nachdenkt, Konsumenten an der Führung der Marke teilhaben
zu lassen, sollte man sehr kritisch prüfen, inwieweit und in welchem Umfang Konsumenten die eigene
Markenstrategie unterstützen.“ Prof. Dr. Tim Oliver Brexendorf

1 Einleitung

Marken sind primäre Quellen des Unternehmenswerts. Der Markenwert bestimmt in


hohen Teilen den Unternehmenswert und ist damit einer der entscheidendsten Unter-
nehmenswerttreiber. Die Sicherung und Steigerung des Markenwerts stellt daher ein
langfristiges strategisches Anliegen der Unternehmen dar, das durch die Markenführung
sichergestellt werden muss. Die Führung von Marken ist daher von kritischer Bedeutung
für Unternehmen (vgl. [40]).
Gleichzeitig ist die Führung der Marke unsicher wie selten zuvor. Das Internet und
Veränderungen in der Informationstechnologie stärken die Position des Konsumenten
und erhöhen die Möglichkeiten der Konsumenten zur Informationsbeschaffung und
zum Informationsaustausch. Durch erweiterte Möglichkeiten der Informationsbeschaf-
fung und des Informationsaustauschs erhöhen Konsumenten ihr Wissen über diverse
Themen wie auch über Produkte und Marken. Die Entwicklung und Nutzung sozialer
Netzwerke wie Facebook oder Twitter führt zu einem zunehmenden Austausch über
Informationen und Marken.
Je mehr Zeit Konsumenten im Internet und auf sozialen Netzwerkseiten verbringen,
desto höhere Bedeutung gewinnen soziale Netzwerkwerkseiten auch für Unternehmen
(vgl. [31]). Darüber hinaus haben Konsumenten ein zunehmendes Interesse, die Aus-
richtung und Entwicklung von Marken mitzubestimmen und bringen sich zunehmend
ein. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Marken – bedingt durch eine erhöhte Markt-
und Preistransparenz und eine steigende Angebotsvielfalt – gleichzeitig von einer ab-
nehmenden Markenloyalität betroffen sind (vgl. [8]). Aphorismen wie „The consumer
owns the brand“ weisen auf den zunehmenden Verlust der Kontrolle des Unternehmens
über die Markenführung hin.
Die Markenführung steht somit der Herausforderung und Notwendigkeit gegenüber,
einerseits die eigenen Marken zu stärken und andererseits eine Vielzahl von Anspruchs-
gruppen mit ihren Bedürfnissen in die Führung der Marke zu involvieren – wenn nicht
zu integrieren, um die Bindung an die Marke zu ermöglichen, aufrechtzuerhalten oder
zu stärken. Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist das Ziel des vorliegenden Artikels,
zum einen die Bedeutung einer partizipativen Markenführung kritisch zu beleuchten
und zum anderen auf dieser Grundlage erste Ableitungen für die Führung von Marken
zu ziehen.
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 17

2 Die Rolle der sozialen Medien

Die Konsumenten sind durch die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und des
Informationsaustauschs zunehmend aufgeklärter und in höherem Maße miteinander
vernetzt. Durch die Entwicklung sozialer Medien sind Menschen medial enger mitein-
ander verbunden als je zuvor. Sie erstellen Inhalte und tauschen diese interaktiv über
soziale Medien aus. Kaplan und Haenlein beschreiben soziale Medien daher als „group
of Internet-based applications that build on the ideological and technological founda-
tions of Web 2.0, and that allow the creation and exchange of user-generated content“
[28]. Die Entwicklung des Internets und verwandter Technologien hat damit auch neue
Möglichkeiten geschaffen, Meinungen und Erfahrungen über Marken und Produkte
auszutauschen und zu bewerten (vgl. [10]). Marken und ihre Konsumenten sind somit
durch eine Vielzahl von Beziehungen und Kontaktpunkten miteinander verbunden
(vgl. [4]). Der Wunsch der Konsumenten nach stärkerer Interaktion mit dem Unter-
nehmen wird durch soziale Medien gestärkt. Einige Verbraucher sind daran interessiert,
die Ausrichtung und Bedeutungsinhalte der Marke aktiv mitzugestalten (vgl. [12]), an
der Produktgestaltung teilzuhaben (vgl. [42]) und an der Kommunikation der Marke
mitzuwirken.
Social-Media-Plattformen bieten für Unternehmen gleichzeitig die Möglichkeit, Kon-
sumenten individuell anzusprechen und einen interaktiven Austausch zu initiieren. Sie
ermöglichen die Erstellung und Verbreitung von Markeninhalten an interessierte Kon-
sumenten sowie die Verbreitung dieser Inhalte der Konsumenten untereinander (vgl.
[18]). Soziale Medien werden neben klassischen Medien wie der Werbung von vielen
Unternehmen ergänzend zum Aufbau starker Marken genutzt.

3 Die neue Rolle der Marke

Starke Marken bieten Konsumenten einen funktionalen und symbolischen Nutzen. Der
funktionale Nutzen einer Marke umfasst sämtliche Nutzendimensionen, die sich aus
den physikalisch-technischen Merkmalen der Marke ableiten lassen. Der funktionale
Nutzen von Marken hat sich über die Zeit zunehmend angeglichen. Dennoch ist er
mehr denn je für den Aufbau und die Entwicklung einer Marke notwendig, da sich
Konsumenten online über die Zweck- und Funktionserfüllung verschiedener Marken
austauschen (vgl. [19]). Der Erfolg von Marken bei Konsumenten beruht jedoch nicht
allein auf dem funktionalen Markennutzen, sondern in hohem Maße auch auf der sym-
bolischen Bedeutung der Marke. Von einem symbolischen Nutzen wird gesprochen,
wenn eine Marke neben ihrer funktionalen Nutzenstiftung dem Konsumenten einen
zusätzlichen Nutzen bietet, der sich nicht direkt aus den Markenleistungen und deren
objektiv-technischer Beschaffenheit ableiten lässt. Eine bedeutsame Funktion nimmt
hierbei der soziale Nutzen ein. Der soziale, meist extrinsisch geprägte Nutzen ist weni-
18 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

ger stark an die physische Markenleistung gekoppelt, sondern äußert sich als Antwort
auf Bedürfnisse nach sozialer Gruppenzugehörigkeit, externer Wertschätzung durch
andere Menschen und insbesondere externer Selbstdarstellung. Marken selbst haben
sich zu einer kulturellen und sozialen Plattform entwickelt (vgl. [34]). Der Konsum von
Marken wird für einige Konsumenten zum „sozialen Verbindungselement“. So heben
O’Guinn und Muniz hervor:

„Brands are social creations, and this reality has never been more important. Brands are not just names
of things, but increasingly an important part of the social fabric and centers of social organization.“ [43]

Soziale Netzwerke ermöglichen einen Austausch über Marken (vgl. [18]).


Marken sind somit nicht nur psychologische, sondern zunehmend auch soziale Kon-
struktionen, deren inhaltliche Interpretation oftmals im sozialen Umfeld erfolgt, das
nicht vom Unternehmen kontrolliert werden kann.

4 Die neue Rolle der Markenführung

Durch die Nutzung der sozialen Medien und neuer Technologien hat sich die Machtpo-
sition zwischen Unternehmen und Konsument verlagert. Die zunehmende Vielfalt und
Stärkung der Konsumenten bietet somit auch erhebliche Herausforderungen für die
Markenführung (vgl. [31]).

4.1 Veränderung der Machtverhältnisse und Verlust der Kontrolle

Konsumenten informieren sich über die Marke heutzutage über viele Medienkanäle, die
nicht durch das Unternehmen kontrolliert werden können (vgl. [16], [45]). Einige Kon-
sumenten erstellen eigene – positive wie negative – Markeninhalte und machen diese
über das Internet und soziale Netzwerke omnipräsent. Dies geschieht nicht immer zur
Freude des Markenmanagements. Unternehmen stehen somit mit ihren Konsumenten
im Wettbewerb darüber, wer die Ausrichtung und Inhalte der Marke definiert (vgl. [24]).
So betonen Fournier und Avery:

„Brand marketers no longer controlled the reach of their messages, consumers did“ [18].

Die Stärke einer Marke werde – so einige Autoren – außerhalb der direkten Kontrolle
der Markenführung geschaffen (vgl. [7], [32]). Diverse Marketingforscher sowie Marke-
tingpraktiker sehen – insbesondere bedingt durch die Entwicklung und Nutzung sozialer
Medien – eine Verschiebung hinsichtlich der Rolle und Bedeutung der Markenführung
(vgl. [6], [41], [46]). Die Logik der Markenführung habe sich von einer unternehmens-
orientierten hin zu einer gemeinschaftlichen, anspruchsgruppenübergreifenden Wertge-
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 19

nerierung entwickelt. Diese Entwicklung der Markenlogik beinhaltet ein neues Ver-
ständnis darüber, wie der Wert einer Marke gesteigert werden kann (vgl. [41]).
Einige Forscher fordern daher einen stärkeren Kundenbezug in Theorien und Kon-
zepten der Markenführung (vgl. [2]) und befürworten eine Verschiebung hin zum Kun-
denmanagement. Einige Autoren heben hervor, dass Konsumenten in hohem Maße am
Aufbau und an der Entwicklung der Marke teilhaben wollen, und sprechen bereits von
„participation“ (vgl. [26]) oder „brand co-creation“ (vgl. [23]). Diese Entwicklungsten-
denz erfordert ein neues Verständnis der Marke und der Führung der Marke.

4.2 Einbezug von Konsumenten in die Markenführung

Bezieht man Kunden in die Markenführung ein, so stellt sich zunächst die Frage, in wel-
chem Umfang und in welcher Art und Weise dies geschehen kann.
Im Allgemeinen kann der Umfang der Integration zwischen „Geschlossenheit“ auf
der einen Seite und „Offenheit“ auf der anderen Seite liegen (vgl. Abb. 1). Markenfüh-
rung in der traditionellen Auffassung erfolgt auf Grundlage eines relativ geschlossenen
Ansatzes: Das Unternehmen als Eigentümer der Marke übermittelt Werte, Bedeutung
und Inhalte der Marke an die Anspruchsgruppen – insbesondere die Konsumenten. Alle
durch die Marke repräsentierten Leistungen werden weitestgehend durch das Unter-
nehmen gesteuert. Das Unternehmen agiert aktiv, der Konsument reagiert. Die Marken-
führung ist damit unternehmensdominiert und -gesteuert. Ein Beispiel für diese Form
der Markenführung stellt Microsoft dar, die ihre Marke in den letzten Jahrzehnten sehr

übermielnd evolvierend

Werte und Bedeutung der Marke

gerichtet generativ

Unternehmens- Erfahrung mit der Konsumenten- und


gesteuerte Führung Marke offen gesteuerte
der Marke Führung der
vermielt mitgestaltet Marke
Markeninhalte

produziert miterstellt

Produkt- und Dienstleistungen


der Marke
Hierarchie, Heterarchie,
unternehmens- anspruchsgruppen-
dominiert, dominiert,
gerichtet emergent

Abb. 1 Führung der Marke zwischen Unternehmens- und Konsumentendominanz (Quelle: in


Anlehnung an [46], S. 118)
20 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

dominant geführt haben. Bernoff und Li heben in diesem Zusammenhang hervor, dass
Kundenorientierung in der traditionellen Auffassung der Markenführung eher ein
Schlagwort war denn gelebte Philosophie (vgl. [6]).
Die konsumenten- und offen gesteuerte Markenführung auf der anderen Seite des
Kontinuums zielt darauf ab, die Konsumenten der Marke in die Aktivitäten der Marken-
führung einzubeziehen. In diesem Fall ist die Marke nicht proprietär und die Nutzer
stellen die Produzenten dar. Ein Beispiel für diese offene Form der Markenführung stellt
die Marke Linux dar. Bei Linux wurden die Leistungen von einer Community in einem
offenen System ständig überarbeitet, überprüft und verbessert und zur Nutzung für an-
dere Personen freigegeben.
Zwischen diesen beiden Polen existiert eine Vielzahl von Möglichkeiten der Integra-
tion von Konsumenten in Markenführungsaktivitäten. Die grundlegende Idee einer Par-
tizipation der Konsumenten an der Markenführung berücksichtigt die Vernetzung und
Interaktivität aller Anspruchsgruppen der Marke (vgl. [26]). Personen in virtuellen Ge-
meinschaften stellen Fragen und geben anderen Community-Mitgliedern Ratschläge zur
Marke. Dadurch können virtuelle Community-Mitglieder als unentgeltliche Fürsprecher
und Förderer der Marke dienen (vgl. [4]).
Innerhalb einer partizipativen Markenführung ist die Beziehung zwischen Marke und
Konsument partnerschaftlich geprägt. Die Beziehungsqualität zwischen Markenunter-
nehmen und Konsument wird wechselseitig gestärkt. Eine partizipative Führung der
Marke ist insbesondere dann möglich, wenn die Marke sowohl für das Unternehmen als
auch für die Konsumenten eine hohe Bedeutung besitzt. Denn nur wenn die Marke für
die Konsumenten von Relevanz ist, sind diese bereit, sich an der Führung der Marke zu
beteiligen (vgl. Abb. 2).
Entscheidet man sich als Markenunternehmen für eine partizipative Markenfüh-
rung, stellt sich weiterhin die Frage nach der Art und Weise der Partizipation – wo
sollen nun die Konsumenten an der Markenführung mitwirken? Als Grundlage für eine
erste Annäherung lässt sich ein verkürzter Markenführungsprozess heranziehen (vgl.
Abb. 3).
Markenhersteller können Konsumenten entlang dem Markenführungsprozess integ-
rieren. Jede Form der Integration sollte jedoch gut überlegt sein, da Unternehmen durch
die Integration einen Teil ihrer Markenführungshoheit an den Konsumenten abgeben.
Integriert man Konsumenten in die Markenleistungsprozesse (z. B. Verpackungsgestal-
tung) oder Markenkommunikation (z. B. Erstellen einer Markenkampagne), so ist die
Integration im Allgemeinen von begrenzter Dauer, vielfach weniger risikoreich und
besitzt häufig keine sehr weitreichenden Konsequenzen für die Ausrichtung der Marke.
Die Beteiligung von Konsumenten an der Positionierung und der Identität der Marke
würde jedoch den Kern der Führung einer Marke betreffen. Eine Beteiligung von Kon-
sumenten hieran sollte sehr kritisch geprüft werden, da man hier Zugang und Transpa-
renz zu strategischen Aspekten der Marke offenbaren müsste. Die Integration von Kon-
sumenten in die Markenführung sollte daher insbesondere hinsichtlich des Mehrwerts
und des Risikos für das Unternehmen betrachtet werden.
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 21

hoch
Unternehmensgesteuerte
Partizipative Marken
Marken
Die Beziehung zwischen
Die Beziehung zwischen
Marke und Konsument ist
Marke und Konsument wird
partnerschalich geprägt
durch die Marke kontrolliert
Die Beziehungsqualität wird
Die Beziehungsqualität ist
wechselseitig verstärkt
markendominant

Bedeutung der
Marke
für das
Unternehmen Konsumentengesteuerte
Commodities
Marken („open source“)
Die Beziehung zwischen
Die Beziehung zwischen
Marke und Konsument wird
Marke und Konsument wird
durch die Marke kontrolliert
durch die Marke kontrolliert
Die Beziehungsqualität ist von
Die Beziehungsqualität ist
geringer Bedeutung
konsumentendominant
gering

gering Bedeutung der Marke hoch


für den Konsumenten

Abb. 2 Art der Markenführung bezogen auf die Bedeutung für das Unternehmen und die Kon-
sumenten (Quelle: in Anlehnung an [9], S. 950)

Bewertung hinsichtlich
Mehrwert und Risiko der Integration (Warum?)
Art der Stakeholder-/Ziel-Gruppe (Wen?)
Art und Weise der Integration (Welche Bereiche?)
Umfang der Integration (Wie weit?)
Dauer der Integration (Wie lange?)
Struktureller und kultureller Konsequenzen (Welche Konsequenzen?)

Richtung der Konsumentenintegration / Richtung


zunehmenden Machtverlustes aus Unternehmensperspektive

Marken- Marken- Marken-


leistung und Markenstärke Markenwert
identität positionierung
-kommunikation

Unternehmens- Unternehmens- Unternehmens- Konsumenten- Unternehmens-


gesteuert gesteuert gesteuert gesteuert gesteuert

Traditionelle Dominanz in der Markenführung

Abb. 3 Felder und Bewertungsperspektiven der Konsumentenintegration bei der Markenführung


(Quelle: eigene Darstellung)
22 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

5 Sicherstellung eines Equilibriums in der Markenführung

Trotz – und in vielen Fällen gerade wegen – der Nutzung von sozialen Medien und der
Integration von Konsumenten in markenrelevante Prozesse berichten Unternehmen
von Rückschlägen für ihre Marke. Nur wenige Unternehmen, die soziale Plattformen
für ihre Markenführung nutzen, können sichtbare Erfolge – trotz einer erhöhten Anzahl
von „Freunden“ und „Followern“ – verzeichnen. Autoren wie Keller weisen auf die
Gefahr hin:

„Marketers should acknowledge that undesirable branding effects can occur whether the brand is enga-
ged in a social media campaign or not.“ ([31], S. 40)

Aktivitäten von Marken in den sozialen Medien allein reichen nicht, um erfolgreich
zu sein. Vielfach sind Aktivitäten von Marken in den sozialen Medien auch nicht will-
kommen. Ein allzu offensives Vorgehen der Unternehmen kann das Gegenteil der ge-
wünschten Wirkung auslösen: Die Communities wenden sich demonstrativ von der
Marke ab und Konsumenten teilen ihre Abneigung anderen Konsumenten mit. Da
Communities ihre positive Wirkung gerade aufgrund ihrer Autonomie entfalten, sollte
diese weitestgehend bewahrt werden. Autonome Kommunikation und Interaktion zwi-
schen den Mitgliedern des sozialen Netzwerks sollte gefördert werden (vgl. [47]). Soziale
Netzwerke wurden nicht für Unternehmen entwickelt, um das Image von Marken auf-
zubauen und zu stärken (vgl. [18]).
Die Nutzung von und der Umgang mit sozialen Medien sollten daher mit Bedacht er-
folgen. Die Markenführung muss in zunehmendem Maße verschiedenste Interessen bei
der Führung der Marke berücksichtigen, die Markenstrategie und -implementierung
harmonisieren, Markenrisiken und -chancen abwägen sowie externe und interne Mar-
kenbeziehungen koordinieren. Markenführung erfordert somit auch das Management
von „trade-offs“ und die Herstellung von Gleichgewichten (vgl. [33]).

5.1 Balance zwischen den Anspruchsgruppen der Marke

Erfolgreiche Markenführung erfordert die Einbeziehung einer Vielzahl von Anspruchs-


gruppen und Interessen. Eine starke Marke muss seit jeher sowohl den Bedürfnissen des
Kunden als auch des Unternehmens gerecht werden. Viele Marken haben jedoch die
Bedeutung der Einbeziehung und der Balance von Interessen in der Vergangenheit ver-
nachlässigt. Neben internen Anspruchsgruppen wie Mitarbeitern, die die Identität der
Marke prägen und das Versprechen der Marke gegenüber allen externen Anspruchs-
gruppen einlösen müssen, besitzt die Wahrnehmung der Marke bei den externen An-
spruchsgruppen einen Einfluss darauf, ob die Marke erfolgreich ist oder nicht.
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 23

Um die Interessen aller relevanten Anspruchsgruppen zu berücksichtigen, ist ein


Gleichgewicht aller Interessen zu erzielen. Dies setzt ein Verständnis und einen Umgang
mit gegensätzlichen und vielfach unterschiedlichen Interessen und Sichtweisen der An-
spruchsgruppen gegenüber der Marke voraus.

5.2 Balance zwischen Markenstrategie und Markenimplementierung

Das Markenmanagement ist traditionell auf die strategische Ausrichtung bezogen


(vgl. [44]). Neben der Entwicklung einer geeigneten Markenstrategie ist die Markenim-
plementierung mehr denn je von entscheidender Bedeutung.
Durch die Nutzung von Kommunikationstechnologien sind die Aktivitäten der Mar-
ke transparenter denn je. Der funktionelle Nutzen einer Marke wird bei zunehmender
Transparenz eine entscheidende Komponente im Markenversprechen (vgl. [31]). Diese
Transparenz erfordert die Authentizität einer Marke, welche den Grad der Überein-
stimmung zwischen der Wahrnehmung der propagierten Werte und den wahrgenom-
menen Handlungen der Marke durch die relevanten Anspruchsgruppen bezeichnet.
Authentische Marken werden als integer, wahrhaftig, offen und ehrlich wahrgenommen
(vgl. [18]). Das Markenmanagement muss hierzu relevante Werte für die Marke definie-
ren und diese in all ihren Handlungen und Entscheidungen stützen – auch wenn dies bei
Konsumenten teilweise zu Abwehrreaktionen führt (vgl. [17]). Nur eine nach außen
bestehende Konsistenz zwischen den Aussagen und Handlungen einer Marke stärkt ihre
Identität und ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den Konsumenten (vgl. [26]). Barwise
und Meehan weisen auf diese Bedeutung ausdrücklich und zutreffend hin:

„Social media make it more urgent than ever that companies get the basics right, developing and reli-
ably delivering on a compelling brand promise.“ [5]

Markenstrategie und Markenimplementierung müssen mehr denn je aufeinander ab-


gestimmt sein.

5.3 Balance zwischen Markenstärke und Markenrisiko

Der Schwerpunkt der Markenführung liegt im Aufbau der Markenstärke und des Mar-
kenwerts. Die Stärke einer Marke beruht auf einer Relevanz der Marke für den Kon-
sumenten und einer Differenzierung gegenüber der Konkurrenz. Eine Integration von
Konsumenten beinhaltet das Risiko, die Unterscheidbarkeit gegenüber Konkurrenz-
marken zu verlieren, da durch einen offenen Zugang und Transparenz Geschäftspro-
zesse kopiert werden können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass das Markenmanage-
24 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

ment die Kontrolle über die Führung der Marke verliert. Auch die Glaubwürdigkeit
und die Authentizität einer Marke können durch dauerhafte Integration von Konsu-
menten geschädigt werden (vgl. [23]).
Für Markenmanager ist es daher bedeutsam, die Gefahren und Risiken für die Mar-
ke zu identifizieren (vgl. [31]). Bisher war das Risikomanagement nicht nur selten Be-
standteil der Markenführungsfunktion. Markenmanager sind vielfach nicht ausgebildet,
Risiken für ihre Marke zu bewerten sowie den Umgang mit Risiken zu steuern und zu
kontrollieren und besitzen geringe Kenntnisse über Risikokonzepte (vgl. [18]). Die Ent-
wicklung von geeigneten Kennzahlen, die helfen, Risiken zu bewerten, ist daher drin-
gend erforderlich. Für die zukünftige Markenführung ist es von hoher Bedeutung, den
Mehrwert und das Risiko aller zum Aufbau der Marken durchgeführten Aktivitäten
abzuwägen.

5.4 Balance zwischen internen und externen Markenbeziehungen

Die Aufgabe des Markenmanagers ist es, die langfristige Markenstrategie zu planen und
Marketingkampagnen zu entwickeln, die die Bekanntheit, das Image und die Bindung
der Konsumenten an die Marke erhöhen (vgl. [36]). Markenmanager sind die zentralen
Koordinatoren aller Marketingaktivitäten für ihre Marke und verantwortlich für die Ent-
wicklung und Umsetzung der Marketingpläne (vgl. [37]). Der Markenmanager koordi-
niert die internen Schnittstellen Verpackung, R&D, Produktion etc., um marktfähige
Marken und Produkte zu entwickeln. Die Aktivitäten zum Aufbau einer starken Marke
waren in den letzten Jahren vielfach darauf beschränkt, Kampagnen zu entwickeln und
umzusetzen, die auf klassische Werbung, PR und Promotion bezogen waren. Die traditi-
onelle übermäßige Abhängigkeit der Markenführung von der Marketingkommunikation
und die Fokussierung auf Medien, die lediglich eine Kommunikation von Marke zu
Konsument ermöglicht hat, führten dazu, dass die Führung vieler Marken in hohem
Maße auf eine One-way-Kommunikation ausgerichtet war. Die interaktive Kommunika-
tion und das hohe Informationsbedürfnis der Konsumenten tragen jedoch zunehmend
dazu bei, dass Markenmanager sich stärker den externen Markenbeziehungen und der
Kommunikation der Konsumenten untereinander widmen müssen.
Wenn Unternehmen zunehmend permeable Grenzen besitzen und Konsumenten in
die Markenführung einbeziehen, ermöglicht dies eine vereinfachte Wissensaufnahme
(vgl. [26]). Der Zugang und die zunehmende Transparenz, die Unternehmen den Kon-
sumenten gewähren, führen zu einem erhöhten Austausch zwischen unternehmensin-
ternen Abteilungen sowie zwischen Konsumenten und unternehmensinternen Prozes-
sen. Für Markenmanager ist es daher zunehmend notwendig, interne und externe
Anspruchsgruppen der Marke zu koordinieren.
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 25

6 Zusammenfassung

Unternehmen müssen die Notwendigkeit erkennen, sich verstärkt gegenüber den An-
sprüchen der Konsumenten und weiteren Anspruchsgruppen zu öffnen. Dies führt ver-
schiedenen Autoren zufolge zur „Entmachtung des Markenmanagers“. So betonen Four-
nier und Avery:

„It’s a lonely, scary time to be a brand manager“ [18].

Die Integration von Konsumenten in die Leistungserstellung oder die Leistungskom-


munikation ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Entmachtung des Markenmanage-
ments – eher im Gegenteil. Das Markenmanagement sollte vielmehr in höherem Maße
interne und externe Markenbeziehungen koordinieren und die Fähigkeit besitzen, den
Dialog mit internen und externen Anspruchsgruppen zu führen. Das Aufgabenspektrum
des Markenmanagers wird so wieder auf den ursprünglichen Schwerpunkt der Marken-
führung zurückgeführt. Das Markenmanagement muss sich stärker mit der Interaktion
mit dem Konsumenten auseinandersetzen und gewinnt dadurch zusätzliche Instrumen-
te, die Markenidentität zu aktualisieren und zu stärken. Insbesondere für Konsumgüter-
hersteller besteht so die Möglichkeit, die Konsumenten näher kennenzulernen und die
Beziehung des Konsumenten zur Marke zu festigen.

6.1 Implikationen für die Unternehmenspraxis

Bedeutsam für den Erfolg einer Marke ist nach Barwise und Meehan richtigerweise die
Fähigkeit zur Markenführung:

„The rise of social media makes it more important than ever to get the branding fundamentals right.“ [5]

Dennoch müssen Unternehmen die „Spielregeln“ von sozialen Medien erkennen und
für sich nutzen. Für viele Unternehmen und Markenmanager handelt es sich bei Social
Media um ein neues, für das Unternehmen in seiner Funktionsweise noch unbekanntes
Medium, für das häufig keine Erfahrungswerte existieren.
Selbst wenn das Markenunternehmen eine Strategie für den Umgang mit Social Me-
dia besitzt, ist es nicht gleichzeitig in der Lage, von den Vorteilen zu profitieren. Partizi-
pative Markenführung erfordert ein unternehmensweites Umdenken und die Bereit-
schaft, sich stärker an den Konsumenten auszurichten, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen
und zeitnah zu befriedigen. Die Nutzung sozialer Medien für die Markenführung bedarf
nicht nur der Veränderungen im Mindset der Markenmanager, sondern auch inneror-
ganisatorischer Anpassungsprozesse. Diese führen in Organisationen oftmals zu Wider-
stand (vgl. [6]). So bedarf bspw. eine Fanseite auf Facebook einer dauerhaften Betreuung
und Pflege. Markenmanager können diese Funktion vielfach aufgrund zeitlicher und
26 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

inhaltlicher Restriktionen auf Dauer nicht erbringen. Daher müssen engere Verknüp-
fungen zwischen dem Markenmanagement und den Dienstleistungscentern, die in di-
rekten Kontakt mit den Konsumenten in den sozialen Medien treten, hergestellt werden.
Unternehmen benötigen klare Richtlinien für den unternehmensspezifischen Umgang
mit Social Media.
Viele Markenmanager nutzen heute einen für sie häufig noch unbekannten Kommu-
nikationskanal zum Aufbau ihrer Marke. Bereits Low und Fullerton (vgl. [37]) haben
ausgeführt, dass Markenmanager oft nicht über die geeigneten Fähigkeiten verfügen, um
Marken zu managen. Für Unternehmen ist es daher von großer Relevanz, dass sich Mar-
kenmanager im digitalen Marketing weiterbilden und Kompetenzen aufbauen. Viele
Unternehmen der Konsumgüterindustrie wie Nestlé, Henkel oder Procter & Gamble
haben in den letzten Jahren Abteilungen aufgebaut, die auf das digitale Marketing spe-
zialisiert sind und das Markenmanagement in der Umsetzung von Social-Media-Maß-
nahmen unterstützen. Ein übergreifender Kompetenzaufbau von Markenmanagern ist
jedoch zwingend notwendig.
Die meisten Schwierigkeiten bereiten den Markenmanagern die spezifischen Eigen-
schaften des Social Web. Der Verlust einer absoluten Kontrolle über die Markenkom-
munikation und die Unsicherheit im Umgang mit den sozialen Netzwerken stellen viel-
fach die größten Hürden dar. Des Weiteren verändert die Nutzung sozialer Medien die
bestehenden Aufgabenbereiche des Markenmanagers. Markenmanager müssen aller-
dings die Fähigkeit zum Umgang mit sozialen Medien und eine entsprechend positive
Einstellung dazu besitzen. Die Kompetenz von Markenmanagern, ihre Marken erfolg-
reich zu managen, ist daher in vielerlei Hinsicht weiterzuentwickeln. Markenmanager
müssen heute über ein breiteres und tieferes Wissen über die Marke, die Medien und die
Vielfalt der potenziellen Zielgruppen verfügen als in der Vergangenheit.
Coupland betont in diesem Zusammenhang, dass Konsumenten nicht immer zweck-
gerichtet an der Entwicklung von Markeninhalten interessiert sind (vgl. [12]). Auch
Keller (vgl. [30]) hebt kritisch hervor, dass nur ein Teil der Konsumenten für eine be-
stimmte Zeit den Austausch mit Marken sucht, die sie im täglichen Leben nutzen und
an deren Entwicklung sie sich beteiligen möchten. Aus einer managementorientierten
Perspektive sind die Consumer Insights ohnehin seit jeher bei jeder Markenführungs-
entscheidung zu berücksichtigen, da die Konsumenten mit die entscheidendsten Stake-
holder des Unternehmens darstellen. Bedeutsam ist allerdings, dass das Markenma-
nagement relevante Aussagen der Konsumenten über die Marke herausfiltert (vgl. [31]),
wobei die lautesten Klagen von Konsumenten nicht immer die für die Führung der
Marke maßgeblichsten sind.
Die Integration und Beteiligung der Konsumenten am Markenaufbau stellt daher ein
Dilemma in der zeitgenössischen Markenführung dar: Auf der einen Seite kann die In-
tegration von Konsumenten die Marke aktualisieren, eine Beziehung zum Konsumenten
aufbauen oder vertiefen. Soziale Medien können die Markenbekanntheit erhöhen und
das Markenimage stärken – insbesondere dann wenn die Markenkampagne sich viral
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 27

ausbreitet. Auf der anderen Seite können Konsumenten das Image der Marke schädigen
und dadurch den Erfolg einer Marke in hohem Maße beeinträchtigen.

6.2 Implikationen für die Forschung

Die verstärkte Integration von Konsumenten in unternehmerische Aktivitäten wird


bereits in vielen Unternehmen der Dienstleistungs-, aber auch Konsumgüterindustrie
praktiziert. Eine bedeutsame Frage für die Forschung ist, wie Konsumenten in die Mar-
kenführung integriert und dabei die Bedürfnisse von Konsumenten und Unternehmen
gleichzeitig erfüllt werden können. Eine weitere Frage wird sein, wie Konsumenten und
Unternehmen einen wechselseitigen Einfluss auf ihre jeweiligen Bedürfnisse nehmen.
Erfolgreiche und starke Marken beruhen auf Gegenseitigkeit sowie dauerhaften und
stabilen Beziehungen zwischen der Marke und dem Konsumenten. Bedingungen, unter
denen Konsumenten aktiv in die Markenentwicklung integriert werden können, sind ein
unerforschtes Gebiet in der Markenführung.
Ein fruchtbarer Weg für die weitere Forschung in der Markenführung ist nach wie
vor die Untersuchung der Entscheidungsprozesse von Markenmanagern. Die bestehende
empirische Forschung ist vielfach konsumentenorientiert. Empirische Erkenntnisse über
die Entscheidungsfindung von Markenmanagern sind demgegenüber kaum vorhanden
(vgl. [51]).
In diesem Zusammenhang ist es auch von großem Interesse, zu erforschen, wie sich
die Aufgaben der Markenmanager durch sich wandelnde technologische Rahmenbedin-
gungen und eine zunehmende Integration von Konsumenten und relevanten An-
spruchsgruppen in die Markenführung zukünftig verändern werden. Schließen möchten
wir unseren Artikel mit einem Zitat von Low und Fullerton, die bereits 1994 eine Anpas-
sung des Markenmanagements propagiert haben:

„Though the brand manager system as we know it could come to an end, brand management itself
almost certainly will continue to thrive.“ [37]

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die sozialen Medien zu einer tiefgreifenden Verände-


rung des Markenmanagements führen werden.

Literaturverzeichnis

1 Allen, C. T./Fournier, S./Miller, F. (2008): Brands and their meaning makers, in: Haugtvedt, C. P. et
al. (Hrsg.): Handbook of Consumer Psychology, S. 781–822.
2 Arnould, E. J./Thompson, C. J. (2005): Consumer Culture Theory (CCT), Twenty years of research,
in: Journal of Consumer Research, 31, S. 868–882.
3 Askegaard, S. (2006). Brands as a global ideoscape, in: J. Schroeder & M. Salzer-Mörling (Hrsg.):
Brand culture, London, S. 91–102.
28 Tim Oliver Brexendorf, Sven Henkel

4 Bagozzi, R. P./Bergami, M./Marzocchi, G. L./Morandin, G. (2011): Customer-organization relations-


hips: Development and test of a theory of extended identities, in: Journal of Applied Psychology,
forthcoming.
5 Barwise, P./Meehan, S. (2010): The one thing must get right when building a brand, in: Harvard
Business Review, S. 80–84.
6 Bernhoff, J./Li, Ch. (2008): Harnessing the power of oh-so-social web, in: MIT Sloan Management
Review, 49 (3), S. 36–42.
7 Boyle, E. (2007): A process model of brand cocreation: Brand management and research implicati-
ons, in: Journal of Product & Brand Management, 16 (2), S. 122–131.
8 Brexendorf, T. O. (2010): Markenloyalität durch persönliche Kommunikation, Göttingen.
9 Chakrabarti, R./Berthon, P./Watson, R. T./Pitt, L. (2007): Quality management in business relations-
hips: The role of brands in an open source environment, in: Total Quality Management, 18(8),
S. 947–955.
10 Chen, Y./Fay, S./Wang, Q. (2011): The role of social media: How online consumer reviews evolve, in:
Journal of Interactive Marketing, 25, S. 85–94.
11 Connor, T. (1999): Customer-led and market-oriented: a matter of balance, in: Strategic Manage-
ment Journal, 20, 12, S. 1157–1163.
12 Coupland, J. C. (2005): Invisible brands: An ethnography of household and the brands in their kit-
chen pantries, in: Journal of Consumer Research, 32, S. 106–118.
13 Cristodoulides, G. (2008): Breaking free from the industrial age paradigm of branding, in: Journal of
Brand Management, 15(4), S. 291–293.
14 Cromie, J. G./Ewing, M. T. (2009): The rejection of brand hegemony, in: Journal of Business Re-
search, 62, S. 218–230.
15 Durgee, J. (2004): The co-creation of meaning between marketers and consumers; Step 1: How mar-
keting creatives interpret consumer motivations. Advances in Consumer Research, 31(1), S. 162–167.
16 Edelman, D. C. (2010): Branding the digital age. You’re spending your money in all the wrong places,
in: Harvard Business Review, December, S. 62–69.
17 Fisher-Buttinger, C./Vallaster, C. (2009): Connective branding. Building brand equity in a deman-
ding world.
18 Fournier, S./Avery, J. (2011): The uninvited brand, in: Business Horizon, 54, S. 193–207.
19 Fournier, S./Lee, L. (2009): Getting brand communities right, in: Harvard Business Review, April,
S. 105–111.
20 Fournier, S./Solomon, M. R./Englis, B. G. (2010): When brands resonate, in: Schmitt, B. (Hrsg.):
Handbook of Brand and Experience Management, S. 35–57.
21 Franzak, F./Pitta, D. (2011): Moving from service dominant to solution dominant brand innovation,
in: Journal of Product & Brand Management, 20(5), S. 394–401.
22 Gardner, B. B./Levy, S. J. (1955): The product and the brand, in: Harvard Business Review, 33(2),
S. 33–39.
23 Hatch, M. J./Schultz, M. (2011): Toward a theory of brand co-creation with implications for brand
governance, in: Journal of Brand Management, 17(8), S. 590–604.
24 Heil, O./Lehmann, D./Stremersch, S. (2010): Marketing competition in the 21st century, in: Interna-
tional Journal of Research in Marketing, 27(2), S. 161–163.
25 Hult, G. T. M./Ketchen D. J./Slater S. F. (2005): Market orientation and performance: an integration
of disparate approaches, in: Strategic Management Journal, 26(12), S. 1173–1181.
26 Ind, N./Bjerke, R. (2007): The concept of participatory market orientation: An organisation-wide
approach to enhancing brand equity, in: Journal of Brand Management, 15, S. 135–145.
27 Kapferer, J.-N. (2008): The new strategic brand management, 4. Auflage.
28 Kaplan, A. M./Haenlein, M. (2010): User of the world, unite! The challenges and opportunities for
social media, in: Business Horizons, 53(1), S. 59–68.
29 Keller, K. L. (2005): Branding shortcuts. Marketing Management, 14(5), S. 18–23.
Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke? 29

30 Keller, K. L. (2010): Foreword. In: Loken, B.; Ahluwadia, R. and Houston, M. J. (Hrsg.): Brands and
brand management.
31 Keller, K. L. (2011): How to navigate the future of brand management, in: Marketing Management,
20(2), S. 36–43.
32 Keller, K. L./Lehmann, D. (2005): Brands and branding: Research findings and future priorities.
Marketing Science, 26(6), S. 740–759.
33 Keller, K. L./Webster, F. E. (2009): The branding sweet spot, in: Marketing Management, July/Au-
gust, S. 13–17.
34 Kernstock, J./Brexendorf, T. O. (2009): Implications of Habermas „Theory of communicative ation“
on corporate brand management, in: Corporate Communications: An international journal, 14(4),
S. 389–403.
35 Ketchen, D. J./Hult, T. M. G./Slater, S. F. (2007): Toward greater understanding of market orientati-
on and the resource-based view, in: Strategic Management Journal, 28, S. 961–964.
36 Kotler, P./Amstrong, G. (1997): Principles of marketing.
37 Low, G. S./Fullerton, R. A. (1994): Brands, brand management and the brand manager system, in:
Journal of Marketing Research, 31, S. 173–190.
38 MacInnis, D. J. (2011): A framework for conceptual contributions in marketing, in: Journal of Mar-
keting, 75(4), S. 136–154.
39 Maclaran, P. (2009): Building brand cultures, in: Parsons, E./Maclaran, P. (Hrsg.): Contemporary
issues in marketing and consumer behavior, S. 73–88.
40 Madden, T. J./Fehle, F./Fournier, S. (2006): Brands matter: An empirical demonstration of the creati-
on of shareholder value through branding, in: Journal of the Academy of Marketing Science, 34(2),
S. 224–235.
41 Merz, M./Vargo, S. (2009): The evolving brand logic: A service-dominant logic perspective, in: Jour-
nal of the Academy of Marketing Science, 37(3), S. 328–344.
42 Moreau, P. M./Dahl, D. (2005): Designing the solution: The Impact of constraints on consumers’s
creativity, in: Journal of Consumer Research, 32(1), S. 13–22.
43 O’Guinn, T. C./Muniz, A.M. (2010): Toward a sociological model of brands, in: Loken, B., Ahluwalia,
R./Houston, M. J. (Hrsg.): Brands and brand management, in: Contemporary Research Perspectives,
S. 133–155.
44 Park, C. W./Jaworski, B. J./MacInnis, D. J. (1986): Strategic brand concept-image management, in:
Journal of Marketing, 50, S. 135–145.
45 Payne, A./Storbacka, K./Frow, P./Knox, S. (2009): Co-creating brands: Diagnosing and designing the
relationship experience, in: Journal of Business Research, 62(3), S. 379–389.
46 Pitt, L./Watson, R. T./Berthon, P./Wynn, D./Zinkhan, G. (2006): The penguin’s window: Corporate
brands from an open-source perspective, in: Journal of the Academy of Marketing Science, 34(2),
S. 115–127.
47 Schögel, M./Tomczak, T./Wentzel, D. (2005): Communities – Chancen und Gefahren für die markt-
orientierte Unternehmensführung, in: Thexis, 3, S. 2–5.
48 Simon, H./Fassnacht, M. (2008): Preismanagement, 3. Auflage, Wiesbaden.
49 Slater S. F./Narver J. C. (1999): Market-oriented is more than being customer-led, in: Strategic Ma-
nagement Journal, 20(12), S. 1165–1168.
50 Thompson, C. J./Haytko, D. L. (1997): Speaking of fashion: Consumers’ uses of fashion discourses
and the appropriation of countervailing cultural meanings, in: Journal of Consumer Research, 24(1),
S. 15–43.
51 Wierenga, B. (2011): Managerial decision making in marketing: The next research frontier, in: Inter-
national Journal of Research in Marketing, 28(2), S. 89–102.
Demokratisierung in der Markenführung 3
Mani Pirouz, Andreas Vill

Inhaltsverzeichnis

1 Social Branding brennt auf den Agenden deutscher Unternehmen.................................. 32


2 Social Branding für Groß und Klein....................................................................................... 32
3 In den „Staaten“ des Social Web gilt die Herrschaft des Volkes ........................................ 33
3.1 Der Multiplikator-Effekt – Faktor 130.................................................................... 33
3.2 Beta-User und Marktforscher aus der Crowd........................................................ 34
3.3 Markenbotschafter sind Konfliktschlichter............................................................ 35
3.4 Der Forgiveness-Faktor gibt Marken eine zweite Chance ................................... 36
3.5 Kundenprofile um soziale Ebene erweitern ........................................................... 36
4 Die Innenansicht – Internes Social Branding........................................................................ 37
4.1 Offenheit und Transparenz in der internen Kommunikation ............................ 37
4.2 Der Corporate Blog .................................................................................................... 38
4.3 Weniger Werbung, mehr Social Branding ............................................................. 38
5 Praxisbeispiele ............................................................................................................................ 39
5.1 Verjüngungskur für Avon Kosmetikvertrieb......................................................... 39
5.2 Smart kommunizieren, bevor der Kunde abhebt .................................................. 40
6 Fazit.............................................................................................................................................. 41
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 41

_______________________
Mani Pirouz ()
Humboldtstraße 29, 69229 Nußloch, Deutschland
e-mail: mpirouz@salesforce.com
Andreas Vill ()
Willy-Brandt-Straße 51, 20457 Hamburg, Deutschland
e-mail: av@anythingabout.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 31


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_3, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
32 Mani Pirouz, Andreas Vill

„Eine erfolgreiche Social-Branding-Strategie nutzt sowohl die unternehmensinterne Vernetzung als


auch die zum Kunden hin.“ Mani Pirouz

„Social Branding ist die Antwort auf die wachsende Demokratisierung der Markenführung.“
Andreas Vill

1 Social Branding brennt auf den Agenden


deutscher Unternehmen

„Wir brauchen asap eine Facebookseite!“ – So oder so ähnlich schallt es durch die Flure
vieler Unternehmen, wenn es um den Einsatz sozialer Netzwerke für die Markenkom-
munikation geht. Aber warum ist die Wirtschaft so heiß auf den Einstieg in die Welt der
Netzwerker? Es ist kein Geheimnis: Unternehmen wie Coca Cola und das Buchwunder
Harry Potter beispielsweise haben es über Social Branding geschafft, über 40 Mio. Fans
auf Facebook zu versammeln. Täglich werden mehr als eine Milliarde Facebook-Updates
und 200 Mio. Twitter-Nachrichten produziert – darunter viele Diskussionen über Mar-
ken und Produkte. Das Social Web ist ein Dateneldorado für Marketingexperten. Öffent-
liche Internetdiskussionen lassen sich beobachten, analysieren und beeinflussen, Mei-
nungsführer identifizieren und Marketingerfolge präzise messen.
Laut den Ergebnissen einer Befragung von McKinsey & Company unter 4.400 Unter-
nehmen (vgl. [1]) müssen bei der Ermittlung des Beitrags sozialer Netzwerke zum Un-
ternehmenserfolg zwei Dimensionen unterschieden werden: die unternehmensinterne
Vernetzung und die externe Anbindung. Zwar liefern beide Dimensionen für sich ge-
nommen eine messbar gesteigerte Produktivität, doch signifikant wird der Effekt erst bei
Unternehmen, die sowohl unternehmensintern als auch zum Kunden hin die soziale
Vernetzung nutzen. Neben strukturellen Verbesserungen bei Zusammenarbeit und Wis-
sensmanagement konnten im Rahmen der Studie auch monetäre Auswirkungen auf
Marktanteil und Profitabilität nachgewiesen werden. Die praxisorientierte Betrachtung
von Social-Branding-Strategien lässt sich unter Berücksichtigung der beiden oben ge-
nannten Dimensionen strukturierter betrachten.
Aber welche Voraussetzungen muss ein Unternehmen schaffen, um eine professio-
nelle Marken- und Kommunikationsstrategie im Social-Media-Zeitalter zu implementie-
ren? Welche neuen Gesetzmäßigkeiten gilt es zu berücksichtigen? Und warum darf die
„Herrschaft des Volkes“ in den jungen und virtuellen „Staaten“ namens Facebook, Twit-
ter und Co. niemals unterschätzt werden? Der folgende Beitrag liefert praxisnahe Ant-
worten für diejenigen, die mehr bewegt als ein „Like“-Button.

2 Social Branding für Groß und Klein

Die simple Formel, dass hohen Werbeausgaben auch eine hohe Markenbekanntheit
gegenübersteht, gilt nicht mehr in Zeiten, in denen die Marke von vielen geprägt wird,
Demokratisierung in der Markenführung 33

nicht nur von Markeninhabern. Was hat sich verändert? Der leichte Zugang zu den Ver-
breitungsmedien. Communities mit Millionen von Mitgliedern oder Videokanäle, auf
die online zugegriffen werden kann, stehen Privatpersonen und Unternehmen jeder
Größe ohne Zutrittsbarrieren als Kommunikationswege zur Verfügung. Während dies
für Konzerne einen Verlust hinsichtlich ihres historisch doch recht exklusiven Zugangs
zu Massenmedien einbringt, bedeutet es insbesondere für kleine und mittlere Unter-
nehmen die Chance, Markenbildung auf Augenhöhe mit Großfirmen zu betreiben. Ge-
rade für schnell wachsende Start-ups ist schnell etablierter Markenwert oft eine wesent-
liche (Finanzierungs-)Quelle für das rasante Unternehmenswachstum. Beispiel für einen
hohen Social-Brand-Wert ist Facebook, dessen Unternehmenswert im Januar 2011 auf
50 Mrd. US-Dollar taxiert wurde (vgl. [3]). Auch das Online-Angebotsforum Groupon,
immerhin das derzeit am schnellsten wachsende Unternehmen aller Zeiten (vgl. [4]), hat
seine Markenverbreitung fast ausschließlich über soziale Kanäle erzielt.
Bevor sich ein Unternehmen Gedanken darüber macht, welche Social-Branding-
Maßnahmen zum eigenen Profil passen, gilt es, die neuen Gesetzmäßigkeiten in der
Kommunikation zu beleuchten, einer Kommunikation, die sich durch einen direkt-
demokratischen Charakter auszeichnet.

3 In den „Staaten“ des Social Web gilt die Herrschaft des Volkes

3.1 Der Multiplikator-Effekt – Faktor 130

Thilo Weichert hat eine Lawine losgetreten. Als „Fundamentalist“, „Datenschutzhysteri-


ker“, „Hausmeister des staatlichen Datenschutzes“ etwa wurde er betitelt. Der Leiter des
Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein hat im
August 2011 zahlreiche Social-Media-Verfechter, Blogger und Facebook-Jünger verär-
gert. Er kritisiert Facebook wegen des „Like“-Buttons und seiner Fanpages. „Bei Nutzung
der Facebook-Dienste erfolgt eine Datenweitergabe von Verkehrs- und Inhaltsdaten in
die USA und eine qualifizierte Rückmeldung an den Betreiber hinsichtlich der Nutzung
des Angebots, die sog. Reichweitenanalyse“ [5], heißt es in der Pressemitteilung der
ULD. Wer einmal bei Facebook war oder ein Plug-in genutzt habe, müsse davon ausge-
hen, dass er von dem Unternehmen zwei Jahre lang verfolgt wird. Ob dieser Vorstoß mit
Aufforderung an alle Website-Betreiber in Schleswig-Holstein zu einem Rückzug der
Unternehmen aus Facebook-Diensten Früchte trägt, bleibt indes abzuwarten.
Dieses Beispiel zeigt aber, wie stark die Multiplikator-Effekte in den sozialen Medien
ausgeprägt sind und bereits genutzt werden. Und das nicht nur auf Facebook. Weltweit
bekannte Persönlichkeiten und Unternehmen haben hier mehrere Millionen Fans. So
führt der Musiker Eminem die Liste der Persönlichkeiten auf Facebook mit über 46 Mio.
Fans an. Coca-Cola liegt mit rund 34 Mio. an der Spitze aller Unternehmen weltweit. Bei
den deutschen Marken liegt Adidas Originals mit über 11 Mio. vorne – direkt hinter den
34 Mani Pirouz, Andreas Vill

Österreichern von Red Bull (vgl. [6], Stand 09/2011). Was früher nur in der Clique, im
Sportverein, in der Schule oder am Arbeitsplatz einer Handvoll Mitmenschen mitgeteilt
wurde, wird heute im Social Web veröffentlicht – mit nachhaltiger Wirkung und nicht
nur für die 130 Freunde, die ein durchschnittliches Facebook-Mitglied hat (vgl. [7]).
Jeder Post wird theoretisch von 130 Menschen wahrgenommen, von manchen weiter-
verbreitet und kommt so auf einige hundert Rezipienten. Ähnliche Multiplikatorwirkung
– manchmal als viraler Effekt bezeichnet – haben auch alle anderen sozialen Netzwerke,
Blogs und nicht zuletzt auch alle Websites, die einen „Teilen“-Knopf für diverse soziale
Netzwerke integriert haben. Manche Unternehmen haben zu Anfang die multiplikative
Wirkung ihrer Social-Media-Aktivitäten unterschätzt. Dies zeigt sich beispielsweise in
der Facebook-Kampagne von Henkel zu Pril, die im Frühjahr 2011 aufgrund falscher
Reaktionen des Unternehmens einen sogenannten „Shitstorm“ unter den Social-Media-
Nutzern hervorgerufen hatte. Wer stets glaubwürdig kommuniziert, kann diesen Multi-
plikator-Effekt, der im Gegensatz zur klassischen Werbung nicht extra bezahlt werden
muss, maximal für sich nutzen. Denn bekannte Marken und Produkte sind ohnehin
schon immer Gesprächsstoff unter Kunden und Interessenten.
Selbst das Spezialthema des Schleswig-Holsteiner Datenschützers zeigt diesen Effekt:
Der betreffende Spiegel-Artikel (vgl. [8]) war vier Tage nach seinem Erscheinungs-
datum am 24.08.2011 bereits 250 Mal in Facebook und 130 Mal in Twitter1 geteilt wor-
den. Das sind dann allein in erster Verbreitungs-Instanz theoretisch über 45.000 Brutto-
Kontakte.

3.2 Beta-User und Marktforscher aus der Crowd

Was haben Google+, Facebook, Xing, LinkedIn & Co. gemeinsam, außer ein soziales
Netzwerk zu sein? Den Beta-User! Neue Funktionen lassen allerdings nicht nur ihn oft
erst in einer kleinen – (vermeintlich) exklusiven – Kundengruppe testen. So werden be-
stimmte Nutzungs- und Verhaltensweisen, Wünsche an und nach neuen Funktionen und
Beurteilungen bestehender Anwendungen transparent. Trends werden frühzeitig erkannt,
weil die Early Adopters neue Features unter Realitätsbedingungen testen können.
Doch nicht nur für Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen ist das sogenannte
Trendscouting unter Kunden und Interessenten im Social Web Erfolg versprechend, um
ihre Produkte zielgruppengerecht zu spezifizieren und zu optimieren. Wo klassische
Marktforschung bisweilen zu aufwändig, teuer und nicht notwendigerweise repräsenta-
tiv ist, bieten Kunden und Fans von Unternehmen eine preiswerte Alternative für das
Trendscouting. Voraussetzung für eine ausreichende Teilnehmerschar ist allerdings ein
vorhandenes oder zumindest zeitgleiches Social Branding. Nicht nur in Facebook & Co.

1
Twitter-Pages haben im Schnitt 126 Follower.
Demokratisierung in der Markenführung 35

wurden bereits zahlreiche Mitmach-Kampagnen für neue Produktgestaltung und -ver-


packung durchgeführt.
Unternehmen wie Starbucks (www.mystarbucksidea.com) und McDonalds lassen
ihre Kunden neue Kaffeegeschmacksrichtungen und individuelle Burger kreieren. Tchi-
bo versucht bei www.tchibo-ideas.de neue Produktideen seiner Kunden einzusammeln.
Bei solchen „Crowdsourcing“-Aktionen werden die Teilnehmer stets belohnt und moti-
viert, ihre eingereichten Ideen unter Freunden und Bekannten aktiv weiterzuverbreiten.
Denn die wiederum sollen für die Idee stimmen, damit sie möglichst unter die Top-10
kommt. Unternehmen, insbesondere im Bereich der Fast Moving Consumer Goods,
unterwerfen sich heute schon teilweise dieser „Demokratisierung der Markenführung“
(vgl. [9]). Sie bauen so ihr nachhaltiges Social Branding auf und nutzen ganz bewusst den
Multiplikator-Effekt.

3.3 Markenbotschafter sind Konfliktschlichter

Egal, ob im Stadion in Gelsenkirchen, im Sportclub in Herzogenaurach oder in Fuschl


am See, überall finden sich Mitarbeiter, Fans und auch Kunden, die nur Positives berich-
ten – über Schalke, Volkswagen, Adidas (und Puma) und Red Bull. Und das aus freien
Stücken und für die betreffenden Unternehmen kostenlos.
Jede Marke hat ihre (Super-)Fans und Botschafter – aber auch Kritiker. Die einen ver-
suchen die anderen zu überzeugen. Was bislang nur in persönlichen Gesprächen und
Treffen gelang, findet heute im Web statt. Kunden und Fans definieren sich zunehmend
über Marken und Produkte, mit denen sie sich umgeben. Und das zeigen sie auch im
Social Web. Sie posten Produktbilder, schreiben Kommentare, verbreiten Werbung und
so manche produzieren Fotos und Filme für ihre Lieblingsmarken, und das nicht nur,
wenn es dabei etwas zu gewinnen gibt.
Besonders aktiv werden Markenbotschafter, wenn andere ihrer Lieblingsmarke Nega-
tives anhängen wollen. Das lassen sie so nicht stehen. Vielmehr stellen sie richtig und
scheuen oft auch keine Mühen, vermeintlich Negatives bis zum letzten Wort auszudisku-
tieren und richtigzustellen. So haben sie bereits Gerüchte aus der Welt geschafft,
Nachteile beseitigt und zahlreiche Lanzen für ihr „Love-Brand“ gebrochen. Ein einziger
negativer Beitrag über Apple – beispielsweise im Spiegel im August 2011 – hat es ge-
schafft, Unmengen von Mac-Jüngern gegen diesen zu mobilisieren, und löste eine Dis-
kussion aus, die ihresgleichen in wirklich wichtigen Angelegenheiten sucht.
Hierin steckt ein Potenzial, dessen sich Unternehmen grundsätzlich und im Besonde-
ren im Social Web bewusst sein sollten. Sie sollten ihre Fans suchen und finden, sie he-
gen und möglichst mit viel Exklusivität im Interesse ihres Social Brands pflegen. Denn
nichts ist in öffentlichen Krisen- und Konfliktsituationen glaubwürdiger, als die eigenen
Kunden als Schlichter hinter sich stehen zu haben – und das bestenfalls, ohne sie darum
bitten zu müssen.
36 Mani Pirouz, Andreas Vill

3.4 Der Forgiveness-Faktor gibt Marken eine zweite Chance

Der Ausspruch „Only bad news are good news“ gilt selten für Unternehmen, sondern
eher für die Boulevardpresse. Doch wie nachhaltig ein Social Brand mit positiven Asso-
ziationen belegt ist, zeigt sich meist erst bei schlechten Nachrichten. Hierbei ist nicht
ausschlaggebend, ob diese Nachrichten in sozialen oder traditionellen Medien ihren
Ursprung genommen haben. Manche Unternehmen schaffen es jedoch trotz schlechter
Nachrichtenlage, ihr gutes Image langfristig aufrechtzuerhalten. Dies wird als „Forgive-
ness“ bezeichnet.
Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Social Brands eine höhere Kun-
denbeteiligung an ihrem Unternehmen und insbesondere bei Produktentscheidungen
einfordern. Initiativen wie Ideenforen und Communities zur Bestimmung von Produkt-
ausrichtungen schaffen ein empathisches Markenbild und somit positives Markenkapi-
tal. Man kann sich das in etwa so vorstellen wie die Einzahlung auf ein Konto, denn
dieses Kapital steht zur Verfügung für eventuelle Krisenzeiten, in denen negative Trends
ausgeglichen werden müssen.
Interessant ist es, Unternehmen zu betrachten, die mit schlechten Nachrichten kon-
frontiert wurden, wie beispielsweise das Themenfeld Datenschutz & Privatsphäre. Viele
der modernen Technologiemarken, die unbestrittene Vorreiter für Social Brands sind
wie Apple, Google oder Facebook, sehen sich permanent den öffentlichen Angriffen von
Datenschützern gegenüber. Doch auch Einzelhandelsketten wie Schlecker sind in der
Vergangenheit für ihren Umgang mit der Privatsphäre ihrer Mitarbeiter gerügt worden.
Während Wachstum bei Umsatz- und Mitgliederzahlen starker Social Brands durch die
negativen Nachrichten nicht beeinträchtigt wurde, fiel die öffentliche Reaktion im Fall
Schlecker wesentlich drastischer aus und hat das Unternehmen seither auch wirtschaft-
lich in Schieflage gebracht (vgl. [10]).

3.5 Kundenprofile um soziale Ebene erweitern

Wer aus den vielen „Bürgern“ in den virtuellen Social-Media-Staaten Kunden und Fans
machen möchte, sollte sich deren neuer Rollenmodelle und Beteiligungsformen bewusst
werden. Für Unternehmen bedeutet dies auch ein Umdenken bei klassischen Kunden-
managementstrategien. Enthielten traditionelle Kundenprofile noch Name, Adresse,
Telefonnummer und E-Mail-Kontakt, ist es an der Zeit für eine Erweiterung der Sicht
auf Kunden und Interessenten. Echtzeit-Informationen aus öffentlich verfügbaren Daten
wie LinkedIn, Xing oder Twitter helfen, ein ganzheitliches Bild des Kunden zu erhalten.
Für Unternehmen ergibt sich über ein Kundenprofil ein leichterer Einblick in die für den
Kunden relevanten Themen. Zudem gibt ein soziales Kundenprofil Aufschluss über die
Reichweite von Kontakten – in der Werbung ein etablierter Wert – der auch hilft, indi-
viduelle Kontakte besser aufgrund ihres Netzwerkeinflusses zu bewerten. Ein soziales
Demokratisierung in der Markenführung 37

Kundenprofil ist somit der Ausgangspunkt, um im Rahmen von Markenbildungsmaß-


nahmen in sozialen Netzwerken Streuverluste zu vermeiden und gezielter seine Ziel-
gruppen anzusprechen.

4 Die Innenansicht – Internes Social Branding

4.1 Offenheit und Transparenz in der internen Kommunikation

Ähnlich wie introvertierte Menschen verhalten sich auch manche Unternehmen, deren
Management sich in der internen wie auch der externen Kommunikation eher vorsichtig
und zurückhaltend zeigt – beispielsweise aus den Bereichen Lebensmittel-Einzelhandel
und Discounter sowie auch bei einigen erfolgreich introvertiert geführten Familienun-
ternehmen. Denn Offenheit und Transparenz in Unternehmen hängt vom Inhaber und
Management ab. Halten die sich bedeckt, strahlt das auf alle Mitarbeiter ab – Offenheit
und Transparenz bleiben auf der Strecke. Sie scheuen damit die Risiken, verzichten aber
bewusst auch auf die Potenziale eines von innen gelebten Social Brandings.
Glaubwürdigkeit, Authentizität und Vertrauen in Bezug auf Unternehmen und seine
Marken können sich Unternehmer und Manager leichter erarbeiten, indem sie zualler-
erst ihre Mitarbeiter einbinden. One-to-many- bzw. Top-down-Kommunikation über
Mitarbeiterzeitschriften und Intranet war gestern. Grundlage für die Etablierung eines
Social Brandings ist die interne soziale und hierarchieunabhängige Dialogkommunika-
tion auf Basis einer offenen Kritikkultur. Chefs müssen sich in den unternehmensinter-
nen Dialog einklinken und bei Bedarf für Mitarbeiter ansprechbar sein. Sie müssen den
Mitarbeitern Freiheiten in ihrer internen Kommunikation untereinander einräumen und
ihnen dafür auch die notwendigen Infrastrukturen bereitstellen.
Nur so können sie die Mitarbeiter motivieren, sich für Unternehmen, Marken sowie
Produkte authentisch zu begeistern und diese offene Begeisterung im zweiten Schritt
auch extern zu teilen. Denn nichts ist glaubwürdiger als Mitglieder einer Belegschaft als
„kostenlose“ Markenbotschafter für ein Unternehmen, das für seine Marken und Pro-
dukte ein Social Branding von der Basis her aufbaut.
Voraussetzung dafür sind einerseits freie Zugänge für Mitarbeiter zu gängigen so-
zialen Plattformen wie Facebook, Xing, Twitter & Co. – auch am Arbeitsplatz. An-
dererseits spielen aber auch unternehmensinterne Social-Networking-Tools wie Chatter
(salesforce.com), Yammer und Jive, die nach dem Many-to-many-Prinzip funktionie-
ren, eine wichtige Rolle. Oder gar E-Collaboration-Systeme wie SharePoint (Microsoft)
und CrowdLab (anythingabout), die neben inhaltlichem Dialog auch die Basis für
grenzüberschreitendes Wissensmanagement und Schwarmintelligenz (Crowdsourcing)
ermöglichen.
Die Wertschätzung von Fragen, Meinungen und Input der Mitarbeiter durch das Ma-
nagement bilden die Grundlage für ein positives Social Branding durch die Belegschaft.
38 Mani Pirouz, Andreas Vill

Diese wird motiviert, ihre Begeisterung und Expertise über Unternehmen und Marken
auch extern zu teilen – nicht nur in persönlichen Gesprächen, sondern auch nachhaltig
und multiplikativ in diversen sozialen Plattformen. Was und wie Mitarbeiter dort über
ihr Unternehmen sprechen dürfen, sollte in sogenannten Social-Media-Richtlinien vorab
geregelt werden. Idealerweise kristallisieren sich im Laufe der Zeit kommunikativ begabte
Kollegen heraus, die als offizielle Markenbotschafter oder Kommunikationsprokuristen
(vgl. [11]) eines Unternehmens das Social Branding mitgestalten.

4.2 Der Corporate Blog

Als Daimler 2007 seinen eigenen Corporate Blog startete, stieß dies auf Skepsis. Ein
globaler Automobilkonzern, bei dem jede Konzernnews wie bei allen Unternehmen
dieser Größe über die Schreibtische der Kommunikationsabteilung läuft, lässt die eige-
nen Mitarbeiter im Blog kommunizieren (vgl. [12]). Über ihren Job, Produkttests, das
Arbeitsumfeld und – das ist unverzichtbar – auch über manches medial unangenehm
diskutierte Thema.
Was damals einer Revolution gleichkam, hat sich heute für die Stuttgarter schon eini-
ge Male gelohnt. Inzwischen haben sie mithilfe der eigenen Mitarbeiter einen Social
Brand geschaffen, der bei Unternehmen dieser Größenordnung seinesgleichen sucht. So
wurde in manch kritischer Situation, wo Authentizität eine große Rolle spielt, auch
schon der Blog zum offenen und ehrlichen PR-Instrument. Beispielsweise konnte ein
ausführlicher Beitrag des Daimler Gesundheitsbeauftragten im Jahr 2009 unterstützend
die in Medien hochgeschwappte Kritik an vermeintlichen Bluttests bei Einstellungsun-
tersuchungen aus dem Weg räumen.
Der Corporate Blog ist hierfür nur ein Beispiel von vielen. Ein Corporate Social Brand
ergibt sich aus vielfältigen authentischen Unternehmensnachrichten in Twitter, Face-
book & Co. sowie in diversen anderen Blogs und sozialen Plattformen. Sind diese profes-
sionell gepflegt und etabliert, kann die Unternehmenskommunikation darauf aufsetzen
und direkt mit ihren Stakeholdern in den Dialog treten – und das auch außerhalb der
Medien. Doch inzwischen nutzen sogar manche (Online-)Journalisten Unternehmens-
nachrichten in sozialen Medien als veritable Recherchequelle.

4.3 Weniger Werbung, mehr Social Branding

Salamitaktik in der Kommunikation ist selten erfolgreich – eine Weisheit, die nicht erst
seit Karl-Theodor zu Guttenbergs stufenweisem Geständnis zu den Plagiatsvorwürfen in
seiner Doktorarbeit, das ihn letztlich das Ministeramt gekostet hat, hinlänglich bekannt
ist. Glaubwürdigkeit und Authentizität waren in der Kommunikation schon immer ent-
scheidend, sie sind es in Zeiten von Social Branding aber mehr denn je. In unserer im-
Demokratisierung in der Markenführung 39

mer komplexeren und offeneren Kommunikationswelt mit einer Flut von Medien, Bot-
schaften, sozialen Empfehlungen und Kritiken sind Vertrauen und Ehrlichkeit die
Grundlage für eine nachhaltige Reputation. Denn diese entscheidet über Interesse, Kauf,
Weiterempfehlung und Erfolg einer Marke. Jeder Versuch zu vertuschen, zu leugnen
oder gar zu lügen fliegt nicht zuletzt durch (soziale) Medien früher oder später auf und
wird zum rufschädigenden, teils vernichtenden, Bumerang. Insofern dürfen vollmundige
Versprechungen in der Werbung und reale Handlungen nicht zu weit auseinanderklaf-
fen. Werden Fehler oder Mängel erkannt, müssen sie möglichst schnell eingeräumt und
eine kundenorientierte Lösung geboten werden. Das ist nicht erst seit dem misslungenen
Elchtest der Mercedes A-Klasse und dem überwiegend folgerichtigen Krisenmanage-
ment der damaligen Daimler-Benz Kommunikationsabteilung bekannt (vgl. [2]).
Eine sinkende Wirksamkeit der Werbung zu Gunsten von Social Brands attestieren
immer mehr Studien. So belegte Nielsen schon 2009, dass die totale Glaubwürdigkeit von
Werbung in TV und Print mit nur 6–8 % weit hinter der von Empfehlungen bekannter
Personen mit 34 % zurückfällt.
Manche Unternehmen müssen erst lernen, ohne Kontrolle und Deutungshoheit über
die eigene Kommunikation auszukommen. Denn die haben sie längst verloren – an ihre
Mitarbeiter, Kunden, Partner und nicht zuletzt an die (sozialen) Medien.
Was zurückhaltende Unternehmen noch als Risiko betrachten, nutzen andere bereits
als Chance. Sie etablieren mit authentischen Inhalten, Personen und transparenter Dia-
logbereitschaft ihr glaubwürdiges Social Brand. Und das hält dann auch den einen oder
anderen Fehler aus, sofern dieser in der Kommunikation offen eingeräumt und gelöst
wird. Das hat sich wohl auch Karl-Theodor zu Guttenberg zu Herzen genommen: Mit
über 280.000 Fans (Stand 04/2012) führt er die Liste der (Ex-)Politiker auf Facebook an.
Kanzlerin Angela Merkel folgt mit gerade einmal 149.000 Fans (Stand 04/2012) immer-
hin auf Platz 2.

5 Praxisbeispiele

5.1 Verjüngungskur für Avon Kosmetikvertrieb

Die Firma Avon hat eine hohe Markenbekanntheit, zumindest bei Damen der reiferen
Generation. Und genau darin lag das Problem von Avon: Es wurde zunehmend schwerer,
aus der berühmten Marke Kapital zu schlagen. Aufgrund des fortgeschrittenen Alters der
vor über 20 Jahren noch regelmäßig Kosmetikprodukte ordernden weiblichen Kund-
schaft kam es zu fallenden Umsätzen. Neben dem Markennamen Avon hat das Unter-
nehmen eine Vertriebsstruktur geprägt, die man ebenfalls mit der Firma assoziiert – den
Direktvertrieb.
Die Herausforderung für Avon war, ihr vormals erfolgreiches Vertriebsmodell in das
Facebook-Zeitalter zu übertragen. Hierfür hat die Geschäftsführung eine riskante Ent-
40 Mani Pirouz, Andreas Vill

scheidung getroffen, sie hat mit „Mark“ eine komplett neue Marke kreiert. Diese steht
für eine jugendliche Kosmetikserie und wurde zur Markteinführung ausschließlich im
sozialen Netzwerk Facebook unter dem Namen „Mark.book“ vertrieben. Spannend ist
hierbei, dass Avon am etablierten Geschäftsmodell festhalten konnte und für den Ver-
trieb vorwiegend weibliche Facebook-Nutzer fand, die das Produkt ihrem Freundeskreis
gegen Prämien weiterempfehlen.
Um die Idee eines vernetzten Unternehmens nicht nur nach außen – also im
Marktplatz Facebook –, sondern auch unternehmensintern zu verankern, werden die
Bestellungen aus Facebook direkt in eine webbasierte Lösung für das Kundenbezie-
hungsmanagement von salesforce.com übertragen und dort bearbeitet. Durch ein unter-
nehmensinternes soziales Netzwerk „Chatter“ sind die Mitarbeiter von Avon mitein-
ander vernetzt und haben dadurch über Abteilungsgrenzen hinweg Transparenz über
aktuelle Kampagnen, Auftragsstatus und viele weitere kundenbezogene Informationen.

5.2 Smart kommunizieren, bevor der Kunde abhebt

Wie unterschiedlich Unternehmen der gleichen Branche auf Chancen und Risiken des
Social Web reagieren, zeigen zwei Fallbeispiele der Luftfahrtindustrie.
Als Erstes ist United Airlines zu nennen, deren hier dargestellter Fall inzwischen le-
gendären Status erlangt hat. Vor dem Flug von Halifax nach Chicago beobachtete der
Passagier Dave Carroll, wie das Bodenpersonal sehr grob mit seinem Gepäck – einer
teuren Taylor Gitarre – umging. Alle Versuche, die Crew an Bord um Hilfe zu bitten,
scheiterten und am Ankunftsort erwartete den Country-Musiker ein stark beschädigtes
Musikinstrument an der Gepäckausgabe. Anschließende Versuche, den Sachverhalt mit
der Servicezentrale von United zu lösen, blieben erfolglos. So beschloss Carroll, als Mu-
siker das zu tun, was er am besten kann: Er schrieb einen Song namens „United Breaks
Guitars“ und stellte diesen auf YouTube ein (vgl. [13]). Stand 04/2012 wurde dieses Vi-
deo bereits fast 12 Mio. Mal angesehen. Die öffentliche Reaktion beschränkte sich jedoch
nicht nur auf YouTube – diverse klassische Medien griffen den Vorfall auf, darunter
nicht nur amerikanische Printmedien, Radio und TV, sondern auch internationale Pres-
se. Der Sänger selbst wurde in Talkshows eingeladen, was die Verbreitung dieses Vor-
gangs nochmals beschleunigte. Die Zeitschrift „The Economist“ attestierte dem Unter-
nehmen zudem einen Verlust an Marktkapitalisierung in Höhe von 180 Mio. US-Dollar
infolge dieses Fiaskos (vgl. [14]).
Als positives Beispiel hingegen sticht eine andere Fluggesellschaft hervor: die nieder-
ländische KLM. Das Unternehmen hat beobachtet, dass der oft langweilige Aufenthalt
am Flughafen Schiphol viele Reisende zu Statusmeldungen im sozialen Netzwerk Twitter
animiert. Mit der Aktion „KLM Surprise“ (vgl. [15]) beobachtet ein Team der Fluggesell-
schaft gezielt die Statusmeldungen von Reisenden am Flughafen und macht es sich zur
Aufgabe, direkt auf diese persönlich mit einer kleinen Überraschung zu reagieren. Wenn
Demokratisierung in der Markenführung 41

beispielsweise ein Reisender in seinem Tweet andeutet, müde zu sein und dringend ei-
nen Kaffee zu benötigen, so werden die Mitarbeiter von KLM aktiv, finden heraus, an
welchem Gate der Wartende sich aufhält, und bringen diesem eine Tasse Kaffee. Die
Reaktion auf diese Initiative ist bei Gästen überwältigend und überträgt sich wieder
durch weitere positive Sentiments in die sozialen Netzwerke zurück.

6 Fazit

Die Demokratisierung in der Markenführung bietet kleinen und großen Unternehmen


viele neue attraktive Wege, ihrem Brand Gehör zu verschaffen. Social Brands treten
direkt mit Kunden in Kontakt und können so individuell auf deren Wünsche eingehen.
Mit diesen neuen Möglichkeiten geht aber auch die Herausforderung einher, in der
Informationsflut den Überblick nicht zu verlieren. Außerdem muss die direkte Kunden-
ansprache den Usern einen Mehrwert bieten, der relevant ist. In Zukunft werden
Verbraucher die Inhalte sozialer Netzwerke noch stärker selektieren und nur die Beiträ-
ge „liken“ oder „retweeten“, die für sie relevant sind und aus der Masse der Informatio-
nen herausstechen. „Nur wer eine laute Stimme hat, wird auch gehört“ – ist die oberste
Maxime im Social Web. Unternehmen müssen daran arbeiten, mit „einer hörbaren
Stimme zu sprechen“.

Literaturverzeichnis

1 McKinsey & Company (2010): „The rise of the networked enterprise, Web 2.0 finds its payday“, in:
McKinsey Quarterly.
2 Töpfer, A. (1999): Die A-Klasse: Elchtest, Krisenmanagement, Kommunikationsstrategie, Neuwied,
Kriftel.
3 The NY Times (2011): Goldman Offering Clients a Chance to Invest in Facebook, URL:
http://dealbook.nytimes.com/2011/01/02/goldman-invests-in-facebook-at-50-billion-valuation/, ab-
gerufen am: 13.09.2011.
4 Steiner, C. (2011): Meet The Fastest Growing Company Ever, URL: http://www.forbes.com/forbes/
2010/0830/entrepreneurs-groupon-facebook-twitter-next-web-phenom.html,
abgerufen am: 13.09.2011.
5 ULD (2011): Facebook-Reichweitenanalyse abschalten, URL: http://www.datenschutzzentrum.de/
presse/20110819-facebook.htm, abgerufen am: 13.09.2011.
6 Brands on Facebook (2011): Deutsche Marken auf Facebook, URL:
http://www.brandsonfacebook.de, abgerufen am: 13.09.2011.
7 Facebook (2011): Statistik, URL: http://www.facebook.com/press/info.php?statistics, abgerufen am:
13.09.2011.
8 Lischka, K. (2011): Warum wir Datenschutz-Fundamentalisten brauchen, URL:
http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,781873,00.html, abgerufen am: 13.09.2011.
9 Landor (2011): Studie, URL: http://www.landor.com, abgerufen am: 13.09.2011.
10 Spiegel (2011): Schlecker macht Hunderte Filialen dicht, URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/
unternehmen/0,1518,768109,00.html, abgerufen am: 13.09.2011.
42 Mani Pirouz, Andreas Vill

11 Dek 21 (2011): These 11, URL: http://www.dek21.de, abgerufen am: 13.09.2011.


12 Daimler (2011): Das Daimler-Blog, URL: http://www.blog.daimler.com, abgerufen am: 13.09.2011.
13 Dave, C. (2009): United Breaks Guitars, URL: http://www.youtube.com/watch?v=5YGc4zOqozo,
abgerufen am: 13.09.11.
14 The Economist (2009): Did Dave Carroll lose United Airlines $180 m?, URL:
http://www.economist.com/blogs/gulliver/2009/07/did_dave_carroll_cost_united_1,
abgerufen am: 13.09.2011.
15 KLM (2011): KLM Surprise, URL: http://surprise.klm.com/. Für ein Beispielvideo, URL:
http://www.youtube.com/watch?v=pqHWAE8GDEk, abgerufen am: 13.09.2011.
Braucht jede Marke
eine Facebook-Fanpage?
4
Andreas Ahlden

Inhaltsverzeichnis

1 Social Media auf der Überholspur .......................................................................................... 44


2 Dabei sein ist alles! Oder doch nicht?..................................................................................... 46
3 Warum ist Facebook so interessant?....................................................................................... 48
3.1 Die Stärken von Facebook......................................................................................... 49
3.2 Die Schwächen von Facebook .................................................................................. 52
4 Passt Facebook zu mir, meiner Marke und meinen Kunden? ............................................ 54
4.1 Von Markentypen und Nutzertypen....................................................................... 54
4.2 Von Fanpages und Fans ............................................................................................ 57
5 Fazit.............................................................................................................................................. 61
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 62

_______________________
Andreas Ahlden ()
Draftfcb Deutschland GmbH, Bleichenbrücke 10, 20354 Hamburg, Deutschland
e-mail: andreas.ahlden@draftfcb.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 43


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_4, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
44 Andreas Ahlden

„Die Bedeutung der sozialen Medien im Kommunikationsmix von Marken wächst. Eine Facebook-
Fanpage gilt mittlerweile zwar für viele schon als ‚must have‘, muss aber weder zwingend die erste noch
die beste Wahl sein.“ Andreas Ahlden

1 Social Media auf der Überholspur

Fast drei Viertel der Deutschen ab 14 Jahren sind online (80,7 % der Männer und 68,9 %
der Frauen), das sind über 52 Mio. Menschen. In der Altersgruppe der 14- bis 29-
Jährigen sind es mit 97,3 % nahezu alle, und auch die 30- bis 49-Jährigen kommen noch
auf 89,7 % (vgl. [20]). Das Internet ist daher verständlicherweise aus dem Media-Mix
eines jeden Werbetreibenden heute kaum noch wegzudenken.
In den letzten Jahren hat sich ein Begriff aus dem Online-Umfeld immer wieder in
den Vordergrund gedrängt und über den ursprünglich vermuteten Hype hinaus mittler-
weile einen Stellenwert erreicht, der viele bis dato gängigen Regeln, Vorgehens- und
Denkweisen in der (Marken-)Kommunikation gehörig auf den Kopf gestellt hat: der
Begriff Social Media. Was genau aber ist darunter zu verstehen?
In der Theorie definiert sich der Begriff Social Media „als alle Medien oder Plattfor-
men, die die Nutzer über digitale Kanäle in der gegenseitigen Kommunikation und im
interaktiven Austausch von Informationen unterstützen“ ([17], S. 31)1.
In der Praxis ist Social Media für viele aber nach wie vor schlicht der Überbegriff für
Facebook und Twitter. Natürlich ist dem nicht so. Das Beratungsunternehmen ethority
unterscheidet beispielsweise 25 unterschiedliche Kategorien, wie im Social Web Konver-
sation betrieben wird. Da es hier primär um die Verbindung zwischen Marke und End-
verbraucher gehen soll, sei an dieser Stelle exemplarisch eine Auswahl genannt, die im
Folgenden kurz erläutert werden soll:

• Video- und Fotoseiten


• Bewertungsportale
• Blogs
• Micromedia
• Location-based Services
• Foren
• Soziale Netzwerke

Video- und Fotoseiten wie YouTube oder Flickr bieten Markenverantwortlichen die
Möglichkeit, ihre Marke medial ins gewünschte Licht zu rücken und sich auch abseits

1
Siehe darüber hinaus zur begrifflichen Abgrenzung zwischen Social Media und Web 2.0 z. B. Brinner
(vgl. [5]).
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 45

des klassischen 30-Sekünders oder der Ganzseiten-Anzeige auszuprobieren. Für die Nut-
zer zählt hier besonders der Entertainment-Faktor. Bei Langeweile ist das nächste Video
nur einen Klick entfernt. Das Video hat eine überaus große Bedeutung in der Online-
Mediennutzung, allerdings sollte der Kostenaufwand für Unternehmensfilme dabei nicht
unterschätzt werden. Die Zeiten der Low-budget-Produktionen mit millionenfachen
Klicks sind längst passé, schlecht produzierte Inhalte werden abgestraft.
Bewertungsportale wie Qype sind heute wichtige Informationsquellen für die Nutzer
auf der Suche nach einem Produkt oder einer Dienstleistung. Vom Flachbildfernseher
bis zum neuen Hausarzt informieren sich die Online-Nutzer auf Bewertungsportalen
und legen Wert auf die Meinung anderer. Ungeachtet der Tatsache, ob sie sich unterein-
ander kennen oder nicht. Damit sind Bewertungsportale ein gutes Monitoringtool für
Marken, das dabei hilft, die eigene Außenwahrnehmung ungefiltert zurückgespielt zu
bekommen und darauf zu reagieren.
Blogs wie zum Beispiel das sehr umfangreiche Daimler-Blog (vgl. [8]) sind eine gute
Möglichkeit, relevante Themen rund um die Marke oder das Unternehmen auf eine
redaktionelle Art und Weise aufzubereiten und so die eigene Sicht auf Dinge darzustel-
len. Sei es, um sich selbst zu positionieren, eine Diskussion anzuregen oder auch einfach
nur zu versuchen, die eigene Position in Suchmaschinenrankings zu verbessern.
Zur Kategorie der Micromedia gehört zum Beispiel der Microblogging-Dienst Twit-
ter, der sich zu einem extrem schnellen Informationsmedium entwickelt hat. Twitter
dient Marken unter anderem als Themensuchmaschine, als Monitoringtool oder zur
Distribution von Nachrichten und Inhalten aller Art, ohne dabei aber selbst eine Platt-
form bereitzustellen, auf der diese Inhalte auch dargestellt werden.
Die steigende Verbreitung des mobilen Internets in Verbindung mit immer leistungs-
fähigeren Endgeräten erhöht nicht nur grundsätzlich die Nutzungsintensität sozialer
Medien, indem von jedem Ort zu jeder Zeit gepostet und kommentiert werden kann,
sondern öffnet auch die Türen für Anbieter so genannter Location-based Services wie
z. B. Foursquare. Hierbei lassen sich Leistungen, Dienste oder Funktionen standortab-
hängig variieren. Für Marken können diese Dienste eine interessante Verlinkung zwi-
schen Online und Offline darstellen.
Foren bringen Nutzer mit gleichen Interessengebieten zusammen und bieten einen
Ort zum Austausch von Informationen. Sie sind häufig sehr eng auf ein bestimmtes
Thema fokussiert und so hinsichtlich dieser Themen eine Anlaufstelle für alle Kenntnis-
stände, vom Einsteiger bis zum Profi. Themennahen Marken bieten sie ein hochinvol-
viertes und engagiertes Publikum.
Soziale Netzwerke umschreiben Plattformen wie z. B. Facebook, die VZ-Netzwerke
oder Xing, die Nutzern die Möglichkeit geben, sich miteinander auszutauschen, wobei
dies nicht nur auf bestimmte Themen beschränkt sein muss. Sie funktionieren in der vir-
tuellen Welt wie Treffpunkte des öffentlichen Lebens, wo man Freunde, Bekannte, Ge-
schäftspartner oder aber auch Marken trifft, um sich mit ihnen zu unterhalten, Dinge zu
erfahren oder auch mitzuteilen.
46 Andreas Ahlden

Die Anzahl der Möglichkeiten im Social Web ist, wie diese kleine Auswahl erahnen
lässt, riesengroß. Laufend kommen neue Plattformen hinzu, einige verschwinden, einige
hochgelobte Dienste entwickeln sich erwartungsgemäß, andere nicht. Darüber hinaus
sind die Grenzen zwischen den einzelnen Gruppen oft fließend und jede hat ihre Stär-
ken, aber natürlich auch Schwächen.
Insgesamt sind die Social Media auf dem Vormarsch. Seit dem vergangenen Jahr ist
der Anteil der Organisationen, die Social Media aktiv als Kommunikationsinstrument
einsetzen, von 54 % auf 71 % gestiegen (vgl. [27]). Blickt man dabei auf die Herange-
hensweisen von Unternehmen an das Thema, so fällt auf, dass nur 21,5 % über eine
übergreifende Strategie für Social-Media-Kommunikation im Gesamtunternehmen ver-
fügen. Demgegenüber liegen aber bei 43,8 % der befragten Unternehmen Strategien vor,
die sich auf einzelne Social-Media-Plattformen beziehen (vgl. [12]). Sei es der Glaube an
einen schnelleren Erfolg, die Hoffnung auf einen überschaubareren Aufwand, die Angst
vor zu umfangreichen Budgetbelastungen oder schlicht eine zu eng gefasste Sichtweise:
Strategien für einzelne Plattformen stehen vielerorts hoch im Kurs.
Die Antwort auf die Frage, auf welches Pferd man dabei setzen will, fällt in der Praxis
häufig weitaus monotoner aus, als es die Vielzahl an Möglichkeiten vermuten lässt: „Ma-
chen wir doch was auf Facebook!“
Woran das liegt, ob die Aufforderung berechtigt ist und ob schlussendlich jede Marke
eigentlich eine Facebook-Fanpage bräuchte, diesen Fragen soll auf den folgenden Seiten
nachgegangen werden.

2 Dabei sein ist alles! Oder doch nicht?

Getreu dem olympischen Gedanken ist bei vielen Unternehmen und Marken derzeit rege
Betriebsamkeit zu beobachten, wenn es um das Anlegen von Profilen in sozialen Medien
geht. Was mit diesen Profilen dann in der Folge geschieht, ist allerdings häufig kaum
medaillenverdächtig. Dementsprechend gilt für Social-Media-Neulinge das Gleiche wie
für angehende Olympioniken: ohne Vorbereitung keine Chance auf Erfolg.
Grundsätzlich sollte einem Engagement in den sozialen Medien immer die Über-
legung vorausgehen, welche Ziele damit verfolgt werden. Dies gilt im konkreten Fall
natürlich genauso für eine Facebook-Fanpage. In einer Befragung unter 596 Kommuni-
kationsverantwortlichen gaben nur 15 % an, dass Social Media aus ihrer Sicht keinen
Mehrwert bieten würden (vgl. [12]). Aber was sind dann die Mehrwerte, welche die rest-
lichen 85 % in sozialen Netzwerken vermuten? Hier lässt sich konstatieren, dass ein sol-
ches Engagement mehrere Ziele verfolgen kann: sowohl eher nach innen gerichtete als
auch nach außen gewandte. Da es in diesem Beitrag jedoch primär um die Verbindung
zwischen Marke und Endverbraucher gehen soll, werden im Folgenden schwerpunkt-
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 47

mäßig nach außen gerichtete Ziele und deren Zielerreichung berücksichtigt.2 Dazu gehö-
ren unter anderem (vgl. [26]):

• Image/Reputation
• Umsatzsteigerung
• Kundenbindung
• Dialog mit Kunden
• Unternehmensbekanntheit
• Marktforschung
• Zielgruppenansprache
• Marketing/PR/Pressearbeit

Aber Achtung: Diese Ziele erreicht man nicht über die herkömmliche One-way-Kom-
munikation von oben herab. Im Social Web gelten andere Spielregeln und diese gilt es
zuallererst zu verinnerlichen. Zunächst muss man dem Kunden auf Augenhöhe begeg-
nen,3 zuhören (Monitoring), dann versuchen, ihm relevante Mehrwerte zu bieten, mit-
einander zu sprechen, Vertrauen aufzubauen, um schließlich auf die oben genannten
Ziele hinzuarbeiten. Hierzu bedarf es eines langen Atems und nicht unmaßgeblicher
Investitionen (humaner und finanzieller Natur), denn während das bisherige Kommuni-
kationsverhalten von Marken einem 100-m-Sprint ähnelte, gleicht die Kommunikation
im Social Web eher einem Dauerlauf mit Zwischenspurts. Die Ziele stehen nicht am
Ende eines Weges mit Einlauf durch ein großes Zieltor und der anschließenden Sieges-
feier, sondern sie befinden sich auf dem Weg selbst und müssen immer wieder aufs Neue
erreicht und bestätigt werden. Für klassische Agenturen bedeutet dies eine erhebliche
Änderung der Sicht- und Arbeitsweise; denn war es bisher so, dass mit Beginn einer
Kampagne der Stein ins Rollen gebracht und die Arbeit im Grunde erledigt war und man
sich schon auf die nächste Aufgabe vorbereitete, so geht an dieser Stelle in den sozialen
Medien die Arbeit erst richtig los. Laufend müssen Stimmungen, Reaktionen, Kommen-
tare etc. beobachtet werden, es wird diskutiert und optimiert, es gibt Kurskorrekturen
und unvorhergesehene Zwischenfälle, es gibt inspirierende neue Anregungen und Be-
langlosigkeiten, aufbauendes Lob und niederschmetternde Kritik.
Auch für die auftraggebenden Kunden bedeutet dies eine Änderung der Sicht- und
Arbeitsweise, denn für Kampagnen auf sozialen Kanälen gibt es keine Erfolgsgarantie,
und es bedarf schon eines gewissen Mutes, Erfahrung und Bauchgefühls, trotzdem die
Schuhe zu schnüren und loszulaufen. Befragt nach den größten Hindernissen bei der
Nutzung von Social Media, zeigen die Teilnehmer einer Studie als Hemmnis deutlich

2
Der Einsatz sozialer Medien im Unternehmen selbst wird in der Fachliteratur unter dem Stichwort
„Enterprise 2.0“ diskutiert (vgl. [6]).
3
Oetting hat dies sehr anschaulich anhand eines Rattenkäfigs in einer Labortestsituation beschrieben
und auf die veränderten Stimulusbedingungen verwiesen, die sich ergeben, wenn man nicht mehr von
oben in den Rattenkäfig schaut, sondern selbst unten im Rattenkäfig sitzt (vgl. [25]).
48 Andreas Ahlden

Unsicherheiten, gewohnte Pfade zu verlassen. 76 % der teilnehmenden Kommunika-


tionsverantwortlichen empfinden den Aufwand als zu groß und 54,9 % fürchten einen
Kontrollverlust. 51,8 % gaben an, bisher noch keine überzeugenden Konzepte vorgelegt
bekommen zu haben, und 38,9 % schätzen die Organisation als zu schwierig und kom-
pliziert ein (vgl. [12]). Die gleiche Studie zeigt aber auch, dass mit zunehmender Dauer
des Social-Media-Einsatzes das Selbstvertrauen der Teilnehmer wächst. Dies äußert sich
zum einen in einer steten Ausweitung der eingesetzten Tools, Social Networks und An-
wendungen der Unternehmen mit wachsender Social-Media-Erfahrung, zum anderen in
der Zunahme der einbezogenen Unternehmensbereiche und kommunizierten Themen.
Es läuft sich also am besten im Bewusstsein, dass die Strecke nicht immer nur ebener-
dig verlaufen, sondern auch mal bergauf führen wird und es Rückschläge durchzustehen
gilt. Ohne dieses Problembewusstsein wird der Lauf auf unwegsamen Teilabschnitten
oftmals zu früh abgebrochen (Abbruch der Kampagne, Wechsel der Agentur usw.), noch
bevor man die erste Proviantstation erreicht hat. Bleibt man aber dabei, rappelt sich nach
Rückschlägen wieder auf und nutzt diese als Anlass für Lernprozesse und Verbesserun-
gen, die man dann auch konsequent umsetzt, werden die Erfolge nicht ausbleiben.
Ist man an diesem Punkt angelangt und hat sich entschlossen, Social Media für sich
zu nutzen und zu entdecken, dann folgt in vielen Fällen die eingangs schon erwähnte,
beinahe reflexartige Spontanreaktion: „Machen wir doch was auf Facebook.“ Das folgen-
de Kapitel soll Facebook daher etwas näher untersuchen.

3 Warum ist Facebook so interessant?

76 % der deutschen Internetnutzer sind in einem sozialen Netzwerk im Internet ange-


meldet. 73 % nutzen es auch aktiv (zumindest ab und zu). Hierbei handelt es sich aber
nicht nur um die Digital Natives, die mit dem Internet groß geworden sind. Auch wenn
der Nutzeranteil bei den 14–29-Jährigen beeindruckende 94 % beträgt, so sind es bei den
30–49-Jährigen auch immer noch 76 % und bei den über 50-Jährigen 47 %, die aktiv ein
soziales Netzwerk nutzen (vgl. [4]).
IBM hat in einer Studie die Gründe untersucht, warum Internetnutzer einem sozialen
Netzwerk beitreten. 70 % der Befragten gaben dabei den Wunsch an, mit Freunden und
Familie in Kontakt zu bleiben. Ein wenig abgeschlagen auf den Plätzen dahinter der
Wunsch nach Unterhaltung und danach, mit Blick auf das aktuelle Geschehen auf dem
neuesten Stand zu bleiben. Nur 23 % der Befragten gaben an, in sozialen Netzwerken mit
Marken in Kontakt kommen zu wollen (vgl. [19]). Das sollte sich jedes Unternehmen
immer wieder vor Augen halten, bevor es selbst in sozialen Netzwerken aktiv wird, damit
es keine falschen Erwartungen hegt, die zu Enttäuschungen führen.
Der durchschnittliche soziale Netzwerker in Deutschland ist Mitglied in 2,2 Netz-
werken und hat 56,8 Freunde. Rund die Hälfte aller aktiven Nutzer hat dabei mehr als
50 Freunde (vgl. [35], S. 13). In 2011 besuchten 35 % der deutschsprachigen Online-
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 49

Nutzer regelmäßig – zumindest wöchentlich – eine private Community. 23 % sogar täg-


lich (vgl. [2]). Betrachtet man nur die Gruppe der Social-Network-Nutzer, so sind darin
26 % mindestens einmal pro Woche, sogar 64 % mindestens einmal täglich aktiv. Rund
11 % der Mitglieder von sozialen Netzwerken sind Heavy User, die mehr als 2 Stunden
am Tag in ihrem am häufigsten genutzten Netzwerk verbringen. Aufgeteilt nach Ge-
schlechtern finden sich unter den Frauen 13 % und unter den Männern 8 % Heavy User
(vgl. [4]).
Durch die hohe Reichweite und Nutzungsfrequenz werden soziale Netzwerke für
Marken zu interessanten Spielfeldern.

3.1 Die Stärken von Facebook

Aktuellen Untersuchungen zufolge waren 2011 bereits 53 % der untersuchten Organi-


sationen in Facebook aktiv und weitere 21 % planten den Einsatz noch im gleichen Jahr
(vgl. [27]). Woran liegt das?
Zum einen an der hohen Reichweite, die sich Facebook im Laufe der letzten Jahre
aufgebaut hat. Im Juli 2011 hatte Facebook in Deutschland rund 20 Mio. registrierte
Nutzer (vgl. [10]). Facebook liegt hinter Google auf Platz 2 der am häufigsten besuchten
Internetseiten in Deutschland (Alexa Rank 2) (vgl. [1]) und ist das meistbesuchte Social
Network mit monatlich 34 Mio. Unique Visitors (vgl. [23]). Damit nutzt im Durch-
schnitt mehr als jeder zweite deutsche Internetnutzer Facebook (vgl. Abb. 1).
Passend zur hohen Nutzerzahl herrscht darüber hinaus auch ein munteres Treiben
auf der Plattform. Mehr als drei Viertel aller Facebook-Nutzer loggen sich mindestens
einmal pro Woche ein. In puncto Aktivitätsgrad hält Facebook damit eine einsame Spit-

facebook 53,3

Xing 24,8

wer-kennt-wen 19,6

meinVZ 12,7

studiVZ 12,7

mySpace 11,4

lokalisten 7,8

LinkedIn 7,3

schülerVZ 7

Abb. 1 Meistgenutzte soziale Netzwerke in Deutschland (in %) (Quelle: vgl. [13])


50 Andreas Ahlden

zenposition, denn der Zweitplatzierte, das Business-Netzwerk Xing, kommt nur auf
einen Wert von 13,6 % (vgl. [13]). Neben der häufigen Nutzung kommt noch eine lange
Verweildauer hinzu. 33 % der Teilnehmer einer Umfrage verbringen mehrere Stunden in
der Woche auf der Plattform (vgl. [4]). Hierbei sammelt Facebook unentwegt Informati-
onen über seine Nutzer, die diese freiwillig herausgeben.
Für Werbetreibende und Betreiber von Fanseiten ergibt sich daraus der Vorteil, dass
die Nutzer relativ genau bekannt sind. Zum einen erhalten Fanpage-Administratoren
nützliche Informationen zu ihrer Fan-Gemeinde in Bezug auf Demographie, Herkunft
sowie Aktivitäts- und Interaktionsgrad. Zum anderen bietet Facebook von den großen
Plattformen im Netz im Anzeigenkontext wohl die effektivste Möglichkeit des Targe-
tings (vgl. [36]). Die gewünschte Zielgruppe lässt sich leicht nach geografischen, wie zum
Beispiel Land oder Stadt, und soziodemografischen Kriterien, wie zum Beispiel Bezie-
hungsstatus, Sprache, Bildungsgrad oder Arbeitgeber, eingrenzen. Natürlich ist eine
Eingrenzung auch nach Interessengebieten möglich. Eine besondere Option ergibt sich
zusätzlich aus der Ansprache potenzieller Interessenten anhand der Verbindungen auf
Facebook. So ist es beispielsweise möglich, nur Freunde der eigenen Fans mit einer An-
zeige anzusprechen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Freunde meist ähnliche Eigen-
schaften und Interessen haben. Somit werden Freunde von Freunden zu attraktiven An-
sprechpartnern mit potenziell geringeren Streuverlusten. Nach jeder Eingrenzung gibt
Facebook automatisch eine geschätzte Reichweite der Anzeige als Orientierungshilfe an.
Im Vergleich zu anderen Online-Werbeformen bietet Facebook die Möglichkeit, An-
zeigen um eine soziale Komponente zu erweitern und damit einen interessanten Effekt
auszulösen. Klassische Online-Bannerwerbung (paid media) erreicht beispielsweise zwar
schnell eine hohe Reichweite, erzielt aber oft nur einen vergleichsweise niedrigen Impact.
Werbeanzeigen auf Facebook können dagegen um einen Zusatz ergänzt werden, der
dem User mitteilt, welcher seiner Freunde diese Seite, Marke oder dieses Produkt auch
mag (vgl. Abb. 2).4 Untersuchungen von Nielsen haben ergeben, dass allein dieser Zusatz
die Wirksamkeit der Anzeigen in Bezug auf Erinnerung, Aufmerksamkeit und Kaufab-
sicht beträchtlich erhöht (vgl. Abb. 3). Dies zeigt einmal mehr, wie sehr Konsumenten
der Meinung von Freunden und Bekannten vertrauen, wenn es um eine Kaufentschei-
dung geht (vgl. [30]).
Während bei klassischen Bannerkampagnen zur Zeit nur eine einzelne Person mit ei-
nem angezeigten Banner erreicht wird, geht die Werbung auf Facebook noch einen
Schritt weiter. Klickt ein User in der Anzeige auf „Gefällt mir“, so taucht dies automa-
tisch im Newsfeed all seiner Freunde auf. Die Markenbotschaft wandert somit vom be-
zahlten Anzeigenbereich auf der Facebook-Seite hinüber in den unbezahlten Pinnwand-
bereich, dem per se eine sehr viel höhere Aufmerksamkeit entgegengebracht und somit
auch Relevanz beigemessen wird. Die einzelne Anzeige erreicht also nicht nur einen
User, sondern darüber hinaus auch alle seine Freunde. Somit erreichen die Anzeigen auf

4
Weiterführende Informationen über die möglichen Werbeformen auf Facebook finden sich hier:
http://on.fb.me/qXCc58.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 51

Abb. 2 Beispiel einer Facebook-Werbeanzeige (Quelle: eigene Darstellung aus dem Facebook Ad
Tool)

Werbeanzeige ohne Werbung in den sozialen Medien besteht nicht nur aus
30 sozialen Kontext „earned media“. Eine erfolgreiche Werbekampagne auf
Facebook nutzt das ganze Spektrum, von bezahlten
Werbeanzeige mit Anzeigen bis hin zu persönlichen Empfehlungen der User.
sozialem Kontext

Aktvitätsanzeige im Ohne soz.


Newsfeed der Kontext
16 Freunde
Reach

13
Mit soz.
10
Kontext
8 8 8

4
2 Newsfeed
Freunde

Erinnerung Aufmerk- Kaufabsicht


samkeit Impact

Abb. 3 Die Bedeutung des sozialen Kontexts in Facebook-Werbeanzeigen (Quelle: vgl. [31])

Facebook den „earned media“-Bereich, der zum einen ohne Zusatzkosten zustande
kommt und zum anderen sehr impactstark ist. Für Werbetreibende sind Facebook-An-
zeigen daher eine wirklich attraktive Option.
Eine weitere Stärke von Facebook als Kommunikationskanal für Marken ist die Flexibi-
lität. So lässt es hinsichtlich der Medien, die flexibel eingesetzt werden können, kaum
Wünsche offen. Der Nutzer muss Facebook nicht verlassen, um sich die Inhalte anzu-
schauen. Globalen Marken mit einheitlicher Ausrichtung bietet Facebook die Möglich-
keit, eine einzige Fanpage zur Betreuung der weltweiten Fans zu betreiben, in einer oder in
mehreren Sprachen. Die Lufthansa nutzt dies beispielsweise recht erfolgreich (vgl. [22]).
Einer der größten Vorteile für Betreiber von Fanpages hat sich zusammen mit dem
starken Wachstum der Plattform entwickelt. Mittlerweile ist ein klassischer Größenbe-
gleiteffekt eingetreten: Es hat sich um Facebook herum ein regelrechtes Ökosystem an
kleineren Anbietern entwickelt, die für spezielle Zwecke eigene Tools entwickelt haben,
die andere Anbieter nun nicht mehr selbst entwickeln müssen, sondern vergleichsweise
52 Andreas Ahlden

kostengünstig einkaufen und für sich selbst passend konfigurieren können. Hierzu zäh-
len unter anderem Tools für Umfragen, Spezialapplikationen, Gewinnspielmechaniken
usw. Dies ist zur Zeit noch ein mächtiger Wettbewerbsvorteil für Facebook gegenüber
Konkurrenten, wie zum Beispiel Google+. Aber wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten.

3.2 Die Schwächen von Facebook

Facebook fordert von seinen Mitgliedern eine hohe Freizügigkeit im Hinblick auf die
offene Darlegung persönlicher Daten. Auch wenn dies für Werbetreibende ein Vorteil
ist, aus datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten ist Facebook nicht unumstritten. Seit
seiner Einführung auf dem deutschen Markt steht Facebook im Konflikt mit dem deut-
schen Datenschutz. Privatsphäreeinstellungen sind zwar möglich, standardmäßig tritt
der User aber mehr Rechte ab, als ihm häufig bewusst und lieb ist. In den vergangenen
Jahren hat Facebook hinsichtlich der Privatsphäreeinstellungen mehrmals Änderungen
vorgenommen und meist musste der Nutzer aktiv werden, um nicht ungewollt mehr
preiszugeben, als gewünscht. Dabei ging es beispielsweise um Themen wie die Zustim-
mung zur kommerziellen Nutzung von eigenen Bildern durch Facebook, dem Speichern
von Kontaktinformationen aus privaten E-Mail-Accounts nach Verwendung des auto-
matischen Freundefinders, oder die automatische Gesichtserkennung. Ein Beispiel aus
der jüngeren Vergangenheit stellt das Urteil des Unabhängigen Landeszentrums für Da-
tenschutz in Schleswig-Holstein dar, das in der Verwendung von Social Plug-ins wie z. B.
dem „Gefällt mir“-Button auf Webseiten einen Verstoß gegen das Telemediengesetz so-
wie das Bundesdatenschutzgesetz sieht (vgl. [33]). Die Bedeutung des Datenschutzes für
deutsche Nutzer und die Auswirkungen der andauernden Diskussionen um das Thema
im Zusammenhang mit Facebook spiegeln sich auch in den Ergebnissen einer Umfrage
von tns emnid im Auftrag der Agentur Ketchum Pleon wider: 61 % der befragten deut-
schen Internetnutzer gaben an, besonders auf den Schutz ihrer Privatsphäre im Internet
zu achten, und sogar 88 % hielten dabei den Umgang von Facebook mit persönlichen
Daten für bedenklich5 (vgl. [21]).
Facebook ist eine Kommunikationsplattform und die muss auch aktiv zur Kommuni-
kation verwendet werden, um die potenzielle Reichweite zu erzielen. Bei allem Streben
nach Reichweite und hohen Fanzahlen wird häufig übersehen, dass die meisten Fans gar
nicht mitbekommen, welche Diskussionen auf der Fanpage ablaufen, da sie den Kontakt
zur Marke hauptsächlich über den eigenen Newsfeed erleben. Die meiste Zeit verbringen
Facebook-Nutzer nun mal auf ihrer Pinnwand, auf Fotoseiten oder speziellen Applika-
tionen wie z. B. Spielen, den Weg auf die Fanpage finden sie nur selten (vgl. [7]). Umso
wichtiger ist es, in regelmäßigen Abständen aktiv Inhalte beizusteuern, um mit den Fans
in Kontakt zu bleiben.

5
Es sei aber darauf verwiesen, dass mehr als ein Viertel der Befragten trotz aller Bedenken Facebook
dennoch nutzt.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 53

Diese Anforderung an ein Engagement, das immer mit einem gewissen Ressourcen-
einsatz verbunden ist, stellt viele Unternehmen vor die Frage, ob man mit Fanpage und
Markenwebsite weiter eine Mehrfachbelastung aufrechterhalten will oder ob die Fanpage
die althergebrachte Markenhomepage sogar ablösen kann bzw. sollte. Dr. Martin Oet-
ting, Blogger und Partner des Word-of-Mouth-Marketing-Anbieters trnd, hat diese
Frage folgendermaßen betrachtet: „Facebook ist eine ganz andere, extrem erfolgreiche
Kneipe. Die größte der Welt. 500 Mio. Menschen gehen aus und ein. Natürlich kann ich
jetzt, wenn ich meine Getränke bekannt machen und vertreiben will, in der Riesenkneipe
einen Tisch mit meinen Wimpeln schmücken und dort auch meine Getränke ausschen-
ken lassen. Gute Idee. Aber deswegen soll ich meine eigene Kneipe schließen? Was ist
denn, wenn der Wirt bei Facebook irgendwann mal keinen Bock mehr auf mich hat?
Was ist, wenn er von heute auf morgen die Regeln ändert, und ich überhaupt nicht mehr
rein darf? Was ist, wenn er mir einen Tisch direkt am Klo anweist, an dem es meine
Kundschaft kaum noch aushält? Mir erscheint der Gedanke arg riskant, allein auf einen
etwas durchgeknallten Kneipenwirt aus Kalifornien bei der eigenen Markenkommunika-
tion im Internet zu setzen. … Facebook ist eine riesige Kneipe. Da sollte man als Marke
hingehen und sich aufhalten, Leute kennenlernen, Freundschaften schließen. Aber zu
glauben, dass man dort sein Zuhause findet, halte ich für gefährlich“ [24]. Facebook
sollte für eine Marke nie das alleinige „Zuhause“ sein. Zu groß sind die technischen und
inhaltlichen Vorgaben, die auf der Plattform kein selbstbestimmtes Handeln zulassen.
Als Beispiel sei an dieser Stelle nur der eng gesteckte Gestaltungsspielraum für Promo-
tions genannt (vgl. [11]).
Facebook ist in erster Linie eine Kommunikations- und keine Vertriebsplattform.
Auch wenn Facebook-Nutzer überdurchschnittlich häufig online einkaufen (Internet-
Gesamtnutzerschaft 53 % Online-Käufe innerhalb einer Woche vs. Facebook-Nutzer mit
58 % (vgl. [13]). Thilo Specht beschreibt es in seinem Blog sehr treffend so: „Facebook ist
kein Marktplatz! … Facebook hat 700 Mio. Mitglieder, weil es die ‚elegante Organisation‘
der eigenen Netzwerke erlaubt. Nicht, weil es für tolle Shopping-Erlebnisse steht. Märkte
sind Gespräche. Aber nicht jedes Gespräch ist ein Markt“ [29]. Ob das so bleiben wird,
sei dahingestellt, denn das Thema Facebook-Commerce (f-commerce) wird in Zukunft
wohl noch häufiger auf die Tagesordnung kommen. F-commerce umfasst beispielsweise
Shops innerhalb des sozialen Netzwerks oder auch Online-Shops, die Facebook-Features
nutzen. Auf der einen Seite stehen dabei Meinungen von Finanzexperten, die eine Ablö-
sung von Amazon als erfolgreichstem Online-Händler innerhalb der nächsten 5 Jahre
voraussagen (vgl. [32]). Auf der anderen Seite stehen Dienste wie Facebook-Deals, die
auch lokale Ladengeschäfte mit einbezogen haben, nach mehrmonatiger Testphase aber
wieder eingestellt wurden (vgl. [3]). Es bleibt also zu beobachten, ob Facebook sich zu-
künftig tatsächlich zum Marktplatz entwickelt.
Die sich bereits abzeichnende Frage, ob sich ein Engagement auf Facebook lohnt,
wird an dieser Stelle nicht hinreichend erläutert werden können. Es sei nur so viel gesagt,
dass sich ein Return on Investment (ROI) im Bereich der sozialen Medien nicht so leicht
an Kenngrößen wie Mitteleinsatz und Absatz festmachen lässt. Denn oft kann der Absatz
54 Andreas Ahlden

nicht unmittelbar auf Facebook zurückgeführt werden. Ein ROI auf Facebook ließe sich
dann alternativ im Marketingbereich vielleicht über einen höheren Share of Talk, erhöh-
te Besucherzahlen auf den eigenen Webseiten oder Einsparungen für z. B. Directmailings
berechnen; im Brandingbereich über eine höhere Loyalität zur Marke, höhere Populari-
tät und Reichweite6 oder höhere Zahlungsbereitschaft. Im Kundenservicebereich ließen
sich die Einsparungen über eine verminderte Anzahl an Kundenanfragen messen, weil
sich Konsumenten gegenseitig helfen, oder aber an einer höheren Kundenzufriedenheit
und einem verbesserten Empfehlungsverhalten. Bei der Produktentwicklung ließe sich
kostenfrei die Kreativität der Community nutzen, sowohl in der tatsächlichen Entwick-
lung neuer Produkte als auch in der Marktforschung. Ähnliche „weiche Werte“ ließen
sich auch für PR, die Personalabteilung und weitere finden, wodurch der ROI insgesamt
sehr vielschichtig und kaum konkret erfassbar wird (vgl. [34], [12]). Dies wiederum führt
in Unternehmen natürlich zu Unsicherheiten und bleibt an vielen Stellen konkrete Er-
klärungen auch schuldig. Dessen sollte man sich bewusst sein.

4 Passt Facebook zu mir, meiner Marke und meinen Kunden?

Um die Frage beantworten zu können, ob die eigene Marke eine Facebook-Fanpage


braucht, macht es durchaus Sinn, zunächst einmal zu betrachten, welcher Kommunika-
tionstyp man selbst ist, sein kann, sein möchte oder sein sollte. Hat man sich hier veror-
tet, sollte man einen Blick auf die eigene Zielgruppe werfen. Welche Nutzungstypen
prägen meine Zielgruppe und wie verhalten sie sich? Um beide Sichtweisen etwas besser
zu verdeutlichen, seien im Folgenden zwei mögliche Kategorisierungen genannt.

4.1 Von Markentypen und Nutzertypen

Ein Blick auf sich selbst


In ihrem Trendreport Juli 2011 unterteilen pilot media und Zucker.Kommunikation
Marken in die Typen „Passive Brands“, „Host Brands“, „Sender Brands“, „Service
Brands“ und „Friend Brands“ (vgl. [37]).
Bei den „Passive Brands“ findet auf der Seite im Grunde nichts statt: weder Posts der
Administratoren noch Reaktionen auf User-Posts. Die Marke zeigt Präsenz und bietet
Nutzern die Möglichkeit, sich zu ihr zu bekennen, mehr aber auch nicht.
Die „Host Brands“ bereiten den Nutzern praktisch das Spielfeld, halten sich dann aber
eher im Hintergrund. Die Marke taucht gelegentlich mit eigenen Posts auf, die aber nicht

6
Siehe dazu eine kritische Betrachtung der Erfolgsmessung einer Fanpage bloß anhand der Anzahl ihrer
Fans weiter unten in diesem Text.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 55

Passive Brands
3%
Service Brands
13%

Sender Brands
Friend Brands Marken 12%
60% Typen

Host Brands
12%

Abb. 4 Kategorisierung nach Markentypen (Quelle: in Anlehnung an [37])

auf eine Anregung des Dialogs ausgelegt sind. Nutzer diskutieren stattdessen mit ande-
ren Nutzern. Diese Art von Fanpage funktioniert nur bei Marken, die Fangruppen mit
einem hohen Involvement anlocken, andernfalls wird es still auf der Fanpage.
Die „Sender Brands“ sind das Pendant zur derzeit noch sehr gängigen Markenhome-
page mit dem Ziel der reinen Markeninszenierung. Die Fanpage wird zu einem weiteren
Kanal, mit dem Neuigkeiten jeglicher Art in die breite Masse gestreut werden sollen.
Diesen Seiten fehlt es weitestgehend an dialogischen Elementen. Fans können häufig
keine eigenen Posts an der Pinnwand anbringen, wohl aber auf bestehende Posts reagie-
ren und antworten.
Eine 2011 erstmals in den Report aufgenommene Kategorie sind die „Service Brands“.
Viele Marken nutzen mittlerweile Kanäle wie Facebook, mehr jedoch noch Twitter, er-
gänzend zu ihren Kundencentern oder Service-Hotlines. Beispiele dafür sind die Deut-
sche Telekom und die Deutsche Bahn.7
Die letzte Gruppe bilden die „Friend Brands“. Dieser Typ ist geprägt von einem sehr
hohen Engagement des Seitenbetreibers. Der Dialog mit den Fans ist gewünscht und
wird stark forciert. Auch wird Wert darauf gelegt, den Fans über das Produkt hinaus
immer wieder unterhaltende und interessante Inhalte bereitzustellen, wie z. B. besondere
Aktionen oder Gewinnspiele. Die Gruppe der Friend Brands hat im vergangenen Jahr
einen deutlichen Zulauf erfahren und stellt heute die größte Gruppe unter den eben
vorgestellten dar (vgl. Abb. 4).
Welcher Gruppe man sich mit der eigenen Marke zuordnen möchte, hängt von eini-
gen Faktoren ab, z. B. den zu verfolgenden Unternehmenszielen, den eigenen Ressour-

7
Mit den Twitter Accounts @Telekom_hilft und @DB_Bahn.
56 Andreas Ahlden

cen, der eigenen Social-Media-Philosophie im Unternehmen und natürlich dem Gegen-


über: den Nutzern.

Ein Blick auf das Gegenüber


Im Jahr 2009 hat Forrester Research eine Klassifizierung von unterschiedlichen Online-
Nutzertypen vorgestellt, die „Social Technographic Ladder“ (vgl. [15]). Dort wird unter-
schieden nach „Inactives“, „Spectators“, „Joiners“, „Collectors“, „Conversationalists“,
„Critics“ und „Creators“. Die „Creators“ sind die aktivste Nutzergruppe und agieren aus
eigenem inneren Antrieb. Sie schreiben zum Beispiel eigene Blogs, veröffentlichen selbst
gedrehte Videos oder betreiben ihre eigenen Webseiten. Auch die Gruppe der „Critics“
verfügt über ein hohes Aktionspotenzial. Dieses ist allerdings verstärkt von einem reakti-
ven Verhalten geprägt, indem auf fremden Blogs oder Online-Foren kommentiert wird
oder Bewertungen zu Produkten oder Dienstleistungen geschrieben werden. Die „Con-
versationalists“ sind die Gruppe derer, die regelmäßig in sozialen Netzwerken unterwegs
sind und dort auch ihre Statusmeldungen aktualisieren, um mit ihrem Netzwerk in Kon-
takt zu bleiben. Die „Collectors“ sind die Jäger und Sammler unter den Online-Nutzern.
Sie sammeln und organisieren Inhalte im Netz für sich und andere, indem sie RSS Feeds
nutzen, Linksammlungen und Fotoalben anlegen und mit Tags versehen usw. Die Joiner
zeigen ein grundsätzliches Interesse an den Technologien des Social Webs und besuchen
ihre sozialen Netzwerke, dies allerdings nicht unbedingt regelmäßig und wenn, dann
werden sie auch nur bedingt aktiv. Die Gruppe der „Spectators“ ist das genaue Gegen-
stück zu den „Creators“. Ihr Schwerpunkt liegt auf dem Konsum von Inhalten, die an-
dere zur Verfügung gestellt haben. Dies umfasst die ganze Bandbreite von Blogs über
Podcasts und Videos bis hin zu den Bewertungsportalen. Die letzte Gruppe stellen die
„Inactives“ dar. Diese Gruppe wird in keiner Hinsicht aktiv, weder in der Erstellung
noch im Konsum von Inhalten im Internet.
Die geeignete Online- oder Social-Media-Strategie für ein Unternehmen oder eine
Marke bestimmt sich nun aus diesen beiden Sichtweisen. Als Abgleich dessen, was eine
Marke abbilden kann und auf welche Konsumenten sie trifft. An dieser Stelle sei auf die
besondere Bedeutung der Authentizität verwiesen. Wenn die eigene Marke einen eher
ernsten Hintergrund hat, so muss dieser sich auch in der Auswahl der Kanäle, in der
Tonalität der Sprache, der bildlichen Darstellung und auch der kommunizierten Inhalte
wiederfinden. Hier sollte sich ein Unternehmen zweimal überlegen, ob eine insgesamt zu
bunte Selbstdarstellung oder ein Duzen, obwohl es sonst immer siezt, das richtige Licht
auf die Marke wirft. Ähnlich fragwürdig ist es, wenn eine Marke als ausschließlichen
Kanal ein Videoportal wählt, wenn ihre Nutzer hauptsächlich aus „Conversationalists“
bestehen. Natürlich geht es darum, den Nutzern Unterhaltung zu bieten und sie über
diesen Weg an die Marke heranzuführen und zu begeistern, aber nur so weit und in der
Form, wie es noch zur Marke passt. Andernfalls wirkt es aufgesetzt und unpassend, trifft
nicht die Erwartung der relevanten Nutzer und wird daher für die eigene Marke nicht
auf die gewünschten Ziele hinsteuern. Ein gutes Gleichgewicht ist hier wichtig.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 57

Facebook als Plattform erweist sich in diesem Zusammenhang als ein guter Allroun-
der und bietet der Marke viele Möglichkeiten zum Austausch mit ihrer Community
(lesen, kommentieren, mitgestalten, abstimmen, spielen, informieren, bewerten usw.). So
bietet die Plattform viele mögliche Stellschrauben, um das eben beschriebene Gleichge-
wicht fortlaufend zu regulieren und ggf. zu optimieren. Die Einordnung der eigenen
Marke in den einen oder anderen Markentypus bestimmt wie beschrieben das eigene
Verhalten auf der Plattform, sowie die Rechte und Handlungsfreiheiten, die den eigenen
Fans zugestanden werden. Natürlich ist es nicht so, dass Fans einer Marke sich aus-
schließlich der einen oder anderen Nutzergruppe zuordnen lassen. Deshalb ist es für
Marken besonders wichtig, eine eigene Haltung zu entwickeln und ein guter Gastgeber
zu sein, wenn Besucher auf die betreffende Fanpage kommen.

4.2 Von Fanpages und Fans

Ein näherer Blick auf die Fanpage


Eine Fanpage ist im Grunde wie eine Gartenparty.8 Als Veranstalter kann ich über An-
sprachen an das gesamte Publikum oder die entsprechende Musikauswahl die Stimmung
oder Richtung meiner Party beeinflussen (Beiträge auf der Pinnwand oder Gewinnspiele/
Rabattaktionen), aber nur so lange, wie es meinen Gästen noch gefällt, denn sonst verab-
schieden sie sich schnell wieder. Schaffe ich ihnen aber eine Atmosphäre, in der sie sich
wohlfühlen, bleiben sie länger. Dadurch verzeihen sie mir auch, wenn ich das ein oder
andere Mal eine Ansprache in eigener Sache durchs Mikro zu viel gemacht habe. Ich
habe die Möglichkeit, Gespräche im kleineren Kreis zu führen (Gespräche in den Kom-
mentaren), oder auch vielleicht einfach anderen Gesprächen nur zu lauschen (Pinn-
wandeinträge von Fans auf meiner Seite, auf die ich nicht direkt antworte, aus denen
aber unter den Fans Unterhaltungen entstehen). Dabei werden sich unter meinen Gästen
wirklich gute Freunde ebenso befinden wie Gäste, die nur wegen der kostenlosen Ge-
tränke gekommen sind („Gewinnspieljäger“). Und sicher schaut auch mal ein Nachbar
vorbei und beschwert sich wegen der Lautstärke – auch das gehört dazu und ist bei einer
guten Party zu verkraften.
Ohne Gäste ist so eine Gartenparty jedoch eine ziemlich triste Veranstaltung und erst
ab einer bestimmten Anzahl ergeben die Vorbereitungen überhaupt Sinn (Reichweite als
Erfolgskenngröße). Unterhaltungen machen auch erst dann richtig Spaß, wenn man sie
nicht mit sich selber führt. Wichtig ist jedoch, dass man selbst noch im Stande ist, die
Veranstaltung zu überblicken. Kann man dies nicht mehr oder findet einer der Gäste
eine Raupe im grünen Salat (Beschwerden, Reklamationen oder sonstige Schwachstellen
der Marke oder des Unternehmens, die man gern im Verborgenen halten würde) oder
zetteln andere Gäste, beflügelt von den kostenlosen Cocktails, Streitereien an und zerstö-

8
Eine ähnliche Analogie findet sich unter anderem auch bei Goldstein (vgl. [18], S. 23 f.).
58 Andreas Ahlden

ren dabei die neuen Gartenmöbel (Kommentare auf der Fanpage, die offensichtlich nur
zur Provokation erstellt wurden, sich aber oft hartnäckig halten können) oder noch
schlimmer: gehen schon kurz nach Beginn der Party die Getränke aus (nach einem Auf-
taktgewinnspiel werden keine neuen Inhalte bereitgestellt und die Fanpage liegt schein-
bar inaktiv da), so kann die Situation schnell außer Kontrolle geraten und neben dem
Garten auch das ganze Haus (das ganze Unternehmen) in Mitleidenschaft gezogen wer-
den. Es empfiehlt sich für den Gastgeber also, seine Party gewissenhaft vorzubereiten. Es
sollten ausreichend Getränke vorhanden sein und auch der Nachschub muss gewährleis-
tet sein (ausreichend Content bereits zu Beginn und ein ausgearbeiteter Redaktionsplan
für einen längeren Zeitraum). Raupen beseitigt man idealerweise vorher aus dem Salat
(wer nichts zu verbergen hat, hat es an dieser Stelle leichter) oder legt sich schon mal
vorab eine Erklärung zurecht, warum dies nicht möglich war (im Vorfeld ausgearbeitetes
Risikomanagement, um im Bedarfsfall schnell, kompetent und zielführend reagieren zu
können und nicht in blinden Aktionismus oder Panik zu verfallen). Es ist durchaus auch
sinnvoll, sich im Vorfeld über den Musikgeschmack der Gäste zu informieren (zuhören
durch Monitoring der Gespräche im Netz). Und wenn man zwar ein guter Gastgeber
sein möchte, aber wie es nun mal so ist, nicht überall zur gleichen Zeit sein kann, dann
lässt sich sicher die eigene Familie (Mitarbeiter des eigenen Unternehmens) oder natür-
lich ein Team professioneller Kellner (externe Redakteure, Community Manager usw.)
hilfreich einspannen, um für das Wohl der Gäste und eine gute Stimmung zu sorgen.
Schafft man es als Gastgeber, seinen Gästen einen schönen Abend zu bescheren, so wirkt
sich dies sicher auf die zwischenmenschliche Beziehung aus (Markensympathie und
-image), es gab bereichernde Gespräche (Marktforschung und Insightgenerierung), die
Gäste kommen gern wieder auf die nächste Party (Markentreue und -loyalität) und be-
richten sicher noch anderen Freunden von ihrem schönen Erlebnis (Word-of-Mouth-
Effekt, Reputation).

Ein näherer Blick auf die Fans


Warum werden User Fans von Marken?
Es verwundert an dieser Stelle vermutlich wenig, aber Internet-Nutzer treten nicht pri-
mär aus dem Grund sozialen Netzwerken bei, um mit Marken zu interagieren. Daher
verwundert es wahrscheinlich noch weniger, dass die Mitglieder sozialer Netzwerke sich
von der Interaktion mit einer Marke einen gewissen Mehrwert versprechen (so wie Mar-
ken sich schließlich auch einen Mehrwert davon versprechen). Dieser Mehrwert kann
allerdings sehr unterschiedlich ausfallen. Laut einer Studie von IBM gaben 61 % der Be-
fragten als Hauptgrund den Wunsch nach Rabatten an. Demgegenüber werden nur 33 %
Fan, um sich mit der Marke verbunden zu fühlen (vgl. [19]). Das Gefühl von öffentlich
zur Schau gestellter Verbundenheit zu einer Marke über soziale Medien spielt demnach
für einen Großteil der Nutzer nur eine untergeordnete Rolle (der Vollständigkeit halber:
mit 33 % aber natürlich keine unwichtige). Das grundsätzliche Verbundenheitsgefühl zu
einer Marke ist aber für fast zwei Drittel (64 %) der Befragten eine Grundvoraussetzung,
um überhaupt mit Marken über die sozialen Medien in Verbindung zu treten.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 59

Die WWW-Benutzer-Analyse W3B des Beratungshauses Fittkau & Maaß zeichnet da-
gegen ein etwas anderes Bild (vgl. [14]). Für 59 % der Befragten steht hier an erster Stelle
der Wunsch, Neuigkeiten zu Marken oder Unternehmen zu erfahren. Mit 43,9 % ist der
zweithäufigste genannte Punkt das Zeigen der Verbundenheit zu Marken oder Unter-
nehmen. Der Wunsch nach ganz „handfesten“ Vorteilen taucht auch hier auf. „Etwas
umsonst oder vergünstigt bekommen“ möchten 38,7 %, Serviceleistungen in Anspruch
nehmen möchten 32,4 % und 30,5 % hoffen auf Empfehlungen oder Angebote.
Das Bedürfnis, selbst aktiv zu werden, rangiert hier eher im unteren Tabellendrittel
(Feedback/Bewertungen abgeben können mit 28,7 %, Kontaktaufnahme mit Unterneh-
men 23,3 %, Beitragen zur Mitentwicklung 20,8 %).
Die Herausforderung für Unternehmen besteht also darin, den Fans langfristig die
Mehrwerte zu bieten, die sie suchen. Und ein weiterer Punkt wird hier deutlich: Eine
lebendige Community auf der eigenen Profilseite in einem sozialen Netzwerk ist kein
Selbstläufer. Man sollte nicht davon ausgehen, dass man den Mitgliedern nur die Platt-
form zur Verfügung zu stellen braucht und die Diskussion dann von allein in Bewegung
kommen und sich selbst immer wieder neu anfeuern wird. Ein Großteil der Nutzer hat
eher passive Beweggründe für seine Anwesenheit,9 dadurch aber nicht minder hohe
Ansprüche.

Und warum geben sie Marken dann wieder den Laufpass?


Die Gründe für Facebook-Nutzer, auf die Fanpage einer Marke zu gehen und den „Ge-
fällt mir nicht mehr“-Button zu drücken, sind relativ leicht nachvollziehbar. Gemäß
einer Untersuchung von ExactTarget (vgl. [9]) ist der Grund Nummer 1 das Empfinden,
dass eine Marke zu häufig auf der eigenen Pinnwand auftauchte (44 % der Befragten
empfanden die Post-Frequenz als zu hoch). Auf Platz 2 folgt mit 43 % ein Ausdünnen
der gemochten Marken (zu viele Marketingbotschaften auf der eigenen Pinnwand) und
somit eine Konzentration auf die wirklichen Favoriten (55,2 % der Nutzer eines Social
Networks, die angeben, mit einer Marke verbunden zu sein, sind Fan von 1 bis 5 Mar-
ken, 19 % von 6 bis 10 Marken und 25,7 % von mehr als 10 Marken) (vgl. [14]). 38 %
gaben an, dass ihnen der Inhalt auf Dauer zu langweilig wurde, was dafür spricht, mög-
lichst nur mit solchen langfristig angelegten Konzepten zu arbeiten, die auch auf eine
gewisse Laufzeit betrachtet weiter attraktiv bleiben. Zu wenige Sonderangebote, die Teil-
nahme an einer einmaligen Aktion oder das Vermissen von Relevanz sind weitere ge-
nannte Gründe. Interessant ist im Gegensatz dazu die folgende aus der Studie hervorge-
hende Erkenntnis: 63 % der Befragten gaben an, dass die Wahrscheinlichkeit, etwas von
dem Unternehmen oder der Marke zu kaufen, entweder genauso hoch, wenn nicht sogar
höher sei, nachdem sie die Freundschaft auf Facebook beendet hätten. Dieses Beispiel
zeigt, dass eine abgebrochene „Freundschaft“ auf Facebook nicht unbedingt den Bruch

9
Diese Beobachtung deckt sich auch mit den Erkenntnissen von Forrester Research, die in ihrer Social
Technographics Ladder 70 % der US-Online-Nutzer der Gruppe der passiven Beobachter zuordnen (vgl.
[16]).
60 Andreas Ahlden

mit der Marke und deren Verwendung bedeutet. Dies sollte man unbedingt im Hinter-
kopf behalten, wenn es um die Beurteilung des eigenen Online-Engagements geht und
speziell den Stellenwert, den man Facebook im eigenen Aktivitätenmix zugesteht. Noch
dazu ist es ein Grund mehr, nicht nur die Anzahl der eigenen Fans als Maß der Dinge
anzusehen, sondern auch die Qualität der Beziehung zwischen Marke und Fan.

Wie komme ich an die „richtigen“ Fans, also die, die meine Marke wirklich mögen?
Der Aufbau einer eigenen Fan-Community und somit einer eigenen Reichweite sollte
ein organisch wachsender Prozess sein. Häufig wählen Marken den Weg zu neuen Fans
über Gewinnspielaktionen oder Promotions. Ein durchaus probates Mittel, allerdings
gilt es hierbei zu beachten, dass mit solchen Aktionen auch „Gewinnspieljäger“ angezo-
gen werden, die zwar die Fanzahlen ansteigen lassen, der Marke aber im Grunde keinen
Mehrwert bieten. Ein gutes Mittel zur Einschätzung der eigenen Fanstruktur und eine
Messgröße zur Beurteilung des Erfolgs einer Fanpage (neben der reinen Anzahl an Fans
als Kennzahl für Reichweite) ist die Interaktionsrate (vgl. [28]). Diese wird bei aktions-
initiiert schnell steigenden Fanzahlen in der Regel abnehmen (vgl. [37], S. 18f.). Hier ist
es wichtig, den Dialog mit den Fans aufrechtzuerhalten und sie zur aktiven Teilnahme
zu animieren. Denn zum einen lassen sich auch so weitere Fans generieren (natürlich
entsprechend langsamer, dafür ist dieses organische Wachstum aber im Idealfall nach-
haltiger) und zum anderen findet so eine intensivere Beschäftigung mit der Marke statt.
Außerdem bietet sich damit die Chance, die eigene Fan-Community besser kennenzu-
lernen, ihre Wünsche und Interessen zu erkennen und so gezielt darauf eingehen zu
können, um auf diese Weise engere Bindungen zu schaffen.

Inwiefern habe ich überhaupt die Möglichkeit, über meine Marke zu sprechen?
In Kap. 3 wurde erläutert, aus welchen Gründen Menschen Fans einer Marke werden.
Marken müssen ihren Fans Mehrwerte bieten. Wie diese nun aber genau aussehen, ist
von Marke zu Marke verschieden. Somit unterscheidet sich auch, wie offensiv oder zu-
rückhaltend die Marke auf der Fanpage in Erscheinung tritt. Bei großen und beliebten
Lifestyle-Marken, die schnell starke Emotionen auslösen, wird dies anders der Fall sein
als bei „low involvement“-Marken. Diese werden eher versuchen, ihre Reichweite über
ansprechende Inhalte auszubauen, z. B. wenn die eigenen Produkte selbst nicht unbe-
dingt Anlass zu nachhaltiger Unterhaltung bieten. Dies geht unweigerlich mit der Tatsa-
che einher, dass sich die Marke selbst etwas zurücknehmen und die Perspektive ändern
muss. Zum Beispiel kann sich die Marke inhaltlich von der Produktebene auf eine etwas
höher gelagerte Ebene begeben und dort nach Themen suchen, die für die eigenen Fans
relevant sind und in denen sich die eigene Marke inhaltlich ebenfalls wiederfindet. Umso
wichtiger ist es in diesen Fällen aber, sich genau darüber im Klaren zu sein, an welcher
Stelle die Marke – wenn auch subtil und dezent – ihren Platz finden kann, denn ansons-
ten mag sich die Fanpage vielleicht gut entwickeln, die Besucher merken sich am Ende
aber nicht, wer der Absender war. Ein stetes Rückbesinnen auf die Ziele, die mit der
Fanpage erreicht werden sollen, ist hier von besonderer Bedeutung, um nicht bloß zum
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 61

unbekannten Unterhalter im Hintergrund zu werden. Denn dafür ist der nötige Auf-
wand zum professionellen Betreiben einer Fanpage zu groß.

5 Fazit

Kommen wir zurück auf die eingangs gestellte Frage:

„Braucht jede Marke eine Facebook Fanpage?“

Natürlich nicht zwangsläufig. Es sollte kein Selbstzweck sein, als Marke eine Face-
book-Fanpage zu haben. Auch wenn viele Markenpräsenzen derzeit diesen Eindruck
vermitteln, es geht hier nicht darum, einfach nur „dabei“ zu sein. Im Gegenteil, eine
kanalgetriebene Me-too-Präsenz, auf der wenig passiert oder wenig interessanter Con-
tent für potenzielle Fans zu finden ist, ist eher ein negatives Zeugnis für die Marketing-
Abteilung eines Unternehmens als ein positives. Facebook verfügt über viele Stärken,
muss aber deshalb nicht automatisch die erste Wahl für Ihre Marke sein.
Dennoch sollte jede Marke die oben gestellte Frage und die beeindruckenden Zahlen
zu Facebook zum Anlass nehmen, sich in Bezug auf ihre Aktivitäten online grundsätzlich
auf den Prüfstand zu stellen. Für viele Marken schlummern hier noch ungenutzte Poten-
ziale. Folgende Fragen können helfen, die Entscheidung für oder gegen eine Fanpage zu
treffen und im Falle einer positiven Entscheidung auf das Wichtigste vorbereitet zu sein:

7 Dinge, die Sie sich selbst fragen sollten, bevor Sie eine Fanpage eröffnen:

1. Können Sie den Usern über längere Zeit das bieten, was sie suchen?
2. Welcher Markentyp wollen Sie sein und welcher können Sie sein?
3. Wie sieht Ihre Zielgruppe aus und wie verhält sie sich online?
4. Welche Ziele wollen Sie online verfolgen? Welche Kennzahlen zur Erfolgskontrolle
sind für Sie relevant?
5. Wissen Sie, was Ihre Zielgruppe von Ihnen erwartet? Betreiben Sie ein professionelles
Monitoring?
6. Lässt sich Social Media in Ihre Unternehmensprozesse integrieren? Ist die Akzeptanz
da bzw. ließe sie sich aufbauen? Lässt Ihre Unternehmenskultur diese Art von Ver-
trauen zu (nicht jeder Post kann vom Vorstand freigegeben werden)?
7. Wie können Sie die Aufgaben kapazitär lösen (intern vs. extern)? Haben Sie die Res-
sourcen, das Budget und die Inhalte, die Community immer wieder aufs Neue zu ak-
tivieren und bei der Stange zu halten?

Wenn Sie auf alle diese Fragen eine schlüssige Antwort parat haben, spricht nichts ge-
gen ein Engagement auf Facebook. Sollte an der ein oder anderen Stelle noch ein Frage-
zeichen stehen, überstürzen Sie nichts und lassen Sie sich nicht von außen verunsichern.
62 Andreas Ahlden

Das alte Sprichwort „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ trifft auch hier den Kern der Sa-
che. Facebook ist momentan ein mächtiges Tool und kann Sie mit großen Schritten
voranbringen. Ebenso mächtig ist es aber auch in die andere Richtung. Daher ist eine
optimale Vorbereitung, ein gutes Selbstbild über die eigenen Stärken und auch Schwä-
chen sowie eine realistische Einschätzung dessen, was eine praktische Umsetzung bedeu-
tet, unausweichlich.
Sollten Sie speziell bei Frage 7 mit dem Gedanken spielen, die Arbeit an der eigenen
Markenwebsite einzustellen und sich stattdessen aus Budgetgründen ausschließlich auf
Ihre Fanpage zu konzentrieren: Gönnen Sie Ihrer Marke trotzdem die eigene „Kneipe“.
Das Konzept der Markenwebsite ist nicht tot, es wird sich nur verändern. Die geänderten
technologischen Möglichkeiten werden sich stärker auf die Gestaltung von Markenweb-
sites auswirken. Diese werden sich von reinen Markeninszenierungen vermehrt in Rich-
tung Sammelbecken aller unterschiedlichen Online-Kommunikationsformen zwischen
Unternehmen/Marke und Verbraucher zur zentralen Anlaufstelle entwickeln, wo alle
Fäden der unterschiedlichen Aktivitäten zusammenlaufen. Dadurch ergeben sich für
Marken gänzlich neue Möglichkeiten, den Kunden an sich zu binden. Sie müssen aber
die hohen Anforderungen erfüllen, die dieser Wechsel mit sich bringt. Facebook kann
dabei ein Baustein sein, der (momentan) in der breiten Masse sehr erfolgreich ist. Dieser
Baustein ist allerdings kein Muss und schon gar kein Ersatz für die eigene Markenprä-
senz im Netz.

Literaturverzeichnis

1 Alexa – The Web Information Company (2011): Top Sites in Germany, URL: http://bit.ly/q6bd07,
abgerufen am: 28.09.2011.
2 ARD-ZDF Onlinestudie (2011): Nutzung von Web 2.0-Angeboten, URL: http://bit.ly/o15Ddq, abge-
rufen am: 28.09.2011.
3 Barr, A. (2011): Facebook ending Deals product after four-month test, URL: http://reut.rs/oEdWFV,
abgerufen am: 28.09.2011.
4 BITKOM (2011): Soziale Netzwerke, URL: http://bit.ly/pK1lWA, abgerufen am: 28.09.2011.
5 Brinner, D. (2010): Social Media Marketing, URL: http://bit.ly/oWTGur, abgerufen am: 28.09.2011.
6 Buhse, W./Stamer, S. (2008): Enterprise 2.0 – Die Kunst loszulassen, 3. Auflage, Berlin.
7 comScore (2011): The Power of Like: How Brands Reach and Influence Fans Through Social Media
Marketing. URL: http://bit.ly/nQHLSI, abgerufen am: 28.09.2011.
8 Das Daimler-Blog (2011), URL: http://bit.ly/r5wFKO, abgerufen am: 28.09.2011.
9 ExactTarget (2011): The Social Break-Up. URL: http://bit.ly/mTuUYW, abgerufen am: 28.09.2011.
10 Facebook Ads Tool (2011): Anzahl der aktiven Nutzer von Facebook in Deutschland. URL:
http://bit.ly/q9eVNa, abgerufen am: 28.09.2011.
11 Facebook Ireland (2011): Richtlinien für Promotions, URL: http://on.fb.me/qdO1vU, abgerufen am:
28.09.2011.
12 Fink, S./Zerfaß, A./Linke, A. (2011): Social Media Governance 2011, URL: http://bit.ly/pIaMEk,
abgerufen am: 28.09.2011.
13 Fittkau & Maaß Consulting (2011): An Facebook führt kein Weg mehr vorbei, URL:
http://bit.ly/q9OQcm, abgerufen am: 28.09.2011.
Braucht jede Marke eine Facebook-Fanpage? 63

14 Fittkau & Maaß Consulting (2011): Warum Internet-Nutzer zu „Fans“ werden, URL:
http://bit.ly/qWlP6O, abgerufen am: 28.09.2011.
15 Forrester Research Inc. (2009): What’s The Social Technographics Profile Of Your Customers? URL:
http://bit.ly/oLME52, abgerufen am: 28.09.2011.
16 Forrester Research Inc. (2010): Social Technographics: Conversationalists get onto the ladder, URL:
http://bit.ly/mZBNh1, abgerufen am: 28.09.2011.
17 Geißler, C. (2010): Was sind … Social Media? Harvard Business Manager, 09/10.
18 Goldstein, S. (2009): The cautionary tales of Social Media, URL: http://slidesha.re/qbK0Mu, ab-
gerufen am: 28.09.2011.
19 IBM (2011): From Social Media to Social CRM, URL: http://bit.ly/o6TpMO, abgerufen am:
28.09.2011.
20 Initiative D21/TNS Infratest (2011): (N)Onliner Atlas 2011, URL: http://bit.ly/oR0taA; abgerufen am:
28.09.2011.
21 Ketchum Pleon/tns emnid (2011): Verbraucher fürchten um den Schutz ihrer Privatsphäre im Inter-
net, URL: http://bit.ly/pxcofL, abgerufen am: 11.10.2011.
22 Lufthansa (2011): Facebook Fanpage, URL: http://on.fb.me/pOqow8, abgerufen am 28.09.2011.
23 MEEDIA (2011): Top 20 soziale Netzwerke in Deutschland im Juni 2011 nach Unique Visitors, URL:
http://bit.ly/mXQLNe, abgerufen am: 28.09.2011.
24 Oetting, M. (2010): Eine kurze Anmerkung zu Facebook und Markenwebsites, URL:
http://bit.ly/qPBJFP, abgerufen am: 28.09.2011.
25 Oetting, M. (2011): „Willkommen im Rattenkäfig“: der Wandel in der Medien- und Marketingwelt,
URL: http://bit.ly/oOFcEv, abgerufen am: 28.09.2011.
26 SAS/Batten & Company (2011): Connected Intelligence im Web 2.0, URL: http://bit.ly/pUCcrN,
abgerufen am: 28.09.2011.
27 Schmidt, H. (2011): 70 Prozent der Unternehmen nutzen Social Media, URL: http://bit.ly/pGZY3r;
abgerufen am: 28.09.2011.
28 Socialbakers (2011): The world’s most engaging Fanpages, URL: http://bit.ly/mSjc8e, abgerufen am:
28.09.2011.
29 Specht, T. (2011): Tschüss Social Media, es ist vorbei! The Passion Haz Gone, URL:
http://bit.ly/qJSSoC, abgerufen am: 28.09.2011.
30 The Nielsen Company (2009): Global Advertising. Consumers Trust Real Friends and Virtual
Strangers the Most, URL: http://bit.ly/p6JfqX, abgerufen am: 28.09.2011.
31 The Nielsen Company and Facebook Inc. (2010): The Value of Social Media Ad Impressions, URL:
http://bit.ly/nNAegB, abgerufen am: 28.09.2011.
32 Tißler, J. (2011): F-Commerce: „Facebook löst Amazon in fünf Jahren ab.“, URL:
http://bit.ly/rnnT2L, abgerufen am: 28.09.2011.
33 ULD (2011): Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz. Facebook-Reichweitenanalyse abschal-
ten, URL: http://bit.ly/pqKRwD, abgerufen am: 19.08.2011.
34 Wiederkehr, T. (2010): Social Media. Betrachtungsweisen des Return on Investment (ROI), URL:
http://bit.ly/qRn5Dq, abgerufen am: 28.09.2011.
35 Wiewer, V./Anweiler, R. (2010): Der Europäische Social Media und E-Mail Monitor, Ergebnisse
Deutschland, URL: http://bit.ly/q9Cu5v, abgerufen am: 28.09.2011.
36 Wollny, B. (2011): Facebook-Nutzer gezielt erreichen, URL: http://bit.ly/qlpslQ, abgerufen am:
28.09.2011.
37 Zucker.Kommunikation, pilot, buddybrand (2011): Trendreport Juli 2011. Facebook, Marken & TV
in Deutschland, URL: http://slidesha.re/ocp0OJ, abgerufen am: 28.09.2011.
Rechtliche Rahmenbedingungen
der Markenführung in sozialen Medien
5
und Netzwerken
Florian Geyer

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 66
2 Empfehlungsmarketing in sozialen Medien und Netzwerken............................................ 67
2.1 Begriffsbestimmung und allgemeine Grundsätze ................................................. 67
2.2 Virales Marketing....................................................................................................... 68
2.3 Empfehlungsmarketing über „Gefällt mir“-Button
auf Facebook-Partnerseiten ...................................................................................... 70
2.4 Unwahre Behauptungen in sozialen Netzwerken ................................................. 72
3 Ausgewählte Probleme der Markenführung in sozialen Netzwerken ............................... 73
3.1 Haftung für verlinkte Inhalte auf YouTube, Facebook und Twitter .................. 73
3.2 Impressumspflicht für geschäftliche Accounts in sozialen Netzwerken............ 75
3.3 Suchmaschinenoptimierung bei Facebook............................................................. 76
3.4 Direktmarketing in sozialen Netzwerken ............................................................... 76
4 Ausblick....................................................................................................................................... 79
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 79

_______________________
Florian Geyer ()
c/o Heuking Kühn Lüer Wojtek, Grüneburgweg 102, 60323 Frankfurt/Main, Deutschland
e-mail: f.geyer@heuking.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 65


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_5, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
66 Florian Geyer

„You Ain’t Seen Nothing Yet: Die Markenführung in sozialen Netzwerken steckt noch in den Kinder-
schuhen. Dies gilt auch für die Rechtsprechung zu den daran anknüpfenden rechtlichen Fragen.“
Florian Geyer

1 Einleitung

Soziale Medien zeichnet aus, dass darin nicht wie bei klassischen Internetangeboten der
Seitenbetreiber die Inhalte vorgibt. Inhalte können vielmehr von jedem Nutzer unmit-
telbar eingestellt werden („User Generated Content“). Diese demokratische Form des
Internets bietet große Chancen für die Markenführung. Verbraucher vertrauen nämlich
Aussagen in Werbespots oder Anzeigenwerbung in der Regel weit weniger als Empfeh-
lungen von Bekannten oder sogar anonymen Verbraucherbewertungen im Internet. Im
Rahmen einer weltweit durchgeführten Nielsen-Studie wurden Internetuser zu ihrem
Vertrauen in unterschiedliche Werbeformen befragt. Danach vertrauen in Deutschland
knapp 90 % der Internetnutzer Empfehlungen von Bekannten. Hingegen orientiert sich
nur knapp die Hälfte der Befragten an in klassischen Medien wie Print oder TV ge-
machten Aussagen (vgl. [5]). Diese Ergebnisse zeigen, dass die Markenführung über
soziale Netzwerke heute unerlässlich ist, wenn das Potenzial des sog. „Word-of-Mouth“-
(„WoM“)-Marketings nicht ungenutzt bleiben soll. Die Nutzungsmöglichkeiten sozialer
Medien für Unternehmen zum Zwecke der Markenführung sind vielfältig, ebenso wie
die sich dabei stellenden rechtlichen Probleme. Dieser Beitrag zeigt aktuelle Entwick-
lungen und Tendenzen der Rechtsprechung im Bereich der sozialen Medien auf, um
Hilfestellung dabei zu geben, etwaige juristische Probleme zu erkennen und ggf. zu
vermeiden.
Im ersten Teil werden die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Empfehlungsmar-
keting in sozialen Medien und Netzwerken aufgezeigt. Einen Schwerpunkt bildet dabei
das sog. virale Marketing, eine Werbeform, die es unter Nutzung sozialer Medien ermög-
licht, mit einem vergleichsweise kleinen Budget erhebliche Aufmerksamkeitswerte zu
erzielen. Weitere Abschnitte befassen sich mit der Frage der rechtlichen Zulässigkeit des
„Gefällt mir“-Buttons von Facebook, die Gegenstand eines ersten Gerichtsverfahrens
war, sowie mit den möglichen rechtlichen Sanktionen bei rechtswidrigen Äußerungen
im Rahmen sozialer Netzwerke. Im zweiten Teil kommen einige ausgewählte Problem-
kreise der Markenführung im Internet zur Sprache, nämlich die Haftung für verlinkte
Inhalte bei YouTube, Facebook oder Twitter, die Impressumspflichten für geschäftliche
Accounts in sozialen Netzwerken, die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zur Suchma-
schinenoptimierung und die Rahmenbedingungen für Direktmarketingmaßnahmen
über soziale Netzwerke.
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 67

2 Empfehlungsmarketing in sozialen Medien und Netzwerken

Während das WoM-Marketing bis vor kurzem über herkömmliche Web-2.0-Angebote,


wie Blogs oder Diskussionsforen, stattfand, genügt nunmehr das „Liken“ (dieser Begriff
ist von der Bezeichnung „Like-it“ abgeleitet, wie der sog. „Gefällt mir“-Button in der
US-Version der Sozialen-Netzwerk-Seite Facebook heißt) eines Produktes oder einer
Unternehmensseite, um eine für das jeweilige soziale Netzwerk des likenden Users
sichtbare Empfehlung auszusprechen. Nachfolgend soll näher beleuchtet werden, welche
rechtlichen Probleme das Empfehlungsmarketing in bzw. über soziale Medien und Netz-
werke mit sich bringt.

