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16 Design › Code › Business » Das Magazin der Kreativbranche
05.2016
DEUTSCHLAND CH 19,40 CHF
A 11,00 EUR
9,95 EUR L 11,50 EUR

10842
Multi-Device Design Mediengestalter Design Fusion
Responsive Webdesign Berufsausbildung Wenn Marken
Krisenmanagement • Multi-Device Design • Co-Branding • Gründen aus dem Studium heraus

ist nur der Anfang statt Designstudium sich verbinden

HILFE
FÜR KREATIVE
PROJEKTE,
DIE ZU SCHEITERN
DROHEN
# 336 • 31. JAHRGANG
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ediTorial Page 05.16 003

ICH

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BRAUCH
Krise? KEIN
Welche Krise? FESTIVAL.
ICH HAB
● »Zeit gibt es, damit nicht alles auf einmal passiert
. . . und Raum, damit nicht alles dir passiert«, hat die AUCH
SO MEHR
amerikanische Essayistin Susan Sontag einmal for­
muliert. Und wir würden uns dem sofort ohne Wei­

FANS.
teres anschließen, gäbe es da nicht diese berühmt­
berüchtigten Projektphasen, in denen alles gleichzei­
tig zusammenzubrechen droht und – na, Sie ahnen
Foto: Kirsten Nijhof

sicher schon – es ausnahmslos einen selbst trifft.


NICHT FUR KATZEN, ABER

..
Das sind die Momente, die eine Kreativkarriere für
immer in ein Vorher und Nachher teilen können. FUR KREATIVE UND KUNDEN:

..
Die Momente, in denen man am liebsten im Erdbo­ DAS ADC FESTIVAL 2016.
den versinken würde.
Andererseits: Sollten nicht gerade wir vor derlei
Katastrophen gefeit sein? Sind nicht wir die Problem­
löser vor dem Herrn? Fürwahr, in unserer Branche
räumt man keine Schlappen ein. Im Gegenteil, un­
sere Kreativität läuft in Krisenzeiten zur Höchstform
auf: Unbefriedigende Ergebnisse werden einfach
schöngeredet. Und sollte doch einmal ein unlösba­
res Problem zutage treten – sei’s weil wir uns verga­
loppiert haben, das Team nicht funktioniert oder zu
viele Anforderungen den Blick verstellen –, dann
suchen wir die Schuld eben anderswo.
Cover Klingt nach einer guten Strategie? Ist es aber
Apple Emojis nicht. Eine missliche Situation unter den Teppich
zu kehren, war noch nie die Lösung. Irgendwann
kommt sie sowieso, die gefürchtete Frage, warum
der Projektfortschritt ausbleibt, die Qualität leidet
oder das Budget überzogen wird. Spätestens dann
Agil geraten wir in Erklärungsnot und das Kartenhaus
Ans Ziel fällt in sich zusammen – ob wir wollen oder nicht.
Dabei sind Probleme etwas ganz Normales. Wir müs­
Modernes
Projektmanagement – sen nur lernen, ihnen ins Auge zu schauen und offen
Cases, Techniken, über sie zu reden. Aus gutem Grund basiert moder­
Methoden
nes Projektmanagement auf regelmäßigen Status­
Meetings, in denen explizit abgefragt wird, was einen
PAGE Seminar bei der Arbeit behindert.
»Projektmanagement« Zeit gibt es, damit wir Komplikationen anspre­
Profitieren auch Sie von
chen und Alternativen entwickeln können . . . und THE BATTLE
dem immensen Erfahrungs-
Raum, damit wir uns für den Weg aus der kritischen OF CONTENT.
ADC 2016.
schatz Hagen Seidels von
Razorfish! Das zweitägige
Situation entscheiden können. Ja, eine Krise meis­
Seminar findet von 21. bis tert man immer noch am besten, indem man ihr zu­
22. April in Hamburg statt – vorkommt. – Präventionsmaßnahmen und Notfall­ DAS ADC FESTIVAL.
am besten gleich anmelden! pläne für kreative Projekte, die zu scheitern drohen,
VOM 22. BIS 24. APRIL IST DAS BESTE AUS WERBUNG,
Seite 28 siehe Seite 16 ff.
DESIGN UND DIGITAL IN HAMBURG. MEHR ZUR
AWARDS SHOW, AFTER SHOW PARTY, AUSSTELLUNG
Gabriele Günder,
UND ZUM KONGRESS „HEROES OF CONTENT“ AUF
Chefredakteurin/Publisher WWW.ADCFESTIVAL.DE
(info@page-online.de)
004 page 05.16

Inhalt
➤ TITELThEmEN

SIGNALE
006 Ideen, Projekte und Diskussionen

TITEL
016 Krisenmanagement
Was tun, wenn ein Projekt zu scheitern droht?
Wir fragten Kreative nach ihren Erfahrungen und
zeigen, wie man Krisen vorbeugt, wie man sie
rechtzeitig erkennt und erfolgreich gegensteuert

ThEmEN
030 Typoreise Hongkong
Östliche Schriftkultur und modernes westliches
Stilbewusstsein bilden eine faszinierende Melange
062
036 Multi-Device Design
Responsive Webdesign war ein erster Schritt – nun sind
Gestaltungsansätze gefragt, die der multiplen Geräte-
nutzung von PC bis Smartwatch gerecht werden

044 Design Fusion & Co-Branding


Unternehmen und Marken zu vereinen – langfristig
oder temporär –, erfordert viel Feingefühl

NEuES
050 Spannendes aus der Typo-, Bild-, Papier-
und Technikwelt
058 Publikationen für Gestalter und Developer

ProjEkTE
062 Leitsystem für Coworking Space
Spielerische Orientierung: der vielfältig bezaubernde
Entwurf von Foreign Policy Design Group in Singapur

068 Retro-Future-Kalender von Q


Drucken ohne Schwarz – in engster Zusammenarbeit
mit der Produktion entstand ein echtes Printjuwel

074 Visual Customizer für Radmarke


Maximale Wahlmöglichkeiten bei maximaler Usability
bietet der Online-Konfigurator von Taikonauten
page 05.16 005

→ TiTel

016

080 Nachwuchs
Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung

WErkzEuG
084 Zellstoffalternativen für Papier
Können Gras, Stein, Hanf oder Baumwolle den Zellstoff
aus Holz ersetzen? Und ist das tatsächlich sinnvoll?

090 How-to: Retargeting mit Facebook


Das soziale Netzwerk bietet ausgefeilte Möglichkeiten,
spitze Zielgruppen zu erreichen. Wir zeigen, wie’s geht

BrANchE
096 Gründen aus dem Studium heraus
Start-up-Kultur meets Designakademie: An den Hoch-
schulen gibt es erste Initiativen, die den Kreativnachwuchs

030
darin unterstützen, ein eigenes Business zu starten

102 Ausbildungsberuf Mediengestalter


Es muss nicht immer ein Designstudium sein – wir
stellen die Berufsausbildung und ihre Chancen vor

108 Szene Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt

STANdArdS
003 Editorial
107 PAGE Digital
110 Kalender Termine für Designer & Developer
112 Impressum/Vorschau/Leserservice
114 Sieberts Betrachtungen

SErvIcES
067 PAGE Shop 095 PAGE Abo

PAGE SEmINArE
028 »Projektmanagement« mit Hagen Seidel
042 »Bildrecht« mit Sabine Pallaske und Silke Kirberg
049 NEU! »Design Thinking« mit Edenspiekermann, Berlin
073 »Leitmedium Design« mit Jochen Rädeker in München
079 »Infografik« mit Golden Section Graphics
089 »Multisense Design« mit Olaf Hartmann
006 page 05.16 › Signale

Signale
ideen, projekte und Diskussionen
aus Design, Kommunikation
und Development finden Sie hier
und auf ↗www.page-online.de  
page 05.16 007

Vom Planeten GitHub


● Code Art.  Die auf Payment-Lösungen speziali-
sierte Agentur Braintree aus den USA nutzte dieses
side project, um sich auch mal kreativ auszutoben:
Ihre Webanwendung Codeology visualisiert GitHub-
Projekte als dreidimensionale ASCII-Animationen.
Dazu zieht sie sich die Daten über die offene Git-
Hub-API und generiert die Visuals mittels WebGL,
Three.js und GLSL Shaders. Form und Farbe ergeben
sich aus der Programmiersprache des jeweiligen
Projekts, die Größe korrespondiert mit dem Umfang
des Codes. Die Codeology-Artefakte lassen sich un-
ter http://codeology.braintreepayments.com als GIF
oder Wallpaper herunterladen. as
008 page 05.16 › Signale

 Literarisierungskampagne. Ob A wie Aids, F wie Female Genital


Mutilation oder P wie Poverty: Viele drängende Probleme haben auch
damit zu tun, dass rund 757 Millionen Menschen nicht lesen und
schreiben können. Die vom weltweit marktführenden Bildungsverlag
Pearson angestoßene Initiative www.projectliteracy.com will das än-
dern. Für eine große Kampagne dazu entwarf FCB Inferno aus Lon-
don das »Alphabet of Illiteracy« mit Skulpturen von Wilfrid Wood –
allesamt liebevoll aus Polymerton geformt und bemalt. cg
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
010 page 05.16 › Signale

Kunst auf Rädern


Hundert von Urban Artists bemalte
Laster will der spanische Transport-
unternehmer Jaime Colsa auf die
Straße schicken – das gibt viel Publi-
city für seine Firma PBX. Hier
war Okuda am Werk, mehr unter
 http://truck-art-project.com .  cg

Summer Feeling
● Brand Identity. Das farbenfrohe Er-
scheinungsbild für Hernesaaren Ran-
ta, einen Strand südlich von Helsinki,
versprüht 1920er-Jahre-Flair und macht
Lust auf Sommerurlaub. Die finnische
Designagentur Werklig (www.werklig.
com) setzte auf maritime Elemente wie
Streifen und Wellen, machte Anleihen
an der regionaltypischen Holzvertäfe-
lung und verlieh dem Logo zudem ei-
nen Hauch von Art déco und Neonröh-
re. Dazu kommen Still-Life-Fotos zum
Einsatz, die unterschiedlichste Objek-
te wie Hummer und Laptop oder High
Heels und Volleyball zusammenbrin-
gen – und so einen Bogen über die ver-
schiedenen Angebote in der Strand-
region spannen. nik
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Moralfrage
Dr. Claudia Gerdes über eine Aktion,
bei der sie nicht mitmacht

● Was würden Sie sagen, wenn Partner, Familien-


mitglied oder WG-Mitbewohner Ihnen beim Früh-
stück einen schrecklich lustigen Streich spielt, dabei
mit versteckter Kamera filmt und das Filmchen auf
der von Golden Toast eingerichteten Website www.
you-got-toasted.de hochlädt? Auch auf die Gefahr
hin, als komplett humorlos zu gelten – ich hätte keine
Lust, für Golden Toast meinen verstrubbelten Kopf
hinzuhalten, obwohl ich sogar gelegentlich Konsu-
mentin der Marke bin.
Die Macher der Kampagne dagegen sind völlig
euphorisch. »Mit viel Spaß und frischem Wind« gehe
man so »einen weiteren Schritt in Richtung Marken-
verjüngung«, spreche mit der Aktion eine jüngere
Zielgruppe an. Zugegeben, mein Humor ist der Teen-
agerphase längst entwachsen und ich gehöre auch
nicht zu Golden Toasts beachtlichen 65 000 Face-
book-Followern, die sich an Bildern von in Toast ge-
brannten Herzen oder an Sprüchen wie »Ich will ein
Toast von dir« erfreuen.
Vielleicht folgen die ja alle dem Aufruf ? Immer-
hin winkt als Preis für die fünf meistgeklickten Clips
ein Philips Wake-up Light HF 3505/01! Hab mal nach-
geguckt, was das ist: ein potthässlicher runder Licht-
wecker, der einen Sonnenaufgang in Plastik simu-
liert und den es im Web für 66,99 Euro gibt. Aber da
ist ja noch der Hauptpreis, jetzt haltet euch fest: Das
beste, von einer Jury gekürte Video kommt als Teil
eines Golden-Toast-Spots in der Stadt des Gewin-
ners ins Kino . . .
Und wie könnte so ein »Wake Up Prank« über-
haupt aussehen? In viralen Filmchen liefern Nona,
Danny und Toby von der Golden-Toast-WG Inspira-
Icon-Kauderwelsch tionen: Bei Danny explodiert eine Party-Tischbombe
● Emoji-App. Wer schreibt noch in ganzen Sätzen, wo im Toaster (wie haben die das hingekriegt?), Toby
es doch Emojis gibt? Um diese Form der Kommunikation springt eine Art Airbag entgegen, als er im Kühl-
noch weiter zu erleichtern, entwickelte SapientNitro schrank nach Milch sucht, und für Nona haben die
die App SpeakEmoji: einfach ins Smartphone quatschen, WG-Kumpels sogar ein Loch in den Tisch gesägt.
sie übersetzt dies in Emojis, um die Botschaft danach Als sie einen großen Deckel hochhebt, schaut da-
per SMS, Chat oder Social Media der Welt kundzutun raus Tobys Kopf – schrilles Kreischen.
(www.speakemoji.co.uk). Zudem kreierte die Agentur Dazu sag ich nur: Liebe Werber, hört bitte auf, von
einen von britischem Humor nur so triefenden Werbe- den Leuten da draußen bessere Witze zu erwarten,
spot, in dem ein Vater sich freut, so endlich Gehör bei als ihr sie selbst draufhabt. Oder zu glauben, dass wir
seinem Teenagersohn zu finden. Sehen Sie selbst, ob’s alle nur danach gieren, euch billig Kinosäle füllen-
funktioniert: http://is.gd/speakemojis. cg den User Generated Content zu liefern.
012 page 05.16 › Signale

Hort am Hals
● Schal-Edition. Peter Bi’lak, Fons
Hickmann und ein Team von Hort ge-
hören zu den Gestaltern der aktuellen
Kollektion des Stricklabels Woollaa
(https://woollaa.com ). Kussmünder,
das Muster der Berliner S-Bahn-Sitze,
leuchtende Pfeile und kunstvolle dunk-
le Linien zieren die Schals, die nicht
nur stylish sind, sondern auch einem
guten Zweck dienen. Der Erlös aus
der vom Gestalterkollektiv VeryVery-
Contemporary initiierten Schal-Edi-
tion geht an das Archiv für Jugendkul-
turen e. V. Mehr dazu unter www.page-
online.de/woollaa_kollektion. sd
Diese Seite im Uhrzeigersinn (von oben links): Fons Hickmann M23 / Sven lindhorst-emme, Berlin; Spector Bureau, leipzig; Supero, la Chaux-de-Fonds und atelier Bundi, Boll, beide Schweiz page 05.16 013

Clip-Kleinod
In der Post-MTV-Ära muss
man auf die Videoplattformen,
um das ein oder andere Klein-
od auszumachen: Der Musik-
clip »High Places« der
portugiesisch-britischen Band
Youthless entstand als
Kollaboration der zyprischen
Illustratorin Sofia Schizas
mit der New Yorker Motion-
designerin Brenda Roberts
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Costa. Diese setzte Schizas
Artworks samt Songtext
 100  beste  Plakate  2015. Der wichtigste Plakatwettbe- mittels traditioneller 2D-
Frame-by-Frame-Animations-
werb für Deutschland, Österreich und die Schweiz ist entschie- techniken sehr charmant um.
Unbedingt anschauen:  
den. Von den mehr als 2000 Einreichungen lagen der fünfköp- http://is.gd/highplaces .  as

figen Jury schließlich 964 Plakate vor, aus denen sie die 100
Besten wählte. 51 stammen diesmal aus der Schweiz, 47 aus
Deutschland und 2 aus Österreich. Mit großartiger Typogra-
fie, in gewagten Farben und mit raffinierten Motiven sind sie
pure Inspiration. Ab 16. Juni zeigt das Berliner Kulturforum
Potsdamer Platz alle Siegerarbeiten. Weitere Plakate sehen Sie
auf www.page-online.de/beste_plakate2015. sd
Foto links: Johannes Förster für VVC
014 page 05.16 › Signale

Foto: gregor Hohenberg


Drei Fragen an
Mario Lombardo, Grafikdesigner und
Gründer von Atelier Oblique, Berlin

Wie kommt man vom Grafikdesign


zu den Düften ? 
Mario Lombardo: Das war ein langer Weg, der
viel mit meiner Kindheit zu tun hat. Als ich fünf
war, mussten wir unser Heimatland Argentinien
wegen der Militärjunta verlassen und konnten
erst 16 Jahre später zurückzukehren. In dieser Zeit
hatte sich viel verändert – auch in mir. Bei der
Foto: Christian Hagemann Rückkehr nach Buenos Aires schien nichts mehr
zu stimmen, was ich sah. Gleichzeitig stellte sich
bei mir zum ersten Mal ein Gefühl von Heimat ein.
Bis dahin hatte ich zu 100 Prozent an das geglaubt,
was ich sehe. Dort habe ich dann erfahren, dass
der Geruchssinn einen ganz eigenen Erinnerungs-
speicher hat und sich sowohl körperlich als auch
in Gefühlen äußert. Das hat mich fast umgehau-
en! Seitdem bin ich von Düften und von dem, was
sie auslösen können, begeistert. Der Versuch, die-
se Erfahrungen in meinem Designbüro in Iden-
tity-Projekte einfließen zu lassen, hat leider nie
funktioniert. Deswegen habe ich beschlossen,
selbst in Aktion zu treten und der Welt zu zeigen,
dass es auch unsichtbare Sprachen gibt.

Was ist das Besondere an diesen Düften?


Zuallererst die Qualität. Ich habe alle Düfte mit
Robertet in Grasse und Paris kreiert. Das war mir
sehr wichtig, weil das Unternehmen seit über
150 Jahren Essenzen und Düfte selbst erzeugt. Die
Zusammenarbeit war wunderbar und ganz anders
als die Designarbeit, die ich sonst gewohnt bin.
Das allein war eine wichtige Lernerfahrung und
hat mich weitergebracht. Die Kerzen sind alle-
samt in Deutschland von Hand gegossen, die Glä-
ser handlackiert. Das ist das Produkt. Aber das
Entscheidende ist für mich, dass jedem Duft ein
positiver Gedanke innewohnt, ein Schwingungs-
oder Resonanzkonzept oder besser eine Energie,
die uns umhüllt, sobald wir die Kerzen anzünden.

Warum eine Alphabet-Kollektion?


Und was kommt als Nächstes?
Ich habe in den letzten Jahren das klassische Gra-
fikdesign verlassen und mich auf der Suche nach
weiteren Ausdrucksmöglichkeiten auf viele aben-
teuerliche Wege begeben. So auch mit den Ker-
zen. Im Kern aber bin ich dem Grafikdesign im-
Schönstes Grün mer treu geblieben, da es meine Sprache ist. Des-
in seinem neu gegründeten Dufthaus atelier Oblique in Berlin-Mitte halb habe ich die Düfte dem Alphabet zugeordnet.
präsentiert Mario lombardo seine erste Duftkerzenkollektion. Bestellen Die nächste Kollektion ist aber schon in Planung.
lassen sich die Kerzen für rund 60 euro unter  http://atelier-oblique.com .  sd Lasst euch überraschen . . .
Gerät das Projekt
ins Trudeln, weil man
sich schlicht ver­
galoppiert hat, das
Team nicht funk­
tioniert oder zu viele
Anforderungen
den Blick verstellen,
hilft nur effizientes
Krisenmanagement.


Wir zeigen, wie
dies aussieht und
wie es gelingt,
wieder auf Kurs
zu kommen
page 05.16 017


018 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

»Das
Tückische an
Krisen ist,der Anforderungen
genturen leben vom Projektgeschäft. Das auf Kundenseite oft die technischen Hintergründe
birgt Risiken, denn Projekte sind meist nicht kennen, sodass sie sich bei der Benennung
einmalig. Nicht selten erschließen sie un­ schwertun. Zur Prävention setzt
bekanntes Terrain und sind darum nicht mit absolu­
ter Präzision planbar. Jedes Projekt verlangt ein indi­
dass man dieCarl auf transparentes Arbeiten, eine offene interne
Kommunikationskultur, ein starkes Vertrauensver­
viduelles Angebot und damit auch eine individuelle
Einschätzung des Aufwands beziehungsweise des Indikatoren hältnis zum Kunden und auf aktives, vorausschau­
endes Risikomanagement (siehe Seite 27).

am Anfangment
Timings und Budgets. Dabei kann man sich ganz Hagen Seidel, Head of Delivery Projektmanage­
schön verkalkulieren, vor allem wenn man am An­ bei der Digitalagentur Razorfish in Frankfurt
fang noch nicht genau weiß, was herauskommen soll, am Main, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: »Am
und das ist gerade bei agilen Entwicklungen der Fall.
Auch die Kunden können einen erheblichen Ri­
nicht ernsthäufigsten treten Krisen in der Beziehung zum Kun­
den auf, wenn dieser das Gefühl hat, dass er nicht
sikofaktor darstellen. Jeder Auftraggeber ist anders,
hat eigene Vorstellungen, die er nicht immer umfas­ nimmt oder das bekommt, was er wollte, oder weniger, als er
dachte.« Aber auch unterschiedliche Vorstellungen
send kommuniziert – weil ihm das technische oder
gestalterische Know­how fehlt oder weil er etwa be­ sie schlichtimBeispiel
Team können zu Reibereien führen. Wenn zum
der Kreative einen Award gewinnen wolle,
stimmte unternehmerische Ziele als selbst verständ­ der Projektleiter aber die Marge im Fokus habe.
lich voraussetzt. Es kann aber auch passieren, dass
eine Agentur bei neuen Technologien den Schwie­
nicht erkennt« »Manchmal nehmen wir auch Aufträge an, um
bestimmtes Know­how aufzubauen«, erklärt Seidel.
rigkeitsgrad unterschätzt oder mittendrin vom Markt Eike König, Damit nimmt die Agentur bewusst Risiken in Kauf.
überholt wird. So verwundert es nicht, dass geschätz­ Geschäftsführer des Um diese zu minimieren, ist institutionalisiertes Ri­
te 30 Prozent aller Projekte in der Kreativbranche Grafikdesignstudios sikomanagement unverzichtbar, das heißt systema­
scheitern. Noch mehr allerdings schlittern auf ihrem Hort in Berlin tisches Erkennen, Bewerten und Beobachten der
Weg in eine handfeste Krise und schleppen sich nur ↗  www.hort.org.uk Risiken. Dies wird seiner Meinung nach im Agen­
mit erheblicher Terminverschiebung und reduzier­ turumfeld bisher noch viel zu selten praktiziert. »Bei
ter Gewinnmarge für die Agentur über die Ziellinie. Razorfish haben wir eine sehr offene Unternehmens­
kultur, die Projektleiter ermutigt, nicht erst dann
Kreative müssen krisenfest sein Unterstützung bei Vorgesetzten zu suchen, wenn ih­
Krisen sind nicht grundsätzlich vermeidbar – doch nen das Projekt schon um die Ohren fliegt.«
das Risiko lässt sich minimieren. Kolle Rebbe in Kristian Kerkhoff, Geschäftsführer von Demodern
Hamburg setzt nach eigenen, lehrreichen Erfahrun­ in Köln, spricht erst dann von einer Krise, wenn es um
gen (mehr dazu auf Seite 26) auf Prävention durch die Existenz seiner Agentur geht: »Ob Kommunika­
strenges Controlling – und das vom ersten Moment tionsproblem, unpassende Projektmanagementme­
an: »Unrealistische Planungen in Bezug auf Zeit und thode, falsche Kalkulation – egal, für mich ist es nur
Geld gibt es bei uns nicht. Wenn das Projekt für das dann eine Krise, wenn das Problem tiefgreifende
angebotene Budget oder in der geplanten Zeitspanne Konsequenzen hat, etwa dass wir den Kunden ver­
nicht machbar ist, lehnen wir den Auftrag ab. Sonst lieren könnten und deshalb Mitarbeiter entlassen
steht man permanent unter Druck, verdient nichts müssten.« Handle es sich lediglich um Gewinnein­
und bekommt auch noch ein Magengeschwür.« bußen, sei das zwar traurig, aber keine Krise. »Es pas­
Für Mirko Borsche, Inhaber des Designstudios Bu­ siert eben, dass man mal mit geringer Marge aus dem
reau Mirko Borsche in München, sind Krisen Nor­ Projekt geht oder sogar draufzahlt.«
malität: »Wir arbeiten an so vielen Projekten gleich­
zeitig, dass eigentlich immer Probleme auftreten. Da Leise Krisen, laute Krisen
hilft nur, mit sehr viel Kreativität schnell umzuden­ In manche Krisen schlittern Projektteams fast un­
ken.« Wenn etwa eine Veredelung nicht so funktio­ bemerkt hinein, andere kündigen sich mit lautem
niert wie geplant oder ein Zulieferer Termine doch Knall an. Schleichende Krisen haben vielfältige Ur­
nicht halten kann, verzichtet der Designer eher auf sachen. Oft entstehen sie aus impliziten Annahmen
eine tolle Idee, als sich auf einen mittelmäßigen und Nichtgesagtem, aus unklaren Rollen und feh­
Kompromiss einzulassen (siehe Seite 25). lenden Statustreffen. Ein devotes Dienstleisterver­
ständnis in einem Festpreisprojekt wird sich ge­
Digitale Projekte brauchen ein nauso verhängnisvoll auswirken wie eine uneindeu­
aktives Risikomanagement tige Projektmanagementmethode. Manchmal stellt
So schnell können Digitalagenturen nicht reagieren, sich auch heraus, dass die gewählte Technik das Pro­
dazu sind die Projekte oft zu komplex oder neuartig. blem faktisch nicht lösen kann. Bis das Team sich
»Gerade wenn man sich auf technisch unbekanntem dies eingesteht, kann viel Zeit verloren gehen.
Gelände bewegt, muss man sehr aufmerksam sein, Leise Krisen können auch durch ausbleibende
um sich nicht zu verrennen«, weiß Theodor Carl, Entscheidungen entstehen. Typisches Beispiel: Das
Client Director bei Aperto in Berlin, aus unzähligen Projektteam braucht die Anweisung »Links herum«
Projekten. Hinzu kommt, dass die Ansprechpartner oder »Rechts herum«, aber statt eine klare Ansage
Talent tut gut
Die beste Plakatgestaltung wird Teil
einer Kommunikationskampagne der
SOS-Kinderdörfer Global Partner.

Gesucht werden grafische Gestaltungen,


welche die Schönheit von Talenten zeigen.

Einreichungen sind bis zum 30.06.2016


möglich.

Mehr über Preise, Spenden, die Jury und


den Charity Creative Award unter
www.cewe-print.de/charityaward.html

Der erste
Creative Award
für die gute Sache

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020 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

zu machen, fordert der zaudernde Auftraggeber immer auf eine negative Fehlerkultur stößt. Die Fra­
weitere Informationen oder Einordnungen. Diese ge heißt nicht »Wie kommen wir da wieder raus?«,
zu beschaffen dauert lange, hält das Team auf und sondern »Wer ist schuld?«.
kaschiert den faktischen Projektstillstand. Um die Antwort auf die Schuldfrage zu vermei­
Andere Projektkrisen hingegen poltern laut zur den, zögern Projektleiter es oft hinaus, das Projekt
Tür herein. Da überholt der Markt mit einem neuen auf der Projektampel tatsächlich auf Rot zu setzen.
Produkt die eigene Projektidee von links, ein Zulie­ Zu heikel ist die dahinterstehende Aussage: »Wir er­
ferer oder Dienstleister geht pleite oder ein großer reichen das Projektziel nicht.« Von Statussitzung zu
Merger verändert das Spielfeld komplett. Laute Pro­ Statussitzung dümpelt das Projekt auf Gelb vor sich

»Krisen ver­
jektkrisen sind nicht leichter oder schwerer zu be­ hin, und bei allen Beteiligten regiert das Prinzip Hoff­
wältigen als leise. Während bei leisen Krisen das Er­ nung. Die Einordnung Gelb ist verführerisch, aber de
kennen die Herausforderung ist, gilt es in der lauten facto eine Lüge. Und sie ist immer ein Warnsignal.
Variante, mit dem Schock umzugehen. Viele Projekt­
teams stecken dann einfach den Kopf in den Sand. hindert man Oft soll dieser Projektstatus nur das Projektteam ab­
sichern. Im Falle des Scheiterns kann man sich dann

am besten
»Das muss doch gehen!«, rufen die Projektbeteilig­ nämlich rausreden: »Wir haben immer gesagt, dass
ten sich zu – und ignorieren die Entscheidungssitua­ es schwierig ist. Aber ihr habt nicht gehandelt.«
tion. Aber das Problem erledigt sich nicht von allein. Kriselnde Projekte brauchen einen Aufwachmo­

Fehler im Projektmanagement durch ein gutes ment. Die Beteiligten müssen sich eingestehen: »Wir
sind in der Krise. So geht es nicht weiter.« Wer sein
rächen sich
In erfolgreichen Projekten wissen die BeteiligtenVerhältnis
Projekt sauber abschließen möchte, muss sich zum
zu Status Rot bekennen. Denn daraus folgen klare Hand­
jedem Zeitpunkt, was sie erreichen wollen, wo sie lungsanweisungen und man kann anfangen aufzu­
stehen, was noch zu tun ist, wie es getan und wie zu den eigenen
lange dies dauern wird. Wird die gewählte Projektme­
räumen. Ist der Ist­Stand verstanden, sind ausstehen­
de Aufgaben identifiziert und das Team hat sich da­
thode – ob agil oder klassisch – sauber angewandt,
Mitarbeitern
sollte eigentlich alles gut durchlaufen. Fehlt jedoch
rauf geeinigt, wie der weitere Weg aussehen muss,
kann man Krisen ganz gut abfedern und sie konstruk­

und durch
die Beschreibung des aktuellen Ist­Stands, weil es tiv auflösen.Manchmal hilft es ja auch schon, wenn
der Projektleiter unterlässt, regelmäßig saubere Sta­ der Vorgesetzte oder der Account Manager sich ein­
tustreffen durchzuführen, ist die Krise meist nicht schalten, beim Kunden um Unterstützung werben
mehr fern. Die Vermeidung von Statustreffen kann
verschiedene Gründe haben: Vielleicht ist der Auf­ transparentes und mehr Zeit, Budget oder die Veränderung von Ab­
stimmungsprozessen herausholen.

Arbeiten« Ehrlichkeit
traggeber unbequem und dafür bekannt, bei dieser
Gelegenheit ständig unbezahlte Änderungen zu for­ ist oberstes Gebot
dern. Oder die Anforderungen sind so schwammig, »In Krisensituationen sind Führungskräfte gefragt,
dass echte Meilensteine schwer abzulesen sind. Kristian Kerkhoff, die keine Angst haben, sich die Hände schmutzig
Zu glauben, so etwas könne bei agilen Projekten Geschäftsführer zu machen«, sagt Jutta Bögemann. Die ehemalige
nicht passieren, ist ein Irrtum. Auch agile Projekt­ der Digitalagentur Geschäftsführerin von CommercePlus, der E­Com­
teams können aus dem Takt geraten. Fällt etwa das Demodern in Köln
merce­Spezialagentur der SinnerSchrader­Gruppe
↗  www.demodern.de
Review mit dem Kunden aus, weil dieser meint, er in Hamburg, löst heute als freiberufliche Interims­
habe die Zeit dafür nicht, entfällt die iterative Über­ managerin Projektkrisen auf. In solchen Situationen
prüfung der Zielvorgaben und die Teilabnahme des müsse man ohne Rücksicht alles auf den Prüfstand
bisher Erreichten. Das Team trudelt mit womöglich stellen. »Kämpfen Führungskräfte um ihre Reputa­
falschen Zwischenergebnissen von Iteration zu Ite­ tion, ihre Beförderung oder ihren Job und klammern
ration. Durch die Schnelligkeit von agilen Projekten bei der Problemlösung wichtige Fragen aus, kann
kommt es zudem rasch zu Fehlentwicklungen wie die Krise nur mit externer Unterstützung bewältigt
falschen Priorisierungen, Budgetüberschreitungen werden«, so Bögemann.
oder der unbefriedigenden Umsetzung von Teil­
schritten. Oder die Projektorientierung geht verlo­
»In Krisensituationen sind
ren, weil im Projekt­Review die notwendige Einord­
nung in die anfangs definierte Projektvision fehlt, die Führungskräfte gefragt,
die keine Angst haben,
immer Teil eines methodischen Projekt­Controllings
sein sollte (siehe Seite 22) .

Gelb ist eine Lüge


»Wir stecken fest. Wir sind in einer Krise«, dieses
sich die Hände schmutzig
Bekenntnis fällt Projektleitern schwer. Schließlich
müsste man dem Vorgesetzten und Auftraggeber
zu machen«
dann reinen Wein einschenken. Kein leichter Schritt. Jutta Bögemann, freiberufliche Interimsmanagerin und
Hinzu kommt, dass man in vielen Agenturen noch Beraterin in Hamburg ↗  www.juttaboegemann.de
page 05.16 021

»Meist hat man nach der Krise in puncto Man­ 7 Indikatoren für eine Krise
power, Prozesse und Zeitfenster ein weitaus rea­
listischeres Set­up als am Anfang«, meint Hagen
Seidel. Manchmal seien die Projekte eben zu ambi­
1 Alle im Team finden den Kunden nur doof. Das Projektteam
sucht einen Schuldigen für die Misere, um das eigene Vorge-
hen nicht infrage stellen zu müssen.
tioniert angelegt und stützten sich auf wirklichkeits­
ferne Erwartungen. »Ist doch gut, wenn man das kor­
rigiert.« Um nicht noch einmal in die gleiche Falle zu
2 »Wir haben keine Zeit für Retrospektiven!« Verliert das Team
den Blick für den Projektzustand, versucht jeder, maximal
produktiv zu sein. Dabei verdecken die vielen Arbeitsstunden nur
laufen, muss es nach Projektende ein Meeting ge­ die Unsicherheit.
ben, in dem alle Beteiligten zu Wort kommen und
die Probleme besprechen. Es gilt, Konsequenzen aus 3 Entscheidungen ziehen sich hin. Das Team benennt notwen-
dige Entscheidungen, doch die Verantwortlichen schieben
vermeintlich gute Gründe vor, warum sie diese Beschlüsse nicht
der Krise zu ziehen und einen verbindlichen Maß­
nahmenkatalog für ein besseres Risikomanagement fassen können oder sollten.
zu beschließen, der das Team künftig vor einem ähn­
lichen Desaster bewahrt. Judith Andresen/ae 4 Die Meeting-Zeit nimmt stark zu. Treffen ohne Agenda und
Zielsetzung reihen sich aneinander. Alle spüren: Reden wäre
jetzt wichtig, aber niemand stellt die richtigen Fragen.

Judith Andresen, projektberaterin


und Coach in Hamburg, weiß aus
5 Keiner hält sich an Termine. Nicht nur Zulieferungen, auch Aus-
künfte und Telefonate verlieren die terminliche Verbindlichkeit.

eigener, schmerzlicher erfahrung,


wie schwierig es ist, in projektkrisen
die richtigen Fragen zu stellen.
6 E-Mail-Diskussionen und Ticket-Krieg. Die Projektbeteiligten
führen keine Detailabstimmungen zu Inhalten oder tech-
nischen Umsetzungen durch. Stattdessen schreiben sie sich Mails,
↗  www.judithandresen.de weil diese vermeintlich professionell, verbindlich und klar sind.

