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Design › Code › Business » Das Magazin der Kreativbranche

PROTO
TYPING
Wireframes,
Mockups,
Klickdummys

KREATIVE
richtig nutzen

RECHERCHE
Inspiration durch Information –
die Methoden der Gestalter

WEB
DESIGN
Wie Demodern
den 3D-Konfigurator
für das Start-up
helmade kreierte

07.2016
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DEUTSCHLAND CH 19,40 CHF


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EDITORIAL PAGE 07.16 003

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DRUCKE, DIE
EINDRUCK
(Er-)finden MACHEN.
● Kennen Sie das? Ein Kollege sucht. Seine Idee.
Und das dauert und dauert. Dabei wollte er nur kurz
was zeigen. Doch dann: Auf seinem MacBook sind
zig Fenster geöffnet. Er räumt eines nach dem ande-
ren vorsichtig beiseite und dringt langsam auf den
Desktop vor. Auf dem Desktop: das Chaos pur! Icon
für Icon sucht er den Schreibtisch ab, öffnet diverse
Foto: Kirsten Nijhof

Ordner, lugt verstohlen in den Papierkorb und . . . Es


nützt alles nichts, er ruft Google auf: Da, da ist es . . .
. . . auf Platz 1 in der Ergebnisliste! Nun ja, als ob
eine Google-Suche je zu Neuem und Unentdecktem
führen könnte. Obwohl, mit dem untrüglichen Ge-
spür für gute Geschichten . . . Für gewöhnlich gehen
unseren Glücksgriffen ja auch gezielte Recherchen
voraus: Wir beschaffen uns Informationen – offline
und online –, führen Gespräche mit Kollegen, Usern
und Experten, kristallisieren nach und nach die Es-
senz der Aufgabenstellung heraus und öffnen so un-
seren Blick für neue Sichtweisen. Recherche und In-
spiration lassen sich kaum trennen.
Assoziatives, sprunghaftes Suchen und Entdecken
ist ein ganz wesentlicher Teil unseres Kreativ- und
Gestaltungsprozesses. Doch wie viel Recherche ver-
trägt Kreation überhaupt? Müssen wir wirklich alles
Coverillustrationen gesehen haben, um Neues denken zu können? Ist es
von Katrin Schacke nicht viel besser, erst gar nicht zu wissen, was wir
(im Uhrzeigersinn):
suchen? Oder sollten wir der fokussierten Recherche
– »Auf den Spuren unseres
von Zeit zu Zeit einfach nur bewusst ein Ende setzen,
Denkens – Gedächtnis«
für das »SZ«-Magazin, um die gefundenen Ansätze zu verdichten und den
Ausgabe 07, Februar 2011 Ideen freien Lauf zu lassen? Erfinden statt finden?
– »Sonst gehe ich« für Nehmen wir die Recherche in Sachen Storytelling:
»ZEIT Campus«, Ausgabe 04, Wir betreiben immer wieder einen Wahnsinnsauf-
Juni 2013 wand, um für Produkte, Marken und Unternehmen
– »Clearwater«-Imagemotiv
Geschichten zu erfinden. Dabei ist gutes Storytelling
für die südafrikanische
im Idealfall einfach nur das gekonnte Vermitteln wah-
Designagentur Clearwater,
2014
rer Begebenheiten. Ja, wir können sogar viel mehr be-
– »Labyrinth« für das ADC- wirken, wenn wir echte Geschichten erzählen. Wir
Jahrbuch »Sushi 13«, 2011 müssen sie nur finden, das Potenzial in ihnen ent-
decken und veredeln.
. . . indes hat der Kollege auch seine Konzeptskiz-
ze wiedergefunden: eine geniale Idee! – Effiziente
Recherchetools und -strategien für Gestalter sowie
die Kniffe der Profis finden Sie auf Seite 16 ff.

Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher
(info@page-online.de)

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004 PAGE 07.16

Inhalt
➤ TITELTHEMEN

SIGNALE
006 Ideen, Projekte und Diskussionen

TITEL
016 Kreative Recherche
Die gezielte Suche nach Informationen hat
im Design fundamental an Bedeutung gewonnen.
Wir stellen Recherchestrategien und -tools
für Gestalter vor

THEMEN
032 Engagement für Geflüchtete
Wirklich beeindruckend, was Kreative derzeit
an Hilfsprojekten auf die Beine stellen

038 Dos & Don’ts fürs UX Design


Das Wissen der UX-Experten auf 10 Regeln gebracht 070
044 Umweltfreundlich drucken
Auch schöne Printprodukte müssen die Natur nicht
belasten – wenn Sie diese Tipps beherzigen!

NEUES
050 Spannendes aus der Typo-, Bild-, Papier-
und Technikwelt
058 Publikationen für Gestalter und Developer

PROJEKTE
062 3D-Produktkonfigurator mit WebGL
Für das Start-up helmade entwickelte Demodern aus
Hamburg einen Konfigurator, der Maßstäbe setzt

070 CD/CI fürs DRIVE. Volkswagen Group Forum


Wie die Designagentur Strichpunkt für den Brand Space
von VW eine von Grund auf neue Identität gestaltete

076 Microsite mit JavaScript-Animationen


Emotional sein, ohne Mitleid zu erregen – dieser
Balanceakt gelang denkwerk mit ihrer Fundraising-Site

082 Nachwuchs
Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung
PAGE 07.16 005

062
WERKZEUG
086 Wie Illustratoren arbeiten
Von Editorial-Illustration bis Graphic Recording –
drei von Stil und Technik ganz unterschiedliche Zeichner
haben uns Einblick in ihre Arbeitsweise gewährt

094 Prototyping im Interactive Design


Handskizzen, Wireframes, Mockups, Klickdummys:
Welcher Prototyp eignet sich für welche Aufgabe?

076 BRANCHE
100 ADC, BDG, Alumni-Netzwerke & Co – wozu?
Kreative sind vielleicht nicht die typischen Vereinsmen-
schen – eine Mitgliedschaft hat aber durchaus Vorteile

106 Neue Serie: Versicherungen für Kreative


In welchen Fällen benötigte ich eine Berufshaftpflicht-
versicherung? Und welche Art der Versicherung genau?

110 Szene Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt

STANDARDS
003 Editorial
108 PAGE Digital
112 Impressum/Vorschau/Leserservice
114 Sieberts Betrachtungen

SERVICES
089 PAGE Abo 109 PAGE Shop

PAGE SEMINARE
021 »Infografik« mit Golden Section Graphics
022 »Bildrecht« mit Sabine Pallaske und Silke Kirberg
025 Neuer Termin! »Leitmedium Design« mit
Jochen Rädeker in München
031 »Design Thinking« mit Edenspiekermann in Berlin
043 »Interaktives Prototyping« in Kooperation mit der
Good School
049 »Multisense Design« mit Olaf Hartmann
068 »Projektmanagement« mit Hagen Seidel
093 »Mobile as a Service« mit Swipe
006 PAGE 07.16 › SIGNALE

SIGNALE
Ideen, Projekte und Diskussionen
aus Design, Kommunikation
und Development finden Sie hier
und auf ↗www.page-online.de  
PAGE 07.16 007

Cyber-Doubles
Christoph Niemann ● VR-Kunst. Auf die Experimentierlust von
und Harald Belker Kreativen setzte das Google Chrome Lab bei
bei der ungewohnten den »Virtual Art Sessions« – und konnte sechs
Arbeit im
namhafte Gestalter dafür gewinnen. Neben
virtuellen Raum
der Bildhauerin Andrea Blasich, dem Installa-
tionskünstler Seung Yul Oh, der Modeillus-
tratorin Katie Rodgers und dem Street-Ar-
tist-Duo Sheryo & Yok waren zwei Deutsche
mit von der Partie: der Illustrator Christoph
Niemann sowie der Automotive-Konzept-
Designer Harald Belker. Bewaffnet mit VR-
Brille, HTC-Smartphone samt Google-App
Tilt Brush und einem Controller, der Farbe
und Pinselstrich bestimmte, sammelten die
sechs ganz neue Erfahrungen. Unter https://
virtualart.chromeexperiments.com kann man
die 3D-Werke nun von allen Seiten und aus
der Perspektive des jeweiligen Künstlers be-
trachten. Coole Aktion! ae
008 PAGE 07.16 › SIGNALE

Plakatserie. Grelle Elektropop-Optik, Flam-


men und Störbilder: Die Veranstaltungsposter
für die Party »Light it up« der Energydrink-Marke
Burn sorgten in den Straßen von Lyon für Auf-
merksamkeit. Sie sind der Auftakt der Zusammen-
arbeit des Mutterkonzerns Monster Beverage Cor-
poration mit BETC POP, der auf Popkultur spe-
zialisierten Tochter der Kreativagentur BETC. Die
Agentur feilt zudem gemeinsam mit dem Kreativ-
studio Le Creative an einer neuen Visual Identity
für die Marke. nik
PAGE 07.16 009

Waschmittel
kämpft
für Kinder
Um zu beweisen, wie
ernst der langjährige
Claim »#Dirtisgood«
gemeint ist, fährt Persil
schweres Geschütz
auf. Die schockierende
Message: Kinder verbrin-
gen heutzutage weniger
Zeit draußen als Insassen
eines Hochsicherheits-
gefängnisses in den USA.
In eben einem solchen
Gefängnis und mit echten
Häftlingen entstand
der Film »Free the Kids«,
zu sehen unter  www.
dirtisgood.com  . Die
Kampagne von Mullen-
Lowe läuft vor allem
im Internet, umfasst aber
auch Printmotive. cg

Heilsames Kopfkribbeln
● ASMR-Video. Das wunderbar unique türkisch-nie-
derländische Duo Pinar & Viola arbeitet in Paris nicht
nur an ihrer kinky »Couture Digitale« – sondern experi-
mentiert auch mit der heilenden Wirkung des Internets.
Mit dem Video »Made You Come Here« (https://is.gd/
PV_asmr) bietet es empathisch digitalen Trost gegen die
Einsamkeit im Netz. Kopfhörer aufsetzen und den pri-
ckelnden ASMR-Sound wirken lassen! sd

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010 PAGE 07.16 › SIGNALE

Moralfrage
Dr. Claudia Gerdes findet:
Wenn Transparenz, dann richtig!

● Ja, es gibt sie noch, die heile Welt der Landwirt-


schaft, wo Kühe einen Namen haben und Hühner
sich auf riesigen Wiesen fast verlaufen! Und zwar auf
den Farmen, die Milch und Eier an Waitrose liefern.
Die britische Supermarktkette wartete jüngst mit der
ersten Live-Kampagne der Branche auf: Auf den Dis-
plays großer Bahnhöfe zeigten Echtzeit-Streams Kü-
he auf taubedecktem Gras und pickende Hühner, die
ab und zu süß neugierig in die Webcam glotzten. Zu-
dem gab es TV-Spots mit Bildern, die am gleichen Tag
auf den Bauernhöfen gedreht worden waren; auch
die Fotos für Zeitungswerbemotive waren höchstens
24 Stunden alt. Authentischer geht es nun wirklich
nicht, oder? Eine Kuh, die Mo heißt, kann doch nicht
lügen! Schließlich trug sie höchstpersönlich eine
GoPro-Kamera, mit der sie das beschauliche Leben
auf der Weide festhielt.
Noch nie hat eine Marke Produktionsprozesse so
transparent gemacht wie Waitrose mit dieser Kam-
pagne von adam&eveDDB. Dass die Verbraucher in-
zwischen aber alles misstrauisch bis zynisch beäu-
gen, haben sich die Marketingleute selbst zuzuschrei-
ben. Waitrose-Konkurrent Tesco hatte vor Kurzem
erst die Gemüter erregt, weil sich herausstellte, dass
er anheimelnd britisch klingende Namen angeblicher
Zuliefererfarmen bloß erfunden hatte. Die Bauern-
höfe Woodside oder Nightingale gab es überhaupt
nicht, die betreffenden Produkte kamen in Wirklich-
keit aus Marokko oder Chile.
Wie steht es also mit der Glaubwürdigkeit von
Waitrose? Nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass
die Kette recht hochpreisig ist und sich schon lange
Very british
im Biobereich engagiert. Andererseits: Kann die Pro- ● Kurzfilm-Kampagne. Dass auch jede Menge Erwach-
duktion für die Belieferung ihrer 344 Supermärkte sene Fruchtgummis heiß lieben, ist bekannt. Speziell die-
in ganz Großbritannien überhaupt so idyllisch und se Zielgruppe spricht die ungewöhnliche Kampagne von
individuell ablaufen, wie die Live-Ads es suggerieren? Wieden+Kennedy London für Maynards Bassetts an. Das
Sind alle Waitrose-Höfe so fotogen und alle Waitrose- Briefing an verschiedenste Werbefilmer und Animations-
Landwirte so herzensgut wie die gezeigten? Interes- künstler lautete: »Kreiere eine Alltagsunterbrechung voll
sant wäre es, nach und nach alle Zulieferer vorzustel- süßen Wahnsinns, die ebenso farbenfroh ist wie die Süßig-
len. Doch es blieb bei einer Eintagsfliege mit großem keiten selbst.« Zwölf komplett unterschiedliche Spots à
PR-Effekt. Von »Guardian« bis »Daily Mail« gab es 20 Sekunden entstanden, darunter Szenen mit Fitnesstrei-
Berichte – für die Lebensmittelkette eine lohnende benden in unförmigen, aber sehr elastischen Schuhen oder
Aktion. Wir wollen mehr solche Transparenz, sehr mit den Ritualen eines bizarren Stammes, der ein Frucht-
gern auch permanente Live-Cams aus der Fertigung gummi anbetet. Alle Filme sind bei der Produktionsfirma
bei Nike, Apple oder H&M. Blinkink zu sehen: www.blinkink.co.uk/a/6637. cg
012 PAGE 07.16 › SIGNALE

Schöner Forschen
● Corporate Design. Whiteboards und Meta-
planwände, Kartei- und Moderationskarten: Für das Hambur-
ger Markt- und Sozialforschungsinstitut Research Gallery entwickelte Studio
Oeding (www.studio-oeding.com ) ein Erscheinungsbild, das sich aus deren Ar-
beitsmaterialien ableitet – den Tools, die in den Workshops benutzt werden, die für
die qualitative Forschung so wichtig sind. In dem schönen blassen Rot, Blau, Grün
und Gelb von Karteikarten und mit einer klaren und grafischen Linienstruktur
versehen, ist die Gestaltung so zeitgemäß wie schlicht, spielt mit wissen-
schaftlicher Präzision – und ist vor allem auch sehr charmant.
Sie durchzieht die Geschäftsausstattung, findet sich
auf Schreibblöcken, Visitenkarten und klei-
nen Aufklebern und bestimmt zu-
dem die Website. sd
PAGE 07.16 013

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx

App mit Geruchssensor. Nivea verdanken wir —LPMPHJTDI


die wohl erste App, mit der sich Schweißgeruch
POMJOFESVDLFO
vermeiden lässt. Der Grundgedanke: Angeblich ist
bei Männern der Bereich des Gehirns, der Gerüche
wahrnimmt, um 40 Prozent kleiner als bei Frauen.
» Plakate
Happiness/FCB in Brüssel will Abhilfe schaffen und » Mappen

entwickelte mit den kalifornischen Spezialisten von


SPEC Sensors eine Smartphone-Hülle mit entspre-
chender Hardware. Diese verbindet sich per Blue-
tooth mit der App und teilt nach einer Geruchsprobe » Visitenkarten
» Wandkalender
unter der Achsel mit, ob alles okay ist oder schon
፝ —LPTUSPN
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Handlungsbedarf besteht – siehe auch www.nivea


፝ )BVTFJHFOF1IPUPWPMUBJL
mennose.com. Schon dieses Jahr soll die Betaver- "OMBHF RNL8Q

sion von NOSE weltweit getestet werden. cg ፝ ,MJNBOFVUSBMFT&SEHBT


» Flyer
» Briefumschläge
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፝ ,MJNBOFVUSBMF1SPEVLUJPO
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More Cat Content
Brauchen wir mehr Emojis? »Auf jeden Fall«, sagte man sich » Broschüren
» Schreibtisch-
unterlagen
bei Microsoft und liefert mit dem kommenden Windows-10-
Update sechs neue Ninja-Cat-Bildchen aus. Dafür kombiniert
der User das Standard-Katzen-Emoji mit jeweils einem wei-
teren. Neben hübschen Piktogrammen sind auch technische
Verbesserungen geplant:  https://is.gd/win10up2016 .  as
FJOF.BSLFEFSCPOJUBTQSJOUHNCI
014 PAGE 07.16 › SIGNALE

„Es geht nicht


darum, eine
Materialschlacht
hinzulegen“
Katharina Hesse, Geschäftsführerin der
Stiftung Buchkunst (www.stiftung-
buchkunst.de ), über den jüngsten Wett-
bewerb Die schönsten deutschen Bücher.

Was war Ihr Highlight unter den 25 prämier-


ten Einsendungen?
Katharina Hesse: Als Objekt hat mich der von Irma
Boom gestaltete Ausstellungskatalog über Olafur
Eliasson 1 fasziniert. Es gab dieses Jahr diverse Ein-
bände aus gefärbter Folie. Hier macht das aber inhalt-
lich Sinn und weckt Lust auf den Künstler.

Wie groß ist das Interesse am


»altmodischen« Medium Buch noch?
Mit 788 Beiträgen von 448 Einsendern gab es einen
Zuwachs von fast 14 Prozent. Die technische Quali-
tät war fast durchweg sehr gut. Nur beim Aufschlag-
verhalten hakt es öfters, selbst bei fadengehefteten
Bänden wird häufig zu viel Leim aufgetragen.

Manche der ausgezeichneten Bücher wirken


auf den ersten Blick unspektakulär.
Es geht nicht darum, eine Materialschlacht hinzule-
gen, sondern sich Gedanken darüber zu machen, was
zum Inhalt passt. Der »Architekturführer Köln« 2
etwa ist so klar strukturiert, dass man wirklich im-
mer weiß, wo man ist. Warum gibt es nicht mehr
solche Reiseführer? Die Farbwahl orientiert sich am
Grün der Kölner Brücken – das muss man nicht wis-
sen, es ist aber ein wunderschönes Detail. Oder neh-
men wir das Jugendbuch »Opfer« 3 , das ohne das
für diese Zielgruppe sonst oft betriebene Brimbo-
rium auskommt und darum sehr fokussiert wirkt.
Das Cover ist stark, der Satzspiegel hat genau die
Größe der Zielscheibe und lässt viel Raum für die
Bleiphobie von Jugendlichen.

Auf ungewöhnliche Weise geht auch das


Buch »Was glaubt ihr denn« 4 mit dem
Thema Religion um.
Der sehr gelungene Schutzumschlag mit Fotos von
Andrea Huber passt zu dem, was darunter ist! Man
steigt in jedes Kapitel mit einer Fotostrecke ein, an
deren Größe sich der Satz anpasst. Wobei der Text
mal wie Lyrik, mal als Fließtext gesetzt ist.

Ein Trend zu Gedichten? Im Bildband der nie-


5 Katharina Hesse liest Gedichte – derländischen Fotografin Viviane Sassen 5
im Fotoband »Umbra« von gibt es ebenfalls welche.
Viviane Sassen (Prestel Verlag, Ja, aber versteckt in gefalzten Blättern. Überhaupt
München. Gestaltet von
bietet dieses Buch ein komplexes Blättererlebnis,
Irma Boom Office. 59 Euro)
das die Bilder fast collagenartig verbindet. Sehr se-
hens- und befühlenswert. cg
PAGE 07.16 015

Olafur Eliasson: Reality


Machines. Buchhandlung
Walther König, Köln.
Gestaltet von Irma Boom
Office. 48 Euro

Uta Winterhager:
Architekturführer Köln.
Buchhandlung Walther
König, Köln. Gestaltet von
Foto links: Nina Faulhaber; Fotos oben rechts: Studio Olafur Eliasson; alle anderen Fotos: Uwe Dettmar

Jazek Poralla. 24,80 Euro

Björn Bicker: Was


glaubt ihr denn. 4

Verlag Antje Kunst-


mann, München.
Gestaltet von Mari-
on Blomeyer, mit
Fotos von Andrea
Huber. 95 Euro

Jesper Wung-Sung:
Opfer. Carl Hanser
Verlag, München.
Gestaltet von
3 Stefanie Schelleis.
13,90 Euro
016 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

TITEL

Mal was ganz anderes: Für


ein Semesterprojekt recher-
chierten Studenten der BTK
Berlin vor Ort auf dem Acker –
im wahrsten Sinne des
Wortes (siehe Seite 29)
● Manchmal hat man Glück. Dann liefert der Auf-
traggeber schon im Briefing wesentliche Informatio-
nen, die die Kreativen sich sonst in aufwendiger Re-
cherche hätten besorgen müssen. »Häufig sind das
Markt- und Markeninsights«, sagt Christian Rentsch-
ler, Kreativdirektor Konzept Online bei Kolle Rebbe
in Hamburg, »also Trendanalysen und Statistiken zur
Entwicklung des Wirtschaftszweigs, in dem der Kun-
de aktiv ist, mögliche neue Wettbewerber oder die
Positionierung des Unternehmens – die gegenwärti-
ge und die künftige.« Das ist hilfreich, aber nur sel-
ten ausreichend, denn die Agentur braucht nicht nur
Zahlen, sondern auch qualitative Erhebungen, zum
Beispiel Ergebnisse aus Nutzerbefragungen oder der
Marktforschung. »Hat der Kunde eine Fanpage auf
Facebook oder einen Instagram-Auftritt, fragen wir
zudem die entsprechenden Reportings an. Das ist
interessant im Hinblick auf Zielgruppen und die Per-
formance der Beiträge«, erklärt Rentschler.
Diese strategische Recherche übernimmt bei Kol-
le Rebbe die Strategieabteilung. Sie fasst das Kun-
denbriefing zusammen und reichert es mit weiteren
Fakten an, um den Creative Brief zu erstellen. Kann
der Auftraggeber keine Informationen zur Verfü-

Grabe tief,
blicke weit!
Gründliche Recherche führt zu besseren Ergebnissen – und neuen
Ideen. Wir zeigen, wie Designer, Illustratoren, UX- und Digitalexperten
dabei vorgehen, und geben Tipps zu Recherchemethoden und -quellen
018 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

RECHERCHE-TIPP
Als Online CD interessieren mich vor
allem digitale Trends, Innovationen
und neu aufkommende Technologien
sowie das sich ständig ändernde Nutzer-
verhalten. Eine Sammlung der besten
Cases bietet der Digital Buzz Blog.
Christian Rentscher, Kreativdirektor Konzept Online bei
Kolle Rebbe, Hamburg

Recherchequellen
So recherchiert die Digitalabteilung
von Kolle Rebbe
Um herauszufinden, für welche Themen sich die Menschen
im Internet interessieren, eignen sich Tools wie Google
Analytics, Google Trends oder die Business-Sites von
Facebook (  www.facebook.com/business )  und Instagram
( h
  ttps://business.instagram.com )  . Nützlich ist auch das RECHERCHE-TIPP
YouTube Playbook ( h
  ttps://think.storage.googleapis.com/
docs/creator-playbook-for-brands_research-studies.pdf )  , Für die strategische wie auch
in dem man die Richtlinien für YouTube-Videos nachlesen konzeptionelle Recherche empfehle
kann und erfährt, was auf diesem Kanal gut funktioniert.
Weitere hilfreiche Quellen für unsere Arbeit sind: ich die Think-with-Google-Site.
Website-Analyse: Google Analytics, eTracker Hier findet man gebündelt
Studien und Inspirationen: Think with Google Verbrauchertrends, Branchenein-
( h
  ttps://www.thinkwithgoogle.com ) 
Studien und Marktforschung:  www.bitkom.org ,    blicke und kreative Inspirationen.
www.bvdw.org/themen ,    www.ard-zdf-onlinestudie.de ,    Alexa Schulze Kreativdirektorin Social Media bei
www.agof.de ,    www.b4p.media/startseite   Kolle Rebbe, Hamburg
Hashtag-Analyse: Tagboard, hashtags.org, Keyhole

So recherchiert Zeichen & Wunder


Unverzichtbare Klassiker sind Google Alerts und Google
Trends, Zukunftsinstitut und Statistisches Bundesamt.
Neben den Onlineausgaben der großen Magazine und
Zeitungen wie »ZEIT«, »Süddeutsche Zeitung«, »New Yorker«
gung stellen, nimmt die Agentur selbst Zielgrup-
oder »Times« nutzen wir häufig:
penbefragungen vor, zum Beispiel telefonische In-
http://trendbuero.com  und  http://werteindex.de   terviews. Aufschlussreich sind auch Ausflüge zum
Nützliche Quelle für gesellschaftliche Trends. Interessant ist Point of Sale, um Insights aus Konsumentenperspek-
hier besonders der jedes Jahr aktualisierte Werteindex, tive zu gewinnen. In dieser Phase arbeiten die Stra-
der analysiert, über welche gesellschaftlichen Werte die tegen bereits eng mit den Kreativen zusammen, ge-
Deutschen im Internet diskutieren. meinsam entwickeln sie auf Basis der gesammelten
http://kunstgeschichte.info Erkenntnisse das kreative Sprungbrett für das Pro-
Unter diesem scheinbar banalen, rückwärtsgewandten jekt und erste Ideen.
Namen versteckt sich eine interessante Seite. Neben den Die kreative Recherche findet dann im jeweiligen
neuesten internationalen Ausstellungs- und Messetermi- Kompetenzfeld statt. »Der Online Art Director schaut
nen findet man hier Informationen über Standardwerke, etwa, welche Websites Benchmarks setzen, welche
Magazine, Lexika und Filmmaterial zu Kunst und Kultur. ausgezeichnet wurden, eine besonders gute Usability
haben und welche Trends relevant sein können«, be-
PAGE 07.16 019

richtet Alexa Schulze, Kreativdirektorin Social Me- Rundumschlag, googeln bestimmte Begriffe, die mit
dia bei Kolle Rebbe. Das Art-Buying sucht Fotografen ihm in Zusammenhang stehen, schauen, was schreibt
oder Illustratoren, die Film-, Funk- und Fernsehab- die Presse darüber, welche Bildwelten existieren zu
teilung passende Produktionsfirmen und Regisseure. diesem Thema und so weiter.« So lassen die Münch-
ner Kreativen ein Bild entstehen, wie die Zielgruppe
Ideen finden und teilen das Unternehmen sieht.
Recherche macht viel Arbeit, deshalb gilt es schon Perspektivwechsel sind keine einfache Sache. Das
um der Effizienz willen, die eigenen Ergebnisse mit weiß jeder, der mal versucht hat, seine Sicht der Din-
den Kollegen – gerade auch aus den anderen Abtei- ge um 180 Grad zu drehen. Zeichen & Wunder lädt
lungen und Disziplinen – zu teilen. So inspiriert man Auftraggeber daher zu Kick-off-Workshops ein, in
sich gegenseitig und bringt sich auf neue Ideen. Auf denen die Kreativen Fragen stellen und das Team des
dem wöchentlichen Montagsmeeting mit allen Kunden auch schon mit der ein oder anderen The-
271 Mitarbeitern werden bei Kolle Rebbe die wich- se konfrontieren. Dank guter Vorbereitung und klu-
tigsten Ereignisse vorgestellt. Als Christian Rentsch- ger Moderation gelingt es in der Regel, sich schnell
ler kürzlich auf dem Digitalfestival SXSW in den USA und tief in die Materie einzuarbeiten. Der schöne
war, gab er das dort gewonnene Wissen anschlie-
ßend beim Montagsmeeting weiter.
Als Onliner freuen Alexa Schulze und Christian
Rentschler sich, wenn Kollegen zu Design- und Art-
Hotspots wie der Art Basel oder Frieze London rei-
sen und davon berichten. Manchmal gibt es die Ge-
legenheit, mit dem Art-Buying zu Ausstellungen mit
professioneller Führung zu gehen, und von Zeit zu Richtig googeln
Zeit finden bei Kolle Rebbe »Art-Buying Nights« statt,
zu denen verschiedene Agenten eingeladen werden, ● Wir alle nutzen die Suchmaschine – und sind mit der
Sortierung der angezeigten Ergebnisse oft überfordert.
um Künstler, Fotografen und Regisseure vorzustel-
Die wenigsten verwenden die »Erweiterte Suche«, die
len – da sind Inspirationen garantiert.
sich hinter dem kleinen Rädchen oben rechts verbirgt und
»Wir bewegen uns sehr bewusst durchs Web und
ziemlich hilfreich sein kann:
schauen uns regelmäßig Seiten wie Behance oder
Awwwards an«, so Alexa Schulze. »Wichtig ist auch, Anführungszeichen: Setzt man ein gesuchtes Wort in
permanent zu beobachten, wie Menschen Social Me- Anführungszeichen sucht Google nach Seiten, die genau
dia nutzen. Was geben sie wo von sich preis, wie in- dieses Wort oder diese Wortgruppe enthalten.
szenieren sie sich, wovon oder von wem lassen sie Zeitliche Eingrenzung: Im Feld »Letzte Aktualisierung« kann
sich mitreißen, worüber diskutieren sie? Das ist eine man zwischen »in den letzten 24 Stunden« bis zu »im letzten
Art ongoing research. Wenn einer von uns etwas Jahr« wählen – wobei man beachten muss, dass Google sich
sieht, das ihn regelrecht vom Stuhl haut, müssen wir daran orientiert, wann die Seite erfasst oder geändert wurde,
das natürlich teilen.« Deshalb hat das Online-Team und nicht, wann sie tatsächlich erstellt worden ist.
die alle zwei Wochen stattfindende Tea-Time initiiert. Oder-Variante: Wer unsicher ist, welches Wort der beste
Im kleinen Rahmen tauschen sich die Digitalkolle- Suchbegriff ist, sollte ein »OR« zwischen die Wörter setzen.
gen über digitale Prozesse, Konzepte und Trends aus Bei der Eingabe »Myanmar OR Burma OR Birma« sucht
und lassen diese Learnings in die Projekte einfließen. Google nach allen Namen für dieses Land.
Das Minuszeichen: Durch ein Minuszeichen vor dem Such-
Notwendiger Perspektivwechsel wort lassen sich uninteressante Kontexte des Begriffs
Ziel der Recherche bei der Münchner Designagentur ausschließen. Wer »Seepferdchen« eingibt, bekommt auch
Zeichen & Wunder ist es stets, eine andere Ebene zu jede Menge Treffer zum gleichnamigen Schwimmabzeichen.
erreichen als das ewige »Hier ist das Produkt und hier Bei der Suche »Seepferdchen-Schwimmabzeichen« entfallen
die Zielgruppe«. »Hinter jedem Produkt und jeder diese.
Marke steckt heute auch ein Sehnsuchtsbedürfnis«, Bestimmte Sites und Domains: Mit dem Feld »Website« oder
erklärt Geschäftsführerin Julia Peglow-Peters. »Wenn »Domain« kann man nur auf einer bestimmten Website
wir immer alles brav per Checkliste abarbeiten und suchen. Zum Beispiel das Stichwort »Kreativwettbewerbe«
versuchen, alles richtig zu machen, kommen wir nur auf der PAGE-Seite (site: page-online.de) oder auch
nicht in die Tiefe. Recherche heißt für uns auch, die explizit nicht auf einer definierten Website (-site: horizont.
Dinge ganz blank und nackt zu sehen, um zu dieser net). Außerdem lässt sich hier die Suche auf bestimmte
elementaren Ebene vorzudringen.« Domains einschränken, wie ».org«, ».edu« oder ».gov.«
Dafür ist ein Perspektivwechsel nötig. Normaler- Festgelegte Dateiformate: Im Feld »Dateityp« lässt sich
weise schaut der Kunde von innen nach außen, Zei- nach bestimmten Dateiformaten recherchieren. Benötigt
chen & Wunder möchte erreichen, dass er einmal von man zum Beispiel Studien, ist es sinnvoll, nach PDF-Doku-
außen auf sein Unternehmen und seine Produkte menten zu suchen, wer nach Tabellen Ausschau hält, sollte
schaut. Dabei hilft die Kreativrecherche. »Wir recher- eher »Microsoft Excel (.xls)« auswählen. ant
chieren sehr breit, machen quasi einen 360-Grad-
020 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

RECHERCHE-TIPP
Um Charaktere für meine Illustrationen zu
entwickeln, recherchiere ich nicht nur aus
ästhetischer Sicht. Manches fließt optisch
gar nicht ein, sondern hilft nur, mir die
Person vorzustellen. Allzu direkte Vorbil-
der lasse ich bewusst aus.
Cynthia Kittler, Illustratorin , Offenbach

Recherchestrategien bei
Zeichen & Wunder
Strategische Recherche
Für ein möglichst vollständiges Bild des Kunden, der
Branche und des Themas gilt es, Insights zu folgenden
Punkten zu gewinnen.
Eigenbild: Wie sieht das Selbstverständnis des Unternehmens
aus? Welche Historie hat es, welche Strukturen und Werte-
modelle? Und wie ist seine Branchenposition? Wettbewerbs-
RECHERCHE-TIPP
umfeld: Welche Player gibt es im direkten Umfeld, wie kom- Mindestens einmal täglich gezielt den
munizieren diese und wie positionieren sie sich visuell? Welche
anderen Unternehmen aus benachbarten oder auch artfrem-
Geist wachrütteln. Austin Kleon
den Branchen gibt es, was kann man von ihnen lernen? schreibt sehr klug und entspannt über
Zielgruppe: Wen adressiert das Unternehmen, welches sind
Kreativität im digitalen Zeitalter,
die »Stammkunden«, welche neuen, potenziellen Nutzer
möchte man erreichen? Haben sich die Zielgruppe und ihre vom Suchen, Finden und Neu-Erfinden
Bedürfnisse verändert? Wie sieht die Öffentlichkeit und in »Steal Like an Artist«.
die Presse das Unternehmen?
Trends: Welche gesellschaftlichen Trends stehen im Julia Peglow-Peters, Geschäftsführerin von Zeichen &
Zusammenhang mit dem Projekt, welche Bedürfnisse Wunder, München
und Sehnsüchte hat der Kunde?

Kreative Recherche
Hier geht es weniger um Vollständigkeit als um einen
besonderen Blickwinkel, die Suche nach dem Wertvollen.
Vorgehen: Mittels Assoziationen vom Hundertsten Workshopraum im fünften Stock tut sein Übri-
zum Tausendsten kommen. Den eigenen assoziativen ges: Beim Blick über München bis zu den Alpen fällt
Speicher und das eigene Bauchgefühl füttern, um zu die Weitsicht leichter.
einem wirklich besonderen Designansatz zu gelangen. Julia Peglow-Peters ist überzeugt, dass sich durch
Inhalt: Worüber spricht das Unternehmen oder die Marke? Visualisierung ein neuer Blick auf die Welt eröffnen
Wie stellt es diese Themen dar, mit welchen Mitteln im lässt. »Viele Kunden sind es gewohnt, auf Power-
Corporate Design, mit welchen Bildwelten, mit welcher Point-Präsentationen und Analysen zu schauen. Die
Typografie? Welche Historie hat das Unternehmen, welche Macht von Design ist für sie oft ganz erstaunlich. »In
Mythen und Geschichten, die es wert sind, erzählt zu wer- den Workshops zeigen wir ihnen zum Beispiel, wie
den? Welche Themen kommen eigentlich ständig zu kurz? ihre Marke optisch zusammengebaut ist, welches
Methoden: Intuition und Erfahrung, aber auch gezielte Muster hinter allem steckt. Dinge in einen Topf zu
Recherchemethoden zum Beispiel mit Guerilla-Interviews, werfen und neu zu clustern, ist für viele Auftraggeber
also spontanen Befragungen von Menschen, um wirklich und erhellend.« Wer es schafft, diesen Perspektivwechsel
wahrhaftig die Kundenperspektive einzunehmen, die in der zu vollziehen, gelangt zu neuen Bildwelten. Bildwel-
Unternehmenskommunikation oft schwer zu integrieren ist. ten, die abseits des Marketing-Blabla die Emotionen
und Sehnsüchte der Menschen ansprechen.
PAGE 02.14ANZEIGE
091

PRAXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Infografik
Visual Storytelling –
Workflows &
Cases

Die Referenten Das Seminar »Infografik«


● Klaas Neumann und Jakub Chrobok arbeiten ● Die Infografik erlebt einen wahren Boom: in Magazinen und Zeitungen
im Team der Golden Section Graphics GmbH, ebenso wie in Geschäftsberichten und Firmenpräsentationen, in Internet
einer der renommiertesten Infografikagenturen und TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes
weltweit. Seit über zehn Jahren bewegen sie Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren
sich im Bereich der Informationsvermittlung auf und Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken
allen Plattformen: Jakub Chrobok, zuvor Leiter können vielschichtige Inhalte direkt veranschaulichen. Doch je schneller
des Visual Lab bei C3, ist jetzt als Creative Direc- und komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss
tor bei Golden Section Graphics und Dozent der Kreative bei der Datenaufbereitung vorgehen. Mit einer ästhetisch
an der AID Berlin tätig. Klaas Neumann, Senior faszinierenden Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten
Artdirector bei Golden Section Graphics, war und die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jakub Chrobok
Infografiker und Illustrator bei den Gruner + Jahr und Klaas Neumann die eigentliche Herausforderung. Es wird immer
Wirtschaftsmedien (unter anderem bei »Financial anspruchsvoller, gute und verlässliche Quellen zu finden, um einen Sach-
Times Deutschland« und »Capital«). verhalt korrekt und unverfälscht wiederzugeben. Der Grafik- und Kommu-
nikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur reiner Gestalter, er ist
Die Agenda zugleich Journalist und wird gerade durch den gezielten Einsatz von Illustra-
tion zum visuellen Geschichtenerzähler.
1 Das Wesen der Infografik –
Stärken und Schwächen Jakub Chrobok und Klaas Neumann erläutern im PAGE Seminar anhand
Was kann und muss eine Infografik leisten, und von konkreten Praxisbeispielen, wie eine Infografik entsteht – von der
wie setzt man sie sinnvoll ein? Was unterschei- Recherche über die Skizze bis hin zu Reinzeichnung und Animation. Sie
det eine journalistisch geprägte Grafik von einer bieten tiefe Einblicke in die Arbeit eines Infografikers und beleuchten
Visualisierung in der Unternehmenskommuni- das Spannungsfeld zwischen reiner Information und guter Gestaltung –
kation? Wie können Illustrationen die Wirkung wertvolles Know-how von Designprofis für Designprofis!
und Aussage einer Infografik beeinflussen?