2.1 Begriffsbestimmung und allgemeine Grundsätze

Unter „Markenführung“ versteht man den Überbegriff für alle Strategien, die notwendig
sind, damit eine Marke die richtige Position am Markt findet und diese dauerhaft
durchsetzen kann (vgl. [4]). Es geht also um die nachhaltige Etablierung eines bestimm-
ten Markenbildes. Unternehmenskommunikation, die dazu dient, dieses Image aufzu-
bauen (sog. „Imagewerbung“), ist ebenso wie Werbung, die konkrete Waren- bzw.
Dienstleistungsangebote zum Gegenstand hat, nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben
zu beurteilen (vgl. [12]). Wenn nachfolgend von „Werbung“, „Werbemaßnahmen“ oder
„kommerzieller Kommunikation“ die Rede ist, schließt dies daher auch die unterneh-
mensbezogene Imagewerbung ein.
Allgemein gilt der Grundsatz, dass Angaben über ein Produkt oder Unternehmen
weder unwahr noch irreführend sein dürfen. Daneben gibt es eine Reihe von speziellen
Vorschriften, die ein bestimmtes Marktverhalten als wettbewerbswidrig untersagen.
Verstöße lösen gerichtlich durchsetzbare Unterlassungsansprüche sowie beim Hinzu-
treten weiterer Umstände Schadensersatz- oder Gewinnabschöpfungsansprüche aus. Die
Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wird durch Wettbewerber, Interessenver-
bände oder Verbraucherschutzorganisationen sichergestellt, denen jeweils ein Klage-
recht zusteht.
Ausdrücklich untersagt ist etwa die Verschleierung von Werbemaßnahmen. Es stellt
sowohl einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht als auch gegen das Telemedienge-
setz dar, eine von einem Unternehmen veranlasste kommerzielle Kommunikation nicht
als solche zu kennzeichnen. Dies gilt sowohl für die analoge Welt als auch für das Inter-
net. Werbung muss nach den gesetzlichen Bestimmungen stets klar als solche erkennbar
sein und zudem vom übrigen (redaktionellen) Angebot einer Internetseite getrennt
werden.
68 Florian Geyer

2.2 Virales Marketing

Eine Sonderform der getarnten Werbung stellt das sog. virale Marketing dar. Hierbei
handelt es sich um eine Art des Marketings, bei dem sich eine Werbebotschaft unter den
Werbeadressaten wie ein Virus (also „viral“) verbreiten soll. Tatsächliche Voraussetzung
einer viralen Verbreitung ist, dass der Inhalt einer Botschaft so interessant oder amüsant
ist, dass er von ihrem Empfänger aus eigenem Antrieb weiterverbreitet wird. Anders als
bei konventioneller Werbung, die dem Sender-Empfänger-Prinzip folgt, wird beim vira-
len Marketing eine ursprünglich vom Werbenden (Sender) in Umlauf gebrachte Wer-
bung von Empfänger zu Empfänger weitergegeben. Oft ist bei dieser Art der Werbung
der Werbecharakter nicht zu erkennen, jedenfalls nicht unmittelbar.

2.2.1 Virale Werbespots


Eine der häufigsten Formen des viralen Marketings sind Werbespots, die auch als „Vi-
rals“ bezeichnet werden. Ein aktuelles Beispiel für ein erfolgreiches Viral ist der Werbe-
spot der dänischen Brauerei Carlsberg, der seit Ende September 2011 eine rasante
Verbreitung über die Videoplattform YouTube (vgl. [6]) gefunden hat. Der Spot wurde
in nur sieben Tagen über 3 Mio. Mal aufgerufen (vgl. [6], Videostatistik). Eine derart
rasche Verbreitung in nur relativ kurzer Zeit kann nur dadurch erreicht werden, dass
viele Nutzer den Link zu dem Spot innerhalb ihres jeweiligen sozialen Umfelds (Netz-
werks) weiterleiten, weil ihnen der Spot gefällt.
In dem Spot zu sehen ist ein bis auf zwei Plätze mit tätowierten, finster dreinschauen-
den Rockern besetzter Kinosaal. Nach und nach betreten Pärchen den Saal und machen
meist eingeschüchtert auf dem Absatz kehrt. Nur einige Mutige setzen sich auf die in der
Mitte des Saals gelegenen freien Plätze. Dann passiert das Unerwartete: Ein Spotlight
geht an, Applaus brandet auf und Bierflaschen werden den verdutzten Paaren angeboten.
Auf der Leinwand erscheint zeitgleich der Slogan „That calls for a Carlsberg“. Erst in
diesem Moment wird dem Betrachter klar, dass es sich nicht etwa um ein Privatvideo,
sondern um einen Werbespot handelt.

Kennzeichnungsgebot für Werbung


Aus rechtlicher Sicht sind virale Werbespots nicht unproblematisch. Ist für den durch-
schnittlichen User nicht bereits anhand der Gestaltung des Videos erkennbar, dass es
sich um kommerzielle Kommunikation eines Unternehmens handelt, bedarf es grund-
sätzlich einer eindeutigen Kennzeichnung. Im Falle des Carlsberg-Spots besteht jedoch
die Besonderheit, dass das beworbene Produkt erst dann in Erscheinung tritt, als zeit-
gleich klar ist, dass es sich um ein Video handelt, das Werbezwecken dient. Zeitgleich
mit der Einblendung der Marke Carlsberg wird deutlich, dass hier ein Produkt der Brau-
erei beworben wird. Dennoch wird man wohl annehmen müssen, dass ein Verstoß gegen
das Verbot der getarnten Werbung vorliegt. Grund hierfür ist, dass erst die Schlussse-
quenz den Spot insgesamt als Werbung qualifiziert. Auf diesen kommerziellen Charakter
müsste bereits am Anfang des Spots hingewiesen werden. Die rechtliche Verpflichtung
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 69

zum Hinweis auf den kommerziellen Charakter einer Kommunikation soll es dem
Verbraucher nämlich ermöglichen, sich auf deren werbenden Charakter einzustellen.
Der Verbraucher wird entsprechend gekennzeichneter Kommunikation sodann mit der
gebotenen Skepsis gegenübertreten. Darüber hinaus kann er sich auch entscheiden, sich
dieser überhaupt nicht auszusetzen. Diese Möglichkeit wird dem Verbraucher genom-
men, wenn kein anfänglicher Hinweis erfolgt. Daher dürfte der Carlsberg-Spot nicht mit
dem deutschen Wettbewerbsrecht vereinbar sein. Allerdings müsste Carlsberg nur dann
fürchten, nach deutschem Recht in Anspruch genommen zu werden, wenn sich der Spot
erkennbar an inländische Verkehrskreise richtet. Da hier ein dänisches Unternehmen in
englischer Sprache wirbt, ist dies wohl zu verneinen. Diese Frage wäre anders zu beurtei-
len, wenn ein deutsches Unternehmen werben würde oder der Spot in deutscher Sprache
abgefasst wäre.

Ausnahme: „Virals“ auf der Internet- oder Facebook-Seite des Unternehmens


Einer Kennzeichnung bedarf es hingegen nicht, wenn der Spot auf der Internetseite des
Unternehmens abrufbar ist (vgl. [23]). In diesem Fall ist nämlich klar, dass es sich um ein
(kommerzielles) Angebot des Werbenden handelt. Entsprechendes gilt wohl auch für die
Facebook-Seiten eines Unternehmens.
Einen Sonderfall stellt die Konstellation dar, dass ein nicht als Werbung erkennbarer
Spot, der auf der Internet- oder der Facebook-Seite eines Unternehmens bereitgehalten
wird, von Usern in Umlauf gebracht wird. Dieses Szenario ist aber nur dann nach deut-
schem Recht zu beurteilen, wenn sich die betreffende Internetseite (jedenfalls auch) an
den deutschen Verkehr richtet. Handelt es sich hingegen um eine internationale Seite,
die nicht in Deutsch zu Verfügung steht und auch keine sonstigen Anhaltspunkte dafür
gibt, dass sich die Seite an den deutschen Verkehr richtet, wäre deutsches Recht nicht
maßgeblich. In Betracht käme jedoch unter Umständen eine Haftung nach dem Recht
eines anderen Staates. Nach deutschem Recht wird man eine Verantwortung des Unter-
nehmens jedenfalls dann ausschließen können, wenn die Weiterleitung nicht mit dessen
Willen erfolgt. Legt es das Unternehmen hingegen gerade darauf an, dass der Spot ver-
breitet wird, indem es etwa die Besucher seiner Seiten hierzu ausdrücklich auffordert
oder gar die entsprechenden technischen Möglichkeiten hierfür bereithält, wird man
verlangen müssen, dass eine ausreichende Kennzeichnung als Werbung erfolgt.

Haftung auch bei nicht autorisierter Weiterverbreitung


Aber auch wenn ein Unternehmen die Weiterverbreitung eines viralen Spots nach-
weislich nicht wünscht und diese sogar einem Dritten untersagt hat, der im Besitz des
entsprechenden Spots ist, kann eine Haftung nicht von vornherein ausgeschlossen wer-
den. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf eine Haftung für Verstöße gegen das angespro-
chene Kennzeichnungsgebot, sondern auch für sonstige rechtswidrige Inhalte. So hat
das LG Köln die Verantwortung eines Unternehmens für die ohne dessen Veranlassung
erfolgte Verbreitung eines viralen Werbespots bejaht (vgl. [15]). In diesem Fall ging es
um die Verbreitung eines wettbewerbswidrigen Werbespots für ein Navigationssystem
70 Florian Geyer

über die YouTube-Plattform. Der Spot war zwar vom Hersteller bei einer Agentur in
Auftrag gegeben, jedoch sodann nicht angenommen worden. Obwohl der Hersteller der
Agentur die Verbreitung des Spots ausdrücklich untersagt hatte, kam das Gericht zu
dem Ergebnis, dass dieser hierfür haftet. Er wäre nämlich verpflichtet gewesen, alles zu
tun, was erforderlich und zumutbar war, um die Ausstrahlung der Werbespots wirksam
zu unterbinden. Dazu gehört laut dem Gericht auch die Einwirkung auf Dritte (etwa auf
YouTube).

▶ Praxishinweis: Kommerzielle Kommunikation eines Unternehmens muss als solche erkenn-


bar sein. Bei sog. „Virals“ ist bereits am Anfang des Spots auf den kommerziellen Charakter
hinzuweisen, es sei denn, der Spot ist auf der Internet- oder Facebook-Seite des Unterneh-
mens abrufbar. Allerdings sind dann geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine ungewollte
Weiterleitung des Virals zu vermeiden. Deutsches Recht findet nur dann Anwendung, wenn
sich ein Viral erkennbar auch an inländische Verkehrskreise richtet.

2.2.2 Bezahltes Bloggen rechtswidrig


Eine weitere Variante des viralen Marketings ist die Einschaltung bezahlter „Blogger“ zu
Werbezwecken. Obwohl diese Praxis einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht dar-
stellt, ist sie gleichwohl weit verbreitet. Es gibt zahlreiche Agenturen, die ihre Dienste
hierfür anbieten (vgl. [20]). Verträge zwischen einer Agentur und einem Werbetreiben-
den, die darauf gerichtet sind, dass die Agentur getarnte Werbebotschaften postet, dürf-
ten unwirksam sein. Verträge, die ein wettbewerbswidriges Verhalten bezwecken, wer-
den von der Rechtsprechung zumeist als rechtswidrig eingestuft. Dies gilt jedenfalls
dann, wenn die vertragliche Verpflichtung selbst den Gesetzesverstoß zum Gegenstand
hat (vgl. [1]). Dies dürfte bei Verträgen über getarntes Bloggen für ein Unternehmen in
der Regel der Fall sein. Ungeachtet dessen hat das OLG Köln im Jahr 2010 einen Vertrag,
der die Schleichwerbung in Blogs und Foren zum Gegenstand hatte, als wirksam angese-
hen bzw. die Frage der Wirksamkeit gar nicht erst erörtert, obwohl die Parteien des ge-
nannten Verfahrens vereinbart hatten, dass die beauftragte Agentur den Werbecharakter
der Blogeinträge möglichst verschleiern sollte (vgl. [17]).

▶ Praxishinweis: Verträge, die vorsehen, dass die beauftragte Agentur den Werbecharakter
von im Auftrag des Vertragspartners verfassten Blogeinträgen möglichst verschleiern soll,
sind i. d. R. unwirksam.

2.3 Empfehlungsmarketing über „Gefällt mir“-Button


auf Facebook-Partnerseiten

Eine neue und sehr effektive Form des Empfehlungsmarketings stellt der „Gefällt mir“-
Button dar, den die Soziale-Netzwerk-Seite Facebook zur Installation auf Internetseiten
Dritter zur Verfügung stellt. Das Kammergericht Berlin hatte kürzlich darüber zu befin-
den, ob die Installation des Facebook-„Gefällt mir“-Buttons mit zugehörigem Programm
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 71

auf der Internetseite eines Online-Händlers als wettbewerbswidrig zu untersagen ist.


Hierbei handelt es sich – soweit ersichtlich – um die erste obergerichtliche Entscheidung,
die sich mit der Zulässigkeit dieser für die Integrierung fremder Inhalte über Facebook
zentralen Funktion befasst hat.

2.3.1 Funktionsweise des Buttons


Die Installation des Buttons bewirkt einen ständigen Datenaustausch zwischen der Part-
nerseite und dem Server von Facebook in den USA. Facebook selbst stellt diesen Mecha-
nismus in seinen Nutzungsbedingungen wie folgt dar:

„Wenn du eine Partnerseite aufsuchst, sieht Facebook das Datum und die Uhrzeit deines Besuchs, die
Webseite, auf der du dich befindest (URL), sowie weitere technische Informationen über die IP-Adresse,
den Browser und das von dir verwendete Betriebssystem. Dies sind branchenübliche Daten, mit denen
wir dein Erlebnis optimieren können, je nachdem, welchen Browser du verwendest und ob du bei Face-
book angemeldet bist oder nicht. Wenn du bei Facebook angemeldet bist, sehen wir auch deine Nutzer-
Kennnummer. Wir benötigen diese Kennnummer, um dir den richtigen sozialen Kontext bzw. das rich-
tige soziale Umfeld auf der Webseite zu zeigen. Beispiel: Wenn du eine Partnerseite besuchst, müssen wir
wissen, wer du bist, um dir zu zeigen, was deinen Freunden gefallen hat oder was sie empfohlen haben.“

Diese Praxis wäre nach den anwendbaren datenschutzrechtlichen Bestimmungen nur


dann zulässig, wenn der User zu Beginn des Nutzungsvorgangs umfassend hierüber in-
formiert werden würde. Dies war in dem durch das Kammergericht entschiedenen Fall
nicht geschehen.

2.3.2 Entscheidung des Kammergerichts


Der Unterlassungsklage eines Mitbewerbers gegen die Benutzung des Buttons hat das
Kammergericht trotz Vorliegen eines Verstoßes gegen das Datenschutzrecht nicht statt-
gegeben. Der Grund hierfür liegt in einer Besonderheit des Wettbewerbsrechts. Danach
ist nicht jeder Gesetzesverstoß sanktionierbar, sondern nur Verstöße gegen Vorschriften,
die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Zu berücksichtigen sind dabei auch Verbraucherinteressen, etwa am Schutz der Privat-
sphäre vor unerwünschter Werbung. Auch wenn die in Rede stehenden datenschutz-
rechtlichen Vorschriften insoweit eine Schutzfunktion aufweisen, meinten die Richter,
dass Verbraucherbelange nicht berührt wären. Facebook-Mitglieder, die während ihres
Besuchs auf der Internetseite des beklagten Online-Händlers bei Facebook angemeldet
seien, würden dadurch dem mit dem „Gefällt mir“-Button verbundenen Programm den
Wunsch und die Bereitschaft zu erkennen geben, dass Facebook ihnen den „richtigen
sozialen Kontext bzw. das richtige soziale Umfeld“, d. h. Nachrichten und Empfehlungen
von „Freunden“, anzeigt. Somit könne nicht von einer „unzumutbaren Belästigung“
durch Werbung gesprochen werden. Dies gelte erst recht für Facebook-Mitglieder, die
während ihres Besuchs auf der fraglichen Internetseite bei Facebook angemeldet sind,
den „Gefällt mir“-Button betätigen und infolgedessen weitere Werbung des Händlers
erhalten. Zwar stehen Mitbewerbern nach dem Kammergericht keine Unterlassungsan-
sprüche bei Benutzung des „Gefällt mir“-Buttons auf der Seite eines Unternehmens ge-
72 Florian Geyer

gen dieses zu. Allerdings ließen die Richter die Frage unbeantwortet, inwieweit Verbrau-
cher Ansprüche geltend machen könnten.

▶ Praxishinweis: Für die Praxis bedeutet die Entscheidung des Kammergericht Berlin, dass
Betreiber von Internetseiten bei der Installation von Plug-ins sozialer Netzwerke wie des
„Gefällt mir“-Buttons von Facebook den datenschutzrechtlichen Informationspflichten des
Telemediengesetzes Rechnung tragen müssen. Ein Verstoß gegen diese gesetzlichen Be-
stimmungen stellt zumindest eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet
werden kann.

2.4 Unwahre Behauptungen in sozialen Netzwerken

Vermutlich ist der Grund dafür, weshalb vermeintlichen Verbraucherempfehlungen ein


großer Vertrauensvorschuss entgegengebracht wird, dass diesen wegen der unmittelba-
ren Beteiligung der Internetnutzer eine hohe Authentizität zugesprochen wird. Aller-
dings wird dabei gerne übersehen, dass Verbraucherempfehlungen in Internetforen
keiner redaktionellen Kontrolle unterliegen. Folglich können dort alle Nutzer mehr oder
weniger ungefiltert Aussagen, Meinungen oder sonstige Inhalte veröffentlichen. Beispie-
le hierfür sind Blogs, Diskussions- bzw. Videoportale wie „YouTube“ und Soziale-Netz-
werk-Seiten wie Facebook, LinkedIn oder Google+. Dieser ungefilterte öffentliche Dis-
kurs mit den Kunden im Internet birgt für Unternehmen das Risiko unliebsamer
Äußerungen über das Unternehmen oder dessen Produkte. Ob eine Äußerung hinzu-
nehmen ist oder nicht, richtet sich auch in sozialen Netzwerken nach den allgemeinen
Gesetzen. Wesentlich ist dabei die Unterscheidung zwischen Werturteilen (Meinungs-
äußerungen) und Tatsachenbehauptungen. In der Praxis ist die Abgrenzung häufig
schwierig. Entscheidendes Kriterium ist, ob eine Äußerung dem Beweis zugänglich ist.
Dann liegt nämlich eine Tatsachenbehauptung vor, andernfalls handelt es sich um ein
Werturteil.
Werturteile im Internet stehen grundsätzlich unter dem Schutz der Meinungsfreiheit.
Dies hat zur Folge, dass die kritische Befassung mit einem Produkt oder Unternehmen –
etwa im Rahmen eines Blogs oder durch Kommentare auf der Facebook-Seite eines Un-
ternehmens – rechtlich an sich nicht sanktionierbar ist. Die Grenze des Zulässigen ist
jedoch dann überschritten, wenn sich die geäußerte Kritik lediglich als Schmähkritik
darstellt, deren Zweck es ist, den Betroffenen herabzuwürdigen. Meinungsäußerungen
müssen grundsätzlich nicht begründet werden. Werden jedoch im Zusammenhang mit
einer Meinungsäußerung tatsächliche Grundlagen für die geäußerte Auffassung genannt,
sind diese vollständig anzugeben (vgl. [9]). Unwahre Tatsachenbehauptungen sind
grundsätzlich als rechtswidrig einzustufen. Gegen rechtswidrige Äußerungen stehen dem
Betroffenen in erster Linie Unterlassungs- aber auch Beseitigungs- sowie Widerrufs- und
Gegendarstellungsansprüche zu. Diese richten sich einerseits gegen denjenigen, der die
Äußerung getätigt hat. Der Verletzte hat aber unter Umständen auch Ansprüche gegen
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 73

den Anbieter der rechtswidrigen Inhalte. Diese Ansprüche sind zwar gerichtlich durch-
setzbar. Faktisch stößt der gerichtliche Rechtsschutz jedoch gerade bei einer Verbreitung
rechtswidriger Äußerungen über soziale Netzwerke häufig an seine Grenzen. Weil In-
formationen über Twitter, Facebook & Co. innerhalb von Minuten oder Stunden tau-
sendfach weiterverbreitet werden können, lassen sich rechtswidrige Äußerungen de facto
häufig nicht mehr aus der Welt schaffen.
Besondere Bedeutung gewinnt in diesem Zusammenhang der medienrechtliche Ge-
gendarstellungsanspruch. Dieser gewährt dem von einer Tatsachenbehauptung Betroffe-
nen das Recht, über das gleiche Medium eine kostenfreie Gegendarstellung zu verbrei-
ten. Ein Nachweis, dass die behaupteten Tatsachen unzutreffend sind, ist dabei nicht
erforderlich. Ein Urteil des OLG Bremen vom Januar 2011 (vgl. [16]) hat den Anwen-
dungsbereich des Gegendarstellungsanspruchs auf gewerbliche Internetseiten erweitert,
soweit auf diesen regelmäßig Neuigkeiten oder sogar Pressemitteilungen veröffentlicht
werden (vgl. [26]). In dem zu entscheidenden Fall waren die gegenständlichen Behaup-
tungen auch über die Twitter-Plattform verbreitet worden. Leider hat sich das Gericht
nicht zu der Frage geäußert, ob der Gegendarstellungsanspruch auch insoweit greift. Es
dürfte aber nicht gerechtfertigt sein, eine Verbreitung von Behauptungen über Twitter
anderen Regeln zu unterstellen, wenn die oben genannten Voraussetzungen vorliegen.

▶ Praxishinweis: Bei unwahren Tatsachenbehauptungen stehen dem Betroffenen u. a. An-


sprüche auf Unterlassung und Gegendarstellung zu. Dies gilt auch für Behauptungen, die
über soziale Netzwerke verbreitet werden, etwa über Twitter. Ein kommerzieller Twitter-
Anbieter kann daher u. U. dazu verpflichtet sein, Gegendarstellungen zu twittern.

3 Ausgewählte Probleme der Markenführung


in sozialen Netzwerken

3.1 Haftung für verlinkte Inhalte auf YouTube, Facebook und Twitter

Ein Internetanbieter haftet für Inhalte Dritter, die er über sein Internetangebot verlinkt,
wenn er sich diese zu eigen macht. Die Haftung erstreckt sich u. a. auf jugendgefährden-
de, beleidigende oder persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte sowie auf falsche oder
irreführende Produktaussagen. Der Anbieter haftet demnach, als ob es sich um seine
eigenen Inhalte handelt. Dieser Grundsatz gilt auch für die Verlinkung von Inhalten im
Rahmen sozialer Netzwerke, wie YouTube, Facebook oder Twitter. Nachfolgend werden
die rechtlichen Risiken erörtert, die sich aus einigen der typischen Arten der Verwen-
dung von Links im Rahmen der Nutzung dieser Dienste ergeben.

3.1.1 Inline-Linking von YouTube-Videos


Inline-Links bewirken, dass die verbundenen Inhalte beim Öffnen einer Seite ohne weite-
res Zutun des Nutzers in die aufgerufene Seite integriert werden. So bietet z. B. YouTube
74 Florian Geyer

Dritten die Möglichkeit, Videos in ihre eigene Internetseite einzubetten. Diese Option
besteht bei allen Videos, für welche dies nicht explizit von dem jeweiligen Rechteinhaber
ausgeschlossen wurde. Vorsicht ist vor allem deshalb geboten, weil Schätzungen zufolge
(jedenfalls im Jahr 2008) zwischen 30 % und 70 % der bei YouTube angebotenen Videos
urheberrechtsverletzende Inhalte hatten (vgl. [18]). Vor dem Setzen eines solchen Links ist
es daher unerlässlich, sich abzusichern, dass die Quelle des verlinkten Videos zur Lizen-
zierung berechtig ist und dass das Video auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig ist.

3.1.2 Framing bei Facebook


Beim Framing wird die aufgerufene Seite in verschiedene Felder mit jeweils eigenen
Inhalten unterteilt, in denen andere Webinhalte als selbständige Dokumente angezeigt
werden (vgl. [25]). Facebook ermöglicht es beispielsweise den Inhabern von Facebook-
Seiten, auf diese Weise Inhalte anderer Webseiten in ihren Facebook-Auftritt zu integ-
rieren.1 Der Nutzer erkennt in diesen Fällen in der Regel gar nicht, dass ihm Drittinhalte
angezeigt werden. Unabhängig von den urheberrechtlichen Fragen (für die Integrierung
der Inhalte ist eine Lizenzierung erforderlich) liegt in dieser Praxis eine haftungsauslö-
sende Zueigenmachung.

3.1.3 Hyperlinks bei Twitter


Ein Hyperlink ist ein elektronischer Verweis, der in einen Hypertext eingebunden ist
und es ermöglicht, zu einem anderen im Internet aufrufbaren Dokument zu springen.
Die bisher zur Haftung bei der Verwendung von Hyperlinks ergangenen Entscheidun-
gen betrafen überwiegend die Betreiber eigener Internetseiten oder setzten sich mit der
Haftung von Forenbetreibern auseinander. Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz
einer Haftung bei Zueigenmachung der verlinkten Inhalte. Dieses Prinzip gilt nicht le-
diglich für „herkömmliche Internetangebote“, sondern – zumindest nach einer Ent-
scheidung des Landgerichts Frankfurt (vgl. [14]) – auch für Links, die über das soziale
Netzwerk Twitter verbreitet werden. Bei der Plattform Twitter.com handelt es sich be-
kanntlich um ein Informationsnetzwerk, welches in Echtzeit die neuesten Informationen
zu Themen über Streams liefert, denen interessierte Nutzer des Dienstes als „Follower“
folgen (vgl. [24]). Dies geschieht durch als „Tweets“ bezeichnete Kurznachrichten, die
maximal eine Länge von 140 Zeichen haben. Häufig werden über Twitter auch Hyper-
links verbreitet.

Bestätigende Kommentare haftungsbegründend


Die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt enthält keine ausführliche Begründung,
weil sie in einem einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen ist. Offensichtlich ist das
Gericht aber der Argumentation der Antragstellerin gefolgt, wonach die Weiterleitung
eines Links auf einen rechtswidrigen Foreneintrag mit der Anmerkung „sehr interessant“

1
Einzelheiten zu der sog. iFrame-Einbindung auf Facebook sind in den Facebook-Guidelines aufrufbar
(vgl. 8).
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 75

ausreiche, um ein Zueigenmachen anzunehmen (vgl. [19]). Auch wenn in einem Tweet
gemachte begleitende Kommentare ein durchaus brauchbares Differenzierungskriterium
darstellen, bestehen gewisse Zweifel, ob die Anmerkung „sehr interessant“ tatsächlich
den Schluss rechtfertigt, dass sich der Twitternde den verlinkten Inhalt zu eigen macht.
Die weitere Entwicklung des Fallrechts bleibt daher abzuwarten.

▶ Praxishinweis: Eine Verantwortlichkeit dürften jedenfalls bei ausdrücklich bestätigenden


Kommentaren des Twitternden (z. B.: „X bringt es auf den Punkt: [URL]“) anzunehmen
sein. In diesem Fall dürfte auch bei der Weiterleitung von Tweets (sog. „Retweets“) eine
Haftung des Retweeters für die weitergeleiteten Inhalte gegeben sein.

Strenge Prüfpflichten bei geschäftlichen Tweets


Die Verantwortung für einen Link kann sich im Bereich des geschäftlichen Verkehrs
(also bei Tweets eines Unternehmens) unabhängig von den vorstehenden Grundsätzen
auch aufgrund der sog. „wettbewerbsrechtlichen Störerhaftung“ ergeben. Eine Haftung
besteht, wenn der Verlinkende zumutbare Prüfpflichten verletzt hat. Der Inhalt dieser
Pflicht richtet sich insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der Hyper-
link verwendet wurde, dem Zweck des Hyperlinks sowie danach, welche Kenntnis der
Anbieter von Umständen hat, die auf einen wettbewerbswidrigen Inhalt der verlinkten
Seite hindeuten, und welche Möglichkeiten er hat, den Wettbewerbsverstoß in zumutba-
rer Weise zu erkennen (vgl. [9]). Der Bundesgerichtshof hat die Linkhaftung kürzlich im
Interesse der Presse- und Meinungsfreiheit eingeschränkt, soweit es um im Internet
veröffentlichte Beiträge geht. Eine Haftung soll demnach nicht bestehen, wenn die in
einem Beitrag gemachten Angaben durch Links belegt oder durch zusätzliche Informati-
onen ergänzt werden sollen (vgl. [3]).

▶ Praxishinweis: Die Kontrollpflichten in Bezug auf verlinkte Inhalte sind im Interesse der
Meinungsfreiheit auf offensichtliche Rechtsverstöße zu begrenzen. Im Einzelfall ist sorgfäl-
tig zu prüfen, ob der Schutz der Pressefreiheit je nach Ausgestaltung des Webdienstes greift.
Aufgrund der bestehenden Platzbeschränkungen von Tweets ist es unwahrscheinlich, dass
das Presseprivileg für diese Anwendung findet.

3.2 Impressumspflicht für geschäftliche Accounts


in sozialen Netzwerken

Neben der Haftungsfrage für Inhalte stellt sich für Unternehmen die weitere praktische
Frage, ob eine Impressumspflicht wie bei Internetseiten greift und wie diese ggf. zu erfül-
len ist. Da die Nutzung eines eigenen geschäftlichen Accounts in sozialen Netzwerken als
Anbieten eines Telemediums zu qualifizieren ist, müssen grundsätzlich dieselben Infor-
mationspflichten greifen wie bei der Bereithaltung einer Unternehmensinternetseite. Die
Accountinhaber müssen daher eine Anbieterkennzeichnung bereithalten. Die Eingabe-
maske für Twitterprofile sieht zwar nicht ausdrücklich ein Feld für die Angabe eines
76 Florian Geyer

Impressums vor. Allerdings dürfte es ausreichend sein, wenn in dem mit „Web“ gekenn-
zeichneten Feld ein Link zur der Internetseite des verantwortlichen Unternehmens ein-
gegeben wird (die ein über maximal einen weiteren Klick erreichbares Impressum ent-
halten muss), oder – noch besser – ein Deep-Link unmittelbar auf die Impressumsseite.
Existiert keine eigene Unternehmensinternetseite, kann es eine Alternative darstellen, die
erforderlichen Angaben über das in den Profileinstellungen unter „Design“ zu ändernde
Hintergrundbild bei Twitter einzugeben (vgl. [13]).

▶ Praxishinweis: Für geschäftliche Accounts in sozialen Netzwerken gilt die Impressums-


pflicht. Eine Verlinkung mit der ein Impressum aufweisenden Internetseite des Accountin-
habers ist jedoch grundsätzlich ausreichend.

3.3 Suchmaschinenoptimierung bei Facebook

Einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey zufolge verwenden immer mehr


Nutzer soziale Netzwerke zur Informationssuche (vgl. [22]). Der Studie zufolge erhöhte
sich der Prozentsatz der User, die über soziale Netzwerke nach Informationen suchen
von 13 % im Jahr 2008 auf 33 % im Jahr 2010. Die klassischen Suchmaschinen hatten im
selben Zeitraum hingegen einen leichten Rückgang von 69 auf 66 % zu verzeichnen.
Auch wenn die Suche über soziale Netzwerke im Verhältnis zu den herkömmlichen
Suchmaschinen noch am Anfang steht, dürfte klar sein, dass es nur eine Frage kurzer
Zeit ist, bis die Suchanfragen über Facebook Suchdienste wie Google überholen, wenn es
um die Suche nach Produkten oder Erfahrungsberichten geht. Auch bei den Suchdiens-
ten sozialer Netzwerke ist es für Unternehmen von großer Bedeutung, in den Trefferlis-
ten möglichst weit vorne angezeigt zu werden. Um dies zu erreichen, gibt es verschiede-
ne Strategien. So kann zur Optimierung der Trefferanzeige auf der Facebook-Seite eines
Unternehmens suchmaschinenrelevanter Text eingegeben werden. Außerdem gibt es für
jede Facebook-Seite ein „Info-Tab“. Je nach der gewählten Kategorie stehen beim Erstel-
len der Seite verschiedene Felder zur Verfügung. Dort können u. a. Links zur eigenen
Internetseite, aber auch Keywords hinterlegt werden (vgl. [21]). Eine Methode der Tref-
feroptimierung ist die Benutzung der Unternehmenskennzeichen oder Marken von
Mitbewerbern. Allgemein gilt der Grundsatz, dass die Benutzung fremder Kennzeichen
unzulässig ist, wenn diese im Text einer Internetseite versteckt werden, um die Treffer-
anzeige zu manipulieren. Die Benutzung fremder Marken oder Kennzeichen im Textteil
einer Seite ist hingegen grundsätzlich zulässig.

3.4 Direktmarketing in sozialen Netzwerken

Soziale-Netzwerk-Seiten wie Facebook erlauben die zielgerichtete Ansprache bestimmter


Zielgruppen. Der Wirkungsgrad von Werbeanzeigen auf Facebook wird gegenüber her-
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 77

kömmlicher Werbung dadurch erheblich gesteigert, dass die von Facebook über seine
Nutzer gesammelten Informationen verwendet werden können, um eine Zielgruppe
anhand bestimmter Kriterien wie Alter, Geschlecht und Wohnort zu definieren. Der
Werbekunde von Facebook kann anhand solcher Selektionskriterien festlegen, wem eine
bestimmte Werbeanzeige angezeigt werden soll. Natürlich stellen Soziale-Netzwerk-
Seiten auch ein Instrument zum Zwecke des Direktmarketings dar. Je nach den techni-
schen Gegebenheiten des Netzwerks können über dieses Daten zur zielgerichteten An-
sprache inner- oder außerhalb der Plattform erhoben werden. Dabei sind jedoch das
Datenschutzrecht, das Wettbewerbsrecht und die Nutzungsbedingungen der Plattform
zu beachten.
Eine Möglichkeit der Ansprache ist die unmittelbare Benutzung der Kommunika-
tionsmöglichkeiten des sozialen Netzwerks. Die meisten Sozialen-Netzwerk-Seiten sehen
die direkte Kontaktaufnahme mit anderen Nutzern auf die eine oder andere Art und
Weise vor, wenn sich diese als Kontakt (XING), Freund/Fan (Facebook) oder als Follo-
wer (Twitter) registrieren. Der Versand von Werbung mittels „elektronischer Post“
(hierunter fällt der Versand unmittelbarer elektronischer Nachrichten innerhalb Sozia-
ler-Netzwerk-Seiten) steht jedoch grundsätzlich unter Zustimmungsvorbehalt. Die
kommerzielle Ansprache ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten
stellt eine „unzumutbare Belästigung“ dar und ist zu unterlassen. Im Streitfall hat der
Werbetreibende das Vorliegen einer wirksamen und ausreichenden Einwilligung zu
beweisen.

3.4.1 Voraussetzungen für wirksame Einwilligung


Grundsätzlich ist eine Erklärung ausreichend, in der die betroffene Person ausdrücklich
erklärt, Werbung erhalten zu wollen, sofern dies ohne Zwang, für den konkreten Fall
und in Kenntnis der Sachlage erfolgt. Insbesondere muss hinreichend klar sein, welche
Art und welchen Umfang die zu versendenden Nachrichten haben. „Ausdrücklich“ ist
zwar nicht im Wortsinne zu verstehen. Erforderlich ist jedoch stets, dass tatsächlich eine
Einwilligung vorliegt. Eine nur mutmaßliche Einwilligung, etwa weil die fragliche Wer-
bung im Interesse des Werbeempfängers sein könnte, genügt nicht.
In der Regel wird die Einwilligung im Online-Bereich (außerhalb sozialer Netzwerke)
dadurch eingeholt, dass der mögliche Werbeadressat aufgefordert wird, in einem On-
line-Formular ein Häkchen zu setzen, wenn er Werbung erhalten möchte („Opt-in“-
Erklärung)2. Diese Möglichkeit sehen soziale Netzwerkseiten in der Regel nicht vor. Im
Gegenteil ist in den Nutzungsbedingungen häufig vermerkt, dass die Versendung von
nicht genehmigter Werbekommunikation nicht gestattet ist (vgl. [7]).

2
Die sog. Opt-out-Variante, bei der ein bereits gesetztes Häkchen in einem Kästchen zu entfernen ist,
wenn keine Werbung gewünscht ist, ist im Hinblick auf den Versand elektronischer Post unzulässig
(vgl. [2]). Ein Werbetreibender, der sich lediglich auf eine im Wege eines Opt-out eingeholte Einwilli-
gung berufen kann, handelt daher rechtswidrig.
78 Florian Geyer

3.4.2 Einwilligung bei sozialen Netzwerken


Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Bestätigung eines Kontaktes auf
XING oder die Hinzufügung eines Freundes auf Facebook eine ausreichende Einwilli-
gung in den Erhalt kommerzieller Kommunikation des Gegenübers darstellt. Hier wird
wohl nach den Besonderheiten des Netzwerks zu differenzieren sein. Auf Grundlage des
oben Gesagten dürfte die bloße Hinzufügung als Kontakt oder Freund keine ausreichen-
de Einwilligung darstellen. Das gezielte Versenden von Werbenachrichten innerhalb des
Netzwerks wäre daher unzulässig. Hiervon unberührt sind die Statusmeldungen, die der
Accountinhaber über das Netzwerk verbreiten lässt. Anders verhält es sich möglicher-
weise bei Twitter, da dieser Dienst gerade darauf angelegt ist, Nachrichten von demjeni-
gen zu erhalten, dem man folgt. Handelt es sich bei dem Accountinhaber erkennbar um
einen geschäftsmäßigen Anbieter, muss der Follower damit rechnen, dass auch Werbung
übermittelt wird (vgl. [19]).

3.4.3 Ausnahme vom Zustimmungserfordernis


Unter bestimmten, gesetzlich geregelten Voraussetzungen ist eine Werbung gegenüber
Bestandskunden mittels elektronischer Post für eigene ähnliche Produkte oder Dienst-
leistungen auch ohne das Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung zulässig. Hierun-
ter dürfte auch die Versendung von Nachrichten über Facebook fallen. Die hierfür erfor-
derlichen Daten müssen jedoch im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren – etwa
über den Facebook-Shop des werbenden Unternehmens – erhoben worden sein und es
muss für ähnliche Waren oder Dienstleistungen geworben werden. Zudem darf der
Kunde der Verwendung nicht widersprochen haben. Außerdem ist erforderlich, dass der
Kunde auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen wurde und bei jeder Ansprache erneut
auf dieses hingewiesen wird. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, dürfte eine Zusen-
dung von Werbenachrichten über Facebook auch keinen Verstoß gegen die Facebook-
Nutzungsbedingungen darstellen, da die entsprechenden Nachrichten dann rechtlich
nicht als Spam zu qualifizieren sind. Allerdings sind bei der Versendung kommerzieller
Nachrichten über Facebook die medienrechtlichen Informationspflichten zu beachten,
was angesichts der bestehenden Beschränkungen hinsichtlich der Länge des Nachrich-
tentextes gewisse praktische Schwierigkeiten aufwirft.

▶ Praxishinweis: Die Frage, unter welchen Voraussetzungen innerhalb sozialer Netzwerke ver-
schickte Nachrichten als unzulässige Spam-Mails gelten, ist noch völlig offen. Dies gilt auch
für die Frage, welche Häufigkeit Nachrichten haben dürfen, wenn von einer grundsätzlichen
Einwilligung auszugehen ist. Grundsätzlich ist maßgeblich, was als sozial üblich anzusehen
ist. Die tägliche Versendung mehrerer Werbebotschaften wurde bisher – also in den Zeiten
vor Twitter, Facebook & Co. – als das übliche Maß übersteigend angesehen. Als unproble-
matisch wurde hingegen die Versendung von ein bis zwei Werbebotschaften pro Woche (!)
beurteilt. Inwieweit die Gerichte aufgrund des durch den Siegeszug sozialer Netzwerke
geänderten Nutzerverhaltens und der damit einhergehenden Informationsflut künftig einen
großzügigeren Maßstab anlegen werden, bleibt abzuwarten.
Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken 79

4 Ausblick

Bei der Markenführung in sozialen Medien und Netzwerken stellen sich vielfach rechtli-
che Fragen, die denen vergleichbar sind, die sich bei der Nutzung der Möglichkeiten des
„herkömmlichen“ Internets ergeben. Da die Rechtsprechung zu sozialen Netzwerken
aber noch in den Kinderschuhen steckt, sind viele für dieses Medium spezifische Fragen
noch nicht geklärt. Bis dahin ist im Einzelfall zu entscheiden, ob ein Rückgriff auf die im
Online-Recht entwickelten Prinzipien möglich ist oder aufgrund der Besonderheiten des
Mediums andere Maßstäbe anzulegen sind. Fest steht jedenfalls, dass dies – wie stets,
wenn Neuland betreten wird – spannende Zeiten sind. Die kreativen Köpfe der Kom-
munikations- und Rechtsbranche sind nun gefragt, um gemeinsam die noch im Einzel-
nen zu definierenden Grenzen auszuloten.

Literaturverzeichnis

1 BGH, Urteil vom 14.5.1998 – I ZR 10–96 (OLG München).


2 BGH, Urteil vom 16.7.2008 – VIII ZR 348/06 (OLG München) Payback.
3 BGH, Urteil vom 14.10.2010 – I ZR 191/08 (OLG München) AnyDVD.
4 Brainguide (2011): Definition Markenmanagement, URL: http://www.brainguide.de/
Markenmanagement/_c, abgerufen am: 14.12.2011.
5 BVDW (2011): Vertrauen in Werbung: Deutsche bringen persönlichen Empfehlungen und redaktio-
nellen Inhalten das größte Vertrauen entgegen, URL: http://bvdw.org/medien/vertrauen-in-
werbung-deutsche-bringen-persoenlichen-empfehlungen-und-redaktionellen-inhalten-das-groesste-
vertrauen-entgegen?media=1236, abgerufen am: 17.10.2011.
6 Carlsberg (2011): Carlsberg stunts with bikers in cinema http://youtu.be/RS3iB47nQ6E, abgerufen
am: 10.10.2011.
7 Facebook (2010): Facebook Nutzungsbedingungen, Ziffer 3.1, URL:
http://www.facebook.com/ad_guidelines.php;#!/legal/terms, abgerufen am: 06.12.2011.
8 Facebook (2011): Apps on Facebook.com, URL:
https://developers.facebook.com/docs/guides/canvas/, abgerufen am: 16.10.2011.
9 Hoeren, T./Sieber, U. (2011): Multimedia-Recht, Teil 11, Werbung im Internet, Rn 76 mwN.
10 Hoeren, T./Sieber, U. (2011): Multimedia-Recht, Teil 8, Persönlichkeitsschutz gegenüber Äußerun-
gen im Internet, Rn 28.
11 Köhler, H. (2011): UWG § 2 Rn. 50.
12 Köhler, H./Bornkamm, J. (2012): Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb,
30. Aufl., Verlag C. H. Beck München, UWG § 2 Rdn. 50.
13 Lapp, T. (2010): Twitter im geschäftlichen Umfeld, ITRB, 213.
14 LG Frankfurt/M., Beschluss vom 20.4.2010 – 3-08 O 46/10.
15 LG Köln, Urteil vom 29.05.2008 – 31 O 845-07, 31 O 845/07.
16 OLG Bremen, Urteil vom 14.1.2011 – 2 U 115/10 (LG Bremen).
17 OLG Köln, Urteil vom 23.7.2010 – 19 U 3/10 (LG Köln).
18 Ott, S. (2008): Haftung für embedded Videos von YouTube und anderen Videoplattformen im In-
ternet, ZUM, 556.
80 Florian Geyer

19 Rauschhofer H. (2010): Haftung für Links auf Twitter zu rechtswidrigen Inhalten, MMR-Aktuell,
302790, URL: http://www.rechtsanwalt.de//MMR-Aktuell_2010_302790_Haftung_fuer_Links_auf_
Twitter.pdf, abgerufen am: 20.12.2011.
20 Rötzer, F. (2006): Ausverkauf der Blogger-Seele?, URL: http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/
23/23016/1.html, abgerufen am: 16.10.2011.
21 Schäfer, G. (2011): Checkliste: Die Nutzung von Social Media für selbstständige Bilanzbuchhalter
und Controller, BC, 284, URL: http://beck-online.beck.de/default.aspx?vpath=
bibdata%5czeits%5cbc%5c2011%5ccont%5cbc.2011.284.1.htm&pos=10&hlwords=
facebook%u00d0suchmaschine#xhlhit, abgerufen am: 16.10.2011.
22 Schmidt, H. (2011): 30 Milliarden für Google, 780 Milliarden für die Welt – wie viel Suchmaschinen
wirklich wert sind, in: FAZ Blogs, URL: http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/
2011/09/14/30-milliarden-fuer-google-780-milliarden-fuer-die-welt-der-wert-der-
suchmaschinen.aspx, abgerufen am: 20.12.2011.
23 Spindler, G./Schuster F. (2011): Recht der elektronischen Medien, TMG § 6 Rn. 42.
24 Twitter (2011): About Twitter, URL: http://twitter.com/about, abgerufen am: 13.12.2011.
25 Wikipedia (2011): Artikel Inlineframe, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Inlineframe, abgerufen am:
16.10.2011.
26 Zoebisch, M. (2011): Der Anspruch auf Gegendarstellung, Unterlassung und Widerruf von Tatsa-
chenbehauptungen in Telemedien wie Internetseiten und Twitter-Meldungen – zugleich Anmerkung
zu OLG Bremen, Urteil vom 14. Januar 2011 – OLG Bremen 14. Januar 2011 Az.: 2 U 155/10.
Teil B
Erfolgsfaktoren im Social Branding
Wie Social Branding in der Praxis
erfolgreich eingesetzt werden kann
6
und Verbraucher das Marketing
von Unternehmen machen
Sven Markschläger, Eva Werle

Inhaltsverzeichnis

1 Social Branding in der Praxis................................................................................................... 84


1.1 Die Rolle sozialer Netzwerke .................................................................................... 84
1.2 Marke machen, Marke verteilen .............................................................................. 85
1.3 Wann Social Branding nutzen? ................................................................................ 85
2 Ein Beispiel aus der Praxis – Miss Jägermeister gesucht! .................................................... 86
2.1 Ein alter Hut in neuem Gewand – Jägermeister goes social ................................ 86
2.2 Das Kampagnen-Konzept ......................................................................................... 87
2.3 Das Kampagnen-Ergebnis......................................................................................... 88
2.4 Die Erfolgsfaktoren .................................................................................................... 89
3 Social Branding für ein soziales Netzwerk............................................................................. 91
3.1 Die schülerVZ KrawallTOUR – Ein besonderer Fall! .......................................... 91
3.2 Das Kampagnen-Konzept ......................................................................................... 92
3.3 Das Kampagnen-Ergebnis......................................................................................... 94
3.4 Die Erfolgsfaktoren .................................................................................................... 94
4 Aus der Praxis für die Praxis.................................................................................................... 95
4.1 Stolpersteine bei der Planung ................................................................................... 95
4.2 Tipps für erfolgreiches Social Branding.................................................................. 96
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 96

_______________________
Sven Markschläger ()
Prenzlauer Allee 33, 10405 Berlin, Deutschland
e-mail: markschlaeger@gmail.com
Eva Werle ()
Jablonskistraße 4, 10405 Berlin, Deutschland
e-mail: eva.werle@gmail.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 83


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_6, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
84 Sven Markschläger, Eva Werle

„Mach Marke. Mach mehr Marke. Mach, dass andere Menschen Deine Marke machen.“
Sven Markschläger

„Es wird nicht leicht, aber langfristig unabwendbar für die Unternehmen, ihre Marken ein Stück weit
mehr in die Hände der Verbraucher zu legen.“ Eva Werle

1 Social Branding in der Praxis

Obwohl sich immer mehr Unternehmen für Online-Kommunikation interessieren, scheint das Enga-
gement in sozialen Netzwerken entweder verschlafen oder als Präsenz-Pflicht verstanden zu werden.
Was Social Branding bringt, zeigt die Erfahrung aus der Praxis.

Social Branding ist eine Disziplin des Social-Media-Marketings, die sich die Wirkung
persönlicher Fürsprache zunutze macht. Es zielt darauf ab, die Marke bzw. positive Mar-
kenassoziationen durch Multiplikatoren in der Masse zu verbreiten.
Regelmäßig wird dabei auf Branding- und Werbemittel, aber auch auf Aktionen und
Kampagnen zurückgegriffen. Diese geben dem Konsumenten die Möglichkeit, seine
positive Hinwendung zur Marke zu demonstrieren. Die Social-Branding-Aktivitäten
sind so angelegt, dass sie es dem Konsumenten erlauben, sich unter Verwendung von
Markenbotschaften sozial zu erheben und sich selbst zu inszenieren.
Der Mitmach-Effekt verstärkt die emotionale Markenbindung. Hiervon zeugen regel-
mäßig die Kommentare, Bilder und Beiträge, die von den beteiligten Personen generiert
werden. Er löst zudem einen positiven Strahleffekt auf die Marke und andere Personen
im Netzwerk aus. Man geht davon aus, dass eine persönliche Empfehlung, z. B. durch
einen Freund, eine höhere Glaubwürdigkeit besitzt als die bloße Werbebotschaft eines
Unternehmens.

1.1 Die Rolle sozialer Netzwerke

Für den Erfolg einer Social-Branding-Maßnahme spielen soziale Netzwerke eine beson-
dere Rolle: Soziale Netzwerke sind darauf ausgelegt, soziale, virale und interaktive Effekte
zu schüren. Die Nutzer werden über einfache technische Anwendungen dazu angeleitet
mitzumachen, ihren Netzwerk-Freunden zu folgen, sich zu bekennen, Teil einer Bewe-
gung zu werden. Das erzeugt eine hohe Verbreitungs-Geschwindigkeit und Reichweite.
Soziale Netzwerke bieten zudem technische Funktionen, wie z. B. „Like“-Buttons
und Ähnliches, anhand derer man den sozialen Effekt bzw. Recall nachvollziehen und
zu einem gewissen Grad steuern kann. Sie erzeugen somit nicht nur Reichweite, son-
dern erlauben auch eine Ausrichtung der Social-Branding-Aktivitäten auf bestimmte
Zielgruppen.
Da es üblich ist, mittels Social Networks Informationen und Meinungen zu verteilen,
werden die Branding-Mittel und Markenbotschaften mit einer gewissen Natürlichkeit
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 85

untereinander ausgetauscht und an neue Verwender herangetragen. Statt der Ableh-


nung, die Werbemaßnahmen sonst erfahren, wird über soziale Netzwerke der Zugang zu
neuen Personenkreisen sogar leichter.

1.2 Marke machen, Marke verteilen

Social Branding ist nicht neu: Dank Internet und der sozialen Netzwerke kann es heute
aber wesentlich gezielter und effektiver ein- und umgesetzt werden. Dies lässt sich am
Beispiel des Merchandisings, einem fast schon klassischen Instrument des Social Bran-
dings, verdeutlichen.
Durch den Einsatz attraktiver Branding-Mittel, wie z. B. T-Shirts, Mützen und Feuer-
zeuge, löst das Merchandising Begehrlichkeiten und Multiplikator-Effekte aus. Den glei-
chen Effekt macht sich das Social Branding in sozialen Netzwerken zunutze. Auch hier
werden Branding-Mittel, z. B. in Form von Logos und Videos, verbreitet. Die Branding-
Mittel verbreiten sich aber aufgrund der Netzwerk-Funktionalitäten rascher und umfas-
sender als beim „herkömmlichen“ Social Branding. Ein Logo, das ein User-Profil ziert,
wird nicht nur von dem User selbst betrachtet, sondern auch von seinen Freunden und
Freundesfreunden. Unter der Annahme, dass ein User im Durchschnitt etwa 100 Freun-
de hat, lassen sich auf diese Weise Rücklaufquoten um den Faktor 100 steigern.
Entscheidend ist dabei, dass Unternehmen Markenbotschaften und Branding-Mittel
zur Verfügung stellen, mit denen sich die Verwender-Gruppen bzw. die Multiplikatoren
gerne schmücken. Es geht darum, Botschaften und Mittel zu finden, die sich leicht und
gerne mit der persönlichen Selbstdarstellung im Netz verbinden lassen. Hierdurch ent-
wickeln sie einen glaubwürdigen Empfehlungscharakter.

1.3 Wann Social Branding nutzen?

Ob Social Branding in sozialen Netzwerken sinnvoll ist, hängt von den Marketing-Zielen
des Unternehmens ab. Interessant ist es, wenn Inhalte schnell und mit hoher Glaubwür-
digkeit verbreitet werden sollen. Hierzu müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt
sein. So sollte die Marke über gute Sympathiewerte verfügen und eine klare Positionie-
rung haben. Hilfreich ist zudem ein hohes Involvement der Nachfrager.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so sollte – bei einem positiven Social-Branding-
Entscheid – aus der Positionierung heraus ein Thema entwickelt werden, das für die
Mitglieder des Netzwerks relevant ist und ihnen Lust macht, Teil der Aktion und der
Markengeschichte zu werden.
Ein Beispiel hierfür ist die in 2008 entstandene Kampagne „Miss Jägermeister“ der
Mast-Jägermeister AG in Wolfenbüttel, deren primäres Ziel der Aufbau einer Online-
Community innerhalb des VZ-Netzwerks war. Ein anderes Beispiel ist die Social-Bran-
86 Sven Markschläger, Eva Werle

ding-Kampagne „KrawallTOUR“, durch die die Marke schülerVZ in nur drei Phasen
gestärkt wurde. Beide Kampagnen werden nachfolgend vorgestellt.

2 Ein Beispiel aus der Praxis – Miss Jägermeister gesucht!

Schon 1935 wird der Kräuterlikör der Marke Jägermeister erfunden und auf dem deutschen Markt ein-
geführt. Hergestellt wird er aus 56 Kräutern, Hölzern, Wurzeln und Früchten aus aller Welt. Die ge-
heime Rezeptur bleibt bis heute unverändert. Doch um dauerhaft erfolgreich zu sein und Rezeptur und
Tradition des Familienunternehmens Mast-Jägermeister AG zu wahren, erfindet man sich in Wolfen-
büttel immer wieder neu.

Im Jahr 2007 wurde eine solche Phase abgeschlossen. Mit der Umpositionierung vom
Altherrengetränk hin zu einem Lifestyle-Drink war den Marketing-Verantwortlichen
eine radikale Verjüngung der Marke geglückt. Man konnte sich über hohe Awareness-
Werte und ein klares, eindeutiges Markenbild in der Zielgruppe freuen. Mit viel Herz-
blut und Mut wurde in einschlägige TV-Kampagnen, Promotion-Aktionen und BTL-
Maßnahmen investiert.
Die erfolgreiche Umpositionierung brachte aber auch neue Anforderungen mit sich.
Man sah sich mit einer Zielgruppe konfrontiert, die nicht nur abwechslungsreiche Mar-
kenbotschaften verlangte, sondern sich auch in ihrer Mediennutzung rasant zu verändern
schien. Laut einer repräsentativen Studie der Nürnberger Forschungswerk GmbH waren
unter den 18–29-jährigen Internet-Nutzern mittlerweile 90 % in mindestens einem sozia-
len Netzwerk angemeldet (vgl. [1]). E-Mail war gestern. Die junge Zielgruppe kommuni-
zierte über Plattformen wie studiVZ, Facebook, Xing oder wkw. Es war absehbar, dass
sich das Internet zum Primär-Medium entwickelte.
Um die gerade gewonnenen jungen Konsumenten nicht wieder zu verlieren, machte
Jägermeister sich bereit. Im Sinne einer integrierten Kommunikationsstrategie, die eine
Steigerung von Reichweite und Markenbekanntheit sowie eine Vertiefung von Image
und Kundenbeziehung vorsah, wurden digitale Maßnahmen ins Auge gefasst.

2.1 Ein alter Hut in neuem Gewand – Jägermeister goes social

Als erster Trikot-Sponsor Deutschlands war Social Branding schon immer ein Thema
für die Marke Jägermeister. So zählte man bereits im Merchandising-Bereich zu den First
Movern. Die Verbraucher schmückten sich gerne mit dem Jägermeister-Logo, z. B. auf
T-Shirts, Kappen, Einrichtungsgegenständen etc., um ihre Verbundenheit mit der Marke
zu demonstrieren und sich im sozialen Umfeld zu positionieren.
Dementsprechend verzeichnete der Jägermeister E-Commerce-Store, über den ledig-
lich Fan-Artikel verkauft wurden, beträchtliche Umsätze. Man hatte also gute Gründe zu
glauben, dass Social Branding auch in sozialen Netzwerken funktionieren kann.
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 87

Abgesehen von den Merchandising-Erfolgen war die Hinwendung zum Social Bran-
ding in sozialen Netzwerken bereits dahingehend beschlossen, dass die Jägermeister-
Webseite nicht nur zur Unternehmens- und Markendarstellung diente, sondern auch
zum Aufbau einer Jägermeister-Community genutzt werden sollte. Doch das Aufkom-
men extrem schnell wachsender sozialer Netzwerke veränderte die Möglichkeiten und
bot bis dato ungekanntes Potenzial.
Man entdeckte, dass die Marke bereits in sozialen Netzwerken stattfand. Allerdings
frei von gesteuerten Marketing-Maßnahmen. Verwender tauschten sich aus, schilderten
Erfahrungen und Verwendungssituationen, die nicht immer dem Bild entsprachen, das
die Marken- und Unternehmensverantwortlichen begrüßten. Es galt ein unbestelltes
Feld, das einigen Wildwuchs aufwies, zu bespielen.
Hierzu entschloss man sich, Webseite und soziales Netzwerk voneinander abzugren-
zen. Auf der Webseite sollten die Marke positioniert und ihre Werte gezielt kommuni-
ziert werden. Die Webseite sollte ein Ort sein, an dem der Konsument wieder zu seiner
Marke zurückfindet, wenn er sich in der Weite des Web oder durch zu viele fremde
Meinungen verirrt hatte. Die interaktive Kommunikation sollte hingegen ausgelagert
und auf die Spielwiese der Social Networks, abseits der eigenen Webseite, verlegt werden.
Eine Art Brücke musste geschaffen werden, die die bisherigen Mitglieder der Marken-
Webseite zu ihrem neuen Platz begleitete und unter Nutzung der besseren Möglichkei-
ten des Social Networks eben auch neue Mitglieder generierte.

2.2 Das Kampagnen-Konzept

Jägermeister ist für die Zielgruppe 18–29 ein einschlägiges Partygetränk. Etwas „on the edge“, macht
man mit Jägermeister nicht nur einen drauf: Mit diesem Wegbegleiter verbringt man den Abend, erlebt
großartige Momente, genießt das Leben. Das verbindet! Abgesehen von Jägermeister und guter Musik
gehören zu solch einer Sause: klasse Frauen, super Typen und die richtige Einstellung.

Jägermeister entschloss sich, eine Kampagne, die die Suche nach der „Miss Jägermeister“
zum Inhalt hatte, zu lancieren. Die wurde über sämtliche digitalen Kanäle, wie z. B. die
eigene Webseite, die VZ-Startseite und Display-Werbung beworben (vgl. Abb. 1). Im
Rahmen der Suche nach der „Miss Jägermeister“ sollten Frauen im Alter von 18–29 ein
Bild von sich einstellen und in einer knappen Begründung darstellen, was sie zur „Miss
Jägermeister“ macht.
Auch wenn man als Gewinnerin des anschließenden Votings ein Fotoshooting ge-
wann – die Aktion „Miss Jägermeister“ war keineswegs ein Abklatsch der TV-Casting-
Shows oder abgedroschener Disco-Misswahlen. Sie war vielmehr die akrobatische Leis-
tung, verschiedene Anforderungen und Ziele in einer einzigen Aktion zum Erfolg zu
führen. Es musste ein relevantes Thema gefunden werden, das gleichermaßen Frauen
und Männer anspricht. Die Aktion sollte begeistern und ausreichend Material liefern,
um 8 Wochen die Spannung aufrechtzuerhalten.
88 Sven Markschläger, Eva Werle

Abb. 1 Kampagne „Miss Jägermeister“:


Display-Werbung (Quelle: studiVZ-
Edelprofil Jägermeister)

In dieser Zeit wollte man möglichst viele Teilnehmer generieren und in aktive Mar-
kenbotschafter verwandeln. Darüber hinaus plante man weibliches Personal für die zu-
künftig geplanten Promotion-Aktionen zu rekrutieren. Man rechnete sich aus, dass die
Bewerberinnen stark an die Marke gebunden sind und die Werte von Jägermeister ver-
körperten.
Die Aktivierung über eine Misswahl sprach Frauen an. Und die wollte man erreichen.
Nicht zuletzt deshalb, weil das nachgelagerte Voting wiederum die männliche Zielgruppe
begeisterte und wie von selbst aktivierte. So zog man mit einer Story gleichermaßen
Männer und Frauen auf das neue Jägermeister-Profil. Die Social-Branding-Aktivitäten
richteten sich somit an alle Community-Mitglieder von studiVZ. Jeder, der mitmachte,
konnte dies mit einem Jägermeister-Logo auf seinem VZ-Profil ausweisen. Das hatte
natürlich nicht nur Auswirkungen auf die Jägermeister-Aktion, sondern auch einen
enormen Multiplikator-Effekt auf den gesamten Socialgraph der Teilnehmer.

2.3 Das Kampagnen-Ergebnis

Primäres Ziel der Kampagne war es, die Community-Mitglieder von jaegermeister.de auf
das neue VZ Brand-Profile zu ziehen. Das Jägermeister Brand-Profile auf studiVZ sollte
dabei von Anfang an mit authentischen markenbildenden Themen angereichert werden.
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 89

Durch die Aktivierung der Fans und die Verteilung des Logos wollte man Multiplikator-
Effekte erzielen und weitere Markenkontakte generieren. Die Rekrutierung von Promo-
tion-Personal innerhalb der Community sollte eine Auswahl an Marken-verkörpernden
Jägerettes hervorbringen. Zur Erreichung dieser Ziele stand ein Budget von 50.000 € zur
Verfügung. Davon wurde ca. die Hälfte in Medialeistung wie Display- und Bannerwer-
bung investiert.
Die Aktion „Miss Jägermeister“ motivierte über 1.000 Teilnehmerinnen, sich mit ei-
nem Bild sowie einem entsprechenden Statement zur Marke Jägermeister zu bekennen
(vgl. u. a. Abb. 2 und 3). Innerhalb von 6 Tagen registrierten sich 7.000 Fans und veröf-
fentlichten Kommentare wie: „Wäre Jägermeister eine Frau, ich würde sie heiraten“ oder
„Ohne Dich zu feiern wäre wie ein Sommer ohne Sonne“. Die eingestellten Bilder der
Kandidatinnen und Sprüche wie „Ich bin Miss Jägermeister, weil ich WILD aus der Rei-
he tanze“ aktivierten insgesamt 80.000 Viewer zum Voting.
Im Laufe des Kampagnen-Zeitraums von 8 Wochen konnte die Aktion 180.000 Fans
gewinnen, die das Logo auf ihrer eigenen Profilseite posteten und etliche ähnliche Lie-
besbekundungen wie „Rock am Ring rockt nur mit Jägermeister“ auf der Pinnwand
eintrugen und zur Schärfung des Markenimages beitrugen. Die Aktivierung brachte
insgesamt 590.000 Besucher auf das Jägermeister-Profil. Die Aktion „Miss Jägermeister“
war nicht nur quantitativ und qualitativ erfolgreich, auch die Rekrutierung des Promoti-
on-Personals war vielversprechend. 650 Frauen mit hoher Affinität zu Jägermeister be-
warben sich, um für ihre Marke zu arbeiten.

2.4 Die Erfolgsfaktoren

Mit der außergewöhnlichen Misswahl entwickelte Jägermeister eine Story, die den ge-
wünschten Aktivierungs-Effekt ermöglichte und es schaffte, dass die bisherigen Commu-
nity-Mitglieder innerhalb des 8-wöchigen Kampagnen-Zeitraums auf das Jägermeister-
Edelprofil im studiVZ konvertierten. Der Erfolg lässt sich auf drei Faktoren zurückführen:

Relevanz
Jägermeister hatte es geschafft, eine Kampagnen-Idee zu entwickeln, die für Männer wie
Frauen gleichermaßen relevant war. Man schaffte es, die Positionierung auf attraktive
Art und Weise erlebbar zu machen, so dass die Teilnehmerinnen ihre positiv erlebte
Beziehung zu Jägermeister demonstrierten. Die Teilnehmerinnen erfuhren durch die
Aktion Aufmerksamkeit, also einen für sie relevanten Nutzen, der dazu verleitete mit-
zumachen und andere zu aktivieren. Die Männer sowie das Voting sorgten für den vira-
len Effekt und die Verbreitung des Logos.

Brand Fit
Die Teilnahme-Mechanik und die direkte Ansprache der Zielgruppe passten zur Marke
Jägermeister. „Ich bin Miss Jägermeister, weil …“ brachte 1.000 Bilder und Confession-
90 Sven Markschläger, Eva Werle

Abb. 2 Kampagne „Miss Jägermeister“


(Quelle: studiVZ-Edelprofil Jägermeister)

Abb. 3 Kampagne „Miss Jägermeister“


(Quelle: studiVZ-Edelprofil Jägermeister)

Statements wie „Ich bin Miss Jägermeister, weil ich zielsicher bin wie ein Jäger und trin-
ke wie ein Meister“ generierten noch weitere Liebeserklärungen wie „Jägermeister, wir
lieben Dich“ oder „Er heißt Jägermeister und wir führen eine Wochenendbeziehung“,
die das Markenimage positiv aufluden.

Mechanik
Die Methodik war einfach und effektiv. In einem sozialen Netzwerk wie studiVZ, wo
sich die Zielgruppe traf, ließ sich das Bedürfnis nach Darstellung und Profilierung im
sozialen Umfeld für die Marke nutzen. Die Teilnehmer wurden dabei von der Kampag-
ne geführt, ohne dass sie sich begrenzt fühlten. Das Logo war aus zwei Gründen als
Branding-Mittel erfolgreich. Zum einen war es aufgrund seiner beeindruckenden Iko-
nographie begehrt. Zum anderen war es leicht verteilbar. Es wurde an jeden neuen Jä-
germeister-Fan weitergegeben und auf dessen Profil eingebunden. Bei durchschnittli-
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 91

chen 100 Kontakten jedes Fans konnte der Multiplikator-Effekt eine Viewer-Zahl von
9 Mio. erzeugen.

3 Social Branding für ein soziales Netzwerk

Für ein soziales Netzwerk ist es selbstverständlich, die Mechanismen des Social Bran-
dings für sich zu nutzen, beispielsweise um den Aktivitätsgrad der Mitglieder zu steigern
oder um sich als Netzwerk attraktiver zu machen.
Ein soziales Netzwerk lebt von der Lust der Menschen, ihre Meinung zu verbreiten,
sich als Person zu positionieren und zu profilieren. Um diese Menschen innerhalb eines
sozialen Netzwerks zu binden, ist es wichtig, sie und ihre Bedürfnisse zu verstehen und
ihnen alle Möglichkeiten zu bieten, das Netzwerk als Ventil zu nutzen. So heterogen die
Community auch sein mag, ein erfolgreiches soziales Netzwerk versteht es, den Mitglie-
dern das Gefühl zu geben, unter ihresgleichen zu sein.

3.1 Die schülerVZ KrawallTOUR – Ein besonderer Fall!

Das 2007 lancierte soziale Netzwerk schülerVZ ist exklusiv nur für Schüler zugänglich. Die Online-
Community umfasst ca. 5 Mio. Mitglieder zwischen 10 und 21 Jahren. Das sind knapp 70 % der 7 Mio.
deutschsprachigen Schüler (vgl. [2]). Bei schülerVZ wird jedes Mitglied seiner Schule zugeordnet. Das
macht es leicht, klassenübergreifend andere Mitschüler kennenzulernen, Kontakte zu pflegen und ein
Netzwerk an Interessengenossen aufzubauen. Innerhalb des Netzwerks tauscht man sich im sozialen
Umfeld und unter Ausschluss von Erwachsenen über gemeinsame Themen aus, ohne den für Schüler
häufig hemmenden Weg der direkten Kommunikation zu gehen. Gruppen zu bestimmten Motti, An-
sichten oder Ideen können gegründet und mobilisiert werden. Das unterstützt den Community-Effekt
und macht VZ zum erfolgreichsten Netzwerk dieser Altersgruppe.

Die VZ.net Netzwerke Ltd. stand im Jahr 2010 vor der Herausforderung, die Positio-
nierung von schülerVZ als Marke speziell für Schüler zu stärken. Im Vergleich zu ande-
ren SchülerNetzwerken war man mit nur wenigen speziellen Produkt-Features für die
Zielgruppe ausgestattet, die eine produktseitige Positionierung eindeutig gemacht hätten.
Doch im Gegensatz zu altersübergreifenden Netzwerken hatte man verstanden, dass sich
Schüler dort wohlfühlen, wo sie unter sich sein, den Regeln und Beschränkungen der
Erwachsenen, aber auch der Langeweile des Alltags entfliehen können.
Es musste also eine Kampagne entwickelt werden, die auf der emotionalen Ebene ef-
fektiv war und den Community-Gedanken im Sinne der Schüler bewies. Geplant war, die
hohe Mitglieder-Akzeptanz nach außen zu kommunizieren, um sich auch für neue Mit-
glieder attraktiv zu machen. Man wollte reale, erlebbare Begeisterung auslösen, die sich
innerhalb des Netzwerks wie ein Lauffeuer verbreiten sollte.
92 Sven Markschläger, Eva Werle

3.2 Das Kampagnen-Konzept

SchülerVZ ist das spezielle Netzwerk für Schüler. Besondere Momente und Erlebnisse schaffen, teilen
und bewältigen ist das Erfolgskonzept einer jeden Gemeinschaftsbildung. Die Zielgruppe der Oberschü-
ler im Alter von 12–15 Jahren sind in einer Phase des Aufbegehrens und der Selbstfindung, die sich
häufig in der Revolte gegen Eltern und Lehrer ausdrückt. Und wenn man das verstanden hat, sind
phantasievolle Ventile eine Lösung.

Sechs pinke Affen machen zwei Wochen lang die Schulhöfe der Republik unsicher
und sorgen für schräge Abwechslung im tristen Schulalltag. Nach dem Motto: Wir
schenken Dir die „abgedrehteste“ Schulpause Deines Lebens tauchen die pinken Affen in
schülerVZ-Bussen und mit quietschenden Reifen und tosender Megafon-Sirene plötzlich
und unerwartet vor den Schulen auf. Sie klettern an Zäunen hoch, animieren die Schüler
zum Tanzen und Fotos machen und verteilen bei lauter Musik und Gegröle Krawallpa-
kete mit Merchandise-Artikeln wie Zungentatoos, Flummis, Glibber-Händen, Knicklich-
tern und Trillerpfeifen.
Mit dieser Aktion sollte auf emotionale Weise Aufmerksamkeit und Involvement er-
zeugt werden. Dazu musste man dorthin gehen, wo Schüler sind: in die Schule. Genau
hier, wo für Schüler der Ernst des Lebens stattfindet, war es auch leicht, Aufmerksam-
keit im Sinne der Schüler zu erzeugen. Die Schüler sollten eine solche Begeisterung
erfahren, dass sie durch das Einstellen eigener Fotos, Kommentare etc. einen einschlägi-
gen viralen Effekt im Netzwerk erzeugten und auch bei weiteren Schülern Begehrlich-
keit weckten.
Für die KrawallTOUR konnte sich grundsätzlich jede Schule in Deutschland bewer-
ben. Die Mechanik war einfach: Schüler mussten lediglich ein „verrücktes“ Foto von sich
und ihren Freunden im schülerVZ hochladen und mit dem Edelprofil zur KrawallTOUR
verknüpfen (vgl. Abb. 4).
An ausgelosten Schulen der Tour wurde dann die Aktion wiederholt. On top wurde
unter allen Einsendungen ein Kurztrip in einen Freizeitpark, inklusive kostenlosem
Eintritt sowie der An- und Abreise verlost. Die Aktion fand in den folgenden drei Pha-
sen statt:

1. Die Mystery-Phase:
Die Online-Aktivierung sollte neugierig machen und startete 5 Tage vor Tour-Beginn.
Nur einen Tag lang wurde auf schülerVZ ein Homepage-Takeover in dem Tenor: „Psst
… bald passiert hier was ganz Besonderes“ eingesetzt. Die entstandene Neugier wurde
dann in den folgenden Tagen mit verschiedenen Teaser-Videos auf der VZ-Startseite
sowie verschiedenen YouTube-Channels aufgelöst. Das Runterzählen eines Countdowns
auf der Startseite sowie ein Paket aus VZ-Medialeistungen wie News-Teaser, Rectangles
und die Login-Seiten steigerte Spannung und Aufmerksamkeit.
Unter dem Motto „Zeig uns, wie verrückt du bist?“ und durch Verlinkung mit dem
Krawalltour-Edelprofil auf schülerVZ konnten Schüler sich und ihre Schule mit einem
Foto, Text oder Video für die Tour bewerben.
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 93

Abb. 4 Kampagne KrawallTOUR (Quelle: schülerVZ-Edelprofil Krawallaffen)

Abb. 5 Kampagne KrawallTOUR: Aktions-Phase (Quelle: schülerVZ-Edelprofil Krawallaffen)

2. Aktions-Phase:
In dieser Phase war es nicht nur wichtig, an den Schulen vor Ort Krawall zu machen,
sondern Begeisterung und Involvement zu erzeugen. Mit dem richtigen Gefühl für die
Schüler wurden die aufmerksamkeitsstarken, pinken Affen zum Highlight im trist emp-
fundenen Schulalltag (vgl. Abb. 5). Dass Lehrer nicht allzu begeistert waren, schürte bei
den Schülern lediglich die Begehrlichkeit und den Mitmach-Effekt.
Diese Offline-Aktion wurde online durch den permanenten Aufruf begleitet: „Wer
hat den Bus gesehen? Bewirb dich und wenn er zu dir kommt, mach ein Foto!“, wodurch
die Verbreitung von Fotos angeregt werden konnte.
94 Sven Markschläger, Eva Werle

Abb. 6 Kampagne KrawallTOUR: Ergebnis


(Quelle: schülerVZ-Edelprofil Krawallaffen)

3. Verbreitungs-Phase und Brand-Building:


Der Krawall an den Schulen und die dadurch entstandene Begeisterung wollte weiter-
getragen, erzählt werden. Dies veranlasste die Schüler, Bilder hochzuladen und inner-
halb des Netzwerks von der Aktion zu schwärmen, ihren Emotionen Ausdruck zu ver-
leihen. Unterstützt wurde der virale Branding-Effekt auch durch den VZ-seitigen und
regelmäßigen Upload von Fotoalben und Videos, die bei den besuchten Schulen ent-
standen waren.

3.3 Das Kampagnen-Ergebnis

VZ hatte sich zum Ziel gesetzt, mittels realer Aktionen an Schulen aus Schülern Marken-
Fans zu machen. Durch das emotionale Erlebnis konnte ein positiver Imagetransfer als
„das coole Netzwerk für Schüler“ erreicht werden. Die erzeugte Begeisterung der Teil-
nehmer löste einen viralen Effekt innerhalb der Online-Community aus. Als Multiplika-
toren trugen die Schüler mit emotionalen Pinnwand-Beiträgen, Fotos und Videos inner-
halb ihres Netzwerkes selbst zur Aufladung der Marke und zur viralen Verbreitung bei.
Über die Begehrlichkeit der Aktion wurde außerdem eine hohe Bindung an die Marke
erzeugt. Die Strategie ging auf.
Die Teaser-Videos in der Mystery-Phase erreichten bereits in den ersten zwei Tagen
über 250.000 Views. Von 1.500 Anmeldungen wurden 60 Schulen ausgewählt, die inner-
halb der 10-tägigen Aktionsphase besucht wurden. Vor Ort sorgten insgesamt ca. 10.000
Krawallpakete für ordentlichen Spaß und Lärm, was auf dem Krawalltour-Edelprofil
weitere 14.000 positive, Image-bildende Kommentare einbrachte (vgl. Abb. 6). Die Be-
sonderheit der Kampagne, nämlich die Offline-Aktivierung der Schüler, war zielführend
für den Erfolg innerhalb der Online-Community: Aus 14.000 Marken-bildendenden
Beiträgen auf dem Edelprofil wurden im Kampagnen-Zeitraum etwa 65.000 Markenfans
mit positiven Meinungsäußerungen im Sinne der Positionierungsstrategie erzeugt. Der
Multiplikator-Effekt bescherte der Seite darüber hinaus über 1 Mio. Besucher. Das Ziel
der Aktivitätssteigerung, kombiniert mit einem positiven Markentransfer, wurde erfüllt.

3.4 Die Erfolgsfaktoren

Virale Kampagnen verbreiten sich normalerweise dann, wenn Personen die Weitergabe
von Botschaften mit einem persönlichen Nutzen verbinden. Bei Social-Media-Kampag-
Wie Social Branding in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann 95

nen geht es dabei meist um den psychologischen Nutzen der Selbstdarstellung oder
Aufwertung der eigenen Person. Im Falle der Kampagne für das schülerVZ, das gewis-
sermaßen der Host für das Selbstdarstellungsprofil des Nutzers ist, wäre dieser Effekt nur
schwer herstellbar gewesen. Dem VZ-Marketing ist es jedoch geglückt, eine andere Form
der Aktivierung zu finden: die reale Begeisterung für Erlebtes. Das Seeding nicht nur
online umzusetzen, sondern offline beginnen zu lassen war der treibende Erfolgsfaktor
und die Besonderheit dieser Social-Branding-Kampagne. Die Schüler hatten die Mög-
lichkeit, Teil der Kampagnen-Story zu werden, sie mitzugestalten, sie zu erleben. Die
Aktion war exklusiv, unterhaltsam und überraschend und entsprach den Anforderungen
der Schüler, diese Aktion im eigenen Netzwerk zu verbreiten und den gewünschten
Schneeball-Effekt auszulösen. VZ hat es damit gewagt, nicht nur die eigene Media-
leistung zur Verbreitung einzusetzen, sondern eine Promotion-Aktion als Kick-off zu
nutzen und diese in die Online-Community zu führen.

4 Aus der Praxis für die Praxis

4.1 Stolpersteine bei der Planung

Durch den Presse-Hype hinsichtlich digitaler Medien gewinnt man leicht den Eindruck,
Social-Media-Marketing sei eine nahezu kostenlose Wunderwaffe. Dies ist in den meis-
ten Fällen falsch. Dass eine gute Idee automatisch durch das bloße Online-Stellen Auf-
merksamkeit erzeugt, ist bestenfalls eine glückliche Ausnahme.
Eine große Bedeutung haben die zielgerichtete Kampagnen-Idee bzw. deren Inhalte.
Wer seine Zielgruppe, deren Interessen und Bedürfnisse nicht kennt, kann keine rele-
vante Story stellen, kein Interesse und keinen Mitmach-Effekt erzeugen. Eine Kampag-
nen-Idee, die die Zielgruppe nicht ins Herz trifft, ist aussichtslos. Schafft man es jedoch,
gezielt Multiplikatoren zu begeistern, kann man aktiv Massen bewegen.
Maßnahmen mit hohem Interesse und Verbreitungsgrad, aber ohne Verbindung zur
Marke sind allerdings sinnlos. Nur dann, wenn sich die Werte der Marke in der Kam-
pagnen-Idee wiederfinden, können die richtigen Bilder, Kommentare und Beiträge er-
zeugt und die richtige Positionierung in die Masse transportiert werden.
Die Mechanik des Social Brandings sollte für den Verbraucher einfach sein. Anwen-
dungsmöglichkeiten und Technologie dürfen keine Barrieren aufweisen. Nicht durch-
dachte bzw. zu komplizierte Methodik und hohe technische Hürden schwächen die
Mitmachquote und den viralen Effekt.
Häufig sind Kampagnen nicht ausreichend durchdacht. Will man Social Branding er-
folgreich nutzen, sollte die Überlegung vorausgehen, welche Kommentare, Bilder und
Beiträge innerhalb der Kampagnen-Idee entstehen könnten. Gibt die Story nur in unzu-
reichendem Maße Leitplanken vor, besteht die Gefahr, dass die Aktion unerwünschte
Beiträge produziert. Wichtig ist es, anhand der Story einen Rahmen vorzugeben, inner-
halb dessen sich das Branding ausbreitet.
96 Sven Markschläger, Eva Werle

Im Gegensatz zu klassischen Kampagnen sind Social-Branding-Kampagnen nicht ab-


geschlossen, wenn die Werbemittel ausgeliefert sind. Die schwierige Arbeit fängt dann
erst an: Die durchaus gewünschte Eigendynamik von sozialen Kampagnen sollte wäh-
rend der Aktion beobachtet und nachgearbeitet werden. Bei einer negativen Entwicklung
muss man bereit sein, die richtigen Knöpfe zu drücken, ohne in Panik zu geraten. Bei
Unklarheiten fordert der Konsument schnell den direkten Kontakt mit den Marken-
verantwortlichen. Und eine Welle von negativen Kommentaren trifft mit zunehmender
Verbreitungsenergie auch zunehmend hart. Darauf sind viele nicht vorbereitet.
Weitsicht und die intelligente Vorgabe von Leitplanken schützt vor bösen Überra-
schungen. Natürlich gibt es keine Garantie für ausschließlich positive Beiträge. Dennoch
hat man im Vorfeld die Möglichkeit, die offensichtlichsten Stolpersteine zu beseitigen.

4.2 Tipps für erfolgreiches Social Branding

1. Erforschen Sie Ihre Zielgruppen: Was sind ihre Einstellungen, was ihre Motive? Wo
halten sie sich auf und welche Themen bewegen sie?
2. Entwickeln Sie Kampagnen-Ideen, die relevant und interessant für die Zielgruppen
sind.
3. Achten Sie auf eine positive Verknüpfung mit den gewünschten Markeninhalten.
4. Überlegen Sie, welche Beiträge innerhalb der Story entwickelt werden könnten und
geben Sie geschickt Leitplanken vor.
5. Entwickeln Sie eine Mechanik, die leicht verständlich und durchführbar ist.
6. Vermeiden Sie Barrieren, z. B. komplizierte Technik und besonderes Equipment.
7. Entwickeln Sie eine Seeding-Strategie.
8. Gehen Sie dahin, wo Ihre Zielgruppe ist. Wählen Sie Verbreitungswege und Multi-
plikatoren nach den ohnehin bestehenden Gewohnheiten Ihrer Zielgruppe.
9. Budgetieren Sie Medialeistung, um eine ausreichende Entzündungsenergie zu erzeu-
gen.
10. Haben Sie Mut, sich auf die Zuwendung der Konsumenten zu verlassen. Planen Sie
Kapazitäten für den „After-Media-Kontakt“ mit den Kunden.

Literaturverzeichnis

1 ForschungsWerk (2009):, Social Communities, URL: http://www.forschungswerk.de/pressearchiv/


ForschungsWerk_Studie2009_Social_Communities.pdf, abgerufen am: 21.11.2011.
2 VZ Netzwerke (2009): Datenerhebung.
Kompetenzen für
das Online-Reputation-Management
7
Jana Riedel, Ralph Sonntag

Inhaltsverzeichnis

1 Begriffsverständnis – Social Branding und Online-Reputation-Management ................ 98


2 Neue kommunikative Einflussgrößen im Social Web ......................................................... 99
3 Kompetenzbegriff und spezifische Kompetenzmodelle ...................................................... 101
3.1 Kompetenzbegriff....................................................................................................... 101
3.2 Kommunikative Kompetenz..................................................................................... 103
3.3 Medienkompetenz...................................................................................................... 104
3.4 Markenführungskompetenz ..................................................................................... 105
4 Ableitung eines Social-Media-Kompetenz-Modells............................................................. 106
5 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................ 108
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 108

_______________________
Jana Riedel ()
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden,
Friedrich List Platz 1, 01069 Dresden, Deutschland
e-mail: riedel@htw-dresden.de
Prof. Dr. Ralph Sonntag ()
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden,
Friedrich List Platz 1, 01069 Dresden, Deutschland
e-mail: sonntag@htw-dresden.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 97


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_7, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
98 Jana Riedel, Ralph Sonntag

„Das Berufsbild der für Unternehmen in Social Media kommunizierenden Fachkräfte ist ebenso neu
wie unscharf. Einheitliche Anforderungen und Beschreibungen für diese Tätigkeiten fehlen. Der Erfolg
der Kommunikation ist jedoch abhängig von spezifischen Kompetenzen.“ Jana Riedel

„Social Media stellt sämtliche Bereiche und Funktionen eines Unternehmens vor neue zwingende Her-
ausforderungen. Eine methodische Vermittlung entsprechender Kompetenzen wird zunehmend Gegens-
tand der Aus- und Weiterbildung.“ Prof. Dr. Ralph Sonntag

1 Begriffsverständnis – Social Branding


und Online-Reputation-Management

Mit der verstärkten Nutzung von Social Media durch Unternehmen entstehen neue
Perspektiven der Markenbildung, das sogenannte Social Branding. Darunter ist zunächst
jedwede Form der Markenführung zu verstehen, die interaktiv und partizipativ im Social
Web erfolgt. Sie entsteht aus dem Dialog, der durch unterschiedlichste Akteure über eine
Marke geführt wird.
Die Hauptakteure dabei sind Unternehmen, Einzelnutzer und die Social Crowd. Diese
können wiederum über verschiedene Social Brands kommunizieren. So gibt es Unter-
nehmensmarken, die Corporate Brands, und Personenmarken, die Personal Brands. In
der Markenkommunikation von Unternehmen kann weiter zwischen Employer Brands
(Arbeitgebermarke) und Product Brands (Produktmarke) unterschieden werden. Das
Zusammenspiel der unterschiedlichen Markenarten und Akteure verdeutlicht Abb. 1.
Marke wird hier mit Burmann et al. verstanden als ein „Nutzenbündel mit spezifi-
schen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen
Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Ziel-
gruppen nachhaltig differenziert“ ([4], S. 5). Sie erfüllt dabei drei Funktionen: eine Ori-
entierungs- und Navigationsfunktion zur Vereinfachung der Auswahl und Entscheidung
aus einer Vielzahl von Angeboten, eine Vertrauens- und Risikoreduktionsfunktion, die
durch das Vertrauen in die Qualität der Marke entsteht, und eine Identifikations- und
Prestigefunktion, durch die sozialer Status und Zugehörigkeit demonstriert werden kön-
nen (vgl. [4]).
Reputation wird als Teil einer Marke verstanden, der das Ansehen und das Vertrauen
in das zukünftig erwartbare Handeln einer Marke widerspiegelt (vgl. [22], [23]). Reputa-
tion setzt sich dabei zusammen aus einer Vielzahl von Bewertungen der unterschiedli-
chen Zielgruppen (vgl. [15], S. 152).
Reputation entsteht damit unabhängig vom Ort der Kommunikation. Unterschieden
werden kann jedoch das Management der Reputation im realen und im digitalen Raum.
Online-Reputation-Management umfasst dabei die Maßnahmen, die geeignet sind, die
Handlungen des Unternehmens im digitalen Raum transparent und sichtbar werden zu
lassen, um die Reputation zu steigern. Die neuartigen Kommunikationswege und For-
men des Social Web bieten hierbei die Möglichkeit, dass dieser Prozess mit einer großen
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 99

Social Branding

Corporate Branding

Product Branding Employer Branding


Unter-
nehmen
Personal Branding

Social Einzel-
Crowd personen

Abb. 1 Akteure und Brands im Social Web (Quelle: eigene Darstellung)

Dynamik, Reichweite und Schnelligkeit verlaufen kann, wenn bestimmte Regeln berück-
sichtigt werden.
Im Folgenden werden zunächst die Spezifika der Kommunikation im Social Web
betrachtet, um danach auf die Regeln für die erfolgreiche Verwendung dieses Mediums
für das Online-Reputation-Management und die dafür notwendigen Kompetenzen ein-
zugehen.

2 Neue kommunikative Einflussgrößen im Social Web

Bisher verlief die Unternehmenskommunikation in einem linearen statischen Modell.


Das Unternehmen erstellte als Sender eine Publikation und verteilte diese entweder di-
rekt oder über Massenmedien an eine bestimmte Anzahl von Empfängern. Dabei kön-
nen Anzeigenschaltungen gekauft werden oder durch gute Pressekontakte Inhalte in
redaktionellen Beiträgen veröffentlicht werden. Die Massenmedien fungieren in diesem
Zusammenhang als Gatekeeper. Dies entspricht dem Modell der Massenkommunikation
nach Maletzke (vgl. [14]). Feedback durch den Empfänger an den Sender ist hier mög-
lich, jedoch nicht essentiell.
Im Social Web findet die Kommunikation interaktiv und dynamisch statt. Es gibt eine
Vielzahl von Sendern und Empfängern, die ständig die Rollen wechseln und mit unter-
schiedlichen Empfänger-Typen (Masse, Gruppe, Individuum) kommunizieren. Dies
100 Jana Riedel, Ralph Sonntag

bildet beispielsweise das Modell der interaktiven Kommunikation von Oenicke ab (vgl.
[16]). Es gibt verschiedene Zwischeninstanzen und Multiplikatoren, die eine Nachricht
weiterverbreiten und modifizieren können. Die Kommunikationskanäle sind durch
Vernetzung der Kommunikationspartner geprägt (vgl. [13]). Kommunikation im Social
Web kommt ihrer ursprünglichen Definition nahe, bei der es um die Beziehungen zwi-
schen Menschen geht (vgl. [1]). Diese können im Social Web beobachtet werden, wo-
durch eine neue Öffentlichkeit entsteht (vgl. [13]).
Die Empfänger sind keine anonyme und disperse Masse, sondern Individuen mit ei-
genen Profilen, die für die Kommunikationspartner einsehbar sind. Bei der Kommuni-
kation mit bekannten Kommunikationspartnern sind die Persönlichkeit, die Authentizi-
tät und das Vertrauen elementare Faktoren im Kommunikationsprozess. Es handelt sich
um eine ideale Sprechsituation, in der die Gesprächspartner jederzeit die gleiche Chance
auf Beteiligung an der Kommunikation haben, wie sie Habermas bereits 1981 forderte
(vgl. [11]). In dieser haben alle Kommunikationspartner die gleiche Chance auf Äuße-
rung und die Kommunikation verläuft frei von Handlungszwängen.
Jeder Empfänger wird aufgrund der Vielzahl von Informationen, die im Social Web
auf ihn einströmen, zu seinem eigenen Gatekeeper, der nur die für ihn relevanten Inhalte
wahrnimmt. Für die Verbreitung zählen nicht mehr reine Botschaften, sondern Kom-
munikationsangebote, die verändert, weiterentwickelt, gekürzt oder umgedeutet werden
können. Hierbei kommt es auf die Resonanzfähigkeit (vgl. [13]) bzw. den Verankerungs-
faktor (vgl. [10]) der Nachricht an.
Die Weiterverbreitung der Nachricht ist auch abhängig von Gruppenprozessen.
Gladwell (vgl. [10]) betont das Potenzial von Gruppen und der jeweiligen Gruppenstär-
ke, die eine Anzahl von 150 nicht übersteigen sollte. Die Macht der Masse, die sich von
wenigen Personen steuern lässt, ist daher auch Gegenstand des Konzepts des Schwarm-
Marketings (vgl. [17]).
Für die Kommunikation im Social Web lässt sich als Besonderheit feststellen, dass es
sich um eine überwiegend indirekte, schriftliche, asynchrone und an mehrere Empfänger
gerichtete (d. h. öffentliche) Kommunikation handelt. Hier greifen andere Mechanismen
als in der direkten und persönlichen Kommunikation. Vor allem das Fehlen von Mimik
und Gestik erschwert das gegenseitige Verständnis, ebenso wie die Reaktion des Emp-
fängers nicht unmittelbar erlebbar ist. Dennoch wird der Feedback-Prozess im Social
Web erleichtert. Außer einem direkten Feedback (Antwort des Empfängers an den Sen-
der) ermöglichen Social Media auch ein technisches Feedback durch die Messung von
Klick- oder Like-Raten, Retweets, @Erwähnungen und Kommentaren. Dadurch entsteht
ein offener Rückkanal, der den Dialog auf Augenhöhe ermöglicht und erfordert. Hierzu
ist eine Kollaborationsfähigkeit, die auch Empathie umfasst, notwendig (vgl. [13]).
Gleichzeitig wird über die Weiterverbreitung und Modifikation der Kommunikationsin-
halte das Fremdbild der Marke transparenter, wodurch sich für die Markeninhaber allein
durch das Zuhören wichtige Informationen für die Markengestaltung gewinnen lassen.
Zuhören wird daher auch als erste Stufe eines Social Media Measurements verstanden
(vgl. [7]).
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 101

Hierbei bieten sich für die Wertschöpfung des Unternehmens in vielen Bereichen Po-
tenziale, die gleichzeitig die Nutzer an die Marke binden. Das Einbeziehen der Social
Crowd (Crowdsourcing) in die Wertschöpfung beschreibt beispielsweise das Konzept
der interaktiven Wertschöpfung (vgl. [18]). Durch Open Innovation, Co-Creation oder
Mass Customization werden die Nutzer direkt am Entstehungsprozess des Produktes
beteiligt und in die Marke involviert. Die Kreativität der Social Crowd nutzen etablierte
Firmen wie Dell, Tchibo oder Edelight (Swarovski), aber auch Start-ups wie MyMuesli,
Spreadshirt oder Chocri sind mit diesem Prinzip erfolgreich.
Die Diskussion über die veränderten Kommunikationsformen im Social Web identi-
fiziert bereits einige Fähigkeiten, die für das Social Branding und Online-Reputation-
Management benötigt werden. Diese werden im übernächsten Abschnitt wieder aufge-
griffen. Zunächst werden der Kompetenzbegriff geklärt sowie etablierte und für die
Thematik relevante Konzepte spezifischer Kompetenzen vorgestellt.

3 Kompetenzbegriff und spezifische Kompetenzmodelle

3.1 Kompetenzbegriff

Kompetenzen werden als Voraussetzung für das Handeln in komplexen Problemlagen


verstanden. Auch das Online-Reputation-Management kann als von vielfältigen Fakto-
ren abhängige Handlungssituation verstanden werden, die Kompetenzen zu ihrer erfolg-
reichen Bewältigung erfordert. Diese spezifische Kompetenz lässt sich aus Teilen der vier
Dimensionen der Fach-, Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz bestimmen, wobei
die einzelnen Bereiche untereinander nicht trennscharf sind. Die einzelnen Dimension
setzen sich wiederum aus folgenden drei Komponenten zusammen: Wissen, Fertigkeiten
und Einstellungen. Letztere werden von Werten, Motiven und Erfahrungen beeinflusst
(vgl. [8], [12], [24]). Die Beschreibung der für das Online-Reputation-Management er-
forderlichen Kompetenzen erfolgt daher anhand dieser Komponenten (vgl. Abschn. 4)
und schließt Elemente aus allen vier Dimensionen der Fach-, Methoden-, Personal- und
Sozialkompetenz ein.
Weiter lassen sich bereits etablierte Kompetenzkonzepte auf die Beschreibung eines
Kompetenzkonstruktes für das Online-Reputation-Management anwenden, welche sich
auch im Konzept des Tipping Point von Gladwell (vgl. [10]) wiederfinden. Die drei Re-
geln entsprechen dabei drei verschiedenen Kompetenzkonzepten:

1. Das Gesetz der Wenigen, demzufolge kleine Gruppen von Menschen eine große Wir-
kung auslösen und verbreiten können. Gladwell unterscheidet diese Gruppe von
Menschen anhand der drei Typen Vermittler, Kenner und Verkäufer. Sie haben die
Eigenschaft, eine große Anzahl von Menschen begeistern zu können, sei es durch ihre
Persönlichkeit, durch ihr Wissen oder ihre rhetorischen Fähigkeiten. Eigenschaften,
die auch beim Aufbau eine Marke von Vorteil sind. Diese liegen vor allem im Bereich
102 Jana Riedel, Ralph Sonntag

der kommunikativen Kompetenz (vgl. [11]) und betreffen die Kenntnis der Beson-
derheiten der Kommunikation im Social Web sowie der wichtigsten Aspekte der
Kommunikation als Gestaltung von Beziehung zwischen Menschen. Die Kommuni-
katoren müssen fähig sein, Dialoge und Kommunikation auf Augenhöhe zu führen.
Und sie sollten eine empathische Grundeinstellung anderen gegenüber einnehmen.
2. Weiterhin setzt der Verankerungsfaktor (Stickyness) voraus, dass der Inhalt der Bot-
schaft geeignet sein muss, sich beim Empfänger festzusetzen und diesen zum Handeln
anzuregen. Dies gilt auch für die Gestaltung einer Markenbotschaft. Die Gestaltung
der richtigen Nachricht, sowohl unter technischen als auch unter gestalterischen As-
pekten, erfordert vorwiegend Wissen, Fertigkeiten und Einstellungen aus dem Be-
reich der Medienkompetenz (vgl. [20]).
3. Nach der dritten Regel von der Macht der Umstände ist die Reichweite und Tiefe der
Verbreitung einer Botschaft abhängig von der Wahl des richtigen Zeitpunktes und
des richtigen Ortes. Dies betrifft vor allem das Konzept der Markenführungskompe-
tenz (vgl. [2]), die durch hohe Kundenakquisitions- und -bindungskompetenz er-
leichtert wird. Mit Hilfe der Überwachungs- und Steuerungskompetenz können die
für die Marke relevanten Themen gezielt dort gestreut werden, wo sie gerade beson-
dere Aufmerksamkeit erfahren. Dies erfordert unternehmens- und themenspezifi-
sches Wissen, analytische und strategische Fähigkeiten und die Einstellung zum lang-
fristigen Planen.

Für das Online-Reputation-Management im Social Web lässt sich daraus ableiten,


dass die Verbreitung einer Nachricht sehr effektiv sein kann, wenn es gelingt, die richti-

Kommunikative Medien- Markenführungs-


Kompetenz kompetenz kompetenz

Online Reputation Management

Personal- Sozial- Fach- Methoden-


kompetenz kompetenz kompetenz kompetenz

Wissen Fertigkeiten Einstellung

Abb. 2 Kompetenzkonzepte und -dimensionen im Online-Reputation-Management (Quelle:


eigene Darstellung)
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 103

gen Menschen mit der richtigen Nachricht zum richtigen Zeitpunkt zu infizieren. Dann
ist eine schnelle und weite Verbreitung möglich, die durch den Aufbau persönlicher
Beziehungen und damit von Vertrauen und Authentizität geprägt ist. Der Aufbau einer
Reputation bleibt dennoch ein langfristiger Prozess (vgl. [22]). Das Social Web sollte
trotz seiner Katalysatorfunktion daher nicht als Kanal verstanden werden, der kurzfristig
zu hohem Erfolg führt. Auch hier steht der Vertrauensaufbau und -beweis an erster Stel-
le. Dafür braucht es Analyse, Strategie und Zeit.
Die nächsten Abschnitte befassen sich zunächst mit der Beschreibung der benannten
Kompetenzkonzepte kommunikative Kompetenz (vgl. [11]), Medienkompetenz (vgl.
[20]) und Markenführungskompetenz (vgl. [2]), in Abschn. 4 werden die Kompetenzen
für das Online-Reputation-Management entlang der Kompetenzdimensionen Wissen,
Fertigkeiten, Eigenschaften beschrieben. Diese sind jeweils Teile der vier Kompetenzdi-
mensionen Fach-, Methoden-, Personal- und Sozialkompetenz. Abbildung 2 verdeutlicht
dieses Vorgehen.

3.2 Kommunikative Kompetenz

Im Zentrum jeglicher Markengestaltung stehen die Kommunikation und damit die Fä-
higkeit, Informationen an den Nutzer/Empfänger vermitteln zu können. Das Konzept
der kommunikativen Kompetenz nach Habermas ist für die Beschreibung der notwendi-
gen Fähigkeiten zur Kommunikation im Social Web besonders geeignet, da Habermas
hierin explizit Kommunikations- und Gesellschaftstheorie verbindet. Es geht dabei nicht
mehr nur um grammatische und linguistische Fähigkeiten, sondern vor allem um den
kontextspezifischen Einsatz der Sprache in der jeweiligen Gesellschaft. Kommunikative
Kompetenz setzt daher die Kenntnis der Kultur einer Gesellschaft voraus und befähigt
dann zur Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen. Dies wiederum fördert die Weiter-
entwicklung einer Gesellschaft (vgl. [11]).
Übertragen auf die Kommunikation im Social Web setzt dies die Kenntnisse der Neti-
quette und der Besonderheiten der Kommunikation im Social Web voraus (vgl. [2]). Das
Social Web ermöglicht es einer Vielzahl von Personen, sich barrierefrei an gesellschaftli-
chen Prozessen zu beteiligen. Es gibt kaum noch technische Hürden, um selbsterstellte
Nachrichten für einen großen Nutzerkreis in kürzester Zeit zur Verfügung zu stellen.
Vielmehr macht es die Menge und Beliebigkeit der zur Verfügung stehenden Informati-
onen notwendig, sich von diesen abzuheben und herausragende Inhalte bereitzustellen.
Hierfür sind Fähigkeiten für die redaktionelle Aufbereitung von Themen und das Story-
telling von besonderer Bedeutung. Auch der Aufbau einer (Online)-Reputation ist hier-
bei von Vorteil.
Kommunikation zielt laut Habermas immer auf Verständigung und Interaktion zwi-
schen Kommunikationspartnern. Kommunikatives Handeln ist dementsprechend stets
auch eine soziale Handlung (vgl. [11]). Die Kommunikationspartner müssen sich dabei
aufeinander einstellen. Zum gegenseitigen Verständnis der Kommunikationspartner
104 Jana Riedel, Ralph Sonntag

müssen diese sich der verschiedenen Ebenen einer Nachricht bewusst sein. Habermas
identifiziert hierfür drei Welten (vgl. [11]): die objektive Welt, in der real existierende
Sachverhalte im Zentrum stehen, die soziale Welt, in der es um die Regelung interperso-
naler Beziehungen geht, und die subjektive Welt als Spiegel der inneren Erlebnisse und
Selbstrepräsentation. Nach dem Kommunikationsmodell von Schulz von Thun (vgl.
[21]) entsprechen diese den Seiten der Sach-, der Beziehungsebene und der Selbstoffen-
barung. Schulz von Thun ergänzt hier noch den Apell. Nur wenn die Kommunikations-
partner alle Ebenen einer Nachricht erfassen und dementsprechend darauf Bezug neh-
men können, ist Kommunikation erfolgreich.
Ein Fallbeispiel verdeutlicht dieses. In der Jubiläumskampagne zum 100-jährigen Ge-
burtstag von Nivea Creme ist es der Beiersdorf AG gelungen, diese verschiedenen Ebenen
anzusprechen, indem sie die Bedeutung von Nähe vielfältig interpretiert. Auf der Sach-
ebene wird körperliche Nähe in Form von Hautkontakt dargestellt, wobei die gepflegte
Haut im Vordergrund steht. Auf der Beziehungsebene stellt sich Nivea als treuer und
beständiger Partner auf dem Weg zu gepflegter Haut dar. Über sich selbst offenbart Ni-
vea, dass es seine Kunden schätzt und den besonders treuen Kunden die Ehre erweist,
ihren Namen auf der Creme-Dose abzudrucken. Der Apell dieser Nachrichten ist dann
gleichzusetzen mit der zentralen Werbebotschaft: Nutze Nivea und fühle dich wohl in
deiner Haut. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Markenkommunikation im So-
cial Web, sondern auf allen Kanälen. So zeigt die Nivea-Kampagne auch, dass eine Kam-
pagne mehrere Kanäle bespielen sollte, anstatt sich nur auf Social Media zu verlassen.

3.3 Medienkompetenz

Medienkompetenz meint laut Schorb die Eingrenzung der kommunikativen Kompetenz


auf das kommunikative Handeln mit Medien (vgl. [20]). Laut Schorb umfasst Medien-
kompetenz drei Bereiche: das Medienwissen, die Medienbewertung und das Medien-
handeln (vgl. [20]).
Medienwissen umfasst (1) das Funktionswissen, also die Fertigkeiten, Medien bedie-
nen und verwenden zu können. Hier sind technische Fertigkeiten ebenso gemeint wie
gestalterische Fähigkeiten, beispielsweise die Erstellung einer Facebook-Seite oder das
Verlinken eines Blog-Beitrags bzw. die ansprechende Formulierung von Statusmeldun-
gen oder die Unterstreichung einer Nachricht durch Bildmaterial. Hinzu kommt (2) das
Strukturwissen, die Kenntnis der Vernetzung der Kanäle, Inhalte und Akteure. Welche
Zusammenhänge bestehen zwischen der Nutzung von Facebook und Twitter, welche
Ziele werden in welchem Kanal verfolgt und welche Zielgruppe ist dort erreichbar? Um
sich in der Informationsflut zurechtzufinden, ist auch (3) das Orientierungswissen Be-
standteil des Medienwissens. Orientierungswissen befähigt zur Bewertung von Medien-
inhalten und zum Beziehen eines eigenen Standpunktes, um selbst gestaltend an der
Medienentwicklung teilhaben zu können. Dies beginnt bereits beim Posten eines Blog-
Kommentars, in dem Stellung zu bisherigen Äußerungen bezogen wird.
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 105

Dabei lässt sich die weite Verbreitung und Nutzung von Social Media auch anhand
des Technology Acceptance Modells (TAM) erklären. Erst nach einer wahrgenommenen
einfachen Bedienbarkeit (perceived ease of use) und einem wahrgenommenen Nutzen
(perceived usefulness), der zu einer Verbesserung der eigenen beruflichen Handlungs-
fähigkeit führt, kommt es zu einer positiven Nutzungseinstellung und anschließend zu
einer Nutzung der Technologien (vgl. [6], zitiert nach [3]). Die Schwelle für das Funkti-
onswissen in Social Media ist demnach geringer als bei anderen Medienformaten und
führt zu einer höheren Nutzungsakzeptanz. Dies vermehrt die Chancen zur Teilhabe an
gesellschaftlichen Prozessen im Sinne der kommunikativen Kompetenz.
Die besondere Herausforderung der Markenkommunikation liegt hierbei in der
cross- und transmedialen Vernetzung der Medienangebote und -gattungen, welches um-
fassenderes Medienwissen erfordert. Doch auch die Multimedialität der Social-Media-
Kanäle mit Videos auf YouTube, Storytelling in Blogs oder Fotodokumentationen auf
Flickr beansprucht Kenntnisse aus unterschiedlichen Medienbereichen.
Medienbewertung meint die kritische Reflexion und Bewertung der Medieninhalte.
Dies kann zum bewussten Genuss ebenso wie zur begründeten Ablehnung bestimmter
Medieninhalte führen. Die Bewertung ist somit Voraussetzung für das eigene Medien-
handeln.
Die Crowd kann – wie die Masse – hierbei als Indikator für Beliebtheit und Nütz-
lichkeit spezieller Medienangebote genutzt werden. Eine Fanpage mit vielen Fans und
einem hohen Maß an Interaktivität hat scheinbar mehr zu bieten als ein Angebot mit
wenigen Fans und geringer Stimulation zur Mitwirkung. Im Social Web werden indi-
viduelle Bewertungen durch Bewertungsportale und andere Angebote jedoch transpa-
renter und Bewertungen anderer können für die eigene Medienbewertung adaptiert
werden.
Medienhandeln meint die aktive Verwendung von Medien zur Kommunikation eige-
ner Inhalte bis hin zur Mitwirkung an gesellschaftlichen Entwicklungen im Sinne der
kommunikativen Kompetenz. Dies wird durch die einfache Nutzung und den wahrge-
nommenen Nutzen von Social Media verstärkt möglich, führt jedoch auch zu einer
zunehmenden Anzahl von weniger anspruchsvollen Inhalten, aus denen der Einzelne
auswählen und sich auf sein Urteilsvermögen der Medienbewertung verlassen können
muss.

3.4 Markenführungskompetenz

Markenführungskompetenzen werden vor allem bei der Betrachtung organisationaler


Kompetenzen thematisiert. Bei dem hier vorgestellten Konzept handelt es sich also nicht
um Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen eines Individuums, sondern eines Unter-
nehmens als Organisationseinheit. Dennoch lassen sich einige Erkenntnisse auch für die
Bestimmung einer individuellen Social-Media-Kompetenz ableiten.
106 Jana Riedel, Ralph Sonntag

Blinda (vgl. [2]) unterscheidet sechs Kompetenzfelder:

• die Markeninformationsabsorptionskompetenz (Fähigkeit zur Erhebung und Analyse


relevanter Marktinformationen),
• strategische Markenplanungskompetenz (Fähigkeit zur Erstellung von Marken-
strategien),
• Markenevolutionskompetenz (Fähigkeit zur ständigen Weiterentwicklung der Marke
und Markenaktivitäten),
• Markendurchsetzungskompetenz (Fähigkeit zur hohen Identifikation der Mitarbeiter
mit der Marke),
• operative Markenumsetzungskompetenz (Fähigkeit zur Übereinstimmung von Un-
ternehmensaktivitäten und Markenidentität),
• Markencontrollingkompetenz (Fähigkeit, die Markenaktivitäten zu überwachen und
zu steuern).
• Hinzu kommen mit der Kundenakquisitions- und der Kundenbindungskompetenz
zwei Meta-Kompetenzen für die Markenführung.

Für die Markenkommunikation im Social Web erscheinen neben den strategischen


und analytischen Fähigkeiten vor allem die Bereiche der Markendurchsetzungs- und
Markencontrollingkompetenz von besonderer Bedeutung. Die Markendurchsetzungs-
kompetenz ist dabei vor allem vor dem Hintergrund des Employer Brandings interes-
sant. Die Mitarbeiter eines Unternehmens bilden im Social Web ein transparenteres und
stärker sichtbares Aushängeschild eines Unternehmens, wodurch jeder einzelne zu ei-
nem Markenbotschafter werden kann. Der Verankerung des Marken-Selbstbildes in der
Mitarbeiterschaft kommt daher eine bedeutendere Rolle zu. Hinsichtlich der Überwa-
chungs- und Analysefähigkeiten im Sinne der Markencontrolling- und Markeninfor-
mationsabsorptionskompetenz bietet das Social Web durch das Social Media Monitoring
neue Möglichkeiten der Datenerhebung und -auswertung. Zielgruppen und Trends
können durch einfaches Zuhören analysiert und beobachtet werden und aus diesen Er-
gebnissen können wiederum Rückschlüsse auf die Produkt- und Markenentwicklung
gezogen werden.
Die erfolgreiche Markenführung trägt letztlich zur Steigerung des Markenwertes und
somit zum immateriellen Wert eines Unternehmens bei. Studien, die den Anteil von
Social Branding und Online-Reputation-Management am Unternehmenswert nachwei-
sen, gibt es jedoch noch nicht.

4 Ableitung eines Social-Media-Kompetenz-Modells

Die Anwendung dieser drei etablierten Kompetenzkonzepte auf die Beschreibung der
Kompetenzen im Online-Reputation-Management verdeutlicht die Komplexität des
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 107

Journalisische Eigeninitiative/
Konzept-/ Selbstständigkeit
Fähigkeiten/
Strategie-
Medienproduktion
erstellung
Kontaktfähigkeit/ Menschen-
Beziehungsmanagement, kenntnis/
Vertiefende Kenntnis Kundenakquise/
der einzelnen Einfühlungs-
-bindung vermögen
Allgemeine Einsatzbereiche von
Kenntnisse über Social Media entlang Projekt-
Social Media management Analysefähigkeit
der Wertkee
Kenntnisse und Überwachungs-
Wisse n Fertigkeiten und Steuerungs- Einste llung
Identifikation der Marke
Kenntnisse der Geistige fähigkeit
Etikee im Technische Beweglichkeit/
Kenntnisse zum Krisensituationen
Social Web Flexibilität
Auau von erkennen und
Kenntnisse der Social-Media- Webbasierte entschärfen
Dialogführung Ständige
Rechtslage Plaformen Rasche Erreichbarkeit
Gängige Auffassungs- über verschiedene
Management von Ausdrucksformen gabe Kanäle
Web-Communities Organisation von
Information

Abb. 3 Kompetenzen für das Online-Reputation-Management (Quelle: eigene Darstellung in An-


lehnung an Riedel et al. (vgl. [19]))

Konstruktes und seiner Zusammensetzung aus unterschiedlichen Dimensionen (Per-


sonal-, Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz).
Eine theoretische Beschreibung oder empirische Erforschung der für das Online-
Reputation-Management in Social Media erforderlichen Kompetenzen erfolgte bisher
nicht. Erste Ansätze der Identifikation eines Berufsbildes für die Kommunikation in
Social Media zeigen die methodische Vielfalt, wie diese ermittelt werden können (vgl.
[5], [25], [9]). Eine Herleitung aus theoretischen Betrachtungen der Besonderheiten der
Kommunikation im Social Web ist dabei ebenso möglich wie die empirische Erfassung
in Befragungen von Experten in Unternehmen und Agenturen oder Analysen von Kom-
petenzprofilen neu entwickelter Berufsbilder oder Stellenanzeigen.
Abbildung 3 identifiziert die Bestandteile der Kompetenzen für das Online-Repu-
tation-Management. Darin sind die in den vorangegangenen Ausführungen identifizier-
ten Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen enthalten und wurden um weitere Be-
standteile aus den Untersuchungen von BVCM, Wittenbrink sowie Fink, Zerfass ergänzt
(vgl. [5], [25], [9]). Die im Fettdruck dargestellten Kompetenzen wurden in einer Onli-
ne-Befragung des Projektes „Social Media Communication“1 von regionalen Unterneh-
men und Agenturen am höchsten bewertetet (vgl. [19]).

1
Informationen zum Projekt unter: http://social-media-experten.de
108 Jana Riedel, Ralph Sonntag

Die überwiegende Zahl dieser Bestandteile ist auch in den unter 3 beschriebenen
Kompetenzkonzepten erfasst. Teilweise können weitere Bestandteile ergänzt werden. Die
systematische Aufarbeitung eines Social-Media-Kompetenzmodells steht daher erst am
Anfang und erfordert eine stetige Weiterentwicklung und Ergänzung sowie die Bewer-
tung eines Kataloges an Wissensbestandteilen, Fähigkeiten und Einstellungen für eine
Social-Media-Kompetenz.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Die Markenkommunikation in Social Media ist ein relativ neues und dynamisches Feld,
in welchem sich eine zunehmende Zahl von Unternehmen zunächst austestet. Diese
Erprobungsphasen werden von den Unternehmen in unterschiedlicher strategischer
Tiefe und Ganzheitlichkeit verfolgt. Auch die wissenschaftliche Erforschung des Gebietes
steht noch am Anfang. Forschungsschwerpunkte lassen sich in den Bereichen des Social
Media Governments, des Social Media Measurements, des Social Media Marketings und
des Lernens mit Social Media identifizieren. Kompetenzen für die (Marken)-Kommuni-
kation in Social Media sind dabei bisher ein untergeordnetes Thema.
Die vorangegangenen Ausführungen zeigen, dass sich bestehende Kompetenzkonzep-
te für die Beschreibung spezifischer Bestandteile von Kompetenzen für das Online-Repu-
tation-Management eignen und daraus ein eigenes Kompetenzmodell entwickelt werden
kann. Die Entwicklung eines solchen steht jedoch noch am Anfang und muss systema-
tisch fortgeführt werden. Die Herausforderung besteht dabei in der Dynamik der Social-
Media-Welt. Der Gegenstand, für den Kompetenzen beschrieben und perspektivisch
entwickelt werden sollen, unterliegt selbst einem ständigen Wandel. Somit ändern sich
auch die Anforderungen und Bestandteile eines Social-Media-Kompetenzmodells, wel-
ches diese Dynamik aufnehmen muss.
Die Komplexität eines solchen Modells zeigt sich auch in der Vielfalt der betroffenen
Kompetenzfelder, welche sozial-kommunikative ebenso wie technische und gestalteri-
sche sowie strategische und analytische Kompetenzen umfassen. Diese lassen sich an-
hand theoretischer Betrachtungen ebenso identifizieren wie durch empirische Untersu-
chungen. Eine Kombination beider Herangehensweisen kann dabei die systematische
weitere Erforschung vorantreiben, um Aussagen zur Relevanz und Praxistauglichkeit der
einzelnen Bestandteile treffen zu können.

Literaturverzeichnis

1 Beck, K. (2006): Kommunikationsprozess, in: Bentele, G./Brosius, H.-B./Jarren, O. (Hrsg.): Lexikon


Kommunikations- und Medienwissenschaft, Wiesbaden, S. 131–133.
2 Blinda, L. (2006): Markenführungskompetenzen eines identitätsbasierten Markenmanagements,
Dissertation Universität Bremen.
Kompetenzen für das Online-Reputation-Management 109

3 Bürg, O./Mandl, H. (2004): Akzeptanz von E-Learning in Unternehmen, Forschungsbericht Nr. 167,
München, URL: http://epub.ub.uni-muenchen.de/328/1/FB_167.pdf, abgerufen am: 15.11.2011.
4 Burmann, C./Meffert, H./Koers, M. (2005): Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements,
in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Marken-
führung und praktische Umsetzung, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 3–17.
5 BVCM (2010): Bericht zur Studie „Berufsbild Community Manager“, URL: http://www.bvcm.org/
wp-content/uploads/2010/12/Studie_Berufsbild-Community-Manager_1.0.pdf, abgerufen am:
15.11.2011.
6 Davis, F. D. (1989): Perceived usefulness, perceived ease of use, and user acceptance of information
technology, MIS Quarterly, 13(3), S. 319–340.
7 Dörflinger, T. (2011): Social Media Measurement. How to legitimate the effort in online communica-
tion, Diplomarbeit FH Joanneum Graz, URL: http://www.dörflinger.at/pdf/Doerflinger_SM_
Measurement.pdf, abgerufen am: 15.11.2011.
8 Erpenbeck, J./Heyse, V. (1999): Die Kompetenzbiographie. Strategien der Kompetenzentwicklung
durch selbstorganisiertes Lernen und multimediale Kommunikation, Münster.
9 Fink, S./Zerfass, A. (2010 & 2011): Social Media Governance 2010 & 2011, URL:
http://www.slideshare.net/FFPR/studie-social-media-governance-2010-studienergebnisse &
http://www.ffpr.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dokumente/Social_Media_Governance_2011_-
_Ergebnisbericht.pdf, abgerufen am: 15.11.2011.
10 Gladwell, M. (2002): Tipping Point. Wie kleine Dinge Großes bewirken können, 2. Aufl., München.
11 Habermas, J. (1981): Theorie des kommunikativen Handelns, 2 Bände, Frankfurt am Main.
12 Kaufhold, M. (2006): Kompetenz und Kompetenzerfassung. Analyse und Beurteilung von Verfahren
zur Kompetenzerfassung, Wiesbaden.
13 Kramer, K. (2010): Souveräne Markenführung. Managementkonzept zur Führung von Marken im
Zeitalter von Social Media, Berlin.
14 Maletzke, G. (1963): Psychologie der Massenkommunikation, Hamburg.
15 Meffert, H./Bierwirth, A. (2005): Corporate Branding – Führung der Unternehmensmarke im Span-
nungsfeld unterschiedlicher Zielgruppen, in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Marken-
management. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Aufl., Wiesbaden,
S. 143–162.
16 Oenicke, J. (1996): Online-Marketing. Kommerzielle Kommunikation im Digitalen Zeitalter, Stutt-
gart.
17 Pintscher, L. (o. J.): Schwarmintelligenz. Paper, Universität Karlsruhe, URL: http://lydiapintscher.de/
uni/schwarmintelligenz.pdf, abgerufen am: 15.11.2011.
18 Reichwald, R./Piller, F. (2009): Interaktive Wertschöpfung. Open Innovation, Individualisierung und
neue Formen der Arbeitsteilung, 2. Aufl., Wiesbaden.
19 Riedel, J./Jödicke, C./Wolff, R./Schoop, E./Sonntag, R. (2011): Hochschultyp- und fachübergreifende
Kompetenzförderung mit und für Social Media, in: Köhler, T./Neumann, J. (Hrsg.): Wissensgemein-
schaften. Digitale Medien – Öffnung und Offenheit in Forschung und Lehre, Münster, S. 36–46.
20 Schorb, B. (1997): Medienkompetenz, in: Hüther, J./Schorb, B. (Hrsg.): Grundbegriffe Medien-
pädagogik, 4. Aufl., München, S. 257–262.
21 Schulz von Thun, F. (1990): Miteinander reden: Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung, Ham-
burg.
22 Schwalbach, J. (2004): Reputation. Forschungsbericht, Berlin, URL: http://www2.wiwi.hu-
berlin.de/institute/im/publikdl/2004-2.pdf, abgerufen am: 15. 11. 2011.
23 Tomczak, T./Brexendorf, T. (2005): Markenaufbau und Markenpflege. Grundlagen und Praxis zur
erfolgreichen Umsetzung, Zürich.
24 Weinert, F. (1999): Definition and Selection of Competencies. Concepts of Competence, München.
25 Wittenbrink, H. (2011): Zwei Ebenen der Web Literacy, URL: http://heinz.typepad.com/
lostandfound/2011/02/zwei-ebenen-der-web-literacy-.html, abgerufen am: 15.11.2011.
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität
durch systematisches Interagieren mit Fans
8
Artur Mertens, Markus Caspari

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung.................................................................................................................................. 112
2 Aktuelle Entwicklungen............................................................................................................ 113
2.1 Soziale Medien legen zu............................................................................................. 114
2.2 Interaktionsraten nehmen ab ................................................................................... 114
2.3 Folgen für die Marke.................................................................................................. 116
3 Ursachen für den Rückgang der Interaktionsrate ................................................................ 117
3.1 Qualität der Inhalte .................................................................................................... 118
3.2 Qualität der Interaktion............................................................................................. 119
4 Maßnahmen zur Steigerung der Interaktionsrate ................................................................ 120
4.1 Zahl der Posts optimieren ......................................................................................... 120
4.2 Themen der Posts besser auf Interaktionen zuschneiden .................................... 120
4.3 Interaktionsangebote schaffen.................................................................................. 120
4.4 Differenzierter auf Fans eingehen............................................................................ 120
4.5 Systematisch Brand Advocates gewinnen............................................................... 122
5 Steigerung der Interaktionsraten am Beispiel Starbucks ..................................................... 123
6 Zusammenfassung und Fazit ................................................................................................... 125
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 126

_______________________
Artur Mertens ()
Otto-Hesse-Straße 19, 64293 Darmstadt, Deutschland
e-mail: a.mertens@branddevelop.de
Markus Caspari ()
Jakob-Kaiser-Weg 9, 64572 Büttelborn, Deutschland
e-mail: mail@markus-caspari.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 111


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_8, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
112 Artur Mertens, Markus Caspari

„Soziale Markenloyalität durch Facebook & Co. aufzubauen und zu festigen, gewinnt weiter an Bedeu-
tung. Marken inhaltlich und formal auf den Dialog mit dem Konsumenten und Interessenten auszu-
richten, wird daher immer wichtiger.“ Artur Mertens

„Systematische Interaktion mit Fans ist der entscheidende Erfolgsfaktor, um die Effizienz und Perfor-
mance von Social-Branding-Aktivitäten nachhaltig zu steigern.“ Markus Caspari

1 Einführung

Erfolgreiche Marken leben – sie entwickeln sich, und zwar nicht nur aus einem inneren
Antrieb heraus, sondern auch durch sich verändernde Rahmenbedingungen und Not-
wendigkeiten. Im Idealfall reift die Marke mit diesen dynamischen Herausforderungen
wie ein Mensch im Laufe seines Lebens. Sie entwickelt Charakter, Ausstrahlung und
zeigt Profil.1
Seit geraumer Zeit schaffen die sozialen Medien2 neue Bedingungen für die Marken-
führung. Die dynamischen Aspekte und Prozesse sozialer Medien stellen Markenverant-
wortliche vor die Aufgabe, die eigene Marke mittels Social Media zu öffnen,3 ohne dabei
in Aktionismus zu verfallen und somit die Identität der Marke zu gefährden (vgl. hierzu
u. a. [3], [14], S. 54 und [5]).
Ziel der identitätsorientierten Markenführung ist „eine funktions- und unterneh-
mensübergreifende Integration aller mit der Markenführung zusammenhängenden
Entscheidungen und Aktivitäten zum Aufbau von langfristig stabilen und werthaltigen
Marke-Kunden-Beziehungen“ ([8], S. 75).
Dabei sind derartige Markenbeziehungen aber nicht nur ein theoretisches Konstrukt,
um die Verbundenheit4 eines Kunden mit einer Marke zu erklären (vgl. hierzu [7]), son-
dern vor allem eine lebendige Beziehung zwischen Kunden und Marken. Wie zwischen-
menschliche Beziehungen leben sie von Nähe, Austausch und Reibung. Kunden und
Interessenten für die Marke zu begeistern, um so den Aufbau einer langlebigen und

1
Zur kritischen Würdigung der Analogie zwischen menschlichen Beziehungen und Markenbeziehun-
gen siehe Diehl (vgl. [12], S. 199 f.).
2
Laut BITKOM (vgl. [2]) sind 74 % der deutschen Internetnutzer mindestens in einem sozialen Netz-
werk angemeldet. 66 % sind dabei aktive Nutzer.
3
Zur Öffnung der eigenen Marke mittels sozialer Medien siehe Buck et al. (vgl. [5]).
4
Zur Abgrenzung des Zustands der Verbundenheit von dem der Gebundenheit siehe Diehl (vgl. [12],
S. 3 f.). Dabei verweist Diehl auf Studien, die diese beiden Bindungszustände um eine weitere Form der
Markenbeziehung erweitern, und untersucht Indikatoren und Wirkungen des „Brand Attachments“.
Das über eine rationale Zufriedenheit hinausgehende Brand Attachment stellt eine Verbundenheit auf
emotionaler Ebene dar, differenziert sich allerdings vom „Lovemarks-Konzept“ von Roberts: „There had
to be something new, something that would create loyalty beyond reason“ ([40], S. 66) und Roberts:
„Lovemarks sind Marken, Events und Erlebnisse, die von den Menschen geliebt werden“ ([41], S. 15), da
Liebe und Leidenschaft nur eine Form emotionaler Markenbeziehungsqualität ist (vgl. [12], S. 27 ff.).
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 113

emotional bindenden Markenbeziehung zu ermöglichen, bleibt daher auch nach der


Integration von Social Media oberstes Ziel der Markenführung.5
Die zentrale Aufgabenstellung für Markenverantwortliche ist demnach – nach einer
Phase des Zuhörens und der beobachtenden Teilnahme –, Social Media so in den be-
stehenden Kommunikations-Mix zu integrieren, dass die Nutzung der neuen Medien zu
einem intensiveren Dialog mit den Konsumenten und den Interessenten einer Marke
führt.6
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass Markeninteraktionen – also der geführte Dia-
log zwischen Marken und Konsumenten – die Markenloyalität beeinflussen (vgl. [19]).
Immer mehr Markenmanager setzen zur Steigerung der Interaktion aus diesem Grund
auf den Einsatz von Social Media.7 Damit erscheinen die Aussichten, Markenloyalität8
durch die sozialen Medien aufzubauen, vielversprechend und vergleichsweise einfach.
Doch die Realität verpasst ersten Höhenflügen einen Dämpfer: Zwar verzeichnen
viele Marken im Internet eine stetig wachsende Zahl an Fans, diese interagieren aber
immer weniger mit der Marke – und Schweigen bedeutet langfristig das Aus für jede
Beziehung, auch für die zu einer Marke.
Das Kommunikationsmedium Nummer eins hält also offenbar nicht das, was es ver-
spricht. Immer weniger Menschen führen aktive Gespräche mit Marken und das,
obwohl sie gleichzeitig im Netz überhaupt nicht kommunikationsmüde geworden sind.
Es fehlt also an Loyalität, aber warum?
Der vorliegende Beitrag geht den zentralen Fragen nach, die mit dieser Problematik
verbunden sind. Es werden Ursachen für den Rückgang der Interaktionsraten ermittelt
und die Auswirkungen für die Marke beleuchtet. In konkreten Handlungsempfehlungen
sowie anhand des Beispiels „Starbucks“ wird aufgezeigt, wie Marken systematischer mit
ihren Fans interagieren können, um eine Social Brand Loyalty aufzubauen bzw. lang-
fristig zu bewahren.

2 Aktuelle Entwicklungen

Die aktuellen Entwicklungen sind geprägt von zwei auseinanderdriftenden Werten: Die
Zahl der „Fans“ (vgl. [52]), also der User, die sich per Klick auf einen „Gefällt mir“-
Button für eine Marke aussprechen, steigt immens.9 Gleichzeitig nimmt die Zahl der

5
Zur Etablierung erfolgreicher Markenbeziehungen als zentraler Aufgabenstellung des Markenmanage-
ments siehe Mattenklott (vgl. [33], S. 257).
6
Zur Doppelfunktion der Marke als Objekt und Partner im Interaktionsprozess siehe Esch und Stenger
(vgl. [15], S. 293 f.).
7
Größere Marken setzen pro Monat durchschnittlich 38 Posts auf Facebook ab (vgl. [51]).
8
Zum Konstrukt der Markenloyalität und den dazu existierenden unterschiedlichen Auffassungen siehe
Lorenz (vgl. [32], S. 58–71).
9
„Facebook“ unterscheidet „Friends“ (bis 5.000 Follower), meist bei privaten Einträgen, von den „Fans“
(über 5.000 Follower). Da die meisten Marken-Aktivitäten bei „Facebook“ stattfinden, entscheiden wir
uns hier für die „Facebook“-basierte Terminologie.
114 Artur Mertens, Markus Caspari

Interaktionen,10 also die Häufigkeit eines weitergehenden Austauschs, drastisch ab (vgl.


[57], S. 9). Um zu verstehen, welche Auswirkungen diese gegenläufigen Entwicklungen
für Marken haben, werden sie im Folgenden genauer beleuchtet.

2.1 Soziale Medien legen zu

Soziale Netzwerke werden immer größer. Immer mehr Menschen sind beispielsweise bei
„Facebook“ registriert und dort aktiv (vgl. [30]). Facebook besaß Ende des Jahres 2011
bereits eine Gemeinde von etwa 800 Mio. Mitgliedern weltweit (vgl. [54]). Zu Beginn des
Jahres waren es noch 600 Mio. Aber auch andere soziale Netzwerke wachsen rasant.
Google+ konnte beispielsweise in einem Zeitraum von nur 7 Monaten bereits 90 Mio.
Mitglieder gewinnen (vgl. [38]).
Facebook behauptet derzeit in Hinsicht auf Bekanntheit und Beliebtheit bei den
Nutzern sozialer Netze seine Vorreiterrolle – auch bei der Markeninteraktion. Eine US-
amerikanische Studie zeigt, dass über ein Drittel der Nutzer am liebsten über Facebook
mit ihrer Lieblingsmarke kommunizieren. Bei den unter 35-Jährigen sind es sogar über
die Hälfte (vgl. [11]).
Kein Wunder also, dass Unternehmen immer mehr auf Social Media setzen und hier
vor allem auf Facebook. Der Facebook Trendreport 2011, der 150 Top-TV-Werbetrei-
bende untersuchte (vgl. [57], S. 8 und 26), konnte ermitteln, dass diese ihre Aktivitäten
stark mit „Facebook“ verlinken. 72 % der TV-Spots verweisen demnach zunächst auf die
Marken-Website und 76 % der Websites verlinken dann auf die „Facebook“-Fanseite.
45 % der Unternehmen nutzen dabei die Empfehlungsfunktionen von Facebook (vgl.
[57], S. 2 und 25).
Aktivitäten, die scheinbar rasant zu hervorragenden Ergebnissen führen: Bei den
untersuchten Marken wurden, im Vergleich zum Vorjahr, die Fanzahlen um den Faktor
sieben auf durchschnittlich 25.124 Fans vervielfacht (vgl. [57], S. 10 und 26). Sieben
Marken haben inzwischen sogar über 20 Mio. Fans (vgl. Abb. 1).

2.2 Interaktionsraten nehmen ab

Wie bereits angeführt, ist Interaktion eine Möglichkeit, Markenloyalität aufzubauen bzw.
zu intensivieren (vgl. [39], S. 39 und [36], S. 74f.). Die sozialen Medien scheinen daher
das ideale Medium für einen intensiven Austausch von Konsumenten und Marken zu
sein. Kaplan und Haenlein definieren Social Media als „eine Gruppe von Internetanwen-
dungen, die auf den technologischen und ideologischen Grundlagen des Web 2.0 auf-

10
Zu den Möglichkeiten, auf Facebook zu interagieren, siehe Holzapfel und Holzapfel (vgl. [25], S. 46).
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 115

Abb. 1 Top-10-Brands mit den meisten Facebook-Fans (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung
an [17]11)

bauen und die Herstellung und den Austausch von User Generated Content ermög-
lichen“ [28]. Man möchte hinzufügen: nicht nur ermöglichen, sondern geradezu för-
dern. Es gibt vielfältige Anwendungen wie Blogs, Kollektivprojekte, Communities, so-
ziale Netzwerke, MMORPGs12, soziale virtuelle Welten und vieles mehr (vgl. [28], [24],
S. 338ff. und [42], S. 273), die für jeden Nutzer ideale Voraussetzungen zum Austausch
bieten. Daher wird fleißig gepostet, gebloggt, gechattet, geshared und getwittert. Aber
profitieren Marken, die in den sozialen Medien aktiv sind, auch davon?
Leider nicht – der Facebook Trendreport 2011 hat für die 150 untersuchten Marken
festgestellt, dass die Interaktionen im Vergleich zum Vorjahr deutlich abgenommen
haben. Lag die durchschnittliche Interaktionsrate13 auf Facebook im Jahr 2010 noch bei
4,3 %, so sank sie 2011 um mehr als die Hälfte auf 1,5 % (vgl. [57], S. 18).

11
Ohne die Facebook-Seiten von Facebook, YouTube und iTunes. Bei Converse ist nur die Facebook-
Seite der Brand angegeben. Vgl. hierzu auch Tab. 1.1 von Kilian (vgl. [29]), der den Top Brands mit den
meisten Facebook-Fans die Prominenten-Fanseiten auf Facebook gegenüberstellt.
12
Massively Multiplayer Online Role-Playing Game.
13
Zur Berechnung der Interaktionsrate siehe Allfacebook.de (vgl. [43]).
116 Artur Mertens, Markus Caspari

0,500

0,477
0,375

0,250 0,308

0,125 0,178

0,076 0,078 0,074


0,000
0 - 1.000 1 K - 10 K 10 K - 100 K 100 K - 1 Mio. 1 Mio. - 10 Mio. > 10 Mio.

Durchschniliche Interaktionsrate je Admin Post

Abb. 2 Sinkende Interaktionsrate bei zunehmenden Fanzahlen (Quelle: vgl. [53])

Zudem zeigt eine Untersuchung: Je größer die Fangemeinde einer Facebook-Seite ist,
desto geringer fällt die Interaktionsrate aus. Wie Abb. 2 verdeutlicht, scheint es dem-
nach einen natürlichen oder durch einen Algorithmus bestimmten Grenzwert zu geben
(vgl. [53]).
Dieser Trend gilt über alle Branchen hinweg, auch wenn der Facebook Trendreport
2011 einige Branchen ausmachen konnte, die überdurchschnittliche Interaktionsraten
erreichen konnten. Zu nennen sind hier vor allem die Automobilhersteller mit 2,3 %
(vgl. [57], S. 18).

2.3 Folgen für die Marke

Nur jeder 70. Fan interagierte 2011 mit seiner Marke. Zudem haben die „Lightweight
Interactions“ zugenommen – also die Klicks auf die „Gefällt mir“-Buttons: von 61 % in
2010 auf 65 % in 2011. Nur 10 % der Fans engagieren sich mit Postings (vgl. [57], S. 18).
Hinzu kommt, dass bei einer zu geringen oder fehlenden Interaktion auch die Tech-
nik dafür sorgt, dass Mensch und Marke nicht zueinander finden. Ein Rückgang des
EdgeRanks führt dazu, dass Markeninformationen bei Facebook vom Fan nicht mehr
gesehen werden. Bei Seiten mit 1.000 bis 10.000 Fans liegt die Wahrnehmung bei 9,38 %,
d. h., ein Post wird von nur 9,38 % der Fans gesehen. Bei Seiten mit 10.001 bis 100.000
Fans liegt die Wahrnehmung bei 6,02 %, bei 100.001 bis 1.000.000 Fans bei 6,11 % und
bei Seiten mit mehr als 1.000.000 Fans nur noch bei 2,79 % (vgl. Abb. 3). Im Durch-
schnitt werden folglich nur noch 7,49 % der Posts im Newsfeed der Fans wahrgenom-
men (vgl. [10]).
Die Folgen liegen auf der Hand: Die Kommunikationsleistung von Marken in sozia-
len Medien nimmt ab. Damit wird die Markenloyalität der Kunden und Interessenten
erheblich gefährdet.
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 117

9,38%

6,02% 6,11%

2,79%

1000 bis 10.000 10.001 bis 100.000 100.001 bis Mehr als 1.000.000
Fans Fans 1.000.000 Fans Fans

Abb. 3 Wahrnehmung von Posts in Prozent (Quelle: vgl. [10])

3 Ursachen für den Rückgang der Interaktionsrate

Bei der Interaktion über die sozialen Netzwerke werden die neue Rolle und die ver-
änderte Position der Marke im Kommunikationsprozess deutlich. In der ersten Inter-
netphase lief Markenkommunikation über bewährte Sender-Empfänger-Modelle. Die
Marke stand als Sender am Beginn des einseitigen Kommunikationsprozesses und ver-
mittelte die Botschaften über einen Informationskanal an die Zielgruppe. In Zeiten des
Web 2.0 hat sich dies grundlegend geändert. Die Marke steht nun im Zentrum des
Mediums (vgl. [31], S. 38 und 49) und ist Sender und Empfänger gleichzeitig, da die
Community nicht mehr konsumierender Rezipient, sondern aktiver Mitspieler gewor-
den ist.14
War es gemäß dem Sender-Empfänger-Modell der klassischen Kommunikation aus-
reichend, durch Aussenden der Botschaft zu kommunizieren, so gilt es in den sozialen
Medien, den Kommunikationsprozess permanent in Gang zu halten, sozusagen immer
im Gespräch zu bleiben.15
Der Rückgang der Interaktionsraten kann demnach darauf zurückzuführen sein, dass
es Unternehmen nicht gelingt, den Kommunikationsprozess dauerhaft anzuregen. Sie
nutzen die Bedingungen des Mediums sowie die Bedürfnisse der Community nicht
optimal und interagieren nicht systematisch genug mit ihren Fans.

14
Vgl. hierzu das netzwerkorientierte Interaktionsmodell (Abb. 1.1) von Burmann et al. (vgl. [7]) sowie
zur Kategorisierung moderner Kommunikationsansätze Abb. 2.1 von Schmitz und Ahlers (vgl. [44]).
Schögel und Mrkwicka verdeutlichen den Rollenwechsel der Unternehmen vom Sender zum Netzwer-
ker (Abb. 1) mit dem „Communication Shift“ (vgl. [45] S. 6 ff.).
15
Zur Transformationsmöglichkeit mittels Social Media vom einseitigen Monolog zum vielseitigen
Dialog siehe Grabs und Bannour (vgl. [21], S. 35) sowie zu den drei Evolutionsstufen des E-Brandings
siehe Henseler (vgl. [23], S. 136 ff.).
118 Artur Mertens, Markus Caspari

Um den Kommunikationsprozess in den sozialen Medien am Laufen zu halten, reicht


es nicht aus, einen einmaligen Anreiz zu schaffen. Das Interesse muss geweckt, es muss
zur Reaktion animiert und der Ball dann zurückgespielt werden, immer wieder. Nur so
bleiben die Interaktionen im Fluss. Dazu müssen aber sowohl die kommunizierten
Inhalte als auch die Art und Weise der Interaktion „stimmen“.

3.1 Qualität der Inhalte

Fans stellen ihre eigenen Anforderungen an die Inhalte. Eine aktuelle Studie ermittelt,
dass Facebook-Seiten die folgenden Kriterien erfüllen sollten, um attraktiv zu sein:

• „Abwechslung, Innovation und Stil“


• „Wirkt wie Nachrichten, niemals wie Werbung“
• „Gemeinschaftsgefühl“ (vgl. [35])

Inhalte, die wenig animierend aufbereitet sind und offensichtlich werblichen Charak-
ter haben oder keine Gemeinschaftserlebnisse generieren, werden demnach wenig bis
gar nicht rezipiert.16
Gleichwohl sollte man sich nicht allein von den Präferenzen der Fans leiten lassen.
Denn diese suchen die „schnelle Befriedigung“, was zwar ein schnelles Wachstum der
Fanzahlen generieren kann, jedoch nicht gerade die Markenloyalität fördert. Ginge es
nämlich nach den Konsumenten, würde es vorwiegend spezielle Angebote und Deals wie
z. B. Coupons, Rabatte und Promotions geben (vgl. Abb. 4).
Interessant scheint zudem die hohe Anzahl von Usern zu sein (32,9 %), die Fan einer
Marke werden, weil sie bereits Kunden des Unternehmens sind. Das bedeutet, dass der
Weg zu einer Markenbeziehung hier bereits geebnet wurde und die Marke „lediglich“
über ein systematisches Interagieren dauerhaft interessante Kommunikationsangebote
bieten sollte, die sich durch eine Balance aus Information, Unterhaltung, speziellen
Angeboten und Service auszeichnen und dabei anschlussfähig sind.
Fest steht allerdings, dass Interaktionsangebote nur dann zu einer Markenloyalität
führen, wenn sie helfen, Markenwissen aufzubauen, und auf diese Weise das an-
gestrebte Markenbild festigen (vgl. [16]). Dadurch wird die zentrale Bedeutung einer
klaren Markenidentität deutlich, denn Marken, die für austauschbare Werte stehen,
werden es schwer haben, relevante Inhalte für Markenfans zu bieten (vgl. hierzu [14],
S. 81).

16
Dietrich und Schmidt-Bleeker sprechen von einer „Stickiness“ der Markenbotschaften, die sich im
Netz schnell verbreiten (vgl. [13], S. 31 f.).
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 119

Service Support
oder Produkt-
News: 5,0%
Freunde sind Fans Andere: 0,7%
der Marke: 6,2%

Interessante oder Spezielle


unterhaltsame Angebote / Deals:
Inhalte: 18,2% 36,9%

Gegenwärtig
Kunde des
Unternehmens:
32,9%
Abb. 4 Warum werden Sie Facebook-Fan einer Marke? (Quelle: vgl. [55])

3.2 Qualität der Interaktion

Neben den Inhalten ist für die sozialen Medien auch der formale Aspekt der Interak-
tionen ausschlaggebend. Es kommt sozusagen darauf an, die Kommunikation den
„Sitten und Gebräuchen“ sozialer Netze anzupassen. Fans wollen als Partner der Marke
ernstgenommen und einbezogen werden, sie wollen „gefragt“ sein (vgl. [26]).
Dieser qualitativ hochwertige Kommunikationsstil wird von Unternehmen, wenn
überhaupt, häufig nur bis zu einer kritischen Fanzahl durchgehalten. Ein Grund dafür
ist, dass sich aufgrund der steigenden Fanzahl die Kommunikation von „One-to-One“
immer mehr zu „One-to-Many“ verändert und sich dadurch wieder der klassischen
Kommunikation nähert (vgl. [57], S. 23 und [22], S. 138).
Das zweite Problem, das die formale Seite der Kommunikation betrifft, ist ein
technisches. Wie schon angesprochen, erreichen Marken aufgrund des EdgeRanks ihre
Fans kaum noch. Für diesen technischen Algorithmus spielen die folgenden Faktoren
eine wichtige Rolle (vgl. [50]):

• Aktualität der Meldungen


• Häufigkeit der Interaktion
• Zeitdauer, in der sich ein Nutzer mit den Inhalten beschäftigt

Dabei scheint es bei Facebook offenbar eine Hierarchie der Inhalte zu geben: Fotos
und Videos liegen vor Links und Status Updates (vgl. [48]). Werden die Inhalte auf die
oben genannten Faktoren zugeschnitten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Posts
der Marke im Newsfeed beim jeweiligen Nutzer angezeigt werden. Die Interaktion kann
so auch in technischer Hinsicht wieder „fließen“.
120 Artur Mertens, Markus Caspari

4 Maßnahmen zur Steigerung der Interaktionsrate

4.1 Zahl der Posts optimieren

Um Interaktionen anzuregen, ist das erste Mittel zunächst einmal die klassische Steige-
rung der Anzahl der Posts, denn mehr Posts erzeugen mehr Interaktion. Allerdings gibt
es hierfür einen natürlichen Grenzwert, den es unternehmensintern zu identifizieren
gilt. Das Optimum liegt im Durchschnitt bei ca. einem Brand Post pro Tag (vgl. [51]).
Um erfolgreich mit Fans zu interagieren, müssen demzufolge nicht unbedingt viele
Posts veröffentlicht werden. Vielmehr kommt es auf eine adäquate Anzahl der Posts an,
die kompakt,17 glaubwürdig (vgl. [24], S. 346f.) und authentisch (vgl. [7]) formuliert
werden sollten.

4.2 Themen der Posts besser auf Interaktionen zuschneiden

Um die Qualität der Inhalte zu verbessern, ist es ratsam, Posts thematisch zu optimieren.
Dazu gehört die Identifizierung relevanter Themen für die Fans. Eine aktuelle Unter-
suchung zeigt, wie Abb. 5 verdeutlicht, dass vor allem Produkt-Highlights, Unterneh-
mensinfos und Fragen von den Fans gut angenommen werden (vgl. [20], S. 12).

4.3 Interaktionsangebote schaffen

Eine Interaktion muss angeregt werden, das Gegenüber muss einen Anreiz haben, aktiv
zu werden und zu reagieren. Von Buddy Media stammen hierzu Ratschläge, die eine
Interaktion anregen können (vgl. Abb. 6). Wie bereits aufgezeigt, wird durch eine rege
Interaktion des Fans mit der Marke zudem der Newsfeed positiv beeinflusst. Das heißt,
Posts erreichen ihn auch wieder vermehrt.

4.4 Differenzierter auf Fans eingehen

Die Inhalte sollten nicht nur generell auf die Interessen und Präferenzen der
Konsumenten zugeschnitten sein. Es lohnt sich vielmehr auch, differenzierte Inhalte zu
liefern, die Fans sozusagen „näher bei sich“ abholen und involvieren.