PAGE Seminar »Projektmanagement« mit 7 Viele »fast fertige« Aufgaben. Es gibt viele offene Aufgaben,
weil das Team faktisch nicht weiß, wie es diese sinnvoll beenden
kann. Die Beteiligten verstecken diesen Mangel hinter Aktionismus
Hagen Seidel von Razorfish ↗  www.page-
online.de/seminar_projektmanagement und ziehen vermeintlich Dringlicheres vor. Judith Andresen & Team

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022 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

Methoden fürs
Projekt-Controlling Ziel unklar
Nur wer den Status des Projekts jederzeit überblickt, Implizite Kommunikation und
erkennt frühzeitig, wenn es aus dem Ruder zu laufen differierende Zielvorstel-
beginnt, und kann direkt eingreifen
lungen bei einem ehrgeizigen
● Im klassischen Projektmanagement erfolgt das Control­ App-Projekt brachten die
ling durch den Vergleich zwischen Ist­Stand und Plan, der Hamburger Digitalagentur
meist als Meilensteinplanung im Konzept vorliegt und ins
Projektmanagementtool übertragen wird. Werden Abwei­
appmotion ins Schlingern
chungen sichtbar, ist klar: »Wir haben ein Problem.« Eine
Krisen­Präventionsroutine in Form regelmäßiger Überprü­
fungen (jede Woche oder alle 14 Tage) bestimmter Kenn­ ● Die Hamburger Agentur für mobile Mar­
zahlen, wie die Anzahl abgehakter Features oder Produk­ kenführung appmotion war glücklich über
tionsschritte, gibt Aufschluss über den Stand des Projekts. den großen Auftrag: die Entwicklung eines
Hier verlangt jedes Projekt seine eigene Metrik, die entwe­ komplexen digitalen Services in Form einer
der das Team oder die Projektleitung festlegt. Beim Unter­ App für mobile Geräte. Für den Auftraggeber
laufen dieser Kennzahlen könnte das Projektmanagement­ war es das erste Projekt auf diesem Gebiet –
tool eine automatische Überprüfung aulösen. Es ist dann daher legten auf Kundenseite entsprechend
Aufgabe des Projektmanagers, die Ursachen zu ergründen viele Beteiligte große Ambitionen an den Tag,
und Änderungsmaßnahmen abzuleiten. die sich nach und nach in vielen Featurewün­
Im agilen Kontext überprüft das Team den Projektstand schen manifestierten.
über regelmäßige Reviews und Demonstrationen der be­ »Wir hatten für die App, wie für solche Ent­
reits erstellten Projektinkremente, zum Beispiel durch das wicklungen üblich, ein userzentriertes Design
sogenannte Minimum Viable Product (MVP), einen sehr im Blick und wollten schnell etwas ganz In­
schlanken Klickdummy. Um den Projektstatus genau zu novatives entwickeln«, erklärt Lasse Lüders,
kontrollieren, sollte der Product Owner im Review zudem Geschäftsführer von appmotion. Doch diese
das Erreichte in die Projektvision einordnen und dem Team Annahme stellte sich später als Hauptprob­
gleichzeitig einen Überblick verschaffen, welche Arbeiten lem im Projekt heraus, denn statt eines frü­
als Nächstes anstehen. Das Team setzt sonst eigene Priori­ hen Launches und schrittweiser Erweiterun­
täten und baut erfahrungsgemäß zuerst, was Spaß macht gen wünschte sich der Kunde einen großen
oder schnell fertig ist, aber nicht, was am wichtigsten ist. Aufschlag mit einer allumfassenden App. Zu­
Als hilfreiches Tool hat sich die Story Map (siehe unten) dem knüpfte der Auftraggeber konkrete Um­
erwiesen (http://is.gd/storymapping). Sie stellt die für das satzerwartungen an den Service, die er aber
Projekt notwendigen User Storys inhaltlich und nach Prio­ nicht kommuniziert hatte. Da man aufgrund
rität sortiert dar. Auf diese Weise ist leicht ersichtlich, ob von Annahmen keine gemeinsame Vision vor
das Team zum Überprüfungszeitpunkt genügend viele Sto­ Augen hatte, lief das Projekt aus dem Ruder
rys bearbeitet hat. Erfolgt diese Einordnung regelmäßig und drohte die junge Agentur wirtschaftlich
in den 14­täglichen Review­Meetings, sollte sich jede Krise zu vernichten. »Die Geschäftsziele für die
vermeiden lassen. Judith Andresen (ae) App haben wir erst während einer viel zu spät
angesetzten Retrospektive verstanden«, so
Story Map für Lüders. Da befand man sich bereits mitten­
Functionality 01 Functionality 02 Functionality 03
agile Projekte drin in der Projektkrise.
Nach der Priorisierung
User Story User Story
Auch die Projektmethode war falsch. »Wir
der User Storys und der
Sprint 1

hatten eigentlich eine Wasserfallmethode ge­


Einordnung in Sprints
User Story User Story wählt, weil wir nach Abnahme unseres Kon­
markiert der Product Owner
zepts bereits festgelegt hatten, was heraus­
auf der Story Map alle
User Story User Story User Story User Story User Story User Storykommen sollte«, berichtet Lüders. Allerdings
User Storys rot, die das
Sprint 2

Team vordringlich bearbei- setzte er später auch auf einzelne agile Ele­
ten soll. Das gilt auch für User Story User Story mente wie etwa Retrospektiven. Dann formu­
das Backlog. Zum Überprü- lierte der Kunde bei jeder Besprechung weite­
fungszeitpunkt ist dann User Story User Story User Storyre Anforderungen, was die Komplexität der
Sprint 3

leicht zu überblicken, ob Programmierung stark ansteigen ließ. »Da


die wichtigsten und ausrei-
die Erweiterungswünsche nacheinander ka­
chend viele User Story
bereits bearbeitet wurden
men, haben wir lange gebraucht, bis wir de­
User Story User Story User Story User Story User Story User Story
ren Ausmaß wirklich absehen konnten.«
Backlog

Heute ist Lüders froh, dass seine Agentur


User Story User Story User Story User Story User Story
mit diesem komplexen Projekt in die Krise
page 05.16 023

rutschte: »Wir haben dann auf eine saubere


agile Arbeitsweise mit Scrum umgestellt und
arbeiten seither mit Sprints, Reviews und Re­
trospektiven.« Damit sind Kunden dicht an
der Entwicklung und beide Seiten verantwor­
ten das Ergebnis. Das aus dem Ruder gelaufe­
ne Projekt hat appmotion verdeutlicht, wie
wichtig klare Ziele in Bezug auf Kundennut­
zen sowie Marken­ und Geschäftsziele sind.
Um das betriebswirtschaftliche Risiko zu re­
duzieren, fällte die Agentur noch eine kluge
Entscheidung: Alle nach dem Cynefin­Frame­
work (siehe PAGE 10.14, Seite 26) in die Kate­
gorie »Komplexe Projekte« fallenden Aufträ­
ge rechnet appmotion seither ausschließlich

»Etwas Besseres,
nach Aufwand ab. Judith Andresen (ae)

als gleich am Anfang


durch eine solche
Krise zu gehen,
konnte uns als junger
Agentur nicht
passieren!«
Lasse Lüders, Geschäftsführer der
Agentur für mobile Marken-
führung appmotion in Hamburg
↗  www.appmotion.de
024 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

»In der Krise muss


man als Kreativer
seine Idee loslassen
können und ruhig
bleiben – Panik
haben uns bei Auftragsvergabe mit dem Kunden auf
eine gleichbleibend hohe Qualität verständigt«, er­
blockiert« klärt Mirko Borsche. Bei dieser aufwendigen Pro­
duktion ist alleine das Material schon teuer. »Das ist
Mirko Borsche, Inhaber des schon ein Investment«, meint er. Hin und wieder
Grafikdesignstudios Bureau kommt es vor, dass eine Veredelung oder eine Zu­
Mirko Borsche in München lieferung nicht so klappt wie vorgesehen, dann muss
↗  www.mirkoborsche.com man blitzschnell umdisponieren.
Beim Programmbuch zu Giacomo Puccinis »Ma­
non Lescaut« hatten die Designer die Idee, ein circa
sechs Zentimeter breites Kreuz durch das gesamte
Buch zu stanzen. Der beauftragte Buchbinder hatte
angenommen, es handle sich um dreißig bis vierzig
Seiten – das Programmbuch hatte jedoch 240 Sei­
ten. Ein Laser funktioniert in diesem Fall nicht, weil
die Bücher verbrennen würden, und die Großstan­
ze schaffe nicht so viele Seiten auf einmal. »Mit ei­
ner Industriestanze hätten wir jede Seite einzeln
gestanzt, aber zwei Wochen mehr Produktionszeit
benötigt, die wir nicht hatten – und es wären Mehr­
kosten von rund 10 Euro pro Buch entstanden«, er­
innert sich Mirko Borsche.

Manchmal muss man radikal neu


denken – und das schnell
Krise ist immer Was war zu tun? »In einer solchen Krise hilft nur ei­
nes: Mit sehr viel Kreativität schnell umdenken. Alles
Bei aufwendigen Printproduktionen komplett neu«, erklärt Mirko Borsche. »Klar hätte
man das Kreuz nur durch die ersten Seiten stanzen
mit vielen Dienstleistern kommt
und die restlichen mit einem Kreuz bedrucken kön­
es schnell mal zu Missverständnissen – nen. Aber von der Radikalität her hätte es nur über­
mit gravierenden Auswirkungen. zeugt, wenn man durch das Buch hätte hindurch­
schauen können – das Kreuz wäre wie ein Fenster
Das Bureau Mirko Borsche in München gewesen.« Diese Erfahrung hat der Designer schon
hat sich darauf eingestellt oft gemacht: »Ändert man eine ursprünglich tolle
Idee und geht Kompromisse ein, kommt am Ende
meist etwas Mittelmäßig bis Schlechtes heraus.«
● Bei Bureau Mirko Borsche gibt es selten mal ein Und so verwarf er die schöne Idee, obwohl das
Projekt, das völlig glatt durchläuft. »Wir bewältigen Layout, bei dem Text und Bilder um das ausgestanz­
so viele Jobs und Deadlines gleichzeitig, da brennt te Kreuz herumliefen, bereits komplett fertig war.
es eigentlich die ganze Zeit irgendwo«, meint Mirko Ein neues Konzept musste her: zwei sich küssen­
Borsche. Als Beispiel erzählt er von einem Fall im de Münder wie Yin und Yang, die als Wickelfalz das
November 2014, der ihn besonders forderte. Cover bilden (http://is.gd/manon). Das komplette
Das Designbüro produziert in jedem Jahr rund Buch musste umlayoutet werden und ging dennoch
zehn Programmbücher für die Bayerische Staats­ pünktlich an den Start. Mirko Borsche resümiert:
oper in München. Sie können erst wenige Tage vor »Um diese Art von Krisen zu bewältigen, muss man
der Premiere fertiggestellt werden, weil die Bilder unglaublich flexibel im Kopf sein und immer ruhig
von der Generalprobe darin zu sehen sein sollen. bleiben, weil Panik die Kreativität blockiert.« Und
Diese Publikationen sind sehr aufwendig gestaltet, man braucht Kunden, die Vertrauen haben und wis­
mit verschiedenen Papieren und besonderen Um­ sen, dass dem Kreativteam stets etwas einfällt, um
schlägen, die oft gestanzt oder geprägt sind. »Wir die hohe Qualität zu halten. ae
Mittwald Backstage

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026 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

Pappe muss halten, damit die Aufsteller nicht umfal­


len.« Also übertrug er dem Junior die Aufgabe. Auf
Nachfragen, ob alles laufe, antwortete der immer,
alles sei in Ordnung, die Proofs habe er sich gestern
angeschaut et cetera. Je näher der Termin rückte, des­
to öfter hakten die Verantwortlichen nach und woll­
ten Ergebnisse sehen. Plötzlich war der Junior krank.
»Da stellten wir fest, dass er in den drei Monaten
Produktionszeit absolut nichts gemacht hatte.«
In diesem Moment war Stefan Kolle klar, dass der
bevorstehende Kundentermin in Wien einer der bla­
mabelsten Auftritte seines Lebens werden würde.
Eine große Runde von Außendienstlern wartete be­
reits, aber das Agenturteam stand mit leeren Händen
da. »Das war damals unser zweiter Kunde. Und er
hatte vor Auftragsvergabe mehrfach nachgefragt, ob
wir das schaffen würden.« Da half nur radikale Of­
fenheit: Die Werber gestanden ihren Fehler, einem
jungen, unerfahrenen Mitarbeiter vertraut und den
Projektverlauf nicht kontrolliert zu haben. Sie beka­
»Junioren men eine weitere Chance. »Dafür war ich sehr dank­
bar. Danach haben wir den Kunden weitere 16 Jahre
in Schlüssel­ betreut.« Zurück in Hamburg, engagierte die Agen­
tur erfahrene Produktioner. Zwei Wochen später hat­

positionen Kein Herumgetrickse


ten sie alles am Start.

kann ich mirDas Learning aus dem Desaster: »Sag die Wahrheit!
Keine Geschichten, kein Herumgetrickse! Kunden
nicht leisten«
wittern das«, erklärt Stefan Kolle. Seither besetzt
Kolle Rebbe jede Schlüsselposition mit Senior­Mit­
Stefan Kolle, Geschäfts- arbeitern, die bewiesen haben, dass sie ihren Job be­
führer Kreation bei herrschen. »Wir achten auf einen hohen Grad an Pro­
Kolle Rebbe in Hamburg fessionalität. Junioren kann ich mir auf solchen Pro­
↗  www.kolle-rebbe.de jekten nicht leisten. An der falschen Stelle zu sparen,
kann teuer werden«, resümiert Kolle. Zugleich führ­
te er ein neues Projekt­Controlling mit einer stun­
dengenauen Arbeitszeitauswertung ein.
Projekte unterzieht die Agentur in der Angebots­

Fehlbesetzung phase einem genauen Realitätscheck. »Wir klopfen


sie im erweiterten Geschäftsführerkreis ab«, so Kolle.
Dabei hilft den Kreativen ihr reicher Erfahrungs­
Ein vermeintlich einfacher Job verleitete schatz, wie mit dem Echolot fangen sie Warnsignale
Kolle Rebbe in Hamburg dazu, an auf. »Das muss schnell gehen« oder »Fangen Sie doch
entscheidender Position einem Junior am besten gleich an, über das Briefing sprechen wir
dann später« – solche Aussagen zeigen, dass ein
zu viel Verantwortung zu geben Auftrag kritisch ist, auch wenn der Name des Kun­
den noch so verlockend ist. »Der Schlüssel zum Er­
folg liegt vor allem darin, Nein sagen zu können.«
● Kurz nach ihrer Gründung vor rund 20 Jahren soll­ Viele Projektkrisen ließen sich vermeiden, wenn
te die Hamburger Agentur Kolle Rebbe für einen Kun­ man Timing und Budget realistisch kalkuliere, meint
den aus der Tabakindustrie Point­of­Sale­Aufsteller der Agenturchef. »Wir haben durch präzise Planung
gestalten. »Wir waren damals erst vier oder fünf Leute, eine hohe Termintreue erreicht.« Dafür pocht er auf
darunter ein junger Mann, der sich als Produktioner preußische Disziplin. »Wenn man zusagt, dass et­
um alles kümmern wollte«, erzählt Stefan Kolle, Ge­ was um 9 Uhr fertig ist, muss es um 8:30 Uhr auf dem
schäftsführer Kreation von Kolle Rebbe, heute amü­ Tisch sein.« Einer von Kolle Rebbes ersten Kunden
siert. »Aufsteller entwickeln und in die Verkaufsstel­ sagte einmal: »Man gewinnt Kunden mit toller Kre­
len bringen – das war ja kein kompliziertes Projekt. ation und verliert sie dann mit schlechter Abwick­
Das muss nur ordentlich gedruckt werden, und die lung.« Das hat sich Stefan Kolle gemerkt. ae
page 05.16 027

Kein Entscheider Aktives Risikomanagement:


die acht Erfolgsfaktoren
Zu viele Stakeholder bei einem Das beste Krisenmanagement ist für Theodor Carl das
komplexen Webprojekt vorausschauende Risikomanagement. Dazu hat der erfahrene
verhinderten, dass die Berliner Client Director acht Faktoren zusammengestellt, die
über Erfolg oder Misserfolg agiler Projekte entscheiden:
Digitalagentur Aperto agil
arbeiten konnte – eine fette
Krise war die Folge 1 Die Vision muss stehen. Zu Beginn muss allen die Vision
des Ergebnisses klar sein. Sie bietet Orientierung auf dem
kurvenreichen Weg zum Ziel.

● Die Krise bei Apertos Relaunch der Website eines


2 Die Chemie sollte stimmen. Die Beziehung zwischen den
Product Ownern (PO) auf Kunden- und Agenturseite ist
essenziell. Der Agentur-PO braucht das Vertrauen – und das lässt
großen Bildungsanbieters war vorprogrammiert. sich nicht durch Verträge absichern oder einfordern. Fehlt es, ist
Der Auftrag war attraktiv, aber risikobehaftet, denn das Misslingen vorprogrammiert.
die Berliner Digitalagentur sollte verschiedene Back­
endsysteme miteinander verknüpfen und dafür ein
gemeinsames Frontend schaffen. »Solch ein komple­
3 Das kleine Scheitern verhindert das große. Damit es nicht kurz
vorm Launch zum großen Knall kommt: Besser früh eingeste-
hen, dass man im Moment nicht weiß, wo der Bug liegt, oder dass
xes Projekt würde man auf jeden Fall agil entwickeln, man das Ergebnis nicht rechtzeitig liefern kann. In agilen Projekten
um sich dem Problem zu nähern«, sagt Theodor ist dieses »kleine Scheitern« als Iterationsschleife eingeplant.
Als zusätzliches Sicherheitsnetz dient während des gesamten
Prozesses die Fokussierung auf die anfangs vereinbarte Vision.

4 Entscheidungsvakuum auflösen. Agile Projekte setzen auf die


starke Beteiligung des Kunden-PO. Das bedeutet, dass dieser
zügig Entscheidungen treffen muss, ohne sich in langen Schleifen
bei Kollegen oder Vorgesetzten rückzuversichern. Geschwindigkeit
ist elementar, da direkt nach Abnahme eines Sprints der nächste
startet. Zögerliche oder später revidierte Abmachungen führen zu
Ressourcenverschwendung und demotivieren das Team.

5 Es kann nur einen Product Owner geben. Das Standing des


Kunden-PO im eigenen Unternehmen bestimmt dessen
Entscheidungsfähigkeit. Nur jemand mit »Hausmacht« kann seine
Rolle als PO ausfüllen. Schießen andere Abteilungen ohne offizielles
Mandat quer, kann das Projektteam nicht erfolgreich agil arbeiten.

6 Agile Methode einhalten. Liefern Kunden finale Entscheidun-


gen nicht fristgerecht und wenn Teammitglieder abgezogen
werden müssen, bietet sich ein teilweise agiles Vorgehen an.
Allerdings gehen dabei Vorteile wie die gleichzeitige Bearbeitung
der Themen, schnelle Abstimmungen und feste Prozessschritte
verloren. Unbefriedigende Ergebnisse, verpasste Deadlines und
Unruhe im Team sind die Folge.

7 Persönliches Gespräch statt Videokonferenz. Es ist Projekt-


realität, dass die Beteiligten an verschiedenen Orten sitzen

»Man muss das Risiko­


und meist über digitale Kanäle kommunizieren. Dies ersetzt
aber keinen Workshop vor Ort. Intensiver persönlicher Austausch
ist wichtig, um die Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden

management ernst zu verstehen, denn diese schwingen oft zwischen den Zeilen mit.
Zwei Personentage plus Flüge sind gut investiert, um etwaige

nehmen und sofort Missverständnisse, die später Grund für eine Krise werden können,
zu Beginn des Projekts zu erkennen.

handeln, wenn die 8 Proof of Concept im Vorfeld. Der riskanteste Part digitaler
Projekte ist die Implementierung von Drittsystemen.

Ampel auf Gelb oder


Integriert man diese während eines Sprints, läuft man Gefahr,
in diesem nicht liefern zu können, wenn die technischen Hürden
höher sind als erwartet. Deshalb lieber im Vorfeld technische

gar Rot springt« Herausforderungen benennen und Lösungen als Proof of Concept
gesondert umsetzen. Stellt man dann fest, dass zuvor konzipierte
Theodor Carl, Client Director bei Aperto, Berlin ↗  www.aperto.de Ansätze nicht funktionieren, kann man die Vision modifizieren.
028 page 05.16 › titel › Krisenmanagement

Carl, Client Director und Teamleiter er überzeugt ist, dass man zum dama­
bei der Berliner Digitalagentur. »Und ligen Zeitpunkt das Ruder noch hätte
dennoch haben wir die klassische Was­ herumreißen können. »Aber die we­
serfallmethode gewählt.« Natürlich ge­ nigsten Projektmanager trauen sich
schah das nicht ohne Grund: Verschie­ das.« Kein Wunder, man hat schon so
dene Abteilungen des Auftraggebers viel Zeit und so viel Geld in das Pro­
wollten alle gleichrangig beteiligt wer­ jekt gesteckt. Würde man es nun stop­
den und mitentscheiden. »Gerade bei pen, Teile verwerfen, noch einmal von
institutionellen Kunden ist das Stake­ vorne anfangen, Mitarbeiter auswech­
holder­Management eine große Her­ seln und aufstocken, würde es richtig
ausforderung, weil es zumeist keinen teuer und zulasten der eigenen Marge
gibt, der den Hut aufhat.« Der fehlende gehen. Aperto setzte die Projektampel
Single Point of Contact, der fachlich auf Rot und stoppte die Entwicklung.
oder von der Hierarchie her ein Re­
view mit der Agentur hätte durchfüh­ Aus der Krise gelernt
ren können, zwang die Agentur zur Was dann folgte, war eine Retrospekti­
Wasserfall­Projektmethode. ve mit dem Team, die zutage förderte, Der Referent
Wie bei dieser Vorgehensweise üb­ was schieflief. Dann setzte sich eine
lich, erstellte die Agentur in der ers­ größere Gruppe von Teammitgliedern ● Hagen Seidel ist Head of Delivery bei der inter-
ten Projektphase ein Fachkonzept mit mit dem Kunden zusammen. »Dafür national vielfach ausgezeichneten Kreativagentur
Anforderungen und Vorgaben für die nutzen wir das Retrospektivenformat für digitales Marketing Razorfish Deutschland mit
technische Umsetzung, das nach un­ aus dem Scrum­Prozess in Form eines Dependancen in Frankfurt am Main, Berlin und
gefähr sechs Monaten gute 120 Seiten moderierten Workshops – der Modera­ München. Er ist zertifizierter Scrum Master und
auf wies. Für den Relaunch wurde dann tor sollte bestenfalls nicht in das Pro­ verantwortet als Projektmanager nicht nur die
rund eine halbe Million Euro angesetzt, jekt involviert sein«, so Theodor Carl. Budgets sowie die Qualität und Profitabilität von
bei einer Laufzeit von einem Jahr. »Die Jeder schreibt Kärtchen: Was ist gut? Projekten, sondern stellt auch die Einhaltung
Abnahme von Zwischenprodukten wie Was müssen wir sofort abstellen? Was der Agenturworkflows und Projektmanagement-
zum Beispiel des Screendesigns dau­ hat uns bisher gefehlt? Mit dem Ergeb­ Prozesse sicher. Darüber hinaus ist er für die
ert bei solchen institutionellen Kun­ nis ließ sich die Krise abfedern und Weiterbildung und Zertifizierung des agentur-
den dann allerdings mehrere Wochen. konstruktiv auflösen: Einzelne Rollen eigenen Projektmanagement-Teams zuständig.
Dann kursieren die Entwürfe im ge­ im Team wurden neu besetzt, Mitar­
samten Haus, werden abgenickt oder beiter aufgestockt und der Zeitrahmen Hagen Seidel schöpft aus 15 Jahren Berufserfah-
korrigiert und zurückgeschickt«, be­ erweitert. »Wir haben das Projekt er­ rung als Angestellter und Freelancer in Start-up
richtet Theodor Carl. folgreich zu Ende gebracht, aber es war und Netzwerkagentur. Er begann seine Laufbahn
absolut nicht rentabel.« als Frontend-Programmierer, bevor er ins tech-
Praxisfernes Feinkonzept Die Learnings, die Aperto aus die­ nische Projektmanagement wechselte und 2008
Nach einem halben Jahr der Umset­ ser Krise zog, waren dafür nachhaltig: bei Razorfish Scrum einführte. Er managte Pro-
zung geriet das Projekt dann in eine Die Digitalagentur hat ihr Risikoma­ jekte wie den Multitouch-Table für den Audi City
Krise: »Das Feinkonzept war einfach nagement weiter ausgebaut. In jedem Showroom London und realisierte mit Kunden
praxisfern«, urteilt Theodor Carl rück­ Projekt kommen eine Risikoliste und wie DHL, Allianz, Nintendo und Wilkhahn Internet-
blickend. Das Team machte zwar alles eine Bewertungsmatrix zum Einsatz. auftritte, Apps und Cross-Channel-Kampagnen.
so, wie es im Anforderungskatalog Außerdem finden regelmäßig interne
stand – doch es wollte einfach nicht Schulungen statt. Aber damit ist es
funktionieren. Justierte man die Vor­ nicht getan: »Risikolisten muss man
gaben des Konzepts hier und da nach, pflegen und nicht einmal ausfüllen und
entstanden an anderer Stelle Folgen, ablegen«, sagt Theodor Carl. Wenn das
„Das Seminar war
die kaum noch zu überblicken waren. Risiko wie in diesem Fall die Stakehol­
wirklich großartig!
Es ist risikobehaftet, wenn man im der­Struktur ist, müsse man dies gleich
Hat mir außerordentlich
März ein theoretisches Konzept er­ zu Beginn des Projekts vorbringen und
gut gefallen. Hagen war ein
stellt und dann während der Entwick­ auf einen Ansprechpartner bestehen,
klasse Referent, er lebt den
lung im Dezember auffällt, dass zuvor um eine angemessene Projektmanage­
Inhalt regelrecht.“
getroffene Annahmen nicht eingetre­ mentmethode einsetzen zu können.
ten sind. »Hört man nach der Hälfte Bekommt man dann weiterhin von
der Projektlaufzeit drei Wochen lang acht Stellen im Kundenunternehmen
nur Durchhalteparolen, ist es an der Mails mit Änderungswünschen, müs­
Zeit, hellhörig zu werden«, sagt Theo­ se man sich auch mal trauen, auf den
dor Carl, der die Projektleiter seines Tisch zu hauen. Für Aperto heißt es in Dr. Daniel Schulten, Vorstand
Teams als dienender Vorgesetzter und Zukunft: Aktiv managen und immer netzkern AG, Agentur für
Projektfeuerwehr unterstützt. Wobei an den Risiken dranbleiben. ae Interaktive Kommunikation
page 05.16
aNZeige
029

1 pRaXiS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Die Agenda: Tag 1

Agil ans Ziel 1 Herausforderung digitales


Projektmanagement
in digitalen projekten hat man mit unter-
schiedlichsten Kunden, Zielen, Nutzern
Modernes und technologien zu tun. Wie kann man

projektmanagement – projekte klassifizieren? Und was bedeutet


es, heute projektmanager zu sein?
Cases, techniken,
Methoden 2 Allgemeingültige Projektphasen
trotz Diversifikation
Was unterscheidet klassisches und agiles
projektmanagement? Welche phasen und
Schritte haben Strategie-, Kreations- oder
technische Umsetzungsprojekte gemein?
Das zweitägige Seminar »Agil ans Ziel«
3 Agiles Projektmanagement
● Unternehmen aller Branchen müssen heute digitale Produkte und Services Welche agilen Methoden gibt es und
bieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch Projekte mit neuen Techno­ für welches neue Wertesystem
logien und neuen Konzepten sind oft komplex und schwer einzuschätzen. stehen sie? Stichwort »agiles Manifest«
Zudem liegen nur selten Erfahrungswerte vor. Auftraggeber und Projekt­
beteiligte – inhouse wie extern – sammeln darum während des Entwicklungs­ 4 Planen und Schätzen
prozesses fortwährend neue Erkenntnisse. Entsprechend häufig ändern Wie werden anforderungen erfasst
sich die Anforderungen. Und das bei immer unumstößlicheren Deadlines. und geschätzt? Und wie nutze ich das
product Backlog als zentrales tool?
Höchste Zeit also, auch im Projektmanagement neue Wege zu beschreiten und
das Vorhaben agil, sprich: schrittweise in einem sich selbst organisierenden,
interdisziplinären Team in Zyklen anzugehen! Das traditionelle Wasserfall­ Die Agenda: Tag 2
modell setzt vorhersehbare Projektverläufen voraus, die agile Methode passt sich
an und legt den Fokus auf umgesetzte Funktionalitäten. Mit agilem Projekt­ 1 Rollen und Verantwortlichkeiten
management kann man auf kurzfristige Änderungswünsche des Kunden rasch agiler Coach, team und product Owner –
reagieren und sogar in späten Projektphasen flexibel auf Change Requests ein­ jeder leistet seinen Beitrag zum erfolg.
gehen. Doch wie genau lässt sich der eigentlich in der Softwareentwicklung behei­ Welche Rechte und pflichten gibt es und wie
matete Ansatz für kreative Konzepte nutzen? Wie etabliert man ihn im Team? ändern sich diese im projektverlauf?

Profitieren auch Sie vom immensen Erfahrungsschatz Hagen Seidels! In unserem 2 Meeting-Kultur in agilen Projekten
zweitägigen Seminar zeigt er anhand konkreter Cases, welche Projekte sich planungs-Meeting, Daily Standup, Review-
mit agilen Methoden umsetzen lassen – und welche nicht. Er erläutert, welche Meeting: wie oft, wie lange, wer ist dabei?
Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Projektleiter, Projektmitarbeiter tipps und tricks für die Durchführung
und Auftraggeber auf Augenhöhe zusammenarbeiten können, und er zeigt,
wie man heterogene Teams aus Strategen, Konzeptern, Creative Developern, 3 Reporting und Risikomanagement
Designern, Informationsarchitekten, Artdirektoren, Textern und Testern Welche tools und Helfer gibt es im agilen
zu Winning Teams macht. Er gibt Anregungen und vermittelt Lösungsansätze projektmanagement? Und welche aspekte
sowie Handlungsempfehlungen für alle, die das agile Prinzip durchdringen des klassischen projektmanagements
und in ihrer Agentur oder Firma vorantreiben wollen – kurzum: für alle, die sollte man in der Hinterhand haben?
interdisziplinäre Projekte erfolgreich durchführen wollen.
4 Team Building
Das page Seminar findet am 21./22. April
in den Design Offices Was bedeutet »inspect and adopt«
Hamburg Domplatz von jeweils 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die teilnahme als philosophie? Wie implementiert man
kostet 1480 euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die gebühr umfasst die tagungs- sie, damit man als team besser
kosten sowie lunch und Kaffeepausen. Die teilnehmerzahl ist auf 18 personen zusammenarbeitet? plus: guidelines für
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aufgrund der auf 18 personen pro Veranstaltung begrenzten teilnehmerzahl werden die anmeldungen in der Der PAGE Workshop mit Hagen Seidel lässt
Reihenfolge der eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die teilnahmegebühr fällt mit der anmeldung an. genug Zeit für Fragen und Diskussionen und den
Sie ist sofort nach erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne abzug zu überweisen.
Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der leserservice-Seite (siehe inhaltsverzeichnis). Austausch der Teilnehmer untereinander.
THEMEN
page 05.16 031

● Als ehemalige Kronkolonie Großbritanniens, die


bilden eine faszinierende Melange in Type- und Grafikdesign
Schriftkultur so nah wie sonst nirgendwo aufeinander und
In Hongkong treffen westliches Stilbewusstsein und östliche

erst 1997 nach gut 150 Jahren an China zurückgege­


ben wurde, genießt Hongkong einen einzigartigen
Status innerhalb der Volksrepublik. Von der Fläche
her nur um etwa ein Viertel größer als Hamburg, ist
die Stadt fast viermal dichter besiedelt. Die dort le­
benden Menschen sind zu 95 Prozent Chinesen mit
vorwiegend kantonesischen Sprachwurzeln.
Trotz des extrem hochverdichteten Betons ist
Hongkong grüner, als man annehmen möchte. Das
liegt daran, dass viele steile Hügel der Haupthalbin­
sel und der kleineren Eilande nicht bebaubar und
dank des subtropischen Klimas üppig bewachsen
sind. Erstaunlich ist auch, dass sich hier mehr tradi­
tionelle Kultur erhalten hat als in anderen Landes­
teilen – wohl weil Hongkong von einigen Wirren der
Kulturrevolution verschont blieb.
Dieser hohe Impact chinesischer Kultur prallt mit
Wucht auf die Einflüsse westlichen Lebensstils. Zwei­
sprachigkeit ist im öffentlichen Raum selbstverständ­
lich. Das neben dem Englischen als offizielle Amts­
Jerry Luk, der in sprache existierende Chinesisch wird kaum in den
Hongkong das
vereinfachten Schriftzeichen des heutigen Chinas
Headline: WalkOn von Hanson Chan (siehe Seite 32)

Designstudio innoise
geschrieben, sondern in ursprünglicheren, zum Teil
betreibt, entwarf
das Poster »Twin City« (links) für
sogar eigenen Langzeichen. Als dritte Sprache ist
die 1st HK-SZ Design Biennale zudem Japanisch recht populär.
im Herbst 2014. Die sich überlap-
penden Formen und Leerräume Clash der Leserichtungen
aus den Initialen der Städte Hong- Die logografischen Hanzi­Zeichen des Chinesischen
kong und Shenzhen sollen den verlaufen eigentlich in senkrechter Richtung und von
gegenseitigen Ausgleich ihrer Defi-
rechts nach links. In Hongkong ist aber, vor allem
zite symbolisieren. Oben: Für das
multidisziplinäre Ausstellungs-
in Medien mit hohem fremdsprachlichem Anteil die
projekt »Waveform« schuf innoise westliche Lese­ und Schreibrichtung gebräuchlich.
mit frei mäandernden Formen ein Herausfordernd wird es für uns, wenn Gestalter auf
zurückhaltendes Erscheinungsbild Websites oder Plakaten die Hanzi­Zeichen senk­
032 page 05.16 › Themen › Typoreise hongkong

Adonian Chan und Chris Tsui


Sau Yi sind Trilingua. Bei dem
von ihnen gestalteten Buch
»Topography« zu Hongkonger
Kunstinstitutionen verwan-
delt sich das Cover beim Blät-
tern in eine abstrakte Land-
schaft – wobei das leuchtende
Rot des Untergrunds mit zu-
nehmendem Biegungswinkel
stärker hervortritt. Unten
rechts: Für die Licht- und
Klanginstallation »Untitled
Speech« nutzte Trilingua
die früher geläufige Verkehrs-
schrift Hong Kong Beiwei
Kaishu, um auf die gegen-
wärtige Zerstörung
des kulturellen Erbes auf-
merksam zu machen

In seinen Typo-
illustrationen für
Adobes Online-
Tutorials zur
Creative Cloud 2015 hat Hanson
Chan eine dezente politische
Kritik eingearbeitet, indem er der
Regenschirm-Revolution in
Hongkong Tribut zollte. Vorige
Seite: Den kontrastreichen
Retro-Font WalkOn, aus
dem wir die Artikel-Headline
zusammengesetzt haben,
entstand ursprünglich für das
Fashionlabel Wand & Lynch
page 05.16 033

recht anordnen und die englische Entsprechung


ebenfalls diesem Modus folgt – man ergo den Kopf
drehen muss.
Bei bilingualen Logos werden dem Lateinischen
nicht selten Elemente beigefügt, die zwar dessen Let­
tern nicht gleichermaßen verdichten können, aber im
Gesamteindruck zumindest ansatzweise den Duktus
des Chinesischen aufnehmen. Interessant ist, dass
dessen Zeichen derzeit stilistisch eher der Anmutung
moderner westlicher Groteskschriften angeglichen
werden. Spannende Designs in dieser Ästhetik ent­
wirft Jerry Luk mit seinem Studio innoise für Kunden
aus Hongkongs Kunst­ und Designszene ebenso wie
für internationale Marken. Auch Jason Kwan geht die­
sen Weg, mal traditioneller, dann brachial reduziert.

Kommen und Gehen in Hongkong


Die junge Designergeneration ist stark von Japan,
Korea und Taiwan geprägt. »Vor ein paar Jahren war
Japan das große Vorbild, derzeit richtet sich das In­
teresse angesichts trendiger TV­Seifenopern, K­Pop
und Mode auf Südkorea. Da dieses aber ein anderes
Schriftsystem, nämlich Hangul, hat, tangiert dies die
Typoszene weniger. Dafür hat Taiwan größeren Ein­
fluss im Grafikdesign«, berichtet Mariko Takagi, die
seit 2010 in Hongkong lebt und Typografie und Buch­
gestaltung an der Academy of Visual Arts, Hong
Kong Baptist University lehrt.
In ihren freien Projekten hat sich die deutsch­
japanische Grafikdesignerin der formalen und se­
mantischen Erforschung der Hanzi gewidmet (siehe
PAGE 04.15, Seite 40 f.). Mariko Takagi war auch an
dem Erscheinungsbild der ATypl­Konferenz 2012 in
Hongkong beteiligt – die erste überhaupt in Asien,
Designerin Fibi Kung gestaltete für das jährliche Hong Kong
die sich zudem speziell den CJK­Schriften ( = Chine­ Arts Festival diverse Poster und Faltblätter, in denen sie
sisch, Japanisch, Koreanisch) widmete. Hauptorga­ das klassische Mittel der Kalligrafie modern inszenierte und
nisator war der in England ausgebildete Typograf mit zeitgemäßer bilingualer Typo kontrastierte
Keith Chi­Hang Tam, ein Experte für multilinguale
Fonts, der heute am Department of Typography &
Graphic Communication der University of Reading
die Abteilung Information Design leitet.
Ein Schüler Tams aus dessen Zeit am Hongkonger
Polytechnikum ist Julius Hui, ein Gestalter, der in­
zwischen in Diensten von Monotype Hong Kong
steht, aber auch für Dalton Maag tätig ist. 2011 brach­
te der legendäre Sammy Or als Artdirektor die mit
Unterstützung Huis ausgebaute Fontfamilie Xin­
Gothic bei VMType heraus. Diese zeichnet sich im
Chinesischen wie auch im lateinischen Pendant durch
stark vereinfachte Formen aus – und gilt in ihrem
Ausbau als wegweisend.