2 Vom Briefing über die Recherche zur Das Seminar findet am 17. Juni
im Hotel 25hours, Hamburg-
Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien Bahrenfeld, von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro
Wie müssen die Basisinformationen für ein gutes (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten,
Briefing aufbereitet sein? Wie kommt man an Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt!
die relevanten Daten und damit auf die richtige Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar . 
Idee? Ist weniger mehr oder mehr Information
hilfreicher? Wie gewinne ich den Kunden für die Der PAGE Workshop lässt genug Zeit für Fragen und den
Idee? Wie läuft die Abstimmung mit ihm? Austausch der Teilnehmer untereinander.

3 Animation, Interaktion, Social Media –


die Wahl der Mittel und ihre Kalkulation
Wie setze ich Infografiken viral und crossmedial ein? PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de //
Ist eine statische oder eine interaktive, animierte Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
Grafik besser? Wie gestalte ich den Workflow und Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der
habe die unterschiedlichsten Nutzungsarten im Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an.
Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
Blick? Wie kalkuliere ich eine Infografik? Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
022 PAGE 07.16 › TITEL › Auftragsakquise ANZEIGE

Thema verfehlt?
Ohne gute Recherche geht im Kommunikations- Die Referentinnen
design nichts, das haben auch die Hochschulen er-
kannt. »Die Aufgaben sind in den vergangenen Jah-
ren immer komplexer geworden. Designer müssen
sich heute länger in Themen einarbeiten, bevor sie
mit der Gestaltung beginnen können«, stellt Cyrus
Dominik Khazaeli fest, Professor für Typografie an
der BTK – Hochschule für Gestaltung Berlin. Des-
halb finden sich inzwischen etwa auch Design Thin-
king und nutzerzentrierte Recherchemethoden in
den Lehrplänen zahlreicher Gestaltungsstudiengän-
ge (mehr dazu ab Seite 28 ff.).
Bei einem Vortrag an der Hochschule der Medien
Stuttgart fiel Alexa Schulze auf, dass die Studieren-
den durchweg gut recherchierten, in kürzester Zeit
zu den gestellten Aufgaben Statistiken, Websiteana-
lysen et cetera lieferten. »Die Generation, die jetzt
für diesen Beruf ausgebildet wird, bekommt das Re-
cherchieren im Netz und das Aufbereiten der ge- ● Sabine Pallaske, Mitbegründerin und Geschäfts-
sammelten Informationen an der Uni offensichtlich führerin von F1online, hat Kommunikationsdesign
gut beigebracht.« mit Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule
Und was passiert, wenn man mal nicht ordent- Darmstadt studiert und war lange Zeit selbstständig
lich recherchiert hat? »Dann kann es sein, dass der als Fotografin tätig. Ihre Sachkompetenz bringt
Kreation die Grundlage fehlt, um Ideen zu entwi- sie unter anderem beim Bundesverband professionel-
ckeln«, sagt Christian Rentschler. »Wenn der Crea- ler Bildanbieter (BVPA) aktiv ein, bei der Mittelstands-
tive Brief zu schwammig formuliert ist, nicht auf Fak- gemeinschaft Foto-Marketing (MFM), die sich der
ten beruht, dann tun sich die Teams schwer.« Nicht Ermittlung von Bildhonoraren widmet, sowie bei diver-
nur ärgerlich, sondern auch riskant sind falsch re- sen Foren, die sich mit Urheber- und Lizenzrecht
cherchierte Grundlagen. »In der Schule hätte es ge- und Contentnutzung auseinandersetzen. Ihr ist es
heißen ›Thema verfehlt‹, in unserem Job watscht ei- ein Anliegen, das Chaos im Bild- und Lizenzrecht
nen dann der Kunde ab.« Oder man wird unglaub- für Anbieter wie Nutzer durchschaubar zu machen.
würdig und vom Nutzer abgestraft, zum Beispiel
durch Shitstorms im Netz.
Einer der größten anzunehmenden Recherche-
unfälle: Man merkt erst spät im Prozess, dass die
Idee bereits existiert, es eine Kampagne wie die ge-
rade kreierte schon mal gab oder eine ähnliche von
Mitbewerbern in den Startlöchern steht. Da muss
man unter Umständen noch mal komplett bei null
anfangen, das kostet Zeit und Geld. Um das zu ver-
hindern, kann man sich nicht ausschließlich auf das
Internet verlassen – fachliche Expertise und Erfah-
rung sind gefragt. »Bei Kolle Rebbe haben wir Kol-
legen, die seit vielen Jahren als Juroren internatio-
naler Wettbewerbe tätig sind. Die kennen sämtliche
Cases aus den letzten 25 Jahren – darauf kann man
sich verlassen«, so Christian Rentschler. Schön zu
hören, dass der Mensch als Recherchequelle noch
nicht ausgedient hat. ant ● Rechtsanwältin Silke Kirberg ist Inhaberin der auf
Urheber- und Medienrecht spezialisierten Kanzlei
Kirberg in Hamburg. Kernbereich ihrer Tätigkeit ist
PAGE eDossier »Kreative Recherche:
das Bildrecht. Sie berät und vertritt überwiegend
Inspiration durch Information«. Weitere
Recherchetipps und Praxisbeispiele gibt’s Unternehmen und Freiberufler aus der Medienbran-
unter  www.page-online.de/PDDP1018   che, insbesondere Bildagenturen und Fotografen.
Daneben vertritt sie auch Privatpersonen bei Verlet-
zungen ihres Persönlichkeitsrechts in Wort und
PAGE Seminar »Design Thinking«. Entwickeln
Bild. Durch ihre langjährige Praxis ist ihr das Bild-
Sie frische digitale Ideen mit Pia Betton,
Partnerin bei Edenspiekermann! ↗ w   ww. geschäft bestens vertraut. Silke Kirberg ist
page-online.de/seminar-designthinking Mitglied des Experten-Netzwerks BVPAexperts.
PAGE 07.16
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023

1 PRAXIS
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Die Agenda

Bildrecht! 1 Grundzüge des Urheberrechts


Was ist urheberrechtlich geschützt, und wer
hat wann die Nutzungsrechte inne?

Was Bildnutzer und 2 Schranken des Urheberrechts und

Bildurheber in Zeiten Nebenrechte


Welche Rechte Dritter bestehen unter
von Facebook & Co welchen Bedingungen, und wer muss
wissen müssen sich wann genehmigen lassen, ob die Bilder
veröffentlicht werden können?
A. Model Release: das Recht am eigenen Bild,
Klärung mit Einzelpersonen oder Model-
agenturen (Kunsturhebergesetz, Grund-
gesetz, EMRK)
Das Seminar »Bildrecht!« B. Property Release: Was ist Panorama-
freiheit, und wo braucht es die Genehmigung
● Die gutgläubige Nutzung von Bildern im Kommunikations-, Grafik- und des Grundstückseigentümers?
Mediendesign kann gut und gerne Nachforderungen in empfindlicher Höhe C. Markenrecht: Imageübertragung oder
mit sich bringen. Und in Anspruch genommen wird immer der zuerst, der Beiwerk? Augen auf bei Styling und Requisite –
ein Bild der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Gut also, wenn alle Betei- hier herrscht großer Abstimmungsbedarf.
ligten – Artdirektoren, Art-Buyer, Bildredakteure, Social-Media-Manager,
Editorial Designer, Grafiker, Bildgestalter und Website-Betreiber – verstehen, 3 Nutzungs- und Verwertungs-
was genau sich hinter dem Begriff »Bildrecht« sowie hinter den einzelnen vereinbarungen
Lizenzmodellen verbirgt. Property und Model Release, Marken-, Eigentums- Wer räumt wem wann was ein – und wie?
und Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eigenen Bild bergen mehr Welche Rechte habe ich als Designer, Filme-
Fallstricke, als man gemeinhin annehmen mag. Und das sind nur einige der macher, Fotograf auf der einen Seite und
Aspekte, die selbst bei der Nutzung von sogenanntem lizenzfreiem welche als Nutzer auf der anderen Seite?
Bildmaterial berücksichtigt sein wollen. Auch die AGB haben es in sich. A. Stock: RM/RF/Microstock/Creative
Commons/Flickr & Co
Im PAGE Seminar »Bildrecht« erklären Sabine Pallaske und Silke Kirberg an B. Individualvertrag (Designer, Texter,
anschaulichen Beispielen aus der Praxis nicht nur, was Illustratoren und Fotograf, Illustrator, Filmemacher)
Fotografen sowie Agenturen und Unternehmen bei der Auftragsvergabe und C. Miturheberschaft (extrem wichtig,
Verwertung von Bildern beachten müssen, sondern auch, wie man sich beispielsweise bei Postproduktion oder
in den bildorientierten Social Networks wie Instagram und Pinterest verhält. Styling und Food-Fotografie)
Die Referentinnen räumen in klarer, verständlicher Sprache auf mit
Halbwahrheiten und irreführenden Ratschlägen, sodass Sie ein fundiertes 4 Urheberrecht und Social Media
Rechtswissen für Ihren Arbeitsalltag erlangen, mit dem sich 90 Prozent A. Grundsätzliches
der Abmahnungen vermeiden lassen. Zudem erhalten Sie geldwerte Tipps B. Quellenangabe
für die Vertragsgestaltung und Nutzungsrechtsklärung und können die C. Wie schütze ich mich gegen Missbrauch?
Pausen nutzen, um über konkrete Fälle aus Ihrem Kreativalltag zu sprechen. (Branding und andere Methoden)
D. Welche Lizenzregelungen gelten bei den
Das PAGE Seminar findet am 30. September im Hotel 25hours, verschiedenen Bildagenturen?
Hamburg-Bahrenfeld, von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahmegebühr von
748 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) ist gut investiertes Geld. Denn die Teil- 5 Die Tücken im Detail
nahme bewahrt Sie vor manch einer Bildrechtsverletzung, die Sie teuer zu stehen A. AGB – was ist das eigentlich?
kommen könnte, und hilft Ihnen im Falle, dass Sie selbst der Urheber sind, Ihre B. Angebote korrekt formulieren
Rechte zu wahren und angemessene Honorare durchzusetzen. Die Gebühr um- C. Rechteumfang richtig beschreiben
fasst die Tagungskosten sowie Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf
18 Personen begrenzt! Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar  . 6 Wer haftet?
Die Rechtekette und die Konsequenzen
für Nutzer, Besteller und Urheber bei
Rechtsverletzungen
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de //
Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in Der PAGE Workshop mit Sabine Pallaske und
der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung Silke Kirberg lässt genug Zeit für Fragen und
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis). Diskussionen und den Austausch untereinander.
024 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

Im Archivmaterial von
Sport Münziger fand
die Agentur Zeichen &
Wunder jede Menge
reizvoller Bildmotive.
Zum Beispiel das
FC-Bayern-Trikot aus
den 1930erJahren,
als Münzinger noch Aus-
statter des Vereins war.
Oder die alten Schuh-
modelle, aus denen dann
die schöne Papiertrage-
tasche entstand

Schuhen bis zu Menschen, die Sport


treiben. »Ein zeitgemäßes Corporate
Design braucht aber natürlich auch
moderne Elemente, gerade der Kon-
trast macht die Gestaltung ja interes-
sant«, meint Peglow-Peters. So stammt
das Herzstück, das 125-Jahre-Logo,
nicht aus der Vergangenheit. Mit sei-
ner markanten Gitterstruktur erinnert
es eher an den rauen Charme von Bolz-
platzkäfig, Tornetz und Absperrgitter
Zeitreise eines Fußballstadions.
Um die Zielgruppe adäquat anspre-
Für das Jubiläumserscheinungsbild von chen zu können, mussten die Krea-
tiven zuerst Fußball verstehen. Zum
Sport Münzinger, einem traditionsreichen einen beschäftigten sie sich mit den
Münchner Familienunternehmen, grub Anfängen des Sports, vor allem aber
mussten sie den Lifestyle dahinter be-
Zeichen & Wunder tief in der Vergangenheit greifen und nachvollziehen, wie er das
soziale Gefüge von Fußballfans beein-
flusst. Vor-Ort-Recherche war ange-
sagt. »Die Mitarbeiter von Sport Mün-
● Wie Schatzsucher fühlten sich die um die Positionierung und Ausrich- zinger sind die besten Testimonials,
Kreativen, als sie die Kartons mit Ar- tung des Unternehmens ging. »Früher leben Fußball rund um die Uhr. Also
chivmaterial von Sport Münzinger am war Fußball ein bisschen prollig, vor haben wir sie begleitet, geschaut, mit
Münchner Marienplatz in die Agentur- allem aber eine Männersache«, erklärt wem und wo sie Fußball gucken, ob
räume in der Rumfordstraße schlepp- Julia Peglow-Peters, Geschäftsführerin sie selbst spielen oder sich zum Tisch-
ten. Zum 125-jährigen Geburtstag des von Zeichen & Wunder. »Das hat sich kicker treffen.«
Sportgeschäfts sollte Zeichen & Wun- aber grundlegend gewandelt: Fußball Daraus entstand quasi nebenbei ei-
der ein umfassendes Jubiläumserschei- verbindet heute alle sozialen Schich- ne Fotoreportage, die in die kleine Bro-
nungsbild entwickeln. In einem eige- ten und ist Lifestyle.« Entsprechend schüre »Nine to Five« mündete, die im
nen Raum sortierte, katalogisierte und positioniert sich Sport Münzinger als Ladengeschäft auslag. »Natürlich ist so
scannte das Designteam das Bildmate- moderne Kultstätte, allerdings nicht ein Vorgehen keine objektive Recher-
rial und stieß auf jede Menge reizvoller nur für Fußball. che. Eher ein subjektiver Einblick ins
Motive und Geschichten, zum Beispiel, Durch das gesamte Jubiläumser- echte Leben statt einer breit angeleg-
dass »der Münzinger« in den 1930er scheinungsbild ziehen sich die wun- ten Marktforschung«, sagt Julia Peg-
Jahren Ausstatter des FC Bayern war. derbaren Retromotive, die Zeichen & low-Peters und fügt hinzu: »Wir mö-
Parallel fand eine strategische Re- Wunder in den Archivkisten gefunden gen diese Art Recherche sehr, weil sie
cherche statt, in der es hauptsächlich hatte: von historischen Trikots und uns auch inspiriert.« ant
PAGE 02.14 025
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PRAXIS
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Leitmedium
Design
Fallbeispiele &
Das Erfolgsseminar
Strategien »Leitmedium Design«
mit Jochen Rädeker –
nach über 25 ausgebuchten
Seminaren jetzt in
München!

Der Referent Das Seminar


● Jochen Rädeker, Mitbegründer und geschäfts- ● Marken machen rund 50 Prozent des Wertes eines Unternehmens aus.
führender Gesellschafter von Strichpunkt, ist Sie richtig zu definieren, zu prägen und zu gestalten, ist deshalb eine der
Professor für Corporate Identity und Corporate wichtigsten und komplexesten Aufgaben, die ein Kunde zu vergeben hat.
Design. Er war acht Jahre Vorstandsmitglied Designer müssen für diese Herausforderung umfassend gewappnet
des Art Directors Club Deutschland, davon drei sein: Sie müssen auf Beratungsebene souverän Prozesse zu Positionierung,
Jahre als Präsidiumssprecher. Seine Designagentur Vision und Mission moderieren können, auf konzeptioneller Ebene die
Strichpunkt steht für hochwertige Marken- und richtige Markenstory entwickeln und auf gestalterischer Ebene überzeugende
Unternehmenskommunikation im Print-, Online- und einzigartige Lösungen finden, die in allen Kommunikationskanälen
und 3D-Bereich, hat mehr als 700 internationale konsistent funktionieren. All das müssen sie am Ende auch noch so präsen-
Preise gewonnen und ist seit Jahren in den Top Ten tieren, dass ihr Kunde die Beratungs- und Designleistungen als objektiv
des PAGE Kreativrankings vertreten. Jochen richtig erleben und bewerten kann und es nicht zu geschmäcklerischen
Rädeker verfügt mit seinen Arbeiten für Unterneh- Entscheidungen am Küchentisch kommt.
men von adidas bis WMF, von Audi über Vorwerk
bis zu Kulturfestivals, Schauspiel und Oper über Jochen Rädeker erläutert im PAGE Workshop »Leitmedium Design«
einen immensen Erfahrungsschatz in Sachen sinnvolle Wege und Verfahren für eine nachvollziehbare Marken-
Konzeption und Umsetzung komplexer Designstra- positionierung. Er belegt anhand konkreter Praxisbeispiele – vom
tegien – von der Imagebroschüre bis zur Werbe- Start-up bis zum Weltkonzern –, wie man mit Marken berührende
kampagne, vom Online- bis zum Messeauftritt. und begeisternde Geschichten entwickeln und visuell erzählen kann.
Schließlich gibt er Tipps für erfolgreiche Pitches und Präsentations-
strategien. Wertvolles Know-how vom Designprofi für Designprofis
Die Agenda in Agentur und Unternehmen!

1 Identifizieren:
Die Markenpositionierung. Das Seminar findet am 23. September in den Design Offices
Wie komme ich zu einer belastbaren Corporate München Arnulfpark von 10:00 bis 18:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet
Identity, zum Reason Why einer Marke? Werte- 748 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungs-
definition, Vision, Mission und Positionierung. kosten, Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen
begrenzt! Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar  .
2 Erzählen: Die Markenstory.
Wie erzähle ich als Designer überzeugende, Der PAGE Workshop lässt genug Zeit für Fragen und den
einzigartige Markengeschichten? Fallbeispiele Austausch der Teilnehmer untereinander.
für erfolgreiche Corporate Stories.

3 Gestalten: Multichannel-Design.
Wie funktional muss, wie kreativ darf ein gutes
Corporate Design sein? Online-CD-Manuals PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co KG // info@page-online.de //
und medienübergreifende Gestaltungskonzepte. Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar

4 Überzeugen: Die Präsentation. Aufgrund der auf 20 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in
Tipps und Tricks für zielführende Pitches und der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
Präsentationen. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
026 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

Epochen-Remix
Ganze 35 höchst
durchdachte Illustra-
tionen steuerte
Cynthia Kittler für eine
Neuveröffentlichung
einer Novelle zu Frauen-
held Casanova bei

● Auf eine verschlungene Reise durch


die Zeit begab sich Cynthia Kittler, als
sie für die Edition Büchergilde Arthur
Schnitzlers Novelle »Casanovas Heim-
fahrt« illustrierte. Rasch stellte die in
Offenbach lebende Illustratorin näm-
lich fest, dass in dem zuerst 1918 er-
schienenen Buch gleich vier verschie-
dene Epochen zusammenspielen. Da
ist Casanovas Jugend im Rokoko, der
er noch nachhängt, und sein Alter im
Klassizismus, wo die Novelle spielt.
Dazu kommt die Zeit zwischen Belle
Époque und Moderne, als Schnitzler
den Text schrieb, sowie unsere ge-
genwärtige Sicht, die visuell ebenfalls

Screenshots: https://de.pinterest.com/pin/417216352956342740, https://de.pinterest.com/pin/6966574400929662,


einfließen sollte.
Viel zu tun also bei der Recherche.
Zunächst galt es, über Giacomo Casa-
Von der antiken Figur ei-

https://de.pinterest.com/pin/54817320438061651, https://de.pinterest.com/pin/400820435567117092
nes Hermaphroditen
nova, Arthur Schnitzler und ihren je-
über Gemälde aus dem weiligen Kontext zu lesen sowie Bilder
18. Jahrhundert bis zur von Mode und Interieurs des ausge-
Kenzo-Kampagne henden 18. Jahrhunderts zu suchen.
reichten die Inspirationen Auf Pinterest, einem ihrer Lieblings-
für Cynthia Kittlers recherchetools, fand Cynthia Kittler
Buchillustrationen. Man
reichlich historische »Fashion Plates«.
beachte das Leoparden-
Dabei stieß sie auf Kurioses wie das
muster auf der Hose
des Herrn rechts unten – Bild eines Mannes mit Hose in Leopar-
es findet sich oben auf denmuster – ein Outfit, das sie für eine
der Jacke des tafelnden Figur der Erzählung abwandelte. Auch
Marquese wieder ornamentalen Rahmen – ein belieb-
tes Element der Buchgestaltung um
1780 (und später noch einmal im Ju-
gendstil) – begegnete sie auf Pinterest.
»Schnitzler ist ein Meister der inneren
Monologe und ich setzte Rahmen an
den Stellen ein, wo man die Dinge qua-
si aus Casanovas Kopf heraus erlebt«,
erklärt die Illustratorin.
Spielfilme hat Cynthia Kittler eben-
falls angeschaut, ganz bewusst aber
nicht Federico Fellinis berühmten »Ca-
sanova« oder »Casanovas Rückkehr«
mit Alain Delon. »Ich wollte nicht, dass
PAGE 07.16 027

mich das zu sehr beeinflusst, und ha-


be deshalb nur Stills im Netz angese- Reality-Ads
hen«, berichtet sie. Stattdessen sah sie
»Marie Antoinette« von Sofia Coppola
Genaue Kenntnis der
oder »The Duchess« von Saul Dibb mit zielgruppenspezifischen
Keira Knightley.
In der riesigen Bildersammlung, die Social-Media-Inhalte
sich im Laufe der Recherche auf ihrem und eine adäquate Bild-
Computer ansammelte, finden sich
zum Beispiel Fotos aus der Gegend von sprache bescherten
Mantua, wo die Novelle spielt, ebenso
wie Bilder der berühmten Phallus-
der TUI-Kampagne von
Skulpturen von Constantin Brâncusi Kolle Rebbe Erfolg
oder Fotos von Man Ray – Cynthia
Kittler wollte genau wissen, wie mo-
derne Künstler aus der Zeit Schnitzlers
Frauen darstellten. ●»Smile Story« heißt die aktuelle TUI-
Vorbild für die links gezeigte Dar- Kampagne, in der Mitarbeiter des Rei-
stellung der Marcolina war die Statue severanstalters vor Ort an den Urlaubs-
eines Hermaphroditen aus römischer zielen im Mittelpunkt stehen ( www.
Zeit. »Natürlich ist das eine ganz an- tui.com/smilestory). In direktem Kon-
dere Epoche als der Klassizismus, dem takt mit den Urlaubern verraten sie
ich Marcolina zurechne. Aber gerade Insidertipps, die »Smile Stories«. »Zu-
in dieser Zeit besann man sich wieder nächst galt es herauszufinden, wel-
auf antike Vorbilder«, so die Illustra- che Urlaubstypen den Anfang machen
torin. Gleichzeitig floss ein Bild von sollten«, erzählt Christian Rentsch-
Model Devon Aoki aus einer Kenzo- ler, Kreativdirektor bei Kolle Rebbe in
Kampagne von 2014 in die charakter- Hamburg. »Hier hat TUI uns sehr un-
liche Entwicklung dieser Figur ein. terstützt, durch ihre umfangreichen
Zum Männlichkeitswahn und der Nutzerdaten konnte sie die Kernziel-
Rolle der Frau als zentralen Themen gruppe schnell definieren.« Drei dieser
der Erzählung las Cynthia Kittler bei »Urlaubsexperten« machten den An-
Google Books nach. Dort fand sie Bü- fang: Andreas Lüdtke, Stationsleiter
cher wie die Magisterarbeit »Alters- Wassersport auf Kreta, Carina Weber, Bei der Recherche für die »Smile Storys«
regeln und Sexualnormen in ausge- Fitnesstrainerin in Mexiko, und Elvan galt es vor allem, eine authentische
wählten Erzähltexten Arthur Schnitz- Türe, Kinderanimateurin in der Türkei. Bildsprache für die verschiedenen Social-
lers« oder »Unser postmodernes Fin Auf Plakaten, vor allem in Videoclips Media-Kanäle zu finden
de Siècle: Untersuchungen zu Arthur und einem dreieinhalbminütigen You-
Schnitzlers ›Anatol‹-Zyklus«. Unter an- Tube-Film stellten sie sich vor und lu- und diese Themen mit denen abgegli-
derem gab es dort aufschlussreiche den zur Entdeckung der Reiseziele ein. chen, die sich aus den Gesprächen mit
Analysen der im Fechtduell zwischen »Aufwendig war die Recherche der den Protagonisten ergeben hatten.
Casanova und seinem Widersacher richtigen Produktionsfirma und des Dann haben wir für jeden Kanal den
von Schnitzler angedeuteten Phallus- Regisseurs«, so Christian Rentschler. passenden Content generiert«, be-
Symbolik. Kittler stellte die Szene mit »Schließlich wollten wir diese authen- richtet Alexa Schulze, Kreativdirekto-
zwei gekreuzten Penissen dar. tischen Geschichten nicht mit einem rin Social Media bei Kolle Rebbe. Die
»Wo der Text der Novelle sehr me- normalen Werberegisseur umsetzen, benötigten Fotos und Videos produ-
taphorisch ist, kann man auf der Bild- sondern mit jemanden, der im Doku- zierten Bakery Films und der Fotograf
ebene auch mal überzogen direkt wer- mentarfilm zu Hause ist.« Die geeig- Florian Schüppel vor Ort gleich mit.
den. Außerdem wollte ich das Duell neten Partner fanden sie mithilfe von Bei der Recherche arbeitete Kolle
ins Lächerliche ziehen, wie es auch Kolle Rebbes Film-, Funk- und Fern- Rebbe eng mit dem Social-Media-Team
Schnitzler damals vorgeworfen wur- sehabteilung schließlich in der Ham- von TUI zusammen. »Wir wollten zum
de«, so die Illustratorin. Die Lektüre burger Produktionsfirma Bakery Films Beispiel genau wissen, welche Inhalte
bestätigte sie darin, dass Casanova ein und Regisseur Thomas Grube. gut funktionieren«, so Alexa Schulze.
klassischer Narzisst war. Also suchte Parallel zum Dreh konzipierte Kolle »Das geht von den richtigen Farbantei-
sie nach dem berühmten Motiv des Rebbe Formate und Inhalte für die di- len im Bild über die passenden The-
Narziss, der sein Spiegelbild im Was- gitalen Kanäle, also für die magazinig men bis zur Frage, welche Posts ge-
ser betrachtet. Bilder, die ihn nicht aufgebaute Kampagnenseite sowie für wöhnlich gut ankommen.« Für TUI hat
an einem Tümpel, sondern am Brun- Facebook, Instagram und YouTube. sich die gründliche Recherche aus-
nen zeigen, inspirierten sie schließ- »Wir haben für jede Plattform geschaut, gezahlt, die »Smile Story«-Kampagne
lich zum Covermotiv. cg was dort für die Zielgruppe relevant ist, läuft sehr erfolgreich. ant
028 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

Lasst euch ● Ein Kommunikationsdesignstudium – sei es noch


so künstlerisch orientiert – hat zum Ziel, dass die
Absolventen ihren Weg als Auftragsgestalter finden.
Und egal, welche Richtung sie einschlagen: Recher-

überraschen! chieren müssen alle. »Wir bilden kreative Leader aus,


nicht nur handwerklich ausgerichtete Kommunika-
tionsdesigner oder Design Manager, die später Ideen
anderer umsetzen«, erklärt Ulrike Krämer, Leiterin
Recherche will gelernt sein. Deshalb spielt des Institute of Design in Hamburg. »Dafür brauchen
das Thema theoretisch wie praktisch eine sie Innovations- und Strategiekompetenz, verbunden
mit globalem Überblick – hierfür sind Recherche-
große Rolle im heutigen Designstudium kompetenz und Querdenkertum unerlässlich.«
Ergänzend zur visuellen Recherche, wie sie Uni-
versitäten und Akademien seit jeher vermitteln, hat
das Thema User Research Einzug gehalten. Nach
Interaction und User Experience Design breitet sich
die Methodenlehre auch auf klassisches Kommuni-
kations- und Produktdesign aus und spielt in neuen
Studiengängen wie Digital Ideation oder Internet of
Things eine zentrale Rolle.
Diese Hinwendung zum User Centered Design
und die Integration von Design-Thinking-Methoden
haben vielerorts zu einem Paradigmenwechsel im
Designstudium geführt. »Der Fokus auf User Re-
search ist ein Gegengewicht zum alten Meister-
schüler-Modell: Nicht die Designkoryphäe ist das
Maß aller Dinge, sondern der Nutzer«, erklärt Andres
Wanner, Leiter des Studiengangs Digital Ideation an
der Hochschule Luzern. Dies verlange eine gewisse
Foto: Oliver Jung

Demut des Gestalters, an die sich die Studenten oft


erst gewöhnen müssten. »Viele denken am Anfang,
gutes Design beruhe auf Talent oder göttlicher Ein-
gebung, aber es ist harte Arbeit – und Recherche
RECHERCHE-TIPPS macht einen großen Teil davon aus«, so Ubbo Küg-

1 »Be your own customer«: Den ler, Professor für Kommunikationsdesign an der
BTK – Hochschule für Gestaltung in Iserlohn.
ersten Schritt in einem neuen Das bedeutet keinesfalls, dass Gestaltung an Kre-
Projekt macht man am besten ativität verliert. Bei der Informationssuche muss man
einfallsreich sein, um die Ergebnisse zu bekommen,
»in den Schuhen des Nutzers«. die man benötigt. »Das Verdichten und Filtern von

2 Erkenntnisse gibt’s nur mit echten Informationen ist ebenfalls eine kreative Leistung«,
ergänzt Hans Krämer, Professor für Interaktionsge-
Menschen im echten Kontext. staltung an HfG Schwäbisch Gmünd. Ausführliche
User Research habe zudem den Vorteil, dass sie die

3 Zuhören, Lernen, Denken:


Wünsche ≠ Bedürfnisse ≠ Lösungen.
Ideenentwicklung häufig schon einschließe: »Die
Lösung liegt dann quasi auf dem Tisch. Man muss
die Ergebnisse nur noch sortieren und filtern.«

4 Mit schnellen Prototypen beflügelt


man die Vorstellung der Nutzer. Keine Theorie ohne Praxis
Staatliche wie private Einrichtungen vermitteln Re-

5 »Get out of the building« und nutzt


die Design-Thinking-Methoden.
cherchewissen durch eine Mischung aus Theorie und
Praxis. Methoden wie Onlinerecherche, das Auswer-
ten von Statistiken, Interviews und Beobachtung las-

6 Glaubt niemals kurzen Regeln in


Tipp-Boxen ...
Hans Krämer, Professor für Interaktionsgestaltung an der
sen sich nur bis zu einem gewissen Grad trocken
lernen. »Studienanfänger denken oft, dass mit ei-
nem Blick auf die ersten Google-Suchergebnisse und
den Wikipedia-Eintrag schon alles getan ist«, sagt
Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd Ubbo Kügler. »Bei uns lernen sie im sechsten Semes-
ter in einem Design-Thinking-Kurs, was Recherche
wirklich bedeutet.«
PAGE 07.16 029

Die Studierenden
sprachen mit
»Dorfexperten«,
lernten, wie man
Gemüse lagert,
und erkundeten
ungenutzte
Gebäude im Dorf

Landlust unter
der Lupe
Designstudenten der BTK
Berlin begaben sich auf die
Suche nach Stadt-Land-
Synergien und trainierten
Design Thinking

● Wie lässt sich die Attraktivität von die Potenziale und Schwierigkeiten gionale Orientierung und Vernetzung,
Dörfern als Erholungs- und Zuzugs- des Landlebens – und ihre mögliche ein Konzept für die Reaktivierung ak-
gebiet erhöhen? Und wie kann man sie Attraktivität für Städter – unmittelbar tuell leer stehender Gebäude und ei-
mit medialer und kommunikativer Un- zu erfahren. Dafür nahmen sich Stu- ne digitale Plattform für solidarische
terstützung wiederbeleben? Das wa- denten und Dozenten mehr Zeit als Landwirtschaft. Für Letzteres führten
ren die Ausgangsfragen, denen sich sonst in Seminaren üblich und ver- die Studenten eine Onlinebefragung
14 Kommunikationsdesignstudenten – brachten ein ganzes Wochenende im mit Vertretern solcher Projekte durch,
alle im vierten oder fünften Semester – Guts- und Seminarhaus Projektraum die zeigte, dass ein sehr großes Inte-
in dem Kurs »Ideation and Prototype« Drahnsdorf. resse an einer Plattform besteht, die
im Wintersemester 2015/16 an der Aus diesen Erkundungen ergab sich die unterschiedlichen Einzelinitiati-
BTK – Hochschule für Gestaltung Ber- unter anderem, dass ein Umzug aufs ven aggregiert.
lin widmeten. Die Veranstaltung ori- Land nicht mit Arbeitslosigkeit und Nach einem Proof of Concept an
entierte sich am Design-Thinking-Pro- Langeweile einhergehen muss. Statt- der BTK, bei der vier der sechs befrag-
zess, wobei die Professoren Cyrus Do- dessen eröffne sich eine Fülle neuer Tä- ten »Dorfexperten« anwesend waren,
minik Khazaeli und Thomas Noller tigkeitsfelder, die die bisherige beruf- arbeitete das Team in der anschließen-
großen Wert auf eine ausgiebige Re- liche Arbeit ergänzen und teilweise so- den Prototyping-Phase die Verbesse-
cherche legten. gar ersetzen könnten, beispielsweise rungsvorschläge ein. So entstand das
Die Studenten starteten mit einer Deich- und Lehmbau, Permakultur, Konzept für die Plattform Solawi, die
umfangreichen Literatur- und Online- Erzeugung landwirtschaftlicher Pro- eventuell als Projektarbeit real umge-
recherche zur Geschichte und Sozio- dukte oder die Entwicklung regiona- setzt wird. »Abschließend lässt sich
logie des Dorfes sowie zu erfolgreichen ler und alternativer Vertriebswege. sagen, dass die Projekte durch die Aus-
Erneuerungsinitiativen. Im nächsten Auf Grundlage der Ergebnisse aus einandersetzung mit den potenziel-
Schritt befragten sie vor Ort zugezo- der Vorrecherche und den qualitativen len Nutzer- und Anbietergruppen ge-
gene und einheimische Dorfbewoh- Interviews entwickelten die Studen- wonnen haben«, erzählt Cyrus Domi-
ner, die sie in einem Dorf südlich von ten dann erste Ideen und Konzep- nik Khazaeli. Mit mehr Zeit hätte man
Brandenburg zu einem längeren Ge- te, wobei sich drei Lösungsansätze in die Recherche weiter vertiefen kön-
spräch trafen. Im Anschluss besichtig- drei Arbeitsgruppen herauskristalli- nen, um zu noch besseren Ergebnis-
te die Gruppe verschiedene Orte, um sierten: eine App für soziale und re- sen zu gelangen. nik
030 PAGE 07.16 › TITEL › Kreative Recherche

Die Mischung macht’s


Neben diesen neueren Ansätzen hat die visuelle Re-
cherche nach wie vor ihre Bedeutung in der Design-
ausbildung. Neben Inspiration geht es dabei spezi-
ell um einen Überblick, was es in dem Themenbe-
reich schon gibt und gab. »Sei es eine Kampagne
oder ein Corporate Design – man muss wissen, was
in der Branche Usus ist, um dann etwas Neuartiges
gestalten zu können. Man muss die Regeln und Nor-
men kennen, um sie zu brechen«, meint Christoph
Scheller, Professor am Fachbereich Gestaltung an
der FH Aachen.
In Zeiten des Internets sind der Recherche kaum
RECHERCHE-TIPPS Grenzen gesetzt. Das hat allerdings zur Folge, dass
der Blick für analoge Quellen verloren zu gehen

1 Führe ein Artist Book mit Skizzen,


Collagen und Fundstücken.
droht. Deshalb unternimmt Ubbo Kügler jedes Se-
mester einen Rundgang durch die Fachbibliothek –
mit Anwesenheitspflicht. »Einigen ist gar nicht klar,

2 Frage deine User nach Problemen,


nicht nach Lösungen (dafür bist du
als Designer zuständig).
dass sie nicht alles im Netz finden. Dabei zielt das
meiste, was wir gestalten, auf einen Platz in der Rea-
lität: Printmedien und Objekte«, meint er. Auch An-
dres Wanner hält seine Studenten dazu an, die reale

3 Sammle Bilder, Roboter, Kaugummi-


papierchen, Wörter, Zeitungsaus-
schnitte. Irgendwann kannst du was
Welt nicht zu vernachlässigen: »Hier findet sich sehr
viel mehr Überraschendes als am Bildschirm. Zum
Beispiel interessante Piktogramme auf einer Baustel-
leninfotafel! Gestalter sollten immer mit offenen Au-
gen, Kamera und Skizzenbuch durchs Leben gehen.«
davon verwenden.
Offenheit lernen

4 Nutze das Internet für die Recherche,


aber nimm unübliche Software.
Themenrecherche via Twitter liefert
Wichtiger noch als die Tools und Quellen ist die
Haltung, die hinter jeder Recherche steht und die
durch Neugier, Offenheit und Empathie geprägt
aktuelle Debatten; Bildrecherche auf sein sollte. »Ein häufiger Fehler ist, dass Recherche
nur dazu dient, die eigenen Annahmen oder Vorur-
Flickr ist schöner als bei Google. teile zu bestätigen«, sagt Andres Wanner. Er frage
seine Studenten deshalb jedes Mal: »Was habt ihr

5 Steh zu deinen Fehlern und


behalte sie.
Neues und Überraschendes herausgefunden?« Das
werte Ergebnisse, die den eigenen Erwartungen wi-
dersprechen, auf.
Andres Wanner, Leiter Studiengang Digital Ideation an der Nach dem ersten Schwung an Ergebnissen und
Hochschule Luzern der anschließenden Ideenfindung folgt im Design-
Thinking-Prozess eine weitere Recherchewelle, in
der die erarbeiteten Konzepte auf ihre Tauglichkeit
Auf den Theorie-Input folgt an den meisten Schu- hin geprüft werden – sei es durch Interviews auf der
len ein praktisches Projekt – wenn nicht gleich »am Straße, Onlinefragebögen oder Prototypen. Das ist
lebenden Objekt« gelehrt wird. Anhand eines konkre- für die Studenten nicht immer einfach. »Die Bereit-
ten Problems spielen die Studenten den ganzen krea- schaft, Ideen, in die sie mitunter schon viel Zeit und
tiven Prozess durch – angefangen mit der Recherche. Herzblut investiert haben, durch Dritte überprüfen
Da eine ausführliche Nutzeranalyse die Entwurfs- zu lassen, müssen sie erst lernen«, berichtet Cyrus
situation sehr komplex macht, kommt sie erst in spä- Dominik Khazaeli.
teren Semestern des Bachelorstudiums zum Einsatz, Bei allen Vorzügen der Recherche sollte besonders
so Hans Krämer. »Die Ergebnisse sind selten eindeu- im Studium abgewogen werden, wo sie angebracht
tig und widersprechen sich eher, als dass sie ein kla- ist und wo nicht. »Man muss eine Balance finden zwi-
res Bild abgeben. Es kostet viel Zeit, die Zielkonflikte schen freier Inspiration, die besonders bei der visu-
unter einen Hut zu bringen und eine optimale Lö- ellen Recherche zum Tragen kommt, und der geziel-
sung zu finden.« Egal in welcher Phase – nutzerzen- ten Suche nach Informationen über Inhalte, Projekt-
trierte Recherchemethoden haben im Bachelorstu- organisation und Gestaltungsansätze«, erklärt Ub-
dium jedes Gestalters Platz, meint Andres Wanner: bo Kügler. »Anders gesagt: Die Studenten dürfen
»Diese Kenntnisse sind äußerst nützlich für die Be- die Realität nicht aus den Augen verlieren – aber sie
rufspraxis und müssen nicht bis zum Master warten.« müssen auch mal träumen dürfen.« nik
PAGE 02.14 049
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PRAXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Design
Thinking
Insights & Hands-on-
Workshop

Die Referentin Das Seminar mit Edenspiekermann


● Pia Betton, Partnerin bei Edenspiekermann, ● Der Markt ist übersättigt mit digitalen Anwendungen, aber nur einige
blickt auf 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen wenige sind erfolgreich. Wen wundert’s, die Nutzerroutinen ändern
Brand Development, Corporate Design, Design sich stetig und damit auch die Anforderungen an Inhalte und Formate,
Thinking, Design Research, Innovation und sprich: an den eigentlichen Service. Die strukturierte Innovations-
Communication zurück. Ihre berufliche Laufbahn methode Design Thinking setzt hier an und verfolgt den Ansatz, Produk-
führte sie ins Management von Unternehmen te und Services aus Sicht des Nutzers zu gestalten. Diese Herangehens-
wie MetaDesign, Institute of Electronic Business weise hat Technologieführer wie Apple und Google groß gemacht.
und heute Edenspiekermann. Ihr Portfolio
internationaler Kunden reicht von Firmen wie Im PAGE Workshop »Design Thinking« gewährt Ihnen Pia Betton,
Bang & Olufsen, Carlsberg, E.ON und LEGO Partnerin bei Edenspiekermann, tiefe Einblicke in Kundenpro-
bis zu öffentlichen Institutionen wie Deutsche jekte, die durch genau diese Methode erfolgreich geworden sind.
Bahn und Danish Investment Fund. Sie erproben den gleichen Prozess, den Edenspiekermann
genutzt hat, um beispielsweise das Redesign von ZEIT Online
Die Agenda sowie ZEITmagazin Online zu gestalten.