17
Vor allem kurze Posts, die sich auf maximal 80 Zeichen beschränken, erhöhen die Interaktionsraten
(vgl. [46]).
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 121

0,00% 0,05% 0,10% 0,15% 0,20% 0,25%

Produkt Highlights 0,21%

Unternehmensinformationen 0,15%

Fragen 0,14%

Spezielle Events 0,13%

Kundenaulärung 0,12%

Webewerbe 0,08%

Werbung 0,07%

Abb. 5 Facebook-Interaktionsrate: Interaktion pro Anzahl „Gefällt mir“-Klicks (Quelle: vgl. [20],
S. 12)

1 Fragen stellen

2 Spiele und Triviales veröffentlichen

Wenn Fans kommentieren, sollten die Unternehmen interagieren,


3
d.h. die Konversationen am Laufen halten
Interaktive „Wall Applets“, wie z.B. Abstimmungen oder Coupons,
4
ansta statischer Texte

5 Verwendung von Bildern und Fotos

6 Bei den Inhalten Bezug zu aktuellen Events nehmen

7 Videos verwenden

Auf bevorstehende Kampagnen / Promotions / Events im Vorfeld


8
hinweisen

9 Links in Artikel einbauen

Exakt bei den Artikeln sein, d.h. eindeutig formulieren,


10
welche Aktion erfolgen soll

Abb. 6 10 Ratschläge, um Interaktionen anzuregen (Quelle: vgl. [6])


122 Artur Mertens, Markus Caspari

Tab. 1 Interaktionsraten (Interaktion nach Anzahl der Page Likes) (Quelle: vgl. [20], S. 13)

Globale und lokale Seiten Globale Seiten Hebelwirkung


Schönheit & Hautpflege 0,19 % 0,04 % 4,75
Automobile 0,13 % 0,02 % 6,5
Champagner & Spirituosen 0,11 % 0,02 % 5,5
Uhren & Schmuck 0,05 % 0,03 % 1,67
Mode 0,03 % 0,01 % 3

Die Interaktionsraten von Marken, die gleichzeitig globale und regionale Facebook-
Fanseiten betreiben, sind um ein Vielfaches höher als von solchen, die nur eine globale
Seite haben. Um das zu verdeutlichen, wurde in der Tab. 1 die Spalte „Hebelwirkung“
eingefügt, die den „Interaktions-Multiplikator“ anzeigt (vgl. [20], S. 12).
Gerade beim Betreiben von globalen und regionalen Seiten gibt es für viele
Unternehmen noch Potenzial. „Facebook IQ“ zeigt, dass von den 100 untersuchten
Marken zwar schon 40 % regionale Facebook-Seiten betreiben, um lokale Märkte zu
adressieren, aber die restlichen 60 % der Marken nur eine einzige globale Facebook-Seite
betreiben (vgl. [20], S. 13).

4.5 Systematisch Brand Advocates gewinnen

Brand Advocates für die Marke zu gewinnen, trägt dazu bei, die Interaktion mit Fans und
anderen Usern zu verbessern. Brand Advocates sind Meinungsführer in Social Networks.
Sie sind äußerst gut vernetzt und überdurchschnittlich aktiv, dabei helfen sie, Informa-
tionen zu verbreiten und Meinungen zu bilden. Sie genießen eine hohe Glaubwürdigkeit
in der Community, da sie unabhängig, kommunikativ und gut informiert sind. Brand
Advocates setzen sich besonders intensiv mit Produkten und Marken auseinander, für
die sie sich interessieren, und können so zu Multiplikatoren für Markenbotschaften
werden, wenn sie sich im Netz für eine Marke aussprechen (vgl. [56]).
Zudem haben Brand Advocates bezogen auf einen durchschnittlichen User eine
große „Reichweite“. Einen Brand Advocate zu gewinnen, bedeutet demnach im dop-
pelten Sinn einen Zugewinn für die Marke.
Auf die Unterstützung eines Brand Advocates sollte man jedoch nicht warten. Man
sollte ihn ausfindig machen und dann gezielt ansprechen (vgl. [27]). Außerdem gibt es
technische Möglichkeiten, um potenzielle Fürsprecher zu identifizieren. So ermittelt
beispielsweise das „Social Media Scoring System“ von Klout, welche Reichweiten User
haben, und weist User mit hohen Reichweiten aus. Zugleich kann ermittelt werden,
welche Themenschwerpunkte diese User haben (vgl. [18]).
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 123

Solche potenziellen Brand Advocates können dann mit dem Ziel, sie für die Marke zu
gewinnen, angesprochen werden. Dabei sollte jedoch die „Net-Ikette für Brand Advo-
cates“ (vgl. [27], und [9], S. 17) beachtet werden:

• Brand Advocates für positive Kommentare niemals bezahlen oder bestechen


• Brand Advocates so ansprechen, wie sie sich selbst sehen: Einfluss anerkennen, nach
ihrer Meinung und Vorschlägen fragen. Direktes Ansprechen ist eine gern gesehene
Anerkennung und Aufmerksamkeit für Brand Advocates
• Brand Advocates kontinuierlich mit interessanten Informationen versorgen
• Brand Advocates helfen, sich und die Marke zu verbreiten – auf Facebook und der
Marken-Website
• Ausdauer beweisen: Freundschaft braucht Zeit
• Glaubwürdig und mit Bedacht mit Brand Advocates kommunizieren
• Brand Advocates nicht für Werbewirkungstests und Ähnliches „missbrauchen“, das
zerstört langfristig ihre Glaubwürdigkeit
• Es den Brand Advocates leicht machen, Markeninformationen zu teilen
• Brand Advocates beobachten und ihre Aktivität und den Erfolg, wenn möglich, sys-
tematisch analysieren

5 Steigerung der Interaktionsraten am Beispiel Starbucks

Um die Umsetzung der Methoden zur Steigerung der Interaktionsraten in die Praxis zu
illustrieren, wird im Folgenden die Social-Media-Strategie des Unternehmens Starbucks
vorgestellt.
Starbucks ist ein auf Kaffeeprodukte spezialisiertes Einzelhandelsunternehmen mit
Standorten in 50 Ländern. Als Unternehmen mit Lifestyle-orientiertem Image bedient
sich Starbucks einer Vielzahl verschiedener Social-Media-Angebote u. a. bei Facebook,
YouTube, Flickr, Twitter sowie eines eigenen Unternehmensblogs „My Starbucks Idea“.
Die Aktivitäten zielen auf die Bedürfnisse, Wünsche und Vorlieben der Kunden ab und
stärken das Unternehmen sowohl im Rahmen der Kundenbindung als auch der Kun-
dengewinnung. Starbucks steht derzeit mit 27.242.035 Fans (Stand 22.01.2012) weltweit
auf Platz vier der größten Facebook-Fanseiten.

Optimierte Anzahl der Posts


Starbucks veröffentlicht laut Socialbakers.com 0,49 Posts pro Tag. Der Durchschnitt für
alle untersuchten Marken liegt bei ca. einem Post täglich. Es müssen also nicht unbe-
dingt viele Posts veröffentlicht werden, um erfolgreich mit Fans zu interagieren. Auf die
passende Anzahl der Posts kommt es an. Und die kann, wie das Beispiel Starbucks
belegt, auch mal eher gering ausfallen.
124 Artur Mertens, Markus Caspari

Zuschnitt der Posts auf Interaktionen


Der Erfolg von Starbucks gründet sich laut „thenextweb.com“ neben anderen Faktoren
vor allem auf die Tatsache, dass ein echter Dialog mit den Kunden betrieben wird und
diese aktiviert werden, ein Feedback zu geben. Dazu werden verschiedene Aktivitäten
durchgeführt.
Starbucks veröffentlicht auf seiner Facebook-Seite Videos, Fotos, zahlreiche Beiträge
und lädt zu Events ein. Damit trägt Starbucks auch den erwähnten Erkenntnissen bezüg-
lich des EdgeRanks Rechnung, denn gerade Videos und Fotos haben hier ein hohes Ge-
wicht. Starbucks erlaubt zudem, diese Videos überall im Web einzubinden, und hat
damit sehr gute Erfolge erzielt. Auf Twitter ist das Unternehmen ebenfalls sehr engagiert
und interagiert mit Menschen, die etwas über die Marke sagen, beantwortet Fragen und
„retweetet“, was Nutzer über Starbucks schreiben.

Interaktionsangebote schaffen
Mit der Website „My Starbucks Idea“ (vgl. [48] und Abb. 7) wird den Kunden ermög-
licht, eigene Ideen zu teilen und die Ideen anderer Kunden zu bewerten. Die Kunden
werden aktiv in den Produktentwicklungsprozess eingebunden und fühlen sich so der
Marke verbunden. Im entsprechenden Blog (vgl. [49]) schreiben dann Starbucks Mitar-
beiter, was aus den Ideen von „My Starbucks Idea“ wird. Die Kunden erfahren damit
eine Wertschätzung und fühlen sich ernst genommen. Mit den Beiträgen realer Mitar-
beiter bekommt die Marke ein „Gesicht“.

Abb. 7 Interaktionsangebote bei „My Starbucks Idea“ (Quelle: MyStarbucksIdea.com)


Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 125

Regionale Seiten
Als international agierendes Unternehmen betreibt Starbucks bei Facebook für jedes
Land eigene Seiten, die mit individuellen Inhalten aufbereitet sind. Damit kann das
Unternehmen gezielt auf Menschen zugehen, die schon allein aufgrund von Mentalitäts-
unterschieden einen ganz eigenen Zugang zur Marke Starbucks haben. Zudem können
landesspezifische Themen integriert werden.

Einbeziehung von Brand Advocates


Exemplarisch sei hier Melody Overton aus Seattle vorgestellt. Sie ist ein Starbucks Brand
Advocate und betreibt den Blog www.starbucksmelody.com. Zudem twittert sie über
Starbucks (@SbuxMel) und hat aktuell 5.828 Follower (Stand 22.01.2012). Melody Over-
ton wurde über die Webseite mystarbucksidea.com näher an die Marke gebunden. Star-
bucks kann über diese separate Plattform seine Brand Advocates besonders gut einbe-
ziehen und ihre Aktivitäten als „Featured Starbucks Idea Partners“ hervorheben.
Des Weiteren erfahren Brand Advocates nicht nur im Web eine Wertschätzung. So
wurde Melody Overton beispielsweise exklusiv als eine von drei Personen 2011 zu einem
Starbucks Event anlässlich der Vorstellung des neuen Logos eingeladen. Dort konnte sie
ein Foto zusammen mit Starbucks CEO Howard Shultz machen. Auf diese Weise stärkt
die Verknüpfung von persönlichem Kontakt und Online-Wertschätzung das Engage-
ment der Brand Advocates.

6 Zusammenfassung und Fazit

Der vorliegende Beitrag setzte sich mit der Frage auseinander, wie sich soziale Mar-
kenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans nachhaltig entwickeln bzw.
festigen lässt.
Es konnte verdeutlicht werden, dass vielfach die Möglichkeiten der sozialen Medien
noch nicht optimal genutzt werden. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass das
Gewicht zu lange auf die schnelle Gewinnung möglichst vieler Fans gelegt wurde.
Nunmehr wird deutlich, dass allein die Erhöhung der Fanzahl nicht automatisch zu
mehr Markenloyalität führt. Denn ohne den direkten, lebendigen und emotionalen Aus-
tausch zwischen Marke, Konsument und Interessent verkommt Social Media zu einem
monologischen Kommunikationskanal.
Die Ursachen für den dramatischen Rückgang der Interaktionsraten sind vielfältig.
Neben den skizzierten Gründen erschweren sicherlich auch die ständig wachsenden so-
zialen Kontakte der Nutzer selbst sowie die zunehmende Professionalisierung der Fan-
seitenbetreiber und die damit ansteigende Konkurrenz um die Fan-Gunst den Aufbau
und die Pflege einer intensiven Markenbeziehung.
„However, strong brands do not just happen“ ([1], S. 358), von daher gilt es auf
Seiten der Unternehmen eine Interaktionskompetenz aufzubauen, die die inhaltlichen
sowie die formalen Anforderungen von Social Media berücksichtigt und den zuneh-
126 Artur Mertens, Markus Caspari

menden Restriktionen und technischen Algorithmen der Plattformbetreiber Paroli bie-


ten kann.
Für den Aufbau einer Social Brand Loyalty gibt es keinen allgemeingültigen Königs-
weg. Jede Marke muss ihren eigenen Weg finden; einen Weg, der ihrer Identität und
Positionierung entspricht. Das bedeutet, die Marke muss – auch oder gerade in den so-
zialen Medien – stärker mit identitätsstiftendem Brand-Content aufgeladen werden, um
so nachhaltig im Medium Social Web existieren zu können. Denn wer hat schon Lust,
mit einer Marke in den Dialog zu treten, die für austauschbare oder branchentypische
Werte steht?

Literaturverzeichnis

1 Aaker, D. A. (2010): Building Strong Brands, London.


2 BITKOM (2011): Soziale Netzwerke. Eine repräsentative Untersuchung zur Nutzung sozialer Netz-
werke im Internet, Zweite, erweiterte Studie 12/2011, URL: http://www.bitkom.org/files/documents/
BITKOM_Publikation_Soziale_Netzwerke_zweite_Befragung.pdf, abgerufen am: 05.01.2012.
3 Brexendorf, T. O./Henkel, S. (2012): Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke?
Kritische Reflexion zur partizipativen Markenführung unter der Berücksichtigung von sozialen
Medien, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
4 Bruhn, M. (2004): Begriffsabgrenzungen und Erscheinungsformen von Marken, in: Bruhn, M.
(Hrsg.): Handbuch Markenführung. Kompendium zum erfolgreichen Markenmanagement, Band 1,
Wiesbaden, S. 3–49.
5 Buck, M./Lüdi, C./Maltzen, R./Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (2012): Social Branding: Unter-
nehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A.
(Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
6 Buddy Media (2011): White Paper „Facebook’s EdgeRank: How to Make Sure You’re in the News
Feed“, URL: http://www.buddymedia.com/newsroom/2011/04/new-white-paper-facebooks-
edgerank-how-to-make-sure-youre-in-the-news-feed/, abgerufen am: 05.01.2012.
7 Burmann, C./Hemmann, F./Eilers, D./Kleine-Kalmer, B. (2012): Authentizität in der Interaktion als
zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung in Social Media, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A.
(Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
8 Burmann, C./Meffert, H. (2005): Managementkonzept der identitätsorientierten Markenführung, in:
Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement. Identitätsorientierte Markenfüh-
rung und praktische Umsetzung, Wiesbaden, S. 73–114.
9 BzzAgent (2012): A Field Guide to Brand Advocates, URL: http://about.bzzagent.com/downloads/
BzzAgentFieldGuidetoBrandAdvocates.pdf, S. 17, abgerufen am: 05.01.2012.
10 Carter, B. (2011): Shocker: 3 % To 7.5 % Of Fans See Your Page’s Posts, in: Allfacebook.com, URL:
http://www.allfacebook.com/shocker-3-to-7-5-of-fans-see-your-pages-posts-2011-06, abgerufen am:
05.01.2012.
11 Chadwick Martin Bailey (2011): 10 Facts about Costumer Behavior on Facebook, S. 4, URL:
http://www.socialquickstarter.com/content/103-10_facts_about_consumer_behavior_on_facebook,
abgerufen am: 05.01.2012.
12 Diehl, S. (2009): Brand Attachment – Determinanten erfolgreicher Markenbeziehungen, Wiesbaden.
13 Dietrich, F. O./Schmidt-Bleeker, R. (2009): Marken sind Gespräche: Über Anatomie und Diffusion
von Markenkommunikation in Netzwerken, in: Sonnenburg, S. (Hrsg.): Swarm Branding. Marken-
führung im Zeitalter von Web 2.0, Wiesbaden, S. 27–48.
14 Esch, F.-R. (2012): Strategie und Technik der Markenführung, München.
Social Brand Loyalty – Soziale Markenloyalität durch systematisches Interagieren mit Fans 127

15 Esch, F.-R./Stenger, D. (2008): Marken als Interaktionsobjekt. Wie sehr prägt der Kunde die Marke
wirklich selbst mit?, in: Belz, C./Schögel, M./Arndt, O./Walter, V. (Hrsg.): Interaktives Marketing.
Neue Wege zum Dialog mit Kunden, Wiesbaden, S. 287–306.
16 Esch, F.-R./von Einem, E./Gawlowski, D./Isenberg, M./Rühl, V. (2012): Vom Konsumenten zum
Markenbotschafter: Durch den gezielten Einsatz von Social Media die Konsumenten an die Marke
binden, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
17 Fanpagelist.com (2012): Brands on Facebook and Twitter, URL: http://fanpagelist.com/category/
brands, abgerufen am: 22.01.2012.
18 Frömder, E. (2011): Der Klout Score, in: Social Media Evolution, URL:
http://www.socialmediaevolution.de/2011/10/26/klout_score, abgerufen am: 05.01.2012.
19 Füller, J./Pfeiffer, M./Zinnbauer, M./Honer, T./Schroll, R. (2009): Social Brand Value. Markenwert
durch sozialen Austausch – Ein Vergleich von Community-Marken und etablierten Marken, URL:
http://www.hic-online.de/web/downloads/sozialer_Wert_Marken.pdf, abgerufen am: 22.01.2012.
20 Galloway, S. (2011): „Facebook IQ“ von L2, Think Tank für Digital Innovation, und BuddyMedia,
URL: http://www.l2thinktank.com/prestige100f.acebook2011/prestige100f.acebook.pdf, S. 12, abge-
rufen am: 04. Juni 2011.
21 Grabs, A./Bannour, K.-P. (2011): Follow me! – Erfolgreiches Social Media Marketing mit Facebook,
Twitter und Co., Bonn.
22 Hau, S.-M./Theobald, E. (2011): Erfolgsfaktoren und Grenzen der Markenführung im Internet, in:
Theobald, E./Haisch, P. T. (Hrsg.): Brand Evolution – Moderne Markenführung im digitalen Zeital-
ter, Wiesbaden, S. 127–149.
23 Henseler, W. (2011): Social Media Branding. Markenbildung im Zeitalter von Web 2.0 und App-
Computing, in: Theobald, E./Haisch, P. T. (Hrsg.): Brand Evolution – Moderne Markenführung im
digitalen Zeitalter, Wiesbaden, S. 111–125.
24 Hoffmann, D./Pusch, A. (2011): Erfolgsfaktoren der Markeninszenierung im Social Web, in: Theo-
bald, E./Haisch, P. T. (Hrsg.): Brand Evolution – Moderne Markenführung im digitalen Zeitalter,
Wiesbaden, S. 335–355.
25 Holzapfel, F./Holzapfel, K. (2011): Facebook. Marketing unter Freunden. Dialog statt plumpe Wer-
bung, Göttingen.
26 Horx, A. (2012): Crowdsourcing – ein Blick in die Zukunft der Markenführung, in: Schulten,
M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
27 Kaemmerer, D. (2011): Brand Advocates: Erkennen und binden, URL: http://blog.wuh.de/allgemein/
brand-advocates-erkennen-und-binden, abgerufen am: 05.01.2012.
28 Kaplan, A. M./Haenlein, M. (2010): „Users of the world, unite! The challenges and opportunities of
Social Media“, in: Business Horizons 53(1): S. 59–68.
29 Kilian, K. (2012): Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
30 Kneidinger, B. (2010): Facebook und Co. – Eine soziologische Analyse von Interaktionsformen in
Online Social Networks, Wiesbaden.
31 Kramer, K. (2010): Souveräne Markenführung. Managementkonzept zur Führung von Marken im
Zeitalter von Social Media, Berlin.
32 Lorenz, B. (2009): Beziehungen zwischen Konsumenten und Marken. Eine empirische Untersuchung
von Markenbeziehungen, Wiesbaden.
33 Mattenklott, A. (2007): Emotionale Bindung an Marken, in: Florack, A./Scarabis, M./Primosch, E.
(Hrsg.): Psychologie der Markenführung, München, S. 257–274.
34 Meffert, H./Burmann, C. (2005): Wandel der Markenführung – vom instrumentellen zum identitäts-
orientierten Markenverständnis, in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanage-
ment. Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, Wiesbaden, S. 19–36.
35 Millward Brown/Dynamic Logic/WFA (2011): Studie „The value of a fan“, URL:
http://www.slideshare.net/MillwardBrown/value-of-a-fan, abgerufen am: 05.01.2012.
128 Artur Mertens, Markus Caspari

36 Nitschke, D. (2011): „Ich war Tarzan“. Plädoyer für die Marke als lernendes System und eine kreati-
ve, interaktive und empathische Markenarbeit, in: Baetzgen, A. (Hrsg.): Brand Planning, Starke Stra-
tegien für Marken und Kampagnen, Stuttgart, S. 65–78.
37 Noff, A. (2011): The Starbucks Formula for Social Media Success, URL: http://thenextweb.com/
2010/01/11/starbucks-formula-social-media-success/, abgerufen am: 05.01.2012.
38 Page, L. (2012): Google Announces Fourth Quarter and Fiscal Year 2011 Results, URL:
http://investor.google.com/earnings/2011/Q4_google_earnings.html, abgerufen am: 22.01.2012.
39 Proksch, M. (2011): Warum sich Menschen an Marken binden. Die Steigerung von Kompetenz als
Motiv der Markenbindung, Göttingen.
40 Roberts, K. (2005): Lovemarks: the future beyond brands, New York.
41 Roberts, K. (2008): Der Lovemarks-Effekt. Markenloyalität jenseits der Vernunft, München.
42 Rösger, J. (2010): Einsatz und Steuerung von Brand Communitys, in: Meyer, H. (Hrsg.): Marken-
Management 2010/2011, Jahrbuch für Strategie und Praxis der Markenführung, Frankfurt,
S. 261–281.
43 Roth, P. (2011): Neue Metric im Allfacebook.de Tracking: Interaktionsrate, URL:
http://allfacebook.de/zahlen_fakten/neue-metric-im-allfacebook-de-tracking-interaktionsrate, abge-
rufen am: 05.01.2012.
44 Schmitz, C./Ahlers, M. (2012): Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht,
in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
45 Schögel, M./Mrkwicka, K. (2011): Communication Shift – Chancen und Herausforderungen aus
Marketingsicht, in: Marketing Review St. Gallen, 5/2011, S. 6–10
46 Schulten, M. (2012): Return on Social Branding, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.):
Social Branding, Wiesbaden.
47 Starbucks (2012): My Starbucks Idea – Ideas In Action Blog, URL: http://blogs.starbucks.com, abge-
rufen am: 05.01.2012.
48 Starbucks (2012): My Starbucks Idea: Share. Vote. Discuss. See., URL:
http://www.mystarbucksidea.com, abgerufen am: 05.01.2012.
49 Suckow, C. (2011): Markenaufbau im Internet – Identifikation und Analyse zentraler Wirkungsele-
mente der Unternehmensidentität im Rahmen der Einstellungsbildung von Online-Shop-Besuchern,
Wiesbaden.
50 Taylor, D. (2011): Everything you need to know about Facebook’s EdgeRank, URL:
http://thenextweb.com/socialmedia/2011/05/09/everything-you-need-to-know-about-facebooks-
edgerank/abgerufen am: 05.01.2012
51 Tobin, J. (2011): How often brands post to Facebook, and the impressions they generate, URL:
http://www.ignitesocialmedia.com/social-media-measurement/analysis-how-often-brands-post-to-
facebook-and-the-impressions-they-generate, abgerufen am: 22.01.2012.
52 Whatis.com (2010): Definition: „Facebook Fan“, URL: http://whatis.techtarget.com/definition/
facebook--fan-.html, abgerufen am: 05.01.2012.
53 Wiese, J. (2011): 34.000 Fanpages im Vergleich – Grenzwert für Interaktionsrate entdeckt, in: Allfa-
cebook.de, URL: http://allfacebook.de/zahlen_fakten/34-000-fanpages-im-vergleich-grenzwert-fur-
interaktionsrate-entdeckt#more-16665, abgerufen am: 05.01.2012.
54 Wikipedia (2012): Artikel: Facebook, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Facebook, abgerufen am:
05.01.2012.
55 Wibbels, A. (2011): Infographic: What Makes People Want to Follow a Brand?, URL:
http://blog.getsatisfaction.com/2011/06/29/what-makes-people-follow-brands/?view=socialstudies,
abgerufen am: 05.01.2012.
56 Yahoo (2007): Brand Advocates in Deutschland: Ihre besten Kunden. Wie das Internet Konsumen-
ten Einfluss ermöglicht & Empfehlungsmarketing langfristig verändert, URL: http://www.cpc-
consulting.net/cpc2/pdf/yahoo-brandadvocates-studie.pdf, abgerufen am: 05.01.2012.
57 Zucker. & pilot (2011): Facebook Trendreport, Juli, URL: http://slidesha.re/facetrend2011, abgerufen
am: 05.01.2012.
Authentizität in der Interaktion
als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung
9
in Social Media
Christoph Burmann, Frank Hemmann, Daniela Eilers, Barbara Kleine-Kalmer

Inhaltsverzeichnis

1 Relevanz der sozialen Medien für die Markenführung........................................................ 130


2 Identitätsbasierte Markenführung unter dem Einfluss der sozialen Medien................... 132
2.1 Ansatz der identitätsbasierten Markenführung..................................................... 132
2.2 Relevanz der Interaktion für die identitätsbasierte Markenführung.................. 134
2.3 Bedeutung der Authentizität .................................................................................... 136
2.4 Authentizität in der Interaktion zwischen Marke und Nachfrager .................... 137
3 Interaktion und Authentizität in der Praxis .......................................................................... 139
3.1 Domino’s Pizza Turnaround .................................................................................... 139
3.2 Pril Design-Wettbewerb............................................................................................ 141
4 Fazit.............................................................................................................................................. 142
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 143

_______________________
Prof. Dr. Christoph Burmann ()
Hochschulring 4, 28359 Bremen, Deutschland
e-mail: burmann@uni-bremen.de
Frank Hemmann ()
Hochschulring 4, 28359 Bremen, Deutschland
e-mail: f.hemmann@uni-bremen.de
Daniela Eilers ()
Hochschulring 4, 28359 Bremen, Deutschland
e-mail: deilers@uni-bremen.de
Barbara Kleine-Kalmer ()
Hochschulring 4, 28359 Bremen, Deutschland
e-mail: barbara.kleine-kalmer@uni-bremen.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 129


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_9, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
130 Christoph Burmann et al.

„Die Authentizität entscheidet über den langfristigen Erfolg von Social Branding. Hierfür müssen Mar-
ken sich öffnen und ihre Mitarbeiter durch die interne Markenführung auf die Interaktion mit den
Nachfragern vorbereiten.“ Prof. Dr. Christoph Burmann

„Die direkte Interaktion mit den Nachfragern in Social Media stellt die größte Chance des Social Bran-
dings dar. Noch nie war es für Marken so einfach, mehr über die Nachfrager zu erfahren und von ihnen
zu lernen.“ Frank Hemmann

„Markenauthentizität ist der Schlüssel zum Erfolg – offline wie auch online. In Social Media ist Mar-
kenauthentizität aber besonders relevant, da hier unpassendes Markenverhalten schneller und vor al-
lem weitreichender geahndet wird. Einen Fehler zuzugeben ist mehr wert, als ihn zu vertuschen.“
Daniela Eilers

„Authentizität erfordert ein konsistentes Auftreten einer Marke in allen Kommunikationskanälen, ins-
besondere in den sozialen Medien. Ein nicht-authentisches Verhalten kann einer Marke nachhaltigen
Schaden zufügen.“ Barbara Kleine-Kalmer

1 Relevanz der sozialen Medien für die Markenführung

Die sozialen Medien sind heute fester Bestandteil in der alltäglichen Mediennutzung
eines Großteils der Nachfrager. Allein in Deutschland hat Facebook als größtes soziales
Netzwerk mehr als 20 Mio. Mitglieder, d. h., jeder vierte Deutsche insgesamt und fast
jeder Dritte mit Internetzugang nutzt mehr oder weniger regelmäßig allein dieses soziale
Medium. Die Relevanz dieser Entwicklung für die Markenführung zeigt sich auch daran,
dass die nach den 24–35-Jährigen am stärksten wachsende Altersgruppe in den sozialen
Medien Nachfrager über 35 Jahre sind und inzwischen ein Drittel der Mitglieder ausma-
chen (vgl. [46]). Damit bieten die neuen Medien der Marke die Möglichkeit, mit ver-
schiedensten Mitgliedern ihrer Zielgruppe über die neuen Medien zu kommunizieren.
Verstärkt wird die Relevanz der sozialen Medien durch Veränderungen in der Nut-
zung klassischer Medien. Eine Studie von Forrester Research kommt zu dem Ergebnis,
dass ein Drittel der Probanden bereits die Online-Nutzung zulasten des TV erhöht.
Auch bei überregionalen Tageszeitungen zeigt sich die steigende Online-Affinität, da
einige der Zeitungen bereits jetzt mehr Leser mit ihren Online-Angeboten als mit den
Print-Ausgaben erreichen. Da inzwischen ein Großteil der Marken mit Profilen in den
sozialen Medien vertreten ist, sehen sich diese der Erwartung der Nachfrager gegenüber,
aktiv mit ihnen zu kommunizieren. Eine genauere Betrachtung der Vernetzung von
Facebook-Usern mit Facebook-Pages, Gruppen und Events verdeutlicht die Relevanz für
die Markenführung. So ist der durchschnittliche User mit 80 Seiten, Gruppen und
Events verbunden (vgl. [23]). Alleine diese Vernetzung bietet Marken jedoch noch kei-
nen Vorteil. Entscheidend hierfür ist die Interaktion mit den Nachfragern.
Die besonderen Eigenschaften und Merkmale der neuen Medien wie die hohe Dialog-
orientierung steigern hierbei die Effektivität der Kommunikation. Dabei ist es insbeson-
dere die Interaktion, die die Wirkung von Kommunikation entscheidend erhöhen kann.
Diese kann zu höherem Vertrauen gegenüber dem Verkäufer und einem besseren Pro-
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 131

duktverständnis (vgl. [53], S. 125), einer Steigerung der Kaufabsicht (vgl. [14], S. 39)
sowie einer insgesamt positiveren Markenwahrnehmung führen (vgl. [50], S. 24).
Grundlegend für diese Entwicklungen ist die Veränderung des Nutzerverhaltens im
Web 2.0. Dieses lässt sich wie folgt definieren:

„Web 2.0 definiert sich nicht als technologische Innovation, es beschreibt vielmehr eine neue Verhal-
tensweise der Internetnutzer: Die bisherige eindimensionale Kommunikation im Internet hat sich auf-
gelöst, Nutzer generieren heute eigenständig Inhalte und treten in direkten Dialog mit ihrer Umwelt
und den Unternehmen“ ([3], S. 176).

In engem Zusammenhang hierzu stehen die sozialen Medien. Der Begriff der sozialen
Medien umfasst „Web 2.0“-Ausprägungsformen wie u. a. Blogs, Video- und Fotoportale
sowie soziale Netzwerke, welche die Kommunikation, Interaktion und Zusammenarbeit
im Internet fördern und als Plattform für User Generated Content dienen (vgl. [10],
S. 9). Damit können soziale Medien in Anlehnung an Kaplan und Haenlein (vgl. [33],
S. 61) wie folgt definiert werden:

Soziale Medien sind eine Gruppe internetbasierter Anwendungen, die auf dem veränderten Nutzerver-
halten im Web 2.0 aufbauen und die Veröffentlichung und den Austausch von Brand- und User Gene-
rated Content unterstützen.

„Web 2.0“ hat die Interaktivität der Markenführung verändert. Während früher die
Nachfrager passive Empfänger der Markenkommunikation waren, sind sie heute aktiv
an deren Gestaltung beteiligt (vgl. Abb. 1). Das einseitige Transaktionsmodell beschreibt
hierbei das Verhalten der klassischen Markenkommunikation mit der einseitigen Ver-
mittlung von Informationen an die Nachfrager. Dieser Ansatz wurde durch die bezie-
hungsorientierte Sichtweise ersetzt (vgl. [55], S. 15ff.). Sie betont die Bedeutung der
Kundenbedürfnisse und verhalf dem Direktmarketing durch die Eigenschaft der Inter-
aktion mit den Nachfragern zu einer gestiegenen Bedeutung. Heute sehen sich viele
Marken jedoch dem interaktionsorientierten Netzwerkmodell ausgesetzt (vgl. [51],
S. 525f.).
Nachfrager kommunizieren heute im Internet markenrelevante Inhalte in vielen ver-
schiedenen Formen. Dies kann z. B. als Produktbewertung und Erfahrungsbericht bei
E-Commerce-Anbietern, als Artikel in einem Blog, über soziale Netzwerke wie Facebook
und Twitter, in Brand-Communities oder in Internet-Foren geschehen. Einem solchen
markenbezogenen User Generated Content wird meist eine höhere Glaubwürdigkeit
geschenkt als klassischer Markenkommunikation, da Nachfrager die Meinung anderer
Nachfrager als glaubwürdiger ansehen (vgl. [2], S. 347).
Welche Auswirkungen sinkendes bzw. geringes Vertrauen gegenüber Marken haben
kann, wird momentan an Bewegungen wie „Occupy Wall Street“ und „We are the 99
percent“ deutlich. Diese Bewegungen entstanden aus dem verlorenen Vertrauen der
Nachfrager gegenüber Finanzmärkten, insbesondere durch das wiederholte Fehlverhal-
ten bei Banken in 2008 und 2011. Verschärft wird der Vertrauensverlust durch den in
weiten Bevölkerungskreisen wahrgenommenen Verlust an Problemlösungsfähigkeit von
132 Christoph Burmann et al.

Marke Marke Marke

N N N N N N

N N N N N N

Einseitiges Zweiseitiges Netzwerkorientiertes


Transaktionsmodell Beziehungsmodell Interaktionsmodell

N Nachfrager

Abb. 1 Interaktionsperspektiven der Markenführung (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung


an [51], S. 526)

Politikern. Große Finanzinstitutionen und vor allem Investmentbanken haben aus Sicht
vieler Nachfrager ihre Legitimität verloren, immer mehr Bürger entziehen ihnen ihr
Vertrauen, sie werfen ihnen von Gier getriebenes unethisches Verhalten vor und rufen
mit Aktionen wie dem „Bank Transfer Day“ dazu auf, private Konten von großen Fi-
nanzinstituten zu regionalen Instituten und Genossenschaftsbanken zu verlagern (vgl.
[42]). In enger Verbindung mit diesen Entwicklungen steht die Furcht vor den Auswir-
kungen der Finanzkrise auf die eigene Zukunft. Dies ist besonders kritisch zu betrachten,
da Vertrauen vor allem bei Finanzdienstleistungen eine große Bedeutung hat und hohes
Markenvertrauen gerade in Krisenzeiten als Schutzschild für das Markenimage und das
gesamte Unternehmen dienen kann (vgl. [28], S. 8f.). Hierbei spielen die Interaktion
zwischen Marke und Nachfrager und das dadurch entstehende Wissen über den Interak-
tionspartner eine entscheidende Rolle, weil beides wichtige Voraussetzungen für den
Aufbau von Markenvertrauen sind (vgl. [28], S. 14ff.).

2 Identitätsbasierte Markenführung unter dem Einfluss


der sozialen Medien

2.1 Ansatz der identitätsbasierten Markenführung

Im Unterschied zu anderen Markenführungsansätzen geht der identitätsbasierte Mar-


kenmanagementansatz über die klassische Outside-in-Perspektive in der Markenfüh-
rung hinaus und wird um die Inside-out-Perspektive ergänzt. Diese zweite Perspektive
betrachtet das Selbstbild der Marke aus Sicht der internen Zielgruppe (z. B. Mitarbeiter,
Management, Eigentümer) und wird als Markenidentität bezeichnet (vgl. [9], S. 4, und
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 133

Interne Zielgruppen Externe Zielgruppen

„Inside-out-
Perspektive
Positionierung

Markenidentität Markenimage
Marke
(Selbstbild der Marke) (Fremdbild der Marke)

Feedback
„Outside-in-
Perspektive
Abb. 2 Grundidee des identitätsbasierten Markenmanagements (Quelle: in enger Anlehnung an
[37], S. 13ff.)

[38], S. 8). Burmann et al. definieren die Markenidentität als „[…] die Ganzheit derje-
nigen raum-zeitlich gleichartigen Merkmale einer Marke, die aus Sicht relevanter Ziel-
gruppen in nachhaltiger Weise den Charakter der Marke prägen“ ([9], S. 6).
Die Markenidentität beinhaltet demnach die wesensprägenden Merkmale der Marke,
die sich zunächst an die interne und später auch an die externe Zielgruppe richten. So-
mit kann die Markenidentität als Aussagen- und Erklärungskonzept verstanden werden
(vgl. [32], S. 4). Aus Sicht des identitätsbasierten Markenmanagementansatzes entsteht
die Markenidentität immer erst aus der Interaktion der internen Zielgruppen untereinan-
der sowie mit der externen Zielgruppe (vgl. [37]). Aus diesem Grund kann die Marken-
identität im weitesten Sinne als Führungskonzept aufgefasst werden. Während die Mar-
kenidentität somit im Unternehmen direkt beeinfluss- und gestaltbar ist, gestaltet sich
das Fremdbild der Marke in Form des Markenimages bei der externen Zielgruppe über
die von der Markenidentität ausgesendeten Signale erst zeitverzögert und über einen
längeren Zeitraum.
Das Markenimage wird nach Burmann et al. definiert als „ein in der Psyche relevanter
externer Zielgruppen fest verankertes, verdichtetes, wertendes Vorstellungsbild von
einer Marke“ ([9], S. 6).
Das Markenimage stellt somit ein Akzeptanzkonzept der Nachfrager gegenüber der
Marke dar (vgl. [32], S. 45, und [13], S. 52). Abbildung 2 verdeutlicht das Zusammen-
spiel von Markenidentität und -image.
Basierend auf der internen und externen Sichtweise des identitätsbasierten Marken-
managements wird die Marke definiert als „ein Nutzenbündel mit spezifischen Merkma-
len, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln,
welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevanter Zielgruppen nachhaltig
differenziert“ ([9], S. 3).
134 Christoph Burmann et al.

Dieses Nutzenbündel besteht stets aus materiellen und immateriellen Komponenten.


Die materielle (auch physisch-funktionale) Komponente basiert auf der Innovationskraft
des markenführenden Unternehmens. Die immaterielle (auch symbolische) Komponen-
te beinhaltet schutzfähige Zeichen (z. B. Name, Logo) und nicht-schutzfähige Zeichen,
die den Markenauftritt maßgeblich bestimmen. Die Differenzierungskraft von physisch-
funktionalen und symbolischen Komponenten der Marke kann unterschiedlich sein. Die
stärkste und nachhaltigste Differenzierung wird erreicht, wenn sich sowohl physisch-
funktionale als auch symbolische Markenkomponenten von konkurrierenden Marken
unterscheiden. Die Gesamtheit dieser Komponenten sendet dann als Nutzenbündel
Signale an die externe Zielgruppe aus, die im Markenimage die externe Sichtweise auf
die Marke widerspiegelt (vgl. [38], S. 7).
Ziel der identitätsbasierten Markenführung ist der Aufbau einer starken Marke-
Kunde-Beziehung. Die Marke-Kunde-Beziehung (MKB) kann allgemein als Verbun-
denheit eines Kunden mit einer Marke definiert werden (vgl. [9], S. 45), wodurch sich
die Stärkung der MKB als unmittelbare psychographische Zielgröße des identitätsbasier-
ten Markenmanagements ergibt (vgl. [49], S. 19).
Theoretisch fundiert wird die MKB durch die Theorie des Animismus nach Gilmore,
nach der Personen dazu neigen, auch Marken menschliche Charakterzüge zuzuschrei-
ben, und somit eine Vermenschlichung von Marken entsteht (vgl. [27]). Aufbauend auf
der Theorie von Gilmore stellt Fournier die Fähigkeit der Marke, als Beziehungspartner
zu fungieren, heraus (vgl. [25], S. 344f.). Wenske greift diese Erkenntnisse auf und stellt
das Konstrukt MKB in den Kontext des identitätsbasierten Markenmanagements:

„Marke-Kunden-Beziehungen bestehen aus inhaltlich zusammenhängenden, subjektiv bewerteten so-


zialen Interaktionen im Sinne eines unmittelbaren und/oder reaktionsorientierten Austausches zwi-
schen Marken und ihren bestehenden Käufern. Diesen Beziehungen liegen kognitive und/oder affektive
Bindungsmotive auf Seiten der bestehenden Käufer zugrunde, die durch den funktionalen und symboli-
schen Nutzen der Marke befriedigt werden“ ([55], S. 97).

2.2 Relevanz der Interaktion für die identitätsbasierte Markenführung

Die obige Definition unterstreicht in der Betonung der sozialen Interaktionen zwischen
Marke und Kunde bereits deren hohe Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang zeigt
Wenske, dass eine starke MKB das Markenimage positiv beeinflusst. Ebenso kann Wens-
ke nachweisen, dass eine starke Beziehung zwischen Konsumgütermarken und ihren
Kunden die Wiederkauf- und Weiterempfehlungsintention positiv beeinflusst und die
Preisbereitschaft erhöht (vgl. [55], S. 275). Folglich kann eine starke MKB die Umsätze
einer Marke steigern (vgl. [49], S. 21).
An diesem Punkt zeigt sich die große Relevanz der Interaktion für die identitätsba-
sierte Markenführung. Die Interaktion zwischen Marke und Nachfrager ist Vorausset-
zung für die Gewinnung detaillierter Kenntnisse über den Kunden. Diese Kenntnisse
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 135

ermöglichen die Anpassung der eigenen Markenleistungen und in der Konsequenz eine
höhere Kundenbindung.
Im Vergleich zu den anderen Medien der Markenkommunikation weisen die Inter-
netkommunikation und insbesondere die sozialen Medien verschiedene Besonderheiten
auf. Hierzu gehören die Multimedialität, die Diffusionsgeschwindigkeit und -reichweite,
die Heterogenität der Internetnutzer und die Interaktivität des Mediums. Hierbei besitzt
die Interaktivität eine besonders hohe Relevanz für die Markenführung. Die Multime-
dialität ist gekennzeichnet durch die Möglichkeit der Vermittlung statischer sowie dy-
namischer Informationen. Die Markenkommunikation kann Informationen sowohl in
statischer Text- und Bildform als auch in bewegten Bildern vermitteln und dabei visuelle
und akustische Signale einsetzen. Die Diffusionsgeschwindigkeit und -reichweite be-
schreibt die große Geschwindigkeit und Reichweite, mit der sich Informationen im In-
ternet ausbreiten können. In diesem Zusammenhang mussten mehrere Marken negative
Erfahrungen machen, wenn sie nicht rechtzeitig auf die Kritik von Kunden eingegangen
sind und diese ihr Anliegen dann im Internet veröffentlicht haben. Zu diesen Unter-
nehmen gehört u. a. Domino’s Pizza, das 2009 (neben Verfehlungen einiger Mitarbeiter,
die diese auf YouTube veröffentlichten) zu lange nicht auf die in den sozialen Medien
formulierte Kritik am Produkt eingegangen sind (vgl. [16]). Die zu späte Reaktion führte
letztendlich zu einer 75 Mio. US-Dollar teuren Kampagne, um den entstandenen Image-
schaden zu beheben (vgl. [8]).
Die Interaktivität unterscheidet die Internetkommunikation aufgrund der in Echtzeit
stattfindenden Interaktion zwischen Nachfrager und Marke von anderen Massenkom-
munikationsmedien (vgl. [22], S. 130).
Interaktion bezeichnet hier die wechselseitige Beziehung zwischen zwei oder mehr
Kommunikationspartnern, unter denen Kommunikationsinhalte ausgetauscht werden.
Zusätzlich ist die Interaktion dadurch gekennzeichnet, dass Aktion und Reaktion der
Partner voneinander abhängig sind (vgl. [20], S. 325). Die Interaktivität hingegen be-
schreibt die Fähigkeit von Kommunikationspartnern oder Kommunikationsmedien,
Interaktion zu ermöglichen (vgl. [20], S. 99).
Die Interaktion zwischen Marke und Nachfrager muss jedoch in verschiedenen Di-
mensionen einen hohen Interaktionsgrad erfüllen, um die beschriebenen Vorteile zu
ermöglichen. Die bisher in der Forschung identifizierten Dimensionen der Interaktion
können als Interaktionsqualität und Interaktionsintensität zusammengefasst werden.
Hierbei bestimmen die Interaktionsrelevanz, -konsistenz und inhaltliche Gestaltungs-
möglichkeit die Interaktionsqualität, während die Interaktionsdauer, -häufigkeit und
-geschwindigkeit die Interaktionsintensität determinieren (vgl. [12], S. 49ff.). Ein hoher,
dauerhafter Interaktionsgrad ist jedoch keinesfalls einfach zu erreichen. Exemplarisch
verdeutlichen dies Eisend und Küster-Rohde: „Eine Herausforderung der Marketing-
kommunikation in der Zukunft wird es sicherlich sein, das richtige Maß an Aufdringlich-
keit zu finden, um Reaktanz zu vermeiden“ ([19], S. 13). Die Markenführung muss sich
also den Spielregeln der sozialen Medien und ihrer Nutzer anpassen. Hohe Bedeutung
besitzt hierbei die Authentizität der Marke.
136 Christoph Burmann et al.

2.3 Bedeutung der Authentizität

Nach Schallehn lässt sich die Authentizität als „Dominanz identitätsbezogener vs. um-
weltbezogener Handlungsverursachung“ ([45], S. 37) definieren. Folglich beruht die Beur-
teilung der Authentizität immer auf einem Bewertungsprozess, welcher eine Identitäts-
vorstellung von dem Bezugsobjekt voraussetzt (vgl. [45], S. 36). Ob eine Marke vom
Nachfrager als authentisch wahrgenommen wird, ist entsprechend den voran-
gegangenen Ausführungen vom Eindruck des Nachfragers abhängig, dass „die Marke
sich also nach außen nicht anders darzustellen versucht, als sie von ihrer Identität her ist“
([45], S. 68). Markenauthentizität ist demnach keine ursprüngliche Eigenschaft, sondern
Ergebnis der Wahrnehmung durch die externe Zielgruppe der Marke.
Ein eng mit der Authentizität verwandtes, aber davon abzugrenzendes Konstrukt ist
die Glaubwürdigkeit. Diese beschreibt „eine Eigenschaft, die Menschen, Institutionen
oder deren kommunikativen Produkten (mündliche oder schriftliche Texte, audiovisuel-
le Darstellungen) zugeschrieben wird und sich darauf bezieht, dass der Rezipient darauf
vertraut, dass die Aussage des Kommunikators über ein Ereignis wahr ist bzw. dieses
adäquat beschreibt“ ([4], S. 408). Schallehn fasst die Charakteristika der Glaubwürdigkeit
wie folgt zusammen: Als Rahmenbedingung der Glaubwürdigkeit fungiert die Kommu-
nikation einer Botschaft an einen Empfänger, wobei die Kommunikationsquelle das
Bezugsobjekt darstellt (vgl. [45], S. 40). Basierend auf den Ausführungen nach Unger
kann die Glaubwürdigkeit zudem als kontinuierliche Eigenschaft des Bezugsobjekts
gesehen werden (vgl. [52], S. 24). Tabelle 1 stellt den Unterschied zwischen Authentizität
und Glaubwürdigkeit zusammenfassend dar.
Von der Authentizität ist auch das Konstrukt Vertrauen abzugrenzen. Gegenstand
von Vertrauen ist die zukünftige, risikobehaftete Situation (vgl. [40], S. 14). Nach Hegner
handelt es sich bei dem Vertrauenskonstrukt um einen psychologischen Zustand, der die
Bereitschaft des Vertrauensgebers umfasst, sich aufgrund positiver Erwartungshaltung
gegenüber dem Vertrauensobjekt „verwundbar“ zu machen (vgl. [28], S. 18). Folglich
grenzt Schallehn das Vertrauenskonstrukt von der Authentizität über die Faktoren Be-
zugsobjekt und Zeitraum ab. Beim Vertrauen wird auf eine interaktionsbezogene, zu-
künftige Leistung Bezug genommen, wohingegen bei der Authentizität das Selbst-
verständnis beurteilt wird. Weiterhin wird beim Vertrauen eine in der Zukunft liegende
Konsequenz beurteilt, wohingegen sich die Authentizität auf eine gegenwärtige Hand-
lung bezieht (vgl. [45], S. 44f.).
Aufgrund ihrer Ähnlichkeit lassen sich die Konstrukte Authentizität, Glaubwürdig-
keit und Vertrauen in einen theoretisch-konzeptionellen Zusammenhang bringen. So
konstatiert Schallehn, dass die Wahrnehmung einer Person als authentisch dazu führt,
dass diese auch als glaubwürdig wahrgenommen wird. Dies wiederum hat im Falle eines
Leistungsversprechens positive Auswirkung auf das Vertrauen (vgl. [45], S. 47). Abbil-
dung 3 stellt den Zusammenhang der Konstrukte dar.
Schallehn stellt drei Determinanten fest, die auf die wahrgenommene Markenauthen-
tizität wirken. Die gegenwartsbezogene Determinante der Konsistenz bezieht sich auf das
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 137

Tab. 1 Erkenntnisinteressen im Konzept der Glaubwürdigkeit und Authentizität (Quelle: in enger


Anlehnung an [45], S. 41)

Konzept Erkenntnisinteresse
Glaubwürdigkeit Feststellung der Wahrheitswahrscheinlichkeit einer kommunizierten Infor-
mation
Authentizität Feststellung der Existenz eines handlungsleitenden Selbstbilds des Kommu-
nikators

Authentizität Glaubwürdigkeit Vertrauen

Abb. 3 Kausaler Zusammenhang von Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen (Quelle: in


enger Anlehnung an [45], S. 48)

widerspruchsfreie Einhalten des Markennutzenversprechens an jedem gegenwärtigen


Kundenkontaktpunkt. Dem ähnlich ist die Kontinuität, welche sich als vergangen-
heitsbezogene Determinante auf das Einhalten des Markennutzenversprechens im Zeit-
ablauf bezieht. Als dritte Determinante der wahrgenommenen Markenauthentizität
nennt Schallehn die Individualität. Je klarer die Einzigartigkeit und damit die Differen-
zierung einer Marke vom Wettbewerb erlebbar wird, desto stärker ausgeprägt ist in der
Regel die wahrgenommene Markenauthentizität (vgl. [45], S. 72f.).

2.4 Authentizität in der Interaktion zwischen Marke und Nachfrager

Eine entscheidende Begründung der Relevanz von Authentizität für die Markenführung
ist in der Kongruenztheorie zu finden. Demnach wählen Nachfrager Marken gezielt
danach aus, ob diese zu ihrem idealen Selbstkonzept passen (vgl. [1]). Der Nachfrager
muss folglich das Gefühl haben, dass die Marke in ihrem Auftreten ihre tatsächliche
Persönlichkeit verkörpert, also authentisch ist (vgl. [31], S. 291).
Besonders im Kontext von Social Media ist der Begriff Authentizität zu einem viel
verwendeten Modewort geworden (vgl. [34], S. 222). Die hohe Bedeutung der Authenti-
zität im Rahmen von Social Media ergibt sich aus den Eigenschaften von Social Media
selbst. Die Veröffentlichung des Privatlebens von Personen in sozialen Netzwerken (vgl.
[34], S. 222), die Nutzung des Internets zur Recherche von realen Informationen und die
als persönlich wahrgenommenen Kontakte in sozialen Medien haben die Erwartungen an
dieses Medium verändert. In diesem Kontext wird auch von einer Personalisierung von
Medieninhalten gesprochen (vgl. [39]). Weinberg et al. stellen die Bedeutung der Au-
thentizität besonders für den Aufbau von persönlichen Beziehungen zum User in Social
Media heraus (vgl. [54], S. 278). Dementsprechend bezeichnet Hermes die Authentizität
138 Christoph Burmann et al.

Markenauthentizität

Markenverhalten Positive Wirkung


im Social Media auf das Markenimage

Abb. 4 Authentizität als Wirkungsmoderator im Rahmen sozialer Medien (Quelle: eigene Dar-
stellung)

als Ingredienz der Markenführung im Web (vgl. [30], S. 38). Die Anforderungen an ein
authentisches Verhalten der Marke sind in Social Media somit besonders hoch.
Auf Grundlage dieser Ausführungen kann für die Authentizität der markeninitiierten
Inhalte in Social Media ein moderierender Effekt vermutet werden. Nach der Konsistenz-
theorie streben Individuen nach kognitiver Konsistenz, d. h. nach Widerspruchsfreiheit
zwischen Erfahrungen und Kognitionen (vgl. [35], S. 227). Es lässt sich schlussfolgern,
dass die positive Wirkung eines Stimulus auf das Markenimage wahrscheinlicher ist,
wenn dieser Stimulus konsistent zu den dem Nachfrager bereits bekannten Markenasso-
ziationen ist. Konkret bedeutet dies, dass die positive Imagewirkung nur dann entstehen
kann, wenn die Marke als authentisch wahrgenommen wird (vgl. Abb. 4).
Im Kontext von Social Media sollten verschiedene Aspekte bei der Erstellung von In-
halten beachtet werden, damit die Marke als authentisch wahrgenommen wird. Entspre-
chend den von Schallehn belegten Determinanten der Markenauthentizität sollte die
Marke sich in Social Media zum einen konsistent zu allen anderen Kundenkontaktpunk-
ten verhalten. Alle Social-Media-Aktivitäten müssen deswegen Teil eines integrierten
Kommunikationskonzeptes sein, um inhaltliche Konsistenz und stimmige Tonalität des
Markenauftritts sicherzustellen. Eine besonders in Social Media relevante Determinante
ist die Kontinuität. So werden in Social Media alle Aktionen der Marke gespeichert,
weshalb sie zu jedem späteren Zeitpunkt abrufbar sind. Ein Verstoß gegen die Kontinui-
tät im Markenverhalten führt somit in Social Media besonders schnell zu einem Verlust
von Authentizität. Zur Erfüllung der Authentizitätsdeterminante der Individualität sollte
Social Media nicht als undifferenziertes Massenmedium missverstanden werden, son-
dern auf einer individuellen und persönlichen Ebene mit den Nachfragern interagieren.
Auf diese Weise werden persönliche Bindungen geschaffen, die nur schwer vom Wett-
bewerb kopiert werden können (vgl. [5], S. 316).
Weiter sollte der Autor der von der Marke generierten Inhalte in Social Media klar als
Unternehmensangehöriger zu erkennen sein, im besten Fall eine Führungsposition inne-
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 139

haben. Zudem führt Ehrlichkeit und Offenheit dazu, dass Marken als authentisch wahr-
genommen werden (vgl. [41]). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass auch die Interaktion
selbst, vorausgesetzt diese wird offen gestaltet, der Wahrnehmung als authentisch dient.
Trotz der Relevanz authentischen Verhaltens in Social Media darf nicht übersehen
werden, dass das Markenmanagement sich in einem ökonomischen Kontext befindet. Es
ist demnach nicht in jeder erdenklichen Situation möglich, nach dem Maßstab authenti-
schen Verhaltens zu agieren. Besonders zur Generierung von Aufmerksamkeit oder zur
Markenprofilierung ist Inszenierung notwendig (vgl. [39]). Nach Buggisch geht es dar-
um, das richtige Maß zwischen Authentizität und Stilisierung zu finden (vgl. [7]).

3 Interaktion und Authentizität in der Praxis

Im Folgenden soll anhand von Beispielen aus der Praxis verdeutlicht werden, inwiefern
sich die Authentizität einer Marke auf den Erfolg eines Unternehmens in Social Media
auswirken kann.

3.1 Domino’s Pizza Turnaround

Ende 2009 rief das Management von Domino’s Pizza1 in den USA die Kampagne „Pizza
Turnaround“ [16] ins Leben. Grund dafür waren Beschwerden von Kunden, die ihr
negatives Feedback über Domino’s Pizza nicht nur in Fokusgruppen und Produkttests
äußerten, sondern auch öffentlich über soziale Medien wie Twitter und Facebook. Das
Management von Domino’s Pizza stand vor der Herausforderung, auf diese Kommen-
tare zu reagieren und Stellung zu dem von Kunden veröffentlichten markenbezogenen
User Generated Content zu nehmen.
Auf einer eigens für diesen Zweck eingerichteten Website, www.pizzaturnaround.com
veröffentlichte das Unternehmen ein Video, das viele Diskussionen auslöste. Zu Beginn
des Videos werden negative Kundenkommentare über Domino’s Pizza eingeblendet. In
Blogs oder Videomitschnitten aus Fokusgruppen beschreiben Kunden die Produkte als
„mass produced, boring, bland pizza“ oder „Domino’s pizza crust to me is like card-
board“ [16]. Der CEO des Unternehmens erklärt daraufhin, dass die Kritik an Domino’s
als Anlass diente, die Produkte und Prozesse grundlegend zu verändern. Die Produkt-
entwicklung wurde mit der Aufgabe betraut, eine neue Pizza zu entwickeln, die den
Anforderungen der Kunden entsprechen sollte. Die Unternehmensführung verfolgte
damit die Zielsetzung, die Marke-Kunde-Beziehung zu stärken und das Markenimage
wieder positiv aufzuladen. Die Mitarbeiter zeigen sich im Video zunächst enttäuscht

1
Domino’s Pizza Inc. ist der weltweit größte Pizza-Lieferservice und wurde 1960 in den USA gegründet.
Das börsennotierte Unternehmen beschäftigt weltweit 10.000 Mitarbeiter in 66 Ländern (vgl. 18).
140 Christoph Burmann et al.

über die ernüchternde Kritik an ihrer Arbeit seitens der Konsumenten, dann aber hoch-
motiviert, an der Neugestaltung der Pizza mitzuwirken (vgl. [16]).
Das neue Produkt wurde schließlich den teilnehmenden Personen aus den Fokus-
gruppen an die Haustür gebracht und persönlich überreicht. Die Verkostungen ergaben
positive Rückmeldungen. Große Anerkennung wurde dem Umstand beigemessen, dass
die Meinungen der Kunden angehört wurden und diese sich dadurch ernst genommen
fühlten. Das authentische Verhalten der Marke in der Interaktion mit den Kunden er-
zeugte somit eine positive Wirkung. Die Videos der Hausbesuche wurden ebenfalls auf
pizzaturnaround.com veröffentlicht (vgl. [16]). Darüber hinaus bestätigten Produkttests
die Qualität der neuen Pizza (vgl. [15]).
Mit dieser Kampagne, deren zentraler Bestandteil Social Media waren, erreichte Do-
mino’s eine erhöhte Aufmerksamkeit sowohl bei seinen Kunden als auch in der Presse.
Das Video wurde allein bei YouTube 844.100 Mal aufgerufen (vgl. [57]). Positive Äuße-
rungen über die Ehrlichkeit des Unternehmens fanden sich schließlich in vielen Medien.
Finanziell erwies sich die Kampagne ebenfalls als Erfolg. Das Unternehmen Domino’s
berichtete von einem Anstieg des Profits auf US-Dollar 23,6 Mio. im vierten Quartal
2009, was mehr als einer Verdoppelung der Quartalszahlen aus dem Vorjahr entsprach.
Darüber hinaus seien die Umsätze in den Franchise-Filialen um 1,4 % gestiegen (vgl.
[47]). Belegt wurden diese Aussagen durch den Anstieg des Aktienkurses im Zeitraum
der Kampagne (vgl. [15]).
Im Folgenden soll kurz diskutiert werden, aus welchem Grund sich Domino’s Risiko-
bereitschaft „auszahlte“, mit der schonungslosen Kritik an ihrer Pizza an die Öffentlich-
keit zu gehen.
Wie eingangs erläutert, besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen den Konstruk-
ten Authentizität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Authentisch zeigte sich das Unter-
nehmen Domino’s, indem es die Verbraucheraussagen ungeschönt darstellte und sich
unerwartet offen im Umgang mit der Kritik am Produkt zeigte. Infolgedessen erreichte
der Pizza-Hersteller einen hohen Grad an Glaubwürdigkeit und gewann somit das Ver-
trauen seiner Kunden. Verstärkt wurde dieses Vertrauen zusätzlich aufgrund der Tatsa-
che, dass das Unternehmen die Kundenwünsche in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten
stellte. Die Kunden fühlten sich wertgeschätzt, da ihre Kritik ernst genommen wurde
und als Anlass diente, eine neue Pizza zu entwickeln. Die Resonanz verbreitete sich viral
in den Medien (vgl. [36]). Der moderierende Effekt der Markenauthentizität zwischen
den von der Marke generierten Inhalten in Social Media und dem Markenimage wird in
diesem Beispiel deutlich. Die Authentizität der Marke in der Interaktion mit den Kun-
den trug zur Verbesserung des Markenimages von Domino’s Pizza bei.
Die persönliche Ansprache des CEO und die Personifizierung der Mitarbeiter, die als
reale Personen mit Namen und Gesichtern in Erscheinung traten, trugen maßgeblich zur
Steigerung der Authentizität bei. Durch die Einbindung der Mitarbeiter in die Social-
Media-Kommunikation wurde die Interaktion mit der Marke ermöglicht. Zwar gab es
auch viele negative Kommentare über den Geschmack der neuen Pizza, jedoch sorgte
Domino’s dafür, dass den Kunden die Möglichkeit gegeben wurde, ihre Meinung zu
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 141

äußern und mit den Mitarbeiten zu diskutieren (vgl. [17]). Aufgrund des authentischen
Auftretens in der Interaktion mit seinen Kunden konnte Domino’s das Vertrauen in
seine Produkte wiederherstellen.

3.2 Pril Design-Wettbewerb

Das Unternehmen Henkel rief die Kunden der Marke Pril Anfang April 2011 zur Teil-
nahme am Wettbewerb „Mein Stil – mein Pril“ (vgl. [29]) auf. Die Verbraucher wurden
dazu aufgefordert, kreative Etiketten für eine Spülmittelflasche zu entwerfen und diese
auf der Website hochzuladen. Die User hatten die Möglichkeit, online ihre Stimme für
die Designs abzugeben. Die beiden Gewinner-Etiketten sollten als limitierte Auflage in
den Handel gebracht werden (vgl. [29]). Zielsetzung von Henkel war es, die Kampagne
viral über soziale Medien zu verbreiten und eine Interaktion zwischen Marke und Kunde
zu ermöglichen.
Eine rege Teilnahme brachte der Marke Pril mehr als 50.000 Entwürfe ein (vgl. [43]).
Darunter das Design eines Werbetexters aus Hamburg. Er kreierte ein ungewöhnliches
Etikett. Auf der von ihm entworfenen Spülmittelflasche war ein Grill-Hähnchen abge-
bildet (vgl. Abb. 5) mit dem Untertitel „Schmeckt lecker nach Hähnchen!“ (vgl. [44]).
Über Twitter animierte der Designer sein Netzwerk, für ihn zu stimmen. Obwohl oder
gerade weil dieses Etikett eher unüblich für eine Spülmittelflasche erschien, bekam das
Hähnchen-Design viele Stimmen von anderen Usern. Mit mehr als 3.500 Stimmen Vor-
sprung zum Zweitplatzierten erreichte das Hähnchen-Etikett den ersten Platz (vgl. [6]).
Zu einem Sieg reichte dies jedoch nicht. Eine Jury, bestehend aus fünf Personen, wählte
aus den besten zehn Designs zwei Gewinner. Das Hähnchen war nicht darunter.
Der Ablauf des Auswahlverfahrens wurde von Mitarbeitern der Marke Pril im Vor-
feld angekündigt und seitens der User akzeptiert. Für Aufruhr in der Facebook-Com-
munity sorgte, dass im Vorfeld die Votes einiger Designs mit Top-Platzierung um ver-
meintlich gefälschte Stimmen „bereinigt“ (vgl. [26]) wurden. Darüber empörten sich die
Facebook-Fans von Pril und verlangten Aufklärung über das Vorgehen. Pril kommen-
tierte die Forderungen auf Facebook folgendermaßen: „Wie genau wir die Fake-Votes
ermittelt haben, würde an dieser Stelle zu weit führen, da es sich hierbei um sehr kompli-
zierte, technische Prozesse handelt“ [24]. Viele der Teilnehmer fühlten sich betrogen
und waren der Meinung, dass das Unternehmen Henkel auf diese Weise versucht habe,
unerwünschte Designs aus dem Wettbewerb zu verdrängen (vgl. [26]).
Die fehlende Transparenz in der Vorgehensweise des Unternehmens führte dazu, dass
die Situation auf Facebook eskalierte. Die Teilnehmer äußerten öffentlich ihre Enttäu-
schung: „Mein Kommentar wurde gelöscht. Da ich sachlich und ohne Anschuldigungen
oder Vorwürfe argumentiert habe, gehe ich davon aus, dass es voll ins Schwarze getroffen
hat. Leider hat Pril sich mit dieser Aktion erfolgreich von meiner Favoriten-Liste geschos-
sen. Nie wieder Pril.“ [24]. Das nicht-authentische Verhalten in der Interaktion mit den
Kunden führte in diesem Fall dazu, dass der Kunde die Marke nicht mehr verwendete.
142 Christoph Burmann et al.

Abb. 5 Pril – „Schmeckt lecker nach Hähnchen“ (Quelle: vgl. [43])

Dieses Beispiel verdeutlicht, wie fehlende Authentizität der Interaktion sich negativ
auf die Marke-Kunde-Beziehung auswirken kann. Aufgrund der Tatsache, dass die Mit-
arbeiter von Henkel die Abstimmung durch Bereinigung von Stimmen beeinflusst hat-
ten, verlor die Marke Pril für die Kunden an Integrität. Darüber hinaus verursachte die
Geheimhaltung über das Vorgehen bei der Ermittlung vermeintlich gefälschter Stimmen
einen Verlust der Glaubwürdigkeit der Marke Pril. Das Vertrauen, das die Kunden Pril
entgegengebracht hatten, wurde verletzt. In diesem speziellen Fall führte die fehlende
Authentizität in der Interaktion sogar zum Boykott der Marke durch große Teile der
Fangemeinde.

4 Fazit

Der Einsatz sozialer Medien bietet Unternehmen zahlreiche Chancen. Unternehmen


haben die Möglichkeit, mit aktuellen und potenziellen Kunden multimedial und in Echt-
zeit zu interagieren. Um dies jedoch zum Aufbau einer nachhaltig starken Marke-
Kunde-Beziehung zu nutzen, müssen Marken durch eine hohe Interaktionskompetenz
die Authentizität ihrer Kundeninteraktion sicherstellen. Dafür muss sich die Marke an
den konstitutiven Merkmalen des Web 2.0 orientieren. Hierzu gehören insbesondere
eine hohe Transparenz, die Öffnung gegenüber dem Feedback der Nachfrager und eine
hohe Interaktionsintensität mit dem User auf individueller Ebene. Der Fall Domino’s
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 143

Pizza zeigt, dass ein Eingeständnis von Fehlern und der Wille zur Besserung, wenn au-
thentisch kommuniziert, zu einer Verbesserung des Markenimages führen kann. Ein
Unternehmen, das wie im Fall der Marke Pril von Henkel diese Rahmenbedingungen
missachtet, verpasst nicht nur die Chancen von Social Media, sondern beschädigt auch
sein Markenimage außerhalb der sozialen Medien.

Literaturverzeichnis

1 Aaker, D. A. (1996): Building strong brands, New York.


2 Arnhold, U. (2010): User-Generated Branding (UGB) – An exploration of a new field of study focu-
sing on the effectiveness of participatory communication programmes, Wiesbaden.
3 Bender, G. (2008): Kundengewinnung- und Bindung im Web 2.0, in: Hass. B./Walsh, G./Kilian, T.
(2008): Web 2.0: Neue Perspektiven für Marketing und Medien, Heidelberg, S. 173–190.
4 Bentele, G. (1988): Der Faktor Glaubwürdigkeit: Forschungsergebnisse und Fragen für die Sozialisa-
tionsperspektive, in: Publizistik, Jg. 33, Nr. 4, S. 406–426.
5 Bongartz, M. (2002): Markenführung im Internet – Verhaltenstypen – Einflussfaktoren – Erfolgs-
wirkungen, Wiesbaden.
6 Breithut, J. (2011): Virale Werbefallen, Pril schmeckt nach Hähnchen, URL: http://www.spiegel.de/
netzwelt/web/0,1518,756532,00.html, abgerufen am: 15.09.2011.
7 Buggisch, C. (2011): Social Media: Zwischen Authentizität und Stilisierung, URL:
http://buggisch.wordpress.com/2011/06/15/social-media-zwischen-authentizitaet-und-stilisierung/,
abgerufen am: 08.09.2011.
8 Burkitt, L. (2009): Domino’s Launches Massive $ 75 Million Ad Blitz, URL: http://www.forbes.com/
2009/12/21/dominos-pizza-recipe-ad-campaign-cmo-network-dominos.html, abgerufen am:
19.10.2011.
9 Burmann, C./Blinda, L./Nitschke, A. (2003): Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten
Markenmanagements, Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM)
der Universität Bremen.
10 Burmann, C./Arnhold, U. (2008): User generated branding: state of the art of research, Berlin.
11 Burmann, C./Boch, S. (2010): Implikationen neuroökonomischer Forschungsergebnisse für die
identitätsbasierte Führung von FMCG-Premiummarken, Arbeitspapier Nr. 42 des Lehrstuhl für in-
novatives Markenmanagement (LiM) der Universität Bremen.
12 Burmann, C./Eilers, D./Hemmann, F. (2010): Bedeutung der Brand Experience für die Markenfüh-
rung im Internt, Arbeitspapier Nr. 46 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) der
Universität Bremen.
13 Burmann, C./Meffert, H. (2005): Theoretisches Grundkonzept der identitätsbasierten Markenfüh-
rung, in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement – Identitätsorientierte
Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden, S. 37–72.
14 Chen, Q./Griffith, D. A./Shen, F. (2005): The effects of interactivity on cross-channel communicati-
on, in: Journal of Interactive Advertising, Jg. 5, Nr. 2, S. 30–44.
15 Decker, S. (2010): Pizza Throwdown puts Domino’s Pizza Turnaround to the test, URL:
http://www.bazaarvoice.com/blog/2010/02/08/pizza-throwdown-puts-domino%E2%80%99 s-pizza-
turnaround-to-the-test, 08.02.2010, abgerufen am: 15.09.2011.
16 Domino’s (2011): Pizza turnaround, URL: www.pizzaturnaround.com, abgerufen am: 15.09.2011.
17 Domino’s (2011): URL: http://more.dominos.com/, abgerufen am: 09.2011.
18 Domino’s (2011): URL: www.dominos.de/corporate, abgerufen am: 12.09.2011.
144 Christoph Burmann et al.

19 Eisend, M./Küster-Rhode, F. (2008): Soziale Netzwerke im Internet – Marketingkommunikation für


morgen, Marketing Review St. Gallen, 2008, 12–15.
20 Esch, F.-R. (2008): Strategie und Technik der Markenführung, 5. Aufl., München.
21 Esch, F.-R./Kiss, G. (2006): Wirkung interaktiver Markenauftritte im Internet – Theoretische Grund-
lagen und empirische Ergebnisse, in: Marketing ZFP, Jg. 28, Nr. 2, S. 99–115.
22 Esch, F.-R./Langner, T./Ullrich, S. (2009): Internetkommunikation, in: Bruhn, M./Esch, F.-R./Lang-
ner, T. (Hrsg.): Handbuch Kommunikation, Wiesbaden, S. 127–156.
23 Facebook (2011): Facebook Press Room, URL: www.facebook.com/press/info.php?statistics, abgeru-
fen am: 11.03.2011.
24 Facebook (2011): URL: http://de-de.facebook.com/pril, abgerufen am: 15.09.2011.
25 Fournier, S. (1998): Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory in Consumer
Research, in: Journal of Consumer Research, Chicago: University of Chicago Press.
26 Frickel, C. (2011): Facebook, Aufstand gegen Pril Wettbewerb, URL: http://www.focus.de/digital/
internet/facebook/facebook-aufstand-gegen-pril-wettbewerb_aid_628554.html, abgerufen am:
15.09.2011.
27 Gilmore, G. W. (1919): Animism, Boston Marshall Jones Company, Boston.
28 Hegner, S. (2012): Die Relevanz des Vertrauens für das identitätsbasierte Management globaler
Marken – Ein interkultureller Vergleich zwischen Deutschland, Indien und Südafrika, im Druck,
Wiesbaden.
29 Henkel (2011): Mein Pril – Mein Stil, URL: http://www.henkel.de/presse/presse-informationen-
2011_20110317-mein-pril--mein-stil-36809.htm, abgerufen am: 15.09.2011.
30 Hermes, V. (2011): Wer führt die Marke?, in: Absatzwirtschaft, Sonderausgabe zum Markenaward
2011, S. 34–40.
31 Jenner, T. (2007): Bedeutung der Markenauthentizität für den Markenerfolg, in: Wissenschaftliches
Studium, Bd. 36, Nr. 6, S. 289–294.
32 Kapferer, J.-N. (1992): Die Marke – Kapital des Unternehmens, Landsberg/Lech.
33 Kaplan, A. M./Haenlein, M. (2010): Users of the world unite – The challenges and opportunities of
Social Media, in: Business Horizons, Jg. 53, Nr. 1, S. 59–68.
34 Kielholz, A. (2008): Online-Kommunikation. Die Psychologie der neuen Medien für die Berufspra-
xis, Heidelberg.
35 Kroeber-Riel, W./Weinberg, P./Gröppel-Klein, A. (2009): Konsumentenverhalten, 9. Aufl., Mün-
chen.
36 McDevitt, C. (2010): Domino’s learns Twitter, Facebook lessons, URL: http://www.msnbc.msn.com/
id/35133794/ns/business-the_big_money/t/dominos-learns-twitter-facebook-lessons/
#.Tm3ZTOxwuuM, abgerufen am: 15.09.2011.
37 Meffert, H./Burmann, C. (1996): Identitätsorientierte Markenführung – Grundlagen für das Mana-
gement von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 100 der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Marke-
ting und Unternehmensführung, Münster.
38 Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (2005): Stellenwert und Gegenstand des Markenmanagements,
in: Meffert, H./Burmann, C./Koers, M. (Hrsg.): Markenmanagement – Identitätsorientierte Marken-
führung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden, S. 3–17.
39 o. V. (2009): Authentizität und Inszenierung – Interview mit Prof. Dr. Peter Szyszka, Professor für
Public Relations an der Universität Wien, URL: http://www.ffpr.de/de/news/experteninterviews/
authentizitaet_und_inszenierung.html, abgerufen am: 20.10.2011.
40 Petermann, F. (1996): Die Psychologie des Vertrauens, München.
41 Pleil, T. (2009): PR und Authentizität im Social Web – erste Forschungsergebnisse, URL:
http://thomaspleil.wordpress.com/2009/11/11/pr-und-authentizitaet-im-social-web/, abgerufen am:
08.09.2011.
42 Popken, B. (2011): November Fifth Is Bank Transfer Day, URL: http://www.consumerist.com/
2011/10/november-fifth-is-bank-transfer-day.html, abgerufen am: 19.10.2011.
Authentizität in der Interaktion als zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung 145

43 Pril (2011): URL: http://www.pril.de/meinpril, abgerufen am: 15.09.2011.


44 Rentz, I. (2011): Design-Wettbewerb: Schmeckt Pril bald nach Hähnchen?, URL:
http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/Design-Wettbewerb-Schmeckt-Pril-
bald-nach-Haehnchen%3F_99525.html, 15.04.2011, abgerufen am: 15.09.2011.
45 Schallehn, M. (2012): Marken-Authentizität: Konzeption, Einflussfaktoren und Wirkungspotential
aus Sicht der identitätsbasierten Markenführung, im Druck, Wiesbaden.
46 Socialbakers (2011): Germany Facebook Statistics, URL: http://www.socialbakers.com/facebook-
statistics/germany, abgerufen am: 16.09.2011.
47 Stapp, T. (2010): Domino’s Pizza Turnaround Pays Off, URL: http://www.entrepreneur.com/blog/
218649, abgerufen am: 15.09.2011.
48 Stauss, B. (2007): Weblogs als Herausforderung für das Customer Care, in: Bauer, H. H./Große-
Leege, D./Rösger, J. (Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+, 2. Aufl., München, S. 251–266.
49 Stichnoth, F. (2008): Virtuelle Brand Communities zur Markenprofilierung – Der Einsatz virtueller
Brand Communities zur Stärkung der Marke-Kunden-Beziehung, Arbeitspapier Nr. 35 des Lehr-
stuhls für innovatives Markenmanagement (LiM) der Universität Bremen.
50 Sundar, S./Kim, J. (2005): Interactivity and persuasion: Influencing attitudes with information and
involvement, in: Journal of Interactive Advertising, Jg. 5, Nr. 2, S. 6–29.
51 Tomczak, T./Schögel, M./Wentzel, D. (2006): Communities als Herausforderung für die Mar-
kenführung, in: Wirtz, B. W./Burmann, C. (Hrsg.): Ganzheitliches Direktmarketing, Wiesbaden,
S. 523–546.
52 Unger, F. (1986): Grundlagen in Kommunikation und Beeinflussung, Heidelberg.
53 Vlasic, G./Kesic, T. (2007): Analysis of Consumer´s Attitudes toward Interactivity and Relationship
Personalization as Contemporary Developments in Interactive Marketing Communication, in: Jour-
nal of Marketing Communications, Jg. 13, Nr. 2, S. 109–129.
54 Weinberg, T./Heymann-Reder, D./Lange, C. (2010): Social Media Marketing – Strategien für Twit-
ter, Facebook und Co., Beijing (u. a.).
55 Wenske, V. (2008): Management und Wirkungen von Marke-Kunden-Beziehungen – Eine Analyse
unter besonderer Berücksichtigung des Beschwerdemanagements und der Markenkommunikation,
Bremen.
56 Wentzel, D./Henkel, S. (2009): The Impact of Employee Behavior on Brand Personality Impressions:
The Moderating Effect of Pseudorelevant Information, in: Advances in Consumer Research – North
American Conference Proceedings, 36. Jg., S. 705–706.
57 YouTube (2011): Domino’s Pizza turnaround, URL:
http://www.youtube.com/watch?v=AH5R56jILag, abgerufen am: 12.09.2011.
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter –
Durch den gezielten Einsatz von Social Media
10
die Konsumenten an die Marke binden
Franz-Rudolf Esch, Elisabeth von Einem, Dominika Gawlowski, Marcel Isenberg,
Vanessa Rühl

Inhaltsverzeichnis

1 Social Media auf dem Vormarsch ........................................................................................... 148


1.1 Social Media – Der geheime Verführer für Marken?............................................ 148
1.2 Chancen und Risiken von Social Media für Marken ............................................ 149
2 Einbindung und organisatorische Abbildung von Social-Media-Aktivitäten
für Marken.................................................................................................................................. 150
3 Prüfung der Markeneignung für Social Media ..................................................................... 151
4 Markenziele für Social Media .................................................................................................. 154
4.1 Markenwissen aufbauen und das Markenbild der Konsumenten festigen ....... 155
4.2 Kunden durch Interaktion langfristig binden........................................................ 157
4.3 Multiplikatoren als Kür der Markenbindung ........................................................ 161
5 Social-Media-Kommunikation – Drei Schritte zum Erfolg ................................................ 163
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 164

_______________________
Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch ()
Automotive Institute for Management sowie
Institut für Marken- und Kommunikationsforschung,
Rheingaustraße 1, 65375 Oestrich-Winkel, Deutschland
e-mail: Franz-Rudolf.Esch@ebs.edu
Elisabeth von Einem ()
Institut für Marken- und Kommunikationsforschung,
Rheingaustraße 1, 65375 Oestrich-Winkel, Deutschland
e-mail: Elisabethv.Einem@ebs.edu
Dominika Gawlowski
Automotive Institute for Management,
Rheingaustraße 1, 65375 Oestrich-Winkel, Deutschland
e-mail: Dominika.Gawlowski@ebs.edu
Marcel Isenberg ()
ESCH. The Brand Consultants, Gutenbergstraße 1, 66740 Saarlouis, Deutschland
e-mail: M.Isenberg@esch-brand.com
Vanessa Rühl ()
Institut für Marken- und Kommunikationsforschung,
Rheingaustraße 1, 65375 Oestrich-Winkel, Deutschland
e-mail: Vanessa.Ruehl@ebs.edu

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 147


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_10, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
148 Franz-Rudolf Esch et al.

„Social Media ist kein Allheilmittel. Die strategische Einbindung in die gesamte Markenkommunika-
tion entscheidet über Erfolg oder Mißerfolg.“ Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch

„Das Internet hat sich zum Sprachrohr der Konsumenten entwickelt. Kommunikation zwischen Unter-
nehmen und Konsumenten muss auf Augenhöhe stattfinden. Nur wer etwas zu sagen hat, kann Kon-
sumenten langfristig für sich gewinnen.“ Elisabeth von Einem

„Social Media macht die Interaktion mit dem Kunden sehr viel einfacher, Unternehmen müssen diese
Chance nur noch ergreifen.“ Dominika Gawlowski

„Social Media: Dabei sein ist nicht alles. Eine professionelle Strategie ist Voraussetzung für ein erfolg-
reiches Engagement.“ Marcel Isenberg

„Social Media bietet eine einmalige Gelegenheit, dem Konsumenten auf Augenhöhe zu begegnen. Da-
durch kann eine langfristige Bindung an die Marke entstehen.“ Vanessa Rühl

1 Social Media auf dem Vormarsch

1.1 Social Media – Der geheime Verführer für Marken?

In vielen Unternehmen herrscht derzeit eine Aufbruchstimmung in Sachen Social Media.


Bereits 54 % der deutschen Organisationen nutzen Social Media für Kommunikations-
aufgaben (vgl. [35]). Social Media beschreibt interaktive Möglichkeiten und Plattformen
des Web 2.0, die eine Vernetzung sowie eine gemeinsame Gestaltung und einen Aus-
tausch von digitalen Medieninhalten ermöglichen. Dies kann zwischen Konsumenten
untereinander, zwischen Kunden und Unternehmen, aber auch zwischen Mitarbeitern in
einem Unternehmen bzw. in Unternehmensnetzwerken erfolgen (vgl. [20]). Laut McKin-
sey setzen bereits 40 % der Unternehmen soziale Netzwerke ein, 38 % einen Unterneh-
mensblog (vgl. [26]). Vor allem Facebook hat sich in deutschen Unternehmen als kom-
munikative Plattform etabliert, auf der sie die Interaktion mit unterschiedlichen
Anspruchsgruppen suchen oder auch zu Marktforschungs- oder Markenbindungs-
zwecken nutzen. Bereits im Juni 2010 besaßen bereits 31,4 % der deutschen Unterneh-
men ein Facebook-Profil, während 21,2 % ihren Beitritt bis Ende des Jahres planten (vgl.
[35]). Damit reagieren Unternehmen auf eine Verschiebung von Offline- zu Online-
Kommunikation. Im Jahre 2011 lag der Anteil der Internet-Nutzer bei 73,3 % (vgl. [1]).
Das Internet hat sich neben dem Fernsehen zum zweiten Leitmedium entwickelt (vgl.
[21]). Mit einer Reichweite von 63 % spielen soziale Netzwerke und Blogs eine besonders
wichtige Rolle (vgl. [24]).
So vielversprechend diese Zahlen klingen und so sehr Social-Media-Gurus auch das
hohe Lied für Social Media singen mögen, so fraglich ist es doch, welchen konkreten
Nutzen sich Marken durch ein Engagement in Social Media erwarten können. Vor allem
muss man sich als Manager die Frage stellen, für welche Marken sich Investments in
Social Media und ein entsprechendes Engagement auch wirklich auszahlen. Dazu ein
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 149

Beispiel: Facebook dient in erster Linie dazu, mit bereits vorhandenen Freunden zu kom-
munizieren und diese zu binden. Entsprechend wollen viele wissen, was ihre Freunde
bewegt (84 %), aber nur 11 % der Facebook-Nutzer suchen aktiv nach Marken und Pro-
dukten. Zudem haben 84 % der Nutzer, die „Fan“ von einer Marke sind, diese schon
vorher gekannt bzw. genutzt (vgl. [31]).
Aus Markenperspektive stellen sich somit folgende Fragen:

1. Welche Marken taugen überhaupt für ein Social-Media-Engagement und in welchem


Umfang?
2. Was sind die Ziele, die mit dem Social-Media-Engagement verknüpft sind?
3. Wie sind Social-Media-Aktivitäten in andere Kommunikationsaktivitäten eingebun-
den und organisatorisch verankert?
4. Welche Inhalte sollen mit einem Social-Media-Engagement vermittelt werden?
5. Wie sollten Social-Media-Inhalte kommuniziert werden?

1.2 Chancen und Risiken von Social Media für Marken

Durch den Einsatz von Social Media können Unternehmen auf veränderte Kommunika-
tionsbedingungen adäquat reagieren. Zum einen wird das Informationsverhalten der
Konsumenten weiter reduziert. Medien werden nur noch selektiv genutzt, die Informa-
tionsaufnahme erfolgt auf Knopfdruck. Zum anderen haben sich zusätzlich die Anforde-
rungen der Konsumenten an die Kommunikation geändert. So ist die Möglichkeit der
Interaktion und damit die Einbeziehung der Kunden ein wichtiger Bestandteil der
Kommunikation geworden (vgl. [21]).
Der Nutzen von Social Media für Unternehmen zeichnet sich durch eine intensivere
Vernetzung und einen leichteren Austausch aus. Die größte Chance durch die Einbin-
dung von Social Media sehen Unternehmen dabei in der schnellen Verbreitung von
Informationen (82,3 %), der Verbesserung des Services und der Kundenbindung
(45,7 %), der vereinfachten Beobachtung der öffentlichen Meinung (44,0 %), dem direk-
ten dialogischen Kontakt zu Stakeholdern (37,5 %) sowie der Möglichkeit der Marktfor-
schung und Nutzung von Kundenwissen (26,2 %) (vgl. [35]).
Durch die intensive Einbindung externer Anspruchsgruppen in den Kommunikations-
prozess ergeben sich jedoch Risiken, die es zu kontrollieren gilt. Die größten Risiken aus
Unternehmenssicht stellen der schlecht steuerbare Kommunikationsverlauf (66,2 %), die
Notwendigkeit eines schnellen Reagierens (64,1 %), der Kontrollverlust über die Selbst-
darstellung der Organisation (38,2 %), das unproduktive Verzetteln in Details (30,9 %)
und das nicht adäquate Auftreten von Mitarbeitern im Social Web (25,9 %) dar (vgl. [35]).
So verlockend die Chancen der Social-Media-Kommunikation sind, so beunruhigend
sind die Risiken. Ein strategisch geplantes und operativ schlüssiges Konzept zum Mana-
gement von Social Media ist deshalb unabdingbar, um den Hauptängsten der Unter-
nehmen entgegenzuwirken.
150 Franz-Rudolf Esch et al.

2 Einbindung und organisatorische Abbildung


von Social-Media-Aktivitäten für Marken

Aktivitäten im Social-Media-Bereich eröffnen Unternehmen einen neuen Kommuni-


kationskanal und ergänzen damit den bestehenden Kommunikations-Mix bei der Ver-
mittlung markenrelevanter Informationen. Um den gezielten Aufbau eines klaren Mar-
kenimages zu gewährleisten, müssen alle kommunikativen Maßnahmen einer Marke
ineinandergreifen. Demnach sind auch Social-Media-Aktivitäten nicht losgelöst von
anderen Kommunikationsmitteln zu betrachten. Zudem sind die organisatorische Ver-
antwortlichkeit für Social Media festzulegen und die erforderlichen neuen Strukturen
und Prozesse zu schaffen.
In der Realität ist dies jedoch häufig nicht der Fall. Man gewinnt den Eindruck, dass
eine strategische Ausrichtung von Social Media durch blinden Aktionismus ersetzt wird.
Die Kenntnisse der Kommunikationsmanager im Bereich Social Media fallen durch-
schnittlich aus. Nur 17 % von ihnen verfügen über gute Fähigkeiten. In erfolgskritischen
Managementbereichen wie dem Management von Social Communities, der Entwicklung
einer Social-Media-Strategie sowie der Evaluation der Aktivitäten weisen Kommunika-
tionsmanager erhebliche Defizite auf. Dieser Zustand spiegelt sich auch in der Nutzung
von Social-Media-Aktivitäten wider. In knapp 50 % der Unternehmen fehlt es an einer
strategischen Ausgestaltung, viele Profile auf Facebook wirken experimentell und wenig
strukturiert, im Fall des Textildiscounters KiK sogar völlig verwaist (vgl. [35]).
Ein erfolgreicher Einsatz erfordert die Integration dieses Mediums als festen Bestand-
teil im Kommunikations-Mix und damit auch eine Verankerung in der Unternehmens-
strategie. Social Media stellt Unternehmen nicht nur in strategischer Sicht vor neue Her-
ausforderungen, sondern erfordert auch bei der Implementierung ein Umdenken. Denn
besonders häufig sind es personelle und organisatorische Aspekte, die einer erfolgreichen
Social-Media-Kommunikation entgegenstehen. Für viele Unternehmen beginnt der
Eintritt in Social Media mit dem Satz: „Wir müssen auf Facebook.“ Die Folgen davon sind
erste experimentelle Schritte, die oftmals an Praktikanten delegiert werden. Doch für den
Erfolg von Social Media ist es von zentraler Bedeutung, dass sich erfahrene und intern
gut vernetzte Mitarbeiter mit diesem Thema auseinandersetzen. Hierbei ist es zu Beginn
des Engagements im Social-Media-Bereich empfehlenswert, mit kleinen Aktivitäten zu
starten und nicht eine Big-Bang-Strategie zu verfolgen. Dies hat den Vorteil, dass Unter-
nehmen einen Lern- und Entwicklungsprozess durchlaufen können. Mit zunehmendem
Erfolg müssen jedoch sämtliche Maßnahmen organisatorisch durchdacht und verankert
werden, denn oftmals herrscht Unsicherheit darüber, welche Abteilung für Social Media
überhaupt zuständig ist. Social-Media-Aktivitäten können von einer zentralen Abteilung
oder aus den bestehenden Funktionsbereichen gesteuert werden. Dabei darf Social Me-
dia jedoch nicht nur als ein bloßes PR-Instrument oder ein neues Marketing- bzw.
Kommunikationsinstrument verstanden werden. Da mit steigender Anzahl der Interes-
senten der Betreuungsaufwand zunimmt, wird Social Media nicht selten zu einer abtei-
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 151

lungsübergreifenden Aufgabe für das gesamte Unternehmen. Hier empfiehlt sich die
Etablierung eines Social Media Councils. Das Unternehmen Microsoft setzt beispiels-
weise auf ein derartig koordinierendes Gremium. Teilnehmer dieses Councils sind Ent-
scheider aus allen relevanten Business-Bereichen, die die Social-Media-Strategie und
Social-Media-Prioritäten festlegen. Zielführend kann es zudem sein, einen Social-Media-
Officer zu benennen. So stellt beispielsweise der Hidden Champion Krones seinen Mit-
arbeitern einen zentralen Ansprechpartner zur Verfügung, der Aufklärungsarbeit leistet
und die Social-Media-Aktivitäten koordiniert. Dieser Ansprechpartner sollte jedoch im
Unternehmen gut vernetzt sein und durch ein Social-Media-Team unterstützt werden,
das insbesondere Inhalte pflegt und Anfragen beantwortet. Nicht minder relevant ist die
Einbeziehung und Sensibilisierung der Mitarbeiter für das Thema Social Media. Dabei
empfiehlt es sich, unternehmensspezifische Social-Media-Guidelines zu erstellen, die den
Mitarbeitern Klarheit und Sicherheit im Umgang mit sozialen Medien geben.

3 Prüfung der Markeneignung für Social Media

Ein Einstieg in Social Media ist nicht für alle Unternehmen gleichermaßen geeignet.
Wirft man einen Blick auf das Facebook-Fan-Ranking, wird der Unterschied zwischen
den verschiedenen Branchen augenscheinlich. Während Marken wie Coca-Cola, Disney
oder Starbucks zu den Gewinnern auf Facebook gehören und das Ranking neben Stars
wie Rihanna, Michael Jackson oder Lady Gaga anführen, fällt das Interesse an Unter-
nehmen bspw. aus dem Banken- oder Versicherungssektor eher gering aus. Auch im
B2B-Bereich verfehlt eine Social-Media-Kommunikation häufig das gewünschte Ziel. Es
stellt sich also die Frage: Wer sollte auf Social Media verzichten und wer nicht?
Die Eignung der Marken für den Einsatz von Social Media hängt von dem Grad des
Involvements der Nutzer ab. Unter Involvement versteht man die „Ich-Beteiligung“ bzw.
das Engagement, mit dem man sich einer Aktivität oder einem Gegenstand zuwendet
(vgl. [22]). Das langfristige Involvement der Konsumenten wird bestimmt durch

• das persönliches Involvement, das durch Wertevorstellungen und Persönlichkeits-


merkmale einer Person geprägt wird,
• das Produktinvolvement, welches in Abhängigkeit vom Preis und den wahrgenom-
menen funktionalen und sozialen Risiken der Nutzung variiert und bestimmt, in wel-
chem Maß sich der Konsument einem Produkt bzw. einer Produktkategorie zuwen-
det, und
• das Markeninvolvement, welches sich im Interesse gegenüber einer Marke widerspie-
gelt (vgl. [9]).

Da Wertvorstellungen und Persönlichkeitsmerkmale individuell sehr unterschiedlich


ausgeprägt sind, wird das persönliche Involvement im Folgenden außen vor gelassen
152 Franz-Rudolf Esch et al.

Abb. 1 Involvement-Grid und daraus abgeleitete Eignung einer Social-Media-Strategie (Quelle:


eigene Darstellung)

und nur das Produkt- und Markeninvolvement als Grundlage zur Erfassung des andau-
ernden Involvements herangezogen.
Um für die Zielgruppe relevant zu sein, ist es für Marken von essentieller Bedeutung,
die Kommunikation auf das langfristige Involvement der Zielgruppe abzustimmen. Die
sich daraus ableitenden Implikationen für die Social-Media-Strategie werden im Folgen-
den kurz dargestellt.
Dieses langfristige Involvement kann wiederum kognitiv und/oder emotional hoch
oder niedrig ausgeprägt sein. Daraus ergeben sich entsprechend vier Felder (Abb. 1).

Hohes emotionales und kognitives Involvement


Hierunter fallen Marken und Produkte, bei denen Kunden sowohl an Sachinformationen
interessiert als auch emotional stark angezogen sind. Ein Beispiel für eine solche Marke
ist BMW. Es scheint klar, dass eine Marke wie BMW stärker involviert als Dacia und
dass aufgrund des wahrgenommenen Kaufrisikos ein höheres Engagement seitens der
Konsumenten zu beobachten ist. Für die Kommunikation via Social Media heißt das:
Binde deine Fans emotional ein, gehe dabei jedoch auch auf deren Informationsinteresse
ein. Die Marke BMW zählt auf Facebook über 6,5 Mio Fans und setzt diese Anforderung
markenspezifisch um. Zum einen informiert sie über technische Innovationen und Pro-
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 153

duktfeatures, zum anderen bindet BMW seine Fans durch das Posten von sportlichen
Autobildern oder Erlebnissen emotional ein.

Hohes emotionales und geringes kognitives Involvement


Hier lautet das Motto: „Erlebnis ist in“. Informationen sind trivial, es zählt das Erlebnis
und die emotionale Verankerung des Angebots in den Köpfen der Konsumenten (vgl.
[21]). Marken wie Coca-Cola oder Red Bull beherrschen dieses Spiel und zeigen auch im
Bereich Social Media, wie man markenkonforme Erlebnisse schafft und kommuniziert.
So setzt Coca-Cola auch auf Facebook das Motto „Love and Happiness“ gekonnt um und
animiert die Fans zur Interaktion. Dadurch erleben Fans einen Zusatznutzen, der die
Marke Coca-Cola klar von anderen Marken unterscheidet.

Hohes kognitives und geringes emotionales Involvement


In diesem Fall sind Bedürfnisse an dem Produkt bereits vorhanden und Informationen
über das Angebot wichtig und erwünscht. Das Interesse an dem Produkt oder der Pro-
duktkategorie überstrahlt dabei die Bedeutung und die Bindung an die Marke. Eine sol-
che Konstellation findet man häufig bei High-Involvement-Angeboten, z. B. im B2B-
Bereich oder auch bei Banken und Versicherungen vor. Ein Beispiel hierfür ist die Go-
thaer Versicherung, die mit 2.373 Fans auf Facebook eine untergeordnete Rolle spielt.
Das Produkt scheint austauschbar und wenig sexy. Hier zeigt sich auch klar, dass eine
stärkere Marke wie die Allianz mit 11.166 Fans noch einen Zusatzeffekt bewirken kann.
Auch wenn die Einbindung von Social Media in die Unternehmenskommunikation
auf den ersten Blick schwierig erscheint, so bietet sich diesen Unternehmen doch die
Möglichkeit, aus ihrem Produkt bzw. Unternehmen mehr als nur eine „Notwendigkeit“
zu machen und zu zeigen, dass sie neben der Funktionalität auch über weitere Attribute
verfügen. Denn Social Media bietet nicht nur die Chance zur Kommunikation mit Kon-
sumenten, sondern eignet sich auch zur Interaktion mit Mitarbeitern und Lieferanten.
Durch die Kommunikation via Social Media haben B2B-Unternehmen die Möglichkeit,
auf Reaktionen und Fragen aller Anspruchsgruppen im Netz kompetent zu antworten
und über neueste Entwicklungen wie z. B. die Standortausweitung in China zu informie-
ren oder Mitarbeiterportraits einzustellen.

Geringes emotionales und geringes kognitives Involvement


In diesem Fall besteht für die Marke wie auch für das Produkt kaum Interesse. Es handelt
sich vorwiegend um wenig komplexe Produkte aus dem Alltag, die austauschbar sind.
Ziel der Markenführung muss es sein, im Gespräch und für die Zielgruppe aktuell zu
bleiben. Dabei wird weder eine emotionale Bindung zum Kunden aufgebaut noch hat
dieser weiteren Informationsbedarf. Eine Einbindung von Social Media ist daher kaum
sinnvoll. Denn wer hat schon Lust, sich auf Fanseiten von Küchenrollen oder gar Müll-
beuteln zu verlustieren? Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass Marken wie Tempo
oder Zewa wisch und weg nicht auf Facebook zu finden sind. Anders sieht es da bei
Charmin aus. Die jahrelangen Investitionen zur emotionalen Aufladung der Marke ha-
154 Franz-Rudolf Esch et al.

ben sich bezahlt gemacht. Auch wenn die Marke Charmin mittlerweile nicht mehr auf
dem deutschen Markt vertreten ist, vereint der Bär immer noch mehr als 100.000 Fans.
Der Einsatz einer Social-Media-Kampagne eignet sich besonders für Marken, deren
Kunden emotional hoch involviert sind, da primär ein größeres Interesse an allen Bot-
schaften der Marke besteht und sich zum anderen die Verbreitung innerhalb der beste-
henden Fangemeinschaft leichter und schneller gestaltet (vgl. [10]). Bei hohem kogniti-
ven Involvement suchen Kunden hingegen aktiv nach individuell relevanten Informa-
tionen, die das Informationsbedürfnis befriedigen. Um die Eignung einer Social-Media-
Kampagne für die eigene Marke zu ermitteln, sind folgende Fragen aus Unternehmens-
sicht zu beantworten. Je mehr Fragen mit ja beantwortet werden können, desto besser ist
die Eignung:

1. Fühlen sich die Kunden mit der Marke oder dem Produkt verbunden?
2. Spielt die Marke oder das Produkt im alltäglichen Leben des Kunden eine wichtige
Rolle?
3. Löst die Marke oder das Produkt Informationsbedarf auf Seiten der Kunden aus?
4. Bildet die Marke oder das Produkt einen geeigneten Rahmen oder ein Thema für
Unterhaltung und interaktive Aktivitäten?

4 Markenziele für Social Media

Der richtige Einsatz von Social Media bietet ein enormes Potenzial zum Aufbau und
Festigen des Markenwissens und somit zur Stärkung einer Marke. Die langfristige Kun-
denbindung ist der Königsweg der Social-Media-Kommunikation. Es gilt, Konsumenten
zu integrieren und den Dialog zu fördern, um Insights und Ideen zu generieren. Um
dieses Potenzial gewinnbringend auszuschöpfen, sind jedoch zwei wesentliche Beson-
derheiten dieses Instrumentes zu beachten:

• Die Aktivität der Nutzer variiert zwischen passiven und aktiven Fans einer Marke.
Passive Fans identifizieren sich lediglich durch den „Gefällt mir“-Button mit einer
Marke. Aktive Fans hingegen ergreifen eigenständig die Initiative und produzieren ei-
gene Inhalte oder multiplizieren Kommunikationsinhalte der Marke.
• Durch die Aktivität der Nutzer ist seitens des Unternehmens zwischen gesteuerter
und ungesteuerter Kommunikation zu unterscheiden. Unter gesteuerter Kommuni-
kation versteht man jeglichen vom Unternehmen selbst produzierten und selbst ver-
breiteten Kommunikationsinhalt. Ungesteuerte Kommunikationsinhalte werden hin-
gegen von Konsumenten oder Fans einer Marke erstellt und gestreut.

Die unterschiedlichen Ausprägungen der Dimensionen hinsichtlich der Aktivität der


Nutzer und der Steuerbarkeit der Kommunikation führen zu unterschiedlichen Anfor-
derungen an eine erfolgreiche Social-Media-Kommunikation, aus der sich drei wesentli-
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 155

che Ziele ableiten lassen. Zunächst geht es um den Auf- und Ausbau markenspezifischen
Wissens und um das Festigen des Markenbildes. Darüber hinaus sollte das Unternehmen
bestrebt sein, durch den intensiveren Austausch mit aktiven Markenfans die Marken-
bindung zu stärken und passive Fans zu aktiven Markenbotschaftern zu machen, die die
Multiplikation wünschenswerter Markeninformationen selbstständig vorantreiben.

4.1 Markenwissen aufbauen und das Markenbild


der Konsumenten festigen

Die erste Kommunikationsstufe von Social Media ist durch passive „Fans“ und durch
vollständig steuerbare Kommunikationsinhalte seitens des Unternehmens gekennzeich-
net. Durch den „Gefällt mir“-Button auf Facebook können Konsumenten bspw. zu Fans
einer Marke werden, ohne in weitere aktive Interaktion mit der Marke treten zu müssen.
Hier ist die komplette Kommunikation durch das Unternehmen steuerbar. Das Unter-
nehmen kann in einem solchen Fall gezielt ausgewählte Informationen an seine Fange-
meinde vermitteln, um Markenwissen aufzubauen und damit das angestrebte Marken-
bild zu festigen.
In dieser Phase ist es Aufgabe der Social-Media-Kommunikation, die Positio-
nierungsideen an den neu geschaffenen Kontaktpunkten einheitlich und integriert um-
zusetzen und andere Leitmedien wie bspw. TV- und Printmedien im Aufbau des Mar-
kenbildes und in der Vermittlung der Markenpositionierung zu unterstützen. Das
Fundament für die Umsetzung bildet die Identität einer Marke – das gilt sowohl für
klassische Kommunikation als auch im Social-Media-Bereich (vgl. [9]). Grundsätzlich
sind alle auf Basis der Markenidentität entwickelten Kommunikationsbotschaften auf-
einander abzustimmen sowie formal und inhaltlich mit der Marke in Einklang zu brin-
gen. Vermittelt eine Marke auf unterschiedlichen Kanälen völlig verschiedene Botschaf-
ten, so kommt es unweigerlich zu Gedächtnisüberlagerungen und zu einem
kontraproduktiven Ergebnis: Die Maßnahmen schwächen einander, statt sich gegenseitig
zu stärken. Um dies zu vermeiden und Kommunikationsbudgets intelligent einzusetzen,
muss eine integrierte Kommunikation stattfinden.
Integrierte Kommunikation bezeichnet die durchgängige Umsetzung eines Kommu-
nikationskonzeptes durch die Abstimmung der Kommunikation im Zeitablauf und aller
eingesetzten Kommunikationsinstrumente zur Optimierung der Kontaktwirkungen.
Durch die Vermittlung formal und inhaltlich konsistenter Eindrücke sollen die Erinne-
rung an die Kommunikation erleichtert sowie Präferenzen für das Angebot verstärkt
oder gefestigt werden, um dadurch klare Gedächtnisspuren bei den Konsumenten zu
hinterlassen (vgl. [9]). Für die Durchsetzung einer Positionierung ist daher eine integ-
rierte Kommunikation auch bei Social Media von besonderer Bedeutung, da gerade im
Internet viele Informationen auf Konsumenten einströmen. Die Folge ist ein immer
weiteres Ansteigen der Zugangsbarrieren zu den Konsumenten. Einmalige Botschaften
156 Franz-Rudolf Esch et al.

können diese Barriere kaum überwinden. Erst viele konsistente Eindrücke hinterlassen
bei dieser Reizüberflutung klare Gedächtnisspuren (vgl. [9]). Allerding sind hier die
Freiheitsgrade der Gestaltung größer, weil die Nutzer von Social Media sich in aller Regel
intensiver mit den vermittelten Inhalten auseinandersetzen.
Zur Integration der Social-Media-Kommunikation sind inhaltliche und formale An-
knüpfungspunkte festzulegen. Diese sind jedoch in das neue Medium zu „übersetzen“
(vgl. [21]). Die inhaltliche Abstimmung der Integration ist durch verwendete Bilder oder
sprachliche Aussagen zu erreichen, die formale Integration durch Corporate-Design-
Maßnahmen oder durch die Verwendung von Präsenzsignalen, welche die Wiederer-
kennung erleichtern und somit helfen, die Marke im Gedächtnis der Konsumenten zu
verankern (vgl. [8]). Darüber hinaus ist auf die zeitliche Abstimmung und Konsistenz
der Social-Media-Aktivitäten mit den klassischen Kommunikationsmitteln zu achten.
Nicht selten werden großangelegte Kampagnen auf Facebook in der Hoffnung verlän-
gert, dadurch mehr Fans der eigenen Marke zu generieren. Das Problem ist jedoch, dass
Markenverantwortliche in Kampagnenzyklen denken – Fans einer Marke dagegen nicht,
sie wollen auch nach der Beendigung einer Kampagne mit der Marke interagieren.

4.1.1 Wiedererkennung und Auffinden durch


formale Integration sicherstellen
Die Wiedererkennung der Marke ist gerade in sozialen Netzwerken von großer Bedeu-
tung. Zunächst sind Unternehmensseiten so zu arrangieren, dass den Fans eine schnelle
und eindeutige Zuordnung des Profils zur Marke ermöglicht wird. Hierzu zählen die
konsequente Verwendung des offiziellen Logos im Profilbild sowie Zusätze von Produk-
ten oder Ländern, auf die sich die Seite bezieht. Unternehmen haben jedoch auch neben
der Auswahl geeigneter Bilder weitere gestalterische Möglichkeiten, integriert über das
Facebook-Profil zu kommunizieren und sich somit auch sichtbar von nicht-offiziellen
Marken- oder Unternehmensseiten abzugrenzen. Neben den obligatorischen Seiten
Pinnwand und Info steht es dem Unternehmen frei, weitere markenspezifische Untersei-
ten zu erstellen. Durch die Wahl der Farben, Formen oder der eingebauten Elemente auf
diesen Seiten sind dem Unternehmen viele Möglichkeiten zur markenspezifischen Ge-
staltung gegeben, um das gewünschte Markenbild zu festigen und eine Wiedererkennung
der Marke zu gewährleisten. Auf den Facebook-Seiten von H&M oder Sony beispielswei-
se erinnern die einzelnen Unterseiten stark an die Gestaltung der jeweiligen Website. Es
werden dominant markentypische Farben eingesetzt, das verwendete Bildmaterial und
die gewählte Darstellungsform und Anordnung der Elemente sind identisch.

4.1.2 Positionierung durch inhaltliche Integration stützen


Eine rein formale Integration der Social-Media-Kommunikation reicht jedoch nicht aus.
Sie sollte vielmehr auch inhaltlich integriert erfolgen, um die wahrgenommene Marken-
positionierung zu festigen. Für die inhaltliche Einbindung der Social-Media-Kommu-
nikation in die Unternehmensstrategie bietet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten. Zum
Beispiel kann man durch Posts oder ausgewählte Fotos die gewünschten Positionie-
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 157

Abb. 2 Vermittlung der Positionierungsinhalte bei Hess Natur (Quelle: eigene Darstellung)

rungsinhalte vermitteln. Das Bekleidungsunternehmen Hess Natur, das für ökologische,


nachhaltig und fair produzierte Mode steht, vermittelt nicht nur durch die ausgewählten
Fotos klar die Positionierung und das Engagement der Marke. Ist man Fan der Marke
auf Facebook, informiert das Unternehmen in regelmäßigen Abständen über aktuelle
Aktionen und Projekte, die zur Marke passen und neues relevantes Markenwissen auf-
bauen. Thementage wie Sozialstandards, Tagesausflüge zu den Rhönschafen oder der
Aufbau der Klimabotschafter-Akademie zahlen auf das Markenkonto ein und runden
das Markenprofil glaubwürdig ab.
Richtig eingesetzt bietet der zusätzliche Kommunikationskanal Social Media die Mög-
lichkeit, neues Markenwissen aufzubauen und durch gezielte Informationen bei der
Zielgruppe aktuell zu bleiben, um das gewünschte Bild der Marke zu festigen. Wichtig ist
jedoch, Content zu generieren, der für die Zielgruppe relevant ist und ihr einen Mehr-
wert stiftet. Jeden Freitag den Fans ein schönes Wochenende zu posten hat wenig mit
strategischer Markenführung gemein und wird nach einiger Zeit als störend empfunden.
Auch wenn die Mehrzahl der Community-Mitglieder passive Fans sind, sollte das
Unternehmen bestrebt sein, über die Phase des „Aufbaus und Festigens“ hinaus die Bin-
dung zum Konsumenten zu intensivieren.

4.2 Kunden durch Interaktion langfristig binden

Neben der Größe der Fangemeinde spielt vor allem die Interaktionsrate eine bedeutende
Rolle. Im Jahr 2011 interagierten auf offiziellen deutschen Facebook-Seiten nur etwa
1,5 % der Fans mit der Marke (vgl. [37]). Unter Interaktion ist ein aktives, individuelles
(Kommunikations-)Verhalten der gegenseitigen Beeinflussung und der wechselseitigen
158 Franz-Rudolf Esch et al.

Abhängigkeit zu verstehen (vgl. [14]). Durch eine stärkere Interaktion mit der Marke
können Konsumenten die Marke intensiver erleben, ein tieferes Verständnis und eine
größere Identifikation mit dieser aufbauen. Somit können eine stärkere Markenbindung
erzielt und Wechselbarrieren geschaffen werden (vgl. [9]).
Der Charakter von sozialen Netzwerken fördert automatisch einen Austausch in
Form von Bewertungen, Fragen oder Meinungen der Fans. Dieser Austausch kann dabei
zwischen Marke und Kunde, aber auch zwischen Kunden untereinander stattfinden und
entweder

• vom Unternehmen selbst oder


• durch Konsumenten initiiert werden.

4.2.1 Interaktion durch die richtigen Informationen initiieren


Laut der Social-Exchange-Theorie werden soziale Beziehungen durch subjektive Kosten-
Nutzen-Berechnungen und unter Einbeziehung von Alternativen gebildet. Das heißt, das
Ziel eines jeden Individuums ist es, auch auf sozialen Netzwerken möglichst viel Nutzen
aus der Beziehung zu ziehen. Man wägt also die Vorteile und Nachteile ab. Wenn Risi-
ken überwiegen, z. B. in Form von uninteressanten Posts, die von den Fans als SPAM
empfunden werden, wird die Beziehung beendet. Überwiegen hingegen die Vorteile,
z. B. durch interessante Informationen zu Produkt und Unternehmen, lässt man sich
darauf ein (vgl. [7]). Für Unternehmen bedeutet das, einmal gewonnene Fans zu pflegen
und Content mit Bedacht zu produzieren, um vorhandenes Wissen zu intensivieren und
die Bindung zu den Fans zu stärken. Um Fans zur Interaktion zu ermutigen, lassen sich
je nach Involvement zwei Arten von Content unterscheiden: Die emotionale und die
kognitive Ansprache der Zielgruppe.
Liegt ein hohes kognitives Involvement vor, so suchen Konsumenten aktiv nach In-
formationen, nehmen diese auf und verarbeiten sie bewusster. Dies gilt häufig für Pro-
dukte, die ein hohes Kaufrisiko in technischer, finanzieller oder funktionaler Hinsicht
bergen (vgl. [8]). Das emotionale Involvement hängt stark mit persönlichen Wert-
vorstellungen und Einstellungen zusammen. Interessant sind Produkte und Marken, die
zum Lebensstil des Konsumenten passen und über die er sich kaum Gedanken machen
muss. Mit dem Kauf solcher Produkte kann jedoch ein soziales Risiko verbunden sein.
Je nach Ausprägung des Produkt- und Markeninvolvements empfehlen sich verschie-
dene Strategien:

Emotionale Ansprache der Kunden:


Eine emotionale Ansprache der Facebook-User eignet sich vor allem bei Marken, deren
Kunden eine hohe emotionale Bindung an die Marke aufweisen. In diesen Fällen stoßen
besonders emotional geprägte und erlebnisorientierte Informationen auf Interesse.
Neben der eher kognitiv geprägten Informationsvermittlung kann auch durch einen
emotional geprägten Austausch die Beziehung zwischen Konsumenten und der Marke
intensiviert werden. In einer solchen Kommunikation geht es um einen fast freund-
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 159

schaftlichen Austausch zu Themen und Inhalten, die nicht zwingend an ein Angebot
gebunden sein müssen. Die Marke nimmt hier sowohl die Rolle des Senders als auch die
des Empfängers ein und wird in den Augen der Konsumenten vermenschlicht. Bereits
Fournier wies in ihren Untersuchungen Beziehungen zwischen Konsument und Marke
nach. Sie zeigte dabei, dass Konsumenten höchst affektive Beziehungen zu Marken auf-
bauen können und starke Beziehungen eine hohe Interdependenz zwischen Marken und
Konsumenten aufweisen (vgl. [12]). Diese Art der Social-Media-Kommunikation setzt
ein hohes Markeninvolvement und eine damit verbundene emotionale Bindung an die
Marke voraus. So schaffen es Marken wie Coca-Cola oder Red Bull auch ohne „echte“
Produktinformationen, eine hohe Interaktion zu erzeugen, indem sie Bilder posten oder
über Sponsoringaktivitäten und Freizeit-Events informieren, die zu der Marke passen.

Informative Ansprache der Kunden:


Bei Kunden, die über ein ausgeprägtes kognitives Informationsbedürfnis verfügen, sind
hingegen produkt- oder nutzenspezifische Informationen von Bedeutung, die die vor-
handenen Informationsbedürfnisse befriedigen. Durch das Einstellen von produktspezi-
fischen oder kognitiv geprägten Informationen kann das Unternehmen Fans zur Interak-
tion ermutigen. Diese Art der informativen Gesprächsführung ist typisch bei hohem
Produkt- und geringem Markeninvolvement. Auf dem Facebook-Profil der Deutschen
Bank findet man bspw. mehrmals wöchentlich aktuelle Informationen zu neuen Produk-
ten, Dienstleistungen, Aktionen des Unternehmens und Branchenentwicklungen, die die
Kunden zur Interaktion anregen. Häufig werden solche Facebook-Seiten als eine Art
Kundenforum genutzt, in dem Unternehmen Kunden professionell beraten und Rede
und Antwort stehen. Unter dem Aspekt, dass Kunden informiert werden wollen, ist es
eine zielgerichtete und einfache Möglichkeit, auf Kunden zuzugehen und zusätzlich
wertvolles Kundenfeedback zu bekommen.

Gemischte Ansprache der Kunden:


Eine gemischte Ansprache ist bei Marken zu wählen, deren Kunden sowohl ein ausge-
prägtes kognitives Informationsinteresse aufweisen als auch über eine emotionale Bin-
dung an die Marke verfügen. Hier sind neben eher unterhaltsamen Informationen und
Erlebnissen auch produktspezifische Informationen zu vermitteln. Die gemischte An-
sprache ist die häufigste Form der Kommunikation, da sie sich auch für Marken eignet,
die noch nicht über ein sehr ausgeprägtes Markeninvolvement verfügen. Hier kann
durch die gemischte Ansprache via Social Media eine Marke nachträglich emotional
aufgeladen werden. So gelang es bspw. der Telekom, die aufgrund der Produktkategorie
eher über Konsumenten mit einem hohen Produktinvolvement verfügt, u. a. durch die
involvierende „Online-Chor-Kampagne“ die emotionale Bindung an die Marke aufzu-
bauen bzw. zu stärken. Getreu dem Markenversprechen „Erleben, was verbindet“ rief die
Telekom zum Mitmachen auf und schuf damit unter den Fans ein bisher einzigartiges
Gemeinschaftserlebnis. Über Plattformen wie Facebook, Myspace und YouTube rief
Thomas D als Schirmherr der Aktion die Social-Media-Community zur Teilnahme an
160 Franz-Rudolf Esch et al.

der virtuellen Mitsingaktion auf. In 5 Wochen stellten 12.000 Internetnutzer den Song
„Million Voices“ zusammen. Er wurde in Kino- und TV-Spots vorgestellt und stieg sogar
in die Charts ein. Seinen emotionalen Höhepunkt fand die größte virtuelle Mitsingaktion
in einem extralangen Werbespot sowie in der Ausstrahlung bei der großen Silvester-
Party am Brandenburger Tor in Berlin. Dieses Beispiel zeigt, welches Potenzial zur Stär-
kung der Beziehung zwischen Marke und Konsument sowie zur Markenbindung im
Umgang mit Social Media steckt (vgl. [9]).
Neben der Art der Ansprache können Unternehmen ganz unabhängig vom Marken-
und Produktinvolvement durch den Einsatz gezielter Maßnahmen Konsumenten zur
Interaktion auffordern. Über direkte Meinungsumfragen oder Produkttests hinaus hat
vor allem das Crowdsourcing an Beliebtheit gewonnen, um Kundeninsights zu gewin-
nen. Denn nichts ist so wertvoll wie die Meinung der eigenen Käufergruppe.

4.2.2 Durch initiiertes Crowdsourcing Kundeninsights gewinnen


Crowdsourcing bezeichnet die strategische Auslagerung einer üblicherweise von Er-
werbstätigen entgeltlich erbrachten Leistung durch eine Organisation oder Privatperson
mittels eines offenen Aufrufs an eine Masse von unbekannten Akteuren, bei dem der
Crowdsourcer und/oder die Crowdsourcees frei verwertbare und direkte wirtschaftliche
Vorteile erlangen (vgl. [28]). Viele Unternehmen haben den Nutzen der Schwarmintelli-
genz erkannt und binden diese aktiv in ihre Marketingstrategie mit ein. Unternehmen
nutzen vor allem Plattformen wie Facebook, um ihre Fans bei der Kreation neuer Pro-
dukte zu befragen. Starbucks beispielsweise bezieht die Fans der Marke bei der Ge-
schmacksauswahl neuer Törtchen und Drinks mit ein (vgl. [9]). Neben dem Erkenntnis-
gewinn auf Unternehmensseite führt die Einbeziehung von Konsumenten in den
Entwicklungs- oder Entscheidungsprozess zu einem guten Gefühl auf Konsumentensei-
te. Zu dieser Erkenntnis kam im Jahr 2010 auch die Marke GAP. Auf den Launch des
neuen Logos reagierte die Fangemeine entsetzt. Auch die Bemühungen seitens des Un-
ternehmens, die Kunden nachträglich einzubinden, stießen auf Gegenwehr. Die Empö-
rung war letztlich so stark, dass GAP nach nur einer Woche das alte Logo wieder ein-
führte. Die Fans fühlten sich dadurch wertgeschätzt und ernst genommen. Dies ist
gerade in der Kommunikation in Social-Network-Plattformen wichtig, da das gesteigerte
Bedürfnis nach Selbstverwirklichung und Wertschätzung (vgl. [18]) hier besonders zum
Tragen kommt.
Die Intensität der Interaktion zwischen den Marken und ihren Fans hängt jedoch da-
von ab, inwieweit sich Unternehmen auf eine Interaktion mit den Kunden einlassen
wollen. Viele Marken kontrollieren in sozialen Netzwerken das Interaktionsniveau, in-
dem nur sie Informationen auf der Markenseite verfassen dürfen, wie etwa Red Bull. Der
Konsument kann diese zwar kommentieren, jedoch nicht selbstständig die Interaktion
auslösen. Diese Art der Interaktion ermöglicht zwar eine höhere Kontrolle für das Un-
ternehmen, verhindert jedoch gleichzeitig die Generierung von wertvollen Kundenin-
sights und hemmt den Austausch.
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 161

4.3 Multiplikatoren als Kür der Markenbindung

Seit Social Media avanciert das Internet immer stärker zum Sprachrohr der Konsumen-
ten, die das Bedürfnis haben, sich mitzuteilen und Inhalte zu „multiplizieren“. Inzwi-
schen kommen von den Konsumenten genauso viele, wenn nicht sogar mehr Marketing-
informationen wie von den Unternehmen selbst (vgl. [27]). Konsumenten können damit
die Marke stärken oder schwächen, wobei negative WoM-Kommunikation einen stärke-
ren Effekt hat als positives WoM und sogar zur Verwässerung der Marke führen kann
(vgl. [13], [29]).

4.3.1 WoM gezielt fördern


Die Interaktion auf Social Media findet nicht nur zwischen Marke und Konsument statt.
Häufig dient auch die Marke als Interaktionsobjekt zwischen Konsumenten. Mit Hilfe
des Network Coproduction Model, das sich in der Word-of-Mouth-Forschung (WoM)
durchgesetzt hat, kann der Zusammenhang von Marke und Konsument erklärt werden.
Demnach werden Konsumenten als aktive Co-Produzenten von werthaltigen Meinun-
gen und bedeutsamem Wissen betrachtet. Ihr WoM-Beitrag wird als spezifischer und
kreativer Eigeninput gesehen. Um eine effiziente Entwicklung und Diffusion des Wis-
sens im Internet zu gewährleisten, müssen Unternehmen einen professionellen Umgang
mit Konsumenten managen. Zum einen üben die Meinungsführer eine sehr starke
WoM-Kraft aus. Sie müssen demnach aktiv und gezielt beeinflusst werden. Zum anderen
sollten sich Unternehmen darüber im Klaren sein, dass Neuigkeiten und Nachrichten
nicht einseitig sind, sondern im ständigen Austauschverhältnis durch die User in Netz-
werken verbreitet werden (vgl. [19], [4], [34]). Die Möglichkeit, die Inhalte selbst zu
gestalten, anstatt sie einfach nur zu konsumieren, treibt die Aktivität der Konsumenten
in die Höhe (vgl. [6]). Der Grad dieser Aktivierung ist dabei abhängig von dem Involve-

Abb. 3 Funktionsweise des Word-of-Mouth im Rahmen des Network Coproduction Models


(Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kozinets et al. (vgl. [19]))
162 Franz-Rudolf Esch et al.

ment der Nutzer (vgl. [10]). Durch WoM werden Informationen sehr schnell verbreitet
und erreichen in kürzester Zeit eine große Menge an Menschen (vgl. [30]). Laut der
Advertising Research Foundation spielt WoM eine bedeutende Rolle bei der Beeinflus-
sung und Bildung von Meinungen zu Produkten und Marken (vgl. [21], [5]). WoM im
Internet wird als persönliche Kommunikation mit einem nicht kommerziellen Fokus
wahrgenommen. Vor allem Empfehlungen persönlicher Art, aber auch Kundenrezensi-
onen auf Social Networks stoßen bei den Konsumenten auf größeres Vertrauen als klas-
sische Werbemittel (vgl. [33], [3]). Dadurch ergeben sich für die Nutzer eine höhere
Überzeugungskraft durch mehr Glaubwürdigkeit, Vertrauen und stärkere Empathie (vgl.
[10]). Aus diesem Grund ist es für das Unternehmen erstrebenswert, die aktiven Fans zu
pflegen und sie zu Markenbotschaftern zu machen, um durch deren Multiplikatorwir-
kung das volle Potenzial des WoM auszuschöpfen.
Um Interaktion initiieren zu können, sollte man sich immer die folgenden zentralen
Fragen stellen:

1. Sind die vermittelten Inhalte für die Fans der Marke relevant und nutzenstiftend bzw.
kann man mit den Inhalten Interesse wecken?
2. Kann man durch die geposteten Inhalte Erlebnisse, Emotionen, Spaß und Unterhal-
tung bieten?
3. Bieten die vermittelten Inhalte Anknüpfungspunkte zum Weiterleiten an Dritte?

Die Auswirkungen einer positiven Verbreitung zeigen z. B. die Unternehmensspots


der Marke BMW. Der emotional aufbereitete Spot zum neuen BMW i8 Concept erhielt
von 17.730 Fans per „Gefällt mir“-Button Zustimmung. 860 Fans kommentierten diese
News und 4.909 User teilten diesen Inhalt mit ihren Freunden.

4.3.2 WoM beobachten und kontrollieren


Welche Auswirkungen ein negatives WoM bei fehlender Steuerung der Social-Media-
Kommunikation haben kann, zeigt das Beispiel Nestlé: Greenpeace kritisierte in einem
viralen Video die Verwendung von Palmöl in Nestlé-Produkten, das zur Abholzung von
Regenwald führt. Die Konsumenten reagierten auf Facebook, Twitter, in Blogs und auf
Websites mit Empörung. Nestlé hingegen erwiderte mit einem unbeholfenen Krisenma-
nagement. Der Versuch, die Videos auf YouTube zu verbieten, beschleunigte deren Ver-
breitung. Diese Zensur und weitere Löschungen von Pinnwandbeiträgen auf Facebook
lösten eine riesige Beschwerdewelle aus (vgl. [16]). Heute hat Nestlé aus seinen Fehlern
gelernt und beschreitet mit dem Nestlé Marktplatz einen neuen Weg zu mehr Offenheit
und Transparenz im Netz.
Durch die Dynamik des Internets ist die virusartige Verbreitung von Neuigkeiten nur
noch bedingt durch Unternehmen zu steuern. Ist das Unternehmen jedoch aktiver Teil-
nehmer am Austausch mit seinen Kunden, hat es die Möglichkeit, durch Agenda-Setting
die Kommunikation in eine bestimmte Richtung zu lenken. Darüber hinaus kann das
Unternehmen durch systematisches Web-Monitoring die Kommunikation im Internet
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 163

über die Marke beobachten und somit auch kontrollieren. Web-Monitoring bezeichnet
die systematische Beobachtung geäußerter Meinungsbilder, Einstellungen und Stimmun-
gen über Produkte, Marken und Unternehmen im Internet. Diese Beobachtung dient
einerseits zur Kontrolle des öffentlichen Meinungsbildes und andererseits als Grundlage
für ein Eingreifen bzw. eine Reaktion des Unternehmens bei negativen Äußerungen im
Sinne eines erfolgreichen Beschwerdemanagements. Durch ein professionelles Beschwer-
demanagement lässt sich Kundenzufriedenheit wiederherstellen. Darüber hinaus können
die in Beschwerden erhaltenen Hinweise auf Schwächen nach systematischer Analyse im
Sinne von Frühwarnsystemen in Chancen umgewandelt werden und dadurch das Risiko
weiterer Beschwerden minimiert werden (vgl. [32]). Die durch erfolgreiches Beschwerde-
management zufriedengestellten Kunden sind in der Folge dem Unternehmen gegenüber
besonders loyal eingestellt (vgl. [11], [15]). Erfolgreiche Fanseiten zeigen, wie man auf
„nicht steuerbare“ Einträge von Konsumenten zielführend reagieren kann und dadurch
deren Zufriedenheit steigert. So hat beispielsweise das Unternehmen Telekom mit „Tele-
kom-hilft“ einen erfolgreichen Servicekanal auf Twitter und Facebook initiiert und zeigt
dabei öffentlich, dass die Hilfe des Supports dem Kunden nutzt. Wie auch negative oder
unangenehme Inhalte durch erfolgreiches Beschwerdemanagement zu einer starken und
nachhaltigen Markenbindung führen können, weiß auch das Unternehmen FRoSTA und
ließ sogar Bilder von Würmern, die Kunden angeblich in ihrem Essen gefunden hatten,
auf der Facebookseite für jedermann ersichtlich stehen. FRoSTA ist damit sicher noch ein
Einzelfall, zeigt aber, dass ein adäquates, ehrliches und vor allem sofortiges Reagieren ein
gutes Beschwerdemanagement ausmachen und derartige Probleme im Keim ersticken
kann. Denn auf sozialen Netzwerken zählt der offene und ehrliche Austausch zwischen
Kunden und Marken auf Augenhöhe.

5 Social-Media-Kommunikation – Drei Schritte zum Erfolg

Social Media ist aus dem Alltag der Konsumenten nicht mehr wegzudenken. Es scheint
eine Leichtigkeit, mit der eigenen Zielgruppe in engen Kontakt zu treten. Blinder Ak-
tionismus und eine unkontrollierte Kommunikation verhindern jedoch die Ausschöp-
fung des großen Potenzials, welches Social-Media-Kommunikation ohne Zweifel bietet.
Um die Risiken von Social Media zu reduzieren und deren Potenziale auszuschöpfen,
müssen Markenmanager ihre Perspektive ändern und mit den Konsumenten in einen
Dialog treten, indem sie informieren, weiterbilden oder unterhalten (vgl. [6]). Das voll-
ständige Potenzial der Social-Media-Kommunikation zum Aufbau und zur Intensivie-
rung der Kundenbindung kann nur ausgeschöpft werden, wenn Unternehmen bereit
sind, alle drei Stufen der Social-Media-Kommunikation zu durchschreiten:

Festigen:
Die steuerbare Kommunikation mit passiven Konsumenten und Fans einer Marke ist
dazu geeignet, um das Markenbild zu festigen. Durch eine inhaltliche und formale Integ-
164 Franz-Rudolf Esch et al.

ration der Social-Media-Kommunikation muss die Positionierung der Marke vermittelt


und deren formale Wiedererkennung gewährleistet werden.

Intensivieren:
Die Kommunikation mit passiven Fans ist ein guter Beginn, aber nicht ausreichend, um
eine langfristige Kundenbindung zu erreichen. Passive Fans sollten durch interessante
und inspirierende Kommunikationsinhalte aktiviert und der Austausch mit interaktions-
freudigen Konsumenten intensiviert werden, indem ihnen genügend Freiräume für Mei-
nungsäußerungen gegeben werden.

Multiplizieren:
Die Kommunikation zwischen den Konsumenten ist Chance und keine Gefahr! Man
sollte die Konsumenten für die Marke sprechen lassen, aber niemals die Kontrolle über
diese Kommunikation verlieren. Schnelle und zielführende Reaktionen auf negatives
WoM sind zwingend notwendig, um einen möglichen Schaden für die Marke abzu-
wenden.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass diejenigen Unternehmen zu den Gewin-
nern der Social-Media-Bewegung zählen werden, denen es gelingt, ihre Social-Media-
Aktivitäten sowohl nach innen strategisch und organisatorisch zu verankern als auch
nach außen mit relevanten Botschaften glaubwürdig und integriert zu kommunizieren.

Literaturverzeichnis

1 ARD/ZDF-Onlinestudie (2011): Fernsehinhalte im Internet in Deutschland immer beliebter, URL:


http:www.ard-zdf-onlinestudie.de, abgerufen am: 13.09.2011.
2 ARD/ZDF-Online-Studien (2010): Soziodemografie der Onlinenutzer, URL: http:www.ard-zdf-
onlinestudie.de, abgerufen am: 28.02.2011.
3 Bickart, B./Schindler, R. M. (2001): Internet Forum as Influential Sources of Consumer Information,
in: Journal of Interactive Marketing, 15, 3, S. 31–40.
4 Brown, S./Kozinets, R. V./Sherry, J. F. (2003): Teaching old Brands New Tricks: Retro Branding and
the Revival of Brand Meaning, in: Journal of Marketing, 67, S. 19–33.
5 Chatterjee, P. (2001): Online Reviews: Do Consumer Use Them?, in: Advances in Consumer Re-
search, 28, S. 129–133.
6 Edelman, D. C. (2007): From the Periphery to the Core: As Online Strategy Becomes Overall Strate-
gy, Marketing Organizations and Agencies Will Never Be the Same, in: Journal of Advertising Re-
search, June 2007, S. 130–134.
7 Emerson, R. M. (1976): Social Exchange Theory, in: Annual Review of Sociology, Vol. 2, S. 335–362.
8 Esch, F.-R. (2011): Wirkung integrierter Kommunikation – Ein verhaltenswissenschaftlicher Ansatz
für die Werbung, 5. Auflage, Wiesbaden.
9 Esch, F.-R. (2012): Strategie und Technik der Markenführung, 7. Auflage, München.
10 Esch, F.-R./Stenger, D. (2008): Marken als Interaktionsobjekt – Wie sehr prägt der Kunde die Marke
wirklich selbst mit? in: Belz, Ch. et al. (Hrsg): Interaktives Marketing – Neue Wege zum Dialog mit
Kunden, Wiesbaden, S. 288–306.
11 Fornell, C./Wernerfelt, B. (1987): Defensive marketing Strategy by Customer Complaint Manage-
ment: A Theoretical Analysis, in: Journal of Marketing Research, Vol. 24, No. 4, S. 337–346.
Vom Konsumenten zum Markenbotschafter 165

12 Fournier, S. (1998): Consumers and Their Brands: Developing Relationship Theory in Consumer
Research, in: Journal of Consumer Research, 24, 4, S. 343–373.
13 Godes, D./Mayzlin, D./Chen, Y./Das, S./Dellarocas, Ch./Pfeiffer, B./Libai, B./Sen, S./Shi, M./Verlegh,
P. (2005): The Firm’s Management of Social Interactions, in: Marketing Letters, 16, 3, S. 415–428.
14 Haack, J. (2002): Interaktivität als Kennzeichen von Multimedia und Hypermedia, in: Issing, L. J./
Klimsa, P. (Hrsg.): Information und Lernen mit Multimedia und Internet, 3. Auflage, Weinheim,
S. 127–136.
15 Hansen, U./Jeschke, K. (2000): Beschwerdemanagement für Dienstleistungsunternehmen – Beispiel
des Kfz-Handels, in: Bruhn, M./Stauss, B. (Hrsg.), Dienstleistungsqualität. Konzepte – Methoden –
Erfahrungen, 3. Auflage, Wiesbaden, S. 443–459.
16 Hermes, O. (2010): Ein Weltkonzern scheitert an Social Media, URL:
http://www.absatzwirtschaft.de/Content/Communicat/_b=70121,_p=1003213,_t=ftprint,doc_page=
0, abgerufen am: 19.02.2011.
17 Kearney, A. T. (2011): Einbahnstraße Social Media?, URL: http://www.atkearney.de/content/
veroeffentlichungen/pressemitteilungen_detail.php/id/51302/practice/marketingandsales, abgerufen
am: 17.02.2011.
18 Keller, K./Kotler, P. (2009): Marketingmanagement, 13. Auflage, New Jersey.
19 Kozinets, R. V./deValck, K./Wojnicki, A. C./Wilner, S. J. S. (2010): Networked Narratives: Under-
standing Word-of-Mouth Marketing in Online Communities, in: Journal of Marketing, 74, S. 71–89.
20 Krieger, K. H. (2011): Sensation Marketing: Produktinszenierungen als Technik des Guerilla Marke-
ting, Dissertation: in Vorbereitung.
21 Kroeber-Riel, W./Esch, F.-R. (2011): Strategie und Technik der Werbung, 7. Auflage, Stuttgart.
22 Kroeber-Riel, W./Weinberg, P./Gröppel-Klein, A. (2009): Konsumentenverhalten, 9. Auflage, Mün-
chen.
23 McConnell, B./Huba, J. (2007): Citizen Marketers: When People are the Message, Chicago.
24 Nielsen Wire (2010): Reichweite von Social Networks und Blogs, URL: www.horizontstats.de, abge-
rufen am: 28.02.2011.
25 o. V. (2010): Deutschland klettert auf Rang 3 der Social Media Weltrangliste, URL: http://faz-
community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2010/08/30/deutschland-auf-rang-3-der-social-media-
weltrangliste.aspx, abgerufen am: 17. 02. 2011.
26 o. V. (2011): Social Media lohnt sich für Unternehmen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,
18.01.2011, S. 15.
27 Oetting, M. (2006), How to manage Connected Marketing, in: Marsden, P./Kirby, J. (Hrsg.): Connec-
ted Marketing – The Viral, Buzz and Word of Mouth Revolution, S. 232–266.
28 Papsdorf, C. (2009): Wie Surfen zur Arbeit wird. Crowdsourcing im Web 2.0, Frankfurt/Main (u. a.).
29 Park, C./Lee, T. (2009): Information Direction, Websites Reputation and eWOM Effect: a Modera-
tiong Role of Product Type, in: Journal of Business Research, 62, 2, S. 61–67.
30 Puri, A. (2007): The Web of Insights, in: International Journal of Market Research, 49, 3, S. 387–408.
31 Rinsum, H. von (2011): Wenig Interesse an Marken, in: Werben & Verkaufen, Heft 18, S. 22.
32 Stauss, B. (2005): Kundenbindung durch Beschwerdemanagement, in: Bruhn, M./Homburg, C.
(Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 5. Auflage, Wiesbaden, S. 315–342.
33 The Nielsen Company (2009): Trust, Value and Engagement in Advertising, URL:
http://blog.nielsen.com/ nielsenwire/wp-content/uploads/2009/07/trustinadvertising0709.pdf, abge-
rufen am: 17.02.2010.
34 Thompson, S. A./Sinha, R. K. (2008): Brand Communities and New Product Adoption. The Influen-
ce and Limits of Oppositional Loyalty, in: Journal of Marketing, Vol. 72, 6, S. 65–80.
35 Universität Leipzig/Fink & Fuchs PR (2010): Social Media Governance 2010, URL: http://www.
ffpr.de/de/news/studien/social_media_governance_2010.html, abgerufen am: 17.02.2011.
36 Werben & Verkaufen (2011): Raus aus der Dell Hell, Heft 8, S. 66–67.
37 Zucker.pilot (2011): Trendreport Juli 2011: Facebook, Marken & TV in Deutschland, URL:
http://www.zucker-kommunikation.de, abgerufen am: 14.10.2011.
Die Bedeutung selbstbestimmter
Markenfürsprecher in den sozialen Medien
11
Karsten Kilian

Inhaltsverzeichnis

1 Personalisierte Markenprofile.................................................................................................. 168


1.1 Markenbestimmte Markenfürsprecher................................................................... 168
1.2 Selbstbestimmte Markenfürsprecher....................................................................... 171
2 Webbasierte Mundpropaganda ............................................................................................... 175
2.1 Erfolgsfaktoren der WOW-Propaganda................................................................. 176
2.2 Erfolgsbedingungen für WOW-Propaganda ......................................................... 177
2.3 Erfolgsformate der WOW-Propaganda.................................................................. 178
3 Souveräner Markendialog ........................................................................................................ 178
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 179

_______________________
Prof. Dr. Karsten Kilian ()
Sonnenhalde 7, 97922 Lauda-Königshofen, Deutschland
e-mail: kilian@markenlexikon.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 167


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_11, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
168 Karsten Kilian

„Mit selbstbestimmten Markenfürsprechern hat sich in den sozialen Medien ein neuer Typus Testimo-
nial herausgebildet, der die Markenwahrnehmung maßgeblich mitprägt.“ Prof. Dr. Karsten Kilian

1 Personalisierte Markenprofile

In den Profilen der meisten Marken spiegeln sich die Personen und Persönlichkeiten,
denen sie anvertraut wurden und die sich ihnen vertraut fühlen. Das war schon immer
so und hat sich auch in Zeiten von Social Media nicht wirklich geändert, sondern ledig-
lich weiterentwickelt, wie im Folgenden gezeigt wird.

1.1 Markenbestimmte Markenfürsprecher

Waren es früher vor allem die Unternehmer selbst, die ihre Waren direkt an ihre Kun-
den verkauften und dabei mit der Marke in Verbindung gebracht wurden, so sind es seit
vielen Jahrzehnten vor allem Markenmanager, die über den medialen Markenauftritt
und damit über einen möglichen Personenbezug der Marken entscheiden, z. B. durch
das Engagement von Markenfürsprechern, allen voran bekannten Persönlichkeiten des
öffentlichen Lebens. Wie Abb. 1 zeigt, treten Prominente heute in etwa jedem neunten
Werbespot als Fürsprecher einer Marke auf.
Neben Prominenten werden häufig auch Charaktere wie seit 1898 der Michelin
Mann, seit 1959 der Esso-Tiger und seit 2006 Paula die Kuh als Testimonials eingesetzt.
Fallweise werden auch die noch lebenden oder mittlerweile verstorbenen Gründer einer
Marke in die Markenkommunikation einbezogen, z. B. Michael Dell bzw. Gottlieb
Daimler. Häufig entsteht der Bezug zum Gründer auch indirekt über den Markennamen.
Wie eine Studie von Markenlexikon.com gezeigt hat, gehen gut 40 % der 100 wertvolls-
ten Marken der Welt auf den Vor- und/oder Nachnamen des Gründers oder der Grün-
der zurück (vgl. [6], S. B2). Fallweise treten auch Manager ins Rampenlicht. Seit Ap-
ril 2011 beispielsweise wirbt der Vorstandschef von ERGO Direkt, Peter M. Endres, im
Fernsehen für die Direktversicherungen seines Unternehmens. Ähnlich verleiht Marcell
D’Avis, der Leiter Kundenzufriedenheit, seit Anfang 2010 dem Internet-Provider 1&1
ein Gesicht und bei Alpecin erläutert seit einiger Zeit Laborchef Dr. Adolf Klenk die
außergewöhnliche Wirkung des eigenen Shampoos. Bei Obi wiederum zeigen seit 2008
die Mitarbeiter, welche Produkte und Serviceleistungen Kunden in den Baumärkten
erwarten. In Einzelfällen kommen auch echte bzw. gespielte Ratgeber oder Kunden zum
Einsatz. Während jahrelang der selbständige Waschmaschineninstallateur Dieter Bürgy
aus Leimen die Verbraucher über „Lochfass“ aufklärte, macht „morgens um halb 10“
eine beim Einkauf oder Familienausflug gefilmte (Haus-)Frau und Mutter deutlich, wa-
rum Knoppers das ideale „Frühstückchen“ ist.
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 169

15
13,1
12,5
11,8
10,7
10 9,0
7,4
in %
6,2

5
2,8 3,2
2,6

0
1991/ 1993/ 1995/ 1997/ 1999/ 2001/ 2003/ 2005/ 2007/ 2009/
1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

Abb. 1 Einsatz von Prominenten in TV-Werbespots (Quelle: IMAS International1)

Allen genannten Beispielen ist gemeinsam, dass die Testimonials bewusst vom Unter-
nehmen ausgewählt wurden, um der jeweiligen Marke Authentizität zu verleihen und sie
vor dem eigentlichen Kontakt mit dem Produkt oder der Dienstleistung am POS erleb-
bar zu machen. Nach mehrmaligem Sehen der Werbespots hat man fast schon den Ein-
druck, die gezeigten Personen persönlich zu kennen (vgl. [9], S. 107).
Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2007 bis 2009 und der dadurch
entstandenen Vertrauenskrise haben die mit einer Marke in Verbindung gebrachten
Personen in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Viele Kunden suchen
verstärkt nach Orientierung und Sicherheit, was sich am ehesten durch eine (zumindest
medial) vertraute Person erreichen lässt. Zudem führen bekannte, fachlich kompetente
und/oder attraktive Testimonials zu einer erhöhten und länger anhaltenden Zuwendung
zur Marke und damit einhergehend zu einer besseren und umfassenderen Erinnerung.
Daneben untermauern glaubwürdige Testimonials häufig die Beweiskraft und bewirken
Image- bzw. Persönlichkeitstransfereffekte auf die Marke (vgl. [12]). Aus diesem Grund
gehören Testimonials mittlerweile bei fast allen Unternehmen zum Standardrepertoire.
Die auch als Endorser, Präsenter, Markenfürsprecher oder Spokesperson bezeichneten
Testimonials sprechen sich meist explizit für eine Marke aus und bezeugen deren Leis-
tungsfähigkeit. Sie bürgen für deren Qualität, Güte, Nützlichkeit und/oder Preiswürdig-
keit (vgl. [8], S. 86 und [1], S. 109f.).
Auch in den sozialen Medien sind prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Le-
bens mittlerweile von herausragender Bedeutung. Während die weltweit stärkste Marke
Coca-Cola auf ihrer größten Fanseite 41 Mio. Fans auf sich vereint, sind es beim füh-
renden Prominenten Eminem über 55 Mio. Ein Vergleich der führenden Marken- und
Prominenten-Fanseiten auf Facebook zeigt, dass die Top 15 Prominenten-Fanseiten im

1
Anzahl untersuchter TV-Werbespots im 2-Jahreszeitraum: n ≥ 750.
170 Karsten Kilian

Tab. 1 Die Top 15 Marken- und Prominenten-Fanseiten auf Facebook2 (Quelle: vgl. [21])

Rang Marke Anzahl Fans Prominente(r) Anzahl Fans


1 Coca-Cola 41,0 Mio. Eminem 55,4 Mio.
2 Disney 34,8 Rihanna 54,2
3 Starbucks 29,5 Lady Gaga 49,8
4 Red Bull 27,7 Shakira 48,6
5 Oreo 25,7 Cristiano Ronaldo 42,1
6 Converse 24,0 Justin Bieber 42,0
7 Converse All Star 23,4 Katy Perry 41,5
8 PlayStation 22,2 AKON 37,5
9 Skittles 21,5 Lil Wayne 36,6
10 iTunes 21,3 Leo Messi 34,2
11 Pringles 18,8 Beyoncé 34,1
12 McDonald’s 18,5 Megan Fox 32,8
13 Victoria’s Secret 18,2 Avril Lavigne 31,8
14 Xbox 16,7 Vin Diesel 31,4
15 Ferrero Rocher 15,4 David Guetta 31,1

Schnitt gut 72 % mehr Fans auf sich vereinen als die führenden Marken-Fanseiten (vgl.
Tab. 1).
Dominiert wird die Top 15 von Musikern wie Eminem, Rihanna und Lady Gaga.
Aber auch Sportler wie Cristiano Ronaldo und Schauspieler wie Vin Diesel finden sich in
den Top 15 wieder. Rihanna beispielsweise ist seit März 2011 offizielles Testimonial von
Nivea. Wenig überraschend deshalb auch, dass sich unter www.facebook.com/rihanna
neben „Armani“ und „Vita Coco Coconut Water“, für die sie seit Sommer 2011 als Testi-
monial aktiv ist, auch „Nivea USA“ in ihren „Likes“ findet. In der Detailansicht erfährt
man, dass Rihanna bei insgesamt 20 Nivea-Fanseiten von „Nivea Chile“ bis „Nivea
Ukraine“ als Fan geführt wird.
Zugleich zeigt eine aktuelle Studie von Visibli einen entscheidenden Unterschied zwi-
schen Marken- und Prominenten-Fanseiten. Während bei Marken-Fanseiten die Kom-
mentar- und „Gefällt mir“-Aktivitäten mit zunehmender Fanzahl leicht abnehmen, wes-
halb gerade kleinere und mittelgroße Fanseiten das meiste Potenzial für die Interaktion
zwischen Marke und Fan ermöglichen, steigt das durchschnittliche Fan-Engagement bei
Prominenten (insb. Musikern) mit steigenden Fanzahlen geringfügig an. Auch variiert
das Niveau des Fan-Engagements deutlich. Während Marken-Fanseiten als Reaktion auf
ihre Veröffentlichungen (Posts) im Schnitt 9 Kommentare und 54 „Gefällt mir“-Klicks
erhalten, sind es bei Musikern im Schnitt 17 Kommentare und 92 „Likes“. 50 % der
„Gefällt mir“-Klicks erfolgen dabei innerhalb von 80 Minuten, 95 % in weniger als

2
Beachte: Ohne Computerspiele, Social Media Portale, Charaktere und bereits verstorbene Prominente.
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 171

einem Tag, was die Schnelligkeit, aber auch die Schnelllebigkeit des Mediums untermau-
ert (vgl. [23]).

1.2 Selbstbestimmte Markenfürsprecher

Neben den genannten, von den Markenverantwortlichen bewusst ausgewählten und


monetär incentivierten Testimonials hat sich seit ein paar Jahren ein neuer Testimonial-
Typ herauskristallisiert. Er verfügt ebenfalls über hohe Reichweite, erfordert jedoch kei-
nerlei Media-Spendings: der selbstbestimmte Markenfürsprecher (bzw. Markenkritiker),
der sich als Aktivist in eigener Sache im Gegensatz zu markenbestimmten Fürsprechern
sowohl positiv als auch negativ zur Marke äußern kann (vgl. Abb. 2).
Gemeint sind vor allem treue (bzw. enttäuschte) Kunden, die sich mit Hilfe von
Weblogs, Foreneinträgen und Kommentaren in sozialen Netzwerken weithin Gehör ver-
schaffen. Bei Adobe werden sie auch als „Fanboys“ bezeichnet. Adobe-Marketingleiterin
Ann Lewnes zufolge handelt es sich bei ihnen um „Menschen, die nicht von uns bezahlt
werden, aber unsere Interessen in den jeweiligen Zielgruppen vertreten“. Wie Lewnes
betont, „[hat] Social Media die Fanboys erst richtig wichtig gemacht“ ([22], S. 14).