Lokal inspirierte Typografie


Hongkong ist eine vielfältige Kunst­ und Medien­
stadt, besonders aber eine namhafte Filmmetropole.
Auch viele Gestalter arbeiten in diesem Bereich, ent­
werfen Poster oder betätigen sich im Motiondesign.
Als Dreh­ und Angelpunkt für den asiatischen Markt
zieht Hongkong die großen Netzwerkagenturen an,
aber es gibt eine Reihe unabhängiger Studios, die
034 page 05.16 › Themen › Typoreise hongkong

Jim Wong hat


dieses abstrakt
wirkende Poster
für die von Ox
Warehouse veranstaltete
Gemeinschaftsausstellung von
Dichtern und Designern in
Macau entworfen. Es zeigt die
Umsetzung eines Gedichts von
Elvis Mok, wobei die Zebrastrei-
fengrafik auf dem chinesischen
Zeichen für »Straße« basiert

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»Hongkong ist eine kleine Stadt, die auf der Basis


verschiedener Nationalitäten, Kulturen und den Träu-
men aller Individuen erbaut wurde. Es ist ein Ort,
wo wir die Meinungsfreiheit schätzen – eine Freiheit,
für die Menschen nie kämpfen müssen sollten«
Rayman Leung, einer der Gründer des Designstudios Fundamental, Hongkong
page 05.16 035

qualitativ mithalten können. Zu diesen gehören Nachwuchsdesigner Hanson Chan nutzt seine Recht laut und
Trilingua und Fundamental. Die Trilingua­Gründer Freiräume bei ausländischen Kunden, begreift seine turbulent geht
Adonian Chan und Chris Tsui Sau Yi waren Kommi­ Arbeit ansonsten als »chaotische Ordnung«. So auf­ es im Bilder-
album »Roar of
litonen von Julius Hui. Ihre zeitgemäßen Arbeiten geregt oder gar durcheinander das Resultat wirken
Hong Kong« zu, das Funda-
verbinden lokal inspirierte Typografie mit fernöst­ mag, es folgt einem strengen Rastersystem. Sein gro­ mental zur Eigenwerbung
lich geprägten Bildwelten und weisen Trilingua als ßes Vorbild sind die Poster der kantonesischen Oper, entwickelte. Rayman Leung,
neugierig Suchende aus – gemäß ihrem Namen in die er seit klein auf von den Wänden seiner Groß­ Gründer und Artdirektor
einer dritten Sprachebene. mutter kennt: »Die Typografie der handgeschriebe­ des Designstudios, kartogra-
Fundamental ist deutlich abgeklärter in der Sicht nen Buchstaben ist perfekt und das Zusammenspiel fierte zusammen mit dem
auf ihre Heimat. Für Gründer Rayman Leung ist mit der wenigen Farbe so dynamisch, dass auch ich Kalligrafen Paul Fung histo-
risch wichtige Perioden mit
»Hongkong einer der am dichtesten besiedelten heute mit Farbe eher zurückhaltend arbeite.«
den jeweils vorherrschenden
Flecken auf der Welt, eine kleine Stadt, die auf der Andere junge Talente, wie etwa Fibi Kung oder Jim
Schriftzügen der Stadt – im
Basis verschiedener Nationalitäten, Kulturen und Wong, lassen sich ebenfalls von dem sie umgeben­ prägnanten Fundamental-Stil
den Träumen aller Individuen erbaut wurde, und ein den Culture Clash inspirieren. So unterschiedlich
Ort, wo wir die Meinungsfreiheit schätzen – eine das im Ergebnis sein mag, eint sie doch der unver­
Freiheit, für die Menschen nie kämpfen müssen soll­ brauchte Umgang mit für uns vermeintlich Klischee­
ten.« Die Arbeiten des Studios bestechen durch aus­ belastetem wie zum Beispiel Pinselschrift oder reiner
gereifte Corporate Designs und Brandings. Konstruktion. Dies, gepaart mit dem spannungsrei­
chen Kontrast aus chinesischer und lateinischer Ty­
Alles – nur nicht Made in China pografie, macht ihr Design so faszinierend. Es heißt,
Der Widerstand gegen die zunehmende Einflussnah­ das Hongkong­Chinesisch sei ein Slang mit vielen
me Chinas äußerte sich in der Umbrella­Revolution Anglizismen. Was Hongkonger aber niemals sagen
im Herbst 2014, als sich die Demonstranten mit Re­ würden: Made in China! Klaus-Peter Staudinger
genschirmen vor dem Pfefferspray der Polizei zu
schützen versuchten. Diese Ereignisse finden auch Typoreise Hongkong. Weitere tolle arbeiten und
in der Designszene Widerhall. So berichtet Adonian Links zu den vorgestellten Typedesignern auf
Chan von Trilingua: »Die Spannung ist in den letzten ↗  www.page-online.de/typoreise_hongkong
zwei Jahren drastisch gewachsen. Dies drängt uns die
Frage auf: Was ist die Rolle von Design und Typogra­
Klaus-Peter Staudinger gefielen die
fie inmitten sozialer Konflikte? Und was kann unsere
englisch-chinesischen namen der hong-
Disziplin zur Frage kultureller Identität beisteuern?« konger Designer so sehr, dass er schon
In seinen ambitionierten Eigenprojekten sucht das überlegt, künftig sein eigenes Büro unter
Studio Ant worten darauf zu geben. dem neuen namen Viktor Lu zu betreiben.
036 page 05.16 › Themen › multi-Device Design

Multi-Device
Experience
Breakpoints berechnen und dann das Screendesign responsiv auf PC,
Laptop, Tablet und Smartphone ausspielen – so sah lange Zeit die
Königsstrategie im Bereich Multi-Device Design aus. Aber der Gerätepark
wächst weiter, und neue Gestaltungsansätze sind gefragt
PAGE 05.16 037

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

»Das gemeinsame
Verständnis, dass es mehr
als eine Spielart von Multi-
Device gibt, ist enorm
hilfreich. Es gibt nicht den
einen richtigen Weg«
Stefan Freimark, Creative Director Konzept,
interactive tools, Berlin
↗ www.interactive-tools.de

und kategorisiert die Fülle an Möglichkeiten, meh-


rere Geräte mit ihren jeweils spezifischen Interfaces,
Inhalten und Services zu kombinieren. Dabei iden-
tifiziert sie drei Typen einer geräteübergreifenden
User Experience (siehe auch Seite 38):
Am häufigsten treffen wir auf das, was Levin »Con-
sistent Experience« nennt. Wir kennen das im Grun-
de von jeder voll responsiven Website: Die Kern-
funktionalitäten, die Inhalte und das Look-and-feel
sind zwar nicht zwangsläufig identisch, aber über
mehrere Screens einheitlich angelegt und ausgestal-
tet. Werden Informationen oder Inhalte dagegen zwi-
schen zwei Screens hin und her geschoben oder über
mehrere Displays hinweg dargestellt, nennt Levin
dies »Continuous Experience«. Ihr begegnet man et-
wa beim Videostreamingdienst Netflix, wo der User
einen Film auf dem Smart-TV beginnt, um später
auf dem Tablet weiterzugucken. Levin spricht in die-
sem Kontext von »Single Activities« im Gegensatz zu
»Sequenced Activities«, mit denen sie aufeinander-
Lexikon to go ● Desktop, Laptop, Tablet, Smartphone: Die meis- folgende Tätigkeiten über mehrere Devices meint,
Die Wikipedia-App ten User greifen heute von diversen Geräten auf An- beispielsweise eine Flugbuchung (siehe Seite 39).
Viki ergänzt die digitale wendungen und Inhalte zu – immer öfter auch über Fehlt noch das dritte C: Ergänzen sich die Inhalte
Enzyklopädie um eine die Smartwatch oder das Connected Car. Hinzu kom- verschiedener Screens, spricht Levin von einer »Com-
Umgebungssuche, die
men Smart-TV, Smart Home sowie das Internet of plementary Experience«. Dies ist der Fall, wenn sich
auf Tablet, Smartphone
Things. Und die Nutzer gehen davon aus, dass die Devices gegenseitig steuern, indem ein mobiles End-
und Smartwatch ver-
fügbar ist. Die Anwen-
geräteübergreifende Anwendung reibungslos funk- gerät als Fernbedienung für ein anderes dient. So wie
dung zeigt alle Lexikon- tioniert. Der schicke neue Gerätepark hinterlässt nur die App der Actionkamera GoPro in der Lage ist, die
einträge über Orte in dann einen guten Eindruck, wenn alle Devices kon- Kamera zu bedienen. Auch das iPad Pro ergibt zu-
der Nähe des Users an. sistent bedient werden. Wie aber gestaltet man für sammen mit dem Apple Pencil ein Gespann, das
Mit der Uhr aufgerufene diese neue Multi-Device-Welt? Wie gehen Designer sich gut ergänzt. In diesem Zusammenhang spricht
Artikel kann man auf vor, wenn der Auftraggeber etwa neben der Smart- Levin von der Complementary-Variante »Control«.
dem iPhone weiterlesen.
phone-App auch eine Smartwatch-Version anfragt? Die Geräte können auch zusammenarbeiten und ent-
↗  http://viki-app.com
Ist das lediglich eine Ergänzung? Oder müsste man sprechen dann der Complementary-Variante »Col-
konzeptuell komplett neu ansetzen? laboration«: Die Musiksoft ware Ableton Link (www.
ableton.com/de/link ) etwa erlaubt das gemeinsame
Drei C für die Device-Welt von morgen Musizieren, indem sich mehrere Devices via WLAN
Die Israelin Michal Levin, seit 2012 als User-Expe- mit dem zentralen Server verbinden, damit die User
rience-Designerin in der kalifornischen Google-Zen- synchron an einem Track arbeiten können. Sie lässt
trale tätig, verspricht Hilfe: In ihrem Buch »Desig- sich nicht nur mit mehreren Computern nutzen, son-
ning Multi-Device Experiences. An Ecosystem Ap- dern auch mit kompatiblen Apps.
proach to User Experiences across Devices« ( http:// Levins »3C-System« hilft, Abhängigkeiten zu ver-
is.gd/oreillymichallevin ) stellt sie ihren Entwurf ei- stehen und anzuwenden. Die von ihr vorgenommene
nes Multi-Device-Ökosystems vor. Levin analysiert Kategorisierung schafft eine neue Nomenklatur
038 page 05.16 › Themen › multi-Device Design

Pannenhilfe für Fertigungsstraßen


2015 gestaltete das Büro für Interface Design
HMI Project eine fortlaufende User Experience
für den komplexen Maschinenpark des Textil-
maschinenherstellers Karl Mayer. Bei einer Panne
liest ein Mitarbeiter vor Ort die Fehlermeldung
per Smartphone und QR-Code aus und übermittelt
sie dem Onlineservice. Der sendet umgehend die
passende Reparaturanleitung aufs Smartphone.
↗  www.hmi-project.com

und hilft den Projektbeteiligten, sich auszutau­


schen. Stefan Freimark, Creative Director Konzept
bei der Berliner Full­Service­Agentur für digitale Me­
dien interactive tools, hat sich mit dem Ansatz in­
tensiv beschäftigt: »Allein das gemeinsame Verständ­
nis, dass es mehr als eine Spielart von Multi­Device
gibt, ist enorm hilfreich. Es gibt eben nicht den einen,
richtigen Weg, sondern mehrere Möglichkeiten, eine
Anwendung für mehrere Geräte zu konzipieren.«

Schauen, was der User macht


Auch Michal Levin folgt dem Credo, den User in den
Mittelpunkt zu stellen: »Die besten Multi­Device Ex­
periences konzentrieren sich darauf, was die Men­
schen brauchen und nicht so sehr auf die techni­
schen Möglichkeiten«, schreibt sie. Dafür ist die Er­
forschung des Nutzungszusammenhangs wichtig,
sagt Professor Hermann Klöckner von der Hochschu­
le Anhalt ( www.design.hs­anhalt.de/news ): »Diese
digitalen Anwendungen sind keine Inseln, kein punk­
tuelles Ereignis im Tagesverlauf eines Users, sondern
Die 3 C der Multi-Device Experience sie sind intensiv mit dem Alltag verbunden. Daher
muss auch die Research dort ansetzen«, meint der
Michal Levin, User-Experience-Designerin bei Google, Dozent für Interaction Design. »Im Prinzip bräuchte
ordnet Multi-Device-Anwendungen in drei Kategorien: man eine Art kuratierendes Big­Brother­Set­up.«
Wolfram Nagel, Head of User Experience beim

C
onsistent Experience Soft wareentwickler SETU in Schwäbisch Gmünd,
Gut aufeinander abgestimmte Funktionalitäten sieht das ähnlich. Er veröffentlichte jüngst die eng­
und Inhalte sowie ein einheitliches Look­and­ lischsprachige, aktualisierte Version seines Buchs
feel garantieren eine über alle Geräte stimmige User Expe­ »Multiscreen Experience Design« (http://is.gd/nagels
rience – wie bei der klassischen responsiven Website. buch), in dem er die Rahmenbedingungen für Multi­
Device­Projekte untersucht: »Das Ziel jeder Anwen­

C
ontinuous Experience dung sollte es sein, dem Nutzer kontextrelevante In­
Die User wechseln je nach Nutzungskontext formationen zu liefern.« Dafür müssen die Inhalte
zwischen den Geräten, verwenden aber strukturiert aufbereitet sein. So hält etwa der Wiki­
jeweils nur eines zur Zeit. Levin unterscheidet »Single pedia­Reader Viki des Berliner Designstudios Raureif
Activities«, bei denen man das Device wechselt, der ( http://raureif.net/de ) auf dem Smartwatch­Screen
Inhalt aber identisch bleibt, und »Sequenced Activities«, nur eine Synopsis der Online­Enzyklopädie vor und
die aus mehreren Bedienschritten bestehen. bietet sie dem User auf Smartphone oder Tablet in
ausführlicherer Version an (siehe Seite 36 f.).

C
omplementary Experience Für den Designprozess bedeutet das: Erst wenn
In diesem Fall werden mehrere Devices gleichzei­ die Bedürfnisse der Nutzer erkannt sind, sollte man
tig genutzt, um eine simultane, geräteüber­ die passenden Inhalte identifizieren und gestalten.
greifende User Experience zu bieten. Entweder ergänzen »Dann geht es darum herauszufinden, wie man im
sie sich (»Collaboration«), oder ein Gerät steuert ein passenden Moment die richtige Interaktion auf dem
anderes respektive mehrere andere Geräte (»Control«). Bildschirm nach vorne bringt«, sagt Klöckner. Wie
geht man also vor? Seine Empfehlung: »Kontextsen­
page 05.16 039

sitive Methoden aus dem Service Design wie ›A day


in the life of‹, Personas, Cultural Probes oder Custo­
mer Journeys lassen sich sehr gut auch auf klassische
User­Experience­Designprozesse anwenden.«

Die großen Geschwister von Responsive


Arbeitet man dann am Entwurf, helfen ein paar ope­
rative Kniffe: »Level of Detail sollte das zentrale Prin­
zip sein«, fordert Klöckner. Für die Praxis bedeutet
das: Jeder Inhalt sollte in unterschiedlicher Granu­
larität hinterlegt sein, damit man kontextabhängig
entscheiden kann, in welcher Form man ihn bei Be­
darf einsetzt: als längeren Fließtext, als kurze Zusam­
menfassung oder als prägnantes Icon. Auf diese Wei­
se wird der responsive Gedanke letztlich auch auf die
Inhalte übertragen. »Responsiveness bedeutet nicht
nur die triviale Anpassung der Inhalte an Bildschirm­
größen, sondern ihre taktvolle Integration in sich
wandelnde Kontexte«, so Klöckner.
Um den Nutzungskontext in die Konzeption ein­
zubeziehen, bietet die Customer oder User Journey
adäquate Möglichkeiten. Stefan Freimark erklärt es
an der Ticketing­Plattform Eventbrite ( www.event
brite.de), die sich stets dem Flow des Users anpasst:
Um ein Ticket zu buchen, meldet man sich auf dem
Desktop an, am Einlass hält die Smartphone­App
dann ein QR­Ticket bereit – im Levin’schen Sinn also
eine Continuous Experience.
»Es gibt noch viele Möglichkeiten, wie man die­
sen Service erweitern könnte«, erklärt Freimark. Da­
für müsse man nur weitere Customer Journeys für
die Zeit vor, während und nach dem jeweiligen Event
erstellen. Denkbar wären Features wie eine Empfeh­
lungsfunktion, mit der man Kollegen im Vorwege Suchen, buchen, fliegen
über das Event informiert, eine Option, die Teilneh­ Die Lufthansa-App bietet stets kontextrelevante Inhalte an: Flugsuche
merliste einzusehen, sowie das Anlegen einer Favo­ und Buchung auf dem Desktop, Daten der gebuchten Verbindung
ritenliste von Teilnehmern und Sprechern. Hilfreich via Smartphone und Infoschnipsel direkt vor dem Flug auf der Watch.
wäre es auch, wenn die App Informationen für die ↗  http://is.gd/lufthansaapp

Dreh und Cut mit Smartwatch und Smartphone


Die Actionkamera GoPro bedient man über mitgelieferte Apps:
Mit der Smartwatch kann man Szenen filmen und ansehen, auf
dem Handy bearbeitet man diese. ↗  http://is.gd/goproappios
040 page 05.16 › Themen › multi-Device Design

Anreise (Wegbeschreibung, ÖPNV­Verbindung,


Parkplätze) lieferte oder Hilfestellung leisten würde,
um die Kontakte aus der zuvor angelegten Favori­
tenliste vor Ort zu treffen. »So ließe sich eine Conti­
nuous Experience exemplarisch durchdeklinieren«,
meint Freimark.

Das Internet of Things klopft schon an


Längst geht es nicht mehr nur um unterschiedliche
Screens: Desktops sind rückläufig, Tabletverkäufe
stagnieren, auf dem Vormarsch sind das Internet der
Dinge und Ubiquitous Computing. »Multi­Device
wird oft noch gleichgesetzt mit Multiscreen, aber das
wird sich bald ändern«, prognostiziert Klöckner.
Schon jetzt bekommen Kühlschränke und Backofen
sowie Objekte, die gar kein Display haben, wie Licht­
schalter und Glühlampen, eine IP­Adresse. Also kön­
nen auch diese Geräte Inhalte empfangen.
Fragt sich nur, in welcher Form sie diese darstel­
len? Auditiv oder haptisch statt visuell? Orientierung
gibt das barrierefreie Webdesign, wo speziell konfi­
gurierte Browser die Tag­Informationen von Bildern
auf der Website vorlesen. Am Design Research Lab
Fernbedienung fürs Portfolio der Berliner Universität der Künste hat Designfor­
Auf der Website der Designagentur Diplomatic-Cover scannt man mit scher Fabian Hemmert ein Smartphone entwickelt,
dem Smartphone einen QR-Code, um das Portfolio horizontal das per Gewichtsverlagerung durch die Stadt na­
auf dem Device zu durchstöbern. Mit einem vertikalen Swipe bringt vigiert ( http://is.gd/gewichtsverlagerung ). Und die
man seine Auswahl auf den Desktop. Kölner Agentur denkwerk hat sich gerade einen in
↗  www.diplomatic-cover.com/multi
ihrem Lab thinx entwickelten Schal patentieren las­
sen, der Emotionen haptisch übermittelt, indem er
statt abstrakter Emoticons Berührungen überträgt.
»Für den Gestalter lautet die Herausforderung,
sich Gedanken darüber zu machen, wie er seinen In­
halt, seine Botschaft vermittelt«, präzisiert Hermann
Klöckner. »Das Wesentliche dieser Entwicklung? Es
geht nicht mehr darum, einzelne Bilder schön re­
sponsiv zu designen, sondern darum, Botschaften
zu gestalten. Was möchte ich in diesem Moment sa­
gen? Und wie kann ich das auf diesem und jenem
Endgerät darstellen?«

Das Smartphone als Hub


Auf dem Mobile World Congress in Barcelona zeigte
HP kürzlich ihre Vision einer Complementary Ex­
perience: Das Smartphone Elite x3 (http://is.gd/

Fast ganz ohne Screen


Mit dem Internet of
Things kommen Geräte
ins Spiel, die kein oder
zumindest kein gewöhn-
liches Display mitbringen –
so wie der smarte Heiz-
körperthermostat tado°.
↗  www.tado.com/de
page 05.16 041

Take-off im Connected Space


Das Lab der Designagentur ART+COM in Berlin experimen-
tiert mit der Verquickung von Raum und Device. Als erstes
Projekt entstand ein Set-up, das den User, seine Devices und
seine Umgebung verbindet. Möglich macht es Near Field
Communication: Berührt man mit dem Smartphone einen
NFC-Tag, öffnet sich im Browser des Handys eine Anwendung.
In ihr wählt der User sein Raketenteam aus. Den Flugkörper
baut er dann am Tablet aus einzelnen Bauteilen zusammen.
Die fertige Rakete bringt man via Smartphone an die Start-
rampe am großen Screen. Dann heißt es: »Ready for take-off!«
↗  https://twitter.com/ACexpl
042 page 05.16 › Themen › multi-Device Design anzeige

elitex3) deutet im Zusammenspiel mit Windows 10 xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx


Continuum, Windows­Universal­Apps wie Outlook Die Referentinnen
oder PowerPoint und einem Desktop­Display die Ent­ »Respon-
wicklung des Mobiltelefons zum vollwertigen Per­ siveness
sonal Computer an: Das Smartphone liefert die Re­ bedeutet
chenleistung und die Inhalte. Der große Screen ist
nur eine leere Hülle, die vom Smartphone mit Le­
nicht nur
ben gefüllt wird. Und das Konzept scheint erweiter­ die triviale
bar, schließlich gibt es bereits allerorten Displays: Anpassung
im Auto, im Hotel, am Arbeitsplatz. der Inhalte an
Im Lab der Designagentur ART+COM in Berlin
beschäftigt man sich derweil intensiv mit der Ver­ Bildschirm-
quickung von Raum und Device (https://twitter.com/ größen,
ACexpl). Unter Leitung von Grafikdesigner und New sondern ihre
Media Artist Raphaël de Courville widmet sich das taktvolle
Team den Connected Spaces und der Frage, wie man
die Beziehung zwischen Menschen und Umgebung Integration
in Zukunft gestalten könnte? Wie wäre es denn, wenn in sich
der Raum sich an den User und seine Vorlieben erin­ wandelnde
nert – und so eine durchgehende User Experience
ermöglicht? »Wichtig ist für uns, dass wir dabei aus­
Kontexte« ● Sabine Pallaske, Mitbegründerin und Geschäfts-
führerin von F1online, hat Kommunikationsdesign
schließlich die aktuell tatsächlich zur Verfügung ste­ Hermann Klöckner, mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule
henden technischen Möglichkeiten nutzen«, erklärt Professor für Darmstadt studiert und war lange Zeit selbstständig
Raphaël de Courville. Interaction Design als Fotografin tätig. Ihre Sachkompetenz bringt
Einen ersten Proof of Concept mit einem liebe­ an der sie unter anderem beim Bundesverband professionel-
Hochschule Anhalt
vollen Design von Javier Diaz hat das Team schon er­ ler Bildanbieter (BVPA) aktiv ein, bei der Mittelstands-
↗  www.hs-anhalt.de
stellt. Er kommuniziert mittels Near Field Commu­ gemeinschaft Foto-Marketing (MFM), die sich der
nication und über einen zentralen Server im Web. Ermittlung von Bildhonoraren widmet, sowie bei diver-
Die Inhalte sind in diesen Designexperimenten se­ sen Foren, die sich mit Urheber- und Lizenzrecht
kundär, im Wesentlichen geht es darum, innovative und Contentnutzung auseinandersetzen. Ihr ist es
Set­ups für zukünftige Anwendungen zu entwickeln ein Anliegen, das Chaos im Bild- und Lizenzrecht
(siehe Seite 41). für Anbieter wie Nutzer durchschaubar zu machen.

Gestaltung ist Vermittlung –


in Zukunft mehr denn je
»Design wird so wesentlich, dass man es nicht mehr
den klassischen Designern überlassen sollte«, for­
dert Hermann Klöckner. Reine Umsetzer seien schon
bald kaum noch gefragt. Für die Entwicklung von
Multi­Device­Anwendungen benötigt man ein mul­
tidisziplinäres Team. »Es braucht sowohl jemanden
mit Blick für das große Ganze, als auch jemanden,
der darauf achtet, dass der Text auch auf dem kleins­
ten Device korrekt umbricht.«
Mit ihrem Versuch, Ordnung in das immer he­
terogenere Feld der Devices zu bringen, hat Michal
Levin eine gute Entwicklung angestoßen. Das findet
auch User­Experience­Spezialist Wolfram Nagel. »Es
gibt keine Patentrezepte oder Allheilmittel. Es gilt
stets abzuwägen, welche Herangehensweise sinn­ ● Rechtsanwältin Silke Kirberg ist Inhaberin der auf
voll ist. Empathie, Kreativität, eine ausführliche An­ Urheber- und Medienrecht spezialisierten Kanzlei
forderungsanalyse, strukturierte Inhalte und der Ein­ Kirberg in Hamburg. Kernbereich ihrer Tätigkeit ist
satz passender Methoden, Muster und Strategien das Bildrecht. Sie berät und vertritt überwiegend
sind die Voraussetzung für ein erfolgreiches Projekt.« Unternehmen und Freiberufler aus der Medienbran-
Gerne auch mit Levins Vitamin 3C. as che, insbesondere Bildagenturen und Fotografen.
Daneben vertritt sie auch Privatpersonen bei Verlet-
zungen ihres Persönlichkeitsrechts in Wort und
PAGE eDossier »Service Design«. Lesen Sie
mehr über die spannenden neuen Strategien,
Bild. Durch ihre langjährige Praxis ist ihr das Bild-
mit denen Designagenturen erfahrungen geschäft bestens vertraut. Silke Kirberg ist
kreieren. ↗  www.page-online.de/pDDp1047 Mitglied des Experten-Netzwerks BVPAexperts.
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043

1 pRaXiS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Die Agenda

Bildrecht! 1 Grundzüge des Urheberrechts


Was ist urheberrechtlich geschützt, und wer
hat wann die nutzungsrechte inne?

Was Bildnutzer und 2 Schranken des Urheberrechts und

Bildurheber in zeiten Nebenrechte

von Facebook & Co


Welche Rechte Dritter bestehen unter
welchen Bedingungen, und wer muss
wissen müssen sich wann genehmigen lassen, ob die Bilder
veröffentlicht werden können?
A. Model Release: das Recht am eigenen Bild,
Klärung mit Einzelpersonen oder Model-
agenturen (Kunsturhebergesetz, Grund-
gesetz, EMRK)
Das Seminar »Bildrecht!« B. Property Release: Was ist Panorama-
freiheit, und wo braucht es die Genehmigung
● Die gutgläubige Nutzung von Bildern im Kommunikations­, Grafik­ und des Grundstückseigentümers?
Mediendesign kann gut und gerne Nachforderungen in empfindlicher Höhe C. Markenrecht: Imageübertragung oder
mit sich bringen. Und in Anspruch genommen wird immer der zuerst, der Beiwerk? Augen auf bei Styling und Requisite –
ein Bild der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Gut also, wenn alle Betei­ hier herrscht großer Abstimmungsbedarf.
ligten – Artdirektoren, Art­Buyer, Bildredakteure, Social­Media­Manager,
Editorial Designer, Grafiker, Bildgestalter und Website­Betreiber – verstehen, 3 Nutzungs- und Verwertungs-
was genau sich hinter dem Begriff »Bildrecht« sowie hinter den einzelnen vereinbarungen
Lizenzmodellen verbirgt. Property und Model Release, Marken­, Eigentums­ Wer räumt wem wann was ein – und wie?
und Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eigenen Bild bergen mehr Welche Rechte habe ich als Designer, Filme-
Fallstricke, als man gemeinhin annehmen mag. Und das sind nur einige der macher, Fotograf auf der einen Seite und
Aspekte, die selbst bei der Nutzung von sogenanntem lizenzfreiem welche als nutzer auf der anderen Seite?
Bildmaterial berücksichtigt sein wollen. Auch die AGB haben es in sich. A. Stock: Rm/RF/microstock/Creative
Commons/Flickr & Co
Im PAGE Seminar »Bildrecht« erklären Sabine Pallaske und Silke Kirberg an B. individualvertrag (Designer, Texter,
anschaulichen Beispielen aus der Praxis nicht nur, was Illustratoren und Fotograf, illustrator, Filmemacher)
Fotografen sowie Agenturen und Unternehmen bei der Auftragsvergabe und C. miturheberschaft (extrem wichtig,
Verwertung von Bildern beachten müssen, sondern auch, wie man sich beispielsweise bei postproduktion oder
in den bildorientierten Social Networks wie Instagram und Pinterest verhält. Styling und Food-Fotografie)
Die Referentinnen räumen in klarer, verständlicher Sprache auf mit
Halbwahrheiten und irreführenden Ratschlägen, sodass Sie ein fundiertes 4 Urheberrecht und Social Media
Rechtswissen für Ihren Arbeitsalltag erlangen, mit dem sich 90 Prozent A. grundsätzliches
der Abmahnungen vermeiden lassen. Zudem erhalten Sie geldwerte Tipps B. Quellenangabe
für die Vertragsgestaltung und Nutzungsrechtsklärung und können die C. Wie schütze ich mich gegen missbrauch?
Pausen nutzen, um über konkrete Fälle aus Ihrem Kreativalltag zu sprechen. (Branding und andere methoden)
D. Welche Lizenzregelungen gelten bei den
Das PAGE Seminar findet am 29. April
in den Design Offices Hamburg verschiedenen Bildagenturen?
Domplatz von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahmegebühr von 748 Euro
(zzgl. gesetzlicher MwSt.) ist gut investiertes Geld. Denn die Teilnahme bewahrt 5 Die Tücken im Detail
Sie vor manch einer Bildrechtsverletzung, die Sie teuer zu stehen kommen A. agB – was ist das eigentlich?
könnte, und hilft Ihnen im Falle, dass Sie selbst der Urheber sind, Ihre Rechte zu B. angebote korrekt formulieren
wahren und angemessene Honorare durchzusetzen. Die Gebühr umfasst die C. Rechteumfang richtig beschreiben
Tagungskosten sowie Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Per-
sonen begrenzt! Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar  . 6 Wer haftet?
Die Rechtekette und die Konsequenzen
für nutzer, Besteller und Urheber bei
Rechtsverletzungen
page // ebner Verlag gmbh & Co. Kg // info@page-online.de //
Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in Der PAGE Workshop mit Sabine Pallaske und
der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung Silke Kirberg lässt genug Zeit für Fragen und
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis). Diskussionen und den Austausch untereinander.
044 page 05.16 › Themen › Design Fusion & Co-Branding

Ein Krake zieht ein:


Nach dem Merger mit
Mullen haben Florian
Grimm, Nils Gallun und
Benedikt Holtappels
ihre Agentur komplett
in das neue gemeinsame
Design gehüllt. Bei den
Mitarbeitern kommt
das offensichtlich gut an

… fiderala
page 05.16 045

2014 schlüpfte
Grimm Gallun
Holtappels unter
das Dach von
Lowe + Partners
und legte sich
einen Anker als
Logo zu. Mitte
vergangenen
Jahres folgte der
Merger mit der
Agentur Mullen

lalala
Ob nach einem Merger oder
für eine punktuelle Koope­
ration – wenn Marken Hoch­
zeit halten, ist gestalte­
risches Geschick gefragt

● »Wir sind echt froh, dass das Ding so cool ist«,


sagt Florian Grimm über das neue Logo, das seine
Agentur verpasst bekam, nachdem die Lowe Group,
zu der Grimm Gallun Holtappels (GGH) seit 2014 ge­
hört, sich mit der amerikanische Werbeagentur Mul­
len zusammengeschlossen hatte. Für GGH war es
der zweite Merger innerhalb weniger Jahre, und Flo­
rian Grimms erleichterte Reaktion auf den boxenden
Oktopus zeigt: Die Gestaltung eines gemeinsamen
Auftritts mehrerer Marken ist eine sensible Angele­
genheit. Nicht nur im Bezug auf die Wahrnehmung
im Markt, sondern vor allem weil man es schaffen
muss, dass die Mitarbeiter – und hier die Agentur­
partner – sich mit dem neuen Design identifizieren.
»Menschen definieren sich durch Zugehörigkeit
und Abgrenzung. Es ist daher natürlich, dass bei Fu­
sionen oder Übernahmen in der Mitarbeiterschaft
046 page 05.16 › Themen › Design Fusion & Co-Branding

zunächst Fronten entstehen«, weiß auch Tobias le Kunden wollen ihre alten Gestaltungsmerkmale
Phleps, CEO der Hamburger Designagentur Brand dann ganz hinter sich lassen, weiß der Strategie­
Union. Noch wichtiger als bei anderen markenstra­ chef. Die Aufgabe der Designer sei es also, die ge­
tegischen Aufgaben sei deshalb zunächst der Blick meinsamen Werte der beiden Partner zu identifizie­
nach innen. »Es gilt, die Gefühlslagen der Mitarbeiter ren und ihnen ein neues Gesicht oder sogar einen
zu verstehen, um mit dem Rebranding erfolgreich neuen Namen zu geben.
Synergien zu schaffen«, so Phleps, der sich dabei erst Für Tobias Phleps ist der Name sogar das entschei­
weniger mit Marketing­ und Designfragen als mit dende Element: »Auch wenn wir in Designagentu­
unternehmenskulturellen Abwägungen beschäftigt. ren am liebsten über das Visuelle sprechen – wer nach
Immerhin geht es in solchen Fällen nicht nur ums xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx einem Merger seinen Namen abgibt, gilt als ›über­
Branding, sondern auch um die richtige prozessbe­ nommen‹ beziehungsweise wird als Unternehmen
gleitende Kommunikation. Man müsse sicherstellen, »Menschen und Marke ›geschluckt‹.« In vielen Co­Branding­
dass die Mitarbeiter über wesentliche Entscheidun­
gen und Änderungen vor oder parallel zur Presse in­
definieren Prozessen, die im Kontext einer Fusion oder Über­
nahme stattfinden, habe er die Erfahrung gemacht,
formiert werden, meint Phlebs. Seine sieben Tipps sich durch dass die Gemüter der Mitarbeiter und der Entschei­
für einen erfolgreichen Co­Branding­Prozess finden Zugehörig- der längst nicht so erhitzt sind, wenn es um Typogra­
Sie auf www.page­online.de/CoBranding_0516. keit und fie, Farben oder die Bildsprache geht, wie wenn ihr
Name auf den Prüfstand gestellt wird. Ein Kaltstart
Anker adé Abgrenzung. mit einem komplett neuen Namen, so wie ihn zum
Im Fall von GGH MullenLowe hat das Co­Branding Es ist daher Beispiel MetaDesign mit zwei österreichischen Ener­
geklappt – auch wenn der Anker, das alte Logo von natürlich, gieunternehmen hingelegt hat (siehe Seite 47), kann
GGH Lowe, vollständig aus der Agentur verschwun­ dass bei daher oftmals die bessere Alternative sein.
den ist. Der Polypenfisch ziert nicht nur die Ge­
schäftsausstattung und Räumlichkeiten, die Ham­
Fusionen Partnerschaft auf Zeit
burger haben auch Kapuzenpullis mit dem achtarmi­ oder Über- Nun geht es natürlich nicht immer um das Absolute.
gen Unterseeboxer an ihre Teams verteilt und einen nahmen in Auch im Rahmen temporärer oder punktueller Ko­
jährlichen »Krakentag« ins Leben gerufen, an dem es der Mitarbei- operationen mehrerer Marken ist gestalterisches Ge­
ausschließlich um Themen und News rund um die schick gefragt. Klassische Co­Branding­Konstella­
Agentur gehen soll.
terschaft tionen sind zum Beispiel, wenn H&M eine Kollektion
Die Idee, die hinter dem neuen Logo steckt, passt zunächst von Karl Lagerfeld vermarktet oder Langnese ein
zum Selbstverständnis der unterschiedlichen Part­ Fronten Eis mit Milka­Schokolade anbietet. Auch, wenn sich
ner, wie Florian Grimm erklärt: »Der neue Auftritt entstehen« große Industrieunternehmen zusammentun, um für
soll zeigen, dass wir eine große Expertise auf unter­ ihr Serviceangebot zu trommeln (siehe Seite 48) oder
schiedlichen Kanälen haben und dort Schlagkraft Tobias Phleps, CEO wenn die verschiedenen Betriebe einer Stadt ins
erzeugen können«, erklärt Florian Grimm. »Der Kra­ der Hamburger Standortmarketing integriert werden sollen (siehe
ke vereint die Kanäle zu einem großen Ganzen.« Designagentur Seite 48), hilft das Know­how von Designagenturen.
Brand Union
Entwickelt wurde das Design von führenden Die Corporate Designs der Unternehmen verän­
MullenLowe­Kreativen aus Brasilien, Spanien, Eng­ dern sich in temporären Kooperationen meist nicht,
land und den USA mit dem Ziel, »die Mentalität und vielmehr muss geklärt werden, wer an welchem
Arbeitsweise des Unternehmens wiederzugeben« Touchpoint wie präsent ist und mit welcher Gewich­
(http://us.mullenlowe.com). Die acht Arme des Mee­ tung die jeweiligen Marken und ihre visuellen Ele­
restieres stehen für das ganzheitliche Angebot von mente auftauchen. Hier zitiert Tobias Phleps als
MullenLowe (zum Beispiel Brand Strategy, Creative Faustregel das bei Designern allseits beliebte »We­
Content, Digital Marketing, Media und Customer niger ist mehr«. Die Hauptaufgabe von temporären
Relationship Management), seine Boxhandschuhe Co­Brandings sei es, Komplexität zu reduzieren.
dafür, dass man kein Risiko scheut. Der Stil der Illus­ Schließlich spielten dabei oft nicht nur zwei Marken
tration erinnert an alte Kartografien, gestalterisch eine Rolle, manchmal gehe es auch um eine Liebelei
hebt er sich komplett von den bisherigen Auftritten unter vielen. Wie führende Designagenturen ihren
von Mullen und Lowe ab. Mullen trennte sich von den Kunden beim Anbandeln geholfen haben, zeigen
Minuskeln im Schriftzug und dem schräg gestellten wir auf den folgenden Seiten. jbr
kleinen Doppel­l, Lowe gab das Quadrat und die Far­
be Blau als wichtige Markenmerkmale ab – zuguns­
Lesen Sie weiter in unseren PAGE eDossiers:
ten eines Logos, das aus der von Schriftmarken do­
»Corporate Design und management«
minierten Agenturlandschaft bestimmt heraussticht. ↗  www.page-online.de/pDDp1032 sowie
»Corporate Fonts: Vor und nachteile«
Nomen est omen ↗  www.page-online.de/pDDp1078
»Wenn Marken kooperieren, liegen die spannends­
ten Aufgaben dort, wo aus zwei Unternehmen nach Weitere Cases und Tipps zum Thema marken-
einem Zusammenschluss eine neue Marke entstehen fusionen und -koexistenzen gibt’s unter
soll«, findet Daniel Rosentreter von MetaDesign. Vie­ ↗ www.page-online.de/CoBranding_0516
page 05.16 047