1 Intro. Wie genau sieht ein Kick-off-Workshop Mittels Design Thinking entwickeln Sie Ideen für neue relevante Expe-
bei Edenspiekermann aus, in dem mit Design- riences und setzen diese als Prototypen um. Sie erlernen in praktischer
Thinking-Methoden gemeinsam mit dem Kunden Anwendung wirksame und pragmatische Innovationsmethoden,
der Grundstein eines Projekts erarbeitet wird? die Sie später selbstständig in Ihren eigenen Arbeitsalltag einbringen
Welche Hürden gibt es in einem Design-Thinking- können. Das umfasst nutzerorientierte und mediengerechte Denk-
Prozess? Pia Betton gibt Einblick in konkrete Cases. weisen, aber auch konkrete Mittel, um Ideen schnell und ohne großen
Ressourcenaufwand kommunizier- und überprüfbar zu machen.
2 Nutzerbedürfnisse. Die Teilnehmer lernen,
die wahren Bedürfnisse zu erfragen und auf Das Seminar stärkt das Bewusstsein für die besonderen Anforderungen,
Basis dieser Insights Personas zu erstellen, die die durch digitale Services entstehen. Vor allem zeigt es aber, dass es
die Grundlage für den weiteren Prozess bilden. keinen Grund für Berührungsängste gibt. Wertvolles Know-how von
Designprofis für Designprofis in Agentur, Start-up und Unternehmen!
3 Produktideen. Die relevanten Bedürfnisse
werden von den irrelevanten differenziert, um
neue userzentrierte Experiences zu generieren. Das Seminar findet am 16. September bei Edenspiekermann
Ein von Edenspiekermann entwickeltes Spiel in Berlin von 9:00 bis 18:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro
unterstützt den Ideenfindungsprozess. (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten,
Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen
4 Prototyping. Die Teilnehmer setzen ihre begrenzt! Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.  
Ansätze auf den eigenen Smartphones um, sodass
sie am Ende einen funktionierenden Prototyp
in Händen halten, präsentieren und testen können. PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de //
Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
5 Retrospektive. Die Teilnehmer erarbeiten,
Aufgrund der auf 20 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der
wie sie das erlernte Wissen am besten in Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an.
Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
ihren Gestaltungsprozess integrieren können. Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
032 PAGE 07.16 › THEMEN › Kreative für Flüchtlinge

THEMEN

Klare Zeichen
Das Informationswirrwarr in Erstunterkünften
bändigt buero bauer aus Wien mit dem frei
downloadbaren »First Aid Kit«. Version 2.0
des Iconsets enthält nun auch Symbole für die
häufigsten Krankheitsbeschwerden.
↗  http://buerobauer.com/projekte/first-aid-kit
PAGE 07.16 033

Ankommen
Um Geflüchtete in Deutschland willkommen zu heißen,
stellen Kreative viel auf die Beine

● Täglich scheitern Flüchtlinge: an geschlossenen Bildung ein Poster mit dem Grundrechtskatalog der
Grenzen, beim Versuch, ihre Familien nachzuholen, BRD. Das A0-Plakat für Schüler und junge Geflüchte-
an Alltagsproblemen oder der großen, großen Lan- te ist beidseitig bedruckt: auf der Vorderseite die
geweile. Das macht wütend und traurig – und spornt Grundrechte in Deutsch und Arabisch, auf der Rück-
nicht wenige Kreative an, zu helfen – in selbst initiier- seite mit englischer Übersetzung. Innerhalb von zwei
ten Projekten oder als Teil ihres Jobs. So zum Beispiel Wochen waren die ersten 20 000 Exemplare kosten-
Jung von Matt mit den pro bono kreierten Printanzei- los bestellbarer Poster vergriffen. Inzwischen gibt es
gen und TV-Spots für die Aktion »Wir zusammen« eine zweite Auflage, auch Übersetzungen in weite-
( http://wirzusammen.de ). Die von Ralph Dommer- re Sprachen sind geplant.
muth, Vorstandsvorsitzender der United Internet AG,
ins Leben gerufene Integrationsinitiative wird mitt- Icons statt Buchstaben
lerweile von vielen deutschen Unternehmen getra- »Gestalter haben zwar keine größere gesellschaft-
gen. Den Webauftritt entwickelte die Digitalagentur liche Verantwortung als andere Menschen, aber den
Syzygy – ebenfalls unentgeltlich. Vorteil, mit Kommunikationstools professionell zu
Leitwerk, Büro für Kommunikation in Köln, ge- arbeiten«, sagt Erwin K. Bauer, Inhaber von buero
staltete im Auftrag der Bundeszentrale für politische bauer in Wien. »Wir können damit einer Initiative
034 PAGE 07.16 › THEMEN › Kreative für Flüchtlinge

5
Foto: publicgarden
PAGE 07.16 035

oder Idee schneller Flügel verleihen. Dieses Mo- 1 Grundrechte 240-seitigen Band, der zur Hälfte aus Texten besteht,
mentum zu nutzen, ist Privileg und Verantwortung Schön illustriert, zeigt das Wiener Designbüro Lisa + Giorgio, das wie al-
zugleich.« Und so entwarfen die Kreativen ehrenamt- das von Leitwerk le anderen Beteiligten unentgeltlich arbeitete. Der
lich das »First Aid Kit«, das Flüchtlingen anhand von gestaltete Plakat die Erlös aus dem Verkauf der »Fluchtwege« (35 Euro,
deutschen Grundrechte
Icons in den Erstaufnahmeeinrichtungen bei der ISBN 978-3-902976-67-3) geht an das Flüchtlingspro-
mit arabischer und
Orientierung hilft. »In der Unterkunft in Wien-Mitte jekt Ute Bock (www.fraubock.at ) und den Train of
auf der Rückseite mit
hingen Mengen von Zetteln an den Türen und Wän- englischer Übersetzung.
Hope der Flüchtlingshilfe am Wiener Hauptbahnhof
den, in vielen Sprachen, mit oft widersprüchlichen ↗  www.bpb.de/falter (www.trainofhope.at).
Aussagen«, erzählt Erwin K. Bauer. »Dieses Informa- »Ich empfand es im vergangenen Herbst als mo-
tionschaos führt zu Verunsicherung, die Verunsiche- 2 Wörter per Handy ralische Pflicht, mich mit den Schutzsuchenden so-
rung zu noch mehr Verwirrung.« NGOs und Freiwil- Per WhatsApp können sich lidarisch zu erklären«, sagt Florian Rainer, »und die
lige können das Infosystem einfach downloaden, arabisch sprechende dokumentarische Fotografie ist besonders geeignet,
ausdrucken und aufhängen. Mittlerweile wurde es Flüchtlinge mit Whats- soziale Missstände aufzuzeichnen und aufzuzeigen.«
German erste Sprach-
600 Mal abgerufen und findet in ganz Europa Einsatz. Im Buch gibt es unterschiedliche Sichtweisen. So
kenntnisse aneignen. Tolle
Durch das Feedback entwickelt sich das »First Aid Idee der Digitalagentur
stammen die Texte von Flüchtlingen, Helfern, Jour-
Kit« ständig weiter: Zum Beispiel enthält es nun auch Plan.Net, haben doch die nalisten, Schriftstellern und verschiedenen Exper-
medizinische Piktogramme zur schnelleren Erstdiag- meisten Geflüchteten ten. »Mir war wichtig, auch anderer Meinungen zu
nose. Zuletzt adaptierten die Produktdesigner von den Messenger auf ihrem Wort kommen zu lassen. Das Buch soll als Zeitdo-
EOOS in Wien gemeinsam mit Migranten das Set für Smartphone. kument funktionieren, schließlich war nicht das ge-
eine Flüchtlingsunterkunft im Rahmen der Archi- ↗  www.whatsgerman.de samte Land Teil der Refugees-Welcome-Bewegung«,
tektur-Biennale in Venedig. So verschafft es einem erklärt der Fotograf.
Haus und seinen Bewohnern eine gemeinsame Iden-
3 Zeitdokument
tität – und eine sinnvolle Beschäftigung.
Mit eindrucksvollen Fotos Kunst als neues Ausweispapier
von Florian Rainer sowie
Texten von Flüchtlingen,
Für geflüchtete Künstler engagiert sich die Wiesba-
Alltagsnah Deutsch lernen Helfern, Journalisten, dener Agentur Q. »Wir haben für sie Broschüren zu
Ebenfalls mit Bildzeichen arbeitet das Buch »Icoon Schriftstellern und Exper- einer Ausstellung im Nassauischen Kunstverein ge-
for refugees«. Ein Crowdfunding auf Startnext finan- ten hält der Band staltet, gewissermaßen als neue Ausweispapiere, als
zierte die ersten 30 000 Exemplare, die zweite Auflage »Fluchtwege« die große Dokument zum Beweis ihrer künstlerischen Tätig-
konnte durch Spenden realisiert werden. Momentan Fluchtbewegung im keit«, berichtet Thilo von Debschitz, Geschäftsführer
Herbst 2015 fest. Der
sammelt man für die dritte Auflage. Wer helfen will, von Q. Zudem gestalteten die Kreativen für Aeham
Verkaufserlös geht an
kauft für 20 Euro ein Büchlein und finanziert so 20 zwei Wiener Initiativen.
Ahmad – bekannt geworden als Pianist in den Trüm-
weitere. Als Kommunikationshilfe gibt es außerdem ↗  www.fluchtwege.at mern des Flüchtlingslagers Yarmouk – eine kleine
ein Flugblatt ( http://is.gd/icoonfirst) sowie eine An- WordPress-Website und organisierten ein mobiles
droid-App ( http://is.gd/icoonapp). 4 Für Kinder Gestell für ein Klavier, sodass Ahmad in den Straßen
Einen etwas anderen Ansatzpunkt wählte die Di- Das Malbuch »Berlin ABC« Wiesbadens musizieren kann. Dies war sein großer
gitalagentur Plan.Net: WhatsApp hat doch (fast) je- von publicgarden Wunsch – gleich nach seinem Herzenswunsch, seine
der, dachte sie sich und entwickelte den kostenlo- beschäftigt Kinder eine Familie aus Syrien nachholen zu können. Darüber
Weile und hilft ihnen,
sen Deutschkurs »WhatsGerman«, mit dem sich ara- hinaus unterstützt Q die WelcomeRefugeesWiesba-
die Stadt zu entdecken,
bisch sprechende Flüchtlinge über WhatsApp erste den-Facebook-Gruppe bei der Gestaltung und Pro-
in der sie nun leben.
Sprachkenntnisse aneignen können. Einmal auf ↗  http://publicgarden.
duktion von Infomaterial.
www.whatsgerman.de angemeldet, lässt sich zwi- de/BerlinABC »Kreative können die gesellschaftliche Diskus-
schen drei Kursen wählen: »The Alphabet« macht sion befeuern«, ist Thilo von Debschitz überzeugt.
anhand einfacher Wortbeispiele mit den lateinischen 5 Sag’s mit Icoon »Dabei denke ich zum Beispiel an das Zentrum für
Buchstaben vertraut, »Daily Phrases« erleichtert den Mit dem Büchlein »Icoon Politische Schönheit und seine Aktion ›Kindertrans-
Alltag mit nützlichen Vokabeln und kurzen Sätzen for refugees« lässt sich porthilfe des Bundes‹: Mit Logo, Anzeigen und Spots
zu Themen wie Einkaufen, Arztbesuch, Tages- oder anhand von 1200 Pikto- wurde für die Rettung 55 000 syrischer Kinder ge-
grammen aus zwölf
Uhrzeiten, »Basic Grammar« bietet Fortgeschritte- worben – das Ganze als angebliche Initiative der Bun-
Kategorien kommuni-
nen einen Einstieg in die deutsche Grammatik. Täg- zieren, auch wenn
desregierung und in höchst offiziellem Look. Dass
lich gibt es eine Lektion, die aus einer Text- und ei- man nicht die gleiche Familienministerin Schwesig die Existenz eines sol-
ner Videonachricht besteht, um das Hör verstehen zu Sprache spricht. chen Soforthilfeprogramms öffentlich dementie-
fördern. Mehr als 130 000 angemeldete Nutzer gibt ↗  www.icoon-book.com ren musste, enttarnte die (Zurück-)Haltung unserer
es inzwischen, Tendenz steigend. Wohlstandsgesellschaft.«

Dokumentieren, was geschieht Malen gegen Kummer


Der Wiener Fotograf Florian Rainer war letztes Jahr Kinder sind von den Strapazen der Flucht und dem
im Auftrag von Caritas und UNHCR unterwegs, um dabei Erlebten besonders betroffen. So war es der
die Fluchtbewegung quer durch Österreich fest- Berliner Agentur publicgarden ein Anliegen, für sie
zuhalten. Daraus entstand ein Buch, das den Weg etwas zu tun. Von Moabit hilft e.V. erfuhr sie, dass
der Flüchtenden von der Einreise bis an die Grenze Spielmaterial für geflüchtete Kinder benötigt wird.
nach Deutschland dokumentiert. Gestaltet hat den So wuchs die Idee für das Malbuch »Berlin ABC«,
036 PAGE 07.16 › THEMEN › Kreative für Flüchtlinge

das spielerisch und humorvoll kleine Geschich-


ten zu Berliner Sehenswürdigkeiten erzählt. Dem-
nächst wird es das Heft in Berlin zu kaufen geben,
6 ein Euro pro Exemplar geht anschließend an den
Verein Moabit hilft.
Das »WillkommensABC« von Illustratorin Anna
Karina Birkenstock entstand aus der direkten Be-
gegnung mit Flüchtlingskindern: »Bei meinem Be-
such in der Erstaufnahmeeinrichtung in Hennef mal-
ten wir zusammen, zeigten uns Bilder und verrieten
6 Ohne Wörter uns, was ›Apfel‹ oder ›Herz‹ in verschiedenen Spra-
Vor allem an Flüchtlinge, die nicht
chen heißt«, erzählt sie. So kam sie auf den Gedan-
7 lesen und schreiben können, richtet
ken, ein kostenloses Bildwörterbuch zu gestalten,
sich Amelie Kim Weinerts Orien-
tierungshilfe »Mein Deutschland«. am besten gedruckt und als Smartphone-App. Zu-
↗  http://is.gd/mein_D sammen mit dem Münchner Verlag arsEdition, mit
dem sie schon einige Projekte realisiert hat, überleg-
7 A wie Apfel te sie sich 150 wichtige Begriffe und fand 26 Illustra-
Als PDF-, EPUB- und Kindle-Edition toren, die honorarfrei jeweils einige davon visuali-
sowie als App für Android und iOS sierten. Casper Armster, Birkenstocks Mann, erzeug-
gibt’s das Bildwörterbuch
te dann eine EPUB-Datei sowie Apps für iOS und
»WillkommensABC« von Anna
Android, die M!Music in deutscher und englischer
Karina Birkenstock.
↗  www.willkommensabc.des
Sprache vertonte.

Vom Hörsaal in die Welt


8 Räume schaffen
Vom Logo bis zur Planung einer Studierende treibt die Frage, wie man den Geflüchte-
wohnlichen Flüchtlingsunterkunft – ten helfen kann, besonders häufig um. An Hochschu-
an der HAWK Hildesheim entwi- len in ganz Deutschland entstehen dazu Semester-,
ckelten Designstudierende viele Bachelor- und Masterarbeiten – realisiert werden
verblüffende Ideen.
die oft wirklich guten Konzepte leider nur selten. An
der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft
8 und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen ar-
beitete der Designnachwuchs in der letzten Zeit an
einer ganzen Reihe von Projekten: Im Advertising
Design an Kampagnen, die auf die Flüchtlingsthe-
matik aufmerksam machen und zum Helfen aufru-
fen sollten. Außerdem an Zeichen, die die Solidarität
mit Flüchtlingen symbolisieren. Die Sparten Farb-
und Lichtdesign sowie Innenarchitektur beschäftig-
ten sich gemeinsam mit dem Fachbereich Soziales
und Senioren der Stadt Hildesheim mit der Umpla-
nung eines ehemaligen Umspannwerks und Möbel-
hauses in eine Flüchtlingsunterkunft mit wohnli-
cher Atmosphäre.
Lydia Lütgering, Sarah Langlotz und Camila Cam-
pos Contreras, Masterstudentinnen bei Stefan Wöl-
wer, Professor im Bereich Digitale Medien, ent wi-
9 ckelten das Konzept für die App Start up!, die Flücht-
lingen Hilfestellung in ihrer neuen Umgebung bieten
soll: Welche Behördengänge stehen an, wie funk-
tioniert in Deutschland das Busfahren, und warum
gibt es hier so viele Mülltonnen? Die Chance auf Re-
alisierung der App besteht: »Wir sind gerade dabei,

9 Deutschland erklären
Ist doch klar, wie die Infografikspezialisten von Golden
Section Graphics Flüchtlinge willkommen heißen. Dazu
ließen sie 25 Schaubilder aus dem bei MairDumont
erschienenen Band »Deutschland in Grafiken« ins Ara-
bische übersetzen. PDF zum Download unter
↗  http://golden-section-graphics.com/arrival
PAGE 07.16 037

PAGE gibt’s
übrigens auch
einen Prototyp programmieren zu lassen«, berich-
tet Stefan Wölwer. »Wir hatten einige Anfragen von
Kommunen und wollen ihn zeigen, um deren Anfor-
in RGB.
derungen konkretisieren zu können.«
Einen Schritt weiter ist Amelie Kim Weinert. Aus
den Erfahrungen, die sie als Patin einer afghani-
schen Familie sammelte, hat sie als Abschlussarbeit
im Studiengang Visuelle Kommunikation an der
Hochschule Pforzheim die Orientierungshilfe »Mein
Deutschland« entwickelt. Mit Bildern und Illustra-
tionen, Alltagsfotos, Icons, Stickern und Würfel-
spielen unterstützt der Ordner ehrenamtliche Hel-
fer beim Kontakt mit nicht alphabetisierten erwach-
senen Flüchtlingen. Der Verlag Langenscheidt war
davon so überzeugt, dass er den Lehr- und Lernord-
ner auf den Markt gebracht hat.

Überraschungserfolg mit Perspektive

SocFra
10
Richtig gut läuft www.workeer.de , die erste Jobbör-

ial-gen
se, die sich an Flüchtlinge und potenzielle Arbeitge-
ber richtet. Ins Leben gerufen haben sie David Jacob Media
• Fre
-Raela
und Philipp Kühn als Abschlussprojekt im Rahmen
tge
nce
ber

ihres Kommunikationsdesignstudiums an der Hoch-


r-P• latt
Kafor

schule für Technik und Wirtschaft Berlin. »Wir hat-


rtome
granfie-

ten uns vorgenommen, ein reales Produkt zu entwi-


• Ser

ckeln, das nicht wie viele Uniprojekte nach deren


Fußvic

Abschluss in der Schublade verschwindet«, erzählt


balesl &• De

David Jacob. Das ist ihnen gelungen, die Vielzahl der


CIssig

Reaktionen und die Aufmerksamkeit für workeer


von
n •Kre

hat sie überrascht.


Whativ
itebenoar•ds

Seit Anfang des Jahres bauen die beiden gemein-


sam mit der Organisation Kiron Open Higher Edu-
An•tira

cation professionelle Strukturen auf. Bis Ende 2016


Insssis
tagmu

wollen sie etwa die Mehrsprachigkeit der Plattform


ramska

erreichen oder eine Beratung in arbeitsrechtlichen


-Kamp

Fragen. »Nebenbei« arbeiten sie als Designer in Ber-


mpagn
agnen

lin, David Jacob bei Edenspiekermann, Philipp Kühn


en

bei Überdosis, fünf freiwillige Helfer unterstützen


##330
331 • 30. JAHR

sie bei workeer. Ganz sicher wissen sie von dreißig


erfolgreichen Vermittlungen, da sie jedoch auf Pres-
seberichte und Rückmeldungen von Nutzern an-
GANG

gewiesen sind, liegt die tatsächliche Anzahl wohl


deutlich höher.
Klar, nicht jeder hat die Zeit, Möglichkeit oder
Ideen, ein Projekt für Geflüchtete zu entwickeln und
umzusetzen. Aber jeder kann existierende Tools ver-
breiten. Indem er vielen Menschen davon erzählt
und sie dort hinbringt, wo sie hingehören – zu den
Flüchtlingen. ant

Geflüchteten helfen. Weitere Bilder sowie die


Links zu diesen und anderen Projekten unter
↗ www.page-online.de/kreativ-helfen_0716

Arsalan und Murtada, zwei junge Männer


aus dem Irak, die Antje Dohmann betreut,
testen die verschiedenen Projekte gerne.
Besonders nützlich fanden die beiden
WhatsGerman, das Poster mit den Grund-
rechten hängt bei Arsalan im Zimmer.
038 PAGE 07.16 › THEMEN › Dos & Don’ts im UX Design

„UX Design
ist wie
ein Butler,
der im
richtigen
Moment
die Zeitung
reicht“
Ein unsichtbarer Dienst am User, das ist User Experience Design –
oder sollte es sein. Immer noch lösen zu viele Websites oder
Apps einfach nur Frust aus. Wir haben erfahrene UX-Experten nach
ihren persönlichen Goldstandards gefragt
PAGE 07.16 039

● »Unaufdringlichkeit und Charme sind die wichtigs- Seien Sie immer


ten Elemente für gutes User Experience Design«, sagt dicht dran am User!
Mike Kotsch, Freelance UX Designer aus Berlin. Für ihn Eine der wichtigsten Grundvorausset-
ist gutes UX Design wie ein Butler, der im richtigen Mo- zungen für eine gelungene User Expe-
ment die Zeitung reicht. Wie der Kellner, der die stürzen- rience ist immer noch enger Kontakt zu den Nutzern,
de Weinflasche greift. Wie der Vater, der das Kind von der um mehr über ihre Bedürfnisse und Gewohnheiten
Schaukel fängt. »Alle Fehler, die man mit unserem Pro- zu erfahren. Im Idealfall ist oder wird man selbst zum
dukt machen kann, sind unsere Fehler«, mahnt er. Kann Nutzer des Produkts, denn nur so kann man die Mo-
die Oma ihr Handy nicht bedienen, habe jemand von tivationen dahinter verstehen. »Die Studien müssen
Apple oder Google seinen Job nicht perfekt gemacht. nicht groß sein«, sagt Fabian Fabian, UX Designer
Für gutes UX Design braucht es eigentlich nicht sehr bei Jimdo in Hamburg. »Man kann User zum Beispiel
viel, findet auch Christian Raschke, Freelance Senior UX anschreiben und dann mit ihnen telefonieren oder
Designer und Kreativdirektor in Hamburg: »Gesunder sie zu Hause besuchen.« Es geht nicht darum, die
Menschenverstand, Abstraktionsvermögen und die Fä- Ideen der Gesprächspartner zu übernehmen, son-
higkeit, Komplexes verständlich zu machen, reichen.« dern ihre Hürden und Wünsche zu erkennen. Dazu
Und: »Monothematische UX-Fixierung ist eine Einbahn- Mike Kotsch: »Wenn ich für Menschen arbeite, die
straße. Machen Sie sich in vielen themenverwandten mit Aktien handeln, aber selbst nie mit großen Be-
Gebieten schlau, so treffen Sie bessere Designentschei- trägen jongliert habe, kann ich nicht wissen, wie es
dungen.« Wer bei der Problemlösung den Reibungsko- sich anfühlt, auf einen Knopfdruck eine Transaktion
effizienten zwischen User und Bedienoberfläche mini- über 10 000 Euro zu veranlassen.«
miere, sei auf dem richtigen Weg. Und was heißt das kon-
kret? Könnte eine Website oder App auch charmant sein? Betreiben Sie möglichst
»Die persönliche Note, die eine Pixelfläche mensch- früh Prototyping!
lich wirken lässt, ist eine unserer zentralen Motivatio- »Show, don’t tell«, ist eine der wichtigs-
nen«, sagt Mike Kotsch. Menschlichkeit im UX Design ten Lektionen für Mike Kotsch: »Ideen
bedeutet für ihn, den Benutzer nicht als Benutzer zu be- haben und jemandem davon erzählen ist das eine,
zeichnen. »Ich ertappe mich auch oft dabei und zucke aber etwas wirklich zu erschaffen, es Menschen in die
dann zusammen.« Abstraktion schaffe zu viel Distanz Hand zu geben und sie dabei zu beobachten, etwas
zwischen dem Produkt und dem Menschen mit seinen ganz anderes.« Daher versucht er, so oft es geht, ein
Bedürfnissen und Motivationen. »Es geht nicht um Max Minimum Viable Product zu bauen und es zu testen.
Mustermann, der alles sein kann, was wir ihm unterstel- Erst so kann er abschätzen, wie es sich anfühlt und
len.« Lieber benennt Kotsch den jeweiligen User-Typ: Bei wie sehr sich seine Erwartungen von denen anderer
einer Sprach-App seien es Schüler oder Lernende, bei ei- User unterscheiden. Der Weg zum Ziel? Die richtige
ner Banking-App Trader. »Je mehr man Unterscheidun- Balance aus Intuition und Bestätigung durch User-
gen pflegt, desto öfter ruft man sich ins Gewissen, wes- tests (mehr zum Thema Prototyping auf Seite 94 ff.).
sen Experience im Mittelpunkt steht«, so Kotsch.
Einsichten wie diese sind Segen und Fluch des UX Testen Sie Funktionalität
Designs. Es ist nicht leicht, alle Details zu beachten und und Effizienz!
zugleich den gesamten Interaktionszyklus des Users zu Es scheint fast unnötig, darauf hinzu-
sehen: Auf welcher Plattform findet die Experience statt? weisen: Testen Sie wiederholt, ob Links
Wie ist die Ansprache? In welcher Situation soll der User und Schaltflächen funktionieren. Es ist frustrierend
das Produkt nutzen? Was sind seine Ziele, Hoffnungen, und ärgerlich, wenn man als User auf tote Links trifft
Erwartungen an die Interaktion? Und wie bringt man sie und Buttons oder andere visuelle Elemente einfach
in Einklang mit dem Geschäftsmodell des Anbieters? nicht reagieren. Fabian Fabian rät zu frühen Testings,
User Interfaces sind menschengemacht und für Men- gerade von unfertigen Artefakten. »Wenn eine App
schen gemacht. Na also, lasst es menscheln! Leichter ge- nach dem Reload immer noch sämtliche nicht persis-
sagt, als getan, werden Sie jetzt sagen. Wie man es hinbe- tierten Userdaten verliert, dann sollte das Vorrang
kommt, sagt Ihnen unser Plus/Minus für einen probaten vor schicken Transitions oder lustigen Illustratio-
Goldstandard im UX Design. ae nen haben.«

Überfrachten Sie das


Angelika Eckert, freie PAGE Redakteurin in
Interface nicht!
Berlin: »Liebe UX Designer, bitte hinterfragt
immer wieder, ob eure User Experience wirk- Vermeiden Sie unnötige Aktionen, In-
lich so intuitiv ist, wie ihr glaubt – lieber öfter konsistenzen und unbekannte Funktio-
mal mit Opa oder anderen DAUs testen!« nen. Sie führen den Nutzer nicht an das gewünschte
Ziel und bremsen ihn in seinen Interaktionen aus.
»Zu viel Inhalte und Entscheidungsmöglichkeiten
Mehr zum Thema gibt’s in »UX-Projekte scribbeln«
in PAGE 04.16 ↗  www.page-online.de/PEPA1604 überfordern den User«, sagt Sönke Kühl. Der Free-
und in unserer UX-Design-Titelstory in PAGE 10.15 lance UX Designer aus Hamburg rät, nach dem KISS-
↗  www.page-online.de/PEPA1510 Prinzip (Keep it simple, stupid) vorzugehen, also
040 PAGE 07.16 › THEMEN › Dos & Don’ts im UX Design

»Machen Sie sich in


möglichst vielen
themenverwandten »Alle Fehler, die man
Gebieten schlau, mit unserem Produkt
so treffen Sie bessere machen kann,
Designentscheidungen« sind unsere Fehler«
Christian Raschke, Freelance Senior UX Designer und Mike Kotsch, Freelance UX Designer in Berlin
Kreativdirektor in Hamburg ↗  http://differnet.de ↗  www.mikekotsch.de

»Nicht blocken!
Jedes Mal, wenn man
»Zu viel Inhalte den User aus dem
und Entscheidungs- Flow reißt, stirbt
möglichkeiten ein frisch geborenes
überfordern den User« Katzenbaby!«
Sönke Kühl, Freelance UX Designer in Hamburg Fabian Fabian, UX Designer bei Jimdo in Hamburg
↗  http://soenkekuehl.de ↗  www.jimdo.de
PAGE 07.16 041

den Content auf wesentliche Bestandteile zu redu- Menü ohne Erklärung umgehen kann, muss man
zieren. Das gilt nicht nur für Textbausteine, sondern sich als UX Designer einfach stellen. Fabian Fabian
auch für Layout, Grafiken und Typografie. jedenfalls gibt zu bedenken: »Mit Icons ohne Textla-
bels drohen UX Designer ihre User abzuhängen.« Für
Lange Ladezeiten sind Textlabels plädiert auch Christian Raschke: »Der Nut-
pures Gift. zer kommt schließlich nicht auf die Website, um sich
Das aktuelle Webdesign arbeitet viel mit die Langeweile durch das Dechiffrieren kryptischer
Fullscreen-Videos, opulenten Bildern Icons zu vertreiben.«
und Animationen, die aber leider Zeit zum Laden
brauchen. Und obwohl Websites immer komplexer Stellen Sie das Wichtigste
werden, erwarten die User, dass sie schnell laden. in den Fokus!
Doch Internetnutzer sind ungeduldig. Laut einer Stu- Aus unzähligen Nutzertests und Ergeb-
die des amerikanischen Software-Anbieters Smart- nissen von Eyetracking-Studien wie der
bear (http://is.gd/smartbearstudie) verlassen 57 Pro- von Google ( http://is.gd/googleeyetrackingstudie )
zent der User die Website schon nach einer Warte- aus dem Jahr 2014 weiß jeder UX Designer, dass User
zeit von drei Sekunden. erst schnell den Bildschirm nach visuellen Hinwei-
Wenn Sie wollen, dass der User die von Ihnen kon- sen wie Überschriften, Bildern, Schaltflächen und
zipierte Website oder Mobile-App gern anwendet und Blöcken scannen, ehe sie entscheiden, wohin sie ih-
den größtmöglichen Nutzen daraus zieht – und im re Aufmerksamkeit richten.
E-Commerce geht es ganz klar um eine gute Con- Für eine gute User Experience bedeutet dies: Er-
version –, sollten Auswirkungen eventueller Ladezei- leichtern Sie dem Nutzer die Arbeit! Egal ob er Inhal-
ten in die Designentscheidungen eingehen. te sucht, einen Bestellvorgang durchführt oder ein
Kontaktformular ausfüllt – wichtige Inhalte wie Sei-
Kontrollverlust schadet tentitel, Log-in-Formulare oder Navigationspunkte
der Experience. gehören in den Mittelpunkt! Das Fehlen solch ord-
Automatisch abgespielte Videos und nender Elemente erschwert dem User die Orientie-
automatisches Scrolling halten immer rung. Leicht zu erkennende Headlines, Rubriken und
mehr Einzug ins Webdesign. Doch das hat einen gro- Inhaltsblöcke sowie Bilder und Schaltflächen für
ßen Haken. »Automatisch ausgelöste Aktionen füh- die Navigation unterstützen ihn bei der Suche der
ren zu einer Entmündigung des Users, der die Bewe- für ihn relevanten Inhalte.
gung über die Website oder Anwendung lieber selber
steuern will«, gibt Fabian Fabian zu bedenken. Ganz Bieten Sie nahtlose
wichtig ist zudem aus seiner Sicht: »Nicht blocken! User-Erfahrungen!
Jedes Mal, wenn man den User mit einem Pop-up »Seien Sie konsistent – im User Inter-
oder einem anderen View aus dem Flow reißt, stirbt face, in der Prozessgestaltung und im Vi-
ein frisch geborenes Katzenbaby!« sual Design«, rät Sönke Kühl. User greifen von den
Nadine Kintscher, User Centred Researcher aus unterschiedlichsten Geräten auf Ihre Website zu.
Luxemburg, erläutert in ihrem Artikel »User control Konsistenz ist wichtig, um eine einheitliche User Ex-
and cognitive overload, how UX methods can help« perience zu gewährleisten, egal ob der User die Web-
im LinkedIn-Blog, warum User irritiert und ableh- site vom Desktop, vom Tablet oder von der Smart-
nend reagieren, wenn ihnen die Kontrolle entzogen watch aus besucht. Das bedeutet: Der Nutzer muss
wird und Videos, Musik oder Sounds sich automa- ohne Mühe, auch auf dem Handy, noch alle Funktio-
tisch in Gang setzen (http://is.gd/nadinekintscher ). nen finden, die er vom Desktop zu Hause her kennt.
Diese Elemente sollten Sie äußerst sparsam und nur Eine nahtlose Erfahrung über alle Geräte hinweg
dann einsetzen, wenn der User sie auch erwartet. hilft dabei, die User auf der Website zu halten – un-
abhängig vom Gerät.
Bitte keine kryptischen Icons!
Das Verständnis dafür, dass der Besu- Lesbarkeit ist Trumpf!
cher sich stets auf der Suche nach Inhal- Das User Interface Design darf die Kon-
ten befindet, ist der Schlüssel für ein at- sumierbarkeit der Website nicht beein-
traktives Nutzererlebnis. Das UX Design sollte den trächtigen: Bewegte Hintergründe kön-
User so gut wie irgend möglich bei dieser Suche unter- nen den User schnell von Inhalten ablenken. »Mit zu
stützen. Das verlangt ein benutzerfreundliches, ein- kleiner oder unpassender Typo vergrault man den
deutiges Navigationssystem, das den User mit mög- User«, weiß Fabian Fabian. Auch schlechte Farbwahl
lichst wenigen Klicks zum Content führt und ihm und mangelnde Kontraste schränken die Lesbarkeit
jederzeit den Überblick ermöglicht, wo er sich be- der Website ein. Hellgraue Schrift vor weißem Hin-
findet und wohin er gehen kann. Für Überblick sollen tergrund ist anstrengend für die Augen, ebenso wie
auch Icons sorgen, manchmal sind diese zwar ge- weiße Schrift auf schwarzem Grund. Achten Sie auf
stalterisch schön, aber leider uneindeutig. Die Frage, Zeilenlänge, Zeilenhöhe und Zeilenabstände, Ker-
ob die anvisierte Zielgruppe mit einem Hamburger- ning und gut lesbare Schrift. ae
042 PAGE 07.16 › THEMEN › Dos & Don’ts im UX Design

Verblüffend einfache Übersetzung


Die Augmented-Reality-Übersetzungshilfe
Google Translate ist Sönke Kühls aktueller
Favorit: »Das Besondere an der App ist, dass
sie dem User ohne große Einstellungen das perfekte Ergebnis
bietet«, sagt der Freelance UX Designer aus Elmshorn.
Man muss das Wort nicht mühsam in einen Übersetzungs-
editor eintippen. Vielmehr übersetzt die Smartphone-
Kamera mittels Augmented Reality jeden Text, den sie erkennt.
↗  http://is.gd/googletranslate

Motivationsschub beim Sprachenlernen


Mit klarer Gestaltung und menschlicher Ansprache
macht die Sprachlern-App Duolingo Appetit auf
das Erlernen einer Sprache. Das gefällt auch Mike
Kotsch, Freelance UX Designer aus Berlin: »Das Design ist über-
sichtlich und unaufgeregt, die Interaktionen sind auf dem Punkt
und nicht mit unnötigen Animationen überladen. Die Dokumen-
tation des persönlichen Wachstums schafft Spaß an der Heraus-
forderung. Die leichte Integration in LinkedIn und durch den
damit verbundene Social Reward ›Mike beherrscht zu 3 % Spanisch‹
kitzeln die Motivationen das menschliche Handeln.«

Auch Non-Digital
Natives essen Kekse
Die UX Designer der Münchner
Digitalagentur Webguerillas
haben bei der Website des Keks-
fabrikanten Bahlsen berück-
sichtigt, dass die Zielgruppe
nicht zwangsläufig webaffin
ist. Alles Wichtige ist auf
einen Blick erkennbar. Fünf
Ansichten, als Karussell
angeordnet, zeigen verschie-
dene inhaltliche Aspekte. Cleverer Team-Chat
Um die User nicht unnötig zu »Die Teamkommunikationsplattform Slack macht ganz viel richtig«,
verwirren, setzt die Tablet- sagt Fabian Fabian, UX Designer bei Jimdo in Hamburg. »Der
Version auf ein Hamburger- Slackbot als Assistent, die aus dem Internet Relay Chat bekannten
Menü, doch signalisiert Textkommandos oder die Emoji Reactions sind gute Tools. Dabei bleibt immer
ein Textlabel, dass hier die das eigentliche Ziel der User im Fokus: besser mit anderen Menschen zu kommuni-
Navigation versteckt ist. zieren. Und eine Portion distanzierter Humor ist auch meistens dabei.«
↗  www.bahlsen.de ↗  www.slack.com
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V M b Good School und PAGE präsentieren:
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Donnerstag
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17:00 Uhr: It’s magic!