Gründer Charakter Prominenter Aktivist


James Dyson Spee-Fuchs Oliver Kahn Fan oder Feind
Steve Jobs Frosties-Tiger Nena

Artikuliert sich
Mitarbeiter Ratgeber Kunde
unzensiert in
Obi-Kunden- Installateur Knoppers- Foren & Blogs
berater Dieter Bürgy Frau Netzwerken

Markenbestimmt Selbstbestimmt
(in den Werbemedien) (in den sozialen Medien)

Abb. 2 Erweitertes Spektrum möglicher Markenfürsprecher


172 Karsten Kilian

Hauptgrund für das Engagement der selbstbestimmten Markenfürsprecher ist ihre


persönliche Begeisterung für eine Marke (bzw. ihre Abneigung gegenüber derselben),
der sie bei Facebook, Twitter & Co. Ausdruck verleihen. Während das konstruktive bzw.
kritische Feedback von Kunden früher primär über Leserbriefe erfolgte, hat es sich mit
der Verbreitung sozialer Medien zu einem Massenphänomen entwickelt. Hinz und Kunz
können heute auf Verbraucherportalen wie ciao.de und dooyoo.de ihre Meinung genau-
so artikulieren wie in privaten Blogs (z. B. BILDblog.de), auf eigenen Internet-Auftritten
(z. B. Murphy’s private Citroën AX Revival Page) oder auf offiziellen und inoffiziellen
Marken-Fanseiten. Wie das jährliche Facebook-Markenranking von Markenlexikon.com
deutlich macht, lassen sich mit der größten, meist vom Unternehmen selbst gemanagten
Fanseite im Schnitt nur knapp zwei Drittel aller Fans erreichen. Der Rest verteilt sich,
wie z. B. bei Nokia, auf über 300 Fanseiten mit mindestens tausend Fans (vgl. [14]). Da-
bei gilt es zu beachten, dass nicht einmal jeder fünfte Social-Media-Nutzer die sozialen
Medien intensiv nutzt und dabei eine hohe Interaktionsbereitschaft mit Marken an den
Tag legt, wie eine aktuelle Studie von diffferent herausgefunden hat. Damit können nur
16 % der Social-Media-Nutzer als wirklich bedeutsame Marken-Multiplikatoren angese-
hen werden, wohingegen sich 24 % durch geringe Interaktionsbereitschaft auszeichnen
und 60 % zu den Nutzern mit hoher Interaktionsbereitschaft, aber geringer Nutzungsin-
tensität zählen (vgl. [3]).
Welche Formen der Interaktion möglich sind, zeigt z. B. seit Mai 2010 die Deutsche
Telekom. Auf Twitter kann jeder bei „Telekom_hilft“ mit Mitarbeitern von Deutsch-
lands größtem Telekommunikationsanbieter in Kontakt treten. Der Diskurs ist für die
über 18.000 Follower sowie alle übrigen Twitter-Nutzer über die Suchfunktion bzw. den
Direktlink jederzeit einsehbar. Die auf Twitter angebotene Schnellhilfe für Telekom-
kunden, die von Kai, Romina und einer Reihe weiterer Kollegen und Kolleginnen im
140-Zeichen-Modus betrieben wird und monatlich zu rund 3.000 Tweets führt, lässt
Kunden bei Fragen an sechs Tagen die Woche den Markenclaim „Erleben, was verbin-
det“ live erleben und jeden, der mitliest, ebenfalls (vgl. [13], S. 32).
Auch mittelständische Unternehmen interagieren auf Facebook bereits mit einer
Vielzahl von Kunden, wie das Beispiel „Therme Erding“ mit 125.000 Fans deutlich
macht. Zu den typischen Kommentaren der Kunden, die hin und wieder auch von an-
deren Nutzern kommentiert bzw. beantwortet werden, zählen insbesondere Fragen zu
den Öffnungszeiten, zu den Besucherzahlen unter der Woche, zum Wetter, zu Ermäßi-
gungen, zu bevorstehenden Veranstaltungen, zur Verfügbarkeit bestimmter Therme-
bereiche, zu technischen Problemen (z. B. Ausfall der Ampelanlage) beim letzten Ther-
mebesuch, zu Angeboten für Kleinkinder, zu ergänzenden Angeboten außerhalb der
Therme (z. B. Partnerhotels) oder einfach nur Hinweise, dass man sich gleich auf den
Weg zur Therme mache oder den letzten Aufenthalt einfach klasse fand. Nutzerin Man-
ja S. beispielsweise schrieb am 10. August 2011 folgenden Kommentar: „Mein süßes
kleines Thermchen – ich komme bald wieder. Ich ziehe bei dir ein. Bei dir hab ich
Sommer!!!!“ Das Team der Therme-Erding hat wenig später mit „gefällt mir“ kurz und
bündig geantwortet, wie es auch auf alle übrigen Kommentare der Fans und Freunde
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 173

der Therme reagiert. In den meisten Fällen antwortet das Therme-Team innerhalb von
zwei bis drei Stunden mit einem Kommentar, was nur möglich ist, weil die Therme über
ein festes Mitarbeiter-Team verfügt, das sich abwechselnd um den eigenen Facebook-
Auftritt kümmert.
Ähnlich agiert z. B. auch das Hotel Sonnenpark aus dem Burgenland, bei dem ein
dreiköpfiges Team abwechselnd in die Rolle des hoteleigenen Maskottchens „Sunny
Bunny“ schlüpft − und auf der Hotel-Fanseite (mit mehr als 4.700 Fans) sowie auf der
Fanseite des Hasen-Maskottchens (mit über 1.100 Fans) im „Sunny Bunny“-Stil an sie-
ben Tagen in der Woche Rede und Antwort steht. Der weltweit tätige österreichische
Babyartikel-Hersteller MAM wiederum betreibt auf Facebook aktuell 16 länder- bzw.
sprachenspezifische Fanseiten, um mit jungen Müttern und Vätern in Kontakt zu treten
und deren Produktfragen, aber auch Ängste und Sorgen fachkundig zu beantworten,
u. a. durch mehrere für das Unternehmen tätige Hebammen. Immer häufiger kommt es
auch vor, dass Bewunderer einer Marke, die (insbesondere bei Luxusmarken) nicht not-
wendigerweise selbst Kunden der Marke sind, regelmäßig Fragen, Tipps und Kommen-
tare posten oder sich in Diskussionen einschalten und z. B. Fragen anderer beantworten
oder auf Kritik an der Marke reagieren.
Dabei gilt: Auch selbstbestimmte Markenfürsprecher erhalten für ihr Engagement
häufig einen Gegenwert. Dieser lässt sich jedoch nicht in Euro ausdrücken, sondern in
einem Gewinn an persönlichem Wissen oder in Form von sozialem Status im eigenen
Freundeskreis bzw. der weit verzweigten Internet-Community. Unternehmen wiederum
stehen vor der Herausforderung, dass sich diese neue Form der Markenfürsprache nicht
ohne weiteres kontrollieren lässt. Vielmehr empfiehlt es sich, die zufälligen, unbeab-
sichtigten und unautorisierten Fürsprecher (bzw. Kritiker) der Marke so weit wie nur
möglich mit einzubeziehen. Häufig ist es ratsam, sie gezielt mit Neuigkeiten zu versorgen
und ihnen umfassenden Zugang zu Informationen und innovativen Leistungsangeboten
zu verschaffen. Wird selbstbestimmten Markenfürsprechern reichlich Aufmerksamkeit
geschenkt, so führt dies meist dazu, dass sich ihre Begeisterung für die Marke verstetigt
und mit der Zeit möglicherweise sogar weiter zunimmt, so dass das Engagement für die
Marke immer mehr zu einem wichtigen Bestandteil ihres eigenen Persönlichkeitsprofils
wird (vgl. [9], S. 109).
Wie bedeutsam diese persönlichen Einschätzungen sind, zeigt eine aktuelle Nielsen-
Studie, der zufolge 90 % der Konsumenten Empfehlungen von Leuten vertrauen, die sie
kennen. Es folgen Marken-Websites und online veröffentlichte Einschätzungen von
Konsumenten mit jeweils 70 % sowie redaktionelle Beiträge mit 69 %. Erst mit deutli-
chem Abstand folgen verschiedene Formen klassischer Werbung (vgl. [19], S. 2). Min-
destens genauso wichtig wie das Vertrauen in die verschiedenen Informationsquellen ist
deren tatsächliche Nutzung. Von den Internet-Nutzern, zu denen mittlerweile rund drei
Viertel der Bevölkerung zählen, greifen einer aktuellen Studie von Fittkau & Maaß zufol-
ge 85 % vor geplanten Anschaffungen auf das Internet als Informationsquelle zurück,
64 % ziehen Testberichte und Testzeitschriften bzw. -magazine heran und 62 % orientie-
ren sich an Empfehlungen bzw. Ratschlägen von Freunden und Verwandten. Mit deutli-
174 Karsten Kilian

Testberichte 28,7
Produktbewertungen anderer Internetnutzer 24,5
Online-Shops 19,4
Empfehlungen/Beratung von Freunden/Verwandten 18,0
Preisvergleichs-Websites 17,3
Websites von Herstellern, Unternehmen, Marken 16,4
Berichte/Artikel auf Websites 15,4
Kataloge/Prospekte 12,9
Suchmaschinen/Webkataloge 10,7
Beratung in einem Geschä außerhalb des Internet 7,0

0 5 10 15 20 25 30 35

Abb. 3 Genutzte Informationsquellen von Online-Einkäufern (Top 10)3 (Quelle: vgl. [4])

chem Abstand folgen die Offline-Beratung in Geschäften mit 48 % sowie Kataloge und
Prospekte mit 42 % (vgl. [4], S. 14).
Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den genutzten Informationsquellen vor Online-
Käufen. Auf die Frage, welche Quellen Käufer vor ihrem zuletzt getätigten Internet-Ein-
kauf zu Rate gezogen hatten, nannten 28,7 % der Befragten Testberichte. Demgegenüber
wurden Websites von Herstellern, Unternehmen und Marken nur von 16,4 % der Befrag-
ten angeführt. Im Prinzip keinen direkten Einfluss üben aktuell soziale Netzwerke aus. Sie
wurden von weniger als 2 % der Befragten als Informationsquelle genannt. Das bedeutet
aber nicht, dass Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis oder fremde Einschätzungen für
Online-Einkäufe unwichtig wären. Denn immerhin 18 % hören auf Empfehlungen von
Freunden und Verwandten und 24,5 % verlassen sich auf Produktbewertungen anderer
Internet-Nutzer (vgl. [4], S. 20) und damit auf selbstbestimmte Markenfreunde, wie
Abb. 3 verdeutlicht.
Dem Informations- und Kaufverhalten der Kunden entsprechend zählen das Marken-
image und der Kundendialog zu den zentralen Unternehmenszielen in den sozialen
Medien. Nach einer aktuellen Studie von Planung & Analyse und Research Tools zählt
bei 85 % der Unternehmen das eigene Image zu den zentralen Zielen ihrer Social-Media-
Aktivitäten. An zweiter Stelle folgt mit 71 % der Dialog mit den Kunden, dicht gefolgt
von der Bekanntheit der eigenen Marke mit 68 %. Demgegenüber werden die Generie-
rung von Produktideen (32 %), der Vertrieb und Verkauf (23 %), das Personalmarketing
(21 %) und das Beschwerdemanagement (21 %) von jeweils weniger als einem Drittel der
Befragten als Ziele genannt. Zieht man ergänzend die Einschätzung der Wichtigkeit der
genannten Ziele heran, so zeigt sich, dass das Image höchste Priorität besitzt. 92 % der
Befragten stufen das Image auf einer fünfstufigen Likert-Skala als „wichtig“ oder „sehr

3
Befragt wurden Online-Käufer, deren letzter Online-Einkauf maximal vier Wochen zurücklag (Mehr-
fachnennungen waren möglich).
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 175

100%
Image
Kunden-
dialog
Bekanntheit

Relevanz
der Ziele 50%
(Nennungen) Produkt-
anregungen/
Vertrieb/ -ideen
Verkauf
Personal- Beschwerde-
marketing management

0%
0% 50 % 10 0 %
Wichtigkeit der Ziele
(Top Two Boxes)

Abb. 4 Kommunikationsziele von Social-Media-Aktivitäten5 (Quelle: eigene Darstellung der


Ergebnisse von Planung & Analyse/Research Tools (vgl. [20]))

wichtig“ ein. Es folgen der Kundendialog mit 87 % und die Bekanntheit mit knapp 77 %
(vgl. [20], S. 17f.).4
Wie Abb. 4 verdeutlicht, dominieren die drei genannten Ziele die Kommunika-
tionsaktivitäten in den sozialen Medien. Demgegenüber sind Produktanregungen
(53 %), Vertrieb und Verkauf (45 %), Beschwerdemanagement (49 %) und Personalmar-
keting (36 %) vielfach weniger wichtig.

2 Webbasierte Mundpropaganda

Wenngleich die persönliche Mundpropaganda nach wie vor zentral für den eigenen
Markenerfolg ist, wie die Studienergebnisse von Nielsen deutlich gemacht haben, so hat
sich mit der medialen Mundpropaganda im Internet, die auch als Word-of-Web-Pro-
paganda, kurz WOW-Propaganda, bezeichnet wird, ein weiterer wichtiger Endorse-
ment-Kanal für Marken etabliert, wie die Studienergebnisse von Fittkau & Maaß gezeigt
haben.

4
Sowie bisher unveröffentlichte Studiendetails.
5
Bei der Relevanz waren Mehrfachnennungen möglich; zur Ermittlung der Wichtigkeit wurden die Top
Two Boxes „sehr wichtig“ und „wichtig“ (auf einer fünfstufigen Likert-Skala) herangezogen (n = 82).
176 Karsten Kilian

2.1 Erfolgsfaktoren der WOW-Propaganda

WOW-Propaganda eröffnet der besonders wirksamen Empfehlung von Kunde zu Kun-


de vielfältige neue Möglichkeiten. Drei Gründe sind dabei von zentraler Bedeutung (vgl.
[1], S. 99f.):

1. Reichweite
2. Reproduzierbarkeit
3. Langfristigkeit

Während mit der persönlichen Offline-Mundpropaganda nur ein überschaubarer


Personenkreis in nächster Umgebung erreicht werden kann, bietet mediale Online-
Mundpropaganda nahezu globale Reichweite. Es lassen sich wesentlich mehr Menschen
erreichen, als dies durch mündliche Kommunikation mit Freunden und Bekannten je-
mals möglich wäre. Dadurch wird es möglich, dass persönliche Einschätzungen und
Erfahrungen mit einer Marke weite Kreise ziehen und eine Vielzahl von Personen errei-
chen, die dem Absender in den meisten Fällen vollkommen unbekannt sind.
Lediglich zwei Faktoren können die Durchschlagskraft von Online-Mundpropaganda
punktuell bremsen: sprachliche Grenzen und das Suchmaschinen-Ranking der Kom-
mentare und Kritiken bei Google & Co. Beides wird jedoch vielfach durch die einfache,
webbasierte Übersetzung ganzer Webseiten und die leichte Reproduzierbarkeit von Mit-
teilungen weitestgehend neutralisiert. So lässt sich mit der Kopierfunktion eine Nach-
richt im Internet schnell an anderer Stelle leicht modifiziert erneut platzieren oder via
E-Mail, RSS-Feed oder Retweet weiterleiten. Hinzu kommt, dass viele Internet-Nutzer
Neuigkeiten nicht einfach nur lesen, sondern − davon inspiriert − eigene Kommentare
oder Blogeinträge verfassen. Im Zuge dessen werden die Nachrichten häufig grundle-
gend überarbeitet und durch eigenes Wissen bzw. persönliche Einschätzungen und Er-
fahrungen weiter ergänzt. Fallweise werden Neuigkeiten auch von den Nutzern selbst
frei übersetzt oder mit anderen Nachrichten zu einer neuen Mitteilung kombiniert.
Schließlich kann mit Online-Mundpropaganda die „Flüchtigkeit“ persönlicher Kom-
munikation überwunden werden. Das gesprochene Wort entfaltet seine Kraft nur im
Augenblick der Äußerung und muss zur Weitergabe erinnert werden, während das dau-
erhaft einsehbare, geschriebene Wort lange „nachhallt“. Auch ist es nur wenig anfällig
für eine verfälschte Weitergabe. Das schriftlich dokumentierte Word-of-Web hält nahe-
zu ewig. Damit steigt die Chance, dass eine Botschaft im Laufe der Zeit weitergetragen
und immer wieder auf’s Neue multipliziert wird. Anders gesagt: Das Web vergisst nie!
Einschränkend sei angemerkt, dass mit wachsender sozialer Aufmerksamkeit im Netz
insbesondere die vermeintlich großen „Skandale“ nicht oder nur noch beiläufig wahrge-
nommen werden – und meist schnell wieder vergessen sind. Man betrachte etwa den
viralen Supergau schlechthin: den Überraschungshit „United Breaks Guitars“ des kana-
dischen Country-Sängers und „United Airlines“-Kunden Dave Carroll, der mittlerweile
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 177

allein auf YouTube fast 12 Mio. Mal erklungen ist. Der virale Superhit führt die Schwä-
chen bei der Gepäckbeförderung und beim Beschwerdemanagement von United plas-
tisch und drastisch vor Augen. Und doch haben die meisten Menschen davon noch nie
etwas gehört – oder können sich zumindest nicht mehr daran erinnern. Das Internet
vergisst zwar nie, wir schon! Wir schenken vielen Markenereignissen kaum noch Auf-
merksamkeit, da tags darauf bereits ein neuer Markenskandal auf allen Kanälen verbrei-
tet wird (vgl. [15]).

2.2 Erfolgsbedingungen für WOW-Propaganda

Neben den meist nur temporär wirksamen Skandalen um bekannte Marken sind es ak-
tuell vor allem Mitmachkampagnen (z. B. gemeinsame Produktentwicklung bei Balea)
oder Rate- und Gewinnspiele (z. B. das Städteratespiel der Lufthansa), die für positive
WOW-Propaganda sorgen sollen. Leider sind die meisten Kampagnen nur temporär
wirkungsvoll oder entwickeln sich in die falsche Richtung. So geschehen bei Otto (Tra-
vestiekünstler gewinnt Model-Contest), Pril (Rage Guy gewinnt Designwettbewerb) und
L’Oréal (71-Jährige gewinnt Model-Wettbewerb, wird ausgeschlossen und von Wettbe-
werber Schwarzkopf unter Vertrag genommen). Selbst wenn eine Kampagne erfolgreich
ist, enden mit ihr meist auch die Aktivitäten der Fans und Follower. Hauptgrund hierfür
ist, dass viele Kampagnen noch immer nicht oder nur unzureichend aus dem Marken-
selbstverständnis heraus entwickelt werden. Kreative Ideen sind gut und wichtig. Aber
nur wenn sie zur Marke passen, sind sie auch glaubwürdig und richtig. Und führen ans
Ziel: zu mehr Markenbegeisterung, die sich in rege artikuliertem Gefallen und freudigem
Weiterempfehlen manifestiert (vgl. [11], S. 9).
Wesentlich Erfolg versprechender für eine dauerhafte Markenfürsprache ist eine an
sich attraktive Marke, die auch ohne große, meist temporäre Werbekampagnen die eige-
nen Kunden elektrisiert. Hierzu ist ein hohes Involvement und damit eine ausgeprägte
Ich-Beteiligung der Kunden erforderlich. Dabei gelten die gleichen Erfolgsbedingungen,
wie sie auch für die Entstehung von Markengemeinschaften ermittelt wurden. Nur wenn
die folgenden fünf Fragen überwiegend mit „ja“ beantwortet werden können, ist ein über
die reine Transaktion hinausgehender Beziehungsaufbau in Form von Online-Marken-
gemeinschaften sinnvoll und möglich (vgl. [18], S. 93):

1. Kann die Marke dauerhaftes Interesse bei den Kunden wecken?


2. Können sich die Kunden mit der Marke identifizieren?
3. Spricht die Marke die Kunden emotional an?
4. Ist den Kunden die Marke in ihrem alltäglichen Leben wichtig?
5. Bildet die Marke einen geeigneten Rahmen oder das Thema
für Unterhaltungen und weitere interaktive Aktivitäten?
178 Karsten Kilian

2.3 Erfolgsformate der WOW-Propaganda

Entscheidend für den Markenerfolg sind vielfach eng mit einer Marke verbundene Erzäh-
lungen, Mythen und Geschichten, die Kunden untereinander austauschen. Starke Mar-
ken liefern reichlich Gesprächsstoff, machen neugierig und sorgen für Erstaunen. Mit
gezielt eingesetztem Storytelling können die besonderen Vorzüge einer Marke anschau-
lich und ansprechend aufgezeigt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Geschichten
einfach, unerwartet, konkret, glaubwürdig und emotional gestaltet sind (vgl. [5]). Auch
sollte darauf geachtet werden, dass die Geschichten nicht mehrdeutig sind. Dies kann
möglicherweise zu verfälschter Weitergabe verleiten. Es kann aber auch zu kognitiver
Reaktanz führen, weil die Geschichten aufgrund von Übertreibungen oder nur schwer
nachprüfbaren Sachverhalten weniger glaubhaft erscheinen (vgl. [16], S. 370).
Doch es gibt auch Ausnahmen, die zeigen, dass gerade Übertreibungen oder Mehr-
deutigkeiten gezielt als Gesprächsstoff-Turbo eingesetzt werden können, um Neuigkei-
ten − einem Virus gleich − flächendeckend zu streuen. Damit Geschichten viral wirken,
gilt es die Prinzipien des Retro-Marketings zu berücksichtigen. Grundidee des Retro-
Marketings ist es, dass etwas umso mehr begehrt und besprochen wird, je schwieriger es
zu haben ist bzw. je mehr Raum es für Spekulationen bietet. Zu den fünf Prinzipien des
Retro-Marketings zählen Brown zufolge Exklusivität, Geheimniskrämerei, Verstärkung-
seffekte, Unterhaltsamkeit und kleine Schwindeleien (vgl. [2]).

3 Souveräner Markendialog

Um die Herausforderungen im Umgang mit selbstbestimmten Markenfürsprechern zu


meistern, empfiehlt sich neben einer klar definierten und differenzierten Markeniden-
tität mit konkreten, ursächlichen, relevanten und konkreten Markenwerten (vgl. [7])
eine souverän geführte Kommunikation mit den Fans und Kritikern einer Marke. Der
von Kramer eingeführte Begriff der souveränen Markenführung adressiert dabei den
Umstand, dass neben dem Markenanbieter und den Medien als Mittler eine dritte Grup-
pe stark an Bedeutung gewonnen hat: der mündige Kunde bzw. Nichtkunde. Ziel souve-
räner Markenführung ist es, alle drei Triebfedern einer Marke in Einklang zu bringen
(vgl. [17]).
Typische Eigenschaften von Souveränität sind individuelle Unabhängigkeit, Eigen-
ständigkeit und Selbstbestimmung sowie Selbstsicherheit. Auf Marken übertragen be-
deutet Souveränität die Durchsetzung einer selbstbestimmten Markenstrategie auf Basis
einer gleichberechtigten Beziehung der involvierten Personengruppen. Hierzu zählen
insbesondere die Führungskräfte, Mitarbeiter und Partner eines Unternehmens sowie
Medienvertreter und Kulturschaffende in ihrer Rolle als (Ver-)Mittler der Marke, aber
auch die mündigen (Nicht-)Kunden einer Marke als – im Idealfall – Käufer, Verwender
und Fürsprecher.
Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien 179

Grundsätzlich gilt: Die Unternehmen konzipieren, die Medien kommentieren und die
Kunden, Künstler und Kritiker interpretieren die Marke – auf ihre „Art“, für sich und
ihre soziale Netzwelt bzw. Fangemeinde. Der Übergang vom Pressevertreter über den
Kunstschaffenden zur Privatperson ist dabei fließend. Während ein Journalist meist
versucht, einer Marke so weit als möglich gerecht zu werden, indem er nach weitestge-
hender, faktenbasierter Objektivität strebt, verhält es sich bei einer Privatperson meist
genau umgekehrt. Als mündiger Bürger, der bloggt, kommentiert oder twittert, versucht
er vor allem sich selbst gerecht zu werden und seine ganz persönliche Sicht auf die Marke
kundzutun − in all ihrer Subjektivität.
Während sich das „Faktische“ recht gut durch klassische PR beeinflussen lässt, ent-
steht das „Gefühlte“ aus der Marke selbst. Es ist deshalb besonders wichtig, eine Marke
„souverän“ zu führen und aus sich heraus zu entwickeln. Entscheidend ist, dass eine
Marke aus diesem Selbstverständnis heraus situationsbezogen handelt oder abwartet,
kommentiert oder schweigt. Einem Erdbeben gleich übertragen sich dann die Schwin-
gungen der Marke konzentrisch nach außen. Zunächst auf Pressevertreter und Kultur-
schaffende, im weiteren Verlauf auf private Kunden und Kritiker. Sie alle nehmen die
Schwingungen auf und verarbeiten sie (vgl. [10], S. 6f.).
Dementsprechend zeigen die bisherigen Erfahrungen mit selbstbestimmten Marken-
fürsprechern, dass es sich lohnt, aktiv den Dialog mit ihnen zu suchen. Durch das not-
wendige Fingerspitzengefühl lässt sich die Begeisterung von Markenfans weiter steigern,
was wiederum zu regeren Aktivitäten führt und damit zu mehr „Gefällt mir“-Klicks,
Mitteilungen, Kommentaren und Weiterempfehlungen. Im Ergebnis lässt sich damit die
Markenwahrnehmung positiv beeinflussen, was wiederum zu steigenden Verkaufszahlen
beiträgt und bei „normalen“ Kunden zu einer erhöhten Markenbindung beitragen kann
im Sinne von „Gefällt mir“ − auch.

Literaturverzeichnis

1 Brandtner, M./Kilian, K. (2010): WOM- und WOW-Branding, Die neue Ära der Markenführung, in:
Schüller, A. M./Schwarz, T. (Hrsg.): Leitfaden WOM Marketing, S. 99–112.
2 Brown, S. (2002): Quälen Sie Ihre Kunden – die mögen das, in: Harvard Business Manager, Nr. 2,
S. 64–70.
3 diffferent (Hrsg.) (2011): Konsumenten kuscheln kaum mit Marken, Social Media-Studie, URL:
http://www.diffferent.de/uploads/media/110721_PM_Social_Media_Studie.pdf, abgerufen am:
21.07.2011.
4 Fittkau & Maaß Consulting (Hrsg.) (2011): Kaufentscheidungen im Internet, W3B-Report, 32.
WWW-Benutzer-Analyse W3B.
5 Heath, C./Heath, D. (2008): Was bleibt: Wie die richtige Story Ihre Werbung unwiderstehlich macht.
6 Kilian, K. (2005): Wer hat’s erfunden? Viele erfolgreiche Unternehmen sind nach ihren Gründern
benannt, Verlagsbeilage „Unternehmer heute“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.9., S. B2.
7 Kilian, K. (2009): So bringen Sie Ihre Marke auf Kurs, in: Absatzwirtschaft, Nr. 4, S. 42–43.
8 Kilian, K. (2009): Was sind Testimonials?, in: Absatzwirtschaft, Nr. 9, S. 86.
9 Kilian, K. (2010): Mensch Marke!, in: Absatzwirtschaft Marken, S. 106–109.
180 Karsten Kilian

10 Kilian, K. (2010): Vorwort, in: Kramer, K.: Souveräne Markenführung, Managementkonzept zur
Führung von Marken im Zeitalter von Social Media, S. 6–8.
11 Kilian, K. (2011): Nur kein blinder Aktionismus, in: Werben & Verkaufen (W&V Extra September),
Nr. 37, S. 8–9.
12 Kilian, K. (2011): Determinanten der Markenpersönlichkeit, Dissertation, Universität St. Gallen.
13 Kilian, K. (2011): Die Chancen von Social Media für die Markenführung, in: Media Spectrum, Nr. 11,
S. 32–33.
14 Kilian, K. (2011): Immer mehr Marken-Fans auf Facebook, in: Absatzwirtschaft, Nr. 6, S. 38–40.
15 Kilian, K. (2011): Markenexperte Karsten Kilian zu Social Media, URL:
http://www.wuv.de/w_v_research/specials/dmexco_2011/markenexperte_karsten_kilian_zu_social_
media_bitte_keinen_blinden_aktionismus, abgerufen am: 15.11.2011.
16 Kilian, K./Henkel, S. (2010): Von der Markenbotschaft zum Markenbotschafter – Mitarbeiter als
Mittler der Markenidentität, in: Baumgarth, C. (Hrsg.), B2B-Markenführung, S. 357–377.
17 Kramer, K. (2010): Souveräne Markenführung, Managementkonzept zur Führung von Marken im
Zeitalter von Social Media.
18 Löwenfeld, F. v./Kilian, K. (2009): Brand Communities as Experience Drivers: Empirical Research
Findings, in: Lindgreen, A./Vanhamme, J./Beverland, M. (Hrsg.), Memorable Customer Experiences,
S. 87–99.
19 Nielsen (Hrsg.) (2009): Nielsen Global Online Consumer Survey.
20 Planung & Analyse/Research Tools (Hrsg.) (2011): Social Media-Research in Deutschland, Studie.
21 Socialbakers (2012): Social media statistics, URL: http://www.socialbakers.com, abgerufen am:
07.04.2012.
22 Thunig, C. (2011): Die Marke Adobe wird missverstanden, in: Absatzwirtschaft, Nr. 9, S. 12–16.
23 Visibli (Hrsg.) (2011): A Study of Fan Engagement on Facebook Pages, URL: http://visibli.com/
reports/fbstudy, abgerufen am: 15.11.2011.
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien
zu sozialisierenden Medien
12
Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung.................................................................................................................................. 182
2 Zum Verhaltenseinfluss von Social-Media-Testimonials auf Mitarbeiter........................ 183
2.1 Mitarbeiter als bisher vernachlässigte Zielgruppe
der externen Kommunikation.................................................................................. 183
2.2 Social-Media-Testimonials als Verhaltensvorbilder ............................................. 186
2.3 Bezugsrahmen zum Einfluss von Social-Media-Testimonials
auf das Mitarbeiterverhalten..................................................................................... 187
3 Zur Gestaltung verhaltensprägender Social-Media-Testimonials ..................................... 188
3.1 Wiedererkennbarkeit schafft Relevanz ................................................................... 188
3.2 Moderate Übertreibungen motivieren.................................................................... 190
3.3 Best Practice – Intel’s Kampagne „Sponsors of Tomorrow“ ............................... 192
4 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................ 194
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 195

_______________________
Prof. Dr. Sven Henkel ()
Universität St. Gallen, Center for Customer Insight, Bahnhofstr. 8, 9000 St. Gallen, Schweiz
e-mail: sven.henkel@unisg.ch
Prof. Dr. Tim Oliver Brexendorf ()
WHU – Otto Beisheim School of Management, Henkel Center of Consumer Goods,
Burgplatz 2, 56179 Vallendar, Deutschland
e-mail: tim.brexendorf@whu.edu

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 181


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_12, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
182 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

„Less is more! Soziale Medien bieten enorme Chancen für das Branding. Sie bergen aufgrund ihrer ein-
fachen und kostengünstigen Handhabung aber auch die Gefahr, ohnehin informationsüberladene
Kunden mit Belanglosigkeiten zu überfordern. Erfolgskritisch wird es deshalb zukünftig sein, diese Me-
dien sinnvoll und in Maβen einzusetzen, damit sie Mehrwert kreieren und nicht Nerven strapazieren.“
Prof. Dr. Sven Henkel

1 Einführung

Soziale Medien sind fester Bestandteil unseres Lebens. Spätestens 2012 wird Facebook
eine 1 Mrd. aktive Nutzer haben (vgl. [13], S. 48). 47 % der Befragten einer weltweiten
Studie aus dem Jahr 2010 geben an, in Brand Communities aktiv zu sein. 30 % nutzen
Social Media über ihre Smartphones (vgl. [29], S. 8). Beeindruckende Zahlen, die aktuell
bereits übertroffen sein dürften. Was bedeutet diese Entwicklung für die Unternehmens-
kommunikation? Soziale Medien prägen das Verhalten der Kunden und ihre Erwartun-
gen an die Kommunikation. Diese Erwartungen betreffen die Interaktionsfrequenz, die
Antwortgeschwindigkeit, die Antwortqualität und den Erlebnisfaktor der vermittelten
Inhalte. Bezogen auf die Praxis bedeutet dies: Wenn Greenpeace eine eigene Version der
Darth-Vader-Kampagne von Volkswagen in den viralen Kreislauf gibt, die im Gegensatz
zu den Markenzielen von Volkswagen steht, dann muss Volkswagen schnell, kreativ und
schlagfertig reagieren, um das Heft des Handels in der Hand zu behalten. Eine entspre-
chende Reaktion wird erwartet. Erfolgt diese nicht, bildet sich in den sozialen Medien
eine eigene Meinung.
Was jedoch häufig übersehen wird: Der Einfluss sozialer Medien endet nicht an den
Grenzen des World Wide Web, sie prägt auch die Erwartungen an das Kommunika-
tionsverhalten im realen Leben. Die digitale Generation transferiert ihre in den sozialen
Medien geprägten Interaktionsgewohnheiten und -erwartungen auch auf die soziale
Interaktion mit Mitarbeitern einer Marke. Für VW bedeutet dies: Jeder Mitarbeiter im
Kundenkontakt muss (a) von den Geschehnissen um Darth Vader wissen und (b) eine
Vorstellung haben, wie man sich angesichts dieser Situation markenkonsistent verhalten
kann. Andernfalls droht ein negativer Imageeffekt, der bis zur Abwendung von der Mar-
ke führen kann (vgl. [20], S. 311). Diese Konsistenz und Flexibilität über alle Marken-
kontaktpunkte sicherzustellen, ist eine Herausforderung für Marketing- und Kommuni-
kationsexperten, die sich mit bestehenden Ressourcen der internen Kommunikation und
Personalentwicklung kaum realisieren lässt.
Das Ziel dieses Beitrags besteht darin, den Treiber der veränderten Kundenerwartun-
gen, die Social-Media-basierte Unternehmenskommunikation, als Mittel zur markenori-
entierten Prägung der eigenen Mitarbeiter einzuführen. Externe Kommunikation, so
These 1, ist in der Lage, Verhaltenserwartungen und -vorbilder nach innen zu kommu-
nizieren. These 2 geht davon aus, dass die extern kommunizierten Inhalte bei Mitarbei-
tern eine hohe Akzeptanz erfahren, da sie sich freiwillig mit diesen auseinandersetzen.
Soziale Medien, so These 3, verstärken diesen Effekt: Sie bieten die Möglichkeit, inspirie-
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 183

rende Markenerlebnisse zu teilen und die Marke in den beruflichen und privaten Alltag
der Mitarbeiter zu integrieren.
Es wird ein Modell vorgestellt, das den Einfluss der externen Kommunikation auf das
Mitarbeiterverhalten erklärt. Zudem werden erste Handlungsimplikationen für eine
optimale Kommunikationsgestaltung abgeleitet.

2 Zum Verhaltenseinfluss von Social-Media-Testimonials


auf Mitarbeiter

„When I got back, Apple had forgotten who we were.


Remember that ‚Think Different’ ad campaign we ran.
It was certainly for customers, but it was even more for Apple.
That ad was to remind us of who our heroes are and who we are.
Companies sometimes do forget. Fortunately, we woke up.
And Apple is doing the best work in its history“ [7].
Steve Jobs,
Gründer und langjähriger CEO von Apple

2.1 Mitarbeiter als bisher vernachlässigte Zielgruppe


der externen Kommunikation

Unternehmen beginnen nach und nach zu realisieren, dass es sich bei Mitarbeitern um
eine bisher übersehene Zielgruppe der Unternehmenskommunikation handelt. Kom-
munikation wirkt identitätsstiftend und beeinflusst die Wahrnehmung und daraus resul-
tierend das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter im privaten und sozialen Umfeld (vgl.
[10], S. 240 und [16], S. 70). Erfahrungen in der Praxis bestätigen diesen zweifach positi-
ven Einfluss der Kommunikation auf Mitarbeiter.
So berichtet Stefan Lauer, Vorstand der Lufthansa AG, von sehr positiven Mitarbei-
terreaktionen auf eine Imagekampagne anlässlich des 50-jährigen Firmenbestehens:

„Unsere Mitarbeiter haben sich begeistert über Inhalte und Umsetzung der Kampagne geäußert. Auch
berichteten sie darüber, dass Freunde sie auf die gelungene Kommunikation ihres Arbeitgebers ange-
sprochen hätten. Hier war deutlich spürbar, dass die Kampagne auch nach innen gewirkt hat. Sie hat
den Stolz unserer Mitarbeiter, Lufthanseaten zu sein, gesteigert und ihre Identifikation mit der Marke
erhöht.“

Ähnlich äußert sich der Schweizer Kommunikationsexperte Dominique von Matt,


CEO und Hauptgesellschafter der Agentur Jung von Matt/Limmat. Zur Innenwirkung der
in Deutschland sehr beliebten Kampagnen des Autovermieters Sixt sagt er:

„Neue Sixt-Kampagnen sind regelmäßig ‚Talk of Town‘ in Deutschlands Großstädten. Diese positive
Aufmerksamkeitswirkung strahlt auch auf die Mitarbeiter des Unternehmens ab. Mitarbeiter von Sixt
fühlen sich trendy und schlagfertig, weil sie für eine Marke arbeiten, die sich ebenso positioniert.“
184 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

Abb. 1 Online-Kommunikation des Autovermieters Sixt (Quelle: Sixt)

Erste wissenschaftlich fundierte Hinweise auf die verhaltensleitende Wirkung von


Kundenkommunikation auf Mitarbeiter finden sich Anfang der 1980er-Jahre. Bereits
1980 kommen Acito und Ford zu der Erkenntnis:

„Advertising can affect its employees [by] telling them how the company expects them to behave“
([2], S. 53).

Aus Sicht der Autoren hat Mitarbeiter darstellende Unternehmenskommunikation


das Potenzial, Verhaltensstandards zu setzen, die von tatsächlichen Mitarbeitern als Ver-
haltensleitbild für zukünftige Interaktionssituationen genutzt werden können (vgl. [2],
S. 58). Zu einem komplementären Ergebnis kommen ein Jahr später George und Berry
(vgl. [14]). Sie empfehlen explizit, den externen Kommunikationskanal als internes Ma-
nagementinstrument zu nutzen, indem sie feststellen:

„[Advertising] is an important tool for ‚selling‘ jobs; it is a tool for motivating, educating or otherwise
communicating with employees“ ([14], S. 53).

Hierbei gilt es zu beachten, dass eine positiv motivationale Wirkung der Werbung
nur dann zu erwarten ist, wenn das im Werbeauftritt dargestellte Verhalten für den Mit-
arbeiter umsetzbar, d. h. mit Blick auf seine Erfahrungen und Fähigkeiten realisierbar ist
(vgl. [21], [31]). Im Falle zu starker Übertreibungen ist hingegen von einer Frustration
des Mitarbeiters und daraus resultierend von kontraproduktivem (vgl. [14], S. 56) bzw.
zynischem (vgl. [2], S. 56) Verhalten auszugehen.
Die Gründe für den starken Effekt von Werbung auf Mitarbeiter sind dabei vielseitig.
Zusammenfassend lassen sich drei zentrale Ursachen identifizieren:
Zunächst stehen Mitarbeiter in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihrem Arbeitgeber.
Folglich sind sie an jeglichen Informationen interessiert, die Aufschluss über die aktuelle
Lage des Unternehmens und somit über die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes geben. Wer-
bung liefert Informationen darüber, wie selbstbewusst und auf Basis welcher Argumente
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 185

sich der Arbeitgeber gegenüber Konkurrenten positioniert. Auch gibt sie implizit Aus-
kunft darüber, auf welche Leistungen und Geschäftsfelder sich das Unternehmen aktuell
und zukünftig schwerpunktmäßig konzentriert (vgl. [35], S. 23). Schließlich finden sich
Hinweise darauf, dass Mitarbeiter aus der Glaubwürdigkeit werblicher Maßnahmen
Rückschlüsse auf die Vertrauenswürdigkeit und das Commitment ihres Arbeitgebers
gegenüber der Belegschaft ziehen.

„False claims will lead an employee to believe that the organization is not credible, and therefore may
not fulfill its commitment on other issues“ ([34], S. 217).

Die eigene Kommunikation dient Mitarbeitern folglich als Gradmesser für den zu-
künftigen Erfolg des Arbeitgebers und für die Sicherheit des Arbeitsplatzes.
Ferner beeinflusst die Qualität der Kommunikation die soziale Positionierung des Mit-
arbeiters. Betroffen ist dabei sowohl seine Positionierung innerhalb des Unternehmens
als auch seine soziale Stellung außerhalb des Unternehmens (vgl. [10], S. 241 und [16],
S. 70). Häufig lassen Kampagnen Rückschlüsse darauf zu, welchen Mitarbeitergruppen
bzw. Unternehmensbereichen das Management eine besondere Bedeutung beimisst. Die
Nicht-Berücksichtigung des eigenen Stellenprofils kann das Rollenverständnis und das
Selbstvertrauen des Mitarbeiters erheblich beeinflussen (vgl. [34], S. 217). Darüber hinaus
werden Mitarbeiter auch in ihrem privaten Umfeld mit dem kommunikativen Auftritt
ihres Arbeitsgebers assoziiert und entsprechend behandelt (vgl. [10], S. 241 und [16],
S. 70). So berichten Deutsche Bahn-Mitarbeiter davon, ihre berufliche Identität in neuen
sozialen Umfeldern zunächst geheim zu halten, um einen Imagetransfer des tendenziell
ungünstig positionierten Arbeitgebers auf die eigene Person zu vermeiden. MINI-Mitar-
beiter sind hingegen stolz darauf, auf ihr Unternehmen angesprochen zu werden, das
allein bei Facebook 2.577.651 Fans hat.
Schließlich finden sich Hinweise darauf, dass Werbung einen signifikanten Einfluss
auf die Identifikation des Mitarbeiters mit der Marke ausübt (vgl. [8], [10], [30], [35]).
Mitarbeiter weisen ein hohes Involvement gegenüber eigenen Leistungen auf. Da Wer-
bung dazu dient, diese Leistungen publik zu machen, erzeugt auch sie ein gesteigertes
Interesse auf Seiten des Mitarbeiters. Dieses Eigeninteresse führt dazu, dass Mitarbeiter
kommunizierte Inhalte mit dem Bild vergleichen, das sie selbst von der Marke haben
(vgl. [30], S. 1). Weisen dabei das Markenbild des Mitarbeiters und das kommunikativ
erzeugte Fremdbild einen hohen Übereinstimmungsgrad auf, so wirkt dies positiv, eine
große Abweichung erzeugt den gegenteiligen Effekt (vgl. [2], S. 56, [30], S. 2 und [35],
S. 29ff.). Bestätigt wird diese wissenschaftlich fundierte Erkenntnis durch Stefan Lauer
(Lufthansa AG). Er bezeichnet seine Mitarbeiter als „Anwälte der Marke Lufthansa“.
Positive Kommunikationsaktivitäten führen zu Wohlwollen gegenüber der Unterneh-
mensführung und zu Markencommitment. Negative Entwicklungen erzeugen hingegen
Reaktanz und Misstrauen gegenüber dem Management.
186 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

2.2 Social-Media-Testimonials als Verhaltensvorbilder

Wie und warum kommt es nun zu Verhaltensanpassungen? Indem wir das in der
Kommunikation geschilderte oder durch die Kommunikation ausgedrückte Verhalten
kopieren!
Die von Bandura (vgl. [3]) begründete sozial-kognitive Lerntheorie basiert auf der
Annahme, dass sich der überwiegende Teil menschlichen (Sozial-)Verhaltens entwickelt,
indem Menschen Verhaltensmuster relevanter Bezugspersonen beobachten, strukturiert
abspeichern und bei Bedarf an die eigene Situation adaptieren:

„By observing others one forms rules of behavior and on future occasions this coded information serves
as a guide for action“ ([3], S. 47).

Ein Kleinkind erlernt Verhaltensweisen wie Lächeln oder Winken, indem es diese bei
seinen Eltern beobachtet und imitiert. In ähnlicher Weise ist bei Jugendlichen eine An-
passung des Kleidungsstils an den Stil ihrer Mitschüler zu beobachten.
Soziales Lernen ist jedoch keinesfalls auf die Phase des Erwachsenwerdens beschränkt.
Auch in der Wirtschaft gelten herausragende Manager als Leitbild für spätere Genera-
tionen. So geben in einer von Accenture durchgeführten Studie 51 % der weiblichen und
34 % der männlichen Führungskräfte an, ihr Führungsverhalten an Vorbildern zu orien-
tieren (vgl. [1]). Daniel Goeudevert, ehemaliges Vorstandsmitglied von Citroen, Renault,
Ford und VW, erklärt diesen Sachverhalt wie folgt: „Vorbilder dienen als Maßstab für
Verhaltensmuster oder Weltanschauungen. Man braucht sie, solange man glaubt, dass
man unvollständig ist“ ([18], S. 6). Ähnlich äußert sich Prof. Ulrike Detmers, Gesellschaf-
terin der Mestemacher Gruppe: „Vorbilder sind Leitbilder mit der wichtigen Funktion,
bewusst oder unbewusst Orientierung zu geben. Vorbilder liefern Orientierung und zei-
gen, ob Handlungen zu positiven, negativen oder neutralen Effekten führen“ ([9], S. 13).
Neuere Arbeiten im Feld der sozialen Kognitionstheorie attestieren den Medien oder
medialen Angeboten eine verstärkende Wirkung. Bandura bezeichnet mediale Szenarien
als soziale Realitäten im Auge des Betrachters, im Rahmen derer sich spezifische Verhal-
tensmuster und damit verbundene Konsequenzen akzentuierter vermitteln lassen als in
realen Situationen (vgl. [4], S. 132f.). Ein an medialen Vorbildern orientiertes Lernen
erscheint folglich möglich. Aufgrund der fehlenden physischen Nähe ist es im massen-
medialen Kontext allerdings umso wichtiger, dass die präsentierten Vorbilder Aufmerk-
samkeit beim Betrachter erzeugen und aufgrund ihrer Eigenschaften und ihres Betäti-
gungsfelds als relevant wahrgenommen werden (vgl. [5], S. 83). Durch die Medien
werden neue Verhaltensweisen weltweit penetriert und in den Köpfen der Zuschauer
verankert. Aufgrund der technischen Möglichkeiten haben Medien die Möglichkeiten,
spezifische Verhaltensmuster detailliert zu illustrieren. Ferner kann die Verhaltenswir-
kung dieser Muster durch häufige Wiederholungen gesteuert und bei Bedarf intensiviert
werden. Bandura schreibt hierzu:

„New ideas, values, behavior patterns and social practices are rapidly diffused by symbolic modelling
worldwide in ways that foster globally distributed consciousness“ ([4], S. 127).
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 187

"Here's to the crazy ones. The misfits.


The rebels. The troublemakers.
The round pegs in the square holes.
The ones who see things differently.
They're not fond of rules, and they
have no respect for the status quo.
You can quote them, disagree with
them, glorify and vilify them. About
the only thing you can't do is ignore
them because they change things.
They push the human race forward.
And while some may see them as
crazy, we see genius. Because the
people who are crazy enough to think
they can change the world, are the
ones who do."

Abb. 2 Apple’s Think Different TV-Kampagne im Wortlaut (Quelle: YouTube)

Beeindruckend veranschaulichen lässt sich dieser mediale Multiplikationsmechanis-


mus am eingangs bereits erwähnten Beispiel der „Think Different“-Kampagne von App-
le. In den 1990er-Jahren eingeführt und mittels klassischer Medien verbreitet, prägt die
Kampagne noch heute das Denken und Fühlen von Apple-Mitarbeitern und -Kunden.
Die Verhaltensanweisung: „Denke anders. Verharre nicht im Status quo. Mache es wie
Deine Idole und Vorbilder und verändere mit Deinen Ideen die Welt.“ Eine einfache
Botschaft, die jedoch eine klare Geisteshaltung gegenüber Innovation und Andersden-
ken kommuniziert und externe wie interne Apple-Fans in aller Welt eint (der klassische
TV-Spot aus den 90ern wurde bis heute mehrere Millionen Mal bei YouTube aufgerufen
und auf neue Idole und Kontexte übertragen).

2.3 Bezugsrahmen zum Einfluss von Social-Media-Testimonials


auf das Mitarbeiterverhalten

Externe Kommunikation beeinflusst Mitarbeiter in zweierlei Hinsicht: Die eigene Unter-


nehmenskommunikation hat einen direkten Einfluss auf Mitarbeiter. Sie beeinflusst sein
Commitment und Rollenverständnis und hat somit das Potenzial zur direkten Verhal-
tensbeeinflussung. Darüber hinaus beeinflusst das kommunikativ gegebene Markenver-
sprechen die Erwartungen bei für den Mitarbeiter relevanten Zielgruppen (Kunden,
Freunde, Familie), indem sie Erwartungen weckt und verhaltensspezifisch konkretisiert.
Externe Kommunikation wirkt folglich auch indirekt verhaltensbeeinflussend. Die so
generierte Erwartungshaltung erhöht den Druck auf den Mitarbeiter, sein Verhalten an
das kommunizierte Erwartungsmuster anzupassen, um auf diese Weise positive Interak-
188 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

Inszeniertes
Verhaltensvorbild

Indirekter Direkter
Effekt Effekt

Indirekter Effekt

Kunde Mitarbeiter

Erwartungen Selbstregulation
Tatsächliches Verhalten

Abb. 3 Der zweifache Verhaltenseinfluss inszenierter Verhaltensvorbilder (Quelle: eigene Darstel-


lung)

tionssituationen zu realisieren (vgl. [4], S. 127 und [5], S. 76f.). Im Rahmen der sozialen
Kognitionstheorie wird der Prozess der Verhaltensanpassung als Selbstregulation be-
zeichnet (vgl. [3], S. 230).

3 Zur Gestaltung verhaltensprägender Social-Media-Testimonials

In Studien zur Wirkung klassischer Kommunikation auf das Mitarbeiterverhalten konn-


ten Henkel et al. den Effekt externer Kommunikation auf das Mitarbeiterverhalten
nachweisen und erste Hinweise für die Umsetzung verhaltensleitender Kommunikation
ableiten (vgl. [21], [31]).
Identitätsstiftend und verhaltenstreibend wirken insbesondere die Ähnlichkeit der
dargestellten Person bzw. des Settings sowie der Übertreibungsgrad der kommunizierten
Botschaft. Auf beide Punkte wird nachfolgend kurz eingegangen.

3.1 Wiedererkennbarkeit schafft Relevanz

Verhaltensleitend wirkt ein Vorbild, wenn es als relevant beurteilt wird. Relevanz liegt
laut Bandura vor, wenn (1) zentrale Aspekte der aktuellen Situation des Beobachters
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 189

Araktivität

Beob- Bedeutsamkeit Verhaltens-


achtende
Vorbild
Person

Problemlösung

Relevanz

Speicherung der Verhaltenslösung bzw.


Selbstregulation

Abb. 4 Relevanz als notwendige Voraussetzung für soziales Lernen (Quelle: eigene Darstellung)

durch das Verhaltensvorbild adressiert werden und wenn das Verhaltensvorbild (2)
einen funktionalen Nutzen zur Lösung aktueller Herausforderungen des Beobachters
beisteuert. Finden sich diese Aspekte nicht, wird das Verhaltensvorbild „ignoriert oder
abgelehnt“, um einer Informationsüberlastung vorzubeugen. Ist das Vorbild hingegen
relevant, so wird die beobachtete Verhaltenslösung gespeichert und in entsprechenden
Situationen ausgeführt (vgl. [3], S. 54).
Auf vergleichbaren Annahmen fußt die von Festinger begründete Theorie sozialer
Vergleichsprozesse (vgl. [11], [12]). Danach ist es ein zentrales menschliches Bedürfnis,
sich mit relevanten Personen oder Gruppen zu vergleichen, um so Rückschlüsse auf
eigene Fähigkeiten und das eigene Entwicklungspotenzial zu ziehen (vgl. [11], S. 117 und
[12], S. 217). In Einklang mit der sozial-kognitiven Lerntheorie geht Festinger davon aus,
dass Vergleichs- und Verhaltensanpassungsprozesse hauptsächlich durch die Relevanz
des Gegenübers ausgelöst werden. Als zentralen Treiber der Relevanz identifiziert Fes-
tinger die Ähnlichkeit zwischen vergleichender Person und Vergleichsperson (vgl. [11],
S. 117). Darüber hinaus wird die Relevanz einer Vergleichsperson gemäß der Social-
Comparison-Theorie gesteigert, wenn diese (1) attraktiv ist, wenn (2) von ihr repräsen-
tierte Fähigkeiten oder Meinungen bedeutsam sind und wenn (3) vergleichende Person
und Vergleichsperson Ähnlichkeiten in selbstrelevanten Dimensionen wie Image und
Einstellung aufweisen (vgl. [11], S. 133 und [28], S. 116f.).
Den Einfluss von Ähnlichkeitsurteilen auf die Aufmerksamkeitswirkung und Rele-
vanz medial inszenierter Persönlichkeiten belegen Henkel und Huber (vgl. [19]). In einer
Studie unter Fernsehzuschauern zeigen sie, dass die wahrgenommene Ähnlichkeit zu
190 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

einem TV-Akteur das Interesse an Formaten erhöht, in denen der Akteur auftritt. Ferner
ergibt die Studie, dass Zuschauer im Falle ähnlicher Akteure eine höhere Bereitschaft
zeigen, durch den TV-Akteur präsentierte Inhalte zu reflektieren und auf ihre Situation
zu beziehen.
Diese Erkenntnisse indizieren, dass ein in der Werbung dargestelltes Verhaltensvor-
bild genau dann die größte Aufmerksamkeits- und Verhaltenswirkung erzeugt, wenn es
hinsichtlich seines Arbeitsumfelds und der dargestellten Leistungserbringung Ähnlich-
keiten mit der anvisierten internen Zielgruppe aufweist. In Anlehnung an Bandura, der
feststellt

„People cannot learn much by observation unless they attend to the relevant aspects of modelled activi-
ties“ ([3], S. 56).

lässt sich hieraus als erste Gestaltungsempfehlung für die Praxis ableiten:

Gestalten Sie ihr werbliches Verhaltensvorbild so, dass es hinsichtlich seines Tätigkeitsum-
felds Ähnlichkeiten mit dem anvisierten Mitarbeitersegment aufweist. Ein ähnliches Testi-
monial hat eine höhere Relevanz für die Zielgruppe und wirkt folglich eher als Impuls für
Verhaltensanpassungen als ein unähnliches Testimonial.

3.2 Moderate Übertreibungen motivieren

Wie diskutiert, kommt es zu einer Verhaltensreflexion, wenn Beobachter und Ver-


gleichsperson eine hohe Ähnlichkeit aufweisen. Hierbei sei betont, dass soziale Verglei-
che nicht nur durch Ähnlichkeiten in Bezug auf die soziale oder berufliche Rolle ausge-
löst werden. Alle Variablen können Vergleiche initiieren, die für die vergleichende
Person von Relevanz sind. Menschen vergleichen einander in Bezug auf akademische
Fähigkeiten (vgl. [15]), physische Attraktivität (vgl. [25]), die aktuelle Lebenssituation
(vgl. [6]) und Gesundheitsfragen (vgl. [36]). In diesen Fällen ist es jedoch häufig nicht
ausschließlich die Ähnlichkeit, die das Interesse am Gegenüber hervorruft; hinzu kommt
oft, dass eine Person mit Blick auf eine selbstrelevante Dimension besser oder schlechter
abschneidet als der Beobachter.
In solchen Situationen ausgelöste Upward bzw. Downward Comparisons affektieren
das Selbstwertgefühl. Vergleiche mit schlechter gestellten Personen können zur Bestäti-
gung oder Aufwertung des Selbstbewusstseins führen, da sie eine Überlegenheit der
vergleichenden Person gegenüber der Vergleichsperson implizieren (vgl. [33], S. 268 und
[36] S. 575). Die Konfrontation mit besser gestellten Menschen kann hingegen sowohl
positive als auch negative Auswirkungen auf das Selbst haben. Im positiven Fall kommt
es zu einem Motivationsschub im Sinne der Aussage „If she can do, I can do it too“ ([24],
S. 255). Dieser Motivationsschub begünstigt eine Angleichung des eigenen Status an den
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 191

Abb. 5 Relevanz und Übertreibungsgrad als Übertreibungsgrad


Verhaltenstreiber (Quelle: eigene Darstellung) moderat maßlos

unähnlich
Relevanz
ähnlich
Status der Vergleichsperson (Self-Improvement) (vgl. [24], S. 255ff. und [23], S. 96ff.).
Dabei wird davon ausgegangen, dass eine motivationale Wirkung genau dann eintritt,
wenn das Vorbild in Bezug auf die interessierende Dimension „slightly better“ ist (vgl.
[17], S. 264). „Slightly better“ heißt: besser, aber in einer für die vergleichende Person
erreichbaren (moderaten) Weise. Ist die Leistungshürde hingegen nicht erreichbar, so
droht eine Distanzierung von der fokussierten Dimension bzw. eine Abwertung dieser
Dimension (vgl. [24], S. 250 und [23], S. 98).
Konkrete Verhaltensreaktionen infolge sozialer Vergleiche identifiziert Tesser (vgl.
[27]). Seine Theorie der Selbstwerterhaltung basiert auf der Annahme, dass Menschen
grundsätzlich bestrebt sind, ihr Selbst in ein positives Licht zu tauchen und diese positive
Selbstwahrnehmung aufrechtzuerhalten. Als Strategien, um diesem Bedürfnis im Falle
einer Konfrontation mit besser agierenden Personen gerecht zu werden, identifiziert
Tesser drei Verhaltensmuster (vgl. [27], S. 181 und [28], S. 118): (1) Die Abwertung der
inkonsistenten Dimension, um den eigenen Status zu rechtfertigen. (2) Die aktive Dis-
tanzierung von der dissonanten Dimension. (3) Die Anpassung des eigenen Verhaltens
an die Vergleichsperson, um die Dissonanz aufzuheben. Dabei fallen verhaltensbezogene
Reaktionen umso stärker aus, je relevanter die Vergleichsdimension für das Selbst ist
(vgl. [32], S. 4f.).
Als Zwischenfazit lässt sich an dieser Stelle festhalten:

• Relevante Verhaltensvorbilder, die die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters geringfügig


übersteigen, verursachen vermutlich eine Verhaltensanpassung beim Mitarbeiter.
• Relevante Verhaltensvorbilder, die die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters in hohem
Maße übersteigen, verursachen vermutlich eine Distanzierung des Mitarbeiters.
• Im Falle weniger relevanter Verhaltensvorbilder sind schwächere Reaktionen auf-
grund eines geringeren Interesses an der Werbemaßnahme zu erwarten.
192 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

In Bezug auf den Einfluss von Werbung auf Mitarbeiter kann hieraus gefolgert wer-
den, dass ein werbliches Vorbild Mitarbeiter vermutlich genau dann zu einer Verhal-
tensanpassung motivieren kann, wenn es (1) als relevant wahrgenommen wird, und
(2) seine Leistungsfähigkeit im Auge des Beobachters ambitioniert, aber erreichbar er-
scheint.
Hieraus lässt sich als zweite Gestaltungsempfehlung für die Praxis ableiten:

Gestalten Sie Ihr Kommunikationsszenario so, dass das Werbeversprechen aus Sicht des
Mitarbeiters ambitioniert, aber einlösbar ist. Ist dies der Fall, so ist von einer inspirierenden
Wirkung des Vorbilds und von einer Anpassung des Mitarbeiterverhaltens auszugehen. Im
Falle zu starker Übertreibungen wird sich der Mitarbeiter hingegen vermutlich gegenüber
dem Kunden vom Werbeversprechen des Arbeitgebers distanzieren.

3.3 Best Practice – Intel’s Kampagne „Sponsors of Tomorrow“

Mit der Multimedia-Kampagne „Sponsors of Tomorrow“ definierte Intel 2009 den An-
spruch an exzellente Cross-Media-Kommunikation neu. Bereits kurz nach dem Launch
erzielte die Kampagne vergleichbare Erinnerungswerte wie die „Refresh Everything“-
Kampagne des B2C-Giganten Pepsi – und das aufgrund der intelligenten Integration
von sozialen Medien und klassischen Medien zu einem Drittel der Kosten. Die Kampag-
ne „I’m a PC“ von Microsoft, die bis dato als ein herausragendes Beispiel für erlebnisori-
entierte B2B-Kommunikation galt, verwies man deutlich auf die Ränge (vgl. Abb. 6).
Das Erfolgsrezept der Intel-Kreativen ist dabei relativ einfach: Um die Marke aus der
Ecke des technologiegetriebenen Komponentenlieferanten herauszuholen und emo-
tionaler und erlebnisorientierter zu positionieren, setzte man auf die Magie der eigenen
Mitarbeiter. Unter dem Motto „Your Rock Stars aren’t like Our Rock Stars“ werden
eigene Mitarbeiter in ihrem Arbeitsumfeld mit einem Augenzwinkern inszeniert und
dabei zwei zentrale Botschaften via Fernsehwerbung, vor allem aber über YouTube an
die intendierte Zielgruppe vermittelt: Intel-Mitarbeiter haben außergewöhnliche Fähig-
keiten und gestalten die Zukunft aktiv mit. Darüber hinaus sind sie aber auch ganz nor-
male Menschen mit Humor, Herz und einem gesunden Maß an Selbstironie. Menschen
und Geschichten, an die man sich gerne erinnert, wenn man sich beim Kauf eines neuen
Notebooks für Intel oder einen Wettbewerbsprozessor entscheidet, ohne seine Entschei-
dung wirklich rational begründen zu können.
Deborah Conrad, Intel Vice President and General Manager, Corporate Marketing
Group, erklärt die Ziele der Kampagne wie folgt:

„For more than 40 years Intel has been delivering tomorrow’s ‚normal‘, and our new marketing cam-
paign is a way for the world to be made aware of this fact. Our image, our brand are far too powerful to
just be a microprocessor when, in fact, the greatest strength of the Intel brand will always be what is still
to come“ ([22], S. 2).
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 193

$45
260
245

$32

$14
Peak # mentioned (per day)
45
Launch Media Spend (in Mio)

Abb. 6 Intel’s „Sponsors of Tomorrow“-Kampagne im Vergleich (Quelle: vgl. [25])

Abb. 7 Intel’s „Sponsors of Tomorrow“-Kampagne in den klassischen und in den sozialen Me-
dien (Quelle: Intel Corporation (oben) und YouTube (unten))
194 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

Intel definiert sich nicht länger als Produkthersteller, sondern als Lösungsentwickler
und Zukunftsgestalter. Es zeigt seinen Kunden, dass man weit mehr darstellt als den
Chip-Produzenten, und kommuniziert gleichzeitig an bestehende und potenzielle Mit-
arbeiter, wie man diesen Status erreicht hat und wie man den Intel-Weg zukünftig ge-
hen möchte.

4 Zusammenfassung und Ausblick

„Marketing, design, and communication produce meaning for both for consumers and for organiza-
tions and their members at one and the same time.“

In Social-Media-basierter Kommunikation stellen Testimonials ein Instrument dar, um


Markenwerte zu illustrieren und flächendeckend zu vermitteln.
Mitarbeiter stellen eine hoch involvierte Zielgruppe der Unternehmenskommunika-
tion dar. Sie nutzen die kommunizierten Inhalte, um Rückschlüsse auf die Posi-
tionierung und strategische Ausrichtung ihres Arbeitgebers zu ziehen. Ferner beeinflusst
die externe Kommunikation das Selbstkonzept der Mitarbeiter und ihre soziale Posi-
tionierung innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Schließlich wissen Mitarbeiter,
dass externe Kommunikation eine Erwartungshaltung beim Kunden erzeugt, der sie in
den persönlichen Kundeninteraktionen gerecht werden müssen. Folglich setzen sie sich
intensiv mit der Realisierbarkeit eines Markenversprechens im Arbeitsalltag auseinan-
der. Soziale Medien verstärken diesen Effekt durch ihre gute Integration in den berufli-
chen und privaten Alltag der Rezipienten.
Bisher weitestgehend unbeachtet ist die verhaltensleitende Wirkung Social-Media-
basierter Kommunikation. In der Kommunikation dargestellte Mitarbeiter haben das
Potenzial, als Verhaltensvorbilder für tatsächliche Mitarbeiter zu wirken und sie dazu zu
motivieren, sich im Sinne der Marke zu verhalten. Hierbei ist davon auszugehen, dass
leicht übertriebene Versprechen bzw. Szenarien positiv motivational wirken, zu starke
Übertreibungen hingegen demotivierend und kontraproduktiv. Im zweiten Fall drohen
ein Rückgang der Identifikation mit der Marke sowie Skepsis gegenüber dem (Marken-)
Management.
Da sich bisherige Arbeiten zum Einfluss der Social-Media-Kommunikation auf das
Mitarbeiterverhalten auf konzeptionellem Niveau bewegen, gilt es, die hier entwickelten
Thesen an der unternehmerischen Realität zu überprüfen. Es wird empfohlen, zukünfti-
ge Forschungsanstrengungen zu nutzen, um den hier entwickelten Bezugsrahmen empi-
risch zu testen. Ferner sollten sich Unternehmen Gedanken darüber machen, wie sie ihre
Ressourcen für externe Kommunikation noch effizienter einsetzen können, um zukünf-
tig extern und intern bestmögliche Effekte zu realisieren.
Die neue Freiwilligkeit – Von sozialen Medien zu sozialisierenden Medien 195

Literaturverzeichnis

1 Accenture (2005): Frauen und Vorbilder. Zwischen Mama und Marie Curie. Eine empirische Unter-
suchung unter männlichen und weiblichen Führungskräften im deutschsprachigen Raum, Mün-
chen/ Kronberg im Taunus.
2 Acito, F./Ford, J. D. (1980): How Advertising Affects Employees, in: Business Horizons, Vol. 23,
No. 1, S. 53–59.
3 Bandura, A. (1986): The Social Foundations of Thought and Action: A Social Cognitive Theory,
Englewood Cliffs, NJ.
4 Bandura, A. (2001): Social Cognitive Theory of Mass Communications, in: Bryant, J./Zillman, D.
(Hrsg.): Media Effects: Advances in Theory and Research. Hillsdale, NJ, S. 121–153.
5 Bandura, A. (2004): Social Cognitive Theory for Personal and Social Change by Enabling Media, in:
Singhal, A./Cody, E. M./Rogers, E. M./Sabido, M. (Hrsg.): Entertainment-Education and Social
Change: History Research and Practice, Mahwah, NJ, S. 75–96.
6 Bernstein M./Crosby F. (1980): An Empirical Examination of Relative Deprivation Theory, in: Jour-
nal of Experimental Psychology, Vol. 16, No. 5, S. 442–456.
7 Burrows, P. (2004), The Seed of Apple’s Innovation, Interview with Steve Jobs, in: Businessweek,
URL: http://www.businessweek.com/print/bwdaily/dnflash/oct2004/nf20041012_4018_db083.htm,
abgerufen am: 26.11.2011.
8 Corley, K. G./Cochran, P. L./Comstock, T. G. (2000): Image and the Impact of Public Affairs Mana-
gement on Internal Stakeholders, in: Journal of Public Affairs, Vol. 1, No. 1, S. 53–68.
9 Detmers, U. (2005): Interview mit Ulrike Detmers, in: Accenture (Hrsg.): Frauen und Vorbilder.
Zwischen Mama und Marie Curie. München/Kronberg im Taunus.
10 Dutton, J. E./Dukerich, J. M./Harquail, C. V. (1994): Organizational Images and Member Identifica-
tion, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 39, No. 2, S. 239–263.
11 Festinger, L. (1954a): A Theory of Social Comparison Processes, in: Human Relations, Vol. 7,
S. 117–140.
12 Festinger, L. (1954b): Motivation Leading to Social Behavior, in: Jones, M. R. (Hrsg.): Nebraska
Symposium on Motivation, Lincoln, S. 191–218.
13 Ford, A. (2010): The March to a Billion, in: TIME Magazine, December 27, 2010 – January 3, 2011.
14 George, W. R./Berry, L. L. (1981): Guidelines for the Advertising of Services, in: Business Horizons,
Vol. 24, No. 4, S. 52–56.
15 Gibbons, F. X./Benbow, C. P./Gerrard, M. (1994): From Top Dog to Bottom Half: Social Comparison
Strategies in Response to Poor Performance, in: Journal of Personality and Social Psychology,
Vol. 67, No. 4, S. 638–652.
16 Gilly, M. C./Wolfinbarger, M. F. (1998): Advertising´s Internal Audience, in: Journal of Marketing,
Vol. 62, No. 1, S. 69–88.
17 Goethals, G. R./Darley, J. M. (1977): Social Comparison Theory: An Attributional Approach, in:
Miller, R. L. (Hrsg.): Social Comparison Processes, Washington, D. C., S. 259–278.
18 Goeudevert, D. (2005): Interview mit Daniel Goeudevert, in: Accenture (Hrsg.): Frauen als Vorbil-
der. Zwischen Mama und Marie Curie, München/Kronberg im Taunus.
19 Henkel, S./Huber, F. (2005): Marke Mensch. Prominente als Marken der Medienindustrie, Wiesba-
den.
20 Henkel, S./Tomczak, T./Heitmann, M./Hermann, A. (2007): Managing brand consistent employee
behaviour: relevance and managerial control of behavioural branding, in: Journal of Product &
Brand Management, No. 16/5, S. 310–320.
21 Henkel, S./Wentzel, D./Tomczak, T. (2009): Die Rolle der Werbung in der internen Mitarbeiterfüh-
rung, Marketing – Zeitschrift für Forschung und Praxis, Vol. 31, No. 1, S. 43–56.
196 Sven Henkel, Tim Oliver Brexendorf

22 Intel (2009), Intel: Sponsors of Tomorrow? – New Global Campaign Emphasizes Intel’s Future
Focused Brand, Intel Press Release, S. 1–2.
23 Lockwood, P./Kunda, Z. (1997): Superstars and Me: Predicting the Impact of Role Models on the
Self, in: Journal of Personality and Social Psychology, Vol. 73, No. 1, S. 94–104.
24 Major, B./Testa, M./Bylsma, W. H. (1991): Responses to Upward and Downward Comparisons: The
Impact of Esteem-Relevance and Perceived Control, in: J. Suls/Wills, T A. (Hrsg.): Social Compari-
son: Contemporary Theory and Research, Hillsdale, NJ, S. 237–260.
25 Nielsen (2009): BuzzMetrics; Competitrack US.
26 Richins, M. L. (1991): Social Comparison and the Idealized Images of Advertising, in: Journal of
Consumer Research, Vol. 18, No. 1, S. 71–84.
27 Tesser, A. (1988): Toward a Self-Evaluation Maintenance Model of Social Behavior, in: Berkowitz, L.
(Hrsg.): Advances in Experimental Psychology, New York, S. 181–227.
28 Tesser, A. (1991): Emotion in Social Comparison and Reflection Processes, in: Suls, J./Wills, T. A.
(Hrsg.): Social Comparison: Contemporary Theory and Research, Hillsdale, NJ, S. 115–145.
29 UM Wave.5 (2010): The Socialisation of Brands – Social Media Tracker 2010, URL:
http://www.universalmedia.rs/sr/prez/wave5_global.pdf, abgerufen am: 26.11.2011.
30 Vough, H./Corley, K. G. (2004): Advertising and Employees: Exploring the Impact of Discrepant Ads
on Organizational Identification (Best Conference Paper), Academy of Management, S. 1–16.
31 Wentzel, D./Henkel, S./Tomczak, T. (2010): Can I Live Up to that Ad? The Impact of Implicit Theo-
ries of Ability on Service Employees’ Responses to Print Advertisements, in: Journal of Service Re-
search, Vol. 13, No. 2, S. 137–152.
32 Wicklund, R. A./Brehm, J. W. (1976): Perspectives on Cognitive Dissonance, Hillsdale.
33 Wills, T. A. (1981): Downward Comparison Principles in Social Psychology, in: Psychological Bulle-
tin, Vol. 90, No. 2, S. 245–271.
34 Wolfinbarger, M. F./Gilly, M. C. (1991): A Conceptual Model of the Impact of Advertising on Servi-
ces, in: Psychology and Marketing, Vol. 8, No. 3, S. 215–237.
35 Wolfinbarger, M. F./Gilly, M. C. (2005): How Firm Advertising Affects Employees’ Trust, Organiza-
tional Identification, and Customer Focus, in: MSI Reports, No. 05-002, No. 2, S. 20–39.
36 Wood, J. V./Michela, J. L./Giordano, C. (2000): Downward Comparison in Everyday Life: Reconci-
ling Self-Enhancement Models With the Mood-Cognition Priming Model, in: Journal of Personality
and Social Psychology, Vol. 79, No. 4, S. 563–579.
Web-Videos – Social Branding
und Performance-Optimierung
13
Carsten Kreilaus

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 198
2 Web-Videos................................................................................................................................ 198
2.1 Emotion ist der entscheidende Schlüssel zur Verbreitung von Botschaften..... 199
2.2 Der Turbo – Soziale Netze ........................................................................................ 199
2.3 Die „CHECK24 24.000 Euro Video Challenge“ .................................................... 199
2.4 Viel mehr als nur Emotion – Content mit Klasse ................................................. 201
2.5 Video Search Engine Optimization (VSEO) .......................................................... 202
3 Sind Videos also die Zukunft? ................................................................................................. 203
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 204

_______________________
Carsten Kreilaus ()
Giechstraße 39, 81249 München, Deutschland
e-mail: carsten@kreilaus.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 197


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_13, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
198 Carsten Kreilaus

„Emotionen sind der entscheidende Schlüssel zur Verbreitung von Botschaften und Web-Videos der
Turbo dafür in sozialen Netzen.“ Carsten Kreilaus

1 Einleitung

Keiner interessiert sich für sie, aber jeder nutzt sie – Online-Vergleichsportale wie
CHECK24, die bei der Suche nach den passenden Tarifen für Versicherungen, Finan-
zen, Energie, Telekommunikation und Reisen helfen, indem sie mehr Markttrans-
parenz schaffen. Denn in der Geschäftsidee selbst liegt das Problem: Vergleichsportale
sind vergleichbar, austauschbar. Namen, Inhalte und Services ähneln sich. Die Ver-
gleichsrechner, das Herzstück der Vergleichsportale, sind aus Verbrauchersicht techno-
logisch weitgehend identisch. Egal, ob man eine Kfz-Versicherung, einen günstigen
Kredit oder neuen Stromanbieter sucht – das Ergebnis ist immer eine nüchterne Liste
von Tarifen.
Um im stark wachsenden Markt der Vergleichsportale bestehen zu können, ist es ergo
zwingend notwendig, eine Marke aufzubauen und sie emotional aufzuladen, um sie so
im Denken der Zielgruppe zu verankern. Dies wird wiederum am schnellsten erreicht,
wenn man die Menschen dazu bringt, sich mit CHECK24 nicht nur im kurzen Moment
des Vergleichs auseinanderzusetzen, sondern die Marke auch sonst in den Köpfen der
Verbraucher verankert. Aber wie schafft man das? Am besten online – das verlangt ja
schon die Natur eines Online-Portals – und am besten Performance-optimierend. Aber
wie bringt man dies alles unter einen Hut?

2 Web-Videos

Alleine auf YouTube werden jeden Tag weltweit rund 3 Mrd. Online-Videos aufgerufen
und pro Minute 35 Stunden selbst produziertes Videomaterial hochgeladen. Auch in
Deutschland generieren Videos millionenfache Views. Im April 2011 haben insgesamt
44,9 Mio. Internet-User in Deutschland jeweils mindestens ein Video online betrachtet.
Das bedeutet einen Rückgang um 4,6 % gegenüber dem Vorjahr, wobei die durchschnitt-
liche Nutzungszeit je Besucher hingegen um 11,9 % auf insgesamt 19,6 Stunden stieg. Die
durchschnittliche Betrachtungszeit je Video betrug 6,3 Min. – 19,5 % mehr als 12 Monate
zuvor (vgl. [3]).
Ein Trend, der in mehrfacher Weise Marketing-Relevanz besitzt und noch weiter an
Relevanz gewinnen dürfte (vgl. [11]). Denn Videos verschmelzen Markenbildung mit
Performance. Dies und die Bedeutung der Emotionen für die Verbreitung von Botschaf-
ten untermauert auch die Studie „What makes Online Content Viral?“ von Berger und
Milkman von der Universität Pennsylvania (vgl. [2]).
Web-Videos – Social Branding und Performance-Optimierung 199

2.1 Emotion ist der entscheidende Schlüssel zur Verbreitung


von Botschaften

Videos sind multisensorisch, d. h., sie bündeln eine Vielzahl von Sinneswahrnehmun-
gen. Dadurch sind Aufmerksamkeit, Involvement und Merkfähigkeit im Gegensatz zu
eindimensionalen Inhalten deutlich erhöht. Bewegt-Bild findet schnell Zuschauer und
kann somit ebenso schnell zum Multiplikator der Marke, auch außerhalb der eigenen
Website, werden. Wenn der Inhalt der Videos dazu noch unterhaltsam und interessant
aufbereitet ist und dem Betrachter einen echten Mehrwert liefert, haben Videos das
Potenzial, viral verbreitet zu werden und so die Markenbekanntheit zu steigern und die
Marke stärker im „relevant set“ der Verbraucher zu verankern.
Eine Studie von Tomorrow Focus zeigt, dass Personen, die eine Video-Werbung ge-
sehen haben, die betreffende Marke überdurchschnittlich oft als unverwechselbar und
sympathisch beurteilen (vgl. [1]). Die Werbewirkung von Video kann somit die Werbe-
effekte klassischer Online-Werbeformen wie Banner bei Weitem übertreffen, zumal
Banner und Pop-ups immer öfter über technische Hilfsmittel blockiert werden und da-
durch die Werbebotschaft erst gar nicht beim Verbraucher ankommt. Aus diesen Grün-
den wurde das Thema „Video“ bei CHECK24 strategisch im Kommunikations-Mix
integriert mit dem Ziel, existierende Absatz- und Verkaufsprozesse zu optimieren.

2.2 Der Turbo – Soziale Netze

Ende 2010 erweiterte CHECK24 seinen bestehenden Kommunikations-Mix aus TV,


SEM, SEO und Bannering um Social Media mit Fokus auf Facebook, YouTube und
Twitter (vgl. Abb. 1). Die Herausforderung: Die User suchen auf diesen Plattformen
vornehmlich Entertainment und erwarten eine werbefreie Zone. Die Maßnahmen muss-
ten daher in der ersten Stufe vor allem unterhaltsam sein und durften nur dezente Be-
rührungspunkte mit der Welt von CHECK24 haben.

2.3 Die „CHECK24 24.000 Euro Video Challenge“

Die Idee: ein Rollentausch zwischen Werbesender und Werbeempfänger. Im Rahmen


der 24.000 Euro Video Challenge (vgl. Abb. 2) rief CHECK24 die User dazu auf, den
eigenen TV-Spot „Spendierhöschen“ umzuinterpretieren. Das Funktionsschema „Ver-
gleichen, Sparen, Spendieren“ sollte beibehalten werden und mithilfe von Redewendun-
gen und Märchen mit Geld-Bezug neu interpretiert werden. Dies führte zu einer kreati-
ven, unterhaltsamen Auseinandersetzung mit dem Markenkern von CHECK24.
200 Carsten Kreilaus

Abb. 1 Traffic für Webseiten über Aktivitäten in sozialen Netzwerken (Quelle: vgl. [10])

Abb. 2 CHECK24-Facebook-Seite mit Countdown und App zum Video-upload (Quelle: eigene
Darstellung)
Web-Videos – Social Branding und Performance-Optimierung 201

Abb. 3 Eigene Website für diese Aktion: www.spendierhoeschen.de (Quelle: eigene Darstellung)

Die Video Challenge wurde über Seeding verbreitet. Zudem wurden gezielt Film-
hochschulen angeschrieben, um die Qualität und damit die Attraktivität des Wettbe-
werbs zu erhöhen.
Für die Challenge wurden eine eigene Facebook-Fanpage, eine eigene Website
(www.spendierhoeschen.de) sowie ein Markenkanal auf YouTube aufgesetzt.
Die User hatten die Möglichkeit, die einzelnen Videos zu bewerten (vgl. Abb. 3). Aus
den Top-Videos bestimmte eine hochkarätige Jury die Gewinner. Der 1. Platz bestand aus
einem Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro (vgl. Abb. 4) und einer Ausstrahlung zur Prime
Time, direkt vor dem Samstagabend-Film auf Pro7. Durch diese Rückführung in einen
klassischen Kanal konnte die Reichweite noch einmal signifikant gesteigert werden.

2.4 Viel mehr als nur Emotion – Content mit Klasse

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Denn seit dem letzten großen Google-Up-
date (Panda/Farmer) werden Websites im Index bevorzugt, auf denen sich Nutzer lange
aufhalten (vgl. [9]). Durch relevante Videos kann die Verweildauer auf der Website
deutlich gesteigert werden.
Zudem hat ein Video auch Vorteile im Hinblick auf die Ergebnisdarstellung von
Google-Suchen. Normalerweise nehmen Google-Sucher nur die ersten Treffer am lin-
202 Carsten Kreilaus

Abb. 4 TV-Bildschirm des Gewinnervideos der „24.000 Euro Video Challenge“ (Quelle: eigene
Darstellung)

ken oberen Seitenrand wahr. Über die Vorschaubilder der Videos in der „Universal
Search“ können aber auch untere Platzierungen Aufmerksamkeit generieren und damit
geklickt werden. Und mit Google lässt sich nicht nur nach Bildern und Websites su-
chen. Es gibt auch eine eigene Videosuchmaschine, mit der User gezielt nach Bewegt-
Bildern suchen können.
Daher sollte eine gut geführte Webpräsenz nicht nur über Texte und Bilder verfügen,
sondern auch über Video-Content.

2.5 Video Search Engine Optimization (VSEO)

Ein Unternehmen kann also, wie oben dargelegt, über Videos gezielt die Suchmaschi-
nenplatzierung verbessern. Dazu müssen die Videos für Google optimiert werden. Bei
der Video-Optimierung müssen vor allem der Titel, die Beschreibung sowie die Tags der
Videos möglichst viele relevante Keywords enthalten, mit denen der Internet-User bei
Google in der Regel nach den entsprechenden Produkten oder Dienstleistungen sucht.
Wer hier frühzeitig branchenrelevante Keywords belegt, kann sich dauerhaft die Top-
Plätze bei Google und somit einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten. „If your competition
has a video and you don’t, the competition wins. So I think we’re going to see video on
almost every site that at least wants to rank“ ([4], zit. nach [8]). Um die Relevanz von
Videos für Google zu erhöhen, ist es ratsam, von möglichst vielen Kanälen auf das Onli-
ne-Video zu verlinken.
Web-Videos – Social Branding und Performance-Optimierung 203

Der „Hintergrund“ kann noch so gut aufgebaut sein. Geklickt wird erst, wenn die Vi-
deo-Vorschau neugierig auf den Inhalt macht. Die Klickrate kann entsprechend über die
originelle Bildsprache signifikant gesteigert werden. Der positive Nebeneffekt: Je öfter
die Video-Suchtreffer geklickt werden, desto relevanter für Google und desto höher die
Gewichtung bei künftigen Suchanfragen (vgl. [6]).
Die Videos müssen auf der eigenen Website gehostet werden, wenn die potenziellen
Nutzer direkt auf der eigenen Website landen sollen. Dazu sollte eine Video-Sitemap
angelegt werden, in der steht, auf welchen Seiten der Website Videos zu finden sind.
Im Zuge der Suchmaschinenoptimierung müssen sich Web-Videos dem Vergleich
mit SEO-Texten stellen. SEO-optimierte Texte sind als Standard sehr kostengünstig zu
bekommen. Die Kosten für Videos sind im Vergleich auf den ersten Blick höher. Das
Einsatzgebiet von Videos gegenüber Texten ist jedoch um ein Vielfaches größer. Mit
einem SEO-Text kann man versuchen, ein Keyword zu belegen. Mit einem Video kann
man dank unterschiedlicher Platzierungen im Web zehn oder mehr Keywords beset-
zen. Videos unterliegen zudem nicht der Duplicate-Content-Problematik. Gleichwohl
stehen Videos im Wettbewerb mit den SEO-optimierten Texten. Unternehmen müssen
daher kreative Wege finden, wie Videos kostengünstig erstellt werden können. Ein
möglicher Weg besteht darin, Videos über Social-Media-Kampagnen, wie beispielswei-
se der CHECK24 Video Challenge, zu generieren oder aber Ratgeber-Videos in klassi-
scher Fernsehstudio-Optik zu erstellen.
CHECK24 hat zum Zeitpunkt der Textverfassung erste Ratgeber-Produktvideos im
Test. Das Ziel: das CHECK24 Web-TV mit Ratgeber-Videos zur Umsatzsteigerung.
CHECK24 konzipiert dazu ein virtuelles Studio als 3D-Modell, in dem Markenelemente
mit Wiedererkennungswert integriert werden.
Die Videos werden vor einem BlueScreen gedreht und im Anschluss in das virtuelle
CHECK24-Studio eingebunden (vgl. Abb. 5). Des Weiteren lassen sich die Sendungen
durch zusätzliches Bildmaterial auf virtuellen Screens im Studio unterstützen. Denkbar in
diesem Format sind Ratgeber, Infos über neue Produkte/Dienstleistungen oder aktuelle
Neuigkeiten rund um CHECK24. Die Videos werden auf der eigenen Webpräsenz und
über die CHECK24-Social-Media-Kanäle sowie die einschlägigen Video-Plattformen im
o. g. Sinne gestreut. Auch die themenrelevante Platzierung in Blogs und Foren ist geplant.

3 Sind Videos also die Zukunft?

Video ist eines der am stärksten wachsenden Internet-Inhalte. Dr. Horst Joepen, CEO
von Searchmetrics, bringt es auf den Punkt: „It makes sense for marketers to increase the
volume of video and image content they’re creating and to optimize it both on their own
sites and on third party sites such as YouTube and Flickr“ (zit. nach [12]).
Die Informationsbeschaffung über das Internet unterliegt dabei einem permanenten
Wandel. Der Suchende passt sich den technischen Möglichkeiten an und umgekehrt. Die
204 Carsten Kreilaus

Abb. 5 Web-TV, Entwurf UPTOWN Media, München (Quelle: eigene Darstellung)

einfachste Art der Informationsgewinnung sind die audiovisuellen Medien. Besonders


im Bereich kurzer Aufmerksamkeitsspannen von ein bis zwei Minuten ist diese Art der
Informationspräsentation die favorisierte und wird mittelfristig Textinhalte überholen.
Lesen kommt aus der Mode (vgl. [7]). YouTube erwägt aktuell das Einrichten von virtu-
ellen TV-Kanälen und fördert damit die weitere Verschmelzung von klassischem Web,
mobilem Netzzugang und TV. Geschuldet ist dies nicht zuletzt dem sich ändernden
Suchverhalten. Videos sind daher ein probates Mittel, um eine Marke zu inszenieren,
aber auch bei den Suchmaschinen richtig zu platzieren. Oder um es mit David Ogilvys
Worten auf den Punkt zu bringen: „Werbung muss verkaufen.“ So auch Web-Videos
(vgl. [5]).
Fazit: Eine Website kommt zukünftig nicht mehr ohne Video-Inhalte aus, ebenso
wenig wie der Kommunikations-Mix eines Unternehmens.

Literaturverzeichnis

1 Abraham, L. (2011): Die 10 wichtigsten comScore-Ergebnisse – Markenbildung in der digitalen


Welt, URL: http://www.tomorrow-focus.de/unternehmen/artikel/die-10-wichtigsten-comscore-
ergebnisse-ein-essay-von-linda-abraham-markenbildung-in-der-digitalen-welt_aid_608.html, abge-
rufen am: 17.09.2011.
2 Berger, J./Milkman, K. (2011): What makes Online Content Viral?, Universität Pennsylvania.
3 Block, B. (2011): In Deutschland steigt der Online-Video Konsum pro Person weiter stark an, URL:
http://www.comscore.com/ger/Press_Events/Press_Releases/2011/6/Time_Spent_Watching_Online
_Video_per_Person_on_the_up_in_Germany, abgerufen am: 03.09.2011.
Web-Videos – Social Branding und Performance-Optimierung 205

4 Clay, B. (2011): Video Has Changed The Search Results Forever, URL: http://www.youtube.com/
watch?v=iYR9nj-vkAI, abgerufen am: 12.12.2011.
5 Meixner, S. (2010): Internet World Business, Heft 18/10, S. 32–33.
6 Meixner, S. (2011): Internet World Business, Heft 16/11, S. 24–26.
7 National Endowment for the Arts (2007): To read or Not to Read – A Question of National Cone-
quence.
8 Robertson, M. R.(2011): Video at SMX about how video has impacted search results, Bruce Clay,
President of Bruce Clay Inc., SEO company, URL: http://www.reelseo.com/video-changed-search-
results/, abgerufen am: 03.09.2011.
9 Roggio, A. (2011): 4 Ways Video Can Drive Traffic and Conversions, URL:
http://www.practicalecommerce.com/articles/2845-4-Ways-Video-Can-Drive-Traffic-and-
Conversions, abgerufen am: 03.09.2011.
10 Textprovider (2011): Infografik: Videopille, URL: http://www.textprovider.de/leistungen/
videoproduktion/infografik-traffic-uber-videos-generieren, abgerufen am: 03.09.2011.
11 Von der Haar, S. (2010): Interactive Media Strategies: Growing Momentum in Video use on Corpo-
rate Web Sites: 2010. Quantifying Extent of Use of Online Video for External Business Communica-
tions.
12 Young, R. D. (2011): Universal Search: Which Formats Dominate in Google’s Results?, URL:
http://searchenginewatch.com/article/2099640/Universal-Search-Which-Formats-Dominate-in-
Googles-Results-Study, abgerufen am: 11.09.2011.
Teil C
Branchenspezifisches Social Branding
Die Markenführung von MasterCard®
im Zeitalter der digitalen Evolution 14
Dagmar Nedbal

Inhaltsverzeichnis

1 Das digitale Umfeld als Chance und Herausforderung an die Markenwelt ..................... 210
2 Das MasterCard® Geschäftsmodell im digitalen Kontext .................................................... 212
3 Social Branding bei MasterCard® ............................................................................................ 214
4 Integration von Social Media in den Marketing-Mix von MasterCard® ........................... 217
5 Potenzial und Zukunftsaussichten von Social Branding für MasterCard® ....................... 221
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 222

_______________________
Dagmar Nedbal ()
MasterCard Europe, Unterschweinstiege 10, 60549 Frankfurt am Main, Deutschland
e-mail: dagmar_nedbal@mastercard.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 209


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_14, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
210 Dagmar Nedbal

„Social Media stellen die Weichen für eine neue und aktivere Kommunikation von Finanzdienstleistern
und werden so zum integralen Bestandteil einer für den Verbraucher transparenten und glaub-
würdigen Markenführung.“ Dagmar Nedbal

1 Das digitale Umfeld als Chance und Herausforderung


an die Markenwelt

Social Media sind heutzutage in aller Munde. Jeder Zweite ist in Deutschland Mitglied in
digitalen Netzwerken – und das nicht nur in einem, sondern durchschnittlich gleich in
2,4. Marktführer ist Facebook mit 20 Mio. Nutzern allein in Deutschland (vgl. [1], [2]).
Fast täglich sprießen neue Shopping- und Bewertungsportale sowie Community-Platt-
formen aus dem Boden. Damit geht eine Revolution der gesamten Kommunikation ein-
her. Ein Markenmanagement, das ausgewählte Social-Media-Bausteine nicht berück-
sichtigt und integriert, ist nicht mehr denkbar. Und dabei stehen wir in Deutschland mit
dieser Entwicklung im internationalen Vergleich erst am Anfang. Fraglich ist, ob alle
Marken und vor allem Marken aus dem Finanzbereich das Potenzial für die für Social
Media charakteristische intensive Kundeninteraktion bieten und was Unternehmen
hierbei berücksichtigen müssen.
Am Beispiel der Community-Plattformen wird deutlich, dass es einige aus der analo-
gen Welt vertraute Bereiche gibt, die sich mühelos in die digitale Welt übertragen lassen.
Beispielsweise profitiert die Lebensmittel- und Konsumgüterindustrie von den jahrelang
aufgebauten Test- und Mitmachaktionen, bei denen die Hemmschwelle, seine Meinung
Freunden oder Fremden mitzuteilen, erfahrungsgemäß niedrig ist (vgl. [3]). Zusätzlich
erleichtert die Tatsache, dass es sich hier um Verbrauchs- und Genussartikel des tägli-
chen Bedarfs handelt, den Transfer ins digitale Zeitalter.
Fragt man sich, was Konsumenten wirklich wollen, wenn sie in den Social Media un-
terwegs sind, lässt sich schnell ein gemeinsamer Nenner im Suchverhalten finden: Inter-
netnutzer suchen in der Regel nach Themen oder Produkten, weniger nach Marken (vgl.
[4]). Erst das Angebot von Rewards, Rabatten und Coupons aktiviert die Nutzer, sich
mit einer Marke auseinanderzusetzen. Die Begeisterung für und die hohe Interaktion bei
Loyalitätsangeboten ist meist branchenabhängig: Die Industriezweige Lebensmittel,
Touristik, Gastronomie, Bekleidung und Automobil schneiden in der Verbraucherbe-
wertung positiv ab. Loyalitätsprogramme in Branchen wie Finanzdienstleistungen und
Telekommunikation oder in vergleichbaren Bereichen, die auf einer vertraglichen Kun-
denbeziehung basieren, bewerten nur noch 27 % der Verbraucher positiv (vgl. [5]).
Trotz allgemeiner Begeisterung ist der deutsche Internetnutzer eher ein passiver und
weniger ein aktiver Social-Media-Nutzer. Mit nur 44 % sind die aktiven Social-Media-
Nutzer, die selbst Blogs oder eigene Beiträge schreiben und Videos hochladen, im Ver-
gleich zu den 56 % passiven Nutzern wenig präsent (vgl. [6]).
Ausschlaggebend für den Erfolg einer Social-Media-Kampagne ist die Art und Weise
der Kommunikation und die Frage, inwiefern es sich um einen wahren Dialog, ein ech-
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 211

tes Commitment zu einer Botschaft oder eher um eine versteckte Push-Maßnahme mit
Informationen handelt. Das erfordert eindeutig ein Abwenden von der althergebrachten
einseitigen Kommunikation, bei der Unternehmen ein Angebot aussprechen und die
Verbraucher gemäß dem Motto „you take, you listen“ darauf lediglich reagieren. Inner-
halb dieser neuen Kommunikation ist der Wunsch der Verbraucher nach Ehrlichkeit,
Transparenz und Glaubwürdigkeit zu respektieren und zu erfüllen. Marken, die nicht
nach den Regeln des Social Web kommunizieren, geraten schnell ins Straucheln.

Konsequenzen des deutschen Nutzerverhaltens für Finanzdienstleistungen


Nicht ohne Grund sind kaum Unternehmen aus dem Bereich Finanzdienstleistungen
mit einer eigenen Fanseite auf Facebook vertreten. Wenn überhaupt, dann haben Fi-
nanzunternehmen im Vergleich etwa zu den großen Sportartikel- und Fast-Moving-
Consumer-Goods-Marken niedrige Fanzahlen und fallen eher durch Werbung bei Face-
book & Co. auf als durch eigene Fanseiten. Das ist nicht verwunderlich, wenn man sich
die Verhaltensweisen der deutschen Verbraucher vor Augen hält. Noch immer gilt in
Deutschland die Maxime: Über Geld spricht man nicht. Und für Verbraucher sind Fi-
nanzen nun mal nicht sexy. Durch die Finanzkrise geschürt, begegnen Konsumenten
den Empfehlungen zu Finanz- und Anlagemöglichkeiten mit Misstrauen. Konsumenten
wählen die Gesprächspartner für ihre Entscheidungsfindung mit Vorsicht aus. Sie hin-
terfragen die Kommunikation der Finanzbranche und suchen eine Verifizierung durch
persönlich nahestehende Berater. Familienmitglieder rangieren deshalb hier auf dem
ersten Platz mit der größten Glaubwürdigkeit (vgl. [7]). Es ist daher nicht verwunderlich,
dass der Konsument in Online-Studien unter seinen Produktinteressen selten Finanz-
produkte nennt (vgl. [3]). Verbraucher denken bei Finanzdienstleistungen schnell an
komplexe Produkte, für die sie Kaufentscheidungen gut überlegt und auf Basis vorange-
gangener Recherche und Informationssuche in Testberichten und neutralen Finanzrat-
gebern fällen.
Die Finanzindustrie steht der Herausforderung gegenüber, eine Verbindung mit den
Nutzern aufzubauen, und das mit einem Produktportfolio, das in den Augen der Nutzer
eher abstrakt ist. Der Informationsvorsprung und das Erweitern eigener Kenntnisse sind
die Hauptmotivatoren der Konsumenten, einer Marken-Community beizutreten (vgl.
[6]). Dabei wollen die Nutzer Spaß erleben und die Chance haben, kostenlose Produkt-
proben oder Werbegeschenke zu erhalten – beides Motivatoren, die die Finanzindustrie
in dieser Form nicht einfach bedienen kann und somit um andere Anreize wie Gewinn-
spiele oder Mehrwertangebote ergänzen muss.
Der Großteil der global tätigen Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen hat
heute noch immer keinen nennenswerten Social-Media-Auftritt vorzuweisen (vgl. [8]).
Noch zu oft verfallen die Banken der tradierten Push-Kommunikation zum Kunden und
versäumen, einen aktiven Dialog mit ihm aufzubauen. Viele Unternehmen befinden sich
noch in der Testphase und erforschen den Effekt verschiedener Social-Media-Module.
Als deutsche Vorreiter beim Einsatz von Social Media sind die Deutsche Bank und die
Sparkassen zu nennen. Sie intensivieren ihre Aktivitäten in diesem Bereich, wie die ak-
212 Dagmar Nedbal

tuelle „Giro sucht Hero“-Kampagne der Sparkassen auf Facebook und YouTube beweist,
und bieten eigene Fanseiten auf Facebook an (vgl. [9]). Die Finanzwelt hat durchaus
verstanden, dass es ohne Social Media nicht geht. Denn gerade der mit der Finanzkrise
einhergehende Vertrauensverlust in diese Branche generiert einen wachsenden Informa-
tions- und Interaktionsbedarf. Facebook stellt hierfür nicht das maßgebliche Medium
dar, aber eine sinnvolle Ergänzung innerhalb der Social-Media-Kommunikation.

2 Das MasterCard® Geschäftsmodell im digitalen Kontext

Wie geht MasterCard mit den Entwicklungen im digitalen Bereich um, und wie stellt sich
das Unternehmen den gewachsenen Anforderungen der Konsumenten? MasterCard
gehört weltweit zu den führenden Anbietern von Zahlungsverkehrsdienstleistungen und
trägt dazu bei, den Alltag einfacher und effizienter zu gestalten. Als Franchisegeber,
Prozessor und Berater im Zahlungsverkehr ist MasterCard eine entscheidende Schnitt-
stelle zwischen Banken, Unternehmen, Händlern sowie Karteninhabern und vereinfacht
den Handel weltweit. Diese Konstellation wird auch als Vier-Parteien-Modell bezeich-
net.
Was viele nicht wissen, ist, dass die Marke als Franchisegut an Banken und Sparkas-
sen als kartenausgebende Institute lizenziert wird. Letztere gestalten aus verschiedenen
Produktmerkmalen ihre eigenen Klassik-, Gold- oder Platinumprodukte und können
sich so gegenüber dem Wettbewerb differenzieren. Deshalb gibt es eine Vielzahl von
ähnlichen, aber selten identischen MasterCard Produkten.
Innovationen haben bei MasterCard einen hohen Stellenwert. MasterCard lanciert
diese in Form neuer Produkte, Technologien oder Prozesse über seine Geschäftspartner
im Markt. Damit der Verbraucher ein Erfolgserlebnis beim Einsatz seiner Karte erfährt,
bedarf es der Akzeptanz eines Händlers. MasterCard arbeitet deshalb eng mit den Händ-
lern sowie deren Banken zusammen, um zu gewährleisten, dass die für einen reibungslo-
sen Ablauf beim Bezahlen erforderliche Infrastruktur gegeben ist.
Das Vier-Parteien-Modell birgt viele Vorteile, stellt aber auch große Herausforderun-
gen an die Markenkommunikation der Marke MasterCard. Sie erfordert im Vergleich zu
anderen Branchen wie der Lebensmittelindustrie einen anderen Umgang beim Einsatz
der verschiedenen Social-Media-Module, zum Beispiel im Rahmen des zunehmend von
Marken genutzten Crowdsourcings, bei dem Konsumenten aktiv in die Produktentwick-
lung eingebunden werden. Das A und O einer solchen Maßnahme ist ein kontinuier-
liches Feedback an die Community über den Entwicklungsstand und -prozess des Pro-
dukts und letztendlich das aktive Angebot des Produkts der Wahl am Markt. Für
MasterCard bedeutet dies mit zunehmend final gestaltetem Produkt die Suche nach
einem geeigneten Kartenherausgeber, zu dessen Positionierung das neue Produkt passt.
Deutlich einfacher ist es, wenn ein Unternehmen die Produkte selbst produziert und
vertreibt und somit die Wertschöpfungskette bis zum Point of Sale kontrolliert.
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 213

Abb. 1 Das Vier-Parteien-Modell im Kreditkartengeschäft (Quelle: MasterCard)

Bei der Markenkommunikation von MasterCard spielen neben dem eigenen Media-
Mix im digitalen Bereich auch die Kommunikationsaktivitäten der kartenausgebenden
Institute eine wichtige Rolle. Da in der Kommunikation das Produkt gezeigt wird, findet
sich eine Vielzahl unterschiedlicher Werbeformate der Kreditinstitute, in denen die
MasterCard Karte abgebildet und in den jeweiligen Kontext der Werbebotschaft des
Partners integriert wird. Dies ist von großem Vorteil, birgt aber unter Markenführungs-
aspekten auch Gefahren, sobald ein Kundenprodukt ganz anders positioniert wird als die
Marke MasterCard. Im digitalen Netz werden diese Aktivitäten augenfälliger und über
Suchmaschinen oft plakativ nebeneinander gestellt. Die ursprüngliche Markenbotschaft
kann so schnell an Aussagekraft verlieren. MasterCard setzt daher weniger auf Produkt-
kommunikation, sondern auf eine stringente und fokussierte Markenkommunikation
und stellt den Verbraucher ganz klar in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten. In der Mar-
kenwerbung stehen integrierte Kampagnen mit intelligentem Zielgruppenmanagement
im Vordergrund, die sich auf die Verankerung der Marke im sogenannten Evoked Set
der Verbraucher konzentrieren – unabhängig davon, ob diese bereits Karteninhaber sind
oder nicht.
Eine Kreditkarte gehört zu der Kategorie der Gebrauchsgüter und steht somit nicht
wie ein klassisches Konsumgut auf der täglichen Einkaufsliste der Verbraucher. Sie zählt
214 Dagmar Nedbal

daher heute noch immer eher zu den „low involvement“-Produkten wie Versicherungen
und andere Finanzdienstleistungen. MasterCard hat sich zum Ziel gesetzt, mit seinen
Produkten und Marken für den Verbraucher begehrlich und involvierend zu sein. Hier-
für baut MasterCard seine Social-Media-Aktivitäten behutsam und in mehreren Phasen
aus. Es gilt, dem Verbraucher eine thematische Relevanz und der Marke eine Plattform
zu bieten, um Kundenbindung zu generieren, sich effizient zu vermarkten und die Nach-
frage nach neuen Produkten als Consumer Pull zu wecken. Dafür müssen sich die Marke
und das Unternehmen MasterCard zuerst anders als bisher aufstellen. Eine solche Stra-
tegie betrifft das ganze Unternehmen und muss über Ländergrenzen hinweg kongruent
sein. Dennoch muss der globale Markenauftritt Freiräume lassen, um regionale Beweg-
gründe für die Nutzung sozialer Netzwerke und Plattformen adressieren zu können.

3 Social Branding bei MasterCard®

MasterCard unterscheidet in seinen Social-Marketing-Aktivitäten zwischen der Mar-


ken- und der Unternehmenskommunikation. Die Unternehmenskommunikation be-
fasst sich mit Themen aus den Bereichen Customer Social Responsibility, Verbraucher-
information und Missbrauchsprävention. Neben der klassischen PR-Kommunikation
in Print, Radio und Interviews stellen Twitter und Blogs die Kernmedien dar. Da in
Deutschland Twitter und Blogs noch recht wenig genutzt werden, bietet MasterCard
globale URLs wie www.twitter.com/mastercardnews, in die lokale und globale Themen
einfließen (vgl. [10]).
Während Tonalität und Inhalte der Unternehmenskommunikation eher sachlich
sind, steht bei der globalen und lokalen Markenkommunikation die emotionale Mar-
kenbindung im Fokus. MasterCard ist die einzige Marke weltweit, die seit mehr als
14 Jahren kontinuierlich auf eine Einzelmarkenkampagne in einem Kommunikations-
format setzt und dieses als eindeutigen Unique Selling Proposition und Marken-Dif-
ferentiator etabliert hat. Das MasterCard „Priceless“- oder auch „Unbezahlbar“-Format
erschließt sich als Konsequenz aus dem Markenclaim „Es gibt Dinge, die kann man
nicht kaufen, für alles andere gibt es MasterCard“ und kommt in mehr als 110 Ländern
und 51 Sprachen zum Einsatz. Der Markenclaim beinhaltet Attribute wie Vertrauen,
Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit, was gerade im Kontext Finanzen enorme Zugkraft
beweist. So kann auch ein Großteil der Verbraucher den Markenclaim frei zitieren – und
das, obwohl er nicht gerade kurz ist. Die Ergänzung des Claims um ein unbezahlbares
Gefühl oder einen unbezahlbaren, emotionalen Moment hat sich bewährt. Auf diese
Weise ist es gelungen, die Marke auf eine Ebene zu heben, auf der MasterCard mit den
Verbrauchern zusätzlich zu den sachlichen Finanzthemen kommunizieren kann. Master-
Card wirkt dadurch authentisch und real.
Dies lässt sich am Beispiel zweier Themenfelder auf Facebook veranschaulichen. Mas-
terCard bietet als jahrelanger Sponsor des Sports wie der PGA beim Golf oder der UEFA
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 215

Champions League beim Fußball seinen Nutzern und Kunden eine digitale Plattform
und berücksichtigt hierbei, was für Mitglieder digitaler sozialer Netzwerke von Belang
ist, um sich an Marken-Communities zu beteiligen: das Gefühl, etwas zu unterstützen,
das ihnen gefällt, und mit etwas verbunden zu sein (vgl. [6]). So kann über populäre
Sportarten eine Markenbindung an MasterCard erreicht werden. Auf der MasterCard
Fanseite erfahren die Besucher deshalb in der Knock-out-Phase der UEFA Champions
League Neuigkeiten zu Spielen und Sportlern, können an Gewinnspielen teilnehmen
und Mehrwertangebote mit für sie relevantem Inhalt nutzen.
Zugleich spricht MasterCard auf Facebook im Rahmen seiner Customer-Social-Re-
sponsibility-Aktivitäten das soziale Verantwortungsgefühl und die Empathie der Nutzer
an. Auf der Plattform „Every Moment is priceless – Let’s celebrate each of them. Stand
up to cancer.“ offeriert MasterCard den Mitgliedern die Möglichkeit, sich ohne Eigen-
investition sozial zu engagieren. Dort können Nutzer Fotos von eigenen „unbezahlbaren
Momenten“ hochladen und von anderen Nutzern über den „Like“-Button bewerten las-
sen. Für jedes „Like“ spendet MasterCard einen US-Dollar an eine Krebsstiftung. Auf
diese Art und Weise kann der Verbraucher anderen durch eigenes Verhalten etwas Gu-
tes tun (vgl. [10]).

Verbraucher-Typologien als Basis eines schlüssigen Social-Media-Konzepts


Um den Verbraucher emotional an die Marke MasterCard zu binden, bedarf es einer
genauen Zielgruppenbetrachtung. So lassen sich die relevanten Segmente besser mit den
für sie attraktiven Themen ansprechen. Eine einfache Übertragung der klassischen Defi-
nition der Media-Zielgruppe von MasterCard unter demografischen Gesichtspunkten
auf die Social-Media-Zielgruppe ist nicht empfehlenswert, da die unterschiedlichen Be-
dürfnisse und Sub-Zielgruppen mit ihren jeweils eigenen Verhaltensweisen berück-
sichtigt werden sollten. Zielführender ist die Bildung von Zielgruppen, basierend auf
ihren Verhaltensmustern (Behavioral Targeting).
Eine solche Kategorisierung von Social-Media-Nutzertypen berücksichtigt dabei we-
niger soziodemografische Daten als Nutzungsmotivationen und Nutzungsintensität. So
lassen sich Nutzungsmuster ablesen, die vom „Digitalen Dandy“ – dem allseits vernetz-
ten aktiv produzierenden Social-Media-Nutzer – über die „Kuschel Connectors“, die
hauptsächlich ihr enges privates Beziehungsnetz mithilfe der Social Media pflegen, bis
hin zum „Virtuellen Visitenkartensammler“ und „Zaudernden Zaungast“ reichen (vgl.
[6]). Diese Typen sind in der deutschen Social-Media-Landschaft in unterschiedlichem
Maße vertreten. Eine fundierte, an den jeweiligen Markt angepasste Social-Media-
Strategie muss diesen Sachverhalt berücksichtigen.
Da „Digitale Dandys“ aus intrinsischer Motivation heraus Inhalte produzieren und
mit anderen teilen, kann es durchaus sinnvoll sein, diese anzusprechen, auch wenn sie
nicht unbedingt in die Mediazielgruppe passen sollten. Sie sind für eine Marke beson-
ders wertvoll, weil sie dem eher passiven Social-Media-Nutzer selbst generierten Inhalt
zum Anschauen bieten, sodass dessen Aufmerksamkeit auf die Marke gelenkt wird (vgl.
[6]). Erst die einfache Interaktion mit den Inhalten der „Digitalen Dandys“ in Kombina-
216 Dagmar Nedbal

Abb. 2 Verbraucher-Typologien (Quelle: [6])

tion mit exklusiven und leicht zugänglichen Anreizen und Mehrwerten macht den Soci-
al-Media-Auftritt für die breite Masse an Mitmachern und Zaungästen interessant. Das
Ergebnis ist eine positive Resonanz und Wahrnehmung der Marke.
Die Einstellung des Verbrauchers in Sachen Finanzen wird, wie eingangs erwähnt,
stark vom vertrauten Umfeld beeinflusst. Daneben haben sich aber gerade durch die
sozialen Netzwerke und das Social Web einflussreiche Multiplikatoren entwickelt. So-
bald man diese identifiziert hat, kann die Kommunikation so gestaltet werden, dass die
Multiplikatoren aktiviert werden. Es handelt sich hierbei meist um Personen mit höhe-
rem Einkommen, die in leitender Position tätig sind, eine hohe Bereitschaft zum Geldan-
legen aufweisen und in Finanzfragen versiert sind. Es sind Meinungsführer, die nicht
nur in der Familie, sondern auch im Zusammensein mit Freunden und Kollegen über
ihre Erfahrungen berichten und zunehmend als Ratgeber gefragt sind (vgl. [7]). Sie sind
häufig in Verbraucherforen zu finden, die gerade in Deutschland eine besondere Rele-
vanz für den Verbraucher und seine Entscheidungsfindung im Kaufprozess besitzen
(vgl. [11], [12]). Für den Finanzsektor und den Dienstleistungsbereich sind Foren ein
zentraler Bestandteil von Social Media. Selbst bei abstrakten Produkten, bei denen Ver-
braucher erst Basisinformationen über das Finanzinstitut und Testberichte einholen, die
Optionen mit der Familie erörtern und priorisieren, dienen Foren zur Bestätigung von
bereits recherchierten Informationen. Beinahe jeder zweite Verbraucher informiert sich
vor dem Einkauf von Produkten in Online-Foren, und gerade hochwertige Produkte
werden erst nach vorheriger Recherche auf Bewertungsportalen gekauft (vgl. [13]).
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 217

Um die große Bedeutung der Verbraucherforen in Deutschland zu verstehen, hilft ein


Blick auf das Verhalten deutscher Verbraucher im Umgang mit sozialen Medien. Nur
ein Bruchteil der Konsumenten ist für Markeninteraktion bereit. Die sozialen Plattfor-
men dienen in erster Linie der Pflege persönlicher Beziehungen; die Mehrzahl der Kon-
sumenten schaut zu. Da durch Suchmaschinendienste alles komprimiert nachvollziehbar
und darstellbar wird, kann von einer wesentlich höheren passiven Reichweite ausgegan-
gen werden, als sie bei einer aktiven Interaktion mit Fans generiert wird.

4 Integration von Social Media in den Marketing-Mix


von MasterCard®

MasterCard befindet sich, was Social Media angeht, noch in der Anfangsphase. Für Mas-
terCard sind aber auch nicht alle Social-Media-Kanäle gleichermaßen sinnvoll – es
kommt vielmehr auf einen ausgeklügelten und effektiven Medien-Mix an. Digitale sozia-
le Netzwerke und Social Media bieten die Chance, in kürzester Zeit Marken und Pro-
dukte nachhaltig bekannt zu machen und im Gedächtnis der Verbraucher zu verankern.
Wichtiger Bestandteil einer Social-Media-Strategie ist das Erkennen der Verbraucher-
bedürfnisse und der Voraussetzungen für die kreative Beteiligung der Verbraucher.
Daher ist es ratsam, einige Testmechanismen der Zielgruppen im Social Web einzuset-
zen, bevor die erarbeitete Social-Media-Strategie vollständig umgesetzt wird.
MasterCard spricht in seinen Kampagnen Kernbedürfnisse der Verbraucher nach
Vereinfachung und Handlungsfähigkeit an. Im Marketing geht es darum zu zeigen, dass
MasterCard den Verbrauchern das Leben etwas einfacher macht und sie dank Master-
Card ihre Ideen schneller und unkomplizierter verwirklichen können. Dabei wird immer
verdeutlicht, dass der Verbraucher nicht zu verschwenderischem Konsum verleitet wer-
den soll oder dazu, über seine Verhältnisse zu leben.
In den aktuellen Kampagnen verbindet MasterCard die virtuelle mit der realen Welt.
Kern der Kampagnen ist jeweils ein Dankeschön an den Karteninhaber für seine Loyali-
tät und tägliche Entscheidung, die MasterCard Karte als Zahlungsmittel zu nutzen. Mit
einem Dankeschön reagiert man auf das Verbraucherverhalten, stellt den Verbraucher
auf Augenhöhe mit der Marke und gibt ihm ein positives Feedback auf sein Verhalten.
Für die Auswahl des richtigen Dankeschöns, das die erforderliche Relevanz und Attrak-
tivität für den Verbraucher sowie eine für die Marke adäquate Wertigkeit aufweist, wird
analysiert, welche Interessengebiete die größten Begehrlichkeiten wecken. Ein dominan-
ter Bereich aus dem Unterhaltungssektor sind Videos und Filme. Die Verbraucher
schauen am liebsten Filme, die sie entweder direkt aus dem Netz herunterladen oder
online bestellen. Auch die Zugriffe auf YouTube belegen das intensive Interesse an der
Online-Videonutzung. YouTube dominiert bei allen relevanten Kennzahlen wie Besu-
cherzahlen, Nettoreichweite und Verweildauer, wenn es um witzige, humorvolle Video-
218 Dagmar Nedbal

clips, Musikvideos, Filmtrailer und Nachrichten geht (vgl. [6]). In einer der jüngsten
Kampagnen von MasterCard erhielt der MasterCard Karteninhaber deshalb jedes Mal,
wenn er mit der MasterCard Karte online bezahlt hatte, ein Dankeschön in Gestalt eines
Videofilms, den er mit Freunden oder mit der Familie selbst anschauen oder sogar an
Freunde weiterverschenken konnte und so ein emotionales Erlebnis hatte. Die große
Filmauswahl bei dem Kooperationspartner Videobuster stellte dabei sicher, dass jeder
Karteninhaber einen Film von persönlicher Relevanz auswählen konnte.
Diese Aktion wurde durch eine neue TV-Kampagne bekannt gemacht, die die Vortei-
le und Annehmlichkeiten des Zusammenspiels von virtueller und realer Welt plakativ
visualisierte. Anzeigenwerbung, klassisches Online-Marketing und eine hochwertige
Landing Page rundeten die Kommunikation ab.
Integrierte Social-Media-Komponenten wie Verbraucherforen, Newsletter-Marketing
und Empfehlungsfunktionen ergänzen die der klassischen Kommunikation. Hier geht es
darum, digital Interesse beim Verbraucher zu wecken und emotional im realen Leben zu
überzeugen.
Die gängigen digitalen Bannerformate setzte MasterCard ebenfalls ein, auch wenn ih-
re Wirkung zunehmend umstritten ist. Einerseits drohen Banner ihre Wirkung durch
eine zunehmende Abstumpfung der Verbraucher gegenüber Bannerwerbung etwas zu
verlieren, andererseits scheinen sie eine andere, sogar bessere Performance aufzuweisen,
als dies anhand rein klickbasierter Modelle zu erfassen ist. Da viele Internetnutzer die
eingeblendete Werbung nur sehen, aber nicht anklicken, kann ein Großteil der Wirkung
nicht beurteilt werden.
Die Idee, die virtuelle Welt als Gestaltungshilfe zu nutzen, um etwas für sich Relevan-
tes verwirklichen zu können, zog sich durch die gesamte Kampagne. Der Dankeschön-
Charakter wurde auch gleich bei Kampagnenstart von den Konsumenten aufgegriffen:
Das Thema wurde umgehend positiv in den Foren diskutiert. Einzelheiten der Kampag-
ne und die Rahmenbedingungen wurden dort von den Nutzern im Detail erläutert. Für
den Erfolg ist es ausschlaggebend, ob sich Meinungsführer mit der Kampagne anfreun-
den können und sich quasi als Botschafter der Kampagne selbst einbringen. Das scheint
hier gelungen zu sein.
Die Mundpropaganda sprang umgehend beim Kampagnenstart an, verbreitete sich
wie ein Lauffeuer durch die Verbraucherforen und übernahm eigenständig den eduka-
tiven Teil der Aktion: die Erläuterung der Teilnahmemechanik sowie Informationen
dazu, wie der Karteninhaber sein Dankeschön anfordern kann. Die interaktiv auftreten-
den Nutzer lenkten somit eine große Aufmerksamkeit auf die Kampagne und stellten die
Maßnahme in einen positiven Kontext: „MasterCard hat gerade eine sehr coole Aktion
gestartet“ [14], enthielten die Postings in den Foren. Die Stärke und Geschwindigkeit der
Word-of-Mouth-Propaganda hat zum Erfolg der Kampagne und zu einer Beschleuni-
gung der Kommunikation mit wesentlich größerer Reichweite beigetragen als bei Bu-
chung rein klassischer Medien (vgl. [15], S. 95). Ab einem gewissen Punkt diskutierten
die Forumsteilnehmer jedoch die Frage, inwiefern man den Registrierungsmechanismus
aushebeln und die Aktion missbrauchen könnte. Dies ist bekannterweise der Zeitpunkt,
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 219

Abb. 3 Promotionale MasterCard Landing Page (Quelle: www.MasterCard.de)

in dem ein Unternehmen in Versuchung gerät, steuernd einzugreifen. Es erfordert Dis-


ziplin und Geduld, dies nicht zu tun. Aber es zahlt sich aus, nicht zu intervenieren und
sich den Regeln des Social Web zu unterwerfen. Im konkreten Fall haben sogar Teil-
nehmer darauf hingewiesen, dass es moralisch nicht korrekt wäre, eine Dankeschön-
Aktion zu missbrauchen. Der Sog an Sympathie und Begeisterung führte dazu, dass
Händler freiwillig Werbeplattformen, Banner und Newsletter für die Kampagne einsetz-
ten. Auch zahlreiche Banken beteiligten sich durch entsprechende Kommunikation auf
ihren Websites aktiv an der Kampagne.
Ein solches Engagement vieler Beteiligter verlangt ein enges Monitoring, um in der
Mediasteuerung umgehend auf die laufende Kampagne einwirken zu können und die
Vorteile dieses Engagement in puncto Effizienz, Schnelligkeit und Flexibilität bei der
Buchung und Aussteuerung der Mediamaßnahmen zu nutzen. Dadurch sieht man in
kürzester Zeit, inwiefern die Nutzer im Sinne des klassischen AIDA1-Modells aktiviert
werden. Es lässt sich ein Dialog zwischen den Verbrauchern zur eigenen Marke initiie-
ren und das Verbraucherverhalten einfacher nachvollziehen.

1
AIDA = Awareness – Interest – Desire – Action, klassisches Media-Steuerungsinstrument.
220 Dagmar Nedbal

Abb. 4 Markenkampagne Friend – Verknüpfung virtueller und realer Welt (Quelle: MasterCard)

MasterCard entschied sich bei diesen Maßnahmen bewusst für ein behutsames Vor-
gehen und nicht für die geballte Social-Media-Präsenz. Es darf nicht vergessen werden,
dass Verbraucher die für sie unwichtigen Maßnahmen sehr leicht auch mit einem Klick
vom Bildschirm verbannen und ins digitale Nirwana befördern (vgl. [16]). So war es
möglich, aus dem Zusammenspiel der Maßnahmen zu lernen und durch leichtes Gegen-
steuern in der Media-Planung und den Aktionen mit den Kooperationspartnern die
Wirksamkeit der Maßnahmen zu steigern. Entscheidend für den Erfolg der Kampagnen
war für MasterCard, dass die Zielgruppe der Marke den Anspruch zugesteht, ein attrak-
tives Unterhaltungspotenzial zu besitzen. Auch geht es darum, die Relevanz der Ange-
bote im Bereich E-Commerce zu erforschen und die Korrelation auf den Karteneinsatz
neben den qualitativen Marken- und Imagefaktoren zu erkunden. Der Einsatz eines
garantierten Gratisangebots trifft dabei den Nerv der Zeit, wenn man den hohen Bedarf
an Mehrwert- und Zusatzangeboten betrachtet, ganz abgesehen vom Charme einer net-
ten Geste.
MasterCard legte durch die Kampagne bei der Beurteilung der Markenattribute zu
und erzielte ein zweistelliges Wachstum bei der Kartennutzung (vgl. [17], [18]). Dies ist
vor allem unternehmensintern ein schlagkräftiges Argument für die Fortsetzung von
Kampagnen mit verstärktem Social-Media-Einsatz. Es steht außer Frage, dass Social
Media den traditionellen Marketing-Mix auf bemerkenswerte Weise ergänzt.
MasterCard beabsichtigt, seinen Kunden auf diese Art zuzuhören, Flexibilität und Be-
reitschaft zu zeigen, sein Angebot an deren Wünschen auszurichten, um ein dauerhaft
gutes Verhältnis zur eigenen Zielgruppe aufzubauen (vgl. [19]).
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 221

5 Potenzial und Zukunftsaussichten von Social Branding


für MasterCard®

Elementar für die zukünftige Markenkommunikation von MasterCard ist, sich grund-
sätzlich vom reinen, klassischen Consumer Push zu verabschieden und sich einer Social-
Branding-Konzeption zuzuwenden. Dies ermöglicht, Kundenbedürfnisse zu analysieren
und Lösungen zu entwickeln, die sich qualitativ besser und schneller kapitalisieren als
die des Wettbewerbs. So kann die Unique Selling Proposition von MasterCard über
emotional aufgeladenen Inhalt gestärkt werden. Die Kommunikation verändert sich
hierbei in Richtung einer Markenkommunikation, die Transparenz, Interaktion und
Animation sowie ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit erlaubt.
MasterCard beabsichtigt, das Niveau der kritischen Masse an aktiven Nutzern sicher-
zustellen, sich hierbei aber auf Klasse statt Masse zu konzentrieren. Es gilt, das Bedürfnis
nach aktiver Beteiligung der Social-Web-Nutzer realistisch einzuschätzen (vgl. [6]). Dies
hat Auswirkungen auf die Definition und Interpretation von Erfolgsfaktoren und KPIs2
wie die Anzahl aktiver und registrierter Nutzer sowie die Korrelation zwischen passiver
Wahrnehmung und dem Return on Investment (ROI) der Kampagne. Je nachhaltiger
eine Kampagne auf das Markenimage und die Kundenloyalität wirken soll, desto schwie-
riger wird eine ROI-Betrachtung im Vier-Parteien-Modell. Allerdings ermöglicht das
Geschäftsmodell auch die Zusammenarbeit mit Partnern, die in Bezug auf Positionie-
rung und Kommunikation komplementär zu MasterCard sind. Als Beispiel sei hier aus
der Systemgastronomie Vapiano zu nennen, das MasterCard für eine Aktion in seine
Fanpage auf Facebook und in den eigenen Kundenclub „Vapiano People“ eingebunden
hat (vgl. [20]).
Eine andere Herausforderung, der sich MasterCard stellt, ist die Schaffung von Bran-
ding-Infrastrukturen und somit die Verankerung der neuen Kommunikationsmodelle
innerhalb der Organisation. Dies betrifft nicht nur das Marketing oder die PR-
Abteilungen, in denen zunehmend Teams mit speziellen Community-Managern etab-
liert werden müssen, sondern jeden Mitarbeiter, der als Markenbotschafter in der digita-
len Welt bewusst oder unbewusst agiert. Die organisatorische Einbettung von Social
Media verlangt nach Verhaltensregeln und -prozessen sowie nach in der Praxis gelebter
neuer Kommunikation jenseits von Bürokratie, rechtlich hundertprozentig abgesicher-
ten Statements und behäbigen Reaktionen auf Verbraucheranregungen und -anfragen.
Bis jetzt hat die Finanzbranche wahrscheinlich noch nicht allzu viel verpasst und
kann sich den Luxus leisten, Elemente von Social Media für die eigene Marke selektiv zu
beleuchten und zu testen – zumal die etwas wohlhabendere Zielgruppe für Finanzdienst-
leistungen im Feld der aktiven Netzwerknutzer noch unterrepräsentiert zu sein scheint.
Die ersten Kennzeichen einer weiteren Dynamisierung von Social Media sind jedoch
bereits erkennbar. Durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones wird Social

2
KPI = Key Performance Indicator, Erfolgskennzahl und -messgröße.
222 Dagmar Nedbal

Media mittels der Nutzung und Integration von Location-based Services (LBS) revoluti-
oniert. Bei LBS verwenden Smartphone-Apps die Positionsdaten des Nutzers, der selbst
festlegt, wann er geortet werden kann beziehungsweise möchte. So erhält der Nutzer
direkt am Point of Sale Informationen auf sein Smartphone. Werden diese Services zu-
dem mit Behavorial Targeting verknüpft, erhält der Nutzer Zugriff auf für ihn relevante
Inhalte und Angebote. In Deutschland gibt es bereits 18 Mio. Smartphone-Nutzer, von
denen schon 70 % LBS als Einkaufshilfe verwenden (vgl. [21], [22]). Für MasterCard
eröffnet sich dadurch die Gelegenheit, dem Verbraucher durch entsprechende Leis-
tungsangebote bei der Orientierung zu helfen und sich als Wegbereiter zu positionieren.
Dadurch kann MasterCard den Verbraucher bei seiner Suche nach dem besten Produkt
zum besten Preis unterstützen.
Daneben bietet MasterCard seinen Kunden mit dem „Budget Pilot“ eine eigene App,
mit der sie ihre Ausgaben kontrollieren und vermeiden können, dass der Blick auf die
Ausgaben eventuell zu unangenehmen Überraschungen führt. Der Budget Pilot kann
vom Nutzer eigenständig kategorisiert und aktualisiert werden.
Für MasterCard und Markenartikler ergeben sich spannende Chancen in der Kon-
sumenteninteraktion und Markenkommunikation. Mit einer zielgruppengerechten
Kommunikation erfährt das Marketing eine neue Schlagkraft in einer Welt, in der Wer-
bung beim Verbraucher zunehmend willkommen ist.

Literaturverzeichnis

1 BITKOM (2011): Soziale Netzwerke in Deutschland, Studie, URL: http://www.bitkom.org/de/


markt_statistik/64018_69029.aspx, abgerufen am: 20.11.2011.
2 Kohlbrück, O. (2011): Das Netz der Enttäuschten, in: Horizont, 37/2011, S. 17.
3 Sturm, A. (2011): Loyale Fans kaufen mehr, in: Horizont, 36/2011, S. 20.
4 Andree, Dr. M./Knäble (2011): Was Digital Branding heute kann, in: Horizont, 37/2011, S. 36.
5 Hebben, M. (2011): Den digitalen Kunden binden, in: Horizont, 33/2011, S. 17.
6 Universal McCann (2010): Wave5, The Socialisation of Brands, Studie Nr. 5 aus der Reihe „WAVE“.
7 Engel, D. (2011): Verantwortung statt Small Talk, in: Media Spectrum, 1./2.11, S. 42.
8 Hilker, C. (2011): Gestalten oder gestaltet werden, in: Social Media Magazin, 2011-III, S. 44–46.
9 Deutscher Sparkassen- und Giroverband (2011): Kampagne „Giro sucht Hero“, URL:
http://de-de.facebook.com/girosuchthero; http://de-de.facebook.com/jokoundklaas;
http://youtu.be/2Gzfctg7Fo0, abgerufen am: 20.11.2011.
10 MasterCard (2011): Facebook Unternehmensseite, URL:http://www.facebook.com/mastercard;
MasterCard Twitter, URL: http://www.twitter.com/mastercardnews, abgerufen am: 20.11.2011.
11 Buck, M. (2011): Uns ist die Interaktion wichtig, nicht die Plattform, DDV dialog, September 2011,
S. 6–9.
12 Hemmer, F. (2011): Blogs sind egal. Die Macht der Foren in Deutschland, in: Social Media Magazin,
Heft 2011-I, S. 32–34.
13 Universal McCann (2011): Shopper Science, Studie.
14 Schnäppchenfuchs/MyDealz (2011): Verbraucherforen, URL: http://www.Schnäppchenfuchs.de;
http://www.mydealz.de, abgerufen am: 9.2.2011 und 15.2.2011.
Die Markenführung von MasterCard® im Zeitalter der digitalen Evolution 223

15 Kimmel, Allan J. (2010): Connecting with consumers – marketing for new marketplace realities,
S. 95ff.
16 Engeser, M. (2011): Gier nach Wirklichkeit, in: Wirtschaftswoche 32/2011, S. 75.
17 MasterCard (2011): Umsatzstatistik.
18 IPSOS MORI (2011): Global Consumer Tracking (MasterCard Tracking Studie 2011), UK.
19 Pansch, C. (2011): Mehr Fans für Brands dank Social Media Marketing, in: eCommerceMagazin,
3/2011, S. 12–13.
20 Vapiano (2011): Unbezahlbar – Ein Premierenabend in Hamburg, URL:
http://www.facebook.com/Vapiano; http://www.vapiano-people.com/News/, abgerufen am:
13.7.2011.
21 ComScore (2011): MobiLens Daten, Stand: Juli 2011 (Basis: Bevölkerung ab 13 Jahren).
22 Universal McCann (2011): Places into Spaces, Studie.
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder:
Kann Facebook Bier verkaufen?
15
Thorsten Terlohr, Ben Künkler

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 226
2 Ziele der Kampagne................................................................................................................... 226
3 Strategie....................................................................................................................................... 227
4 Flow.............................................................................................................................................. 228
5 Umsetzung.................................................................................................................................. 230
5.1 Flirt ............................................................................................................................... 230
5.2 Small Talk .................................................................................................................... 230
5.3 Date............................................................................................................................... 232
5.4 Beziehung .................................................................................................................... 233
5.5 Community ................................................................................................................. 234
6 Ausblick....................................................................................................................................... 234
7 Fazit.............................................................................................................................................. 235
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 236

_______________________
Thorsten Terlohr ()
Warsteiner Brauerei, Domring 4–10, 59581 Warstein, Deutschland
e-mail: tterlohr@warsteiner.com
Ben Künkler ()
Saint Elmo’s, Gormannstraße 22, 10119 Berlin, Deutschland
e-mail: B.Kuenkler@saint-elmos.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 225


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_15, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
226 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

„Unternehmen müssen noch stärker lernen, dass Marken zunehmend interaktiv geführt werden.
Brands müssen in den Dialog treten und möglichst transparent, authentisch und stringent auf unter-
schiedlichsten Ebenen kommunizieren. Dann haben sie das Potenzial, sich zur einer ‚Social Brand‘ mit
‚echten Fans‘ zu entwickeln.“ Thorsten Terlohr

„Wenn sich Menschen in sozialen Netzwerken bewegen, sind sie dort in erster Linie aus privatem Inte-
resse. Der erfolgreiche Zugang zu dieser Zielgruppe ist für kommerzielle Marken also nur dann möglich,
wenn sie sich nachhaltig und loyal gegenüber diesen Menschen verhalten.“ Ben Künkler

1 Einleitung

Die zurückliegenden Jahre waren geprägt von gesellschaftlichen Konflikten – etablierte


Strukturen haben an Verbindlichkeit verloren. Parallel dazu erleben die unter dem Sam-
melbegriff „Social Media“ bekannt gewordenen Plattformen einen Boom. Allen diesen
Plattformen ist gemein, dass sie soziale Beziehungen abbilden und organisieren. Insofern
liegt die Vermutung nahe, dass Social Media nicht nur ein neuartiges Unterhaltungsme-
dium darstellt, sondern Ausdruck und Vehikel eines strukturellen gesellschaftlichen
Wandels sind: Vieles spricht dafür, dass dezentral organisierte Gruppen in Zukunft
einen Teil der gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen werden, die bislang zentralis-
tisch gelöst wurden.
Soweit sich die bisher zu beobachtende Entwicklung fortsetzt, ist es für Marken von
essenzieller strategischer Bedeutung, sich in diesem neu entstehenden gesellschaftlichen
Beziehungsgeflecht frühzeitig und angemessen zu positionieren. Die Analyse der Social-
Media-Kampagne der Marke WARSTEINER zeigt, welche Faktoren für den Erfolg einer
solchen Positionierung im Social Web ausschlaggebend sind. Die Kampagne wird von
der Warsteiner Brauerei zusammen mit der Online-Agentur Saint Elmo’s Interaction
Berlin organisiert. Im Mittelpunkt steht dabei die WARSTEINER-Seite bei Facebook
(vgl. [1]), die quantitativ wie qualitativ zu den erfolgreichsten Markenseiten in Deutsch-
land gehört (vgl. Abb. 1) – in der Zeit vom offiziellen Start im Juli 2010 bis Septem-
ber 2011 hat sie ca. 54.000 Fans hinzugewonnen.

2 Ziele der Kampagne

Da es im Social Web um Beziehungen geht, liegt es nahe, mit einer Social-Media-Kam-


pagne die Vertiefung der Beziehung zwischen Marke und Konsumenten anzustreben. Im
Idealfall werden die Konsumenten auf diese Weise zu echten Fans der Marke. Sie fühlen
sich in ihrem sozialen Umfeld unter Gleichgesinnten am wohlsten und machen sich zum
Anwalt der Marke, indem sie versuchen, auch andere von den Vorzügen ihrer „Love
Brand“ zu überzeugen.
Die Stärke von Facebook liegt also tatsächlich eher nicht darin, im Sinne von Hard
Selling „Bier zu verkaufen“. Dafür ist es allerdings als Medium für die Bindung und Neu-
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? 227

Abb. 1 Anzahl der Fans der WARSTEINER-Seite von Juli 2010 bis August 2011 (Quelle: Auszug
aus der Facebook-Statistik)

gewinnung von Kunden und somit für den Aufbau einer loyalen Marken-Community
besonders geeignet. Die so entstehende Verbindlichkeit kann dann aber mittelbar zu
einer Steigerung des Absatzes führen.

3 Strategie

Die Entwicklung der Beziehung zwischen Marke und Konsument folgt einem ähnlichen
Muster wie die Entwicklung von Beziehungen zwischen Menschen. Im einen wie im
anderen Fall treffen Menschen fortwährend eine Auswahl aus einer praktisch unbe-
grenzten Menge von Beziehungsmöglichkeiten und entwickeln sie zu echten Beziehun-
gen weiter. Dabei nimmt der Grad der Verbindlichkeit mit der Anzahl der Beziehungen
ab – schon aus zeitökonomischen Gründen kann jeder Mensch nur eine kleine Menge
wirklich enger Beziehungen unterhalten.
Es gibt also eine Art Kontinuum der Verbindlichkeit, das sich in fünf Phasen untertei-
len lässt:
Flirt, Small Talk, Date, Beziehung und Community.
Beim Flirt geht es darum, zunächst einmal auf einen möglichen Beziehungspartner
aufmerksam zu werden bzw. ihn auf sich aufmerksam zu machen. Beim Small Talk
„kommt man ins Gespräch“, noch ganz unverbindlich. Ein Date ist eine unverbindliche
gemeinsame Aktivität, eine Verabredung. Eine echte Beziehung dagegen ist mit verbind-
lichen Erwartungen verknüpft. Eine Community schließlich entsteht dann, wenn diese
Verbindlichkeit über die Zweierbeziehung hinaus ausgeweitet wird, wenn Menschen
zum Beispiel einen gemeinsamen Freundeskreis aufbauen oder eine Familie gründen.
Der Übergang von einer Phase zur nächsten erfolgt jeweils dann, wenn beide Bezie-
hungspartner so zufrieden mit ihren bisherigen Erfahrungen miteinander sind, dass sie
228 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

die Aussicht auf eine verbindlichere Beziehung mit positiven Erwartungen verknüpfen.
Diese Weiterentwicklung tritt aber nur in einigen Fällen auf. In den meisten Fällen
bleibt die Beziehung über einen längeren Zeitraum auf einem bestimmten Niveau stabil
oder verliert wieder an Verbindlichkeit. Für die Social-Media-Strategie bedeutet das,
dass für alle Phasen der Beziehung jeweils angemessene Angebote zur Beteiligung ge-
macht werden sollten, die jeweils zur Markenidentität passen und dadurch authentisch
wirken.

4 Flow

Im Mittelpunkt der Social-Media-Aktivitäten von WARSTEINER stand im ersten Jahr


die „Suche nach dem einzig Wahren“. Bei dieser Kampagne ging es darum, jeden Monat
durch eine Abstimmung bei Facebook zu ermitteln, was für die Teilnehmer in einem
bestimmten Bereich das einzig Wahre ist – welches Festival, welche Urlaubsinsel, wel-
cher Verein (vgl. Abb. 2) etc. Das Beispiel einer realen Teilnehmerin zeigt, wie diese
Kampagne für die unterschiedlichen Beziehungsphasen spezifische Angebote zur Beteili-
gung machte.
Die Jurastudentin Beata hat im August 2010 bei Facebook eine Anzeige gesehen, mit
der für die „Suche nach der einzig wahren Urlaubsinsel“ geworben wurde. Wie durch-
schnittlich 0,04 % der Zielgruppe ist sie auf diesen „Flirt“ eingegangen und hat die An-
zeige angeklickt.
Beata hatte zwei Jahre früher auf einer kleinen brasilianischen Insel ihren künftigen
Ehemann kennengelernt. Die Anzeige war für sie also äußerst relevant – genauso übri-
gens wie für viele andere Nutzer, die das Thema Urlaubsinseln mit einem besonderen
Erlebnis verbinden.
Durch den Klick auf die Anzeige gelangte Beata auf die Facebook-Seite von WAR-
STEINER. Möglicherweise hat sie sich dort den „Small Talk“ auf der Pinnwand angese-
hen, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Vielleicht war sie mit der Marke aber
auch schon so vertraut, dass sie direkt zur nächsten Phase übergegangen ist, dem „Date“.
Sie hat wie ca. 10–20 % der Erstbesucher die Facebook-App zugelassen, die auf der
WARSTEINER-Seite angeboten wird. Das bedeutet, dass die App auf ihre bei Facebook
gespeicherten Daten zugreifen darf – unter anderem auf das Profilbild und die E-Mail-
Adresse. Darin zeigte sich auch das Vertrauen von Beata in das Versprechen, dass ihre
Daten von der Warsteiner Brauerei ausschließlich für das Gewinnspiel genutzt werden.
In der App konnte sie sich dann an der „Suche nach dem einzig Wahren“ beteiligen.
Beata hat bei der Abstimmung über „die einzig wahre Urlaubsinsel“ natürlich die In-
sel vorgeschlagen, auf der ihr Freund lebt – und so den Claim von WARSTEINER („Das
einzig Wahre“) mit der besten Erfahrung ihres Lebens verknüpft.
Nach dem Ende der Abstimmung wurde aus dieser spielerischen, aber nicht ober-
flächlichen Interaktion eine dauerhafte Beziehung: Unter allen 2.832 Teilnehmern der
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? 229

Abb. 2 Facebook-App „Die Suche nach dem einzig wahren Verein“ (oberer Teil) (Quelle: eigene
Darstellung)

„Suche nach der einzig wahren Urlaubsinsel“ wurde eine Gewinnerin ausgelost – und
zwar Beata. Sie bekam Flugtickets im Wert von 4.000 € und hatte so die Möglichkeit, ihre
Familie zu ihrer Hochzeit auf die brasilianische Insel einzuladen. Sie war gerne bereit,
ihre Freude über diesen Preis mit den anderen Marken-Fans zu teilen, so dass ihr Foto
und ihre Geschichte in dem Blog, das die Kampagne begleitet (www.daseinzigwahre.de),
veröffentlicht werden konnten. Beata wurde so zum Marken-Botschafter, zum Fan, der
auch andere involviert. Sie hat sich im Jahr nach ihrem Gewinn immer wieder mit posi-
tiven Kommentaren auf der Pinnwand der Facebook-Seite zu Wort gemeldet und sich
außerdem an allen weiteren Aktionen beteiligt.
Das Resultat von Beatas Interaktion mit der Marke WARSTEINER ist zwar ein Son-
derfall. Aber mit dem Ende der Abstimmung sind auch die anderen Teilnehmer eine
Beziehung zu der Marke eingegangen, die über das rein Spielerische ein Stück weit hi-
nausgeht. Denn mit der Verleihung des Titels der „einzig wahren Urlaubsinsel“ haben
die Teilnehmer gemeinsam eine verbindliche Realität geschaffen – das zeigt sich zum
Beispiel daran, dass Juist, die Gewinner-Insel, in ihren Medien auf die Warsteiner-Kam-
pagne aufmerksam machte und ihren Sieg so für ihr Marketing nutzen konnte. Vom
ersten „Flirt“ bis zur echten „Beziehung“ konnte die Kampagne den Teilnehmern also in
allen Phasen Angebote machen, die sie als positiv empfanden und die entsprechend auch
positive Auswirkungen auf ihre Beziehung zur Marke WARSTEINER hatten.
230 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

5 Umsetzung

Im Unterschied zu klassischen Medien und zu anderen Online-Medien interagieren die


Nutzer in den Social Media mit der Marke und zusätzlich auch untereinander. Diese
Konstellation erzeugt eine extrem volatile Dynamik, die explosionsartige Entwicklungen
ermöglicht, die für die Marke positiv oder negativ sein können. Welche Entwicklung
diese Dynamik nimmt, ist von einer Reihe von Faktoren abhängig. Die zehn wichtigsten
dieser Erfolgsfaktoren werden im Folgenden beschrieben.
Der erste Erfolgsfaktor ist ein Team, das die Dynamik des Mediums beherrscht. Die
Warsteiner Brauerei hat jahrzehntelang sehr erfolgreich in klassischen Medien geworben
– für das Social Web wurde zum Start der Kampagne ein entsprechendes Team aufge-
baut. Ein wichtiger erster Schritt war dabei die Formulierung von Social-Media-
Guidelines innerhalb der Unternehmensgruppe, in denen ein klares gemeinsames Ziel
und eine klare Aufgabenverteilung festgelegt wurden. Den Beteiligten war bewusst, dass
diese Guidelines nicht alle Eventualitäten abdecken, sondern lediglich den Rahmen defi-
nieren konnten. Deshalb wurde das Team von Anfang an als lernende Organisation
angelegt und zunächst ausschließlich mit sehr erfahrenen Mitarbeitern besetzt.

5.1 Flirt

Der zweite Erfolgsfaktor für den Aufbau einer engen Beziehung zwischen Marke und
Konsument ist eine klare Markenidentität und eine entsprechend prägnante Kommuni-
kation. In der „Flirt“-Phase ist die Prägnanz von ganz besonderer Bedeutung, weil die
Konsumenten die Marke sonst gar nicht erst als Beziehungspartner wahrnehmen. Be-
sonders deutlich zeigte sich das bei den Facebook-Ads, die für die Kampagne geschaltet
wurden: Bei einigen Motiven lagen die Klickraten unter 0,01 %, bei anderen über 0,1 %.

5.2 Small Talk

Ein dritter Erfolgsfaktor ist die Vorbildfunktion der Marke. Die Bedeutung dieses Faktors
zeigt sich vor allem beim „Small Talk“, bei der Interaktion von Marke und Konsument
auf der Pinnwand. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von „Du“ und „Sie“ – wenn die
Marke die Konsumenten duzt, wird das Duzen auf der Pinnwand zum Standard. Aber
auch die Konzeption der Angebote wirkt sich auf den Umgangston aus. Gewinnspiele
etwa, die bei niedrigem Anspruch hohen Konkurrenzdruck erzeugen („Wer die meisten
Freunde zum Mitmachen einlädt, gewinnt!“), provozieren Interaktionen auf einem einfa-
chen Niveau und mitunter recht resolute Diskussionen über die Verteilung der Gewinne.
Umgekehrt kann die Mechanik von Gewinnspielen aber auch erwünschtes Verhalten
fördern. Bei der „Suche nach dem einzig Wahren“ zum Beispiel wurde jeder ernst ge-
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? 231

Abb. 3 Das Musical „Tanz der Vampire“ in Stuttgart wurde von den WARSTEINER-Fans zur
„einzig wahren Show“ gewählt. Das Bild zeigt die Hauptfigur, Graf von Krolock, mit der Urkunde
(Quelle: Stage Entertainment)

meinte Vorschlag der Teilnehmer aufgenommen und von einer Redaktion recherchiert.
Auf diese Weise entstanden pro Suchaktion mehrere hundert Steckbriefe von Museen,
Nationalparks, Skigebieten etc., die von den Nutzern durchstöbert werden konnten. Für
alle, die ein tieferes Interesse an dem jeweiligen Thema hatten, wurden im Blog pro Mo-
nat zwei Beiträge veröffentlicht, in denen prominente Journalisten ihre Sicht auf das
jeweilige Thema darstellten.
Darüber hinaus wurde bei einem Großteil der Suchaktionen ein „Community-Preis“ in
Höhe von einem Euro pro abgegebene Stimme ausgeschrieben. Dieser Preis kam einem
gemeinnützigen Projekt zu Gute, das von dem Gewinner der Abstimmung vorgeschlagen
werden konnte – bei der „Suche nach der einzig wahren Arena“ zum Beispiel kamen auf
diese Weise 1.557 € zusammen, die entsprechend dem Vorschlag der Kölner LANXESS
arena an die DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei GmbH gespendet wurden.
Und auch die Gewinner selbst honorierten das Engagement ihrer Unterstützer, indem
sie jeweils ein Foto mit der WARSTEINER-Urkunde zur Verfügung stellten, das bei
Flickr veröffentlicht wurde (vgl. Abb. 3). Diese hohe Wertschätzung der Beteiligung an
der Kampagne wurde von den Teilnehmern erwidert: Auf Tausende von positiven, oft
sehr sorgsam formulierten Kommentaren zu den Kandidaten der „Suche“ kamen nur
einige wenige unpassende Äußerungen – die Kampagne ist damit auch ein Beispiel für
gelungenes Crowdsourcing.
232 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

Die Wertschätzung der User spielt auch bei dem vierten Erfolgsfaktor eine Rolle, der
Dialogbereitschaft. Auf der Pinnwand der WARSTEINER-Seite bei Facebook wurden die
Fragen und Kommentare der Nutzer unter anderem von zwei leitenden Mitarbeitern der
Warsteiner Brauerei beantwortet. Bei diesen Antworten wurde großer Wert darauf ge-
legt, sehr zeitnah und persönlich auf die Fans einzugehen. Sie sind dementsprechend
nicht wie offizielle Stellungnahmen des Unternehmens formuliert, sondern eher wie
private Facebook-Kommentare.
Neben der Kampagnenmechanik und dem Interaktionsverhalten der Redakteure
bestimmen aber auch die Inhalte, die auf der Pinnwand gepostet werden, den Dialog. Wie
bei normalem Small Talk erzeugen für alle Nutzer relevante Äußerungen, etwa über das
fehlende Sommerwetter, relevante Tagesereignisse oder das aktuelle Sport-Geschehen,
das höchste Maß an Interaktion. Eine Beschränkung auf solche Inhalte ist allerdings nicht
sinnvoll, da sie auf Dauer oberflächlich wirken und so die Markenidentität verwischen.
Entscheidend ist deshalb eine ausgewogene Mischung von unverbindlichen und marken-
relevanten Posts, um somit auch auf die Heterogenität der Nutzer einzugehen und den
Markenauftritt bzw. die Themenauswahl nicht eindimensional werden zu lassen.
Dieses Gleichgewicht zwischen persönlich und offiziell, zwischen allgemein und spe-
zifisch ist mitunter recht fragil. Der fünfte Erfolgsfaktor ist deshalb die Führungsstärke
der Redaktion, die dafür sorgen muss, dass der Dialog im Sinne der Marke verläuft. Dazu
gehört nicht nur, eine Netiquette zu formulieren und sie als Vorbild zu leben, sondern
auch, den Gesprächsverlauf aktiv zu steuern. Das Social Web ist innerhalb des Marke-
tings eines der schnellsten und direktesten Rückkanäle für die Kommunikation mit den
Konsumenten. Es ist daher essentiell, zuzuhören und durch das unmittelbar erhaltene
Feedback der Nutzer zu „lernen“. Die Marke darf sich allerdings nicht nur an den Erwar-
tungen der Nutzer orientieren, sondern muss auch selbst aktiv führen.