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Unsichtbare Wurzeln

+ AGENTUR MetaDesign, Berlin


↗ http://berlin.metadesign.com
KUNDE alperia, Bozen ↗ www.alperia.eu

● Die Verantwortlichen wollten visuell alles hinter


sich lassen, als Anfang 2016 die beiden Südtiroler
Energiekonzerne SEL und AEW in einer neuen Firma
aufgingen. Auch ein neuer Name sollte her. Trotzdem
waren die Herausforderungen für MetaDesign ande­
re als bei einer Neugründung. Immerhin galt es, die
Indosat war als
langjährige Erfahrung im Bereich der Stromversor­
Marke zu stark,
gung beider Unternehmen zu betonen, dabei aber
um sie ganz
verschwinden zu
auch neue, gemeinsame Werte zu etablieren. Im Fo­
lassen. Der Mutter­ kus standen die lokale Verankerung und die grünen,
konzern Ooredoo erneuerbaren Energien für die Menschen in Südtirol.
entschied sich für Als Referenz auf die Begriffe »Alpen« und »Am­
ein Co­Branding pere« entwickelte MetaDesign den Namen alperia,
der als Wortmarke zugleich das Logo bildet. Die
runde Typografie und die Kleinbuchstaben sollen
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Zurückhaltung symbolisieren und so für Sympathie
sorgen. Das Weiß des Logos steht für saubere Ener­
Indonesien und Katar gie, sein grauer Hintergrund orientiert sich an der
wachsen zusammen Farbwelt der Südtiroler Alpen. Auch die Fotografien,
AGENTUR Brand Union, Jakarta & Singapur die in der Kommunikation eingesetzt werden, zeigen
↗ www.brandunion.com die Natur vor Ort. Außerdem sollen emotionale Sze­
KUNDE Ooredoo Group, Doha nen Nähe zu den Menschen herstellen, für die die
↗ https://indosatooredoo.com Energie gedacht ist. Neben der eigens entwickelten
Wortmarke wird die Akko Pro von Akira Kobayashi
als neue Unternehmensschrift eingesetzt, ein Font,
● Als die Ooredoo Group Brand Union mit dem Re­ der den Charakter des Industriellen, Technischen
launch der Marke Indosat zu Indosat­Ooredoo beauf­ mit weichen, menschlichen Formen vereint und so
tragte, kam auf die Agentur eine hochsensible Auf­ Die Energiekon­
als weiterer Baustein den Auftritt im Sinne der neu­
gabe zu. Denn während der etablierte Telekommu­ zerne SEL und en Marke ergänzen soll.
nikationsanbieter Indosat, der bereits 2007 von der AEW wollten nach
in Katar ansässigen Ooredoo Group (damals Q­Tel) der Fusion
gekauft worden war, bis dato weiter eigenständig auf­ nichts von ihren
trat, sollte er nun auch visuell unter das gemeinsame alten Designs
behalten. So
Dach schlüpfen. Einer schluckt den anderen, kommt
entstand die neue
einem da sofort in den Sinn, und es scheint klar zu
Marke alperia
sein, wer den visuellen Lead übernimmt. Doch Um­
fragen ergaben, dass ein komplettes Rebranding von
Indosat zu Ooredoo zu viele negative Reaktionen
hervorrufen würde. Stattdessen entschieden sich
die Verantwortlichen für ein Co­Branding.
Eine große Hürde waren dabei die gelernten Far­
ben der Partner: Indosat war im Markt als »gelbe
Marke« bekannt, Ooredoo war rot, genauso wie In­
dosats Hauptkonkurrent Telkomsel, der in Indone­
sien als die »rote Marke« galt. Diesen Knackpunkt
machten die Designer schließlich zur Lösung und
verbanden beide Farben zu einem gemeinsamen
Corporate Design. Als verbindende Elemente fun­
gieren Kurven und Bögen. Bei der Typo musste In­
dosat sich letztlich dann doch anpassen und von ei­
ner quadratisch anmutenden Schrift zu einer run­
deren wechseln.  
048 page 05.16 › Themen › Design Fusion & Co-Branding

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Lächeln für den Service


AGENTUR moodley brand identity, Graz
↗ https://moodley.at
KUNDE Styrian Service Cluster, Hart bei Graz
↗ http://styrianservicecluster.com

● Ziel des Styrian Service Clusters, einer gemeinsa­


men Initiative von führenden Industrieunternehmen
mit Sitz oder Niederlassung in der Steiermark, ist
es, dem Bereich Service mehr Aufmerksamkeit zu
verschaffen. Gegenüber Themen wie Technologie
und Innovation werde der nämlich oft stiefmütter­
lich behandelt, finden die beteiligten Konzerne. Von
Siemens Österreich, Knapp, AVL LIST und Co er­
hielt moodley den Auftrag, ein Corporate Design zu
entwickeln, das dem Kerngedanken der Initiative Das Corporate
entspricht und in Kombination mit den Logos aller Design von Saar­
brücken lässt sich
Mitglieder funktioniert.
variabel mit den
In einem Workshop mit den Leitern sämtlicher
Auftritten verschie­
Serviceabteilungen wurde zunächst der gemeinsame dener städtischer
Nenner herausgearbeitet: Es geht darum, den Kun­ Betriebe kombinie­
den mit herausragendem Service glücklich zu ma­ ren – wie hier auf
chen. Daraus entstand als Bildmarke ein lächelnder Plakaten der Stadt,
Mund. Zusammen mit der Schrift Circular, einer mo­ des Deutsch­Fran­
dernen Grotesk, soll dieser dem Image der alteinge­ zösischen­Gartens
sowie des Jugend­
sessenen Unternehmen etwas mehr Frische geben.
hilfezentrums
Die Farbe des Mutterlogos ist schwarz und kann mit
den Markenfarben der einzelnen Unternehmen kom­ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
biniert werden. Für die praktische Anwendung steht
den Mitgliedern ein Designbaukasten aus Logo, Far­ Identität aus dem Fluss
ben, Schriften und Mood­Bildern zur Verfügung. AGENTUR wirDesign, Berlin ↗ www.wirdesign.de
KUNDE Landeshauptstadt Saarbrücken
↗ www.saarbruecken.de

● Seit Frühjahr 2015 bildet das blaue »Saarband«


nicht nur das Logo der Stadt Saarbrücken, wirDesign
entwickelte auch eine komplett neue Typografie, die
sich in Winkel und Radius am Flusslauf der Saar ori­
entiert. Ihre Gestaltung war Teil eines Relaunchs der
Eine Serviceinitiative
führender österrei­
Corporate Identity von Saarbrücken, das auch ein Co­
chischer Industrieun­ Branding­Konzept vorsah: Alle städtischen Betriebe
ternehmen setzt sollten das neue Design übernehmen können, wenn
auf einen lächelnden auch in unterschiedlicher Ausprägung. Einige Ein­
Mund als Mutterlogo. richtungen setzen nur das Logo in Kombination mit
Dieser lässt sich ihrem eigenen Namen ein, bei anderen spielt das
mit den Markenfar­
Saarband eine kommunikationstragende Rolle, zum
ben der einzelnen
Beispiel auf den Plakaten des Jugendhilfezentrums.
Mitglieder verbinden
Das prägnante, inhaltlich leicht nachvollziehbare Lo­
go habe geholfen, die Verantwortlichen in den Betrie­
ben für den neuen Auftritt zu öffnen, berichtet Crea­
tive Director Sebastian Kirmse. Word­Templates und
andere Vorlagen sollten die Implementierung so ein­
fach wie möglich machen. Die gestalterische Auf­
gabe bestand hier vor allem darin, die Logos der di­
versen Partner sauber zu verbinden, sinnvolle Grö­
ßenverhältnisse herzustellen und Schriftzüge und
Bilder stimmig zu platzieren. jbr
page 02.14 049
anzeIge

pRaXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Design
Thinking
Insights & Hands-on-
Workshop

Die Referentin Das Seminar mit Edenspiekermann


● Pia Betton, Partnerin bei Edenspiekermann, ● Der Markt ist übersättigt mit digitalen Anwendungen, aber nur einige
blickt auf 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen wenige sind erfolgreich. Wen wundert’s, die Nutzerroutinen ändern
Brand Development, Corporate Design, Design sich stetig und damit auch die Anforderungen an Inhalte und Formate,
Thinking, Design Research, Innovation und sprich: an den eigentlichen Service. Die strukturierte Innovations-
Communication zurück. Ihre berufliche Laufbahn methode Design Thinking setzt hier an und verfolgt den Ansatz, Produk-
führte sie ins Management von Unternehmen te und Services aus Sicht des Nutzers zu gestalten. Diese Herangehens-
wie MetaDesign, Institute of Electronic Business weise hat Technologieführer wie Apple und Google groß gemacht.
und heute Edenspiekermann. Ihr Portfolio
internationaler Kunden reicht von Firmen wie Im PAGE Workshop »Design Thinking« gewährt Ihnen Pia Betton,
Bang & Olufsen, Carlsberg, E.ON und LEGO Partnerin bei Edenspiekermann, tiefe Einblicke in Kundenpro-
bis zu öffentlichen Institutionen wie Deutsche jekte, die durch genau diese Methode erfolgreich geworden sind.
Bahn und Danish Investment Fund. Sie erproben den gleichen Prozess, den Edenspiekermann
genutzt hat, um beispielsweise das Redesign von ZEIT Online
Die Agenda sowie ZEITmagazin Online zu gestalten.

1 Intro. Wie genau sieht ein Kick-off-Workshop Mittels Design Thinking entwickeln Sie Ideen für neue relevante Expe-
bei edenspiekermann aus, in dem mit Design- riences und setzen diese als Prototypen um. Sie erlernen in praktischer
Thinking-Methoden gemeinsam mit dem Kunden Anwendung wirksame und pragmatische Innovationsmethoden,
der grundstein eines projekts erarbeitet wird? die Sie später selbstständig in Ihren eigenen Arbeitsalltag einbringen
Welche Hürden gibt es in einem Design-Thinking- können. Das umfasst nutzerorientierte und mediengerechte Denk-
prozess? pia Betton gibt einblick in konkrete Cases. weisen, aber auch konkrete Mittel, um Ideen schnell und ohne großen
Ressourcenaufwand kommunizier- und überprüfbar zu machen.
2 Nutzerbedürfnisse. Die Teilnehmer lernen,
die wahren Bedürfnisse zu erfragen und auf Das Seminar stärkt das Bewusstsein für die besonderen Anforderungen,
Basis dieser Insights personas zu erstellen, die die durch digitale Services entstehen. Vor allem zeigt es aber, dass es
die grundlage für den weiteren prozess bilden. keinen Grund für Berührungsängste gibt. Wertvolles Know-how von
Designprofis für Designprofis in Agentur, Start-up und Unternehmen!
3 Produktideen. Die relevanten Bedürfnisse
werden von den irrelevanten differenziert, um
neue userzentrierte experiences zu generieren. Das Seminar findet am 16. September bei edenspiekermann
ein von edenspiekermann entwickeltes Spiel in Berlin von 9:00 bis 18:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 euro
unterstützt den Ideenfindungsprozess. (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die gebühr umfasst die Tagungskosten,
Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 personen
4 Prototyping. Die Teilnehmer setzen ihre begrenzt! also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.  
ansätze auf den eigenen Smartphones um, sodass
sie am ende einen funktionierenden prototyp
in Händen halten, präsentieren und testen können. page // ebner Verlag gmbH & Co. Kg // info@page-online.de //
Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
5 Retrospektive. Die Teilnehmer erarbeiten,
aufgrund der auf 20 personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die anmeldungen in der
wie sie das erlernte Wissen am besten in Reihenfolge der eingänge der zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der anmeldung an.
Sie ist sofort nach erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne abzug zu überweisen.
ihren gestaltungsprozess integrieren können. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
Neues
Spannendes aus der Typo-, Bild-,
Papier- und Technikwelt sowie
interessante neue Publikationen
finden Sie auf diesen Seiten
und auf ↗ www.page-online.de  

1
Letter-Passion
In ihrer Installation
»Type & Face« verwandeln
Filip Triner und Bertram
Landwerlin schrift in Objekte
Page 05.16 051

Typo 1

ram Landwerlin und Fi­


Type & Face. Bert­ 2

lip Triner, der eine Architekt, der andere De­


signer, sind beide fasziniert von Typografie
und zeigen in ihrer Installation »Type & Face«,
was sich mit Buchstaben so anstellen lässt:
rahmen, verspiegeln, Hirschgeweihe draufsetzen oder an der Wand run­
terrutschen lassen. Bis 31. April zu sehen bei Bernheimer Contemporary
in Berlin.↗ www.typeandface.de 2 Bold & Funky. Gemeinsam mit
Artdirektor Fredrik Gruber aus New York gestaltete der Typedesigner
Göran Söderström die Versalschrift Funkis für große, fette Anwendun­
gen: Letterings, Beschilderungen, Websites oder Apps. Mit den Schnitten
Mager, Normal und Mittelfett kostet sie rund 90 Euro. ↗ www.letters
fromsweden.com 3 Geometrisch & Grotesk. Uni Grotesk, die neue
Serifenlose von Peter Bi’lak, ist eine Adaption 3

der Universal Grotesk. Diese dominierte die


Drucksachen in der kommunistischen Ära der
Tschechoslowakei. Es gibt sie in vier Stärken
plus Kursive, einer Condensed­Variante und
als Display­Font. ↗ www.typotheque.com

 Kreise zaubern
Travis Kochel erweiterte die FF Chartwell, mit
der sich durch Eintippen von Zahlen Diagram­
me erzeugen lassen (siehe PAGE 08.12, Sei­
te 54 ff.). Jetzt kommt die Coordinate Series mit
den Varianten Bubbles, Scatter, Lines sowie
Floating Bars, Areas und Rings Series dazu. Der
größte Unterschied aber ist, dass die neuen
Schnitte auch als Web­Fonts vorliegen – damit
steht Chart­Animationen im Netz nichts mehr
im Wege. Einen Einzelschnitt gibt’s bei Font­
Font für circa 25 Euro. ant
↗www.fontshop.com
FF Chartwell Bubbles
Das PAGE DTP-Typometer 2.0 mit ist eine der neuen
allen typografischen Maßskalen Gestaltungsvarianten
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↗ www.page-online.de/typometer  
052 page 05.16 › NeUeS

Bild   Originale sehen.  Berlin 


hat eine neue Institution: das 
Ministerium für Illustration, kurz MFI, in der 
Chausseestraße 110. Hinter dem charmant-iro-
nisch ein wenig nach DDR-Bürokratie klingen-
den  Namen  steckt  eine  ausschließlich  der  Il-
lustration gewidmete Galerie – gegründet von 
Henning Wagenbreth, selbst bekannter Illustra-
tor und Professor an der Universität der Künste. 
Bis 16. April zeigt das MFI Arbeiten des für seine 
farbenfrohen Siebdrucke und Wandmalereien 
bekannten Berliner Duos Zebu (oben ihr Bild »Prokrastination«), danach 
folgen für jeweils 10 bis 14 Tage Ausstellungen von Volker Pfüller, eBoy 
und Ana Albero. Es wird also noch öfter Anlass geben, das MFI aufzu-
suchen. ↗ www.mfi-berlin.de

Verblüffende Autobahnbilder von Cy Kuckenbaker, Fotowütige am Times Square von Peter Funch

 Mehr als das Auge wahrnimmt
Eines der wohl ungewöhnlichsten aktuel- aufheben und so teilweise einen ganz neuen  über einen Tag hinweg am Times Square 
len Bücher über Fotografie ist das kürzlich  Blick auf die Welt eröffnen. Erinnerungsfotos geknipst haben. Auf Vi-
im  Gestalten  Verlag  erschienene  »Photo- Das geschieht mal nur mithilfe der Ka- deoclips  von  Cy  Kuckenbaker  fahren  nur 
viz«  (256  Seiten,  39,90  Euro,  ISBN  978-3- me ra, etwa durch Farbfilter, unterschied- noch Wagen einer Farbe über die Autobahn. 
89955-645-2).  Der  etwas  blasse  Untertitel  liche Belichtungen oder Schlitzfotografie.  Oder Masakazu Matsumoto hält Zug- oder 
»Visualizing Information Through Photo- Anderswo  wurden  Hilfsmittel  wie  LED-  Karusselfahrten mit seinem selbst entwi-
graphy« ist fast schon irreführend, geht es  oder Stroboskoplampen genutzt oder die  ckelten Programm TrainScanner in kaleido-
doch um viel mehr – nämlich um verschie- Effekte  entstanden  bei  der  Nachbearbei- skopischen Aufnahmen fest. All das lädt zu 
denste Tricks und Effekte, die Unsichtba- tung am Rechner. So zeigt etwa Peter Funch  eigenen Experimenten ein.
res sichtbar machen, die Gesetze der Zeit  auf einem Bild gleichzeitig alle Leute, die  ↗ www.gestalten.com
054 page 04.16 › Neues › Bild

 Illustratoren mit Ideen
Kreation von Über  einen  neuen  Wettbewerb  hatte  der  Ravens-
Carioca für burger Verlag nach Bilderbuchideen für Kinder zwi-
McDonald’s schen  vier  und  sechs  Jahren  gesucht  –  mit  rund  
300 Einsendungen war die Resonanz groß. Auf der 
Leipziger Buchmesse wurden gerade die Gewinner 
bekanntgegeben (siehe auch  www.page-online.de/
bilderbuch-wettbewerb  ).
Der erste Preis ging an Laura Bednarski, die in 
Münster Design und Illustration studiert. Ihre Ge-
schichte um einen Bären, der im Wald einen Garten 
Preisgekrönte
anlegt und dabei mit den anderen Waldbewohnern 
Entwürfe von Laura einige Probleme zu regeln hat, fand die Jury visuell 
Bednarski und und inhaltlich am ausgereiftesten. Karolina Benz, 
Katrin Dageför die  bis  2013  an  der  HAW  Hamburg  studierte  und  
 photoby& co in Berlin inzwischen in Wien lebt, landete 
Die Warschauer Repräsentanz photoby&co hat schon  mit  ihrem  dekorativen  Illustra-
lange eine Menge Kunden in der deutschen Werbe- tionsstil auf Platz zwei. An Katrin 
szene – vertritt sie doch einige der weltweit gefrag- Dageförs Buchidee »Die absolut 
testen  3D  Artists,  darunter  Carioca  aus  Budapest  total oberstreng geheime Kiste« 
(siehe Bild oben), Illusion CGI Studio aus Bangkok,  ging der dritte Preis.
Salamagica  aus  Santiago  de  Chile,  Serial  Cut  aus  Doch andere Einsender dürfen 
Madrid, Peter Tarka aus Warschau, Garrigosa Studio  ebenfalls  auf  Aufträge  hoffen. 
aus Barcelona, Zombie Studio aus Saõ Paulo oder  Denn  man che  Wett be werbs bei-
Paper Artist Eiko Ojala aus Tallinn.  trä ge  könnten  auch  in  an derem 
Um deutsche Kunden noch besser zu betreuen,  Kon text für eine der rund 450 jähr-
hat  photoby&co  jetzt  auch  hierzulande  ein  Büro.  li chen Ravensburger-Neuerschei-
An sprechpartnerin in der Berliner Urbanstraße ist  nungen interessant sein, wie die 
Rosina  Bischur.  Zudem  hat  die  Agentur  sich  neu  verlegerische  Geschäftsführerin 
struk turiert. Unter dem alten Namen photoby wer- Anuschka Albertz erklärt. Ob der 
den Werbefotografen und Werbefilmmacher vertre- Illustrationswettbewerb  künftig 
ten, die 3D Artists findet man in einer neuen Abtei- jedes Jahr oder nur alle zwei Jah-  
lung, die sich analog/digital nennt. Beides kann man  re  stattfindet,  sei  derzeit  noch 
auf einer neuen Website genauer anschauen. nicht entschieden.  
↗ www.photoby.co ↗ www.ravensburger.de

 Logo mit Lücke
Mit  einem  frischen  Erscheinungsbild  und  einer 
gründ lich überarbeiteten Website wartet das renom-
mierte Fotomuseum Win terthur auf. Als Reaktion 
auf die endlose Veränderlichkeit der Fotografie im di-
gitalen Zeitalter ent wickelte Designer Simon Davies 
ein neues Logo mit Zwi schenraum, in den sich im-
mer wieder neue Inhalte einfügen lassen. 
Gleichzeitig wurde mit dem Informatikbüro syste-
mantics und dem Forschungskonsortium Data Futu-
res von der Londoner Universität Westminster ei nes 
der – wie Museumsdirektor Duncan Forbes er klärt – 
fortschrittlichsten Digital-Asset-Management-Syste-
me Europas erarbeitet, übrigens ausschließlich mit 
Open-Source-Technologie. Damit lässt sich über ei-
ne Suchfunktion auf die ganze Fülle an spannenden 
Inhalten zugreifen, die das Museum in Jahren ge-
sammelt hat – und die in Zukunft sicher noch dazu- PAGE Seminar »Bildrecht«. In unserem neuen Seminar erfahren Sie alles,
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page 05.16 055

Papier   Urwald tragen. 


Von der Opulenz tro-
pischer Regenwälder ließen sich Studierende an 
der Deutschen Meis ter schule für Mode in Mün-
chen zu experimentellen Kleiderentwürfen in-
spirieren – allesamt aus Papier. 5 bis 25 Bogen 
benötigte  ein  Modell,  der  italienische  Papier-
hersteller Fedrigoni stellte das Material zur Ver-
fügung. Da gab es perlmuttschimmernde Ober-
flächen,  geprägte  oder  strukturierte  Papiere, 
Karton mit Metalliceffekt, Papiere mit weicher 
Soft-Touch-Haptik oder durchgefärbte Sorten – zum Tragen definitiv zu 
schade. ↗  www.meisterschule-fuer-mode.de   Haptik & Kommuni-
kation. Mit der papierbar startet Geese Papier eine Social-Event-Reihe 
für Designer, Verlage und Druckereien in mehreren deutschen Städten. 
Das Motto lautet »Print ist haptische Hirnnahrung«, die nächsten Ter-
mine sind der 14. April in Leipzig (Gutenberg Verlag und Druckerei), der 
20. April in Hamburg (Museum der Arbeit) und der 28. April in Bremen 
(Medienhaven), jeweils ab 18 Uhr. ↗ www.geese-papier.de/#papierbar

 Bon appétit!
Metsä Board trägt dem Trend zu Take-away-Produk-
ten  und  Einzelportionen  im  Lebensmittelbereich 
Rechnung und bietet mit Carta Dedica einen Karton 
für die Herstellung von Tellern, Bechern, Schalen und 
Verpackungen an. Vier Varianten sind erhältlich: die 
ungestrichenen Sorten Carta Dedica Fresh und Fast 
für einen natürlicheren Look sowie die gestriche nen 
Sorten Fine und Firm, die durch sehr gute Bedruck-
ca
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barkeit  punkten.  Wer  aus  Carta  Dedica  gefertigte 


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Produkte gerne mal in die Hand nehmen möchte, 
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raster und papierformaten gibt’s hier:
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056 page 05.16 › NeUeS

Technik   Quark XPress 2016. Quark hat eine 


1

neue Version ihrer Design- und Layout-
software vorgestellt. Diese verfügt über eine erweiterte Import-Engine, 
die PDF-, Illustrator- und EPS-Dateien in native XPress-Objekte umwan-
deln kann. Damit stehen nach dem Import editierbare Bézierkurven der 
Vektorobjekte und bearbeitbarer Fließtext zur Verfügung, ebenso extra-
hierte Farben und Schriften. Außerdem lassen sich Assets aus einigen 
Pro grammen  direkt  per  Copy-and-paste  übernehmen.  Dazu  gehören 
Po wer Point, Illustrator sowie InDesign. Der Export bietet nun ein HTML5-
Aus gabeformat, das vor allem für E-Books mit anpassbarem Layout in-
teressant sein dürfte. Neu sind auch mehrstufige Farbverläufe, die sich 
numerisch oder per Maus anpassen lassen, sowie die Unterstützung von 
OpenType-Stylistic-Sets. Quark XPress 2016 soll im zweiten Quartal zum 
Preis von rund 1200 Euro erscheinen, XPress-2015-Kunden bezahlen für 
das Update circa 200 Euro. ↗  www.quark.com

 Prototyping mit Adobe 
Die auf der Adobe MAX als Project Co- CC gliedert sich in die Bereiche »De- von Buttons und anderen Elemen ten 
Per Maus met  angekündigte  Prototypingsoft- sign« und »Prototype«. Im »Design«- stehen  leistungsfähige  Vektor-  und 
lassen sich in ware ist jetzt unter dem Namen Adobe  Mo dus  gestaltet  man  die  Websites.  Text tools zur Verfügung. Fotos werden 
Experience
Experience Design CC bei den Anwen- Hierbei helfen mitgelieferte Templates  als Bitmaps eingebunden. 
Design CC Ver-
dern gelandet. Mit dem zunächst nur  sowohl  für  Mobilgeräte  als  auch  für  Der »Prototype«-Modus erlaubt es, 
knüpfungen
zwischen akti-
für  Mac  OS  X  erhältlichen  Tool  las-   Websites sowie UI-Kits für iOS, Google  die Verknüpfung zwischen aktiven Ele-
ven Elemen- sen sich ohne Programmierkenntnisse  Material und Windows. Zudem lassen  menten und den einzelnen Seiten her-
ten und dem App- und Webdesigns entwerfen und  sich eigene Assets aus Photoshop oder  zustellen – und zwar durch Zie hen der 
Ziel anlegen Prototypen testen. Experience Design  Illustrator integrieren. Zum Anlegen  Maus. Die Art der Aktion lässt sich im 
Kontextmenü definieren. Der Proto-
typ ist sofort in der Vorschau lauffähig, 
kann aber auch per Weblink geteilt wer-
den: Beim Export werden die Assets 
in die Creative Cloud geladen und ein 
Link  zum  Online-Pro totyp  erstellt, 
über den der Kunde die An wendung in 
seinem Browser aus pro bieren kann. 
Adobe  bezeichnet  das  CC-Abon-
nen  ten seit Mitte März zur Verfügung 
stehende  Experience  De sign  CC  für 
Mac OS X noch als Preview. Versionen 
für An droid, iOS und Windows sollen 
folgen. Letztere erhält dann einen spe-
ziellen Tablet-Modus für die Touchbe-
dienung etwa am Surface Pro.
↗www.adobe.de
page 05.16 057

Kurz vorgestellt
1 2 Breite Fotoqualität. Canon präsentiert aktuell 
zwei  Groß formatdrucker:  Der  imagePrograf  Pro-
2000 und der Pro-4000 arbeiten beide mit dem neuen 
12-Tinten-System mit den Lucia-Pro-Pigmenttinten. 
Next XPress Damit sind Fine-Art-Prints und Fotodruck in höchs-
PDF-, Illustrator-
ter Qua lität möglich. Neben Schwarz und Farbe gibt 
oder EPS-Dateien
es eine farblose Chromatinte, die für den ein heitli-
lassen sich in
Quark XPress 2016 chen Glanz bei Hochglanzmedien sorgen soll. Die 
nach dem Import Model le unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Druck-
weiterbearbeiten breite: Während der imagePrograf Pro-2000 bis zu 
22 Zoll breite Medien bedruckt, sind es beim image-
Prograf Pro-4000 bis zu 44 Zoll breite. Die neu en 
Feinste Prints Large-Format-Printer sollen ab Mitte 2016 verfüg-
Canons Großformat-
bar  sein,  die  Preise  waren  bei  Redaktionsschluss 
drucker imagePrograf
Pro-2000 arbeitet mit
noch nicht bekannt. ↗ www.canon.de
3 WD My Cloud EX2 Ultra. Western Digital hat 
zwölf Tinten
ei ne neue Version ihrer auf die Anforderungen von 
Kre ativen zugeschnittene Netzwerkfestplatte WD My 
Cloud  EX2  aufgelegt.  Mit  der  neuen  Bezeichnung 
»Ultra« kommt das 2-Bay-NAS – NAS steht für Net-
work Attached Storage – jetzt mit 1 Gigabyte Arbeits-
speicher (vorher 512 Megabyte) und mit einem etwas 
schnelleren 1,3-Gigahertz-Prozessor. WD bie tet das 
NAS wahlweise ohne Festplatte oder fertig bestückt 
mit jeweils zwei Platten aus der eigenen RED-Serie 
(für den 24/7-Einsatz) an. So sind Kapazitäten zwi-
schen 4 und 12 Terabyte möglich. Ohne Platten kos tet 
2 das My Cloud EX2 Ultra ungefähr 190 Euro, voll be-
stückt etwa 710 Euro.↗ www.dw.com/de
Neue Carla. Protonet aus Hamburg, Anbieter von 
Kleinstservern für Freiberufl er und mittelständische 
Speicher-Power
Unternehmer, stellt ein Update seines Serversys tems 
Das WD My Cloud EX2
Ultra soll mit seinem
Carla vor. Ausgerüstet mit dem Betriebssystem SOUL, 
1,3-Gigahertz-Prozes- eignet es sich für das Projektmanagement und die 
sor schneller als das Kollaboration von Teams mit bis zu 50 Mitgliedern. 
Vorgängermodell sein In der zweiten Generation arbeitet Carla mit bis zu 
3 8 Prozessorkernen, 128 Gigabyte Arbeitsspeicher und 
mit 5 Platten mit insgesamt 40 Terabyte Speicher-
platz. Dieser kann mit einer 256 Gigabyte großen SSD 
Mehr sehen gepuff ert werden. In der kleinsten Ausführung kos-
Der Ultrawide-Monitor
tet Carla circa 5600 Euro. ↗ www.protonet.de
34UM88 von LG stellt
4 Breitbild und 4K. LG stellt mehrere neue Mo-
auf Wunsch zwei Bilder
nebeneinander dar nito re mit blickwinkelstabilem IPS-Panel vor. Inte-
ressant für Layout und Bildbearbeitung dürft e der 
hard ware kalibrierbare 27UD88-W sein, der mit sei-
nem Preis von knapp 700 Euro zudem recht günstig 
ist. Das 4K-Display löst 3840 mal 2160 Bildpunkte 
auf 27 Zoll auf und besitzt neben HDMI-Anschluss 
und DisplayPort auch eine USB-C-Schnittstelle. Wer 
als  Webdesigner  oder  Developer  meh rere  Fenster 
auch von unterschiedlichen Signal quellen gleich zei-
tig darstellen möchte, ist mit dem etwas teureren 
Ultrawide-Monitor 34UM88 (etwa 760 Euro) gut be-
dient. Er lässt sich über Thunderbolt anschließen 
und dient dann zugleich als USB-Dock. Ein KVM-
4 Switch zum Anschluss von Maus und Tastatur an zwei 
Rechner (auch Mac OS und Windows gemischt) ist 
integriert. ↗ www.lg.com/de ml
058 page 05.16 › NeUeS

Publikationen
1  »Design Origin: France«. Gibt es im Zeitalter der Globalisierung über­
haupt noch Unterschiede zwischen Grafikdesign aus – sagen wir – Frank­
reich, Deutschland und Japan? Eine Frage, die wir demnächst genauer
beantworten können, denn der international bestens vernetzte Verlag
viction:ary von Victor Cheung startet mit »Design Origin« eine neue Rei­
he, die jeweils dem Design eines Landes gewidmet ist. Den Anfang macht
Frankreich – und siehe da, das bringt schon einige Erkenntnisse. Erstens:
Zwar ließe sich selten über eine einzelne Kreation eindeu­
tig sagen, dass sie aus Frankreich kommt. Dass das Land
aber eine Hochburg der Künste und der Luxusmode ist,
prägt auch das Grafikdesign. Vor allem fantasievoll­avant­
gardistische Bildwelten und verspielt­experimentelle Typo
fallen immer wieder auf. Zweitens: Am hartnäckigen Ge­
Design Origin: France.
Designs in France rücht, Frankreich hinke in Sachen Grafikdesign irgendwie
Today. Hongkong
(viction:ary) 2016, hinterher, ist nichts dran. Die Arbeiten der 42 vorgestell­
256 Seiten. 40 Dollar.
ISBN 978-988-13204-4-5 ten Gestalter sind beeindruckend.

2  »Beyond Belief«.  Wohl kein Energiekonzern würde

heute mit dem Bild eines Alaska­Gletschers und dem


Satz werben: »Jeden Tag liefern wir genug Energie, um
7 Millionen Tonnen Gletschereis zu schmelzen.« Doch
1962 beeindruckte so was. Auch Zigarettenwerbung sah
mal deutlich anders aus: So verkündete eine Anzeige
1950, Camel sei die Lieblingszigarette von 100 000 ame­
rikanischen Ärzten – einschließlich HNO­Spezialisten.
Und Marlboro fuhr eine Kampagne mit sprechenden Ba­
bys, die ihre Eltern zum genüsslichen Rauchen aufforder­
ten. Ein weitverbreitetes Genre war auch Drohreklame für
Charles Saatchi:
Frauen. Nach dem Motto: Ohne Listerine­Mundwasser
Beyond Belief. Racist,
wirst du als alte Jungfer enden, wer Lysol­Intimdesinfek­
Sexist, Rude, Crude
tionsmittel nicht nutzt, riskiert eine Ehetragödie. Und
and Dishonest. The
ist dann selbst schuld.
Golden Age of Madison
Ex­Werbepapst Charles Saatchi hat solche und viele
Avenue. London
andere krude Absonderlichkeiten zusammengetragen
(Booth-Clibborn) 2015,
und mit einem unterhaltsamen, aber keineswegs ober­
304 Seiten. 25 pfund.
flächlichen Text kommentiert. Wirklich unglaublich aus Silvester in Köln?
ISBN 978-1-86154-372-1
heutiger Sicht. Vor allem als Frau ist man nach der Lektü­ Nein, Werbung für Hosen der Marke
re froh, dass die Ära der »Mad Men« vorbei ist. Broomsticks in einer »GQ« von 1967
page 05.16 059

1
Designed in France
Modefotografie und Digital
Imaging gehören zu
den Leidenschaften von Art-
direktorin Justine
Thouvenin aus Paris
( h
  ttp://justinethouvenin.com ) 
060 page 05.16 › NeUeS › publikationen

Was wir fragen wollten


Andreas Dölling, Webentwickler aus
Dortmund und mit Dirk Hesse Autor von
3 »Feinbaum. Und andere Geschichten«

Wie kommt es, dass ein Webentwickler


und ein Webdesigner sich zur Literatur
berufen fühlen? 3
Andreas Dölling: Wenn wir zusammensitzen, er­
Andreas Dölling, Dirk Hesse: Feinbaum. Und andere
zählen wir uns oft Geschichten, die wir gern auch
Geschichten. Dortmund (eigenverlag) 2015, 211 Seiten.
weiterspinnen. Dabei fiel uns auf, dass anders als
16,90 euro. Bestellungen über  www.feinbaum.net  
bei Ärzten, Anwälten oder Priestern die Webbran­
che literarisch noch gar nicht aufgearbeitet ist.
So entstand die Idee zu einem Kurzgeschichten­
buch. Diese Form ist perfekt, um ganz verschie­
dene Texte auszuprobieren, von absurd­grotesk
bis ernst oder fast dramatisch.
Digital lesen
Haben Sie und Dirk Hesse die Dinge selbst Literarische Expe-
erlebt, die Sie erzählen? rimente präsen-
tiert das Google
Zum Glück nicht, viele Geschichten gehen nicht
Creative Lab ab
gerade gut aus! Natürlich spielen reale Gegeben­
sofort mit der Reihe
heiten mit hinein, die Erzählung »Regen« von »Editions at Play«
Dirk etwa wirkt wie aus dem Alltag eines Webde­
signers. Absurder ist »3H«, wo ich mir ausgemalt
7
habe, wie es wäre, wenn man statt Köchen bei
einer Kochshow Webentwicklern im TV über die
Schulter schauen könnte. Andere Erzählungen
verbinden die nüchterne Webbranche mit der un­
heimlichen Atmosphäre von Klassikern wie Ed­
gar Allan Poe oder H. P. Lovecraft.
6
Das Buchdesign wirkt sehr bibliophil.
Statt ein E­Book wurde es ein Hardcover im ge­
prägten Leineneinband mit Banderole. Wofür Ju­
dith Anna Rüther gesorgt hat, eine befreundete
Designerin, die auch mit unserem Humor gleich
etwas anfangen konnte.

Ja, Ironie ist öfters anzutreffen.


Mal machen wir uns über unsere Branche ein
bisschen lustig, mal äußern wir uns ganz uniro­
nisch über Dinge, die uns stören. Beispielsweise
über den Begriff User, der aus den Gästen von
Websites fast einen zu verwertenden Rohstoff
macht. Oder über den Druck, der teils in der Bran­
che herrscht. Anderswo geht es auf der Humor­
skala deutlich nach oben, wie beim Gedicht ganz
am Ende, der »Moritat vom Tod am Rechner«.

Eine überraschende Kriminalgeschichte.