Grundlagen der Zauberei – wie man Aufmerksamkeit lenkt

19:00 Uhr: Dinner


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20:00 Uhr: Zaubershow Alle Ideen fangen mal klein an – in unserem Kopf.
Die Teilnehmer zaubern, was sie gelernt haben.
Nur: Wie kommen sie von dort auf die Welt? Damit es
Freitag
unserer Idee gelingt, möglichst schnell viele Menschen
ab 9:00 Uhr: Frühstück einzufangen, ist es wichtig, dass wir sie nicht nur in
9:30 Uhr: Visuelles Storytelling unserer eigenen Vorstellung erleben können – wir müs-
Input: Wie man Geschichten in Bildern erzählt. sen sie auch für andere Menschen erlebbar machen.
10:30 Uhr: Storyboarding
Die Teilnehmer probieren aus.
Glücklicherweise gibt es dafür jede Menge Tools.
12:00 Uhr: Lunch In diesem Seminar unternehmen wir eine Hands-on-
13:00 Uhr: Interaktive Prototypen
Entdeckungsreise: vom Daumenkino-Klickdummy
Input: Programmieren, ohne zu programmieren bis zum Video-Prototyp, von Klebeband, Pappe
14:00 Uhr: Meine erste App und Nylonschnur bis zu einfacher Sensorik und Pro-
Die Teilnehmer programmieren – ohne jegliche grammierung. Ein echtes »MacGyver«-Revival.
Programmierkenntnisse!

15:00 Uhr: Input zu Physical Prototyping


Hardware-Ansteuerung mit S4A (Snap4Arduino)
Ebenfalls mit von der Partie: ein Zauberer, der den Teil-
nehmern beibringt, wie man die Aufmerksamkeit von
16:00 Uhr: Physical Prototyping
Die Teilnehmer probieren aus. Menschen lenkt. Auf das, was man zeigen will – weg
von dem, was (noch) nicht funktioniert. Und ein Comic-
18:00 Uhr: Science Fair
Abschließende Expo mit Bildern, Apps, Prototypen, Zaubern zeichner, der das visuelle Geschichtenerzählen erklärt –
und Kaltgetränk
und wie man Bilder im Kopf des Publikums erzeugt.

/HKUHU »Ideen raus!« findet am XQG2NWREHU in der


Dr.-Ing. Fabian Hemmert führt durch den Tag. Er ist
Good School, Lagerstraße 36, im Hamburger Schanzen-
Professurvertreter für Interface und User Experience Design viertel statt. Die Teilnahmegebühr beträgt 1850 Euro
an der Bergischen Universität Wuppertal.
zzgl. MwSt. und beinhaltet Arbeitsmaterial und Catering.
Die Teilnehmerzahl ist auf 20 Personen begrenzt! Schnell
anmelden unter www.good-school.de/Ideen-raus !

Die Good School ist eine Schule für digitalen Wandel. Ihr Ziel: Wissen, Fähigkeiten
und Inspiration in Neuen Medien und innovativem Marketing zu vermitteln.
Dafür macht die Good School unterschiedlichste Angebote – Hands-on-Lernevents,
Innovativworkshops, On-the-Job-Trainings, Beratung, Begleitung und Monito-
ring digitaler Veränderungsprozesse. Zu den Kunden der Good School gehören
unter anderem BMW, Vodafone, Beiersdorf und IKEA über Jung von Matt und
Scholz & Friends bis hin zu ProSiebenSat.1 und GfK. Mehr als 1600 Schüler aus
über 250 Unternehmen haben bereits die Schulbank in der Good School gedrückt.

Veranstalter: Good School ( www.good-school.de )


Kooperationspartner: PAGE – Design. Code. Business. (www.page-online.de)
044 PAGE 07.16 › THEMEN › Umweltfreundlich drucken

Viele kleine
Schritte
Schöne Printerzeugnisse halten wir alle gerne in Händen. Noch schöner,
wenn die Umwelt bei ihrer Herstellung möglichst wenig leiden musste.
Wir erklären, was Kreative, Kunden und Druckereien dafür tun können
PAGE 07.16 045

Hand in Hand platten, Papier- und Kartonabfälle, und produ-


So schön kann umweltfreundlicher Druck ziert alkoholreduziert. Gedruckt wird mit mi-
aussehen: Gestaltet hat den Kalender »Demut« neralölfreien Druckfarben, der Strom kommt
Clormann Design auf Initiative von Mario aus regenerativer Wasserkraft. Papier beziehen
Drechsler von Highendmedia. Gedruckt hat ihn
die Gestalter möglichst von Herstellern wie
das Druckhaus Berlin-Mitte auf Recycling-
Gmund oder Großhändlern wie Metapaper.
papier von Geese mit kobaltfreien Farben
»Bei Metapaper sind sämtliche Sorten FSC-
oder PEFC-zertifiziert oder bestehen aus Recy-
● Neulich verzweifelte meine über 80-jährige clingmaterial. Außerdem arbeiten sie nicht
Mutter an der digitalen Gebrauchsanweisung ih- mit indonesischen und chinesischen Papier-
res E-Readers und druckte sie kurzerhand aus – lieferanten zusammen«, erklärt Christina John.
64 Seiten mit dem Tintenstrahldrucker auf wei- »Und die Büttenpapierfabrik Gmund hat durch
ßes Papier. Umweltfreundlich war das nicht! ihr langjähriges Engagement für die Umwelt
Alle Inhalte nur digital anzubieten, ist also auch Pionierarbeit in der Papierbranche geleistet.«
nicht der Weisheit letzter Schluss, eher schon,
so umweltverträglich wie möglich zu drucken. Genau kalkuliert
Wenn da nur nicht die Kunden wären . . . Allerdings geht es dem Münchner Designstudio
»Zu viele Unternehmen setzen leider immer immer auch um schöne Gestaltung. So arbeitete
noch auf Standard, meist aus Kosten- oder Zeit- es bei seinen letzten Projekten, dem Kunden-
gründen«, meint Toby O. Rink, Geschäftsführer magazin »Gotteswerk«, dem »Rosenthal Jubilä-
von MarkeMenschNatur, Agentur für Natural umsbuch« sowie dem Kinderbuch »Das Schoko-
Branding in Karlsruhe. »Zwar ist das Bewusst- dil« zwar mit den genannten Partnern zusam-
sein für die Themen Umweltschutz und Nach- men, setzte aber jede Menge Veredelungen ein.
haltigkeit enorm gestiegen, aber sehr wenige »Alles andere wäre unrealistisch: Als Designer
ziehen das 100-prozentig durch. ›100-prozentig‹ muss man versuchen, einen goldenen, aber
heißt für mich, nicht nur Recyclingpapier und konsequenten Mittelweg zu verfolgen und sich
pflanzliche Druckfarben zu verwenden – vor al- dabei treu zu bleiben«, sind die beiden über-
lem die innere Einstellung muss stimmen.« zeugt. »Am Ende geht es für uns darum, überra-
schende Produkte zu realisieren. Wenn man so
Partnerwahl mit Köpfchen will, ist unsere Arbeit auch dann nachhaltig,
Auch Milch+Honig designkultur aus München wenn wir hochwertige Produkte schaffen, die
weiß, wie schwer es ist, Kunden die Bedeutung im Bücherregal und eben nicht im Müll landen.«
von Nachhaltigkeit in letzter Konsequenz zu Die Typonauten aus Bremen, als Design-
verdeutlichen, nämlich dann, wenn es um die agentur seit 2011 klimaneutral, ärgert es, wenn
Mehrkosten dafür geht. Häufig wird am Ende Druckauflagen vernichtet werden, weil Inhalte
doch zulasten der Umwelt gespart und nicht veraltet sind oder die produzierte Anzahl grö-
langfristig gedacht. Ihre Projekte ordnen Chris- ßer war als der Bedarf. Um das zu verhindern,
tina John und Rafael Dietzel zwei Bereichen zu, entwickeln sie intelligente Printmedien: »Wir
die inzwischen immer mehr ineinanderfließen: legen die Inhalte möglichst allgemeingültig an,
»›Milch‹-Projekte stärken Unternehmen und verzichten zum Beispiel auf Termin- und Preis-
›Honig‹-Projekte versüßen das Leben, sind von angaben. Wir vermeiden Ausstattungen, die
Engagement getrieben und orientieren sich we- nicht recycelfähig sind, und optimieren Korrek-
niger am Profit. Das ist oft ein Spagat zwischen tur-, Lektorats- und Freigabephasen, um Feh-
Wirtschaftlichkeit und Idealismus, uns aber bei ler zu vermeiden«, berichtet Geschäftsführer
jedem Projekt wichtig«, sagt Christina John. Ingo Krepinsky. Und sie kalkulieren die Aufla-
Auch im Agenturalltag achten die beiden De- gen genau, damit kein unnötiger Papiermüll
signer auf Papiersparen und -recycling, fahren entsteht. Aber was tun, wenn der Kunde ein
Fahrrad statt Auto und unternehmen Firmenrei- Mailing verlangt, das nicht gerade durch hohe
sen möglichst mit dem Zug. »Aber vor allen Din- Haltbarkeit punktet? »Dann«, sagt sein Kom-
gen suchen wir uns unsere Partner genau aus pagnon Stefan Krömer, »machen wir es wenigs-
und erwarten von ihnen, diese wichtigen The- tens so schön, dass der Empfänger es nicht so-
men ebenso ernst zu nehmen wie wir, um ein fort wegschmeißt.« ant
Umdenken zu fördern. Dies gilt vom Buchbin-
der bis zum Papierhersteller. Von der Material- PAGE Story »Gestalten und Drucken mit
und Veredelungswahl bis zur Produktion.« Schwarz« mit vielen Tipps in Ausgabe 06.16
Eine von Milch+Honig designkultur bevor- ↗  www.page-online.de/PEPA1606
zugte Druckerei, Gotteswinter und Aumaier,
hat ihre Prozesse komplett auf Klimaneutrali- PAGE Story »Zellstoffalternativen«: In Aus-
tät umgestellt, arbeitet mit Ökostrom, recycelt gabe 05.16 geht‘s um Papier aus Gras, Hanf
alles, was nur geht, beispielsweise Aluminium- und Co ↗  www.page-online.de/PEPA1604
046 PAGE 07.16 › THEMEN › Umweltfreundlich drucken

„Die Labelgläubigkeit der „Nachdem nun auch der WWF zusammen


mit Apple im App Store alles grüner werden
Kunden ist ungemein groß. lässt und Biermarken für heimische Tier-
Klimaneutralität? Was arten etwas übrig haben, scheint sich ja lang-
heißt denn das? Eine traditio- sam, was zu bewegen. Obwohl – solange
Papierfabriken noch so stinken, kann ich
nelle Druckerei ist energie- nicht glauben, dass es dort 100-prozentig
intensiv, Papierherstellung naturverbunden zugeht. Wir wohnen etwa
ist noch energieintensiver, fünf Kilometer von Stora Enso entfernt,
und ich kann nur sagen: Natur riecht anders.“
etwa beim Wasserverbrauch. Toby O. Rink, Geschäftsführer von MarkeMenschNatur,
Karlsruhe ↗ www.marke-mensch-natur.de
Ich empfehle, digital zu
drucken – und das im gerin-
gen Umfang oder nur on
demand. Und bei Papieren
aufs FSC- oder PEFC-Label
zu achten. Aber insgesamt
hilft wirklich nur, weniger
zu drucken und auf Verede-
lungen in Form von UV-Lacken
und Folien zu verzichten.“
Olaf Stein, Partner bei Factor Design, Hamburg
↗ www.factor.partners
PAGE 07.16 047

Tipps für umwelt-


freundliches Drucken


Papier: Wählen Sie wenn möglich
Recyclingpapier. Bei solchem mit
Blauem Engel ist sichergestellt, dass
es sich wirklich um post-consumer waste handelt,
also um Papierabfälle, die bereits im Umlauf
waren. In den Fällen, in denen Sie doch Frisch-
fasern benötigen, sollten diese zumindest das
FSC-Zeichen tragen.


Grammatur: Muss es wirklich das
120-Gramm-Papier sein? Oder
reichen auch 100 Gramm? Das spart
je nach Auflage einiges an Material. Übrigens
hat Recyclingpapier in der Regel eine höhere
Opazität, sodass Sie eventuell eines mit
„Wir beraten unsere Kunden immer geringerer Grammatur verwenden können.

auch dahingehend, ob sich nicht



Druckfarben: Kaum eine Druckerei
arbeitet heute noch mit mineralöl-
eine digitale Lösung anbietet. Wird haltigen Farben. Nachfragen sollten
gedruckt, versuchen wir so oft wie Sie trotzdem. Bestehen die Farben aus pflanz-
lichen Ölen und Harzen und aus organischen
möglich FSC- oder Recyclingpapier Pigmenten? Dann lassen sie sich im Deinking-
mit dem Blauen Engel zu verwenden. Prozess vollständig aus dem Papier lösen.
Wer den Blauen Engel auf seinen Drucksachen
In den letzten Jahren ist auf diesem sehen möchte, darf nur mineralöl- und kobalt-
Gebiet eine Produktvielfalt entstan- freie Farben nutzen.

den, die auch haptisch und optisch



Druckveredelungen: Veredelungen sind
schön, aber gerade UV-Lacke und Folien
überzeugt. Außerdem legen wir sind nicht besonders umweltfreundlich.
Wert darauf, dass die Druckerei das Unbedenklich sind dagegen Prägungen und Stan-
zungen, die zudem eine tolle Haptik bieten.
erzeugte CO2 kompensiert.“


Auflage: Das richtige Kalkulieren
Ingo Krepinsky (links) und Stefan Krömer, Geschäftsführer
der Auflage hilft, unnötigen Abfall zu
von Die Typonauten, Bremen ↗ http://typonauten.com
vermeiden. Sinnvoll kann es auch
sein, sich schnell ändernde Angaben wie Termine
oder Preise nicht mit zu drucken.

»Die Unternehmen, mit denen wir



Format: Reicht statt Standard-A4 nicht

zusammenarbeiten, nehmen Werte vielleicht auch ein kleineres Format?


Lässt sich mit einer anderen Seitenauf-
wie Umweltschutz und nachhalti- teilung eine bessere Bogenauslastung der Druck-
ges Arbeiten ernst und versuchen sie maschine erreichen? Auf diese Weise spart man
Material und Arbeitszeit und damit auch Energie
umzusetzen, um so ein Umdenken in der Produktion.
zu fördern. Dies gilt vom Buchbinder

Partnerwahl: Suchen Sie sich eine
bis zum Papierhersteller. Wir glau- Druckerei, die all diese Tipps beherzigt,
zudem Strom aus erneuerbaren Ener-
ben an das afrikanische Sprichwort: gien bezieht, die Abwärme aus dem Produktions-
Wenn viele kleine Leute an vielen prozess nutzt und nicht vermeidbare Emissionen

kleinen Orten viele kleine Dinge tun, durch zertifizierte Klimaprojekte ausgleicht. Ein
guter Indikator ist auch ein nach EMAS (  www.
können sie die Welt verändern.« emas.de  ) oder ISO 14001 (  www.iso.org/iso/iso
Christina John und Rafael Dietzel, Inhaber von Milch+Honig 14000  ) zertifiziertes Umweltmanagement. ant
designkultur, München ↗ www.milchundhonig-dk.de
048

»Das verwendete Papier


spielt für die Umweltfreund-
lichkeit des Drucks
eine entscheidende Rolle«
● Martin Lind, Geschäftsführer des brauch. Außerdem muss das Unterneh- Wie stehen Sie zu nicht eben
Druckhaus Berlin-Mitte verrät, was es men ein darauf zugeschnittenes Um- umweltverträglichen Verede-
mit dem Blauen Engel bei Drucksachen weltmanagement vorweisen. lungen wie Lacken oder Folien?
auf sich hat. ant Und wer prüft das? Anbieten müssen wir sie schon, fragen
Die RAL GmbH in Sankt Augustin. Sie den Kunden aber gerne, ob als Alterna-
Sie führen die erste Blaue-Engel- kontrolliert, ob die Materialien, die wir tive zum UV-Lack nicht vielleicht eine
Druckerei Deutschlands – was verwenden, und unser Umwelt-, Ener- Prägung oder Stanzung infrage kommt,
heißt das eigentlich? gie- und Abfallmanagement den Be- die aus Umweltsicht unproblematisch
Martin Lind: Dass bei uns gedruckte dingungen des Blauen Engels entspre- sind und aus unserer Sicht ohnehin
Produkte mit dem Blauen Engel ge- chen. Das Zertifikat gilt drei Jahre, also besser zum Thema Papier und Haptik
kennzeichnet werden dürfen. bis 2018. Nichtsdestotrotz muss jeder passen. Für die Blauer-Engel-Produk-
Dafür reicht es wohl nicht, Druckauftrag, den wir mit dem Blauen tion sind weder Folien noch UV-Farben
Recyclingpapier zu verwenden? Engel kennzeichnen wollen, geneh- und -Lacke genehmigt, weil sie sich so
Der Blaue Engel gehört im deutsch- migt werden. stark mit dem Papier verbinden, dass
sprachigen Raum zu den anerkanntes- Ist das nicht ziemlich aufwendig? sie sich später nicht sauber von der Pa-
ten Umweltlabels. Entsprechend hoch Das geht ziemlich schnell. Möchte ein pierfaser trennen lassen und so den Re-
sind die Anforderungen: Sie reichen Kunde etwa seinen Nachhaltigkeits- cyclingprozess behindern. Erlaubt ist
vom Papier über die Druckfarben, die bericht mit dem Blauen Engel zertifi- ein wasserlöslicher Dispersionslack.
Minimierung von Lösungsmitteln und ziert haben, schicken wir einen An- Ist Digitaldruck umweltfreund-
die hohe Rezyklierbarkeit der ge- trag an die RAL GmbH. Pro Genehmi- licher als Offset?
brauchten Printerzeugnisse bis zu nie- gung wird eine Verwaltungsgebühr von Natürlich produziert Digitaldruck we-
drigem Ressourcen- und Energiever- 150 Euro fällig. Bei Periodika, wie etwa niger Makulatur. Es gibt aber auch Ver-
Mitarbeiterzeitschriften, muss der An- treter der Recyclingpapierbranche die
trag nur einmal gestellt werden und sagen, Digitaldruck würde den Recy-
gilt dann auch für drei Jahre. clingprozess behindern.
Eine kleine Auswahl Ich kann bei Ihnen aber auch Haben Sie durch das Blauer-Engel-
umweltfreundlicher »ganz normale« Produkte Zertifikat Kunden gewonnen?
Druckereien drucken lassen? Tatsächlich sind einige Unternehmen
Ja natürlich. Wer einen Blauer-Engel- zu uns gekommen, die den Blauen En-
• dieUmweltDruckerei, Hannover Druck möchte, muss Blauer-Engel-Re- gel explizit auf ihren Drucksachen ha-
↗ www.dieumweltdruckerei.de cyclingpapier verwenden – und sich da ben wollen. Memo etwa, ein Versand-
• Druckerei Lokay, Reinheim möglicherweise auf Einschränkungen handel für »ökofaire« Büroprodukte.
↗ www.lokay.de einlassen. Denn ein Recyclingpapier Oder die Hamburger Hafen und Logis-
• Druckerei Wollenhaupt, Großalmerode hat nicht immer exakt die gleiche Fär- tik AG, oder die Stiftung Warentest.
↗ www.wollenhaupt.de bung und ist auch nicht so stabil wie ein Bislang gibt es 19 mit dem Blauen
• Druckhaus Berlin-Mitte Frischfaserpapier. Eine dunkle blaue Engel zertifizierte Druckereien,
↗ www.druckhaus-berlin-mitte.de Fläche auf einem Umschlag beispiels- die Anzahl steigt. Fürchten Sie die
• Flyerpilot, Sennfeld weise kann im Rücken schon brechen. Konkurrenz?
↗ www.flyerpilot.de/oeko-druck Auch die Farben sind genau vorge- Ich finde es eher bedauerlich, dass es
• Gotteswinter und Aumeier, München schrieben. Dass sie mineralölfrei sind, nicht mehr sind. Im Moment beantra-
↗ www.gotteswinter.de ist im Bogenoffset mittlerweile Stan- gen vor allem große Rollendruckereien
• Laserline, Berlin dard. Für den Blauen Engel müssen sie das Zertifikat, weil sie von Kundensei-
↗ www.laser-line.de aber auch kobaltfrei sein. Kobalt wird te großen Druck bekommen. REWE
• oeding print, Braunschweig und Hannover für den Trockenprozess gebraucht und beispielsweise wollte ab dem 1. Januar
↗ www.oeding-print.de muss in diesem Fall durch ein anderes 2016 nur noch mit dem Blauen Engel
• Print Pool, Taunusstein-Neuhof und Worms Mittel ersetzt werden. Wem das zu hei- zertifizierte Drucksachen. Wir als klei-
↗ www.print-pool.com kel ist, der kann auch Produkte drucken ne Druckerei mit sechzig Leuten kön-
• Printzipia, Würzburg lassen, die ebenfalls umweltfreundlich nen keinen Marktdruck erzeugen. Von
↗ www.printzipia.de sein können, aber eben nicht das Blau- daher freue ich mich, wenn noch mehr
er-Engel-Logo tragen dürfen. Druckereien dazukommen.
PAGE 02.14 025
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PRAXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Multisense
Design
Markenkommunikation
mit der Kraft
aller Sinne

Der Referent Das Seminar »Multisense Design«


● Olaf Hartmann, Geschäftsführer des Multisense ● In einer überkommunizierten, konsumkritischen und werbemüden Welt
Instituts, ist einer der führenden Experten für birgt die multisensorische Gestaltung von Produkten, Werbebotschaften und
multisensorisches Marketing. Der Bestsellerautor, Verkaufsprozessen eine große Chance zur Differenzierung. Denn das Gros
Berater und gefragte Keynote-Speaker schöpft aller Informationen verarbeiten wir an der bewussten Wahrnehmung vorbei
in seiner lebendigen Moderation aus mehr als mit dem unterbewussten, impliziten System unseres Gehirns. Deshalb ist
20 Jahren Marketingerfahrung. Seine Agentur multisensorisches Marketing auch kein Hype – es ist ein Erfolgsmodell. Aber
Touchmore hat zahlreiche Kommunikations- Vorsicht! Die Annahme, mit kreativ veredelten Printprodukten automatisch
und Designpreise gewonnen. auch Wertschätzung und Wirksamkeit steigern zu können, ist ebenso eine Mär
wie die Gleichung »Millionen Klicks = Millionen Umsätze«.
Die Agenda
Erkennen Sie die Power of Multisense! In unserem Seminar zeigt Ihnen Olaf
1 Update: Neuromarketing und Hartmann anhand konkreter Beispiele und neuster Erkenntnisse aus Neuro-
Verhaltenspsychologie wissenschaft, Verhaltensökonomie, Psychologie und Sensorikforschung, wie
– Die Macht des Unbewussten sich die Kraft multisensorischer Kommunikation entfaltet. Er erklärt, wie Sie
– Wie implizite Ziele die Wahrnehmung lenken zielgerichtet und kongruent mittels multisensorischer Verstärkung die gesamte
– Warum Ziele die Quelle der Emotionen sind Costumer Journey hindurch mehr Aufmerksamkeit, Erinnerung, Glaubwürdig-
– Wie das Gehirn (Kauf-)Entscheidungen fällt keit, Wertschätzung und Kaufbereitschaft erzeugen können. Das Wissen um
das Aktivierungspotenzial der einzelnen Sinne bereichert alle Gestaltungs-
2 Basics: Multisensorisches Marketing disziplinen: Kommunikations- und Packaging Design ebenso wie UX, Service
– Das Primat sinnlicher Wahrnehmung und Interaction Design. Bewusst eingesetzt, steigert es den Erfolg im Dialog-
– Vom sensorischen Reiz zur Bildung von Codes marketing, in der Werbung und am Point of Sale. Aber auch in den digitalen
– Multisensorische Verstärkung, Irradiations- Medien können wir dieses Wissen gezielt nutzen – schon Bild- und Textsprache
und Priming-Effekt können mental simulieren und virtuell haptische Erlebnisse stimulieren.
– Das Prozessmodell des multisensorischen
Marketings (Mensch · Marke · Codes · Touchpoints) Das Seminar richtet sich somit an Designer, Marketingverantwortliche
– Das ARIVA-Wirkmodell sensorischer Optimie- und Brandingstrategen – kurzum an alle, die nicht Effekthascherei betreiben,
rung (Attention · Recall · Integrity · Value · Action) sondern das Budget gewinnbringend einsetzen, wirksam kommunizie-
ren und Marken nachhaltig stark machen wollen. – Profitieren auch Sie von
3 Multisensorik in der Praxis: Olaf Hartmanns fundiertem Know-how aus der Praxis für die Praxis.
Fallbeispiele, Workshop & Training
Best Practice Cases aus den Bereichen Packaging, Das Seminar findet am 7. Oktober im Hotel 25hours, Hamburg-
Ad Specials, Kommunikation, E-Commerce, Bahrenfeld, von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 748 Euro
Produktdesign und Corporate Design (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch
– Das ARIVA-Modell in der Anwendung und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt!
– Irradiations- und Priming-Effekt bewusst nutzen Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar  .  
– Mit Embodiment und »Tu«-Effekt die
Erinnerung verstärken PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de //
– Durch Haptik Glaubwürdigkeit, Wertschätzung Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
und Kaufbereitschaft erhöhen Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der
– Kreativsession anhand einer Aufgabenstellung Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an.
Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
aus der Praxis der Teilnehmer Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
NEUES
Spannendes aus der Typo-, Bild-,
Papier- und Technikwelt sowie
interessante neue Publikationen
finden Sie auf diesen Seiten
und auf ↗ www.page-online.de  

1
Schrift als Architektur
Beim Leitsystem des
Toni-Areals ist die Schrift
immer in Bezug zur
räumlichen Situation
positioniert
PAGE 07.16 051

Typo Bei dem von Bivgra-


1 Aus der Wand.

fik und Hi gestalteten Orientierungssystem


für das Toni-Areal, den Campus der Zürcher
Hochschule der Künste, ist Schrift Teil der
Architektur. Mal falten sich Buchstaben als
Relief aus den Wänden, mal nehmen sie das
Material des jeweiligen Untergrunds auf.
Daraus abgeleitet entstand dann in Zusam-
menarbeit mit Mika Mischler und Nik Thoe-
nen von Binnenland die Schrift Areal BL
mit schmalen Versalzeichen und grafischer
Formensprache. Für rund 200 Euro kann
man sie bei der Foundry kaufen. Mehr zu dem spannenden Projekt
gibt es unter www.page-online.de/toni_typo. ↗ www.binnenland.ch
Experimentierfreudig. Normalerweise pflegt Marielle Enders als
Grafikdesignerin (www.itsme-design.de) einen klassischen Umgang
mit Typo.Anders in ihrem Buch »Schriftspiel« für den Christophorus Ver-
lag (80 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3-86230-306-9): Mit Kleber, Sprüh-
lack, Farbe, Bändern, Tapes und Fundmaterialien entstehen tolle Buch-
staben, die Lust aufs Basteln machen. ↗  www.christophorus-verlag.de

Mit Buchstaben spielen


Liza Lettering von Underware aus Den Die entstandenen Artworks kann
Haag ist die erste Schrift mit eigener der Anwender speichern und in Pro-
App. Nach Installation der OS-X-An- gramme wie etwa InDesign, Illustra-
wendung öffnet sich ein Fenster, in das tor, Photoshop, After Effects, aber auch
man beliebigen Text schreiben kann. Keynote, Word oder TextEdit einset-
Und dann geht das Spielen los: mit Gly- zen. Zudem lässt sich ein HTML-Code
phenvarianten, Schwungbuchstaben, erzeugen und Liza Lettering damit
Ligaturen, kontextabhängigen Buch- auch als Web-Font nutzen.
staben, kurz allen Möglichkeiten, die Schrift und App kosten zusammen
man fürs digitale Lettering braucht. ungefähr 90 Euro. Dank der von Un-
Dabei kann man sich von der App auch derware angebotenen Demoversion
Vorschläge machen lassen. Wer sich kann man das Ganze erst mal in aller Die Underware-Designer Akiem Helmling, Bas Jacobs und
überraschen lassen will, nutzt den »Let- Ruhe ausprobieren. ant Sami Kortemäki plädieren fürs Spielen mit Schrift –
termixer« für Zufallskombinationen. ↗  www.underware.nl darum gibt’s zu ihrer Liza Lettering auch eine OS-X-App
052 PAGE 07.16 › NEUES

Bild Fotografen- und Illustratoren-Wettbewerb. Die


GoSeeAwards gehen in die nächste Runde. Einreichun-
gen sind in den Kategorien Fashion, Stills, Nude, Reportage, künstle-
rische Fotografie, Porträt, Illustration sowie Portfolios möglich. Zehn
Finalisten in jeder Kategorie sollen auf der Fotogra-
fiemesse UPdate in Berlin präsentiert werden, die am
30. September stattfindet. ↗  www.gosee.de/awards
Fotofestival. Wie können Fotografen noch von der
unübersichtlichen Welt von heute erzählen? Mit dieser
Frage befasst sich vom 25. Juni bis 3. Juli das Leipziger
f/stop-Festival, das dieses Jahr die Reportage in allen ihren Facetten be-
handelt. Die künstlerische Leitung übernehmen Anne König und Jan
Wenzel von Spector Books aus Leipzig, einem der gestalterisch wohl in-
teressantesten deutschen Verlage.↗  www.f-stop-leipzig.de

Werbeillus für Tankstellen


Nicht nur ungestört knutschen oder auch zeigt Bestsellerautor Björn Ranelid beim des in Helsinki lebenden Illustrators Robin
mal einen fliegen lassen – sogar als Nudist Spritnachfüllen in Hausschuhen, mit zer- Ellis alias Sac Magique um. Die Motive wa-
kann man angeblich die neuen Tankstellen zausten Haaren und hemmungslos gäh- ren in anderem Format auch online zu be-
des schwedischen Unternehmens St1 besu- nend, als käme er gerade aus dem Bett. trachten. Warum ist eigentlich derartige
chen: Ganz ohne »störendes« Personal tan- In der Printkampagne setzte die Stock- Werbung für Tankstellen in Deutschland
ken die Fahrer dort nämlich an Automaten, holmer Werbeagentur Garbergs die Vorteile quasi undenkbar?
an denen sich auch zahlen lässt. Der TV-Spot der unbemannten Zapfstationen mithilfe ↗  http://sacmagique.net
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Fotos - Vektoren - Videos

Schon ab
20 Cent

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054 PAGE 07.16 › NEUES › Bild

Dynamisches Bilderbuch
Am liebsten möchte man viele dieser Bände haben, denn miteinan-
der entfalten die zahlreichen verschiedenen Gestaltungsvarian-
ten besonderen Reiz. »Concave Thoughts. 357 Digital Drawings«
heißt das neueste Projekt des Schweizer Künstlers Yves Netzham-
mer, ehemals auch bekannt als Illustrator für »brand eins«. Fast
scheint ein verrückt gewordener Computer die schwarzweißen
Strichzeichnungen im Buch ausgespuckt zu haben: Ebenso präzise
wie bizarr wird hier Menschliches mit Tierischem, Lebendes mit
Dinglichem verflochten.
Dem Prinzip des Remixes entspricht die Gestaltung, die im Dia-
log von Yves Netzhammer mit Michael Heitz vom Züricher Verlag
diaphanes entstand. Sechzehn Druckbögen à 32 Seiten wurden in
immer wieder anderer Abfolge gebunden. Dazu kommen 32 Cover-
und 32 Rückenmotive, die aus jedem Buch fast ein Unikat machen
(30 Euro, ISBN 978-3-03734-534-4).
↗  www.diaphanes.net
Viele Cover- und
Rückenvariationen:
das neue Buch von
Yves Netzhammer

Fotograf gegen Brexit


Wenn die Briten am 23. Juni für den EU-Austritt stimmen, könnte
dies das größte Friedensprojekt der Menschheitsgeschichte für
immer beenden, warnt Wolfgang Tillmans. Der berühmte deutsche
Fotograf mit Studios in Berlin und London macht sich in einer
Onlinekampagne für Europa stark und bezieht Stellung gegen rech-
te Europafeinde wie Nigel Farage oder Marine Le Pen. Die offizielle
britische Kampagne der EU-Befürworter sei ihm nicht leidenschaft-
lich genug, so Tillmans. Nicht die Qualitäten der EU-Bürokratie
seien das eigentliche Thema der Brexit-Abstimmung, sondern weit
Wichtigeres, nämlich eine gemeinsame demokratische Weltsicht
und eine Politik der Kooperation statt der Konfrontation. Alle Pos-
ter stehen zum Download bereit.
↗  http://tillmans.co.uk/campaign-eu

Gefragte Instagramer
Sensationelle 700 000 Follower verzeichnen Fotogra-
fin Laura Muthesius und Foodstylistin Nora Eiser-
mann aus Berlin bei Instagram. Wie dabei Koopera-
tionen mit zahlenden Kunden funktionieren, erzäh-
len sie freimütig auf ihrem Blog www.ourfoodstories.
com. Ganz vorn dabei ist Edeka, deren Instagram-
Auftritt das Duo seit Ende 2015 erfolgreich bestrei-
tet. Jüngst entstanden auch Bilder im Auftrag der
Edelmarke Kusmi Tea: Die Bloggerinnen backten ei-
ne glutenfreie Torte aus einem mit der Teesorte Aqua-
Rosa hergestellten Sirup. Sogar für Farrow & Ball
wurden sie jüngst mit Foodbildern tätig: Ein Rha-
barberkuchen bildete den Mittelpunkt eines Mood-
PAGE Seminar »Bildrecht«. In unserem Seminar erfahren
Sie alles, was Bildnutzer und Bildurheber in Zeiten boards für den neuen Rosaton Peignoir des Farben-
von Facebook & Co wissen müssen. Jetzt buchen unter und Tapetenherstellers. cg
↗  www.page-online.de/seminar-bildrecht ↗  www.instagram.com/_foodstories_/
PAGE 07.16 055

Papier Papier ökologisch auswählen. Geese


Papier bietet einen neuen Musterfächer an,
der die Recyclingpapiere Creative Print und Everprint Premium – beide
mit dem Blauen Engel zertifiziert – versammelt. Neben unbedruckten
Mustern präsentiert »Corporate Eco« auch solche aus realen Projekten.
So werden die verschiedenen Grammaturen, Färbungen
und Oberflächen sicht- und fühlbar. Der Fächer kann per
E-Mail (muster@geese.de) angefordert werden. ↗ www.
geese-papier.de Karton für Kosmetik. Für die Ver-
packung von Haut-, Haarpflegeprodukten und Parfums eignen sich die
Metsä-Board-Kartons Carta Allura, Elega, Integra und Solida sowie
Avanta Prima und Simcote. Sie haben eine hohe Weiße und sind bei gro-
ßer Stabilität recht leicht, das hilft beim Materialsparen.
Sämtliche Qualitäten sind FSC- oder PEFC-zertifiziert. Im
Unterschied zu FSC verfolgt PEFC einen eher regionalen
Ansatz, was das Label auch für Eigentümer kleinerer Wald-
flächen interessant macht. ↗ www.metsaboard.com

Papierkulisse
Auch Moleskine setzt auf den Hype um die Fantasy-
Saga und bietet eine limitierte Sonderedition mit
vier »Game of Thrones«-Notizbuchkollektionen an.
Das Mailänder Animationsstudio Dadomani pro-
duzierte ein Promotionvideo, für das die Kreativen
die Festung in Königsmund minutiös aus Papier
nachbauten. Der Film zeigt, wie der kunstvolle drei-
dimensionale Aufbau mit Zahnrädern, Getrieben
und Türmen sich erst in Bewegung setzt und dann
nach und nach in sich zusammenklappt und -fällt.
Beim Wegzoomen der Kamera wird deutlich, dass die
ganze Kreation aus Seiten der »Game of Thrones«-
Moleskine-Bücher besteht. Ebenso spannend wie der
40-sekündige Clip (https://is.gd/GoT_3D) ist das
auch auf YouTube veröffentlichte, knapp zweiminü-
tige Making-of-Video (https://is.gd/GoT_Mo). ant
Viele, viele Stunden
↗  www.moleskine.com/de
bastelte das
Animationsstudio
Dadomani an der Die PAGE Schneidematte mit Millimeter-
»Game of Thrones«- raster, Papierformaten und praktischen
Burg aus Papier Tastaturkürzeln erhalten Sie im PAGE Shop:
↗  www.page-online.de/schneidematte  
056 PAGE 07.16 › NEUES