5.3 Date

Menschen lassen sich auf ein Date ein, wenn sie sich etwas erhoffen und unverbindlich
ausprobieren möchten, ob sich diese Hoffnung erfüllt. Eine einfache Art, eine solche
Hoffnung im Bereich der Markenkommunikation zu wecken, sind Gewinnspiele. Einige
Monate nach dem Start der „Suche nach dem einzig Wahren“, die den Nutzern ein ver-
gleichsweise hohes Involvement abverlangt, wurde die Facebook-Seite deshalb um eine
Gewinnspiel-App ergänzt. Mit dieser App sollten zum einen die bereits vorhandenen
Fans zu einem weiteren „Date“ mit der Marke animiert werden, zum anderen sollte sie
neuen Nutzern einen unverbindlichen und weniger aufwändigen Zugang zur Marken-
welt eröffnen.
Bei „WARSTEINER Bier gewinnt!“ können die Teilnehmer mit einem Klick ein vir-
tuelles Glas WARSTEINER leeren und sich so gewissermaßen ein Los für eine Verlosung
sichern. Um eine möglichst hohe Beteiligung zu erzielen, können die Nutzer außerdem
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? 233

Abb. 4 Facebook-App „WARSTEINER Bier gewinnt!“ (oberer Teil) (Quelle: eigene Darstellung)

ihre Facebook-Freunde zum Mitmachen einladen. Als Belohnung dafür können sie zu-
sätzliche Tulpen leeren und sich so weitere „Lose“ sichern (vgl. Abb. 4).
Diese Mechanik nutzen die Teilnehmer, wenn der Gewinn entsprechend attraktiv ist.
Damit zeigt sich auch an dieser Stelle die Bedeutung des sechsten Erfolgsfaktors, der
Relevanz. Bei „WARSTEINER Bier gewinnt!“ wurden zum Beispiel mit großem Erfolg
Tickets für das Melt!-Festival verlost, das von der Warsteiner Brauerei gesponsert wird,
oder auch Plätze im WARSTEINER Village bei Rock am Ring, einem „Dorf“ aus beson-
ders komfortablen Unterkünften. Auf diese Weise konnte die Marke vielen Festival-
Fans deutlich machen, dass sie einen Bezug zu ihrer Lebenswirklichkeit hat.

5.4 Beziehung

Der siebte Erfolgsfaktor ist die Wiederholung, oder, etwas differenzierter ausgedrückt, die
Balance zwischen Neuem und Vertrautem. Eine Beziehung zu einer Marke können die
Konsumenten nur aufbauen, wenn sie die Marke wiedererkennen können, wenn die
Marke charakteristische Merkmale hat, die bei jeder Begegnung gleich bleiben. Um nicht
langweilig zu werden, muss sie aber auch immer wieder neu erscheinen. Diese Balance
ist besonders in der Informationsflut, die in den Social Media geboten wird, nicht ein-
fach herzustellen, weil Kontinuität ebenso unterzugehen droht wie Neuigkeit.
234 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

Für die Facebook-Seite von WARSTEINER wurde deshalb eine klare Kampagnen-
struktur eingeführt. Im monatlichen Rhythmus fand zunächst in der „Suche nach dem
einzig Wahren“-App eine dreiwöchige Abstimmung statt, danach folgte eine einwöchige
Gewinnspiel-Phase in der „Bier gewinnt!“-App. Dieser Rhythmus wurde zwar immer
wieder durch Sonderaktionen unterbrochen – regelmäßige Nutzer wussten aber trotz-
dem sehr genau, was sie auf der Seite erwartet. Die Neuerung wurde dadurch gewährleis-
tet, dass bei der „Suche nach dem einzig Wahren“ die Themen und bei den Gewinnspie-
len die Preise wechselten.

5.5 Community

Der achte Erfolgsfaktor beim Aufbau einer Community im Social Web besteht darin, die
Möglichkeiten der Social Media zu nutzen und auf bestehende soziale Strukturen aufzu-
setzen – denn erfahrungsgemäß werden die meisten neuen Mitglieder einer Gemein-
schaft durch Freunde und Bekannte hinzugewonnen.
Ein Beispiel für die Nutzung dieser Möglichkeiten ist die Einbeziehung von Multipli-
katoren, also von Menschen, die sehr viele andere Menschen auf die Kampagne auf-
merksam machen. Diese Multiplikatoren wurden bei der „Suche nach dem einzig Wah-
ren“ gezielt angesprochen und zu einem Wettbewerb herausgefordert. Bei der
Abstimmung ging es also ausdrücklich nicht um ein repräsentatives Meinungsbild –
stattdessen sollte herausgefunden werden, welcher Kandidat die engagiertesten Unter-
stützer hat. So lieferten sich bei der „Suche nach dem einzig wahren Verein“ ein Cheerle-
ader-Verein und ein Football-Club einen spannenden Kampf um den ersten Platz, bei
dem sich die Cheerleader knapp durchsetzten. Durch das Engagement der Multiplikato-
ren stimmten allein für diese beiden Kandidaten 2.744 Nutzer, von denen entsprechend
viele zu WARSTEINER-Fans wurden (vgl. Abb. 2).
Dieses Beispiel veranschaulicht auch den neunten Erfolgsfaktor: Um eine hohe Reich-
weite zu erzielen, sollte eine Kampagne nicht nur Angebote mit unterschiedlichen Gra-
den an Verbindlichkeit machen, sondern auch mit unterschiedlichen Niveaus an Auf-
wand. Die Multiplikatoren beispielsweise, die teilweise mehrere Tage damit verbracht
haben, ihre Unterstützer für die „Suche nach dem einzig Wahren“ zu motivieren, hatten
nicht zwingend eine besonders enge Beziehung zur Marke WARSTEINER. Umgekehrt
gibt es sicher auch Konsumenten, die sich der Marke sehr verbunden fühlen, sich bei
Facebook aber allenfalls mit einem Klick beteiligen möchten.

6 Ausblick

Der zehnte Erfolgsfaktor ist eine der größten Herausforderungen – die crossmediale Ver-
netzung. Die Social-Media-Kampagne von WARSTEINER sollte eigentlich die User von
Der Wettbewerb um Verbindlichkeit oder: Kann Facebook Bier verkaufen? 235

YouTube zu Facebook und von dort zum Blog und zu Flickr leiten. Jeder Kanal sollte
also einen eigenen Beitrag zur gesamten Kampagne leisten. In der Praxis hat sich jedoch
schnell herausgestellt, dass die User sich eher schwertun, die Plattform zu verlassen, die
sie gerade nutzen – Facebook stand hinsichtlich der Beteiligung immer klar im Mittel-
punkt der Kampagne. Im Bereich der Crossmedialität gibt es für die WARSTEINER-
Kampagne also noch Entwicklungspotenzial. Dabei ist vor allem die Verknüpfung von
Offline und Online relevant. Bei Facebook kann man schließlich kein Bier zusammen
trinken, aber sich dennoch zu einem gemeinsamen Bier verabreden. In diesem Bereich
wird WARSTEINER in 2012 weitere innovative Ansätze testen.

7 Fazit

Die Planung der Social-Media-Kampagne von WARSTEINER begann mit der Frage, wie
sich der „Premium-Anspruch“ der Marke, der sich in klassischen Medien durch eine
künstlerische Inszenierung der Flüssigkeit ausdrückt, auf ein extrem involvierendes Me-
dium wie Facebook übertragen lässt. Bei der Strategieentwicklung zeigte sich, dass sich
ein Aspekt dieses Premium-Anspruchs geradezu perfekt für das Social Web eignete: Der
Führungsanspruch.
Bei der „Suche nach dem einzig Wahren“ belohnte die Marke in verschiedenen Berei-
chen jeweils die Community, die sich mehr als alle anderen für ihr Anliegen engagierte
und schlussendlich die Rangliste anführte. Dadurch füllte sie einerseits den Claim „Das
einzig Wahre“ mit Inhalt – zum anderen machte sie aber auch die „Anführer“ der füh-
renden Communities zu Markenbotschaftern, die ihren Unterstützern nahelegten, Fan
von WARSTEINER zu werden. Dadurch übernimmt die Marke auch im „Wettbewerb
um Verbindlichkeit“ eine Führungsrolle.
Bei der Umsetzung der Kampagne war eine Reihe von Erfolgsfaktoren ausschlagge-
bend, die sich auch auf die Kampagnen anderer Marken übertragen lassen: die Organisa-
tion des Social-Media-Teams, die Prägnanz und die Relevanz der Kampagne, die Vor-
bildfunktion der Marke, die Dialogbereitschaft, die Führungsstärke der Redaktion, die
Balance zwischen Kontinuität und Neuigkeit, die Nutzung bestehender sozialer Struktu-
ren, das Angebot der Marke an die Fans, sich mit wenig oder mit viel Aufwand an der
Kampagne zu beteiligen, sowie die Verknüpfung von Online- und Offline-Maßnahmen.
Gemeinsam ist allen diesen Erfolgsfaktoren, dass sie mit zwischenmenschlichen Be-
ziehungen zu tun haben und sich auch sinnvoll in menschliche Beziehungsmuster ein-
ordnen lassen. Insbesondere die Entstehung von Beziehungen zwischen Marken und
Konsumenten weist große Ähnlichkeiten mit der Entstehung von Beziehungen von
Mensch zu Mensch auf – wie Menschen bei der Werbung um einen Partner stehen auch
Marken im Social Web in einem „Wettbewerb um Verbindlichkeit“.
Festzuhalten bleibt weiter, dass das Social Web sicherlich erst am Anfang einer Ent-
wicklung steht, deren weiterer Verlauf, so schwer er sich im Detail prognostizieren lässt,
236 Thorsten Terlohr, Ben Künkler

aller Voraussicht nach Symptom und Instrument weitreichender Veränderungen des


gesellschaftlichen Miteinanders sein wird, die auch die Rolle von Marken nachhaltig
beeinflussen werden.

Literaturverzeichnis

1 Warsteiner (2011): Warsteiner Fanseite auf Facebook, URL: http://www.facebook.com/Warsteiner,


abgerufen am: 01.09.2011.
Social Branding bei Harley-Davidson
Deutschland
16
Christian Arnezeder

Inhaltsverzeichnis

1 Web 2.0 – Neue Kommunikationsformen verändern das Netz ......................................... 238


2 Gründe für den Einstieg von Harley-Davidson Deutschland in das Web 2.0.................. 240
3 How to … Social Media – Vom richtigen Einstieg in die sozialen Netzwerke ................ 242
4 Vernetzt auch ohne PC – Die Harley-Davidson-Familie .................................................... 242
5 Step by Step – Die Anfänge von Harley-Davidson Deutschland auf Facebook............... 245
6 Möglichkeiten und Bedeutung der Erfolgskontrolle............................................................ 247
7 Wie generiert man langfristigen Erfolg? Erwartungen für die Zukunft............................ 249
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 251

_______________________
Dr. Christian Arnezeder ()
Harley-Davidson GmbH, Starkenburgstraße 12, 64546 Mörfelden, Deutschland
e-mail: christian.arnezeder@harley-davidson.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 237


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_16, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
238 Christian Arnezeder

„Social Branding kann nur gelingen, wenn eine klar umrissene Strategie dahintersteht und die ergriffe-
nen Maßnahmen mit geeigneten Methoden gemessen und bewertet werden.“ Dr. Christian Arnezeder

1 Web 2.0 – Neue Kommunikationsformen verändern das Netz

Im Verlauf der Neunzigerjahre zeichneten sich gravierende Veränderungen im World


Wide Web ab. Wer zuvor die Encyclopedia Britannica Online genutzt hatte, stellte seine
Fragen fortan der selbstverwalteten Website Wikipedia, persönliche Websites verwandel-
ten sich in Blogs, aus der Veröffentlichung wurde die Beteiligung. Statt simpler Publika-
tionen entstand ein dialogorientiertes System von Communities. Man pflegte Verweise
auf Einträge auf anderen Seiten sowie den Austausch darüber, und es entstanden Web-
Freundschaften.
Der Begriff „Web 2.0“ – 2003 vom Fachmagazin „CIO“ geprägt – fasste diese Phäno-
mene zusammen. Gemeint war die „veränderte Nutzung und Wahrnehmung des Inter-
nets“ [22], in dem die User nicht mehr passive Betrachter waren, sondern zunehmend
aktiv Inhalte erstellten, bearbeiteten, verteilten und darüber in Interaktion miteinander
traten. Ein „Mitmachmedium“ (vgl. [15]) war entstanden und schlichtweg jeder schien –
in Chats, Foren oder Gästebüchern – mit dem Schreiben zu beginnen.
Je mehr das Web 2.0 sich im Alltag der Internetnutzer ausbreitete, desto größer wur-
den die Bedenken von Akademikern und Journalisten bezüglich der Qualität der kom-
munizierten Inhalte und der Zukunft der Sprache, die man verkümmern sah. Angesichts
von Phänomenen wie durchgehender Kleinschreibung, Anglizismen, eigenwilligen Ab-
kürzungen, Flüchtigkeitsfehlern und Verschriftlichungen gesprochener Sprache war von
„Internetsprache“ (vgl. [17], S. 4), „Websprache“ oder „Netzsprache“ die Rede. So man-
chem schien das Ende der gepflegten Kommunikation nahe zu sein.
Doch lassen wir die Kirche im Dorf: Zum einen war Sprache niemals statisch und
zum anderen bedeutet Kommunikation nicht weniger als „Austausch, Teilhabe und
Verständigung“ (vgl. [3]). Wer wüsste das besser als die Nutzer von Facebook, jener
überaus erfolgreichen Plattform, die Zuckerberg 2004 ins Leben rief.
Facebook selbst bleibt in der Beschreibung seines Tuns ganz sachlich: Das Unterneh-
men behauptet von sich, schlicht und ergreifend ein soziales Netzwerk zu sein, das Men-
schen mit ihren Freunden, Arbeitskollegen, Kommilitonen und anderen Mitmenschen
verbinde: „Millions of people use Facebook everyday to keep up with friends, upload an
unlimited number of photos, share links and videos, and learn more about the people
they meet. Facebook’s mission is to give people the power to share and make the world
more open and connected“ [4].
Allen Zuspruchs der Massen zum Trotz waren und sind die Vorbehalte der Gegner ge-
gen Facebook immens. „Ich würde mich lieber von einem Arzt mit eiskalten Händen an
der Prostata untersuchen lassen, als eine Facebook-Seite zu haben“ [19], äußerte Schau-
spieler George Clooney im Gespräch mit der Schweizer Zeitung „Blick“. Sein deutscher
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 239

Kollege Moritz Bleibtreu kritisierte: „Soziale Netzwerke treiben uns unter dem Vorwand
der Freiheit in die Isolation. […] Wir vereinsamen in unseren Selbstinszenierungen“ [5].
Und Marc-Uwe Kling gibt in seinen „Känguru Chroniken“ und im Berliner „Radio Fritz“
zu Protokoll: „Das Tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Mei-
nung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass auch jeder es tut“ ([11], S. 13).

„Applaus von den Internetfreunden“


Immer wenn Emotionen derart hochschlagen, lohnt es, ein Phänomen aus soziologischer
und psychologischer Sicht zu betrachten. Was also haben die Menschen unter diesem
Gesichtspunkt von ihren Aktivitäten auf Facebook? Es gehe bei Facebook letztlich nur
um „den Applaus von den Internetfreunden“ [6], erläutert Lara Fritzsche das Social Net-
work im „Stern“. „Wir schreiben nicht, was uns wichtig ist, sondern, was bei den ande-
ren gut ankommt“, (ver)urteilt die Autorin. „Alles, was wir online tun, folgt nur dem
Ziel, dafür bezahlt zu werden, in der härtesten Währung unserer Zeit: Aufmerksamkeit.“
Man präsentiere sich „in einer Version ohne Brüche und Unstimmigkeiten“, betreibe
Werbung für sich selbst, statt Wahrheiten zu verbreiten. Schließlich müsse das Gepostete
leicht konsumierbar sein und zu der erdachten Version des eigenen Selbst passen – einer
„Demoversion“ fürs Web.
„Auf der Suche nach Beachtung verkümmern manche als Individuum“ [18], unter-
streicht Martin Simons in der „Welt“ den „Preis“, den Facebook fordere. Online-Platt-
formen böten, so der Autor, etwas, das in der anonymen Massengesellschaft selten ge-
worden sei: „gegenseitige Aufmerksamkeit und Beachtung. Der Nachrichtenstrom auf
Facebook gibt den Benutzern das Gefühl, mit den anderen verbunden und damit nicht
allein zu sein.“ Doch man beraube sich seiner Eigenheit, wenn man sich über das eigene
Innenleben mit jedermann verständigen wolle.
Dennoch – oder deswegen? – sind zwei Drittel der globalen Internetpopulation auf
sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs. „Wäre Facebook ein Land, so wäre es das
achtbevölkerungsreichste Land der Erde – gleich hinter Japan“ (Zuckerberg zit. nach
[14]), freute sich Gründer Mark Zuckerberg im Januar 2009. Laut „Wikipedia“ nutzten
Anfang Juli 2011 sogar bereits 710,9 Mio. Menschen (vgl. [21]) Facebook als soziales
Netzwerk. Allein in Deutschland leben derzeit 22 Mio. Facebook-Aktivisten, das ent-
spricht fast 27 % der Bevölkerung (vgl. [1]), 22 Mio. Kunden oder potenziellen Kunden.
Mithin sind sich jedenfalls die Statistiker einig: Die persönliche E-Mail war gestern,
Social Media ist heute. Hinzu kommt, dass die Zeit, die Nutzer in sozialen Netzwerken
verbringen, wächst und wächst. Schon 2009 waren 10 % der gesamten Internet-Zeit „So-
cial-Media-Zeit“ (vgl. [14]). In jeder Minute wurden auf YouTube rund 13 Stunden Film
hochgeladen, 100.000.000 YouTube-Videos wurden täglich betrachtet, 3.000.000 Tweets
pro Tag versandt und 1.000.000.000 Contents (Links, Stories, Fotos etc.) wöchentlich auf
Facebook „geteilt“. „Früher waren die Internet-Kids auf Facebook, heute der Durch-
schnittsdeutsche“ [1], beschreibt BILD im ersten Teil des großen Facebook-Reports den
Status quo des Jahres 2011, „52 Prozent sind Männer, 48 Prozent Frauen. Im Schnitt hat
240 Christian Arnezeder

jeder 130 ‚Freunde‘ (…) Jeder Zweite geht täglich auf Facebook, sechs Stunden pro Mo-
nat auf der Seite sind normal.“
Fazit: Allerorten gieren die Menschen nach dem Mitmachfaktor der sozialen Netz-
werke. Die Zahlen sprechen für sich – und für ein Unternehmens-Engagement im Be-
reich Social Media. Zumal die Nutzer der Social Networks von Unternehmen geradewegs
zu erwarten scheinen, dass sie sich am Web 2.0 aktiv beteiligen.

2 Gründe für den Einstieg von Harley-Davidson Deutschland


in das Web 2.0

Vielen Unternehmen erscheint der Zeitpunkt richtig und das Phänomen fast wie einst
der Goldrausch: Sie lassen stehen und liegen, was ihnen zuvor wichtig erschien, und
machen sich auf den Weg ins gelobte Land, wo sie das Edelmetall Gerüchten zufolge
vermuten. Dieses Land ist das Web 2.0, und den größten Schürferfolg verspricht man
sich in sozialen Netzwerken wie Facebook. Also auf in das Land, in dem die Nuggets mit
bloßen Händen aus dem Fluss gefischt werden können – nicht zuletzt, weil so viele ande-
re Digger längst da sind.

Dabei sein ist alles – oder etwa nicht?


Kann oder darf ein Unternehmen das Massenphänomen Web 2.0 überhaupt ignorieren?
Diese Frage verneinten wir bei Harley-Davidson Deutschland, der deutschen Niederlas-
sung der Harley-Davidson Motor Company, erst im Jahr 2010 – recht spät, denn unsere
eigenen Vorbehalte waren nicht unerheblich. Was kostet das? Was bringt es uns? Wie
gelingt es uns, zeitnah und juristisch korrekt sowie Company-konform auf Fragen einer
Community zu reagieren? Diese und andere Fragen hatten zuvor stets dazu geführt, das
Thema weiter aufzuschieben. Wir wollten uns keinesfalls blind für die vermeintlichen
Probleme und überstürzt auf den Weg ins gelobte Land der Nuggets machen.
Doch wir hatten die Notwendigkeit erkannt zu handeln, denn wir erfassten, dass wir
das Web 2.0 tatsächlich sinnvoll nutzen können. Schließlich geht es darin – wie die
weiter oben zitierten Kommentare nahelegen, um den „Applaus von Internetfreunden“,
um „gegenseitige Aufmerksamkeit und Beachtung“ und um eine gefühlte Verbunden-
heit miteinander. Was liegt also näher, als all das im Sinne unserer Unternehmensziele
einzusetzen?
„Aufgrund der allgemeinen Tendenz hin zu einer online mehr und mehr sozial ver-
netzten Welt wird Facebook in Zukunft ein unausweichliches Metier für Unternehmen
sein, um sich mit Kunden und Nutzern auszutauschen. Keine andere Plattform bietet so
viele Möglichkeiten, mit Usern und Kunden zu interagieren. Facebook ermöglicht Un-
ternehmen, mit ihren Kunden in deren privaten Leben und auf gleicher Ebene wie mit
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 241

Freunden zu kommunizieren. Wo könnte Kommunikation näher, persönlicher und


authentischer sein als hier?“ [13], bestätigt uns Fachautorin Anja Neumann.
Unsere US-Kollegen waren uns im Web 2.0 bereits etliche Schritte voraus. Aber im-
merhin ist in Deutschland seit März 1999 unter der Adresse www.harley-davidson.de eine
gut gepflegte deutschsprachige Website aktiv, die von Beginn an zahlreiche attraktive
Features bot. Zudem überarbeiten und pflegen wir den deutschsprachigen Wikipedia-Ein-
trag zu unserer Marke. Seit 2006 kommuniziert unser Unternehmen via E-Mail-News-
letter erfolgreich mit tausenden Kunden. Und seit 2010 können außerdem Probefahrten
beim nächstgelegenen Vertragshändler einfach und direkt online gebucht werden, denn
jeder Führerscheinbesitzer kann, darf und soll kostenlos eine nagelneue Harley-Davidson
probefahren – schließlich sind wir der Überzeugung, dass die Probefahrt der Schlüssel
zum Verkauf ist.
Doch bis 2010 waren all unsere Unternehmungen im Web unidirektional geblieben,
während die Vorteile des Konzepts der bidirektionalen Kommunikation aus Sicht der
Nutzer einleuchteten. Eine gewisse Goldgräberstimmung hatte nun letztlich auch uns
erfasst. Zumal das Ganze recht einfach zu sein schien.
Einfach? Nein, es gab schon ein paar Haken. Erinnern wir uns: Facebook will ja Men-
schen mit Menschen verbinden. Über gepostete Fotos, Links und Videos soll man mehr
über die Personen erfahren, die man im Web 2.0 trifft. Doch passt ein Unternehmen,
passen Produkte wirklich in dieses Konzept? Vielleicht noch wichtiger ist ein anderer
Gedankengang: Die Social-Media-Gemeinde will alles andere als das, was Unternehmen
im Allgemeinen gut können, da sie es über Jahre und Jahrzehnte eingeübt haben. Web-
2.0-Menschen erwarten keine Werbung, sie erwarten keinen Monolog. Was sie wollen,
ist Dialog, ist Interaktion. Und genau das sind Unternehmen nicht gewohnt – schon gar
nicht in der „Interaktionsgeschwindigkeit“ sozialer Plattformen.
Wir ließen uns fachlich beraten und lernten hinzu. Etwa die eigentlich recht simple
Tatsache, dass sich so manches Unternehmen von der Anzahl der Friends oder Followers
vieler Facebooker blenden lässt und dabei deren Genese übersieht. Zu den wesentlichen
Zauberworten zählt der Content. Ein junges Mädchen, das sich mit sexy Bikini-Fotos auf
seiner Facebook-Seite präsentiert, kann sich in Kürze eines erklecklichen „Freundes“-
Kreises erfreuen, der sich zu über 90 % aus Mitgliedern des anderen Geschlechts zusam-
mensetzen dürfte. Wer dagegen einen lähmenden Monolog über Erfolge durch die Nut-
zung seines neuen Produkts hält, erntet, was er verdient: nichts.
So entschlossen wir uns, den Auftritt von Harley-Davidson Deutschland im Web 2.0
gründlich vorzubereiten und statt im Alleingang zusammen mit unserer auf derartige
Aufgaben spezialisierten Agentur an den Start zu gehen. Wir lernten, wie planvolles
Vorgehen auf Facebook aussehen kann. Zunächst bedeutet das den fachgerechten Ent-
wurf der Seite und das Erstellen von relevantem Content. All dies sollte zu unserem PR-
Konzept passen, es musste Bestandteil einer Gesamtstrategie sein, und es bedarf der
permanenten Pflege.
242 Christian Arnezeder

3 How to … Social Media – Vom richtigen Einstieg


in die sozialen Netzwerke

Die hohe Bedeutung der Gesamtstrategie unterstreicht die Studie „Warum Social Media
Projekte scheitern und das gut so ist“ des Brand Science Institute (vgl. [2]) und sie zeigt
auf, dass 81 % der untersuchten Unternehmen keine klare Social-Media-Strategie haben,
wobei sich große Firmen noch schwerer tun als kleinere Start-ups. Nur wenige, so besagt
die Studie, verstehen den Wert der Kunden-Interaktion, nur wenige verstehen ihre Kun-
den überhaupt.
Dass das Verständnis für die Kunden über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens
und seiner Produkte entscheidet, war uns glücklicherweise schon recht lange klar.
Schließlich pflegen wir – zum Beispiel über die Harley Owners Group H.O.G. und über
unsere zahlreichen Großveranstaltungen – einen sehr engen Draht zu den Kunden. Nä-
heres zu diesen Themen werde ich später noch erläutern. Bei unserer Strategie für Face-
book jedoch betraten wir natürlich Neuland.
Gemeinsam mit unserer Agentur machten wir uns daran, Ideen zu entwickeln. Was
könnte eine Harley-Davidson-Web-2.0-Gemeinde interessieren, wofür würde sie bren-
nen, woran könnten sich die für User spannenden Diskussionen entwickeln? Als wahre
Fundgrube entpuppte sich dabei zum Beispiel die lange Geschichte unserer Marke. Doch
schon beim Sichten und Selektieren unseres großen Fundus erwies sich, dass uns das
Web 2.0 Zeit und Arbeit abfordert. Ein Unternehmen erliegt einem gravierenden Irrtum,
wenn es annimmt, ein Engagement im Web 2.0 sei so gut wie kostenlos.
Auch ein weiterer typischer Irrweg blieb uns erspart: Aus der bereits zitierten Studie
des Brand Science Institute geht hervor, dass 91 % der untersuchten Unternehmen ihre
Budgets falsch verteilen. Um ihre Social-Media-Aktivitäten finanzieren zu können, fah-
ren sie traditionelles Marketing stark herunter. Daher war es uns wichtig, dass bei Har-
ley-Davidson beides Hand in Hand geht.
Unser Plan sah vor, zunächst auf Facebook durchzustarten und später andere Web-
2.0-Aktivitäten hinzuzunehmen. Wir begannen 2011 damit, ihn in die Tat umzusetzen.
Unsere Grundüberlegung war simpel: Wenn künftig sehr viele Menschen unsere Face-
book-Seite mögen, wird unsere Marke häufiger erwähnt, es wird eine virtuelle Commu-
nity rund um sie herum entstehen, es werden noch mehr positive Emotionen mit der
Marke verknüpft, und unsere Produkte werden infolgedessen häufiger gekauft. Schließ-
lich lebt kein Unternehmen allein von Freunden in der digitalen Welt, sondern letztlich
vom erzielten Gewinn in Euro, Dollar oder Yen.

4 Vernetzt auch ohne PC – Die Harley-Davidson-Familie

Mit Communities kennen wir uns grundsätzlich bereits bestens aus, denn im Gegensatz
zu vielen anderen Firmen zeichnet sich unser Unternehmen seit vielen Jahrzehnten da-
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 243

durch aus, dass es eine „Familie“ um sich schart – ein beträchtlicher Part unseres wirt-
schaftlichen Erfolgsrezepts! Der folgende kleine Exkurs soll Ihnen verdeutlichen, wie es
dazu kam.
Dass Harley-Davidson die wirtschaftlich stürmischen Zeiten der Fünfziger-, Sechzi-
ger- und Siebzigerjahre überlebte, ist zu großen Teilen den Bikern zu verdanken, die sich
in MCs (Motorcycle Clubs) zusammengeschlossen hatten – kurz: den Rockern. Sie hiel-
ten Harley-Davidson stets die Treue. Viele MCs entstanden nach dem Zweiten Welt-
krieg, als sich Kriegsheimkehrer nicht mehr in die aus ihrer Sicht spießige US-Gesell-
schaft eingliedern konnten. Die Bürger fuhren Autos, also fuhren sie Motorrad, und
zwar Harleys. In den folgenden Jahren erhielt die Szene regen Zulauf aus den Reihen
rebellischer Jugendlicher, die gegen die Bevormundung ihrer Eltern aufbegehrten und
sich nach einer neuen Freiheit sehnten. Zahlreiche Hollywood-Filme wie „The wild one“
mit Marlon Brando und „Easy Rider“ mit Dennis Hopper und Peter Fonda griffen das
Thema auf und trugen dazu bei, dass das Motorrad im Allgemeinen und die Harley-Da-
vidson im Besonderen zum Synonym für Freiheit, Individualität und Nonkonformismus
wurde.
Inzwischen haben sich Motorcycle Clubs mehr und mehr zur etablierten Subkultur
entwickelt. Ihre Members zählen indes ebenso selbstverständlich zu unseren Kunden wie
Politiker, Manager, Rechtsanwälte und Architekten. Eine Harley-Davidson verbindet
beide Seiten miteinander und sorgt dafür, dass auch der aufgedrehteste Manager den
coolen Rocker in sich spürt. Wie keine andere Motorradmarke repräsentiert Harley-
Davidson heutzutage ein Lebensgefühl. Dazu zählen die Musik, die Lebensfreude, das
gemeinsame Feiern und natürlich die Leidenschaft für das Motorradfahren, die die un-
terschiedlichsten Menschen allerorten unter dem Bar & Shield-Logo zusammenführt. So
fühlen sich Harley-Fahrer seit Jahrzehnten als Mitglieder einer ebenso großen wie hete-
rogenen Familie miteinander verbunden. Wer sich einmal für eine Harley-Davidson
entschied, wird auch künftig kaum eine andere Marke wählen, denn Harley-Kunden
sind die markentreuesten unter den Motorradfahrern.
Aber nicht nur Harley-Davidson-Fahrerinnen und -Fahrer begreifen sich als eine
Familie, auch die Firma Harley-Davidson selbst ist eine Art „Familienunternehmen“.
Hier stehen Menschen hinter dem Markennamen: Noch heute sind charismatische
Nachfahren der Unternehmensgründer in der Firmenspitze tätig, Menschen wie Willie
G. Davidson, der Enkel eines der Firmengründer. Noch heute – im hohen Alter – ver-
bringt er alljährlich Tausende von Meilen im Sattel. Willie G. ist überzeugt: „Unsere
enge Beziehung zu Motorradfahrern ist davon bestimmt, dass wir selbst Motorrad
fahren.“
Nicht nur die Familie Davidson, sondern das gesamte Harley-Davidson-Management
ist nur allzu gern mit von der Partie, wenn sich Harley-Enthusiasten treffen – zum Bei-
spiel auf den großen von unserer Marke organisierten Motorradevents. Bei derartigen
Begegnungen zwischen Kunden und Managern gibt es keinerlei Berührungsängste, denn
alle Harley-Manager fahren Motorrad, und sie verstehen sich ebenso als Biker wie ihre
Kundschaft. „We ride with you“, brachte es Willie G. Davidson vor Jahren auf den Punkt.
244 Christian Arnezeder

Abb. 1 Motorcycle Club, 1970er Jahre (Quelle: Harley-Davidson intern)

Abb. 2 Die Harley Owners Group verbindet (Quelle: Harley-Davidson intern)

Wenn man von der weltweiten Harley-Familie spricht, darf die Harley Owners Group
(H.O.G.) nicht unerwähnt bleiben. Seit 1983 existiert dieser Motorcycle Club der etwas
anderen Art. H.O.G. ist die weltweit größte Kundenvereinigung, die von einem Motor-
radhersteller unterstützt wird. Rund um den Erdball ist die Mitgliederzahl inzwischen
siebenstellig. Ziel der Harley Owners Group ist es, den Kontakt der Harley-Davidson-
Fahrer untereinander zu fördern und eine noch direktere Tuchfühlung zwischen der
Company und den Kunden zu pflegen – ganz im Sinne der „Close to the Customer“-
Philosophie, die Harley-Davidson seit Jahrzehnten pflegt.
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 245

5 Step by Step – Die Anfänge von Harley-Davidson Deutschland


auf Facebook

All das bringt uns zurück zum Web 2.0. Sie werden erkannt haben, dass die Bildung
einer Community auf Facebook für uns die logische Übertragung unseres sehr realen
und klassischen Community-Gedankens in die virtuelle Welt war. Fachautorin Anja
Neumann bestätigt unseren Ansatz: „Dem Aspekt des Gefühls einer Community kommt
bei der Kundenbindung auf Facebook eine große Rolle zu. […] Der unpersönliche Cha-
rakter des Internets wird durch die Verknüpfung mit Freunden und Freundes-Freunden
aufgehoben. Diese emotionale Bindung hat Auswirkungen auf das Vertrauen der Nutzer
und deren Zufriedenheit mit dem in der Community aktiven Unternehmen“ [13].
Sobald unsere Community entstanden war, wurde ein Eingehen auf deren Fragen un-
erlässlich. Dabei gilt es, den Finger am Puls der sozialen Bedürfnisse der Nutzer und der
Technologie des Webs zu behalten, was Zuverlässigkeit und Kreativität unseres Marke-
tings und unserer Agentur erfordert – schließlich geht nur derjenige nicht in der Masse
unter, der permanent aus ihr hervorsticht. Wir lernten auch, dass derjenige, der „auf
Facebook kommunizieren möchte, den direkten Dialog zum Kunden sucht und zugleich
unternehmerische Offenheit suggeriert“, damit leben muss, „die Kontrolle über eigene
Inhalte und Themen ein Stück weit an die Community zu verlieren“ [16]. Man kann hier
mit Fug und Recht noch weitergehen als Medienwissenschaftler René Rübner: Es kann
nämlich durchaus passieren, dass man sie mehr als „ein Stück weit“ verliert.
So mussten also auch Notfallpläne, etwa zum Umgang mit Beschwerden, erstellt wer-
den (86 % der Unternehmen haben laut der Studie des Brand Science Institute keinen
Plan, wie sie mit Kritik umgehen; man denke etwa an die berühmten „Nestlé Killer“).
„Zu den wichtigsten Regeln einer starken Social-Media-Strategie auf Facebook gehört es,
die Meinung der Nutzer ernst zu nehmen und ihnen gerade dann besonders genau zu-
zuhören, wenn sie ihren Ärger äußern“ [16], bestätigt Rübner. Wir werden also den Dialog
auf Augenhöhe pflegen und nicht gekränkt und beleidigt auf angemessene Kritik reagie-
ren, sondern die Relevanz des Kommentators bewerten und bei Bedarf so zeitnah, ehr-
lich, offen und sachlich wie möglich damit umgehen. Als „populärstes Beispiel für den
falschen Umgang mit Beschwerden“ [16] beschreibt Rübner den Fauxpas des Unter-
nehmens TelDaFax, „dem ein klassisches Eigentor gelang, als es seine Kunden auf der
eigenen Fanpage darum bat, doch bitte keine Beschwerden und Kundenanliegen mehr
vorzubringen. Die Kunden reagierten prompt – mit einer digitalen Kritikwelle, die sich
gewaschen hat und bereits nach kürzester Zeit das gesamten Web eroberte“ [16]. Bei
ungerechtfertigter Kritik – so empfiehlt es auch Rübner in seinem Beitrag – wird der
Autor um eine Richtigstellung gebeten, wozu man ihm entsprechende Quellen zur Ver-
fügung stellt. Geht er nicht darauf ein, werden wir Falschinformationen richtigstellen,
indem wir entsprechende Fakten benennen. Bei alledem erweisen sich Floskeln und
vorgefertigte Antwortschablonen als wenig sinnvoll. Ehrlichkeit und Authentizität – wie
sie den traditionellen Prinzipien der Kommunikation in unserem Unternehmen entspre-
chen – helfen hingegen dabei, Gerüchten keinen Raum zu lassen. Tiefgreifende Probleme
246 Christian Arnezeder

werden aus der öffentlichen Diskussion genommen, indem der direkte „private“ Kontakt
angeboten wird.

Expansion auf andere Plattformen


Im dritten Monat des Facebook-Auftritts wurden unserem Plan gemäß ein eigener Vi-
deochannel auf YouTube und ein Fotostream auf Flickr installiert. In Zukunft ist zudem
die Einrichtung eines eigenen Blogs denkbar. Wir planen, besonders aktive User und
Fürsprecher der Marke mit speziellen Goodies – etwa in Form eines Meetings – zu be-
lohnen. Schließlich sind es die im Web 2.0 Aktiven, auf die man sich als Unternehmen
verlassen können muss – denn das sind oft überraschend wenige. So geht aus der Studie
des Brand Science Institute (vgl. [2]) hervor, dass beispielsweise bei Wikipedia lediglich
ein halbes Prozent aller aktiv gewordenen Nutzer für fast zwei Drittel der Editierungen
verantwortlich ist, was einem Kreis von nicht einmal 2.000 Personen entspricht. Ähn-
liches belegen Studien zu Twitter (vgl. [10]): Ein Drittel aller User haben noch nie get-
weetet und ganze 80 % haben weniger als 10 Tweets abgeschickt. Die Aktiven aber sind
weniger als „Konsumenten“ denn als „positive Multiplikatoren“ oder nahezu als „Mitar-
beiter“ zu betrachten, sie bedürfen des Gefühls der Mitsprache und der Gestaltung.

Vom Web auf die Straße – Aktion Blackline


Für eine gewisse Ernüchterung im Lager vieler Web-2.0-affiner Unternehmen dürfte
die internationale IBM-Studie „From Social Media to social CRM – What customers
want“ (vgl. [8]) gesorgt haben, in der 1.056 Kunden und 351 Unternehmen aus densel-
ben Ländern gefragt wurden, was der Kunde von einer Fanpage erwartet. Die Untersu-
chung ergab, dass die Vorstellungen der Unternehmen und jene der Kunden sehr stark
voneinander abweichen. Während Unternehmen hoffen, der Kunde besuche ihre Fan-
seite, um sich über interessante oder neue Produkte zu informieren, gaben die Kunden
an, die Seite in erster Linie in der Hoffnung auf attraktive Rabatte und Gutscheine zu
besuchen. Diese stehen in der Prioritätenliste der Unternehmen jedoch auf dem aller-
letzten Rang.
Derartigen Wünschen muss entgegengekommen werden, ohne eine Facebook-Fan-
page zum „Schnäppchenmarkt“ verkommen zu lassen. Wir kamen ihnen mit unserer
ersten großen Facebook-E-Marketing-Aktion „Blackline Easy Rider“ nach. Sieben Har-
ley-Davidson-Motorräder, die unsere hauseigene Werkstatt in verschiedener Weise de-
zent „customized“ (umgebaut, modifiziert und mithin „individualisiert“) hatte, wurden
der Web-Community über eine mit Facebook verlinkte Internetseite für Probefahrten zur
Verfügung gestellt. Jeder, der sich über die Seite bewarb, hat die Chance, drei Wochen
lang eines der Bikes zu testen. Dabei postet er seine Erlebnisse – im besten Fall eine Story
–, die er in Wort, Bild und Video auf diversen Online-Kanälen präsentiert. Der Easy Ri-
der mit der coolsten Geschichte darf die „Blackline“ ein Jahr lang kostenlos fahren. Das
Ziel der Aktion besteht darin, ein höheres Interesse an unserem Modell „Blackline“ zu
generieren. Da die Aktion zum Zeitpunkt, da diese Zeilen geschrieben wurden, noch
nicht abgeschlossen war, können wir über den Erfolg noch keine Aussagen treffen.
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 247

Abb. 3 Harley-Davidson Deutschland auf Facebook – „Aktion Blackline“ (Quelle: vgl. [7])

Erwartungen der Zielgruppe


Erinnern Sie sich, dass wir uns weiter oben auch die Frage stellten, ob Facebooker über-
haupt mit Unternehmen kommunizieren wollen? IBM interessierte sich auch dafür und
fand heraus, dass nur 23 % der Befragten überhaupt mit einer Marke interagieren wollen,
vielmehr wolle man mit Freunden und der Familie in Kontakt bleiben, Meinungen äu-
ßern, unterhalten werden und Nachrichten erfahren. 55 % eröffneten den Interviewern,
in sozialen Netzwerken in keinem Kontakt mit Marken zu stehen. Wir glauben, dass dies
im Umkehrschluss ein großes Potenzial bedeutet: Wer noch nicht im Kontakt zu einer
Marke steht, wird dies vielleicht in Kürze nachholen, denn zahlreiche Unternehmen
haben inzwischen aus den Erfahrungen gelernt, die sie selbst oder andere vor ihnen im
Web 2.0 gemacht haben.

6 Möglichkeiten und Bedeutung der Erfolgskontrolle

Wie und was trägt das Ganze aber nun zur Erreichung unserer Unternehmensziele bei?
Um die Frage beantworten zu können, müssen wir zunächst einen Blick auf die dafür
relevanten Faktoren werfen.
Dass im Web 2.0 nicht Masse, sondern Klasse ausschlaggebend ist, zeigte unlängst ein
Experiment des Bloggers Roskos, der für eine fiktive Firma eine Facebook-Seite anlegte,
die im Wesentlichen aus einer Pinnwand bestand – ohne Produkt, ohne Story, ohne
Gewinnspiel und ohne Videos. Er bat seine Kontakte, ihm zu folgen und hatte nach
248 Christian Arnezeder

einigen Stunden 25 und wenig später bereits 1.000 Follower (vgl. [10]). Der Versuch
zeigt, dass nicht die schiere Zahl der Follower, sondern vielmehr Engagement und Inter-
aktion der Community-Mitglieder – etwa interessante „Gespräche“ und der Austausch
von Links – entscheidend sind. Es kommt nicht auf 1.000 Mitläufer, sondern auf 200
Aktive an, und es geht um nicht weniger als um die eigene Reputation im Web 2.0, um
Customer Relationship Building!
Ist die reine Quantität der Follower schon nicht entscheidend, so hinterfragen wir also
die Qualität ihrer Aussagen. Was posten sie über unsere Marke? Wie viele Posts sind
negativ, wie viele positiv? Wie entwickelt sich die Loyalität der User? Wer sind diese
Menschen überhaupt? Wie viele Kunden machen mit? Wie viele potenzielle Kunden
sind dabei? Die Wechselbeziehungen zwischen den Antworten auf diese Fragen werden
uns Hinweise auf etwaige Fehler im bisherigen Vorgehen und auf die Marschrichtung im
weiteren Vorgehen geben.
Innerhalb weniger Wochen war es uns gelungen, 3.000 Likers auf Facebook zu gene-
rieren. Konnten wir uns nun stolz und zufrieden zurücklehnen? Wenn man – wie es
manche Agenturen nahelegen – jeden dieser Likers mit einem virtuellen Wert in harter
Währung bemisst, durchaus. Doch an dieser Stelle macht sich zu Recht ein schaler Bei-
geschmack breit: Wie viel ist ein Facebook-Fan „wert“? 71 Dollar? Mehr? Weniger? Und
warum soll er das überhaupt wert sein? Die Studie des Hamburger Brand Science Institu-
te (vgl. [2]), die über sieben Monate 52 Marken in zwölf europäischen Ländern in den
Fokus nahm, bestätigte, dass 87 % der untersuchten Unternehmen die Erwartungen an
ihren Social-Media-Einsatz korrigieren mussten. Google-Mitarbeiter Avinash Kaushik
brachte es unlängst auf den Punkt: „Social media is like teen sex. Everyone wants to do it.
Nobody knows how. When it’s finally done there is surprise that it’s not better“ (Kaushik
zit. nach [2]).
Das „Gschmäckle“ ergibt sich aus der ebenso bangen wie berechtigten Frage, was man
denn nun eigentlich von alledem habe, nachdem man es eine gewisse Zeit über prakti-
ziert hat. Viel Geld ist geflossen und man ist es gewohnt, eine erkleckliche Rendite für
seine Anlagen zu erzielen. Blogs, Twitter und Facebook mögen Spaß bereiten, sie müssen
sich für ein Unternehmen aber auch bezahlt machen. Was man stattdessen sieht, sind
endlose Ketten von Aktionen und Reaktionen, die Zeit und Ressourcen verschlingen.
Doch wie misst man Inspirationen und wie Beziehungen? Wer kann am Ende noch
sagen, ob eine Veränderung in den Absatzzahlen tatsächlich auf einen Erfolg oder Miss-
erfolg des Web-2.0-Engagements zurückgeht? Als „weitere Hürde“ bezeichnet Consul-
tant Erik Meierhoff von Key-Work Consulting die Kausalität: „Folge ich einer Marke auf
Facebook, weil ich sowieso ‚Hardcorekäufer‘ von ihr bin oder werde ich zum ‚Hardcore-
käufer‘, weil ich auf Facebook folge? Wenn Letzteres der Fall wäre, wäre die Investition
in einen umfassenden Facebook-Auftritt und zahlreiche ‚Werde Fan‘-Kampagnen à la
‚Viel hilft viel‘ mehr als gerechtfertigt. Wenn nicht, so wäre Facebook ‚nur‘ der Sammel-
platz für meine ‚Hardcorekäufer‘“ [12].
Viele Unternehmen stellen sich solche richtigen und wichtigen Fragen erst sehr spät.
Daher erscheint uns beim Web-2.0-Engagement neben dem planvollen Vorgehen auch
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 249

die Messung der Ergebnisse mit geeigneten Methoden so aufwändig wie unerlässlich. Zu
diesem Zweck ist das Zusammenlegen und Korrelieren diverser Datensätze unumgäng-
lich. Meierhoff empfiehlt in seiner Social-Media-Analyse folgendes Vorgehen:
In einem ersten Schritt identifiziere man die Facebook-Fans innerhalb der eigenen
Kundenbasis. „Welchen Kundenwert haben diese? Konzentriert sich die Verteilung auf
bestimmte Segmente?“ [12].
In einem zweiten Schritt gelte es, festzustellen, wie die Facebook-Fans im Vergleich zu
Nicht-Facebook-Fans über die Zeit zwischen den Kundenwertsegmenten gewandert
seien: „Haben sie sich tendenziell verbessert, vielleicht sogar mehr als Nicht-Fans?“ [12].
Die Beantwortung dieser Frage ist allerdings recht schwer, da auch andere Faktoren wie
z. B. ein E-Mail-Newsletter Einfluss genommen haben können. Meierhoff empfiehlt pro-
fessionelle Data-Mining-Methoden zur Evaluation.
Es mag noch besser sein, dem zentralen Rat von Meierhoff zu folgen und bei Web-
2.0-Kampagnen bereits im Vorfeld eine zufallsverteilte Kontrollgruppe zu definieren, die
nicht über die Aktion informiert wird, und in zeitlichem Abstand zur Aktion den durch
Mitglieder der informierten Gruppe und Mitglieder der nicht informierten Gruppe er-
zielten Umsatz und Gewinn zu vergleichen. Doch ist dieses Vorgehen für unser Geschäft
und mit unserem Datenpool nicht praktikabel.
Weiter oben hatten wir festgehalten, dass es bei Web-2.0-Aktivitäten um die eigene
Reputation und letztlich um Customer Relationship Building geht. Auch dessen Wert
lässt sich nach Meierhoff (vgl. [12]) messen, wenn Faktoren wie Loyalität, Retouren-
häufigkeit und -gründe sowie Abwanderung nach Reklamationen in Abhängigkeit vom
Fanstatus bei Facebook betrachtet werden.
Die meisten Experten sind sich einig über die zentrale Bedeutung der Erfolgskontrolle
bei Web-2.0-Aktivitäten. Zu Recht gibt Meierhoff zu bedenken: „Wenn Ihre bisher wert-
vollsten Kunden durch Ihr Facebook-Engagement immer mehr abrutschen bzw. abwan-
dern, dafür aber immer mehr ‚Schnäppchenjäger‘ angezogen werden, dann läuft definitiv
etwas falsch!“ [12].
Fazit: Die Entwicklung einer tragfähigen Strategie zählt vom ersten Konzept bis hin
zur Erfolgsmessung einzelner Kampagnen zu den wichtigsten Aspekten für ein Unter-
nehmen, das im Web 2.0 erfolgreich sein will. Was unser Web-2.0-Engagement angeht,
so sind wir noch nicht im Stadium des Monitorings angelangt, so dass wir zum gegen-
wärtigen Zeitpunkt keinerlei Wertung über Messverfahren, deren Nachvollziehbarkeit,
Stichhaltigkeit und Relevanz für unsere Unternehmensziele sowie für unsere Ziele im
Web 2.0 treffen können.

7 Wie generiert man langfristigen Erfolg?


Erwartungen für die Zukunft

Und wie sieht es mit Sättigungseffekten aus? Ob Facebook-Nutzer am Ende sogar die
Langeweile packt, fragte sich der „Spiegel“ (vgl. [20]) im August 2011. Das IT Marktfor-
250 Christian Arnezeder

schungs- und Beratungsunternehmen Gartner hatte Ende 2010 bis Anfang 2011 in einer
Studie mit 6.000 Internet-Nutzern in 11 Ländern festgestellt, dass viele Menschen zwi-
schen 18 und 29 von Social Media offenbar gelangweilt seien. Ein Viertel der Mitglieder
von sozialen Netzwerken gab an, das Angebot nach der ersten Anmeldung zunehmend
weniger zu nutzen.
Dennoch wachsen die sozialen Netzwerke insgesamt weiter. In Japan, Großbritan-
nien und den USA stieg die Nutzung leicht an oder sie blieb zumindest gleich. In ande-
ren Ländern, in denen soziale Netzwerke noch nicht so weit verbreitet sind, stieg die
Nutzung deutlicher an. Offenbar mache sich ein Sättigungseffekt dort bemerkbar, wo so
gut wie alle Jugendlichen Mitglied in einem solchen Netzwerk sind. Angebote wie Face-
book erzielen hier ihre größten Zuwachsraten bei Menschen, die dem Teenager-Alter
entwachsen sind. Dies gilt offenbar inzwischen auch für Deutschland, wo der große
Facebook-Report von BILD (vgl. [1]) konstatiert, dass die meisten Nutzer zwischen 18
und 34 Jahre alt seien, die größten Zuwächse jedoch in der Gruppe der Älteren erzielt
würden.
Auch hier sehen wir ein interessantes Potenzial für unsere Marke. Unsere Kunden
sind derzeit im Durchschnitt etwa 45 Jahre alt. Sie bilden die real existierende Communi-
ty, die unsere Motorräder fährt. Von Facebook erhoffen wir uns die Ansprache einer
tendenziell jüngeren Community, die jetzt oder in naher Zukunft das Harley-Fahren als
ihr Hobby entdeckt. Unser Ziel bei allen Web-2.0-Aktivitäten besteht darin, dem User
am Bildschirm eine zentrale Plattform für seine Leidenschaft zu bieten, ihn dort mit
unseren Produkten und Aktivitäten zu begeistern und ihn davon zu überzeugen, dass er
die virtuelle immer wieder zugunsten der realen Welt verlässt, um den nächstgelegenen
Vertragshändler zu besuchen: Rauf aufs Bike und rein ins Abenteuer! Wir wünschen
uns, dass diese Abenteuer und Erlebnisse mit unseren Produkten geteilt werden und sich
die viralen Effekte der Verbreitung sowohl positiv auf unser Image als auch auf unseren
Absatz auswirken.
Eine weitere Studie des IT Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Gartner
bestätigt uns in unserem Vorgehen. Unternehmen, die kollektive Verhaltensweisen für
sich nutzen, werden im Social Web erfolgreich sein, fanden die Forscher in ihrer Unter-
suchung zum Potenzial von Social Media für Unternehmen heraus (vgl. [9]). Über einen
Zeitraum von zehn Monaten hatte Gartner 200 erfolgreiche Social-Media-Aktivitäten
untersucht, um aufzuzeigen, wie kollektive menschliche Verhaltensweisen einen ge-
schäftlichen Mehrwert erzielen können. Die Freigabe kollektiven Wissens (etwa über
Blogs und Wikis), die Vergrößerung von Interessengruppen oder die Koordination grö-
ßerer Personenkreise (etwa bei Marketingkampagnen) zählen zu den kollektiven Verhal-
tensweisen, die demnach via Social Media genutzt werden können. Wichtig sei, dass Un-
ternehmen Social Media nicht als geschlossenes System betrachten sollen, sondern als
ein Werkzeug, um geschäftlichen Erfolg zu generieren.
So sind wir derzeit der Überzeugung, mit unserer Strategie auf dem richtigen Weg zu
sein. Dieser ist definitiv noch lang, denn wir sind erst vor kurzem gestartet und glauben
nicht an kurzfristige Erfolge.
Social Branding bei Harley-Davidson Deutschland 251

Literaturverzeichnis

1 Albert, A./Merholz, A. (2011): Facebook-Republik Deutschland, in: Bild.de, URL:


http://www.bild.de/digital/internet/facebook/republik-deutschland-19510918.bild.html, abgerufen
am: 02.09.2011.
2 Brand Science Institute (2010): Warum Social Media Projekte scheitern und das gut so ist, URL:
http://www.webzweipunktnull.de/warum-social-media-projekte-scheitern-und-das-gut-so-ist/, abge-
rufen am: 02.09.2011.
3 El Thawy, R./Möller, E./Serger, F. (2010): Goethe goes web 2.0 *rofl*, HDGDL. Wie sich die Sprache
im Internet verbindet, URL: http://websquare.imb-uni-augsburg.de/2010-01/5, abgerufen am:
02.09.2011.
4 Facebook (o. A.): Facebook Fanpage – über Facebook, URL: http://www.facebook.com/
facebook?sk=info, abgerufen am: 02.09.2011.
5 Focus (2011): Moritz Bleibtreu kritisiert soziale Netzwerke, Ausgabe 34, URL: http://www.focus.de/
magazin/kurzfassungen/focus-34-2011-moritz-bleibtreu-kritisiert-soziale-
netzwerke_aid_657407.html, abgerufen am: 02.09.2011.
6 Fritzsche, L. (2010): Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken – wir Facebook-Schauspieler, in:
Stern.de, URL: http://www.stern.de/digital/online/selbstdarstellung-in-sozialen-netzwerken-wir-
facebook-schauspieler-1552227.html, abgerufen am: 02.09.2011.
7 Harley-Davidson Deutschland (2011): Facebook Fanpage, URL: http://de-de.facebook.com/Harley.
Davidson.Deutschland, abgerufen am: 02.09.2011.
8 Heller Baird, C./Parasnis, G. (2011): From Social Media to social CRM. What customers want, in:
IBM Global Business Report, IBM Institute for Business Value, IBM Global Services, URL:
http://www.slideshare.net/IBMDK/from-social-media-to-social-crm-ibm-insitute-for-business-
value, abgerufen am: 02.09.2011.
9 Horizont.Net (2011): Gartner-Studie zum Potential von Social Media für Unternehmen, URL:
http://www.horizont.net/aktuell/digital/pages/protected/Gartner-Studie-zum-Potential-von-Social-
Media-fuer-Unternehmen_98477.html?openbox=0, abgerufen am: 02.09.2011.
10 Keth, C. (2011): Klasse statt Masse, in: Create or Die, URL: http://createordie.de/cod/news/
Facebook-Communities-%26ndash%3B-Klasse-statt-Masse-058608.html, abgerufen am: 02.09.2011.
11 Kling, M.-U. (2009): Die Känguru Chroniken, Berlin.
12 Meierhoff, E. (2011): Social Media Analyse. Wie kann man den Erfolg bei Facebook + Co in „harten
Zahlen“ messen?, in: Allfacebook.de, URL: http://www.scribd.com/doc/54035364/Social-Media-
Analyse-Wie-kann-man-den-Erfolg-bei-Facebook-Co-in-%E2%80%9Eharten-
Zahlen%E2%80%9Cmessen, abgerufen am: 02.09.2011.
13 Neumann, A. (2011): Potential der Kundenbindung auf Facebook, in: Allfacebook.de, URL:
http://www.scribd.com/doc/49939499/Kundenbindung-Auf-Facebook, abgerufen am: 02.09.2011.
14 Nielsen (2009): Global Faces and networked places, URL: http://www.slideshare.net/nielsenwire/
global-faces-and-networked-places, abgerufen am: 02.09.2011.
15 Panke, S. (2007): Unterwegs im Web 2.0. Charakteristiken und Potenziale, URL:
http://www.e-teaching.org/materialien/artikel/, abgerufen am: 02.09.2011.
16 Rübner, R. (2011): Wie Unternehmen mit Kritik auf Facebook umgehen sollten, in: Allfacebook.de;
URL: http://www.scribd.com/doc/56992245/Die-10-wichtigsten-Regeln-im-Umgang-mit-Kritik-auf-
Facebook-Infografik, abgerufen am: 02.09.2011.
17 Siever, T./Schlobinski, P./Runkehl, J. (2005): Reihe Linguistik – Impulse & Tendenzen, Band 10,
Websprache.net, Sprache und Kommunikation im Internet, Berlin/New York.
18 Simons, M. (2009):Was wir durch Facebook und Co verlieren, in: Welt.de, URL: http://www.welt.de/
wirtschaft/webwelt/article4982539/Was-wir-durch-Facebook-und-Co-verlieren.html, abgerufen am:
02.09.2011.
252 Christian Arnezeder

19 Sindermann, D. (2011): Interview mit George Clooney. Lieber einen Prostata-Check als eine Face-
book-Seite, in: Blick.ch, URL: http://www.blick.ch/unterhaltung/kino/lieber-prostta-check-als-eine-
facebook-seite-176909, abgerufen am: 02.09.2011.
20 Spiegel (2011): Facebook-Nutzer plagt die Langeweile, in: spiegel.de, URL: http://www.spiegel.de/
netzwelt/web/0,1518,780484,00.html, abgerufen am: 02.09.2011.
21 Wikipedia (2011): Artikel – Facebook, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Facebook, abgerufen am:
02.09.2011.
22 Wikipedia (2011): Artikel – Web 2.0, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Web_2.0, abgerufen am:
02.09.2011.
„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social
Web ist mehr als das neue Marketing
17
Andreas H. Bock

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 254
2 Meilensteine des Programms und assoziierter Projekte ...................................................... 254
3 Die bisherigen Erfahrungen in der Zusammenschau .......................................................... 255
4 Randbedingungen im Marktumfeld ....................................................................................... 257
5 Modelle zur konzeptionellen Entwicklung von „Telekom hilft“........................................ 258
6 Wohin geht die „Customer Service Journey“? ...................................................................... 260
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 261

_______________________
Andreas H. Bock ()
Landhausstraße 36, 10717 Berlin, Deutschland
e-mail: andreas.bock@telekom.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 253


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_17, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
254 Andreas H. Bock

„Es wird Zeit, Kundenservice nicht mehr nur als Cost Center zu betrachten, sondern als eine strategi-
sche Speerspitze für die Markenführung.“ Andreas H. Bock

1 Einleitung

Marke machen mit Kundenservice im Social Web. Das war eines der wesentlichen Ziele
des Programms „Telekom hilft“. „Customer Service is the new, new marketing“, war
schon 2008 einer der „Schlachtrufe“ aus der Social-Media-Avantgarde ([14], S. 3). Aber
Kundenservice im Social Web stärkt nicht nur die Positionierung einer Marke, sondern
auch Kundenzufriedenheit und Kundenbindung – vorausgesetzt, die öffentlich arbeiten-
den Service-Teams liefern exzellente und überraschende Service-Erlebnisse an die ver-
netzten Kunden der Word-of-Mouth-Welt des Internets.
„Telekom hilft“ ist das Social-Media-Programm des Bereichs Internet Vertrieb & Ser-
vice der Telekom Deutschland GmbH. Das Programm wurde im Herbst 2009 initiiert
und soll das Potenzial des Social Web erkunden, um agil und iterativ die Social-Media-
Strategie und -Roadmap für die kommenden Jahre zu definieren und die Umsetzung zu
steuern. Zum Start des Programms wurden folgende Ziele definiert (vgl. [2], S. 449f.):

• Innovation: Positionierung als „Category Leader“ im Telco-Markt, um neue Kunden-


kontaktpunkte und neue Formen der Kommunikation zu erproben und damit als In-
novator zu einem positiven Image beizutragen – ganz im Sinne des Anspruchs, das
„bestangesehene Serviceunternehmen der Branche“ zu werden,
• Service: Steigerung von Kundenzufriedenheit und -bindung, Reduktion von Kosten
durch die virale Verbreitung von Informationen, Unterstützen der Produktion und
Distribution von Nutzer-generierten Inhalten sowie Promotion von Kundenselbstbe-
dienungs-Angeboten (Customer Self Care),
• Vertrieb: Umsatzsteigerung durch On-Top-Umsätze sowie Cross- und Upselling.

2 Meilensteine des Programms und assoziierter Projekte

Schnell und umfassend Erfahrungen zu sammeln, um das Potenzial eines Social-Media-


Engagements zu erkunden und durch harte Fakten mess-, plan- und kontrollierbar zu
machen: Das war eine der wesentlichen Vorgaben für das Programm. Wichtigste Vor-
aussetzung war zunächst die Identifikation interner Ressourcen mit hoher Service-Kom-
petenz, die durch die Auswahl des Kompetenz-Centers Kiel gestellt wurden. Außerdem
mussten die erforderlichen Prozesse definiert werden, um eine bestmögliche Integration
in die vorhandenen Abläufe und Tools zu ermöglichen. Da für die Administration des
Service-Dialogs zwischen Mitarbeitern und Kunden nach Prüfung durch den Daten-
„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social Web ist mehr als das neue Marketing 255

Tab. 1 Meilensteine des Programms (Quelle: eigene Darstellung)

Mai 2010 Launch des Twitter-Service-Kanals „Telekom hilft“.


Juli 2010 Präsenz von Telekom-Service-Mitarbeiter/-innen in externen Foren
wie z. B. onlinekosten.de, insbesondere als Ansprechpartner/-innen für
Reklamationen und Eskalationsfälle.
September 2010 Launch des Facebook-Service-Kanals „Telekom hilft“.
Oktober 2010 Launch des Blogs „Service-Notizen“.
Oktober 2010 Start der Facebook-Aktion „Windows Phone 7 Testpiloten“ als Rubrik
von „Telekom hilft“.
November 2010 Präsentation der Freundschaftswerbung auf Facebook als Rubrik
von „Telekom hilft“.
Dezember 2010 Verlinkung der Service-Videos der Telekom.de auf Facebook als Rub-
rik von „Telekom hilft“.
Januar 2011 Erweiterung des über zehn Jahre alten Kundenservice-Forums um
Mobilfunk-Themen und die entsprechende personelle Ausstattung.
Frühjahr/Sommer 2011 Vertriebsaktionen über „Telekom hilft“ auf Facebook.
August 2011 Vertriebsaktionen für die „Telekom Shops“ über die ortsbezogenen
Services „Facebook Places“ und „Foursquare“.

schutz vorhandene Software-as-a-Service-Lösungen verwendet werden konnten, wurden


sehr kurze Laufzeiten der Pilotprojekte und ein agiles Vorgehen ermöglicht (vgl. Tab. 1).

3 Die bisherigen Erfahrungen in der Zusammenschau

Kundenservice im Social Web funktioniert. Das Social Web ist der öffentliche Raum des
Dialogs von Konsumenten über Marken, Produkte und Services – mit vielen leicht zu-
gänglichen und intuitiv bedienbaren Instrumenten vom Fünf-Sterne-Rating in Shops
und Bewertungsportalen über spontane Meinungsäußerungen in Blogposts und Kom-
mentaren bis hin zur qualitativ hochwertigen und elaborierten Hobby-Rezension in Bild,
Ton und Schrift. In dieser Do-it-Yourself-Ratgeberwelt wird das ernst gemeinte Angebot
von Unternehmen für einen Kundendialog umgehend angenommen, wenn den Be-
standskunden und Interessenten ein Mehrwert geboten wird. Kundenservice im Social
Web ist ein Mehrwert.
Vertrieb im Sinne von „klassischer Schweinebauch-Verkaufe“ über Facebook funktio-
niert zumindest mit Telekommunikationsverträgen nicht. Marktschreierische Aktionen,
oberflächliche, Aufmerksamkeit heischende Werbebotschaften zum Produktabverkauf
werden umgehend von aleatorisch organisierten „Sozialen Konsumenten-Teams“ auf
ihre Substanz hin analysiert und einem mehr oder minder fundierten Wettbewerbsver-
gleich unterzogen – und das auf der Unternehmens-Page auf Facebook.
256 Andreas H. Bock

Innovation zu bieten und darüber das Image der Telekom positiv zu beeinflussen, war
eines der Hauptziele des Projekts. Mit „Telekom hilft“ wurde dieses erfolgreich umge-
setzt. Umfassende „Funktionstests“ insbesondere durch Kommunikatoren und Influen-
cer zu diesem am Markt ganz neuen Service erbrachten fast ausschließlich positive
Ergebnisse. In der Folge sind bereits zahlreiche Posts, Artikel und Buchbeiträge über
„Telekom hilft“ als Best Practice für Kundenservice im Social Web erschienen.
Dies führt zu der Frage: Was eigentlich macht das Innovative von „Telekom hilft“
aus? Worin liegen die Unterschiede von „Telekom hilft“ im Social Web zur Kommuni-
kation im „etablierten“ Kundenservice?

• Kundenservice im Social Web bedeutet, dass Service-Mitarbeiter individuell, aber


öffentlich kommunizieren – und nicht in einer abgeschirmten Face-to-Face-Kommu-
nikation per Telefon, E-Mail oder Chat.
• Darüber hinaus wird die Service-Kommunikation öffentlich zugänglich gespeichert.
Alles Geäußerte kann sowohl in Echtzeit mitgelesen, aber auch kurz danach oder
noch Jahre später über Suchmaschinen gefunden und nachgelesen werden.
• Sowohl die Service-Kommunikation in Echtzeit als auch die gespeicherte Service-
Kommunikation können durch soziale Technologien von Kunden oder Dritten weiter
verbreitet, verarbeitet und bewertet werden.
• Die Service-Kommunikation kann anstelle eines Zweiergesprächs zum gemeinschaft-
lichen Gespräch zwischen Vielen werden, das synchron oder asynchron geführt wer-
den kann.
• In diesem Kundengespräch Vieler können sich Mitarbeiter aus dem Kundenservice,
aber auch aus anderen Unternehmensbereichen, Kunden, Interessenten, Mitarbeiter
aus Partnerunternehmen oder auch Dritte einschalten.
• Da die Service-Kommunikation in der Öffentlichkeit stattfindet, kann Service-Kom-
munikation selbst zum Gegenstand von Kommunikation und somit der Kundendia-
log zum „Social Object“ werden.
• Im Social Web wird individuell und dem Kontext angemessen kommuniziert – und
nicht in einer maschinellen Kommunikation wie bei Kundenselbstbedienungssyste-
men (Customer Self Care), Sprachdialogsystemen oder per Semantik gesteuerter Dist-
ribution von Textbausteinen. Bei „Telekom hilft“ gelten redaktionelle Leitlinien mit
Vorgaben (z. B. „Glaubwürdigkeit“), die aus den Gepflogenheiten des Social Web so-
wie den Social-Media-Richtlinien der Telekom abgeleitet wurden (vgl. dazu [11],
S. 89). Im Cluetrain Manifesto heißt das: „Conversations among human beings sound
human. They are conducted in a human voice“ [16].

Diese Merkmale der Kommunikation beschreiben zwar die Innovation hinsichtlich


der Gestaltung der Kundenkontaktpunkte und der Mitarbeiter-Aktivität, aber sie erklä-
ren noch nicht, warum sich diese neue Form der Kommunikation auf die Wahrneh-
mung von Image und Marke insgesamt positiv auswirkt. Worin bestehen die Randbe-
dingungen im Umfeld, die dies erklären können?
„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social Web ist mehr als das neue Marketing 257

4 Randbedingungen im Marktumfeld

Das Kommunikationsverhalten von Kunden ändert sich, und Unternehmen müssen


sich dem anpassen, wenn sie mit diesen Kunden in Kontakt bleiben wollen. In einer
Analyse von Ovum (2009) (zit. nach [7]) wird aufgezeigt, dass US-amerikanische 15- bis
25-Jährige einen immer höheren Anteil an Wochenstunden für Social Networking auf-
wenden im Verhältnis zu SMS, E-Mail, Mobilfunk und Festnetz.
Handlungsbedarf ergibt sich auch aus einer Studie von Edelman Digital. Darin wur-
den 8.095 Menschen der „Millennial Generation“, also der 1970 bis 1990 Geborenen
befragt, die mit digitalen Medien aufgewachsen sind und laut Edelman die momentan
einflussreichste Trendsetter-Gruppe darstellen. Neben der klaren Absage an Kundenser-
vice per Telefonanruf (< 1 %) und der ausdrücklichen Präferenz von 20 % für Kunden-
service per Social Networks ist ein Ergebnis der Studie, dass „Markenpräferenz“ das
wichtigste persönliche Identifizierungsmerkmal für diese Gruppe darstellt: „Millennials
partner with brands to help shape their own personal brands.“ Marken aus allen Lebens-
bereichen sind ein wesentliches Thema und liefern den Anlass für Gespräche und Mei-
nungen der „Millennials“.

„Our 8095 research also found that Millennials are taking action on behalf of brands, both online and
offline, every week. And, those actions aren’t just for high profile lifestyle brands. They’re talking and
sharing opinions about all types of brands, from house cleaners to cookware to clothing and food. One
organic conversation thread on our 8095 Live focus group tracked passionate chatter about carpet clea-
ners“ [1].

Die Nutzung von digitalen Medien hat in den USA ganz offensichtlich nationale und
kulturelle Eigenheiten, aber auch die ARD-ZDF-Onlinestudie 2011 zeigt Verschiebungen
bei elektronischen Kommunikationsmitteln zugunsten von Web 2.0 in Deutschland auf:

„Nach wie vor werden die Web-2.0-Angebote am stärksten von Jüngeren (14 bis 29 Jahre) genutzt. Bei
den Teenagern liegt die Nutzung privater Communitys erstmals vor der E-Mail-Kommunikation, wäh-
rend in allen anderen Altersgruppen die E-Mail die wichtigste Kommunikationsanwendung im Netz
bleibt“ ([3], S. 360).

Neben dem Kommunikationsverhalten ändern sich die Kaufentscheidungsprozesse.


Der klassische „AIDA-Funnel“ hat in seiner simplen „Trötenform“ ausgedient: Attenti-
on-Interest-Desire-Action kann die Konsumentenwelt nicht mehr ausreichend erklären,
um effizient den Markt zu bearbeiten: Soziale, vernetzte, empowerte Kunden haben
völlig neue Möglichkeiten, sich über Marken, Produkte und Services durch eine zuneh-
mende Transparenz der Erfahrungen und Meinungen zu informieren, Kaufentscheidun-
gen durch Mundpropaganda zu beeinflussen und sich gegenseitig beim Kundenservice
zu unterstützen.
McKinsey hat als AIDA-Nachfolgemodell die Kundenentscheidungsreise (Customer
Decision Journey) entdeckt, wonach sich Konsumenten in Schleifen durch Recherche,
Kauf und Produkterlebnis bewegen (vgl. [5]). Ebenfalls als Marketing-Funnel-Nachfol-
258 Andreas H. Bock

gemodell hat Forrester den Kundenlebenszyklus (Customer Life Cycle) mit folgender
Definition eingeführt: „Customers’ relationship with a brand as they continue to disco-
ver new options, explore their needs, make purchases, and engage with the product expe-
rience and their peers“ [10].
Die wesentlichen Merkmale dieser neuen Modelle sind:

• Kundenbindung und -loyalität haben einen neuen Stellenwert in den Wirkungszu-


sammenhängen bekommen – die Aufwertung der Bestandskunden.
• Bestandskunden werden als potenzielle Fürsprecher, Advokaten, Botschafter, Fans
und vor allem auch als Empfehler für eine Marke samt ihrer Produkte und Services
wahrgenommen, die Kaufentscheidungen von Interessenten in ihren Peer Groups
und sonstigen sozialen Umfeldern positiv beeinflussen können.

Unternehmen haben begonnen, auf Social Media als Kontaktkanal zu reagieren: An-
hand einer Befragung von 78 Experten, überwiegend aus den Bereichen Kundenservice,
CRM, Marketing und Unternehmensführung, durch Detecon (vgl. [7], S. 6) zu den we-
sentlichen Trends des Kundenservices der Zukunft wurden folgende Ergebnisse ermittelt:

• 80 % sehen eine Neuausrichtung des Kundenservices als erforderlich an.


• 85 % sehen den Trend zu höherer Automatisierung und steigendem Anteil von Self
Services.
• 70 % sehen den Trend zu Social Media als Servicekanal der Zukunft.

Detecon schließt die Studie mit einer Einschätzung zur Entwicklung des „Kanalan-
teils“ und erwartet, „dass Unternehmen im deutschsprachigen Raum bis 2015 bran-
chenübergreifend durchschnittlich rund 25 % ihres gesamten Servicekontakt-Volumens
über automatisierte Web-Self Services und Social Media abbilden und steuern werden“
([7], S. 40).

5 Modelle zur konzeptionellen Entwicklung von „Telekom hilft“

Als aussichtsreiche Herangehensweise, um als Unternehmen über soziale Medien mit


den Kunden in Kontakt zu treten bietet sich „Social CRM“ („Social Customer Relations-
hip Management“ an. Greenbergs Definition hierzu lautet:

„Social CRM is a philosophy and a business strategy, supported by a technology platform, business ru-
les, processes, and social characteristics, designed to engage the customer in a collaborative conversation
in order to provide mutually beneficial value in a trusted and transparent business environment. It’s
the company’s response to the customer’s ownership of the conversation“ ([9], Position 1064).

Greenberg unterscheidet Social CRM von klassischem CRM wie folgt: Durch „klassi-
sches CRM“ werden die internen Unternehmensprozesse bereitgestellt, um ein effizien-
„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social Web ist mehr als das neue Marketing 259

tes Kundenmanagement zu ermöglichen. Aber „Social CRM“ bedeutet die Erweiterung


des „klassischen CRM“ – neben neuen Verfahren zur Integration und Analyse von kun-
denbezogenen Daten aus dem Social Web –, in erster Linie die Ausrichtung sämtlicher
Unternehmensaktivitäten in Marketing, Vertrieb, Service, Innovations-/Produktmanage-
ment auf das Engagement in Bezug auf den „Social Customer“.
Eine entsprechende „Handlungsanweisung“ zur Umsetzung von Social CRM wurde
von der Altimeter Group durch „18 Use Cases“ des Social CRM vorgeschlagen – in Be-
zug auf Kundenservice sind es drei Use Cases:

1. Social Support Insights generieren durch Monitoring, Listening und die Analyse, wel-
che Chancen und Risiken im Social Web existieren.
2. Rapid Social Response aufbauen durch das Reagieren auf Kundenanfragen und -feed-
back, also den Aufbau von Kundenkontaktpunkten und Kontaktkanälen im Social
Web.
3. Peer-2-Peer (P2P) Unpaid Armies (SP3) ermöglichen, um Fürsprecher der eigenen
Marke zu aktivieren und kollektiven Support im Zusammenwirken von Unterneh-
mensmitarbeitern und engagierten Kunden zu ermöglichen (vgl. [15], S. 14f.).

Ein weiteres Instrument für die kundenzentrierte Entwicklung des Social-Media-Ka-


nals „Telekom hilft“ liegt im Ansatz des Customer Experience Managements (Kundener-
lebnismanagements). Schmitt und Mangold definieren Customer Experience Manage-
ment in folgender Weise: „Customer Experience Management (CEM) ist der Prozess des
strategischen Managements aller Kundenerlebnisse mit einer Marke an sämtlichen Kon-
taktpunkten“ ([12], S. 21). Die Autoren betrachten CEM auch nicht als „Emotional
Branding“, da Emotionen alleine das Kundenverhalten nicht erklären können.
Das Erlebnis ist geprägt durch die Kontakt- oder Kommunikationssituation zwischen
Kunden und Unternehmen. Und je nachdem, wie diese Situation verläuft, entstehen die
für das Verhalten relevanten „Moments of Truth“ (vgl. [4]):

„‚Moments of truth' refer to those moments and situations in which customers turn to a company con-
cerning a matter which is great importance for them.

Typical examples: complaints, questions about inconsistent offers via various distribution channels, the
provision of a new product requiring explanation, or a malfunction which needs to be corrected on lo-
cation.

If not handled properly, such critical customer contacts can have a detrimental effect on customer loyal-
ty or even lead to termination by the customer“ ([6], S. 4).

Jeder einzelne Tweet, jede Facebook-Mail, jeder Blogpost eines „Social-Support-


Teams“ wie des „Telekom hilft“-Teams ist also potenziell der Anlass für einen „Moment
of Truth“ in der digitalen Öffentlichkeit. Daher ist die effektive und effiziente Ausgestal-
tung sowie bestqualifizierte personelle Besetzung der Kundenkontaktpunkte im Social
260 Andreas H. Bock

Web, in der „digitalen Empfehlungsgesellschaft“, so wichtig, um als Unternehmen hier


präsent zu sein und am eigenen digitalen (Ab-)Bild der Marke mitzuwirken:

„Gerade an den onlinebasierten Kundenkontaktpunkten zeigt sich, was die Versprechen eines Unter-
nehmens wert sind: Vorbildliches wird belohnt und Gutes kräftig weiterempfohlen, Fehlverhalten und
Minderwertiges hingegen herbe abgestraft. Und die Menschen machen rigorosen Gebrauch davon. Da-
bei ist die Meinung der Kunden immer subjektiv, häufig verallgemeinernd, manchmal unfair, vielleicht
sogar falsch – aber es ist die Meinung der Kunden, die sie gefragt oder ungefragt weitergeben. Nur leider
tun sie dies selten genug beim Anbieter selbst. Das Internet ist der neue Helfershelfer, dem man alles er-
zählt. Und das, was dann dort dann die Runde macht, ist nicht mehr zu löschen“ ([13], S. 420).

Das ist die Kommunikationssituation für das „Telekom hilft“-Team: Für Fragen zur
Verfügung stehen, negative Äußerungen entdecken, Hinweisen auf Probleme nachspü-
ren, Kunden durch unerwarteten Support überraschen, schwierige Diskussionen mode-
rieren, Trolle ertragen, Kunden und Kollegen aus anderen Unternehmensbereichen
wertschätzen, Shitstorms im Ansatz eindämmen, Parodien lustig finden oder Despek-
tierliches überlesen, hilfreichen Kunden eine Bühne bieten. Ein „Moment of Truth“ nach
dem anderen, der sich in das Gedächtnis des Webs speichert und Tweet für Tweet die
Marke „Telekom“ prägt.

6 Wohin geht die „Customer Service Journey“?

Abschließend ein Fallbeispiel: Im Oktober 2010 wurden 80 Testgeräte eines neuen Fo-
kusprodukts unter bestimmten Voraussetzungen zum Testen, Darüber-Schreiben und
zur Teilnahme an einer strukturierten Befragung an Bestandskunden „verschenkt“.
Wenn in solchen Situationen ein gutes Service-Team mit unkomplizierten technischen
Mitteln im Social Web arbeiten kann, dann entsteht die gemeinsame „Brand Communi-
ty“ durch Fürsprecher und Fans, die gemeinschaftlich mit dem „Telekom hilft“-Team die
Telekom zum „bestangesehenen Serviceunternehmen der Branche“ entwickeln und
solche Dialoge ins Social Web speichern:

Facebook-Nutzer A: „Was ein Müll, man muss Telekom Kunde sein um da mitmachen zu können! Ihr
*** echt. Das ist ja mal wieder typisch Telekom, nur Müll verzapfen. Hier wieder das beste Beispiel.“

Facebook-Nutzer B: „Wieso den Müll verzapfen? Ich finde es nur gerecht… Das nennt man Kunden-
bindung, vorteil wenn man Telekomkunde ist….:-)
Das würde jeder Provider so machen… xD.“

Facebook-Nutzer C: „finde es auch echt schade das man aus blindem hass gegenüber der telekom hier
solche sachen postet! Ich beseitze 3 T-Mobile verträge und bin im festnert Entertain VDSDL kunde! Top
zufrieden… daher bedanke ich mich bei der telekom das Sie solche aktionen startet um uns kunden
auch mal zu sagen „danke“, was sie in meinen augen mit solchen aktionen tut.“

Facebook-Nutzer D: „Jo, ich gebe es offen zu das ich die Telekom toll finde. Sonst währe ich wohl kaum
8 Jahre lang voll zufriedener Kunde. Sowohl im Festnetz als auch im Mobilefunkbereich…“
„Telekom hilft“ – Kundenservice im Social Web ist mehr als das neue Marketing 261

Dieser Dialog ist Ziel bisheriger und Ausgangspunkt weiterer Aktivitäten im Pro-
gramm:

• Das Social Web wurde analysiert, und es wurden geeignete Plattformen für Kunden-
kontaktpunkte und die erforderlichen kommunikativen Kompetenzen im Unterneh-
men entwickelt.
• Die Projekte werden iterativ und agil weiterentwickelt, um sowohl das Kundenkon-
taktpunktnetz zu erweitern als auch das interne Know-how auszubauen.
• Die neuen Kundenkontaktpunkte liefern durch die kommunikative Kompetenz des
Kundenservice-Teams den Mehr- und Erlebniswert für die Kunden.
• Um die installierten Kundenkontaktpunkte herum werden loyale Kunden und Po-
werkunden sichtbar gemacht.
• Loyale Powerkunden werden durch die initialen Aktivitäten sichtbar und so rekru-
tierbar für eine eigene Community-Plattform, um die effiziente Skalierbarkeit von
Kundenservice im Social Web durch Kunden-helfen-Kunden zu gewährleisten.
• Kollaborativer Kundenservice im Social Web durch das Kernteam ist die Wegberei-
tung der „Brand Community“, um vernetzte Kunden mit vernetzten Mitarbeitern aus
allen Wertschöpfungsbereichen des Unternehmens zu konnektieren.

Literaturverzeichnis

1 Abraham, A. (2011): Why Millennials Matter to Every Brand, URL: http://www.edelmandigital.com/


2011/02/14/why-millennials-matter-to-every-brand/, abgerufen am: 18.10.2011.
2 Bock, A. H. (2010): Telekom_hilft: Erste Erfahrungen mit Twitter als neuem Service-Kanal,
S. 449–454, in: Bentele, M./Gronau, N./Schütt, P./Weber, M. (Hrsg.): Mit Wissensmanagement In-
novationen vorantreiben!, Bad Homburg, Kongressband zur KnowTech 2010, 12. Kongress zum IT-
gestützten Wissensmanagement in Unternehmen und Organisationen.
3 Busemann, K./Gscheidle, C. (2011): Web 2.0: Aktive Mitwirkung verbleibt auf niedrigem Niveau,
Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2011, in: Media Perspektiven, Nr. 7-8, 2011.
4 Carlzon, J. (1995): Alles für den Kunden, Jan Carlzon revolutioniert ein Unternehmen, München.
5 Court, D./Elzinga, D./Mulder, S./Vetvik, O. J. (2009): The consumer decision journey, URL:
http://www.mckinseyquarterly.com/The_consumer_decision_journey_2373, abgerufen am:
18.10.2011.
6 Detecon (2009): Customer Experience Management: Managing Customer Experience Profitably,
Bonn.
7 Detecon (2010): Kundenservice der Zukunft. Mit Social Media und Self Services zur neuen Autono-
mie des Kunden, Empirische Studie, Trends und Herausforderungen des Kundenservice-Manage-
ments, Bonn.
8 Edelman Digital (2011): The 8095 Exchange, Millennials, Their Actions Surrounding Brands, and the
Dynamics of Reverberation, URL: http://www.slideshare.net/EdelmanDigital/8095-white-paper, ab-
gerufen am: 19.10.2011.
9 Greenberg, P. (2010): CRM at the Speed of Light, Fourth Edition: Social CRM Strategies, Tools, and
Techniques for Engaging Your Customers, New York.
262 Andreas H. Bock

10 Noble, S. (2010): It’s Time To Bury The Marketing Funnel, URL: http://www.forrester.com/rb/
Research/time_to_bury_marketing_funnel/q/id/57495/t/2, abgerufen am: 19.10.2011.
11 Salmen, S./Bock, A. H./Stalp, O. (2009): „Telekom_hilft“ – Pilotprojekt Kundenservice via Twitter.
in: Salmen, S./Beckmann, H. (Hrsg.), Twitter-Marketing: Wer mitmacht, gewinnt! Stuttgart,
S. 85–98.
12 Schmitt, B. H./Mangold, M. (2004): Kundenerlebnis als Wettbewerbsvorteil: Mit Customer Expe-
rience Management Marken und Märkte Gewinn bringend gestalten, Wiesbaden.
13 Schüller, A. M. (2010): Die neuen Momente der Wahrheit: WOM im Kontaktpunkt-Management, in:
Schüller, A. M./Schwarz, T. (Hrsg.): Leitfaden WOM Marketing: Die neue Empfehlungsgesellschaft,
Waghäusel: marketing-BÖRSE, S. 420–436.
14 Solia, B./Carroll, B. (2008): Customer Service: The Art of Listening and Engagement Through Social
Media, URL: http://www.scribd.com/doc/2233036/Customer-Service-The-Art-of-Listening-and-
Engagment-Through-Social-Media, abgerufen am 20.05.2011.
15 Wang, R/Owyang, J. (2010): Social CRM, The New Rules of Relationship Management: 18 Use Cases
That Show Business How to Finally Put Customers First, Altimeter, San Mateo, URL:
http://www.slideshare.net/jeremiah_owyang/social-crm-the-new-rules-of-relationship-management,
abgerufen am: 19.10.2011.
16 Weinberger, D./Locke, C./Levine, R./McKee, J. (2009): The Cluetrain Manifesto: 10th Anniversary
Edition.
Digitale Inszenierung – Strategien
zur Markenführung bei Scout24
18
Volker Wohlfarth

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 264
2 Basis Brand Identity .................................................................................................................. 264
3 Brutstätte Community .............................................................................................................. 266
3.1 Nähe schaffen.............................................................................................................. 266
3.2 Gemeinschaft pflegen ................................................................................................ 267
4 Maßnahmen zur Inszenierung ................................................................................................ 268
4.1 Empowerment ............................................................................................................ 268
4.2 Agenda Setting mittels Corporate Blog................................................................... 270
4.3 Kampagnen sorgen für Reichweite und positive Touchpoints ........................... 271
4.4 B2B-Branding rundet ab ........................................................................................... 273
4.5 Ideen mit Zukunft ...................................................................................................... 274
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 277

_______________________
Volker Wohlfarth ()
Immobilien Scout GmbH, Andreas Str. 10, 10243 Berlin, Deutschland
e-mail: volker.wohlfarth@immobilienscout24.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 263


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_18, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
264 Volker Wohlfarth

„Social-Media-Produkte und -Kommunikation können dem Konsumenten den funktionalen und emo-
tionalen Marken-Nutzen näherbringen und die Markenloyalität steigern. Die Nutzung des daraus re-
sultierenden Konsumentenverständnisses bietet die Möglichkeit, die Marke zielgerichtet zu führen, und
sichert somit den zukünftigen Erfolg einer Marke.“ Volker Wohlfarth

1 Einleitung

Scout24 begeistert seit 1998 ein immer größer werdendes Publikum im Netz. Mit seinen
Marken AutoScout24, ElectronicScout24, FinanceScout24, FriendScout24, Immobilien-
Scout24, JobScout24 und TravelScout24 liefert es Informationen, Angebote und Aus-
tausch zu relevanten Themen des Alltags.
Auch wenn der Erfolg von Scout24 von einer lebendigen Community abhängt, sehen
wir unser Erfolgsgeheimnis nicht im kommunikativen Wildwuchs, sondern im Gegenteil
in der aktiven, lenkenden Mitbestimmung der Kommunikation. Gut gemachtes Social
Branding führt dazu, dass Unternehmen auch im Zeitalter des Social Web die Hoheit
über die Markenwahrnehmung behalten. Anstatt abwartend zu beobachten und Stake-
holder unkommentiert auf sämtlichen Plattformen diskutieren zu lassen, führt Scout24
durch aktives Eingreifen und positives Erlebbarmachen die Marke zentral. Dafür arbei-
ten wir aktiv an der digitalen Inszenierung unserer Marken.
Das zweite Standbein unserer Strategie ist eine fundierte, verinnerlichte Kenntnis der
technischen und kommunikativen Regeln des Social Web. Nur so können wir den ent-
scheidenden, prägenden Einfluss auf die Markenführung behalten. Wer sich fahrlässig
auf Kundenwünsche einlässt, ohne diese zu moderieren, muss den Preis eines gewissen
Kontrollverlusts zahlen. Ein strategisches Social-Media-Engagement ist die Vorausset-
zung dafür, dass Unternehmen auch in schwierigen Zeiten die Markenwahrnehmung
steuern können.

2 Basis Brand Identity

Im Web verschmelzen Produkte und die Kommunikation immer stärker. Ein Produkt soll-
te daher den Werten der Brand Identity (vgl. Abb. 1) entsprechen und auch online in sei-
nen Werten erkennbar sein. Nur wenn wir uns beständig fragen, wie wir unsere Kunden
inspirieren können, wie das Markenerlebnis noch mehr im Sinne des Social Brandings
gestaltet werden kann, werden wir dauerhaft auf dem Markt eine führende Rolle spielen.
Ein gut strukturiertes, kreatives Branding im klassischen Sinne ist daher noch immer
der Ausgangspunkt für alle weiteren Branding-Anstrengungen. Denn für die meisten
Konsumenten schafft eine starke Marke nach wie vor Vertrauen.
Der Social-Media-Auftritt der Scout24 Gruppe ist konsequent um eine klar definierte
Brand Identity herum konstruiert. Die Ziele, Stakeholder und Strukturen des Social
Brandings basieren auf einer empirischen Studie des Unternehmens. Die Ergebnisse
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 265

Extended Identitiy
Markencharakter
Brand Benefits kompetent
Funktionale Benefits
vertrauens-
Brand Values Übersicht über den
würdig
Transparenz gesamten relevanten Markt
Brand Essence Schnell und einfach zum Ziel zielgerichtet
Best Match Effizienz
Bei Produkten, Services und Kon-
Individuelle Unterstützung positiv über-
takten finden unsere Nutzer sicher und positive Überraschung raschend
und souverän das beste Ergebnis, Inspiration Emotionale Benefits
überraschend und effizient
Spaß am Suchen und Entdecken Markensignale
Empowerment
Sicherheit durch Souveränität
und Kontrolle
Das gute Gefühl der richtigen CI / Website
Entscheidung Design
Logo

Core Identity Extended Identity

Abb. 1 Brand Identitiy Scout24 (Quelle: eigene Darstellung)

erlauben es uns, ein sehr zielgerichtetes, auf die Bedürfnisse, Vorstellungen und Wün-
sche der Stakeholder abgestimmtes Social Branding zu betreiben. Das heißt konkret, dass
die Scout24 Gruppe genau auf den für die jeweiligen Teilmarken relevanten Kanälen mit
auf die Brand Identity und das Social Branding abgestimmten Kommunikationsstruktu-
ren und Auftritten für ihre Kunden erreichbar ist.
Ausgehend von der Brand Identity erschließt Scout24 das Social Branding und die
Positionierung der Marke im Social Web. Dabei ist es uns wichtig, ein paar wesentliche
Grundregeln zu beachten:

• Fast ausschließlich Inhalte mit Mehrwert und keine Werbung verbreiten


• Kontinuierlich präsent, zuverlässig und aktiv sein
• Zuhören und im permanenten Dialog mit kurzen Reaktionszeiten mit den Kunden
sein
• Interaktionsimpulse geben
• Raum für Beiträge der Kunden schaffen
• Hilfestellung und Inspiration anbieten
• Inhalte untereinander vernetzen
• Kreative Inhalts- und Aktionsangebote schaffen, die auf neuesten Updates basieren

Dies führt aber nur dann zum Erfolg, wenn sich sämtliche Kanäle und alle an der
Kommunikation Beteiligten an die festgelegten Regeln halten. Abweichungen führen
schnell zu Verwirrung und können ein Bild der Unprofessionalität beim Kunden hinter-
lassen.
266 Volker Wohlfarth

Bei Scout24 bedeutet das beispielsweise, dass definierte ‚Benefits‘ der Marke wie
‚Schnell und einfach zum Ziel‘ oder ‚Individuelle Unterstützung und positive Überra-
schung‘ durch gezielte und persönliche Hinweise auf Wohnungsangebote auf den Kanä-
len von ImmobilienScout24 genauso umgesetzt werden wie durch persönliche Unter-
stützung bei der Suche nach einem passenden Auto auf den Portalen von AutoScout24.

3 Brutstätte Community

Durch die Präsenz auf Social-Media-Portalen wie Facebook, Twitter, XING, Google+
oder YouTube kann ein ganz neues Vertrauensverhältnis aufgebaut, eine digitale Nähe
zu Kunden entwickelt und die Reichweite immens vergrößert werden.
Eine lebendige Community ist daher für Scout24 wichtig. Und die funktioniert: So
wurden beispielsweise die Videos auf dem YouTube-Kanal von AutoScout24 bereits
über 4,5 Mio. Mal angesehen, geteilt und mit Fragen und Kommentaren versehen. Auf
der AutoScout24 Facebook-Seite interagieren über 172.000 Nutzer1 regelmäßig mit der
Marke – teilen ihre Meinungen, Fotos, beantworten Fragen, geben interessante Inhalte
an ihre Facebook-Netzwerke weiter und machen AutoScout24 somit zum festen Be-
standteil ihres alltäglichen Umgangs mit Social Media.
Durch diese nahtlose Integration und die damit verbundene Vertrautheit mit der
Marke entsteht eine sehr starke Kundenloyalität, die darüber hinaus Kunden neugierig
auf die weiteren Social-Media-Aktivitäten von Scout24 macht und bislang durchaus
erfolgreich ist: So hat ImmobilienScout24 über 350.000 Aufrufe auf YouTube und zählt
über 35.000 Facebook-Abonnenten, während FriendsScout24 über 170.000 Aufrufe auf
YouTube verbucht. Durch eine Vernetzung der einzelnen Kanäle – durch Links, Hin-
weise und Buttons – wird eine einheitliche Brand Identity vermittelt, was wiederum ein
engagiertes, zeitgemäßes, transparentes und professionelles Bild der Marke Scout24
beim Kunden hinterlässt – die beständig steigende Zahl der Abonnenten, Followers und
Videozuschauer bestätigt uns das.

3.1 Nähe schaffen

Die Scout24 Marken bauen eine digitale Nähe zu den Markplatzbesuchern auf. Durch
eine direkte und persönliche Ansprache der Kunden werden positive Touchpoints ge-
schaffen und Vertrauen durch die regelmäßig demonstrierte Hilfsbereitschaft, Kompe-
tenz und Nähe aufgebaut. Das Social-Element ist hierbei entscheidend für den Branding-
Erfolg. Wer auf Standardantworten in der Kundenkommunikation auf Facebook setzt,

1
Stand: April 2012.
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 267

wirkt wenig authentisch und glaubwürdig, schließlich lässt sich der Mitarbeiter nur abs-
trakt auf die Menschen (Kunden) ein und erzeugt online keine Nestwärme.
Eine besondere Rolle kommt hierbei den Mitarbeitern zu. Einzelne erhalten eine her-
ausragende Stellung als Markenbotschafter. Sie geben als Sprecher der Marke im Social
Web ein menschliches Antlitz. Wem es gelingt, seiner Marke ein Gesicht und somit
menschliche Emotionen zu verleihen, lädt seine Produkte mit Menschlichkeit, Emotio-
nen und Nähe auf, die der Online-Reputation zugutekommen und insgesamt für eine
positive Markenwahrnehmung sorgen. Der direkte Kundendialog wird online zum zent-
ralen Markenkontakt. Ein wichtiges Element ist der Einsatz von (realen!) Mitarbeitern
auf allen Social-Media-Kanälen.
Ein konkreter Fall auf der Facebook-Seite von ImmobilienScout24 sieht zum Beispiel
so aus:

14.42 Ramona Krieger: Hallo, Suche dringend 2 Zimmer- Wohnung in Satrup! Bis 400€ warm. Kann
jemand helfen!?

14.49 ImmobilienScout24: Hier ist ein einziges Angebot, das zu deinen Angaben passt (link). Der Link
aktualisiert sich aber bei jedem Aufruf. Also viel Glück (cl)

Besonders hilfreich für die Inszenierung echter Menschen sind Videos. Ein authenti-
scher, ungeschönter Einblick hinter die Kulissen eines Unternehmens interessiert User
brennend. Auf diese Weise verliert eine Marke ihre Anonymität, Stakeholder können
sich mit den Mitarbeitern identifizieren, weil diese sich „kennenlernen“. Über diese
konkrete Ausprägung des Social Brandings wirkt ein Unternehmen in Gänze sympathi-
scher. Natürlich sind solche Videos auch ein sehr wirkungsvolles Instrument für das
Employer Branding, das das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber für neue Mitar-
beiter darstellt. Diese Art des Brandings via Videos findet bei Scout24 sowohl auf der
B2C- als auch auf der B2B-Ebene statt. So finden User auf dem unternehmenseigenen
Kanal unterschiedliche Spots, Mitarbeitervideos und andere markenspezifische Inhalte.

3.2 Gemeinschaft pflegen

Genauso wie Kontakte in jedem anderen Netzwerk gepflegt werden wollen, müssen auch
Gemeinschaften auf Social-Media-Portalen aktiv, frisch und aktuell bestückt werden.
Denn Online-Netzwerke haben zwar ihre eigenen Regeln, verlangen aber genauso Pflege
wie Offline-Netzwerke.
Bei Scout24 wird über Social Branding nicht das Ziel verfolgt, rein funktionelle Netz-
werke aufzubauen, sondern werden den Stakeholdern zeitgemäße Kommunikations-
Plattformen zur Verfügung gestellt, auf denen sie so natürlich wie möglich mit der Mar-
ke in Kontakt kommen. Um das zu schaffen, müssen einige Grundlagen der Markenfüh-
rung neu definiert werden. Denn längst wird die Markenwahrnehmung neben klassi-
268 Volker Wohlfarth

schen Werbekampagnen stark durch Kommentare und Erfahrungsberichte im Web


beeinflusst. Die organischen Suchmaschinen-Ergebnisse sind für Marken das A und O.
Laut einer Studie der Nielsen Company zum Kundenvertrauen verlassen sich 89 %
der Befragten auf Empfehlungen von Freunden und Bekannten, 70 % finden Kundenre-
zensionen genauso vertrauenswert wie Markenwebsites (vgl. [3]). Dementsprechend ist
ein ‚Like‘ auf Facebook und die damit bekundete Sympathie gegenüber einer Marke für
viele Nutzer mehr wert als jede andere Werbung.
Daher ruft Scout24 aktiv zur Bewertung von Serviceleistungen und Produkten auf.
Das signalisiert Transparenz und Lernwilligkeit. Zudem gibt dies unseren Kunden einer-
seits das Gefühl, objektiv informiert zu sein, und liefert Scout24 im Umkehrschluss
wertvolles Feedback, das zur Verbesserung unseres Angebots und damit für eine noch
genauere Abstimmung auf die Zielgruppe genutzt werden kann.
Social Media kann hier als eine Art Frühwarnsystem funktionieren. Probleme werden
durch den aktiven Kundendialog auf diesen Plattformen schneller sichtbar und können
durch rasche Reaktionen erkannt und auch entschärft werden, bevor sie sich zu einer
handfesten Krise entwickeln. Aber auch Probleme ohne direktes Krisenpotenzial zeich-
nen sich im Social Web schneller ab und können somit behoben werden, was das Ver-
trauen und den Kundenservice steigert.

4 Maßnahmen zur Inszenierung

Mit welchen konkreten Maßnahmen lassen sich solche Communities aktiv gestalten?
Communities, die engagiert, lebendig, inspirierend, informativ und voller Energie sind –
und gleichzeitig immer mit der Marke in einem fruchtbaren Austausch stehen. Ein paar
unserer Maßnahmen aus unserer Praxis für den Umgang mit solchen Communities und
für ein erfolgreiches Social Branding stellen wir Ihnen jetzt vor.

4.1 Empowerment

Scout24 setzt auf das Empowerment seiner Kunden. Wir räumen Mitgestaltungsmöglich-
keiten und klaren Reaktionsmöglichkeiten viel Raum ein, um das Feedback gezielt dafür
zu nutzen, die eigenen Produkte und Services attraktiver zu machen. Es kann sinnvoll
sein, diese Interaktionsmöglichkeiten bewusst zu forcieren, emotionale Anreize aufzu-
bauen, damit die Marke im Social Web wahrgenommen wird. Schweigen ist online Silber.
Durch gezielte gemeinschaftsfördernde Aktionen kann zudem das Community-
Wachstum angeregt werden. So wird auf der ImmobilienScout24 Facebook-Seite gleich
nach dem Klick auf den ‚Like‘-Button gefragt, ob der User eine Empfehlung für die Seite
schreiben möchte. Diese Aufforderung lädt zum aktiven Ausgestalten der Gemeinschaft
ein und signalisiert darüber hinaus Offenheit und Wertschätzung.
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 269

Abb. 2 Interaktionsmöglichkeiten auf der Facebook-Seite von AutoScout24 (Quelle: eigene Dar-
stellung)

Es gibt viele Gründe, warum Onliner eine Marke oder ein Unternehmen auf Social
Media aufsuchen. Wichtig ist, dass der angebotene Content sie dann zu ‚Like‘-Klickern
macht und das Angebot sie von diesem Moment an zur aktiven Teilnahme am Dialog
mit der Marke bewegt. Je mehr Faktoren der Social-Media-Erwartungen der Stakeholder
erfüllt werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie dem Unternehmen durch einen
Klick auf ein ‚Like‘ ihre Loyalität bekunden und die Marke zum Teil ihrer Online-Per-
sönlichkeit machen.
Möglichst vielfältige Anreize sowie das Schaffen eines individuell nutzbaren Kommu-
nikationsraumes sind hierbei positive Verstärker. So lässt sich beispielsweise die Face-
book-Seite von AutoScout24 (vgl. Abb. 2) gleichzeitig als Autosuch- und -verkaufsbörse,
aber auch zum Teilen von Fotos von Autoevents und zur Diskussion unter Usern über
270 Volker Wohlfarth

Themen rund ums Auto verwenden. Diese Art von Austausch und Offenheit für Erleb-
nisse und Meinungen der User begünstigt die positive Interaktion mit der Marke und
macht sie somit wahrscheinlicher.
Während die Facebook-Fanpages hauptsächlich zum Dialog und zur Diskussion über
markennahe Themen einladen, werden die YouTube-Kanäle und auch die Twitter-Prä-
senzen von Scout24 hauptsächlich zur Informationsweitergabe benutzt. Auch das kann
Empowerment stiften. Viele User erhoffen sich durch den Kontakt mit einer Marke, als
Erste neue, vielleicht sogar exklusive, Informationen über Aktionen und Produkte zu
bekommen (vgl. [3]). Die kontinuierliche Kommunikation via Mikroblogging und Vi-
deobeiträge erlaubt uns, nicht nur markeneigene Inhalte wie Autotests oder die neuesten
Werbespots für Stakeholder digital verfügbar und somit ‚teilbar‘ zu machen, sondern
fördert auch das Gefühl bei unseren Kunden, Zugang zu exklusiven Inhalten zu haben,
die sie ohne den Klick auf das „Like“ nicht bekämen. Je mehr Begehrlichkeiten hierbei
erzeugt werden, desto besser. Es genügt im Social Web längst nicht mehr, Nice-to-Have-
Content zu produzieren. Nur wertige Inhalte ziehen die Onliner an, alles andere erreicht
seine Stakeholder nicht.

4.2 Agenda Setting mittels Corporate Blog

Ein weiteres Instrument, das sich ebenfalls sehr gut zur Informationsverbreitung und für
das Agenda Setting eignet, ist ein Corporate Blog. Dieser bietet im Idealfall lesenswerte
und spannende Corporate-Publishing-Inhalte, die in Bild, Text und Video für Story
Telling sorgen. Nur wer gute Inhalte beibringen kann, kann seine Experten im Unter-
nehmen in der digitalen Öffentlichkeit und darüber hinaus sichtbar machen.
Auf den Corporate Blogs von Scout24 (vgl. Abb. 3) werden Neuigkeiten, Rezensio-
nen, Tipps und Tricks rund um die verschiedenen Marken online-freundlich und mul-
timedial aufbereitet. Dadurch erhalten User auf ihre Interessen und Bedürfnisse abge-
stimmte Inhalte, die durch Qualität und vor allem durch die professionelle, kostenlose
Bereitstellung von Informationen mit Mehrwert ein positives Licht auf die Marke wer-
fen. User können so dauerhaft an eine Marke gebunden werden, und es wird außerdem
wahrscheinlicher, dass sie derartige Inhalte mit ihren Netzwerken teilen.
Scout24 ist sich bewusst, dass gerade auch die Pflege von Multiplikatoren ein wichti-
ger Bestandteil der Aktivitäten im Social Web ist. Denn gepflegte Netzwerke führen im
besten Fall dazu, dass einmal gepostete Inhalte sich verselbstständigen, weil sie von den
Multiplikatoren geteilt werden. Ein Schritt in diese Richtung ist beispielsweise die Ko-
operation mit dem bekannten Blogger und Influencer Richard Gutjahr. Anstatt Werbe-
anzeigen auf Gutjahrs Blog zu schalten, ist der Scout24 Twitter-Stream eingebettet. Ri-
chard Gutjahr kommentiert das so:

„Mir waren Partner wichtig, die zu meinem Blog passen – Produkte und Marken, zu denen ich
stehe“ [2].
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 271

Abb. 3 Corporate Blog von Scout24 (Quelle: eigene Darstellung)

Mit dieser Aussage empfiehlt der Münchner Influencer Scout24 seinem gesamten
Netzwerk. Solche Empfehlungen führen im besten Fall zu einer viralen Verbreitung der
Inhalte über das Web, was den Erfolg von (Social-)Branding-Anstrengungen enorm
potenziert. Um diesen Effekt zu erreichen, müssen die geteilten Inhalte allerdings nicht
nur neu sein, sondern auch Mehrwert liefern. Das kann zum Beispiel eine für viele
User wichtige oder hilfreiche Information sein, aber auch ein Inhalt mit Entertain-
mentfaktor.

4.3 Kampagnen sorgen für Reichweite und positive Touchpoints

Brand Experience und User Experience müssen Hand in Hand gehen. Hierbei sind digi-
tale Kontakte mit der Marke, die über die Online-Erfahrung ins reale Leben verlängert
werden, wichtig.
ImmobilienScout24 startete bereits einige Kampagnen erfolgreich. Bei der „Sage Dan-
ke“-Kampagne (vgl. Abb. 4) rief das Unternehmen User auf, sich zu bedanken – für was
272 Volker Wohlfarth

Abb. 4 Virale Kampagne „Sage Danke“ (Quelle: eigene Darstellung)

und bei wem sie wollten. Das führte dazu, dass über 11.000 User in kürzester Zeit auf der
eigens eingerichteten Website www.sage-danke.de ihr Dankschön posteten und das dann
über die zur Verfügung gestellten Share-Buttons mit ihren Netzwerken auf Twitter und
Facebook teilen konnten. Auf diese Weise wurde die vom Corporate Design der Marke
geprägte Seite viral durch das Internet geschickt. Die Teilnahme an Aktionen wie dieser
macht es wahrscheinlicher, dass der entsprechende User anschließend dann auch ein Fan
oder Follower wird, da er bei ähnlichen Aktionen in der Zukunft auch wieder teilnehmen
will. Nur ein Beispiel dafür, wie positive Touchpoints geschaffen werden können.
Mit einer Aktion namens „Die Lange Nacht der Wohnungsbesichtigungen“ (vgl.
Abb. 5), bei der sich die Community einen Abend zu nächtlichen Wohnungsbesichti-
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 273

Abb. 5 Aktion „Die Lange Nacht der Wohnungsbesichtigungen“ von ImmobilienScout24 (Quelle:
eigene Darstellung)

gungen zusammenfindet, bietet ImmobilienScout24 auf spielerisch-kreative Weise Mehr-


wert für seine Zielgruppe, durch die gezielte Kombination aus fachlicher Expertise und
den Social-Branding-Kanälen.
Durch den Event, der online über Social-Media-Netzwerke beworben wird, aber tat-
sächlich ein Offline-Gemeinschaftsevent der Abonnenten und Follower von Immobi-
lienScout24 ist, wird die Marke greifbar und im realen Leben erfahrbar gemacht. Außer-
dem hat eine solche Aktion großes Potenzial, neue User und deren Netzwerke zu
erreichen, da sie sowohl online, aber auch offline davon erfahren und daran teilnehmen
können. Zusätzlich kommen User auch im realen Leben mit Mitarbeitern in Kontakt,
was die Marke anschaulicher macht.
Eine Aktion wie diese spricht somit alle Faktoren von Social Branding an und eröff-
net darüber hinaus Networking-Möglichkeiten im echten Leben. Die Markenwahrneh-
mung wird durch die Nutzung aller Kanäle und einen kreativen Ansatz optimal positiv
beeinflusst.

4.4 B2B-Branding rundet ab

Auf einem weiteren YouTube-Kanal von Scout24 (vgl. Abb. 6), dem „IS24Impulse“-
Kanal, werden alle 14 Tage Inhalte für Makler gepostet – hier wird also B2B-Branding
betrieben. Eingerahmt vom Branding des Unternehmens werden Tipps mit Mehrwert
274 Volker Wohlfarth

Abb. 6 B2B-Branding auf dem YouTube-Kanal für Makler von Scout24 (Quelle: eigene Darstel-
lung)

wie beispielsweise zur Akquise und zu anderen Themen kostenlos bereitgestellt. Auf
diese Weise etabliert sich Scout24 auch bei B2B-Kunden im Rahmen der Marktführer-
position als kompetenter Ansprech- und letztendlich Kooperationspartner.

4.5 Ideen mit Zukunft

Social Media bleibt, so viel ist klar. Aus diesem Grund lässt Scout24 auch die Zukunft
und die Entwicklung dieser Kanäle und Plattformen nicht außer Acht.
Ein deutlicher Trend sind Angebote, die dem User jederzeit mobil zur Verfügung ste-
hen – egal wo er ist. In Deutschland gibt es bereits über 12 Mio. private Smartphone-
Nutzer, die sich per mobiles Internet über Produkte und Marken informieren (vgl. [1]).
Die Nutzungshäufigkeit von Handys, Tablet-PCs und Co. mit ständig verfügbarem In-
ternetzugang nimmt weiter zu. Deshalb bedeutet zukunftsorientiertes Social Branding
für Scout24 auch, attraktive Lösungen für die Nutzer solcher Geräte unter Beachtung
aktueller Software- und Social-Media-Entwicklungen anzubieten, um dauerhaft als fort-
schrittlich und kundenorientiert wahrgenommen zu werden.
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 275

Abb. 7 Zukunftsorientiertes Social Branding mit Apps wie der FriendScout24App von Scout24
(Quelle: eigene Darstellung)

Durch die Entwicklung von passenden Applikationen (‚Apps‘) für Smartphones und
deren unterschiedliche Betriebssysteme sowie Tablet-PCs kann sich ein Unternehmen
noch deutlicher die Interaktion von Kunden mit der Marke im Alltag sichern. Die
Scout24 Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, immer da zu sein, wo ihr Kunde ist.
Deshalb bietet sie bereits eine Brandbreite unterschiedlicher Apps an, die auf die Key-
words und Inhalte der jeweiligen Marken zugeschnitten sind.
Durch zukunftsorientiertes Social Branding liefert die ImmoScout24 App derzeit
Deutschlands größtes Angebot an Immobilienanzeigen auf derartigen Plattformen und
die AutoScout24 App wurde von nationalen Medien als eine der führenden der Branche
bezeichnet.
Besonders beliebt sind die ImmoScout24 App, die MeinUmzug App, die Friend-
Scout24App (vgl. Abb. 7) und die AutoScout24 App, die kostenlos über den App Store
heruntergeladen werden können. Die Apps bieten Kunden eine mobile Version des
Website-Angebots mit speziellen, auf eine App abgestimmten Designs und Features.
Besonders durch Ratings der Kunden und deren Feedback konnte nicht nur ein positives
Bild von der Offenheit und der Bereitwilligkeit zum Dialog vermittelt, sondern auch
Einblick in die exakten Bedürfnisse der Zielgruppe und eventuelle Schwächen der Apps
gewonnen werden.
Durch eine permanente Weiterentwicklung der Apps signalisiert Scout24 Respekt
und Wertschätzung gegenüber Kundenmeinungen und erreicht außerdem, dass die
Produkte noch optimaler auf Benutzerfreundlichkeit abgestimmt sind. Auch hier lautet
das Stichwort wieder: Empowerment. Nur ein Produkt, das das liefert, was der Kunde
276 Volker Wohlfarth

Abb. 8 „VisualSearch“ von AutoScout24 für Smartphones und Tablet-PCs (Quelle: eigene Dar-
stellung)

braucht, das ihm konkret im Alltag hilft, wird auch von ihm verwendet und weiteremp-
fohlen werden. Feedback und dessen Umsetzung sind deshalb sehr wichtig.
Eine App-Entwicklung neuester Art ist die Beta App „VisualSearch“ von Auto-
Scout24. Sie bietet Usern das Erleben einer sogenannten ‚Augmented Reality‘ – einer
zweiten Realitätswahrnehmung innerhalb der Realität, die sie umgibt. User können mit
dieser App ein beliebiges Fahrzeug von hinten mit ihrem Smartphone fotografieren,
dessen Nummernschild wird vom System unkenntlich gemacht und alle Angebote auf
AutoScout24 werden auf Marke, Modell und Baujahr hin mit dem Foto verglichen. Hin-
zu kommt, dass die App quasi selbstlernend ist – denn je mehr Fotos von einem be-
stimmten Auto gemacht werden, desto höher die Erkennungsrate. Die Ergebnisse kann
der User direkt an Ort und Stelle mit der Realität vergleichen. Auf diese Weise wird ein
online und offline Erfahren und Nutzen der Marke ermöglicht.
Diese App ist – so wie die anderen auch – eine kostenlose Serviceleistung innerhalb
des Social Brandings, die für dauerhafte Kundenbindung sorgt und die Markenportale
von Scout24 in der Kundenwahrnehmung ebenfalls als potenziell hilfreich etabliert.
Aber es kommt beim Social Branding der Zukunft nicht nur auf die Beherrschung
der neuen Kommunikationswege an und darauf, ihre Verhaltensregeln zu verstehen,
alle Kanäle zu vernetzen und im Rahmen der bereits definierten Brand Identity zu nut-
zen. Es ist auch wichtig, aktiv neue interessante Inhalte anzubieten, die auf die jeweilige
Zielgruppe zugeschnitten und den aktuellen Entwicklungen des Social Web angepasst
sind. So wird es Scout24 auch zukünftig gelingen, die Markenwahrnehmung online und
offline durch Social Branding dauerhaft positiv zu beeinflussen und die Reichweite
stetig zu erhöhen.
Digitale Inszenierung – Strategien zur Markenführung bei Scout24 277

Literaturverzeichnis

1 Google (2011): Mobile Insights, URL: http://static.googleusercontent.com/external_content/


untrusted_dlcp/www.google.de/de/de/adwords/watchthisspace/static/pdf/Mobile_Insights_2011_
German_Overview.pdf, abgerufen am: 05.01.2012.
2 Gutjahr, R. (2011): Scout24 und Audible sind G!friends, URL: http://gutjahr.biz/blog/2011/09/
gfriends, abgerufen am: 05.01.2012.
3 Nielsen (2009): Online Consumer Survey, URL: http://blog.nielsen.com/nielsenwire/consumer/
global-advertising-consumers-trust-real-friends-and-virtual-strangers-the-most, abgerufen am:
05.01.2012.
Online-Reputation-Management
im Social Web – Der Ansatz von 1&1
19
Andreas Maurer

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 280
2 Warum ORM?............................................................................................................................ 280
3 Von ORM zu SMC – Entwicklung einer Strategie ............................................................... 281
4 Channel-Management im Social Web.................................................................................... 283
5 Monitoring und Erfolgskontrolle............................................................................................ 285
6 Fazit.............................................................................................................................................. 287
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 287

_______________________
Andreas Maurer ()
1&1 Internet AG, Elgendorfer Straße 57, 56410 Montabaur, Deutschland
e-mail: andreas.maurer@1und1.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 279


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_19, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
280 Andreas Maurer

„Strukturiertes Online-Reputation-Management ist eine wichtige Grundlage für erfolgreiches Marken-


Image im Web 2.0.“ Andreas Maurer

1 Einleitung

„Wir sind keine Zuschauer oder Empfänger oder Endverbraucher oder Konsumenten. Wir sind Men-
schen – und unser Einfluss entzieht sich eurem Zugriff“1 [2].

Jedes Unternehmen, das sich im Social Web bewegt, trägt – ob bewusst oder unbewusst
– zur Markenbildung, vor allem aber zur Markenwahrnehmung bei den Konsumenten
und Nutzern der Online-Plattformen bei. In der Regel werden Firmen und Organisa-
tionen entsprechende Maßnahmen gezielt einsetzen, um auch im Netz das auf „her-
kömmlichen“ Kanälen gepflegte Markenbild zu etablieren.
Allerdings kann in den sozialen Medien per Definition kein Unternehmen, keine
Marke, keine Organisation ihr Image selbst und vor allem alleine definieren. Die Nutzer,
Kunden, Freunde oder Gegner der Marke verfügen hier plötzlich über eine enorme
Macht. Darüber sollte sich jeder Firmenlenker, Marketingleiter oder Kommunikator, der
den Weg ins Web 2.0 gehen möchte, im Klaren sein.
Diese Veränderung des Kräftegleichgewichts erfordert vor allem von Unternehmen,
die erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen vertreiben, welche auch in der
„Vor-Web-2.0-Zeit“ häufig Ziel öffentlicher Kritik waren oder deren Geschäft sich zu
einem großen Teil im Internet abspielt, ein professionelles Online-Reputation-Manage-
ment (ORM).
Am Beispiel des Telekommunikations-Anbieters 1&1, auf den alle drei genannten
Punkte zutreffen, soll gezeigt werden, wie eine entsprechende Strategie entwickelt und
umgesetzt werden kann. Gleichzeitig zeigt das Beispiel 1&1, dass Social-Media-Kommu-
nikation nur in enger Zusammenarbeit mit anderen Kommunikationsabteilungen bzw.
-Kanälen erfolgreich sein kann.

2 Warum ORM?

1&1 ist in Deutschland vor allem als Anbieter von DSL-Anschlüssen und mobilem In-
ternet bekannt. Seine Wurzeln hat das Unternehmen aber im Webhosting, also dem
Anbieten von Speicherplatz im Internet, auf dem Privatkunden und Unternehmen dann
ihre Homepages ablegen. Mit diesem Angebot ist der Provider auch auf zahlreichen

1
Im „Cluetrain Manifest“ haben drei US-amerikanische Autoren Ende der 1990er Jahre versucht zu
skizzieren, wie Unternehmen und ihre Kunden in einem neuen, durch das Internet geprägten „Markt-
platz“ interagieren. Insbesondere weisen die Autoren auf die neue Macht hin, die Verbraucher durch die
Vernetzung mit anderen erhalten.
Online-Reputation-Management im Social Web – Der Ansatz von 1&1 281

Auslandsmärkten aktiv, neben europäischen Ländern wie Frankreich, Großbritannien,


Spanien oder Polen auch in den USA.
Anfang 2008 kamen aus der US-Niederlassung von 1&1 Hinweise auf einige wenige
sehr negative Blogeinträge von – inzwischen ehemaligen – Kunden des Unternehmens,
die ausführlich ihre Sicht der Probleme mit dem Anbieter schilderten und damit bei
Suchmaschinen hohe Platzierungen erzielten.
Für ein Unternehmen, das einen Großteil seiner Kunden direkt im Internet akquiriert
und jährlich hohe Summen in Online-Werbung investiert, können solche Äußerungen
direkte Auswirkungen auf das Geschäft und damit auf Umsatz und Ergebnis haben.
Studien belegen, dass Konsumenten immer stärker auf Empfehlungen anderer Nutzer
setzen – im Positiven wie im Negativen (vgl. [3]).
Zunächst suchte 1&1 vor Ort in den USA nach externer Unterstützung. Bei der Suche
nach Agenturen mit Expertise im Bereich Online-Reputation-Management zeigte sich
aber schnell, dass es kaum Anbieter mit vergleichbaren Referenzkunden gab. Auch ka-
men die meisten Agenturen aus dem Bereich Suchmaschinenoptimierung (SEO) und
setzten mit ihren Lösungsvorschlägen auch in diesem Feld an.
Dank eines bereits einige Jahre zuvor im Rahmen der Qualitätssicherung etablierten
Webmonitorings – der gezielten Beobachtung von Diskussionsforen im Internet im
Hinblick auf Äußerungen rund um 1&1 – war bekannt, dass sich auch in Deutschland
Kunden regelmäßig austauschten. Hier standen eher Beiträge zum Thema Internet-
Zugang im Mittelpunkt, oft ging es um Hilfe bei praktischen Fragestellungen.
Im Sommer 2009 waren dann diese beiden Faktoren – die Erfahrungen in den USA
sowie die Foren-Diskussionen in Deutschland – ausschlaggebend dafür, dass die Fir-
menleitung sich entschied, eine unternehmensweite Strategie für das Thema Online-
Reputation-Management zu entwickeln. Entsprechende Initiativen kamen dabei aus den
verschiedensten Bereichen – etwa aus dem Marketing, dem Kundenservice oder den
verschiedenen Produktmanagement-Abteilungen, aber auch der Personalabteilung.
Da sich alle Beteiligten einig waren, dass kommunikative Maßnahmen im Mittel-
punkt stehen mussten, wurde die Abteilung Unternehmenskommunikation mit der Er-
stellung einer entsprechenden Strategie beauftragt. Gleichzeitig war aber klar, dass
Schnittstellen zu nahezu allen Bereichen des Unternehmens erforderlich sein würden.

3 Von ORM zu SMC – Entwicklung einer Strategie

Der vermutlich wichtigste Erfolgsfaktor für die ORM-Strategie von 1&1 war der klare
Auftrag des Managements. Nur wenn die Geschäftsleitung eines Unternehmens hinter
dem Schritt in die aktive Partizipation in sozialen Medien steht, können die Aktivitäten
langfristig erfolgreich sein. Denn – das war der große Unterschied zu den von den US-
Agenturen vorgeschlagenen, SEO-getriebenen Maßnahmen – letztlich muss zumindest
eine prinzipielle Bereitschaft zur Veränderung von möglicherweise langjährig gelebten
Geschäftsprozessen bestehen.
282 Andreas Maurer

Die Vorarbeiten in den USA und das Webmonitoring in Deutschland nahmen für
1&1 die „Nullmessung“ vorweg, die zu Beginn jeder Planung von Online-Reputation-
Management- bzw. Social-Media-Maßnahmen stehen sollte: das Zuhören, was über das
eigene Unternehmen oder die eigene Marke gesprochen wird. Erst aus einer solchen
Erhebung des Status quo lassen sich sinnvoll konkrete Aktivitäten ableiten.
Der Weg ins Social Web:

1. Zuhören
2. Mitreden
3. Eigene Akzente setzen

Nach dieser ersten Analyse sollte eine möglichst konkrete Zieldefinition für die künf-
tigen Maßnahmen erfolgen – nicht nur, um überhaupt sinnvolle Aktivitäten zu ent-
wickeln, sondern auch um eine spätere Erfolgskontrolle zu gewährleisten.
Für 1&1 stand schnell das übergeordnete Ziel fest, das Image des Unternehmens im
Web 2.0 zu stabilisieren und mittelfristig zu verbessern. Aus den vorangegangenen Ana-
lysen der Diskussionen wurden die weiteren Ziele Deeskalation kritischer Diskussionen
und Dialog mit Meinungsführern und anderen wichtigen Stakeholdern definiert.
Schließlich sollten im nächsten Schritt auch die eigenen Stärken kommuniziert und
letztlich auch die Eignung der neuen Kommunikationskanäle für Marketing und Ver-
triebsaktivitäten getestet werden.
Basierend auf dieser Zieldefinition wurden dann die relevanten Kanäle (siehe nächs-
ter Abschnitt) und Aufgaben definiert und eine Organisationsstruktur entwickelt, um
diese Aufgaben umzusetzen.
Als Kernaufgaben identifizierte 1&1:

• Ein strukturiertes Monitoring der definierten Social-Media-Kanäle


• Beteiligung am Dialog auf diesen Kanälen
• Lösung von im Rahmen des Monitorings erkannten Kundenproblemen
• Aktives Veröffentlichen eigener Inhalte in sozialen Netzwerken und ggf. auch auf
eigenen Plattformen
• Suchmaschinenoptimierung von eigenem Content
• Internes Coaching, um Social-Media- bzw. ORM-Know-how möglichst weit im Un-
ternehmen zu verbreiten
• Controlling der ORM-Maßnahmen
• Erstellung von Social-Media-Richtlinien für das Unternehmen

Zur Umsetzung dieser Maßnahmen wurde im Rahmen der ORM-Strategie der Auf-
bau eines eigenen Teams innerhalb der PR-Abteilung vorgeschlagen, das sämtliche Akti-
vitäten sowie die Fortentwicklung der Strategie zentral steuern und koordinieren sollte.
Gleichzeitig wurden Schnittstellen und Feedback-Kanäle in die einzelnen Bereiche des
Unternehmens festgelegt.
Online-Reputation-Management im Social Web – Der Ansatz von 1&1 283

Für 1&1 waren die Schnittstellen zu den Bereichen Customer Care, Unternehmens-
kommunikation/PR sowie Marketing am wichtigsten. Gleichzeitig wurden aber auch zu
nahezu allen Abteilungen formelle Schnittstellen definiert oder informelle Kontakte
aufgenommen.
Schließlich beinhaltete die Strategie auch einen konkreten Budgetvorschlag zur Um-
setzung der geplanten Maßnahmen. Bei 1&1 fiel die Entscheidung, alle Aktivitäten mit
eigenen Mitarbeitern, ggf. punktuell mit externer Unterstützung, zu realisieren. Jedem
Unternehmen sollte aber klar sein, dass aktives Online-Reputation-Management, egal ob
mit eigenem Personal oder mit Hilfe einer spezialisierten Agentur, nicht zum Nulltarif
zu haben ist.
Erfolgsfaktoren für eine Online-Reputation-Management-Strategie in sozialen Medien:

• Analyse vorhandener Diskussionen, „Nullmessung“


• Ermittlung relevanter Kanäle
• Klare Zieldefinition
• Klare Definition von Verantwortlichkeiten
• Feedbackkanäle in alle relevanten Abteilungen
• Budget
• Bereitschaft zur Veränderung von Unternehmensprozessen
• Unterstützung durch das Management

4 Channel-Management im Social Web

Ein wichtiges Element der Online-Reputation-Management-Strategie ist die Auswahl


und Priorisierung der genutzten (bzw. zu beobachtenden) Kanäle. Die Fülle der Social-
Media-Plattformen ist inzwischen selbst für Experten kaum noch überschaubar. Eine
Vorstellung vermittelt das regelmäßig aktualisierte „Social-Media-Prisma“ des Monito-
ring-Dienstleisters ethority (vgl. [1]).
Um die im Rahmen des definierten Budgets bereitgestellten Ressourcen im Hinblick
auf die definierten Ziele effizient zu nutzen, ist eine gezielte Selektion der relevanten
Kanäle notwendig. Dabei ist es sinnvoll, zumindest in der Planungsphase zwischen aktiv
(proaktive Beiträge) und passiv (Monitoring ggf. mit Dialog) genutzten Kanälen zu un-
terscheiden – auch wenn es in der Praxis sicher zu mehr oder weniger großen Über-
schneidungen kommen dürfte.
Bei 1&1 ergab sich die Auswahl der vorrangig zu beobachtenden Plattformen aus den
vorhandenen Monitoring-Erfahrungen. So standen in den USA Blogs, in Deutschland
Diskussionsforen im Mittelpunkt – vielleicht eine überraschende Entscheidung, da Fo-
ren eher „Web 1.0“ als 2.0 sind und ihre Wurzeln mit den Usenet Newsgroups in den
Urzeiten des Internet haben. Vielleicht gerade deshalb sind sie aber der Prototyp des
Mitmach-Internets und werden weltweit von Millionen von Anwendern genutzt.
284 Andreas Maurer

Für die aktive Kommunikation fiel die Wahl auf die beiden wohl immer noch be-
kanntesten Plattformen: den Kurznachrichtendienst Twitter und das größte Social Net-
work Facebook. Mit der Auswahl war klar, dass diese Dienste intensiv beobachtet wer-
den mussten. Hintergrund der Entscheidung war – neben der allgemeinen Bedeutung
der beiden Dienste –, dass 1&1 von vornherein plante, die Social-Media-Aktivitäten
international auszurollen. Und Twitter und Facebook dürften bis heute die weltweit am
weitesten verbreiteten Plattformen sein. Für Deutschland wurde außerdem frühzeitig ein
Unternehmensblog geplant.
Gleichzeitig wurden auch eher lokal bedeutsame Plattformen in eine Watchlist aufge-
nommen, in Deutschland etwa „wer-kennt-wen“ oder die VZ-Netzwerke. Allerdings
wurden Aktivitäten auf diesen Kanälen nach einer Beobachtungsphase auf ein Minimum
zurückgefahren. Auch beim Eintritt in neue Märkte evaluiert 1&1 regelmäßig, welche
Social-Media-Plattformen lokal bedeutsam sind.
Der Channel-Mix sollte allerdings nicht statisch sein. Das Verhalten von Internetnut-
zern ändert sich, neue Plattformen entstehen – siehe etwa Google Plus –, andere verlie-
ren oder gewinnen an Bedeutung. So wurde etwa der Twitter-Account von 1&1 in
Deutschland ein gutes Jahr lang deutlich stärker von Kunden und Nichtkunden frequen-
tiert als die Facebook-Seite des Unternehmens, bis sich dieser Wert Anfang 2011 plötz-
lich umkehrte. Entsprechend müssen ORM-Verantwortliche die Auswahl ihrer Kanäle
regelmäßig überprüfen. Nach Beginn einer TV-Werbekampagne zum Thema Kunden-
zufriedenheit startete der Internetprovider z. B. kurzfristig einen YouTube-Kanal, den es
mittlerweile in allen Ländern gibt.
Nach der grundsätzlichen Auswahl der Kanäle galt es, die Kommunikationswege zu
justieren. Zahlreiche Fragen stellten sich: Welche Rubriken soll die Facebook-Seite um-
fassen, sollen Diskussionen auf der Pinnwand möglich sein, (wie) werden Kommentare
moderiert, wie werden Nutzer angesprochen, treten ein anonymes Social-Media-Team
oder Mitarbeiter mit Gesicht auf? Auf all diese Fragen gibt es keine pauschalen Antwor-
ten. Sie müssen für jedes Unternehmen, jede Marke, jedes Land und auch für jede Social-
Media-Plattform mehr oder minder individuell beantwortet werden.
1&1 entschied sich für eine persönliche Ansprache, bei der die Mitarbeiter mit vollem
Namen (auf Twitter aus Platzgründen mit Kürzel) in Erscheinung treten, einen eher
lockeren aber dennoch professionellen Umgangston pflegen. Dabei war es wichtig, diese
Entscheidung auch in andere Teile des Unternehmens zu tragen – etwa zu den Mitarbei-
tern des Customer-Care-Teams, die Kundenanfragen aus sozialen Medien bearbeiten
und gewöhnlich deutlich strengere Vorgaben für ihre Kommunikation haben.
Ein weiterer Aspekt des Channel-Managements war die Unterstützung von verschie-
denen Fachabteilungen bei der Auswahl geeigneter Plattformen für eigene Kommuni-
kationsmaßnahmen. So signalisierte etwa die Personalabteilung frühzeitig Interesse,
soziale Netzwerke für Rekrutierungsmaßnahmen und Employer Branding zu nutzen,
auch Vertriebseinheiten wollten ihre Zielgruppen über die „neuen Medien“ ansprechen.
Hier zeigte sich deutlich der Nutzen einer zentralen Social-Media-Abteilung als Koor-
dinationsstelle, die bereits bei der Kanalauswahl unterstützend tätig werden kann.
Online-Reputation-Management im Social Web – Der Ansatz von 1&1 285

5 Monitoring und Erfolgskontrolle

Wichtiger Bestandteil jeder Kommunikationsstrategie ist die Erfolgskontrolle. Dies gilt


natürlich auch für Social-Media-Kommunikation im Allgemeinen und Online-Reputa-
tion-Management im Besonderen. Eng damit verknüpft ist die Auswahl und Umsetzung
einer Monitoring-Strategie.
Die Anzahl der Social-Media-Monitoring-Lösungen und Anbieter wächst von Woche
zu Woche und ist für Einsteiger und Profis kaum überschaubar. Für die Monitoring-
Strategie ist ein Blick auf die anfangs definierten Ziele wichtig. Idealerweise lassen sich
daraus die relevanten Messgrößen ableiten.
Für die Auswahl eines Anbieters bzw. Tools empfiehlt sich vorab die Erstellung eines
Pflichtenheftes, in dem die eigenen Anforderungen möglichst präzise definiert sind. Das
können etwa relevante Suchbegriffe, Marken, Kanäle, Berichtsformate oder zu beobach-
tende Sprachen sein. Für die Vorauswahl eines Anbieters bietet es sich dann an, basie-
rend auf dem Pflichtenheft eine Matrix zu erstellen, aus der auf einen Blick ersichtlich
ist, welche Lösung welche Anforderungen erfüllt.
Da alle Software-Lösungen, die auf dem Markt erhältlich sind, eine manuelle Einrich-
tung und Anpassung erfordern, deren Aufwand sich wiederum direkt auf die Kosten
auswirkt, sind im Anschluss persönliche Gespräche mit allen Anbietern in der engeren
Auswahl erforderlich. Gerade kleinere Unternehmen sollten sich aber von vorneherein
über die mit einer kommerziellen Monitoring-Lösung verbundenen Kosten im Klaren
sein. Diese beginnen bei 10.000–15.000 € jährlich und sind nach oben hin nahezu offen.
1&1 hat sich zum Start der ORM-Aktivitäten gegen den Einsatz einer Monitoring-
Software entschieden. Ausschlaggebend dafür waren die oben geschilderten Erfahrungen
mit dem bereits im Unternehmen etablierten Webmonitoring sowie der Blick auf die
vorab gesetzten Ziele.
Selbstverständlich ist das Monitoring – also das Beobachten von Äußerungen über
die eigene Marke im (Social) Web eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Online-
Reputation-Management. Im Falle von 1&1 stand aber an erster Stelle der Dialog mit
den Kunden bzw. Stakeholdern, die sich zur Marke äußern. Damit war klar, dass der
Blick auf einzelne Äußerungen (und die anschließende Reaktion darauf) wichtiger war
als der Gesamtblick.
Diesen „großen“ Überblick über die Stimmung oder Tonalität zur Marke sowie die
am häufigsten diskutierten Themen wiederum liefert bereits das Webmonitoring – wenn
auch nur im Rahmen eines monatlichen Reports. Die Erfahrungen der Webmonitoring-
Experten haben gezeigt, dass für die selbst definierten Ziele derzeit ein manuelles Moni-
toring mit Teilautomatisierung (über ein eigenes Datenbanksystem) sowohl von der
Ergebnisqualität als auch den Kosten her noch effizienter ist als die in Augenschein ge-
nommenen Lösungen.
Das Social-Media-Team von 1&1 nutzt aufgrund dieser Erfahrungen eine Kombi-
nation von manueller Beobachtung der im Rahmen des Webmonitorings ermittelten
Diskussionsforen, eine Social-Media-Dashboard-Software (Hootsuite), die die Twitter-
286 Andreas Maurer

Abb. 1 KPI/Reporting (Quelle: eigene Darstellung)

Suchfunktion und gleichzeitig das Veröffentlichen von eigenen Beiträgen unterstützt,


und schließlich klassische Blog- und News-Alerts der großen Suchmaschinen.
Bei der Erfolgskontrolle und dem monatlichen Reporting der Social-Media-Abteilung
stehen die Dialoge mit den Nutzern im Vordergrund (vgl. Abb. 1).
Dabei wird selbstverständlich die Tonalität der jeweiligen Äußerungen erfasst, vor al-
lem aber der direkte Einfluss auf die Kommunikation – nämlich ob und wie schnell
Fragen beantwortet bzw. Probleme von Kunden gelöst werden konnten. Dabei wird für
die Erfolgskontrolle bewertet, wie viele Nutzer sich nach Abschluss eines „Falls“ positiv
äußern – denn dies hat den stärksten Einfluss auf die Online-Reputation der Marke.
Wie generell in der nicht werblichen bzw. nicht verkaufsorientierten Kommunikation
ist der Return-on-Invest im monetären Sinne auch beim Online-Reputation-Manage-
ment nur schwer zu messen. Stattdessen können aber zusätzlich zu den skizzierten
Messgrößen auch regelmäßige Kundenstimmungstests, Brand-Awareness- und Image-
Messungen einen guten Überblick über den Erfolg der Maßnahmen geben. Und letztlich
sollte klar sein, dass in der Social-Media-Kommunikation ROI eher für das „Risk of
Ignoring“ steht. Wer sich der Kommunikation oder auch schon dem Beobachten von
Online-Reputation-Management im Social Web – Der Ansatz von 1&1 287

Web-2.0-Kanälen verschließt, riskiert einen großen Schaden für seine Marke, der sich im
Falle einer Krise nur schwer wieder beheben lässt.
In monatlichen Management Reports informiert die Social-Media-Abteilung von 1&1
über ihre Aktivitäten. Dabei stehen neben quantitativen Größen wie Fans/Follower oder
eigene Beiträge vor allem die Interaktionen mit den Nutzern und die Erfolgsquote bei
der Bearbeitung von Kundenanliegen im Vordergrund.

6 Fazit

Kommunikationsverantwortlichen muss klar sein, dass sich derzeit kaum ein Feld so
schnell verändert wie die Online-Medien. Neue Plattformen wie Google Plus kommen
hinzu, neue Darstellungsformen – Stichwort Video und YouTube – gewinnen an Be-
deutung und die Kommunikation findet auf immer breiterer Ebene statt. Ein kleines,
lokal tätiges Unternehmen kann so plötzlich im Blickpunkt des internationalen Interes-
ses stehen.
Daneben entdecken immer mehr Abteilungen die tatsächlichen und vermeintlichen
Vorzüge des Social Web, Mitarbeiter bewegen sich im Privaten ohnehin auf vielen der
professionell genutzten Plattformen. Die neuen Kanäle scheinen ein idealer Kanal für
Marketing- und Vertriebsaktivitäten zu sein. Hier ist es an den Kommunikatoren und
Social-Media-Experten, in der eigenen Organisation beratend zur Seite zu stehen, er-
folgversprechende Maßnahmen zu fördern oder anzuregen, aber auch vor Risiken zu
warnen.
Professionelles Online-Reputation-Management sollte vor diesem Hintergrund ein
Baustein jeder Social-Media-Strategie zumindest von größeren Unternehmen und Or-
ganisationen sein und alle Kommunikations- und Marketing-Abteilungen mit ins Boot
nehmen.
Die eigenen Kunden nutzen die neuen Plattformen und sprechen über ihre Erfahrun-
gen mit Unternehmen und Marken – ob es diesen gefällt oder nicht. So haben sie unmit-
telbaren Einfluss auf das Markenimage und damit letztlich auch den Wert und das
Schicksal von Unternehmen. Das Social Branding bleibt eben nicht im Social Web ge-
fangen. Die Umsetzung einer durchdachten Online-Reputation-Management-Strategie
kann hier nach innen wie nach außen wirken.

Literaturverzeichnis

1 ethority (2011): Social Media Prisma, URL: http://www.ethority.de/weblog/social-media-prisma/,


abgerufen am: 16.11.2011.
2 Levine, R./Locke, C./Searls, D. (1999): The Cluetrain Manifesto, URL: http://www.cluetrain.com/auf-
deutsch.html, abgerufen am: 12.11.2011.
3 Nielsen (2009): Consumer Confidence Survey.
Social Branding bei Facebook –
Markenaufbau, Kundenbindung
20
& -gewinnung am Beispiel
der Mang Medical One AG
Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

1 Einleitung.................................................................................................................................... 290
2 Facebook: Ziele – Strategien – Maßnahmen ......................................................................... 291
2.1 Überlegungen zum Markt......................................................................................... 291
2.2 Das Facebook-Engagement der Mang Medical One............................................. 292
3 Organisatorische und rechtliche Aspekte .............................................................................. 293
3.1 Organisatorische Aspekte ......................................................................................... 294
3.2 Rechtliche Aspekte ..................................................................................................... 294
4 Ergebnisse ................................................................................................................................... 296
4.1 Quantitative Ergebnisse............................................................................................. 296
4.2 Qualitative Ergebnisse ............................................................................................... 300
5 Fazit & Ausblick......................................................................................................................... 304
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 305

_______________________
Philipp Morsbach ()
Mang Medical One AG, Im Teelbruch 55, 45219 Essen, Deutschland
e-mail: pmo@mangmedicalone.de
Hanna Laura Kasberg ()
Mang Medical One AG, Im Teelbruch 55, 45219 Essen, Deutschland
e-mail: lka@mangmedicalone.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 289


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_20, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
290 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

„Gerade bei hauptsächlich emotional motivierten Kaufentscheidungen, wie der für eine ästhetische
Operation, fällt bereits heute den sozialen Medien eine besondere Bedeutung zu.“ Philipp Morsbach

„Die Vermittlung von Vertrauen stellt beim Social Branding im medizinischen Sektor eine der wichtigs-
ten Größen dar. Kommunikation über Social Media ist für Unternehmen in diesem Bereich somit zu-
gleich Herausforderung und Chance.“ Hanna Laura Kasberg

1 Einleitung

Obwohl Deutschland hinsichtlich der Anzahl an jährlich durchgeführten nicht-chirurgi-


schen und chirurgischen ästhetischen Behandlungen mittlerweile Platz 8 in der Welt ein-
nimmt und damit vor Ländern wir der Türkei oder Frankreich positioniert ist (vgl. [5]),
kann hierzulande der Umgang mit der Thematik Schönheitschirurgie noch lange nicht
als „freizügig“ bezeichnet werden. Der Vergleich zu Brasilien, einem der Vorreiter-
Länder der Ästhetischen Chirurgie, macht den Unterschied besonders deutlich: Hier gilt
Schönheit als Schlüssel zum sozialen Aufstieg. Wer sie nicht in die Wiege gelegt be-
kommt, der hilft ganz pragmatisch nach und stellt das Ergebnis gerne in der Öffentlich-
keit zur Schau. Zwei brasilianische Zeitschriften beschäftigen sich sogar ausschließlich
mit dem Thema Schönheit und Skalpell und erreichen damit nennenswerte Verkaufs-
zahlen (vgl. [9]).
In Deutschland überwiegt noch der kritische Umgang, d. h., Skandale oder misslun-
gene Eingriffe werden hier besonders gerne in den Medien thematisiert – zuletzt ver-
deutlicht am Tod von „Sexy Cora“. Wie eine Studie des psychologischen Instituts der
Universität Basel in Zusammenarbeit mit der Mang Medical One AG gezeigt hat, verfol-
gen die Deutschen mit einer Ästhetischen Operation in erster Linie das Ziel, sich wieder
„wohler zu fühlen“, gefolgt von „Schönheitsfehler beseitigen“ und „mehr Selbstbewusst-
sein entwickeln“ (vgl. [7]). Der psychologische Leidensdruck und die eher negative Be-
setzung des Themas stehen hier also im Vordergrund. Zusätzlich ist die Entscheidung
für einen solchen Eingriff kein „Affektkauf“, sondern sie reift im Laufe einiger Jahre,
während der die Interessenten sich in vielen Fällen bei mehreren Ärzten informieren,
bevor sie eine finale Entscheidung treffen.
Private Tabuisierung der Ästhetischen Chirurgie auf der einen Seite – Offenheit und
Transparenz in Social Media auf der anderen Seite: Wie passt das zusammen? Fasst man
unter Social Media alle „Medien, in denen Internetnutzer Meinungen, Eindrücke, Erfah-
rungen oder Informationen austauschen und Wissen sammeln“ [8] zusammen, so wird
deutlich, welche Rolle gerade diese Medien für das Informationsbedürfnis von Interes-
senten spielen. Soziale Netzwerke wie Facebook, Foren, Wikis oder Bewertungsportale
bieten eine schier unendliche Bandbreite an Möglichkeiten, sich im WWW über den
eigenen Behandlungswunsch und potenzielle Ärzte zu informieren und mit anderen
auszutauschen – und dies auf Wunsch auch anonym. Die Einweihung von Familien-
mitgliedern oder Freunden wird ersetzt oder vertagt zu Gunsten des Austausches mit
unbekannten themenaffinen Usern auf Seiten wie www.gofeminin.de oder www.portal-
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 291

der-schoenheit.de und der Angabe von Empfehlungen auf Bewertungsportalen wie


www.docinsider.de.
Für Unternehmen wie die Mang Medical One Klinikgruppe bieten sich durch das In-
ternet als primäre Informationsquelle für Interessenten sowohl Chancen als auch Risi-
ken. Chancen, weil sich positive Nachrichten rasant verbreiten und schnell eine große
Gemeinde erreichen, Risiken, weil im Gegensatz zu den klassischen Medien, bei denen
„[…] die Rollen des Senders und Empfängers von vornherein bestimmt und nicht zu
durchbrechen sind“ [3], auch die Verbreitung negativer Nachrichten oder subjektiver
Meinungen sehr einfach und schnell möglich wird.
Ästhetische Behandlungen sind immaterielle Dienstleistungen, bei denen auf die in-
dividuellen Bedürfnisse der Patienten bzw. Kunden eingegangen werden muss. Im Ge-
gensatz zum Produktmarketing kommt deshalb dem Leistungsversprechen eine ent-
scheidende Rolle zu. Seriöses Auftreten, wirtschaftlicher Erfolg und Empfehlungen sind
nur drei von vielen Punkten, die bei der Markenführung von Bedeutung sind. Social
Branding, verstanden als Aufbau einer Marke in Social Media und im Web 2.0, verfolgt
das Ziel, aktiv mit einer potenziellen Kundengruppe zu interagieren und Vertrauen auf-
zubauen, anstatt eindimensionale Werbebotschaften zu verbreiten.
Mit der Eröffnung einer eigenen Unternehmensseite „Mang Medical One Schönheits-
kliniken“ bei Facebook (vgl. [6]) im April 2010 hatte es sich die Mang Medical One Kli-
nikgruppe vorgenommen, genau diese Ziele zu erreichen und darüber hinaus:

• durch selbst generierte Inhalte Interesse auf die Marke zu lenken,


• das User-Feedback zu verschiedenen Themen zu verfolgen,
• mehr über die Nutzerstruktur zu erfahren (Alter, Geschlecht etc.),
• aus Fans Interessenten und Patienten zu gewinnen.

Im vorliegenden Artikel wird zunächst auf die Facebook-Strategie des Unternehmens


eingegangen. Nach organisatorischen und rechtlichen Aspekten, die bei der Pflege des
Accounts eine Rolle spielen, sollen dann die ersten qualitativen und quantitativen Er-
gebnisse für die Facebook-Seite vorgestellt werden. Am Ende werden Schlussfolgerungen
und Erwartungen für die weitere Entwicklung beschrieben.