Die aber ganz klassisch mit einer Moral von der
Geschicht endet.
page 05.16 061

Publishing-News
4 Weißensee.  Berlin (weißensee kunsthoch-

schule berlin) 2015, 160 Seiten. 3 euro. 978-3-


9816991-1-1. Für alle, die noch nicht wissen, wo sie
studieren sollen: Mit vielen inspirierenden Fotos aus
dem kreativen Alltag informiert dieses von milch­
hof:atelier gestaltete Buch über die traditionsreiche
Fotos: Franziska Libuda

Berliner Kunsthochschule.
Institut für immersive Medien (ifim) der Fach­
hochschule Kiel (Hrsg.): Jahrbuch immersiver Me­
dien 2015. Die mediatisierte Gesellschaft: Le ben 
und arbeiten mit immersiven Medien. Marburg
(Schüren Verlag) 2016, 120 Seiten. 19,90 euro.
4 978-3-89472-714-7. Mehr über das schon seit 2011
erscheinende Annual läßt sich auf www.immersive­
medien.de erfahren.
Jons  Messedat:  Retail  Design  International. 
Stuttgart (av edition) 2016, 240 Seiten. 69 euro.
978-3-89986-237-9. Der Stuttgarter Verlag av edi­
tion, für Messe­ und Eventdesign­Annuals bekannt,
präsentiert nun auch eine neue Jahrbuchreihe zum
Thema Shopdesign. Über 50 aktuelle Best­Practice­
Beispiele sind enthalten.
5 Klaus  Klemp,  Friedrich  Friedl,  Peter  Zizka, 
Studieren in Weißensee Matthias Wagner K (Hrsg.): Alles neu! 100 Jahre 
Zusammengeklappt wird aus
Neue Typografie und Neue Grafik in Frankfurt am 
diesem Buch eine witzige Tasche
Main. Stuttgart (av edition) 2016, 300 Seiten.
39 euro. 978-3-89986-246-1. Wunderbares Buch
Neue Typografie zur Ausstellung, die bis 21. August im Frankfurter
Um 1930 entstanden diese Initialen Museum Angewandte Kunst läuft.
5 von Max Bittrof, zu sehen in der
Ausstellung »Alles neu!« in Frankfurt
6Theo­Mass Lexileictous et al. (Eds.): Other­
wordly. Avant­Garde Fashion and Style. Berlin
(gestalten) 2016, 256 Seiten. 44 euro. 978-3-
89955-638-4. Der modischen Fantasie sind heute
keine Grenzen gesetzt. Fashion­Designer verwan­
Modefantasien deln ihre Models mit Masken, Panzern oder schwe­
Ganz links Headwear von
benden Konstruktionen (gern auch im 3D­Druck her­
Dinu Bodiciu aus London,
daneben eine Kreation des gestellt) in Wesen aus anderen Welten. Und wem das
zypriotischen Designers nicht reicht, der kreiert seine modischen Mutanten
Theo-Mass Lexileictous einfach aus Pixeln. Einige der fantastischsten Out­
fits sind hier zu sehen.
7 Editions At Play. Experimente mit neuartigen

Leseerfahrungen sind das Spezialgebiet von Visual


Editions aus London. Jetzt hat der Verlag zusammen
mit dem Google Creative Lab Sydney einen Online­
Buchladen für nicht druckbare Bücher gestartet. Ei­
ner der ersten Titel: eine labyrinthische Liebesge­
schichte von Reif Larsen, erzählt in Google Street
View. Jede der für iOS und Android angebotenen Pu­
blikationen wird auf einer eigenen HTML­Website
gehostet. ↗ www.editionsatplay.com cg

Publikationen. Weitere Buchempfehlungen


für Kreative in Design und Development lesen
Sie auf ↗  www.page-online.de/buecher  

PAGE eDossiers. Unsere eDossiers zu Themen


rund um den kreativen Berufsalltag gibt es
unter ↗  http://shop.page-online.de/downloads  
062 page 05.16

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Projekt Corporate Design und Leitsystem für den
Coworking Space the Working Capitol, Singapur
↗ www.theworkingcapitol.com  
kunde the Bamboo Group ↗ www.thebamboogroup.com
Agentur Foreign Design Policy Group, Singapur
↗ www.foreignpolicydesign.com
tools Adobe Illustrator, Holzschnitt, Stencil, Schablone,
Pinsel, Cutter, klebefolie, Winkel, Linienwerkzeuge
ZeitrAum Februar bis oktober 2015

Projekte
page 05.16 063

Meet
Euklid
Gemorpht, unter Treppenstufen geschraubt – und in 3D: Mit
einem außergewöhnlichen Leitsystem führt Foreign Policy Design
Group durch einen verwinkelten Coworking Space in Singapur
064 page 05.16 › projekte › Leitsystem & CD für the Working Capitol

● In strahlendem Weiß, schlicht und elegant, thront


der Kolonialbau AIA Tanjong Pagar in Singapurs histori­
scher Chinatown. Als traditionelles südostasiatisches
Shophouse 1920 erbaut, in dem im Erdgeschoss Ge­
schäftsräume lagen und im Stockwerk darüber Wohnun­
gen. In einem der Läden residierte einst die mächtige
AIA­Versicherungsgruppe. Heute ist das Gebäude um­
geben von hippen Restaurants und Cafés; eBay, PayPal
und andere Tech­Firmen sind ganz in der Nähe.
Ein idealer Ort also, um darin einen Coworking Space
Yah-Leng Yu und Arthur Chin
von Foreign Policy Design
zu eröffnen, der Start­ups und andere Entrepreneure zu
Group konnten es gar nicht weit mehr als zum Arbeiten einlädt. The Working Capitol
erwarten, das ikonische soll ein kreatives Zentrum sein, in dem man sich aus­
Gebäude zum ersten Mal zu tauscht, im Café, beim Talk oder Filmscreening aufeinan­
betreten, liefen es immer dertrifft – und eher das Lebensgefühl eines Soho House
wieder ab – und entwickelten verströmt als das eines schnöden Büros. Um diesem An­
schließlich ein Leitsystem,
spruch ein Gesicht zu geben, beauftragte The Bamboo
dem keine Grenzen gesetzt
Group, eine Investorengruppe im Immobilienbereich,
sind, das als Skulptur
erscheint und von der Decke Yah­Leng Yu und Arthur Chin mit ihrem Studio Foreign
baumelt oder einfach auf Policy erst mit dem Corporate Design und dann mit einem
Wand und Boden gemalt ist Leitsystem, das durch das ehemalige Shophouse führt.

Die drei Säulen des Brandings


Bekannt für ihre farbenfrohen und typografisch gepräg­
ten Identities, für handgemachtes Retrodesign und eine
gewisse, coole Sleekness, hat Foreign Policy sich bei der
Entwicklung des Erscheinungsbilds von den drei Beson­
derheiten des Coworking Space inspirieren lassen: von
der geschichtsträchtigen Architektur der Räumlichkei­
ten, dem modernen Lebensstil, der dort propagiert wird,
und dem Community­Gedanken, der den Austausch zwi­
schen den verschiedenen Disziplinen fördern soll.
Für die Designer allesamt Eigenschaften, die sich auf
immer neue Weise formieren können – und Yah­Leng
Yu und Arthur Chin in die Antike zurückführten: zu den
Grundsätzen des griechischen Mathematikers Euklid,
der im 3. Jahrhundert vor Christus erstmals versuchte, ele­
mentare Prinzipien der Geometrie zu formulieren. Dabei
legte er die Eigenschaften von Punkt und Gerade fest,
definierte Kreis, Winkel und Schnitte und die Grundla­
gen der Zwei­ und Dreidimensionalität.
Basierend auf der euklidischen Geometrie, entwickel­
te Foreign Policy ein flexibles Corporate Design, in des­
page 05.16 065

sen Zentrum zwei ineinandergefügte Krei­ gemacht, was er wollte: an­ und umge­
se stehen, die von zwei Geraden durchzo­ baut, Kammern eingefügt und Wände
gen sind. In der Geschäftsausstattung, auf durchbrochen. So wirkt es heute wie ein
den Visitenkarten und auch auf der Web­ großes Labyrinth mit unerwarteten Ab­
site werden diese Grundformen perma­ zweigungen, Nischen und Treppen und
nent wieder variiert, mit Punkten oder ka­ überraschenden Gängen, in denen man
riertem Mathematikpapier unterlegt, von schnell die Orientierung verliert.
gestrichelten Linien gekreuzt oder far­ Immer und immer wieder sind Yah­
bigen Dreiecken flankiert. Alles Gestal­ Leng Yu und Arthur Chin die Gänge abge­
tungselemente, die sie schließlich auch laufen, haben ausprobiert, welche Wege
auf das Leitsystem anwendeten. die Kreativen in dem Coworking Space zu­
rücklegen, an welchen Stellen sie hadern
Weg durchs Labyrinth könnten und wie sie sich am elegantesten
Schon oft waren die Designer an dem iko­ und abwechslungsreichstem durch das
nischen Gebäude vorbeigelaufen und als Gebäude leiten ließen – zu den Arbeits­
sie es endlich betreten durften, waren sie bereichen, den privaten Telefonboxen,
überrascht, wie riesig der Komplex von in­ den Duschen, den Vorführräumen, dem
nen war – und wie verwinkelt. Einst wa­ Postservice oder in den Biergarten. Aus­
ren darin im Grunde ganze fünf Shop­ gehend von geometrischen Konstruktio­
houses untergebracht, erzählt Yah­Leng nen Euklids, entwickelten Yah­Leng Yu
Yu, und jeder der Mieter hat so ziemlich und Arthur Chin ein Leitsystem, das
066 page 04.16 › projekte › erscheinungsbild Magnus & Magnus

Wie das Leitsystem zitiert auch die


visuelle Identität, die Foreign
Policy zuvor für the Working Capital
gestaltet hatte, die geometri-
schen Grundsätze von euklid. Die
Formen finden sich in zahlreichen
Variationen in dem Gebäude wieder
page 05.16 067

2D und 3D verbindet, dabei so ungewöhnlich wie das


Gebäude selbst ist und immer wieder auf dessen Archi­
tektur Bezug nimmt.

Leitsystem als Skulptur


Hängen andere Leitsysteme einfach unter der Decke oder
brav an der Wand, werden sie im Working Capitol ge­
morpht, verwandeln sich in Skulpturen und weisen einem
an durchaus verblüffenden Orten den Weg. An der Unter­
seite einer Treppe zeigen sie, wohin die Stufen darüber
führen, nämlich zu den Arbeitsplätzen (»Workdesks«),
dem Gemeinschaftsraum (»The Commons«) oder in den
Biergarten. Und das alles ist mit Pfeilen und perspekti­
visch gezeichneten Türen, Stühlen und Tischen versehen.
Weiße Linien auf dem Betonboden führen zu Schließfä­
chern und Arbeitsinseln (»Workspots«), während der
dazugehörige Pfeil sich weiter den Treppenabsatz hinun­
terschlängelt und dabei in leuchtendes Blau übergeht.
Und manchmal sind die Schilder riesengroß und ein­
fach lässig an die Mauer gelehnt. Auf Glaswänden brachte
Foreign Policy zudem Logovariationen mit durchbroche­
nen Linien und Angaben wie »A2« an, die an Architektur­
zeichnungen erinnern, ließ in Eichenholz stilisierte Um­ Nice-to-must-have.
kleideschränke und Papierbögen als kleine Reliefs anfer­
tigen, die auf verschiedene Aufbewahrungsorte deuten,
und verwandelte den Hinweis auf die Damentoilette in ei­
ne hölzerne 3D­Skulptur aus Kreis und elegantem Drei­
eck. Auch baumelt mitunter ein Miniaturstuhl, pur aus ein
paar Balken gefertigt, von der Decke, um auf Arbeitsplät­
ze zu verweisen, führen aufgemalte Sprüche wie »We’ve
saved you a seat« in schlichter serifenloser Schrift zum
Gemeinschaftsraum, während der Weg zum Biergarten
schon mal mit einem »Bottoms Up«, »Prost!« versehen ist.
Vor der ungewöhnlichen Komplexität des Leitsystems
schreckte Foreign Policy an keiner Stelle zurück, flankiert
die Informationen auf den Schildern mit 3D­Zeichnun­
gen von Treppenstufen und Büromöbeln und schafft mit
zusätzlichen Hinweisen wie »This way to . . .«, »Upstairs
to« oder »First around the corner« Klarheit. So abwechs­
lungsreich wie die Wegführung sind auch die Materia­
lien, die von Holz, Plastik zu Metall und Furnier reichen,
dazu wurde mit diversen Pastellfarben und in leuchten­
dem Gelb und Königsblau gemalt und noch buntes Klebe­
band angebracht. Hier ist der Weg das Ziel und Euklid,
der die Unendlichkeit geometrischer Variation postu­
Ein Magazin der Verlagsgruppe Ebner Ulm · www.ebnerverlag.de

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Im Innern dieses traditionsreichen Shophouse in Singapur findet


sich der neu eröffnete Coworking Space the Working Capitol
068 page 05.16 › projekte › retro-Future-kalender

Das August-Blatt
zeigt eine Szene aus
der Weltraumoper
»The Stylepark of Space«.
Der November präsen-
tiert eine Illustration
zu »The Moon Men« von
Frank Brueckel
page 05.16 069

CMY no K
den Kalender »willkommen in der Zukunft« wollte die Agentur Q
in knackigen Farben, aber ohne Schwarz gedruckt haben – wie
vor 85 Jahren üblich. Bis alle Beteiligten vom ergebnis begeistert
waren, brauchte es allerdings einige Andrucke
070 page 05.16 › projekte › retro-Future-kalender

Auch ohne Schwarz


die Tiefe in den Motiven
zu erhalten, verlangte
den Lithografen Josef
Hörst (links) und
Thomas Conrad bei
Volkhardt Caruna
Medien einiges ab

Akribisch vergleichen
die Geschäftsführer
der beteiligten Agentu-
ren die Druckbogen
mit den alten Covern.
Von links: Michael
Panzer von Volkhardt
Caruna Medien, Thilo
von Debschitz von
Q sowie Claus Seitz von
Komminform und
Q-Partner Matthias Frey

1 2
page 05.16 071

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
PROJEKT Gestaltung und Herstellung eines großformatigen
Kalenders im Dreifarbdruck
BETEILIGTE PARTNER Idee und Gestaltung: Q Kreativgesell-
schaft, Wiesbaden ↗  www.q-home.de; Litho und Druck:
Volkhardt Caruna Medien, Amorbach ↗  www.vc-medien.de;
MitMAchen
Produktionsberatung: Komminform, Miltenberg und gewinnen!
↗  www.komminform.de; Buchbindearbeiten: SYGO, Hanau Unter allen Lesern, die uns
↗  www.sygo.de; Papier: Antalis, Frechen ↗  www.antalis.de; bis zum 3. Mai 2016 unter
Übersetzung: Q LTD, Ann Arbor ↗  http://qltd.com www.page-online.de/q-kalender
TEchNIK Photoshop CC, InDesign, Acrobat Pro sowie ihre Zukunftsutopie ver-
die Prinect-PrePress-Programme Cockpit und raten, verlosen wir fünf
Signa Station, der Belichter Fuji Luxel T9000 CTP II und Kalender. Der Rechtsweg ist
die Bogenoffsetmaschine KBA Rapida 105 ausgeschlossen.
AUFLAGE 1500 Stück
ZEITRAUM Januar bis Dezember 2015

● Ungläubig schaute Josef Paul Foit, als das Team Charakteristisch für die
der Designagentur Q mit dieser Idee vor ihm stand: Coverillustrationen
Sie wollten einen Kalender im Dreifarbdruck produ­ von Frank R. Paul ist der
zieren – also ohne Schwarz. Ein spontanes »Das dramatische und detail-
genaue Darstellungsstil
geht nicht!« schluckte der Geschäftsführer von Volk­
mit Robotern, Raum-
hardt Caruna Medien herunter, schließlich hatte er
schiffen und eindrucks-
mit den Wiesbadener Kreativen schon mehrmals un­ vollen Zukunftsstädten.
gewöhnliche Projekte realisiert. Allerdings stellte er Aus der Zeit von 1926
Q­Geschäftsführer Thilo von Debschitz die Frage, bis 1929 stammen die
wie er auf diese schräge Idee gekommen war – und Titel von »Amazing
bekam eine längere Geschichte zu hören. Stories«, das von dem
gebürtigen Luxem-
Visuelle Archäologie burger Hugo Gernsback
(eigentlich Gernsbach)
Thilo von Debschitz hat Spaß an alten Geschichten, herausgegeben wurde.
das bewies bereits sein Buch über den Berliner Arzt Gernsback gilt als
und Wissenschaftsautor Fritz Kahn ( www.fritz­ der Erfinder des Begriffs
kahn.com/de). Als er nun zufällig auf die Arbeiten Science-Fiction
von Frank R. Paul stieß, der in den 1920er und 1930er
Jahren Cover für die ersten amerikanischen Science­
Fiction­Hefte illustriert hatte, war er gleich Feuer
und Flamme – ohne selbst Fan dieses Genres zu sein.
»Mich faszinierte die Ambivalenz der Abbildungen,
die das beginnende 20. Jahrhundert spiegeln und
gleichzeitig Zukunftsvisionen wie Raumstationen,
fliegende Untertassen und Handys visualisieren.«
Für einen Kalender, der selbst in Vergangenheit und
Zukunft weist und als Q­Jahresgabe für Kunden und
Freunde geplant war, schienen Frank R. Pauls Zeich­
nungen daher ganz wunderbare Motive zu sein.
Zunächst galt es die Bildrechte zu klären, denn der
gebürtige Österreicher Paul, der 1906 in die USA emi­
grierte, ist noch keine 70 Jahre tot (1884–1963). In New
Mexico trieb Thilo von Debschitz einen begeisterten
Enkel auf, der sich nur ein paar Kalender als Kompen­
sation ausbat. Mittlerweile war das gesamte Q­Team
vom Paul­Virus befallen und machte sich, da die Ori­ 1 Auch die Schrift

ginalillustrationen nicht mehr existierten, bei eBay kommt ohne Schwarz aus.
und in Antiquariaten auf die Suche nach Originalaus­ Hier kann man sehen,
aus welchen Farben sie
gaben der »Amazing Stories«, »Wonder Stories« und
sich zusammensetzt
»Air Wonder Stories«. Immer mehr Hefte, meist mit
Eselsohren und anderen Gebrauchsspuren, versam­ 2 In diesem Arbeitsschritt

melten sich auf von Debschitz’ Schreibtisch und ver­ rechnen die Lithografen
strömten einen Geruch der Vergangenheit. den Schwarzkanal heraus
072 page 05.16 › projekte › retro-Future-kalender

Bei zwei Ausgaben, deren Motive die Kreativen xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx der durch«, sagt Josef Paul Foit. Die Unterschiede
unbedingt zeigen wollten, half ein Sammler aus Lon­ waren eklatant: Auf dem ungestrichenen – und et­
don. Nach anfänglichem Zögern war er bereit, seine »was unter was weniger auch auf dem teilweise gestrichenen
Magazine zum Scannen nach Deutschland auszu­ dem Strich Papier – war das Motiv im 100er Raster zugelaufen
leihen. »Spuren der Vergänglichkeit wie Falten, Post­
des Papiers und nicht ausreichend differenziert. Das 60er Ras­
ter sah auf dem Naturpapier zwar besser, aber im­
stempel, Klebestreifen oder Risse haben wir bei der
reprografischen Wiedergabe bewusst belassen – sie ist, hat kaum mer noch etwas flau aus.
bilden einen spannenden Kontrast zu den kühnen bis keinen Am knackigsten zeigte sich das 100er Raster auf
Zukunftsentwürfen Pauls«, erzählt von Debschitz. einfluss auf der gestrichenen Sorte, wie von Westenberger vorher­
Bei seiner Recherche stieß er auch auf die Informa­
tion, dass die Cover aus Kostengründen dreifarbig
das druck- gesagt. Weil der Kalender als Wandschmuck optisch
überzeugen sollte, entschied sich das Projektteam
produziert worden waren. Er holte den Fadenzähler ergebnis, für das Material Satimat Green in 250 Gramm, be­
raus – und tatsächlich: Die farbigen Umschläge hat­ deshalb kann druckt im 100er Raster. Die seidenmatt gestrichene
te man ohne Schwarz gedruckt! man ohne Sorte besteht zu 40 Prozent aus Frisch­ und zu 60 Pro­

die Kunst, Schwarz zu ersetzen weiteres zent aus Recyclingfasern. »Der Strich gibt dem Ras­
terpunkt Halt und Festigkeit, eine exakte Geome­
Als der Science­Fiction­Fan Josef Paul Foit diese Papiere mit trie«, erklärt Josef Paul Foit. »Was unter dem Strich
Geschichte gehört hatte, waren seine Bedenken ver­ hohem ist, hat kaum bis keinen Einfluss auf das Druckergeb­
schwunden: »Plötzlich stand eine historische Dimen­ Recycling- nis, deshalb kann man ohne Weiteres Papiere mit
sion im Raum. Wir erinnerten uns an unsere Tradi­ hohem Recyclinganteil wählen.«
tionen und fanden die Idee reizvoll, alle komfortab­
anteil
len Automatismen der Jetztzeit zu deaktivieren und wählen« Storys in Bild und text
trotzdem so gute Ergebnisse zu erzielen wie die Alt­ Josef Paul Foit, Q entschied sich bewusst gegen ein DIN­ und statt­
vorderen. ›Willkommen in der Vergangenheit!‹ – Geschäftsführer dessen für das Bogenformat von 72 mal 102 Zenti­
quasi als Kontrapunkt zum Kalendermotto.« von Volkhardt metern. So passten zwei Motive bei optimaler Mate­
Wie aber erzielt man überhaupt farbstarke, kna­ Caruna Medien rialausnutzung auf jede Druckform. Außer bei den
ckige Abbildungen, wenn ein Scan die Bilddaten in Kosten der Verpackung – die beim Versand der Exem­
RGB erfasst und profilgesteuert in den druckspe­ plare für den Paul­Enkel in New Mexico heftig zu
zifischen CMYK­Farbraum umwandelt? Nicht, in­ Buche schlugen – sprach nichts für ein DIN­For­
dem man den Schwarzkanal einfach abschaltet. Das mat, im Gegenteil: Auffälliger ist ein Format, mit
erste CMY­Ergebnis war flau und langweilig – nicht dem unser Alltagsauge nicht so vertraut ist.
verwunderlich, denn durch das Fehlen des Schwarz­ Viel zu schade ist es, die zwölf Motive lediglich
kanals hatte man die Tiefe komplett eliminiert. »Erst einen Monat lang zu betrachten. Deshalb befindet
durch Ausnutzung der gesamten Photoshop­Tool­ sich das dezente Kalendarium oberhalb einer Mikro­
Palette und des Expertenwissens unserer Lithogra­ perforation. So lassen sich die Blätter leicht abtren­
fen, die die Schwarzanteile selektiv durch Buntauf­ nen und als Poster verwenden. Die Monatsangaben
bau mit besonderer Gradationsanpassung ersetzten, auf den alten Magazintiteln sind den Monaten des
gelang es, den Kreativen von Q ein zufriedenes ›Ah!‹ Jahres 2016 zugeordnet. Und wer sich fragt, was die
zu entlocken«, berichtet Josef Paul Foit stolz. Die kuriosen Bilder eigentlich für Geschichten erzäh­
Repro war also gelungen, auf dem Screen sahen die len, muss das Blatt nur anheben: Auf den Rückseiten
Motive perfekt aus. kann man eine Zusammenfassung der Geschichte
zur jeweiligen Illustration nachlesen. Bei der eng­
Vom Bildschirm aufs Papier lischen Übersetzung half Qs Partneragentur Q LTD
Noch war das Ganze allerdings nicht gedruckt. Groß­ in Ann Arbor, Michigan.
händler Antalis stellte unterschiedliche Papiere zur Gleichzeitig staunen und schmunzeln muss, wer
Verfügung – gestrichene, leicht gestrichene und Na­ sich in die irrwitzigen Illustrationen vertieft. Der Ka­
turpapiere –, so konnte das Team bei Volkhardt Ca­ lender begeistert aber nicht nur durch Szenen einer
runa Medien erste Andrucke fertigen. Detlef Wes­ vor 80 Jahren erfundenen Zukunft, sondern auch
tenberger von der beratenden Produktionsagentur durch seine eigentümliche Farbwirkung und die Spu­
Komminform riet, es mit der Rasterweite 100 zu ren der Vergänglichkeit, die uns in eine andere Zeit
versuchen, obwohl bei Naturpapier aller Erfahrung katapultieren. Darüber hinaus zeigt er, was entste­
nach 54 bis maximal 60 Linien angezeigt sind. Denn hen kann, wenn Kreative, Drucker, Produktioner
der Punktzuwachs, ganz speziell im Mittelton, ist Seit 15 jahren wartet und Papierhersteller an einem Strang ziehen. Die
bei Naturpapier deutlich größer als bei gestriche­ Antje dohmann darauf, kürzlich erhaltene Auszeichnung beim gregor inter­
nen Sorten. Bei feineren Rastern laufen die Motive ihr sorgsam gehütetes national calendar award in der (eigens für diesen
daher schnell zu. weißes taschentuch Kalender erfundenen?) Kategorie »Retrospektive
zu zücken, um ihrem mit
»Um beide Rasterweiten, 60 und 100, auf einer Drucktechnik« ist eine schöne Bestätigung. Kaufen
raketenantrieb
Druckplatte zu haben, belichteten wir diese zweimal abhebenden Mann kann man den Kalender leider nicht – vielleicht
hintereinander mit demselben Motiv und druckten zu winken – können wir Q überreden, ihn für 2017 noch einmal
die verschiedenen Papiere in ›CMY no K‹ nacheinan­ bisher vergeblich neu aufzulegen. ant
page 02.14 073
anzeIge

pRaXIS
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Leitmedium
Design
Fallbeispiele &
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Das erfolgsseminar
Design«
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führender Gesellschafter von Strichpunkt, ist Sie richtig zu definieren, zu prägen und zu gestalten, ist deshalb eine der
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Design. Er war acht Jahre Vorstandsmitglied Designer müssen für diese Herausforderung umfassend gewappnet
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Strichpunkt steht für hochwertige Marken- und richtige Markenstory entwickeln und auf gestalterischer Ebene überzeugende
Unternehmenskommunikation im Print-, Online- und einzigartige Lösungen finden, die in allen Kommunikationskanälen
und 3D-Bereich, hat mehr als 700 internationale konsistent funktionieren. All das müssen sie am Ende auch noch so präsen­
Preise gewonnen und ist seit Jahren in den Top Ten tieren, dass ihr Kunde die Beratungs­ und Designleistungen als objektiv
des page Kreativrankings vertreten. Jochen richtig erleben und bewerten kann und es nicht zu geschmäcklerischen
Rädeker verfügt mit seinen arbeiten für Unterneh- Entscheidungen am Küchentisch kommt.
men von adidas bis WMF, von audi über Vorwerk
bis zu Kulturfestivals, Schauspiel und Oper über Jochen Rädeker erläutert im PAGE Workshop »Leitmedium Design«
einen immensen erfahrungsschatz in Sachen sinnvolle Wege und Verfahren für eine nachvollziehbare Marken­
Konzeption und Umsetzung komplexer Designstra- positionierung. Er belegt anhand konkreter Praxisbeispiele – vom
tegien – von der Imagebroschüre bis zur Werbe- Start­up bis zum Weltkonzern –, wie man mit Marken berührende
kampagne, vom Online- bis zum Messeauftritt. und begeisternde Geschichten entwickeln und visuell erzählen kann.
Schließlich gibt er Tipps für erfolgreiche Pitches und Präsentations­
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4 Überzeugen: Die Präsentation. aufgrund der auf 20 personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die anmeldungen in
Tipps und Tricks für zielführende pitches und der Reihenfolge der eingänge der zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der anmeldung
an. Sie ist sofort nach erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne abzug zu überweisen.
präsentationen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
074 PAGE 05.16 › PROJEKTE › Visual Customizer für Ruff Cycles

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
PROJEKT Entwicklung eines Visual Customizer und seine
Einbindung in die bestehende Website
KUNDE Ruff Cycles, Regensburg ↗  www.ruff-cycles.com
AGENTUR Taikonauten, Berlin ↗  www.taikonauten.com
TECHNIK HTML5, CSS, JavaScript, WebGL, pixi.js
ZEITRAUM November 2014 bis November 2015

Um das Fahrrad und die


Interface-Elemente
auf dem Smartphone
größtmöglich abzubil-
den, sind sie vertikal
angeordnet, die Punkt-
navigation signalisiert
weitere Inhalte, einen
Landscape-Modus gibt
es nicht. Der identi-
sche Aufbau des Inter-
faces auf Smartphone
und Desktop garantiert
eine stringente
User Experience
PAGE 05.16 075

Das Rad
neu erfunden
Für Ruff Cycles, Hersteller individueller Chopper-Bikes aus Regensburg,
entwickelte die Digitalagentur Taikonauten einen Online-Konfigurator,
mit dem Kunden ihr Wunschfahrrad nahezu lebensecht zusammenklicken
können – ein Auftrag im Dienste ausgeklügelter Usability
076 PAGE 05.16 › PROJEKTE › Visual Customizer für Ruff Cycles

3
PAGE 05.16 077

● Für Kreativdirektor und Taikonauten-Partner Jo- 1 So sah die erste Vision tet«, sagt Jonas Lempa. »Der erste Wurf erinnerte
nas Lempa fühlte es sich an wie ein Déjà-vu. Die Di- des Customizers für Ruff schon stark an angesagte Games wie ›Grand Theft
gitalagentur aus Berlin hat schon so einige Konfigu- Cycles aus. Taikonauten Auto‹ oder ›Assasin’s Creed‹.« Damit war die Rich-
testete und fand heraus:
ratoren gebaut, vor einer halben Dekade auch einen tung des Look-and-feels weg von der Anmutung ei-
Das Konfigurationsmodell
für Zweiräder aus der Düsseldorfer Fahrradmanufak- ist für User nur schwer
ner Shopping-Site hin zu einem explorativen und
tur MyOwnBike. Nun also eine Anfrage aus Regens- verständlich. Durch die spielerischen Ansatz bereits gefunden. »Gaming«,
burg, wo Ruff Cycles seit 2012 Rahmen, Lenker, Ga- Bedienelemente an beiden so Lempa, »schien uns die richtige Kategorie zu sein
beln und Felgen für sogenannte Chopper-Bikes fer- Rändern des Screens wür- für die mutmaßlich ebenso passionierte wie ver-
tigt und in alle Welt verkauft. de sich die Darstellung des spielte Community.« Die eigene Gaming-Leiden-
Die Bestellung der Teile erfolgte bisher wenig in- Fahrrads auf Smart- schaft trug sicherlich ein Übriges dazu bei.
phones zu stark verkleinern
tuitiv und recht kompliziert über Ruff Cycles’ klassi- Dann machte sich Taikonauten daran, das Pro-
schen Onlineshop. Der Löwenanteil der Lieferungen, 2 Bereits in den ersten
dukt en détail kennenzulernen. Welche Konfigura-
rund 70 Prozent, ging an mehr als 250 Reseller welt- Wireframes konzentrierte
tionsmöglichkeiten gibt es? Was sollte der Customi-
weit, in erster Linie in die USA sowie nach Japan, Neu- sich Taikonauten auf zer vermitteln? Der Technische Leiter Thomas Lem-
seeland und Australien. Mit dem von Taikonauten die User Journey und die pa und Taikonauten-Geschäftsführer Maik Fahldieck
entwickelten Customizer kann man aus Abermilliar- responsive Gestaltung fuhren nach Regensburg, um in einer Werksführung
den Kombinationsmöglichkeiten vollständige Rä- des Customizers die Welt der Radkonstrukteure zu erforschen. »Wo-
der zusammenstellen und sich montiert nach Hau- her soll man wissen, dass auch eine Sattelklemme ein
3 Ingesamt 23 Teile galt
se liefern lassen (http://is.gd/ruffcyclescustomizer). Fall für den Konfigurator sein könnte, wenn man das
es im Konfigurator unter-
»Es ist das erste Mal, dass man solche Räder kom- zubringen, wie diese
nicht gesehen hat?«, so Fahldieck. Zurück in Berlin,
plett montiert kaufen kann«, betont Ruff-Cycles-Ge- Explosionszeichnung zeigt ging es an die technische Aufgabenstellung: Der Kon-
schäftsführer Pero Desnica voller Stolz. »Außer uns figurator sollte nahtlos an das Magento-Shopsystem
bietet das niemand an.« der Regensburger andocken und von ihnen selbst ge-
Vom Rahmen über Gabel und Lenker bis zur Sat- pflegt werden. Über ein eigens entwickeltes Plug-in
telklemme – aus einem horizontalen Slider am un- kann Ruff Cycles sogar neue Fahrradteile in die Stück-
teren Seitenrand kann der User fast alle Komponen- liste aufnehmen. Zudem ist die Anwendung so auf-
ten selbst aussuchen und eine virtuelle Bike-Vorlage gesetzt, dass sie sich in die Magento-Shops anderer
im State-of-the-Art-Design Stück für Stück seinen Retailer integrieren lässt. Auch andere Sprachen
Wünschen anpassen. Für Bodenhaftung in der Kos- und Währungen im Ruff-Cycles-Shop sind möglich.
tenkalkulation zeigt der Konfigurator an, wie der
Preis sich je nach Auswahl verändert. Vielleicht will Bitte nice und catchy!
man sein mordsteures Traum-Bike nicht gleich in Usability war eines der zentralen Themen des Ruff-
den Warenkorb schieben, sondern den Entwurf erst Cycles-Konfigurators. Deshalb definierte Taikonau-
mal nur mit Freunden teilen oder sich von anderen ten bereits in der Konzeption anhand von Papier-
Low-Rider-Fans inspirieren lassen . . . prototypen und ersten Wireframes die User Journey
insbesondere auch in Anbetracht des Anspruchs,
Games als Blaupause den Customizer responsiv auf Desktop, Tablet und
Das Spiel mit dem Ruff Cycles Customizer soll Be- Smartphone zu bringen. So wurde in der Konzept-
gehrlichkeiten schaffen und Markenbindung erzeu- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx phase lange diskutiert, ob es für die Bedienung der
gen. Jonas Lempa: »Natürlich ist auch die Conversion Anwendung Sinn macht, den Konfigurator eins zu
wichtig. Aber klar war auch: Wenn die Konfiguration »Wir haben eins auf dem Smartphone abzubilden. Hier stand am
Spaß macht und der User viel Zeit, Liebe und Leiden- bei unseren Ende einmal mehr die Erkenntnis: Nicht von allem,
schaft reingesteckt hat, ist die Wahrscheinlichkeit Konfigura- was technisch möglich ist, profitiert die Usability.
groß, dass er am Ende das Rad auch kauft.«
Lempa erinnert sich genau an die Entwicklung frü-
toren immer »Uns war wichtig, dem Mobile-First-Ansatz zu
folgen und dabei Layout und Bedienung skalierbar
herer Konfiguratoren: »Dieser Customizer ist eine wieder die zu halten«, resümiert Thomas Lempa. »Wir wollten
Evolution dessen, was wir vor fünf Jahren entwickelt Erfahrung für alle Geräte die gleiche User Experience, ohne
haben. In den letzten Jahren hat man alles, was vor gemacht, das Design für große Screens schlichtweg nur zu
zehn Jahren mit Flash umgesetzt wurde, nochmal mit
neuen Technologien gebaut«, erklärt er. »Und inzwi-
dass die strecken oder für Smartphones eine eigene Seite zu
entwerfen. Die Gegebenheiten einzelner Nut-
schen geht damit schon mehr als damals mit Flash. wenigsten zungsszenarien – also Mobile, Tablet oder Desktop
Wir stehen kurz vor dem Durchbruch von Virtual Rea- Besucher bei – sollten sinnvoll miteinander verknüpft sein.« Er-
lity. WebGL, HTML5, CSS3, Responsive Design – un- null anfangen gänzend führte man Usertests durch, um wichtige
ser neuer Konfigurator sollte die neuen technischen UX-Fragen zu klären: Soll auf dem Smartphone das
Möglichkeiten dieser zweiten Interaction-Design-
wollen« ganze Bike angezeigt werden oder nur ein Aus-
Generation voll ausreizen.« Thomas Lempa, schnitt? Sollte man einen Konfigurationsweg vorge-
Taikonauten entwarf zunächst eine Vision mit Technischer Leiter ben oder den User frei entscheiden lassen? »Den
dem Interface-Design-Tool Sketch, ohne sich von bei Taikonauten Nutzer einzuschränken, hätte zum Freiheitsprinzip,
technischen Rahmenbedingungen einschüchtern zu in Berlin das der Konfigurator verfolgt, nicht gepasst«, sin-
lassen. »Wir haben das wie einen Mini-Pitch betrach- niert Jonas Lempa.
078 PAGE 05.16 › PROJEKTE › Visual Customizer für Ruff Cycles

Um sich den Realbedingungen zu nähern, han- Ja, mir san mit‘m Low- der anderer Kunden abzurufen. Oder man lässt sich
tierte Taikonauten mit provisorischen Renderings rider da – das Projekt- gleich von den Top 10 des Geschäftsführers Pero
der Bike-Komponenten, sogenannten Moods. Mit Team: hinten Bryan Desnica inspirieren.
Mewes (Backend Lead),
HTML-Prototypen ging es dann in eine neue Testing-
Runde, und auch der gute alte Hausfrauentest kam
Maik Fahldieck Bloß keinen Latenzfrust im Shop
(Geschäftsführer),
zum Einsatz, um die Bedienbarkeit in freier Wild- Jonas Lempa (Kreativ- Magento ist kein Performance-Held, daher ging es
bahn auf die Probe zu stellen. »Wir mussten ja sehen, direktor), Tobias bei diesem Projekt auch immer darum, die Datenlast
wie die Leute mit dem Ding umgehen«, so Jonas Schubert (Frontend möglichst gering zu halten. Im Schnitt gibt es pro
Lempa. »Sehr frühes Testen mit echten Usern ist im- Quality Assurance), Komponente 30 Bilder, um sie perspektivisch korrekt
mer spannend und erkenntnisreich. Man kann die Christian Zimmermann und mit Schatten sowie für verschiedene Geräteauf-
(Projektmanager),
besten UX Designer mit einem Projekt betrauen – es lösungen darzustellen. Um mobil nicht etliche Mega-
Nicolas Traeder
ist und bleibt eine Antizipation des Verhaltens ei- byte großen Bilder laden zu müssen, schrieb das Ent-
(Backend Quality
ner definierten Zielgruppe. Validierung gibt es aus- Assurance); vorne
wicklerteam ein Tool, das die Bilder abhängig vom
schließlich mit echten Usern.« Thomas Lempa jeweiligen Device und je Komponente in geringerer
(Technischer Leiter), Auflösung generiert. Mit einem zweiten Kniff redu-
Wallpaper für die Community Robert Becker (Design zierten die Developer die Datenlast: Bei den Radrah-
Echt sollte natürlich auch der Konfigurator selbst Lead), Peter Schilling men kann man aus über 200 RAL-Farben wählen –
wirken, nicht nur was die Anmutung der Fahrrad- (Frontend Lead), einer Farbnorm für wasserlösliche Lacke. Um nicht
Markus Gerke (UX Lead)
komponenten angeht. Zum Beispiel gibt es die Mög- 200 und ein paar zerquetschte Rahmenbilder erstel-
lichkeit, sein fertig konfiguriertes Bike in reale Set- len und laden zu müssen, gibt es nur ein Bild, dessen
tings zu montieren. Sogar vom User selbst erstellte Rahmenfärbung sich dynamisch anpasst.
Hintergründe sollen sich demnächst hochladen las- Im Dezember 2015 war es schließlich so weit, der
sen, »damit die Leute sich mit der digitalen Kreation Softlaunch stand auf dem Programm, um noch die
identifizieren können, so als stünde sie bei ihnen eine oder andere kleine technische Optimierung vor-
im Raum«, begeistert sich Jonas Lempa. »Wir ha- zunehmen und auch die Performance noch weiter
ben bei unseren Konfiguratoren immer wieder die nach vorne zu bringen. Nach Abschluss der Feinjus-
Erfahrung gemacht, dass die wenigsten Besucher tierung folgt der offizielle Launch noch dieses Früh-
bei null anfangen wollen.« Stattdessen sei von Be- jahr. Dann sollen auch in den Ladengeschäften der
ginn an Inspiration gefragt. Reseller Terminals mit dem Customizer Einzug hal-
Und so integrierte das Team noch mehr Features, ten, gleichzeitig starten Ruff Cycles und Taikonau-
um den Community-Aspekt zu stärken. Jede Bike- ten einige Marketingaktionen. as
Konfiguration hat eine eigene »DNA«, die man per
E-Mail an Freunde schicken oder in sozialen Netzen
PAGE eDossier »E-Shop-Systeme für Designer«:
sharen kann, um sie weiteren virtuellen Bike-Bast- Shopping-Portale, Open-Source-Lösungen, Miet-
lern zu überlassen. Aber auch im Konfigurator selbst shops für den einfachen Einstieg in den E-Com-
gibt es eine Möglichkeit, per Zufallsgenerator Rä- merce ↗  www.page-online.de/PDDP1020  
page 02.14aNzeIge
091

pRaXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Infografik
Visual Storytelling –
Workflows &
Cases

Die Referenten Das Seminar »Infografik«


● Klaas Neumann und Jakub Chrobok arbeiten ● Die Infografik erlebt einen wahren Boom: in Magazinen und Zeitungen
im Team der golden Section graphics gmbH, ebenso wie in Geschäftsberichten und Firmenpräsentationen, in Internet
einer der renommiertesten Infografikagenturen und TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes
weltweit. Seit über zehn Jahren bewegen sie Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren
sich im Bereich der Informationsvermittlung auf und Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken
allen plattformen: Jakub Chrobok, zuvor Leiter können vielschichtige Inhalte direkt veranschaulichen. Doch je schneller
des Visual Lab bei C3, ist jetzt als Creative Direc- und komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss
tor bei golden Section graphics und Dozent der Kreative bei der Datenaufereitung vorgehen. Mit einer ästhetisch
an der aID Berlin tätig. Klaas Neumann, Senior faszinierenden Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten
artdirector bei golden Section graphics, war und die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jakub Chrobok
Infografiker und Illustrator bei den gruner + Jahr und Klaas Neumann die eigentliche Herausforderung. Es wird immer
Wirtschaftsmedien (unter anderem bei »Financial anspruchsvoller, gute und verlässliche Quellen zu finden, um einen Sach-
Times Deutschland« und »Capital«). verhalt korrekt und unverfälscht wiederzugeben. Der Grafik- und Kommu-
nikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur reiner Gestalter, er ist
Die Agenda zugleich Journalist und wird gerade durch den gezielten Einsatz von Illustra-
tion zum visuellen Geschichtenerzähler.
1 Das Wesen der Infografik –
Stärken und Schwächen Jakub Chrobok und Klaas Neumann erläutern im PAGE Seminar anhand
Was kann und muss eine Infografik leisten, und von konkreten Praxisbeispielen, wie eine Infografik entsteht – von der
wie setzt man sie sinnvoll ein? Was unterschei- Recherche über die Skizze bis hin zu Reinzeichnung und Animation. Sie
det eine journalistisch geprägte grafik von einer bieten tiefe Einblicke in die Arbeit eines Infografikers und beleuchten
Visualisierung in der Unternehmenskommuni- das Spannungsfeld zwischen reiner Information und guter Gestaltung –
kation? Wie können Illustrationen die Wirkung wertvolles Know-how von Designprofis für Designprofis!
und aussage einer Infografik beeinflussen?