Technik 1 Actionreiche VR. GoPro sucht neue


Geschäftsfelder. Der Actionkameraher-
steller bietet bald auch Equipment für 360-Grad-Videos und Virtual-
Reality-Content an. Den Anfang macht Omni, ein Array aus sechs Hero4-
Black-Modellen. Die mit den synchronisierten Actionkameras aufgenom-
menen Videos kann man mit der zugehörigen Software Kolor stitchen
und schneiden. Für die Veröffentlichung der Ergebnisse stellt GoPro die
Plattform GoPro VR zur Verfügung. Die Inhalte lassen sich auch über
Smartphone-Apps oder VR-Brillen betrachten. Das bestückte Omni kann
für circa 5400 Euro vorbestellt werden. Wer die Kameras bereits besitzt
und nur Array und Software benötigt, bezahlt rund 1600 Euro. Weitere
Kameras für die VR-Produktion sollen folgen. ↗  http://vr.gopro.com

Content für alle Kanäle 5 Farbspezialist


Adobe startet ein neues Produkt für die Spark Page. Diese Apps, die es derzeit BenQ präsentiert einen 27-Zoll-Bild-
Gestaltung und Veröffentlichung von lediglich für iOS gibt, können Inhalte schirm speziell für Grafik- und Video-
Inhalten auf unterschiedlichsten Platt- an die Webanwendung Spark überge- anwendungen. Der PV270 verfügt über
formen – von Print bis Web und Social ben – diese jedoch bleibt die Schnitt- ein IPS-Panel mit WQHD-Auflösung
Media –, das beim Anwender nur ge- stelle, die alle in Spark erstellten und (2560 mal 1440 Pixel) und deckt 99 Pro-
ringe gestalterische Fähigkeiten vor- eingelesenen Daten sammelt. zent des AdobeRGB-Farbraums ab –
aussetzt. Hauptbestandteil von Spark Adobe Spark arbeitet Preset-basiert. außerdem 100 Prozent des Farbraums
ist eine Webanwendung, die in jedem Als Anwender tippt man Texte ein und Rec. 709, den man fürs Mastering von
Browser läuft und in der sich alle Inhal- wählt gegebenenfalls eigene Fotos aus. HD-TV-Material verwendet. Der Her-
te erstellen lassen. Produzieren kann Über Vorlagen für die verschiedenen steller kalibriert jedes Display vor der
man Flyer und kleine Broschüren, ein- Social-Media-Plattformen und Medien Auslieferung. Dieses ist darüber hin-
fache Webseiten, Videos sowie Con- erstellt man mit einem Klick Inhalte, aus mit Farbmessgeräten von X-Rite
tent für Instagram, Facebook und Co. die sich individuell anpassen lassen. hardwarekalibrierbar. Um diesen Vor-
Komplettiert wird das System durch Spark ist kostenlos und setzt kein CC- gang noch zu erleichtern, liefert BenQ
die vormals als Adobe Voice und Ado- Abonnement voraus. In Zukunft will eine eigene Software mit.
be Post bekannten iOS-Apps. Sie hei- Adobe darüber aber auch kostenpflich- Der BenQ PV270 weist nach Anga-
ßen jetzt Spark Video und Spark Post, tige Dienste anbieten. ben des Herstellers eine Farbgenauig-
hinzu kommt ein neues Tool namens ↗  https://spark.adobe.com keit von Delta E ≤ 1,5 auf. Ausgerüstet
ist er zudem mit BenQs augenscho-
In Adobe
Spark kann
nender Flicker-Free-Technologie sowie
man die einem SD-/SDHC-Kartenleser. Com-
Presets puter kann man via DisplayPort, Mini-
individuell DisplayPort oder HDMI anschließen.
anpassen Der knapp 1100 teure Bildschirm dient
auch als USB-3.0-Hub.
↗  www.benq.de

PAGE Story »Displays für


Kreative«. Welcher Monitor
passt für wen? Unser Rat-
geber in PAGE 06.16 ↗  www.
page-online.de/PEPA1606
PAGE 07.16 057

Action-Array
Speziell für VR-Produktionen
Kurz vorgestellt
ist das GoPro Omni Schriften in der Cloud. Die Schriftenverwaltung
mit sechs Hero4-Action- Suitcase Fusion kann in der neuen Version 7 die
kameras bestückt
Zeichensätze des Anwenders über mehrere Devices
hinweg synchron halten. Die »TypeSync« genannte
1 Funktion lädt die Fonts auf einen Server hoch und
stellt sie auf allen Geräten zur Verfügung. Neu ist
auch ein Plug-in für After Effects, mit dem die Fonts
direkt in der Animationssoft ware bereitstehen und
sich dort auch verwalten lassen. Suitcase Fusion 7
gibt’s für etwa 120 Dollar, ein Update kostet knapp
Wie Sie sehen … 60 Dollar. ↗  www.extensis.com/de
. . . sehen Sie nichts. Die
2 Kamera ohne Display. Damit sich der Fotograf
Leica M-D (262) ist
zwar digital, verzichtet ganz auf sein Motiv konzentrieren kann und nicht
aber auf ein Display von der Rückseite der Kamera abgelenkt wird, hat
Leica jetzt eine Digitalkamera auf den Markt ge-
bracht, die auf das Display verzichtet. Wer bei der
Leica M-D (Typ 262) auf die Rückseite blickt, sieht
wie zu Zeiten der Fotografie auf Film lediglich ein
Einstellrad für die Empfindlichkeit. Von außen ist
die Leica M-D (262) kaum von einer analogen Leica
M zu unterscheiden. Ansonsten basiert die Mess-
sucherkamera auf der Leica M (262): Der Vollformat-
sensor löst 24 Megapixel auf, für die Objektive gibt
es ein M-Bajonett. Das Weglassen des Displays hat
seinen Preis: Die Leica M-D (262) kostet ungefähr
6000 Euro. ↗  www.leica.de
3D-Profi
2 Die SpaceMouse
3 3D-Maus. 3Dconnexion, Anbieter von Eingabe-

Enterprise geräten für 2D- und 3D-Anwendungen, hat mit der


ermöglicht das SpaceMouse Enterprise eine neue 3D-Maus vorge-
Navigieren stellt. Sie ist für die Arbeit mit CAD-Anwendungen
durch 3D-Anwen- konzipiert und soll das flüssige Navigieren durch
dungen dreidimensionale Modelle und den schnellen Wech-
sel der Ansichten erleichtern. Die SpaceMouse En-
Plattenschrank terprise ist die Nachfolgerin des SpacePilot Pro und
Die LaCie 12big 3 kann jetzt drei unterschiedliche Bildschirmansich-
Thunderbolt 3 ten speichern, die jeweils per Tastendruck aufruf-
nimmt bis zu zwölf bar sind. Für die leichtere Zuordnung zeigt ein Dis-
Festplatten auf
play die Belegung der zwölf Funktionstasten an.
Die Maus unterstützt 3ds Max, Autodesk Maya und
Inventor sowie SolidWorks und weitere 3D-Anwen-
dungen. Der Einführungspreis beträgt rund 430 Eu-
4 ro, ab Oktober kostet die SpaceMouse Enterprise et-
wa 475 Euro. ↗  www.3dconnexion.de/sme
5 4 Bis 96 Terabyte. Speziell für die Speicherung
und Bearbeitung hochauflösenden Videomaterials
ist die LaCie 12big Thunderbolt 3 gedacht. Das ex-
terne Gehäuse ist RAID-5/6-fähig und lässt sich via
Thunderbolt über USB-C in Reihe schalten. Die ins-
gesamt zwölf Einschübe sorgen für eine Speicher-
kapazität zwischen 48 und 96 Terabyte. Außer im
RAID-Modus 0 lassen sich bei einem Defekt einzelne
Festplatten auch während des laufenden Betriebs
auswechseln. Die Geschwindigkeit über Thunder-
bolt soll bei der 12big Thunderbolt 3 bis zu 2600 Me-
Freund der Farben
Speziell für farbsensible Bild-
gabyte pro Sekunde betragen, per USB 3.0 liegt sie bei
und Videobearbeitungen 400 Megabyte. Das Festplattenarray ist ab Sommer
ist der 27 Zoll große BenQ erhältlich. Der Preis stand bei Redaktionsschluss
PV270 konzipiert noch nicht fest. ↗ www.lacie.de ml
058 PAGE 07.16 › NEUES

Publikationen
»Web Fatale«. Der Titel klingt ein bisschen ulkig – wie eine Femme
fatale sollen Websites Nutzer (ver-)führen, so die Idee. Aber der bunte
Mix an Tipps, die Johannes Ippen für unwiderstehliches Webdesign zu-
sammengetragen hat, ist absolut lesenswert. Zum Themenspektrum ge-
hören Usability und User Experience, Zielgruppenanalyse
und Nutzerbindung ebenso wie Businessstrategien, Con-
tent Marketing, die Verbindung mit den verschiedenen
sozialen Netzwerken oder das Testing, mit dem man laut
Ippen frühzeitig beginnen sollte: So widmet er sich aus-
Johannes Ippen: Web
Fatale. Wie Du
führlichst verschiedenen Testmethoden und ihrer Auswer-
Webseiten gestaltest, tung. Der Autor arbeitet beim Berliner Spieleentwickler
denen niemand
widerstehen kann. Wooga und ist selbst Web- und App-Designer. Am locke-
Bonn (Rheinwerk Ver-
lag) 2016, 348 Seiten. ren Plauderton, den er anschlägt, ist zu merken, dass hier
34,90 Euro. ISBN 978-
3-8362-3898-4 jemand mitten aus der Praxis schreibt.

1 »Graphic Stamps«. Wie schade, dass die Brief- 2 »The Intelligent Lifestyle Magazine«. Okay,

markensammlung verschollen ist, die ich als Kind das von der italienischen Tageszeitung »Il Sole
hatte! Würde sie jetzt gern anschauen . . . Im ersten 24 Ore« herausgegebene Monatsmagazin »IL« hat
Band seiner neuen Buchreihe »The Archive Series«, jede Menge Designpreise gewonnen. Aber darum
in der der Londoner Verlag Unit Editions künftig gleich ein ganzes großes Buch über eine Zeitschrift
Grafikdesignsammlungen aller Art vorstellt, geht machen? Ja, denn diese gestalterische Wundertüte
es um Briefmarken. Natürlich nicht einfach irgend- mit ihren immer wieder charmanten Überraschun-
welche, sondern grafisch herausragende. Alpha- gen ist eine Inspiration für jeden Editorial Desi-
betisch nach Ländern geordnet, gibt es Exemplare gner. Artdirektor Francesco Franchi definiert die
aus Afghanistan bis Jugoslawien zu bestaunen. Rolle des Gestalters bei der Vermittlung von Inhal-
Das Faszinierende an Briefmarken ist ja gerade ihre ten einfach mal ganz neu, Form und Inhalt sind
Herkunft aus fernen Ländern, und der gestalte- hier unauflöslich miteinander verbunden. Wobei
rische Modernismus hat offenbar auch die entfern- insbesondere auch die Illustration eine hervorra-
testen Weltregionen im Laufe des vorigen Jahr- gende Rolle spielt. Wir empfehlen die Lektüre ins-
hunderts mal erreicht. Aus Deutschland ist leider besondere allen, die sich Sorgen ums Ende des
nichts zu sehen, die hiesigen Postwertzeichen wa- Printzeitalters machen. Es gibt ein Gegenmittel,
ren wohl nicht cool genug .. . es heißt »Mut beim Design!«.

Graphic Stamps. The Miniature Francesco Franchi, Christian Rocca:


Beauty of Postage Stamps. The Intelligent Lifestyle Magazine.
The Archive Series #001. Smart Editorial Design, Ideas and
London (Unit Editions) 2016, Journalism. Berlin (Gestalten)
328 Seiten. 35 Pfund. 2016, 272 Seiten. 49,90 Euro.
ISBN 978-0-9932316-4-3 ISBN 978-3-89955-631-5
PAGE 07.16 059

Designer-Marken
Großbritannien 1971
von Nicholas Jenkins,
United Nations 1973 von
G. Hamori, Taiwan 1997
(Designer unbekannt),
Japan 1986 von Takashi
Shimizu, Brasilien 1976
von Gian Calvi

Intelligente Layouts
Artikel übers Polytechnikum in
Mailand: Hier greifen Text, Foto
und Illustration richtig ineinander

2
060 PAGE 07.16 › NEUES › Publikationen

Was wir fragen wollten


Karin Kraemer, Illustrationsabsolventin der
HAW Hamburg ↗ w   ww.karin-kraemer.net

Ihre Abschlussarbeit 3 »SIE« ist als


wunderschönes Buchobjekt beim Verlag
Reprodukt erschienen. Die Bilderge-
schichten darin sind abgründig. Woher
kommen die Stoffe? 3
Karin Kraemer: Zuerst war die Geschichte »Tar-
tar« entstanden, ursprünglich für einen Wettbe-
werb des Goethe-Instituts. Was beschrieben wird,
habe ich selbst erlebt, als ich vor ein paar Jahren
als Bedienung im Hamburger Café Paris arbeite-
te. Eine Frau kam herein, bestellte Tartar, hat ge-
gessen und die ganze Zeit über geweint. Es war
erschreckend, wie abweisend die Leute reagiert
haben. Wer eine schlimme persönliche Lage nach
außen trägt und das nicht zu Hause mit sich ab-
macht, erlebt offene Antipathie.

Wer ist diese »SIE«, die auch in den


anderen Geschichten auftaucht?
Einfach ein Teil dieser Gesellschaft. Sie verkörpert
die Verletzlichkeit, die bei jedem von uns in kri-
tischen Situationen dazu führen kann, dass man Sie und die anderen
»SIE« wird. Aber in den anderen Menschen um Wunderschön gestaltet, aber inhaltlich
»SIE« herum kann man sich ebenfalls wiederfin- streckenweise abgründig: Karin Kraemers
den. Ich selbst bin auch nicht immer empathisch Geschichten um »SIE«
gegenüber schwierigen Leuten.

Wieso haben Sie kein Buch, sondern


Einzelhefte gemacht?
Es sollte keine richtige Reihenfolge geben, das
Thema ist endlos: Man könnte jederzeit von vorn
anfangen oder andere Geschichten hinzufügen.
Das Format ist das der Originalzeichnungen, die
mit Tusche und hier und da mal mit Acrylweiß
entstanden.

Wie konnte die aufwendige Herstellung


der Publikation finanziert werden?
Mit meiner Professorin Anke Feuchtenberger
habe ich mich bei der Hamburger Behörde für
Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung um
eine Förderung beworben. Mit dem Zuschlag
konnten dann noch zwei weitere Projekte von
HAW-Absolventinnen gedruckt werden: Kathrin
Klingers »Katze hasst Welt« und Lena Hällmayers
»Das Ding, das auf mein Stolpern lauert«. Beide Karin Kraemer: SIE. Quilow und Berlin (MamiVerlag und
erzählen auf sehr eigene Weise aus dem Leben Reprodukt) 2016, 188 Seiten. 25 mal 32 Zentimeter, 6 Hefte im Schuber.
von Frauen. 29 Euro. ISBN 978-3-95640-085-8
PAGE 07.16 061

Publishing-News
4 Erik Kessels: Failed It! How to turn mistakes

into ideas and other advice for successfully scre-


wing up. London (Phaidon) 2016, 168 Seiten.
9,95 Euro. 978-0-7148-7119-6. Der KesselsKramer-
Chef und einer der kreativsten Köpfe Europas hat ei-
ne Hommage auf die Inspiration durch Fehler und
gründliches Scheitern geschrieben. Wobei man ga-
rantiert nichts damit falsch machen kann, dieses
preiswerte Büchlein zu kaufen!
Ralph Stieber: 111 Gründe, seinen Chef zu has-
sen. Tyrannen, Fanatiker und Selbstdarsteller –
wenn der Boss dich in den Wahnsinn treibt. Berlin
(Schwarzkopf & Schwarzkopf) 2016, 352 Seiten.
9,99 Euro. 978-3-86265-575-5. Der Autor hat auch
schon als Pizzabote und Kellner gearbeitet, vor allem
4 aber als Werbetexter, unter anderem für Scholz &
Schön falsch Friends, Heimat oder BBDO. Nach einem Burn-out
Dem Künstler Kent Rogowski unterlaufen beim lästert er hier mal richtig ab, natürlich ohne Namen
Puzzeln immer wieder krasse Fehler . . . zu nennen.
Elizabeth Resnick: Developing Citizen Desi-
gners. London (Bloomsbury) 2016, 432 Seiten.
29,99 Pfund. 9780857856203. Der Designer ist
mehr als ein Dienstleister, er kann sich ebenfalls als
Bürger gesellschaftlich einbringen – so die Botschaft
dieses Lehrbuchs, das vor allem Studierende und
Lehrende, aber auch Berufsanfänger anspricht.
5 Stuart Tolley: MIN. The New Simplicity in Gra-
phic Design. London (Thames & Hudson) 2016,
288 Seiten. 24,95 Pfund. 9780500292198. Von
Corporate über Editorial bis Packaging Design: Das
Designstudio Transmission aus Brighton hat ein
Buch über grafischen Minimalismus jeglicher Art
zusammengestellt.
Stephanie Jacobs (Hrsg.): Zeichen – Bücher –
Netze: Von der Keilschrift zum Binärcode. Göttin-
gen (Wallstein Verlag) 2016, 148 Seiten. 9,90 Eu-
ro. 978-3-8353-1824-3. Eine Million Objekte zur
Schrift-, Buch- und Papiergeschichte besitzt das
Schön schlicht Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen
Für sein Buch über Minimal Design hat das Studio Transmission alle Arbeiten noch Nationalbibliothek in Leipzig. Dieser Kurzführer
mal selbst vor einheitlich minimalistischem Hintergrund fotografiert vermittelt Einblicke. Unter http://mediengeschichte.
dnb.de gibt’s auch eine virtuelle Ausstellung des
5 Museums.
Süddeutsche Zeitung Magazin (Hrsg.): Gefühl-
te Wahrheit. Unser Leben in unterhaltsamen Dia-
grammen. München (Prestel) 2016, 192 Seiten.
14,95 Euro. 978-3-7913-8246-3. Jetzt als Buch: Die
Infografik-Kolumne über die Tücken des Alltags, mit
der das »SZ«-Magazin allwöchentlich beweist, wie
herrlich unsachlich Infografik sein kann. cg

Publikationen. Weitere Buchempfehlungen


für Kreative in Design und Development lesen
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PAGE eDossiers. Unsere eDossiers zu Themen


rund um den kreativen Berufsalltag gibt es
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062 PAGE 07.16 › PROJEKTE › 3D-Konfigurator mit WebGL

PROJEKTE

Das Projektteam von Demodern bei einer Quick-Design-Session. Von links: Managing Partner und Kreativdirektor Alexander El-Meligi, Projekt-
leiter Tobias Soffner, Projektmanagerin Sonja Conradi, Artdirektor Flo Gläser und Director Creative Engineering Nico Zimmermann
PAGE 07.16 063

Helm-o-mat
Mit einem ausgeklügelten 3D-Produktkonfigurator, eingebettet
in einen Magento-Webshop, bietet das Frankfurter Start-up
helmade seinen Kunden eine bemerkenswerte User Experience.
Möglich machte dies die Hamburger Digitalagentur Demodern

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
PROJEKT Konzeption und Entwicklung eines
Onlineshops mit 3D-Produktkonfigurator
KUNDE helmade, Frankfurt am Main
↗ www.helmade.com
AGENTUR 3D-Konfigurator und Webshop-
Einbindung: Demodern, Hamburg
↗  www.demodern.de; CGI: 747studios,
Hamburg ↗  www.747studios.de
TECHNIK WebGL, three.js, HTML5, CSS3/
Sass, Autodesk Maya, InVision, Trello, JIRA,
Magento
ZEITRAUM August 2015 bis zum Release der
Betaversion Ende Januar 2016
064 PAGE 07.16 › PROJEKTE › 3D-Konfigurator mit WebGL

Entwickeln unter den noch weißen


helmade-Basismodellen: Tobias Soffner,
Karina Schmidt und Sonja Conradi

● »Ein weißer Helm ist eine verschenkte Möglich- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx gelter, auch mobil äußerst performanter 3D-Pro-
keit«, findet Christian Möhring. Im Sommer 2015 duktkonfigurator als Kern der Website herauskam.
erhob der begeisterte Motorsportler diesen Satz zum »Das Mini- Christian Möhring und Alexander El-Meligi, Ge-
Leitgedanken seines Start-ups helmade, das aus Lei- mum Viable schäftsführer und Kreativdirektor bei Demodern in
denschaft für Design, Individualität und Motorsport Product Hamburg, kannten sich bereits über einen früheren
entstand. Das junge Unternehmen hat die Vision, Agenturkunden – gute Voraussetzungen für eine ver-
möglichst vielen Menschen individuelles Helmde- bauten wir trauensvolle Zusammenarbeit.
sign zugänglich zu machen. Deshalb gründete Möh- mit helmade Im August 2015 nahm Demodern die Arbeit auf
ring gemeinsam mit seiner Frau Sabrina und sei- kontinuierlich und formulierte die Kernanforderungen: Zunächst
nem Bruder Robin Metz helmade. galt es, eine Plattform für den Markenaufbau zu ent-
Ähnlich wie im Fashion- und Sportswear-Bereich
zu einem wickeln und ein Produkterlebnis auf höchstem Ni-
setzt helmade auf digitale Co-Creation. »Unabhän- international veau zu schaffen. Die User sollten die Einzigartig-
gig davon, ob du ein Bike, Scoot, Mod, einen Café Ra- skalierbaren keit – individuelles Design und hochwertige Lackie-
cer, ein Rennauto oder ein Kart fährst – überall wo E-Commerce- rung – sowie die Qualität des realen Produkts beim
ein Helm schützen soll, gibt es eine Gelegenheit, sich Konfigurieren spüren können. Weil helmade nur Ein-
von der Menge abzuheben«, sagt Robin Metz. Zu-
System aus« zelstücke on demand anfertigt, sollten die vom User
sammen schufen sie daraus ihre Geschäftsidee, Hel- Alexander El-Meligi, konfigurierten 3D-Modelle so fotorealistisch und
me mit individuellen Designs weltweit zu vertrei- Geschäftsführer performant wie möglich sein.
ben. Bis es so weit war, floss jedoch viel Wasser den und Kreativdirektor Alexander El-Meligi erinnert sich, dass der Mix aus
Main hinunter und viel Code in den neuen Webshop bei Demodern, enorm anspruchsvoller 3D-Produktexzellenz, hoch-
und den innovativen 3D-Produktkonfigurator hi- Hamburg performanter Cross-Device-Fähigkeit sowie hoher
nein. Der Launch, so Möhrings Vorstellung, sollte Komplexität und Anzahl an Helmdesigns ihm durch-
im Frühjahr 2016 erfolgen, also pünktlich zum Start aus auch Kopfschmerzen bereitete. Die Anwendung
der Motorsportsaison. sollte im Browser, mobil, aber auch auf Event- und
Showroom-Displays flüssig laufen. Zugleich brauch-
Klein anfangen und ausprobieren te helmade ein zuverlässiges, international skalierba-
Ein recht sparsam bemessener Zeitrahmen ange- res E-Commerce-System, um Sales- und After-Sales-
sichts der Tatsache, dass in den Sondierungsgesprä- Prozesse abzubilden. »Deswegen haben wir zuerst
chen für den responsiven Onlineshop ein ausgeklü- ein Minimum Viable Product (MVP) erstellt, das wir
PAGE 07.16 065

gemeinsam mit dem Kundenteam fortwährend agil


weiterentwickelten.« Das englischsprachige MVP
funktionierte bereits auf übergroßen Screens für
Events, auf mobilen Endgeräten sowie im E-Com-
merce für alle Zahlungsarten.

Vom MVP zum Prototyping


»Grundlage für ein erfolgreiches Business ist natür-
lich ein voll funktionales, skalierbares E-Commerce-
System, das wir auf Basis von Magento realisierten
und in das wir die WebGL-Anwendung integrieren
wollten«, erklärt El-Meligi. Dabei sei es jedoch nicht
darum gegangen, das Shopsystem zu verändern. »Al-
leine schon wegen der Performance wollten wir mit
den gegebenen HTML-Funktionalitäten arbeiten
und den 3D-Konfigurator als Komponente einbin-
den«, so El-Meligi.
Auch bei der Bildqualität der 3D-Helme wollte er
keine Kompromisse eingehen: »Wir wollten ein Pro-
dukt visualisieren, das in puncto Rendering neue
Maßstäbe setzt.« Dafür fotografierte und vermaß Fürs erste Prototyping in WebGL überführte Demodern den Helm Arai-SK 6 so gut wie
747studios in Hamburg, Demoderns Partner für Com- möglich in ein 3D-Modell. Dafür zerlegten die Developer seine Grundform in Polygone und
puter Generated Imagery (CGI), die Helme und er- optimierten die Normalen so, dass weiche und harte Kanten erkennbar sind

fasste sie fotometrisch. Die daraus errechneten 3D-


Helme waren schon sehr nahe am Original, wurden
aber von 747studios und Demodern noch mit der
Animationssoftware Autodesk Maya aufbereitet und
anschließend feinmodelliert.
Dann folgten Moodboards mit InVision. Das ers-
te Prototyping der Materialien auf Basis echter Lack-
proben aller Farben nahm Demodern in WebGL vor
und legte damit die Oberflächen Matt oder Glän-
zend, die Effekte Flake (Glitter), Holoflake (Regen-
bogenoptik) und Metallic sowie die transparenten
oder spiegelnden Visiere fest. Auch ein Beleuchtungs-
modell mit Licht- und Schattenwürfen für das fer-
tige 3D-Produkt legten die Developer an.

Optimale Detailarbeit durch


optimierte Abstimmung
Für die fortwährende Verfeinerung der Prototypen
mit dem Kunden hatten die Demodern-Developer
in einer sehr frühen Modelling-Phase ein eigenes
Tool in JavaScript entwickelt, das es allen Projektbe-
teiligten ermöglichte, die Produkte online zu beob-
achten, um schnell Feedback zu geben. Dieses per-
fekte Zusammenspiel von Design, Modelling und
Creative Development war wichtig, um die Produk-
te flüssig und fotorealistisch in den WebGL-Konfi-
gurator einzubetten. El-Meligi nennt ein Beispiel:
»Optimale Überlappungen an den Materialkanten
zu schaffen, bedeutete sehr präzise Arbeit.« Doch
nicht nur das: Damit die Helmmaterialien authen-
tisch wirkten, drehte Demodern lange an der Aus-
steuerung der Beleuchtung je nach Luminanz der
Lackfarbe (siehe Seite 67 f.).
Motorsport, Motorrad, Scooter – der User wählt zunächst den Helmtyp aus, um im
»Wir arbeiteten in wöchentlichen Sprints«, erläu- Anschluss das Grunddesign eigenen Vorstellungen anzupassen. Der 3D-Konfigurator
tert El-Meligi die agile Teamarbeit. Anfangs mit dem bietet dafür sechs Lackarten (Normal Glossy, Normal Matt, Metallic, Neon, Flake und
Trello Task Board und nach dem Prototyping dann Holoflake) sowie 100 Farben und Verläufe. Nur durch die flüssige Aktualisierung und die
mit Atlassians Projektmanagement-Tool JIRA als visuell überzeugende Darstellung der Lacke kam die tolle User Experience zustande
066 PAGE 07.16 › PROJEKTE › 3D-Konfigurator mit WebGL

Designtests mit der Ziel-


gruppe enthüllten,
ob die ultrarealistische
Produktdarstellung
mit der Kundenerwartung
und dem physischen
Endprodukt korrespondiert

Ticketsystem. Sehr früh setzte Demodern bereits sportlich gewesen. Besonders herausfordernd fand
einen Development-Server auf, auf dem die Entwick- Creative Developer Nico Zimmermann, wie viel kre-
ler das Shopsystem sowie die Helm-Prototyping- ative Detailarbeit in die Anpassung der Magento-
Umgebung implementierten und danach agil wei- Features geflossen ist. »Aber bei anderen E-Com-
terentwickelten. Fahrradkonfigurator. merce-Systemen ist es ähnlich«, weiß Zimmermann
In PAGE 05.16
Getestet hat die Hamburger Digitalagentur konti- aus Erfahrung. Des Weiteren würde er aktuell auf
finden Sie eine weitere
nuierlich im laufenden Sprint. Abnahmen erfolgten Projektstudie über die Programmiersprache ES6 setzen und die Java-
durch den Product Owner (Kunde und Helmdesi- Konzept, Design und Script-Library React.js als Framework nutzen. Da-
gner). Parallel liefen Checks der Cross-Device-Funk- Entwicklung eines durch wird der Quelltext schlanker, die Anzahl von
tionalität. Besonders die Limitierung der Grafikkar- Webshops mit Frameworks und Patterns wird reduziert und die
Produktkonfigurator
te auf mobilen Devices war dann noch mal ein echtes Performance verbessert.
↗  www.page-online.de/
Problem: »Schon im Prototyping haben wir daher PEPA1605 »Trotz einiger Herausforderungen haben wir un-
intensiv getestet. Zudem war ein Teammitglied aus- ser Ziel erreicht, einen Konfigurator zu entwickeln,
schließlich damit befasst, die Produktkonfigura- der eine internationale Benchmark im Bereich Pro-
tion und den E-Commerce-Flow funktional durchzu- duktindividualisierung darstellt und als Best in Class
testen«, berichtet El-Meligi. bei WebGL-Implementierungen gelten darf«, be-
tont Alexander El-Meligi. Bestätigt findet er seine
Am Ende weiß man’s immer besser Arbeit durch die Nominierung für die Webby Awards
Seit dem Launch der Betaversion im Januar wird die in der Kategorie »Shopping Sites« – nur zwei Mona-
Website stetig weiterentwickelt und um neue Design- te nach dem Launch.
optionen, Social Sharing, ein Blog-Magazin und ei- Und auch intern hat sich der Auftrag nachhaltig
ne deutschsprachige Version ergänzt. Besonders für gelohnt: Demodern konnte wichtiges Know-how in
den Konfigurator erhielt Demodern großes Lob. der digitalen Produktentwicklung aufbauen: Die
»Der Konfigurator wird oft als ›App‹ empfunden, Hamburger wissen jetzt, wie man Individualisierung
was zeigt, wie nativ, stabil und direkt er sich anfühlt«, und Co-Creation mit komplexen 3D-Produkten und
freut sich El-Meligi. Oberflächen so löst, dass die Konfiguration in Web,
Dennoch würde das Projektteam heute einiges an- Mobile und Point-of-Sale-Displays simpel bleibt und
ders machen. »Wir würden am Anfang für das MVP Spaß macht. Die Learnings aus dem Projekt und das
vielleicht mit weniger Produkten starten«, so El- Know-how bieten sich für zahlreiche andere Pro-
Meligi. Fünf Helmtypen mit unterschiedlichen Ac- jekte an, wie beispielsweise Modelling- und Deve-
cessoires, komplexe Designoptionen und mehr als lopment-Prozesse für Virtual-Reality-Projekte, die
100 Farben in unterschiedlichen Effekten seien schon Demodern derzeit umsetzt. ae
PAGE 07.16 067

Texturierung in WebGL
Nico Zimmermann, Director Creative Engineering bei Demodern, erklärt,
wie er die 3D-Darstellung der Helme mithilfe von Shadern löste

Zur Lösung des Problems rendern wir die Mate-


rialzuordnung als Farbwert in eine Materialtextur –
quasi als Look-up für den finalen Rendering-Durch-
Ebene 4
lauf. Die Farben in der Materialtextur ergeben sich
Ebene 3 Gelb-Rot-
Verlauf
aus einer statischen Zuordnung: Normaler Lack ist
Rot mit
Flakes schwarz, Metalliclack rot, Flake grün und Hologra-
phic Flake blau. Diese Farben nutzten die Developer
später im Shader, um die Lacke erkennen und be-
rechnen zu können.

Shell Shader aufbauen

2
Ebene 2 Für das Shading berechnen Sie die gesamte
Silber mit Helm-Shell in einem Rendering-Durchlauf.
Holographic Je nachdem, welche Farbe in der Material-
Ebene 1 Flakes
textur vorliegt, springt der Shader in eine andere Sub-
Blaumetallic
routine und berechnet dort das Aussehen des Mate-
rials. Um an den Kanten zwischen zwei Materialien
Verpixelungen zu vermeiden, muss das Material über
einen kompletten Farbkanal (Rot, Grün oder Blau)
● Die Architektur des helmade-3D-Konfigurators verfügen. Jeder Pixel wird also im WebGL-Shader
erlaubt es dem User, Design, Farben und Lacke in zunächst für den Lack normal berechnet und dann
Echtzeit auf einem 3D-Modellhelm zu wählen, ohne mittels der OpenGL-Shading-Language-Funktion
dass sich die zugrundeliegende Mesh-Geometrie än- »Mix« mit dem entsprechenden Effekt gemischt (sie-
dert. Vorteile sind niedrige Ladezeiten und eine bes- he Code-Teil 1: »Aufbau des Shell-Shaders«, unter
sere Performance auf mobilen Endgeräten. Die Tech- www.page-online.de/helmade_0716 ).
nik erinnert an Deferred Shading und lässt sich in
jeder WebGL-Engine umsetzen. Ziel der computer- Material- und Farbtextur erstellen
grafischen Darstellung und der damit einhergehen-

3
den Shader-Routinen ist es, dem User das Gefühl Nur wenn der Helm initial geladen wird oder
eines physischen Produkts zu vermitteln. Zu diesem der User eine Farbe oder ein Material än-
Zweck entwickelten und programmieren wir für die dert, berechnet das Shader-Programm die
Darstellung der Helme individuelle Shader. Ich zei- beiden Texturen (Farbe und Material) neu. Three.js
ge Ihnen hier, wie Sie diese selbst bauen können. 1 führt die Berechnung in zwei Off-Screen-Texturen
Tipp vorweg: Verzichten Sie in three.js lieber auf be- (WebGLRenderTarget) mit je einem Shader aus. Die Sha-
reitgestellte Materialien wie »MeshPhongMaterial« der erhalten hierfür die Masken für die einzelnen
oder »MeshLambertMaterial«. Ebenen und die Farben, in denen diese Masken dar-
gestellt werden sollen. Die Maske für die erste Ebene
Material- und Farbtextur definieren kann entfallen, da sie auf der untersten Ebene als De-
fault dient. Der Shader zum Berechnen der Material-

1
Als Arbeitsbeispiel soll uns das Produkt hel- textur enthält keine Effekte und ist entsprechend
made 5Star GP-6S Pole dienen. Die Konfigu- simpel. Zunächst bekommt der Shader vom Haupt-
ration zeigt wunderbar die diversen Farben programm die drei Maskentexturen 3 (Abbildung
und Lacke auf vier Ebenen. Es gibt eine Textur für die 2 nächste Seite) und vier Farbwerte für die Materialien.
Lackfarbe 1 und eine Textur für die Lackart 2 . Für Der Shader für die Farben ist prinzipiell gleich auf-
die gewünschten Effekte müssen die Ebenen mit ver- gebaut. Durch Features wie Highlight-Effekte, Farb-
schiedenen Lackarten implementiert werden. In ei- verläufe und Overlay-Lackeffekte wie die dunklen
ner klassischen 3D-Anwendung würde man hier auf Schattierungen im Blaumetallic ist er etwas komple-
Materialzuweisung in der Helmgeometrie zurück- xer, enthält aber keine entscheidenden Besonderhei-
greifen. Allerdings wäre der Produktionsaufwand ten. Das Ergebnis dieses Rendering-Durchlaufs ist
dann höher, denn man müsste für jedes Design ein in Bild 1 und 2 zu sehen (siehe Online-Codeab-
neues Mesh modellieren und laden. schnitt 2: »Erstellung der Materialtextur«).
068 PAGE 07.16 › PROJEKTE › 3D-Konfigurator mit WebGL

Pre- und Postprocessing


3

4
Für einen einheitlichen Look bei den Hel-
men ist es wichtig, dass der Shader für jedes
Material eine einheitliche Vor- und Nach-
bereitung des Lacks vornimmt. Bei jedem Lack gibt
es visuell einheitliche Elemente wie die Klarlack-
schicht und den Teil der Beleuchtung, der nicht von
den Flakes und dem Metalliclack beeinflusst wird.
Die visuellen Eigenschaften von echtem Klarlack lie-
gen in den leichten Verwellungen seiner Oberfläche.
Dieses Detail soll auch der 3D-Konfigurator korrekt
abbilden. Im Code des Shaders erstellen Sie diesen
Effekt mittels Normal- und Environment-Mapping
und speichern ihn in einer Variable.
Während die Darstellung des Klarlacks den ein-
heitlichen Look in der Vorbereitung prägt, sorgen
in der Nachbereitung die diffusen und ambienten Der Referent
Beleuchtungseffekte für einen realistischen Look.
Hierfür hellen Sie den Helm zuerst durch ein hemis- ● Hagen Seidel ist Head of Delivery bei der inter-
pherisches Licht im oberen rechten Bereich leicht national vielfach ausgezeichneten Kreativagentur
bläulich auf und dunkeln ihn im unteren Bereich für digitales Marketing Razorfish Deutschland mit
leicht bräunlich ab. Anschließend setzen Sie Schat- Dependancen in Frankfurt am Main, Berlin und
tierungen (Ambient Occlusion und Schlagschatten) München. Er ist zertifizierter Scrum Master und
ein. Diese sind in einer statischen Textur abgelegt. verantwortet als Projektmanager nicht nur die
Die Textur haben wir so optimiert, dass man sie durch Budgets sowie die Qualität und Profitabilität von
eine einfache Multiplikation am Ende des Shaders Projekten, sondern stellt auch die Einhaltung
nutzen kann (siehe Online-Codeabschnitt 3: »Pre- der Agenturworkflows und Projektmanagement-
und Postprocessing im Shell Shader«). Prozesse sicher. Darüber hinaus ist er für die
Weiterbildung und Zertifizierung des agentur-
Lacke implementieren eigenen Projektmanagement-Teams zuständig.