2 Facebook: Ziele – Strategien – Maßnahmen

2.1 Überlegungen zum Markt

Das Wesen von Dienstleistungen besteht darin, dass die Qualität der gekauften Leistung
letztendlich erst bei oder nach Leistungserbringung beurteilt werden kann. Im Falle der
Schönheitschirurgie kann der Patient eben erst nach der Operation und der Abheilungs-
phase beurteilen, ob das Ergebnis den Erwartungen entspricht.
292 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

Mit anderen Worten: Der Kunde kauft die sprichwörtliche Katze im Sack. Und das in
einem Bereich, der direkt das körperliche Wohlergehen betrifft, ein nicht unerhebliches
gesundheitliches Risiko mit sich bringt und sich im Preissegment für Investitionsgüter
bewegt.
Folgerichtig ist die Entscheidungsfindung komplex und langwierig. Studien belegen,
dass der Entscheidungszyklus im Bereich der Schönheitschirurgie von der Information-
seeking-Phase bis zur Operation je nach Operationsart durchschnittlich 2–4 Jahre dauert.
Auf der anderen Seite finden die Patienten einen recht intransparenten, fragmentier-
ten und unreglementierten Markt vor. Die Bezeichnung „Schönheitschirurg“ ist weder
definiert noch geschützt. Es gibt keine eindeutigen Regeln dafür, welche Facharztgrup-
pen welche Art von Eingriff vornehmen dürfen. Es gibt keine Verpflichtung für Ärzte
oder Kliniken, Zahlen und Statistiken, z. B. zur Anzahl der durchgeführten Operationen
oder zur Komplikations- und Infektionsrate, zu veröffentlichen oder sich gar extern
auditieren zu lassen. In Deutschland wird der Markt dominiert von kleinen Einzelpraxen
und Einzelkliniken mit meist 1–2 partnerschaftlich organsierten Ärzten. Es gibt keine
medizinischen Standards, keine sog. Evidence Based Medicine (EBM).
Es treffen also ein hohes Informations- und Sicherheitsbedürfnis auf der Nachfrage-
seite und eine intransparente, fragmentierte Angebotsseite aufeinander.
In einem solchen Umfeld fällt dem Empfehlungsmarketing eine besondere Bedeu-
tung zu. Empfehlungsmarketing war für Dienstleistungsunternehmen wie die Mang
Medical One schon immer ein wesentlicher Teil ihres Erfolges. Was man früher unter
Word-of-Mouth-Propaganda verstanden hat – also die Empfehlung durch Kunden
oder Befürworter – hat durch die Möglichkeiten des Web 2.0 eine völlig neue Dimen-
sion erlangt.

2.2 Das Facebook-Engagement der Mang Medical One

Um die Ziele des Facebook-Engagements abzuleiten, hilft ein Blick auf den Konversions-
funnel der Mang Medical One (vgl. Abb. 1).
Auf den verschiedenen Ebenen des Funnels werden bei der jährlichen Marketingpla-
nung Ziele definiert, Strategien abgeleitet und Maßnahmen beschlossen. Im Rahmen der
Marketingplanung 2010 wurde zum ersten Mal geprüft, inwieweit ein Engagement bei
Facebook als strategischer Ansatz dazu beitragen kann, die quantitativen Lead-und Kon-
versionziele zu erreichen.

Ziel 1: Leads generieren


Wichtigstes Ziel der Marketingaktivitäten ist es, eine genügend große Anzahl an Kontak-
ten zu generieren, die dann (bei angenommener Konversion, Absatzmix und Durch-
schnittspreis) zu dem geplanten Jahresumsatz führen. Neben SEO, SEA und Affiliate
Marketing wurde deshalb das Anzeigenmarketing bei Facebook als weiterer Kanal des
Online-Marketings eingeführt. Da sich für die MMO in der Vergangenheit herausgestellt
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 293

Abb. 1 Konversionsfunnel der Mang


Medical One (Quelle: eigene Darstellung)

hatte, dass „klassische“ TKP-Bannerkampagnen einen negativen ROI hatten, kam das
CPC-Preismodell von Facebook dem Unternehmen entgegen. Als konkrete Maßnahmen
wurden verschiedene Kampagnen mit unterschiedlichen Anzeigentypen entwickelt,
getestet und implementiert.

Ziel 2: Vertrauen schaffen – Konversion erhöhen


Neben der reinen Kontaktgenerierung durch Erhöhung der Reichweite über traditionelle
Anzeigen spielt das Vertrauen natürlich eine große Rolle bei der Entscheidung unserer
potenziellen Patienten. Unsere Hypothese ist, dass eine große Anzahl von Fans sowie
deren Interaktion auf der Facebook-Seite untereinander und mit der MMO Vertrauen
schafft und damit direkt und indirekt die Konversionen erhöht. Neben der Gewinnung
von Fans über Anzeigen werden die Fans über offene Fragen, Gewinnspiele und teilweise
provokante Thesen zur Interaktion aufgefordert.

3 Organisatorische und rechtliche Aspekte

Durch den kontinuierlichen Ausbau der Facebook-Seite von einem „Testballon“ hin zu
einem zusätzlichen Marketingkanal für die Mang Medical One hat sich der Arbeits-
aufwand für die Pflege der Seite ständig vergrößert, was eine strukturierte Vorgehens-
weise notwendig macht, die den Bedürfnissen des Mediums, z. B. dem der ständigen
Aktualisierung, gerecht wird. Darüber hinaus sind bei der inhaltlichen Pflege bestimmte
rechtliche Aspekte zu beachten, die für einen Dienstleister im medizinischen Bereich
gelten.
294 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

3.1 Organisatorische Aspekte

Die Pflege der Facebook-Seite der Mang Medical One Klinikgruppe (vgl. Abb. 2) ist von
Anfang an in der Abteilung Marketing & PR der Mang Medical One AG in Essen ange-
siedelt, in der sämtliche Marketing- und PR-Aktivitäten des Unternehmens koordiniert
und umgesetzt werden. In den regelmäßigen Verantwortungsbereich der PR-Managerin
fallen folgende Aufgaben:

Inhalt
• die tägliche Generierung von News für die Pinnwand,
• die kontinuierliche Aktualisierung der Reiter Info, Fotos, Video, YouTube,
• der Dialog mit den Fans,
• seit Mitte Juni 2011: Betreuung des „Frag-den-Arzt“-Reiters, über den User den Ärz-
ten anonym Fragen stellen können, die innerhalb von zwei Tagen beantwortet wer-
den.

Controlling
• die potenzielle Entfernung von pornografischen oder anzüglichen Kommentaren von
der Pinnwand,
• die wöchentliche Auswertung der Facebook-Statistiken
− zur Entwicklung der Fan-Anzahl,
− zu den Interaktionen (Feedback zu Beiträgen, Beitragsaufrufe),
− zur Demografie, Aktivität und zum Medienkonsum der Fans.

Werbung
• Juni 2011: die Aufsetzung von drei Landingpages für die Geschäftsbereiche Ästheti-
sche Chirurgie, Haartransplantation und Magenballon inklusive Kontaktformular
durch eine Agentur und die IT,
• das Aufsetzen verschiedener Ad-Kampagnen mit Verlinkung auf die Landingpages,
• die kontinuierliche Überprüfung der Performance der Anzeigengruppen,
• das Tracking der über die Facebook-Landingpages generierten Leads und ihre Kon-
version.

3.2 Rechtliche Aspekte

Bei der Betreuung der Facebook-Seite müssen wie bei der Kommunikation über alle
anderen Marketingkanäle die Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes beachtet werden,
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 295

Abb. 2 Facebook-Seite „Mang Medical One Schönheitskliniken“ (Quelle: vgl. [6])

das in Deutschland relativ strenge Richtlinien vorsieht. So ist es zum Beispiel nicht er-
laubt, auf der Seite mit Vorher-Nachher-Bildern von Patienten zu werben. Auch die
Verwendung von Superlativen, z. B. „wir sind die besten Ärzte“, oder Heilsversprechen
ist untersagt.
In Bezug auf die Verwendung von Bildern für die geschäftsbereichsbezogenen Anzei-
gen-Kampagnen stellt sich im Vergleich zur Homepage bei Facebook die Schwierigkeit,
solche zu verwenden, die zwar einen Bezug zur Dienstleistung haben, aber weder

• sexuell oder
• provokant sind noch
• zu viel Haut zeigen oder
• bestimmte Körpertypen idealisieren.

Dies ist mitunter insofern schwierig, als die Dienstleistungen der Mang Medical One
sich auf den Körper beziehen. Ferner ist es wichtig, solche Bilder zu verwenden, die die
User dazu bewegen, auf die Anzeige zu klicken. Hier einen Mittelweg zwischen der Ein-
haltung der ethischen Richtlinien und einer attraktiven Aufmachung zu finden, stellt
eine Herausforderung dar.
296 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

4 Ergebnisse

Die Erfolgsmessung bei Facebook stellt eines der stark diskutierten Themen dar: „Um
den Return on Investment (ROI), also die Kapitalrendite für Aktivitäten in Social Media
zu berechnen, gibt es noch keine Formel. Vielleicht wird es auch nie eine geben, die für
alle Aktivitäten gilt“ [4]. Ist es die Anzahl der Fans oder das Ausmaß der Interaktion,
das den Erfolg ausmacht? Fest steht: Für die Bewertung des bisherigen Erfolgs der Face-
book-Seite „Mang Medical One Schönheitskliniken“ muss zwischen qualitativen und
quantitativen Aspekten unterschieden werden. Die Agentur AG Social Media unterteilt
diese in drei verschiedene Ebenen, anhand derer im Folgenden die bisherigen Erfahrun-
gen mit der Facebook-Seite der Mang Medical One Klinikgruppe analysiert werden
sollen (vgl. [1]):

• Netzwerkebene: Fan-Anzahl, Aktivität (Nutzer, Beitrags-, Seiten- und Reiteraufrufe),


Leads,
• Nutzerebene: Demografie,
• Inhaltsebene: User-Feedback und Involvement, Tonalität.

4.1 Quantitative Ergebnisse

Anzahl der Fans


Im Zeitraum April 2010 bis Ende August 2011 haben sich 2.160 Fans der Facebook-Seite
„Mang Medical One Schönheitskliniken“ angeschlossen, wobei der größte Sprung erst ab
April 2011 erreicht wurde, als die Seite erstmalig über Ads innerhalb von Facebook be-
worben wurde (vgl. Abb. 3). In den ersten zwölf Monaten machte nur eine Verlinkung
zur Seite von der firmeneigenen Homepage auf diese aufmerksam.
Die Quellen der „Gefällt mir“-Angaben belegen, dass mehr als die Hälfte der Fans
über eine Werbeanzeige oder gesponserte Meldung zum Fan wurde. Im gleichen Zeit-
raum haben 105 Fans ihr Abo der Seite wieder gekündigt. Vermutlich ist vielen nicht
bewusst, dass sie mit dem Klicken auf eine Werbeanzeige automatisch zum Fan werden.
Sie möchten sich vielleicht anonym auf der Seite informieren, sich aber nicht öffentlich
als Fan einer Schönheitsklinik bekennen.

Anzahl aktive Nutzer


Auch die Anzahl der täglich, wöchentlich oder monatlich aktiven Nutzer, die bis
Mai 2011 auf einem recht niedrigen Niveau blieb, erfuhr einen enormen Aufschwung
(vgl. Abb. 4). So waren im Mai 2010 noch circa 60 User monatlich aktiv, d. h., sie waren
auf der Seite oder haben Beiträge gelesen. Mitte Juli 2011 waren es bereits 5.347, die
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 297

Abb. 3 Anstieg der Fan-Anzahl Ende Dezember 2010 bis Ende August 2011 (Quelle: Facebook)

einmal im Monat mit der Seite interagierten. Auch hier lässt sich wieder ein deutlicher
Zusammenhang mit den parallel geschalteten Werbeanzeigen erkennen.

Anzahl Beitragsaufrufe
Bereits ab November 2010, als die Frequenz der Facebook-Posts erstmalig erhöht wur-
de, ließ sich ein Anstieg der Beitragsaufrufe verzeichnen (vgl. Abb. 5). Waren es Ende
2010 noch rund 80 Beitragsaufrufe am Tag, so waren es im August 2011 ungefähr sechs-
mal so viele.
298 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

Abb. 4 Entwicklung der täglich, wöchentlich und monatlich aktiven User Ende Dezember 2010
bis Ende August 2011 (Quelle: Facebook)

Abb. 5 Entwicklung der täglichen Beitragsabrufe Ende Dezember 2010 bis Ende August 2011
(Quelle: Facebook)

Anzahl Seiten- und Reiteraufrufe


Seitenaufrufe beziehen sich auf die gesamte Anzahl von Seitenbesuchen der Fans. Bei
jedem Klick auf die Seite wird dieser als Seitenaufruf gezählt. Die Anzahl der einmaligen
Seitenaufrufe ist eine Teilmenge aller Seitenaufrufe, d. h., jeder Seitenbesucher wird hier
nur einmal gezählt. Aus Abb. 6 wird deutlich, dass die Anzahl der einmaligen Seitenauf-
rufe parallel zu den gesamten Seitenaufrufen gestiegen ist. Waren es im Mai 2011 nur 26
einmalige Seitenaufrufe von einzelnen Usern am Tag, so waren es im Juli 265.
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 299

Abb. 6 Gesamte und einmalige Seitenaufrufe Ende Dezember 2010 bis Ende August 2011 (Quelle:
Facebook)

Tab. 1 Reiteraufrufe und externe Verweise (Quelle: Facebook)

Reiteraufrufe insgesamt Externe Verweise


22.680 Pinnwand 1.714 medical-one.de
2.849 Ästhetische Chirugie 1.155 google.de
2.719 Fotos 77 standort.medical-one.de
2.688 Magenballon 57 google.com
2.414 Haartransplantation 34 suche.t-online.de
1.556 Information 27 google.at
8.16 Frag-den-Arzt 27 google.ch
705 Video 20 mmo.eyeconic.de
610 Diskussionsforen 14 bing.com

Der am häufigsten aufgerufene Tab ist die Pinnwand, was sich dadurch erklärt, dass
diese jeder User, der auf die Seite kommt, sofort sieht (vgl. Tab. 1). An zweiter Stelle folgt
die Landingpage Ästhetische Chirurgie, die in den Monaten Juni bis August 2011 inten-
siv beworben wurde. Der Foto-Tab steht an dritter Stelle, gefolgt von den zwei anderen
Landingpages zu den Themen Magenballon und Haartransplantation.
Am meisten Traffic wird von der Homepage auf die Facebook-Seite geleitet, gefolgt
von Google, wo die Facebook-Seite bei Eingabe des Suchwortes „Mang Medical One“
mittlerweile auch auf Seite 1 positioniert ist.

Leads
Ende Mai 2011 wurden für die Facebook-Seite drei Landingpages angelegt, auf die über
verschiedene Ad-Kampagnen verlinkt werden kann. Ziel war und ist es, herauszufinden,
300 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

inwieweit über Facebook als neuen Marketingkanal Leads generiert werden, die idealer-
weise zu Patienten konvertieren.
Von Juni bis Ende August wurden als erste Phase des Tests 4.020,33 € für verschiede-
ne überregional und regional ausgesteuerte Ad-Kampagnen ausgegeben, die explizit auf
eine der drei Facebook-Landingpages verlinkten (ausgenommen ist hier also das Budget
für gesponserte Meldungen und Verlinkungen auf andere Tabs). Die Werbung führte zu
insgesamt 101 Neukontakten. Der Cost pro Lead lag hier also bei 39,80 €. Dies liegt in
der Preisspanne, die auch bei anderen Kanälen wie SEA oder Affiliate Marketing anfällt.

4.2 Qualitative Ergebnisse

Demografie
Besonders spannend ist der Einblick in die demografische Struktur der Fans über Face-
book-Insights (vgl. Abb. 7): 66 % sind weiblich, 32 % männlich. Diese Verteilung der
Geschlechter stimmt ungefähr mit der Verteilung der Interessenten und Patienten in der
Klinikgruppe überein. 39 % der weiblichen Fans sind in der Kernzielgruppe der 25–44-
Jährigen – auch dies eine weitgehende Übereinstimmung mit der Realität. Deutlich we-
niger vertreten sind männliche und weibliche Fans ab 45, was mit der allgemeinen De-
mografie bei Facebook übereinstimmt (vgl. [2]). Diese sieht die 14–18-Jährigen als größ-
te Nutzergruppe in Deutschland. Zur Hauptzielgruppe der Mang Medical One gehören
diese jedoch nicht.
Aus der regionalen Verteilung über Länder und Städte lassen sich keine besonderen
Erkenntnisse gewinnen (vgl. Tab. 2). Lediglich eine Dominanz der Herkunftsstädte
Frankfurt, München und Düsseldorf ist zu erkennen. Ostdeutsche Städte tauchen in der
Auswertung gar nicht auf, was sich mit dem deutlich geringeren Interesse ostdeutscher
Mitbürger an dem Dienstleistungsspektrum deckt (Analysen Google Insights).

User-Feedback und Involvement


Die Auswertung des täglichen Feedbacks auf Meldungen zeigt, dass mit dem Anstieg der
Fan-Anzahl auch die Anzahl der „Gefällt mir“-Klicks für gepostete Meldungen steigt
(vgl. Abb. 8).
Doch welche Themen sind es, die besonders häufig „gefallen“?

• 26.08.11: 25 Personen gefällt eine Ankündigung über Prof. Mangs soziales Engage-
ment,
• 18.07.11: 19 Personen gefällt eine Ankündigung für eine TV-Sendung mit einem der
Ärzte,
• 30.07.11: 19 Personen gefällt ein Gruppenfoto der Mitarbeiter,
• 17.07.11: 14 Personen gefällt ein Beitrag zu einer Erfolgsstory mit dem Magenballon,
• 18.08.11: 13 Personen gefällt ein Foto des Fussballers Wayne Rooney nach seiner
Haartransplantation.
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 301

Geschlecht und Alter

Weiblich 66% 0,55% 19% 26% 13% 6,3% 0,78%


13-17 18-24 25-34 35-44 45-54 55+
Männlich 32% 0,47% 6,4% 13% 8,5% 3,8% 0,70%

Abb. 7 Demografie der Facebook-Fans Mai 2010 bis Ende Juli 2011 (Quelle: Facebook)

Tab. 2 Herkunft der Facebook-Fans Mai 2010 bis Ende Juli 2011 (Quelle: Facebook)

Länder Städte Sprache


1.166 Deutschland 131 Frankfurt 1.107 Deutsch
11 USA 128 München 66 Englisch (US)
10 Schweiz 126 Düsseldorf 17 Englisch (UK)
8 Österreich 79 Berlin 16 Türkisch
8 Serbien 70 Hamburg 6 Arabisch
7 UK 58 Stuttgart 4 Kroatisch
6 Türkei 53 Nürnberg 4 Rumänisch
4 Kroatien 48 Kerpen 4 Serbisch
4 Italien 44 Hannover 3 Spanisch
3 Rumänien 25 Dortmund 3 Bosnisch
2 Griechenland 20 Eschborn 3 Portugisisch (P)
2 Indonesien 19 Karlsruhe 3 Italienisch
2 Ägypten 18 Mannheim 2 Griechisch
2 Spanien 18 Regensburg 2 Französisch (F)
2 Indien 17 Köln 2 Bulgarisch
2 Niederlande 15 Mainz 2 Ungarisch
2 Tunesien 13 Oldenburg 2 Mazedonisch
2 Irak 13 Ulm 2 Holländisch
2 Mazedonien 12 Würzburg 2 Spanisch (E)

Möchte man aus diesen Erfahrungen bereits Rückschlüsse ziehen, so deuten sie dar-
auf hin, dass bei Facebook eine inhaltliche Mischung aus Unterhaltung, Prominenz, Er-
folgsgeschichten und Firmeninterna am häufigsten auf Resonanz in Form von „Gefällt
mir“ stößt.
Persönliche Kommentare werden deutlich seltener abgegeben als „Gefällt mir“-Klicks
(vgl. Abb. 9). Da hier auch häufig Mitarbeiter partizipieren, ist es schwieriger, eine ge-
302 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

Abb. 8 Tägliches Feedback für Meldungen Januar 2011 bis Ende August 2011 (Quelle: Facebook)

Abb. 9 Tägliche Kommentare für Meldungen Januar 2011 bis Ende August 2011 (Quelle: Face-
book)

naue Aussage zum Involvement zu tätigen. In den meisten Fällen, in denen User einen
Kommentar posten, führt dieser maximal zu ein bis zwei weiteren.
Der bisher größte Erfolg bei der User-Einbindung wurde durch eine Umfrage mit
dem noch relativ neuen Umfrage-Tool erreicht (vgl. Abb. 10). Hier beteiligten sich im-
merhin 54 User und gaben ihre Antwort auf die Frage „Was macht Ihrer Meinung nach
einen Mann attraktiv?“.
Ein Mehrwert der Facebook-Seite wurde mit der Einrichtung des „Frag-den-Arzt“-
Tabs Mitte Juni 2011 geschaffen (vgl. Abb. 11). Fünf User nutzten schon die Gelegenheit,
anonym eine Frage einzureichen, die von einem der Ärzte per E-Mail beantwortet wird.
Diese Applikation hat zudem den Vorteil, dass Inhalte für die Pinnwand generiert wer-
den, die u. U. auch für andere Fans interessant sind.

Tonalität
Die Tonalität der Kommentare zu Meldungen ist überwiegend positiv. So kommentier-
ten User das Bild mit Prof. Mang und Michelle Hunziker zum Beispiel mit „Yes!“ oder
„Sehr schön!“. Anzügliche oder nicht ernst gemeinte Kommentare gibt es auch. So
schrieb ein männlicher User auf die gleiche Meldung hin: „Ist Jürgens Po auch geliftet?“
Hier wurde entschieden, den Beitrag zu entfernen.
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 303

Abb. 10 Umfrage (Quelle:[6])

Abb. 11 „Frag-den-Arzt“ (Quelle: [6])


304 Philipp Morsbach, Hanna Laura Kasberg

Positive Kommentare entstehen häufig auch dann, wenn User Ärzte der Mang Medi-
cal One und ihrer Leistungen in TV-Sendungen bewerten. So schreibt eine Userin zum
Beispiel „Würde sehr sehr gerne Dr. Mang näher kennenlernen. Er ist der beste Chirug
der Welt für mich:-)“ und eine andere „Die Ausstrahlung der gestrigen Extrem Schön
Sendung auf RTL2 mit Dr. Mang persönlich hat mich sehr berührt, … ich war bisher nur
bei einem Beratungsgespräch in Stuttgart, leider ist mir eine OP finanziell nicht möglich
und es ist schon seit vielen Jahren sehr belastend für mich, dennoch hat mich die Bera-
tung darin bestärkt die OP irgendwann machen zu lassen.“

5 Fazit & Ausblick

Wie in Abschn. 2 beschrieben, verfolgt die Mang Medical One Klinikgruppe mit der
eigenen Facebook-Seite das Ziel, Kontakte zu generieren, die zum Jahresumsatz beitra-
gen, und Vertrauen in dem recht intransparenten Markt der Ästhetischen Chirurgie zu
schaffen.
Die bisherigen Erkenntnisse zur Kontaktgenerierung über Facebook (seit Juni 2011)
zeigen, dass Facebook als Marketingkanal durchaus dazu geeignet ist, Kontakte zu gene-
rieren. Die bisherigen Ergebnisse zur Konversion von Kontakt zu Behandlung sind im
Vergleich zu den anderen Marketingkanälen jedoch eher enttäuschend bzw. können zum
jetzigen Zeitpunkt aufgrund der zeitlichen Spanne zwischen Beratungsgespräch und tat-
sächlicher Behandlung noch nicht in Gänze beurteilt werden. Die Konversion von Neu-
kontakt zu durchgeführtem Beratungsgespräch lässt sich jedoch schon bewerten und liegt
leider unter der Rate anderer Marketingkanäle. Es bleibt hier jedoch abzuwarten, wie sich
die bislang generierten Kontakte entwickeln und inwiefern Optimierungen an den Face-
book-Landingpages vielleicht dazu beitragen können, die Konversion weiter zu steigern.
Das Erreichen des Ziels, Vertrauen zu schaffen, lässt sich nicht wirklich „messen“.
Was sich jedoch aus den bisherigen Ergebnissen zur Aktivität der User auf der Seite in
Form von „Gefällt mir“ oder Kommentaren schließen lässt, ist die Tatsache, dass der
Großteil der von Mang Medical One geposteten Beiträge durchaus auf das Interesse der
User stößt, viele sich sogar öffentlich auf der Pinnwand als Patienten zu erkennen ge-
ben. Darüber hinaus kommt es immer wieder dazu, dass User behandlungsspezifische
Fragen stellen, die zwar auf der Pinnwand nicht beantwortet werden, die User jedoch an
die richtigen Ansprechpartner verwiesen werden. Insofern ist dies zumindest auch ein
Indiz dafür, dass User das „Vertrauen“ haben, von Mang Medical One eine richtige
Antwort zu bekommen. Indem das Unternehmen bei Facebook „live“ jeden Fan-Kom-
mentar mitbekommt und ebenso „live“ gegenüber seinem Publikum reagieren kann,
besteht die Chance, sich bei den Usern als vertrauenswürdiger Ansprechpartner zu
etablieren.
Das Ziel der Mang Medical One Klinikgruppe ist es, die Kontaktgenerierung und
Vertrauensschaffung über die Facebook-Seite weiterzuverfolgen und u. U. auszubauen.
Social Branding bei Facebook – Markenaufbau, Kundenbindung & -gewinnung 305

Literaturverzeichnis

1 AG Social Media (2010): Arbeitsgemeinschaft Social Media, URL: http://ag-sm.de/, abgerufen am:
15.11.2011.
2 Allfacebook (2011): Facebook Nutzerdaten Deutschland (Stand 01.09.2010), URL:
http://allfacebook.de/userdata/, abgerufen am: 15.11.2011.
3 Innovation Area (2011): Was sind Social Media?, URL: http://www.innovation-area.de/allgemein/
definition-social-media-22.html, abgerufen am: 15.11.2011.
4 Internet World (2011): Messgrößen für Social-Media-Kampagnen, Das Ziel definiert die Erfolgskri-
terien, URL: http://www.internetworld.de/Specials/Facebook/How-to/Messgroessen-fuer-Social-
Media-Kampagnen-Das-Ziel-definiert-die-Erfolgskriterien, abgerufen am: 15.11.20011.
5 ISAPS (2010): Biennial Global Survey reveals trends in procedures and geographic leadership, URL:
http://www.isaps.org/uploads/news_pdf/BIENIAL_GLOBAL_SURVEY_press_release.pdf, abgeru-
fen am: 19.07.2011.
6 Mang Medical One Schönheitskliniken (2011): Facebook Unternehmensseite, URL:
www.facebook.com/mangmedicalone, abgerufen am: 10.07.2011.
7 Margraf, J. (2010): Studie „Wie beeinflusst Schönheitschirurgie das Leben der Patienten?“.
8 Online Marketing Praxis (2011): Was ist Social Media und wie wichtig ist es für Unternehmen?,
URL: http://www.onlinemarketing-praxis.de/social-media/was-ist-social-media-und-wie-wichtig-ist-
es-fuer-unternehmen, abgerufen am: 15.11.2011.
9 Wollowski, C. (2010): Alles aus Plastik, URL: http://www.tagesspiegel.de/medien/alles-aus-plastik/
1895414.html, abgerufen am: 15.11.2011.
Soziale Medien
im Business-to-Business-Geschäft –
21
Ein Praxisbericht
Christian Schmitz, Michael Ahlers

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 308
2 Geschäftliche Anwendungsbereiche sozialer Medien.......................................................... 309
3 Arten sozialer Medien im Überblick ...................................................................................... 310
3.1 Soziale Medien im geschäftlichen Umfeld.............................................................. 315
3.2 Kontaktstrategien in sozialen Medien..................................................................... 318
4 Nutzung sozialer Medien im Mittelstand .............................................................................. 319
4.1 Besonderheiten der Mediennutzung im Mittelstand............................................ 319
4.2 Praxisbeispiel SUXXEED Sales for your Success GmbH...................................... 321
5 Bewertung sozialer Medien im B2B-Geschäft....................................................................... 324
5.1 Erfahrungen mit sozialen Medien aus Sicht von SUXXEED............................... 324
5.2 Schlussbetrachtung..................................................................................................... 325
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 327

_______________________
Prof. Dr. Christian Schmitz ()
Universität St. Gallen, IfM-HSG, Dufourstr. 40, 9000 St. Gallen, Schweiz
e-mail: christian.schmitz@unisg.ch
Michael Ahlers ()
Suxxeed, Sales for your Success GmbH, Nordostpark 82, 90411 Nürnberg, Deutschland
e-mail: michael.ahlers@suxxeed.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 307


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_21, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
308 Christian Schmitz, Michael Ahlers

„Social Media sind in aller Munde. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen müssen entdecken,
ob und inwieweit sie von den neuen Entwicklungen profitieren können.“ Prof. Dr. Christian Schmitz

„Social Media ist GROSS und extrem schnell und man hat die Möglichkeit, mit kleinen Budgets eine
gute Wirkung zu erzielen.“ Michael Ahlers

1 Einleitung

Social Branding im B2B


Markenbildung für Mittelstandsunternehmen im B2B ist an sich schon ein schwieriges
Thema. Oftmals geringe Budgets, kleine und sehr spezialisierte Zielgruppen, zersplitterte
Special-Interest-Medien mit vergleichsweise geringen Nutzerzahlen machen es schwer,
auch nur das grundlegendste Ziel, nämlich das Steigern der Markenbekanntheit im rele-
vanten Markt, zu verwirklichen. Ganz zu schweigen von qualitativen Zielen wie dem
Verbreiten der Markenbotschaft, dem Leistungsversprechen oder dem Wertekern Müh-
sames Guerilla-Marketing der kleinen Schritte bildet die Bausteine, um eine Markenper-
sönlichkeit im Geschäftskunden-Marketing zu etablieren.
Welche Herausforderungen erwartet nun ein B2B-Unternehmen, insbesondere ein
mittelständisches, durch die neue Disziplin des Social Brandings, der „sozialen Marken-
bildung“?
Das Social Branding erweitert den klassischen Begriff der Markenbildung um die
neue „soziale“ Komponente. Dahinter versteckt sich der Netzwerkgedanke, das Kommu-
nizieren „Vieler mit Vielen“ nach innen und außen. Übertragen auf die Markenbildung
bedeutet das die Einbindung Vieler in die Kommunikation an allen Touch Points und
somit zwangsläufig die Akzeptanz, dass nicht mehr allein wenige autorisierte Unterneh-
mensvertreter als Markenbotschafter auftreten, sondern nun plötzlich zahlreiche Mitar-
beiter, Kunden, Experten und Interessierte Einfluss auf das Ansehen der Marke nehmen
können. Das Medium hierzu sind die sozialen Netzwerke.

Soziale Medien
Begriffe wie Web 2.0, Social Media oder Social Networking sind aus dem geschäftlichen
Umfeld heute nicht mehr wegzudenken. Das Internet hat nicht nur den Handlungsspiel-
raum von Unternehmen vergrößert, sondern auch Käufertypen und Käuferverhalten
beeinflusst. Käufer investieren heute mehr Zeit in Informationsrecherche, bevor sie eine
Entscheidung fällen, und sind zunehmend besser informiert. Das gilt für Consumer
ebenso wie für Kaufentscheider im B2B-Umfeld (vgl. [7], S. 155).
Auch die Durchführung von Internetrecherchen ist bei vielen Entscheidungsträgern in
deutschen Unternehmen fester Bestandteil des Arbeitsalltags geworden. Aktuelle Studien
zeigen, dass das Web der einflussreichste Informationskanal zur Vorbereitung von B2B-
Investitionsentscheidungen ist – unabhängig von Branche und Investitionsvolumen.
Die Herausforderung liegt für Unternehmen zunächst darin, relevante Netzwerke zu
identifizieren und dann für sich zu nutzen. Möchte ein Unternehmen in sozialen Medien
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 309

aktiv werden, gilt es, deren Potenziale zu erkennen, aber auch die jeweiligen Chancen
und Risiken einzuschätzen.
Der Begriff soziale Medien setzt einen Rahmen für soziale Netzwerke und Gemein-
schaften, die als Plattform dienen, um benutzergenerierte Inhalte wie Erfahrungen, Mei-
nungen und Eindrücke zu teilen und auszutauschen. Als Kommunikationsmedien wer-
den Text, Bild, Video- sowie Audiodateien verwendet. Die sozialen Medien basieren auf
Interaktion und unterscheiden sich dadurch grundsätzlich von den klassischen Massen-
medien. Sender und Empfänger von Informationen agieren auf Augenhöhe. Exemplari-
sche Beispiele für soziale Medien sind Facebook, Twitter, Blogs, XING und LinkedIn.
Der große Teil der sozialen Netzwerke ist offen, d. h. nicht zugangsbeschränkt. Die
Nutzung der Grundfunktionen eines sozialen Netzwerkes ist in der Regel kostenlos.
Manche Netzwerke bieten erweiterte Funktionalität oder Premium-Funktionen an, die
kostenpflichtig sind und zu einem kostenlosen Basis-Account hinzugebucht werden
können. Ein Beispiel hierfür ist die Premium-Mitgliedschaft auf XING.
Ein wichtiger Bestandteil von Social-Networking-Plattformen ist, dass die User ohne
großen Aufwand über aktuelle Ereignisse und Veränderungen innerhalb ihres Kontakt-
kreises auf dem Laufenden gehalten werden. Im Umkehrschluss können sie selbst ihr
Netzwerk einfach und schnell mit neuen Informationen erreichen.
Der Nutzen sozialer Netzwerke liegt grundsätzlich darin, auf privater oder beruflicher
Ebene Kontakt mit anderen aufzubauen, zu pflegen und zu intensivieren. Bei Business-
Netzwerken wie XING oder LinkedIn stehen berufliche Ziele oder geschäftliche Interes-
sen im Vordergrund.
Die Auswahl an sozialen Medien ist groß und ebenso vielfältig sind die Möglichkeiten
der Interaktion.
Der vorliegende Beitrag soll aus einer praxisnahen Sicht einen Überblick über soziale
Medien und deren Anwendungsbereiche im geschäftlichen Umfeld geben. Dabei werden
viele Beispiele aus der geschäftlichen Praxis aufgeführt, auf theoretische Ausführungen
wird weitgehend verzichtet.

2 Geschäftliche Anwendungsbereiche sozialer Medien

In diesem Kapitel sollen folgende Fragen beantwortet werden: a) Welche sozialen Me-
dien gibt es? b) Welche Anwendungen finden die jeweiligen Medien im B2B-Umfeld?
Soziale Medien lassen sich nach dem von Schögel und Mrkwicka entwickelten An-
satz, der auf Arbeiten der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) beruht, nach
den vier Kategorien Contribution, Networking, Messaging und Sharing einteilen (vgl.
[7], S. 143ff.): Die Kategorisierung erfolgt dabei nach dem Grad der Interaktivität zwi-
schen den Kunden und der Interaktivität zwischen Kunden und dem Unternehmen
(vgl. [10]).
310 Christian Schmitz, Michael Ahlers

h och
Interaktivität zwischen Kunden und Unternehmen Contribution N e tw orking
Servicehotline
O in Twier O

Innovations- Lead-User-
K K webewerbe Entwicklungs- K K
portal
Kunden-helfen-
K K K K Kunden-Forum
Mobile Service- Blogs Fansite in
Anwendungen Social Network
Me ssa ging Sha ring Virales
O Microblogging O Marketing
E-Mail- Guerilla
Marketing Fotos/Videos zur Marketing Social
K K K K
Verfügung stellen Bookmarking
n iedrig

Suchmaschinen- Monitoring
K K Eintrag in K K
marketing
Wikipedia pflegen

niedrig hoch
Interaktivität zwischen Kunden

Abb. 1 Kategorisierung moderner Kommunikationsansätze (Quelle: vgl. [10], S. 8)

3 Arten sozialer Medien im Überblick

Im Folgenden sollen zunächst verschiedene Arten sozialer Medien überblicksartig dar-


gestellt werden, um anschließend deren Relevanz für den geschäftlichen Einsatz zu
diskutieren.

Blogs: Personenblogs oder Firmenblogs


Der Begriff Weblog (kurz: Blog) ist eine Kombination aus den Begriffen World Wide
Web und Log im Sinne von Logbuch. Blogs sind öffentlich zugängliche Journale, in de-
nen eine Einzelperson oder eine Autorengemeinschaft Informationen niederschreiben.
Die kurzen Artikel, auch Posts (von englisch: posting) genannt, sind meist aus der Ich-
Perspektive geschrieben, haben eher persönlichen als sachlichen Charakter und behan-
deln ein breites Spektrum an Themen, die dem Interessenbereich des Bloggers bzw. der
Bloggerin entspringen. Über Kommentarfunktionen können Leser mit dem Autor über
das Geschriebene diskutieren.
Blogs können dem Leser Einblick in Interessen, Tätigkeiten und Meinungen von Per-
sonen verschaffen, zu denen man sonst keinen Zugang hätte.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Blogs können als Plattform zur Verbreitung von Geschäftsinformationen dienen. Sie
gehören mittlerweile zum Standardinstrument für Branding, Imagepflege und Kom-
munikation bei Medien, Unternehmen, Analysten und Journalisten.
• Das Führen eines eigenen Blogs kann sich zudem positiv auf das Suchmaschinen-
ranking auswirken (Stichwort: SEO – Search Engine Optimization).
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 311

Microblogging
Als Microblogging wird eine Form des Bloggens bezeichnet, bei der die veröffentlichten
Textnachrichten (sogenannte Tweets) meist nicht länger als 200 Zeichen sind. Der wohl
populärste Microblogging-Dienst Twitter beschränkt die Länge der Tweets auf maximal
140 Zeichen.
Tweets können Links zu weiteren Informationsmedien wie Webseiten, Videos oder
Fotos beinhalten und können daher durchaus gehaltvoll gestaltet werden. Die virale
Verbreitung von Informationen erfolgt über das Re-Tweeting, d. h., Leser einer Meldung
leiten diese über ihre Twitter-Seite wiederum an ihre Leserschaft weiter. Auf diesem Weg
kann sich eine aktuelle Meldung im Schneeballsystem verbreiten.
Die Kürze der Information, zahlreiche Tools zur Optimierung des Dienstes sowie die
unkomplizierte Nutzung machen Twitter zum idealen Informationsmedium.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Ursprünglich waren Microblogging-Dienste für Privatnutzer gedacht. Inzwischen ha-


ben zahlreiche Firmen und professionelle Medien Twitter entdeckt, um über Neuig-
keiten, Produkte, Events und Sonderangebote zeitnah und grenzenlos zu informieren.
Microblogging-Dienste bieten sich insbesondere für Unternehmen an, die regelmäßig
Nachrichten generieren und verbreiten.

Business-Netzwerke, z. B. XING, LinkedIn


Geschäftskontakte können als Türöffner, Multiplikatoren, Verbindungsknoten, Know-
how-Träger, Impulsgeber, Informationsvermittler und vieles mehr fungieren. Business-
Netzwerke wie XING und LinkedIn dienen als Plattform zum Aufbau und zur Pflege von
Geschäftskontakten.

XING
Das Business-Netzwerk XING wurde im Jahr 2003 unter der Bezeichnung Open Busi-
ness Club ins Leben gerufen; in 2006 wurde das Netzwerk in XING umbenannt. Die
Bezeichnung XING (X-ing, engl. Crossing) bedeutet Kreuzung und kann als Begegnung
von Geschäftskontakten interpretiert werden.
XING bietet je nach Zugangsprofil (kostenfreie Accounts oder kostenpflichtige Pre-
mium-Accounts) unterschiedliche Funktionalitäten zum Aufbau, zur Verwaltung und
zur Pflege von Geschäftskontakten an. Auf XING vernetzen sich Berufstätige aller Bran-
chen. Die Art des Austauschs ist dabei vielfältig: In themenspezifischen Gruppen organi-
sieren sich Nutzer mit gleichem Interesse, in Foren findet fachlicher Austausch statt, Jobs
und Aufträge werden ausgeschrieben und Projektpartnerschaften geschlossen. Außer-
dem können Unternehmen eine eigene Profilseite anlegen und Mitarbeiterprofile damit
verknüpfen.
Über 11,1 Mio. Mitglieder weltweit nutzen die Plattform für Geschäft, Job und Kar-
riere (Stand: Juni 2011). In Deutschland stellt XING das wohl bedeutendste Business-
Netzwerk dar.
312 Christian Schmitz, Michael Ahlers

LinkedIn
Das Business-Netzwerk LinkedIn wurde Ende 2002 in Kalifornien, USA, gegründet. Es
ist mit weltweit über 100 Mio. registrierten Nutzern die derzeit größte Plattform dieser
Art; in Europa sind über 26 Mio. Nutzer registriert (Stand: Mai 2011).
LinkedIn ist im Vergleich zu XING auf die internationale Vernetzung ausgerichtet.
Das Netzwerk bietet ebenfalls Event- und Gruppenfunktionalität, ein Unternehmenspro-
fil kann angelegt werden und es besteht die Möglichkeit, sich im Fragen- und Antwor-
ten-Bereich als Experte zu etablieren.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Business-Netzwerke können zur Pflege von Geschäftsbeziehungen, aber auch zur


aktiven Lead-Generierung und Geschäftsanbahnung genutzt werden. Fachliche Dis-
kussionen und Gruppenzugehörigkeiten sind wichtige Verknüpfungspunkte.
• Über das Netzwerk werden zudem zahlreiche Informationen über Geschäftskontakte
zugänglich, z. B. Interessen, Karrierewege, Unternehmenswechsel, gemeinsame Kon-
takte. Über Statusmeldungen können Unternehmen schon frühzeitig auf kommende
Events und Projekte hinweisen.

Soziale Netzwerke: Facebook


Facebook ist das erfolgreichste soziale Netzwerk. Allein in Deutschland verzeichnet das
Netzwerk über 20 Mio. User (Stand 06.08.2011). Die Erfolgsgeschichte von Facebook
begann 2004 an der Harvard University. Mark Zuckerberg entwickelte die Plattform
gemeinsam mit Studienkollegen und gab ihr in Anlehnung an die amerikanischen Jahr-
bücher, die an Colleges verteilt werden, den Namen Facebook.
Ursprünglich als privates Netzwerk gedacht, das den Austausch von Informationen
und Medien unter Freunden ermöglichen sollte, hat Facebook auch im geschäftlichen
Bereich Anwendung gefunden.
Unternehmen können sich präsentieren, Gruppen oder Fanpages einrichten und die-
se mit zahlreichen Funktionen ausstatten.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Facebook kann sich als wertvolles Instrument für Branding, Event Promotion und
virales Marketing erweisen. Zahlreiche Entscheider verwenden Facebook bereits auf
privater Ebene. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Personen ihren privaten Face-
book-Account nutzen, um Informationen für geschäftliche Zwecke zu beschaffen,
steigt zunehmend. Denn die Grenzen zwischen privater und geschäftlicher Kommu-
nikation und Recherche verschwimmen auf Facebook stetig. Somit ergeben sich hier
interessante Möglichkeiten der Entscheider- bzw. Käuferansprache im B2B-Bereich.
• Dem eigenen Facebook-Auftritt sollte grundsätzlich ein Marketing- und Kommu-
nikationskonzept zugrunde liegen. Außerdem empfiehlt es sich, Kommunikations-
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 313

regeln für Facebook zu definieren und die beteiligten Mitarbeiter entsprechend zu in-
struieren.1

Sharingdienste: YouTube, Slideshare, Scribd


Auf Sharingseiten stellen Nutzer allen Interessierten selbst generierte Inhalte zur Verfü-
gung. Sie agieren ähnlich wie in sozialen Netzwerken. Inhalte können kommentiert,
bewertet und abonniert werden. Sharingseiten gibt es für Videos, Dokumente, Präsenta-
tionen, Bilder oder Weblinks.
Die bekannteste Videosharing-Plattform ist YouTube. Neben privaten Anbietern gibt
es zahlreiche Firmen und Medien, die dort eigene Kanäle pflegen und Inhalte bereitstellen.
Was YouTube für Videos ist, ist Slideshare für Präsentationen. Dieser Kanal ist her-
vorragend dafür geeignet, die eigene Expertise zu demonstrieren und bereits veröffent-
lichte Vorträge und Präsentationen einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
Ähnlich wie bei YouTube können die Nutzer einen eigenen Kanal anlegen und dort
Inhalte hochladen. Umgekehrt kann man Kanäle abonnieren und bleibt so auf dem Lau-
fenden hinsichtlich neuer Uploads eines Users (vgl. [7], S. 150).
Die Plattform Scribd arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip wie Slideshare. Auf
Scribd werden Dokumente verschiedenster Art ausgetauscht: vom Word-Dokument
über Powerpoint-Präsentationen bis hin zur Excel-Tabelle.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• YouTube wird bereits von zahlreichen Firmen genutzt, um eigene Inhalte zu verbrei-
ten, beispielsweise Berichte von Firmenevents, Präsentationen von News im Stile einer
Nachrichtensendung, Tutorials, Produktpräsentationen etc. Videos, die einen hohen
Informationsgehalt haben, bieten echten Mehrwert für Kunden und Interessenten.
• Durch das Einstellen von Videos auf YouTube kann zudem die eigene Position in den
Suchmaschinenrankings verbessert werden. Im besten Fall kann das eigene Videoma-
terial auf YouTube als Werbefläche fungieren und virale Verbreitung finden.
• Slideshare und Scribd werden von Firmen, Universitäten, Instituten und Analysten-
häusern genutzt, um Studien, Portfolios, Fachinformationen und Whitepapers zu
veröffentlichen und zur Verfügung zu stellen. Den Verfassern der Informationen bie-
tet sich so eine Möglichkeit, ein breites Publikum anzusprechen und die eigene Exper-
tise darzustellen.
• Für Unternehmen, die sich in Nischenmärkten bewegen, bietet sich hier die Möglich-
keit, ausführliche Informationen zu Einsatzbereichen ihrer Produkte, Best Practice
Studies etc. einzustellen.

1
Anmerkung: Mit Google+ startete Google im April 2011 den Versuch, eine eigene Social-Media-
Plattform zu etablieren. Der augenscheinlichste Unterschied zu Facebook liegt in der Verwaltung der
Kontakte: Diese werden in sogenannten Circles (Kreisen) organisiert. So ist es möglich, eigene Perso-
nenkreise für Freunde, Kollegen oder Interessengruppen anzulegen und Inhalte gezielt zu veröffentli-
chen. Ob Google+ sich zum Konkurrenten für Facebook entwickelt und ähnliche Relevanz im geschäftli-
chen Umfeld erlangt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden.
314 Christian Schmitz, Michael Ahlers

Social Bookmarking Sites: Mister Wong, LinkARENA


Social Bookmarking bietet die Möglichkeit, eigene Linksammlungen als öffentliche Lese-
zeichen zu verwalten und diese mit anderen zu teilen. Eigene Links können zu Linklisten
hinzugefügt, gelöscht, entfernt, bewertet und kommentiert sowie mit Stichwörtern
(Tags) versehen werden. Die Linklisten anderer Benutzer sind ebenfalls zugänglich (vgl.
[9], S. 320).
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Social Bookmarking bietet die Möglichkeit, auf eigene Inhalte hinzuweisen und für
mehr Traffic auf den eigenen Angebotsseiten zu sorgen. Mit einer fach- und themen-
spezifischen Zusammenstellung von Links, somit einer Sammlung qualifizierter In-
formationen, können Unternehmen Fachleute und Entscheider im B2B-Bereich an-
sprechen und diesen einen besonderen Service bieten. Wird die Linksammlung
regelmäßig aktualisiert, kann sich daraus ein Linkkatalog mit Mehrwert entwickeln.

Foren, Communities
Eine der ältesten „Mitmach“-Optionen im Web sind Communities und Foren. Vor allem
technisch interessierte Nutzer und Entwickler haben sich schon in den späten 80er Jah-
ren zu Usergroups und Foren zusammengeschlossen. Hier tauschen sie sich aus, disku-
tieren Probleme und holen sich Rat. Die modernen Business-Netzwerke haben diese
Funktionalität in Form von Gruppen integriert. Aber dennoch haben sich Communities
und Foren als eigenständige Form erhalten (vgl. [7], S. 151).
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Im unternehmerischen Umfeld haben sich Entwickler- und Anwenderforen oder


Usergroups erhalten. Hier bietet sich Unternehmen die Möglichkeit, in direkten Kon-
takt mit Kunden und Interessenten zu gelangen, in den Markt hineinzuhören und
sich zu positionieren. Wichtige Stimmungen und Trends lassen sich in Foren schon
frühzeitig erkennen.

Wikis
Wikis sind auf die Zusammenführung und Dokumentation von gemeinschaftlichem
Wissen ausgelegt. Sie funktionieren nach dem Prinzip einfach zu erstellender Webseiten,
die miteinander verknüpft und mit Schlagworten versehen werden. Die prominenteste
Online-Enzyklopädie dieser Art ist Wikipedia.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Im Stile von Wikipedia angelegte und auf bestimmte Themen ausgerichtete Wikis
finden im unternehmerischen Umfeld meist auf interner Ebene ihren Platz. Im Vor-
dergrund steht hier die Wissenssammlung, z. B. bei der Bearbeitung von Projekten im
Allgemeinen, bei Innovationsprojekten und beim internen Informationsmanagement
(vgl. [7], S. 151).
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 315

Location-based Services: Facebook Places, Foursquare, Gowalla


Location-based Services basieren auf der Erfassung und Auswertung des aktuellen
Standorts eines Nutzers durch einen Mobilfunkanbieter. Dieser liefert dem Nutzer In-
formationen (z. B. auf sein Smartphone), die auf den jeweiligen Aufenthaltsort abge-
stimmt sind, beispielsweise zu Freizeitangeboten, Sehenswürdigkeiten, Einkaufsmöglich-
keiten, öffentlichen Verkehrsanbindungen.
Anwendungsbereich und Relevanz im B2B-Umfeld:

• Auch im B2B-Bereich bieten Systeme mit Ortskontext Potenzial. So können sie z. B.


Informationen zu regionalen Services und Geschäftspartnern liefern. Im CRM-Umfeld
können standortbezogene Informationen an Vertrieb und Service übermittelt werden.

3.1 Soziale Medien im geschäftlichen Umfeld

Die Gründe, die ein Unternehmen dazu bewegen können, an den sozialen Medien zu
partizipieren, sind vielfältig (vgl. [9], S. 28ff.):

• Das Unternehmen möchte mehr Besucher auf die Webseite, den Shop oder Weblog
bringen.
• Eine Marke soll bekannter gemacht werden.
• Das Unternehmen möchte sich innerhalb einer Marktnische als Experte positionie-
ren.
• Mitarbeiter des Unternehmens sollen sich im Internet als Botschafter betätigen.
• Neue Kontakte sollen geknüpft, das eigene Netzwerk erweitert werden.
• Strategische Partnerschaften sollen geschlossen werden.
• Der Austausch mit Kunden, Interessenten, Spezialisten und Influencern (Meinungs-
machern) soll intensiviert werden.
• Der Kundendienst soll um zusätzliche Kommunikations- und Supportkanäle erwei-
tert werden.
• Aktuelle Informationen aus dem Unternehmensumfeld sollen schnell und einfach
publiziert werden.
• Bestehende Inhalte sollen einer größeren Nutzergruppe zugänglich gemacht werden.
• Mitbewerber sind bereits in sozialen Medien aktiv.

Der Vielfalt an Beweggründen steht eine große Auswahl an Möglichkeiten gegenüber,


wie Unternehmen soziale Medien für eigene Zwecke einsetzen können. Der erste Schritt
sollte stets die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Unternehmen, der Ziel-
gruppe, dem Markt sein. Im nächsten Schritt können dann relevante soziale Medien
identifiziert und die jeweiligen Potenziale bewertet werden.
Folgende Fragestellungen können bei der Auswahl von sozialen Medien helfen:
316 Christian Schmitz, Michael Ahlers

Gründe
• Warum will sich das Unternehmen an sozialen Netzwerken beteiligen?
• Welche Zielsetzungen und Beweggründe stehen hinter dem Engagement?
• Welche Zielgruppe soll vorrangig adressiert werden? Kooperationspartner, Neukun-
den, Influencer?
• Partizipation an sozialen Netzwerken birgt Chancen und Risiken. Sind die Stärken
und Schwächen der eigenen Produkte und Dienstleistungen hinlänglich bekannt?

Zielgruppen
• Welche relevanten Geschäftskontakte sind in welchen sozialen Netzen unterwegs?
• Wie und wann äußern sich diese (Themen, Diskussionen, Meinungen, Trends etc.)?
• Welche Meinungsmacher bzw. Influencer sind auf welchen Plattformen vertreten?
• Wie äußern sich Influencer über mein Unternehmen? Wie äußern sich Influencer
über Mitbewerber?

Wettbewerb
• Welche Mitbewerber sind auf sozialen Plattformen vertreten?
• Wie präsentieren sich die Mitbewerber?
• Gibt es branchenspezifische Plattformen, Gruppierungen? Wenn ja: Welche Themen
werden dort diskutiert?
• Gibt es themenspezifische Blogs?

Entscheidet sich ein Unternehmen dafür, an sozialen Medien, Plattformen und Netz-
werken teilzunehmen, dann sollte zunächst ein entsprechendes Kommunikationskon-
zept erstellt werden. Sind Mitbewerber auf sozialen Plattformen aktiv und erfolgreich,
sollte sich ein Unternehmen nicht dazu verleiten lassen, überstürzt aktiv zu werden und
schnelle Lösungen zu präsentieren. Verwaiste Facebook-Seiten oder veraltete Blogs wer-
fen ein trübes Licht auf das Unternehmen.
Die Chancen-Risiken-Analyse ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der kritischen
Auseinandersetzung mit sozialen Medien. B2B-Geschäfte beruhen auf durchschnittlich
zeitlich längeren Entscheidungs- und Einkaufsprozessen als B2C-Geschäfte. Die Preis-
modelle sind meist komplexer als im B2C-Umfeld. Hier haben Werte wie Transparenz,
Offenheit und Nachhaltigkeit eine hohe Bedeutung für den Aufbau langfristig erfolgrei-
cher Geschäftsbeziehungen. Letztendlich geht es im B2B-Bereich um Menschen, die
Beziehungen zueinander haben und deshalb Geschäfte abschließen, weil sie einander
vertrauen (vgl. [2]).
Unternehmen, die soziale Medien nutzen, signalisieren Offenheit und zeigen ihre Be-
reitschaft zur Konversation. Äußern sich Geschäftspartner und Kunden positiv, dann
profitiert ein Unternehmen von der Mundpropaganda im sozialen Netz ebenso wie beim
klassischen Empfehlungsmarketing.
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 317

Die Partizipation an Business-Netzwerken bietet die Möglichkeit, neue Geschäftskon-


takte und qualifizierte Leads aufzubauen sowie bestehende Kontakte zu intensivieren.
Zudem kann ein Expertenstatus aufgebaut werden – insbesondere dann, wenn das Un-
ternehmen auf einem Nischenmarkt aktiv ist.
Darüber hinaus können soziale Netzwerke wertvolle Zusatzinformationen zu Ge-
schäftspartnern und Kunden liefern, die auf anderem Wege nicht zugänglich wären.
Stimmungen, Trends und Perspektiven lassen sich frühzeitig erkennen. Die Echtzeit-
kommunikation in sozialen Netzen wie Twitter macht dies möglich. Twitter kann ge-
genüber Blogs, Webseiten und klassischen Medien oft merkliche Zeitvorsprünge in der
Nachrichtenverteilung aufweisen. Bei Branchennews kann sich dieser zeitliche Informa-
tionsvorsprung auszahlen. Re-Tweets, Kommentare und Verlinkungen liefern zudem
wertvolle Zusatzinformationen.
Soziale Medien bieten Chancen zur Steigerung der Bekanntheit, zur Stärkung der
Marke und des Images. Unternehmen können mehr Aufmerksamkeit auf ihr Leistungs-
und Produktangebot lenken. Und: Zufriedene Kunden und Geschäftspartner, die sich
positiv äußern und Empfehlungen aussprechen, sind die beste Werbung für ein Unter-
nehmen!
Wie bereits angeführt, dreht sich in sozialen Medien alles um Kommunikation. Die-
se lässt sich aus Unternehmenssicht nicht kontrollieren. Offenheit und Transparenz in
sozialen Medien bergen Risiken und bieten Angriffsflächen. Die Gründe, warum Kun-
den oder Geschäftspartner z. B. negative Kommentare im Social Web abgeben, sind
vielfältig. Unabhängig davon, wie negative Kommentare zustande kommen, hat ein Un-
ternehmen immer zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Es kann die Kommentare
ignorieren oder darauf eingehen. In jedem Fall kosten sie das Unternehmen Zeit und
damit Geld.
Für Unternehmer ist es unerlässlich, den richtigen Umgang mit Kritik und negativen
Kommentaren, sogenannter „Badvocacy“, zu beherrschen (vgl. [8]). Ebenso wichtig ist
es, den eigenen Mitarbeitern ein Regelwerk zur Kommunikation in den sozialen Medien
an die Hand zu geben.
Neben der Verbreitung von negativen Kommentaren gibt es viele weitere Szenarien,
in welchen eine Marke in Gefahr geraten kann (vgl. [1]). An dieser Stelle sollen exempla-
risch folgende Beispiele angeführt werden:

• Ein Mitarbeiter listet das Unternehmen als Arbeitgeber auf seinem Profil. Die sozialen
Medien, die er auf seinem Profil veröffentlicht (Bilder, Kommentare etc.), entspre-
chen jedoch in keiner Weise den Ansichten des Unternehmens. Auch wenn das Profil
einen entsprechenden Disclaimer enthält, wird der Leser eine Verknüpfung der Inhal-
te mit dem Unternehmen herstellen.
• Die Bewertungen eigener Produkte auf einer Händlerseite fallen schlecht aus. Auch
wenn die Schwächen mittlerweile behoben wurden und das Produkt in verbesserter
Form auf den Markt gebracht wurde, bleiben diese Bewertungen bestehen und wer-
den wahrgenommen.
318 Christian Schmitz, Michael Ahlers

• Die Social-Media-Seite steht nicht unter der Kontrolle des Unternehmens, sondern
wird z. B. von Fans des Unternehmens geführt. Dann ist ein Unternehmen auf die
Fürsprache der Beteiligten angewiesen.
• In einem Job-Forum wird Ihr Unternehmen als Arbeitgeber schlecht bewertet. Auch
diese Form der Kritik verursacht Image- und Markenprobleme.

Chancen und Risiken sollten sorgfältig gegeneinander abgewogen werden, bevor ein
Unternehmen in sozialen Medien aktiv wird.

3.2 Kontaktstrategien in sozialen Medien

Soziale B2B-Kommunikation zielt nicht in erster Linie auf erkaufte Reichweite (Page
Impressions, Clicks) ab, sondern darauf, intensiver mit interessanten Geschäftspartnern,
Kunden und wichtigen Meinungsmachern, den sogenannten Influencern, in Kontakt zu
kommen.
Geschäftspartner und Kunden, die vor einer Kauf- oder Kooperationsentscheidung
stehen, benötigen neutrale, sachlich fundierte und transparente Informationen. In dieser
Situation orientieren sie sich oftmals an Influencern, denen Eigenschaften wie Integrität,
Neutralität, Expertise und Erfahrung zugesprochen werden.
Wie können Unternehmen relevante Influencer identifizieren? Außerhalb des Web 2.0
lassen sie sich in Cluster-Berater, Analysten, Lobby-Gruppen, Industrievertretungen,
akademische Einrichtungen und Journalisten einteilen (vgl. [4], S. 18f.). Im Web 2.0
finden sich jedoch neue Influencer, die über Medien wie Blogs und Nutzerforen Märkte
beeinflussen. Bisher war diese Gruppe vorrangig für das B2C-Geschäft relevant, da meist
Endverbraucherthemen und -produkte behandelt werden. Treten Themen von gesamt-
gesellschaftlichem Interesse in den Vordergrund, dann können sich die Äußerungen der
Influencer jedoch auch indirekt auf das B2B-Geschäft auswirken. „Wenn über Internet-
Foren Unternehmen aufgefordert werden, ihre Zulieferer nach Kriterien der Nachhaltig-
keit auszuwählen, so greift die Web 2.0-Dynamik bereits in das B2B-Segment ein“ ([4],
S. 18f.).
Problematisch ist zudem: Influencer äußern sich nicht nur positiv – das dürfen sie
auch nicht, wenn sie nicht an Glaubwürdigkeit und Vertrauen verlieren wollen. Und
vielleicht lenken sie die Aufmerksamkeit des Kunden auf einen kritischen Punkt des
Produktangebots, der den Geschäftsabschluss erschwert oder sogar unmöglich macht.
Kein Marketing- und Kommunikationsverantwortlicher kann dem Vertrieb garantieren,
dass so etwas nicht passiert (vgl. [4], S. 19).
Betrachtet man die Gruppe der Blogger als Influencer und soll der Einfluss eines
Bloggers beurteilt werden, dann sind folgende Fragestellungen relevant:

• Welches Publikum erreicht der Blogger?


• Wie stark ist sein Einfluss?
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 319

Im Gegensatz zu professionellen Medien definieren Blogger zunächst meist keine Zielgruppe, sondern
beschäftigen sich eben mit jenen Themen, für die sie sich persönlich interessieren. Ihre Leser sind also in
der Regel „Gleichgesinnte“ – Menschen, die sich mit ähnlichen Themen und Fragen beschäftigen, die
auf der Suche nach Information und Diskussion zu diesem Thema sind. Innerhalb dieser Gruppe ist der
Blogger ein wichtiger Multiplikator und Meinungsbildner (vgl. [5], S. 94).

Neben der Reichweite bzw. der Leserzahl ist entscheidend, wie eng der Blog mit seiner
Zielgruppe verknüpft ist. Ein Blog, der oft kommentiert wird, auf dem Diskussionen
stattfinden, der verlinkt ist, der von anderen zitiert wird, steht in einer sehr engen Bezie-
hung mit seiner „Community“. Beiträge finden Beachtung und haben damit Einfluss.
Influencer können ebenso auf sozialen Netzwerken wie XING und LinkedIn aktiv
sein, z. B. durch das Verfassen von themenspezifischen Gruppenbeiträgen oder das Par-
tizipieren an Diskussionsforen und Frage- und Antwort-Bereichen.
Unternehmen, die mit Influencern in Kontakt treten und diese als Multiplikatoren
gewinnen möchten, sollten sich zunächst an Beiträgen des Influencers auf den verschie-
denen Plattformen beteiligen, z. B. in der fachlichen Diskussion in Business-Netzwerken
oder über das Verfassen von Kommentaren im Blog des Influencers. So besteht die Mög-
lichkeit, mit interessanten Meinungsmachern in Kontakt zu treten und diese im besten
Falle für das eigene Unternehmen zu gewinnen.

4 Nutzung sozialer Medien im Mittelstand

4.1 Besonderheiten der Mediennutzung im Mittelstand

Wenn es um die Implementierung von Marketingmethoden geht, ist der Mittelstand


traditionell eher ein „late follower“. Dieses Bild ergibt sich auch, wenn man die sozialen
Medien betrachtet: Hier ist der Mittelstand noch nicht wirklich aktiv. Dafür gibt es teil-
weise sehr pragmatische Gründe, wie das Fehlen von Marketingressourcen oder einfach
fehlende Informationen darüber, wie Unternehmen soziale Medien im B2B-Umfeld
nutzen können.
Auf privater Ebene nutzen Vertreter des Mittelstandes bereits soziale Medien, sam-
meln Erfahrungen in verschiedenen Netzwerken und informieren sich auf diesem Wege
über neue Themen, Entwicklungen und Trends. Auf geschäftlicher Ebene und insbeson-
dere im B2B-Geschäft ist der Nutzen von sozialen Medien als zusätzlichen wichtigen
Kommunikationskanälen meist nicht offensichtlich.
Die eher zurückhaltende Grundeinstellung mittelständischer Unternehmen führt
dazu, dass Entscheider erst einmal die allgemeine Entwicklung in ihrem Geschäftsum-
feld abwarten. Präsentiert sich dann ein Wettbewerber in Facebook oder XING, starten
auch im eigenen Unternehmen erste Diskussionen über Sinn und Zweck einer ge-
schäftlichen Anwendung. Wettbewerbsseiten werden in mehr oder weniger regelmäßi-
gen Zyklen besucht, um zu sehen „was denn da passiert“. Somit ist der Wettbewerber
320 Christian Schmitz, Michael Ahlers

in vielen Fällen die treibende Kraft, wenn es um neue Anwendungen geht. Hinzu
kommt der Ansporn, zeitgemäß und modern zu bleiben, und die Furcht, ins Hinter-
treffen zu geraten.
Ist das Thema „soziale Medien“ schließlich in der Diskussion, erfolgt eine tieferge-
hende Auseinandersetzung damit: Mögliche Ziele werden herausgefiltert und Chancen
gegen vielfältige Vorbehalte abgewogen. Unsicherheiten entstehen häufig aus mangeln-
den Erfahrungen mit dem neuen Themengebiet oder aus der Angst vor kritischen Äuße-
rungen über das eigene Unternehmen, eigene Dienstleistungen und Produkte. Die virale
Verbreitung von Inhalten in sozialen Medien kann durch das Unternehmen nicht kon-
trolliert oder gesteuert werden. Furcht vor Kontrollverlust ist die Folge. Zudem stellt sich
für viele Unternehmen die Frage, inwieweit Aktivitäten in sozialen Medien greifbare
Erfolge liefern und ob sich diese überhaupt messen lassen. Dazu kommt die Auswahl der
geeigneten Plattformen.

Heutige Nutzung sozialer Medien im Mittelstand


Der Mittelstand konzentriert sich in der Regel auf die bekanntesten und populärsten
sozialen Medien. Gründe liegen sicher darin, dass diese Plattformen durch private Nut-
zung hinlänglich bekannt sind und man sich mit relativ geringem Risiko und überschau-
baren Kosten an das neue Kommunikationsmedium herantasten kann. Daher stehen
aktuell zumeist folgende Netzwerke zur Debatte:

1. Facebook
Wird oft schon privat genutzt, ist vertraut, bietet einen informellen Zugang zur Ziel-
gruppe. Bei den Jüngeren beliebt; sie vermischen Privates und Berufliches zusehends.
2. XING, LinkedIn
Decken die berufliche, professionelle Ebene der Zielgruppen-Ansprache ab. Gerade
ältere Personen trennen konsequent zwischen privaten und beruflichen Interessen.
Die Plattform LinkedIn ist insbesondere für stark international tätige Unternehmen
interessant.
3. Twitter
Vorwiegend dann interessant, wenn regelmäßig aktuelle Informationen verbreitet
werden sollen.
4. YouTube
Bereits vorhandene, aber auch eigens hierfür erstellte Videos werden einfach auf die-
ser Plattform verbreitet, die zunehmend auch als Suchmaschine fungiert.
5. Flickr, Shareslides
Die Plattform Flickr eignet sich zur Verbreitung von Fotos (z. B. aus dem Arbeitsall-
tag). Auf Shareslides können Präsentationen eingestellt werden, die die eigene Exper-
tise nach außen vermitteln.
6. Special Interest Communities
Expertenblogs, Foren zu speziellen Themen, News Rooms etc.
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 321

Herausforderungen und Potenziale bei der Nutzung sozialer Medien


für den Mittelstand
Gerade im B2B-Umfeld ist es wichtig, konkrete Ziele für den Einsatz der sozialen Netz-
werke zu formulieren. Während der Dialog im B2C-Bereich als direkte Ansprache einer
Vielzahl von Konsumenten stattfindet und aktuelle Aktionen und Angebote promotet
werden können, stehen im B2B-Bereich eher selten aufmerksamkeitsstarke Ad-hoc-
Aktivitäten an. In der B2B-Kommunikation ist ein langer Atem gefragt. Social-Media-
Aktivitäten generieren keinen unmittelbaren Umsatzerfolg, sondern stärken über einen
längeren Zeitraum hinweg nachhaltig Werte wie Vertrauen, Authentizität und Kompe-
tenz. Erst daraus kann wieder Umsatz erwachsen.
Produkte und Dienstleistungen im B2B-Geschäft sind in der Regel komplexer und
durch lange Verkaufsprozesse gekennzeichnet. Hinter dem „Kunden“ verbirgt sich ein
Buying Center, das sich aus Mitarbeitern unterschiedlicher Funktionsbereiche zusam-
mensetzt. Die Zielgruppen der Kommunikation über soziale Medien sind keine End-
kunden, sondern Zulieferer, Geschäftskunden, Handel, Partner und Fachleute. Das gilt
für den Mittelstand ebenso wie für Großunternehmen.
Die traditionellen Kommunikationsziele aus Marketing und PR wie eine Steigerung
des Bekanntheitsgrades und die Imagepflege gelten auch für Social-Media-Kampagnen.
Darüber hinaus erhoffen sich die Verantwortlichen aber auch weiteren Nutzen:

• Suchmaschinenoptimierung
• Engerer Kontakt zu Mitarbeitern, deren Familien und Bekannten
• Informationsgewinn: zu Produkten (Feedback, Verbesserungspotenzial) und Kunden
(Zufriedenheit, Wünsche und Ideen)
• Effizienter Dialog und Expertenaustausch
• Wissensvermittlung
• Empfehlungsmarketing, das sich an potenzielle Kunden, aber insbesondere auch an
potenzielle Mitarbeiter richtet

4.2 Praxisbeispiel SUXXEED Sales for your Success GmbH

Die Suxxeed Sales for your Success GmbH realisiert als Vertriebsdienstleister mit über
250 Mitarbeitern umsatzorientierte Vertriebskonzepte für bedeutende Unternehmen –
sowohl national als auch international. Die Kompetenz des Unternehmens liegt vor al-
lem darin, Märkte auszuschöpfen, die durch eine große Anzahl an B2B-Kunden geprägt
sind. Hier ergänzt SUXXEED den firmeneigenen Vertrieb ihrer Kunden durch die er-
folgshonorierte vertriebliche Betreuung der kleinen und mittelständischen Kunden.
Social-Media-Aktivitäten wurden erst in Angriff genommen, als sich konkrete Be-
dürfnisse abgezeichnet hatten. Einen wesentlichen Impuls setzte das Ressort Human
Resources, da SUXXEED beständig Personalbedarf aufweist und klassische Rekrutie-
rungswege wie Stellenanzeigen und Jobbörsen zu wenig Erfolg brachten. Empfehlungen
322 Christian Schmitz, Michael Ahlers

aus dem Mitarbeiterkreis erwiesen sich dagegen als weit besseres Rekrutierungsmedium.
Daher sollte der Ansatz „Empfehlungsmarketing“ nun ausgeweitet werden, wofür sich
das virale Online-Marketing hervorragend anbot. Als die Idee geboren war, wurden Po-
tenziale der sozialen Medien identifiziert und weitere Zielsetzungen definiert:
Ziele SUXXEED für eigene Social-Media-Kampagnen:

• Bekanntheit des Unternehmens steigern, vor allem in der Region


• Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen
• Kontakt zu Mitarbeitern, deren Familien und Freunden intensivieren
• Vermittlung der positiven Unternehmensatmosphäre nach außen
• Mitarbeitergewinnung über Empfehlungsmarketing
• SUXXEED als Marke und als Arbeitgeber emotional aufladen
• Image- und Vertrauensbildung bzgl. der Marke SUXXEED
• Positionierung als Vertriebsexperte festigen
• Zugriff auf Unternehmenswebsite erhöhen
• Zugriff auf eigene Webseite www.vertriebszeitung.de erhöhen

Auswahl der geeigneten Plattformen


Eine studentische Unternehmensberatung wurde mit der Erstellung einer Entschei-
dungsvorlage beauftragt, auf deren Basis geeignete Netzwerke identifiziert werden soll-
ten. Dieser Weg wurde aus mehreren Gründen gewählt: überschaubare Kosten, die hohe
Affinität von Studenten zu sozialen Medien, deren Kenntnis der beliebtesten Netzwerke
und jeweiligen Nutzungsgewohnheiten ihrer Altersgruppe, aus der sich viele Bewerber
zusammensetzen.
Als Ergebnis wurden die populärsten Netzwerke mit der größten Verbreitung heraus-
gefiltert: Facebook, XING und YouTube. Als eher weniger relevant wurden MySpace
und StudiVZ bewertet, da deren Popularität tendenziell eher abnimmt, sowie LinkedIn,
weil aktuell zu wenig internationaler Mitarbeiterbedarf bestand. Auch Twitter wurde
zurückgestellt, da die Pflege zu vieler Plattformen als zu aufwändig erschien und wenige
aktuelle News zu verbreiten sind. Außerdem wurde ein erster Konzeptentwurf für eine
Facebook-Seite präsentiert.
An die Auswahl der Netzwerke schloss sich die interne Planung der Umsetzung an. Es
wurden folgende Herausforderungen identifiziert:

1. Zuständigkeit für die Erstellung der Seiten


2. Content-Strategie und Pflege der Seiten
3. Social-Media-Richtlinie für das Unternehmen

Zu 1. Erstellung der Seite


Hier wurde ein pragmatischer Ansatz gewählt. Klein anfangen, lernen beim Anwenden
und, wenn sinnvoll, weitere Applikationen hinzunehmen. Human Resources wurde für
das Erstellen der Seiten beauftragt. Die Texte für die Firmeninformationen wurden von
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 323

Mitarbeitern des Marketings eingepflegt. Aus Kostengründen wurde keine Agentur he-
rangezogen, außerdem erschien die Aufgabe als lösbar. Fehlende Informationen zum
Editieren der Seite wurden in Eigenarbeit recherchiert.

Zu 2. Content-Strategie und Pflege der Seiten


Entsprechend den Zielen der Social-Media-Strategie rekrutiert sich das Administrato-
renteam aus den jeweiligen Funktionsbereichen: Human Resources für das Gros der
Dialoge und die Mitarbeitergewinnung, Marketing & PR für Artikelposts aus der firmen-
eigenen Special-Interest-Webseite www.vertriebszeitung.de. Darüber hinaus ist der Ver-
antwortliche für den Bereich Marketing Teil des Teams.
Mangels ausreichender Kapazität der Abteilung HR wurde ein Team aus 5 Mitarbei-
tern gebildet, das sich aus einem internen Competence Center „Motivation und Kom-
munikation“ zusammensetzt und sich während und z. T. auch außerhalb der Arbeitszeit
um Themen wie Sport, Veranstaltungen und Events kümmert. In diesem Fall sind einige
Mitglieder des Teams auch Teil der Personalabteilung, so dass HR sich auf die Pflege des
Karriereportals konzentrieren kann und alle übrigen Aktivitäten von den restlichen
Teammitgliedern übernommen werden.
Zwei bis drei Meldungen pro Woche werden seitens SUXXEED auf der Facebook-
Seite veröffentlicht. Gepostet werden Informationen aus abwechslungsreichen Themen-
gebieten rund um SUXXEED. Im Fokus stehen zum einen Einblicke in die lebendige
Unternehmenskultur und positive Arbeitsatmosphäre bei SUXXEED sowie Wissens-
vermittlung rund um unser Kerngeschäft, den Vertrieb. Das Karrierecenter wird ständig
aktualisiert. Zusätzlich sind kurze tägliche Besuche notwendig, um eine schnelle Reakti-
on auf Fragen oder Kommentare zu gewährleisten mit Antwortzeiten von maximal sechs
Stunden.

Zu 3. Social-Media-Richtlinien
Alle feststehenden Inhalte (Informationen, Videos, Jobausschreibungen) werden von
den Abteilungen HR und Marketing freigegeben. Bei Aktionen wie Wettbewerben wer-
den die jeweiligen Ziele und die Herangehensweise im Team besprochen und entschie-
den. Die Administratoren agieren nach einem Verhaltenskodex, der ihnen Sicherheit im
Umgang mit den sozialen Medien vermittelt und Do’s und Dont’s beinhaltet. Für die
täglichen Postings gilt zudem eine Social-Media-Richtlinie, die allgemeine Grundsätze
beinhaltet und geltende Datenschutzrichtlinien beachtet. Hierzu wurden verschiedene
Vorlagen aus dem Internet zugrunde gelegt und den eigenen Bedürfnissen angepasst.
SUXXEED hat Regelungen zu folgenden Punkten getroffen:

• Ziele
• Geltungsbereich
• Prozessverantwortung
• Betriebliche und private Nutzung
324 Christian Schmitz, Michael Ahlers

• Verantwortung und Offenheit


• Vertraulichkeit und Verschwiegenheitsgebot
• Rechtliche Hinweise

5 Bewertung sozialer Medien im B2B-Geschäft

5.1 Erfahrungen mit sozialen Medien aus Sicht von SUXXEED

Allgemeine Erkenntnisse für den Mittelstand


Eine Social-Media-Strategie muss als zeitgemäßes Kommunikationsmedium in die Mar-
keting- und PR-Strategie integriert und zielorientiert geführt werden, wenn sie einen
Nutzen erbringen soll. Sie erreicht die Zielgruppe auf einer Ebene, die klassische Metho-
den aufgrund ihrer fehlenden Dynamik nicht abbilden können. Durch unkomplizierte
Dialogfunktionen gelingt es plötzlich wie von Zauberhand, den sonst übersättigten User
zu aktivieren. Die Initiative zur Kontaktaufnahme geht nun immer öfter von ihm selbst
aus. Ihn hier abzuholen ist ein Leichtes, sofern man es schafft, sein Interesse zu erhalten.
Ein ROI ist hier mit quantitativen Mitteln allerdings kaum zu messen.
Eigene Erkenntnisse, die zum Gelingen einer Social-Media-Kampagne beitragen,
sind:

• Erst konkrete Ziele als Grundlage für die Social-Media-Kommunikation bestimmen,


dann passende Netzwerke auswählen.
• Der Einstieg in die sozialen Medien muss nicht zwingend über einen externen Dienst-
leister erfolgen; die Erstellung von eigenen Seiten ist kein Hexenwerk. Mangelnde Er-
fahrung sollte nicht als Hinderungsgrund betrachtet werden. Vielfach können die
Verantwortlichen eigene Erkenntnisse einbringen. Im Zweifel kann man sich an an-
deren Auftritten orientieren.
• Die Pflege der Seiten in den betroffenen Funktionsbereichen ansiedeln, nicht von
Praktikanten pflegen lassen.
• Die Seite muss Interaktionsmöglichkeiten, evtl. Feeds, anbieten.
• Keine Werbebotschaften verbreiten, sondern mit interessanten Inhalten einen Mehr-
wert oder Service für den Leser bieten, sonst erlahmt das Interesse bzw. schlägt in Ab-
lehnung um.
• Mindestens eine Botschaft pro Woche verbreiten; die Seite muss leben, die Inhalte
müssen abwechslungsreich, auch einmal humorvoll und informativ, aber immer au-
thentisch und ehrlich sein.
• Keine Angst vor negativen Äußerungen: Sie sind eine Chance zur Kommunikation
und Darstellung der Unternehmenskultur. Es gilt: Immer auf Kritik antworten, nicht
ignorieren.
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 325

• Die Zugriffe über Suchmaschinen steigen, man wird eher gefunden. Die Internet-
Recherche über Social-Media-Kanäle nimmt zu, gerade jüngere User erwarten eine
Online-Präsenz.
• Social Media liefert enorm viel Wissen über Kunden, Experten, Meinungen über das
eigene Unternehmen und Produkte, Themen, die die User bewegen; außerdem sind
Informationen zugänglich, die anderweitig nicht einfach zu erheben sind.
• Die Social-Media-Kommunikation beweist Modernität. Um seinen Expertenstatus
auszubauen bzw. als Innovationsführer wahrgenommen zu werden, muss ein Unter-
nehmen auch eine zeitgemäße Kommunikation anbieten. Gerade junge Leute bewe-
gen sich täglich in den sozialen Netzwerken. Sie werden gerne über dieses Medium
angesprochen und erwarten auch, dass ein potenzieller Arbeitgeber damit umgeht.
• Egal, wie speziell die Produkte und Dienstleistungen sein mögen, es finden sich im-
mer Interessenten auf der Seite ein; auch Kunden und Zulieferer freuen sich über ein
Special-Interest-Forum.
• Die Verbreitung einer neu angelegten Webpräsenz gelingt nicht von heute auf mor-
gen. Geduld mitbringen!

5.2 Schlussbetrachtung

Face-to-Face-Kommunikation nicht vollständig ersetzbar


Geschäfte werden zwischen Menschen geschlossen. Kunden und Geschäftspartner er-
warten in vielen Fällen nach wie vor, dass das liefernde Unternehmen bzw. der Koopera-
tionspartner ein Gesicht hat (vgl. [4], S. 19). Die klassische Face-to-Face-Kommuni-
kation ist nicht vollständig ersetzbar. Informationen, die über soziale Medien zu Tage
gefördert werden, können jedoch wichtige Impulse im Entscheidungsprozess von Ge-
schäftspartnern setzen.
Und: Über soziale Medien eröffnen sich neue Wege zu Kunden, Geschäfts- und Pro-
jektpartnern und Märkten.

Nebeneinander von Alt und Neu


Unternehmen kommunizieren sowohl traditionell als auch im Web 2.0. Top-Meinungs-
macher und Top-Entscheider in Medien und Unternehmen beziehen Informationen,
Trends und Wissenswertes aus dem Web und den sozialen Medien. Wer zu einem be-
stimmten Thema oder Produkt recherchiert, wird im ersten Schritt wahrscheinlich auf
eine Website stoßen, dann aber sehr schnell auf User Generated Content wie Blog-Bei-
träge oder Foren-Einträge. Durch diese Vielzahl von Beiträgen, Meinungen und Kom-
mentaren entsteht im Web eine Art „Meinungswolke“, aus der sich schnell bestimmte
Tendenzen ablesen lassen (vgl. [6], S. 178).
326 Christian Schmitz, Michael Ahlers

Synergien entstehen
Social-Media-Kanäle wie Facebook und Twitter bieten ein großes Potenzial im Hinblick
auf virales Marketing. Inhalte, die gefallen, können über einen Klick mit Freunden und
Followern geteilt werden. Klassische Medien der Ansprache von Kunden und Geschäfts-
partnern wie E-Mail- oder Newsletter-Marketing haben dennoch nicht ausgedient. Hier
gilt es, Konzepte zur Kombination verschiedener Kommunikationskanäle zu erarbeiten
und Synergien zu nutzen, z. B. durch die crossmediale Verbreitung von Informationen.

Implikationen für das Social Branding im B2B


Social-Media-Kommunikation lohnt sich. Das gilt auch ganz besonders für den Mit-
telstand. Wer die Angst vor negativen Äußerungen in einem öffentlichen Umfeld und
vor fehlender Erfahrung im Umgang mit dem neuen Medium erst einmal abgelegt hat,
wird mit einigen positiven Überraschungen belohnt. Denn zum einen macht das Bewe-
gen in den sozialen Medien Spaß. Die Kommunikation ist weniger formell, viel persönli-
cher als in einer E-Mail und an User gerichtet, die die Seiten aktiv aus eigenem Interesse
heraus besuchen. Wer hier die Umgangsformen beachtet, hat die Chance, sein Unter-
nehmen der Öffentlichkeit sehr menschlich und emotional zu präsentieren. Zum ande-
ren können auch die speziellsten Produkte und Dienstleistungen thematisiert werden.
Sowohl Informationspolitik als auch Imagepflege erhalten eine neue Qualität und Tiefe
für eine interessierte Zielgruppe, die sich letztlich selbst generiert.
Und wer, wie der Mittelstand, mit einem üblicherweise dünnen Marketingbudget
ausgestattet ist, darf aufatmen, denn das ganze Paket ist für einen überschaubaren Kos-
tenaufwand zu erhalten. Sicher sollten die sozialen Medien immer ergänzend zum Mar-
keting-und Kommunikationsmix eingesetzt werden, doch dafür lässt sich schon einmal
eine schnell verpuffende regionale Print- oder Radiokampagne einsparen. Die Erkennt-
nis, dass im B2B-Geschäft schnelle Erfolge eine Seltenheit sind, ist nicht neu und lässt
sich auch auf Social-Media-Kampagnen anwenden. Wer aber offen auf das Thema zu-
geht, Chancen erkennt und mit Konzept voranschreitet, kann auch mit kleinem Budget
nachhaltige Erfolge erzielen.
Und wo lassen sich diese Erfolge zu guter Letzt verbuchen? All die von einem Unter-
nehmen genutzten sozialen Netzwerke sind Teil des Kommunikationsmixes, der in die
Gestaltung des sozialen Markenbildes, die „Social Brand“, einzahlt. Wie unser Beitrag
zeigt, eröffnen die sozialen Medien die Chance, Größenunterschiede zwischen Unter-
nehmen und Aufmerksamkeitsgefälle zwischen Konsumenten- und B2B-Marken zu
überwinden. Denn weder das Budget noch die Anzahl der User entscheiden in den sozia-
len Medien über das Bild Ihrer Marke in der Öffentlichkeit, sondern vielmehr die Inhalte
und Ihre eigene Begeisterungsfähigkeit.
Soziale Medien im Business-to-Business-Geschäft – Ein Praxisbericht 327

Literaturverzeichnis

1 Sweeny, S./Craig, R. (2011): Social Media for Business – 101 Ways to Grow Your Business without
Wasting Your Time, Florida.
2 Meyer-Gossner, M. (2011): B2B vs. B2C, in: TheStrategyWeb – Tools, Tactics, Trends, URL:
http://www.thestrategyweb.com/b2b-vs-b2c-wofuer-sich-social-media-eignet, abgerufen am:
25.08.2011.
3 Stelzner, M. A. (2011): Social Media Marketing Industry Report, How Marketers Are Using Social
Media to Grow Their Businesses, URL: http://www.socialmediaexaminer.com/
SocialMediaMarketingReport2011.pdf, abgerufen am: 20.11.2011.
4 Pieper, S. (2011): Welche Wege führen nach Rom? – Strategien für indirekte Kundenkommunika-
tion, Kap. 3, in: IT-Berater und soziale Medien, Leinemann, R. (Hrsg.), Berlin, Heidelberg.
5 Schall, H./Müller, C. (2011): Blogger – die neuen Influencer, mit Knapp, J. und Knobloch, C., Kap. 9,
in: IT-Berater und soziale Medien, Leinemann, R. (Hrsg.), Berlin, Heidelberg.
6 Haffa A./Höfflin, H. (2011): Alles fließt – PR in den Zeiten von Social Media und Web 2.0, Kap. 15,
in: IT-Berater und soziale Medien, Leinemann, R. (Hrsg.), Berlin, Heidelberg.
7 Schall, H. (2011): Social Media, in: Influencer Relations, Kap. 13, in: IT-Berater und soziale Medien,
Leinemann, R. (Hrsg.), Berlin, Heidelberg.
8 Mang, K. (2011): Richtig umgehen mit Kundenkritik in Social Media-Kanälen, URL:
http://www.vertriebszeitung.de, abgerufen am: 25.10.2011.
9 Stuber, R. (2010): Erfolgreiches Social Media Marketing mit Facebook, Twitter, XING & Co., Düssel-
dorf.
10 Schögel, M./Mrkwicka, K. (2011): Communication Shift – Chancen und Herausforderungen aus
Marketingsicht, Marketing Review St. Gallen, 5 (2011), S. 8.
Social Media Recruiting
bei der Polizei Niedersachsen
22
Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Inhaltsverzeichnis

1 Social Media Recruiting als Trend in der Personalgewinnung........................................... 330


2 Social Media Recruiting der Polizei Niedersachsen Karriere ............................................. 333
3 Kampagnengestaltung der Polizei Niedersachsen Karriere ................................................ 335
4 Kampagnenergebnisse .............................................................................................................. 340
5 Fazit, Bewertung und Reflexion............................................................................................... 343
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 344

_______________________
Prof. Dr. Christoph Zydorek ()
Hochschule Furtwangen, Fakultät Digitale Medien,
Robert-Gerwig-Platz 1, 78120 Furtwangen, Deutschland
e-mail: zyd@hs-furtwangen.de
Schahab Hosseiny ()
Am Westerfeld 40, 49696 Molbergen, Deutschland
e-mail: kontakt@schahab.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 329


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_22, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
330 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

„Die Nutzung des Kommunikationskanals Social Media für die Personalgewinnung ist im Sinne des
EmployerBrandings gerade für Behörden eine besondere Herausforderung. Es erschließen sich dort aber
zur Zeit besondere Brandingeffekte schon allein aufgrund des Pilotcharakters professionell realisierter
Projekte.“ Prof. Dr. Christoph Zydorek

„Social Media Recruiting erlangt durch einen rasanten Anstieg von Social-Media-Anwendungen eine
immer bedeutendere Rolle in der Personalgewinnung. Um neu erschlossene Kontakte für Unternehmen
auch aktiv zu konvertieren, bedarf Social Media Recruiting spezieller Rahmenbedingungen, die je nach
Branche zu berücksichtigen sind.“ Schahab Hosseiny

1 Social Media Recruiting als Trend in der Personalgewinnung

Betrachtet man die Personalgewinnung der Unternehmen aus der Perspektive strategi-
schen Managements, so geht es dabei unternehmensintern um die Optimierung der Res-
source Mitarbeiter, während es unternehmensextern um die Gewinnung strategischer
Überlegenheit gegenüber den Wettbewerbern in Bezug auf diese Ressource geht (vgl.
[20], S. 431).
Dabei ist der kommunikationspolitische Aspekt der Personalgewinnung neben den
Anreizinstrumenten und der Beschaffungsmethode des Unternehmens nur eine der
Handlungsvariablen des Managements. Auch im Wirkungsbereich dieser Instrumental-
variablen gilt eine Orientierung am ökonomischen Prinzip der Deckung des gegebenen
Personalbedarfs mit möglichst geringen Mitteln (vgl. [6], S. 2299) oder auch an der Er-
reichung eines Optimums in Qualität und Quantität des gewonnenen Personals mit
möglichst niedrigem Mitteleinsatz.

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass in den letzten 2–3 Jahren vermehrt der Einsatz des So-
cial Media Recruitings (SMR) durch Unternehmen in Betracht gezogen wird, da hierin Chancen der
Optimierung des Aufwand-Ertrag-Verhältnisses vermutet werden und von Seiten der relevanten Ak-
teure, z. B. Social-Media- und Unternehmensberatungen, auch offensiv vermarktet werden.

Der Begriff des Social Media Recruitings beschreibt die Nutzung des „Kommunika-
tionskanals Social Media“ für die Personalgewinnung von Unternehmen. Eine Sichtung
entsprechender Internet-Quellen ergibt, dass eine wachsende Anzahl von Unternehmen
Anwendungen wie Blogs, Kurznachrichtendienste (Twitter), Social Communities (Face-
book) oder Business Communities (XING, LinkedIn) für die Personalbeschaffung ein-
setzt.
Noch sind die Häufigkeit und die Intensität der Nutzung dieses Recruitingkanals
nicht in einem Maße ausgeprägt, dass man von einem „Standard“ sprechen könnte.
Gegenüber den 94 % aller deutschen Unternehmen, die laut BITKOM in der Mitar-
beitergewinnung aktiv über das Internet tätig sind (vgl. [1]), wird das Social Media Rec-
ruiting bislang nur von einer Minderheit der Unternehmen umgesetzt bzw. erprobt.
Doch wächst gegenwärtig die Bedeutung dieser Instrumente. Die Kienbaum Com-
munications Studie „Private soziale Netzwerke im Personalmarketing und Recruiting“
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 331

Tab. 1 AllfacebookStats Top 100 Fan-Entwicklung auf Karriere-Pages: Juli 2011 (Ausschnitt)
(Quelle: vgl. [12])

Page Fans total last 30 days last 30 days (%)


BMW Karriere 30.140 1584 5,55
Be Lufthansa 16.338 897 5,81
Volkswagen Karriere 10.347 369 3,7
Daimler Career 9.408 527 5,93
Karriere bei Audi 9.209 637 7,43
Krones AG 7.702 610 8,6
DFS Deutsche Flugsicherung 6.976 198 2,92
Bayer Karriere 5.852 333 6,03
Media-Saturn 5.762 98 1,73
Stihl Karriere 5.293 86 1,65
Bertelsmann Careers 4.111 123 3,08
Ernst & Young Karriere 3.846 964 33,45
RobinsonJobs 3.809 94 2,53
Telekom Karriere 3.658 212 6,15
Karstadt Karriere 3.642 107 3,03
Siemens AG Careers 3.616 291 8,75
L’Oréal 3.471 128 3,83
Bayer Business Consulting 3.437 95 2,84
Otto Group Karriere 3.436 152 4,63
REWElution 3.060 1197 64,25

verweist zunächst auf ein grundsätzliches Potenzial für die unternehmensseitige Anspra-
che der Zielgruppe von Studierenden innerhalb der aktiven Nutzerschaft1 privat genutz-
ter Social Networks (vgl. [10]).

„36,9 % von ihnen können sich vorstellen, in Zukunft Fan oder Follower eines Unternehmens zu wer-
den.“ [10]

Nach Aussage des „Social Media Recruiting Report“ (vgl. [7])2 verdoppelte sich im
letzten Jahr sowohl der Anteil der Bewerbungen wie auch der Einstellungen, die über
Social Media erfolgt sind (vgl. Abb. 1).

1
Nutzung mindestens einmal oder häufiger pro Tag.
2
Es handelt sich um eine Online-Befragung, die von einem privaten Heidelberger Recruiting-Bera-
tungsunternehmen im Frühjahr 2011 durchgeführt wurde. Der Aussagewert der Befragungsergebnisse
ist aus der Studie selbst nicht eindeutig zu ersehen. Auch die Stichprobe der hier zitierten Ergebnisse
wird nicht explizit angegeben (nmax für die Gesamte Studie = 334). Die hier zitierten allgemeinen Aus-
sagen können unabhängig davon als bestätigt gelten.
332 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Bie wählen Sie die passende Ergänzung in Bezug


auf Ihr Unternehmen für folgende Sätze:
In unserem Unternehmen nutzen wir für Recruiting ...
tri gar nicht zu
Blogs tri etwas zu
tri zu
tri häufig zu
Twier
tri immer zu

Xing

LinkedIn

Facebook

Google

Arbeitgeberbewer-
bungsplaformen

0% 20% 40% 60% 80%

Abb. 1 Nutzung von Social Media Recruiting (Quelle: vgl. [7])

Rechtfertigen allein schon obige Ergebnisse eine Beschäftigung mit dem Themenfeld
SMR, so erscheint uns dieses zudem vor dem Hintergrund einer weiteren Überlegung
interessant: Für die Ansprache einer möglichst optimalen Zielgruppe beschäftigt sich seit
einiger Zeit das Employer Branding mit der „(…) gezielten Planung, Steuerung, Koor-
dination und Kontrolle einer Marke für das Unternehmen in seiner Funktion als Arbeit-
geber. (…) Diese Marke ist als Nutzenbündel zu verstehen, die das Unternehmen als
Arbeitgeber mit spezifischen Nutzenmerkmalen versieht, die es in den Augen der Ziel-
gruppen der potenziellen und aktuellen Mitarbeiter nachhaltig von anderen Arbeitge-
bern differenziert“ ([21], S. 269).
Social Media Recruiting befasst sich aus dieser Sicht auch mit dem Employer Bran-
ding gegenüber einer spezifischen Zielgruppe.

Dies geschieht aus Sicht eines Beschaffungsmarketings, das aufgrund einer Verknappungssituation am
Markt (Stellennachfrage) oder aufgrund hoher Handlungsmacht der Anbieter (der qualifizierten Be-
werber) gezwungen ist, größere Anstrengungen zu unternehmen, um geeignete Stellenbewerber zu ge-
winnen.

Gerade in dem auf den nachfolgenden Seiten diskutierten Fallbeispiel scheint sowohl
die Positionierung als Arbeitgeber gegenüber der Zielgruppe wie auch die Beschränkung
des Handlungsspielraums des Arbeitgebers als Behörde in Bezug auf die Gestaltung der
Anreize (Besoldung, Arbeitsinhalte, Gestaltung der Arbeitsbedingungen etc.) als beson-
dere Herausforderung.
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 333

2 Social Media Recruiting der Polizei Niedersachsen Karriere

Mit insgesamt ca. 23.500 Bediensteten stellt die Polizei Niedersachsen einen der größten
Arbeitgeber des Bundeslandes dar. Die Präsentation der Polizei Niedersachsen zum
Zwecke der Mitarbeitergewinnung erfolgte herkömmlich eher über die klassischen Me-
dien wie Zeitung oder Out-of-Home-Medien.
Im Februar 2011 rief die Leitung der Polizeiakademie Niedersachsen eine Arbeits-
gruppe mit dem Namen „Werbekonzept“ ins Leben, welche sich dem Thema einer Neu-
konzipierung der Nachwuchswerbung für die gesamte Polizei Niedersachsen widmen
sollte. In diesem Zusammenhang kam die Frage auf, welche Relevanz sozialen Medien
im Hinblick auf das Employer Branding und ihren operativen Einsatz zur qualifizierten
Mitarbeitergewinnung für die niedersächsische Polizei zukommen könne. Man ent-
schied, dass man sich als erste Polizei Deutschlands des Einsatzes sozialer Medien für die
Nachwuchsgewinnung bedienen wolle. Als dem Ministerium für Inneres und Sport zu-
geordnete Bildungseinrichtung des Landes Niedersachsen ergaben sich allerdings gegen-
über Unternehmen der Privatwirtschaft besondere Anforderungen, was Rahmenbedin-
gungen und Compliances im Umgang mit Social Media im Recruitingprozess betrifft.
Eine Evaluation des Kommunikationskanals Social Media in der Mitarbeitergewinnung
war an die Definition von Zielerwartungen gebunden.

Zieldefinition der Social-Recruiting-Strategie


Als allgemeines Ziel der Social-Media-Recruiting-Strategie der Polizei Niedersachsen
wurde die aktive Nutzung eines transparenten, öffentlichen und dialogorientierten Ka-
nals im Rahmen der strategischen Mitarbeitergewinnung im Internet festgelegt, der syn-
ergetisch zu den existierenden Maßnahmen wirkt, um auf diese Weise eine höhere Ziel-
gruppendurchdringung zu erreichen. Das schon zuvor eigens für das Online-Recruiting
realisierte Portal www.polizei-studium.de sollte dabei nicht nur berücksichtigt, sondern
als Bestandteil einer ganzheitlichen Strategie prominent involviert werden.
Den Social-Media-Aktivitäten wurden innerhalb der Gesamtstrategie spezifische
Funktionen zugewiesen:

1. Positionierung in einem nicht beruflichen, auf Alltagskommunikation der Zielgruppe


ausgerichteten Kontext, um den Arbeitgeber als in die gesellschaftliche Alltagswelt in-
tegrierte Institution zu bestätigen und um potenzielle Bewerber „im Leben abzuho-
len“. Ein rein auf den beruflichen Zusammenhang fokussiertes Social Network schied
damit als Werbeträger schon zu Beginn grundsätzlich aus.
2. Schaffung von Awareness für den Arbeitgeber sowie Kommunikation des Spektrums
an beruflichen Möglichkeiten des Arbeitgebers Polizei Niedersachsen, um die Quali-
tätssicherung der Bewerber zu unterstützen.
3. Schaffung von Nutzenvorteilen für potenzielle Mitarbeiter durch eine rückkanalfähige
und prinzipiell für Userinteraktion offene Kommunikationsplattform und somit die
334 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Erhöhung des Involvements und der Zufriedenheit der Bewerber in Informations-


prozessen.
4. Erzielung positiver Brandingeffekte bei Mitarbeitern, potenziellen Bewerbern und in
der Öffentlichkeit durch die Wahl des Kanals und die Professionalität der Realisie-
rung. Die fast 24.000 Mitarbeiter der niedersächsischen Polizei können als Produ-
zenten von User Generated Content als authentische Markenbotschafter sowie als
Multiplikatoren in viralen Kommunikationsprozessen wertvolle Dienste leisten. Glei-
chermaßen wurden positive Imageeffekte durch professionell durchgeführte Social-
Media-Aktivitäten bei potenziellen Bewerbern und der Öffentlichkeit angestrebt,
denn die Polizei Niedersachsen wollte sich hier als innovativer Arbeitgeber positio-
nieren, der mit den Kommunikationsmitteln der Gegenwart agiert.
5. Kanalisierung der Nutzerströme in Richtung des Portals polizei-studium.de. Nutzer-
interaktion soll also auf der Ebene des Social Networks initiiert und verfestigt werden,
die eigentliche Transaktion, in diesem Fall eine Bewerbung, soll jedoch aktiv über die
autonom zu steuernde Webseite polizei-studium.de realisiert werden. Dies hatte zu-
nächst den Grund, dass die Content-Dichte innerhalb des Portals deutlich höher ist,
als nach den Grundsätzen der Content-Abbildung innerhalb von Social Networks ge-
raten wäre.3 Zweitens sollte eine zu starke Abhängigkeit vom externen Dienstleister
(dem Social-Network-Betreiber) vermieden werden, um kontinuierliche Content-
Aktualisierung auf Basis autonomer Wahlentscheidung sicherzustellen. Drittens woll-
te man sich sowohl hinsichtlich des Datenschutzes wie auch im Hinblick auf die be-
kannterweise rigide Relaunch-Politik der Social-Network-Betreiber nicht ausschließ-
lich an einen solchen binden (vgl. [19]).4
6. Der Erfolg der Kampagne sollte sich auf Basis von Nutzerstromanalysen sowohl auf
der Webseite der Polizei Niedersachsen Karriere als auch via der Social-Network-
Umfelder möglichst genau auswerten und analysieren lassen. Hierzu sollten Key Per-
formance Indicators zur Erfolgsmessung definiert werden, die eine Bewertung der ak-
tiven Bewerbungen und der Nutzer-Loyalität in der Nutzungshäufigkeit der offerier-
ten Angebote ermöglichen.

Entscheidung für Facebook


Zusammen mit dem Auftraggeber musste im Vorfeld des Kampagnenstarts zunächst
bewertet werden, welche Social-Media-Umfelder für die Positionierung des Polizei Nie-
dersachsen Karriere-Portals geeignet sind, die Kampagnen-relevante demografische
(z. B. Alter zwischen 15 und 29 Jahren) und geografische Segmentierung (Niedersachsen
plus Umland) der Zielgruppe möglichst optimal abzubilden.

3
Dieser Ansatz wird dadurch bestätigt, dass Messungen der Aufenthaltsdauer der User im Social-Net-
work-Bereich gegenüber der auf der eigenständigen Webseite geringer sind.
4
Die Social-Media-Recruiting-Aktionen wurden jeweils möglichst an das Corporate Design und die
Farbwelten der Webseite www.polizei-studium.de angeglichen, wobei in den Social Media eigene Gestal-
tungselemente aufgrund der nicht komplett autonom zu beeinflussenden Rahmenbedingungen berück-
sichtigt und auch umgesetzt wurden.
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 335

Daneben galt es zu berücksichtigen, mit welchem Medium die aktiven Mitarbeiter der Polizei kommu-
nizieren. Aufgrund begrenzter Ressourcen seitens der Polizei Niedersachsen in der operativen Betreu-
ung und Pflege der Social-Media-Aktivitäten war es zudem notwendig, eine Beurteilung der Marktseg-
mente nicht nur auf die rein zahlenmäßige Attraktivität zu reduzieren (vgl. [13], S. 118), sondern auch
bewusst das Wachstumspotenzial wie auch die geografische Durchdringung in Niedersachsen und Um-
land mit einzubeziehen.

Aus diesem Grund wurden auch Nischennetzwerke mit geringeren Teilnehmerzah-


len, aber hoher geografischer Konzentration in der Bewertung berücksichtigt5 (vgl. [15],
S. 78).
Letztlich fiel aber die Entscheidung zugunsten Facebooks, das mit einer Netto-Reich-
weite von über 1.691.300 potenziellen Nutzern6 im Umkreis von 40 km um Niedersach-
sen in der fokussierten werberelevanten Zielgruppe von 15 bis 29 Jahren, seinen sehr
guten werblichen Nutzungsoptionen und seiner starken Relevanz für die Alltagskom-
munikation der schon aktiven Mitarbeiter der niedersächsischen Polizei sowie der po-
tenziellen Bewerber am geeignetsten erschien.

3 Kampagnengestaltung der Polizei Niedersachsen Karriere

Die Facebook-Fanpage der Polizei Niedersachsen Karriere wurde offiziell am 17.05.2011


freigeschaltet und orientierte sich in vielfacher Hinsicht gestaltungsmäßig an aktuellen
Designstandards der Webbranche (vgl. [23]).
Die operative Kampagnendurchführung wurde in drei Grundbereiche gegliedert.

• Technische Dimension: Die technische Dimension spielte in der Kampagnengestal-


tung des Social-Media-Recruiting-Angebots der Polizei Niedersachsen Karriere eine
untergeordnete Rolle, da aufgrund der gegebenen Technologie des ausgewählten So-
cial Networks die relevantesten Anwendungen zur sozialen Interaktion zwischen
Nutzern und der technischen Plattform in schon bereitgestellten Software-Modulen
vorhanden waren. Die technische Bereitstellung der Informationen erfolgte dabei auf
Grundlage von Hypertext Preprocessor (PHP) sowie Cascading Stylesheets (CSS) in
einem Hypertext-Markup-Language-(HTML)-Konstrukt mit Inlineframes (iframes).
Noch bedeutsamer als dies war die Entscheidung für einen offenen Informa-
tionszugang für den Nutzer, der nicht durch die Notwendigkeit einer Registrierung,
die Abfrage von Nutzerinformationen oder eine positive Bewertung des Inhalts (z. B.
in Form eines „like“) beschränkt werden sollte.

5
Ein Nischennetzwerk mit einer hohen Konzentration an potenziellen Nutzern innerhalb der geografi-
schen sowie soziodemografischen Zielgruppe sind z. B. die regionalen stayblue.de-Netzwerke. Hier
entfallen knapp 95 % der insgesamt 565.000 angemeldeten Nutzer auf die geografische Zielgruppe um
Niedersachsen.
6
Stand 13.05.2011 Facebook Deutschland – Facebook.de.
336 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Abb. 2 Polizei Niedersachsen Karriere Facebook-Fanpage (Quelle: vgl. [16])

• Grafische Dimension: Im Vordergrund des grafischen Konzepts stand die Aufgabe,


relativ komplexe und textlastige Inhalte in einem hinsichtlich Content-Dichte wenig
belastbaren Medium unterzubringen. Eine durchaus von der Polizei Niedersachsen
gewünschte hohe Content-Dichte wurde auf Basis der Nutzung bildlicher Bedie-
nungselemente sowie der hypertextuellen Zugänglichkeit von Information für den
Nutzer über die Verwendung einzelner Medienbausteine realisiert. Dies geschah un-
ter Beachtung der Rahmenbedingungen des Social Networks sowie des Corporate-
Design-Regelwerks der Polizei Niedersachsen.
• Kommunikationspolitische Dimension: Gerade zu Beginn der Kampagne galt es für
die Polizei Niedersachsen zu bewerten, wie mit den im Social Web üblichen Sonder-
problemen der Informationsführung des Rezipienten, dem Datenschutz sowie Spam-
ming, Flaming und Cyber-Mobbing umzugehen sein wird. Auch die Bewertung und
Erstellung von Compliances in der Kommunikation mit dem Nutzer setzte eine fun-
dierte Analyse des anvisierten Social-Media-Milieus und seines Jargons voraus. Dem
Aufbau einer Kommunikations-Roadmap zur exakten Steuerung der Social-Re-
cruiting-Aktivitäten kam insgesamt eine Schlüsselrolle in der Startphase der Kampag-
ne zu.
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 337

Abb. 3 Support-Team Polizei Niedersachsen


Karriere auf Facebook (Quelle: vgl. [16])

Organisation und Personal


Um das Projekt personell zuzuordnen und die Kommunikation auf der Fanpage persön-
lich zu gestalten, wurde eine Arbeitsgruppe aus bekannten Gesichtern der Polizei Nie-
dersachsen gebildet. Diese Arbeitsgruppenmitglieder wurden als dauerhafte Ansprech-
partner („Support Team“) auf der Fanpage verankert.
Auf eine Betreuung der Inhalte der Fanpage durch die für die Social-Media-Recrui-
ting-Strategie verantwortliche Agentur (MSO Digital GmbH & Co. KG, Osnabrück)
wurde im Konzept bewusst verzichtet. Schon vorab war erkennbar geworden, dass einer-
seits die Qualität und Präzision der Information (Beiträge, Posts) innerhalb des The-
menumfeldes die Expertise von Fachexperten erforderlich machte, andererseits die zu
erwartende Interaktionsfrequenz sowie die Authentizität der Kommunikation mit den
Nutzern nur durch Personal der Polizei zu gewährleisten war.

Kommunikationspolitik – Online-Advertising
Der Innovationsgrad des Projektes, unterstützt durch PR-Ansprache, ließ zunächst ein
positives Medienecho erwarten, welches durch die virale Ausstrahlung der Kampagne
innerhalb der Zielgruppe sowie weitere flankierende Maßnahmen zur Bewerbung der
Fanpage innerhalb Facebooks unterstützt wurde. Es wurden dabei explizite Anzeigen in
Form von Text-Bild-Kombinationen genutzt, um die relevanten Zielgruppen zu adres-
sieren.

Neben der Betreuung der Fanpage war eine Kernaufgabe der Startphase der Kampagne die Steuerung
der Online-Werbung für die Page.

Hierbei wurden Werbeanzeigen innerhalb des Facebook-Netzwerkes auf Basis der


Option „Sponsored Stories“ in Kombination mit einem geografischen Targeting sowie
weiteren soziodemografischen Parametern geschaltet. Sponsored Stories ermöglichen
dem Advertiser dabei, Werbung zielgerichtet an den Freundeskreis schon existenter Fans
auszusteuern und somit eine authentische Werbewirkung in Kombination mit der Nen-
nung des Referenz-Fans zu realisieren (vgl. [5]).
Innerhalb Facebooks wurde die Tonalität der Ansprache geändert. Während die
Webseite www.polizei-studium.de distanzierter mit „Sie“ arbeitet, wird auf der Fanpage
ausschließlich die persönliche Anrede „Du“ benutzt (vgl. Abb. 4).
338 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Abb. 4 Diverse Variationen der Werbemittel zur Erhöhung der Anzahl der Fans innerhalb der
Plattform Facebook (Quelle: eigene Darstellung)

Abb. 5 Ausschnitt proPOLIZEI-Berichterstattung zur Polizei Niedersachsen Karriere-Nachwuchs-


werbung auf Facebook (Quelle: vgl. [17])

Auch die Offline-Kommunikation in Richtung der eigenen Mitarbeiter wurde über


die Mitarbeiterzeitschrift „proPOLIZEI“ mit dem Ziel der Sensibilisierung des Personals
für das Thema Social Media Recruiting eingesetzt. Auf Basis der Mitarbeiterzeitschrift
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 339

konnte im Rahmen des Corporate Publishings zudem eine weitere relevante Zielgruppe,
die Familienmitglieder und Angehörigen der Bediensteten, erreicht werden (vgl. [22],
S. 40f.).

Erfolgsmessung
Während ökonomische und monetäre Ziele im Online-Marketing durch Trackingtech-
nologien, wie beispielhaft Google Analytics oder eTracker, leicht nachvollziehbar sind,
sind qualitative Parameter im Recruitingprozess auf Online-Social-Network-Ebene kaum
zu kontrollieren. Zur Erfassung von Kampagnen-Erfolgen wurden daher neben quantita-
tiven Erfolgsmessungen, basierend auf Logfiles der Webseite www.polizei-studium.de,
vor allem auch qualitative Metriken herangezogen.
Durch die permanente Erfassung und Prüfung der wichtigen Metriken, wie z. B. der
Nutzeranzahl und der Verweildauer, wurde es möglich, abzulesen, ob dem Nutzer ein
ausreichend attraktives Inhaltsangebot gemacht wurde und ob das Rezipientenverhalten-
den den Anforderungen der Kampagnenbestimmung genügte.
Im Bereich des SMR können Key Performance Indicators (KPIs) recht vielfältig aus-
fallen. Als Metriken für die Polizei Niedersachsen Karriere-Präsentation auf Facebook
kamen dabei folgende KPIs infrage (vgl. [3], S. 72ff.):

• Anzahl der Fans innerhalb der Fanpage der Polizei Niedersachsen Karriere auf Face-
book.
• Geschwindigkeit des organischen Wachstums auf Basis der isolierten Betrachtung
ohne weitere flankierende Maßnahmen wie Online-Advertising.
• Anzahl an registrierten Bewerbungen auf der Webseite www.polizei-studium.de mit
direkter Conversion aus Facebook heraus.
• Online-Reputation, z. B. durch den Google Pagerank als Mittel zur Beurteilung von
Mund-zu-Mund-Propaganda oder von viralen Effekten außerhalb und innerhalb von
Facebook durch Verlinkung auf die Fanpage der Polizei Niedersachsen Karriere.
• Anzahl der aktiven Nutzer pro Monat zur Bewertung der Interaktionsdynamik der
Rezipienten.
• Anzahl an Nutzern mit einer aktiven kreierenden Eigenleistung auf Basis von User
Generated Content, explizit im Bereich der Diskussionen, gegenüber einer passiv re-
zipierenden Nutzungsweise in Social Networks seitens einer dominierenden Nutzer-
schaft.

Neben der reinen Erfolgsanalyse der Fanpage wurde das Advertising zur aktiven Be-
werbung der Polizei Niedersachsen Karriere auf weiteren KPIs wie beispielsweise der
Click-Through-Rate oder der Häufigkeit der Ansichten der Werbekampagnen pro Nut-
zer gemessen.
Eine Gesamtbewertung des Social-Media-Kanals und etwaiger Cross-Media-Effekte
wird künftig auf der Basis von Befragungen im eigentlichen Bewerbungsprozess der
Polizei möglich werden.
340 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

4 Kampagnenergebnisse

Aufgrund der noch kurzen Laufzeit der Kampagne lassen sich noch keine endgültigen
Ergebnisse in Bezug auf die Kerngröße „Bewerbungen“ nennen. Auch hinsichtlich einer
eindeutigen Beziehung zwischen den im letzten Kapitel genannten KPIs und den im
Abschn. 2 benannten Kernzielen des Auftraggebers sind gegenwärtig noch keine ab-
schließenden Bewertungen möglich. Doch lassen sich erste Trends erkennen, an die wir
einige kurze vorläufige Analyseansätze und Interpretationen anschließen wollen.
Die Polizei Niedersachsen Karriere-Fanpage konnte innerhalb des kurzen Zeitraums
von 3,5 Monaten eine Anzahl von 2.456 Fans generieren, was im direkten Vergleich zu
anderen Facebook-Karriereseiten, prozentual betrachtet, neben der BIPA Karriere-Fan-
page (780,00 %) das höchste Wachstum in Höhe von 76,15 % innerhalb der letzten 30
Tage darstellt (vgl. [12]). Neben der reinen Anzahl an Fans ist bei der Anzahl der aktiven
Nutzer pro Monat, eine der zentralen KPIs, ein äußerst positiv zu bewertendes Ergebnis
erzielt worden. In den Sommerferien 2011 bewegte sich dieses im Bereich von 10.000
monatlich aktiven Nutzern (vgl. Abb. 6). Hinsichtlich des Wachstums der Fan-Anzahl
und der Zahl der aktiven Nutzer kann man vorläufig feststellen, dass sich diese trotz nicht
mehr aktiver Werbekampagnen weiterhin organisch sehr gut entwickeln (vgl Abb. 7).

• Incoming Traffic, vor allem durch Google-Zugriffe im organischen Bereich, hat durch
eine erhöhte Suchmaschinensichtbarkeit stark zugenommen. Der Facebook-Auftritt
hatte somit einen positiven Einfluss auf die gesamte Online-Präsenz des Portals Poli-
zei Niedersachsen Karriere.
• Das aktive Rezipienten-Verhalten im Bereich statischen Contents der Karriere-
Fanpage war stellenweise stärker ausgeprägt als die Aktivität im dynamischen Bereich
bei Facebook. So wurden beispielsweise die Pinnwand und das Diskussionsforum ten-
denziell weniger genutzt als Umfelder mit seitens der Polizei Niedersachsens produ-
zierten Inhalten. Dies verweist unserer Ansicht nach auf die hohe Bedeutung der ge-
staffelten Abrufbarkeit vertiefender Informationen in Bewerbungsprozessen.
• In diesem Zusammenhang betrachten wir die Kopplung der SMR-Fansite mit dem
zuvor für das Online-Recruiting geschaffenen Portal polizei-studium.de als erfolgrei-
che Strategie. Einerseits haben sich die Zugriffszahlen auf das Portal polizei-
studium.de während der Kampagnenlaufzeit um 15 % erhöht. Andererseits wird
durch die Kopplung die Deckung der jeweilig vom potenziellen Bewerber gesuchten
individuellen Informationstiefe möglich. Damit wird das in Abschn. 2 genannte fünf-
te Ziel der Kanalisierung der Nutzerströme für einmal gewonnene Interessenten auf
eine autonom betriebene Plattform schon jetzt als erreicht gesehen.
• Nach erfolgreichem Kampagnenstart sind Befürchtungen hinsichtlich der begrenzten
Ressourcen für die Pflege der Social-Media-Recruiting-Aktivitäten der Polizei Nieder-
sachsen Karriere nicht bestätigt worden, da eine rege Nutzer-zu-Nutzer-Kommuni-
kation einsetzte. Auf diese Weise wurde schon früh innerhalb der Community auf die
Einhaltung von Kommunikationsstandards geachtet. Es bleibt jedoch klar, dass we-
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 341

400000

300000
Nutzer

200000

100000

Mai 2011 Juni 2011 Juli 2011 August 2011

Zeitraum
Aktive Nutzer pro Monat
Abb. 6 Aktive Nutzer pro Monat – Polizei Niedersachsen Karriere-Statistiken der Social-Media-
Umgebung (Quelle: eigene Darstellung)

Abb. 7 Wachstum der Polizei Niedersachsen Karriere-Fanpage (Quelle: eigene Darstellung)

sentliche Personalressourcen für die Content-Produktion, für das Monitoring und die
Steuerung des Gesamtprodukts eingesetzt werden müssen.
• Innerhalb der kurzen Kampagnenlaufzeit haben sich bereits Diskussionen um The-
mengebiete gebildet, die unserer Einschätzung nach langfristig Ressourcen im Bereich
342 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Abb. 8 Konkrete Beispiel-Antworten der Polizei Niedersachsen zu Anfragen aus dem Bereich der
Mitarbeiter-Bewerbung (Quelle: eigene Darstellung)

des klassischen Supports via Telefon sowie E-Mail reduzieren helfen können. Ein dy-
namisch wachsender Frequently-Asked-Questions-Bereich kann hierzu perspekti-
visch auf Grundlage häufig auftretender Fragen eine zentrale Rolle innerhalb der So-
cial-Media-Recruiting-Strategie spielen und sowohl in der Selbstinformation wie auch
im Beratersupport sinnvoll eingesetzt werden.
• Erfreulich an dieser Bereitschaft der Fanpage-Klientel, eine Nutzer-zu-Nutzer-Kom-
munikation zu führen, ist darüber hinaus, dass eigenständige neue Informations-
mehrwerte generiert werden, welche durch eine offene Kommunikationsform auf
Facebook gleichermaßen allen Rezipienten zur Verfügung gestellt werden. Die Face-
book-Strategie trägt somit wesentlich zu einem erhöhten Nettonutzen beim Konsu-
menten bei. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass zwar noch keine Aussagen
zur Veränderung der Zahl der Bewerber gemacht werden können, innerhalb der Dis-
kussionen aber häufig sehr konkrete Fragen zu Bewerbungsprozessen seitens der Nut-
zerschaft gestellt und auch beantwortet werden (vgl. Abb. 8).
• Als besonders erfolgreich erwiesen sich im Online-Advertising Werbeanzeigen inner-
halb des Facebook-Netzwerkes auf Basis der Option „Sponsored Stories“ in Kombi-
nation mit einem Geo-Targeting sowie weiteren soziodemografischen Parametern.
Gemäß der Aussage „Der Großteil der Kommunikation im Internet läuft mit den ‚ech-
ten‘ Freunden ab, die man auch im realen Leben täglich sieht“ ([2], S. 59f.), wird hier
die Bedeutung der Kommunikation zwischen Bekannten für das Recruiting deutlich.
• Im Hinblick auf das Mitarbeiter-Involvement belegen vorliegende Zahlen zur geogra-
fischen Aktivitätsmessung, die Zugriffszahlen der Facebook-Fanpage sowie die offen
erkennbare Teilnahme von Mitarbeitern an Interaktionsprozessen auf der Social-
Media-Plattform eindrucksvoll, dass eine Aktivierung des Personals für Informations-
und Unterstützungsprozesse möglich ist. So ist zu beobachten, dass die Anzahl an
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 343

Fans aus den jeweiligen Zuständigkeitsgebieten der niedersächsischen Polizeidirek-


tionen den höchsten Wert aufweist. Dies wird durch die Zuweisung der Nutzer auf
Basis der IP-Adresse in geografische Räume bewiesen.
• Hinsichtlich des in Abschn. 2 unter 4. genannten Ziels des positiven Brandings ver-
zeichnen wir verschiedene Hinweise (Pressemeldungen, Fachdiskussionen, Postings
etc. (vgl. [11], [14], [4]), die darauf verweisen, dass die Aktivitäten der Polizei Nieder-
sachsen sowohl in der Öffentlichkeit, im Netz wie auch bei den Bewerbern geschätzt
werden.

Auf Basis der genannten Maßnahmen konnte ein sukzessiver organischer Wachstums-Prozess der Fan-
zahlen generiert werden, der auch ohne die aktive Bewerbung mit flankierenden Maßnahmen weiter-
hin anhält (vgl. Abb. 7).

5 Fazit, Bewertung und Reflexion

Besinnt man sich auf die im ersten Kapitel genannten betriebswirtschaftlichen Grundla-
gen der Personalgewinnung, so kann aufgrund der kurzen Laufzeit der hier diskutierten
Kampagne keine belastbare Aussage über die internen und externen Optimierungsansät-
ze bezüglich der Ressource Mitarbeiter über das SMR gemacht werden. Pioniere wie die
Polizei Niedersachsen haben zunächst, wie in jedem innovativen Aktivitätsfeld, mit Hin-
dernissen zu ringen, können aber andererseits Vorteile realisieren, deren Eintrittsgewiss-
heit für Folger nicht zwangsläufig erwartbar ist.
Gewiss ist, dass sich positive Imageeffekte für Innovatoren mit zunehmendem Grad
der Normalität einer Aktivität aufzehren. Das gilt auch für Effekte, die das Employer
Branding aus dem Kanal Social Media ziehen kann. Dies wird unserer Einschätzung
nach in der nächsten Zeit auch im Social Media Recruiting Bedeutung erlangen.
Doch ist andererseits völlig eindeutig, dass auch die Personalgewinnung dort kom-
munizieren muss, wo sich die Zielgruppe aufhält – und das ist das Social Web. Nur ver-
muten wir, dass die Plattform Social Web selbst eher dem Branding, der Awareness, der
(Erst-)Information und letztlich der Kontaktgenerierung mit der Zielgruppe dient.
Komplexere und tiefergehende Interaktionen, die ein höheres Maß von Vertrauen und
den Schutz der Kommunikation erfordern, verlangen unserer Ansicht nach einen Trans-
fer zu Medien, die spezifischer, individueller und kontrollierbarer sind.
Wie überall dort, wo eine zielgerichtete Sammlung, Verdichtung, Filterung und kon-
textbezogene Nutzung von Information möglich ist, sind auch im Social Media Recrui-
ting positive Produktivitätsentwicklungen zu erwarten und deuten sich nach den ge-
nannten Ergebnissen auch schon in der hier diskutierten Kampagne an.
Die Nutzung von User Generated Content zur Steigerung der Attraktivität von In-
haltsangeboten und zur Kostenreduktion für Unternehmen ist ebenfalls eine bekannte
Größe, die im Medienbereich mit dem Social Web eine Blütezeit erlebt (vgl. [25], S. 74f.).
Überall dort, wo Medienprodukte über Teilhabe User-Mehrwerte generieren (News,
344 Christoph Zydorek, Schahab Hosseiny

Bewertungen und Empfehlungen, Audio- und Video-Raritäten etc.), also auch in der
User-zu-User-Interaktion einer SMR-Fansite, sollte dies genutzt werden. In diesem Kon-
text sollte im Projekt überlegt werden, ob es andere Darbietungsformen für Inhalte gibt,
welche die Userinteraktion unterstützen.7
Auch wäre zu fragen, ob eine Integration der Fansite in ein breiteres Inhalteangebot
der Polizei Niedersachsen, das keinen direkten Bezug zum Recruiting, aber zu den Ziel-
gruppenerwartungen an eine Polizei in den Social Media hat, ein sinnvoller Weg zum
Employer Branding wäre8 (vgl. erneut dazu Abschn. 1).
Eine weitere Herausforderung für zukünftige Unternehmungen im Bereich Social
Media Recruiting ist in der Durchdringung weiterer deutschsprachiger Social Networks
mit einer Relevanz für die Mitarbeiter-Gewinnung zu sehen. In diesem Zusammenhang
sollte aufs Neue über die Einbindung von Business-Netzwerken nachgedacht werden.9
In seinen Auswirkungen auf das Recruiting von Unternehmen im Allgemeinen wird
zukünftig sicher auch die zunehmende Internationalisierung von Social-Media-Recrui-
ting-Bemühungen zu berücksichtigen sein.

Literaturverzeichnis

1 BITKOM (2009): 94 % aller Unternehmen suchen Mitarbeiter in Internet, URL:


http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/64054_57497.aspx, abgerufen am: 15.11.2011.
2 Bogner, T./Schaudel, D. (2006): Strategisches Online-Marketing, Wiesbaden.
3 BVDW (2010): Social Media Kompass, URL: http://www.bvdw-shop.org/
product_info.php?products_id=17, abgerufen am: 14.02.2010.
4 Chip (2011): Unternehmens-Karriereseiten und Facebook Ads, URL: http://business.chip.de/artikel/
Karriere-ueber-Social-Media-Business-Networking-auf-Facebook-3_51241981.html, abgerufen am:
16.11.2011.
5 Facebook (2011): Hilfebereich, Was sind gesponserte Meldungen?, URL: https://www.facebook.com/
help/?faq=162317430499238, abgerufen am: 16.11.2011.
6 Gabler Wirtschaftslexikon (2004), 16. Aufl., Wiesbaden.
7 ICR (2011): Social Media Recruiting Report 2011, URL: http://www.competitiverecruiting.de/ Soci-
alMediaRecruitingReport2011.html, abgerufen am: 15.11.2011.
8 IVW (2011): Online-Nutzungdaten Juli 2011, URL:
http://ausweisung.ivw-online.de/i.php?s=2&a=100629, abgerufen am: 24.08.2011.
9 Jobvite (2011): Social Recruiting Survey, URL: http://web.jobvite.com/rs/jobvite/images/Jobvite-SRP-
2011.pdf, abgerufen am: 16.11.2011.

7
So generieren z. B. in anderen Zusammenhängen Bewegtbildinhalte in Form von Videos eine bis zu
180 % höhere Interaktion mit dem Nutzer.
8
So informierte die Polizei Niedersachsen Karriere aktiv in Form von Präventivarbeit zum Thema
Datenschutz & Facebook.
9
So hat das Portal LinkedIn in der Umfrage „Jobvite Social Recruiting Survey 2011“ innerhalb der
Vereinigten Staaten eine höhere Relevanz als Facebook bei der Mitarbeiter-Gewinnung, in Deutschland
hingegen spielt das Portal LinkedIn aufgrund sehr geringer Netto-Reichweiten noch kaum eine Rolle
(vgl. [9], S. 8).
Social Media Recruiting bei der Polizei Niedersachsen 345

10 Kienbaum Communications (2010): Abstract Social Media-Studie private soziale Netzwerke im


Personalmarketing und Recruiting – Erwartungen der Kandidaten-Zielgruppen 2010, URL:
http://kienbaum-communications.de/media/pdf/Abstract-Studie_Private_soziale_
Netzwerke_2010.pdf, abgerufen am: 16.11.2011.
11 Knabenreich, H. (2011): Die Polizei, dein Freund und Helfer? – Personalmarketing und Öffentlich-
keitsfahndung auf Facebook, URL: http://personalmarketing2null.wordpress.com/2011/06/02/die-
polizei-dein-freund-und-helfer-personalmarketing-und-oeffentlichkeitsfahndung-auf-facebook/, ab-
gerufen am 16.11.2011.
12 Knabenreich, H. (2011): Karriere-Pages auf Facebook – Status Juli – jetzt aber wirklich!, URL:
http://personalmarketing2null.wordpress.com/2011/08/03/karriere-pages-auf-facebook-status-juli-
jetzt-aber-wirklich/, abgerufen am 16.11.2011.
13 Kotler, P./Armstrong, G./Saunders, J./Wong, V. u. a. (2006): Grundlagen des Marketing, 4. Aufl.,
München.
14 Marketingfish (2011): Polizei fahndet auf Facebook nach neuen Mitarbeitern, URL:
http://www.marketingfish.de/news/polizei-fahndet-auf-facebook-nach-neuen-mitarbeitern-4334/,
abgerufen am: 15.11.2011.
15 Mörl, C./Groß von Hülsbusch, M. (2008): Soziale Netzwerke im Internet: Eine Analyse der Mone-
tarisierungsmöglichkeiten und Entwicklung eines integrierten Geschäftsmodells, Boizenburg.
16 Polizei Niedersachsen (2011): Karriere Facebook Fanpage, URL: https://www.facebook.com/
Polizei.Niedersachsen.Karriere, abgerufen am: 16.11.2011.
17 proPOLIZEI (2011): Ausgabe Juli/August, S. 12.
18 Roth, P./Wiese, J. (2011): Facebook Nutzerdaten Deutschland (Stand 06.08.2011), URL:
http://allfacebook.de/userdata/, abgerufen am: 24.08.2011.
19 Schindler, J. (2011): Facebook-Fanpage vs. Domain – Was spricht für den Verzicht auf eine eigene
Website?, URL: http://www.gruenderszene.de/marketing/facebook-fanpage-facebook-fanseite, abge-
rufen am: 24.08.2011.
20 Scholz, C. (2004): Human Ressourcen Management, in: Schreyögg, Georg (2004): Handwörterbuch
Unternehmensführung und Organisation, 4. Aufl., S. 428–440.
21 Sponheuer, B. (2010): Employer Branding als Bestandteil einer Ganzheitlichen Markenführung,
Wiesbaden.
22 Szameitat, D. (2003): Public Relations in Unternehmen. Ein Praxis-Leitfaden für die Öffentlichkeits-
arbeit, Berlin.
23 Techipedia (2011): How to Build the Perfect Facebook Fan Page, URL: http://www.techipedia.com/
2011/build-facebook-page/, abgerufen am: 16.11.2011.
24 Weiber, R. (2002): Handbuch Electronic Business. Informationstechnologien – Electronic Commer-
ce – Geschäftsprozesse, 2. Aufl., Wiesbaden.
25 Zydorek, C. (2009): Postmediale Wirklichkeiten und Medienmanagement in: Selke, S./Dittler, U.
(Hrsg.) (2009): Postmediale Wirklichkeiten – Wie Zukunftsmedien die Gesellschaft verändern, Han-
nover, S. 67–92.
Social Branding via XING 23
Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Inhaltsverzeichnis

1 Das professionelle Netzwerk XING ........................................................................................ 348


2 Branding-Kampagnen auf XING ............................................................................................ 348
2.1 Verzahnung verschiedener Branding-Tools .......................................................... 349
2.2 Fallbeispiel 1&1: Do-It-Yourself-Homepage für KMU........................................ 350
2.3 Fallbeispiel Hermes: Weihnachtskampagne .......................................................... 351
3 Employer Branding auf XING ................................................................................................. 353
3.1 Soziale Netzwerke für Arbeitgeberwahl immer wichtiger.................................... 353
3.2 Arbeitgeber-Image aufbauen – mit XING-Unternehmensprofil........................ 354
3.3 Mit Talenten in Kontakt bleiben – in professionellen XING-Gruppen............. 355
4 Fazit.............................................................................................................................................. 356
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 357

_______________________
Carsten Ludowig ()
XING AG, Gänsemarkt 43, 20354 Hamburg, Deutschland
e-mail: carsten.ludowig@xing.com
Stefan Schmidt-Grell ()
XING AG, Gänsemarkt 43, 20354 Hamburg, Deutschland
e-mail: stefan.schmidt-grell@xing.com

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 347


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_23, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
348 Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

„Exklusive Platzierungen, also nur ein Werbemittel pro Seite, sorgen bei XING für eine verstärkte
Branding-Wirkung.“ Carsten Ludowig

„Unternehmen eröffnen sich ein großes Potenzial, wenn sie auf ihre zukünftigen Mitarbeiter dort zuge-
hen, wo diese sich ohnehin aufhalten – in ihrem beruflichen Netzwerk.“ Stefan Schmidt-Grell

1 Das professionelle Netzwerk XING

XING ist ein berufliches Netzwerk mit mehr als 5 Mio. Mitgliedern im deutschsprachi-
gen Raum und damit in diesem Markt die klare Nummer eins. Weltweit nutzen mehr als
11 Mio. Menschen die Geschäftsplattform. Sie schätzen die klare Trennung von berufli-
chen und privaten Netzwerken, denn gerade im Karriere-Kontext kommt es auf einen
seriösen Auftritt und eine gute Reputation an.
XING bietet seinen Mitgliedern unzählige Anknüpfungspunkte zum Aufbau eines so-
liden Netzwerks, aus dem sie echten Mehrwert ziehen können. Unternehmen nutzen das
berufliche Netzwerk, um mit einer klar abgegrenzten Zielgruppe direkt in Kontakt zu
treten. So setzen Firmen etwa für den Aufbau und die Pflege von Marken sowie speziell
zur Pflege ihres Arbeitgeber-Images auf XING. Die Business Community eignet sich
besonders für Branding-Kampagnen, denn Unternehmensbotschaften lassen sich exakt
bei der jeweils anvisierten Empfängergruppe platzieren.
Was macht erfolgreiches Branding auf XING aus, wie sind Kampagnen und längerfris-
tige Branding-Maßnahmen auf XING gestaltet? In den folgenden Kapiteln erläutert zu-
nächst Carsten Ludowig, Director Advertising & Partnerships bei der XING AG, anhand
von Praxisbeispielen einzelne Kampagnen-Module, die passgenauen Targeting-Möglich-
keiten sowie den behutsamen XING-Ansatz beim Thema „Werbung“. Im anschließen-
den Kapitel stellt Stefan Schmidt-Grell, Director Marketing bei der XING AG, den Ein-
satz der Plattform für erfolgreiches Employer Branding im beruflichen Netzwerk dar.

2 Branding-Kampagnen auf XING

Wer seine Marke im seriösen Business-Kontext positionieren möchte, ist bei XING genau
richtig. Nicht nur die Mitglieder, auch die Werbekunden schätzen die Trennung von
beruflichem und privatem Netzwerk. Auf XING erreichen Unternehmen zielgenau Busi-
ness Professionals, also Berufstätige, die entweder Akademiker sind oder über ein monat-
liches Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 3.500 € verfügen. Keine andere Busi-
ness-Website erreicht in Deutschland so viele Personen in dieser Zielgruppe (vgl. [1]).
XING berät Unternehmen hinsichtlich der geeigneten Mittel sowie bei der zielgrup-
pengerechten Ansprache. In diesem Kapitel werden mit der Bannerkampagne der Luft-
hansa, dem Special „Do-It-Yourself-Homepage“ von 1&1 und mit dem Weihnachts-Spe-
cial von Hermes drei erfolgreiche Kampagnen auf XING beschrieben.
Social Branding via XING 349

2.1 Verzahnung verschiedener Branding-Tools

Auf XING lässt sich eine Vielzahl effektiver Branding-Tools einsetzen und miteinander
kombinieren. Neben Display Ads und Mitteilungen über ihr Unternehmensprofil be-
werben Unternehmen ihre Produkte und Services auch im Bereich „Vorteilsangebote“.
Hier werden den Usern besondere Angebote präsentiert, die XING in Kooperation mit
ausgesuchten Partnern zusammenstellt. Neben diesen Standardformaten haben Werbe-
kunden auch die Möglichkeit, individuelle, besonders aufmerksamkeitsstarke Formate
einzusetzen. Dazu gehören zum Beispiel Online- und mobile Partnerschaften – tiefe
Integrationen von Kunden in die Plattform – sowie „Specials“, bei denen sonst XING
selbst vorbehaltene Marketingmaßnahmen mit Display Advertising zu einem einzigarti-
gen Kommunikationspaket kombiniert werden. Damit bietet die berufliche Plattform
zahlreiche Möglichkeiten, um Botschaften beim Kunden zu platzieren.
In das XING-Unternehmensprofil lassen sich Mitteilungen und Tweets einbinden,
die von XING-Nutzern kommentiert, weiterempfohlen und als interessant markiert wer-
den. Die Lufthansa etwa weist Geschäftsreisende auf ihrem XING-Profil auf besondere
Angebote und Aktionen hin (vgl. Abb. 1). XING-Mitglieder abonnieren die Nachrich-
ten, die sie interessieren, und bekommen diese dann unmittelbar nach dem Einloggen
auf der Plattform angezeigt.
Zur Steigerung der Bekanntheit des Unternehmensprofils setzte die Lufthansa erfolg-
reich Werbemittel ein. In Bannern wurde darauf verwiesen, dass neue Abonnenten des
Unternehmensprofils mit Fluggutscheinen belohnt werden – mit großem Erfolg: Inner-
halb weniger Tage hatte die Airline tausende Abonnenten generiert.
Auch Netzwerk-Effekte unterstützen die Bekanntheit dieses Profils: Sobald XING-
Mitglieder ein Unternehmensprofil abonnieren, wird ihr gesamtes Netzwerk darüber
informiert.

Werbung in der XING-Community: ein behutsamer Ansatz


Grundsätzlich steht bei XING der Nutzer mit seinen Bedürfnissen im Mittelpunkt.
XING-Mitglieder erwarten, dass die Produkte und Services für das Geschäftsleben rele-
vant sind oder im Idealfall einen konkreten Mehrwert bieten. Die Formate dürfen die
einfache und intuitive Nutzung der Plattform nicht stören, denn viele Mitglieder nutzen
sie im Berufsalltag. Daher wird auf XING nur ein grafisch gestaltetes Werbemittel pro
Seite eingesetzt. Außerdem bietet XING keine Restplätze zu Ramschkonditionen im
Markt an gemäß unserer Strategie: Lieber weniger Werbung von ausgewählten Kunden,
die dann aber wirklich passt und die Interessen der User trifft. All dies erhöht die Bran-
ding-Wirkung der einzelnen Kampagnen. XING berät seine Kunden bei den Botschaf-
ten, mit denen sie die Community aktivieren können. Dafür eignen sich etwa Sonderak-
tionen, die exklusiv auf XING angeboten werden. Die intelligente Vernetzung von
Werbung mit Angeboten von Unternehmen direkt auf XING kommt bei unseren Nut-
zern besonders gut an: Employer-Branding-Kampagnen, die auf Jobanzeigen verlinken,
Firmen, die ihre Vorteilsangebote bewerben, Unternehmen, die Abonnenten für ihr
350 Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Abb. 1 Deutsche Lufthansa bewirbt XING-Unternehmensprofil (Quelle: eigene Darstellung)

Unternehmensprofil akquirieren oder Marken, die ein gemeinsames Special im Co-


Branding mit XING promoten.

Fach- und Führungskräfte passgenau erreichen


Dank Targeting können Kunden ihre Zielgruppe im beruflichen Netzwerk direkt anspre-
chen. XING verfügt anhand der Profildaten über zuverlässige Targeting-Möglichkeiten,
die so bei Wettbewerbern kaum zu finden sind. Anzeigen können neben Kriterien wie
Geschlecht und Alter auch nach Branche und Karriere-Level bzw. Unternehmensgröße
ausgesteuert werden. So bewarb 1&1 in der ersten Jahreshälfte 2011 die Do-It-Yourself-
Homepage auf XING mit der Zielgruppe kleine und mittlere Unternehmen.

2.2 Fallbeispiel 1&1: Do-It-Yourself-Homepage für KMU

1&1 schuf für die Aktion Do-It-Yourself-Homepage einen exklusiven Vorteil für die be-
rufliche Community: Die Erstellung und das Hosting einer Homepage wurde allen
XING-Mitgliedern sechs Monate lang kostenlos angeboten. Zur Erhöhung der Reichwei-
te konnte das Angebot auch in andere Netzwerke per Mausklick weiterempfohlen wer-
den. Die Kampagne wurde durch Display-Banner und umfangreiche Marketing-
Maßnahmen von XING beworben. Sie wurde im Co-Branding durchgeführt und orien-
Social Branding via XING 351

Abb. 2 1&1-Kampagne auf XING: Wallpaper (Quelle: eigene Darstellung)

tierte sich in der Bildsprache an XING. Vor allem am Anfang sorgte dies für den nötigen
Anschub. Die Banner wurden etwa auf der XING-Startseite und im Newsletter platziert
(vgl. Abb. 2). Zur Verankerung innerhalb der Plattform integrierte 1&1 sein Angebot
zusätzlich in den Bereich „Vorteilsangebote“. Alle Marketing- und Werbemittel führten
Interessenten auf eine gemeinsame Microsite.

Persönliche Interaktion mit der Zielgruppe


Soziale Medien ermöglichen den direkten Austausch auf Augenhöhe. Daher wurde den
Kunden von 1&1 in einer eigenen Gruppe die Möglichkeit eingeräumt, sich gegenseitig
Tipps zu geben und den Moderatoren Fragen zu stellen. Durch diesen Ansatz wird ein
dauerhafter Dialog mit der Zielgruppe initiiert. Unternehmen suchen in Fachgruppen
auf XING das Gespräch mit Meinungsbildnern und beeinflussen so das Ansehen der
eigenen Marke nachhaltig. Da Gruppendiskussionen stets von Moderatoren aus dem
Unternehmen begleitet werden, sind sie auch eine gute Möglichkeit, der Firma ein Ge-
sicht zu verleihen. Im Rahmen der 1&1-Kampagne konnten XING-Mitglieder außerdem
an einem Webinar zur Homepage-Erstellung teilnehmen.

2.3 Fallbeispiel Hermes: Weihnachtskampagne

Das Weihnachts-Special 2010 der Hermes Logistik Gruppe Deutschland (HLGD) ist ein
weiteres Beispiel für eine integrierte Social-Branding-Kampagne auf XING. Der beson-
dere Anreiz: ein Luxus-Wochenende in Monaco inklusive Dinner mit dem Formel-1-
Rennfahrer Mika Häkkinen (vgl. Abb. 3). Durch diese Kampagne, die ausschließlich auf
352 Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Abb. 3 Hermes Weihnachts-Special auf XING: Microsite (Quelle: eigene Darstellung)

XING lief, konnte Hermes seine Markenpräsenz in der XING-Community deutlich


verbessern.

2.3.1 Ziele und Umsetzung


Hermes verfolgte mit der Kampagne auf XING drei Hauptziele: Erfahrungen im Social-
Media-Umfeld sammeln, Markenbildung und Bekanntheitssteigerung im Privat- und Ge-
schäftskundenbereich sowie die Bewerbung von Hermes als Deutschlands größtem priva-
ten Logistik-Dienstleister bei der Zustellung an Endkunden unter allen XING-Nutzern.
Hermes entschied sich zur Durchführung der Kampagne für ein Gewinnspiel. Zu-
nächst wurde ein einzigartiger Anreiz geschaffen: das Luxus-Wochenende in Monaco.
Anschließend kamen die beiden Module Display Ads und Marketing zum Einsatz.
Display Ads sorgten für die nötige Aufmerksamkeit und Präsenz auf der Plattform.
Dabei wurde durch Co-Branding eine große Markennähe zwischen XING und Hermes
hergestellt. Die Anzeigen machten angelehnt an den XING-Look auf das Gewinnspiel
aufmerksam, wodurch die Akzeptanz durch die XING-Mitglieder sichergestellt wurde.
Dieselbe Bildsprache wurde auch im Wallpaper verwendet. Exklusive Platzierungen, also
nur ein Werbemittel pro Seite, sorgten für eine verstärkte Wirkung.
Die Präsenz der Marke Hermes auf der Plattform wurde während der Kampagne
durch Marketing-Platzierungen unterstützt. Dabei konnte Hermes auf weitere Kommu-
Social Branding via XING 353

nikationsmittel von XING zurückgreifen, die nur ausgewählten Partnern zur Verfügung
gestellt werden: So konnte Hermes auch im Newsletter an die XING-Mitglieder groß-
flächig auf sein Gewinnspiel aufmerksam machen. Außerdem erreichte der Paket-
dienstleister die XING-Mitglieder direkt auf der eingeloggten Startseite. An dieser pro-
minenten Stelle werden sonst XING-Produktneuerungen vorgestellt. Schließlich
präsentierte XING den Gewinner im Unternehmensblog mit einem Erfahrungsbericht,
was der Kampagne zusätzliche Authentizität und Transparenz verlieh.
Die Weiterempfehlung unter den Nutzern sorgt ebenfalls für Aufmerksamkeit, daher
ist eine solche Funktion für den Erfolg einer Kampagne von Bedeutung. So kann ein
Link auf XING mit nur wenigen Klicks inner- und außerhalb des Netzwerks empfohlen
werden. Neben dieser Möglichkeit konnte das Hermes-Special über eine Link-Leiste auf
der Microsite auch an andere soziale Netzwerke weitergeleitet werden. Diese viralen
Effekte führten bei der Hermes-Kampagne, dank exklusivem Anreiz und authentischer
Geschichte, zu großer Resonanz.

2.3.2 Erfolgsmessung
Weit über 100.000 XING-Mitglieder nahmen innerhalb von vier Wochen an dem Ge-
winnspiel von Hermes teil. Zur Messung der Werbewirkung wurde die Gewinnspiel-
Kampagne von einer Null- und einer Hauptmessung begleitet, so dass Hermes noch
genauere Zielgruppeninformationen erhalten konnte. Dazu wurde per Newsletter zur
Teilnahme an einer Umfrage aufgerufen. Die Ergebnisse zeigen: Markenbekanntheit und
Werbeerinnerung konnten sowohl bei den Zielgruppen Privat- als auch Geschäftskun-
den signifikant gesteigert werden.
Die Hermes Logistik Gruppe Deutschland war mit der Kampagne hochzufrieden und
schloss in der Folge eine einjährige Kooperation inklusive Weihnachts-Special für das
Folgejahr ab. Tanja Sprehe, Senior Marketing Managerin Geschäftskunden bei Hermes,
kommentierte das Ergebnis: „Das Weihnachts-Gewinnspiel auf XING hat unsere Erwar-
tungen in vollem Umfang erfüllt. Die gesteckten Ziele wurden durchweg erreicht bzw.
sogar deutlich übertroffen. Wir konnten unsere Markenbekanntheit in den Kernziel-
gruppen Privat- und Businesskunden signifikant steigern.“

3 Employer Branding auf XING

3.1 Soziale Netzwerke für Arbeitgeberwahl immer wichtiger

Der interaktive Austausch in sozialen Medien wird für immer mehr Menschen zu einer
Selbstverständlichkeit. Sie stellen in der Folge auch an einen Arbeitgeber neue Erwartun-
gen. Unternehmen eröffnen sich ein großes Potenzial, wenn sie auf ihre zukünftigen Mit-
arbeiter dort zugehen, wo diese sich ohnehin aufhalten – in ihrem beruflichen Netzwerk.
354 Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Weltweit sucht bereits knapp jeder Vierte einen Job in sozialen Netzwerken (vgl. [2])
– Tendenz steigend. Daher wird es auch für Arbeitgeber immer wichtiger, in den sozia-
len Medien präsent zu sein. Der in einigen Branchen herrschende Fachkräftemangel und
die Suche vieler Firmen nach Talenten dürften diese Entwicklung noch verstärken.
Berufliche soziale Netzwerke schließen dabei eine Lücke zwischen Unternehmen und
Bewerbern. Auf XING präsentieren sich Firmen dort, wo mehr als 11 Mio. Mitglieder –
über 5 Mio. von ihnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz – ihr berufliches
Online-Netzwerk pflegen. Über 80 % der XING-Mitglieder sind in Vollzeit und mehr als
ein Drittel in höheren Führungspositionen beschäftigt. Hier findet Kommunikation in
einem seriösen und vertrauenswürdigen Umfeld statt. Wer auf XING sein Netzwerk
pflegt, ist an berufs- und karriererelevanten Kontakten sowie Informationen interessiert.
Von daher stoßen Arbeitgeber hier auf offene Ohren.