2 Vom Briefing über die Recherche zur Das Seminar findet am 17. Juni
im Hotel 25hours, Hamburg-
Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien Bahrenfeld, von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 euro
Wie müssen die Basisinformationen für ein gutes (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die gebühr umfasst die Tagungskosten,
Briefing aufbereitet sein? Wie kommt man an Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 personen begrenzt!
die relevanten Daten und damit auf die richtige also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar . 
Idee? Ist weniger mehr oder mehr Information
hilfreicher? Wie gewinne ich den Kunden für die Der PAGE Workshop lässt genug Zeit für Fragen und den
Idee? Wie läuft die abstimmung mit ihm? Austausch der Teilnehmer untereinander.

3 Animation, Interaktion, Social Media –


die Wahl der Mittel und ihre Kalkulation
Wie setze ich Infografiken viral und crossmedial ein? page // ebner Verlag gmbH & Co. Kg // info@page-online.de //
Ist eine statische oder eine interaktive, animierte Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
grafik besser? Wie gestalte ich den Workflow und aufgrund der auf 18 personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die anmeldungen in der
habe die unterschiedlichsten Nutzungsarten im Reihenfolge der eingänge der zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der anmeldung an.
Sie ist sofort nach erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne abzug zu überweisen.
Blick? Wie kalkuliere ich eine Infografik? Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
080 page 05.16 › projekte

Nachwuchs
Spannende Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung

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Einige Iridium-Treffen fanden bereits statt, das Corporate


Design wird schrittweise eingeführt. Die Plakat-
kampagne war in diesem Frühjahr in Budapest zu sehen
page 05.16 081

Pingpong in Pastell
● FH Aachen. Die Kommunikations­
designerin Miriam Schmalen betrach­ Sie sind Journalist?
tet sich als visuelle Vermittlerin und Ge­
stalterin von Beziehungen, Prozessen Profi tieren Sie von
hervorragendem Service,
und Lebenssituationen. Dieses Berufs­ Versteht sich als
Fachinformationen,
verständnis zeigte sie schon bei dem Gestalterin von qualifi zierter Beratung,
Hilfsprojekt Ház für Obdachlose in Bu­ Beziehungen: Presseausweis,
dapest, das sie letztes Jahr als Semester­ Kommunikations- wirksamem Engagement,
Medienversorgung und
arbeit entwickelte (siehe PAGE 06.15, designerin Miriam zahlreichen weiteren
Schmalen
Seite 81). Und nun in ihrer Bachelor­ Leistungen.
thesis im Studiengang Kommunika­ Die Journalistenverbände
tionsdesign (http://is.gd/AA_Gestaltung), für die sie informieren Sie gerne:

das soziale Netzwerk Iridium konzipierte und um­ Journalistenzentrum info@journalistenverbaende.de


setzte. Iridium – wie das chemische Element, das Deutschland Tel. 040 / 8 99 77 99 www.journalistenverbaende.de
für Legierungen genutzt wird, oder das griechische
Wort für Regenbogen – will eine größere Wert­
schätzung für die Kompetenzen, das Wissen und
die Erfahrungen der älteren Generationen schaffen.
Jung und Alt können sich hier begegnen, sich aus­
tauschen und gemeinsame Projekte umsetzen.
Studenten aufgepasst!
Miriam Schmalen realisierte das Netzwerk in Bu­
dapest während ihres 14­monatigen Austauschstu­
Für euch gibt’s 6 cm
diums an der Moholy­Nagy Universität für Kunst und
Design Budapest, und zwar gemeinsam mit einem
umsonst!
interdisziplinären Team des Smart City Lab, eines
Inkubatorenprogramms des Design Terminal Bu­
dapest. Sie gestaltete eine visuelle Identität inklusive
Logo, Geschäftspapieren, Landingpage, Broschü­
ren, analogen Spielen und einer Plakatkampagne.
Das Logo ist modular angelegt und wird nach der
Auswertung eines Fragebogens individuell für jedes
Mitglied generiert. Im Gegensatz zu zahlreichen
anderen Abschlussarbeiten, die fiktive Projekte be­
handeln, existiert Iridium tatsächlich und das Cor­
porate Design wird derzeit Schritt für Schritt umge­
setzt. Im Februar war die Plakatkampagne bereits in
Budapest zu sehen. nik

Unser PAGE eDossier »Designstudium« mit


tipps zu eignungsprüfung und Bewerbungs-
mappe gibt es zum Download unter 
↗ www.page-online.de/pDDp1021  

PAGE zum Studententarif gibt’s unter


Diplomarbeiten, Abschlussprojekte &
www.page-online.de/shop/studenten-abo
Werkschauen. Mehr zum Nachwuchs auf
↗ www.page-online.de/werkschauen und
↗ www.page-online.de/aus-den-hochschulen  
082 page 05.16 › projekte › Nachwuchs

Digitales Erbe(n)
● HfG  Schwäbisch  Gmünd. Was
passiert eigentlich mit unserem digi­
talen Nachlass? Während die Weiter­
gabe materieller Dinge gesetzlich ge­
regelt ist, bleibt bisher ungeklärt, was
mit digitalen Fotos, Musik, Filmen so­ Schlechtriem das Konzept einer Soft­ tragen werden. Dieses verbinden die
wie Accounts oder Dokumenten wie und Hardwarelösung – passenderwei­ Erben anschließend einmalig mit dem
Verträgen geschehen soll. se give genannt –, die es ermöglicht, Computer und gelangen auf diese Wei­
Drei Studenten des Studiengangs auch den digitalen Besitz kontrolliert se an die für sie bestimmten Inhalte.
Interaktionsgestaltung ( http://is.gd/ weiterzugeben. Give umfasst eine An­ Um den unterschiedlichen Mentalitä­
hfg_Interaktion) haben sich in ihrer wendung, über die der User auf seinem ten der Erblasser gerecht zu werden,
Bachelorarbeit mit dieser Frage be­ Rechner individuelle Zugänge für sei­ definierten die Studenten zwei Nutzer­
schäftigt. Dazu erarbeiteten Moritz ne Erben anlegt, sowie ein Speicherme­ typen: einen, der seine Daten sorgfäl­
Dobernecker, Julian Dorn und Leon dium, auf das die Daten später über­ tig verwaltet, und einen mit etwas
sorgloserem Umgang. Für die Proto­
typen nutzte das Trio Sketch, Photo­
Erhielten für ihr Konzept eine lobende
Erwähnung beim Nachwuchspreis
shop und Marvel sowie Axure und Af­
Neue Medien 2015 sowie eine Auszeich- ter Effects für komplexere Versionen.
nung beim Illmenauer Medienpreis Die Hardware ließen sie per 3D­Druck
Gläserner Johahn: Leon Schlechtriem, produzieren Mehr zu give gibt’s unter
Julian Dorn und Moritz Dobernecker www.get­give.de. as

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 Hochschule  Augsburg. In ihrer Bachelorarbeit im Studien­


gang Kommunikationsdesign (http://is.gd/AU_Design) entwickel­
te Franziska Scheere das Konzept und Design einer App zur Bedie­
nung eines selbstfahrenden Autos. Für den interaktiven Prototyp von Drivey
gestaltete die Absolventin einen Styleguide und das Logo der Marke. In einer
Zielgruppenanalyse ermittelte sie die wichtigsten Funktionen einer solchen
Anwendung wie etwa Routenplanung oder Carsharing­Optionen. Im Sinne
einer guten Usability setzt die Designerin auf bekannte Gestaltungselemente:
Am unteren Bildschirmrand findet sich die klassi­
sche Tab Bar, wichtige Bedienelemente wie Buttons
werden farblich hervorgehoben, hohe Farbkontras­
te garantieren die gute Lesbarkeit der Texte. Fehlt
nur noch das serienreife selbstfahrende Auto. Mehr
unter http://is.gd/drivey. as

Design und Usability sind für sie gleichberechtigt:


In intensiver Research ermittelte die angehende
Kommunikationsdesignerin Franziska Scheere,
welche Funktionen der User wirklich braucht
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WERKZEUG

Gras – gereinigt, bearbeitet


und zu Pellets gepresst –
kann bis zu 50 Prozent des
Holzzellstoffs ersetzen
page 05.16 085

Ich war
eine Wiese
Unser Papierverbrauch steigt. Können Rohstoffe wie Gras, Stein oder
Hanf den Zellstoff aus Holz ersetzen?

● Rund hundert Jahre dauert es, bis in den schwe­ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx zwingend aus Frischfasern bestehen, sondern geht
dischen Wäldern – aus denen der Großteil des in auch mit Altpapier eine gute Verbindung ein.
Deutschland verbrauchten Zellstoffs stammt – aus »Es ist ja Gras als Ersatz für Holz hat vor allem zwei Vor­
einem Samenkorn ein Baum gewachsen ist, der ge­ nicht so, teile: Es wächst sehr schnell nach und steht hierzu­
schlagen werden kann. Im Vergleich dazu wächst bei­
spielsweise Gras in Lichtgeschwindigkeit. Da wäre
dass Gras lande in ausreichender Menge zur Verfügung. Sorge,
dass Landwirte jetzt ausschließlich Gras statt Ge­
es doch sinnvoll, für die Papierherstellung auf ande­ hundertfach treide anbauen werden, brauchen wir nicht zu haben,
re Rohstoffe als Zellstoff aus Holz auszuweichen. bessere denn der überwiegende Teil kommt von Brachflä­
Zumal der Verbrauch noch immer steigt, die Menge Eigenschaf­ chen. Der zweite große Vorteil ist die lokale Verfüg­
an Altpapier dagegen stagniert. barkeit. Baut man Graspap­Anlagen in der Nähe von
ten hat als Papierfabriken, reduziert dies den CO2­Ausstoß im
Schnell nachwachsend, lokal verfügbar Zellstoff aus Vergleich zu traditionellen Beschaffungswegen für
Creapaper aus Hennef machte sich daher zusammen Holz, aber Frischfasern erheblich. »Es ist ja nicht so, dass Gras
mit Partnern aus Forschung, Wirtschaft und Papier­ die Liefer­ hundertfach bessere Eigenschaften hat als Zellstoff
industrie daran, einen nachhaltigen Ersatzstoff für aus Holz, aber die Lieferkette ist unschlagbar«, stellt
Frischfasern zu suchen. Gefunden haben die Papier­
kette ist Uwe D’Agnone fest.
spezialisten diesen in Gras von heimischen Wiesen, unschlagbar«
das Creapaper reinigt, je nach angestrebter Qualität Uwe D’Agnone, Mit schöner Haptik oder gestrichen
bearbeitet, zu Pellets presst und unter dem Namen Graspap-Entwickler Graspapier fühlt sich etwas weicher als vergleichbare
Graspap anbietet ( www.graspapier.de ). und Gründer von Sorten aus Holzfrischfasern an. Für Imagepapiere
»Graspap verfügt über alle Eigenschaften, die für Creapaper in Hennef liegt es nahe, den schönen Charakter des Grases im
die Papierproduktion notwendig sind«, erklärt Uwe ↗ www.creapaper.de Papier zu belassen. Wen das stört, der kann natürlich
D’Agnone, Entwickler von Graspap und Gründer von auch einen Strich auftragen lassen, damit die Ein­
Creapaper. Bisher können maximal 50 Prozent Gras sprengsel verschwinden. Die größte Zukunft des Ma­
in Papieren oder Kartons zum Einsatz kommen – terials sieht Uwe D’Agnone aber in der Produktion
im Vergleich zu Versuchen mit anderen Ersatzstof­ von Wellpappe: »Vor allem durch seine hohe Steifig­
fen ein hoher Anteil. Die andere Hälfte muss nicht und Festigkeit, aber auch weil wir davon ausge­
086 page 05.16 › werkzeug › zellstoffalternativen

hen, dass Altpapier – das dafür in großen Anteilen


Zur Hälfte aus Gras zum Einsatz kommt – in den nächsten Jahren signi­
Zu je 50 Prozent fikant weniger werden wird.«
bestehen die Kartons Der Hintergrund: Durch wiederholtes Recycling
des Otto-Labels verkürzen sich die Fasern und müssen aus dem Kreis­
Polarino aus Gras und lauf ausgeschleust werden, denn durch die kürzeren
Altpapier. Dafür
Fasern sinkt die Fähigkeit, als Faserstoff in der Pa­
gab’s eine Nominierung
beim Deutschen
pierproduktion zu dienen. Deshalb müssen ständig
Verpackungspreis 2015 frische Fasern dazukommen. Da jedoch immer we­
niger grafische Papiere mit einem hohen Anteil an
längeren Fasern hergestellt werden, landen dement­
sprechend auch weniger im Recycling. Darüber hi­
naus ist Altpapier in hoher Qualität in Deutschland
auch ein Exportgut.

Papierhersteller als Bremser


Größtes Hemmnis für den Durchbruch des Graspa­
piers sind die noch skeptischen Papierproduzenten.
Und das obwohl sich die Graspellets einfach in den
normalen Papierherstellungsprozess implementie­
ren lassen – ohne dass man etwas an der Maschine
verändern muss. Aufseiten der Markenartikler ist die
Nachfrage sehr groß, berichtet Uwe D’Agnone: »Im
Moment arbeiten wir mit drei Papierherstellern zu­
sammen, aber die Anfragen lassen sich kaum bewäl­
tigen. Wir hoffen aber auf mehr innovative Papier­
hersteller und ­großhändler.«
Creapaper sieht sich selbst nämlich nicht als Her­
steller oder Verkäufer. Momentan übernimmt die
Firma zwar diese Funktion, will sich aber künftig wie­
Sag’s mit Stroh der mehr mit dem Rohstoff auseinandersetzen –
Das Strohpapier von wer weiß, vielleicht lässt sich der Anteil von 50 Pro­
Gmund gehört zur zent Gras ja noch erhöhen. Allen Skeptikern hält Uwe
Reihe Die Natürlichen, D’Agnone entgegen: »Am Ende ist es Papier. Mit ei­
weitere Sorten sind nem hohen Bestandteil an Gras, aber eben doch Pa­
Baumwolle, Rinde, Torf pier. Sie können es bedrucken und veredeln, daraus
und Federn
Verpackungen oder auch Papierflieger herstellen.«
Rund 1700 Kilometer nördlich von Hennef, im
mittelschwedischen Iggesund, schüttelt man den
Kopf über die Idee, aus Gras Papier herzustellen:
»Hier oben sind die Böden so arm, dass es kaum mög­
lich ist, etwas anderes als Bäume darauf wachsen zu
lassen«, sagt Johan Granås, Business Developer bei
Iggesund. »Auf gutem Ackerland Gras für Zellstoff
anstatt Getreide für Menschen anzubauen, scheint
mir Verschwendung zu sein und aus nachhaltiger
Perspektive schwer verständlich.«
Florian Kohler, Geschäftsführer von Gmund Pa­
pier am Tegernsee meint dagegen, dass Graspapier
tatsächlich eine Alternative sein könne: »Es ist ein
schnell wachsender Rohstoff, den man auf heimi­
schen Wiesen ernten kann. Das ist Ökologie pur. Ob
das Produkt marktfähig sein wird und genügend Gras
’nen Pabier, bitte!
angebaut werden kann, wird die Zukunft zeigen.«
Biertreber kommt in
Gmunds Bierpapier
100 Prozent Baumwolle und Hanf
zum Einsatz, das es
in Varianten wie Lager, Bei Gmund Papier selbst kommen alternative Roh­
Ale, Pils, Weizen oder stoffe wie Baumwoll­Linter, ein Abfallprodukt der
Bock gibt Fashionindustrie, sowie Hanffasern zum Einsatz.
»Baumwoll­Linter lässt sich zu 100 Prozent in der
page 05.16 087

Papierproduktion wiederverwenden. Unser Gmund


Cotton aus reiner Baumwolle ist sehr stabil, und
man kann es eindrucksvoll weiterverarbeiten«, er­
klärt Florian Kohler.
Hanf ist ebenfalls ein interessanter, weil schnell
wachsender Rohstoff, der sich in europäischen Brei­
ten anbauen lässt. Die Hanffasern sind hochwertig
und lang, eignen sich also für anspruchsvolle Papie­
Reine Baumwolle re. »Seit mehr als 20 Jahren haben wir ein Cannabis­
Gmund Cotton ist Papier in unserer Kollektion Gmund Act Green«, so
schön weich, sodass Kohler. »Leider wird zu wenig Hanf erzeugt, und die
man tief hineindru- etwas aufwendigere Verarbeitung macht den Zellstoff
cken kann – das sorgt
sehr teuer und für den Massenmarkt nicht wettbe­
für eine tolle Haptik
werbsfähig. Aus ökologischer Sicht ist das bedauer­
lich.« Der große Vorteil von Hanf und Baumwolle ist,
dass es – anders als derzeit bei Gras – möglich ist,
ein Papier aus 100 Prozent des Rohstoffs herzustellen.

(Kein) Stein der Weisen


Auch aus Stein lässt sich Papier machen – oder zu­
mindest ein papierähnliches Material, das zu etwa
80 Prozent aus Kalksteinmehl und zu 20 Prozent aus
recyceltem Polyethylen besteht. Die beiden Grund­
stoffe bringt man per Thermoverfahren zum Schmel­
zen und formt sie zu Rollen oder Bögen. Der Kunst­
stoff macht das Steinpapier nicht nur wisch­ und
Was von der Ernte wasserresistent, sondern – je nach Stärke – auch zäh
übrig blieb bis reißfest. Für die Produktion werden keine Bäu­
Zusammen mit dem me gefällt und kein Wasser verbraucht. Auch fallen
Jane Goodall Institute keine Bleichmittel an. Durch seine glatte Oberfläche
legte das Designbüro eignet es sich gut für (UV­)Offset­ und Digitaldruck.
Absoloot aus Budapest Für Laserprinter aber eher nicht, da sich das Mate­
eine Notizbuchserie
rial aufgrund des Biopolyethylenanteils ab 65 Grad
mit dem Titel »Extinct
Animals« auf. Die Cover
zu verformen beginnt.
bestehen aus Favini Entwickelt wurde Steinpapier vor rund zwanzig
Crush in den Varianten Jahren in Taiwan. Dort wird es auch heute noch her­
Olive, Kiwi und Mandel gestellt und dann zu europäischen Großhändlern
wie Rockpaper (www.rockpaper.de) oder Sp­Stone­
Paper (www.sp­stonepaper.net) verschifft – kleines
Manko in der Ökobilanz. Überhaupt fällt diese beim
Steinpapier nicht ganz so gut aus, wie es auf den ers­
ten Blick scheint. Die nachhaltig orientierte Info­
plattform Blue Economy (http://is.gd/stonepaper)
etwa kritisiert, dass sich der Steinanteil zwar nach
14 bis 18 Monaten zersetzt – vorausgesetzt, es ist
konstant Sonnenlicht ausgesetzt. Übrig blieben dann
aber nach wie vor Plastikpartikel, die sich weder in
den Wiederverwertungskreislauf einspeisen lassen
noch kompostierbar sind. Zudem wäre es möglich,
dass die Plastik­ und Steinpartikel während des Re­
cyclings ausgewaschen werden und ins Abwasser
gelangen. Eine zusätzliche Plastikbelastung der Flüs­
se und Meere ist sicher das Letzte, was aus Umwelt­
Milch zum
sicht wünschenswert ist.
Anfassen
Trotzdem hat Steinpapier das Cradle­to­Cradle­
Papermilk von
Römerturm enthält
Zertifikat (www.c2ccertified.org) bekommen, das
10 Prozent Milchfasern nur Produkte erhalten, die keinen Abfall erzeugen,
aus Überbleibseln sondern zu neuen Produkten verarbeitet werden. Die
der Milchproduktion Begründung: Der enthaltene Kunststoff lässt sich
wiederverwerten – zwar nicht für neues Steinpa­
088 page 05.16 › werkzeug › zellstoffalternativen

passende Papier als Markenbotschafter zu entwi­


Made of Stone ckeln oder auszuwählen – zum Beispiel Strohpapier
»Papier« aus Stein ist für einen Umweltbericht. Wir in Gmund sind inzwi­
zäh und feuchtigkeits- schen bei vielen Projekten zugleich Markenberater
resistent. Da ist es nicht und Materialentwickler.«
so schlimm, wenn mal
Kaffee übers Notizbuch Zellstoff aus Holz – besser als sein Ruf
schwappt. Das Start-up
On The Rocks ( h  ttp://
Zu den Bildern von abgeholzten Urwäldern trägt die
paperontherocks.com )  Papierindustrie bei, doch sollte man auch bedenken,
vertreibt Stationary dass Zellstoff oft ein Abfallprodukt ist. »Dieser wird
aus Steinpapier. bei uns ja nicht aus Holz hergestellt, das gezielt für
Ebenso Schloemer & die Papierproduktion gewonnen wird«, sagt Johan
Partner ( w
  ww.gruen- Granås. »Sondern aus Resten, die etwa beim Bau, bei
gedruckt.de ) 
der Möbelfertigung oder Ähnlichem anfallen. Um an
die benötigten großen Stämme zu gelangen, wer­
den auch eine Reihe kleinerer Bäume gefällt. Anstatt
dieses Holz zu verbrennen, machen wir Zellstoff da­
raus. Dazu kommt dann noch das Material, das das
Sägewerk nicht verarbeiten kann.«
Für Florian Kohler ist Zellstoff aus Holz ein Ma­
terial, das sich bewährt hat und ein sehr gut zu ver­
arbeitendes Endprodukt Papier garantiert. »Wenn
man darauf achtet, dass die Bäume, aus denen der
Zellstoff gewonnen wurde, aus Gebieten stammen,
in denen Landesrechte nicht missachtet werden, oder
pier, aber für Produkte wie landwirtschaftliche Fo­ nicht aus illegalem Einschlag kommen – was die
lien oder die Rückseite von Teppichböden. Für Flo­ FSC­Zertifizierung beinhaltet –, dann ist es ein Roh­
rian Kohler ist Steinpapier allerdings eine Mogelpa­ stoff, den man guten Gewissens einsetzen kann.«
ckung. »Es ist ein ganz anderes Produkt: ›Papier‹ aus Selbstverständlich ist es nicht hinzunehmen, dass
Stein ist kein aus nachwachsenden Rohstoffen her­ in europäischen Ländern wie Norwegen oder Schwe­
gestelltes Material, kann nach der Verwendung nicht den in Ermangelung erntereifer Nutzwälder alte
dem Papierrecycling hinzugefügt werden und hat Wälder eingeschlagen werden, was beispielsweise
ökologisch keinerlei Vorteile.« Greenpeace, Robin Wood oder Naturskyddsforenin­
gen anprangern. Leider ist auch das FSC­Siegel nicht
Aus Gemüse­, Obst­ und Milchabfällen generell ein Garant für nachhaltig gewonnenen Zell­
Der italienische Hersteller Favini ersetzt bei seinem stoff. Immer wieder gibt es die Kritik, dass FSC­
Papier Crush 15 Prozent des herkömmlichen Zell­ Standards in einigen Waldregionen und Ländern der
stoffs durch agrarindustrielle Abfallprodukte. Inzwi­ Welt zu schwach sind oder unzureichend umgesetzt
schen gibt es zehn Varianten mit Resten von Zitrus­ werden. Laut Greenpeace – die das FSC­Label als
früchten, Weintrauben, Lavendel, Kiwis, Oliven, einzig unterstützenswertes Zertifizierungssystem
Mandeln, Mais, Haselnüssen, Kirschen oder Kaffee­ für Waldbewirtschaftung sieht – erhalte regelmä­
bohnen. Ökologisch gesehen ein guter Gedanke – ßig Holz aus besonders schützenswerten Wäldern
zumal weitere 30 Prozent aus Recyclingfasern be­ das FSC­Siegel, obwohl der Wert des Waldes gar
stehen –, allerdings noch nicht der große Wurf, da­ nicht erhalten bleibe ( http://gpurl.de/FSC_at_Risk,
für ist der Anteil der Abfälle am Gesamtprodukt zu http://fsc­watch.com ).
gering. Aus ökonomischer Sicht kann man Favini zu Die Suche nach einem ökologisch und ökono­
der Idee gratulieren, denn Crush trifft den Nerv der misch sinnvollen Ersatzstoff ist also wünschenswert.
Zeit und verkauft sich gut. Bevor diese zum Ergebnis führt, sollten wir vor al­
Auch andere Papierfirmen setzen auf Abfall, Rö­ lem zwei Dinge tun: weniger Papier verbrauchen und
merturm zum Beispiel bietet mit Milk eine Sorte mit häufiger recycelte Sorten verwenden. ant
10 Prozent Milchfasern an, die aus den Überbleib­
seln der Milchproduktion gewonnen werden. Dazu
PAGE Story »Naturpapiere«. Tipps & Tricks
kommen 45 Prozent Baumwoll­Linter, der Rest ist zum umgang mit ungestrichenen papieren in
FSC­Zellstoff. Bei Gmund Papier experimentiert man Druck und weiterverarbeitung finden Sie in
viel mit natürlichen Zusatzstoffen, und das seit vie­ page 05.15: ↗  www.page-online.de/pepa1505
len Jahren. Da gibt es Biertreber, Stroh, Rinde, Torf
oder Federn. »Wir achten darauf, dass diese Roh­
Die pferde von Antje Dohmann sehen der
stoffe aus dem Tegernseer Tal kommen und zu un­ produktion von graspapier mit Sorge
serer nachhaltigen Philosophie passen«, so Florian entgegen. Dürfen bislang doch sie die
Kohler. »Die Herausforderung besteht darin, das grasflächen vor dem Haus abfressen.
page 02.14 025
anZeIge

pRaXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Multisense
Design
Markenkommunikation
mit der Kraft
aller Sinne

Der Referent Das Seminar »Multisense Design«


● Olaf Hartmann, geschäftsführer des Multisense ● In einer überkommunizierten, konsumkritischen und werbemüden Welt
Instituts, ist einer der führenden experten für birgt die multisensorische Gestaltung von Produkten, Werbebotschaften und
multisensorisches Marketing. Der Bestsellerautor, Verkaufsprozessen eine große Chance zur Differenzierung. Denn das Gros
Berater und gefragte Keynote-Speaker schöpft aller Informationen verarbeiten wir an der bewussten Wahrnehmung vorbei
in seiner lebendigen Moderation aus mehr als mit dem unterbewussten, impliziten System unseres Gehirns. Deshalb ist
20 Jahren Marketingerfahrung. Seine agentur multisensorisches Marketing auch kein Hype – es ist ein Erfolgsmodell. Aber
Touchmore hat zahlreiche Kommunikations- Vorsicht! Die Annahme, mit kreativ veredelten Printprodukten automatisch
und Designpreise gewonnen. auch Wertschätzung und Wirksamkeit steigern zu können, ist ebenso ein Mär
wie die Gleichung »Millionen Klicks = Millionen Umsätze«.
Die Agenda
Erkennen Sie die Power of Multisense! In unserem Seminar zeigt Ihnen Olaf
1 Update: Neuromarketing und Hartmann anhand konkreter Beispiele und neuster Erkenntnisse aus Neuro­
Verhaltenspsychologie wissenschaft, Verhaltensökonomie, Psychologie und Sensorikforschung, wie
– Die Macht des Unbewussten sich die Kraft multisensorischer Kommunikation entfaltet. Er erklärt, wie Sie
– Wie implizite Ziele die Wahrnehmung lenken zielgerichtet und kongruent mittels multisensorischer Verstärkung die gesamte
– Warum Ziele die Quelle der emotionen sind Costumer Journey hindurch mehr Aufmerksamkeit, Erinnerung, Glaubwürdig­
– Wie das gehirn (Kauf-)entscheidungen fällt keit, Wertschätzung und Kaufbereitschaft erzeugen können. Das Wissen um
das Aktivierungspotenzial der einzelnen Sinne bereichert alle Gestaltungs­
2 Basics: Multisensorisches Marketing disziplinen: Kommunikations­ und Packaging Design ebenso wie UX, Service
– Das primat sinnlicher Wahrnehmung und Interaction Design. Bewusst eingesetzt, steigert es den Erfolg im Dialog­
– Vom sensorischen Reiz zur Bildung von Codes marketing, in der Werbung und am Point of Sale. Aber auch in den digitalen
– Multisensorische Verstärkung, Irradiations- Medien können wir dieses Wissen gezielt nutzen – schon Bild­ und Textsprache
und priming-effekt können mental simulieren und virtuell haptische Erlebnisse stimulieren.
– Das prozessmodell des multisensorischen
Marketings (Mensch · Marke · Codes · Touchpoints) Das Seminar richtet sich somit an Designer, Marketingverantwortliche
– Das aRIVa-Wirkmodell sensorischer Optimie- und Brandingstrategen – kurzum an alle, die nicht Effekthascherei betreiben,
rung (attention · Recall · Integrity · Value · action) sondern das Budget gewinnbringend einsetzen, wirksam kommunizie­
ren und Marken nachhaltig stark machen wollen. – Profitieren auch Sie von
3 Multisensorik in der Praxis: Olaf Hartmanns fundiertem Know­how aus der Praxis für die Praxis.
Fallbeispiele, Workshop & Training
Best Cases aus den Bereichen Packaging, Das Seminar findet am 8. April
in den Design Offices Hamburg
Ad Specials, Kommunikation, E-Commerce, Domplatz von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 euro
Produktdesign und Corporate Design (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch
– Das aRIVa-Modell in der anwendung und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 personen begrenzt!
– Irradiations- und priming-effekt bewusst nutzen also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar  .  
– Mit embodiment und »Tu«-effekt die
erinnerung verstärken page // ebner Verlag gmbH & Co. Kg // info@page-online.de //
– Durch Haptik glaubwürdigkeit, Wertschätzung Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
und Kaufbereitschaft erhöhen aufgrund der auf 18 personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die anmeldungen in der
– Kreativsession anhand einer aufgabenstellung Reihenfolge der eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der anmeldung an.
Sie ist sofort nach erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne abzug zu überweisen.
aus der praxis der Teilnehmer Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
Hello
again!
Facebook bietet Kreativen ausgefeilte Möglichkeiten, um die
gewünschte Audience zielgenau zu erreichen. Speziell die Optionen
fürs Retargeting haben zuletzt ein umfangreiches Update
erfahren. Wir zeigen, wie Sie diese fürs Eigenmarketing oder
Kampagnen im Kundenauftrag nutzen
page 05.16 091

● Endlich ist das Projekt fertig: eine glänzende Kam­ net wird nicht pro Werbeeinblendung, sondern pro
pagne, tolle Inhalte, ein gelungenes Artwork – und Klick (Pay­per­Click) – ein Vorteil, gerade wenn das
jetzt sollen es alle sehen. Aber wie holt man sich den Werbebudget nicht so groß ist. Umso wichtiger, dass
relevanten Trafc? Wer das Budget für Onlinewer­ das Targeting sitzt, damit man nicht für Klicks zahlt,
bung möglichst efzient anlegen will, investiert ins die am Ende nichts bewirken.
Targeting, also die genaue Zielgruppenansprache,
damit die richtigen Facebook­User auch die richtige Facebooks Retargeting-Instrumente
Anzeige zu sehen bekommen. Indikator des Erfolgs Über einen Unternehmens­Account erhält man Zu­
ist die Conversion­Rate, also der Prozentsatz der Nut­ gang zu allen relevanten Funktionen der beiden An­
zer, die die intendierte Aktion ausführen, sei es das zeigentools von Facebook, dem Werbeanzeigenma­
Abonnieren eines Newsletters, der Kauf eines Pro­ nager und dem Power Editor. Für die gelegentliche
dukts oder Ähnliches. Umso ernüchternder, wenn kleine Kampagne genügt der Werbeanzeigenmana­
gleich mehrere Studien belegen, dass die Konver­ ger. Dieser ist auf den ersten Blick überschaubarer
sionsrate einer Website die 4­Prozent­Hürde nur sel­ und einfacher zu bedienen. Ansonsten empfiehlt sich
ten übersteigt. Und die restlichen 96 Prozent? Sind der Power Editor, der wesentlich mehr Möglichkei­
die tatsächlich verloren? ten zum Erstellen, Filtern und Analysieren bietet.
»Nein«, erklärt Philipp Roth, »mit Retargeting­ xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Facebooks zentrales Retargeting­Instrument sind
Maßnahmen lässt sich ein guter Teil dieser User segmentierte Zielgruppen, sogenannte Custom Au­
doch noch adressieren«, so der Gründer des Social­ »Je genauer diences, die man im Power Editor oder Werbeanzei­
Media­Blogs allfacebook.de und Organisator der All­ man die genmanager anlegt. Diese Gruppen basieren auf
Facebook Marketing Conference (http://conference. Usern, die mit einem Unternehmen bereits in Kon­
allfacebook.de). Beim Retargeting werden Besucher
Zielgruppen takt stehen und von denen Daten (Name, Telefon­
einer Website mit gezielter Werbung erneut ange­ konfiguriert, nummer, E­Mail­Adresse et cetera) vorliegen, et­
sprochen – auf Basis über sie gesammelter Daten. desto wa im Customer­Relationship­Management­System.
Das Credo der Retargeting­Strategen: Je häufiger ein präziser las- Ein Exempel: Bietet eine Agentur auf ihrer Website
User eine Nachricht zu sehen bekommt, desto wahr­ ein Whitepaper zum Download an, um fleißig Leads
scheinlicher ist es, dass die Botschaft ihr Ziel erreicht.
sen sich die zu generieren, also persönliche Daten samt E­Mail­
Anzeigen Adresse, kann sie mithilfe dieses Datensatzes eine
Neue Möglichkeiten für Agenturen, ausspielen« Custom Audience erstellen und den Usern über Face­
Start-ups und Freelancer book Ads zukünftig das jeweils neueste Whitepaper
Adrienne Becker,
Als besonders erfolgversprechend gilt derzeit das Head of Social oder eine passende Dienstleistung offerieren. »Wir
Retargeting in sozialen Medien – speziell via Face­ Media bei web-netz stellen eine deutliche Performancesteigerung von
book –, zum einen aufgrund dessen hoher Reichwei­ in Lüneburg Facebook­Werbeanzeigen durch den Einsatz von Cus­
te, zum anderen wegen der treffsicheren Targeting­ tom Audiences fest«, sagt Adrienne Becker, Head of
Möglichkeiten, die das Netzwerk dank seines Wis­ Social Media bei der Lüneburger Online­Marketing­
sens über seine Mitglieder bietet. Zwei schlagkräftige Agentur web­netz. Anzeigen auf Grundlage von Cus­
Argumente. Dazu kommt ein drittes: Facebook­User tom Audiences versprechen eine Klicksteigerung auf
lassen sich auch über mehrere Geräte hinweg identi­ Facebook Ads um bis zu 50 Prozent im Vergleich zu
fizieren und ansprechen – ein großer Vorteil gegen­ Facebooks herkömmlichen Targetingoptionen.
über den Cookies, mit denen gängige Retargeting­ Selbst Usern, die ihre Daten nicht (aktiv) hinter­
Verfahren, zum Beispiel via Google, arbeiten. Die lassen haben, kann man passgenaue Angebote an­
technische Grundlage dafür ist die eindeutige, De­ zeigen – Facebook nennt diese Zielgruppenvariante
vice­unabhängige Facebook­ID. »Website Custom Audiences«. Damit dies funktio­
Interessant wird das Thema für Kreative dadurch, niert, müssen diese User auf Facebook eingeloggt
dass Facebook die Retargeting­Optionen zuletzt sein, während sie im Netz surfen. Und mit der Ziel­
nicht nur überarbeitet, sondern zudem frei zugäng­ gruppenoption »Lookalike Audiences« schließlich
lich gemacht hat. Viele Möglichkeiten, die sich bis kann man neue User adressieren, die den Personen
vor Kurzem ausschließlich Firmen boten, die Face­ einer bereits erstellten Gruppe sehr ähnlich sind.
book direkt betreute, kann nun jeder eigenständig Facebook ermittelt diese User auf Basis von Über­
nutzen, der einen Unternehmens­Account besitzt. schneidungen der demografischen Daten, Verhal­
Das Start­up, das gerade erst ins Business einsteigt, ten, Interessen et cetera. Auf diese Weise erhält man
kann jetzt also ebenso davon profitieren wie die Di­ Zielgruppen, denen eine hohe Afnität zum eigenen
gitalagentur, die für einen Kunden neben dem Web­ Angebot unterstellt wird. Mit den Lookalike Audien­
auftritt auch dessen Facebook­Kanal betreut. Oder ces werden Custom Audiences zum Ausgangspunkt
auch der Designer, der seiner Portfolioseite ein grö­ zur Akquise neuer Kontakte. Im Folgenden zeigen
ßeres Publikum verschaffen möchte. Facebooks Re­ wir Ihnen, worauf es beim Anlegen von Zielgruppen
targeting­Optionen ermöglichen es, die Anzeigen in Facebooks Power Editor oder Werbenanzeigen­
präzise und efzient auszuspielen, denn abgerech­ manager ankommt. as
092 page 05.16 › werkzeug › Facebook-retargeting