5
Da keines der von three.js gebotenen Mate- Hagen Seidel schöpft aus 15 Jahren Berufserfah-
rialien die Lacke glaubhaft darstellt, analy- rung als Angestellter und Freelancer in Start-up
sierten wir die Details der Helmlacke in kre- und Netzwerkagentur. Er begann seine Laufbahn
ativer Hands-on-Manier und arbeiteten sie Stück für als Frontend-Programmierer, bevor er ins tech-
Stück in den Shader-Code ein, bis das Ergebnis über- nische Projektmanagement wechselte und 2008
zeugte. Auf diese Weise gaben wir den Shader-Routi- bei Razorfish Scrum einführte. Er managte Pro-
nen mit entsprechend viele Konstanten. Die einfachs- jekte wie den Multitouch-Table für den Audi City
te Shader-Routine gilt dem normalen Glossy-Lack. Showroom London und realisierte mit Kunden
Sie besteht im Wesentlichen aus einer Random- wie DHL, Allianz, Nintendo und Wilkhahn Internet-
Normal-Map und einem künstlichen, ringförmigen auftritte, Apps und Cross-Channel-Kampagnen.
Glanzlicht. Echtes Phong-Glanzlicht würde auf den
Helmen fad aussehen, da es wichtige Details wie die
untere Kante des Helms nicht betont.
Nico Zimmermann, Für optimale Farbechtheit nutzten wir die Lumi-
Director Creative Enginee- nanz des eingehenden Farbwerts und modellierten
ring bei Demodern in „Das Seminar war
hiermit die Wirkung des Lichts auf den Lack. Ver-
Hamburg, hat gemeinsam wirklich großartig!
mit seinem Team ein wenden Sie dazu bitte den Online-Codeabschnitt 4:
Hat mir außerordentlich
Easter Egg versteckt. Mit »Berechnung der Luminanz eines RGB Wertes«. Im
gut gefallen. Hagen war ein
der Taste F6 startet ein Online-Codeabschnitt 5 finden Sie die komplette
kleiner Präsentationsmo- klasse Referent, er lebt den
Shader-Routine zur Berechnung des Normallacks.
dus. Außerdem führt die Inhalt regelrecht.“
Das sind nur ein paar kleine Tricks, aber sie be-
Eingabe der Signatur
»314159x« zu einer ganz
wirken viel. Die Helme sehen viel realistischer aus,
speziellen Textausgabe. und man erreicht eine gute Performance auf jedem
↗  www.demodern.de Device. Nico Zimmermann (ae)

Code zum Case. Die Programmierung gibt’s Dr. Daniel Schulten, Vorstand
zum Download unter  ↗  www.page-online.de/ netzkern AG, Agentur für
helmade_0716  Interaktive Kommunikation
PAGE 07.16
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069

1 PRAXIS
Weitere PAGE Seminare finden
Sie unter www.page-online.de/seminar

Die Agenda: Tag 1

Agil ans Ziel 1 Herausforderung digitales


Projektmanagement
In digitalen Projekten hat man mit unter-
schiedlichsten Kunden, Zielen, Nutzern
Modernes und Technologien zu tun. Wie kann man

Projektmanagement – Projekte klassifizieren? Und was bedeutet


es, heute Projektmanager zu sein?
Cases, Techniken,
Methoden 2 Allgemeingültige Projektphasen
trotz Diversifikation
Was unterscheidet klassisches und agiles
Projektmanagement? Welche Phasen und
Schritte haben Strategie-, Kreations- oder
technische Umsetzungsprojekte gemein?
Das zweitägige Seminar »Agil ans Ziel«
3 Agiles Projektmanagement
● Unternehmen aller Branchen müssen heute digitale Produkte und Services Welche agilen Methoden gibt es und
bieten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch Projekte mit neuen Techno- für welches neue Wertesystem
logien und neuen Konzepten sind oft komplex und schwer einzuschätzen. stehen sie? Stichwort »Agiles Manifest«
Zudem liegen nur selten Erfahrungswerte vor. Auftraggeber und Projekt-
beteiligte – inhouse wie extern – sammeln darum während des Entwicklungs- 4 Planen und Schätzen
prozesses fortwährend neue Erkenntnisse. Entsprechend häufig ändern Wie werden Anforderungen erfasst
sich die Anforderungen. Und das bei immer unumstößlicheren Deadlines. und geschätzt? Und wie nutze ich das
Product Backlog als zentrales Tool?
Höchste Zeit also, auch im Projektmanagement neue Wege zu beschreiten und
das Vorhaben agil, sprich: schrittweise in einem sich selbst organisierenden,
interdisziplinären Team in Zyklen anzugehen! Das traditionelle Wasserfall- Die Agenda: Tag 2
modell setzt vorhersehbare Projektverläufen voraus, die agile Methode passt sich
an und legt den Fokus auf umgesetzte Funktionalitäten. Mit agilem Projekt- 1 Rollen und Verantwortlichkeiten
management kann man auf kurzfristige Änderungswünsche des Kunden rasch Agiler Coach, Team und Product Owner –
reagieren und sogar in späten Projektphasen flexibel auf Change Requests ein- jeder leistet seinen Beitrag zum Erfolg.
gehen. Doch wie genau lässt sich der eigentlich in der Softwareentwicklung behei- Welche Rechte und Pflichten gibt es und wie
matete Ansatz für kreative Konzepte nutzen? Wie etabliert man ihn im Team? ändern sich diese im Projektverlauf?

Profitieren auch Sie vom immensen Erfahrungsschatz Hagen Seidels! In unserem 2 Meeting-Kultur in agilen Projekten
zweitägigen Seminar zeigt er anhand konkreter Cases, welche Projekte sich Planungs-Meeting, Daily Standup, Review-
mit agilen Methoden umsetzen lassen – und welche nicht. Er erläutert, welche Meeting: wie oft, wie lange, wer ist dabei?
Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Projektleiter, Projektmitarbeiter Tipps und Tricks für die Durchführung
und Auftraggeber auf Augenhöhe zusammenarbeiten können, und er zeigt,
wie man heterogene Teams aus Strategen, Konzeptern, Creative Developern, 3 Reporting und Risikomanagement
Designern, Informationsarchitekten, Artdirektoren, Textern und Testern Welche Tools und Helfer gibt es im agilen
zu Winning Teams macht. Er gibt Anregungen und vermittelt Lösungsansätze Projektmanagement? Und welche Aspekte
sowie Handlungsempfehlungen für alle, die das agile Prinzip durchdringen des klassischen Projektmanagements
und in ihrer Agentur oder Firma vorantreiben wollen – kurzum: für alle, die sollte man in der Hinterhand haben?
interdisziplinäre Projekte erfolgreich durchführen wollen.
4 Team Building
Das PAGE Seminar findet am 13./14. Oktober in den Design Offices Was bedeutet »Inspect and Adopt«
Hamburg Domplatz von jeweils 9:00 bis 17:00 Uhr statt. Die Teilnahme als Philosophie? Wie implementiert man
kostet 1480 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungs- sie, damit man als Team besser
kosten sowie Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen zusammenarbeitet? Plus: Guidelines für
begrenzt! Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar . Retrospektiven in agilen Projekten

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // info@page-online.de //


Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Der PAGE Workshop mit Hagen Seidel lässt
Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. genug Zeit für Fragen und Diskussionen und den
Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis). Austausch der Teilnehmer untereinander.
070 PAGE 07.16 › PROJEKTE › CD/CI für das DRIVE. Volkswagen Group Forum

PROJEKT Corporate Identity und


Corporate Design für DRIVE.
Volkswagen Group Forum, Berlin
↗  www.drive-volkswagen-group.com
KUNDE Volkswagen AG, Wolfsburg
↗   www.volkswagenag.com
AGENTUR Strichpunkt GmbH
↗  www.strichpunkt-design.de
ZEITRAUM ab März 2014
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Der Pfeil steht im Mittelpunkt


des Corporate Designs. Auch
auf den Geschenktüten aus dem
DRIVE Shop, der Geschäftsaus-
stattung und in den Erscheinungs-
bildern der beiden Restaurants
Zeitgeist und Brotzeit
PAGE 07.16 071

Pfeile im
Dutzend
Eine Corporate Identity und ein zugehöriges Corporate Design für
das DRIVE. Volkswagen Group Forum in Berlin zu entwickeln –
diese kreative Herausforderung nahm die Designagentur Strichpunkt
gern an. Dabei galt es, die Balance zwischen der Nähe zum
Volkswagen Konzern und einem individuellen Markenauftritt zu halten
072 PAGE 05.16 › PROJEKTE › Visual Customizer für Ruff Cycles

Oben: Die Strichpunkt-Designer


sammelten alles Mögliche rund
um das Thema Mobilität, machten
viele Assoziationsfelder auf und
kamen schließlich auf den Pfeil als
schlüssiges Symbol

Links und unten: Hell, freundlich


und aufgeräumt empfängt das
DRIVE seine Besucher. Und natürlich
taucht der Pfeil in allen seinen
Facetten auch im Leitsystem auf
PAGE 07.16 073

● Der Umbau in der Berliner Friedrichstraße 84/


Unter den Linden, war bereits in vollem Gange, als
die Volkswagen AG die Designagentur Strichpunkt
nach einem Pitch mit der Entwicklung und Reali- »Mit dem Gesamtauftritt
sierung der CI sowie des CDs für das DRIVE. Volks-
wagen Group Forum in Berlin beauftragte. Im Jahr sind wir nah am Volkswagen
1999 hatte das Automobil Forum, wie es damals hieß,
seine Türen als eine Art Showroom für einige der Au-
tomarken des Konzerns geöffnet. 2014 war es Zeit
Konzern, aber ein bisschen
für einen Neuanfang: Das Gebäude wurde komplett
umgebaut, der Name wandelte sich zu DRIVE. Volks-
lauter. Der Pfeil aber ist
wagen Group Forum, und auch die inhaltliche Aus-
richtung sollte sich ändern.
ein eigenständiges Element,
Kommunizieren statt präsentieren welches das DRIVE als
Zunächst setzte sich das Strichpunkt-Team mit der
Frage nach Rolle und Aufgabe des künftigen Volks- Symbol besetzen kann«
wagen Group Forums auseinander. Wofür sollte das Tobias Nusser, Creative Director bei Strichpunkt
DRIVE in Zukunft stehen? Um eine Identität zu entwi- ↗ www.strichpunkt-design.de
ckeln, muss man die richtigen Fragen stellen. Schau-
fenster oder Ort der Begegnung? Autohaus oder Bot- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
schaft? Repräsentativ oder relevant? Die Erkenntnis
nach diesem Prozess: Das DRIVE soll Antworten Tobias Nusser, Nils Jaedicke und Strichpunkt-
geben auf alle Fragen rund um das Thema Mobili- Grafikerin Johanna Schumacher, die inzwischen zum
tät. Durch die Vielfalt der unterschiedlichen Mar- Team hinzugestoßen war, skizzierten viele Ansätze,
ken. Und mit einer Stimme. Kurz: Im DRIVE wird um Bewegung, Beweglichkeit, Mobilität und Viel-
die Welt der Volkswagen Group erlebbar. falt darzustellen und gleichzeitig die Verwandtschaft
»Die Aufgabe des DRIVE besteht eben nicht nur zum Konzern zu behalten. Irgendwann kamen sie
in der Präsentation der Konzernmarken, sondern auf den Pfeil – ein schlüssiges Symbol für alles rund
auch darin, Themen rund um Mobilität zu kom- ums Thema Mobilität. Und so gibt es – der zwölf
munizieren«, erklärt Tobias Nusser, Creative Direc- Marken im Konzern entsprechend – genau zwölf
tor und Leiter des Standorts Berlin bei Strichpunkt. unterschiedliche Pfeile, die das Kernsymbol des
»Alle drei Monate gibt es eine neue Ausstellung, DRIVE-Corporate-Designs bilden.
die jedesmal eine andere Marke und einen anderen
Themenschwerpunkt in den Mittelpunkt der Kom- Zwischen Freiheit und Vorgaben
munikation rückt.« Zurzeit beispielsweise gibt Por- Das Briefing schrieb fest, dass das DRIVE die Haus-
sche unter dem Titel »Faszination Sportwagen – The schriften des Volkswagen Konzerns, TheSans und
Future of Performance« Einblick in die Unterneh- Utopia, und möglichst auch die Farben verwenden
menstradition und stellt zugleich seine Vision des sollte. Daran hielt sich Strichpunkt, veränderte aber
zukünftigen sportlichen Fahrens und Denkens vor. den Umgang mit diesen Bestandteilen. Wie, erklärt
Nils Jaedicke: »Wir gebrauchen nur TheSans, die
Mobilität visualisieren wir statt in Grau in Schwarz setzen. Hinsichtlich der
Wie leitet man aus diesen Erkenntnissen ein Corpo- Farben sind wir ganz dicht drangeblieben, die Blau-
rate Design ab? Die Kreativen vertieften sich inten- und Grautöne entsprechen den Konzernfarben,
siv in das CD des Volkswagen Konzerns (www.volks die wir um ein leuchtendes Mint und ein nicht min-
wagenag.com), um herauszufinden, wie sich durch der leuchtendes Gelb ergänzten.«
den Umgang mit bestehenden Elementen und die Wichtig war den Gestaltern, dem Kunden zu er-
Addition zusätzlicher Bausteine ein Markenauftritt klären, warum das DRIVE vom sehr zurückhalten-
gestalten lässt, der trotz aller Individualität auch Ver- den Erscheinungsbild des Volkswagen Konzerns ab-
wandtschaft zum Konzern-Corporate-Design zeigt. weichen muss. Denn damit es im lauten, quirligen
»Rund um das Thema Mobilität haben wir sehr Berlin überhaupt wahrgenommen wird, braucht
viel ausprobiert und uns dabei immer wieder gefragt: das DRIVE einen höheren Aufmerksamkeitsgrad,
Was ergibt ein schlüssiges Gesamtkonzept und wie schließlich will man auch Menschen, die auf der
lässt sich das angemessen visualisieren?«, berichtet Straße am DRIVE vorbeigehen, zum Reinschauen
Strichpunkt Senior Art Director Nils Jaedicke. »Es bewegen. Das gelingt nicht, wenn man zurückhal-
geht ja nicht nur um die Automobilität, sondern auch tend auftritt. »Mit dem Gesamtauftritt sind wir nah
um die Beweglichkeit im Kopf. Wir arbeiten gerne am Volkswagen Konzern, aber ein bisschen lauter«,
mit Assoziationsfeldern – Bewegung, Veränderung, fasst Tobias Nusser zusammen. »Der Pfeil aber ist
Wandel – und nähern uns über solch einen assozia- ein eigenständiges Element, welches das DRIVE als
tiven Weg einer visuellen Lösung.« Symbol besetzen kann – so wie jedes gute Corpo-
074 PAGE 07.16 › PROJEKTE › CD/CI für das DRIVE. Volkswagen Group Forum

rate Design nicht nur aus einem Logo oder Si- Alle an einem langen tung, die Typo zeigt sich hier in einem dünneren
gnet, sondern auch aus dessen Zusammenspiel mit Tisch. Das hält die Schnitt als der Regular.
einem klaren Gestaltungsprinzip, Farbe, Typografie Hierarchien flach und Auch das Thema »Naming« ist im Übrigen häufi-
sorgt dafür, dass
und Bildsprache besteht.« ger Bestandteil komplexer Corporate-Design-Pro-
auch mal projektfremde
Menschen einen
jekte. So stand der Name »Brotzeit« schon seit Län-
Brotzeit- und Zeitgeist-Assoziationen gerem fest, der Name »Zeitgeist« entstand dage-
Blick auf Entwürfe
Zum DRIVE gehören zwei hausinterne Gastrono- werfen können gen während der Arbeit am Corporate Design für
mien, die ebenfalls auf den Pfeil setzen. An einer die beiden Restaurants bei Strichpunkt. Die sprach-
großen Wand in der Agentur eröffneten Nils Jaedi- liche Verwandtschaft schafft neben der visuellen
cke und Johanna Schumacher eine Mindmap und eine zweite Ebene der Verbindung zwischen den
sammelten dort Wörter, die sie mit den Namen beiden Restaurants.
»Brotzeit« und »Zeitgeist« assoziierten. Von diesen
ausgehend, entwickelten sie Ideen in ganz verschie- Direkter Draht zum Kunden
dene Richtungen, setzten zunächst mehr auf Quan- Vor allem in der Abstimmungsphase, als es darum
tität und brachen diese gemäß Design-Thinking- ging, festzulegen wie nah das DRIVE-Corporate-De-
Methoden immer weiter herunter. sign am Auftritt des Volkswagen Konzerns sein muss
Stets präsent waren dabei folgende Fragen: Wen und wie weit es sich entfernen darf, bezog Strich-
wollen wir mit den Restaurants begeistern? Wie nah punkt den Kunden häufig mit ein. »Bei so einem
müssen sie beieinander sein und wie weit können komplexen Thema ist es sinnvoll, den Kunden regel-
sie auseinandergehen? »Brotzeit und Zeitgeist spre- mäßig und immer wieder einzubinden, wir schaf-
chen unterschiedliche Zielgruppen an und müssen fen dafür gerne eine Art Workshopatmosphäre«,
deshalb anders kommunizieren«, erläutert Johanna sagt Creative Director Tobias Nusser. »Beispielswei-
Schumacher. »Brotzeit ist eher Café oder Deli und se gehen wir gerne mit dem Kunden gemeinsam an
muss fröhlicher daherkommen, damit Laufkund- unsere Pinnwand, brainstormen mit ihm, scribbeln
schaft von draußen aufmerksam wird. In das hoch- im Meeting auch schon mal was und kleben Sachen
klassige Restaurant Zeitgeist geht man dagegen zusammen. Kurz, wir arbeiten aktiv zusammen.«
geplant. Dort ist daher in der Interpretation der In diesem Fall war das kein Problem, weil das
CD-Bausteine Eleganz gefragt.« DRIVE quasi direkt um die Ecke der Agenturräume
Dementsprechend fallen die Pfeile im Brotzeit liegt. So gab es bei diesem Projekt überdurchschnitt-
sehr bunt aus, außerdem zeichnete Johanna Schu- lich viele persönliche Treffen und insgesamt einen
macher eine Reihe von Illustrationen, um das dor- sehr direkten, offenen Austausch mit viel Vertrauen
tige Angebot zu visualisieren. Im Zeitgeist tauchen auf beiden Seiten. Aber auch wenn der Kunde wei-
die Pfeile als verbindendes Element ebenfalls auf, ter weg zu Hause ist, stimmt Nusser gerne so viel
aber viel dezenter und eleganter. Als Schrift kommt wie möglich persönlich ab. »Die Erfahrung hat ge-
in beiden Restaurants TheSans zum Einsatz, im zeigt, dass Abstimmungen per E-Mail fast immer zu
Brotzeit tritt sie etwas fetter und in Stempeloptik irgendwelchen Missverständnissen führen. Für mich
auf. Im Zeitgeist geht es genau in die andere Rich- ein klares Indiz fürs In-die-Augen-Schauen.«
PAGE 07.16 075

Print und Web Hand in Hand Devise, und so geht der Grafiker, wenn es Sinn
Parallel zum gedruckten Erscheinungsbild und der macht, schon mal selbst zur Abstimmung mit dem
Kommunikation im Raum entstand die DRIVE Web- Kunden. Stille-Post-Effekte und Missverständnisse
site im Responsive Design mit großflächigen Bildern lassen sich so vermeiden. »Ich kam im Dezember
und Illustrationen. Zum digitalen Auftritt gehören 2014 zu Strichpunkt, und das DRIVE war mein erstes
zudem zwei Apps: In der einen können Besucher auf Projekt«, erzählt Johanna Schumacher. »Von An-
iPads im DRIVE Shop stöbern. Diese Modellauto-App fang an hatte ich recht viel Verantwortung, bin mit
informiert über die mehr als 500 Fahrzeuge aller Kon- zu Kundenterminen gegangen oder habe mit den
zernmarken. Wer will, kann das zugehörige Modell- Zulieferern zusammengearbeitet. Als es etwa beim
auto im Shop kaufen. Die andere App versorgt Mit- Leitsystem darum ging, wie und wo was angebracht
arbeiter des DRIVE mit relevanten Informationen werden soll, bin ich oft auf die Baustelle gefahren,
über die Marken des Volkswagen Konzerns. habe mir das vor Ort angeschaut und Entscheidun-
Das gesamte Digitalkonzept entstand bei Strich- gen dann mit dem Dienstleister, der das Leitsystem
Und wieder an einem
punkt, von der Struktur über die Wireframes bis zum Tisch: Grafikdesignerin
produziert, und mit dem Kunden abgestimmt.«
fertigen Layout. Damit ist klar: Als Corporate Desig- Johanna Schumacher Trotzdem machen natürlich nicht alle alles, Nils
ner bei Strichpunkt muss man in allen Medien zu (links), Art Director Nils Jaedicke kümmert sich darum, dass das Corporate
Hause sein. »Ideen müssen heute zwingend medien- Jaedicke und Creative Design medienübergreifend eingehalten wird und
übergreifend entstehen«, sagt Tobias Nusser. »Sie Director Tobias Nusser stringent bleibt. Auch stößt er einzelne Medien an
finden sich nachher auf so vielen Medien – vielleicht und entwickelt sie weiter. Tobias Nusser nimmt eher
auch auf welchen, an die man anfangs gar nicht dach- eine Helikopterperspektive ein, die auf das Thema
te oder die es zum Zeitpunkt der Gestaltung noch Kundengesamtentwicklung abzielt. Und Kreativ-
gar nicht gab – da ist die Medienneutralität der Idee bombe Johanna Schumacher feuert Ideen am lau-
ungemein wichtig.« Der Pfeil erfüllt dieses Kriterium, fenden Band heraus. Dazu kommen Kollegen aus
weil es bei ihm nicht auf ein bestimmtes Format an- den Bereichen Beratung, Strategie und Projektma-
kommt. Er lässt sich in fast allen Medien adaptieren. nagement. Aber in der Ausarbeitung des Corporate
Ohnehin macht man als Corporate Designer bei Designs, da sind sich die drei einig, sind sie im
Strichpunkt nicht nur und ausschließlich Corpo- Team alle etwa gleich nah dran.
rate Design, denn so scharf trennen lassen sich die
unterschiedlichen Bereiche gar nicht. »Wenn wir an Lebendige Marke
einer Marke arbeiten, schwappt natürlich ein Teil Das werden sie auch noch eine Weile bleiben, denn
des Jobs in andere Disziplinen: Kommunikation im das umfangreiche Projekt geht weiter: »Always beta«
Raum beispielsweise, Corporate Publishing oder ist ein Schlagwort, das ebenfalls für ein zeitgemä-
auch Produktkommunikation. Für das Ergebnis ist ßes Corporate Design Gültigkeit hat. Seit Kurzem
es besser und für den Gestalter spannender, wenn hat das DRIVE auch ein eigenes Printmagazin. »Mo-
man eine Marke aus unterschiedlichen Perspek- tor« liegt alle drei Monate, jeweils zu Beginn einer
tiven betreuen kann,« so Nusser. neuen Ausstellung, im DRIVE und an wichtigen
Hotspots in Berlin aus. Das Magazin beinhaltet
Alle an einem Tisch Inhalte der Ausstellungen, Veranstaltungen im
Auch nicht wirklich trennscharf ist bei Strichpunkt DRIVE und News der Volkswagen-Marken. Das
die Abgrenzung zwischen den einzelnen Aufgaben. Heft übersetzt das Corporate Design in eine zeitge-
Tobias Nusser, Nils Jaedicke und Johanna Schu- mäße Magazinsprache. »Hier können wir noch etwas
macher sitzen in einem Raum an einem sehr lan- freier sein, weil ›Motor‹ ja noch weniger ein offizi-
gen Tisch mit noch rund einem Dutzend weiterer elles Konzernmedium ist. Dementsprechend dürfen
Kreativer zusammen. »Wir arbeiten sehr eng und wir die Themen freier interpretieren und aufmerk-
integriert zusammen, scribbeln viel, kleben viel zu- samkeitsstärker auftreten, dem Medium Magazin
sammen und hängen extrem viel an den Wänden und seiner Aufgabe entsprechend«, so Nils Jaedicke.
auf – auch und gerade bei digitalen Projekten. Da- Die Marke DRIVE ist lebendig und entwickelt
nach überlegen wir gemeinsam und entwickeln sich ständig weiter. Sicher ein Grund für den Erfolg,
verschiedene Routen«, beschreibt Johanna Schu- das DRIVE wird gut angenommen. Für Strichpunkt
macher die Arbeitsweise des Teams. Der Vorteil des ist es eine schöne Chance und eine kreative Heraus-
langen Tischs: Man kann auch mal projektfremde forderung, so umfassend an der Marke arbeiten zu
Menschen um eine Einschätzung bitten. Die Erfah- können und dafür Sorge zu tragen, dass sie insge-
rung der Mitarbeiter hat gezeigt, dass allein vor samt stringent auftritt. »Wir haben«, sagen Tobias
sich hin zu gestalten normalerweise nicht zur be- Nusser, Nils Jaedicke und Johanna Schumacher ein-
sten Lösung führt. stimmig, »da richtig große Freude dran.« ant
Auch die Hierarchien sind im Arbeitsalltag recht
flach. Der Creative Director hat die Idee, der Art Direc-
Corporate Design und Leitsystem in Singapur.
tor sorgt dafür, dass es schön aussieht, und der Gra- So peppte Foreign Design Policy Group
fiker muss alles umsetzen – so funktioniert es bei einen Coworking Space auf – in PAGE 05.16
Strichpunkt nicht. Eigenverantwortung heißt die ↗  www.page-online.de/PEPA1605
076 PAGE 07.16 › PROJEKTE › Fundraising-Microsite

PROJEKT Fundraising-Microsite für das Hilfsprojekt


»New Baraka« ↗  https://new-baraka.com
KUNDE YOU Stiftung – Bildung für Kinder in Not,
Düsseldorf ↗  http://you-stiftung.de
AGENTUR denkwerk, Köln ↗  www.denkwerk.com
TECHNIK HTML5, CSS3, JavaScript, jQuery, GreenSock
GSAP, ScrollMagic
ZEITRAUM Dezember 2015 bis März 2016

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

● Noch während die Digitalagentur denkwerk an der


Website für die Düsseldorfer YOU Stiftung schraub-
te, kamen die Verantwortlichen mit einer weiteren
Aufgabe auf die Kreativen zu: eine Fundraising-Web-
site für das Hilfsprojekt »New Baraka« zu entwickeln.
Baraka ist ein Slum inmitten der senegalesischen
Hauptstadt Dakar an der Westküste Afrikas. Ziel der
Initiative ist es, die Lebensbedingungen der Bewoh-
ner nach dem Prinzip »Hilfe zur Selbsthilfe« zu ver-
bessern. Dazu sollten Spenden gesammelt und in
Elektrizität, Wasserversorgung, Sanitäranlagen so-
wie die medizinische Versorgung investiert werden.
Nachdem die Agentur in der Konzeptionsphase
kurz überlegt hatte, mit Videos und Fotos zu arbei- In ihre Einzelteile
ten, entschied sie sich, nicht auf eine der üblichen, zerlegt und mittels
JavaScript animiert:
mitleiderregenden Bildwelten zu setzen. »Wir woll-
die zauberhaften
ten lieber die Vision zeigen, wie die Menschen vor
Illustrationen von
Ort sich ihre Zukunft vorstellen, um das Positive zu Judy Kaufmann,
betonen und zu zeigen, was die Spender mit ihren die der User per Dreh
Beiträgen bewirken können«, erklärt Alina Schlaier, am Scrollrad
Kreativdirektorin bei denkwerk. zusammenfügt
PAGE 07.16 077

Digita le
m m e l -
Sa
Büchse
Mit lebendige
n Farben und
Kölner Digita charmanten,
lagentur den in JavaScript
kwerk eine Fu animierten Il
ndraising-We lustrationen
bsite für ein H schuf die
ilfsprojekt in
Afrika
078 PAGE 05.16 › PROJEKTE › Visual Customizer für Ruff Cycles

Oben: In einem Walltalk, bei


dem diverse Entwürfe der
Microsite an die Wand gehängt
wurden, diskutierte das
Team die unterschiedlichen
Gestaltungsansätze.
Unten: Anfangs experimen-
tierte denkwerk mit einem
reduzierten grafischen
Stil und sehr geometrischen
Icons. Das wirkte aber noch
zu wenig emotional. Mit der
Integration von Beispiel-
illus der Illustratorin Judy
Kaufmann näherte sich
das Team dann dem finalen
Stil der Website
PAGE 07.16 079

Flexibles Konzept
Eine erste Gestaltungsidee lautete, wie in der Städte-
bausimulation »Sim City« mit jedem gespendeten
Euro die Infrastruktur des entstehenden »New Bara-
ka« in einem virtuellen Abbild – als möglichst realisti-
sche Landkarte in 3D – wachsen zu lassen. Allerdings
lagen die konkreten Informationen, in welche Sach-
güter und Bauvorhaben welche Summen investiert
werden sollen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.
Da die Digitalexperten jedoch schon loslegen woll-
ten (und sollten), verwarf denkwerk diesen Ansatz
zugunsten eines Konzepts, dessen technische Um-
setzung sich unabhängig von der visuellen Gestal-
tung vorantreiben ließ.
Die Developer Ivan Modric und Kevin Johne kon- xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
zentrierten sich zunächst auf das zentrale Element
der Website, das Spendenmodul. Die Informations- »Wir haben
architektur legte das Team als Raster an, dessen Ka- lange nach
cheln illustrativ alle Objekte repräsentieren – vom einer
Samen über das Solarpanel bis zur Schule. Per Klick
Bildsprache
auf das jeweilige Motiv sollten die User unkom-
pliziert den gewünschten Betrag spenden können. gesucht,
Für die Abwicklung des Zahlungsvorgangs setzte die den
man auf die Payment-Software FundraisingBox, die User auch
die YOU Stiftung bereits mehrfach eingesetzt hatte.
Abgesehen davon hatte denkwerk bei diesem Pro-
emotional
bono-Projekt freie Hand. anspricht«
Das Developerteam setzte das Konzept um und Alina Schlaier,
lotete gemeinsam mit den Designern die visuellen Kreativdirektorin bei
Details aus: Soll die Kachel sich füllen wie eine Bade- denkwerk in Köln
wanne, in die gerade Wasser einläuft? Verbessert ein
Ladebalken die Usability? Oder sollen es doch lieber
Kreise sein? Und wie bindet man weiterführende In-
formationen zu den Spendenobjekten ein? Man ent-
schied sich hier für aufklappende Kacheln, die sich
nach einem von den beiden Programmierern ent-
wickelten Algorithmus verschieben.

Baraka aufbauen per Scrollrad


In den ersten Designs für »New Baraka« experimen-
tierte denkwerk mit einem reduzierten grafischen
Stil und geometrischen Icons. Die Kreativen empfan-
den dies jedoch als zu wenig emotional für das An-
liegen der Microsite. Daraufhin probierten sie es mit
Illustrationen – und allen war klar: Das ist der Weg!
Via Behance machte sich das Visual-Design-Team
auf Illustratorensuche und zog zunächst zehn Ge-
stalter in die engere Auswahl. »Unsere Vorstellung
war es, fröhliche, typisch afrikanische Farben und
Muster zu verwenden«, erzählt Alina Schlaier. Die Microsite als
Judy Kaufmann, eine Newcomerin aus Barcelona, Ganzes: Im oberen
überzeugte schließlich sowohl Agentur- als auch Stif- Drittel werden
tungsteam mit ihrem Stil, der sich an naiver Kunst die Animationen
orientiert (https://is.gd/JK_Behance). In mehreren abgespielt. In der
Mitte befindet
Skype-Konferenzen näherte man sich der Bildspra-
sich das Spenden-
che. »Da Judy ihre Grafiken von Hand zeichnet und
modul. Weiter-
erst anschließend mit Illustrator digital erstellt, ha- führende Links
ben die Illustrationen einen analogen Charme, las- erwarten den
sen sich aber zugleich hervorragend in den digitalen User im unteren
Workflow integrieren«, so Alina Schlaier. Drittel
080

Animationen
in Handarbeit
Kevin Johne und Ivan Modric
nutzten für ihre hüpfenden
Animationen JavaScript

Analog zur Infrastruktur vor Ort, wo die YOU Stif- Von links: Kreativdirektorin ● Wir haben uns für JavaScript-Animationen ent-
tung mit Spenden des Projekts »New Baraka« Schu- Alina Schlaier, Junior schieden, weil hüpfende Symbole und Figuren, wie
len, Kindergärten und Krankenhäuser finanziert, Projektmanager Daniel wir sie einsetzen wollten, in CSS mit ungleich mehr
Schwarzer, Senior
sollte auch auf der Website etwas entstehen, sollten Programmieraufwand verbunden sind. JavaScript-
Informationsarchitektin
sich die Illustrationen von Brunnen, Häusern oder Melanie Weißenborn
Animationen stehen in dem Ruf, weniger perfor-
Gärten aus Einzelteilen zusammensetzen, wenn der und Senior Artdirektorin mant zu sein als ihr CSS-Pendant – tatsächlich ist
Besucher – und potenzielle Spender – am Scrollrad Sima Niroumand es aber oft die freie JavaScript-Bibliothek jQuery,
seiner Maus dreht. die Animationen ausbremst. Wir haben zwei Ani-
Hierfür zerlegten die Motiondesigner bei denk- mationsframeworks eingesetzt, die mit ihren cleve-
werk jede von Judy Kaufmanns Illustrator-Grafiken ren Features unser Projekt erleichterten: GSAP für
in ihre einzelnen Ebenen und legten in After Effects die Animationen und ScrollMagic, um diese an die
die Vorlagen an, nach denen die Entwickler die Scrollpositionen des Nutzers zu koppeln.
Animationen in Code umsetzten (siehe rechts). Jede Den Bildcontainer im Viewport haben wir mit
dieser Animationen besteht aus circa zehn Bildern, transparenten PNGs bestückt. Für jede unserer hüp-
die nacheinander im sichtbaren Bereich des Brow- fenden Animationen haben wir den Container von
sers, im Viewport, abgespielt werden. Das Tempo der Hand neu im Viewport positioniert. Als Vorlage für
Animationen ist dabei an die Scrollgeschwindigkeit diese Bewegungen diente ein Adobe-After-Effects-
des Users gekoppelt. Dokument, in dem die Motiondesigner alle Anima-
tionen angelegt hatten.
Weder zu dröge noch zu flapsig
Ihre Grafiken machten die
Letztendlich erarbeitete sich das Team bei diesem »New Baraka«-Microsite ScrollMagic-Container generieren
Projekt auch noch interkulturelle Kompetenz: So lebendig: Illustratorin Judy

1
gilt beispielsweise die Farbe Lila in bestimmten Re- Kaufmann aus Barcelona Als erste Instanz erzeugten wir einen Scroll-
gionen Afrikas als Farbe der Trauer, also tauschte Magic-Container, dessen Einstellungen auf
man sie aus. Sensibilität war auch auf Texterseite jede Szene angewendet werden. Als »Szene«
gefragt. Schließlich sollte der Ansatz des Projekts – bezeichnet man die Funktion, eine Aktion, in diesem
Hilfe zur Selbsthilfe – weder zu dröge noch zu flap- Fall eine Animation, abhängig von der Scrollposi-
sig rüberkommen. Die richtige Erzählperspektive zu tion auszuführen. Die Dauer einer Szene (duration)
finden, erwies sich als weitere Herausforderung: »Als definiert man in Pixeln.
jemand, der aus einem anderen Kulturkreis stammt,
einen Afrikaner aus der Ich-Perspektive sprechen zu var duration = 1000;
var container = new ScrollMagic.Controller({
lassen, erschien uns anmaßend«, erläutert Sammy
globalSceneOptions: {
Haddad, Senior Texter bei denkwerk.
duration: duration
Das Konzept, mit afrikanischen Motiven, leben-
}
digen Farben und hüpfenden Animationen aus ei-
});
ner sachlichen Angelegenheit wie dem Fundraising
eine Website zu zaubern, die auch einen Joy of Use
verspricht, scheint aufzugehen: Binnen sechs Wo- Animationen erstellen
chen spielte der Klingelbeutel über 1 Million Euro für

2
das Hilfsprojekt ein – und es wird noch bis Ende des Der Bildcontainer hat seinen Koordinaten-
Jahres weitergesammelt. Keine Frage also, dass Auf- ursprung ungefähr in der Mitte des Browser-
traggeber und Agentur mit dem gestalterischen wie fensters. Auf die y-Achse dieses imaginären
mit dem finanziellen Ergebnis zufrieden sind. as Koordinatenkreuzes (siehe Abbildung rechts oben)
beziehen sich alle Positionsangaben. Jedes Bild er-
scheint zunächst unterhalb seines Ursprungs und
PAGE eDossier »Microinteractions: Animationen
und Transitions«. Oft sind es die Details, die
bewegt sich Schritt für Schritt nach oben und bleibt
Apps und Website besonders machen – mehr für eine Weile in der Mitte des Viewports stehen, bis
dazu ↗  www.page-online.de/PDDP1091 es aus dem Browserfenster verschwindet:
PAGE 07.16 081

In der Mitte jedes


Bildcontainers befindet
sich sein Koordinaten-
urspung. Für die hüpfenden
Animationen positionier-
ten die Entwickler die
Grafiken von Hand entlang
der y-Achse

var img = document.getElementById("fountain-image"); .setTween(frame3.play())


var frame1 = new TimelineLite() .addTo(container);
.pause() x += duration; // x = 3500
.fromTo(img, 0, {opacity:0, y:0}, {opacity:1, y:200}); new ScrollMagic.Scene({
var frame2 = new TimelineLite() offset: x
.pause() })
.fromTo(img, 0, {y:200}, {y:0}); .setTween(frame4.play())
var frame3 = new TimelineLite() .addTo(container);
Kevin Johne und Ivan
.pause() Modric, Webentwickler
.fromTo(img, 0, {y:0 }, {y:-200}); Da wir die Animationen angehalten haben, müssen bei denkwerk in Köln, sind
var frame4 = new TimelineLite() wir sie bei der Übergabe an die Szene wieder mit dem nach diesem Projekt über-
.pause() zeugt: JavaScript-Anima-
Befehl .play() starten. So entsteht für den User der
.fromTo(img, 0, {opacity:1, y:-200}, {opacity: 0, y:0}); tionen können in Sachen
Eindruck, dass sich die Motive aus Einzelteilen zu- Performance mit CSS
sammensetzen und kurz im Zentrum des Viewports mithalten – mindestens.
In den geschweiften Klammern stehen jeweils die weiterlaufen, um dann erneut in ihre Einzelteile zu Wenn man’s richtig
Positionswerte eines Animationsschritts. Für die zerspringen. Kevin Johne & Ivan Modric (as) macht, versteht sich :)
Dauer haben wir den Wert auf 0 gesetzt, da diese
nicht an ein Zeitintervall, sondern an den Input
des Scrollevents gebunden sein soll (siehe Step 3).
GSAP-Animationen mit dem Wert 0 spielt der Brow-
ser jedoch sofort ab, deshalb wird die Timeline, also
die Abfolge der Animationen, jeweils mit dem Be-
fehl .pause() angehalten.