3.2 Arbeitgeber-Image aufbauen – mit XING-Unternehmensprofil

Das XING-Unternehmensprofil ist eine zentrale Anlaufstelle für Kunden und Interes-
senten, die hier vielfältige Informationen erhalten wie Kontaktdaten, Ansprechpartner
und Unternehmensneuigkeiten. Personalverantwortliche können hierüber direkt kon-
taktiert werden. Allein die Präsenz im beruflichen Online-Netzwerk zeigt, dass ein Ar-
beitgeber gegenüber neuen Entwicklungen aufgeschlossen ist. Auf Wunsch ist das Profil
auch in Suchmaschinen auffindbar, was besonders für kleine Firmen interessant sein
kann. Sie müssen dann nicht zusätzlich eine eigene Firmen-Website aufbauen.
Auf XING können Bewerber aus erster Hand erfahren, wie es ist, in einem Unterneh-
men zu arbeiten. Sie sehen im Firmenprofil auf einen Blick, wer die potenziellen neuen
Kollegen sind, und in deren Profil, über welche Kompetenzen sie verfügen. Neben dem
Lebenslauf stellen XING-Mitglieder weitere Informationen zur Verfügung: beispielsweise
auf der Seite „Über mich“, im Feld „Interessen“ sowie durch ihre Zugehörigkeit zu XING-
Gruppen und externen Organisationen. Solche Angaben sind für Bewerber relevant.
Außerdem können potenzielle Kollegen über die Plattform einfach kontaktiert wer-
den. Auf jedem Mitglieder-Profil zeigt ein Verbindungspfad an, ob über das erweiterte
Kontaktnetz bereits ein Draht zum Unternehmen besteht. Für Firmen bedeutet dies,
dass auch Mitarbeiter zu Botschaftern der Arbeitgebermarke werden; sie muss also auch
intern vermittelt werden. Wenn die Marke innerhalb der Organisation fest verankert ist,
kann sie auch überzeugend nach außen vermittelt werden. Die Fürsprache der aktuellen
Mitarbeiter ist dabei ein starkes authentisches Argument, das in den sozialen Medien
geschätzt wird.

3.2.1 kununu-Mitarbeiterbewertungen
XING bietet Firmenkunden die Option, die Arbeitgeberbewertungen von kununu anzei-
gen zu lassen. Diese stammen von aktuellen und ehemaligen Angestellten sowie von
Bewerbern. Die Bewertungen geben Interessenten ein sehr konkretes Bild von den Vor-
Social Branding via XING 355

zügen eines bestimmten Arbeitgebers, etwa durch die Kategorien „Wohlfühl-“ und
„Karrierefaktor“, „Bewerbungsprozess“ sowie Firmenkultur.

Abb. 4 XING-Unternehmensprofil: Haniel lässt die XING-Community an den Themen der Stra-
tegietagung teilhaben (Quelle: eigene Darstellung)

3.2.2 Karriere-relevante Neuigkeiten einstellen


Mitteilungen und Tweets im Unternehmensprofil unterstützen den Aufbau einer Ar-
beitgeber-Marke. Die Haniel-Gruppe verlinkt ihr Unternehmensprofil zum Beispiel auf
einen Werte-Check, der den Grad der Übereinstimmung mit den Haniel-Werten spiele-
risch aufzeigt, und gibt Einblicke in ihre Strategietagung.

3.3 Mit Talenten in Kontakt bleiben –


in professionellen XING-Gruppen

In XING-Gruppen tauschen sich Communitys innerhalb der Plattform aus. Personal-


verantwortliche können bestehenden Fachgruppen beitreten und so Kontakt zu Mitglie-
dern aufnehmen, die über das gesuchte Fachwissen verfügen. Insgesamt gibt es rund
50.000 Gruppen auf der Plattform. Wichtig ist bei diesem Vorgehen, dass Personaler
über ein gut gepflegtes Profil verfügen, mit dem sie sich selbst und ihr Unternehmen bei
Kandidaten vorstellen.
356 Carsten Ludowig, Stefan Schmidt-Grell

Abb. 5 Austausch mit Kandidaten: XING-Gruppe von GEA Process Engineering (Quelle: eigene
Darstellung)

Daneben gründen Unternehmen firmeneigene Gruppen, um beispielsweise den Aus-


tausch mit aktuellen Mitarbeitern oder Alumni zu fördern. IBM etwa betreibt mit „The
Greater IBM Connection“ eine solche Gruppe auf XING. In Alumni-Gruppen bleibt das
Wissen dem Unternehmen auch nach dem Weggang eines Mitarbeiters erhalten, eine
Wiedereinstellung wird erleichtert.
Zur Zusammenführung von potenziellen Kandidaten hat der Maschinenbauer GEA
eine XING-Gruppe für sein Segment „Process Engineering“ eingerichtet (vgl. Abb. 5).
Mitglieder erhalten hier Informationen zu Jobs, Events und Branchenthemen. Auf diese
Weise pflegt das Unternehmen einen vertrauensvollen, partnerschaftlichen Dialog mit
Bewerbern und bleibt langfristig mit ihnen in Kontakt. Das Ziel: Offene Stellen können
im Bedarfsfall schneller passend besetzt werden.

4 Fazit

Die Praxisbeispiele zeigen, wie Unternehmen über die diversen Branding-Tools auf
XING ihre jeweilige Marken-Botschaft direkt an die Zielgruppe übermitteln und mit ihr
Social Branding via XING 357

in einen längerfristigen Austausch treten. Verschiedene Maßnahmen auf der Plattform


greifen dabei ineinander. Die Gesamtwirkung wird zusätzlich dadurch erhöht, dass ex-
klusive Anreize mit einem Mehrwert für die Mitglieder geschaffen werden, die Werbe-
mittel exklusiv platziert werden und die Kommunikation auf den Empfängerkreis zuge-
schnitten ist. Dank umfangreicher Targeting-Möglichkeiten, basierend auf echten User-
Profildaten, erreichen Botschaften auf XING genau die vom Kunden anvisierte Ziel-
gruppe. Es lohnt sich für Unternehmen, die neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu
nutzen, denn berufliche soziale Netzwerke bieten gerade für Branding-Aktivitäten ideale
Möglichkeiten.

Literaturverzeichnis

1 AGOF internet facts (2011–2012): Online-Nutzer in den letzten 3 Monaten (WNK). Zielgruppe:
Business Professionals: Berufstätige, die entweder ein Haushaltsnettoeinkommen über 3.500 € haben
oder Akademiker sind, ausgewählte Medien.
2 Kelly Services (2011): Kelly Global Workforce Index, Social Media/Networking, The Evolving Work-
force, URL: http://media.marketwire.com/attachments/EZIR/562/8474_KGWI_
SocialNetworking_report.pdf, abgerufen am: 12.09.2011.
Teil D
Controlling des Social Branding
Kennzahlendefinition und -messung
im Social-Media-Marketing 24
Jens Wiese

Inhaltsverzeichnis

1 Facebook-Marketing liefert neue Metriken........................................................................... 362


2 Facebook-Pages Insights........................................................................................................... 362
2.1 Interaktionsraten und Viralität ................................................................................ 364
2.2 Demographie............................................................................................................... 364
2.3 Nutzungsanalyse......................................................................................................... 365
3 Erfolgsmessung für Social Plug-ins......................................................................................... 365
4 Externe Tools zur Kennzahl-Ermittlung................................................................................ 367
5 Die wichtigsten Kennzahlen für Facebook-Anzeigenkampagnen ..................................... 368
6 Entscheidend: Prozessgeleitete Kennzahlen außerhalb der Facebook-Page .................... 369
7 Fazit.............................................................................................................................................. 370
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 370

_______________________
Jens Wiese ()
Orleansstr. 13, 81669 München, Deutschland
e-mail: jens@roth-wiese.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 361


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_24, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
362 Jens Wiese

„Die reine Fanzahl als Kennwert im Social-Media-Marketing hat ausgedient. An ihre Stelle ist eine
Vielzahl neuer und bedeutungsvollerer Key-Performance-Indikatoren getreten.“ Jens Wiese

1 Facebook-Marketing liefert neue Metriken

Als neues Marketing-Feld hat gerade das Social-Media-Marketing mit der Definition von
Key-Performance-Indikatoren (KPI) zu kämpfen. Auch wenn das Motto „Der Return on
Engagement ist der ROI des Social-Media-Marketing“ [4] über vielen Kampagnen steht,
ist es doch sowohl aus Projektleiter- als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht notwen-
dig, die richtigen Kennzahlen für die eigenen Maßnahmen zu kennen und zu definieren.
Gerade dieser Schritt der Zieldefinition ist es, der in vielen Social-Media-Konzepten
nicht ausreichend behandelt wird. Dort werden Ziele entweder gar nicht oder nicht aus-
reichend definiert. Aus dem Projektmanagement ist die Methode der SMARTen Ziele
bekannt. Diese sollen also Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch und Terminierbar
sein. Gerade die Punkte spezifisch, messbar und terminiert sind für die Festlegung ge-
eigneter Kennzahlen wichtig. „Wir möchten möglichst viele Fans auf Facebook“ ist hier
also unzureichend. „Wir möchten die Anzahl der über Facebook generierten Beratungsge-
spräche in den nächsten 6 Monaten um 50 % steigern“ erfüllt hingegen die genannten
Voraussetzungen.
Wichtig ist es dabei, die Kennzahlen an das eigene Social-Media-Wissen anzupassen.
So ist es nicht zu empfehlen, Kennzahlen nur um der Statistik willen zu erfassen. Es müs-
sen also nicht alle hier vorgestellten Kennzahlen für jeden Social-Media-Manager von
Relevanz sein – eine bewusste Auswahl der richtigen Werte ist wichtig.
In diesem Beitrag werden die wichtigsten Kennzahlen im Social-Media-Marketing mit
besonderem Blick auf das Facebook-Marketing beleuchtet. Dabei werden sowohl Face-
book-interne als auch -externe Tools zur Auswertung der KPIs genutzt und vorgestellt.
Das zentrale Element des Facebook-Marketings stellt die Facebook-Page eines Unter-
nehmens, einer Marke oder einer Kampagne dar. Diese Facebook-Page erlaubt, ähnlich
einer normalen Homepage, einen gewissen Grad eigener Gestaltung sowie die Präsenta-
tion der Inhalte. Zusätzlich ist sie als Teil der Facebook-Plattform auch mit sozialen
Komponenten ausgestattet, welche die Interaktion mit den Inhalten ermöglichen. So
können auf einer „Pinnwand“ Beiträge hinterlassen werden. Besucher der Seite können
diese kommentieren oder mit einem Klick auf den „Gefällt mir“-Button eines Beitrages
ihre Zustimmung ausdrücken.

2 Facebook-Pages Insights

Die geläufigste Kennzahl im Facebook-Marketing ist in diesem Zusammenhang sicher


die „Fanzahl“. Sie gibt an, wie viele Personen auf einer Facebook-Page den „Gefällt mir“-
Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing 363

Button geklickt haben. Durch diesen Button abonniert der Benutzer einen gewissen
Anteil der vom Seitenadministrator veröffentlichten Meldungen. Der Facebook-Auftritt
gelangt hierdurch also zu einer größeren möglichen Reichweite.
Der Verlauf der Fanzahlen über die Zeit lässt sich sowohl im Facebook-eigenen Statis-
tik-Tool namens „Facebook Insights“ beobachten als auch mit externen Tools, wie etwa
den Allfacebook Stats, auswerten. Während die Insights nur dem Administrator selbst
zur Verfügung stehen, kann über ein externes Tool auch ein Nicht-Admin die Entwick-
lung verfolgen. Bei einem starken Augenmerk auf die Fanzahlen ist aber schon alleine
deshalb Vorsicht geboten, da sich Fans – gegen deutsches Recht und Facebook-Richt-
linien – im Internet kaufen lassen (vgl. [3]). Hier ist also nicht alles Gold, was glänzt, und
10.000 Fans sind zum Beispiel für 619 € zu erhalten (vgl. [2]).
Trotzdem soll hier die Kennzahl „Kosten pro Fan“ nicht unter den Tisch fallen. Hier-
unter versteht man den Betrag, der zur Gewinnung eines neuen Fans aufzuwenden ist.
Dazu zählen nicht nur die Kosten für die aktuelle Kampagne, wie etwa das Media-
Budget, sondern auch die damit verbundenen Kosten, etwa für das Personal. Bei neuen
Fanpages sollte auch deren Erstellung und Anpassung mit einberechnet werden. Kosten
von einem Euro je neuem Fan sind auf dem deutschen Markt üblich. Sind die Kosten pro
Fan höher, sollte dies über mögliche Conversions und einen hohen Customer Lifetime
Value (CLV) zu rechtfertigen sein.
Doch diese Fanzahl ist für die Arbeit auf der Facebook-Plattform und mit Facebook-
Pages nicht entscheidend für die Reichweite. Denn hier greift noch einmal ein Facebook-
Filter ein, der darüber befindet, ob eine auf der Facebook-Page veröffentlichte Meldung
für die Fans dieser Seite relevant ist oder eben nicht. Die genaue Definition von „Rele-
vanz“ gibt Facebook zwar aus verständlichen Gründen nicht preis, es ist aber bekannt,
dass hier sowohl die Anzahl der Nutzerinteraktionen in der Vergangenheit, die Anzahl
der Meldungen in einem gewissen Zeitrahmen und die Verbreitung der Facebook-Page
im Freundeskreis des Nutzers eine Rolle spielen. Die Relevanz wird also von Facebook
für jeden einzelnen Fan errechnet und bewertet.
Ein verlässlicher Wert für die Reichweite einer Page sind die nur in den Facebook In-
sights ausgewiesenen Kontakte. Das ist die Anzahl eindeutiger Nutzer, die einen Beitrag
gesehen haben. Diese Zahl steht für jeden einzelnen Beitrag der Seite zur Verfügung. Der
Administrator der Seite erfährt also, welchen Beiträgen Facebook eine höhere Relevanz
zugewiesen hat und welchen eine niedrigere. So kann die inhaltliche Ausrichtung der
Seite, hin zu möglichst hoher Relevanz, ständig beobachtet und optimiert werden. Es gibt
noch keine offiziellen Statistiken zu diesem Thema, aber Seiten mit schlechter Reichweite
erreichen weniger als die Hälfte ihrer Fans. Das bedeutet, dass maximal jeder zweite Fan
den Beitrag einmal auf Facebook gesehen hat. Übersteigt die Anzahl der Kontakte die
Fanzahl, was eher selten geschieht, so werden nicht nur die eigenen Fans ein- bis mehr-
mals erreicht, sondern auch noch die Freunde der Fans, die mit diesem Beitrag inter-
agiert haben.
364 Jens Wiese

2.1 Interaktionsraten und Viralität

Aus den Impressionen – also der Anzahl der Einblendungen eines einzelnen Beitrages –
und den Interaktionen („Gefällt mir“-Angaben und Kommentare) berechnet Facebook
etwa 12–24 Stunden nach dessen Veröffentlichung eine Feedback-Rate. Dabei wird die
Summe der Interaktionen durch die Zahl der Impressionen geteilt. In der Regel liegt
diese Interaktionsrate im niedrigen Promille-Bereich.
Neu seit Oktober 2011 ist die Möglichkeit, sich von Facebook einen Wert für die Vi-
ralität eines Beitrages ausgeben zu lassen. Dieser berechnet sich aus dem Prozentsatz der
Nutzer, die einen Beitrag nicht nur gesehen haben (also den Kontakten), sondern diesen
auch noch durch einen Like, einen Kommentar oder eine Teilen-Aktion im eigenen
Freundeskreis verbreitet haben. Dieser Viralitäts-Ansatz kann ein weiterer Kenn- und
Zielwert im Facebook-Marketing darstellen. So kann die Definition eines möglichst
hohen Viralitätswertes ein weiteres Ziel sein.
Als besonders viral haben sich Fotos und Videos als Medienelemente sowie offene
Fragen und Lückentexte in den Statusnachrichten herausgestellt. Auch Statusnachrich-
ten, die den Nutzer direkt zum Liken oder Teilen eines Beitrages auffordern, erzielen
hohe Interaktionsraten und Viralitätswerte (vgl. [1]).

2.2 Demographie

Gehen wir aber noch einmal einen Schritt zurück, so ist für viele Administratoren gerade
auch die Demographie der Nutzer von Interesse. Auch diese demographischen Daten
stehen nur in den Facebook Insights zur Verfügung. Hier lässt sich nicht nur die Alters-
struktur und Geschlechterverteilung ablesen, sondern es stehen zudem Informationen
zum Herkunftsland, dem Wohnort und den auf Facebook hinterlegten Sprachen der Nut-
zer zur Verfügung. Dabei unterscheidet Facebook drei verschiedene Gruppen von Fan-
page-Interakteuren. So gibt es die Demographie der Facebook-Page-Fans, also alle Nutzer,
die potenziell von einem Statusupdate erreicht werden können, die Demographie der tat-
sächlich erreichten Nutzer und im letzten Schritt auch noch die Demographie der Nutzer,
welche als Multiplikatoren aufgetreten sind und einen Beitrag weiter verbreitet haben.
Diese Kennzahlen sind in zweierlei Hinsicht interessant. Zum einen lässt sich in ihrer
Beobachtung der Erfolg vergangener Kampagnen messen. Setzen wir voraus, dass jede
Kampagne eine klar definierte Zielgruppe sowie ein definiertes Ziel hat, kann in der
Evaluationsphase aus der Demographie der Seite abgelesen werden, ob die festgesetzte
Zielgruppe erreicht wurde. Gerade Gewinnspiele, die zwar mit einem sehr attraktiven,
aber nicht an die Zielgruppe angepassten Preis ausgestattet sind, können hier einen ne-
gativen Einfluss haben. Die Verlosung von zum Beispiel iPhones oder Justin Bieber Kon-
zerttickets mag zwar sehr viele neue Besucher und Fans auf die Seite locken, diese sind
aber in erster Linie aufgrund des Preises und nicht der beworbenen Marke da. Da diese
Fans im Nachgang der entsprechenden Verlosung nicht mehr oder nur wenig mit der
Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing 365

entsprechenden Facebook-Page interagieren werden, senken sie zudem die bereits ange-
sprochene Relevanz einer Seite und ihrer Beiträge. Hier wirkt das Ziel einer möglichst
hohen Fanzahl also sogar kontraproduktiv.
Mit einem Blick in die Zukunft lässt sich aus diesen Daten aber auch eine angepasste
Content-Strategie entwickeln. Kommen die Fans einer Seite zu großen Teilen aus einem
Land oder einer Stadt, so kann man hieran angepassten relevanten Content zur Verfü-
gung stellen. Auch für Seiten mit überwiegend männlichen oder weiblichen Fans kann
man die Inhalte anpassen. Gleichzeitig kann man, wenn die Zielgruppe der Marke und
die Facebook-Fan-Demographie zu weit auseinandergehen, Kampagnen zur Verände-
rung der Facebook-Fanbasis ansetzen.

2.3 Nutzungsanalyse

Neben dem Wissen, wer die eigenen Fans sind und was diese auszeichnet, ist es zudem
wichtig, deren Nutzung der Facebook-Page zu analysieren. Hierzu bietet Facebook drei
verschiedene Bereiche in den Insights an.
Zum einen lassen sich hier die Like-Quellen ermitteln. Also die Orte, an denen ein
Nutzer den „Gefällt mir“-Button für eine Fanpage geklickt hat. Dies kann nicht nur die
Facebook-Page selbst sein, sondern zum Beispiel auch eine Facebook-Anzeige oder ein
in der eigenen Homepage integriertes Social Plug-in. Die Quellen werden nach der Häu-
figkeit der Nutzung sortiert dargestellt. Der Administrator der Page kann also besonders
gute Like-Quellen im Auge behalten und weniger erfolgreiche ausbauen oder verändern.
Sind erste Fans für die Seite gewonnen, kann überprüft werden, welche Unterbereiche
der Seite besucht werden. Ist es in erster Linie die Pinnwand, die Willkommensseite oder
der Diskussionsbereich? Auch hier gibt es wieder Optimierungsmöglichkeiten. Gerade
das Abschalten von Unterbereichen, die nicht oder nur selten genutzt werden, ist sinnvoll.
Als Letztes ist der Weg, auf dem die Nutzer die Seite wieder verlassen, interessant. So
zeigt Facebook die häufigsten Ziele an, welche vom Nutzer nach dem Besuch der Web-
seite angesteuert werden. Im Idealfall steht hier die eigene Webseite an erster Stelle. Ge-
hen die Nutzer nach dem Besuch zum Beispiel erst einmal zu Google, so scheinen sie die
gewünschte Information – oder Verlinkung zur Webseite – nicht auf der Facebook-Page
gefunden zu haben. Auch hier kann dann optimiert werden.
Mit den Webseiten außerhalb von Facebook befasst sich der nächste Abschnitt, wel-
cher den quantifizierbaren Einfluss von Facebook auch in diesem Bereich aufzeigt.

3 Erfolgsmessung für Social Plug-ins

Der Einsatz von Facebook Social Plug-ins auf Webseiten außerhalb von Facebook ist
heute fester Bestandteil einer Social-Media-Strategie. So verwundert es doch, dass nur
366 Jens Wiese

Interaktionen Verbreitung auf Facebook Auf Seite


mit der Seite weitergeleitete Nutzer
6.437x 0,30 %
Handlungen Impressionen Klicks
3.447 insgesamt
22.189.248 insgesamt
65.495 insgesamt

Abb. 1 Interaktionen über Social Plug-ins, Verbreitung auf Facebook und weitergeleitete Nutzer
(Quelle: eigene Darstellung)

wenigen Menschen auch die dazu gehörigen Facebook Insights für Domains bekannt
sind. Unter der Adresse facebook.com/insights kann jeder Inhaber einer Webseite diese
mit wenigen Änderungen am Quelltext für ein Tracking durch Facebook vorbereiten.
Ähnlich wie Google Analytics erlaubt Facebook anschließend die Analyse des Traffics
auf der eigenen Webseite.
Herausragend ist dabei die Möglichkeit, die Wirkung des Like-Buttons oder eines an-
deren Social Plug-ins zu messen. So gibt Facebook an, wie oft ein solches Plug-in auf der
Domain angezeigt wurde und wie viele Nutzer dieses verwendet, sprich angeklickt ha-
ben. Davon ausgehend kann Facebook darstellen, wie viele Personen die aus der Interak-
tion erzeugte Meldung auf Facebook gesehen haben. Daraus wiederum lässt sich die
Anzahl der Besucher ableiten, die von Facebook auf die Webseite geleitet wurden.
Abbildung 1 zeigt exemplarisch eine solche Verknüpfung:
Von links nach rechts gelesen bedeutet dies, dass 3.447 Besucher auf der Webseite den
eingeblendeten Like-Button genutzt haben. Dies wiederum führte zu über 22 Mio. Ein-
blendungen dieser Interaktion auf der Facebook-Plattform. Diese Einblendungen sind
automatische Beiträge sowohl im Newsstream der mit dem Besucher befreundeten Face-
book-Nutzer, im Newsticker oder auf der Pinnwand des Besuchers. Aus diesen Einblen-
dungen heraus wurden wiederum über 65.000 neue Besucher für die ursprüngliche Web-
seite generiert. Das entspricht einem Verhältnis von Like-Button-Interaktionen zu neuen
Besuchern von etwa 1:20. Ohne die Like-Button-Integration hätte die Webseite also auf
über 65.000 Besucher verzichten müssen. Alle Angaben beziehen sich in diesem Beispiel
auf einen Monat.
Über dieses Tool lässt sich auch ein Return on Investment sehr schnell ermitteln. Hat
man bereits den Wert vorliegen, wie viel ein neuer Besucher auf der Webseite kostet,
kann man die Ausgaben für die Integration eines Social Plug-ins damit verrechnen. Auch
die Kosten pro Lead oder Sale lassen sich mit einer nachgelagerten Analyse ermitteln.
Die Insights für Domains geben aber als Zusatznutzen auch Auskunft über die De-
mographie der Besucher, die mit dem Like-Button interagiert haben. So lässt sich hier,
ähnlich wie bei den Facebook-Pages ermitteln, welcher Personenkreis zu den Multiplika-
toren der eigenen Webseite zählt. Dies ist eine Information, welche Google Analytics in
dieser Art noch nicht zur Verfügung stellen kann.
Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing 367

4 Externe Tools zur Kennzahl-Ermittlung

Gerade mit externen Tools lassen sich einige Aspekte von Facebook-Pages des eigenen
Unternehmens und der Mitbewerber sehr gut untersuchen. Die folgenden KPIs bezie-
hen sich auf das Tool allfacebookstats.com, welches hier die umfangreichsten Möglich-
keiten bietet.
So kann auch die Medienverteilung auf der eigenen Facebook-Page eine entscheiden-
de Kennzahl sein. Unter der Medienverteilung versteht man den prozentualen Anteil an
Posts mit Bildern, Videos, Links, Flashanimationen und Posts ohne zusätzliche Medien.
So hat sich bei einigen Facebook-Pages der exzessive Einsatz von Fotos und die Optimie-
rung des eigenen sowie Fancontents auf diese Medienart als Alleinstellungsmerkmal
herausgestellt (vgl. [5]). Dies kann unter anderem auf der Fanpage der Ferienregion Tirol
verfolgt werden. Eine Analyse zeigte, dass der hohe Grad an Posts mit Fotos diese Seite
von Mitbewerbern in Österreich unterscheidet. Da es sich hierbei zumeist um professio-
nelle Landschaftsaufnahmen handelte, konnten auch die Interaktionsraten auf der Page
gesteigert werden. Die Fans mochten diese Fotos besonders gerne. Um auch die Fans der
Seite zu animieren, Fotos aus Tirol auf Facebook zu veröffentlichen, findet nun ein mo-
natlicher Fotowettbewerb statt. Aber auch andere Inhalte, wie etwa Links zu einem be-
stimmten Thema, können die Nutzer zum immer wiederkehrenden Besuch der Seite
sowie zur Interaktion mit den Inhalten verleiten.
Ein weiterer Kennwert für eine gut gepflegte Facebook-Page ist die Reaktionszeit. Al-
so die Zeit, die vergeht, bis ein Administrator auf eine Nutzernachricht auf der Pinn-
wand reagiert. Gerade Unternehmen und Marken, die ihre Facebook-Auftritte als neuen
Service-Kanal neben den bereits etablierten Kanälen verstehen, sollten hierauf achten. In
diesem Bereich kann man sich durch schnelle und kompetente Antworten von den Mit-
bewerbern abheben. Zugleich bedeutet dies aber auch die Einführung eines Schichtsys-
tems im Social-Media-Team. Dieses sollte im Idealfall die Aktivitäten auf der Seite von
früh morgens bis spät abends im Blick haben, auch am Wochenende und an Feiertagen.
Wer seine Ziele in andere Bereiche gelegt hat, kann diesen Faktor unter Umständen
außer Acht lassen.
Eine in der letzten Oktoberwoche 2011 durchgeführte Untersuchung der rund 34.000
bei allfacebookstats registrierten Facebook-Pages lässt erstmals valide Aussagen über
durchschnittliche Interaktionsraten auf Facebook-Pages zu. Diese erlauben es den Ad-
ministratoren von Pages, die selbst erfassten Kennwerte in einem Kontext zu sehen und
das Engagement der eigenen Fans zu überprüfen. Hieraus lassen sich zudem neue Ziele
für die Interaktionsraten auf der Facebook-Page ableiten.
Erfasst wurde hier die sogenannte Interaktionsrate. Diese berechnet sich als Quotient
aus Nutzerinteraktionen (Likes, Kommentare) und der Anzahl der Fans. Damit ähnelt
sie der bereits eingeführten Feedback-Rate. Da keines der externen Tools Zugriff auf die
Impressionen eines Beitrags hat, wird sich hier mit der Fanzahl im Nenner beholfen.
368 Jens Wiese

Tab. 1 Interaktionsraten auf Facebook-Pages (Quelle: eigene Darstellung)

Fananzahl Likes je Adminpost Kommentare je Adminpost Interaktionsrate


1–1.000 1 0 0,477 %
1.001–10.000 9 3 0,308 %
10.001–100.000 47 14 0,178 %
100.001–1.000.000 319 59 0,076 %
1.000.001–10.000.000 1.611 229 0,078 %
> 10.000.000 12.806 1374 0,074 %

Für die Untersuchung wurden die Fanpages anhand ihrer Fanzahlen in sechs Kate-
gorien eingeteilt, so dass jede Fanpage eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden
kann (vgl. Tab. 1).
Es fällt hier sehr deutlich auf, dass die Interaktionsrate mit zunehmender Fanzahl ab-
nimmt, sich aber ab etwa 100.000 Fans auf einen Wert rund um 0,075 % einpendelt. Auch
dies ist dem Umstand geschuldet, dass Nachrichten von Facebook nach Relevanz gefiltert
an die Nutzer ausgeliefert werden und viele Inhalte es nicht durch diesen Filter schaffen.
Gleichzeitig verdeutlichen diese Zahlen auch, welcher massive Resourcenaufwand für
den Betrieb und die Administration einer Facebook-Page notwendig sind. Alleine die
Auswertung und gegebenenfalls Bearbeitung von 59 Kommentaren je Adminpost (auf
einer mittelgroßen Fanpage) kann je nach Ausrichtung des Contents einer Seite eine
halbe Arbeitsstelle beschäftigen. Noch deutlicher zeigt sich dies, wenn man die durch-
schnittliche Anzahl der Fanposts je Woche untersucht.
Zugleich geben diese Zahlen einen guten Anhaltspunkt, wie viele Nachrichten ein
Administrator pro Woche veröffentlichen sollte, auch wenn hier abhängig von der Aus-
richtung der Seite starke Abweichungen möglich und sinnvoll sein können.

5 Die wichtigsten Kennzahlen für Facebook-Anzeigenkampagnen

Bei der Gestaltung von Facebook-Anzeigenkampagnen gelten die Überlegungen zu den


Kosten pro neuem Fan und dem Lifetime Value eines Fans.
Entsprechend wird bei den meisten Kampagnen auf die Click-Through-Rate (CTR)
geachtet, also auf den Prozentsatz der Anzeigenimpressionen, die einen Klick auf die
Anzeige ausgelöst haben. Hier gibt es, schon systembedingt, große Unterschiede zu den
CTR bei Google Adwords. So werden Anzeigen bei Google meist als weitere Suchergeb-
nisse zum gewünschten Begriff wahrgenommen, bei Facebook sind diese hingegen „ein-
fach nur“ Anzeigen. Die Klickraten liegen hier zwar im niedrigen Promillebereich, die
Anzeigenpreise sind aber auch entsprechend günstiger.
Davon abgeleitet bietet Facebook auch die Anzahl der Conversions als absolute Zahl
an. Diese haben nach dem Klick auf die Anzeige auf der entsprechenden Facebook-Page
Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing 369

Tab. 2 Durchschnittliche Nutzer- und Adminposts je Woche (Quelle: eigene Darstellung)

Fananzahl Nutzerposts je Woche Adminposts je Woche


1–1.000 0 4
1.001–10.000 3 6
10.001–100.000 22 10
100.001–1.000.000 65 9
1.000.001–10.000.000 166 8
> 10.000.000 975 7

auch noch den Like-Button aktiviert. Für Anzeigen, die auf externe Webseiten verwei-
sen, ist dieser Wert nicht verfügbar.
Weitere entscheidende Werte im Facebook-Anzeigenumfeld sind natürlich die Kos-
ten pro Klick (CPC) und die Kosten für Tausend Kontakte (CPM) einer Anzeige. Beide
Werte scheinen nur schwer zu beeinflussen, da Facebook diese ja vorgibt. Diese Werte
sind allerdings über den Verlauf einer Anzeigenkampagne nicht festgelegt, sondern wer-
den von Facebook variabel innerhalb des vom Werbenden vorgegebenen Rahmens an-
gepasst. Diese Anpassung erfolgt auf Basis der Interaktionen mit der Anzeige in den
ersten Stunden der Schaltung. So werden Anzeigen mit wenig Interaktion – und somit
aus Facebooks Sicht auch wenig Mehrwert – über den Kampagnenverlauf im CPC und
CPM teurer, wohingegen Anzeigen mit hoher Interaktion und hohen Klickraten günsti-
ger werden. Entsprechend sollte man Anzeigen dann online stellen, wenn auch Interak-
tionen zu erwarten sind und nicht erst spät abends.

6 Entscheidend: Prozessgeleitete Kennzahlen


außerhalb der Facebook-Page

Da eine Facebook-Kampagne niemals nur zum Selbstzweck geschehen sollte, sind in der
Zieldefinition besonders auch Faktoren außerhalb der Facebook-Plattform zu betrach-
ten, denn gerade dort ist eine saubere Kennzahldefinition wichtig. Diese Kennzahlen
sind aber auf Grund der verschiedenen Ziele nicht pauschal auszumachen. Deshalb wer-
den im Folgenden zwei Beispiele gezeigt, welche den Grundgedanken verdeutlichen.
Szenario 1: Ein Automobilhersteller hat neben seiner Marken-Page auf Facebook auch
eine Career-Page eröffnet. Auf dieser informieren Human-Resources-(HR)-Mitarbeiter
nicht nur über die Vorzüge eines Arbeitsplatzes bei diesem Hersteller, sondern stellen
auch aktuelle Jobangebote vor und beantworten Fragen rund um den Bewerbungspro-
zess. Ziel ist die Steigerung der digital eingereichten Bewerbungen innerhalb eines halben
Jahres um 20 %. Digitale Bewerbungen bieten dem Unternehmen gegenüber herkömmli-
chen Bewerbungen einige Vorteile etwa in der Archivierung, der Durchsuchbarkeit, aber
auch in der einfachen Form der Vervielfältigung. Zudem müssen digitale Bewerbungen
370 Jens Wiese

nicht an den Bewerber zurückgesandt werden. Hier ist einfach zu erkennen, dass die
Kennzahl, also die Steigerung der Quote digitaler Bewerbungen, nicht innerhalb von
Facebook liegt und auch nicht auf diesem Wege gemessen werden kann. Hier sind exter-
ne Tools notwendig, wie sie etwa in der HR-Abteilung installiert werden können.
Szenario 2: Ein Telefonanbieter eröffnet auf Facebook eine neue Seite für den Kun-
densupport. Ziel ist es, die Anzahl der telefonischen Supportanfragen um 2 % zu senken.
Da der telefonische Support enorme Ressourcen beansprucht, zahlen sich in diesem
Bereich bereits kleine Entlastungen aus. Durch den öffentlichen Charakter der Face-
book-Page können einige Fragen bereits im Voraus, also bevor der Kunde sich ent-
schließt anzurufen, geklärt werden. Auch hier handelt es sich um eine Kennzahl, die nur
im Unternehmen selbst gemessen werden kann.
An diesen Szenarien merkt man zudem, dass die möglichen Ziele eines Social-Media-
Engagements weit über die Fanzahlen hinausgehen und im ganzen Unternehmen veran-
kert werden können.

7 Fazit

Die hier vorgestellten Kennwerte stellen sicher nur einen Auszug aller möglichen KPIs
dar. Gerade der Blick über die verschiedenen Bereiche eines Facebook-Engagements, von
der Facebook-Page und ihrer Demographie über die eigene Domain bis hin zu Anzeigen-
kampagnen und zu externen Tools, zeigt aber, wie wichtig es ist, für eben diese einzelnen
Bereiche auch Ziele und daraus abgeleitete Zielwerte zu definieren. Nur wer diese Werte
kennt, kann diese im Blick behalten und gegebenenfalls eingreifen und gegensteuern.
Die zwingende Ausgangsfrage lautet unter diesem Gesichtspunkt aber immer: Wel-
ches Ziel verfolgt mein Facebook-Engagement?

Literaturverzeichnis

1 Allfacebook (2011): „Call to Action“ steigert Post Engagement Rate messbar, URL:
http://allfacebook.de/allgemeines/call-to-action-steigert-post-engagement-rate-messbar, abgerufen
am: 24.11.2011.
2 Fanslave (2011): Fans ohne Zielgruppe, URL: http://de.fanslave.com/fans-ohne-zielgruppe/fans-
ohne-zielgruppe-4.html?vmcchk=1, abgerufen am: 24.11.2011.
3 FAZ (2011): Kauf dir deine Fans, URL: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/netzwirtschaft/
facebook/facebook-kauf-dir-deine-fans-1657247.html, abgerufen am: 24.11.2011.
4 Kadekmedien (2010): Return on Engagement ist der RoI des Social-Media-Marketing, URL:
http://kadekmedien.com/2010/04/19/return-on-engagement-ist-der-roi-des-social-media-
marketing/, abgerufen am: 24.11.2011.
5 Tirol (2011): Fanpage der Ferienregion Tirol, URL: https://www.facebook.com/tirol, abgerufen am:
24.11.2011.
Return on Social Branding 25
Matthias Schulten

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung.................................................................................................................................. 372
2 Grundlagen................................................................................................................................. 372
2.1 Ziele bei der Nutzung sozialer Medien ................................................................... 372
2.2 Markenwertsteigerung über soziale Medien .......................................................... 374
2.3 Operationalisierung des Wertbeitrags sozialer Medien ....................................... 376
3 Simulationsstudie ...................................................................................................................... 380
3.1 Design........................................................................................................................... 380
3.2 Ergebnisse.................................................................................................................... 380
3.3 Implikationen.............................................................................................................. 382
4 Zusammenfassung..................................................................................................................... 384
5 Anhang ........................................................................................................................................ 385
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 386

_______________________
Prof. Dr. Matthias Schulten ()
Hochschule Furtwangen, Fakultät Digitale Medien,
Robert-Gerwig-Platz 1, 78120 Furtwangen, Deutschland
e-mail: matthias.schulten@hs-furtwangen.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 371


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_25, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
372 Matthias Schulten

„Facebook ist aus Markensicht weniger ein Instrument zur Verbesserung des Markenimages, als viel-
mehr eines zur Steigerung der Markenbekanntheit. Die Anzahl der Fans und die Posting-Aktivitäten
haben dabei den größten Einfluss auf die Markenbekanntheit und den Return on Social Branding.“
Prof. Dr. Matthias Schulten

1 Einführung

Soziale Medien greifen um sich! In den USA kommt kaum noch ein werbetreibendes
Unternehmen an Facebook, Twitter & Co. vorbei (vgl. [35], S. 3). Und auch in Deutsch-
land erfreuen sich soziale Medien wachsender Beliebtheit.
Rund zwei Drittel der 30 DAX-Unternehmen haben inzwischen eigene Facebook-
Präsenzen. Einige DAX-Unternehmen, wie zum Beispiel BMW und Adidas, konnten
ihre Fanzahlen im vergangenen Jahr fast verdoppeln (vgl. [53], S. 62). Adidas durchbrach
im Mai 2011 sogar die Schallmauer von 10 Mio. Fans. Es überrascht daher nicht, dass
50 % der börsennotierten Unternehmen im deutschsprachigen Raum meinen, dass sozia-
le Medien sehr wichtig für ihre Unternehmenskommunikation sind (vgl. [56]).
Die wachsende Bedeutung sozialer Medien führt dazu, dass kräftig in den Aufbau und
die Pflege sozialer Medien investiert wird. Allein in Deutschland, Österreich und der
Schweiz werden pro Jahr rund 100 Mio. € für soziale Netzwerke, unternehmenseigene
Blogs und Microblogging-Dienste ausgegeben (vgl. [16]). Untersuchungen lassen dabei
vermuten, dass die Ausgaben durch Budgetumschichtungen noch weiter steigen (vgl.
[30]). Mit den Ausgaben wird allerdings auch der Ruf nach messbaren Ergebnissen lau-
ter (vgl. [5]).
Gerade hier haben viele Unternehmen Probleme. So geben 79 % der Marketing-
verantwortlichen an, dass sie den Return on Investment ihrer Aktivitäten in sozialen
Medien nicht messen (vgl. [39]). Die daraus resultierende geringe Belastbarkeit ihrer
Wertargumentationen führt zu Vorbehalten des Top-Managements gegenüber sozialen
Medien (vgl. [46], Abschn. 1.2.1).
Der vorliegende Beitrag setzt genau hier an. Mit Hilfe einer Simulationsstudie geht er
der Frage nach, wie hoch der Wertbeitrag sozialer Medien ist und wie er durch die Mar-
kenführung weiter gesteigert werden kann. Dabei konzentriert er sich in seinen Überle-
gungen auf Facebook, das derzeit populärste soziale Medium.

2 Grundlagen

2.1 Ziele bei der Nutzung sozialer Medien

Zur Ermittlung des Wertbeitrags muss zunächst geklärt werden, welche Ziele mit Face-
book verfolgt werden (vgl. [52]). Diese hängen oft davon ab, ob Facebook als Service-,
Recruiting-, Co-Creation-, Sales- oder Brand-Channel genutzt wird (vgl. Abb. 1).
Return on Social Branding 373

Nutzung von
Facebook

Service- Recruiting- Co-Creation- Sales- Brand-


Channel Channel Channel Channel Channel

Steigerung Gewinnung Einholung Realisierung Steigerung


Kundenzu- qualifizierter Ideen / Infor- Erlöspoten- Markenwert
friedenheit Mitarbeiter mationen ziale …
Erhöhung Verbesser- Verbesser- …
Kunden- ung eigenes ung eigenes
bindung Image Image
Ziele

Steigerung
Kosten- … Wirtscha-
senkung lichkeit
Verbesserung …
eigenes
Image

Abb. 1 Ziele in Abhängigkeit von der Facebook-Nutzung (Quelle: eigene Darstellung)

Die Telekom nutzt Facebook beispielsweise als Service-Channel. Auf „Telekom hilft“
steht den rund 27.000 Fans1 ein 16-köpfiges Service-Team zur Verfügung, das sich kom-
petent um ihre Probleme kümmert. Das Angebot trägt dazu bei, die Zufriedenheit und
Bindung der Telekom-Kunden zu steigern und Kosten zu senken. Gleichzeitig positio-
niert sich die Telekom hierdurch als innovatives Telekommunikationsunternehmen
(vgl. [29]).
Einen anderen Weg schlägt Bertelsmann ein. Auf der firmeneigenen Recruiting-Page
„Create Your Own Career“ bietet Bertelsmann seinen rund 4.500 Fans2 Informationen
über Jobs und Karriere, Bewerbungen und die Arbeit im Unternehmen an. Bertelsmann
präsentiert sich auf diese Weise als offenes und modernes Unternehmen, das mit poten-
ziellen Arbeitnehmern unkompliziert und auf Augenhöhe kommuniziert.
Volkswagen nutzt hingegen Facebook als „Co-Creation-Channel“, um mit Kunden
zusammen zu arbeiten, Meinungen und Ideen einzuholen, das eigene Image zu ver-
bessern und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen (vgl. [49], S. 17). So ließ der Automobil-
bauer im Juni 2011 seine kanadischen Facebook-Fans einen TV-Spot entwickeln und
dabei sukzessive über Schauspiel-Besetzung und Musik-Untermalung abstimmen (vgl.
[42]).
Wird Facebook als „Sales-Channel“ genutzt, steht die Realisierung unmittelbarer Er-
löspotenziale im Vordergrund. Bewährt hat sich dabei der Einsatz exklusiver Artikel. So

1
Stand: 30.10.2011.
2
Stand: 14.11.2011.
374 Matthias Schulten

vertreibt Heinz Ketchup, einer der Vorreiter auf diesem Gebiet,3 neue Produkte zunächst
über Facebook, um Fans zu begeistern und virale Effekte in Gang zu setzen. Nach einiger
Zeit werden dann die Produkte auch im stationären Handel angeboten.
Die gängigste Form der Facebook-Nutzung ist die des Brand-Channels. Bei dieser
Nutzungsform – auf die sich auch der vorliegende Beitrag konzentriert – steht der Re-
turn on Social Branding, d. h. die Steigerung des Markenwerts über soziale Medien, im
Vordergrund.

2.2 Markenwertsteigerung über soziale Medien

Der Markenwert wird hier als Barwert aller künftigen Einzahlungsüberschüsse aus den
Markenkäufen der Konsumenten definiert. Untersuchungen zeigen, dass er sich zu
einem großen Teil auf zwei Konstrukte zurückführen lässt: das Markenimage und die
Markenbekanntheit (vgl. [18], S. 102). Das Markenimage bezeichnet ein in der Psyche
relevanter Konsumentengruppen fest verankertes, verdichtetes, wertendes Vorstellungs-
bild von einer Marke (vgl. [11], S. 6). Die Markenbekanntheit spiegelt hingegen die Fä-
higkeit der Konsumenten wider, sich gestützt oder ungestützt an ein Markenzeichen zu
erinnern und diese Erinnerung einer Produktkategorie zuzuordnen.4 Inwiefern sich
Facebook auf das Markenimage und die Markenbekanntheit und damit auf die künftigen
Einzahlungsüberschüsse aus den Markenkäufen auswirkt, ist Gegenstand wissenschaftli-
cher Auseinandersetzungen.

Markenimage
Nach Kilian (vgl. [32]) verfolgen 85 Prozent der Unternehmen mit ihren Aktivitäten in
sozialen Medien Image-Ziele. Brexendorf/Henkel (vgl. [10]) sind diesbezüglich jedoch
skeptisch. Sie geben zu bedenken, dass soziale Netzwerke nicht darauf ausgelegt sind, das
Image von Marken aufzubauen und zu stärken.
Klarheit bringt eine aktuelle Studie von defacto.x (vgl. [13]), die sich mit der Image-
Wirkung von Facebook befasst. Um die Image-Wirkung von Facebook zu erfassen, wur-
den im Rahmen dieser Studie die Markenwahrnehmungen von Facebook-Fans und
Teilnehmern eines Loyalitätsprogramms miteinander verglichen. Der Vergleich ergab,
dass beide Gruppen keine signifikant unterschiedlichen Markenwahrnehmungen haben

3
Obwohl erste Facebook-Shops bereits Ende 2009 gelauncht wurden, sind Shops, wie beispielsweise der
von Heinz, noch immer selten (vgl. auch [15]). Eine Ursache für die Zurückhaltung der Unternehmen
mag im Alter und den Einkommens-Verhältnissen der Facebook-Nutzer liegen. Diese sind mit durch-
schnittlich 20–29 Jahren noch relativ jung und verfügen nach Wiever/Anweiler (vgl. [63], S. 11, 17) nur
über ein geringes Einkommen. Dies zeigt sich auch in den geringen Click-Through- und Conversion-
Rates der Facebook-Shops. Diese liegen nach Forrester Research (vgl. [25]) bei durchschnittlich 1 (Click-
Through-Rate) bzw. 2 Prozent (Conversion-Rate).
4
Ähnlich: Aaker (vgl. [1], S. 61), und Meffert et al. (vgl. [36], S. 365).
Return on Social Branding 375

-3 -2 -1 0 1 2 3

Weniger bodenständig Viel bodenständiger

Weniger ehrlich Viel ehrlicher

Weniger gewagt Viel gewagter

Weniger temperamentvoll Viel temperamentvoller

Weniger fantasievoll Viel fantasievoller

Weniger modern Viel moderner

Weniger zuverlässig Viel zuverlässiger

Weniger intelligent Viel intelligenter

Weniger erfolgreich Viel erfolgreicher

Weniger vornehm Viel vornehmer

Weniger charmant Viel charmanter

Weniger naturverbunden Viel naturverbundener

p < 0,05 (zweiseitiger t-Test)


n 106 Facebook-Nutzer zwischen 19 und 32 Jahren

Abb. 2 Wahrnehmung von Marken mit Fanpage im Vergleich zu Marken ohne Fanpage (Quelle:
eigene Darstellung)

(vgl. [13], S. 31). Facebook-Fans nahmen „ihre“ Marke selbst bei Aspekten wie Innova-
tionskraft, Kommunikation und Aktivität über neue Medien nicht stärker wahr als die
Teilnehmer des Loyalitätsprogramms (vgl. [54], S. 20).
Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt eine Untersuchung der Hochschule Furtwangen
(vgl. Abb. 2). Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Facebook-Nutzer gebeten, Mar-
ken mit und ohne eigene Fanpage anhand des Markenpersönlichkeitsinventars von Aa-
376 Matthias Schulten

ker zu bewerten (vgl. [2], S. 174). Dabei zeigte sich, dass Marken mit eigener Facebook-
Fanpage zwar als signifikant gewagter und moderner wahrgenommen wurden, aber auch
als weniger bodenständig, vornehm, charmant und naturverbunden.
Facebook leistet also auch nach dieser Untersuchung nur einen geringen Beitrag zur
Verbesserung des Markenimages. Bei Marken, die sich als sehr vornehm oder naturver-
bunden positionieren möchten, scheint ein Einsatz von Facebook sogar kontraproduktiv
zu sein. Die Image-Wirkungen von Facebook werden daher bei der Ermittlung des
Wertbeitrags vernachlässigt.

Markenbekanntheit
Einigkeit besteht hinsichtlich der bekanntheitssteigernden Wirkung sozialer Medien. So
weisen Schögel et al. darauf hin, dass soziale Netzwerke mit hohen Multiplikationswir-
kungen einhergehen (vgl. [47], S. 443). Und auch Brandmeyer et al. merken an, dass
der Kunde wichtige Beiträge zur Steigerung der Markenbekanntheit leistet, indem er
„von der [Marke] erzählt, ihre Produkte lobt oder sie sichtbar für andere benutzt“ ([9],
S. 30).
Die Beiträge des Kunden sind dabei oft eine Reaktion auf Aktivitäten der Marke. So
gelangen Visibli zu dem Schluss, dass ein Brand Post auf Facebook durchschnittlich 54
Likes und 9 Kommentare auslöst (vgl. [58]). Esch/Stenger empfehlen daher, dass die
Marke im Internet nicht nur Objekt, sondern auch partnerschaftlicher Sender und Emp-
fänger von Nachrichten bzw. Inhalten sein sollte (vgl. [19], S. 293).
Das Wechselspiel zwischen Kunde und Marke muss bei der Operationalisierung des
Wertbeitrags sozialer Medien berücksichtigt werden. Inhalte, die die Marke sendet, wer-
den dabei im Folgenden als „Brand Content“ bezeichnet, Inhalte, die sie von Kunden
bzw. Fans empfängt, hingegen als „Fan Content.“

2.3 Operationalisierung des Wertbeitrags sozialer Medien

Der Brand Content hat oft identitätsstiftenden Charakter, da er sich regelmäßig um den
Markennutzen und die Markenattribute dreht. Sein Beitrag zum Markenwert – gemes-
sen an der (15)5 Zahl der Käufe, die er auslöst – lässt sich leicht ermitteln, indem die (4)
Zahl der Brand Posts mit der (1) Zahl der Fans, die die Brand Posts erhalten, und der
(12) Kaufwahrscheinlichkeit der Fans nach Erhalt des Brand Posts multipliziert wird
(vgl. Abb. 3).

5
Die in Klammern gesetzten Zahlen beziehen sich auf die entsprechenden Elemente in Abb. 3.
8
Bounce-Rate auf
der Website
-

1 2 3 4 5 6 7
Brand Content:
# Fans auf der Aktivitätsniveau Sentiment Perception-Rate Click- Through- Conversion-Rate
# Brand +
Fanpage Fans Fans Brand Posts Rate zur Website Besucher / Käufer
Posts
Return on Social Branding

- + + +/- + + +

9 10 11
Fan Content: Click-Through-Rate 12
# Freunde
Like-Wahrschein- Freunde zur Kaufwahrschein-
von Fans
lichkeit Fanpage lichkeit Fans nach
Erhalt Brand Post

+ + + + +

13
# Fanpage-
+ + Besuche Freunde + +
von Fans

14
Conversion-Rate
+
Freunde / Fans

15
+ Je höher, desto höher … Hier als direkter Einfluss der (1) # Fans auf

Abb. 3 Operationalisierung des Wertbeitrags sozialer Medien (Quelle: eigene Darstellung)


# Käufe die (5) Perception-Rate und die (10) Like-
- Je höher, desto geringer … Wahrscheinlichkeit operationalisiert
377
378 Matthias Schulten

Die (12) Kaufwahrscheinlichkeit der Fans nach Erhalt eines Brand Posts ist eine Funk-
tion der durchschnittlichen (5) Brand-Post-Perception-Rate („Wie viel Prozent der Fans
nehmen den Brand Post wahr?“), (6) der Click-Through-Rate zur Website („Wie viel
Prozent der Fans besuchen die Website nach Klick auf einen Link im Brand Post?“) und
der (7) Conversion-Rate Website-Besucher zu Käufern („Wie viel Prozent der besuchen-
den Fans können auf der Website in Käufer umgewandelt werden?“). Die (7) Conver-
sion-Rate Website-Besucher zu Käufer wird dabei durch die (8) Bounce-Rate6 der Web-
site beeinflusst, die (5) Brand-Post-Perception-Rate hingegen durch die Position der
Brand Posts im News Feed. Diese wird von Facebook über den Edge Rank ausgesteuert.
Je höher der EdgeRank ist, desto wahrscheinlicher ist eine prominente Brand Post-
Positionierung im News Feed des Fans und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass er
den Brand Post wahrnimmt.
Experten nehmen dabei an, dass der EdgeRank von der Affinität des Fans zum Post-
Absender, von der Aktualität des Posts und von der Anzahl und der Art der Aktivitäten,
die der Post unter den Facebook-Nutzern auslöst, abhängt (vgl. [38]).
Hinsichtlich des genauen Algorithmus, der sich hinter dem Edge Rank verbirgt, hält
sich Facebook bedeckt. Gute Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit einer prominenten
News-Feed-Positionierung von Brand Posts scheinen aber die (1) Zahl der Fans auf der
Fanpage und die (4) Zahl der Brand Posts zu sein. So legen Untersuchungen von Lips-
man et al. (vgl. [35]) nahe, dass die (5) Perception-Rate bei einer einprozentigen Steige-
rung der (1) Zahl der Fans auf der Fanpage um 0,177 % sinkt.7 Der Rückgang lässt sich
möglicherweise darauf zurückführen, dass durch die steigende Zahl der Fans auf der
Fanpage die Zahl persönlicher Interaktionen abnimmt (vgl. [67], S. 23), wodurch letzt-
lich das Aktivitätsniveau der Fans und damit auch der EdgeRank sinkt. Dies mag im
Umkehrschluss auch der Grund dafür sein, warum bei einem Anstieg der (4) Zahl inter-
aktionsfördernder Brand Posts die (5) Perception-Rate zunimmt. Diese erhöht sich – legt
man die Untersuchung von Lipsman et al. zugrunde – bei einer einprozentigen Steige-
rung der Zahl der Brand Posts um etwa 0,51 %.8
Der Fan Content bezeichnet – wie bereits erwähnt – Beiträge, die durch Kunden bzw.
Fans generiert werden, beispielsweise Kommentare oder Likes als Reaktion auf Brand
Posts. Diese werden wie der Brand Content bekanntheitssteigernd über den News Feed
verbreitet und tragen auf diese Weise dazu bei, Freunde der Fans an die Fanpage der
Marke heranzuführen, wo sie in kauffreudige Fans konvertiert werden sollten. Die Zahl
konvertierter Fans ergibt sich dabei, indem die (14) Conversion-Rate Freunde zu Fans
mit der (13) Zahl der Fanpage-Besuche Freunde von Fans multipliziert wird (vgl.
Abb. 3). Letztere hängt von der Zahl der (4) Brand Posts, der (1) Zahl der empfangenden
Fans auf der Fanpage, ihrer (10) Like-Wahrscheinlichkeit, der (9) Zahl ihrer Freunde
und von deren (11) Click-Through-Rate zur Fanpage ab.

6
Die Bounce-Rate (Absprungrate) bezeichnet den Anteil der Website-Besucher, die die Website bereits
nach wenigen Sekunden wieder verlassen.
7
Ergebnis eigener Untersuchungen auf Basis Widman (vgl. [61]).
8
Ergebnis eigener Untersuchungen auf Basis Lipsman et al. (vgl. [35], S. 10).
Return on Social Branding 379

Die Like-Wahrscheinlichkeit (10) wird dabei durch die (1) Zahl der Fans auf der Fan-
page, die (4) Zahl der Brand Posts sowie das (2) Aktivitätsniveau und das (3) Sentiment
der Fans beeinflusst. Mit Blick auf die (1) Zahl der Fans auf der Fanpage zeigen Untersu-
chungen von Wiese (2012), dass die (10) Like-Wahrscheinlichkeit bei einer einprozenti-
gen Zunahme der Zahl der Fans auf der Fanpage um etwa 0,2 % zurückgeht.9 Dies lässt
sich damit begründen, dass durch eine steigende Zahl von Fans auf der Fanpage die Zahl
persönlicher Interaktionen abnimmt. Hinsichtlich der (4) Zahl der Brand Posts geht
Rezab (vgl. [43]) davon aus, dass sich mit einem Brand Post pro Tag die höchste Like-
Wahrscheinlichkeit erreichen lässt. Eine Begründung hierfür liefert Visibli (vgl. [58]).
Demnach reagieren 80–95 % der Fans erst nach 7–22 Stunden auf einen Brand Post. Dies
hat zur Folge, dass sich Brand Posts kannibalisieren, wenn mehr als ein Brand Post pro
Tag veröffentlicht wird (vgl. [21], S. 13). Es wächst zudem die Gefahr, dass sich Fans
belästigt fühlen. Wird weniger als ein Brand Post pro Tag veröffentlicht, sinkt hingegen
die (10) Like-Wahrscheinlichkeit, da kein ausreichender Werbedruck aufgebaut wird.10
Das (2) Aktivitätsniveau der Fans spielt bislang in den Diskussionen rund um das
„Liking“ nur eine untergeordnete Rolle. Dies ist insofern überraschend, als von Wan-
genheim et al. nachweisen, dass das Involvement der Kunden Einfluss auf die Empfeh-
lungsbereitschaft hat (vgl. [59], S. 314f. und S. 328).11 Sie gelangen dabei zu dem Schluss,
dass eine einprozentige Steigerung des Involvements – je nach Art des Involvements –
die Wahrscheinlichkeit einer positiven Weiterempfehlung um 0,035–0,929 % erhöht. Es
kann angenommen werden, dass Veränderungen des (2) Aktivitätsniveaus der Fans auf
der Fanpage ähnliche Auswirkungen auf die (10) Like-Wahrscheinlichkeit haben.
Auch die Wirkung des (3) Sentiments der Fans auf die (10) Like-Wahrscheinlichkeit
wird oft übersehen (vgl. [33]). Das Sentiment bringt das Verhältnis positiver zu negati-
ven Markenerwähnungen in sozialen Medien zum Ausdruck.12 Es ist damit ein Proxy für
die Markensympathie, die über das Markenimage sehr stark mit der Markenzufrieden-
heit der Kunden korreliert ist (vgl. [18], S. 102). Von Wangenheim et al. zeigen dabei,

9
Ergebnis eigene Berechnungen auf Basis von Wiese (vgl. [62]).
10
Zwischen der Like-Wahrscheinlichkeit und der Zahl der Brand Posts besteht also ein Zusammenhang,
der einer umgekehrten U-Form entspricht. Wird vom Optimum nicht allzu stark abgewichen, sinkt die
Like-Wahrscheinlichkeit nach folgender Formel: 0,9876 – 0,3034 × absolute prozentuale Abweichung
der Brand-Post-Zahl von der optimalen Brand-Post-Zahl (Ergebnis eigener Berechnungen auf Basis
Zarella vgl. [66]).
11
Als Involvement wird der Grad der „Ich-Beteiligung“ bzw. das Engagement einer Person hinsichtlich
bestimmter Sachverhalte oder Aufgaben bezeichnet. Grundsätzlich kann zwischen Produktinvolvement,
situativem Involvement und Marktinvolvement unterschieden werden. Das Produktinvolvement ist das
Involvement, das der Kunde hinsichtlich einer Produktkategorie über längere Zeit an den Tag legt. Das
situative Involvement ist dagegen ein temporäres Phänomen, das nur in bestimmten Situationen an-
steigt. Das Marktinvolvement bezeichnet das generelle Interesse des Kunden an Kauf- bzw. Konsumsitu-
ationen.
12
Eigene Untersuchungen (30 Marken) zeigen, dass das Sentiment der Fans bei bekannten Marken
zwischen 0,10 und 0,26 liegt. Diese Werte wurden ermittelt, indem die über socialmention.com (Zugriff
am 13.10.11) ermittelte Zahl positiver, neutraler und negativer Kommentare zu einer Marke mit „1“, „0“
und „–1“ gewichtet und dann durch die Gesamtzahl aller Kommentare dividiert wurde.
380 Matthias Schulten

dass eine einprozentige Steigerung der Kundenzufriedenheit die Wahrscheinlichkeit


einer positiven Weiterempfehlung um 0,486 % erhöht (vgl. [59], S. 328). Aufgrund der
starken Korrelationen kann angenommen werden, dass das (3) Sentiment der Fans die
Empfehlungsbereitschaft – im Falle von Facebook die (10) Like-Wahrscheinlichkeit – in
ähnlicher Weise beeinflusst wie die Kundenzufriedenheit.

3 Simulationsstudie

3.1 Design

Die bisherigen Erläuterungen konzentrierten sich auf das komplexe Wechselspiel von
Brand und Fan Content. Offen blieb dabei die Frage, welchen konkreten Beitrag sie zum
Markenwert leisten. Da die Beantwortung dieser Frage von den Ausprägungen der Fak-
toren (vgl. Abschn. 2.3 und Abb. 3) abhängt, wurde eine Simulationsstudie durchgeführt.
Hierzu wurden die Faktoren unter Einbeziehung von Quadratwurzel-Modellen (vgl. u. a.
[4], S. 27ff., [34], S. 33ff. und [64], S. 362f.) und des Ripple-Ansatzes von Hogan et al.
(vgl. [31])13 multiplikativ miteinander verknüpft. Anschließend wurden Verteilungsan-
nahmen (vgl. auch [64], S. 563ff.) für die Faktoren getroffen (Tab. 1 im Anhang) und für
unterschiedliche Fanpage-Fanzahlen Simulationen mit jeweils 1.000 Iterationen durch-
geführt.14

3.2 Ergebnisse

Die Ergebnisse der Simulationsstudie können Abb. 4 und Tab. 2 im Anhang entnommen
werden. Diese zeigen die Anzahl der Käufe pro Fan und Jahr in Abhängigkeit von der
Anzahl der Fans auf der Fanpage in einem 90-Prozent-Konfidenzintervall. Es wird deut-
lich, dass die Anzahl der Käufe pro Fan und Jahr bei einem Anstieg der Anzahl der Fans
abnimmt. Fanpages mit 100 bis 1.000 Fans lösen durchschnittlich etwa 0,2 Käufe pro Fan

13
Der Ripple-Ansatz von Hogan et al. basiert auf drei Faktoren: der durchschnittlichen Kundenzahl, die
ein Kunde pro Jahr gewinnt, der Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde nach einem Jahr noch Kunde ist,
und einer Diskontierungsrate, mit der die zukünftigen Käufe neu gewonnener Kunden abdiskontiert
werden. Die durchschnittliche gewonnene Kundenzahl – hier die Zahl neuer Fans, die ein Fan für die
Marke gewinnt – wurde ermittelt, indem die Zahl der Brand Posts mit der Like-Wahrscheinlichkeit der
Fans, der Zahl der Freunde von Fans, der Click-Through-Rate Freunde zur Fanpage und der Conversi-
on-Rate Freunde zu Fans multipliziert wurde. Für die Bindungsrate der Fans wurde, basierend auf den
Untersuchungen von ExactTarget/cotweet (vgl. [22], S. 12), ein Wert von 74 Prozent angenommen. Die
Diskontierungsrate wurde aus Gründen der Vereinfachung (der Zeithorizont wurde auf 1 Jahr gesetzt)
vernachlässigt und auf null gesetzt.
14
Hierbei kam die Software @RISK 5.7 zum Einsatz.
Return on Social Branding 381

2,5
Anzahl Käufe pro Fan und Jahr

2,0

1,5

1,0

0,5

0,0
0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 5.000
# Fans auf der Fanpage

Mielwert Obergrenze 90%-Konfidenzintervall Untergrenze 90%-Konfidenzintervall

Abb. 4 Anzahl Käufe pro Fan und Jahr in Abhängigkeit von der Anzahl Fans (Quelle: eigene Dar-
stellung)

und Jahr aus. Bei Fanpages mit mehr als 1.000 Fans sinkt dann diese Zahl sukzessive von
0,10 (1.000 Fans) über 0,09 (5.000 Fans) bis auf 0,03 (1.000.000 Fans), was eine typische
Conversion-Rate für „normale“ Websites ist (vgl. u. a. [44]).15
Der Rückgang kann damit erklärt werden, dass bei einem Anstieg der Anzahl der
Fans die Anzahl persönlicher Interaktionen je Fan abnimmt. Die für soziale Medien
typische One-to-One-Kommunikation wandelt sich hierdurch zunehmend in eine One-
to-Many-Kommunikation (vgl. [67], S. 23), was sich negativ auf die Abverkaufszahlen
und damit den Markenwert auswirkt.
Viele Marken reagieren auf diese Entwicklung, indem sie sich um eine Steigerung ih-
rer Fan-Aktivitäten bzw. ihrer Interaktionsrate bemühen. Fraglich ist, ob sich hierdurch
tatsächlich die größten Wertsteigerungen für die Marke erreichen lassen. Um dieser
Frage nachzugehen, wurden die Korrelationen (Spearman Rank) ausgewählter Faktoren
mit der Gesamtzahl der Käufe, die eine Fanpage auslöst, ermittelt. Die Ergebnisse kön-
nen Abb. 5 entnommen werden.
Legt man Abb. 5 zugrunde, so hängt die Gesamtzahl der Käufe vor allem von der Zahl
der Fans auf der Fanpage, der Zahl der Brand Posts,16 der Bounce-Rate auf der Website

15
Auf „normalen“ Websites kaufen etwa 2–4 % der Besucher.
16
Der positive Einfluss der Zahl der Brand Posts muss dabei aufgrund der getroffenen Verteilungsan-
nahme (vgl. Tab. 1 im Anhang) etwas relativiert werden. So zeigen eigene, weiterführende Untersuchun-
gen, dass die Zahl der Brand Posts die Gesamtzahl der Käufe bis etwa 7,7 Posts pro Woche (1,1 Posts pro
Tag) positiv beeinflusst. Wird die Zahl der Brand Posts darüber hinaus erhöht, beginnt die Gesamtzahl
der Käufe zu sinken.
382 Matthias Schulten

# Fans auf der Fanpage 0,59

# Brand Posts 0,51

Bounce-Rate auf der Website -0,34

Conversion-Rate Besucher / Käufer 0,32

Conversion-Rate Freunde / Fans 0,09

# Freunde von Fans 0,07

Sentiment Fans 0,05

Click-Through-Rate zur Website 0,05

Click-Through-Rate zur Fanpage 0,05

Aktivitätsniveau der Fans 0,05

-0,5 -0,3 -0,1 0,1 0,3 0,5 0,7

Abb. 5 Korrelationen (Spearman Rank) der Faktoren mit der Gesamtzahl der Käufe (Quelle: eige-
ne Darstellung)

und der Conversion-Rate Website-Besucher zu Käufer ab. Die Conversion-Rate Freunde


zu Fans, die Zahl der Freunde von Fans, ihr Sentiment, die Click-Through-Rates zur
Website und zur Fanpage sowie das Aktivitätsniveau haben hingegen auf die Gesamtzahl
der Käufe nur einen relativ geringen Einfluss.
Die Erhöhung des Aktivitätsniveau bzw. der Interaktionsrate trägt somit zur Steige-
rung des Markenwerts nur relativ wenig bei. Aussichtsreicher scheint stattdessen eine
„Flucht nach vorne“ zu sein, d. h. eine weitere Steigerung der Fan-Zahl durch Posting-
Aktivitäten, um durch Quantität Qualität in der Fan-Basis zu schaffen. Inwiefern sich
diese Qualität kapitalisieren lässt, hängt dann vom gelungenen Zusammenspiel der übri-
gen Faktoren ab.

3.3 Implikationen

Um die Zahl der Fans zu erhöhen und das Zusammenspiel der Faktoren zu optimieren,
kann auf verschiedene Maßnahmen zurückgegriffen werden.
So empfiehlt es sich, auf der Website, im Newsletter, über Facebook-Ads, in Gruppen
und Foren sowie in anderen sozialen Medien und auch offline für die eigene Fanpage zu
werben, um die eigene Fanbasis zu vergrößern. Wichtig ist, dass bei allen Maßnahmen
die Mehrwerte der eigenen Fanpage prägnant kommuniziert und – sofern möglich –
Zielgruppeneingrenzungen vorgenommen werden. Von Bedeutung ist zudem das Sen-
timent der Fans. Sein Einfluss auf die Zahl der Käufe pro Fan und Jahr zeigt, dass das
Social Branding in einem größeren Kontext zu sehen ist. Denn das Sentiment resultiert
Return on Social Branding 383

nicht nur aus dem Facebook-Engagement eines Unternehmens. Vielmehr nehmen hier-
auf sämtliche Unternehmensaktivitäten Einfluss.
Mit Blick auf die Zahl der Brand Posts verdeutlichte der vorliegende Beitrag, dass das
Optimum bei etwa einem Brand Post pro Tag liegt.17 Wird hiervon abgewichen, treten
Markenwertschmälerungen ein. Entweder weil kein ausreichender Werbedruck aufge-
baut wurde oder aber weil die Fans aufgrund zu vieler Brand Posts Reaktanzen aufbauen
(vgl. hierzu auch [17], S. 13). Marken können diesen Reaktanzen ein Stück weit entge-
genwirken, indem sie bei der Erstellung ihrer Posts darauf achten, dass diese zur Marke
und zur Zielgruppe passen und Interaktionen stimulieren (vgl. [3], [32] und [35], S. 16).
Zur Stimulierung von Interaktionen bieten sich vor allem Inhalte an, die sich um Pro-
dukt-Highlights, Unternehmensinformationen, Fragen, Events, Kundenaufklärung und
Wettbewerbe drehen (vgl. [37], S. 26).
Wichtig ist, dass die Inhalte kompakt, glaubwürdig und authentisch formuliert werden
(vgl. [65], [12]) und ihr Fokus nicht zu eng ist. So weisen Eichsteller/Schwend (vgl. [15])
und Nedbal (vgl. [40]) darauf hin, dass Fans weniger nach Marken, sondern vielmehr
nach Themen suchen, um sich einen Informationsvorsprung zu sichern und vorhandene
Kenntnisse zu erweitern. Die „Zugkraft“ der Themen ist dabei auch eine Frage der Aufbe-
reitung. So zeigen Untersuchungen, dass die Interaktionsraten von Brand Posts, die sich
auf maximal 80 Zeichen beschränken, um bis zu 27 % höher sind als textlich ausufernde
Brand Posts. Ob und inwieweit Interaktionen stattfinden, wird dabei auch durch den
Charakter der Fanpage beeinflusst. So sind auf lokalen Seiten die Interaktionsraten der
Fans um den Faktor 1,7–6,5 höher als auf globalen Seiten (vgl. [26], S. 13).
Zu beachten ist zudem das Timing. So weisen Molitor und Firsching/Bersch darauf
hin, dass vor allem der Donnerstag- und Freitagabend sowie der Sonntag aussichtsreich
sind, um Markeninteraktionen auszulösen. Zu diesen Zeiten wird Facebook besonders
häufig genutzt, gleichzeitig werden aber nur wenige Brand Posts veröffentlicht (vgl. [38]).
Freunde von Fans, die über deren Interaktionen auf die Marke aufmerksam werden
und die Fanpage besuchen, gilt es in Fans umzuwandeln. Dies fällt leichter, wenn ihnen
Anreize, beispielsweise in Form exklusiver, multimedialer Inhalte, geboten werden. Auch
hat sich die Einrichtung spezieller Landing Tabs in der Praxis bewährt. So berichtet Yu,
dass das Online-Boulevardmagazin Weekly World News seine Conversion Rate Freunde
zu Fans verdoppeln konnte, nachdem es eine spezielle Landing Tab einführte, in der der
Nutzen des Magazins prominent dargestellt wurde (vgl. [65]).
Zur Generierung von Verkäufen werden die Fans im Regelfall zum Shop auf der
Website weitergeleitet. Als verkaufsfördernd haben sich dabei interessante und relevante
Inhalte auf der Website erwiesen. Diese sollten internetkonform aufbereitet sein, d. h. in
Form möglichst kurzer Sätze, mit vielen Absätzen, Zwischenüberschriften und Listen

17
Dieses Optimum gilt vorbehaltlich möglicher rechtlicher Probleme. So weist Geyer (vgl. [27]) darauf
hin, dass nach gültiger Rechtsprechung eine Versendung von wöchentlich ein bis zwei Werbebotschaf-
ten nicht als sozial unüblich gilt. Ob dieser Maßstab auch auf das Versenden von Brand Posts anzuwen-
den ist, ist juristisch ungeklärt.
384 Matthias Schulten

und unter Verwendung gut sichtbarer Call-to-Actions (vgl. [6], S. 245f.). Neben diesen
inhaltlichen Aspekten erscheint eine inhaltliche und formale Integration von Fanpage
und Website sinnvoll. So weisen Esch/Strödter darauf hin, dass es für eine optimale
Kundenansprache erforderlich ist, die Kommunikation über alle Markenkontaktpunkte
aufeinander abzustimmen und konsistent zu halten (vgl. [20], S. 430). Ein integrierter
Auftritt erleichtert dem Fan das Zurechtfinden auf der Website. Im umgekehrten Fall
droht eine Verwirrung des Fans (vgl. hierzu auch [48], S. 69, 73f. und S. 155), die den
Return on Social Branding mindert.

4 Zusammenfassung

Der vorliegende Beitrag setzte sich mit dem Return on Social Branding auseinander. Er
verdeutlichte, dass Facebook weniger ein Instrument zur Verbesserung des Markenima-
ges als vielmehr eines zur Steigerung der Markenbekanntheit ist. Die Markenbekanntheit
resultiert dabei aus einem komplexen Zusammenspiel von Brand und Fan Content, wel-
ches letztlich auch den Markenwert beeinflusst.
Um den konkreten Wertbeitrag von Brand und Fan Content zu ermitteln, wurde eine
Simulationsstudie durchgeführt. Diese ergab, dass die Anzahl der Käufe pro Fan und
Jahr mit der Anzahl der Fans auf der Fanpage sinkt. Kleineren Fanpages mit 5.000 Fans
gelingt es im Schnitt, rund 9 % ihrer Fans zu einem jährlichen Kauf zu animieren. Bei
Fanpages mit einer Million Fans sinkt dieser Wert bis auf 3 % ab, was eine typische Con-
version-Rate für „normale“ Websites ist.
Geht man nun davon aus, dass Unternehmen pro Fan und Jahr etwa 2,50 € in ihre Fa-
cebook-Fanpage investieren,18 dann müssen Marken mit einer Fan-Basis von 5.000 Fans
pro Verkauf einen Einzahlungsüberschuss von mindestens 27,80 €19 erwirtschaften, um
einen profitablen Facebook-Betrieb sicherzustellen. Fanpages mit 5.000 Fans wären so-
mit bei Investitionen von 2,50 € pro Fan und Jahr vor allem für umsatzstarke und/oder
hochmargige Branchen interessant. Hierzu zählen beispielsweise der Telekommunikati-
ons-, Luftfahrt-, Automobil-, Versandhandels- und Luxusgut-Sektor.
Marken, die die genannten Einzahlungsüberschüsse nicht erreichen, sollten sich dar-
auf konzentrieren, ihre Fan-Basis über zusätzliche Posting-Aktivitäten auszubauen. Eine
Verbreiterung der Fan-Basis hat zwei Vorteile: Zum einen können hierdurch die Face-
book-Investitionen auf eine größere Zahl von Fans verteilt und die für einen profitablen
Facebook-Betrieb erforderlichen Einzahlungsüberschüsse gesenkt werden. Zum anderen

18
Eigene Berechnungen. Nach EICP/FCP (vgl. [16]) gaben Unternehmen (deutschsprachiger Raum) in
2010 im Schnitt 11.300 € für soziale Netzwerke aus. Die durchschnittliche Fanzahl lag laut Sysomos (vgl.
[55]) bei 4.596. Werden die durchschnittlichen Ausgaben durch die durchschnittliche Anzahl der Fans
dividiert, ergibt sich aufgerundet ein Wert von 2,50 €.
19
Dieser Wert ergibt sich, nachdem die Investitionen in Höhe von 2,50 € durch 0,09 (Anzahl der Käufe
pro Fan und Jahr bei 5.000 Fans) dividiert worden sind.
Return on Social Branding 385

erwies sich die Zahl der Fans als größter Werttreiber in der Simulationsstudie. Letztlich
darf hierbei aber nicht vergessen werden, dass die Kapitalisierung der Fans von einem
gelungenen Zusammenspiel aller Faktoren abhängt. Dabei können auch alternative Fa-
cebook-Nutzungsformen, die oftmals nicht der Markenführung zugerechnet werden
(vgl. u. a. Abschn. 2.1), wichtige Beiträge leisten.

5 Anhang

Tab. 1 Verteilungsannahmen im Rahmen der Simulationsstudie (Quelle: eigene Darstellung)

Faktor Verteilung Parameter Quellen


Anzahl Fans auf Fanpage Exponentiell Min: 0 Sysomos (vgl. [55])
Max: +∞
Mean: 4.596
Aktivitätsniveau der Fans Triangular Min: 9,83 % Robota (vgl. [45])
Max: 26,24 %
Mean: 18,82 %
Sentiment Fans Triangular Min: 0,10 Socialmention.com (vgl. [51])
Max: 0,26 Eigene Berechnungen

Mean: 0,19
Anzahl Brand Posts pro Triangular Min: 0,00 Rezab (vgl. [43])
Woche Max: 7,00 Dreißel (vgl. [14])

Mean: 3,60
Perception-Rate Keine Min: – Bersch (vgl. [7])
Max: – Firsching/Bersching (vgl. [23])

Mean: 10,50 %
Click-Through-Rate Triangular Min: 9,83 % Robota (vgl. [45])
zur Website Max: 26,24 %
Mean: 18,82 %
Bounce-Rate auf Triangular Min: 60,00 % Unbekannt (vgl. [57])
der Website Max: 100,00 %
Mean: 80,00 %
Conversion-Rate Triangular Min: 0,00 % Richard (vgl. [44])
Besucher/Käufer Max: 7,00 %
Mean: 3,00 %
Anzahl Freunde von Fans Triangular Min: 57 Wiever/Anweiler (vgl. [63], S. 53)
Max: 229 Lipsman et al. (vgl. [35], S. 9)
Hampton et al. (vgl. [28], S. 5)
Mean: 130
386 Matthias Schulten

Tab. 1 Fortsetzung

Faktor Verteilung Parameter Quellen


Click-Through-Rate Gleichverteilt Min: 0,05 % Warther (vgl. [60])
zur Fanpage Max: 0,40 % Page (vgl. [41])
Wiese (vgl. [62])
Mean: 0,23 %
Conversion-Rate Triangular Min: 10,00 % Shah (vgl. [50])
Besucher/Fans Max: 70,00 %
Mean: 40,00 %
Δ Like-Wahrschein- Gleichverteilt Min: 0,035 % von Wangenheim et al. (vgl. [59],
lichkeit bei 1-prozentiger Max: 0,929 % S. 328)
Steigerung des Aktivitäts-
niveaus Mean: 0,482 %

Tab. 2 Anzahl Käufe pro Fan und Jahr in Abhängigkeit von der Anzahl der Fans (Quelle: eigene
Untersuchungen)

Anzahl Käufe pro Fan und Jahr


Anzahl Fans Mittelwert Obergrenze 90 % Konfi- Untergrenze 90 % Konfi-
auf der Fanpage Simulationen denzintervall denzintervall
1 0,4290 2,0000 0,0105
100 0,3640 0,9000 0,0103
500 0,1900 0,5700 0,0101
1.000 0,1020 0,4100 0,0100
5.000 0,0863 0,2680 0,0040
10.000 0,0742 0,2450 0,0040
50.000 0,0519 0,1705 0,0029
100.000 0,0452 0,1453 0,0024
500.000 0,0323 0,0960 0,0020
1.000.000 0,0285 0,0878 0,0016
5.000.000 0,0213 0,0666 0,0011
10.000.000 0,0192 0,0568 0,0010

Literaturverzeichnis

1 Aaker, D. A. (1991): Managing Brand Equity: Capitalizing on the value of a brand name, New York
u. a.
2 Aaker, J. L. (2005): Dimensionen der Markenpersönlichkeit, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Mar-
kenführung, 4. Auflage, Wiesbaden, S. 165–176.
3 Ahlden, A. (2012): Braucht jede Marke eine Facebook Fanpage?, in: Schulten, M./Mertens, A./
Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
Return on Social Branding 387

4 Backhaus, K./Erichson, B./Weiber R. (2011): Fortgeschrittene Multivariate Analysemethoden: Eine


anwendungsorientierte Einführung, Heidelberg.
5 Bazaarvoice/CMO Club (2009): CMO Perspectives and Predictions for 2010, URL:
http://www.bazaarvoice.com/about/press-room/bazaarvoice-and-cmo-club-survey-cmos-look-
higher-social-media-measurability-2010, abgerufen am: 28.09.2011.
6 Beck, A. (2009): Google AdWords, 2. Auflage, Heidelberg.
7 Bersch, A. (2011): Posts von Facebook Seiten erreichen im Durchschnitt 14 % der „Fans“, URL:
http://www.futurebiz.de/artikel/posts-von-facebook-seiten-erreichen-im-durchschnitt-14-der-fans/,
abgerufen am: 30.10.2011.
8 Bock, A. H. (2012): Telekom hilft – Kundenservice im Social Web ist mehr als das neue Marketing,
in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
9 Brandmeyer, K./Pirck, P./Pogoda, A./Prill, C. (2008): Marken stark machen – Techniken der Mar-
kenführung, Weinheim.
10 Brexendorf, T. O./Henkel, S. (2012): Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke?
Kritische Reflexionen zur partizipativen Markenführung unter der Berücksichtigung von sozialen
Medien, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
11 Burmann, C./Blinda, L./Nitschke, A. (2003): Konzeptionelle Grundlagen des identitätsbasierten
Markenmanagements, Arbeitspapier Nr. 1 des Lehrstuhls für innovatives Markenmanagement
(LiM), Bremen.
12 Burmann, C./Hemmann, F./Eilers, D./Kleine-Kalmer, B. (2012): Authentizität in der Interaktion als
zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung in Social Media, Schulten, M./Mertens, A./Horx, A.
(Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
13 defacto.x (2011): Facebook: Impact on Brand and Sales, URL: http://www.defacto-x.de/html/social-
media-studie-2011-download.html, abgerufen am: 29.09.2011.
14 Dreißel, J. (2010): „Social Media Checkup 2010“ – Social Media? Ja! Dialog? Nein!, URL:
http://www.onlinelupe.de/allgemein/social-media-checkup-2010-social-media-ja-dialog-nein/, abge-
rufen am: 31.10.2011.
15 Eichsteller, H./Schwend, A. (2012): Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping,
in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
16 EICP/FCP (2010): Corporate Publishing Basisstudie II.
17 Eisend, M./Küster-Rohde, F. (2008): Soziale Netzwerke im Internet – Marketingkommunikation für
Morgen, in: Marketing Review St. Gallen, 5/2008, S. 12–15.
18 Esch, F.-R./Langner, T./Schmitt, B./Geus, P. (2006): Are Brands Forever? How Brand Knowledge and
Relationships Affect Current and Future Purchases, in: Journal of Product and Brand Management,
Vol. 15, No. 2, S. 98–105.
19 Esch, F.-R./Stenger, D. (2008): Marken als Interaktionsobjekt – Wie sehr prägt der Kunde die Marke
wirklich selbst mit?, in: Belz, C./Schögel, M./Arndt, O./Walter, V. (Hrsg.): Interaktives Marketing –
Neue Wege zum Dialog mit Kunden, Wiesbaden, S. 287–306.
20 Esch, F.-R./Strödter, K. (2007): Multi-Channel-Marketing für Marken als Herausforderung des
Managements, in: Wirtz, B. W. (Hrsg.): Handbuch Multi-Channel-Marketing, Wiesbaden.
21 ExactTarget (2011): The Social Break-Up Report #8, http://www.exacttarget.com/resources/SFF8.pdf,
abgerufen am: 02.10.2011.
22 ExactTarget/cotweet (2011): Subscribers Fans and Followers – The Social Break-up – Report #8,
URL: http://www.exacttarget.com/resources/SFF8.pdf, abgerufen am: 12.11.2011.
23 Firsching, J./Bersching, A. (2011a): Tendenz bestätigt! Kombinierter Newsfeed sorgt für weniger
Impressions, aber mehr Interaktionen, URL: http://www.futurebiz.de/artikel/facebook-newsfeed-
impressions-interaktionen/, abgerufen am: 30.10.2011.
24 Firsching, J./Bersching, A. (2011b): Mehr Interaktionen durch Facebooks kombinierten Newsfeed &
Ticker, URL: http://www.futurebiz.de/artikel/mehr-interaktionen-durch-facebooks-kombinierten-
newsfeed/, abgerufen am: 30.10.2011.
25 Forrester Research (2011): Will Facebook Ever Drive eCommerce? Demystifying The Hope For
Retail eBusiness Executives, URL: http://www.forrester.com/rb/Research/will_facebook_ever_drive_
ecommerce/q/id/58603/t/2, abgerufen am: 30.09.2011.
388 Matthias Schulten

26 Galloway, S. (2011): Facebook IQ, URL: http://www.l2thinktank.com/prestige100f.acebook2011/


prestige100f.acebook.pdf, abgerufen am: 10.10.2011.
27 Geyer, F. (2012): Rechtliche Rahmenbedingungen der Markenführung in Sozialen Medien und
Netzwerken, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
28 Hampton, K. N./Goulet, L. S./Rainie, L./Purcell, K. (2011): Social networking sites and our lives –
How people’s trust, personal relationships, and civic and political involvement are connected to their
use of social networking sites and other technologies, URL: http://www.pewinternet.org/
Reports/2011/Technology-and-social-networks.aspx, abgerufen am: 02.10.2011.
29 Heine, C. (2010): Facebook Fan Pages Evolve Into CRM Channel for Big Brand, URL:
http://www.clickz.com/clickz/news/1712157/facebook-fan-pages-evolve-into-crm-channel-big-
brands, abgerufen am: 28.09.2011.
30 Henning, D. (2011): Markenartikler werben verstärkt auf Facebook – Werbung im Social Network
wird immer teurer, URL: http://www.internetworld.de/Nachrichten/Marketing/Zahlen-Studien/
Markenartikler-werben-verstaerkt-auf-Facebook-Werbung-im-Social-Network-wird-immer-teurer,
abgerufen am: 29.09.2011.
31 Hogan, J. E./Lemon, K. N./Libai, B. (2004): Quantifying the Ripple: Word-of-Mouth and Advertising
Effectiveness, in: Journal of Advertising Research, September 2004, S. 271–280.
32 Kilian, K. (2012): Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien, in:
Schulten,M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
33 Lekwa, C. (2011): Like or Dislike?: Five Tips For Analyzing Social Media Sentiment, URL:
http://blog.ogilvypr.com/2011/01/like-or-dislike-five-tips-for-analyzing-social-media-sentiment/,
abgerufen am: 02.10.2011.
34 Lilien, G./Rangaswamy, A. (2004): Marketing Engineering: Computer-Assisted Marketing Analysis
and Planning, 2nd Edition.
35 Lipsman, A./Mudd, G./Rich, M./Bruich, S. (2011): The Power of Like: How Brands Reach and In-
fluence Fans Through Social Media Marketing, URL: http://www.comscore.com/Press_Events/ Pre-
sentations_Whitepapers/2011/The_Power_of_Like_How_Brands_Reach_and_Influence_
Fans_Through_Social_Media_Marketing, abgerufen am: 28.09.2011.
36 Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M. (2008): Marketing – Grundlagen marktorientierter Unter-
nehmensführung – Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, 10. Auflage, Wiesbaden.
37 MillwardBrown (2011): Value of a Fan, URL: http://www.millwardbrown.com/Global/Blog/Post/
2011-04-04/The-value-of-a-social-media-fan.aspx, abgerufen am: 02.10.2011.
38 Molitor, E. (2010): How to make your Facebook content „Top news“, URL: http://smartblogs.com/
socialmedia/2010/10/14/how-to-make-your-facebook-content-top-news/, abgerufen am: 30.09.2011.
39 Mzinga and Babson Executive Education (2009): Social Software in Business, URL:
http://www.mzinga.com/company/newsdetail.asp?lang=en&newsID=252&strSection=company&
strPage=news, abgerufen am: 28.09.2011.
40 Nedbal, D. (2012): Die Markenführung von MasterCard im Zeitalter der digitalen Evolution, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
41 Page, M. (2011): Facebook Sponsored Stories, URL: http://www.usingconversationalmedia.com/
facebook-sponsored-stories/, abgerufen am: 31.10.2011.
42 Rentz, I. (2011): Crowdsourcing auf kanadisch: VW lässt Facebook-Fans neuen Spot entwickeln,
URL: http://www.horizont.net/aktuell/marketing/pages/protected/Crowdsourcing-auf-kanadisch-
VW-laesst-Facebook-Fans-neuen-Spot-entwerfen_100787.html, abgerufen am: 30.10.2011.
43 Rezab, J. (2011): How often should you post on your facebook pages, URL:
http://www.socialbakers.com/blog/147-how-often-should-you-post-on-your-facebook-pages/, abge-
rufen am: 30.09.2011.
44 Richard, S. (2011): Facebook Stores haben dieselbe Conversion Rate wie Websites, URL:
http://trickr.de/facebook-stores-haben-dieselbe-conversion-rate-wie-websites/, abgerufen am:
30.09.2011.
45 Robota, D. (2011): Jeder fünfte Facebook-Nutzer klickt auf alle Links, URL: http://computer.t-
online.de/facebook-jeder-fuenfte-nutzer-klickt-auf-alle-links/id_48843754/index, abgerufen am:
30.09.2011.
Return on Social Branding 389

46 Schmitz-Axe, A./Többens, T./Wilkoszewski, A. (2012): Social Brand Controlling – Chancen und


Herausforderungen von Measurement & Monitoring im Social Web, in: Schulten, M./Mertens,
A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
47 Schögel, M./Walter, V./Arndt. O. (2008): Neue Medien im Customer Relationship Management, in:
Belz, C./Schögel, M./Arndt, O./Walter, V. (Hrsg.): Interaktives Marketing – Neue Wege zum Dialog
mit Kunden, Wiesbaden: Gabler, S. 437–458.
48 Schulten, M. (2008): Kundenreaktionen auf Steuerungsmaßnahmen in Mehrkanalsystemen, Disser-
tation Nr. 3553 Universität St. Gallen.
49 Schulten, M./Horx, A./Möllendorf, J./Plennert, T./Herbener, A./Zich, T. (2010): Kooperatives Mar-
keting – Erfolgreich mit Kunden zusammenarbeiten, Düsseldorf.
50 Shah, S. (2011): Cost per Like Campaigns on Facebook: The CTR, Conversion Rate, Reach Tradeoff,
URL: http://searchengineland.com/cost-per-like-campaigns-on-facebook-the-ctr-conversion-rate-
reach-tradeoff-91572, abgerufen am: 11.11.2011.
51 Socialmention.com (2011): URL: http://www.socialmention.com, abgerufen am: 02.10.2011.
52 Solis, B. (2010): ROI: How to Measure Return on Investment in Social Media, URL:
http://www.briansolis.com/2010/02/roi-how-to-measure-return-on-investment-in-social-media/,
abgerufen am: 29.09.2011.
53 Städele, K. (2010): Wirklich wahre Freundschaft?, in: W&V, 40, S. 62.
54 Sturm, A. (2011): Loyale Fans kaufen mehr, in: Horizont, Ausgabe 36, S. 20.
55 Sysomos (2011): Inside Facebook Pages, URL: http://www.sysomos.com/insidefacebook/, abgerufen
am: 30.09.2011.
56 Temmel, Seywald & Partner (2010): Der Einsatz von Social Media und Web 2.0 in der Unterneh-
menskommunikation börsennotierter Unternehmen, URL: http://blog.ontolog.at/directlink/einsatz-
von-social-media-bei-borsennotierten-unternhemen-dach/, abgerufen am: 28.09.2011.
57 Unbekannt (2011): Bounce rate from Facebook huge – why?, URL: http://www.google.com/support/
forum/p/Google%20Analytics/thread?tid=2236e82baf78e5d8&hl=en, abgerufen am: 30.09.2011.
58 Visibli (2011): A Study of Fan Engagement on Facebook Pages, URL: http://www.visibli.com/
reports/a-study-of-fan-engagement-on-facebook-pages, abgerufen am: 16.10.2011.
59 von Wangenheim, F./Bayón, T./Herrmann, A. (2006): Die Abgabe von Kundenempfehlungen –
Determinanten und ökonometrische Modellierung, in: zfbf, Jahrgang 58, Mai, S. 304–336.
60 Warther, M. (2011): Sponsored Stories and Getting Facebook Fans for Cents, URL: http://blogs.
webtrends.com/blog/2011/04/26/sponsored-stories-and-getting-facebook-fans-for-cents/, Zugriff am
31.10.2011.
61 Widman, J. (2011): How we measured that most pages reach only 3 %–7.5 % of their fans, URL:
http://pagelever.com/fan-pages-impressions-pageviews-benchmark-methodology/, abgerufen am:
30.09.2011.
62 Wiese, J. (2012): Kennzahlendefinition und -messung im Social-Media-Marketing, in: Schulten,
M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
63 Wiever, V./Anweiler, R. (2010): Der Europäische Social Media und E-Mail Monitor, URL:
http://www.ecircle.com/fileadmin/files/pdfs/04_Resource_Centre/4.4._Studien/DE/eCircle_Social_
Media_und_E-Mail_Monitor_2010_final.pdf, abgerufen am: 28.09.2011.
64 Winston, W. L./Albright, C. S. (2010): Practical Management Science, 4th Edition, South-Western.
65 Yu, D. (2010): How We Got To 40,310 Facebook Fans in 4 Days, URL: http://www.allfacebook.com/
how-we-got-to-40310-facebook-fans-in-4-days-2010-06, abgerufen am: 13.11.11.
66 Zarella, D. (2011): New Data: Post to Your Facebook Page Every Other Day for the Most Likes, URL:
http://danzarrella.com/new-data-post-to-your-facebook-page-every-other-day-for-the-most-
likes.html#, abgerufen am: 02.10.2011.
67 Zucker.Kommunikation/Pilot (2011): Trendreport Juli 2011 – Facebook, Marken & TV in Deutsch-
land, URL: http://www.slideshare.net/zuckerberlin/trendreport-juli-2011-facebook-marken-tv-in-
deutschland?from=ss_embed, abgerufen am: 02.10.2011.
Social Brand Controlling – Chancen
und Herausforderungen von Measurement
26
& Monitoring im Social Web
Angela Schmitz-Axe, Thilo Többens, Alexander Wilkoszewski

Inhaltsverzeichnis

1 Brand Value als Leitgedanke für das Social Brand Controlling.......................................... 392
2 Social Branding – Notwendigkeit für Controlling im Social Web ..................................... 393
2.1 Status quo im Social Branding.................................................................................. 393
2.2 Strategie und Ziele des Social Brandings ................................................................ 394
2.3 Hauptanwendungsbereiche des Social Brand Controllings................................. 394
3 Vorgehensmodell für die Etablierung eines Social Brand Controllings............................ 395
3.1 Zieldefinition und Plattformauswahl ...................................................................... 395
3.2 Definition relevanter Kennzahlen............................................................................ 396
3.3 Measurement & Monitoring..................................................................................... 399
3.4 Social Brand Reporting.............................................................................................. 402
3.5 Analyse & Ableitung von Maßnahmen................................................................... 403
4 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................ 404
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 405

_______________________
Angela Schmitz-Axe ()
Deloitte Consulting GmbH, Schwannstraße 6, 40476 Düsseldorf, Deutschland
e-mail: aschmitzaxe@deloitte.de
Thilo Többens ()
Deloitte Consulting GmbH, Schwannstraße 6, 40476 Düsseldorf, Deutschland
e-mail: ttoebbens@deloitte.de
Dr. Alexander Wilkoszewski ()
Deloitte Consulting GmbH, Rosenheimer Platz 4, 81669 München, Deutschland
e-mail: awilkoszewski@deloitte.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 391


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_26, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
392 Angela Schmitz-Axe et al.

„Die Erfolgsmessung von Social-Branding-Aktivitäten steckt häufig noch in den Kinderschuhen. Unter-
nehmen müssen Social-Brand-Messung als festen Bestandteil etablieren, um langfristig erfolgreich sein
zu können.“ Angela Schmitz-Axe

„Social Brand Controlling ist der entscheidende Hebel für die erfolgreiche Verankerung von Social Me-
dia im kanalübergreifenden Brand-, Marketing- und CRM-Management.“ Thilo Többens

„Für die Messung des Effekts von Social-Branding-Aktivitäten wird das bestehende Instrumentarium
der Markenwertbetrachtung in Forschung wie Praxis den Bedürfnissen von Social Media angepasst und
sorgt so für eine höhere Effizienz und Akzeptanz der Maßnahmen.“ Dr. Alexander Wilkoszewski

1 Brand Value als Leitgedanke für das Social Brand Controlling

Der Brand Value als monetärer Wert einer Marke ist nach wie vor eine entscheidende
Marketingmessgröße. Sie wird wesentlich durch Maßnahmen in Marketing und Kom-
munikation, aber auch in Kundenservice, Vertrieb, Investor Relations und weiteren
Unternehmensfunktionen beeinflusst. Der Brand Value quantifiziert nicht nur den im-
materiellen Vermögenswert der Marke eines Unternehmens oder Produktes aus finan-
zieller Sicht. Er verdeutlicht vor allem den strategischen, qualitativen Wertbeitrag einer
Marke zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit.
Es existieren zahlreiche Rankings der weltweit wertvollsten Brands, zu denen als pro-
minenteste Vertreter die Aufstellungen von Interbrand und Millward Brown gehören.
Bei Millward Brown werden die ersten drei Plätze 2011 von Apple (Markenwert:
153 Mrd. US-Dollar), Google (112 Mrd. US-Dollar) und IBM (101 Mrd. US-Dollar) be-
legt, wobei sich Apple im Vergleich zu 2010 in der Bewertung um 84 % verbesserte und
dadurch die Spitzenstellung übernahm (vgl. [3]). Coca-Cola führte 2010 dagegen das
Ranking bei Interbrand mit einem geschätzten Markenwert von 70 Mrd. US-Dollar an,
gefolgt von IBM (65 Mrd. US-Dollar) und Microsoft (61 Mrd. US-Dollar) (vgl. [7]).
Die unterschiedlichen Ergebnisse machen deutlich: Es gibt keine einheitliche Metho-
dik für die Wertbestimmung. Mehrere hundert verschiedene Modelle existieren heute,
die sich grob nach finanzorientierten, verhaltenswissenschaftlich orientierten und kom-
binierten Ansätzen unterscheiden lassen (vgl. [5]). Während bei den finanzorientierten
Modellen der immaterielle Vermögenswert einer Marke quantifiziert wird (z. B. der
bilanzielle Wert; der Wert aus Lizenzierungen; das Preispremium, das von Kunden für
eine Marke bezahlt wird und beispielsweise im Rahmen einer Conjoint-Analyse ermittelt
werden kann), spielt bei der verhaltenswissenschaftlichen Operationalisierung die Mar-
kenwahrnehmung durch den Konsumenten die zentrale Rolle (vgl. [1]). Aspekte wie
Markenbekanntheit, Markenassoziationen und Markentreue treten in den Vordergrund,
so dass häufig zu lesen ist: „Der Wert einer Marke liegt nicht in dem Unternehmen, er
spiegelt sich in den Köpfen der Konsumenten wider“ ([5], S. 943). Bei kombinierten
Verfahren kommt es zu einer Verknüpfung von verhaltenswissenschaftlichen Kriterien
und Finanzkennzahlen: Interbrand zieht beispielsweise neben der finanziellen Perfor-
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 393

mance eines Unternehmens (definiert als „Economic Profit“) sowohl die Rolle der Marke
für die Performance als auch die Markenstärke (operationalisiert über 10 Dimensionen
vom Unternehmenscommitment gegenüber der Marke bis hin zur differenzierten Mar-
kenpositionierung) heran.
Für Marketeers ist nun insbesondere die verhaltenswissenschaftliche Perspektive re-
levant, da sich anhand geeigneter Kennzahlen (z. B. in Bezug auf Recalls, Assoziationen,
innere Markenbilder etc.) die Wirksamkeit von Branding-Strategien und -Maßnahmen
bestimmen lässt. Während ökonomische Messverfahren ermitteln, wie sich ein Mar-
kenwert entwickelt, beantworten verhaltenswissenschaftliche Analysen das „Warum?“
und geben Aufschluss darüber, wie die Nachhaltigkeit von Markenwerten zu bewerten
ist.
Mit der stark gestiegenen Bedeutung der sozialen Medien in den vergangenen Jahren
haben sich für Marketeers neue Möglichkeiten ergeben, Marken zu steuern und deren
Stärke zu überprüfen. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen: Mit Social Media
verselbstständigt sich die Diskussion um Marken unter Konsumenten und – gewollte wie
nicht gewollte – Markenbotschafter verändern durch ihre Kommunikation im Internet
die Markenwahrnehmung. Dabei ergeben sich viele neue Interaktionsmöglichkeiten
zwischen Marke und Konsument – Interaktionen, die ein Unternehmen steuern und
damit ein bestimmtes Markenbild aktiv gestalten kann.
Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über das spezielle Thema des Control-
lings von Social-Branding-Strategien und -Maßnahmen. Ausgehend von der Bestim-
mung relevanter Social-Branding-Ziele werden ein Modell zu Measurement und Moni-
toring von Social Branding vorgestellt und anhand praktischer Beispiele verdeutlicht
sowie mögliche Herausforderungen erörtert. Eine Quantifizierung der Auswirkung von
Social-Branding-Maßnahmen auf den Brand Value wird aufgrund der Vielzahl unter-
schiedlicher Brand-Bewertungsmodelle hier nicht vorgenommen.

2 Social Branding – Notwendigkeit für Controlling im Social Web

2.1 Status quo im Social Branding

Das Potenzial von Social Branding wird mittlerweile von vielen deutschen Unternehmen
erkannt, aber selten vollständig genutzt. Laut einer Studie der Pepper GmbH nutzen
zwar mehr als die Hälfte der befragten deutschen Unternehmen Social Media für Marke-
ting- und PR-Zwecke, aber nur 29 % betreiben ein Social Media Monitoring (vgl. [12]).
Eine Studie von Fink & Fuchs ergab, dass 57 % der befragten deutschen Kommunikati-
onsverantwortlichen zumindest die Besucherzahlen auf eigenen Web-Seiten messen,
Faktoren wie Kundenzufriedenheit oder Sentiment (z. B positive/negative Äußerungen
gegenüber der Marke im Social Web) aber von weniger als einem Viertel der befragten
Unternehmen gemessen werden (vgl. [6]). Gemäß einer Studie des Social-Media-Moni-
394 Angela Schmitz-Axe et al.

toring-Software-Anbieters Alterian verzichten mehr als zwei Drittel der deutschen Un-
ternehmen auf eine entsprechende Monitoring Software (vgl. [11]). Damit zählen Mea-
surement und Monitoring zu den wesentlichen Herausforderungen der Brand Manager
im deutschen Social-Media-Umfeld. Neben einer fehlenden strategischen Zielorientie-
rung mangelt es oft an Erfahrung mit einer effektiven Vorgehensweise in der Erfolgs-
messung. Weitere Schwierigkeiten bestehen in Auswahl und Verwendung von geeig-
neten KPIs und der richtigen Interpretation der Ergebnisse. Die dadurch oft wenig
belastbare Wertargumentation für Social-Branding-Aktivitäten führt letztendlich zu
Vorbehalten im (Top-)Management der Unternehmen.

2.2 Strategie und Ziele des Social Brandings

Wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Social Branding ist die Definition einer
Social-Branding-Strategie in Abstimmung mit der übergreifenden Unternehmensstrate-
gie und dem Social-Media-Gesamtprogramm1. Sobald die Social-Branding-Strategie
definiert ist, müssen die Ziele der einzelnen Social-Branding-Maßnahmen festgelegt und
konkretisiert werden. Hierbei ist es wichtig, realistische Ziele zu bestimmen und jeweils
auch die zu adressierenden Zielgruppen zu definieren.
Grundsätzlich orientieren sich die Ziele von Social Branding an den klassischen
Branding-Zielen:

• Erhöhung der Reichweite und des Bekanntheitsgrads des Unternehmens,


• Verbesserung des Markenimages und der Online-Reputation,
• Erhöhung der Kundenzufriedenheit,
• Erhöhung des Involvements und der Kundeninteraktion mit der Marke,
• Vermeidung von PR-Krisen.

Um später überprüfen zu können, in welchem Maße die angestrebten Social-Bran-


ding-Ziele erreicht werden, sollten Unternehmen bereits in der Planungsphase Möglich-
keiten und Grenzen von Measurement und Monitoring im Social Web berücksichtigen.

2.3 Hauptanwendungsbereiche des Social Brand Controllings

Für die meisten Unternehmen wird die kontinuierliche und systematische Überprüfung
des Erfolgs der eigenen Social-Branding-Aktivitäten anhand definierter Kennzahlen im-
mer wichtiger. Genauso nimmt die Beobachtung der gesamten Kommunikation zur

1
Das Social-Media-Gesamtprogramm umfasst die Social-Media-Aktivitäten aller Unternehmens-
bereiche. Der Bereich Social Branding ist daher nur ein Teil eines Social-Media-Gesamtprogramms.
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 395

eigenen Marke im Social Web stetig zu. Social Brand Controlling ist für Unternehmen
daher vorrangig in den folgenden beiden Bereichen relevant:

• „Measurement“: Erfolgsmessung von Social-Branding-Maßnahmen: Unternehmen


messen und überwachen konkrete Social-Branding-Aktivitäten und -Kampagnen, um
deren Zielerreichung zu überprüfen und ggfs. Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln.
Hierdurch wird vor allem transparent gemacht, welche Aktivitäten wie erwartet funk-
tionieren und welche nicht. Das ist langfristig erfolgskritisch für das gesamte Social-
Media-Programm.
• „Monitoring“: Kontinuierliches Monitoring des Social Web: Social Monitoring ermög-
licht es Unternehmen, Konversationen und Stimmungen von und zwischen Indivi-
duen sowie innerhalb von Gruppen im Social Web zu verfolgen, daraus relevante
Kunden- und Marktinformationen und Erkenntnisse für das Brand Management zu
gewinnen und gezielt Einfluss darauf zu nehmen. Darüber hinaus können Unterneh-
men negative Äußerungen bzw. Kundendiskussionen sowie deren Meinungsführer in
Echtzeit identifizieren. Dies ist die Voraussetzung für ein professionelles Krisen-, Ri-
siko- und Reputationsmanagement, da es die zeitnahe Evaluation der Notwendigkeit
von kommunikativen Steuerungsmaßnahmen ermöglicht. Vor allem die hohe Infor-
mationsgeschwindigkeit sowie die enormen Multiplikationseffekte im Social Web
machen eine Echtzeit-Messung und -Analyse notwendig, um potenziellen Schaden
frühzeitig abwenden zu können.

Eine kurz- bzw. langfristige Steuerung von Social-Branding-Maßnahmen sowie eine


Krisenfrüherkennung werden erst durch die Etablierung eines ganzheitlichen Social-
Brand-Controlling-Konzepts möglich.

3 Vorgehensmodell für die Etablierung


eines Social Brand Controllings

Um den Erfolg von Social-Branding-Maßnahmen zu messen und richtig zu bewerten, ist


ein strukturiertes Vorgehen Voraussetzung. Zumindest fünf essentielle Schritte sind
dabei zu durchlaufen, die wir in Abb. 1 darstellen und im folgenden Abschnitt jeweils
kurz skizzieren.

3.1 Zieldefinition und Plattformauswahl

Der erste Schritt besteht in der Festlegung der für das Social Branding und damit für das
Social Monitoring relevanten Bereiche des Social Web. Gleichzeitig müssen die konkre-
ten Ziele für jede Social-Branding-Maßnahme (z. B. Erhöhung der Reichweite, Steige-
396 Angela Schmitz-Axe et al.

1 2 3 4 5
Erstellung des Fachliche Operative Sicherstellung Evaluation
Social Branding- Vorbereitung Durchführung des Social und ggfs. Einleitung
Zielbilds der Messung der Messung Branding-Reporting von Konsequenzen

Measurement Vertikales Analyse


Abstimmung der Definition
konkreter Social Reporting von v.a. der Measurement-
Social Branding- relevanter
Branding- Measurement- & Monitoring-
Ziele quantitativer KPIs
Maßnahmen Ergebnissen Ergebnisse
Ableitung von
Auswahl relevanter Kontinuierliches Laterales Reporting
Definition relevanter Handlungsbedarfen
Social Media- Monitoring des von v.a. Monitoring-
qualitativer KPIs & Initiierung
Plaformen Social Web Beobachtungen
v. Maßnahmen

Abb. 1 Vorgehensmodell für die Etablierung eines Social Brand Controllings (Quelle: Deloitte
Consulting)

rung des Bekanntheitsgrads des Unternehmens, Identifikation potenzieller PR-Krisen im


Web etc.) und die relevanten Zielgruppen definiert werden. Bei der Zieldefinition der
einzelnen Maßnahmen sollte die übergreifende, im Vorfeld definierte Social-Branding-
Strategie berücksichtigt werden. Dabei empfiehlt es sich, jeder Maßnahme nur ein Ziel
zuzuordnen. Außerdem sollten für jede Social-Branding-Maßnahme relevante Social-
Media-Plattformen (z. B. Facebook, Twitter, YouTube, User-Foren etc.) ausgewählt
werden. In einem nächsten Schritt wird das definierte Ziel weiter in mess- und realisier-
bare Sub-Ziele untergliedert.

Beispiel: Ein Unternehmen verfolgt das Social-Branding-Ziel „Erhöhung des Bekanntheits-


grads des Unternehmens in der Zielgruppe Konsumenten zwischen 25 und 40“. Als relevan-
te Plattformen werden Facebook, Twitter und das gesamte Social Web für Nennungen des
Unternehmensnamens festgelegt. Das Ziel der Erhöhung der Reichweite lässt sich in folgen-
de messbare Unterziele operationalisieren: Generiere 100 Twitter-Follower pro Woche; ge-
neriere 10 Retweets pro Woche; generiere 10 Facebook-Fans pro Tag; der Unternehmens-
name muss mindestens 10 nutzergenerierte Einträge pro Woche im Social Web haben.

3.2 Definition relevanter Kennzahlen

Um bewerten zu können, inwieweit die definierten Social-Branding-Ziele erreicht wer-


den, sind messbare Kennzahlen erforderlich. Dabei sind qualitative und quantitative
Kennzahlen zu unterscheiden:

3.2.1 Quantitative Kennzahlen


Die quantitativen Kennzahlen umfassen einerseits KPIs (Key Performance Indicators),
die den direkten Effekt auf den finanziellen Erfolg eines Unternehmens wie Return on
Investment (RoI), Umsatzhöhe oder Kosteneinsparungen messen. Andererseits umfas-
sen sie auch KPIs, die maximal mittelbare Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg
messen wie die Anzahl an Twitter-Retweets, Webseiten-Besuchern oder Facebook-Fans.
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 397

3.2.2 Qualitative Kennzahlen


Beispiele für qualitative KPIs sind die Qualität eines Posts in einer Community oder der
Inhalt positiver bzw. negativer User-Sentiments. Das Zurückführen dieser Kenngrößen
auf den Erfolg konkreter Social-Branding-Aktivitäten ist in der Regel aufwendiger, da der
Anteil an schwer automatisierbarer Interpretation, zumeist durch Experten, höher ist.
Um einerseits einen umfassenden Überblick über die durchgeführten Social-Bran-
ding-Aktivitäten und deren Erfolg zu erhalten und andererseits eine frühe Krisenerken-
nung zu ermöglichen, ist ein zielspezifischer Mix aus quantitativen und qualitativen KPIs
erforderlich.

Tab. 1 Exemplarische Übersicht über mögliche Social Branding KPIs (Quelle: Deloitte Analyse)

Social-Branding- Quantitative KPIs Qualitative KPIs


Ziel
Erhöhung der • Besucher auf der Website/Blog • Einfluss der User, die die
Reichweite und • Erreichte Kunden durch eine Brand-Maßnahme Marke/Produkte diskutie-
des Bekannt- • Fans oder Freunde von Produktseiten ren
heitsgrads • Follower • Qualität der geposteten
• Gefundene Schlagwörter Inhalte über das Unter-
• Links, die auf die Unternehmensseite verweisen nehmen in SM
• Nennungen des Produktes oder des Unterneh- • Verhaltensänderungen/
mens in SM Einstellungsänderungen
• Posts der Konsumenten in
Bezug auf die Marke
• RSS-feed-Abonnenten
aufgrund von Social-
• Subscriber
Branding-Aktivitäten
• Tweets/Retweets
• Unique visitors
• Unternehmens- und Produktreferenzen in SM
• Video Views/Downloads
• Click-through-Rates von Links, die auf Social-
Plattformen geposted wurden
• Position in Suchmaschinen
• Search Volume (Anzahl der Personen, die den
Markennamen in eine Suchmaschine eingibt)
• Share of Voice (Anteil, den eine Marke an der
Gesamtkommunikation eines definierten
Themas besitzt)
Verbesserung • Aktive Brand Advocates • Änderungen in Brand-
des Marken- • Blogs/SM-Plattformen, die auf das Unternehmen Attributen
images und verweisen • Änderungen in User
der Online- • Conversions Sentiments
Reputation • Fürsprecher in SM • Gründe für die Kontaktie-
• Leads rung des Unternehmens
• Neukunden von Konsumenten über
• Positive Kommentare von Brand Advocates die Website
398 Angela Schmitz-Axe et al.

Tab. 1 Fortsetzung

Social-Branding- Quantitative KPIs Qualitative KPIs


Ziel
• Positive und negative Ratings auf Kundenrating- • Inhalte der Kommentare
seiten der Brand Advocates
• Positive und negative Unternehmens- • Markenwahrnehmung in
und Produktreferenzen bzw. -nennungen in SM SM
• Registrierungen • Sentiment-Mix der Kun-
• Word of Mouth (diverse Messverfahren) den und Konsumenten
• Word Cloud der Schlag-
wörter für die Marke
Erhöhung des • Customer-Service-Anfragen über SM-Plattfor- • Engagement der Zielgrup-
Involvements men pe
und der Kun- • Gelöste/nicht gelöste Customer-Service- • Inhalte der Konversa-
deninteraktion Anfragen tionen/Interaktionen in
mit der Marke • Interaktionen pro Kunde in einer definierten User-Foren
Zielgruppe • Qualität der Reaktion auf
• Kommentare/Posts/Uploads auf einer SM-Platt- eine Social-Branding-
form Maßnahme
• Likes (bzw. „Gefällt mir“) und @replies • Qualität von User Ratings
• Online-Transaktionen
• Reaktionen auf Promotion-Angebote
• Registrierte User in Brand Communities des
Unternehmens
• Anteil/Volumen an Inhalten, das von
Usern/Kunden weitergeleitet wird
Erhöhung der • Positive/negative Kommentare/Sentiments in SM • Qualität der Zufrieden-
Kundenzufrie- • Positive/negative Ratings auf Ratingseiten heits-Kommentare auf
denheit • Weiterempfehlungen auf SM-Plattformen SM-Plattformen
• Customer Lifetime Value von Kunden, die über • Qualität der Unterneh-
Social-Brand-Aktivitäten akquiriert wurden mens-Blog-Beiträge
• Net Promoter Score • Kundenzufriedenheit mit
Produkten/der Marke
Vermeidung von • „Gefällt mir nicht mehr“ auf Facebook • Inhalt der geäußerten
PR-Krisen • Negative Kommentare Kritik
• Negative Kommentare von Meinungsführern • Grund für die geäußerte
• Negative Posts auf Brand Communities Kritik
• Negative Unternehmens- und Produktbewertun- • Qualität der negativen
gen/Ratings Ratings
• Antwortquote des Unternehmens auf negative • Sentiment nach Unter-
Äußerungen auf SM-Plattformen nehmensreaktion auf ne-
• Dauer, bis das Unternehmen im Durchschnitt gative Kritik
auf negative Kommentare reagiert
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 399

Je nachdem, welches Ziel das Social Brand Controlling verfolgt, sind sehr unter-
schiedliche KPIs von Interesse. Tabelle 1 gibt eine Übersicht über relevante qualitative
wie quantitative Social Branding KPIs.
Als erfolgversprechend hat sich herausgestellt, vor der Durchführung von Social-
Branding-Maßnahmen ein Kennzahlen-Set zu definieren, das zur Erfolgsmessung der
definierten Ziele geeignet ist und im Unternehmen akzeptiert wird. In den meisten Fäl-
len sollte dieses sowohl kurz- als auch langfristig orientierte Kennzahlen beinhalten.

3.2.3 Herausforderungen bei der Kennzahlendefinition


Einer der häufigsten Fehler bei der Kennzahlendefinition besteht darin, Kennzahlen
festzulegen, die sich vergleichsweise einfach erheben lassen, aber nicht das messen, was
zur Erreichung der Social-Branding-Ziele relevant ist. Jemand, der bspw. auf der Un-
ternehmens-Facebook-Seite den „Gefällt mir“-Button anklickt oder ein „Follower“ bei
Twitter wird, ist zunächst fast wertlos, solange dieser Follower nicht dazu beiträgt, ein
vorher definiertes Ziel zu erreichen. Eine weitere Hürde kann darin bestehen, dass nicht
alles, was das Unternehmen messen sollte, auch gemessen werden kann. Optimal ist ein
KPI-Set, das aus der Schnittmenge der Kennzahlen besteht, die sowohl gemessen werden
sollen als auch gemessen werden können.

Beispiel: Aus der Definition der Sub-Ziele „Generiere 100 Twitter-Follower pro Woche“,
„Generiere 10 Retweets pro Woche“, „Generiere 10 Facebook-Fans pro Tag“, „der Unter-
nehmensname muss mindestens 10 Einträge pro Woche im Social Web haben“ lassen sich
sehr einfach die wichtigsten quantitativen KPIs ableiten: Anzahl Twitter-Follower, Anzahl
Retweets, Anzahl Facebook-Fans, Anzahl Nennungen des Unternehmensnamens im Social
Web. Beispiele für qualitative KPIs sind die Qualität der Inhalte, die im Zusammenhang mit
dem Unternehmensnamen genannt werden, oder auch Einstellungsänderungen der Kon-
sumenten gegenüber der Marke im Zeitablauf.

3.3 Measurement & Monitoring

Nach der Festlegung der spezifischen Social-Branding-Ziele und der Auswahl zur Ziel-
erreichungsmessung geeigneter KPIs sollten diese regelmäßig erhoben werden. Auf Basis
des dadurch generierten Datensets können Unternehmen die Resultate ihrer Social-
Media-Maßnahmen und ihres Social-Branding-Engagements messen und analysieren.
Bei der Messung von Daten ist es essentiell, Werte für festgelegte KPIs für einen defi-
nierten Zeitraum zu generieren. Die kontinuierliche Messung ist dabei eine Grundvor-
aussetzung, um Änderungen der Daten im Zeitablauf festzustellen und darauf reagieren
zu können. Je nach Kennzahl kann die Erhebungshäufigkeit zwischen wöchentlich und
mehrmals täglich liegen. Gerade bei der Krisenfrüherkennung ist es aufgrund der hohen
Geschwindigkeit der Nachrichtenverbreitung im Social Web notwendig, innerhalb kür-
zester Zeit reagieren zu können. Daher sollten hier in jedem Fall Messzeiträume von
400 Angela Schmitz-Axe et al.

weniger als 24 Stunden umgesetzt werden. Professionell aufgestellte Unternehmen mes-


sen in Zyklen von nur ein bis zwei Stunden.
Für die Erfolgsbeurteilung einer Social-Branding-Maßnahme ist die Durchführung
einer Ausgangsmessung Voraussetzung. So kann anhand des Abgleichs der späteren Mess-
ergebnisse der Erfolg bzw. Misserfolg der Maßnahme im Zeitablauf festgestellt werden.

3.3.1 Social Measurement- & Monitoring Tools


Für die Datengenerierung und -analyse müssen vorab definierte Quellen bzw. Platt-
formen nach festgelegten Suchkriterien abgesucht und Daten im Zeitablauf analysiert
werden. Der Aufwand und die Komplexität steigen daher mit zunehmender Größe des
Social-Branding-Programms exponentiell an und lassen sich manuell nicht mehr durch-
führen. Unterschiedliche Mess- und Monitoring Tools für Social Media erleichtern und
automatisieren die Durchführung.
Unternehmen haben bei Measurement und Monitoring von Social Media die Mög-
lichkeit, entweder intern ein proprietäres Tool aufzubauen, extern ein oder mehrere
solcher Tools einzukaufen oder einen Dienstleister damit zu beauftragen, entsprechende
Messungen vorzunehmen. Ein Vorteil der Beauftragung eines externen Dienstleisters
liegt darin, dass Unternehmen sich weder mit der Auswahl noch mit der technischen
Integration externer Tools in bestehende Prozesse beschäftigen müssen. Manche Anbie-
ter stellen auch externe Vergleichsdaten zu Verfügung, die vom Monitoring Tool mit
abgefragt werden können. Einige Anbieter ermöglichen auch die Verknüpfung des Tools
mit unternehmensinternen CRM-Systemen. Andererseits sind die Analysemöglichkeiten
externer Tools und Dienstleister häufig vordefiniert und passen damit nicht vollständig
zu den Anforderungen eines Unternehmens. Eine weitere Schwierigkeit externer Tools
besteht darin, sie mit internen Daten zusammenzuführen und gemeinsam auszuwerten.

3.3.2 Vorgehen und Überblick zur Toolauswahl


Die wichtigste Anforderung bei der Auswahl bzw. dem Aufbau des Measurement Tools
besteht darin, dass die Messergebnisse des Tools zu den Unternehmenszielen bzw. So-
cial-Branding-Zielen passen. Das folgende Vorgehen erleichtert Unternehmen die Aus-
wahl einer Software:

1. Definition der entscheidenden Selektionskriterien, darunter v. a. die Auflistung aller


zu messenden KPIs in Abhängigkeit der definierten Ziele
2. Abstimmung einer initialen, gewichteten Bewertungsmethodik, i. d. R. mindestens
inklusive funktionaler, strategischer und kommerzieller Kriterien
3. Aufbau einer „Long-List“ potentiell relevanter Software
4. Selektion einer „Short-List“ anhand der initialen Bewertungs-Methodik
5. Ausgiebige Funktions-, Anwender- und Integrations-Tests der Software
6. Ggfs. Anpassung (Neugewichtung, Ergänzung) der Bewertungslogik
7. Erstellung des finalen Rankings durch Bewertung nach den Tests und Auswahl der
am besten geeigneten Software
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 401

Tab. 2 Exemplarische Übersicht über mögliche Social Monitoring Tools (Quelle: Deloitte Analy-
se)

Tool-Kategorie Beispielhafte Tool-Anbieter


Kostenpflichtig, eher ganz- Alterian SM2, Attensity360, Attentio, Buzzcapture, Collective Intellect,
heitlicher Funktionsumfang Converseon, Crimson Hexagon,Cymfony, DNA13, Lithium, NM Incite,
Meltwater Buzz, Spiral16, Radian6, Spredfast, Sysomos Heartbeat,
Visible Technologies, Webtrends
Kostenpflichtig, eher Actionly, Brandwatch, Trackur, Sprout Social, UberVU, Thrive,
fokussierter, spezieller Hootsuite, Engagor, BrandsEye, Viralheat, Imooty
Funktionsumfang
Kostenlos Google Analytics, Wildfire, Social Mention, HootSuite, Twitter Search
Options, Tweetdeck, CoTweet, Seesmic, Monitter, Facebook Search

Je nach Unternehmenszielen und verfügbarem Budget kann auch der Einsatz mehre-
rer Tools eine Alternative darstellen, wobei damit eine deutlich erhöhte Komplexität
einhergeht. Trotz des vermehrt zu beobachtenden Angebots von eher ganzheitlichen
Suites sehen wir zurzeit noch keine „all-in-one“-Lösung am Markt, welche die heteroge-
nen Measurement- und Monitoring-Bedürfnisse der Unternehmen auf allen Plattformen
abdecken kann.
Da die weit über 200 auf dem Markt verfügbaren Tools ganz unterschiedliche An-
wendungsschwerpunkte haben und sich sowohl die Anzahl der verfügbaren kostenlosen
und kostenpflichtigen Tools als auch deren Leistungsumfang beinahe täglich verändert,
wird an dieser Stelle nur ein grober Überblick über einen Ausschnitt der am Markt er-
hältlichen Tools gegeben (Tab. 2).
Die meisten Anbieter von Social Monitoring Tools sind in erster Linie auf den eng-
lisch-sprachigen Markt ausgerichtet. Eine Analyse deutschsprachiger Ergebnisse wird
bisher nicht von allen Anbietern unterstützt. Auch hierauf ist bei der Toolauswahl zu
achten.

3.3.3 Herausforderungen bei der Toolauswahl


Einer der häufigsten Fehler besteht darin, dass Unternehmen zu früh in ein sehr kosten-
intensives Tool investieren und dabei der Funktionsumfang des Tools vorgibt, was ge-
messen wird (bzw. werden kann). Daher ist es wichtig, sich bei der Entscheidung für ein
Social Monitoring Tool ausreichend Zeit für die Definition von Selektionskriterien und
Bewertungsmethodik sowie insbesondere für die Testphase zu lassen. Spezieller Wert
sollte auf flexible Architektur, KPI-Definitionen und -Messbarkeit sowie Plattformkom-
patibilität gelegt werden, damit auf Veränderungen im schnelllebigen Social Web mit
dem ausgewählten Tool zügig reagiert werden kann.
402 Angela Schmitz-Axe et al.

Beispiel: Deloitte verwendet für sein globales Social Media Monitoring die Software Li-
thium. Die einzelnen Landesgesellschaften können unabhängig davon auch andere Software
für ein lokales Monitoring wählen. Selektionskriterien, die zur Auswahl von Lithium geführt
haben, waren unter anderem das Pricing der Anbieter (Kosten für Lizenzen, Kosten pro
Suchabfrage, Minium-Vertragslaufzeit, Discount), verfügbare Kennzahlen/Metrics, Mög-
lichkeit einer Sentiment-Analyse, verfügbare Sprachen, prozentuale Abdeckung der Posts,
Dashboard-Design und -Funktionalitäten, Filter für Spam etc.

3.4 Social Brand Reporting

Das Reporting umfasst die graphische und inhaltliche Aufbereitung der Measurement-
und Monitoringergebnisse. Es wird entweder direkt aus den Measurement- und Monito-
ring-Tools heraus generiert oder aber im bestehenden Brand Reporting auf Basis der
erhobenen Daten integriert. Eines der zentralen Erfolgskriterien für ein aussagekräftiges
Social Media Reporting ist neben der Einfachheit der Darstellung, der Fokussierung auf
die wesentlichen Informationen und der Definition der Empfänger insbesondere die
Geschwindigkeit, mit der die Erkenntnisse den Reporting-Empfänger erreichen.
Zu Beginn sollte definiert werden, welche Informationen und Kennzahlen mit wel-
chem Detailgrad das Social Brand Reporting enthalten sollte. Bei proprietären Lösungen
werden häufig verschiedene Reporting-Ebenen (strategisch, operativ), Empfänger-
Ebenen (Top-Management, Abteilung) bzw. regionale Ebenen (international, national,
regional) definiert, nach denen Berichte abgerufen werden können. Darauf basierend
kann ein Dashboard bzw. Cockpit mit einer graphischen Nutzeroberfläche definiert und
designt werden, das alle Kennzahlen und Ergebnisse umfasst. Wichtig ist, dass das Dash-
board kontinuierlich und aufwandsarm angepasst und erweitert werden kann.
Viele Software-Anbieter ermöglichen dem Anwender die Erstellung eigener Dashbo-
ard-Sichtweisen und machen die Ergebnisse auch unterwegs auf mobilen Endgeräten
abrufbar. Das Dashboard sollte aber vor allem einen Mehrwert durch eine intelligente
Daten-Interpretation und eine Ableitung von Handlungsoptionen liefern. Dies kann
selten automatisiert erfolgen und erfordert meist die Einstellung mindestens eines Mit-
arbeiters.
Für den Social-Branding-Bereich sind im Wesentlichen zwei unterschiedliche Arten
von Reporting relevant:

• Vertikales Reporting: Die Erkenntnisse werden hierarchisch „nach oben“ zum Mana-
gement berichtet und bilden die Basis für Entscheidungen des Top-Managements.
Das vertikale Reporting wird v. a. für die Erfolgskontrolle der Social-Branding-
Maßnahmen und zur Validierung des Social-Branding-Wertes für die gesamte Orga-
nisation verwendet.
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 403

• Laterales Reporting: Die Erkenntnisse bzw. Aktivitäten werden für unterschiedliche


Unternehmensbereiche sichtbar gemacht, Analyseergebnisse und Beobachtungen ge-
teilt und Handlungsbedarfe bereichsübergreifend erarbeitet. Das Ziel ist hier, allen
Stakeholdern am Social-Media-Gesamtprogramm Transparenz darüber zu geben, was
in den einzelnen Bereichen passiert und welche Auswirkungen bestehen können. Die-
se Form des Reportings ist v. a. im Rahmen von Krisenprävention und -management
sowie zum Austausch von Kunden- und Marktinformationen relevant (vgl. [2]).

Eine der Hauptherausforderungen beim Reporting besteht darin, dass oft nicht Er-
gebnisse und Erkenntnisse, sondern nur Datenübersichten bereitgestellt werden, ohne
dass diese in einen aktuellen, inhaltlichen Kontext gestellt werden. Dieses erschwert in
der Analyse das Ableiten angemessener Handlungsoptionen.

3.5 Analyse & Ableitung von Maßnahmen

Die Analyse umfasst die Interpretation der im Reporting bereitgestellten quantitativen


und qualitativen Messergebnisse und ist, falls nötig, die Voraussetzung für die Ableitung
geeigneter Maßnahmen. Der Fokus der Analyse sollte darauf liegen, die Erreichung der
vordefinierten Ziele belastbar festzustellen. Die Ursachen von Erfolg oder Misserfolg
einer Social-Branding-Maßnahme können so im Folgenden identifiziert werden.

3.5.1 Ansatzpunkte zur Analyse von Measurement-


und Monitoring-Ergebnissen
Bei der Ergebnisanalyse von Social-Branding-Maßnahmen im Rahmen des Measure-
ments können folgende Fragestellungen hilfreich sein:

• Wurde das Ziel der Social-Branding-Maßnahme erreicht? Warum und inwiefern?


• Wie entwickelt sich die Maßnahme im Zeitablauf?
• Was bedeutet das für das Social-Branding-Gesamtprogramm?
• Welche Konsequenzen und Handlungsalternativen lassen sich daraus ableiten?
• Auf welche Aktivitäten sollte sich das Team langfristig fokussieren?

Demgegenüber umfassen Analysen zur Gewinnung von Marktinformationen und zur


Früherkennung möglicher PR- bzw. Brand-Risiken im Rahmen des Monitorings unter
anderem:

• Identifikation von Meinungsführern und Multiplikatoren,


• Durchführung von Sentiment-Analysen,
• Durchführung von Relevanz-Analysen (Identifikation der Seiten/Plattformen, die die
höchste Relevanz/Reichweite für ein definiertes Thema besitzen) im Social Web,
404 Angela Schmitz-Axe et al.

• Ermittlung des Share of Voice,


• Identifikation von Krisenthemen.

Bei der Analyse liegt eine Schwierigkeit darin, dass Einzelergebnisse bedeutungslos er-
scheinen können, aber in Kombination mit der Entwicklung anderer Kennzahlen wert-
volle Erkenntnisse liefern. Es ist daher wichtig, Kennzahlen in einen Gesamtzusammen-
hang zu bringen und zu interpretieren. Außerdem sollten Personen, die die Messung
und Datenanalyse durchführen, dem Social-Branding-Programm neutral gegenüberste-
hen (d. h., ihre Ziele sollten nicht den Erfolg des Programms beinhalten), um eventuelle
Motivationen zur Datenmanipulation zu minimieren.

3.5.2 Ableitung von Handlungsbedarfen


Das letztendliche Ziel von Social Brand Controlling besteht in der Schaffung der Rah-
menbedingungen zur zeitnahen Ableitung von Handlungsoptionen und zur Herbeifüh-
rung von Entscheidungen über das zukünftige Vorgehen. Die Erkenntnisse der Analyse
können z. B. dazu verwendet werden, Einfluss auf den Erfolg der Social-Branding-
Maßnahmen zu nehmen, um entstehende PR-Krisen frühzeitig abzuwenden oder um auf
Branding-Aktivitäten des Wettbewerbs zu reagieren. Bei der Ableitung der Konsequen-
zen und Handlungsoptionen ist ein Austausch mit den jeweils themenspezifisch relevan-
ten Bereichen des Unternehmens erfolgskritisch. Speziell für den Fall potenzieller PR-
Krisen ist es besonders wichtig, dass Prozesse schlank und effizient definiert sind sowie
dass alle Prozesse, Befugnisse und Verantwortungen für alle Beteiligten transparent sind.
Nur so ist ein professionelles und zeitnahes Reagieren möglich.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Die Ausführungen haben gezeigt, dass Social Brand Controlling zu den wesentlichen
Herausforderungen der Brand Manager im deutschen Social-Media-Umfeld gehört. Nur
wenige Unternehmen verfügen über ein ganzheitliches Social-Brand-Controlling-
Konzept, das ein effizientes Social Measurement und Monitoring ermöglicht. Dieses ist
jedoch essenziell, sollen die Erreichung selbst gesteckter Social-Branding-Ziele effektiv
gemessen und Brand-Risiken im Social Web rechtzeitig erkannt werden.
Erfolgskritisch für die Etablierung des Social Brand Controllings sind vor allem eine
durchdachte Planung und ein strukturiertes Vorgehen, das u. a. auch bei der Auswahl
unterstützender Software-Tools zum Einsatz kommen muss. Hier sollte ausreichend Zeit
und Ressource in die konzeptionelle Vorbereitung von Measurement, Monitoring und
Software-Selektion investiert werden.
Auch wenn nicht jede Brand-Krise frühzeitig abgewendet werden kann, bietet ein
professionelles, Software-gestütztes Social Brand Monitoring einen signifikanten Schutz
gegen Social-Brand-Risiken. Da deren Relevanz stetig zunimmt, werden Unternehmen
Social Brand Controlling – Chancen und Herausforderungen 405

ihr Social Media Monitoring zunehmend in bestehende Risikomanagement-Prozesse


integrieren müssen, um kanalübergreifend agieren und reagieren zu können. Angesichts
der weiterhin steigenden Vielfalt, Vernetzung und Komplexität im Social Web werden
für das gesamte Thema Social Media Controlling, als Bestandteil eines ganzheitlichen
Social-Media-Governance- sowie Risk- und Compliance-Konzepts, deutlich mehr per-
sonelle Ressourcen notwendig werden, als dies heute der Fall ist.

Literaturverzeichnis

1 Aaker, D. A. (1991): Managing Brand Equity: Capitalizing on the Value of a Brand Name, New York.
2 Blanchard, O. (2011): Social Media ROI: Managing and Measuring Social Media Efforts in Your
Organization, Indianapolis.
3 BrandZ (2001): Global Top 100 Ranking 2011, 6th Annual Release by Millward Brown Optimor,
URL: http://www.millwardbrown.com/libraries/optimor_brandz_files/2011_brandz_
top100_chart.sflb.ashx, abgerufen am: 16.11.2011.
4 Elliot, N. (2009): Three Steps To Measuring Social Media Marketing.
5 Esch, F.-R. (2005): Ansätze zur Messung des Markenwerts, in: Esch, F.-R. (Hrsg.): Moderne Marken-
führung – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzung, Wiesbaden.
6 Fink, S./Zerfaß, A./Linke, A. (2011): Social Media Governance 2011 – Kompetenzen, Strukturen und
Strategien von Unternehmen, Behörden und Non-Profit-Organisationen für die Online-Kommuni-
kation im Social Web, URL: http://www.ffpr.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dokumente/Social_
Media_Governance_2011_-_220811_Final.pdf, abgerufen am: 16.11.2011.
7 Interbrand (2011): Best Global Brands 2010 Rankings, URL: http://www.interbrand.com/de/
knowledge/best-global-brands/best-global-brands-2008/best-global-brands-2010.aspx, abgerufen am:
16.11.2011.
8 Lasica, J. D. (2011): 10 paid social media monitoring services for nonprofits, URL:
http://www.socialbrite.org/2011/01/12/paid-social-media-monitoring-services/, abgerufen am:
16.11.2011.
9 Lasica, J. D./Bale, K. (2011): Top 20 social media monitoring vendors for business, URL:
http://www.socialmedia.biz/2011/01/12/top-20-social-media-monitoring-vendors-for-business/, ab-
gerufen am: 16.11.2011.
10 Legler, L./Többens, T./Schmitz-Axe, A. (2010): Was nutzt Social Media?, in: Absatzwirtschaft, Son-
derausgabe zum Deutschen Marketingtag, S. 42–43.
11 Paulke, S. (2010): Social Media Monitoring-Studie: Marketing im Blindflug? Zweidrittel-Mehrheit
der Unternehmen in Deutschland verzichtet auf Social Media Monitoring-Software, URL:
http://wortundwelt.wordpress.com/2010/07/21/social-media-monitoring-studie-marketing-im-
blindflug-zweidrittel-mehrheit-der-unternehmen-in-deutschland-verzichtet-auf-social-media-
monitoring-software/, abgerufen am: 16.11.2011.
12 Pepperglobal (2010): Social Media Monitoring Studie, URL: http://www.pepperglobal.com/
html/de/doc/knowledge/20101122_Ergebnisse_SMM_Survey_v1_0.pdf, abgerufen am: 12.12.2010.
Teil E
Perspektiven des Social Branding
Social Branding – Vom Customer Access
zum Social Shopping 27
Harald Eichsteller, Andreas Schwend

Inhaltsverzeichnis

1 Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping ....................................... 410
2 Kontroll-Radar der Medien...................................................................................................... 410
3 Definition Social Shopping ...................................................................................................... 412
4 Ergebnisse F-Commerce-Studie.............................................................................................. 413
5 Ausblick....................................................................................................................................... 416
6 Anhang: Detailauswertung F-Commerce-Studie ................................................................. 417
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 419

_______________________
Prof. Harald Eichsteller ()
Hochschule der Medien, 70569 Stuttgart, Deutschland
e-mail: harald@eichsteller.com
Andreas Schwend ()
Rommelstr. 11, 70376 Stuttgart, Deutschland
e-mail: 360ecommerce@dmc.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 409


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_27, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
410 Harald Eichsteller, Andreas Schwend

„Von Social Branding zu Social Shopping. Dem Zugang zu Online-Shoppern mit Facebook-Profil wer-
den zweistellige Milliardenumsätze bis 2015 prognostiziert.“ Prof. Harald Eichsteller

„Noch ist das Vertrauen der Konsumenten in Social Shopping ausbaufähig, aber das Potenzial ist ge-
waltig. Markenunternehmen sollten deshalb erste Testballons im Social Commerce starten, um für die
Zukunft gerüstet zu sein.“ Andreas Schwend

1 Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping

Die schnelle und enorme Verbreitung von Facebook beflügelt die Fantasien von For-
schungsinstituten, Analysten und Strategieberatern, dass sich durch den Zugang zu meh-
reren hundert Millionen Verbrauchern auch Shopping-Umsätze machen lassen sollten.
Dieser Ansatz wird schon seit vielen Jahren selbst im Marketing-Klassiker von Kotler
und Bliemel propagiert, wo den bekannten 4 P’s die kundenorientierten 4 C’s zur Seite
gestellt werden, der „Customer Access“ den „Place“ flankiert und manches Mal auch
ablöst (vgl. [7]). Bei Wachstumsstrategien in der Old Economy hat sich dieser Ansatz
bestens bewährt (vgl. [4]). Für die sozialen Medien quantifizieren Booz & Company
dieses Potenzial und sagen Facebook & Co. eine Zukunft als Commerce-Kanal mit einem
Umsatz von 30 Mrd. US-Dollar bis 2015 voraus (vgl. [2]).

2 Kontroll-Radar der Medien

Bei vielen Markenartiklern und Retail-Organisationen mit starken Marken bedarf es


zunächst eines Reviews der „klassischen“ Webstrategien. So untersuchte Henkel bei-
spielsweise Anfang 2011 das Nutzerverhalten der Kundinnen der Marke Schwarzkopf.
Die Analyse relevanter Google-Suchworte ergab, dass nur ganz wenige gezielt nach
einem Produkt suchten, allerdings 16 Mio. Abfragen im Monat rund um das Thema
„Frisur“ gestartet werden. Die Entscheidung, Shampoo-Flaschen von der Startseite zu
verbannen und statt dessen durch attraktive Frisuren-Visuals zu ersetzen, lag auf der
Hand. „Das Unternehmen wird zum Medium“, erläutert Frank Horn den Strategiewech-
sel und kann dabei beeindruckende Steigerungsraten im Zugriff auf die Website eines
klassischen Low-Interest-Produktes nachweisen (vgl. [6]).
Doch damit ist Schwarzkopf gerade erst im digitalen Bereich des Brandings ange-
kommen. Der Facebook-Auftritt verzeichnet in Deutschland nur 1.325 Fans (vgl. [11]).
Werden zukünftig die Aktivitäten auf der sozialen Plattform mit starkem viralen Charak-
ter angelegt, ist die Chance vorhanden, dass man eine Reichweite von knapp 200.000
Unique Usern erreicht – dazu müsste aber jeder Fan durch seine Interaktivität dafür sor-
gen, dass jeder der durchschnittlich 150 Freunde erreicht wird (1.325 × 150 = 198.750).
Für die Kontrolle des Erfolgs auf diesem Weg bedarf es einer ständigen Beobachtung,
wie Unternehmens- und Produktmarken im Spiegel der digitalen Öffentlichkeit positio-
Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping 411

Marketing >> Werbung >>


owned content paid content

Social >> PR >>


conversations earned content

Abb. 1 Kontroll-Radar der Medien (Quelle: vgl. [13], eukalyptusdesign)

niert sind. Ein einfaches Abbild kann man herstellen, indem man eine Suchabfrage nach
seiner Marke in Google startet. Suchmaschinenoptimierung (SEO) und klassische PR
sorgen dafür, dass eigener Content (auf einer eigenen Domain) und Berichte über die
Marke idealerweise ganz oben im Suchergebnis auftauchen. Suchmaschinenmarketing
(SEM) sorgt gegen Bezahlung dafür, dass dies auch im Bereich der Anzeigen (oben und
rechts) passiert. Häufig werden in diesem Kontext die englischen Begriffe Paid, Owned
und Earned Media bzw. Content verwendet.
Die Wichtigkeit des Social Contents nimmt dabei deutlich zu. Google hat diesem
Umstand Anfang 2011 Rechnung getragen und als zusätzliche Navigationselemente
„Blogs“ und „Diskussionen“ eingeführt. In Würdigung des Cluetrain Manifesto (vgl. [3])
haben wir diesen Bereich mit dem englischen Begriff „Conversations“ versehen und in
Anlehnung an das Konvergenz-Radar der Medien ein Kontroll-Radar der Medien mo-
delliert (vgl. [5]).
Für einen effektiven Einsatz von Budgets spricht, wenn eine Projektion des Radars auf
die Google-Abfrageergebnisse optische Deckung mit den Modellkoordinaten herstellt1
(vgl. [8]2). Bekanntlich ist es besonders wichtig, auf der ersten Seite der Google-Abfragen
zu landen; immer mehr Marken schaffen dies mittlerweile mit ihrem Facebook-Auftritt,
Lower-Interest-Produkte häufig über Facebook-Kampagnen, die mit attraktiven Verlo-
sungen und Gewinnspielen verknüpft sind.

1
Am Beispiel einer Digitalkamera (z. B. Canon IXUS 115 hs) ist dies leicht nachzuzeichnen.
2
Lange [8] verwendet die gleichen Quadranten vertikal vertauscht; Social und Earned Content erzielen
höhere Glaubwürdigkeitswerte und sind bei ihm damit oben positioniert.
412 Harald Eichsteller, Andreas Schwend

Für Higher-Interest-Produkte sorgen eigene Markenshops (vgl. [12]) und immer


mehr auch Social Shopping für relevante Zugriffe und damit für ein Top-Ranking bei
Google. Vielzitiertes Beispiel ist fahrrad.de, die zunächst Preisnachlässe von 10 % auf
Fahrräder für 1.000 € in ihrem Facebook-Shop als Teaser benutzten (vgl. [15], S. 89).
„Der Facebook-Shop ist hauptsächlich als Special Feature und Dankeschön für unsere
Fans gedacht“, wird die PR Managerin des schwäbischen Internetstores in einem Inter-
view zitiert (vgl. [8]).
Da Facebook-User wenig Erfahrung mit speziellen Fan-Angeboten und Fan-Shops
haben, kann man als Marke und Unternehmen besonders wirkungsvoll überraschen –
weniger als 20 % können sich überhaupt gelungene Ansätze vorstellen3. Doch Social
Shopping ist wesentlich weiter gefasst, als Produkte statt im Online-Shop auch im Face-
book-Shop zu verkaufen.

3 Definition Social Shopping

Die soziale Komponente des digitalen Einkaufs hat grundsätzlich zwei Varianten. Ent-
weder handelt es sich um ein Shopping-Angebot, das auf einem „sozialen Netzwerk“ wie
Facebook stattfindet, oder das eigene bzw. das Involvement der Freunde ist „sozial“, das
Angebot hat aber keinen Bezug zu Facebook & Co4 (vgl. [14]). Die folgenden vier Vari-
anten von Social Shopping, die nichts mit sozialen Netzwerken zu tun haben, sind am
häufigsten verbreitet und auf diversen Plattformen entwickelt und erfolgreich aktiv.

Social-Shopping-Varianten außerhalb sozialer Netzwerke

• Bestellen individueller Mixes


Müsli, Kaffee, Tee, Schokolade – z. B. mymuesli.de, chocri.de
• Eigene Designs an Fremde verkaufen
T-Shirts, „Einzigartiges“ – z. B. spreadshirt.net, dawanda.com
• Produkte darstellen/Provision bekommen
Fashion – z. B. stylr.de
• Freunde abstimmen lassen (Provision bekommen)
Fashion, Accessoires – z. B. edelight.de; Diesel Jeans In-Store (vgl. [1])

Social-Shopping-Varianten mit Facebook (F-Commerce)


F-Commerce findet entweder „on Facebook“ statt, d. h. in den Facebook-Shops der Un-
ternehmen und bietet als Zahlungsmittel PayPal, Kreditkarten oder die eigenen Face-

3
Siehe Detailauswertung Abb. 8.
4
Hier sei mit einem Schmunzeln angemerkt, dass die bei Studenten so beliebte Quelle Wikipedia bei der
Recherche völlig versagt (Stand: 16.9.2011); Social Shopping gibt es nicht, Social Commerce ist sowohl
inhaltlich als bzgl. der Literaturhinweise im Januar 2008 stehengeblieben.
Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping 413

book-Credits an. Diese „Währung“ ist vom Kauf virtueller Güter in Facebook-Spielen
wie Farmville bekannt; bei Facebook-Deals werden Gutscheine verkauft, die dann statio-
när oder online eingelöst werden können – in den USA eine beliebte Art der Neukun-
dengewinnung.
„Off Facebook“ ist die einfachste Möglichkeit, Facebook zur Unterstützung der eige-
nen Shopping-Internet-Site zu nutzen, die Einbindung des „Gefällt mir“-Buttons als
Plug-in.
Mit der weiteren Verbreitung von Smartphones und der damit einhergehenden mobi-
len Nutzung von Facebook an unterschiedlichen „Locations“ wird Facebook-induzierter
Commerce erst richtig in Fahrt kommen.
Damit werden die weiteren „off Facebook“-Varianten wie Check-in-Deals und In-
Store-Angebote für breitere und größere Zielgruppen interessant. Einige Cafés und Re-
staurants haben hier beachtliche Erfolge erzielt. Über die Facebook-App auf iPhones und
Android-Geräten kann man sich beim Betreten der „Location“ anmelden und erhält eine
spezielle Fan-Begrüßung. Erste erfolgreiche Tests konnte die Italo-Restaurant-Kette
Vapiano verzeichnen, die beim gemeinsamen Einloggen mit vier Freunden eine Flasche
Prosecco und Bruschettas spendierte.
Dass Facebook im Herbst 2011 eine Evaluierungspause für Check-in-Deals verkün-
dete, könnte taktische Gründe vor dem Börsengang bzgl. der Vergleichbarkeit mit Grou-
pon gehabt haben, stellt aber die strategische Sinnhaftigkeit solcher Features u. E. nicht
in Frage (vgl. [10]).
Das in Abb. 2 dargestellte Ecosystem fokussiert in der dargestellten Kurzfassung auf
die wichtigsten Facebook-Commerce Komponenten, auf die Darstellung weiterer inte-
ressanter Features wie Open Graph wird an dieser Stelle verzichtet (vgl. [9]).