Facebooks
Adrienne Becker,
Head of Social Media
bei der Lüneburger
Retargeting
Online-Marketing
Agentur web-netz
↗  www.web-netz.de
richtig nutzen
Retargeting-Ziele definieren ● Den Prozess der Anzeigenerstellung selbst – sei
es mit dem Power Editor oder dem Werbeanzeigen­
Bevor Sie Zielgruppen anlegen, gilt es genau zu manager – beschreibt Facebook auf den Hilfeseiten
klären, wofür Sie diese einsetzen wollen, denn ( http://is.gd/FB_Anzeigen ). Wir konzentrieren uns
davon hängt ab, welche Konfiguration Sie vorneh- daher auf die entscheidenden Konfigurationsoptio­
men. Hier die Tipps von Adrienne Becker: nen beim Anlegen der Zielgruppen. Facebooks Logik

1
sieht vor, dass man eine oder mehrere Anzeige(n)
Mit Besuchern in Kontakt bleiben als Teil einer Kampagne generiert, die man wiede­
Egal, ob es darum geht, die Anzahl der rum im Rahmen eines Werbekontos anlegt – ent­
Facebook-Fans zu erhöhen, Abonnenten sprechend sind beide Anzeigentools strukturiert.
für den Newsletter zu gewinnen oder ein
Webinar oder E-Book zu bewerben – die größten Custom Audience erstellen
Erfolgsaussichten bestehen bei den Besuchern einer Um eine Custom Audience anzulegen, wählen Sie
Website, die diese innerhalb der letzten 30 Tage im Werbeanzeigenmanager zunächst den Reiter
angeklickt haben, denn hier besteht ein grundsätz- »Zielgruppe«. Daraufhin öffnet sich das Fenster »Wer­
liches Interesse und die Erinnerungen sind noch frisch. beanzeigengruppe«, wo Sie auf »Neue Custom Audi­

2
ence erstellen« gehen. Hier bieten sich nun drei Mög­
User reaktivieren lichkeiten 1 : Entweder importieren Sie Userdaten,
Um Kunden zurückzugewinnen, die län- etwa aus dem Customer­Relationship­Management­
ger nicht auf der Website waren, hilft oft System (»Kundenliste«) beziehungsweise Angaben
eine Incentivierung in Form eines Gut- über Facebook­App­Nutzer (»App­Aktivität«), oder
scheins. Um diese User mit einer Anzeige anzusprechen, aber Sie nutzen Daten zu den Website­Besuchern
legt man zwei Listen an und kombiniert diese: eine (dazu unten mehr). In den ersten beiden Fällen
Liste mit Nutzern, die in den vergangenen 180 Tagen gleicht der Werbeanzeigenmanager die Informatio­
auf der Shopseite waren, und eine mit Besuchern der nen mit den vorhandenen Facebook­Daten ab. Aus
letzten 90 Tage. Schließt man Letztere aus, verbleiben Gründen des Datenschutzes werden sie, so verspricht
ebenjene User, die schon länger nicht zu Besuch waren. Facebook, anonymisiert. Die Daten lassen sich per

3
Copy­and­paste einfügen, einfacher ist es allerdings,
Ergänzende Produkte anbieten zuvor eine TXT­ oder CSV­Datei zu erstellen und
Wer sich Laufschuhe angeschaut, braucht hochzuladen 2 .
vielleicht noch Laufhose oder -shirt. Also
zeigt man Interessenten dieser Produkt- Tracking-Pixel einfügen
kategorie auch verwandte Artikel. Dafür muss man das Um überhaupt Website Custom Audiences anlegen
Facebook-Pixel auf allen Produktseiten einbinden. zu können, gilt es zunächst, die Aktionen der User

4
auf der Website zu tracken. Hierfür generieren Sie
Warenkorb zur Kasse tragen im Werbeanzeigenmanager das Facebook­Pixel und
Oft füllen Nutzer im Onlineshop ihren bauen dessen Code in die Website ein, damit es auf­
Warenkorb, lassen ihn danach aber zeichnet, welche User welche Seite besucht haben.
stehen, ohne den Kauf abzuschließen. Diese Informationen sind wichtig, um später – je
Dann kann man der Kaufentscheidung mit einem nach Verhalten – zielgenaue Anzeigen auszuspielen.
Rabattcode auf die Sprünge helfen. Dafür wählt Daneben kann man im Code auch eines von neun
man Besucher der Warenkorbseite aus und schließt vordefinierten Ereignissen (Events) ergänzen. Hier­
gleichzeitig die Gruppe aller Käufer aus. von hängt ab, welche Aktionen des Users Sie mit

5
dem Tracking­Pixel aufnehmen, beispielsweise »In
Upselling mit weiterführenden Produkten den Einkaufswagen legen« oder »Inhalt anzeigen«.
Der Facebook-Pixel registriert, dass Aber Achtung dabei, personenbezogene Daten sind
der Nutzer ein Seminar gebucht immer ein rechtlich sensibles Thema: Wer das Face­
oder ein E-Book geordert hat? Dann book­Pixel auf seiner Website einbaut, muss seine
könnten ein Folgeseminar oder weiterführende Hinweise zum Datenschutz entsprechend anpas­
Literatur von Interesse sein. sen und zudem auf Facebooks Opt­out­Seite verwei­
sen ( www.facebook.com/settings/?tab=ads ).
page 05.16 093

1
Website Custom Audiences erstellen
Um eine Website Custom Audiences zu erzeugen,
wählen Sie im Dialogfeld »Neue Custom Audience
erstellen« des Werbeanzeigenmanagers die Option
»Besucherzahlen deiner Website« 1 . Daraufhin er­
scheint das Fenster »Erstelle eine Zielgruppe« mit
verschiedenen Parametern, die sie beliebig kombi­
nieren können, um mehrere Gruppen zu erstellen.
Mit der etwas irreführend betitelten Konfigura­
tionsoption »Besucherzahlen deiner Webseite« 3
wählen Sie die User danach aus, welche Seiten diese
besucht haben. So können Sie jene selektieren, die
»nur bestimmte Websites besuchen und keine ande­
ren«, oder andere, die »eine bestimmte Zeit lang die
Website nicht besucht haben«. Haben Sie Ihre Wahl
getroffen, öffnet sich innerhalb des Formulars ein
2
Feld zur Eingabe der gewünschten URL 4 . »Zwar
kann man so eine Website Custome Audience mit
mehreren Bedingungen erstellen«, erklärt Adrienne
Becker, »am flexibelsten lassen sich aber Zielgrup­
pen mit nur einer Bedingung kombinieren.«
Darüber hinaus legen Sie hier den Zeitraum fest,
auf den die Kriterien angewendet werden sollen 4 .
Hier lässt sich ein Wert von bis zu 180 Tagen wählen.
»Erfahrungsgemäß erhalten Sie die besten Ergeb­
nisse, wenn Sie die Besucher der letzten 30 Tage an­
sprechen, wenn das Interesse der User noch relativ
frisch ist«, sagt Social­Media­Experte Jan Firsching,
Blogger auf Futurebiz.de und Berater bei der Berli­
ner Agentur für digitale Markenführung Brandpunkt
( www.brandpunkt.com ). Für User, die einen Kauf
abgebrochen haben, empfiehlt sich ein sehr kurzer
Zeitraum von ein bis zwei Tagen.

Ziel definieren und passende 3

Konfiguration wählen
Die Herausforderung besteht weniger darin, Website
Custom Audiences zu erstellen, als in der Aufgabe,
sie sinnvoll zu kombinieren. Dafür muss man sich
zunächst über das Ziel seiner Anzeige im Klaren sein:
Will man User reaktivieren, die länger nicht auf der
Website waren? Oder jene, die einen Kauf abgebro­
chen haben, zum Abschluss animieren? Je nach Ziel
nimmt man eine andere Konfiguration vor, und je
genauer diese ist, desto präziser lassen sich die An­
zeigen ausspielen: Nur jene User anzusprechen, die
4
auf der Warenkorbseite waren, macht wenig Sinn.
Erst der Ausschluss von Käufern, also Besuchern der
Kaufbestätigungsseite (»Danke für Ihren Einkauf«),
macht eine Erinnerung an den Kauf rentabel – und
verhindert Belästigungen: Wer hat sich nicht schon
mindestens einmal darüber geärgert, dass ihn der
Schuh, den er gestern doch bereits gekauft hat, noch
wochenlang verfolgt.

Doppelgänger finden
Eine »Lookalike Audience« erstellen Sie mit wenigen
Klicks im Werbeanzeigenmanager. Dafür setzen Sie
im Dialog »Zielgruppe erstellen« den Haken bei
094 page 05.16 › werkzeug › Facebook-retargeting

5 6

Anzeigen-Tools für Facebook


● Tools für das Handling von Facebook-Anzeigen
punkten mit übersichtlichen Benutzeroberflächen,
Konfigurationsmöglichkeiten, die über die der
Facebook-eigenen Tools hinausgehen, sowie mit
umfassendem Support. Diesen Service gibt es
natürlich nicht umsonst. Die wichtigsten Anzeigen-
tools stellen wir hier vor.
der Option »Lookalike Audience«, anschließend
AdEspresso. Service für alle Aufgaben von wählen Sie als Basis der Lookalike Audience eine be­
Kampagnenmanagement über Analytics reits erstellte Custom Audience 5 .
bis Reporting. Das Tool erlaubt die Vorschau
der Anzeigen in Echtzeit und umfassendes A/B-Testing.
Zielgruppen verfeinern
Das Standardpaket gibt es ab 50 Dollar monatlich. Alle Listen – ob Custom Audience, Website Custom
↗ https://adespresso.com Audience oder Lookalike Audience – lassen sich mit
klassischem Facebook­Targeting weiterbearbeiten.
AdRoll. Die Spezialität des Profi-Ad-Mana- Je mehr Targeting­Parameter Sie hinzufügen, desto
gers, das dynamische Retargeting, funktio- spitzer, aber auch kleiner wird die Zielgruppe. »Ach­
niert nun auch per Power Editor. Das AdRoll- ten sie bei der Konfiguration darauf, dass sie nicht zu
Team übernimmt die Optimierung und auf Wunsch groß und unspezifisch ist«, rät Philipp Roth. » Aber
auch die Gestaltung der Anzeigen. Das Tool bedient auch zu klein sollte sie nicht sein, auch weil sich der
auch Twitter, Google und Apple iAd. Das Preismodell Aufwand zum Erstellen und Optimieren der Anzeige
ist dynamisch, abhängig vom Anzeigenvolumen. dann kaum lohnt.« Empfehlenswert sind Zielgrup­
↗ www.adroll.com/de-DE/product/facebook pen mit einer Größe von mindestens 1000 Nutzern.
Gruppen von weniger als 20 Personen sind technisch
Perfect Audience. Der Anzeigenmanager nicht möglich, zudem wäre dann die Privatsphäre der
versteht sich ebenfalls als Retargeting- Facebook Nutzer nicht mehr garantiert.
Spezialist, versorgt neben Facebook auch Facebooks Targeting­Optionen 6 erreichen Sie
Twitter, Web und Mobile, erlaubt umfangreiches im Werbeanzeigenmanager über das Menü »Ziel­
Tracking der Kampagnen, Analyse von Click-Through- gruppe bearbeiten«. Hier lassen sich Anzeigen unter
Rates und Conversions. Das Preismodell ist anderem nach dem Nutzergeschlecht differenzie­
dynamisch, abhängig vom Anzeigenvolumen. ren, um etwa zu vermeiden, dass männliche User Rö­
↗ www.perfectaudience.com cke und Ballerinas zu sehen bekommen. Ebenso las­
sen sich Anzeigen gemäß Beziehungsstatus, Alter,
Qwaya. Der Ad Manager beherrscht Hobbys, Art des Smartphones oder bevorzugten Rei­
neben Facebook auch Web und Mobile, sezielen ausspielen. Will man User in der Hauptstadt
erledigt das komplette Kampagnen- in den stationären Shop lotsen? Dann schaltet man
Management und Reporting, hat Google Analytics die Anzeige ausschließlich bei Personen mit Wohn­
und vollautomatische A/B-Tests integriert und ort Berlin. Oder man will einen Geburtstagsrabatt
bietet Targeting- und Ad Templates, die Ausspielung anbieten? Dann wählt man über die Targeting­Optio­
der Anzeigen lässt sich erfolgsbasiert anpassen. nen die entsprechenden User aus.
Tarife ab 150 Dollar monatlich. as Die Retargeting­Optionen, die Facebook anbietet,
↗ www.qwaya.com sind recht umfassend, bieten aber mehr Möglichkei­
ten als andere Plattformen – probieren Sie es aus! as
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096 page 05.16

Branche

Gründen
studieren
Start-up-Kultur zieht ein in die akademische Designlandschaft:
Die ersten Hochschulen bauen Studiengänge um, fädeln
interdisziplinäre Kooperationen ein und ermutigen Designer,
über die Dienstleistung hinauszudenken

● An Deutschlands Universitäten und lande zieht langsam Gründungskultur preneure, die im Umfeld ihrer Hoch-
Hochschulen ist es mit Start-up-Förde- und -kompetenz in die Hochschulen schule anspruchsvolle und innovative
rung nicht allzu weit her. Vor allem Bil- und Akademien ein. Ideen ausgründen, und schenkt ihnen
dungsstätten, die nicht in erster Linie Dass Start-ups einen ordentlichen bis zu 150 000 Euro für die Entwicklung
betriebswirtschaftlich oder technisch Schuss Erfindergeist in die deutsche ihres Unternehmens. Ja, richtig ver-
orientiert sind, halten sich mit der Ver- Wirtschaft bringen und bis 2010 schon standen: Es geht um ein Geschenk,
mittlung von Unternehmerkompeten- eine Million neue Arbeitsplätze ge- kein Darlehen!
zen zurück. Studierende der Fachrich- schaffen hatten, erkannte auch unsere
tung Design/Gestaltung etwa können Bundesregierung und legte vor gut fünf Kreativität und
nur neidisch auf die hochdynamischen Jahren das Programm EXIST – Exis- Unternehmergeist
Entrepreneur-Programme an US-ame- tenzgründungen aus der Wirtschaft »Was geht mich das an?«, könnten Sie
rikanischen Privathochschulen schie- für Hochschulen und Universitäten auf als angehender Designer oder Develo-
len, aus denen profitable internationa- (siehe Seite 101). Die noch bis 2020 per natürlich jetzt fragen. Ganz ein-
le Unternehmen wie Snapchat, Spotify, laufende Förderinitiative des Bundes- fach, das werden Ihre künftigen Auf-
WhatsApp und Konsorten entstehen. ministeriums für Wirtschaft und Ener- traggeber sein! Bereits im zweiten Jahr
Doch es gibt Hoffnung: Auch hierzu- gie (BMWi) unterstützt junge Entre- nach der Gründung beschäftigen
Stephanie Rabbe, Professorin für Entrepreneurship und
Unternehmensgründung an der Hochschule für
Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim,
coacht junge Gründer bei einem Workshop
↗  www.hawk-hhg.de/hawk_plus/179493.php
098 page 05.16 › branche › gründen aus dem Studium heraus

Start-ups durchschnittlich schon


17 Mitarbeiter (siehe »Designwirtschaft
in Zahlen«, PAGE 04.16, Seite 107). Und
da die meisten Start-ups auf digitalen
Geschäftsmodellen fußen, braucht es
Grafik-, Kommunikations-, User-Inter-
face- und User Experience Designer so-
wie Frontend Developer, um die Ge-
schäftsideen umzusetzen.
Zurzeit steht für viele angehende
Designer noch fest: »Nach dem Studi-
um möchte ich in einer Agentur arbei-
ten oder ich werde Freelancer.« Die
Vielseitigkeit der Projekte ist offenbar
sehr anziehend. Doch Jobs in Start-ups
werden immer beliebter. Einen Grund
dafür nennt User Experience Designer
Martin Thiemann aus München, der
EXIST-Stipendium für sich nach jahrelanger Arbeit als Free-
lancer für Scholz & Volkmer und die
innovatives Game-Konzept Deutsche Telekom bewusst für die Mit-
arbeit bei dem Gesundheits-Start-up
● Schon während ihres Masterstudiengangs Games Melanie Taylor, Daniel smartpatient ( www.smartpatient.eu)
an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Marx (rechts) und entschieden hat: »Für mich ist Design
(HAW) Hamburg konzipierten Melanie Taylor, Da- Michael Kluge (links) ein Werkzeug, um etwas Nachhaltiges
sind absolventen der
niel Marx und Michael Kluge begeistert Games und zu schaffen. Daher wollte ich länger-
haW hamburg und
wurden für ihre Studienprojekte »GroundPlay« und fristig an einem eigenen Projekt mit-
Gründer des Start-ups
»Scherbenwerk« jeweils mit dem Deutschen Com- Osmotic Studios
wirken.« Seither verantwortet Thie-
puterspielpreis ausgezeichnet. Die drei gründeten ↗ www.osmotic- mann das Design der hauseigenen Ge-
Osmotic Studios nach Abschluss des Studiums im studios.de sundheits-App MyTherapy (www.my
April 2014. Seither ermöglicht ihnen ein EXIST-Sti- therapyapp.com ), statt immer wieder
pendium die Entwicklung von Independent Games, für andere Projekte zu arbeiten.
die sich abseits von Normen und Klischees der digi- Vielleicht brüten Sie ja gerade selbst
talen Unterhaltungsindustrie bewegen. eine Idee für ein neues Produkt aus, das
»Für das EXIST-Stipendium haben wir monate- sich prima skalieren lässt und Ihnen
lang an einem Businessplan gefeilt und viel Marktre- die Möglichkeit gibt, den Dienstleis-
cherche und -analyse betrieben«, erinnert sich Mela- tungssektor gegen ein Leben als Unter-
nie Taylor, die die grafische Gestaltung verantwortet. nehmer einzutauschen? Man denke an
Ohne die tatkräftige Hilfe ihres Professors Gunther Apps wie Paper (www.fiftythree.com),
Rehfeld wäre es sicher nicht gelungen, die über 60 Sei- Sketch (www.sketchapp.com) oder
ten starke Ideenskizze zu entwickeln. »Es ist nicht Website-Builder wie Salon.io oder Jim-
einfach abzuschätzen, was die EXIST-Jury als innova- do ( www.jimdo.de ) – alles Start-ups,
tiv ansieht«, findet Angela Borchert, die an der HAW die sich aus der täglichen Arbeit von
Hamburg die Alumni- und Entrepreneur-Aktivitäten Designern entwickelten.
betreut. »Designer haben oft schlechtere Chancen,
denn das Produkt muss innovativ und skalierbar sein Dienstleistung versus
und Arbeitsplätze schaffen.« Produktentwicklung
Die Hochschule muss übrigens für Räumlichkei- Dass Gestalter die besten Vorausset-
ten (das Büro der Gründer), Verwaltungskosten und zungen zur Unternehmensgründung
Infrastruktur (rund 10 000 Euro) selber aufommen. mitbringen – insbesondere wenn sie
»Obwohl die Vergabe öffentlicher Gelder natürlich sich technologisch auskennen –, fin-
großer Sorgfalt unterliegt, wäre es wünschenswert, det auch Gesche Joost, Designforsche-
die bürokratischen Hürden zu verringern«, verteidigt rin und Professorin am Design Re-
Borchert die jungen Gründer. Das Geld sollte schließ- search Lab der Universität der Künste
lich helfen, das Produkt weiterzuentwickeln, und (UdK) Berlin: »Das Internet der Dinge,
nicht für die Dokumentation draufgehen. Ein Handi- Wearable Computing oder Rapid Pro-
cap sei zum Beispiel, dass die Gründer Material über totyping bieten doch eine wahre Spiel-
die Hochschule einkaufen müssen – also drei Ange- wiese für das Design.« Und wo könnte
bote einholen und die Wahl bei der Verwaltung be- man besser die ersten Schritte ins Un-
gründen. Das ist mühselig. ternehmertum wagen als im sicheren
page 05.16 099

Umfeld der Hochschulen und Univer- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx talen Transformation zu begegnen. Be-
sitäten, wo Hilfe von Professoren, Men- reits seit 2011 bietet die HAW Hamburg
toren und durch Netzwerke eventuelle
Fehler auffängt?
»Für Designer interfakultativ den GründungsService
CC3L – Competence Center für Lebens-
In dieser Hinsicht haben Bildungs- ist das EXIST- Langes Lernen an, mit grundlegenden

Programm
einrichtungen mit technischer oder be- Beratungen in der Vorgründungs-,
triebswirtschaftlicher Orientierung die Gründungs- und Nachgründungspha-

meist nicht das


Nase ganz vorn, das enthüllt das EXIST- se, mit Veranstaltungen, Ringvorlesun-
Ranking der wichtigsten Start-up-Uni- gen und einem lebendigen Netzwerk,
versitäten. Bei Designhochschulen und
-universitäten lautet das Urteil hinge- Richtige, denn das Kontakte zu Ehemaligen und in
die ansässige Wirtschaft ebnet ( www.
gen eher »Fehlanzeige«. »In den Pro-
grammen EXIST-Gründungsstipen- die Start-up- haw-hamburg.de/cc3l.html). Hier hel-
fen Experten den Studierenden auch
dium und EXIST-Forschungstransfer
kann man sich noch bis Ende 2020 be-
Ideen sind bei EXIST-Anträgen. Hervorgegangen
sind aus diesen Bemühungen schon
werben«, erklärt Ralf Dolk vom Pro-
jektträger Jülich (www.ptj.de), der mit
technologisch etliche Start-ups, wie beispielsweise
audioguideMe (www.audioguide.me),
der Umsetzung der Fördermaßnahme oft nicht das Indie-Game-Start-up Osmotic Stu-

forschungs-
des BMWi beauftragt ist. Mit außerge- dios ( www.osmotic-studios.de ) und
wöhnlichem Erfolg: Nach fünf Jahren das E-Commerce-Portal für regionale
sind noch 62 Prozent der Unternehmen
am Markt – zurzeit unterstützt das Pro- intensiv genug Lebensmittel myFood ( www.myfood-
regional.de ).
gramm 199 Start-ups, rund 65 Prozent
davon aus dem Bereich Internet- und für die Jury« Ebenso hält es die Hochschule für
Angewandte Wissenschaft und Kunst
Kommunikationstechnologien. Anfra- in Hildesheim. Ihre Gründerinitiative
gen von Gestaltern bekommt der Pro- Stephanie Rabbe, Professorin für »HAWK plus Entrepreneurship« rich-
jektträger Jülich allerdings recht selten, Entrepreneurship und Unter­ tet sich mit Lehrveranstaltungen an
obwohl das EXIST-Programm grund- nehmensgründung an der HAWK Studierende und Alumni aller Fach-
sätzlich allen Studierenden und Ab- richtungen. Insgesamt haben in den
solventen offensteht. »Vielleicht kolli- letzten drei Jahren rund 40 Gestalter-
diert das Selbstverständnis als Krea- Start-ups erfolgreich ausgegründet
tiver mit dem Unternehmertum. Sie oder Wirtschaftsinformatiker größe- (www.hawk-hhg.de/hawk_plus/1809
haben eher die Freiberuflichkeit im res Interesse an einer eigenen Grün- 70.php ), unter ihnen das bekannte
Auge und konzentrieren sich auf ihr dung hätten als Gestalter, erklärt Peter Urban Invention alias Streetpong (sie-
Portfolio«, vermutet Dolk. Kabel, Professor für Interaction Design he Seite 101), das als urbanes Spiel an
Ähnliche Erfahrungen macht Björn und Leiter des Departments Design an Fußgängerampeln Furore machte: Um
Loose, Leiter Kommunikation der stu- der Hochschule für Angewandte Wis- die Wartezeit der Rotphase zu über-
dentischen Entrepreneurship-Initiative senschaften (HAW) in Hamburg: »Die- brücken, spielt man über ein Display
START Berlin (www.start-berlin.com), se Berufsgruppen können ihre Dienst- an der Ampel gegen jemanden auf der
die Gründungsaktivitäten an sämtli- leistung in Form von Beratung nicht anderen Straßenseite.
chen Berliner Universitäten und Hoch- sofort nach dem Studium zu Markte »Für Designer ist das EXIST-Pro-
schulen verknüpft: »Von der Universi- tragen – der übliche Weg ist dann eben, gramm meist nicht das Richtige, denn
tät der Künste kommt diesbezüglich dass sie sich erst nach viel Erfahrung in die Start-up-Ideen sind technologisch
kaum Feedback. Vielleicht liegt es an größeren Unternehmen am Ende ih- oft nicht forschungsintensiv genug für
der fehlenden Präsenz des Themas, rer Laufahn selbstständig machen. die Jury«, resümiert Stephanie Rabbe,
oder die Studierenden sehen einfach- Selbstbestimmtes Arbeiten ist für sie Professorin für Entrepreneurship und
keinen Mehrwert in unserem Angebot. nur mit einer Unternehmensgründung Unternehmensgründung in Hildes-
Die Gründungsaktivitäten dort sind möglich. Gestalter hingegen können heim. Das interdisziplinäre Kursange-
jedenfalls nicht sehr präsent.« Die pri- mit einem überzeugenden Portfolio bot HAWK plus – zwei Seminare sind
vate Mediadesign Hochschule für De- ohne jegliche Hürde jederzeit freibe- für Studierende obligatorisch – will die
sign und Informatik in Berlin (MD.H, ruflich durchstarten.« verschiedenen Fachrichtungen dazu
www.mediadesign.de ) dagegen habe motivieren, in gemeinsamen Projekten
großes Interesse an einer Zusammen- Designhochschulen nicht nur Dienstleistungen, sondern
arbeit gezeigt und bereits Coworking rüsten auf auch marktfähige Produkte zu entwi-
Spaces eingerichtet, ein Gründernetz- Dennoch ist auch Peter Kabel über- ckeln. »Wir haben hier rund 15 mittel-
werk aufgebaut und Demo Days instal- zeugt, dass Hochschulen Gründungs- ständische Unternehmen aus der Re-
liert, um die Arbeit ihrer Studierenden kultur besser unterstützen und Stu- gion, die unsere Gründerteams als pri-
zu präsentieren. dierenden bei der Gründung umfang- vate Inkubatoren mit Sachleistungen
Es sei doch vollkommen klar, wa- reiche Hilfestellung anbieten sollten, und nicht rückzahlbaren Unternehmer-
rum Ingenieure, Betriebswirtschaftler um den Herausforderungen der digi- stipendien unterstützen«, so Rabbe,
100 page 05.16 › branche › gründen aus dem Studium heraus

die bei Gründungen vor allem die te Zukunftsoption für sie ist«, fordert ● Gleich zu Beginn ihres Studiums Digitale Me-
Kombination aus Dienstleistung mit die engagierte Wissenschaftlerin. Bis- dien an der Hochschule für Künste Bremen mach-
begleitendem Produkt favorisiert. her sei das Thema Gründung in den ten sich Alexander Eleftherakis und Hannes Köp-
Bachelorstudiengängen der UdK Ber- nick unabhängig voneinander als Webdesigner
Individuelles Projektstudium lin allerdings nicht sehr ausgeprägt, selbstständig und meldeten ein Gewerbe an. Das
mit möglicher Promotion bedauert Joost und beschreibt damit war im Jahr 2012. Als Freelancer finanzierten sie
Gerade neu strukturiert wurde der den Normalzustand an deutschen De- ihr Studium, bauten zudem in Projekten Erfah-
Masterstudiengang Communication signhochschulen: »Viele Studierende rung auf und sammelten immer mehr Kunden.
Design an der Hochschule der Küns- orientieren sich eher künstlerisch oder 2013 taten Eleftherakis und Köpnick sich schließ-
te Bern (siehe http://is.gd/interviewhk als Produktdesigner, ohne die ›harten lich zusammen und gründeten die Graphek GbR,
bern ). Seit dem Wintersemester 2015/ Fakten‹ einer Unternehmensgründung zu der heute ebenso die Freelancer-Plattform
2016 ist der Studiengang auf ein indi- einzubeziehen, obwohl die meisten Remote-Freelancer.de gehört. »Alex macht das
viduelles Projektstudium ausgerichtet. Absolventen sich später selbstständig Development und ich das Design«, erklärt Han-
Studierende bewerben sich mit einer machen oder als Freelancer arbeiten.« nes Köpnick die Spezialisierung, die sich im Lau-
Projektidee, die sie während ihres Voll- Ein Widerspruch in sich, der die Lan- fe der Zeit ausprägte.
zeitstudiums (3 Semester) beziehungs- dung in der Realität nach dem Studi- Während der Gründung informierten sie sich
weise Teilzeitstudiums (5 Semester) in um für einige sicher erschwere. Dabei an ihrer Hochschule über Gründerprogramme
der Vertiefung »Design Entrepreneur- kann es auch für die Freiberuflichkeit wie EXIST, doch das kam für sie nicht infrage.
ship« zu einem Konzept für ein design- nicht schaden zu wissen, wie man ein »Erstens hatten wir bereits gegründet, außerdem
basiertes Produkt oder eine Dienstleis- tragfähiges Businessmodell entwickelt war uns der bürokratische Aufwand zu groß«,
tung oder in der Vertiefung »Design und einen Business-, Finanz- und Mar- winkt Köpnick ab. Also versuchten sie gleich
Research« zu einem Plan für ein For- ketingplan aufstellt. selbst, Unternehmer-Skills aufzubauen. »Wir ha-
schungsprojekt weiterentwickeln. In ben mal einen Kurs ›Professionalisierung‹ belegt,
beiden Vertiefungen lernen die Studie- Technologie-Start-ups der kurz anriss, was man als Designer später be-
renden die gesellschaftlichen Auswir- brauchen Designer achten muss, beispielsweise Urheberrecht«, er-
kungen ihrer Projekte zu erfassen und Wenn Sie als Gestalter nicht in die innert sich Köpnick. Mehr Informationen zur
ihre soziale Relevanz zu begründen. Dienstleistung wollen oder keine trag- Unternehmensführung gab es an der Hochschu-
Denn »Designer gestalten nicht für fähige Idee für ein Start-up haben, le allerdings dann nicht. »Wir hatten zum Bei-
sich, sondern für andere«, wie es in der bringen Sie Ihre gestalterische Kom- spiel keine Ahnung von Steuern, Buchhaltung
Studienbeschreibung heißt. Das ent- petenz doch in ein interdisziplinäres und Versicherungen«, gesteht der Bremer Desi-
standene Konzept bildet die Grundla- Team ein. Überall suchen Tech-Start- gner. Gewünscht hätten sie sich ein Programm,
ge für die Verwirklichung des Projekts ups kreative Designer, die sich an der das direkt auf ihre Bedürfnisse als Designer zu-
oder die Gründung eines Unterneh- Gründung beteiligen. Interfacedesi- geschnitten ist.
mens, indem Absolvierende damit De- gnerin Nadine Weiberg aus dem nie-
sign-, Start-up- oder Forschungsför- dersächsischen Alfeld beispielsweise
derung beantragen können. Doch auch hat 2013 mit der EXIST-Förderung ge- „Ein auf Design
die Zulassung zu einem Doktorats- meinsam mit Holzingenieur Manfred
programm ist möglich. Ide und Softwareentwickler Chris- spezialisiertes
Studiengangsleiter Robert Lzicar topher Herbon das Start-up Fovea
(http://is.gd/hkbrobertlzicar) findet es (www.fovea.eu) gegründet, das eine Gründungs-
nicht mehr zeitgemäß, dass Studieren- App zur fotooptischen Holzvermes-
de weiterhin fast ausschließlich für tra- sung per Smartphone produziert. Die- programm wäre
ditionelle Karrieren im Bereich Design se fand reißenden Absatz: Schließlich
ausgebildet werden – also zur Bearbei- werden in deutschen Wäldern jährlich echt hilfreich
tung fremder Aufträge, sei es in Anstel- 1,2 Milliarden Holzstämme gesam-
lung oder Selbstständigkeit. »Absol- melt und in die Fabriken der Holzin- gewesen“
venten sollten sich eher als Design- dustrie gefahren. Und Dank des über-
unternehmer oder Designforscher mit zeugenden User-Experience-Designs
ihren eigenen Projekten und Themen wurde die App auch noch mit dem
positionieren und etablieren«, erläu- German Design Award 2016 ausge-
tert er das Konzept. zeichnet. Also nur Mut, es gibt durch-
Gesche Joost vom Design Research aus andere Optionen als Agentur oder
Lab in Berlin würde das Thema Grün- Freiberuflichkeit. ae
dung am liebsten gleich fest im Cur-
riculum der Designstudiengänge ver-
ankern, um neben den fachlichen Start-up-Storys, die Lust aufs
Gründen machen, gibt’s im
Kompetenzen auch die rechtliche und
page eDossier »gründerszene
betriebswirtschaftliche Seite zu be- hamburg«, erschienen in
leuchten. »Den Studierenden sollte page 06.14 ↗  www.page-
klar werden, dass Gründung eine ech- online.de/pDDp1005
page 05.16 101

EXIST hilft Studierenden


bei der Existenzgründung
● Jetzt aber schnell, das Förderprogramm
EXIST (www.exist.de) läuft 2020 aus. Mit ihm
will das Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie (BMWi) das Gründungsklima an
Hochschulen und außeruniversitären For­
schungseinrichtungen verbessern sowie die
Anzahl und den Erfolg technologieorientier­
„Die HAWK ter und wissensbasierter Gründungen erhö­
hen. Drei Förderprogramme sollen dabei eine
Hildesheim coacht nachhaltige Gründungskultur an öffentlichen
und privaten Hochschulen etablieren:
und deckt
EXIST-Gründungskultur unterstützt Hoch­
Materialkosten“ schulen dabei, eine ganzheitliche, hochschul­
weite Strategie zu Gründungskultur und Un­
Amelie Künzler und Sandro ● Bei der Präsentation der Konzeptidee »Street­ ternehmergeist zu formulieren und nachhaltig
Engel, Absolventen der pong« für den Kurs Interaction Design, den San­ und sichtbar umzusetzen.
HAWK Hildesheim, brachten dro Engel Ende 2012 im fünften Semester an der ↗ www.exist.de/DE/Programm/Exist-
einen Prototyp zur Markt-
Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Gruendungskultur/inhalt.html
reife und gründeten damit das
Start-up Urban Invention
Kunst (HAWK) Hildesheim absolvierte, blieb es
↗ http://urban-invention.com nicht. Ein Jahr später brachte er gemeinsam mit Mit dem EXIST-Gründerstipendium unter­
Kommilitonin Amelie Künzler den ersten funk­ stützt das BMWi die Vorbereitung innovativer
tionierenden Prototyp an den Start, was allerdings technologieorientierter und wissensbasierter
nur möglich war, weil die Hochschule sie bei den Gründungsvorhaben von Studierenden, Ab­
Materialkosten unterstützte. Schließlich ist es solventen und Wissenschaftlern. Studenten,
kein preiswertes Vergnügen, vandalismussichere die mindestens die Hälfte ihres Studiums ge­
Touchscreens zu entwickeln. schafft haben, erhalten 1000 Euro pro Monat,
Erst die Gründerinitiative HAWK plus Entre­ technische Mitarbeiter 2000 Euro, Absolven­
preneurship regte die beiden Studierenden Mitte ten mit mindestens einem Hochschulab­
2014 dazu an, das Projekt als eigenes Unterneh­ schluss 2500 Euro und promovierte Gründer
men auszugründen. Hier half man dem Gründer­ 3000 Euro. Eines der bis zu drei geförderten
team, den EXIST­Antrag auszufüllen, begleitete Teammitglieder kann auch mit einer qualifi­
sie bei der Partnersuche, und die Hochschulprä­ zierten Berufsausbildung als technischer
sidentin persönlich setzte sich bei der Stadt Hil­ Mitarbeiter gefördert werden, auch darf der
desheim dafür ein, im urbanen Raum eine Test­ Abschluss eines Teammitglieds länger als
phase durchführen zu dürfen. fünf Jahre zurückliegen. Zusätzlich gibt es
Das EXIST­Stipendium wurde leider abgelehnt, bei Teamgründungen noch Sachmittel bis zu
weil das zu gründende Unternehmen Urban In­ 30 000 Euro sowie Coachings für die unterneh­
vention angeblich nicht genug in der Verkehrswirt­ merische Weiterbildung für bis zu 5000 Euro.
schaft verankert war. »Also haben wir es auf eigene Die maximale Förderdauer beträgt ein Jahr.
Faust gemacht«, berichtet Sandro Engel. Amelie Die Unterstützung (pro Team durchschnitt­
Künzler entwickelte das Produktdesign, Engel lich 119 000 Euro) wird nur nach einer Einzel­
übernahm das Game­ und User­Interface­Design. fallprüfung der Expertenjury gewährt.
Alexander Eleftherakis (links)
Der Garmisch­Partenkirchener Ampeltaster­ ↗ www.exist.de/DE/Programm/Exist-
und Hannes Köpnick,
Absolventen der Universität
hersteller Langmatz (http://langmatz.de) unter­ Gruenderstipendium/inhalt.html
Bremen, stellten Graphek stützte das junge Team bei der Produktentwick­
und Remote-Freelancer.de lung und lieferte die Oberschale. Um die Program­ Der EXIST-Forschungstransfer fördert so­
auf die Beine mierung selbst kümmerte sich das Hildesheimer wohl notwendige Entwicklungsarbeiten zum
↗ http://graphek.de Softwareunternehmen Pengutronix, das linuxba­ Nachweis der technischen Machbarkeit for­
↗ www.remote-freelancer.de sierte Anwendungen für Industrie und Wissen­ schungsbasierter Gründungsideen als auch
schaft entwickelt (www.pengutronix.de). Neben notwendige Vorbereitungen für den Unter­
vielen Auftragspräsentationen generierte Urban nehmensstart.
Invention ein erstes größeres Einkommen erst ↗ www.exist.de/DE/Service/FAQ/FAQ-
kürzlich über eine Kampagne mit dem Telekom­ Forschungstransfer/inhalt.html
munikationsunternehmen Telefónica.
102 page 05.16 › branche › ausbildungsberuf Mediengestalter

Handwerk
hat goldenen
Boden
Viele halten das Designstudium für den einzig wahren Weg in die Kreativbranche.
Was ist mit der Berufsausbildung zum Mediengestalter?