Animationen an die
Scrollposition binden

3
Die Animationen koppeln wir nun jeweils
an eine Scrollposition. Diese definiert man
vertikal von oben nach unten in Pixeln. In
Step 1 hatten wir bereits für jede Szene Schritte von
1000 Pixeln angelegt.

var x = 500;
new ScrollMagic.Scene({
offset: x // im Container global als 1000 (in px) definiert
})
.setTween(frame1.play()).addTo(container); Von oben: Die einzelnen
// der ScrollMagic-Container, zu dem die Animation gehört PNGs laufen auf der
x += duration; // x = 1500 y-Achse vertikal durchs
new ScrollMagic.Scene({ Browserfenster. Die erste
offset: x Position nehmen sie
}) unterhalb ihres mittigen
.setTween(frame2.play()) Koordinatenursprungs
ein. Nachdem an diesem
.addTo(container);
ein Teil der Animation
x += duration; // x = 2500
abgespielt wird, verlassen
new ScrollMagic.Scene({
die Bilder den Viewport
offset: x
über weitere Stationen
}) nach oben
082 PAGE 07.16 › PROJEKTE

Nachwuchs
Spannende Projekte aus Hochschule, Agentur und Forschung

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Ein E-Book-Manuskript (»Spam


Poetry«), drei völlig verschiedene
Umsetzungen – analog und
digital: oben und oben rechts von
Johannes Schmoll, links von
Katharina Schwarz, die beiden
unteren von Miro Denck
PAGE 07.16 083

Bücher, Bücher,
Bücher – sowohl
gedruckt als
auch digital –
beschäftigten die
Studierenden
des »Typografie
Aufbau«-Kurses » Staatlich anerkannte, mehrfach ausgezeichnete
Aufstiegsqualifizierung beim Marktführer
Was ist ein Buch? » 18 Monate berufsbegleitend
www.medienfachwirt.com
● UdK Berlin. Vom Digitalen zum Papier
und zurück ins Digitale gingen elf De-
signstudenten im »Typografie Aufbau«-
Kurs bei Jenny Baese. Zusammen mit der Sie sind Journalist?
Berliner Gestalterin und E-Book-Expertin
Andrea Nienhaus nahmen sie sich die Ma- Profi tieren Sie von
hervorragendem Service,
nuskripte der bei mikrotext erschienenen
Fachinformationen,
E-Books »Spam Poetry« und »Das Elster- qualifi zierter Beratung,
Experiment« vor und machten daraus ge- Presseausweis,
druckte Fassungen. Das so materialisierte wirksamem Engagement,
Medienversorgung und
Konzept übertrugen sie dann wiederum in zahlreichen weiteren
EPUB-Dateien, manchmal recht dicht an Leistungen.
der Vorlage, manchmal weit von ihr ent- Die Journalistenverbände
fernt. »In unseren Diskussionen zur Ge- informieren Sie gerne:

staltung ging es vor allem darum, was sich Journalistenzentrum info@journalistenverbaende.de


vom konzeptionellen Ansatz der Print- Deutschland Tel. 040 / 8 99 77 99 www.journalistenverbaende.de
fassung übertragen lässt. So fanden wir
heraus, wo die Grenzen des jeweiligen Me-
diums liegen«, berichtet Jenny Baese, Do-
zentin im Studiengang Visuelle Kommu-
nikation (http://is.gd/udk_VK).
Damit nicht genug, beschäftigten sich
Studenten aufgepasst!
die Studierenden auch noch mit dem visu-
ellen Auftritt des von der Electric Book Fair
Für euch gibt’s 6 cm
im Juni veranstalteten E-Book Festivals
(http://2016.electricbookfair.de). Sie ge-
umsonst!
stalteten Keyvisuals und setzten sie in ver-
schiedenen Anwendungen ein. Die Festi-
valorganisatoren entschieden sich für den
Entwurf von Ismaël Sanou. Der spielt da-
mit, dass sich die Wortmarke aus System-
schriften, auf E-Readern installiertem Ty-
pen sowie Klassikern aus der Geschichte
des Buchdrucks zusammensetzt, die stän-
dig ihre Positionen tauschen und so ein
immer wieder neues Schriftbild generie-
ren. Schön, wenn studentische Arbeiten
den Weg ins echte Leben finden. ant

Unser PAGE eDossier »Design-


studium« mit Tipps zu Eignungs-
prüfung und Bewerbungsmappe
gibt es zum Download unter 
↗ www.page-online.de/PDDP1021  

Diplomarbeiten, Abschlussprojekte &


PAGE zum Studententarif gibt’s unter
Werkschauen. Mehr zum Nachwuchs
www.page-online.de/shop/studenten-abo
auf  ↗ www.page-online.de/
werkschauen  und  ↗ www.page-
online.de/aus-den-hochschulen  
084 PAGE 07.16 › PROJEKTE › Nachwuchs

Wie Kuba selbst ist das


Buch zunächst verschlossen,
erst mit dem Aufreißen
des Papierumschlags lässt
sich ein Blick in die fremde
Welt werfen

Cuba Libre
● Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. nähert sich in 22 Interviews sowie mit zahlreichen
Nach Jahrzehnten der Abschottung öffnet sich Kuba Fotos dem alltäglichen Leben.
langsam nicht nur dem einstigen Erzfeind USA, son- Ihr Gestaltungskonzept beschwört den Geist Ha-
dern auch dem Rest der Welt. Doch was wissen wir vannas herauf – einer lauten, farbigen, chaotischen
Heidy Fernández Castillo eigentlich über das Land? Die meisten von uns ha- Stadt, die alles andere als minimalistisch ist. Die
arbeitete acht Monate ben wohl Bilder von Zigarren, Rum, Musik und Old- Schriften sind – bis auf eine – von kubanischen Ge-
intensiv an der Umset- timern im Kopf. Das wahre Leben der Kubaner sieht staltern entworfen und geben dem Buch einen star-
zung ihres Buchs heute natürlich anders aus. Und genau das will Heidy ken Charakter. Per Zufall ausgewählte Farbpapiere
Fernández Castillo im Buch »Kuba ist tot, es lebe machen aus jedem Exemplar ein Unikat. Ein fulmi-
Kuba!«, ihrer Masterarbeit im Studiengang Editorial nantes Werk mit Persönlichkeit und überraschenden
Design ( http://is.gd/HAL_Editorial ), zeigen. Sie be- Einblicken, das hoffentlich bald zu kaufen ist. Mehr
richtet über die Geschichte ihres Heimatlandes und Bilder unter www.page-online.de/es-lebe-kuba. nik

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BTK – Hochschule für Gestaltung, Berlin. Alle reden


über Smart Objects und das Internet of Things, aber nur
wenige wissen, wie man dafür und damit gestalten kann.
Das will Marie Combes ändern und entwickelte mit ihrer
Marie Combes will mit
ihrer Open-Source-
Bachelorarbeit im Studiengang Kommunikationsde-
Plattform Data Machina sign (http://is.gd/BTK_Design) ein Konzept für die Open-
Designer befähigen,
echte Bedürfnisse und Source-Plattform Data Machina, eine Art »GitHub for
Probleme mit smarter
Technologie zu lösen
smart things«. Dabei orientierte sie sich am Design-Thin-
king-Prozess: Nach einer intensiven Recherche und theo-
retischen Auseinandersetzung mit Fragen rund um Big Data befragte sie po-
tenzielle Nutzer, erstellte Personas und Empathy Maps, um schließlich zu
einem Minimum Viable Product samt Corporate Design zu gelangen. Ihren
in InVision erstellten Prototyp will Marie Combes im Masterstudium ausbau-
en und optimieren, um ihn tatsächlich an den Start zu bringen. Unter http://
is.gd/Combes_Data kann man sich durch die Anwendung klicken. nik
086 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Wie Illustratoren arbeiten

WERKZEUG

Johanna Benz begleitet einen Kongress


im Freiburger Theater mit ihren Skizzen –
die beim Zeichnen live projiziert werden
PAGE 07.16 087

Über die
Schulter
geschaut
So entstehen tolle Illustrationen! Wir haben drei von
Stil und Technik ganz verschiedene Zeichner gebeten,
uns die Geheimnisse ihrer Arbeitsweise zu verraten

Live mit dem Zeichenstift dabei


Wie Johanna Benz in Sekundenschnelle Beobachtungen auf den Punkt bringt

● Sechs Jahre ist es inzwischen her, dass »Anders als in den USA, wo man große kongress in Freiburg oder einem Workshop
eine unbekannte Mitreisende sie im Zug Mindmaps auf einer Wand erstellt, über- der Wirtschaftsförderung Bremen.
zeichnen sah und ihr beim Aussteigen ei- setzen wir Inhalte in Zeichnungen oder Car- »Im Übersetzungsprozess von Redner
nen großen Zeitungsartikel über Graphic toons«, erklärt Johanna Benz. »Das Klein- zu Zeichnung bleiben oft nur Sekunden von
Recording daließ. Damals studierte Johan- format erlaubt spontanes und mobiles Skiz- einem Input zum nächsten, von einer Skiz-
na Benz noch in Leipzig, heute begleitet zieren vor Ort. An einem Tag können auf ze zur nächsten. Ich notiere mir die kna-
sie selbst Tagungen, Kulturveranstaltungen diese Weise 80 bis 100 Bilder entstehen, die ckigsten Infos, achte aber auch auf Situa-
oder Performances mit schnellen, oft sehr sofort ausgestellt oder projiziert, aber auch tionskomik und absurdes Vokabular, die
witzigen Zeichnungen. Dafür entwickelte nachträglich an alle Teilnehmer versandt jede Fachtagung zu bieten hat.« Danach
sie mit ihrer Kommilitonin Tiziana Jill Beck werden.« So geschehen zum Beispiel bei ei- geht es grafisch, geometrisch, linear mit
eine eigene Form des Graphic Recording: ner Luther-Tagung in Berlin, einem Theater- schwarzer Linie und simplem, »fratzen-
088 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Wie Illustratoren arbeiten

haftem« Personal zur Sache. »Im Säch-


sischen würde man diesen Stil ›schrutzig‹
nennen, was ungefähr ›flüchtig‹, ›müllig‹,
Geniale Graphic-Recording-Schnellschüsse,
›schnell hingeschrubbt‹ bedeutet.« links oben eine Seite aus Johanna Benz’
Während dabei Fineliner oder edding preisgekröntem Kinderbuch »Pacho Rada«
zum Einsatz kommen, nutzt sie bei Illustra-
tionen für Magazine oder Bücher Buntstif-
te (am liebsten Prismacolor oder Polychro-
mos) sowie schwarze und farbige Tuschen
von Rohrer & Klingner. Die gescannten
Zeichnungen bearbeitet sie in Photoshop
mit einem Wacom-Tablet. So improvisiert
der Look erscheint – es steckt viel Aufwand
dahinter. Was auch die Jury auf der welt-
weit führenden Bologna Children’s Book
Fair überzeugte. Sie zeichnete gerade Jo-
hanna Benz’ Kinderbuch über den kolum-
bianischen Akkordeonspieler Pacho Rada
als beste Erstveröffentlichung aus.
↗ www.johannabenz.de
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090 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Wie Illustratoren arbeiten

Die ganze Entstehung dieses


exquisiten Covers lässt sich
hier zurückverfolgen, inklusive
aller Tücken. So drohten am
Ende im Druck die sehr ähnli-
chen dunklen Farben unten
im Bild zuzulaufen. Illustrator
Florian Bayer versuchte noch,
die Blautöne etwas zu tren-
nen – dann machte vor allem
die Litho einen tollen Job

Analoge Looks, digital gemixt


Wie Florian Bayer Radierung, Holzschnitt und Tuschezeichnung in einem Bild verbindet

● Wohl wenige Bilder fassten jüngst das heraus: eine Familie mit ihren Einkäufen
Thema Integration so unaufgeregt und da- und ein Mann im Café, der scheinbar ge-
bei doch so vielschichtig zusammen wie schützt nach draußen schaut, aber doch
diese Arbeit von Florian Bayer. Es war nicht auch selbst im Glaskasten sitzt. Dazu kam
die erste Coverillustration für das Magazin der Heinrichplatz in Kreuzberg, der der
der »Süddeutschen Zeitung«, die er im Auf- ruhigen Statik des von waagerechten und
trag von Artdirektor Thomas Kartsolis an- senkrechten Linien dominierten Motivs
fertigte. »Am Telefon erzählte Thomas mir durch seine Fluchtlinien genau die richti-
zunächst, dass er sich eine Alltagsszene in ge Portion Dynamik gab.
Berlin vorstellt«, berichtet Florian Bayer. Jetzt konnte es an die Realisation gehen.
»Migration sollte eine Rolle spielen, aber In seiner Arbeit verbindet Bayer digital den
wir wollten beide keine zugespitzte Szene, Look analoger Techniken, die auf Papier
sondern eher eine Beiläufigkeit im Sinne kaum zusammenfinden könnten: japani-
einer ›angekommenen‹ Einwanderung, scher Holzschnitt einerseits, Kaltnadelra-
die einfach dazugehört.« dierungen mit zahlreichen dünnen Schraf-
Wie dann das Motiv entstand? Bayer be- furen andererseits, dazu Tuschezeichnung
zeichnet seinen Stil als naturalistisch, in- mit Feder und Pinsel. »Bei der Radierung
spiriert von Reportagefotografie, aber ver- zeichnet man mit der Nadel, was gedruckt
knüpft mit Narrationstechniken aus Comic wird, beim Holzschnitt mit dem Messer
und Bilderbuchillustration. »Am liebsten xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx das, was nicht gedruckt wird. Ich wechsle
bin ich selber an den Orten gewesen und ständig zwischen positiven und negativen
habe die Menschen getroffen, die in mei- Die Lieblings-Tools von Florian Bayer Formen hin und her, das macht meinem
nen Bildern eine Rolle spielen.« Also radel- digital Wacom Cintiq Companion, Photoshop, Hirn irgendwie Spaß und geht digital ja
te Florian Bayer einen lang Tag durch Ber- selbst gemachte Werkzeugspitzen sowie solche völlig problemlos. Und ich kann die Schraf-
lin, ließ Orte auf sich wirken, notierte und von Kyle T. Webster furen mit schwungvollem Pinselduktus
skizzierte Beobachtungen, die er später im analog Pentel Color Brush, dünne Füllfeder- kombinieren, was bei Holzdruck und Ra-
halter wie der Platinum Carbon Pen, Pilot-
Studio überarbeitete und ergänzte. dierung kompliziert ist.« Kurz, eine meis-
Kugelschreiber BPS, Muji 0.38 mm Gel Ink Pen,
Aus Scans vom Skizzenbuch, die bald bei terhafte digitale Weiterentwicklung ana-
edding 950 industry painter, Liquitex Ink
Thomas Kartsolis an der Pinnwand hingen, loger Techniken.
kristallisierte sich die Gesamtkomposition ↗  www.florianbayer.com
PAGE 07.16 091

Mails von Thomas Kartsolis,


Artdirektor des »SZ«-
Magazins, an Illustrator
Florian Bayer


+DOOR)ORULDQ,FKKDEHHLQHQVHKU
VFK|QHQ$XIWUDJIU'LFK(VJHKWXP
GLH*HVWDOWXQJHLQHV6=0DJD]LQ
&RYHUVZLUYHU|IIHQWOLFKHQLQ+HIW
HLQHQª5RXQGWDEOH©DOVRHLQPRGH
ULHUWHV*HVSUlFKYRQ]HKQ/HXWHQ
YHUVFKLHGHQHU1DWLRQHQGLHLQ'HXWVFK
ODQGOHEHQ'LH)RWRVGHV*HVSUlFKV
KDEHQZLUVFKRQVLHVLQGDEHUQLFKW
FRYHUWDXJOLFK
,FKKlWWHDEHUHLQHVLPSOHXQGVFK|QH
,GHH9LHOOHLFKWKDVWGX=HLW1DWUOLFK
LVWDOOHVVFKRQVHKUNQDSSZLUKDEHQ
QXUQRFK]ZHL:RFKHQ=HLW$P0RQWDJ
EHVSUHFKHLFKGDV+HIWGDVHUVWH0DO
PLWGHU&KHIUHGDNWLRQ
:DVVDJVWGX"0HOGHGLFKGRFKVFKQHOO
*U‰H
7KRPDV
Scribbles aus dem Skizzenbuch von Florian
Bayer an der Pinnwand in der Artdirektion 
des »SZ«-Magazins . . . Die Redaktion entschied +DOOR)ORULDQKLHUGHU7H[W*HUDGH
sich für die Komposition rechts DXFKPLWGHQEHLGHQ&KHIUHGDNWHXUHQ
JHUHGHW0LFKDHOXQG7LPP¿QGHQ
XQVHUH,GHHJXWHLQH$OOWDJVVLWXDWLRQ
DXVGHP/HEHQYRQ$XVOlQGHUQLQ
'HXWVFKODQG]X]HLJHQ


+DOOR)ORULDQZLHOlXIWHV"0HLQVW'X
'XNDQQVWVRJHJHQVSlWHVWHQV
HWZDVVFKLFNHQ"0XVVXPGUHL8KU
LQHLQ0HHWLQJXQGZROOWH'HLQH$UEHLW
GRUW]HLJHQ
*U‰HW


$OOHVJXW:LUPDFKHQGLH6]HQH
6WUD‰HPLW)DPLOLHYRQKLQWHQKDW
Jetzt schickte der Illustrator
DOOHQJXWJHIDOOHQ$XVEOLFNDXV&DIp
»SZ«-Magazin-Artdirektor
DXFK,FKPHOGHPLFKJOHLFK+DEH
Thomas Kartsolis einen sehr QRFK.RQIHUHQ]ELV*U‰HW
viel detaillierteren Entwurf
und entwickelte die Beleuch- 
tung sowie die Farbpalette 6LHKWWROODXV.ODVVH$OVRGLH/LWKR
ELWWHWQXQ±IDOOVHVJHKW±LPGXQNOHQ
%HUHLFKGLHGXQNOHUHQ%ODXW|QH
1XDQFHQQRFKHWZDVGHXWOLFKHUYRQHL
QDQGHUDE]XKHEHQ.DQQVRQVWVHLQ
GDVVHVEHLXQVHUHP3UR¿OXQG'UXFN
]XVHKU]XOlXIW6RRGHUVR(VWKHU
XQVHUH/LWKR0LWDUEHLWHULQLVWWRS
VLHEHNRPPWGDVVLFKHURSWLPDOKLQ
*U‰HW
Bei der Ausarbeitung der Schwarzweiß-
zeichnung, dem sogenannten Inking,

unterteilt Bayer diese schon in sinn-
/LWKRVFKUHLEWJHUDGHDOOHVJXW
volle Ebenen, um in ausgewählten Bild-
6RJHKW¶V
bereichen dem Weiß oder Schwarz
entsprechende Farben zuzuweisen
092 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Wie Illustratoren arbeiten
Fritzi Stuke experimentiert
gerade gern damit, Unschärfen
mit Vektoren darzustellen

Eine Designerin als Illustratorin


Wie Fritzi Stuke sich mit Vektorillustrationen ihren ganz persönlichen Stil schafft

Stil. Außerdem kann ich superschnell auf ßen Spaß, weil das Auge fast verrückt wird
neue Motivwünsche oder Feintunings rea- beim Versuch zu erkennen, wieso das über-
gieren. Als Grafikdesignerin denke ich halt haupt unscharf wirkt.«
immer automatisch daran, was jemand mit Andere Arbeiten sind von Bildern inspi-
meiner Illustration anfangen will, sehe riert, die sie mit Acryl auf der Rückseite gro-
gleich seine Anforderungen und den Kon- ßer Stücke von Pappkartons malt. »Meine
text vor mir.« Um noch ein besseres Gefühl Art von Recycling – und ein schöner Weg,
für Bildausschnitte zu bekommen, baut sie die Geschichte eines eigentlich ausgedien-
sich sogar manchmal selbst Layouts und ten Kartons weiterzuerzählen.« Die Um-
spiegelt das Bild ein – ein Überbleibsel aus setzung findet dann aber immer komplett
ihrer Arbeit als Grafikerin. am Computer statt. Vektoren sind nun mal
Diese kundenorientierte Arbeitsweise Fritzi Stukes Leidenschaft.
dürfte alles andere als hinderlich sein für ↗  www.kombinatrotweiss.de/
ihre neue Illustratorenkarriere, bei der sie illustration/fritzi-stuke
inzwischen von der renommierten Reprä-
sentanz kombinatrotweiss aus Frankfurt
unterstützt wird. Zumal Fritzi Stuke einen PAGE Story »Urban Sketching«.
unverwechselbaren Look mit zarten Linien Mehr über die neue Liebe zu
pflegt, die »mal eine gewisse Strenge aus- Stift und Pinsel unter Kreativen
strahlen, mal als Krickellinien das Bild auf- lesen Sie in PAGE 04.16 ↗ www.
● Dass Fritzi Stuke meist ihre Ideen ohne lockern oder – nicht als exakte Outlines ge- page-online.de/PEPA1604

Umwege am Rechner mit Wacom-Tablet setzt – eine gewisse Dreidimensionalität


und Illustrator umsetzt, hat wohl mit ihrem und Dynamik in die Illustrationen bringen.« PAGE eDossier »Grafiktabletts
Werdegang zu tun. Die Gestalterin, die ei- Zu sehen etwa bei den Rennwagen, für für unterwegs«. Ratgeber mit
Praxistests zu iPad Pro, Cintiq
gentlich Johanna Friederike Geeske Stuke die es Fotos als Vorlagen gab: »Meist hat der
Companion & Co ↗ www.
heißt, studierte Grafikdesign in Münster Redakteur ein Bild im Kopf, aber manchmal page-online.de/PDDP1086
und wurde durchs Geldverdienen in der ist es zu konkret oder eben nicht so, wie
Werbung jahrelang – wie sie schmunzelnd man es braucht. Hier habe ich daraus eine
PAGE Seminar »Bildrecht«.
sagt – »vom Profi-Illustratoren-Geschäft ganz besondere Stimmung geschaffen und
Was Bildurheber und Bildnutzer
abgehalten«. Inzwischen ist für sie aller- mal gezeigt, wie schön sich Bewegungsun- in Zeiten von Facebook & Co
dings klar, dass ihre Zukunft in der Vektor- schärfe auch in Illustrationen macht. An il- wissen müssen ↗ www.page-
illustration liegt: »Das ist eindeutig mein lustrierter Unschärfe habe ich gerade gro- online.de/seminar-bildrecht
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Die
PAGE ✗ Swipe
Academy

Mobile as
a Service
Workflow, Tools,
Hacks

Über Swipe Das Seminar »Mobile as a Service«


● Das in Hamburg ansässige, international tätige ● Briefings à la »Wir brauchen eine App« gehören der Vergangenheit an:
Digitalstudio Swipe ist eines der renommiertes- Mobile ist keine Insellösung, sondern ist eingebettet in ein Ökosystem
ten Deutschlands. Es entwickelt Markenerlebnis- verschiedenster Maßnahmen. Eine ganz neue Komplexität will gemeistert
se für mobile Devices und erforscht dabei inno- sein. Einerseits sollen mehr und mehr Inhalte zur Verfügung stehen, anderer-
vative Wege, die sich Marken durch die direkte seits haben die Nutzer immer weniger Aufmerksamkeit und erwarten
Nähe zu ihren Zielgruppen bieten. Zu seinen komfortable Interfaces, wie von Apple, Google, Facebook & Co etabliert.
Kunden zählen etwa »The Red Bulletin«, »brand
eins«, »Spiegel« und BMW. In unserem Seminar Gleichzeitig stellt neben der steigenden Zahl der Technologien, Devices
erleben Sie Sven Schmiede, Co-Gründer und und Stakeholder auch die zunehmend standortübergreifende Entwicklung
Geschäftsführer von Swipe, sowie Alexander neue Anforderungen an Organisation und Effizienz. Designer benötigen
Meinhardt, der als Head of Design die visuelle über die Basics in UX und Code hinaus ein immer breiteres Know-how in
Ausprägung des Studios verantwortet. Sachen Service Design, Strategie, Marketing und Technik. Im besten Fall
sind sie so flexibel, responsiv und fluid wie die Anwendungen selbst.

Die Agenda Wie also können wir Komplexität vereinfachen und Prozesse schlank halten?
Wie konzipiert man dynamische modulare Systeme (ohne den Inhalt zu
A Mobile as a Service kennen)? Wie erklären wir Design und verdeutlichen den Nutzen moderner
Markttrends, Herausforderungen und UX? Wie behält man im Service-Zeitalter ein hohes gestalterisches Niveau?
Erfahrungswerte Wie gestaltet man die Schnittstelle zwischen Design und Development?
Wie bilden wir uns fortwährend weiter und bleiben auf der Höhe der Zeit?
B Der Swipe-Workflow – vom Briefing bis
zum fertigen Produkt Profitieren auch Sie von dem immensen Erfahrungsschatz eines der avancier-
• Strategie: Analyse der Aufgabe testen Digitalstudios Deutschlands. Swipe-Chef Sven Schmiede und Head
• Prozesse: Wer macht was und wann? of Design Alexander Meinhardt gewähren offenherzig Einblick in ihren Arbeits-
• Kreation: Anspruch, Methodik, Leidenschaft alltag. Sie lassen Sie teilhaben an ihren Erfahrungen und zeigen die bewährten
Workflows ihres interdisziplinären Teams auf. Der Workshop wendet sich an
C Hands-on: Prototyping Print- und Webdesigner, Konzepter, Programmierer in Agentur und Unter-
• Wie arbeitet Swipe? Einblicke in den Proto- nehmen – kurzum an alle Auftraggeber und Auftragnehmer nutzerzentierter
typing-Dschungel und die verschiedenen digitaler Markenerlebnisse.
Tools anhand von konkreten Beispielen
• Tools & Hacks: Wie arbeiten die Gewerke Das eintägige Seminar mit Swipe findet am 30. September
nahtlos zusammen und mit welchen Hacks in den Design Offices Hamburg Domplatz von 9:00 bis 17:30 Uhr statt. Die
überwindet man Hindernisse Teilnahmegebühr von 748 Euro (zzgl. gesetzl. MwSt.) umfasst Tagungskosten,
Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen limitiert.
D The Art of Selling Design Also schnell anmelden unter  www.page-online.de/seminar . 
Wie bekommt man möglichst verlustfrei
einen Haken hinters Design? PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co KG // info@page-online.de //
Telefon: +49 40 85183400 //  www.page-online.de/seminar
E Learnings für Gestalter Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in
»Everyday I’m Hustlin’« oder warum man der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen.
keine Angst vorm Umstieg haben muss Bitte beachten Sie unsere Widerrufsbelehrung auf der Leserservice-Seite (siehe Inhaltsverzeichnis).
094 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Prototyping

Prototyping –
aber richtig
Skizzen, Wireframes, Designentwürfe, High-Resolution-Visuals: Für die Ent-
wicklung interaktiver Anwendungen sind Prototypen unverzichtbar. Wir erklären
die Unterschiede und sagen, welcher Typ sich für welche Aufgabe eignet
PAGE 07.16 095

Indem man mehrere


Papierprototypen zu
einem Storyboard
kombiniert, lässt sich das
Verhalten eines digitalen
Interfaces darstellen

● In der Entwicklung digitaler Produkte führt kein tation, als HTML-Entwurf (mit einem der erwähn-
Weg an Prototypen vorbei. Ihr Ziel und Zweck ist es, ten Prototypingtools) oder als Grafik erstellen. So
eine grafische Repräsentanz für Ideen, Funktionen kann man sich zum Beispiel mittels Photoshop dem
und Inhalte entstehen zu lassen, um Feedback ein- angestrebten Visual Design nähern. Sollen Website
zuholen und das Produkt zu verbessern. Die größte oder App animiert sein, demonstrieren Videodum-
Herausforderung im Interactive Design birgt meist mys, etwa in der Animationssoft ware After Effects,
das Interface: Userfreundlich sollte es sein, intuitiv, sowohl dem Kunden wie auch dem Programmierer
am besten selbsterklärend (siehe auch unseren Ar- konkret, wo die Reise hingehen soll.
tikel »Dos & Don’ts im UX Design«, Seite 38 ff.).
Der Entwicklungsprozess wirft permanent Fra- Teamgespräche und Konzepttests
gen auf, die es mittels Prototyping zu klären gilt: brauchen kein Bling-Bling
Welche Elemente nimmt der User wahr? Wie rea- Ganz so schematisch und linear läuft der Prozess in
giert ein Objekt auf ihn und nach welcher Logik das der Praxis dann allerdings nicht ab, denn welche Art
gesamte System? Ist diese Logik für den User nach- von Prototyp jeweils am besten geeignet ist, hängt
vollziehbar? Macht die Bedienung Spaß oder lang-
weilt sie, frustriert sie ihn sogar? Prototypen helfen,
realistische Antworten auf Basis von Erfahrungs-
werten zu finden, um auf diese Weise die beste De-
Prototypen & Prototypingtools
signentscheidung zu treffen. Was passt zu welcher Projektphase?
Aber welche Art von Prototyp eignet sich für wel-
che Phase eines Interactive-Projekts? Was macht ihn Low-Fidelity
aus? Sollte er möglichst ausgearbeitet daherkommen Funktion Mit Scribbles und groben Wireframes kann man
oder reicht eine simple, schnelle Ausführung? Sind unkompliziert und schnell Feedback zu neuen Interface-
einfache Prototypen womöglich überholt, wo man Ideen einholen und in agilen Kreationsprozessen experimen-
doch auch mit dem richtigen Tool schnell interak- tieren. Für externe Testings helfen konkretere Formen.
tive Prototypen zusammenklicken kann? Ist es nun Ausarbeitungsgrad Einfache Entwürfe ohne Anspruch
der Designer, der Entwickler oder der UX-Experte, auf Vollständigkeit und grafische Verbindlichkeit, die sich
der sich um ihre Anfertigung kümmert? schnell ändern und ergänzen lassen.
Tools Stift und Papier, Flinto ↗  www.flinto.com ; Marvel
Testen mit allen Mitteln von ↗  https://marvelapp.com ; Proto.io ↗  https://proto.io  
Low- bis High-Fidelity
High-Fidelity
Prototypen zeichnen sich in Bezug auf Aussehen und
Funktion Bei Hi-Fi-Prototypen handelt es sich um detail-
Funktionen durch einen unterschiedlichen Grad an
lierte Designentwürfe, um interaktive Klickdummys mit
Wiedergabetreue (Fidelity) aus. Für die ersten Ent-
ausgereiftem Design und um Videos mit Grafikanimationen
würfe genügen meist Handskizzen oder Scribbles.
oder Screencasts. Sie eignen sich, um vor Investoren
In diese Kategorie des Lo-Fi-Prototypings fallen auch
oder Kunden zu präsentieren – inklusive Look-and-feel des
die noch recht grob gehaltenen, meist schon digital
digitalen Services oder Produkts.
erstellten, monochromen Wireframes, die aber be-
Ausarbeitungsgrad Beschränkt auf zwei bis drei wichtige,
reits Struktur und Funktionalitäten in den Fokus rü-
en détail gestaltete Seiten
cken. Diese schematischen Entwürfe müssen noch
Tools After Effects, Photoshop ↗  www.adobe.com ;
gar nicht bunt und fancy sein, visuelle Elemente blei-
InVision ↗  www.invisionapp.com ; Justinmind ↗  www.
ben hier meist außen vor, auch Lorem-ipsum-Texte
justinmind.com ; Sketch ↗  www.sketchapp.com
sind gang und gäbe.
Mit Axure, Balsamiq, Justinmind oder UXPin ste- Programmiert mit Spezifikation
hen einige Tools mit einer großen Auswahl an Ele- Funktion Voll funktionsfähige interaktive Wireframes, bei
menten (Buttons, Links, Menüs et cetera) zur Verfü- denen die Interfaceelemente, ihre Anordnung und speziell
gung, die es erlauben, schnell ein Interface zu bas- der Screenflow bereits verbindlich festgelegt sind – oft
teln. Über die Integration weiterer Designelemente mit simultan ausspielbarer Word-Spezifikation. Auch das
lassen sich die Wireframes dann auch zu ausgefeil- Verhalten (Animationen, Responsiveness et cetera) ist
ten Klickdummys verfeinern. klar erkennbar, was die Kommunikation an der Schnittstelle
In die Phase des Hi-Fi-Prototypings tritt ein Pro- von Design und Entwicklung wesentlich erleichtert.
jekt ein, sobald Mockups angefertigt werden – das Ausarbeitungsgrad Alle Funktionen und Elemente inklusive
sind detaillierte Designentwürfe, bei denen Farben, ihrer Anordnung sind definiert, nur die Textebene ist offen.
Formen, Texturen, Abstände und Schriften hinzu- Tools Axure ↗  www.axure.com ; UXPin ↗  www.uxpin.com ;
kommen. Einen technischen Standard dafür gibt es Justinmind und InVision (URLs siehe oben)
nicht, ein Mockup lässt sich als PowerPoint-Präsen-
096 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Prototyping im Interactive Design

Handscribble Wireframe
Für die Fluggesellschaft Condor entwickelte die Kölner Digitalagen- Dieser vom Informationsarchitekten in Axure
tur denkwerk einen Relaunch der Buchungswebsite. In den ersten erstellte monochrome schematische Entwurf setzt
handgezeichneten Entwürfen interner Brainstorming-Sessions die Vorlage detaillierter um und beschreibt ein-
standen neben der Sitzplatzbuchung noch andere Elemente auf der zelne Features, Zustände, Interdependenzen oder –
Seite, beispielsweise diverse Upselling-Angebote. wie hier – das Verhalten der Sitzplatzübersicht.

von mehreren Faktoren ab: von der Zielgruppe plen interaktiven Website- oder App-Prototyp ver-
und deren fachlichem Hintergrund, vom Erkennt- wandeln. Sogar Gesten wie Wischen, Zoomen oder
nisinteresse und von der Entwicklungsphase. Pinchen stellt Marvel bereit. Diesen Prototyp opti-
»Um im Team Ideen zu sammeln oder zwischen miert man iterativ bis zur Finalisierung und Abnah-
Konzepter und Entwickler im Pingpong hin und her me durch den Kunden, und der Designer kann naht-
zu werfen, gibt es nichts Besseres als einfache Skiz- los im ihm vertrauten Programm weiterarbeiten.
zen von Hand«, sagt Miriam Scheibe, selbstständige
UX-Designerin in Hamburg (siehe Seite 98). Selbst Detailtreue intern, Eye Candy
die Darstellung von Verhalten und Interaktionen ist fürs Offizielle
mithilfe von Scribbles möglich, indem man mehre- Wireframes dienen der internen Kommunikation,
re Screens als Flows gruppiert und einige Blätter ne- um die Informationsarchitektur zwischen Konzep-
beneinander an die Wand hängt, zum Beispiel um zu tion, Visual Design und Entwicklung zu vermitteln.
zeigen, was passiert, wenn der User einen Check-out- Das geht zwar auch mit einer starren PDF-Datei, doch
Prozess durchläuft. Da man in dieser frühen Phase bieten viele Tools weit mehr: Anstelle eines üppigen
lediglich das Konzept verifiziert, braucht es dafür Pflichtenhefts, das keiner lesen mag, erstellen immer
kein Visual Design. mehr Agenturen interaktive Wireframes, die das Ver-
»Je vager eine Idee ist, desto einfacher sollte der halten der Anwendung simulieren. Ausgeklügelte
Prototyp sein«, so Miriam Scheibe. Und wem Hand- Prototypingtools wie Axure spielen sogar simultan
skizzen zu weit weg vom Produkt sind, weil er für ein eine Word-Spezifikation aus und ermöglichen durch
frühes Testing eine konkretere Form benötigt, der die Integration eigens erstellter Designs eine visu-
kann seine Papiervorlagen auch abfotografieren und elle Opulenz, die aus dem groben Wireframe einen
mit einer Prototyping-App wie Marvel in einen sim- grafisch ausgearbeiteten Klickdummy macht.
PAGE 07.16 097

Designskizzen Layouts
Die Photoshop-Grafik nutzt bereits Elemente des Condor- Die Tests zeigten, dass die Platzübersicht auf kleinen Screens die Darstel-
Corporate-Designs und visualisiert die Idee, die Sitzplatz- lung und Usability beeinträchtigte. So wechselte denkwerk für die Kunden-
belegung im gesamten Flugzeug auf einer Seite darzustellen. präsentation zu einer scrollbaren Ansicht. Später folgten lediglich Font-
Auf Basis dieser Skizzen machte denkwerk User-Testings und Farbanpassungen, die Informationsarchitektur blieb dieselbe und diente
mithilfe von Papierprototypen. den Entwicklern zusammen mit dem Wireframe als Programmiervorlage.