4 Ergebnisse F-Commerce-Studie

Die hier vorgestellten Studienergebnisse halten den Status quo fest, wie sich Einstellungen
und Erwartungen der Online-Shopper mit Facebook-Profil in Deutschland tatsächlich
darstellen. Es wurden sechs Fragen in den Omnibus von eResult, einem passiv rekrutier-
ten Online-Access-Panel eingespeist. Mittels Quotenplaner wurden Panellisten eingela-
den, bis die Stichprobengröße erreicht war. Erhebungszeitraum war 22. bis 27. Juli 2011,
Gesamtzahl der Teilnehmer: 600. Die Stichprobe wurde bzgl. Alter und Geschlecht an die
AGOF-Daten zur Internetnutzung in Deutschland angepasst. Die Ergebnisse beziehen
sich auf insgesamt 411 Probanden, die sowohl Online-Shopper als auch Facebook-Nutzer
sind. Die Fragen sowie Ergebnisse mit Balkengrafiken sind am Ende systematisch zu-
sammengestellt, zunächst erfolgt eine Entscheider-orientierte Aufbereitung mit prägnan-
ten Kernaussagen.
414 Harald Eichsteller, Andreas Schwend

Abb. 2 F-Commerce-Ecosystem (Quelle: vgl. [13], eukalyptusdesign)

Facebook-Commerce noch nicht angekommen


Beim Endkonsumenten ist die Kombination von Shopping und Facebook noch nicht im
Bewusstsein verankert, obwohl schon über 60 % Fans von einer oder mehreren Marken
oder Unternehmen sind. Nur 5,8 % der Online-Shopper mit Facebook-Profil haben
schon einmal ein gelungenes Shopping-Angebot bei Facebook gesehen, 50 % erwarten
bei Facebook keinen Shop und haben noch nie daran gedacht, dass Facebook auch für
Shopping geeignet wäre.

Erwartungen an Facebook-Shops noch nicht besonders ausgeprägt


Konkret (gestützt) nachgefragt, würden knapp die Hälfte der Befragten Angebote erwar-
ten, die preisreduziert oder limitiert sowie speziell für Fans angelegt wurden. Das kom-
plette Warenangebot könnte sich ein Drittel vorstellen. Ein Grundthema scheint derzeit
noch das Vertrauen in Facebook zu sein: Weniger als 10 % möchten im Facebook-Shop
alles erledigen. Hingegen ist es 50 % lieber, den auf Facebook gestarteten Einkauf dann
im vertrauten Online-Shop des Anbieters abzuschließen. Somit eignet sich der Face-
book-Shop derzeit eher für aktuelle und exklusive Angebote denn für ausgedehnte digi-
tale Shopping-Touren.

Facebook-User eignen sich gut für innovative Marketingansätze


25 % der Deutschen haben ein Facebook-Profil und für diese sind Marken eher wichtiger
als der Preis einer Ware – für 58 % haben Marken eine hohe Bedeutung.
Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping 415

Abb. 3 Profil der Studienteilnehmer – Übersicht (Quelle: vgl. [13], eukalyptusdesign)

10% 28% 20% 16% 18% 8% 14% 31% 23% 16% 11% 5%

Marke Preis extrovertiert zurückhaltend


Abb. 4 Profil der Studienteilnehmer – Detail (Quelle: vgl. [13], eukalyptusdesign)

Diese Konsumenten bevorzugen in bestimmten Produktbereichen ein oder zwei Mar-


ken; für 26 % hingegen ist der Preis entscheidend und wichtiger als die Marke. Spezielle
(preislich attraktive) Angebote erscheinen den 60 % der Nutzer, die bereits Fans einer
Marke oder eines Unternehmens sind, besonders vielversprechend.
Stark ausgeprägt sind definitiv Begeisterungsfähigkeit und Mitteilungsfreudigkeit –
68 % würden sich selbst als eher mitteilsam einstufen und nur 16 % als zurückhaltend
und sehr zurückhaltend. Es zeigt sich deutlich, dass kreative Facebook-Angebote darauf
bauen können, dass Fans sich involvieren lassen und bei entsprechender „Incentivie-
rung“ virale Effekte anstoßen, die schnell und epidemieartig wirken.

Produkthinweise bei Facebook finden mehr Beachtung als Banner


Facebook-Nutzer verbringen 90 % ihrer Zeit im Bereich „Neuigkeiten“, davon den
Großteil in den „Hauptmeldungen“. Zwei Drittel beachten Produkthinweise am ehesten,
wenn sie bei Facebook im Bereich „Neuigkeiten“ auftauchen – ein Drittel, wenn der Hin-
weis vom Unternehmen verbreitet wird, bei dem man als Fan registriert ist, und ein
Drittel, wenn die News von einem Facebook-Freund kommt.
Suchergebnisse bei Google liegen naturgemäß mit 74 % weit an erster Stelle der be-
achteten Produkthinweise, Newsletter per E-Mail zu beziehen ist aber definitiv noch
nicht aus der Mode – 56 % beachten die Produkthinweise in Newslettern am ehesten.
Erwartungsgemäß liegen Banner abgeschlagen auf dem letzten Platz und performen mit
416 Harald Eichsteller, Andreas Schwend

20 % Beachtung weit schlechter als Produkthinweise von Unternehmen auf Facebook,


was sich heute in den Budgets der werbetreibenden Wirtschaft noch nicht widerspiegelt.
Bei Facebook ist aber auch zu berücksichtigen, dass Produkthinweise ebenso untergehen
können wie viele andere „Neuigkeiten“, wenn die Zielgruppe nicht „always on“ ist. Somit
wird es umso wichtiger, interessante Produktfeatures und -kampagnen mit viralem Cha-
rakter zu kreieren, die bewirken, dass die Meldung mehrfach erscheint und damit deren
Effekt verstärkt wird.

Facebook-Empfehlungen in klassischen Online-Shops wenig nachgefragt


Nur jeder Vierte wünscht sich die Verknüpfung von Online-Shops mit den Bewertungen
und Empfehlungen seiner Facebook-Freunde. Die Nachfrage, ob man bereit wäre, sich
dann über das Facebook-Login anzumelden und den Zugriff auf das Profil zuzulassen,
beantworten nur noch 20 % zustimmend. Somit sind nur 5 % der Online-Shopper mit
Facebook-Profil bereit, dieses aktiv einzusetzen.

5 Ausblick

Die Ergebnisse der Studie basieren auf der Befragung des besonders attraktiven Zielgrup-
pensegments der Online-Shopper mit Facebook-Profil. Jedoch hat sich teilweise sehr
deutlich gezeigt, dass man 2011 noch ganz am Anfang der Entwicklung steht und Nut-
zererwartungen selbst mit gestützter Abfrage noch nicht besonders ausgeprägt sind. Hier
ergibt sich ein enormes Potenzial für kreative Ansätze und Kampagnen.

Kundenkonzepte der Zukunft werden Social – Local – Mobile5


Social-Media-Konzepte stellen allerdings hohe Anforderungen an traditionelle Werber
– die Herausforderung ist, aus Kunden aktive Multiplikatoren zu machen. Idealerweise
müssten Konzepte auch ohne gekaufte Media „fliegen“. Aus der Belegung eines Kanals
wird eine kundenorientierte Involvement-Strategie, aus einer Folge von einzelnen Kam-
pagnen wird ein langfristig angelegtes Projekt. Die größte Umstellung ist es jedoch,
vielfältige situative Konzepte außerhalb der Nutzung am heimischen PC entwickeln zu
müssen. Gefordert ist hier der Dreiklang von Social, Local und Mobile. Die mobile
Nutzung von sozialen Medien eröffnet zusätzliche Chancen in lokalen Märkten. In-
formationsdesigner und -architekten versetzen sich in die Lage des Kunden mit Fragen
wie:

„Plane ich zu Hause eine ‚Outdoor-Aktivität‘ und bin empfänglich für Angebote, die ich dann vor Ort
realisieren kann?“ „Bin ich unterwegs und suche eine Location in der Nähe?“ „Bin ich schon da?“
„Könnten potenziell Freunde in der Nähe sein, die aktiviert werden können, auch in die Location zu
kommen?“

5
„Social – Local – Mobile“ ist auch als Abkürzung „SoLoMo“ (vgl. [9]) und als Konferenz-Motto im
Einsatz (vgl. [6]).
Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping 417

Die Geo-Lokalisierung von Smartphones und den dazugehörigen Freunden wird zum
Kern sozialer Werbekonzepte und -kampagnen, Kreativität und Überraschungseffekte
werden zum Treiber des Markenerfolgs.

6 Anhang: Detailauswertung F-Commerce-Studie

Was für ein Typ sind Sie am ehesten?


Marken sind mir wichtig und ich bevorzuge in bestimmten Produktbereichen ein oder zwei Marken.
ODER Für mich ist der Preis entscheidend und wichtiger als die Marke.

Marken sind mir


9,7%
wichtig.

27,5% Marke hohe Bedeutung: 57,7%

20,4%

15,8%

18,2%
Marke niedrige Bedeutung: 42,3%
Für mich ist der
8,3%
Preis entscheidend.

Abb. 5 Markenbedeutung (Quelle: vgl. [13], eResult)

Was für ein Typ sind Sie am ehesten?


Ich kann mich für Marken richtig begeistern und erzähle meinen Freunden gerne von positiven Erlebnissen
mit Marken, Produkten und Dienstleitungen. ODER
Ich bin nicht der Typ, anderen meine positiven Produkterfahrungen oder Markenerlebnisse mitzuteilen.

Markenbegeistert und
13,6%
mieilungsfreudig.

30,9% Eher mieilsam: 67,7%

23,4%

15,6%

11,2%
Eher zurückhaltend: 32,1%
Teilt sich nicht mit. 5,4%

Abb. 6 Meinungsführer (Quelle: vgl. [13], eResult)


418 Harald Eichsteller, Andreas Schwend

Was für ein Typ sind Sie am ehesten?


Ich bin auf Facebook Fan von einer Marke oder einem Unternehmen.
ODER Ich kann mir nicht vorstellen, Fan von einer Marke oder einem Unternehmen auf Facebook zu werden.

Ich bin auf Facebook Fan


von einer Marke oder 22,1%
einem Unternehmen

18,5% (potentieller) Fan: 60,1%

19,5%

11,4%

12,4%
Kein potentieller Fan: 39,9%
Ich kann mir nicht
vorstellen, Fan auf 16,1%
Facebook zu werden.

Abb. 7 Facebook-Fan (Quelle: vgl. [13], eResult)

Wie ist Ihre Erfahrung und Einstellung zu Shops innerhalb von Facebook?

Ich kaufe lieber direkt in einem Onlineshop ein. 63,5%

Ich erwarte bei Facebook keinen Shop. 52,1%

Ich habe noch nie daran gedacht, dass Facebook


46,5%
auch für Shopping geeignet wäre.
Als Fan könnte man mir auf Facebook direkt auch
16,8%
besondere Angebote zukommen lassen.
Einen Facebook-Shop meiner Lieblingsmarke fände
12,7%
ich toll
Ich habe schon mal ein gelungenes Shopping-
5,8%
Angebot bei Facebook gesehen.

Abb. 8 Erfahrung und Einstellung zu Facebook-Shops (Quelle: vgl. [13], eResult)


Social Branding – Vom Customer Access zum Social Shopping 419

Was würden Sie von einem Faceboo-Shop erwarten?

Mir ist es lieber, meinen Einkauf auf Facebook dann in


dem Online-Shop des Anbieters abzuschließen.
49%

Aktuelle und exklusive Angebote (z. B.


preisreduzierte, limitierte oder spezielle Fan-Angebote)
48%

Das gesamte Sortiment des Anbieters. 32%

Auf mein Facebook-Profil angepasste Produkte eines


Anbieters.
15%

Ich möchte den gesamten Einkauf inklusive


Bezahlvorgang direkt auf Facebook durchführen.
10%

Abb. 9 Erwartungen an Facebook-Shop (Quelle: vgl. [13], eResult)

Literaturverzeichnis

1 Allfacebook (2011): URL: http://www.allfacebook.com/diesel-cam-brings-facebook-to-the-fitting-


room-2010-05, abgerufen am: 17.09.2011.
2 Booz & Company (2011): Turning Like to Buy. Social Media Emerges as a Commerce Channel, URL:
http://www.booz.com/media/uploads/BaC-Turning_Like_to_Buy.pdf, abgerufen am: 16.10.2011.
3 Cluetrain (2011): URL: http://www.cluetrain.com/, abgerufen am: 26.11.2011.
4 Eichsteller, H. (2007): Kundenorientierte Strategien – Schlüsselerfolgsindikatoren (KPI) und Umset-
zung, in: Deutscher Direktmarketing Verband (Hrsg.), Dialogmarketing Perspektiven 2006/2007,
Wiesbaden.
5 Eichsteller, H. (2008): Der konvergente Medien- und Telekommunikationsmarkt – Standortbestim-
mung der Akteure in den TIME-Märkten, in: Kaufmanns, R./Siegenheim, V./Sjurts, I. (Hrsg.): Aus-
laufmodell Fernsehen? Perspektiven des TV in der digitalen Medienwelt, Wiesbaden.
6 Horn, F. (2011): Vortrag beim 20. ECC-Forum „Social – Local – Mobile“ am 15.09.2011 in Köln.
7 Kotler, P./Bliemel, F. (2001): Marketing-Management, 10. Auflage, Stuttgart.
8 Lange, M. (2011): Social Media – den Hype auf den Boden bringen, URL:
http://www.slideshare.net/talkabout/social-media-den-hype-auf-den-boden-bringen-2nd-edition,
abgerufen am: 17.9.2011.
9 Marsden, P. (2011): F-Commerce Selling on Facebook, The Opportunity for Consumer Brands, URL:
http://www.facebook.com/SYZYGYLondon?sk=app_128679060546154, abgerufen am: 14.10.2011.
10 Reuters (2011): URL: http://www.reuters.com/article/2011/08/26/
us-facebook-deals-idUSTRE77P6Q820110826, abgerufen am: 26.08.2011.
11 Schwarzkopf (2011): Facebook Fanpage, URL: http://www.facebook.com/Schwarzkopf. Deutschland,
abgerufen am: 17.9.2011.
12 Schwend, A. (2010): Im Focus Markenshops, Stuttgart.
13 Schwend, A./Eichsteller, H. (2011): Management Update Social Shopping, Stuttgart.
14 Social Commerce Today (2011): Social Commerce Definition List, URL:
http://socialcommercetoday.com/social-commerce-definition-word-cloud-definitive-definition-list/,
abgerufen am: 17.09.2011.
15 Werben & Verkaufen (2011): Preisnachlass gegenüber dem Online-Shop, Sonderserie F-Commerce
Teil 1 in Heft 28/2011, München.
Social Branding am Beispiel
der Social-Commerce-Plattform
28
Nestlé Marktplatz
Alexander Decker

Inhaltsverzeichnis

1 Hintergründe zur Entwicklung des Nestlé Marktplatzes .................................................... 422


1.1 Allgemeine Entwicklungen ....................................................................................... 422
1.2 Transparenz und Vertrauen als Schlüsselfaktoren
für die Lebensmittelbranche ..................................................................................... 424
1.3 Markenbildung über Verbraucherbeteiligung....................................................... 425
1.4 E-Commerce in der Lebensmittelindustrie ............................................................ 427
2 Die Konzeption des Nestlé Marktplatzes ............................................................................... 429
2.1 Zielsetzungen .............................................................................................................. 429
2.2 Die Komponenten des Nestlé Marktplatzes........................................................... 430
3 Gesamtwürdigung und erste Erfahrungen ............................................................................ 435
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 438

_______________________
Dr. Alexander Decker ()
Nestlé Deutschland AG, 60528 Frankfurt, Deutschland
e-mail: alexander.decker@gmx.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 421


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_28, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
422 Alexander Decker

„Der Nestlé Marktplatz zeigt, wie man Social Branding als integrativen Bestandteil einer an die aktuel-
len Entwicklungen im Bereich Social Media angepassten Markenkommunikations-Strategie umsetzen
kann.“ Dr. Alexander Decker

1 Hintergründe zur Entwicklung des Nestlé Marktplatzes

Am 01.09.2011 wurde die Social-Commerce-Plattform-Nestlé Marktplatz gelauncht. Der


Nestlé Marktplatz als Meinungsbörse ist in Transparenz, Dialogorientierung und Um-
fang das erste Angebot dieser Art und Dimension eines Lebensmittelherstellers und da-
mit auch Pilot-Markt innerhalb der Nestlé-Welt. Mit dem Start des Nestlé Marktplatzes
bietet Nestlé als der weltweit größte Lebensmittelhersteller Verbrauchern in Deutschland
erstmals öffentlich den Dialog über nahezu das gesamte Produktportfolio an. Unter
www.nestle-marktplatz.de können sich Konsumenten über rund 1.500 in- und auslän-
dische Nestlé-Produkte und 72 Marken detailliert informieren, diese bewerten, Fragen
stellen und – größtenteils sogar – direkt bestellen. Anhand von Sterne-Symbolen und
Verbraucherkommentaren spiegelt der Markplatz damit jedem Besucher per Klick trans-
parent die aktuelle Beliebtheit des Produkts wider.
Basis der Überlegungen zur Entwicklung des Nestlé Marktplatzes sind verschiedene
Entwicklungen, die in den letzten Jahren zu beobachten waren. Diese gilt es zunächst
darzustellen, um darauf aufbauend im zweiten Teil des Beitrags die konkrete Umsetzung
erläutern zu können.

1.1 Allgemeine Entwicklungen

Der gesellschaftliche Wertewandel hat unser alltägliches Leben stark verändert. Der All-
tag verliert mehr und mehr an Regelmäßigkeit und festen Strukturen. Damit geht zum
einen einher, dass sich die Art und Weise, wie sich die Menschen in Deutschland ernäh-
ren, verändert hat (vgl. [11], S. 20). Zum anderen hat sich aber auch das Informations-,
Kommunikations-, und Einkaufsverhalten der Verbraucher rasant verändert. Eine ent-
scheidende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Mediennutzungsverhal-
ten zu.
Als Informationsmedium, als Einkaufsstätte und als Dialogplattform ist das Internet
heute nicht mehr wegzudenken. 52,7 Mio. Menschen über 14 Jahre sind in Deutschland
online. Das entspricht 74,7 % der Bevölkerung. Die Tendenz ist steigend (2,7 %) (vgl.
[7]). Handys, Smartphones und Tablet-PC sind mittlerweile Alltagsbestandteile.
Diese Entwicklungen haben bereits viele Branchen seit Jahren beschäftigt. Aber was
bedeutet dies für Nestlé als Hersteller von Lebensmitteln und Marken wie Nescafé,
Maggi, Mövenpick oder Alete? Welche Chancen bietet das Internet im Hinblick auf die
Pflege der Kundenbeziehungen und vor allem die Markenbildung eines Lebensmittel-
herstellers?
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 423

Beziehungs-
Information Dialog
management

(One to many (One to one (Many to many


Kommunikation) Kommunikation) Kommunikation)

Broschüren Verbraucherservice Nestlé Marktplatz


Internetseite Nestlé Ernährungs- Social Media Seiten
studio

Abb. 1 Evolution der Kommunikation (Bsp. Nestlé) (Quelle: Nestlé intern)

Lange Zeit konzentrierte sich das Beziehungsmanagement von Lebensmittelherstellern


auf den Handel. Dieser wiederum stand im Wesentlichen mit den Verbrauchern im Kon-
takt. Die Markenbildung erfolgte weitestgehend über die klassischen Medien wie TV oder
Print. Im Gegensatz zu früher ist der Hersteller von Lebensmitteln aufgrund der genann-
ten Entwicklungen nicht mehr so weit vom Konsumenten entfernt. Das Internet hat den
Verbraucher näher an die Hersteller gebracht. Von daher wird dieses Feld auch für einen
Lebensmittelhersteller wie Nestlé immer interessanter und wichtiger. Dies lässt sich auch
gut an der Evolution der Kommunikation am Beispiel von Nestlé erklären (siehe Abb. 1).
Fokussierte sich die Kommunikation zunächst rein auf die Information der Verbrau-
cher über Broschüren sowie später auch über Internetseiten im Sinne einer „One to many“-
Kommunikation, so steigerte sich in den letzten Jahren das Bedürfnis der Verbraucher
nach Dialog. Diesen Anstieg konnte man im Falle von Nestlé bspw. daran erkennen, dass
sich das Inbound-Kontaktvolumen im Nestlé-Verbraucherservice, der für nahezu alle
Marken des Konzerns den Service durchführt, von 2008 bis 2011 im Telefoniebereich
um 25 %, im E-Mail-Bereich um 68 % steigerte. Das von den Verbrauchern angefragte
Online-Newsletter-Volumen bei Nestlé stieg im gleichen Zeitraum sogar um 320 %.
Die Entwicklungen, insbesondere der letzten drei Jahre, zeigen weitere Veränderun-
gen auf. Der Konsument verfügt heute über eine viel größere Auswahl. Er kann sich
mittels Google, Verbraucherportalen, sozialen Netzwerken und weiteren Quel-
len/Webseiten Informationen über Produkte einholen, Preise vergleichen oder auch
einfach nur stöbern, ohne aus dem Haus gehen zu müssen. Gerade das Social Web ge-
winnt dabei immer weiter an Bedeutung. So greift zum Beispiel die Hälfte der deutschen
Internetnutzer auf soziale Plattformen wie Facebook zu. Dadurch ist eine andere und
auch bessere Vernetzung als zuvor möglich, was mit einem anderen Kommunikations-
bedarf der Konsumenten einhergeht. Aus der „One to one“-Kommunikation wurde eine
„Many to many“-Kommunikation.
424 Alexander Decker

1.2 Transparenz und Vertrauen als Schlüsselfaktoren


für die Lebensmittelbranche

Ernährung und vor allem der Lebensmitteleinkauf werden viel stärker als in früheren
Jahrzehnten zum Kommunikationsthema: Sollte man auf diesen oder jenen Zusatzstoff
verzichten? Welcher Hersteller kann höchstmögliche Frische garantieren? Wer impor-
tiert aus welchen Ländern? Geht es um derartige Fragen, vertrauen die meisten Men-
schen vor allem Verwandten, Freunden und Bekannten.
Wie die Transparenz Studie 2011 zeigt, erwartet der Verbraucher in keiner anderen
Branche so viel Transparenz wie in der Lebensmittelindustrie. 91 % der Befragten gaben
an, dass gerade von der Lebensmittelbranche eine offene und transparente Kommunika-
tion zu Produkten und Angeboten erfolgen muss (auf Platz 2 kommen dann Energie und
Pharma mit je 85 %, gefolgt von Banken mit 80 %) (vgl. [8]). Auch hier kommt dem
Internet als Informationsmedium inzwischen eine Spitzenposition zu. Es ist mittlerweile
nach dem Fernsehen das wichtigste Informationsmedium (vgl. [12], S. 5). Nimmt man
alle Kategorien dabei zusammen, sind Lebensmittel die am meisten gesuchten Produkte
im Internet. Mit über 1,5 Mrd. Suchanfragen bei Google liegen diese noch vor Suchan-
fragen zu Computern und anderen Technikartikeln (vgl. [3], S. 11).
Negativ beeinflusst wird das in den vergangenen Jahren stabile Vertrauen in die Le-
bensmittelqualität regelmäßig durch kritische Berichte in den Medien: Der Klebeschin-
ken, der Analogkäse oder abgelaufene Haltbarkeitsdaten – sie bleiben in den Köpfen
vieler Verbraucher und sorgen für eine deutlich gestiegene Sensibilität.
Eine grundlegende Verunsicherung bestimmt somit das Lebensgefühl. Immer mehr
Menschen machen sich Sorgen um die ökonomische und ökologische Zukunft, um ihre
Gesundheit und nicht zuletzt um die Qualität der Lebensmittel. Die Haltung der Deut-
schen ist dabei stark emotional getrieben und ambivalent: Drei Viertel der Bevölkerung
schätzen die Qualität der Lebensmittel in Deutschland als „sehr gut“ oder „gut“ ein.
Gleichzeitig machen sich aber dennoch 53 % „Sorgen über die Qualität der Lebensmittel“
(vgl. [11]). Die grundsätzlich positive Bewertung der Lebensmittelqualität in Deutsch-
land bleibt zwar bestehen, muss aber überzeugend belegt werden. Auch hier spielen die
sozialen Medien mittlerweile eine zentrale Rolle.
In diesem Zusammenhang gibt es viele Einflussfaktoren, die sich auf das Vertrauen
von Nahrungsmittelherstellern auswirken bzw. die das Qualitätsverständnis der Kunden
bestimmen. Diese sind:

• Die Sicherheit der Lebensmittel


• Der Geschmack der Lebensmittel
• Die Auswirkung der Lebensmittel auf die Gesundheit/die gesunde Ernährung
• Die Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette (ethische Aspekte)

Insbesondere der letzte Punkt ist in der jüngeren Vergangenheit von zunehmender
Bedeutung. Welche große Rolle dabei die sozialen Medien spielen können, zeigt der
Palmöl-Fall, den Nestlé selber erleben musste (vgl. [1]).
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 425

Seit dieser Palmöl-Kampagne von Greenpeace im März/April 2010 wird Nestlé als
„abschreckendes“ Beispiel für Unternehmenskommunikation im Social Web dargestellt.
Nachdem der Lieferant von Nestlé, gegen den die Vorwürfe erhoben wurden, ausgelistet
wurde und Nestlé sehr strenge Einkaufsrichtlinien für Palmöl erlassen hatte, beendete
die Umweltorganisation die Kampagne vor über einem Jahr und lobte die Konsequenz
des Vorgehens von Nestlé sogar. Dennoch blieb der Makel des „Worst Case“ im Social
Web bestehen. Auch wenn der Palmöl-Fall keinen langfristigen Image- und Umsatzver-
lust bedeutete, zeigte er dennoch die Notwendigkeit auf, in Sachen Social Branding aktiv
zu werden. Dies wird unterstützt durch die Erkenntnis, dass 91 % der Internetnutzer auf
die offiziellen Internetseiten der Unternehmen zurückgreifen, um sich gezielt über diese
Firmen zu informieren (vgl. [12], S. 24).

1.3 Markenbildung über Verbraucherbeteiligung

Die Verbraucher wollen sich im Internet nicht nur informieren, sondern aktiv mitgestal-
ten. Die Partizipationsmöglichkeiten sind vielfältig. Dabei ist den Nutzern zunächst die
Möglichkeit zur Bewertung der Produkte besonders wichtig (siehe Abb. 2). Dies ist ins-
besondere vor dem Hintergrund der unter Abschnitt 1.2 gemachten Ausführungen über
die Bedeutung des Internets bzgl. der Suche nach Produkten nachvollziehbar. So sind
Bewertungen und Kommentare anderer Nutzer häufig ausschlaggebend für den Kauf
oder Nicht-Kauf von Produkten: Bei 71 % haben Bewertungen anderer Kunden schon
einmal den Ausschlag gegeben, ein Produkt zu kaufen. Bei 68 % gab dies den Ausschlag,
ein Produkt nicht zu kaufen (vgl. [12], S. 29). Dies bedeutet zugleich, dass die Verbrau-
cher selber einen aktiven Beitrag zur Markenbildung leisten, ob das ein Hersteller nun
will oder nicht. Denn wird bspw. ein Produkt im Internet sehr gut oder schlecht bewer-
tet, hat dies einen enormen Einfluss auf die Markenbildung. Im Extremfall hat eine
durchweg schlechte Bewertung im Internet auch schon dazu geführt, dass ein Produkt
vom Markt genommen wurde.
Produktbewertungen und Empfehlungen sind in den vergangenen Jahren durch den
Einsatz bei Amazon bekannt geworden. Sie müssen dabei aber nicht notwendigerweise
nur im Umfeld von Online-Shops angeboten werden, sondern könnten ebenso zur Un-
terstützung der Transparenz auf den Produktseiten von Unternehmen genutzt werden.
Dies eröffnet zwar die Möglichkeit, gezielt Kritik in Bezug auf ein Produkt zu üben, es
schafft aber für Unternehmen auch die Möglichkeit, derartige Informationen stärker zu
kanalisieren und die durch die Verbraucher beeinflusste Markenbildung besser zu ma-
nagen. Denn egal, ob ein Unternehmen eine derartige Funktion selber anbietet oder
nicht, es würde so oder so im Internet bewertet werden. Der aktive Umgang mit dieser
Thematik vermittelt Offenheit und Transparenz und trägt alleine dadurch auch schon
zur (sozialen) Markenbildung bei.
Neben den Produktbewertungen spielen dann aber vor allem Produkttests eine große
Rolle. Knapp zwei Drittel der befragten Verbraucher wollen als Produkttester fungieren
426 Alexander Decker

Bewertungen zu Produkten abgeben 68,7%

Produkester werden 64,0%

Bei der Produktentwicklung beteiligt zu werden 29,5%

Mitsprache beim Sortiment zu haben 23,8%

Ratgeber für Andere bezüglich bestimmter


22,5%
Produkte zu sein

Auf einfache Weise selbst zum Verkäufer zu


werden und vom Shop für jeden verkauen 18,8%
Artikel eine Provision zu erhalten

n = 600, Mehrfachnennungen möglich

Abb. 2 Ranking der Partizipationsmöglichkeiten (Quelle: vgl. [5], S. 6)

und als solche auch vom Unternehmen und anderen Usern anerkannt und akzeptiert
werden (siehe Abb. 2). Produkttests tragen dazu bei, den Nutzen einer Marke aus Kon-
sumentensicht zu erhöhen. Dies wirkt sich mittelfristig auch auf das Markenimage aus
(ebenso, wie oben gezeigt, die Kommentare und Bewertungen der Konsumenten).
Internetnutzer und insbesondere Online-Shopper betrachten sich als äußerst kompe-
tent. Und zwar nicht nur gegenüber anderen Käufern, sondern auch gegenüber dem
Hersteller. So können sich 29,5 % der Befragten durchaus vorstellen, bei der Produktent-
wicklung beteiligt zu sein (siehe Abb. 2). Laut Sommer (vgl. [12], S. 31) glauben 47 % der
Gesamtbevölkerung und sogar 73 % der Personen, die bereits an sog. Co-Creation-
Initiativen von Unternehmen teilgenommen haben, daran, dass das Internet durch die
Beteiligung der Nutzer dazu beitragen kann, Produkte zu verbessern. Die Identifikation
der Verbraucher mit dem Produkt steigt gleichzeitig und trägt auch somit zur Marken-
bildung bei, die dann ebenfalls auf Verbraucherbeteiligung zurückzuführen ist.
Was den Aspekt der Beteiligung an der Produktentwicklung angeht, so weiß Nestlé,
wie begeistert Nestlé-Kunden mitgestalten und Ideen liefern. Bereits heute gehen jeden
Monat unaufgefordert ca. 200 Produktvorschläge und Ideen bei unserem Verbraucherser-
vice ein.
Vor dem Hintergrund der hier von den Kunden geforderten Partizipationsmöglich-
keiten bietet es sich förmlich an, diesen Input konsequent zu nutzen, um mehr über die
Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu erfahren. Der Kunde wiederum fühlt sich vom
Unternehmen ernst genommen. Letztendlich kann dadurch – wie gezeigt – die Marken-
bildung unterstützt werden.
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 427

1.4 E-Commerce in der Lebensmittelindustrie

Der Online-Handel in Deutschland boomt. Ein Ende scheint nicht in Sicht zu sein. Der
Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet für dieses Jahr eine Umsatzsteigerung um
10 %. Durch den aktuellen Hype bei Smartphones wird die Dynamik im Online-Handel
sicher noch weiter verstärkt.
Anders als bei Büchern oder CDs dient das Internet jedoch im Lebensmittelbereich bis-
lang nicht primär als Kauf- sondern – wie dargestellt – als Informationsmedium. Der Onli-
ne-Handel mit Lebensmitteln blieb zumindest in Deutschland bisher ein Phänomen mit
überschaubaren Erfolgen und spielte sich bisher hauptsächlich auf dem Gebiet des Spe-
zialitätenversands ab. Online-Shops wie Genusshandwerker.de, Chocri.de oder MyMüs-
li.de haben sich mit ihren spezialisierten Sortimenten in einer Nische platzieren können.
Nach dem Einstieg von Amazon ins E-Food-Geschäft im Juli 2010 verkündete auch
OTTO, dass ein zeitnaher Wiedereinstieg in diesen Bereich durchaus realistisch sei.
Versand-, Online- sowie stationäre Händler stehen gemeinsam mit Lebensmittelherstel-
lern in den Startlöchern. Der britische Einzelhandelskonzern Tesco hat mit rund 3 Mrd.
Pfund Umsatz im Online-Verkauf den Beweis erbracht, dass das Geschäft mit E-Food
äußerst erfolgreich und auch sehr profitabel sein kann. Und auch in der Schweiz weist
LeShop bemerkenswerte Erfolge auf. Vor diesem Hintergrund war auch auf dem
1. Deutschen e-Food-Kongress am 30. November 2010 die einhellige Meinung, dass der
Durchbruch im Lebensmittel-Online-Handel auch in Deutschland kurz bevorstehe. So
geht man bspw. im Zeitraum von 2009–2011 davon aus, dass sich der Anteil des Online-
Handels im Lebensmittelbereich von 0,1 % auf 0,5 % steigern wird (siehe Abb. 3).
Was beflügelt diese Euphorie? Laut einer Umfrage der Marktforscher von TNS Infra-
test stehen rund ein Viertel der Deutschen Lebensmitteleinkäufen im Web positiv ge-
genüber. Bereits jeder zehnte Bundesbürger hat beim Einkauf von Lebensmitteln den
Vertriebskanal Internet mindestens einmal genutzt. Lebensmittel im Online-Shop zu
kaufen sei, so die Umfrage von TNS Infratest, vor allem für Berufstätige interessant. 30 %
von ihnen haben zumindest schon einmal Lebensmittel über das Internet eingekauft,
planen dies oder können sich dies zukünftig vorstellen. Am häufigsten nutzen Haushalte
mit einem Netto-Einkommen von 2.500 € und darüber den Online-Lebensmitteleinkauf.
Rund 17 % dieser Zielgruppe geben an, Lebens- oder Genussmittel per Mausklick be-
stellt zu haben; und rund ein Drittel (35 %) aller Befragten in dieser Einkommensgruppe
ist offen für den Online-Einkauf (vgl. [6]).
Die kritische Hürde bei innovativen E-Commerce-Konzepten ist und bleibt jedoch
die Frage nach der Akzeptanz höherer Preise (bedingt durch einen größeren Serviceauf-
wand) und nach geeigneten Logistiklösungen. Nach Brunken (vgl. [4], S. 6) erfordert
E-Commerce im Lebensmittelbereich weit mehr Kompetenzen als der Handel mit Non-
Food. Hier gibt es zahlreiche besondere Anforderungen, die aber alle lösbar scheinen:

• Die Logistik muss Haltbarkeits- und Hygieneanforderungen entsprechen.


• Es ist eine lokale Lagerung/ein stationäres Lagernetzwerk notwendig.
428 Alexander Decker

2,50
CAGR
+ 60%

1,25

0,50

0,15

2009 2011* 2013* 2015*


Anteil am
gesamten 0,1% 0,5% 1,25% 2,5%
LEH-Markt
Abb. 3 Ausblick Online-Lebensmittelhandel, Deutschland 2009–2015, in Mrd. € (Quelle: vgl. [3],
S. 12)

• Es sind hohe und lange Anfangsinvestitionen notwendig.


• Es besteht die Notwendigkeit der Rückgabe verdorbener Waren.
• Das Garantierecht stellt eine besondere Herausforderung dar.
• Der Preiskrieg in Deutschland stellt derzeit die größte Hürde zum Aufbau von
E-Food-Modellen dar (Marge bricht durch Logistikkosten weg).
• Eine wichtige Einnahmequelle im LEH – der Impulskauf – muss durch neue Kauf-
prozesse in die Online-Welt übertragen werden.

Vor dem Hintergrund der dargestellten Entwicklungen stellt sich natürlich auch für
einen Lebensmittelhersteller wie Nestlé die Frage, inwiefern und mit welchen Konzepten
E-Commerce interessant erscheint. Dabei hat Nestlé bereits in Deutschland mit Nespres-
so, Powerbar, Nescafé Dolce Gusto und Maggi Online-Shops in vereinzelten Kategorien.
Die Erfahrung hat dabei gezeigt, dass diese Modelle durchaus erfolgreich sind. Zudem
kann man sehr wertvolle Erkenntnisse gewinnen: so z. B. über die Konsumenten, aber
auch über abwicklungstechnische Fragestellungen.
Insofern scheint hier die Aussage zum Online-Handel im Lebensmittelbereich von
Jens-Uwe Meyer von den Ideeologen zentral, der auf der Verleihung des Innovations-
preises auf dem Nestlé Innovation Day in 2010 sagte: „Wer heute nicht lernt, wie man
im Netz agiert (und das schließt auch den Bereich E-Commerce mit ein), muss sich
darauf einstellen, dass er in 10 Jahren nicht mehr präsent ist. Der weiß auch nicht, was
Konsumenten wünschen. Dieser Zug ist zu relevant, um ihn zu verpassen.“
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 429

2 Die Konzeption des Nestlé Marktplatzes

2.1 Zielsetzungen

Aufbauend auf den gewonnenen und dargestellten Erkenntnissen war es das Ziel, mit
der Entwicklung einer geeigneten Plattform, wie sie nun der Nestlé Marktplatz darstellt,
drei zentrale Zielsetzungen zu verfolgen:

a) Beziehungsaufbau über Transparenz und Öffnung


b) Markenbildung über die Nutzung von Social Media (Social Branding)
c) Sammeln von Erfahrungen im E-Commerce

Wie noch zu sehen sein wird, sind diese Ziele interdependent und bedingen einander
gegenseitig.

Ad a) Beziehungsaufbau über Transparenz und Öffnung


Es ist das zentrale Anliegen von Nestlé, gesicherte Informationen unter Einbeziehung
der Möglichkeiten der heutigen Entwicklungen und Technologien aus erster Hand an-
zubieten. Gleichzeitig gilt es den Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, sich dazu mit-
zuteilen und auszutauschen. Nestlé sieht es als Pflicht an, die Konsumenten transparent
zu informieren – aber nicht nur „one way“, sondern im Dialog. Deshalb ist der Nestlé
Marktplatz als eine Social-Plattform konzipiert worden, mit der diese Form des öffentli-
chen Dialogs erst möglich wurde. Da Nestlé als Corporate Brand durchaus distanziert
wirkt, soll Nestlé durch den Nestlé Markplatz auch ein neues, offeneres, persönlicheres
Gesicht erhalten.

Ad b) Markenbildung über die Nutzung von Social Media (Social Branding)


Ein zweites Ziel richtet sich auf die Markenbildung. Mit dem Nestlé Marktplatz sollte
auch die Leistungsbreite von Nestlé mit all den unterschiedlichen Marken dokumentiert
werden. Dabei ist zum einen die Corporate Brand Nestlé zu stärken. Zum anderen geht
es nicht nur darum, die Balance zu den Einzelmarken zu halten, sondern auch die Brand
Association der Einzelmarken mit der Konzernmarke zu verstärken. Im Sinne der Stär-
kung der Glaubwürdigkeit der Öffnung und Transparenz spielt auch hier der soziale
Aspekt eine zentrale Rolle.

Ad c) Erfahrungssammeln im E-Commerce
Aufgrund der dargestellten Zusammenhänge im Abschnitt 1.4 erschien es sinnvoll, sich
auch dem für den Lebensmittelbereich noch relativ unberührten Bereich des E-Com-
merce zu nähern. Es gilt die Funktionsweisen dieses alternativen Absatzkanals im Sinne
von „verstehen, lernen und testen“ besser zu durchdringen. Dabei ist es auch ein erklär-
430 Alexander Decker

tes Ziel, dass der Nestlé Marktplatz mit seinem Online-Shopping-Angebot nicht in Kon-
kurrenz zum stationären Handel stehen soll.

2.2 Die Komponenten des Nestlé Marktplatzes

Der Nestlé Marktplatz stellt die umfassende markenübergreifende Online-Konsumen-


tenplattform von Nestlé dar, auf der Verbraucher direkt mit Nestlé interagieren können
(und anders herum). Er ist die zentrale CRM-Plattform von Nestlé inklusive einem
Online-Shop. Der Nestlé Marktplatz wird somit zum lebendigen Marktplatz rund um
gutes Essen.
Der Nestlé Marktplatz entspricht dem heutigen Einkaufs-, Surf- und Informations-
beschaffungsverhalten der Konsumenten:

• Nicht mehr nur einkaufen, sondern aufgeklärt einkaufen.


• Suche nach Hintergrundinformationen zu Produkten (Allergene, Zutaten, Nährwerte
und Herkunft).
• Suche nach Informationen über Nachhaltigkeit und Ökologie (Vertrauen in die Pro-
dukte).
• Wunsch, sich mit anderen Leuten auszutauschen, Produkte zu bewerten.

All diese Aspekte lassen sich im Konzept des Social Commerce wiederfinden (vgl.
bspw. [9]). Insofern vereint der Nestlé Marktplatz als erste Plattform eines Lebensmittel-
herstellers die Komponenten Online-Shop, Information und Interaktion (Social Media)
auf einer Internetpräsenz: Er schafft ein offenes, verbraucherfreundliches Online-Erleb-
nis, das nicht nur kommerziell und informativ, sondern auch „social“ und „involvie-
rend“ ist – eine Plattform zum Entdecken, Shoppen und Mitmachen.
Damit ist die Site die erste „Social-Commerce-Plattform“ eines Lebensmittelherstel-
lers und die erste Anlaufstelle für jeden, der Nestlé sowie die Marken und Produkte ken-
nenlernen und mit ihnen interagieren möchte. Die Seite umfasst dementsprechend In-
formations-, Mitmach- und auch Einkaufsmöglichkeiten online.
Bereits im Namen Nestlé Marktplatz zeigt sich die Bedeutung, die wir der Kommuni-
kation zuschreiben. So sind Märkte seit jeher Zentren des städtischen Lebens. Das Be-
sondere des Nestlé Marktplatzes entsteht dabei aus der Kombination von Gesprächen
und Märkten. Diese finden heute anstatt im Stadtzentrum jedoch immer öfter im Inter-
net statt. Mit der Ausrichtung der Plattform als Social-Commerce-Plattform gewährleis-
ten wir darüber hinaus, dass die jeweiligen Komponenten (oder auch die drei Säulen:
entdecken, shoppen, mitmachen) nicht vereinzelt nebeneinanderstehen, sondern viel-
mehr ineinandergreifen.
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 431

2.2.1 Entdecken
Die Säule „entdecken“ bezieht sich gleichermaßen auf die in Abschnitt 2.1 genannten
Ziele der sozialen Markenbildung sowie den Beziehungsaufbau über Transparenz und
Öffnung. Im Einzelnen hält die Plattform folgende Einzelkomponenten bereit:

• Darstellung von 1.500 Nestlé-Produkten (aktuell, neu, aus dem Ausland)


• Produktinformationen wie Allergene, Zutaten, Ernährungsweisen zu allen 1.500 Pro-
dukten
• Informationen über Programme zu Nachhaltigkeit, Gesundheit, Geschmack und
Sicherheit

Der Nestlé Marktplatz lädt dazu ein, eine neue Nestlé-Welt sowie die dazugehörigen
Marken zu entdecken und vieles über diese zu erfahren. Mit dem interaktiven Produkt-
explorer können Konsumenten nach Belieben verschiedene Filterkriterien kombinieren
und somit die Nestlé-Welt auf eine ganz neue Weise explorieren. Dabei wurde bewusst
auf eine herkömmliche Listenansicht verzichtet, sondern vielmehr darauf gesetzt, eine
inspirierende und nicht erwartete Produktpräsentation zu vermitteln (siehe Abb. 4). Der
Nutzer kann die einzelnen Filterkriterien beliebig kombinieren. Bei der Auswahl der
Filterkriterien wurde bewusst darauf geachtet, sowohl rationale (wie z. B. Inhaltsstoffe)
als auch spielerische Kriterien (wie z. B. Verpackungsfarbe) zur Suche anzubieten.
Mit jedem im Produktexplorer dargestellten Produkt ist eine eigene Produktdetailsei-
te verbunden, die eine Vielzahl an weitergehenden Informationen (wie eben Nährwerte,
Zutaten oder Ernährungsweisen) bereithält.
Im Marktplatz-Blog können unsere Leser einen Blick hinter die Kulissen von Nestlé
werfen: Wir berichten über aktuelle Beispiele aus unseren Programmen zur Corporate
Social Responsibility und Nachhaltigkeit. Wir schreiben über Gesundheit, Ernährung
und geben neue Rezepttipps. So kommen wir dem Wunsch der Nestle-Kunden nach
Informationen und Transparenz nach. Einen Schwerpunkt im Marktplatz-Blog wird das
Thema Qualität bilden. Wir werden gemeinsam mit den Nutzern dieses Thema weiter-
entwickeln und zum Beispiel fragen „Was bedeutet für Sie Qualität?“ – um dann später
ein Qualitäts-Programm auf dem Marktplatz zu etablieren.

2.2.2 Shoppen
Der Bereich „shoppen“ spielt in der Zielhierarchie des Nestlé Marktplatzes eine unter-
geordnete Rolle. Trotz der beschriebenen Aufbruchstimmung wird Online für den Le-
bensmittelhandel in naher Zukunft ein untergeordneter Kanal bleiben. Dies gilt vor
allem für Online-Shops von Lebensmittelherstellern, die kein Vollsortiment anbieten
können. Hinzu kommt, dass sich die Konsumenten gerade mit Gütern des täglichen
Bedarfs (durchschnittlich dreimal die Woche) unproblematisch im Einzelhandel versor-
gen (können). Darüber hinaus darf man die diversen Hürden bei der Online-Bestellung,
wie beispielsweise, dass der Konsument zum Empfang der Ware zu Hause sein muss,
nicht vergessen. Außerdem wollen die Verbraucher frische Lebensmittel wie beispiels-
432 Alexander Decker

Abb. 4 Produktsuche über den Produktexplorer (Quelle: Nestlé intern)

weise Obst, Käse etc. sehen, tasten, riechen. Deshalb gehen die Menschen heute noch
lieber in den Supermarkt.
Dennoch bietet die Säule „shoppen“ im Nestlé Marktplatz alleine schon aufgrund der
Produktauswahl einige interessante Angebote. So fokussiert die Produktauswahl bewusst
auf die Besonderheiten:

• Nischenprodukte mit beschränkter Distribution


• Neue Produkte
• Internet-only-Produkte
• Testprodukte
• Ausländische Produkte

Der Online-Shop beinhaltet nur einen Teil des auf dem Marktplatz angebotenen Pro-
dukt-Portfolios (600 von 1.500 Produkten). Dabei bietet der Marktplatz Zugang zu Pro-
dukten, die es nicht so einfach im Handel zu kaufen gibt (Produkte mit beschränkter
Distribution, Nischenprodukte). Hinzu kommt der Fokus auf „exotische“ Artikel, allen
voran populäre ausländische Nestlé-Produkte (exotisch für Deutsche in Deutschland,
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 433

Heimat für ausländische Mitbürger). Damit wird der Online-Handel für uns zur digita-
len Erfahrungsplattform – etwa um Nischenprodukte einer speziellen Zielgruppe wie
Allergikern anbieten zu können. Das ist klassischer Longtail. Ferner können wir auf dem
Marktplatz – ganz im Sinne des „Research online, Purchase offline“ – neue Produkte
testen, weil wir viel über Ernährungsweisen, Lebensmittelunverträglichkeiten etc. der
Konsumenten erfahren.
Zum Auffüllen des Warenkorbes gibt es allerdings ausgewählte Topseller pro Marke.
Bei der Produktauswahl ist jedoch aus logistischen Gründen darauf verzichtet worden,
gefrorene (z. B. Pizza) oder frische Produkte (z. B. Wurst) anzubieten.
Auch wenn das Branding bei dieser Säule weniger im Fokus steht, so hat die Produkt-
auswahl und hier vor allem das Angebot ausländischer Produkte – zumindest auf der
Ebene der Corporate Brand – einen mittelbaren Einfluss auf die Markenbildung, da man
noch mehr über das Markenspektrum von Nestlé erfahren kann.
Konzeptionell wurde bewusst darauf verzichtet, einen eigenen Shopbereich aufzubau-
en. Vielmehr finden sich die zu kaufenden Artikel überall auf der Site, jeweils gekenn-
zeichnet durch den Warenkorb. Somit sind die bestellbaren Artikel immer nur „einen
Klick“ vom Warenkorb entfernt.
Auch hier lässt sich der gewählte Ansatz aus dem Social-Commerce-Konzept ableiten.
Wie schon angedeutet, ist ein zentraler Erfolgsfaktor beim Online-Verkauf von Lebens-
mitteln die Anreicherung der reinen Produktpräsentation durch:

• Weiterführende Informationen, insbesondere durch (z. T. vertrauliche) Fakten wie


Inhaltsstoffe, Zutaten, Allergene
• Social-Media-Features, wie z. B. Produktbewertungen

Genau dieser Philosophie folgt der Nestlé Marktplatz und zeigt, wie sehr die verschie-
denen Säulen des Konzeptes ineinandergreifen. Die wesentlichen Marktchancen, die sich
daraus für den Nestlé Marktplatz ergeben, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

• Der klassische E-Commerce vernachlässigt Konsumenten-Mehrwerte jenseits des


reinen Shoppings.
• Große Lebensmittelhersteller fokussieren ihre Online-Aktivitäten auf Branding und
vernachlässigen Commerce-Aspekte.
• Der Nestlé Marktplatz stellt durch die Verknüpfung beider Aspekte eine echte Inno-
vation dar.

Wie schon angedeutet, stellt die Säule „shoppen“ keine Konkurrenz zum klassischen
Handel dar. Dies zeigt sich zum einen in der Produktauswahl (siehe oben). Zum ande-
ren lässt es sich auch aus der Preisstrategie ableiten: Für die auf dem Nestlé Marktplatz
vertriebenen Artikel existieren unverbindliche Preisempfehlungen. Dies bedeutet, dass
Produkte im stationären Handel aufgrund von Promotions meistens günstiger zu erhal-
ten sind.
434 Alexander Decker

Grundsätzlich bietet der Nestlé Marktplatz mit seinem Online-Shopping-Angebot für


den Handel sogar einen Mehrwert, da er eine Vorreiterfunktion übernimmt: Produkte
durchlaufen sozusagen auf dem Marktplatz einen ersten Test, ob sie angenommen wer-
den. Ist dies der Fall, können sie auch dem LEH angeboten werden. Die Produkte sind
quasi vorgetestet und können verkaufsfertig übernommen werden. Mit der noch einzu-
führenden Couponing-Funktionalität werden die Internetuser zudem dem Handel zu-
künftig sogar direkt zugeführt. Zusammengefasst kann man somit sagen: Hauptziel des
Marktplatzes ist es, mehr über den Internethandel zu lernen und nicht in den Wettbe-
werb mit dem stationären Handel zu treten.

2.2.3 Mitmachen
Das vorrangige Ziel des Nestlé Marktplatzes liegt auf dem Beziehungsaufbau, auf der
Interaktion mit den Konsumenten, von denen wir sehr viel lernen können, insbesondere
im Hinblick auf Bedürfnisse und neue Produkte. Der Aspekt „Social“ bzw. der gemein-
same Dialog mit den Konsumenten steht somit im Zentrum. Dabei geht es weniger dar-
um, dass wir ständig kommunizieren, sondern vielmehr darum, den Nutzern der Seite
zuzuhören und sie zu verstehen. Vor diesem Hintergrund beinhaltet die Mitmach-
Komponente folgende Funktionalitäten:

• Produkte bewerten
• Kommentare abgeben (zu Aktivitäten, Produkten, Qualität, Werbung)
• Sich austauschen – mit Nestlé und mit anderen Usern
• Produkte testen
• Eigene Produktideen einbringen

Klassische Social-Media-Elemente wie kommentieren und bewerten gehören somit


zu den wesentlichen Funktionen der Plattform. Um dabei die entsprechende Resonanz
und Glaubwürdigkeit zu erhalten, braucht es niedrige Barrieren: So lassen wir die Kon-
sumenten auf unserer Plattform frei kommentieren, ohne dass sie sich dafür registrie-
ren müssen. Und: Es gibt bewusst keine vorgeschaltete Redaktion. Kommentare wer-
den prinzipiell zugelassen und kritische Posts nicht gelöscht. Das sind Lehren, die wir
nicht zuletzt auch aus dem Palmöl-Fall gezogen haben, der Nestlé im März/April 2010
ereilte.
Damit können sich die Besucher der Seite über alle dargestellten 1.500 Produkte mit-
tels Bewertungen und Kommentaren ungefiltert austauschen und informieren. Das be-
wahrt die Glaubwürdigkeit, denn am vertrauenswürdigsten sind immer noch die Erfah-
rungen von Freunden und Bekannten. Damit werden diese Funktionen zum Herzstück
des Kundendialogs (und haben somit auch mittelbar – wie vorne gezeigt – Einfluss auf
das Branding).
Unsere Einladung zum Mitmachen und Mitreden geht aber noch weiter: Die Besu-
cher des Nestlé Marktplatzes können sich als Produkttester bewerben. Die ersten Pro-
dukttests starteten bereits 2011. Daneben bieten wir auf der Subsite „Ideen & Tests“ auch
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 435

Abb. 5 Wie man aus „keinem Treffer“ Ideen generiert (Quelle: Nestlé intern)

die Möglichkeit für die Nutzer der Seite, eigene Ideen einzureichen. Flankierend dazu
bieten wir auch eine Facebook-Präsenz des Marktplatzes an.
Ideengenerierung kann darüber hinaus aber auch an ganz anderen Punkten ansetzen:
Zum Beispiel, wenn eine Suchanfrage „keine Treffer“ ausgibt (siehe Abb. 5). Anstatt den
User dann wie üblich einfach aufzufordern, seine Suchwörter zu verändern, nutzen wir
die Produktsuche als Kontaktpunkt und fragen: „Lieber Besucher, steckt hinter Deiner
Suchanfrage vielleicht eine Idee für ein (neues) Produkt, das Du bei uns (noch) nicht
gefunden hast?“ Hier kann er/sie dann dem Nestlé Marktplatz-Team seine Idee ganz
bequem direkt mitteilen.
Bei beiden Funktionalitäten (Ideen und Testing) handelt es sich jeweils um die ersten
Ausbaustufen. Weitergehende Features sind für die nächsten Releases schon geplant.

3 Gesamtwürdigung und erste Erfahrungen

Der Nestlé Marktplatz als Social-Commerce-Plattform verfolgt – wie gezeigt – verschie-


denen Zielsetzungen. Dabei stellt die Markenbildung (sowohl auf Corporate-Brand- als
auch auf Einzelmarken-Ebene) eine ganz wesentliche Ziel-Komponente dar. Insofern ist
es zentral, dass wir z. B. den Verbrauchern unser komplettes Angebot zeigen. Welcher
436 Alexander Decker

Verbraucher kennt schon die gesamte Bandbreite des Nestlé-Produktportfolios: von


Thomy, Maggi, Nescafé, Nesquik, KitKat, Perrier, San Pellegrino, Alete, Powerbar, Wag-
ner, Herta, um nur einige zu nennen. In diesem Zusammenhang kommt der „Social“-
Komponente eine herausragende Bedeutung zu. Markenbildung ist heute keine Einbahn-
straße mehr vom Hersteller zum Verbraucher. Durch das Internet und insbesondere die
verschiedenen Möglichkeiten der sozialen Medien nimmt auch der Konsument auf viel-
fältige Weise Einfluss auf unser Branding. Der Marktplatz bietet hier viele verschiedene
Ansatzpunkte für Social Branding. Für Nestlé heißt dies zusammengefasst: informieren,
zuhören, lernen, testen. Der Austausch mit den Verbrauchern steht im Mittelpunkt des
Konzeptes, ganz bewusst stellen wir uns den Meinungen und Fragen unserer Kunden.
Der Nestlé Marktplatz ist für uns eine hervorragende Möglichkeit, um Ideen, Wün-
sche, aber auch Kritik der Verbraucher auf Augenhöhe auszutauschen. Wichtig für uns
ist, dass immer mehr Verbraucher zu Multiplikatoren und Empfehlern werden, denen
man vertraut und glaubt.
Zusammenfassend repräsentiert der Marktplatz Nestlés den Ansatz zur Marken-
kommunikation im 21. Jahrhundert:

• Wir zeigen unsere Leistungsbreite an Marken auf

− 1.500 Produkte und 72 Marken auf dem Nestlé Marktplatz


− 500 deutsche und 100 ausländische Produkte im Online-Shop

• Wir beweisen die Kompetenz der Marken und des Unternehmens

− Corporate Social Responsibility (CSR)


− Nutrition, Health & Wellness (Kennzeichnung: Inhaltstoffe, Allergene, Nährwerte)

• Wir leben Dialog, Öffnung und Transparenz (soziale Komponente, CRM)

− Produktbewertungen
− Diskussionen und Blog
− Facebook-Präsenz

• Der Nestlé Marktplatz ergänzt unsere Marketing- und Sales-Strategie

− Der Handel profitiert von Produkttests (national/international) sowie von Ver-


triebsunterstützung und Couponing

Die Erfahrungen der ersten Wochen im Livebetrieb zeigen, dass wir auf dem richti-
gen Weg sind. Ein Blick auf die Facebook-Seite des Nestlé Marktplatzes zeigt beispiels-
weise, wie gut die Interaktivität und der Dialog mit den Nutzern funktioniert. Wir ha-
Social Branding am Beispiel der Social-Commerce-Plattform Nestlé Marktplatz 437

ben die Seite im Vorfeld des Launches am 08.08.2011 live geschaltet. Nach nur vier
Wochen hatten wir (mit einer bis dato unbekannten Marke) bereits über 6.500 Fans.
Noch erfreulicher: Die Interaktionsquote ist sehr hoch. Auf Facebook haben wir zu
Beginn vor allem zu unseren Beta-Testing Events, den Vorkoster-Treffen, aufgerufen.
Die Resonanz der User war sehr gut. Insgesamt haben wir aus über 700 Bewerbern 80
ausgewählt. Die Vorkoster waren sehr angetan von den Events und viele haben auf
unserer Facebook-Seite begeistert gepostet. Gleichzeitig haben wir mit ihnen wahre
Markenbotschafter gewonnen.
Es war uns klar, dass wir mit der größeren Transparenz und der Einladung zum Dia-
log auch Kritiker auf den Plan rufen würden. Die ersten kritischen Beiträge wurden
bereits auf der Facebook-Seite platziert. Ähnlich war es nach dem Launch der eigentli-
chen Plattform zum 01.09.2011. Darauf hatten wir uns eingestellt und Nestlé hat dem-
entsprechend Stellung bezogen. Teilweise kamen uns unsere User sogar zuvor – und
antworteten für uns auf kritische Äußerungen. Hier zeigt sich sehr schön die Selbstrege-
lungskraft des Internets.
Als positives Fazit aus den ersten Wochen des Betriebs des Nestlé Marktplatzes kann
man auch die überwiegend positive Berichterstattung in Bezug auf die neue Ausrichtung
der Markenkommunikation im Sinne des Social Brandings in den Medien ansehen. So
schreibt bspw. Achinger, der im April 2010 noch mit der Chronologie des Palmöl-Falles
in seinem Blog auf die Fehler von Nestlé hinwies, in seinem Blog am 01. September 2011:
„Eine deutliche Wegmarke, die zeigt, dass in puncto Kommunikation eine neue Rich-
tung eingeschlagen wurde. Die Projektverantwortlichen betonen, dass der Marktplatz
bereits vor der Greenpeace-Kampagne in Arbeit war, räumen aber ein, das Konzept
daraufhin noch einmal angepasst zu haben. […] In einigen Punkten geht auch die Platt-
form tatsächlich weiter als der Durchschnitt: Die Kommentare können ohne Registrie-
rung abgegeben werden und werden nur im Nachgang moderiert. Kritik soll ausdrück-
lich zugelassen und beantwortet werden“ [2].
Auch Marsden würdigt auf seiner Internetseite www.socialcommercetoday.com den
gewählten Ansatz: „Integrating ‚empowered involvement‘ is a smart move from Nestlé –
not only because it will help generate useful consumer insight, turning the marketplace
into a live learning lab, but it will also drive loyalty and advocacy for Nestlé brands.
Far from undermining traditional channels (the big worry with brand-led DTC plays),
the Nestlé Marktplatz – if managed smartly – will drive footfall and e-commerce traffic
to those channels – via the advocacy effect produced by engaging customers as brand
advisors“ [10].
Mit dem Marktplatz öffnet sich Nestlé und lädt zum Dialog ein. Unsere Kunden er-
halten die Chance, Nestlé mit ihren Ideen und Wünschen zu „befruchten“. Der Nestlé
Marktplatz ist die Plattform für Social Branding geworden. Eine Plattform, die lebt und
die sich mit Hilfe der Nutzer in Zukunft immer weiterentwickeln wird. Nicht nur wir,
sondern auch die Marktplatz-Besucher werden dafür sorgen, dass der Marktplatz immer
etwas Neues und stets ein Gesprächsthema zu bieten hat. Ganz nach dem Motto der drei
Säulen „entdecken, shoppen, mitmachen“.
438 Alexander Decker

Literaturverzeichnis

1 Achinger, T. (2010): Nestlé und das Palmöl: Kommentierte Chronologie, Beitrag über facebook,
Fallstudien, Greenpeace, Krisenkommunikation, Nestlé, PR, URL: http://achinger.com/nestle-und-
das-palmol-kommentierte-chronologie, abgerufen am: 08.12.2011.
2 Achinger, T. (2011): Nestlé-Marktplatz startet: Ein Unternehmen lernt dazu. Beitrag über E-Com-
merce, Marktplatz, Nestlé, Social Media, URL: http://achinger.com/nestle-marktplatz-startet, abge-
rufen am: 08.12.2011.
3 Bruce, A. (2010): Lebensmittel Online – Food for thought, Präsentationsunterlagen, Deutscher
e-Food Kongress, Wiesbaden.
4 Brunken, I. P. (2010): Wie wird sich der Lebensmittelhandel in Deutschland verändern – Eine kurze
Reise in die Zukunft, Präsentationsunterlagen, Deutscher e-Food Kongress, Wiesbaden.
5 dmc digital media center (2008): Im Focus 04 – Online Shops verschlafen neue Shopping Trends,
Ad-hoc Studie April 2008, Stuttgart, URL: http://www.competence-site.de/downloads/cc/85/
i_file_29326/dmc_online-shops_shopping-trends_studie.pdf, abgerufen am: 08.12.2011.
6 Groß, O. (2009): Blitzumfrage: Hat der Online-Lebensmittelhandel eine Zukunft?, URL:
http://www.shopbetreiber-blog.de/2009/10/05/zukunft-des-online-lebensmittelhandel/, abgerufen
am 08.12.2011.
7 Initiative D21/TNS Infratest (2011): Nonliner Atlas 2011, URL: http://www.nonliner-atlas.de, abge-
rufen am: 08.12.2011.
8 Klenk & Hoursch (2011): Transparenz Studie 2011, Berichtsband, Frankfurt; URL:
http://www.transparenz.net/wp-content/uploads/2011/07/Berichtsband_Transparenz-Studie.pdf,
abgerufen am: 08.12.2011.
9 Marsden, P. (2010): Social Commerce: Die Monetarisierung von Social Media, White Paper.
10 Marsden, P. (2011): Nestlé Social Commerce Experiment: Nestlé Marketplace, URL:
http://socialcommercetoday.com/nestle-social-commerce-experiment-nestle-marketplace-
screenshots, abgerufen am: 08.12.2011.
11 Nestlé Deutschland (2011): So is(s)t Deutschland – Ein Spiegel der Gesellschaft, Nestlé Studie 2011.
Nestlé Deutschland AG und Deutscher Fachverlag GmbH, Frankfurt am Main.
12 Sommer, M. (2011): Veränderung von Politik und Märkten durch das Internet, in: Institut für De-
moskopie Allensbach, Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA 2011).
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft
der Markenführung
29
Andreas Horx

Inhaltsverzeichnis

1 Einführung.................................................................................................................................. 440
2 Definition Crowdsourcing ....................................................................................................... 440
3 Chancen und Risiken des Crowdsourcings ........................................................................... 441
4 Praxisbeispiele von Crowdsourcing........................................................................................ 442
4.1 Tchibo ideas ................................................................................................................ 442
4.2 DM-Drogeriemärkte.................................................................................................. 443
4.3 Fiat Mio........................................................................................................................ 444
4.4 Innocentive.................................................................................................................. 444
4.5 Procter & Gamble....................................................................................................... 446
4.6 Spreadshirt................................................................................................................... 446
5 Ein Blick in die Zukunft der Markenführung ....................................................................... 448
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 449

_______________________
Andreas Horx ()
Paulinenstraße 1, 65812 Frankfurt/Bad Soden, Deutschland
e-mail: andreas.horx@die-integratoren.net

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 439


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_29, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
440 Andreas Horx

„Kunden können neuerdings Kollegen sein und sich mit ihren Ideen und Inhalten aktiv in den Wert-
schöpfungsprozess eines Unternehmens einbringen.“ Andreas Horx

1 Einführung

Unbestritten ist seit jeher, dass neue Produkte und Dienstleistungen das langfristige
Überleben eines Unternehmens zu einem wesentlichen Teil sichern können. Die Kom-
petenz eines Unternehmens zur Innovation beruht auf dessen Fähigkeit, neue Produkte
und Dienstleistungen effizient und effektiv in einem zielgerichteten und mehrstufigen
Prozess zu konzeptionieren und am Markt zu platzieren (vgl. [5], S. 2).
Ziel ist dabei, dass diese Produkte und Dienstleistungen im Konkurrenzumfeld mög-
lichst eigenständig, sprich: eine starke Marke werden. Denn eine starke Marke ist ein
Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzen-
bündel gegenüber anderen, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht relevan-
ter Zielgruppen nachhaltig differenziert (vgl. [4], S. 358).
Wie entwickelt und führt man nun Marken in Zeiten von Social Media? Das ist eine
der wichtigsten Fragen, die sich Unternehmen und deren Kommunikationsverantwortli-
che heutzutage stellen. Kann man sie überhaupt noch zentral „entwickeln und führen“?
Oder muss man nicht vielmehr umdenken und andere Formen der Kommunikation
hinzuziehen?
Tatsache ist: Kommunikation hat mit Web 2.0 eine neue Dimension erreicht. Für Un-
ternehmen wie für Kunden. Die Akzeptanz auf beiden Seiten ist groß. Bereits mehr als
40 % aller Unternehmen setzen auf Communities und soziale Netzwerke, und es werden
ständig mehr (vgl. [3]). Und immer mehr Kunden schätzen und nutzen diese neuen For-
men der Interaktion und Kollaboration. Eine immense Chance für Unternehmen – wenn
der Mut aufgebracht wird, neue Wege in der Kundenkommunikation zu beschreiten.
Wer sich von der Vorstellung verabschiedet, dass Kundenbeziehungen – und damit
letztlich auch die Führung einer Marke – nur eingleisig vom Unternehmen geleitet wer-
den können, kann das große Potenzial nutzen, das in der Interaktion mit den Kunden
liegt. Denn Kunden sind nicht nur als Käufer interessant, sie liefern Unternehmen auch
unverzichtbares Wissen. Einige Unternehmen haben bereits die interessante Entdeckung
gemacht: „Kunden können mehr als kaufen, sie können mitarbeiten und Kollegen sein!“
([6], S. 2 und 6). Diese Annahme bildet den Grundstein dessen, was wir heute als koope-
ratives Marketing, als „Crowdsourcing“, bezeichnen.

2 Definition Crowdsourcing

„Crowdsourcing ist eine interaktive Form der Leistungserbringung, die kollaborativ oder
wettbewerbsorientiert organisiert ist und eine große Anzahl extrinsisch oder intrinsisch
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung 441

motivierter Akteure unterschiedlichen Wissensstands unter Verwendung moderner In-


formations- und Kommunikationssysteme auf Basis des Web 2.0 einbezieht. Leistungs-
objekt sind Produkte oder Dienstleistungen unterschiedlichen Innovationsgrades, wel-
che durch das Netzwerk der Partizipierenden reaktiv aufgrund externer Anstöße oder
proaktiv durch selbsttätiges Identifizieren von Bedarfslücken bzw. Opportunitäten ent-
wickelt werden“ [7].
Crowdsourcing bedeutet für Unternehmen also eine spezifische Form der Zusam-
menarbeit mit seinen Kunden via Internet: Über einen regen, intensiven Austausch mit
ihnen kann das Unternehmen wichtige Informationen gewinnen, die ihm entscheide-
nende Wettbewerbsvorteile liefern können. Auf einer anderen Ebene kann die Kunden-
beziehung gefestigt oder die Vermarktung von Produkten sowie die Gewinnung von
Neukunden angeregt werden. Der Kunde wird so zu einer Art Mitarbeiter auf Zeit, der
in verschiedener Weise für das Unternehmen aktiv wird. Diese Beziehung lässt sich mit
gezielten Maßnahmen anstoßen und in Gang halten.

3 Chancen und Risiken des Crowdsourcings

Crowdsourcing liefert den unschätzbaren Vorteil eines einzigartigen Perspektiven-


zuwachses: Produkte, Leistungen und Services können ganz leicht aus der Sicht der
Kunden gesehen und beurteilt werden — ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Der
Zugang zum Kunden-Feedback ist dank Internet deutlich schneller, womit sich Wert-
schöpfungsprozesse einfacher und kostengünstiger verbessern lassen.
Um aber überhaupt mit den Kunden in Kontakt zu kommen, lohnt es sich, im ersten
Schritt zu hinterfragen, warum der Kunde mit dem eigenen Unternehmen – und nicht
mit dem Wettbewerber – kooperieren sollte. Von Vorteil kann es beispielsweise sein,
wenn das eigene Produkt oder die Marke „hipper“ ist als die des Wettbewerbs. Auch
wenn eine interessantere Thematik/Problemstellung aufgegriffen wird oder dem Kunden
stärkere Incentives geboten werden, kann dies einen Anreiz bieten.
Dies ist aber nur der erste Schritt zu einem erfolgreichen Crowdsourcing. Die wich-
tigsten Voraussetzungen für das Gelingen liegen letztlich in der Art und Weise, wie die
Kommunikation geführt wird. Von Vorteil ist zwar, dass sich das WWW per se bereits
mehr und mehr vom reinen Informations- zu einem wichtigen und lebendigen Kom-
munikationsmedium entwickelt hat. Kunden möchten sich also austauschen – auch
über Produkte und Unternehmen. Sie sind nicht nur offen für die Kommunikation mit
Unternehmen, sondern sogar erfreut und stolz, wenn sie als echte Partner ernst ge-
nommen und einbezogen werden. Doch dies gelingt nur „auf Augenhöhe“. Unter-
nehmen müssen sich ernsthaft auf ihre Kunden einlassen, ihnen Interesse und Wert-
schätzung entgegenbringen. Erfolgversprechend ist es dabei, wenn Unternehmen ihre
Kunden aktiv ansprechen, konstruktive Diskussionen mit ihnen führen oder sie gar in
Kooperationen einbinden.
442 Andreas Horx

Ein offener, respektvoller Umgang mit den Kommentaren und Bewertungen – auch
unliebsamen – und insbesondere auch eingereichten Arbeitsergebnissen sind oberstes
Gebot und stärken eine vertrauensvolle Kundenbeziehung.
Eine auf diese Weise gepflegte Kommunikation erleichtert zudem die Gewinnung
neuer Kunden. Denn ein Kunde, der involviert und engagiert ist, wird nicht nur selbst
enger gebunden, sondern steigert auch das Word-of-Mouth. Zudem hat sich gezeigt,
dass seine Bereitschaft zunimmt, eigene Erfahrungen anderen Marktteilnehmern mitzu-
teilen, was wichtige multiplikatorische Wirkungen entfaltet.
Eines wird immer wieder deutlich: Markenführung unter Einbeziehung von Kunden
erfordert vor allem Mut. Den Mut, auch unliebsame Impulse auszuhalten und mit ihnen
umzugehen. Unerwünschte oder eventuell negative Reaktionen sollten nicht unterdrückt
werden. Nur so kann eine Marke mit subjektiven Eindrücken angereichert werden und
damit an Glaubwürdigkeit gewinnen. Im Sinne dieser Glaubwürdigkeit sollte ein Unter-
nehmen aber darauf achten, dass Beiträge klar, konsistent und authentisch sind.
Unter den genannten Umständen kann Crowdsourcing ein fruchtbares Instrument
für die Bindung und Gewinnung von Kunden, zu einer Quelle für wertschöpfende Kun-
den-Feedbacks oder für Innovationsvorteile werden – und letztlich zur Grundlage für
eine neue Form der Markenführung.
Im Folgenden werden sechs erfolgreiche Crowdsourcing-Projekte vorgestellt. Dabei
wird zum einen die Umsetzung dieses Prinzips in die Praxis deutlich. Zum anderen
illustrieren diese Beispiele, wie unterschiedlich und individuell auf die Unternehmen,
Kunden und Marken abgestimmt die konkreten Maßnahmen im einzelnen sein kön-
nen.

4 Praxisbeispiele von Crowdsourcing

4.1 Tchibo ideas

Auf den Seiten von Tchibo ideas werden Kunden zu Experten (vgl. Abb. 1). Sie können
Lösungen zu Alltagsproblemen posten und werden dafür von Tchibo belohnt: Jeden
Monat erhalten die drei besten Lösungsvorschläge eine Prämie von 2.000 €. Und auch
wer Fragen postet, kann 1.200 € gewinnen.
Einen weiteren Mitmach-Anreiz bietet die Tatsache, dass einzelne Kundenlösungen
von Tchibo sogar ins Sortiment aufgenommen werden. Die Entwickler dieser Lösungen
werden dann echte Kooperationspartner des Unternehmens, mit einem entsprechenden
Vertrag und angemessener Entlohnung.
Die lebendige Community von Tchibo ideas ist seit dem Start 2008 ständig gewachsen
und umfasst bereits mehr als 10.000 Mitglieder (Stand 12/2011). Die Vorteile für Tchibo
liegen auf der Hand: Eine Intensivierung der Kundenbeziehungen und eine enge Bin-
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung 443

Abb. 1 Produktideen-Community von Tchibo ideas (Quelle: www.tchibo-ideas.de)

dung an die Marke sowie ein Plus an innovativen Ideen dank der zahlreichen Kundener-
findungen.

4.2 DM-Drogeriemärkte

Ab Oktober ist das neue Balea-Duschgel „Eisschimmer“ in rund 1.200 DM-Märkten


erhältlich. Es ist das erste Produkt, das der Drogeriemarkt in Zusammenarbeit mit Kun-
den entwickelt hat (vgl. Abb. 2).
Das Projekt hatte DM Anfang des Jahres gestartet. Acht Wochen lang designten, er-
probten und kreierten über 2.700 User mehr als 2.500 Ideen für die neue Balea-Winter-
dusche. Sie entschieden über Duft, Produktname und Gestaltung. Für das limitierte
Duschgel gaben Balea-Fans über die Anwendung „unser Aller“ auf Facebook über 9.000
Stimmen ab (vgl. [2]).
444 Andreas Horx

Abb. 2 DM-Crowdsourcing-Produkt: Balea-Duschgel


„Eisschimmer“ (Quelle: www.dm.de)

4.3 Fiat Mio

In Brasilien hat Fiat-Chefdesigner Peter Fassbender zusammen mit Internet-Nutzern ein


Auto entwickelt. Das Beispiel des Stadtwagens Mio zeigt, wie radikal Crowdsourcing
industrielle Prozesse verändern kann. Diesmal fragte Fassbender Kunden und Auto-
Enthusiasten via Internet, wie für sie das perfekte Stadtfahrzeug aussehen sollte. Die
Antworten kamen prompt: Über zwei Millionen Menschen besuchten die für das Projekt
eingerichtete Seite – 17.000 meldeten sich als Mitdesigner an. Ihre gut 10.000 Vorschläge
– von brillant bis banal – waren für die Profis „eine unglaubliche Quelle der Inspiration“,
sagt Fassbender. Sie mündeten in die Fahrzeugstudie Mio, die der Designer im Jahr 2010
auf dem Autosalon in Sao Paulo vorstellte (vgl. Abb. 3).
Die Resonanz bei Kritikern wie Publikum war überwältigend: Bis heute tourt Fiat mit
dem Mio um die Welt und sammelt Designpreise ein (vgl. [1]).

4.4 Innocentive

Oft sind die anliegenden Probleme gar nicht inhouse zu lösen. Innocentive ist ein solches
Beispiel für eine erfolgreiche und spannende Crowdsourcing-Plattform (vgl. Abb. 4).
Namhafte Unternehmen wie Procter & Gamble oder Boeing lagern scheinbar nicht zu
lösende Fragen auf diese Plattform aus.
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung 445

Abb. 3 Crowdsourcing im Autodesign: Fahrzeugstudie Ford Mio (Quelle: www.fiatmio.cc)

Abb. 4 Crowdsourcing-Plattform Innocentive (Quelle: www.innocentive.com)


446 Andreas Horx

Mehr als 30 % der Probleme konnten bisher via Innocentive gelöst werden. Wohlge-
merkt Probleme, die inhouse nicht zu lösen waren. Nicht mit dem im Unternehmen zur
Verfügung stehenden Personal und dem zur Verfügung stehenden Zeitrahmen. Die auf
Innocentive aktiven Menschen – Hobbywissenschaftler, Experten im Ruhestand, arbeits-
lose Fachkräfte – werden für die Lösungen entsprechend entlohnt, sodass man hier
kaum von Billigarbeit sprechen kann. Bis zu 100.000 US-Dollar werden bezahlt. Man
greift in diesem Fall auf Personen zu, die man langfristig nicht einstellen kann oder für
die eine feste Zusammenarbeit mit Procter & Gamble oder anderen Unternehmen der-
zeit nicht in Frage kommt. Aber sie lösen – freiwillig – Probleme, weil sie Freude daran
haben und weil sie sich ihre Zeit selbst einteilen können.

4.5 Procter & Gamble

Das Portal for me: von Procter & Gamble mit über 2,5 Mio. Unique Visitors (IVW 2010)
liefert ein weiteres Beispiel für erfolgreiches Crowdsourcing. Auf dem deutschen Frauen-
portal finden sich, neben vielen redaktionellen Themen, Tipps und Gewinnspielen auch
Channels, die gezielt das Engagement der Community nutzen (vgl. Abb. 5).
Hier können Produktbewertungen, Erfahrungen und Meinungen gepostet, aber auch
Proben bestellt, Coupons ausgedruckt oder an Produkttests teilgenommen werden.
Mehr als 45 solcher Test wurden bereits realisiert. Ständig werden neue Produktbot-
schafter gewonnen, die Testprodukte erhalten, die sie auch weitergeben und damit für
einen Buzz um die Produkte sorgen sollen.
Den Erfolg beweist nicht nur die ständig steigende Zahl der Community-Mitglieder.
Als Produktbotschafter werden Mitglieder auch enger an das Unternehmen gebunden
und als Multiplikatoren genutzt. Kundenbewertungen unterstützen die Qualitätssiche-
rung. Zudem werden Kundenaussagen in der Werbung eingesetzt.

4.6 Spreadshirt

Die Kreativität der Kunden wird für die Plattform Spreadshirt erfolgreich genutzt. Hier
kann jeder Design-Artikel wie Tassen, T-Shirts oder anderes entwerfen und auch gleich
für eine selbstgewählte Provision verkaufen (vgl. Abb. 6). Spreadshirt bietet hierfür eige-
ne Shops an sowie die entsprechende Vertriebslogistik.
Die Plattform wird in Europa und USA immer größer. Da jeder Shopbesitzer aktiv an
der Vermarktung mitarbeitet, erhöht sich der multiplikative Effekt rasant. Mehr als
500.000 Shops laufen derzeit bei Spreadshirt. Wöchentlich kommen 30.000 neue Designs
hinzu, womit sich auch die Produktpalette ständig vergrößert.
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung 447

Abb. 5 for me: von Procter & Gamble (Quelle: www.for-me-online.de)

Abb. 6 Kreativplattform Spreadshirt (Quelle: www.spreadshirt.de)


448 Andreas Horx

5 Ein Blick in die Zukunft der Markenführung

Crowdsourcing läutet eine neue Ära in der Kundenkommunikation ein. Kundenbe-


ziehungen verändern sich – weg von einer eingleisigen Beziehung hin zu einem leben-
digen, partnerschaftlichen Austausch. Kunden zeigen ihr Interesse nicht mehr nur als
Käufer, sondern sehr vielfältig als Bewerter, Tester, Entwickler, Community-Mitglied,
Produktbotschafter oder auch Kritiker und gestalten so effizient den Wertschöpfungs-
prozess mit.
Eine respektvolle, transparente Kommunikation kann Kundenbindungen festigen,
neue Kunden gewinnen, Vermarktung glaubwürdig unterstützen oder sogar Innova-
tionsvorsprung liefern. Dabei bietet das Web 2.0 ungeahnte Chancen. Denn hier kann
diese Art der Kommunikation einfach und kostengünstig angeregt und in Gang gehal-
ten werden.
Crowdsourcing ist aber kein Selbstläufer. Es muss sich entwickeln. Oftmals erfordert
es „Übung“ und einen gewissen Vorlauf. Auch wenn es hin und wieder zu Beginn ver-
meintliche Rückschläge geben sollte, empfehle ich, dass sich Unternehmen mit Crowd-
sourcing befassen und Erfahrungen sammeln. Denn durch den veränderten Blickwinkel
auf den Kunden und die eigenen Prozesse kann das Crowdsourcing ein wichtiger Im-
pulsgeber für die Entwicklung von Unternehmen sein und zu deren Erfolg beitragen.
Wenn wir das Crowdsourcing als einen weiteren großen Schritt in eine Neuausrich-
tung der Markenführung verstehen lernen, gehen damit noch andere weitreichende
Veränderungen einher:
Markenführung wird kein rein absendergetriebenes Thema bleiben. Die Marken
müssen sich in einigen Fällen zukünftig den Gesprächen der Nutzer anpassen. Das
Verhalten der Nutzer wird die Marke zum Teil mitkreieren. An vielen Internet-Unter-
nehmen, wie Facebook oder Skype, können wir dies bereits beobachten. Diese Unter-
nehmen definieren sich zu einem wesentlichen Teil über die Art und Weise der Nut-
zung durch die User.
Zum anderen werden sich die Kunden einer Marke immer weniger in klare Profile
einteilen lassen. Das renommierte Zukunftsinstitut in Frankfurt spricht seit 2008 vom
Megatrend der Individualisierung: „Die Konsumenten von morgen passen in keine
Schublade mehr. Für die Unternehmen und das Marketing der Zukunft sind diese Ver-
änderungen ganz entscheidend: Denn die Menschen brauchen nicht mehr nur Produkte
und Dienstleistungen, die aufgrund ihrer Milieuzugehörigkeit irgendwie zu ihnen ‚pas-
sen‘. Immer häufiger suchen die Konsumenten nach Problemlösungen und Angeboten,
die ihnen in ihrer aktuellen Lebenssituation behilflich sind“ [8]. Produkte und Dienst-
leistungen müssen damit theoretisch schier unendlich vielen verschiedenen Anforde-
rungen genügen.
Das fordert die Unternehmen in Zukunft mehr als bisher. Markenführung unter Ein-
beziehung von Konsumenten entfernt sich von der Vorstellung eines zentral organi-
sierten Prozesses. Die zukünftige Aufgabe wird sein, das Einzigartige aus der Vielstim-
migkeit der Mitwirkenden herauszudestillieren und damit eine einheitliche Marke zu
Crowdsourcing – Ein Blick in die Zukunft der Markenführung 449

schaffen. Auf die sich immer weiter diversifizierenden Bedürfnisse muss einerseits ein-
gegangen, aber gleichzeitig eine klar definierte, konsistente Marke geschärft werden. Das
lässt sich nur leisten, wenn Impulse zwar aufgegriffen und genutzt werden – aber nicht
wahllos, sondern lenkend und leitend.
Die Aufgabe der Unternehmen in der Markenführung wird daher zukünftig weniger
darin liegen, zentral zu steuern, sondern vielmehr darin, zu moderieren. Marken werden
infolgedessen wieder vermehrt einen eigenen Wert bieten müssen, weg vom Me-too hin
zu realen und kommunizierbaren Produktvorteilen.

Literaturverzeichnis

1 Busch, A. (2011): Crowd Sourcing im Auto-Design: „Hört mehr auf die Spinner!“, URL:
http://www.handelsblatt.com/auto/nachrichten/hoert-mehr-auf-die-spinner/
4555236.html?p4555236=all, abgerufen am 20.12.2011.
2 Horizont (2011): 2000 DM-Kunden kreieren neue Balea-Dusche, URL: http://www.horizont.net./
aktuell/marketing/pages/protected/2000-DM-Kunden-kreieren-neue-Balea-Dusche_102927.html,
abgerufen am: 20.12.2011.
3 IFOK (2009): Pluspunkt: Social Media und Personalarbeit, URL: http://www.ifok.de/uploads/media/
IFOK_Pluspunkt_SocialMedia_HR.pdf, abgerufen am 19.12.2011.
4 Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M. (2008): Marketing – Grundlagen marktorientierter Unter-
nehmensführung – Konzepte, Instrumente, Praxisbeispiele, 10. Aufl., Wiesbaden.
5 Reichwald, R./Piller, F. (2005): Open Innovation, URL: http://www.impulse.de/down-loads/open_
innovation.pdf, abgerufen am: 20.12.2011.
6 Schulten, M./Horx, A./Möllendorf, J./Plennert, T./Herbener, A./Zich, T. (2010): Kooperatives Mar-
keting – Erfolgreich mit Kunden zusammenarbeiten, Düsseldorf.
7 Wikipedia (2011): Artikel Crowdsourcing, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/Crowdsourcing, abge-
rufen am: 20.12.2011.
8 Zukunftsinstitut (2007): Chart-Studie „Lebensstile 2020“, Kelkheim.
Social Media in Unternehmen –
Entwicklungsstand
30
und Entwicklungspotenzial
Gotthard Pietsch

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung.................................................................................................................................... 452
2 Social Media und Web 2.0 – Eine Begriffsbestimmung....................................................... 453
3 Social Media in der Wertkette der Unternehmen ................................................................ 456
4 Thesen zum Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial von Social Media in
Unternehmen ............................................................................................................................. 460
5 Fazit.............................................................................................................................................. 465
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 465

_______________________
Prof. Dr. Gotthard Pietsch ()
Hochschule Furtwangen, Fakultät Digitale Medien,
Robert-Gerwig-Platz 1, 78120 Furtwangen, Deutschland
e-mail: gotthard.pietsch@hs-furtwangen.de

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 451


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_30, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
452 Gotthard Pietsch

„Social Media bietet für Unternehmen erhebliche Entwicklungspotenziale und betrifft ihre gesamte
Wertschöpfungskette. Allerdings sind die Risiken des Social-Media-Engagements nicht zu unterschät-
zen. Ein Social-Media-Aktivismus birgt erhebliche Gefahren.“ Prof. Dr. Gotthard Pietsch

1 Einleitung

Das Internet und insbesondere die sog. sozialen Medien haben die Transaktionsbezie-
hungen sowie die Machtverhältnisse zwischen den Marktteilnehmern grundlegend ver-
ändert. Die Abnehmer- bzw. Konsumenten-Seite entscheidet nicht mehr nur darüber,
welche Güter und Leistungen erworben bzw. genutzt werden, sondern zunehmend ent-
faltet sie ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung dieser Güter
und Leistungen. Dies ist nicht nur für die Markenführung von besonderer Bedeutung. In
vielen Fällen werden die Kunden sogar ausdrücklich in den Wertschöpfungsprozess
einbezogen. Die Grundlage hierfür bilden vor allem die Technologien des stationären
und mobilen Internets; sie nehmen immer stärker Einfluss darauf, wie Kunden oder
Mitarbeiter untereinander, mit und in Unternehmen interagieren. Insbesondere Social-
Media-Anwendungen schaffen sowohl den Raum als auch die Öffentlichkeit für diese
Aktivitäten.
Gleichzeitig verbringt ein größer werdender Teil der Bevölkerung immer mehr Zeit
mit sozialen Medien. Spätestens wenn es dabei um die Diskussion und Verbreitung un-
ternehmensbezogener Inhalte geht, wird auch die betriebswirtschaftliche Relevanz der
sozialen Dienste unmittelbar deutlich. Einflüsse auf die Umsatzentwicklung der Unter-
nehmen sind hier grundsätzlich nicht auszuschließen; in vielen Fällen basiert sogar das
gesamte Geschäftsmodell auf Social-Media-Funktionalitäten. Aus diesem Grund erstaunt
es nicht, dass ein Social-Media-Engagement der Unternehmen aller Wirtschaftszweige
häufig als unverzichtbar angesehen wird. Es gelte, dort präsent zu sein, wo Kunden und
andere Personen ihre Meinung zu Marken, zu Produkten, zum Unternehmen, zur Ar-
beitssituation usw. äußern (vgl. [26], S. 166).
Angesichts dieser Entwicklung stehen Unternehmen aus den unterschiedlichsten
Wirtschaftszweigen zunehmend unter dem Druck, eigene Social-Media-Aktivitäten oder
sogar Social-Media-Strategien zu entwickeln. Das Spektrum reicht dabei von Aktivitäten
im Marketing (z. B. im Bereich der digitalen Markenführung) über den Einsatz interner
Communities oder Wikis bis hin zu umfassenden Crowdsourcing-Ansätzen, bei denen
die Anwender direkt in den Wertschöpfungsprozess einbezogen werden. Das Entwick-
lungspotenzial der sozialen Medien erscheint immens.
Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel dieses Beitrags, einen Eindruck vom Entwick-
lungsstand und dem Entwicklungspotenzial der sozialen Medien im Unternehmenskon-
text zu vermitteln. Hierzu werden einleitend zunächst die Begriffe Social Media und
Social Web näher erläutert. Hierauf aufbauend gibt Kapitel 3 einen Überblick über die
Einsatzmöglichkeiten von Social-Media-Anwendungen in Unternehmen und skizziert
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 453

relevante Fallbeispiele. Kapitel 4 entfaltet abschließend zehn Thesen zum Entwicklungs-


stand und Entwicklungspotenzial der sozialen Medien in Unternehmen.

2 Social Media und Web 2.0 – Eine Begriffsbestimmung

Seit seiner ersten Stunde war das Internet darauf gerichtet, die Kommunikation zwi-
schen Personen sowie die Verfügbarkeit und den Austausch von Informationen zu un-
terstützen und zu gestalten. Anfänglich blieb der Internetzugang jedoch nur einem klei-
nen Personenkreis vorbehalten. So verfügten zu Beginn der 1990er Jahre nur wenige
private Haushalte über einen PC mit Internetzugang, und die Online-Kosten waren sehr
hoch (vgl. [12], S. 37–51). Gleichzeitig war das Internetsurfen noch mit vielen techni-
schen Hürden verbunden. Innerhalb einer Dekade wandelte sich diese Situation jedoch
grundlegend. Ein Großteil der Haushalte in Deutschland verfügt über einen Breitband-
anschluss, und die jüngeren Generationen sind fast vollständig im Internet vertreten.
Heute existieren kaum noch technische Hürden für die Realisierung von Internetzugän-
gen und auch die damit verbundenen Kosten bleiben begrenzt.
Aufgrund dieser Entwicklungen und des technischen Fortschritts erstaunt es nicht,
dass es gleichzeitig zu einer deutlichen Änderung der Internetnutzung gekommen ist.
In diesem Zusammenhang ist häufig auch von dem so genannten Web 2.0 die Rede,
einem bis heute nur unklar definierten Begriff (vgl. [28]). Dieser Begriff charakterisiert
jedoch weniger ein technisch grundlegend „neues“ Internet, wie dies die Versionsbe-
zeichnung 2.0 suggeriert (vgl. [13], S. 339–363). Er steht vielmehr symbolisch für eine
Veränderung des Nutzerverhaltens und die damit verbundene Hoffnung auf eine Er-
schließung neuer wirtschaftlicher (Erfolgs-)Potenziale. Dementsprechend konstatiert
Tim O’Reilly als einer der zentralen Promotoren des Web 2.0: „[The web 2.0] is not
something new, but rather a fuller realization of the true potential of the web platform“
[18]. Die veränderten Nutzungsszenarien hängen dabei mit den folgenden Aspekten
zusammen (vgl. [12], [14]):

• Im Web 2.0 beteiligt sich – im Gegensatz zu den Online-Produkten der ersten Stunde
(= Web 1.0) – ein deutlich größerer Personenkreis an der Produktion und Veröffent-
lichung von Inhalten sowie der Informationsveredelung („tagging“). Es sind nicht
mehr nur die Website-Betreiber, die das Internet und die dort veröffentlichten Inhalte
gestalten, sondern zunehmend partizipieren die Nutzer selbst an der Weiterentwick-
lung des Internets.
• Der Vernetzungsgrad der Anwender und der Inhalte steigt rasant durch die Verwen-
dung von Tags, Mash-ups, Lifestreams und Techniken wie RSS. Produkten wie Face-
book ist es innerhalb kürzester Zeit gelungen, Millionen von Anwendern an sich zu
binden und zu vernetzen. Micro-Blogging-Dienste wie Twitter zeigen ferner, dass
nutzergenerierte Inhalte über das Internet einen immer größeren Einfluss auf den öf-
454 Gotthard Pietsch

fentlichen Meinungsbildungsprozess oder sogar auf gesellschaftspolitische Entwick-


lungen ausüben.
• Es lässt sich eine zunehmende Integration der Anwender in den Wertschöpfungs-
prozess von Unternehmen beobachten; Produkte sollen auf dieser Basis verstärkt auf
die Kundenbedürfnisse ausgerichtet und effektiv vermarktet werden.

Social-Media-Anwendungen werden vor diesem Hintergrund häufig als eine Teil-


menge des Web 2.0 charakterisiert, da sie in besonderem Maße auf die Vernetzung der
Anwender und nutzergenerierte Inhalte zielen. Es handelt sich hierbei also um Online-
Produkte, die den Anwendern diverse Funktionalitäten zur Kommunikation, Interaktion
und Veröffentlichung von Inhalten zur Verfügung stellen. Der Begriff Social Media be-
zeichnet im Folgenden daher alle internetbasierten Anwendungen, deren Nutzungs-
situationen vor allem und maßgeblich von ihrer sozialen Interaktivität geprägt sind.
Demgegenüber soll im Folgenden mit dem Begriff „Social Web“ die Gesamtheit aller
Verbindungen und Interaktionen von Nutzern charakterisiert werden, deren Vermitt-
lung über Social-Media-Plattformen erfolgt (vgl. [1], S. 1080). Der Begriff Social Web be-
zeichnet insofern das virtuelle Netz der (Interaktions-)Beziehungen, das Social-Media-
Plattformen „aufspannen“. Einen Überblick über die vielfältigen Social-Media-Bereiche
bietet Abb. 1.
Nicht selten gelang es Social-Media-Anwendungen in der Vergangenheit, kommer-
zielle Produkte aus traditionellen Branchen qualitativ zu übertreffen und letztlich zu
verdrängen. Ein bekanntes Beispiel bildet die Online-Enzyklopädie Wikipedia, die zu
den meistgenutzten Social-Media-Produkten zählt und etablierte Platzhirsche wie den
Brockhaus vom Markt verdrängte. Die umfangreiche Berichterstattung über Micro-
Blogging-Dienste und soziale Netzwerke in den traditionellen Medien (vgl. [7],[8], [30])
verdeutlichte darüber hinaus, dass diese Produkte als Ausdruck eines immer bedeuten-
der werdenden Massenphänomens zu verstehen sind. Nicht zuletzt wird auch der Wahl-
erfolg des amerikanischen Präsidenten Barack Obama weitgehend auf seine Social-
Media-Aktivitäten auf Webseiten wie z. B. Facebook oder Twitter zurückgeführt (vgl.
[3]). Noch deutlicher wird die Bedeutung von Social-Media-Produkten jedoch, wenn
man die folgenden Daten betrachtet (vgl. [21]):

• Facebook konnte innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten 100 Mio. Anwender
auf seine Plattform in registrierte Mitglieder konvertieren. Täglich werden mehr als
1,5 Mrd. Inhalte (Links, Bilder, Pinnwandeinträge etc.) ausgetauscht.
• Eins von acht verheirateten Paaren in den Vereinigten Staaten hat sich über Social-
Media-Produkte kennengelernt.
• Bereits im August 2009 gab es mehr als 200.000.000 Blogs.
• Die Schauspieler Ashton Kutcher und Ellen Degeneres haben mehr Follower bei
Twitter als Norwegen, Irland und Panama Einwohner.
• Suchmaschinen verweisen bei Suchanfragen nach bekannten Markennamen zuneh-
mend auf Seiten mit nutzergenerierten Inhalten.
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 455

Abb. 1 Social Media: Bereiche und Beispiele (Social-Media-Prisma) (Quelle: vgl. [6])

Es erstaunt daher keineswegs, dass Social-Media-Produkte einen zentralen Stellenwert


in unserem täglichen Leben einnehmen. Dabei ermöglichen diese Online-Produkte nicht
nur, mit Freunden und Bekannten auch über weite räumliche Distanzen in Kontakt zu
bleiben; gleichzeitig wirken Social-Media-Produkte als ein zentraler (Wahrnehmungs-)
Filter. Sie beeinflussen nachhaltig, welchen Inhalten, Produkten und Marken die Men-
schen Aufmerksamkeit schenken und welchen nicht. Zudem deuten sich grundlegende
Änderungen an, wie Anwenderströme zukünftig im Internet auf verschiedene Webseiten
kanalisiert werden. So könnte einerseits die Dominanz von Google als Traffic-Lieferant
in Zukunft stark abnehmen, was grundlegende Änderungen der Marktstrukturen her-
vorrufen würde. Andererseits wird es für Unternehmen immer wichtiger, in den Life-
stream eines Anwenders aufgenommen zu werden, um auf diesem Wege Kontakt zu
seinem Netzwerk zu erhalten und Traffic auf die eigene Seite zu „ziehen“. Nicht nur aus
diesen Gründen stehen immer mehr Unternehmen vor der Frage, wie sie mit dem Phä-
nomen Social Media umgehen sollen.
456 Gotthard Pietsch

3 Social Media in der Wertkette der Unternehmen

Greift man auf Porters klassisches Konzept der Wertkette zurück (vgl. [19]), so lassen
sich auf Basis des zuvor eingeführten Begriffsverständnisses die verschiedenen Facetten
des Themas Social Media im Unternehmenskontext strukturieren. Abbildung 2 unter-
scheidet dabei unter Rückgriff auf die Wertschöpfungskette vereinfacht zwischen den
primären Wertschöpfungsaktivitäten „Forschung und Entwicklung“, „Produktion“,
„Marketing“, „Vertrieb“ und ordnet beispielhaft das Social-Media-Engagement ausge-
wählter Unternehmen einzelnen Wertschöpfungsstufen zu (vgl. Abb. 2).
Social Media ist vor diesem Hintergrund keineswegs nur für die Markenführung bzw.
den Marketing- oder PR-Bereich relevant, wenngleich diese Bereiche oft im Vorder-
grund der öffentlichen Diskussion stehen. Vielmehr profitiert eine Vielzahl von Organi-
sationseinheiten mit ihren jeweils spezifischen Zielen von der Social-Media-Nutzung.
Die folgenden Beispiele können dies verdeutlichen:

• Forschung und Entwicklung: Über Social Media ist es möglich, externe Personen
(z. B. Kunden oder Designer) in die Entwicklung neuer Produktideen zu integrieren
und diese Ideen kundenorientiert zu bewerten (z. B. Plattform Tchibo ideas).
• Produktion: Auf Plattformen wie Spreadshirt (Gestaltung von T-Shirts) oder Chocri
(Kreation eigener Schokoladen) werden Anwender in die Gestaltung von Produkten
mit einbezogen.
• Marketing & PR: Über soziale Netzwerke ist es möglich, Produkte und Dienstleistun-
gen zu bewerben und zu distribuieren (z. B. Film-Distribution über Facebook bei
Time Warner).
• Vertrieb: Durch das Angebot von Widgets ist es möglich, Anwender auch in den
Vertrieb zu integrieren. Ein bekanntes Beispiel bietet das Unternehmen Amazon.
Hier können Anwender ohne größere technische Kenntnisse Produkte aus dem Sor-
timent von Amazon auf ihrer eigenen Homepage zum Verkauf anbieten und erhalten
im Fall einer Transaktion eine Provision.
• After-Sales & Support: Auf Basis der Integration von Community-Elementen ist es im
Bereich der Kundenbetreuung z. B. möglich, mithilfe von FAQ-Foren das Anrufvolu-
men in Call-Centern zu reduzieren. Hiermit geht nicht selten eine spürbare Kosten-
reduktion einher.

Neben den in Abb. 2 dargestellten primären Wertschöpfungsaktivitäten spielt das


Thema Social Media natürlich auch bei sekundären bzw. unterstützenden Tätigkeiten
eine zentrale Rolle, beispielsweise im Bereich des Personalmanagements. Hier kann das
Engagement in sozialen Netzwerken unter anderem ein gewünschtes Arbeitgeberimage
sowie die Mitarbeiterrekrutierung fördern (z. B. Website „Create your own career“ der
Bertelsmann AG). Der Schwerpunkt der Social-Media-Aktivitäten liegt ungeachtet des
breiten Einsatzspektrums im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Abb. 3). Hier ist der
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 457

Abb. 2 Wertkette und Social-Media-Aktivitäten (Quelle: eigene Darstellung)

PR/Unternehmenskommunikation 46

Werbung/Marketingkommunikation 37

Vertrieb 12

Personalwesen/Human Resources 11

Kundenservice 9

Forschung & Entwicklung, Innovation 5

IT/EDV-Services 4

Produktion, Dienstleistungserstellung 2

Finanzen/Verwaltung 0

Sonstige 2

Abb. 3 Abteilungen, die Social Media einsetzen (Quelle: vgl. [23])

Einstieg in das Thema „Social-Media“ mit relativ geringen Hürden verbunden. So lässt
sich eine Facebook-Fanpage vergleichsweise leicht realisieren.
Vor allem Aktivitäten auf den Plattformen Facebook, Twitter und YouTube sowie die
Integration der dort veröffentlichten Inhalte auf der eigenen Website haben sich mitt-
lerweile recht weit „etabliert“ (vgl. [8]). Allerdings beschäftigen sich viele Unternehmen
nicht hinreichend mit der Frage, warum ein Anwender Fan oder Follower eines Unter-
nehmensauftritts werden sollte. Häufig werden klare Mehrwerte für den User nicht ge-
boten. Vor dem Hintergrund der mittlerweile weiten Verbreitung von Social-Media-
458 Gotthard Pietsch

Aktivitäten der Unternehmen lässt sich jedoch eine Vielzahl von Fallbeispielen finden,
die Hinweise für eine erfolgreiche Realisierung von Social-Media-Engagements bieten.
Im Folgenden sollen die drei zentralen Beispiele der Unternehmen Dell, Cisco und Nike
genannt werden. Mit ihnen lassen sich wichtige Erfolgsfaktoren für das Social-Media-
Engagement der Unternehmen aufzeigen.

Social Media bei Dell: „Relevanz von Strategie und Kultur“


Dell gilt als einer der Pioniere der gezielten wirtschaftlichen Nutzung von Social-Media-
Plattformen und ist seit 2006 in diesem Bereich aktiv. Ungefähr 800 Mitarbeiter twittern
oder bloggen im Namen des Unternehmens, wobei das Motto „Zuhören und Lernen“ im
Vordergrund steht (vgl. [2]). Anregungen und Kritik aus dem Markt sollen dazu genutzt
werden, um die Produkte und Serviceleistungen von Dell systematisch zu verbessern. Zur
Realisierung dessen wurde für den Social-Media-Bereich eine durchaus komplexe Struk-
tur mit unterschiedlichen Organisationseinheiten sowie differenzierten Aufgabenzuord-
nungen aufgebaut (vgl. [20]). Ein großer Teil der Social-Media-Aktivitäten wird im sog.
Social-Media-Listening-Command-Center gebündelt, der seinen Sitz in Austin, Texas,
hat. Gleichzeitig wirken aber auch die regionalen Niederlassungen an der Umsetzung der
Social-Media-Strategie des Unternehmens mit. Die Social-Media-Strategie steht dabei
unter dem Primat des Kontakthaltens mit den Usern/Kunden sowie dem bereits erwähn-
ten Wechselspiel von Zuhören, Lernen und (aktivem) Kommunizieren. Im Rahmen des
Control Centers übernimmt beispielsweise das Social-Media-Ground-Control-Team die
Aufgabe, Kommentare und Beiträge zur Firma Dell und zu ihren Leistungen auf den
unterschiedlichsten Plattformen kontinuierlich zu analysieren, wertvolles Feedback im
Unternehmen zu verwerten und möglichst schnell in angemessener Weise darauf zu
reagieren. Gleichzeitig sollen Kunden auch proaktiv bei der Nutzung von Dell-Produkten
unterstützt werden, woran wesentlich das sog. Social-Outreach-Support-Team mitwirkt.
Dell bietet seinen Mitarbeitern und keineswegs nur Führungskräften intensive Schulun-
gen für den Social-Media-Bereich an, die von der eigenen „Social Media University“
erbracht werden. Klare Social-Media-Guidelines des Unternehmens sollen dies unter-
stützen. Darüber hinaus werden alle Mitarbeiter über das internetbasierte Social Radio
über relevante Diskussionen im Social Web unterrichtet. Dabei ist es die Vision des Un-
ternehmens, jeden Mitarbeiter in die Lage zu versetzen, effektiv mit den Stakeholdern des
Unternehmens – ggf. auch über das Social Web – zu kommunizieren. Dell ist sehr aktiv,
um Meinungsführer im Web für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Zu diesem
Zweck wurden auch öffentlich diskutierte Fehler des Unternehmens nicht vertuscht,
sondern es wurde versucht, unmittelbar Abhilfe zu schaffen. Beispielsweise nimmt Dell
dazu auch aktiv mit Bloggern Kontakt auf, um auf Feedback und Kritik unmittelbar und
möglichst konstruktiv zu reagieren. Insgesamt nutzen 17 Abteilungen Social Media. Dell
folgt hier der Grundidee, die sich in der Wertschöpfungskette ergebenden Ansatzpunkte
der sozialen Medien umfassend zu nutzen.
Das Unternehmen entwickelte dabei ein eigenes Social-Media-Ökosystem, das auf der
eigenen Website, eigenen Communities sowie dem Engagement in externen Communi-
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 459

ties beruht (vgl. [25]). Die Website wird zunehmend mit nutzergenerierten Inhalten
angereichert. Darüber hinaus werden nicht zuletzt mit Bezug auf den B2B-Bereich eige-
ne Communities betrieben (z. B. Support-Communities, Dell Ideastorm). Im Bereich des
Engagements in externen Social-Media-Plattformen verfolgt Dell eine umfassende
„Cross-Plattform-Strategie“. Geführt werden unterschiedliche Twitter-Konten; darüber
hinaus ist das Unternehmen z. B. auf Facebook, MySpace, YouTube oder Flickr aktiv.
Auch innerhalb des Unternehmens werden Social-Media-Anwendungen z. B. zur Ideen-
generierung genutzt (Dell Employeestorm). Das Social-Media-Engagement des Unter-
nehmens Dell ist insofern durch einige zentrale Merkmale gekennzeichnet:

• Entwicklung einer umfassenden Social-Media-Strategie


• Realisierung einer eigenen Social-Media-Organisationsstruktur zur koordinierten
Umsetzung der Strategie
• Wechselspiel von Zuhören, Lernen und aktivem Kommunizieren bei operativen
Maßnahmen
• Schaffung eines eigenen Öko-Systems von miteinander vernetzten Social-Media-Ak-
tivitäten
• Wissenssicherung und Training aller Mitarbeiter
• Social Media als Frage der Unternehmenskultur

Social Media bei Cisco: „… von innen heraus“


Das Besondere des Social-Media-Engagements des Unternehmens Cisco liegt vor allem
darin, dass das Unternehmen die Nutzung sozialer Medien aus den internen Aktivitäten
heraus vorantreibt. Dies unterscheidet es von der Entwicklung bei Dell. Im Fall von Dell
war es zunächst vor allem externe Kritik in Blogs (vgl. [10]), die – zunächst aus PR-Sicht
– ein Gegensteuern notwendig machte. Um effektiv im Web 2.0 kommunizieren zu
können, wurden dann jedoch sehr schnell sowohl externe als auch interne Social-Media-
Kommunikation vorangetrieben und daraus mittelfristig eine unternehmensumspan-
nende Social-Media-Strategie entwickelt, die sich letztlich auch auf die Integration mög-
lichst vieler Wertschöpfungsstufen ausrichtete. Das Beispiel Dell verdeutlichte ebenfalls,
dass Social Media keineswegs nur eine Frage der externen Kommunikation oder von PR-
Abteilungen ist, sondern das ganze Unternehmen und vor allem die (interne) Unter-
nehmenskultur betrifft. Das Unternehmen Cisco wählte jedoch einen alternativen Weg.
Die Social-Media-Aktivitäten von Cisco waren zunächst primär darauf ausgerichtet, die
interne Zusammenarbeit, den Wissensaustausch und die Kooperation innerhalb des
Unternehmens zu fördern. Ziel ist es dabei, den Unternehmenswert durch effektive
onlinegestützte Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens und mit Externen zu
fördern. Hierzu entwickelte das Unternehmen ein eigenes Konzept, dessen wesentliche
Elemente in dem sog. Cisco Collaboration Framework skizziert sind (vgl. [4]) und das
Personen (Mitarbeiter, Kunden, Partner etc.), Prozesse und Technologie zur Verbesse-
rung der Wertschöpfungsprozesse miteinander verbinden soll. Dem liegt die These
zugrunde: Erst wenn man unternehmensintern erfolgreich kommuniziert, Wissen aus-
460 Gotthard Pietsch

tauscht und Lernprozesse anstößt, kann man auch extern mit Kunden und Geschäfts-
partnern wirklich effektiv zusammenarbeiten und mit ihnen Wertschöpfungsprozesse
wirksam gestalten und kontinuierlich verbessern. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt
das McKinsey Global Survey (vgl. [15]). Auch hier wird auf die besondere Bedeutung der
internen Zusammenarbeit für eine effektive Social-Media-Kommunikation hingewiesen.
Die Social-Media-Strategie bei Cisco ist damit unmittelbar produktivitätsorientiert.
Durch Steigerung der Produktivität der Unternehmensprozesse sollen die Unterneh-
mensleistungen und schließlich der Unternehmenswert erhöht werden. Die PR-
Perspektive steht somit nicht unmittelbar im Vordergrund, obwohl Cisco ebenfalls
Social-Media-Kommunikation auf Twitter oder Facebook betreibt. Vielmehr ist es eine
wertschöpfende Perspektive, die Ciscos Social-Media-Strategie vorantreibt.

Social Media bei Nike: „… von online zu offline und wieder zurück“
Die Social-Media-Strategie von Nike ist vor allem auf den Marketingbereich ausgerich-
tet. Dabei gelingt es Nike in besonderer Weise, die Grenzen zwischen Online- und Offli-
ne-Welt zu verwischen. Besonderes Beispiel ist die Social-Network-Site Nike+ (vgl. [17]).
Sie steht in enger Verbindung mit dem Nike+-Sensor, der in der Sohle von Sportschu-
hen des Herstellers untergebracht werden kann. Die im Sensor erfassten Daten können
mithilfe eines Empfängers gelesen werden, der z. B. an einem iPod-Nano angebracht
wird. Die persönlichen Trainingsdaten lassen sich schließlich über einen eigenen Ac-
count auf der Seite Nike+ auslesen und verwalten. Die Verbindung von Online-
Community und Offline-Training begünstigt die Verankerung der Social-Media-
Strategie des Unternehmens und der Marke im nicht-virtuellen Lebensalltag der Kun-
den. Darüber hinaus organisiert Nike über die Social-Media-Präsenz zahlreiche Offline-
Events, um auch hier Online- und Offline-Aktivitäten des Unternehmens mit den Onli-
ne- und Offline-Aktivitäten der Kunden zu verbinden.
Aus den bisher angestellten Überlegungen lassen ich einige grundlegende Thesen
zum Entwicklungsstand und -potenzial des Social-Media-Engagements der Unterneh-
men ableiten. Diese sollen im Folgenden vorgestellt werden.

4 Thesen zum Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial


von Social Media in Unternehmen

1. Social-Media-Aktivitäten der Unternehmen entwickelten sich zu einer sozialen


Selbstverständlichkeit mit der Gefahr eines unreflektierten Rationalitätsmythos so-
wie eines „Social-Media-Aktivismus“.
Social-Media-Engagements erreichten für die Unternehmen in den letzten Jahren
zunehmend den Charakter einer sozialen Selbstverständlichkeit (zum Begriff der
„sozialen Selbstverständlichkeit“ vgl. [16], S. 344 und [22], S. 70). Vielfach wird heu-
te von den Unternehmen und anderen Organisationen erwartet, dass sie sich in je-
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 461

dem Fall auch in den sozialen Medien engagieren. In diesem Zusammenhang greift
man nicht selten auf eine eindringliche und metaphorische Sprache zurück, die ihre
Wirkung durchaus nicht verfehlt. Verwendung findet beispielsweise die Metapher
der „Party“, die auf Social-Media-Plattformen ausgerichtet wird und an der jedes
Unternehmen im Dienste eines engen Kunden- und Userkontaktes teilnehmen soll-
te. „Konversationen verlagern sich auf soziale Netzwerke, und wer nicht mitmacht,
verliert den Anschluss“ ([26], S. 29). Der Erwartungsdruck gegenüber den Unter-
nehmen und die damit verbundenen sozialen Selbstverständlichkeiten rufen nicht
selten eine Eigendynamik hervor, die Rationalitätsmythen schafft. Dabei handelt es
sich um verselbstständigte, weitgehend unreflektierte, normativ positiv bewertete
Vorstellungen über (vermeintlich) vernünftiges (Unternehmens-)Verhalten (vgl.
[13], [16] und [22], S. 70). In der Online-Wirtschaft ist das Wirken solcher Rationa-
litätsmythen durchaus keine Seltenheit – wie die Erfahrungen im Kontext der New
Economy oder der Web-2.0-Euphorie zeigen (vgl. [11], [13] und [27]). In der aktuel-
len Situation besteht die Gefahr, dass Social-Media-Aktivitäten der Unternehmen
wesentlich von sozialen Rationalitätsmythen (mit-)vorangetrieben werden (vgl. zu
„Mitläufereffekten“ [1], S. 1100). Daraus resultiert ein „Social-Media-Aktivismus“,
dem eine klare Ziel- und Strategieausrichtung fehlt. Häufig werden die Chancen der
Social-Media-Nutzung systematisch überbewertet und zugleich Risiken weitgehend
ausgeblendet (zu Chancen und Risiken der Social-Media-Kommunikation vgl. [1],
S. 1099–1100).
2. Die Bedeutung passiver Social-Media-Maßnahmen wird unterschätzt.
Rationalitätsmythen und ein sich dabei ergebender „Social-Media-Aktivismus“ be-
günstigen derzeit eine systematische Unterschätzung rein passiver Social-Media-
Maßnahmen. Gerade die Diskussion um das Themengebiet Social Media fokussiert
vor allem auf ein aktiv gestaltendes Vorgehen im Social-Media-Bereich und würdigt
ein passives Vorgehen kaum. Letzteres widmet sich auf der Basis eines Social-Media-
Monitorings primär dem Ziel der Informationsgenerierung. Es geht dabei darum,
nutzergenerierte Inhalte systematisch im Hinblick auf Chancen und Risiken für das
eigene Geschäft zu untersuchen, ohne dabei aber eigene Social-Media-Auftritte zu
betreiben (vgl. [1], S. 1121). Dieses passive Vorgehen bietet sich gerade zu Beginn
der Auseinandersetzung mit dem Thema „Social Media“ an. Hierbei ist es möglich,
aus einer Beobachterperspektive heraus erste Erfahrungen zu sammeln und die klas-
sischen Risiken der Social-Media-Kommunikation (z. B. geringe Kontrollierbarkeit,
Informations-/Botschaftsverwässerung, Risiko der Verbreitung negativen Feed-
backs; (vgl. [1]) zu reduzieren.
3. Die Entwicklung von Social-Media-Strategien erfolgt bisher unzureichend und das
strategische Spektrum der Social-Media-Kommunikation wird erst allmählich offen-
sichtlich.
Social-Media-Strategien kann man als zielorientiert entwickelte, langfristig ausge-
richtete Verhaltenspläne bezeichnen, die auf der Basis von kommunikationsbezoge-
nen Grundsatzentscheidungen einen Rahmen für die Social-Media-Kommunikation
462 Gotthard Pietsch

bilden (vgl. [1], S. 1126). Die (kommunikations-)strategische Auseinandersetzung


mit dem Thema „Social Media“ erfolgt bisher jedoch unzureichend. Das Spektrum
möglicher Social-Media-Strategien ist zurzeit noch weitgehend unbekannt. Es fehlt
zudem bereits eine systematische Aufarbeitung strategischer Ziele der Social-Media-
Kommunikation sowie möglicher Strategieoptionen. Auch Konzepte zur stringenten
Integration von Social-Media-Maßnahmen in ein Gesamtkonzept der Unterneh-
menskommunikation liegen bisher kaum vor. Damit ist aber beim gegenwärtigen
Entwicklungsstand auch nicht klar, welchen Anforderungen Social-Media-Kommu-
nikation unter welchen Bedingungen genügen muss und wie sich Erfolg bzw. Miss-
erfolg klar voneinander unterscheiden lassen.
4. Mittelfristig begünstigen aktive Social-Media-Strategien grundlegende Wandelpro-
zesse der Unternehmen bzw. ihrer Unternehmenskultur.
Die Social-Media-Kommunikation der Unternehmen integriert eine wachsende Zahl
der Mitarbeiter in den Prozess der Unternehmenskommunikation. Zudem hat jeder
Mitarbeiter die Möglichkeit, die Kommunikation seines Unternehmens zu kommen-
tieren. Das Kommunikationspotenzial der Mitarbeiter wächst daher erheblich, so
dass die vernetzte, dialogbasierte Social-Media-Kommunikation auch mit Überra-
schungen und Risiken der Verbreitung ungewünschter Informationen durch die
Mitarbeiter rechnen muss. Eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen den Botschaften
eines Unternehmens in den sozialen Medien und der unternehmensinternen Situa-
tion erhöht die Risiken der Social-Media-Kommunikation erheblich. Social-Media-
Kommunikation schafft damit wachsende Abstimmungserfordernisse zwischen ex-
terner und interner Kommunikation. Wie das skizzierte Beispiel des Unternehmens
Dell zeigt, können hierdurch umfassendere Wandelprozesse im Unternehmen ange-
stoßen werden, die auch erhebliche Einflüsse auf die Unternehmenskultur entfalten.
5. Die Bereiche Marketing, Vertrieb und PR müssen ihre extern gerichteten Geschäfts-
prozesse teilweise grundlegend neu denken, um Social-Media-Initiativen effektiv re-
alisieren zu können.
Der Social-Media-Einsatz in den nach außen gerichteten Bereichen Marketing, Ver-
trieb und PR setzt eine umfassende Auseinandersetzung mit Kommunikationspro-
zessen voraus. Die traditionellen Muster der Einweg-Kommunikation klassischer
Medien versagen im Kontext der vernetzten Kommunikation der sozialen Dienste.
Notwendig sind flexible Kommunikations- und Organisationsstrukturen in den Be-
reichen Marketing, Vertrieb und PR, die auch „schwache Signale“ frühzeitig aufgrei-
fen und in effektive Kommunikationsmuster transformieren. Das gestiegene Ein-
flusspotenzial der User und die dialogorientierte Kommunikation erschweren eine
Steuerung im Hinblick auf vorab geplante, spezifische Kommunikationsergebnisse.
User-generated Content vermischt sich mit den Botschaften des Unternehmens; die
daraus resultierenden Effekte sind schwer zu prognostizieren. Der Fokus der Gestal-
tung verschiebt sich von den Kommunikationsergebnissen hin zur Beeinflussung
von Kommunikationsprozessen. Der PR-Bereich muss dabei sein Rollenverständnis
wandeln von einem Gestalter hin zu einem Moderator unternehmensbezogener Dia-
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 463

loge. Die Aufmerksamkeit richtet sich vor diesem Hintergrund auf die Wahrung
eines Rahmens bzw. Korridors, innerhalb dessen sich die auf das Unternehmen ge-
richtete Kommunikation unterschiedlicher Akteure bewegen kann. Diese Rahmen-
setzung in Kommunikationsprozessen erweist sich als ausgesprochen anspruchsvolle
Aufgabe, deren Erfolgsfaktoren keineswegs aufgearbeitet sind.
6. Social Media wird in Zukunft verstärkt Bestandteil der internen Organisation in Un-
ternehmen, um Geschäftsprozesse flexibler und effizienter als in der Vergangenheit
abzuwickeln.
Am Beispiel der Wertschöpfungskette von Porter wurde im vorangegangenen Ab-
schnitt gezeigt, dass Social-Media-Funktionen im Unternehmenskontext vor allem
dazu dienen, ein bestehendes Geschäftsmodell aufzuwerten bzw. weiterzuentwi-
ckeln. Dies wird sich in Zukunft weiter verstärken. Es geht dabei keineswegs nur um
den Bereich der Unternehmenskommunikation, sondern um die Unterstützung von
primären Aktivitäten der Wertkette in Forschung und Entwicklung, Beschaffung,
Produktion sowie Vertrieb/Sales oder sekundären Aktivitäten wie z. B. im Personal-
oder Wissensmanagement. Wie das Beispiel Cisco verdeutlichte, bietet dieses wert-
schöpfungsorientierte Vorgehen nicht nur ein erhebliches Potenzial zur Steigerung
des Unternehmenswerts, auch können bei einem zunächst rein unternehmensinter-
nen Einsatz sozialer Medien Erfahrungen gesammelt und für anschließende nach
außen gerichtete Social-Media-Auftritte genutzt werden.
7. Die konsequente Integration von Social-Media- und Offline-Kommunikation bietet
erhebliche Potenziale zur Intensivierung des Kundenkontakts.
Das Beispiel Nike+ verdeutlicht die Potenziale der Verbindung der Social-Media-
Kommunikation mit den Aktivitäten der Kunden im Offline-Bereich. Die Nähe zur
Alltagswelt des Kunden wird durch den interaktiven Social-Media-Kontakt und sei-
ne Koordination mit Offline-Maßnahmen erheblich intensiviert. Hierzu bedarf es
jedoch systematisch ausgearbeiteter Marketingkonzepte, die bis in die reale Alltags-
welt des Kunden hineinreichen und sich gleichzeitig in seinen Social-Media-Akti-
vitäten niederschlagen. Die Integration von Social-Media- und Offline-Maßnahmen
fördert die Identifikation des Kunden, seine Bindung an das Produkt und die Über-
nahme der Rolle eines Markenbotschafters.
8. Die Gefahr des Scheiterns ist im Bereich der Social-Media-Kommunikation weiter-
hin hoch.
Social-Media-Kommunikation stellt hohe Anforderungen an die betroffenen Orga-
nisationseinheiten und Mitarbeiter. Veränderte Kommunikationsmuster und Rol-
lenverständnisse rufen nicht nur Reaktanzphänomene in den Unternehmen, son-
dern auch Widersprüche mit den klassischen Organisationsstrukturen hervor.
Beispielsweise kann eine einfache Linienorganisation den hohen Achtsamkeits- und
Flexibilitätsanforderungen, die mit der Social-Media-Kommunikation einhergehen,
oft nur schwer gerecht werden. Das Verständnis der grundlegenden Mechanismen
effektiver Kommunikation im Kontext der sozialen Medien ist bisher aber immer
noch sehr begrenzt, so dass effektive Organisationsmuster im Kontext der Social-
464 Gotthard Pietsch

Media-Kommunikation noch nicht klar herausgearbeitet wurden. Da zudem betrof-


fene Organisationseinheiten häufig an alten mentalen Modellen festhalten, sind viele
Unternehmen im Bereich der Social-Media-Kommunikation mit einem hohen Risi-
ko des Scheiterns konfrontiert.
9. Als eigenständiges Geschäftsmodell sind Social-Media-Plattformen kritisch zu beur-
teilen.
Social-Media-Dienste werden nicht nur im Rahmen der Unternehmenskommunika-
tion oder zur Unterstützung primärer oder sekundärer Aktivitäten der Wertkette
genutzt. Gerade Internetunternehmen betreiben Social-Media-Plattformen als eigen-
ständiges Geschäftsmodell. Als Geschäftsmodell oder Investitionsobjekt sind Social-
Media-Dienste jedoch kritisch zu beurteilen. Die Monetarisierung erweist sich stets
als problematisch. Hierzu tragen nicht nur die klassischen Probleme bei der Ver-
marktung von Werbeplätzen auf Social-Media-Plattformen bei, die sich vor allem
aus der begrenzten Qualitätskontrolle der Inhalte auf diesen Seiten ergeben (vgl.
[24]). Verstärkt wird dies durch übertriebene Erwartungseffekte, die durch die er-
wähnten Rationalitätsmythen im Social-Media-Kontext hervorgerufen werden und
nicht selten die betriebswirtschaftlich kritische Reflexion unternehmerischer Ent-
scheidungen erschweren. Angesichts der hohen Erwartungen spricht man derzeit
häufig von der Gefahr einer neuen Spekulationsblase im Kontext sozialer Medien
(vgl.[9], [29]). Die Gefahr einer Social-Media-Blase wird vor allem mit den hohen
Börsenwerten von Social-Media-Unternehmen wie LinkedIn begründet. Hinzu
kommen netzeffektbasierte Vermachtungstendenzen auf Social-Media-Märkten, die
es vor allem neuen Anbietern erschweren, gewinnbringende Geschäftsmodelle zu
kreieren (vgl. [5]).
10. Soziale Dienste entwickeln sich zu „Gesellschaftsbetriebssytemen“ und produzieren
dabei zunehmend einen „gläsernen User“, der sich der Vielfalt der über ihn gespei-
cherten Daten kaum noch bewusst wird.
Soziale Dienste entwickeln sich zu einem Motor der Bildung sozialer Strukturen und
sie werden dabei zunehmend zu umfassenden Betriebssystemen der Gesellschaft.
Kommunikation und Vergemeinschaftung verlagern sich von der Offline- in die
Online-Welt der sozialen Dienste. Letztere liefern die Daten und Schnittstellen für
die Realisierung vielfältiger Kommunikationsprozesse auf der Mikro-, Meso- sowie
Makroebene der sozialen Systeme. Hierdurch entstehen Modifikationen im Cha-
rakter unserer sozialen Beziehungen, ohne dass sich die User dessen bewusst sind.
Die zunehmende Verbreitung und Selbstverständlichkeit des Internets löscht es aus
der bewussten Wahrnehmung des Einzelnen; dies betrifft auch die Spuren, die die
Internetnutzer auf ihren Wegen durch die Online-Gesellschaft hinterlassen. Die
Vielfalt der personenbezogenen Daten lässt den gläsernen User entstehen, der dies
aber kaum noch reflektiert.
Social Media in Unternehmen – Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial 465

5 Fazit

Trotz der gestiegenen Begeisterung für den Social-Media-Einsatz in den Unternehmen


und der wachsenden Verbreitung dieser Social-Media-Aktivitäten sind der konzeptionel-
le Entwicklungsstand und die Erkenntnisse im Bereich der wirtschaftlichen Nutzung von
Social-Media-Plattformen weiterhin gering. Ein Entwicklungspotenzial beinhalten Soci-
al-Media-Engagements im Grunde auf fast allen Stufen der unternehmensbezogenen
Wertkette. Diese müssen aber in jedem Einzelfall vor dem Hintergrund bestehender
Risiken, des verfügbaren Wissens sowie der jeweils gegebenen Kompetenzen im Social-
Media-Bereich kritisch reflektiert werden. Ein derzeit häufig von Rationalitätsmythen
vorangetriebener Social-Media-Aktivismus tendiert dazu, die Chancen übermäßig zu
gewichten und Risiken nicht hinreichend zur Kenntnis zu nehmen. Die sich daraus erge-
benden Gefahren können immens sein – sie reichen von der Ressourcenverschwendung
bis hin zu langfristigen Schäden für das Unternehmensimage. Deshalb kann auch eine
Social-Media-Abstinenz bzw. der Rückgriff auf passive Social-Media-Strategien zumin-
dest auf kurze bzw. mittlere Sicht in vielen Fällen durchaus sinnvoll sein. Als eigenständi-
ges Geschäftsmodell müssen Social-Media-Plattformen stets kritisch reflektiert werden,
weil sich die Monetarisierung meist als äußerst komplex darstellt. Die derzeit etablierten
Social-Media-Plattformen zeigen vielfach ein kontinuierliches Wachstum ihrer Nutzer-
zahlen; sie entwickeln sich zu herausragenden Traffic-Lieferanten im Internet und kön-
nen sich in Zukunft sogar zu umfassenden „Gesellschaftsbetriebssystemen“ entwickeln,
die wesentlich Einfluss auf gesellschaftspolitische Entscheidungen entfalten können.

Literaturverzeichnis

1 Bruhn, M. (2011): Unternehmens- und Marketingkommunikation. Handbuch für ein integriertes


Kommunikationsmanagement, 2. Auflage, München.
2 Buck, M. (2011): Wie Social Media Unternehmen und Ihren Marketing-Mix verändern – Best
Practices Dell. Presentation Social Media Conference Munich, 04./05. Juli 2011, URL:
http://www.slideshare.net/workingfordell/social-media-conference-munich-july-2011-dell-best-
practices-michael-buck-july-2011, abgerufen am: 22.11.2011.
3 Bullock, D./Leary, B. (2008): Barack Obama’s Social Media Lessons for Business, New York.
4 Cisco (2009): Creating a Collaborative Enterprise, URL: http://www.cisco.com/en/US/solutions/
collateral/ns340/ns856/ns870/C11-533734-00_collab_exec_guide.pdf, abgerufen am: 22.11.2011.
5 Dörner, S. (2010): Warum Facebook der Konkurrenz keine Chance lässt, URL:
http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/warum-facebook-der-konkurrenz-keine-
chance-laesst/3498904.html?p3498904=all, abgerufen am: 22.11.2011.
6 ethority (2011): Social Media Prisma, URL: http://www.ethority.de/weblog/social-media-prisma/,
abgerufen am: 16.06.2011.
7 FAZ (2010): Twitter erhöht die Schlagzahl, URL: http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/computer-
internet/microblogging-twitter-erhoeht-die-schlagzahl-15536.html, abgerufen am: 22.11.2011.
8 FAZ (2011): Ich weiß, was du bald mögen wirst, URL: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/
debatten/digitales-denken/soziale-netzwerke-ich-weiss-was-du-bald-moegen-wirst-11113317.html,
abgerufen am: 22.11.2011.
466 Gotthard Pietsch

9 Haque, U. (2010): Die Social-Media-Blase: Nennen wir es Beziehungsinflation, URL:


http://carta.info/26515/die-social-media-blase-nennen-wir-es-beziehungsinflation/, abgerufen am
22.11.2011.
10 Jarvis, J. (2009): Was würde Google tun? Wie man von den Erfolgsstrategien des Internet-Giganten
profitiert, München.
11 Kühl, S. (2003): New Economy, Risikokapital und die Mythen des Internet, in: Berliner Journal für
Soziologie 13 (1/2003), S. 77–96.
12 Maaß, C. (2008): E-Business Management. Gestaltung von Geschäftsmodellen in der vernetzten
Wirtschaft, Stuttgart.
13 Maaß, C./Pietsch, G. (2008): Mythen und Symbole in der Internetökonomie: Das Beispiel Web 2.0,
in: Zeitschrift für Management 3 (4/2008), S. 339–362.
14 Maaß, C./Pietsch, G. (2010): Online-Produktmanagement. Von der Idee zum Online-Produkt,
München.
15 McKinsey (2007): How Businesses are Using Web 2.0: A McKinsey Global Survey, URL:
http://www.finextra.com/Finextra-downloads/featuredocs/hobu07.pdf, abgerufen am: 22.11.2011.
16 Meyer, J. W./Rowan, B. (1977): Institutionalized Organizations: Formal Structure as Myth and Ce-
remony, in: American Journal of Sociology 83 (2/1977), S. 340–377.
17 Nike (2011): Social-Network-Site Nike+, URL: nikerunning.nike.com, abgerufen am: 22.11.2011.
18 O’Reilly, T. (2005): What is web 2.0? Design Patterns and Business Models for the Next Generation
of Software, URL: http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-
20.html?page=4/, abgerufen am: 22.11.2011.
19 Porter, M. E. (1992): Wettbewerbsvorteile – Spitzenleistungen erreichen und behaupten, 3. Aufl.,
Frankfurt am Main.
20 Pressebox (2011): Dell forciert Social Media in Deutschland, URL: http://www.pressebox.de/
pressemeldungen/dell-gmbh/boxid/414454, abgerufen am: 22.11.2011.
21 Qualmann, E. (2009): Socialnomics. How Social Media Transforms The Way We Live and Do Busi-
ness, New York.
22 Scherm, E./Pietsch, G. (2007): Organisation: Theorie, Gestaltung, Wandel, München.
23 Schmidt, H. (2011): Social Media – Einsatz in Unternehmen, URL: http://www.slideshare.net/
HolgerSchmidt/social-media-in-unternehmen-6604320, abgerufen am: 22.11.2011.
24 Schonfeld, E. (2008): LinkedIn to Launch Its Own Ad Network, URL: http://techcrunch.com/
2008/09/14/linkedin-to-launch-its-own-ad-network/, abgerufen am: 22.11.2011.
25 Socialmedia-Blog (2011): Social Proof – Vertrauen verkauft, URL: http://www.socialmedia-
blog.de/tag/social-media/, abgerufen am: 22.11.2011.
26 Stuber, R. (2010): Erfolgreiches Social Media Marketing mit Facebook – Twitter – Xing & Co,
4. Aufl., Düsseldorf 2010.
27 Stuhr, M. (2010): Mythos New Economy. Die Arbeit an der Geschichte der Informationsgesellschaft,
Bielefeld.
28 Walsh, G./Hass, B. H./Kilian, T. (Hrsg.) (2010): Web 2.0: Neue Perspektiven für Marketing und
Medien, 2. Auflage, Heidelberg (u. a.).
29 Weigert, M. (2010): Die Social-Media-Blase: die Überhitzung eines Trends, Onlinedokument:
http://netzwertig.com/2010/07/23/social-media-blase-die-ueberhitzung-eines-trends/, abgerufen am:
22.11.2011.
30 Wirtschaftswoche (2011): Facebook bekommt neues Gesicht, URL: http://www.wiwo.de/technik-
wissen/facebook-bekommt-neues-gesicht-482708/, abgerufen am: 22.11.2011.
Social Branding – Alles bleibt anders 31
Matthias Schulten, Artur Mertens, Andreas Horx

Inhaltsverzeichnis

1 Social Branding erfordert Umdenken .................................................................................... 468


2 Fünf Thesen zum Social Branding .......................................................................................... 468
2.1 Vereinen und Leiten ist die Maxime sozialer Markenführung ........................... 468
2.2 Reden ist Silber, Interaktion Gold ........................................................................... 468
2.3 Die Struktur folgt dem Konsumenten..................................................................... 469
2.4 Rationalität wird wichtiger........................................................................................ 469
2.5 Erlaubt ist, was nützt.................................................................................................. 469
3 Social Branding bleibt ein dynamisches Betätigungsfeld..................................................... 470
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 470

_______________________
Prof. Dr. Matthias Schulten ()
Hochschule Furtwangen, Fakultät Digitale Medien,
Robert-Gerwig-Platz 1, 78120 Furtwangen, Deutschland
e-mail: matthias.schulten@hs-furtwangen.de
Artur Mertens ()
Otto-Hesse-Straße 19, 64293 Darmstadt, Deutschland
e-mail: a.mertens@branddevelop.de
Andreas Horx ()
Paulinenstraße 1, 65812 Frankfurt/Bad Soden, Deutschland
e-mail: andreas.horx@die-integratoren.net

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 467


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1_31, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
468 Matthias Schulten et al.

1 Social Branding erfordert Umdenken

Das vorliegende Herausgeberwerk zielte darauf ab, mittels einer Darstellung von Grund-
lagen und Erfolgsfaktoren, branchenspezifischen Best-Practice-Beispielen sowie Control-
ling-Mechanismen und Perspektiven neue Impulse für die Markenführung in sozialen
Medien zu liefern. Bei der Sichtung der Beiträge unserer Autoren wurde dabei für uns
immer deutlicher, dass das Social Branding weitreichende Implikationen für die Mar-
kenführung insgesamt hat. Es erfordert nicht nur eine weitere Professionalisierung sozia-
ler Aktivitäten, sondern auch in vielerlei Hinsicht ein Umdenken. Die aus unserer Sicht
zentralen Punkte haben wir in fünf Thesen zusammengefasst.

2 Fünf Thesen zum Social Branding

2.1 Vereinen und Leiten ist die Maxime sozialer Markenführung

Social Branding geht nicht mit einem Kontrollverlust der Markenführung einher. Im
Gegenteil: Über die Marke wird in den sozialen Medien ohnehin gesprochen (vgl. [2]).
Sich an diesen Gesprächen nicht zu beteiligen, hieße die Markenführung aus der Hand
zu geben. Dabei sein ist also für eine erfolgreiche Markenführung unabdingbar. Aber
auch das „Wie“ ist entscheidend. Erfolgreiches Social Branding zeichnet sich nicht durch
ein „Laissez faire et laissez passer“ aus, sondern durch eine Markenführung, die auf dem
Prinzip des „Vereinens und Leitens“ (vgl. [13]) der Community basiert. Es geht darum,
die Nutzer sozialer Medien in die Markenführung einzubinden und ihre Gespräche im
Sinne der Marke zu moderieren und zu steuern, um die Kontrolle über die Entwicklung
der Marke zu wahren (vgl. [2]). Hierzu empfiehlt sich neben einer klar definierten Mar-
kenidentität mit relevanten, konkreten und differenzierenden Markenwerten eine souve-
räne Markenkommunikation mit den Befürwortern und Kritikern der Marke (vgl. [7]).
Denn wer souverän agiert, behält auch in der Vielstimmigkeit der sozialen Medien die
Fäden in der Hand.

2.2 Reden ist Silber, Interaktion Gold

Unternehmen sollten keine Angst davor haben, in sozialen Medien aktiv zu werden. Die
Maxime des „Vereinens und Leitens“ macht es dabei erforderlich, einseitige Kommuni-
kationsformen um zweiseitige zu ergänzen. Marken müssen sich Konsumenten öffnen
und mit ihnen interagieren. Bewährt hat sich hierbei, den Konsumenten markenkon-
forme Inhalte mit Mehrwert zu bieten, ihnen Raum für eigene Beiträge zu geben, den
Dialog zu suchen, ihnen zuzuhören und bei Problemen zuverlässig mit Rat und Tat zur
Seite zu stehen, um die Markenbeziehung zu vertiefen (vgl. [9]). Authentisches Marken-
verhalten erhöht dabei die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Marke. Denn ge-
Social Branding – Alles bleibt anders 469

rade in Krisenzeiten ist das Vertrauen ein wichtiger Schutzschild für die Marke und das
gesamte Unternehmen (vgl. [3]).

2.3 Die Struktur folgt dem Konsumenten

Die Notwendigkeit von Interaktionen geht mit einer Veränderung von Organisations-
strukturen einher. Denn jeder Mitarbeiter, der mit den Konsumenten in sozialen Medien
interagiert, ist auch ein potenzieller Markenbotschafter. Vor allem Mitarbeiter mit vielen
Konsumentenkontakten sollten für die Markenführung sensibilisiert und in diese einge-
bunden werden (vgl. [1]). Den Markenverantwortlichen kommt dabei die Aufgabe zu,
die Mitarbeiter entsprechend zu schulen, ihnen beratend zur Seite zu stehen, sie vor
Risiken zu warnen und erfolgversprechende Maßnahmen anzuregen und zu fördern (vgl.
[8]). Hierdurch rücken die formellen und informellen Organisationsstrukturen der Mar-
kenführung näher an den Konsumenten heran. Sie werden dezentraler.

2.4 Rationalität wird wichtiger

Die Dynamik sozialer Medien ist oftmals so groß, dass viele Unternehmen nicht ausrei-
chend Zeit haben, um auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen zu warten
(vgl. [2]). Sie experimentieren daher mittels Versuch-und-Irrtum-Methoden. Die meis-
ten Entscheidungen dürften dabei „aus dem Bauch“ heraus getroffen werden. Gleich-
wohl gilt auch hier: Nur wer den Erfolg messbar machen kann, hat die Kontrolle, ob die
ergriffenen Maßnahmen den erhofften Markenerfolg bringen. Vor diesem Hintergrund
gewinnen Social Brand Measurement und Monitoring an Bedeutung (vgl. [11]). Die
Zukunft des Social Brandings scheint hierdurch vorgezeichnet: weniger Bauch, mehr
Kopf bei der Konzipierung von Maßnahmen und zunehmend Messungen in Echtzeit,
um Lernprozesse rund um die Marke zu beschleunigen.

2.5 Erlaubt ist, was nützt

Die Steigerung des Markenerfolgs ist nur eine von vielen Zielsetzungen, die mit sozialen
Medien verfolgt werden kann. Letztlich dienen soziale Medien dazu, den geschäftlichen
Erfolg zu erhöhen. Zur Kapitalisierung von Aktivitäten in sozialen Medien sollte daher
auch über Maßnahmen nachgedacht werden, die nicht unbedingt der klassischen Mar-
kenführung zugerechnet werden (vgl. [12]). Erlaubt ist, was nützt. So scheint es ratsam,
soziale Medien auch zu nutzen, um Konsumenten mit ihren Ideen und Inhalten aktiv in
Wertschöpfungsprozesse einzubinden (vgl. [10], [6]). Darüber hinaus ist das Potenzial
von Social Commerce groß. So scheint für viele Unternehmen die Veranlassung der Kon-
sumenten zum Mitmachen, Entdecken und Shoppen eine interessante Option im Bereich
470 Matthias Schulten et al.

sozialer Medien zu sein (vgl. [4]). Allein aus der Nutzung des Zugangs zu Online-
Shoppern mit Facebook-Profil werden bis 2015 zweistellige Milliardenumsätze erwartet
(vgl. [5]).

3 Social Branding bleibt ein dynamisches Betätigungsfeld

Das Social Branding steht erst am Anfang einer Entwicklung, deren weiterer Verlauf
weitreichende Veränderungen für die Markenführung mit sich bringen wird. Neue
Erkenntnisse aus den Versuch-und-Irrtum-Methoden der Praxis und der wissenschaft-
lichen Forschung werden zu einer weiteren Professionalisierung führen. Abzuwarten
bleibt, ob diese Erkenntnisse mit der Dynamik technologischer Entwicklungen Schritt
halten können. Wir gehen davon aus: Alles bleibt anders. Das Social Branding wird
auch in Zukunft ein spannendes Betätigungsfeld für Wissenschaft und Praxis sein.

Literaturverzeichnis

1 Brexendorf, T. O./Henkel, S. (2012): Steuern die Markenmanager oder die Konsumenten die Marke?,
in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
2 Buck, M./Lüdi, C./Maltzen, R./Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (2012): Social Branding: Unter-
nehmen wollen am digitalen Marken-Stammtisch sitzen, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A.
(Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
3 Burmann, C./Hemmann, F./Eilers, D./Kleine-Kalmer, B. (2012): Authentizität in der Interaktion als
zentraler Erfolgsfaktor der Markenführung in Social Media, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A.
(Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
4 Decker, A. (2012): Social Commerce über die Social Commerce Plattform Nestlé Marktplatz, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
5 Eichsteller, H./Schwend, A. (2012): Social Branding: vom Customer Access zum Social Shopping, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
6 Horx, A. (2012): Crowdsourcing – ein Blick in die Zukunft der Markenführung, in: Schulten,
M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
7 Kilian, K. (2012): Die Bedeutung selbstbestimmter Markenfürsprecher in den sozialen Medien, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
8 Maurer, A. (2012): Online-Reputation-Management im Social Web – der Ansatz von 1&1, in: Schul-
ten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
9 Mertens, A./Caspari, M. (2012): Social Brand-Loyalty – soziale Markenloyalität durch systematisches
Interagieren mit Fans, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
10 Pietsch, G. (2012): Social Media in Unternehmen: Entwicklungsstand und Entwicklungspotenzial, in:
Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
11 Schmitz-Axe, A./Wilkoszewski, A./Többens, T. (2012): Social Brand Controlling – Chancen und
Herausforderungen von Measurement & Monitoring im Social Web, in: Schulten, M./Mertens,
A./Horx, A. (Hrsg.): Social Branding, Wiesbaden.
12 Schulten, M. (2012): Return on Social Branding, in: Schulten, M./Mertens, A./Horx, A. (Hrsg.): Social
Branding, Wiesbaden.
13 von Goethe, J. W. (1814): Sprichwörtliches, Weimar.
Social Media im BITKOM

Über den BITKOM

BITKOM ist das Sprachrohr der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche.


BITKOM vertritt mehr als 1.700 Unternehmen, davon über 1.100 Direktmitglieder.
Hierzu gehören fast alle Global Player sowie 800 leistungsstarke Mittelständler. Die
BITKOM-Mitglieder erwirtschaften 135 Mrd. € Umsatz und exportieren Hightech im
Wert von 50 Mrd. €. BITKOM repräsentiert damit ca. 90 % des deutschen ITK-Markts.
BITKOM bildet ein großes, leistungsfähiges Netzwerk und vereinigt die besten Köpfe
und Unternehmen der digitalen Welt. BITKOM organisiert einen permanenten Aus-
tausch zwischen Fach- und Führungskräften und stellt seinen Mitgliedern Plattformen
zur Kooperation untereinander und für den Kontakt mit wichtigen Kunden bereit. Das
Querschnittsthema Social Media & Web 2.0 begleitet und entwickelt BITKOM schwer-
punktmäßig im Arbeitskreis Social Media.

Arbeitskreis Social Media

Die Aktivitäten des Arbeitskreises sollen helfen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unter-
nehmen vor dem Hintergrund der Entwicklungen im Social Web zu erhöhen. Der Ar-
beitskreis Social Media konzentriert seine Arbeit daher auf Aspekte des Business 2.0 und
des Enterprise 2.0 – hier geht es um den Einsatz der sozialen Medien in den externen und
internen Unternehmensbeziehungen. Dabei unterstützt der Arbeitskreis die Mitgliedsun-
ternehmen bei der Bearbeitung vielfältiger Fragen: Von der Entwicklung einer Social-
Media-Strategie über rechtliche Rahmenbedingungen bis hin zu technischen Entwick-
lungen.
Der Arbeitskreis hat das Ziel, im Bereich Social Media die Fachkompetenz der Mit-
gliedsunternehmen zu bündeln, die Mitglieder des Arbeitskreises zu vernetzen und eine
maßgebliche Rolle in der öffentlichen Diskussion und Wahrnehmung zu diesem The-
mengebiet zu übernehmen.

M. Schulten, A. Mertens, A. Horx, Social Branding, 471


DOI 10.1007/978-3-8349-3755-1, © Gabler Verlag | Springer Fachmedien Wiesbaden 2012
472 Social Media im BITKOM

Aktuelle Themen des Arbeitskreises

• Business 2.0: Social-Media-Einsatz von Unternehmen für PR, HR, R&D, Vertrieb,
Marketing, Social Customer Interaction Management, Kundenservice 2.0, Vertrieb 2.0
• Enterprise 2.0: Social Media in der internen Kommunikation, Collaboration, Cura-
tion, R&D, interne Social-Media-Plattformen und -Tools, Plattform-/Tool-Auswahl
und -Rol
• Monitoring, Online-Mediennutzung, Nutzerverhalten, Erfolgsmessung
• Beziehungsmanagement, Identitätsmanagement, Informationsmanagement und Re-
putationsmanagement, Compliance, Governance, Risk-Management

Links und Veröffentlichungen

• Arbeitskreis Social Media, http://www.bitkom.org/de/wir_ueber_uns/60560.aspx


• Leitfaden Social Media, http://www.bitkom.org/de/themen/36444_66014.aspx
• Social Media Guidelines – Tipps für Unternehmen,
http://www.bitkom.org/de/themen/36444_65251.aspx
• Studie Soziale Netzwerke,
http://www.bitkom.org/de/publikationen/38338_70897.aspx
• Digitale Welt, das Blog des BITKOM, www.digitalewelt.org
• Twitter-Kanal, www.twitter.com/BITKOM

Kontakt

BITKOM e.V.
Albrechtstraße 10 A
10117 Berlin-Mitte

Telefon: 030.27576-0
Telefax: 030.27576-400

bitkom@bitkom.org
www.bitkom.org

Das könnte Ihnen auch gefallen