● Dass sie einmal in einem kreativen brach sie ihr Studium nach der Zwi- ner Ausbildung Leiter einer Creative-
Beruf arbeiten möchte, stand für Marie- schenprüfung ab und entschied sich Services-Unit geworden, ein anderer
Therese Knaust schon in der Schulzeit für eine Lehre zur Mediengestalterin habe sich zum unverzichtbaren Spezia-
fest. Ein Studium an einer entspre- Digital und Print. listen im Bereich Motion Design und
chenden Hochschule sollte der erste Animation entwickelt.
Schritt dorthin sein. Nach dem Abitur Im Beruf stehen Auch beim Gehalt müssten Mitar-
bewarb sich Marie-Therese Knaust an von Anfang an beiter ohne Universitätsabschluss nur
einer Akademie für Kommunikation »Für jemanden, der schon zu Beginn leicht zurückstecken, meint Schlau-
und Design. Ihr gefiel der Ansatz, aus seines Berufslebens gerne ganz nah draff. Ein Top-Mediengestalter ver-
einfachen Mitteln etwas entstehen zu am kreativen Entstehungsprozess ver- diene bei Ogilvy & Mather deutlich
lassen und durch Gestaltung Geschich- schiedener Kommunikationsmaßnah- über dem Bundesdurchschnitt. Zum
ten zu erzählen. Sie mochte es, Dinge men sein möchte, ist eine Ausbildung Vergleich: Laut Gehalt.de beträgt das
durch einen anderen Blickwinkel zu zum Mediengestalter genau das Richti- Jahreseinkommen von Mediengestal-
sehen und so Regeln zu brechen. ge«, sagt Knud Schlaudraff, Managing tern Digital und Print sowie Bild und
Allerdings, das stellte sie mehr und Director von Hogarth & Ogilvy (H&O; Ton in Deutschland zwischen 21 000
mehr fest: Sie kannte genau diese Re- www.hogarth-ogilvy.com), der Werbe- und 31 200 Euro brutto.
geln gar nicht richtig, auch nicht nach agentur, in der Marie-Therese Knaust Die Aufgaben eines Mediengestal-
vier Semestern Grundstudium. »Ich lernt. Die Realisations-Unit der Ogilvy ters variieren von Arbeitgeber zu Ar-
hatte gehofft, dass mir im Studium die Gruppe kümmert sich intern, aber beitgeber. In einer so großen Agentur
Basiskenntnisse beigebracht werden, auch für andere Kunden um die Um- wie Ogilvy & Mather sind die Zustän-
die ich brauche, um gestalterische Auf- setzung von Werbemaßnahmen in al- digkeiten von Kreation und Exekution
gaben ausführen zu können, aber auch len Kanälen und stellt nahezu jedes strikter getrennt als in kleineren Häu-
um meine Ideen umzusetzen«, erzählt Jahr Azubis im Bereich Mediengestal- sern. »Wir steuern eigene Ideen bei,
die 24-Jährige. Sie wollte wissen, wa- tung ein. Einerseits weil man seine so- arbeiten aber auch mit Vorgaben aus
rum eine PDF-Datei für die Druckerei ziale Verantwortung als Unternehmen der klassischen Kreation. Hier ist es
ein bestimmtes Format haben muss, wahrnehmen wolle, aber auch, um immer wieder wichtig, die Balance zu
wie viele Pixel für eine gute Auflösung gute Leute zu fördern und zu binden. halten«, erklärt Marie-Therese Knaust.
nötig sind und wie man aus Photo- Die Übernahmequote liege bei 80 Pro- Sie betont aber auch, dass ohne sie
shop, Illustrator und InDesign das Bes- zent, Karrierechancen gebe es in alle und ihre Kolleginnen und Kollegen
te herausholt. Um mehr Praxisbezug Richtungen, berichtet Schlaudraff. Ein zum Beispiel im Printbereich kein Pla-
in ihre Designausbildung zu bringen, Kollege etwa sei einige Jahre nach sei- kat und keine Anzeige in der Druck-
page 05.16 103

maschine so umgesetzt würde wie ge-


wünscht. Das Wissen über Maschinen,
Verfahren und Papiere gehört ebenso
zu ihrem Lehrplan wie Typografie-
grundlagen und die Erstellung eines
kompletten Corporate Designs. Nach
der Zwischenprüfung vor der Indus-
trie- und Handelskammer hat sie sich
für den Fachbereich Konzeption und
Visualisierung entschieden, um in Zu-
kunft noch stärker in den gesamten
Entstehungsprozess eingebunden zu
sein und noch mehr Kontakt zu Auf-
traggebern zu haben. An ihrer Berufs-
schule ist sie mit diesem Fokus fast
schon eine Exotin.

Der Renner unter den


Schwerpunkten:
Gestaltung und Technik
»Man erkennt deutlich, dass die meis-
ten jungen Menschen, die eine Ausbil-
dung zum Mediengestalter Digital und
Print beginnen, im Grunde kreativ ar-
beiten möchten«, sagt Goy Grass von
der Gutenbergschule in Frankfurt am
Main, wo 90 Prozent der Mediengestal-
ter-Azubis den Fachbereich Gestaltung
und Technik wählen.
So wie Moritz Küther. Der 19-Jäh-
rige macht seine Ausbildung in der
kleinen Schwalbacher Digitalagentur
Dietz (https://dietz.digital), sein Fo-
kus liegt auf der Gestaltung von Web-
sites, Apps und anderen Onlineforma-
ten. Anders als bei Ogilvy gibt es bei
Dietz keine eigene Produktionsabtei-
lung, Küther arbeitet als festes Team-
mitglied in der Kreation, ist vom Kun-
denbriefing über die Erstellung von
Konzepten und Designs bis zur Abnah-
me so gut wie immer dabei.
»Das ist die Basis, um später als Ju-
nior Art Director oder Screendesigner
einzusteigen«, sagt sein Ausbilder Mar-
kus Wirth, Kreativdirektor bei Dietz.
Ob ein junger Kollege übernommen
werde, hänge nicht ausschließlich vom
Talent und dem Willen des Kandida-
ten ab, sondern auch von der wirt-
schaftlichen Situation der Agentur.
Grundsätzlich schätzt Wirth die Mög-
lichkeiten, als ausgebildeter Medien-
gestalter Karriere zu machen, aber
trotzdem als gut ein. »Wahrscheinlich
Sarah Dangel lässt sich bei
sind die Chancen, schnell weiterzu-
der Filmproduktion Brainyard kommen, sogar besser als in anderen
zur Mediengestalterin Bild Berufen, weil es in der Kreativbranche
und Ton ausbilden nicht zuletzt auf Leidenschaft und
Ideen ankommt.«
104 page 05.16 › branche › ausbildungsberuf Mediengestalter

Marie-Therese Knaust
hat sich im Rahmen ihrer
Ausbildung zur Medien-
gestalterin Digital und
Print bei Hogarth & Ogilvy
für den Schwerpunkt
Konzeption und Visua-
lisierung entschieden

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

„Für jemanden, der schon zu Beginn seines Berufslebens gerne


ganz nah am kreativen Entstehungsprozess verschiedener
Kommunikationsmaßnahmen sein möchte, ist eine Ausbildung
zum Mediengestalter genau das Richtige“
Knud Schlaudraff, Managing Director von Hogarth & Ogilvy (H&O) ↗   www.hogarth-ogilvy.com

Lukas Willasch ging bei der


Postproduktion Infected
in die Lehre und arbeitet
jetzt als Videographer
bei Markenfilm Crossing
page 05.16 105

Der Vorteil an der Arbeit in einer die Auszubildenden bei JvM aber auch handwerkliche und betriebliche Wis-
kleinen Firma ist sicher, dass man stark wochenweise in »fachfremden« Ab- sen aus der Ausbildung mit dem ganz-
in die Prozesse eingebunden ist – vo- teilungen und sind von Anfang an an heitlichen Ansatz eines Designstudi-
rausgesetzt natürlich, es geht um me- Kundenprojekten beteiligt. Auch die ums zu verbinden«, erklärt der Agen-
diengestalterische Dienstleistungen. regelmäßigen Vorträge der hauseige- turchef. »Oder man entscheidet sich
»Ab und an gibt es schwarze Schafe nen Academy stehen sämtlichen Mit- für ein ganz anderes Studienfach. Sol-
unter den Ausbildungsbetrieben«, er- arbeitern offen. In seiner täglichen Ar- che Hybridkarrieren mit Medienkom-
klärt Berufsschullehrer Goy Grass. Da beit ist Mattias Rohmer vor allem mit petenz haben in meinen Augen eine
das Kollegium die Schüler aber regel- der Umsetzung komplexer Screende- große Zukunft.«
mäßig besuche, könnten zum Beispiel signs auf Basis moderner Webtechno-
Copyshops, in denen kaum Fachwis- logien wie HTML5, CSS3 und Java- Gute Zeiten für Medien­
sen vorhanden ist und die Azubis nur Script beschäftigt. gestalter Bild und Ton
an der Kasse sitzen, schnell an die Matthias Rohmer kann sich ein In-
IHK gemeldet werden. Lehre plus Studium: Hybrid­ formatikstudium vorstellen, für Sarah
Aber auch in größeren Unterneh- karrieren haben Zukunft Dangel, die bei beim Filmproduktions-
men ist eine Ausbildung näher am Ta- Wer eine Mediengestalterlehre macht, büro Brainyard (www.brainyard.de)
gesgeschäft als ein Studium. »Sie könn- legt einen guten Grundstein für die in die Lehre geht, sind Marketing,
ten ein Diplom in Kommunikations- Arbeit in der Kreativbranche, so viel Kommunikationsdesign oder Werbe-
design machen, ohne jemals mit ihren steht fest. Chancen, damit dann weit psychologie denkbare Ergänzungen.
Kommilitonen zu sprechen«, spitzt zu kommen, gibt es durchaus – vo- Ihre Ausbildung als Mediengestalte-
Azubi Matthias Rohmer seine Ein- rausgesetzt, man findet den richtigen rin Bild und Ton will sie aber auf kei-
schätzung zu. In einer Ausbildung, so Lehrbetrieb. »Das Sich-Behaupten auf nen Fall missen. »Die Arbeit bei Brain-
der 21-Jährige, sei das nicht möglich dem Arbeitsmarkt beginnt schon mit yard umfasst im Grunde alle Stufen in
und wahrscheinlich auch genau das der Suche nach einem Ausbildungs- der Entstehung eines Films. Vom Kun-
Gegenteil von dem, was auszubildende platz«, erklärt Robert Glogowski, Fach- denbriefing bis zur Abnahme. Also
Mediengestalter sich für ihren Einstieg bereichsleiter Berufswirtschaft beim vom Konzept und der Erstellung von
in den Beruf wünschen. Berufsverband der Deutschen Kom- Mood- und Storyboards über die Auf-
munikationsdesigner BDG (http:// nahmen und den Schnitt bis zur Farb-
Mediengestalter mit Fokus bdg-designer.de). korrektur«, erklärt die 21-Jährige. Ge-
auf Webdevelopment Sicherlich könne man sich auf eine nauso habe sie sich einen kreativen
»Wer gerne im Team arbeitet und eher ausgeschriebene Stelle bei Agenturen, Job mit jeder Menge Abwechslung im-
auf Praxis als auf Theorie steht, kann Medienhäusern oder Unternehmen mer vorgestellt.
mit einer Ausbildung einen guten bewerben – und dort möglicherweise In Deutschland lassen sich verhält-
Grundstein für eine Karriere in der auch Glück haben und viel lernen. nismäßig wenige junge Menschen
Kreativbranche legen«, sagt Thomas »Ich persönlich glaube aber, dass es zum Mediengestalter Bild und Ton
Feldhaus, Geschäftsführer von Jung viel mehr bringt, in einer kleinen Fir- ausbilden – aktuell sind es rund 600.
von Matt/next und Rohmers Ausbilder. ma zu lernen. Vielleicht sogar bei ei- Zum Vergleich: Bei den Mediengestal-
Eine Besonderheit in seinem Haus ist, nem einzelnen Designer, an dem man tern Digital und Print waren es 2014
dass die Mediengestalterausbildung sehr nah dran ist, dem man jede Frage mehr als 8000. Das Image des Medi-
grundsätzlich auf zwei Jahre verkürzt stellen kann und mit dem man mitlei- engestalters Bild und Ton sei jedoch
wird. Abitur wird dafür gerne gesehen, det, wenn es in die Endphase eines ungebrochen attraktiv, die Nachfrage
ist aber kein Muss. Besonders wenn Auftrags geht. Wer es schafft, so jeman- deutlich höher als die bestehenden
jemand Talent habe, reiche auch die den dazu zu bringen, dass er einen aus- Ausbildungsplatzangebote, weiß An-
mittlere Reife, heißt es in der Agen- bildet, hat Überzeugungskraft bewie- na Küchler von der IHK Frankfurt. Und
tur. Wenn jemand ein absoluter Crack sen«, findet der Inhaber von geckode- weil Bewegtbild in der Kommunika-
sei, brauche er gar keinen Abschluss. sign ( www.geckodesign.de). tionsbranche bekanntlich immer wich-
Außerdem kommt praktische Vorer- Glogowski sitzt seit über zehn Jah- tiger wird, dürften gute Leute nicht
fahrung gut an, Matthias Rohmer etwa ren im Prüfungsausschuss Medienge- nur für die Rundfunkanstalten eine
gestaltete schon während der Schul- stalter Print an der IHK Braunschweig Rolle spielen, sondern außerdem auch
zeit Flyer und Poster für ein Kulturzen- und bildete in seiner Designagentur für Werbefilm- und Postproduktionen
trum und arbeitete als Freelancer für schon viele junge Menschen zu Me- sowie Agenturen.
ein Programmkino. diengestaltern aus. Ein Abgesang auf
Mit Jung von Matt einigte er sich das Studium ist sein Lob für die Lehre Spezialisierung in der
bereits bei der Einstellung auf den Be- aber keinesfalls. Er findet es richtig, betrieblichen Ausbildung
reich (Web-)Development. Eine frühe dass viele Mediengestalter gegen Ende »Die dreijährige Ausbildung ist eine so-
Spezialisierung ist hier üblich, nicht der Ausbildung doch noch mit einer lide Grundlage für die Arbeit im Film-
zuletzt, um möglichst allen Azubis spä- Hochschule liebäugeln. »Gerade für business«, bestätigt Henning Wester-
ter einen Job anbieten zu können. Um Absolventen, die sich weiter auf den welle, der als Managing Director beim
die Zusammenhänge in einer großen Bereich Gestaltung konzentrieren wol- Hamburger Postproduction-Studio In-
Agentur kennenzulernen, hospitieren len, kann es sehr sinnvoll sein, das fected (www.infected-post.de) je-
106 page 05.16 › branche › ausbildungsberuf Mediengestalter

des Jahr ein bis zwei Azubis ein- Matthias Rohmer, Azubi
stellt. Ein Knackpunkt sei zwar die gro- bei Jung von Matt/next, Die Ausbildung im Überblick
spezialisierte sich von
ße Bandbreite der Lehrinhalte in der
Schule – kein Producer müsse wissen,
Anfang an auf den Bereich Mediengestalter Bild und Ton
Webdevelopment
wie man einen Ü-Wagen anschließt –, Zugangsberechtigung: Rechtlich ist keine bestimmte
doch könne man das mit einem kla- Schulbildung vorgeschrieben. Betriebe stellen aber
ren Fokus im Betrieb gut auffangen. überwiegend Auszubildende mit Hochschulreife ein.
Bei Infected sollen die jungen Kolle- Dauer: Drei Jahre mit Option, um ein Jahr zu verkürzen.
gen daher möglichst früh herausfin- Inhalte: Planung und Durchführung von Medienpro-
den, was ihnen besonders liegt – 3D- duktionen, Einrichten medienspezifischer Produktions-
Animationen, Compositing oder Edi- systeme, Herstellung und Bearbeitung von Bild- bezie-
ting –, um darin anschließend richtig hungsweise Tonaufnahmen unter Berücksichtigung redak-
stark zu werden. tioneller und gestalterischer Gesichtspunkte
Einer, der mit diesem Ansatz bisher Tarifliche Ausbildungsvergütung: Je nach Lehrjahr und
gut fuhr, ist Lukas Willasch. Er mach- Bundesland zwischen 580 und 780 Euro brutto
te bei Infected eine Ausbildung zum Ausbildende Betriebe: Kommunikationsagenturen,
Mediengestalter Bild und Ton, entwi- Film- und Postproduktionen, Fernseh- und Radiosender
ckelte eine Vorliebe für Schnitt und Pro-
duktion und ist seit Mitte Januar bei Mediengestalter Digital und Print
Tipps & Infos zur
Markenfilm Crossing (www.marken Ausbildungsplatzsuche Zugangsberechtigung: Rechtlich ist keine bestimmte
film-crossing.de), wie Infected eine lesen Sie im Interview Schulbildung vorgeschrieben. Betriebe stellen aber
Tochterfirma von Markenfilm, als Ju- mit robert glogowski überwiegend Auszubildende mit Hochschulreife ein.
nior Videographer tätig. Was ihm in vom bDg. Dauer: Drei Jahre mit Option, um ein Jahr zu verkürzen.
↗  www.page-online.de/
der Ausbildung am meisten gebracht Inhalte: In den ersten beiden Lehrjahren geht es um
mediengestalter_0516
habe? Die Berufsschule war es jeden- Themen wie Arbeitsorganisation, Gestaltungsgrundla-
falls nicht. Viel wichtiger sei die Zeit gen, Datenhandling und Medienintegration. Danach
im Betrieb gewesen: die realistischen wählen die Auszubildenden eine der folgenden Fachrich-
Bedingungen, unter denen man arbei- tungen: Gestaltung und Technik, Beratung und Planung
tet, das Learning by Doing in Projek- oder Konzeption und Visualisierung.
ten für echte Kunden mit realen Dead- »Ausbildung in der Tarifliche Ausbildungsvergütung: Je nach Lehrjahr und
lines und Budgets, so Lukas Willasch. Kreativbranche«. Bundesland zwischen 800 und 970 Euro brutto
Mehr über Studiengänge
Der 25-Jährige ist guter Dinge, dass er Ausbildende Betriebe: Werbe- und Designagenturen,
und Lehrkonzepte gibt’s
bestens gewappnet ist, um im Film- im page eDossier unter Verlage, Kommunikationsabteilungen größerer Unter-
business Fuß zu fassen – auch ohne ↗  www.page-online.de/ nehmen, teilweise aber auch Stiftungen und Ministerien
ein Studium. jbr pDDp1067
PAGE 05.16 107

PAGE digital
Was auf den digitalen Kanälen passiert www.page-online.de pagemag

Buch-Fotografie
Bild. Wie man Bücher elegant und abwechslungsreich
fotografiert, zeigen Carolin Wanitzek und Peter von
Freyhold. Für den Verlag Hermann Schmidt Mainz
inszenierten sie achtzig Bücher in minimalistischen
Sets aus Fedrigoni-Papieren. Dabei nutzen sie ver-
schiedenste Farben und Qualitäten und ließen die
Bücher auch mal schweben.
↗ www.page-online.de/kataloge_0516

Landschaftsschreiberei
Typo. Es begann 2014 auf Kickstarter: Benedikt Groß
und Joey Lee baten um Unterstützung, in Satelliten-
aufnahmen der Erde Buchstaben auszumachen. Ber-
liner Häuser, die wie ein G gebaut sind, Stadien in
B-Form oder Felder, angelegt wie ein L. Jetzt kann
man auf http://aerial-bold.com die so entstandenen
Fonts testen.
↗ www.page-online.de/aerialbold_0516

Air Berlin sieht cool aus


Kreation. Zur Internationalen Tourismusbörse in
Berlin präsentierte sich Air Berlin mit neuem Image –
und Plakaten von Noma Bar. Gewohnt reduziert lässt
der Illustrator in elegantem, klarem Rot-Blau-Weiß
die Wahrzeichen von Abu Dhabi, New York und Ber-
lin aus der Hand eines Fluggasts erwachsen oder auch
Weingläser aus einer Gabel.
↗ www.page-online.de/airberlin_0516

Jobs für Kreative


PAGE Stellenmarkt. Kreative Köpfe finden auf unse-
rer Stellenplattform spannende Herausforderungen
sowie attraktive Arbeitgeber und Auftraggeber. Agen-
turen, Unternehmen, Designstudios und Start-ups
können fähige Talente entdecken: vom Praktikanten
über den Junior Artdirektor, zum Design Manager,
vom Coding Designer bis zum Creative Technologist.
↗ www.page-online.de/stellenmarkt

PAGE App. PAGE Shop. Ob PAGE Book, Schneidematte, PAGE Newsletter. Abonnieren Sie jetzt den
PAGE gibt’s auch Typometer oder Einzelheft – einfach und bequem kostenlosen Newsletter und bleiben Sie stets
im App Store bestellen auf  ↗  http://shop.page-online.de   up to date  ↗  www.page-online.de/newsletter  
108 page 05.16 › branche

Szene
Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt BDG Business Basics
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Können Designer
nachhaltig sein?
BDG-Vizepräsident Christian
Büning klärt aktuelle Fragen aus
dem Berufsalltag von Kreativen
↗www.bdg-designer.de

● Mit Förstern fing es an. Heute wollen alle


nachhaltig sein und ihren Teil zum Umwelt­
schutz beitragen. Den Förstern ging es dabei
zwar eher um das Holz, aber sie hatten ver­
standen, dass gegen die Natur wenig zu ge­
winnen ist. Produktdesigner können Kohlen­
stoff einsetzen, der aus altem Kunststoff oder
Maisresten gewonnen wird, Modedesigner
Stoffe upcyceln – aber wie können Kommu­
nikationsdesigner nachhaltig sein? 
Meine drei Kriterien für Nachhaltigkeit im
Kommunikationsdesign sind: Wie gehe ich
mit Material um? Wie gehe ich mit Mitmen­
schen um? Wie gehe ich mit mir selbst um?
Beim Material können wir Vorschläge für
Aufruf zur Wertschätzung nachhaltig produzierte Werkstoffe machen
● Iconset. Wir kennen es alle: Sobald Business Week stellte sie ihr eigenes oder Aufträge zu Herstellern schleusen, die
ein neues Logo oder Corporate Design Gütesiegel vor, das aus einer Reihe von ernsthaft am Umweltschutz interessiert sind.
vorgestellt wird, hagelt es im Netz erst spielerischen Zeichen besteht, mit de­ Aber ehrlich gesagt ist unser Wirkungsgrad
mal negative Kommentare. Die Motzer nen man »zur Abwechslung mal das hier überschaubar im Vergleich zu Tonnen von
und Trolle sind immer schnell dabei, Wertvolle auszeichnen kann«. Darun­ Gratiszeitungen oder Treppenhaus­Telefon­
ein neues Projekt niederzumachen – ter etwa die Prädikate »Garantiert phra­ büchern, wie sie im Marketing anfallen.
positive und anerkennende Stimmen senfrei«, »Real People, No Robots« und Was die »soziale Nachhaltigkeit« betrifft,
gehen unter. »Echte Substanz«. Wer ein Zeichen ge­ sollte ich mich fragen: Kalkuliere ich unter
Gegen diese Unsitte richtet sich die gen Miesepetrigkeit und Berufsnörg­ meinen Fixkosten und dränge damit Kolle­
Münchner Designagentur Zeichen & ler setzen möchte, kann sich die Icons gen ins Dumping? Gehe ich mit Programmie­
Wunder mit einem Aufruf zur Wert­ auf der Agenturwebsite www.zeichen rern und Druckereien fair um oder bin ich der
schätzung. Auf der Munich Creative undwunder.de herunterladen. nik Preistreiber? Und zuletzt: Wie gehe ich mit
mir selber um? Arbeite ich dauerhaft über mei­
nem Limit und riskiere so, als Burnoutler dem
Gemeinwesen zur Last zu fallen? Habe ich
Kapazitäten, um der Gesellschaft etwas zu­
rückzugeben? Nachhaltigkeit fängt also beim
Designer an. Viel Erfolg!
Foto: © André W. Sobott, www.aw-sobott.de

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Sie uns: businessbasics@bdg-designer.de

Business Basics auf PAGE Online.


ausgewählte beiträge lesen Sie
unter  ↗ www.page-online.de/bdg  
eIQ
page 05.16 109

Same Same But Different


● Grafikdesigner-Existenzen. Wie ergeht es Desi­
gnern eigentlich anderswo? Läuft es ähnlich wie hier­
zulande oder sollte man doch lieber auswandern? Wie
es in USA und Großbritannien aussieht, zeigt eine um­
fassende Umfrage unter 1988 Kreativen in dem Buch
»Graphic Designers Surveyed«, das jüngst in London
erschien. Dort ist Interessantes zu erfahren – hier ein
paar Beispiele:
• Designerinnen verdienen in den USA deutlich besser
als in Großbritannien.
• Ganze 62 Prozent der britischen und US­amerikani­
schen Gestalter arbeiten inzwischen direkt mit Pro­
grammierern zusammen und immerhin 25,4 Prozent
würden selbst gerne programmieren lernen.
• 60 Prozent haben auch Kunden aus dem Ausland (da
haben deutsche Designer wohl noch aufzuholen).
• Fast 45 Prozent sehen es positiv oder sehr positiv, wenn
der Kunde eine aktive Rolle im Designprozess über­
nimmt,
• wobei 89,7 Prozent tatsächlich schon mal das zum Ste­
reotyp des nervigen Kunden gewordene »Bitte das Lo­
go größer machen!« gehört haben.
Wer mehr und noch Genaueres wissen möchte, kann
das 480 Seiten dicke Büchlein für 15 Pfund beim kleinen,
aber feinen Verlag GraphicDesign& bestellen ( www.
graphicdesignand.com ). Ach ja, eines sei noch gesagt:
Die US­Designer wären an einem Wahlsieg von Donald
Trump bestimmt nicht schuld. Letztes Mal stimmten
mehr als 77 Prozent für die Demokraten. cg

PAGE eDossiers – Best-of-Kompilationen aus


PAGE und WEAVE im Originallayout: PDFs
einfach und jederzeit runterladen in unserem
Online-Shop shop.page-online.de/downloads
110 page 05.16

Kalender
Termine für Designer & Developer ↗ www.page-online.de/events

Bis 11.04. Nachwuchstag mit eigenem


Bundespreis Ecodesign Kongress statt Hamburg

Abbildungen (von links im Uhrzeigersinn): Broschürentitel: »Tecuta Kupfer Bronce Dach«, Gestalter: unbekannt, 1931, Sammlung Christos-Nikolas Vittoratos, Frankfurt am Main; aus dem Super-8-Clip »a-b-city«,
Gesuchte sind Produkte, ↗www.adcfestival.de
Services und Konzepte für
ökologisch und ästhetisch 26.04.–01.05.
überzeugendes Design 23. Internationales
↗www.bundespreis- Trickfilm-Festival 2016
ecodesign.de Treffen der Animations-
filmbranche Stuttgart
Bis 15.04. ↗www.itfs.de
The Lovie Awards 2016
Early Entry Deadline für 1 Bis 30.04.
kreative Webproduktionen »Geniale Dilletanten« –
unterschiedlichster Art Subkultur der 1980er-
↗http://lovieawards.eu Jahre in Deutschland
Dieser sehr unterhalt-
Bis 17.04. samen Ausstellung gelingt

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Joseph Binder Award es tatsächlich, die wilde,
2016 experimentelle Aufbruchs-
Internationaler Preis für stimmung in Musik,
Grafikdesign & Illustration Kunst und Design dieser
↗www.designaustria.at/ Zeit erfahrbar zu machen
jba16 Museum für Kunst und
Gewerbe Hamburg
Bis 29.04. ↗www.mkg-hamburg.de
UX Design Awards 2016
Designstudios, Agenturen 04.05.–08.05.
und Entwicklungsbüros Pictoplasma
weltweit können physische Conference & Festival
Produkte sowie digitale mit zahlreichen Screenings
Anwendungen einreichen und Ausstellungen neuster
↗www.ux-design- Character-Design-
awards.com Erfindungen Berlin
3 Bis 02.05.
↗http://pictoplasma.
com
Hamburg Animation
Award 2016 2 Bis 29.05.
Gesucht sind animierte Thomas Struth:
Kurzfilme – egal in welcher Nature & Politics
Technik umgesetzt Der Gerhard-Richter- und
↗www.hamburg- Becher-Schüler ist einer
animation-award.de der interessantesten kon-
zeptionellen Fotografen.
Bis 12.05./10.06. Die Werkschau zeigt
Red Dot Award: Com- zwischen 2005 und 2015
munication Design 2016 entstandene Arbeiten
Frankfurts Designszene war in den 1920er Jahren ein Vorreiter neuer Typografie und Grafik Internationaler Kommuni- Folkwang Museum, Essen
kationsdesignwettbewerb ↗www.museum-
↗http://red-dot.de/ folkwang.de
Kongresse lautet diesmal »Blending 12.05.–14.05. cd/de
Messen Realities« Stuttgart TYPO Berlin
3 Bis 21.08.
↗http://fmx.de Die internationale Design- Bis 10.06. Alles neu! 100 Jahre
szene trifft sich, um das LIA 2016 Neue Typografie
16.04. 02.05.–04.05. Thema »Beyond Design« Einflussreicher britischer und Neue Grafik in
see-Conference re:publica TEN zu diskutieren Haus der Kreativwettbewerb Frankfurt am Main
Designkonferenz mit Fokus Die kritische Social-Media- Kulturen der Welt, Berlin ↗www.liaawards.com Die Schau spannt einen
auf Datenvisualisierung Konferenz feiert ihren ↗www.typoberlin.de Bogen von den 1920er
und Nachhaltigkeit 10. Geburtstag Berlin Jahren bis heute, von
Schlachthof Wiesbaden ↗https://re-publica.de
Ausstellungen Philipp Albinus bis Hort,
↗www.see- Wettbewerbe Festivals um eine avancierte,
conference.org 09.05.–11.05. manchmal auch gesell-
#btconf Kreativawards schaftskritische Frank-
26.04.–29.04. Event für Webdesigner & Aktuelle Einreichungs- 20.04.–24.04. furter Gestaltungshaltung
FMX 2016 Webdeveloper Capitol termine finden Sie auch ADC Festival 2016 herauszuarbeiten Museum
Das Motto der Konferenz Theater, Düsseldorf auf unserer Website mit Preisverleihung, Aus- Angewandte Kunst au
für Animation, Effekte, ↗https://beyond ↗www.page-online.de/ stellung und Konferenz. Am ↗www.museum
Games und Transmedia tellerrand.com wettbewerbe 23. April findet der ADC angewandtekunst.de
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2
»Geniale Dilletanten«: So frei wie in den frühen 80ern waren Kunst und Musik selten. Unten: Thomas Struths »Seestück« in der Ausstellung »Nature & Politics«
112 PAGE 05.16

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zieller Bestandteil des Designprozesses. PAGE zeigt, welche Variante je
Textchefin Astrid Umbreit (au)
nach Zielgruppe und Erkenntnisinteresse am besten geeignet ist
Redaktion Miriam Harringer (mh, Redaktion Online),
Nina Kirst (nik; Branche, verantwortlich), Arne Schätzle (as).
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Angelika Eckert (ae), Dr. Claudia Gerdes (cg), Rebecca von
Hoff (Grafik), Christine Krawinkel (Artdirektion), Myriam
Jantoss (Textredaktion), Maiken Richter (Text-/Schluss-
redaktion), Sabine Danek (sd, Redaktion Online); Redaktions-
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Datum:
Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW)
114 page 05.16 › Sieberts Betrachtungen

Ideen klauen, ja bitte!


Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu Trends, Ereignissen und
dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen

geschätzten Unternehmens, zitierte wieder die rechte Gehirnhälfte adres­


gerne Pablo Picasso, der gesagt haben siert, die neue Formen, Muster und
soll: »Gute Künstler kopieren, großar­ Assoziationen beisteuert.
tige Künstler stehlen.« Das Wort »steh­ Woher kommt nun aber unser ge­
len« wird in diesem Zusammenhang steigerter Zwang zur Originalität? Wir
gerne im Sinne einer Straftat verstan­ haben es uns selbst eingebrockt – be­
den, gemeint ist aber »sich etwas zu gleitet von Kreativ­Rankings, Patentex­
eigen machen«. zessen, Copyright­Kanzleien, Plagiat­
Die Kunst des Imitierens besteht Preisen und ähnlichen Ritualen. Wir
nämlich darin, eine Idee aufzugreifen sind beeindruckt von Menschen, die
und diese mit dem eigenen Stilgefühl vor frischen Ideen nur so sprühen. Vie­
weiterzuentwickeln. Voraussetzung ist le Unternehmen holen sich Kreativ­
hierfür die Gabe der Beobachtung und Coaches ins Haus, um ihre Mitarbei­
des Zuhörens, also sich mit einer be­ ter zu schulen.
stehenden (Geschäfts­)Idee intensiv Vielleicht sollte das Streben nach
Foto: Norman Posselt

auseinanderzusetzen. Man sollte sei­ Originalität bereits an den Hochschu­


nen Wettbewerber erst mal verstehen, len gebremst werden. Ein Professor
bevor man gegen ihn antritt. Wer da­ berichtete mir, dass er von Erstsemes­
bei auch noch den Nutzer im Auge hat, tern auf die Frage, welches ihre Vorbil­
ist auf dem besten Weg, eine neue Idee der seien, die Antwort enthielt: »Ich
Unser Kolumnist Jürgen Siebert bricht eine in die Welt zu setzen. habe keine Vorbilder. Ich bin einfach
Lanze fürs Nachmachen
Erik Spiekermann macht kein Ge­ ich selbst.« Aber kann man sich tat­
heimnis aus seiner Methode, ein neues sächlich in einer freien Welt dem Ein­
Alphabet zu entwickeln: »Wenn ich ei­ fluss anderer entziehen? Garantiert
● Immer wieder hört man, wie wich­ ne Schrift in einem bestimmten Stil nicht. Einander zu imitieren hat etwas
tig Kreativität und Erfindungsgeist sei­ ent werfen möchte, dann schaue ich Soziales, einen verbindenden Efekt.
en. Etwas Neuartiges zu schafen gilt mir eine gute Vorlage – sagen wir mal Es ist einfach schön, Geschmack, Lei­
als das oberste Gebot im Design. Was Garamond – sehr lange an und zeich­ denschaft und Talent zu teilen. Da­
einst einigen wenigen Künstlern vor­ ne das Gesehene aus dem Gedächtnis gegen gibt es wohl kaum langweili­
behalten war, ist zum Erfolgsmodell neu.« Auf diese Art entsteht Spieker­ gere Gesprächspartner als »mit sich
der Creative Industries geworden, ja, manns ureigene Garamond. selbst zufriedene Menschen«. Oder je­
zu einem sozialen Imperativ. Selbst Die physiologische Erklärung für ne, die von sich glauben, geniale Er­
Kinder im Grundschulalter hänseln diesen schöpferischen Prozess liegt in finder zu sein.
andere mit dem Etikett »Nachmacher«. der Verlagerung von der rechten in die Es ist eine Illusion zu meinen, dass
Dabei basiert unsere geistige Ent­ linke Gehirnhälfte. Wer etwas direkt man etwas schafen könne, was nicht
wicklung (und die Evolution) auf dem nachzeichnet, bedient sich hauptsäch­ von den Werken anderer beeinflusst
Prinzip des Nachahmens. Das Imitie­ lich der rationalen und logischen Im­ ist. Tatsächlich geben die Menschen
ren ist essenziell für das Erlernen neu­ pulse der linken Hemisphäre. Hier sind mit den besten Ideen diese gerne wei­
er Verhaltensweisen. Ohne Vorbilder die Konzepte gespeichert, um Linien, ter. US­Komödiant und Autor Louis
würden wir die meisten Fertigkeiten Kurven, Zahlen und auch Buchstaben­ C.K. erwiderte dem »Hollywood Re­
nie lernen. Niemand weiß das besser konturen zu verknüpfen. Zeichnet man porter« auf die Frage, was er davon
als das Handwerk. Warum sollte die­ dagegen aus dem Kopf, wird immer halte, dass sämtliche Comedians seine
ses Prinzip plötzlich nicht mehr gel­ Scherze kopieren: »Das ist mir völlig
ten? Wie kommt es zur Glorifizierung xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx egal, dann schreib ich eben neue.« Ei­
der Kreativität?  ne gesunde Einstellung. Wahre Krea­
Verabschieden wir uns zunächst Vielleicht sollte das tive wissen nämlich, dass die nächste
von dem Vorurteil, dass Kopieren oder Streben nach Idee immer besser ist als die vorherige.
Nachahmen ein Zeichen von Schwäche Originalität bereits an Am Ende zählt die Fantasie, nicht das
ist. Immerhin gibt es im Wirtschafts­ den Hochschulen Wissen. Oder wie der Filmemacher
leben auch die Devise »Warum das Rad Jean­Luc Godard sagte: »Es ist gleich­
gebremst werden.
ein zweites Mal erfinden?«. Steve Jobs, gültig, wo du etwas herholst, entschei­
Gründer eines durchaus als innovativ dend ist, wo du es hinbringst.«
Raum-Planung
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