Überall dort, wo nicht nur intern und auf einem Es empfiehlt sich also früh zu überlegen, welcher
gemeinsamen fachlichen Level kommuniziert wird, Prototyp zum konkreten Projekt und Designprozess
sind visuelle Ausarbeitungen notwendig. »Hat das passt. Auf der nächsten Seite berichten die UX-Ex-
Team sich in der Konzeptionsphase geeinigt und pertinnen Miriam Scheibe, Astrid Wunsch und Alina
will beim Head of Product oder Abteilungsleiter ein Schlaier aus ihrem Arbeitsalltag. Stefan Bodeit/as
Okay einholen, muss die Darstellungsform konkre-
ter werden«, erläutert Miriam Scheibe. »Denn diese
PAGE Seminar »Interaktives Prototyping«.
Personen haben in der Regel nicht viel Zeit, man
Prototypen selbst erstellen – vom Daumen-
muss die Idee also rüberbringen wie in einem Ele- kino-Klickdummy bis zum Video-Prototyp:
vator Pitch. Für den Fall, dass Zeit und Budget fürs ↗   www.page-online.de/seminar-prototyping
Photoshop-Design fehlen, kann man auch Wirefra-
mes ausschmücken, indem man Hintergründe, Gra-
PAGE eDossier »Interaktive Prototyping-
fiken, Schriften oder Farben integriert.«
tools«. Klickdummys generieren mit Axure,
Auch wenn Agenturen beim Kunden pitchen oder Bootstrap, Avocado, Flinto und Foundation.
Start-ups vor Venture-Capital-Gebern präsentieren, ↗    www.page-online.de/PDDP1036
sollte man besser auf Hi-Fi setzen und nicht auf das
Abstraktionsvermögen des Publikums vertrauen.
In solchen Situationen zählen fulminante Ästhetik Stefan Bodeit, UX Designer in Hamburg,
überprüft Interaktionskonzepte anhand
und imposantes Look-and-feel immer noch mehr
von Prototypen auf ihre Machbarkeit und
als ausgeklügelte Funktionalitäten und Klickwege. wundert sich, warum dies in vielen Projek-
Auch Marketingabteilungen wollen meist früh et- ten immer noch viel zu spät stattfindet.
was Beeindruckendes sehen. ↗  www.bodeit.de
098 PAGE 07.16 › WERKZEUG › Prototyping im Interactive Design

Lo-Fi-
oder
Hi-Fi -
Prototyp?
● Idealerweise ist man als User Expe- chen – dabei sollten meine Ausarbei- ● In den Agenturen tendiert man oft da-
rience Designer schon früh in einem tungen doch lediglich Designbeispie- zu, ohne eingehende User Research digi-
Projekt mit dabei – möglichst in der le darstellen. tale Prototypen zu bauen, zum Beispiel ei-
Ideation- oder Discovery-Phase. So Der amerikanische Designstratege nen Klickdummy in Axure. Im SAP De-
die Theorie. Meist komme ich aller- Steven Fyke brachte es in einem Blog- sign & Co-Innovation Center arbeiten wir
dings später dazu, wenn die Ideen be- post auf den Punkt: »Your prototypes im Sinne des Design Thinking von An-
reits sehr konkret sind. Um dann in are so pretty, they miss the point en- fang an mit den Usern zusammen, um die
erste Usability-Testings zu gehen oder tirely« (http://is.gd/fykepost). Im Üb- Software ihren Bedürfnissen anzupassen.
wichtigen Stakeholdern schnell Er- rigen nennt Fyke dort noch einen wei- Daher steht weniger das visuelle Design
gebnisse präsentieren zu können, sind teren Grund, warum man Prototypen im Fokus, und man kann sich auf die Op-
Prototypingtools häufig das Mittel der für Nutzertests schlicht halten sollte: timierung der Prozesse konzentrieren.
Wahl. Allerdings hat jedes von ihnen Man nimmt der Testperson sonst die Zu diesem Zweck greifen wir in un-
seine Grenzen wie fehlende Features Möglichkeit, selbst kreative Problem- seren Workshops hauptsächlich auf Pa-
und Bugs, für die man Workarounds lösungen zu entwickeln. pierprototypen zurück. Mit ihnen schafft
suchen muss. Wenn ich jetzt mal wieder in der
Viele dieser Programme erlauben Modellierung einer sehr komplexen
neben der Gestaltung der Funktiona- Interaktion feststecke und auch Pro-
litäten auch die Integration von De- totypingtools mich nicht weiterbrin-
sign. Das hat nicht nur Vorteile: Für gen, frage ich mich, ob die Interaktion
einen Usability-Test habe ich kürzlich wirklich so vertrackt sein muss. In die-
einen Klickdummy gebaut, der sehr ser Situation bevorzuge ich Wireflows,
nach Wireframe aussah. Um die Inter- also zu einem Flowchart aneinander-
aktionen verständlicher zu machen, gereihte Wireframes.
ergänzte ich einige Elemente wie die
Corporate-Design-Farben. Prompt be- Miriam Scheibe arbeitet als freie
gann eine Diskussion: »Wieso ist an User-Experience-Designerin.
dieser Stelle ein Verlauf ?«, »Warum ist Die Hamburgerin berät Unterneh-
der Button dort rot?«. Mit einem Mal men in den Bereichen Konzeption,
wurde nur noch über Gestaltung und User Experience und User Research.
nicht über Funktionalitäten gespro- ↗ www.miriamscheibe.com

»›Keep it simple, stupid!‹


Einen besseren Wahlspruch
gibt es nicht im UX Design«
PAGE 07.16 099

man ein gemeinsames Verständnis,


eine Gesprächsgrundlage. Der Proto-
typ ist für uns das Kommunikations-
mittel, mit dem man den Nutzern ei-
ne Stimme gibt – der UX-Experte ist
nicht so sehr der Anwalt, sondern viel-
mehr der Enabler des Users, indem er
dessen Ideen zu Papier bringt und ih-
nen Gestalt gibt. An dieser Stelle hat
Empathie einen äußerst hohen Stellen-
wert. Viele Menschen haben Schwie-
rigkeiten, ein Interface zu beschreiben,
technische Termini wie »Auto-Sug-
gest« oder »Autocomplete« sind ihnen
nicht geläufig. Stattdessen nutzen sie
Vergleiche, etwa »wie bei Facebook«
oder »wie bei Google«.
Die Scribble-Phase nimmt am meis-
ten Raum ein, weil wir die Skizzen zu-
sammen mit den Usern iterativ verdich-
ten. Dabei kommen auch UI Stencils
zum Einsatz, kopiert und ausgeschnit-
ten, um daraus in einem sehr manuel-
len Prozess ein Interface als Collage zu »Wer eine Vision verkaufen
erstellen. Die großformatigen Scrib-
bles und Collagen verkleinern wir dann
in einer Outline-Zeichnung, bevor wir
möchte, kann auf
in Axure einen Klickdummy erstellen.
Zunächst integrieren wir nicht alle Pro-
High-Fidelity-Prototypen
zesse, sondern nur die wichtigsten in
den Axure-Klickdummy. Damit checkt nicht verzichten«
man in einem letzten Test den Flow,
bevor der Entwickler die Ergebnisse ● Wenn es darum geht, einen Kun- tisch und überzeugend eine Website
ins Produkt einbindet. den zu gewinnen, besteht unsere ers- und ihre Funktionen erklärt.
te Etappe darin, ein Initialdesign zu In Zeiten von Material Design und
Astrid Wunsch hat als Art- und erstellen, mit dem wir ihm unser Kon- Microinteractions sind es Animationen
Kreativdirektorin bei verschie- zept visuell aufbereitet präsentieren. und Transitions, also kleine Use Cases,
denen Digitalagenturen interaktive Dieser Prototyp muss sich dem Kun- die entscheidend zum Joy of Use und
Produkte verantwortet. Seit Januar den rasch selbst erklären. Zu Beginn zur Akzeptanz einer Seite beitragen.
2016 leitet sie das User-Experience- des Designprozesses scribbeln der In- Da sie zu einem wichtigen Gestaltung-
Design-Team im SAP Design & formationsarchitekt und der Visual merkmal geworden sind, sollte man
Co-Innovation Center (DCC) in Designer die Struktur der Seite und sie früh ins Konzept integrieren. Bild-
Berlin, wo sie regelmäßig Design- klären anschließend gemeinsam mit editoren wie Sketch beschleunigen den
Thinking-Workshops mit SAP- dem Entwickler, ob sich diese Idee Entwicklungsprozess, aber für die vi-
Kunden durchführt. ↗  www.expe technisch überhaupt umsetzen lässt. suelle Arbeit benötigen wir die Frei-
rience.sap.com/designservices Erst danach macht sich der Designer heit und den Funktionsumfang eines
an das Initialdesign. professionellen Grafiktools. Wenn es
Im Normalfall gestaltet denkwerk später darum geht, auch Funktionali-
»Mit Prototypen drei Seiten – die Startseite und zwei täten darzustellen und zu testen, kön-
Unterseiten, beispielsweise eine Pro- nen andere und obendrein günstigere
geben User dukt- und eine Bestellseite – als Kon-
zeptfilm, den unser Team mittels Pho-
Tools wie UXPin oder InVision ihre
Qualitäten ausspielen.
Experience toshop und After Effects realisiert.
Dieser Film simuliert den Weg durch Als Kreativdirektorin bei denk-
Designer die Webseite. Auf diese Weise treten
keine Missverständnisse oder Kom-
werk in Köln hat Alina Schlaier oft
komplexe Projekte zu bewältigen,

dem Nutzer plikationen auf. Diese Art des Proto-


typings ist zwar relativ aufwendig und
seien es umfangreiche Webauftritte,
Onlineshops oder Portale für natio-

eine Stimme« auch kostenintensiv, hat jedoch den


Vorteil, dass sie dem Kunden plas-
nale wie internationale Kunden.
↗www.denkwerk.com
100 PAGE 07.16
06.16 › BRANCHE › Verbände
PAGE Digital
für Ranking
Kreative 2016

BRANCHE

Organisierte
Kreativität
Branchenverbände vernetzen, inspirieren und vertreten die Interessen ihrer
Mitglieder gegenüber Politik und Wirtschaft – so der Anspruch. Wir
stellen die wichtigsten Organisationen für Designer, Fotografen, Illustratoren
und Agenturen vor und sagen, was sie ihnen bringen
PAGE 07.16 101

● ADC, BDG und AGD, GWA, BVDW und


tgm – aus den Kürzeln der Berufsverbände und »Bunte Kreativität
Klubs für Designer hätten die Fantastischen 4
locker einen eigenen Song à la »MfG – Mit
lebt von Individuen
freundlichen Grüßen« machen können. Doch und kann deshalb
selbstverständlich ist eine Mitgliedschaft kei-
neswegs, viele Kreative fragen sich: Lohnt es, nicht im Verein orga-
240 Euro im Jahr auszugeben, um Mitglied in
einem Designerverband zu sein? Was habe nisiert werden«
ich davon, mich einem Fotografenbund anzu- Raban Ruddigkeit, Mitinhaber von
schließen? Ist es erstrebenswert, in die Reihen Brousse & Ruddigkeit, Berlin
Jurysitzungen,
eines exklusiven Kreativklubs aufgenommen ↗ https://brousseruddigkeit.wordpress.com
Ausstellung und
zu werden? Sind nicht die loser organisierten, Nachwuchs-Events
kleineren Zusammenkünfte wie Stammtische Andere sind weniger radikal – obwohl sie des ADC fanden
oder Alumni-Treffen spannender? ebenfalls Kritik üben. Der Art Directors Club im Mai im Ham-
In der Kommunikationsbranche gibt es etwa sei zwar gut für den Nachwuchs sowie für burger Millerntor-
jede Menge Vereine mit unterschiedlichen kreative und arbeitskulturelle Impulse inner- Stadion statt

Schwerpunkten. Auf der einen Seite sind da halb der Branche, so Stefan Schmidt, einer der
die berufsständischen Verbände wie der BDG Gründer der Kommunikationsagentur die-
(Berufsverband der Deutschen Kommunika- ckertschmidt in Berlin. »Was aber leider nicht
tionsdesigner), die AGD (Allianz deutscher funktioniert, ist das, was wir uns auf die Fah-
Designer), der BFF (Berufsverband Freie Foto- nen geschrieben haben: als Zusammenschluss
grafen und Filmgestalter) oder die Illustrato- der absoluten Gestalterelite der Öffentlichkeit
ren Organisation. Sie sind vor allem für Selbst- zu zeigen, was gut ist und was Mist. Nicht mal
ständige interessant, da sie ihre Mitglieder in genug Kunden schauen auf unser Urteil«, klagt
Sachen Steuern, Recht, Vergütung und zu an- Schmidt.Trotzdem bleibt er im ADC – aus Sen-
deren businessrelevanten Themen beraten. timentalität und weil Aufgeben nicht gilt.
Beim DDC (Deutscher Designer Club) oder
bei der tgm (Typographische Gesellschaft
München) geht es dagegen stärker um Inspi-
ration und den Wert von Gestaltung allge-
mein (siehe Übersicht auf Seite 104 f.).

Kreative im Verein – ein Paradox?


Manche Kreative lehnen Verbände grundsätz-
lich ab. Sie sehen darin sich selbst erhaltende
Konstrukte, die die Schaffenskraft eher unter-
Fotos: Getty Images for ADC Festival

drücken denn fördern. So findet etwa Raban


Ruddigkeit, Designer und Illustrator in Ber-
lin, dass »bunte Kreativität von Individuen
lebt« und schon deshalb nicht in einem Klub
organisiert werden könne. Nach einigen Er-
fahrungen ist er heute weder als Einzelperson
noch mit seinem Studio Brousse & Ruddig-
keit irgendwo Mitglied.
102 PAGE 07.16 › BRANCHE › Verbände für Kreative

Um nicht, wie ihm bisweilen vorgeworfen


Weitere interessante wird, auf der Stelle zu treten und zu einer rei-
nen Selbstbeweihräucherungsveranstaltung
Organisationen für Kreative zu werden, braucht der ADC frische Kreative –
Die AIKA (Allianz inhabergeführter Kommunikations- und die interessieren sich durchaus noch für
agenturen) sieht sich als »konkurrenzfreien Raum«, in den Klub. So wie Preethi Mariappan, Chief
dem Agenturinhaber sich austauschen und weiter- Creative Officer bei Razorfish, die erst im Ap-
entwickeln können. Auf den AIKA-Fachevents geht es ril dazugestoßen ist. Sie überzeugte die Ber-
um Themen wie New Business oder Kooperationen. liner Sektion mit ihrer Bewerbungspräsenta-
↗ www.aika.de Die Illustratoren tion und möchte dafür eintreten, dass mehr
Organisation ist Digitalspezialisten und mehr Frauen in den
In New York gestartet, finden die Creative Mornings regelmäßig auf den ADC kommen – Themen, die für diesen gera-
mittlerweile in mehr als 100 Metropolen, darunter Buchmessen in
de enorm wichtig sind.
Frankfurt und
auch Berlin und Hamburg, statt. An dieser Mischung Nun ist der ADC tatsächlich eine vergleichs-
Leipzig präsent
aus Vortrag, Diskussion und Networking-Frühstück weise »elitäre« Veranstaltung. Viele Mitglieder
kann jeder teilnehmen – und das kostenlos. befinden sich in einer komfortablen berufli-
↗ https://creativemornings.com/cities chen Lage, haben teilweise jahrzehntelange
Branchenerfahrung und eigene, gut laufende
Die Deutsche Gesellschaft für Designtheorie- und
Agenturen. Ob sie die Jahresbeiträge zahlen
Forschung e. V. (DGTF) will öffentliche Debatten
können oder nicht, spielt für sie wahrschein-
anregen und Designer vernetzen. Zudem fördert sie
lich keine Rolle. Freiberufliche Designer und

Foto: Georg Stelzner


Designpromotionen.
Geschäftsführer kleiner Studios überlegen
↗ www.dgtf.de
dagegen durchaus, ob es sich lohnt, das Geld
Dem Forum Typografie e. V. kann beitreten, wer im in die Hand zu nehmen.
weitesten Sinne auf dem Gebiet der Typografie tätig
Verbandsmitgliedschaft soll für
ist und sich als Verfechter der Schriftkultur versteht.
Professionalität stehen
↗ www.forum-typografie.de
Cooles Ambiente Nora Bilz, Mitinhaberin von Rotbraun Gestal-
mit freiem Eintritt:
Um das Forum für Entwerfen e. V. war es zuletzt eher tung in Berlin, hat sich – nach langer Suche
Der BFF stellte
still. Seit April ist der Verein, der seinen Fokus auf
im April auf dem
nach dem passenden Format – für den BDG
»gebrauchsorientierte Gestaltung und gestaltungs- Parkdeck der entschieden. »Wenn man als Kommunika-
relevante Wissenschaften« setzt, Mitglied im neu Rindermarkthalle tionsdesigner professionell arbeiten möchte
formierten Dachverband Deutscher Designtag (DT). St Pauli aus und auch als solcher wahrgenommen werden
↗ www.forum-entwerfen.de will, stellt die Mitgliedschaft in einem Berufs-
verband eine Notwendigkeit dar«, sagt sie.
Das IDZ | Internationales Design Zentrum Berlin e. V. Überzeugt habe sie ein Podium im vergange-
sieht sich als Schnittstelle zwischen Design und nen Jahr, das ihr zeigte: Da gibt es noch mehr
Wirtschaft und tritt mit Projekten Forschungsauf- Kollegen, die sich für die Frage nach der Zu-
trägen, Veranstaltungen und Wettbewerben wie dem kunft des Designberufs und den Konsequen-
Bundespreis Ecodesign für Qualität im Design ein. zen für die Designausbildung interessieren.
↗ www.idz.de Nora Bilz schätzt die offene Diskussion »jen-
seits persönlicher Eitelkeiten«.
Zum Programm der IxDA Interaction Design Associa-
Foto: Jörg Steck

Wie sinnvoll ein Verband für den Einzelnen


tion gehören unter anderem eine jährliche
ist, hat sicherlich auch mit der Disziplin zu tun.
Konferenz und ein Jobportal. In Deutschland gibt
Als freiberuflicher Kreativdirektor für Digital-
es neun lokale Gruppen.
↗ www.ixda.org/local

Im Kommunikationsverband e. V. versammeln sich


Experten aus Werbung, PR, Marketing, Design
und Medien. Zum Programm gehören Workshops
und Awards wie der Werbefilmpreis Die Klappe.
↗ www.kommunikationsverband.de

Im Rat für Formgebung sind designorientierte


Unternehmen von adidas bis WMF organisiert. Die
Stiftung richtet unter anderem den German
Design Award und den Automotive Brand Contest aus.
↗ www.german-design-council.de
PAGE 07.16 103

dern in puncto Inspiration und Austausch


ebenfalls sehr ergiebig.
Wer in Berlin wohnt, hat wohl die meiste
Auswahl an solchen und Einladungen. Aber
auch in anderen Städten schließen sich Krea-
tive gerne zusammen. Zum Beispiel im Design-
Forum Münster (www.grafikdesign.ms) oder
im Designbeirat Wuppertal (www.designbei
rat.de ); weitere spannende Initiativen finden
Sie auf Seite 102. Die ebenfalls lokal (in Mün-
chen) gestartete tgm ist mit ihren Vortrags-
reihen, typografischen Ortsbesichtigungen
und Exkursionen längst zu einer deutschland-
weit angesehen und beliebten Organisation
geworden. Und im Norden gibt es mit Ham-
Einmal im Jahr burg Hoch 11 (www.hamburghoch11.de) eine
organisiert die tgm projekte sieht Rainer Eidemüller eine geringe Initiative, die die Trennung der Disziplinen
in München die Notwendigkeit für eine Mitgliedschaft. Hin- in der Kreativwirtschaft überwinden will.
Editorial-Design-
sichtlich seines zweiten beruflichen Stand-
Konferenz QVED Verbandslogo fürs New Business
beins, des Fotojournalismus, ist er jedoch froh,
auf das Freelens-Netzwerk zurückgreifen zu Nähe zwischen Geschäftsführung, Vorstand
können. »Der Pressemarkt verändert sich stän- und Mitgliedern, lebendigen Austausch und
dig, sowohl in Angebot als auch Nachfrage. Gleichberechtigung im Umgang mit den ver-
Da ist es nicht schlecht, Honorare und Ver- schiedenen Interessensgruppen innerhalb
tragsbedingungen differenziert bewerten zu einer Organisation – das wünschen sich Kre-
können«, glaubt Eidemüller. Mit Freelens hat ative von ihren Verbänden. Einigen geht es
er gute Erfahrungen gemacht, der Verband mehr um Inspiration, anderen um sachliche,
Kuratierte Reisen stellt AGB zur Verfügung, berät bei Rechtsfra- das Business betreffende Fragen. Aber auch
an angesagte Loca-
gen und organisiert den Presseausweis. »Da bei der Akquise kann die Zugehörigkeit zu
tions, hier nach
San Francisco und
sitzen gut vernetzte alte Hasen, die Hebel in
ins Silicon Valley, Bewegung setzen können.« Zudem findet er
gehören zu den gut, dass Freelens »ein schlanker Verband »Lokale Netzwerke
Benefits einer GWA- ohne riesigen Overhead ist, bei dem man
Mitgliedschaft auch schnell mit dem Geschäftsführer ins Ge- sind oft kostenlos
spräch kommt«.
und noch dazu
Inspiration und Austausch in
lokalen Netzwerken
ergiebig in Sachen
Patrick Marc Sommer vom Grafikdesignbüro Inspiration und
Langesommer in Berlin setzt lieber auf loka-
le Netzwerke wie die Creative Mornings und Austausch«
die Typostammtische. Auch weil die Einstiegs- Patrick Marc Sommer, Co-Gründer
hürden niedriger sind. Zudem laden manche von Langesommer, Atelier für
ansässige Agenturen zu Vorträgen ein – sol- Grafikdesign und Typografie, Berlin
che Formate seien nicht nur kostenlos, son- ↗ http://langesommer.de
104 PAGE 07.16 › BRANCHE › Verbände für Kreative

»Es bewegt sich viel einem Verein eine Rolle spielen. Christian
Kuhn, Inhaber der Frankfurter Digitalagen-
im Pressemarkt. tur Nuisol berichtet, dass allein das BVDW-
Label ihm schon Einladungen zu Pitches be-
Für Fotojournalisten schert hat. Er ist dabei, weil er sich auf dem
ist ein Verband deshalb ziemlich unübersichtlichen Digitalmarkt für
Qualitätsstandards einsetzen will. Er schätzt
sehr sinnvoll« den Austausch in Arbeitskreistreffen zu The-
men wie Mobile, Wearables oder E-Com-
Rainer Eidemüller, User Experience und Visual
merce. Dennoch stellt er seine Mitgliedschaft
Storytelling, Wiesbaden
↗ www.rainer-eidemueller.de jedes Jahr wieder auf den Prüfstand. »Der
Verband ist sehr groß geworden, die Perfor-
mance-Marketing-Agenturen haben für mei-
nen Geschmack zu viel Gewicht«, so Kuhn,
der sich zudem gerne bei lokalen Treffen des
Kommunikationsverbands austauscht und
sich vorstellen kann, sich beim ADC oder DDC

Die wichtigsten Branchenverbände im Überblick


Verband Für wen? Leistungen für Mitglieder
Art Directors Club für Deutschland Kreative aller Disziplinen mit einem Networkingplattform für Auftraggeber und Kreative,
(ADC) e. V. gewissen Renommee. Man kann nicht Teilnahme an ADC-Jurys, Aufmerksamkeit in der Branche,
Franklinstraße 15, 10587 Berlin einfach eintreten, sondern bewirbt Einladung zu exklusiven Events, ermäßigter Eintritt zu allen
↗ www.adc.de sich bei einer der Sektionen oder in ADC-Veranstaltungen
einem der Fachbereiche
Allianz deutscher Designer (AGD) e. V. Selbstständige Designer aller Diszi- Beratung zu Rechts-, Steuer- und betriebswirtschaftlichen
Steinstraße 3, 38100 Braunschweig plinen Fragen, freies Exemplar des Vergütungstarifvertrags Design,
↗ https://agd.de ermäßigte Teilnahme für Weiterbildungsveranstaltungen

BFF Berufsverband Freie Fotografen und Freiberufliche Fotografen aus den Präsentation auf Website/Blog, in Ausstellungen, Magazin,
Filmgestalter e. V. Bereichen Werbung und Editorial Workshops, Vorträge, Rechtsberatung
Senefelderstraße 19, 73760 Ostfildern sowie Filmgestalter
↗ www.bff.de

BDG Berufsverband der Deutschen Selbstständige und angestellte Rechts- und Steuerberatung sowie Beratung zu betriebswirt-
Kommunikationsdesigner e. V. Kommunikationsdesigner schaftlichen Fragen, Coaching, Honorarrechner, Gehalts-
Mohrenstraße 63, 10117 Berlin report, vergünstigte Preise für BDG-Publikationen, Fortbil-
↗ www.bdg-designer.de dungsangebote und Teilnahme am Joseph Binder Award

Bundesverband Digitale Wirtschaft Unternehmen und Agenturen mit Gemeinsame Messeauftritte, Rabatt auf Studien, bei Statistik-
(BVDW) e. V. digitalen Geschäftsmodellen portalen, Anzeigenschaltungen und PR-Dienstleistungen
Berliner Allee 57, 40212 Düsseldorf
↗ www.bvdw.org

Deutscher Designer Club e. V. (DDC) Kreative aller Disziplinen. Um eine Regionale, nationale und internationale Treffen zur
Große Fischerstraße 7, 60311 Frankfurt Mitgliedschaft bewirbt man sich interdisziplinären Vernetzung und zum Austausch über
↗ www.ddc.de gute Gestaltung

Freelens e.  V. Fotografen und Fotojournalisten Austausch, günstige Berufshaftpflicht und Kameraversiche-
Steinhöft 5, 20459 Hamburg rung, Ausstellungsräume, Beratung zu Versicherungen,
↗ www.freelens.com Honoraren, Verträgen et cetera, Rechtsberatung und Rechts-
schutz gratis, vergünstigte Workshops, Presseausweis

Gesamtverband Kommunikationsagenturen Kommunikationsagenturen Politische Interessenvertretung, Rechtsberatung, Programm


GWA e. V. für betriebliche Vorsorge in den Bereichen Gesundheit,
Neue Mainzer Straße 22, 60311 Frankfurt Berufsunfähigkeit, Ruhestand und Risiko, kuratierte Reisen
↗ www.gwa.de (zum Beispiel ins Silicon Valley)

IO – Illustratoren Organisation e. V. Illustratoren, vor allem Freiberufler AGB, Berufsrechtsschutz, kostenfreie Rechtsberatung,
Martin-Luther-Straße 7, 60316 Frankfurt Vertragsprüfung, vergünstige Berufshaftpflicht, Vergütungs-
↗ www.io-home.org beispiele, Portfolioseite, Austausch im Forum, Informationen
zu Honoraren, Urheber- und Nutzungsrecht, Buchhaltung,
Gründungsplänen

Typographische Gesellschaft München e. V. Alle, die sich für Typografie interes- Freier Eintritt zur jährlichen Vortragsserie und bei manchen
(tgm) sieren, sowie Schriftgestalter und Events, Vorzugspreise bei allen anderen Veranstaltungen
Hirschgartenallee 25, 80639 München -anwender
↗ www.tgm-online.de

Verband Deutscher Industrie Designer e. V. Industriedesigner, darunter auch Exklusive Informationen zu Ausschreibungen und Stellen-
(VDID) Interface Designer, Experten angeboten, Erstberatung zu Rechts- und Unternehmer-
Markgrafenstraße 15, 10969 Berlin für Public und Messedesign sowie fragen, Vergünstigung bei VDID-Seminaren, gemeinsame
↗ www.vdid.de Design Management Messeauftritte, freier Eintritt zu Fachmessen
PAGE 07.16 105

Raum für freie


Arbeiten: Thema
zu bewerben. Aber auch losere Zusammen- des 8. Aufschlags – man sich anschließen, oder nach Gleichge-
schlüsse wie die Freunde der Informationsar- ein Ausstellungs- sinnten, mit denen man vielleicht einen eige-
chitektur, die sich über Facebook vernetzen format des BFF – nen Stammtisch, eine neue Facebook-Gruppe
(http://is.gd/IA_freunde ) und mittlerweile war in diesem Jahr oder einen kleinen Verein ins Leben rufen
zwei Konferenzen – die IA Konferenz für Kon- »Unpublished« kann. Eine schöne Buchstabenkombi ist si-
zepter (http://2016.iakonferenz.org) und den cher noch frei. jbr
Mobile UX Summit ( http://2016.mobxcon.
com ) – auf die Beine stellen, findet er span-
AGD-Serie: Berufspraxis-Tipps. Exper-
nend. Alumni organisieren sich ebenfalls ger- ten der Allianz Deutscher Designer
ne über Facebook. Die IDEO alumni group et- klären wichtige Fragen ↗ www.page-
wa hat als geschlossene Gruppe rund 560 Mit- online.de/agd-kolumne
glieder, bei Alumni Neue Digitale/Razorfish
sind es 150 – um nur zwei Beispiele zu nennen.
BDG Business Basics. Tipps und prak-
Egal, ob die Entscheidung letzten Endes
Foto: Jörg Steck

tische Informationen zu den verschie-


für oder gegen einen Verband ausfällt: Es denen Aspekten des kreativen Berufs-
lohnt sich wirklich immer, die Augen offen zu alltags bietet auch unsere BDG-Serie
halten. Nach interessanten Gruppen, denen ↗ www.page-online.de/bdg

Themen und Ziele Veranstaltungen Vorstand und Fachgruppen Jahresbeitrag


Bedeutung von Kreativität in allen Wirt- ADC Wettbewerb und Nachwuchs- 12-köpfiges Präsidium mit einem Sprecher; 370 Euro
schaftsbereichen und Wert kreativer wettbewerb, ADC Festival mit Fachsektionen: Design, digitale Medien,
Leistungen sichtbar machen; Förderung Kongress, ADC Night of Honour, Editorial, Event & Kommunikation im Raum,
von kreativer Exzellenz, Nachwuchs und ADC Design Experience, ADC Forschung & Lehre sowie Werbung; lokale
Frauen in der Kreativbranche Roadshow, Workshops Sektionen
Verbindung von Design und Unterneh- Tagung, Workshops Bis zu 9 Vorstände; 15 Regionalgruppen 240 Euro, Berufseinsteiger,
mertum, Design und Verantwortung Geschäfts- oder Lebenspartner
120 Euro, Studenten 60 Euro

Vertretung in berufsrelevanten Themen, Regionale und überregionale Aus- 3-köpfiger Vorstand. Die Mitglieder in den Professionals 450 Euro, Member
Arbeitsbedingungen, Öffentlichkeits- stellungen, Workshops, Vorträge einzelnen Regionen wählen eigene Vorstands- 280 Euro, Junioren 180 Euro,
arbeit beiräte und Vertreter, die zwischen ihnen Studenten 80 Euro. Sponsoren mit
und dem Vorstand vermitteln und regionale Partner-Status ab 600 Euro
Veranstaltungen durchführen

Wirtschaftliche und kulturelle Bedeu- BDG-Podium, Fortbildungsveran- 12-köpfiges Präsidium; Referate: Design, 230 Euro, Starter 115 Euro,
tung von Design, Urheberrecht, staltungen in Kooperation mit dem Berufswirtschaft, Mitglieder, Öffentlich- Förderer ab 450 Euro
Gehälter, Nachwuchsförderung IDZ Berlin, der tgm et cetera keitsarbeit; zusätzliche Referenten: Motion
Design, UX-Design und Nachhaltigkeit im
Design; Regionalgruppen

Digitale Geschäftsmodelle, Social dmexco, Deutscher Digital Award 6-köpfiges Präsidium; Gremien zu Themen Je nach Umsatz zwischen 630 und
Media, E-Commerce, Start-ups, Digital- und Bewegtbildkonferenz, Polittalks, wie Mobile, Internet der Dinge, Digital Dating 19 500 Euro
politik und andere Vorträge oder Marktforschung

Wert guter Gestaltung, Austausch Designwettbewerb Gute Gestaltung, 6-köpfiger Vorstand, Directors für Regionen 330 Euro
untereinander sowie mit Auftraggebern Projektwettbewerbe, Network- und Fachgebiete wie Film, Fotografie,
und Ausbildungsstätten, Nachwuchs- Events, Seminare, Reisen, Studio- Produktdesign, Hochschulen oder inter-
förderung besichtigungen kulturelles Design

Arbeitsbedingungen von Fotografen, Lumix Festival für jungen Foto- 9-köpfiger Vorstand, 7-köpfiger Beirat, 240 Euro, Studenten 60 Euro ohne
Honorare, Urheber- und Sozialrecht journalismus, Workshops Regionalgruppen und 110 Euro mit Rechtsschutz,
Fördermitglieder nach Absprache

Bedeutung von Kommunikation, Werbung Effie Award, Healthcare Award, Profi 14-köpfiger Vorstand; Ressorts: Nachwuchs, Je nach Umsatz zwischen 4600 und
und Agenturen in der Marktwirtschaft, Award, Junior Agency, Seminare, Agentur-Ecosystem, Kunden und politische 35 000 Euro
effektive Kommunikation, Human Res- kuratierte Reisen Kommunikation; Foren: Healthcare-Kommu-
sources, Nachwuchsförderung nikation, Creative Services und B-to-B-
Kommunikation, digitale Kommunikation

Schutz von Urheberinteressen, Vertretung auf Messen, Seminare 7-köpfiger Vorstand und Arbeitsgruppen für 240 Euro, Junioren 120 Euro, mit
Wertschätzung von Illustrationsleistung, Messen, redaktionelle Unterstützung und Wohnsitz im Ausland 180 oder
Honorare, Vertragsgestaltung andere Bereiche 90 Euro

Typografie als professionsübergreifende Vorträge, Kurse, Konferenzen, 5-köpfiger Vorstand und ein großes Aktiv- Einzelpersonen 54 Euro, Firmen
Disziplin in der Medienbranche, Dialog Fachtage, Werk- und Atelierbesuche, team, das in Arbeitsgruppen zu verschiede- zwischen 100 und 1200 Euro,
und Bildung für Qualität in der Kommu- typografische Ortsbesichtigungen, nen Aufgabenfeldern strukturiert ist Studenten, Schüler, Azubis und
nikationsbranche Ausstellungen, Studienreisen – auch Rentner 36 Euro
Fotos: Jörg Steck

außerhalb des Großraums München

Ökonomische Relevanz von Industrie- Cradle to Cradle Kongress, Jahres- 10-köpfiges Präsidium; Arbeitsgruppen zu 245 Euro, Existenzgründer, Berufs-
design, Wettbewerbsrecht, Berufskodex, konferenz, Kooperationsveranstal- Themen wie Design und Schule oder Quali- einsteiger und Rentner 150 Euro,
Globalisierung, Nachwuchsförderung, tungen zur Fortbildung tätsrichtlinien; Regionen mit regelmäßigen Studenten 40 Euro, Fördermitglie-
Forschung Treffen der rund 1100 Euro
106 PAGE 07.16 › BRANCHE › Versicherungen

Versicherungen für Kreative:

Berufshaftplichtversicherung
Versicherungen gibt es viele. Welche für selbstständige Designer unverzichtbar,
welche ratsam und welche überflüssig sind, erklären wir in einer neuen Serie

W
as ist, wenn mir im Beruf mal xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Freigabe des Auftraggebers nichts. Er haftet für
ein Fehler passiert? Wann hafte den Fehldruck und muss für Ersatz sorgen. Das
ich als Kreativer für meine Ar- Der Designer kann bei einer Katalogproduktion ganz schnell
beit – und wann nicht? Das sind haftet zum ins Geld gehen.
elementare Fragen für alle freiberuflichen Desi- Beispiel, wenn Eine Produktionshaftpflichtversicherung kos-
gner und Developer. Grundsätzlich kann man nur der Kunde tet etwa das Vier- bis Zehnfache einer Betriebs-
für etwas haften, für das auch ein Schaden bezif- haftpflichtversicherung, da lohnt ein realistisches
ferbar ist. Ein Gestalter kann zum Beispiel nicht
durch seine Abwägen der Risiken. Im Zweifel fährt man über
dafür in die Haftung genommen werden, dass ein Schuld ohne die Jahre doch günstiger, wenn man einen Ein-
von ihm entworfenes Logo als peinliches Meme Katalog zelschaden selbst begleicht. Mithilfe ordentlicher
weltweit Karriere macht. Dieser Schaden lässt auf der Messe Arbeitsroutinen lassen sich die meisten Fehler
sich nicht beziffern und der Gestalter damit auch steht. So vermeiden. Es lohnt sich also, in die eigene Qua-
nur sehr schwer belangen. litätssicherung zu investieren. 
etwas kann
Wenn jedoch jemand im Betrieb des Designers
auf dem frisch gewischten Parkett ausrutscht
schnell teuer Wie komme ich zu einer guten
und sich dabei kaskadenartig Fuß, Hand sowie werden. Versicherung?
Ellenbogen verletzt und die Stirn blutig schlägt, Eine gute Versicherung erkennt man immer erst
dann entsteht ein bezifferbarer Schaden durch dann, wenn man sie braucht. Daher sind Erfah-
Arzt- und Reinigungsrechnungen sowie durch rungsberichte sehr wertvoll sowie ein Blick auf die
Arbeitsausfälle. Dafür haftet der Designer, denn Klagequote. Es gibt tatsächlich Anbieter, die nur
er hätte seinen Betriebsort sichern müssen. Auch durch einen Prozess zur Zahlung zu bewegen sind.
Schmerzensgelder fallen unter diese Haftung.  Jeder Weg zu einem Versicherungsvertrag hat
Der Designer wird ebenso in die Verantwor- seine Eigenheiten. Ein Vergleichsportal könnte
tung genommen, wenn er die Druckdaten durch seine Neutralität geopfert haben und nicht die
eigenes Verschusseln zu spät an den Hersteller besten Anbieter listen, sondern die, die am bes-
schickt und der Auftraggeber daher ohne Katalog ten bezahlen. Ein gebundener Vertreter zeigt oft
auf der Messe steht. Die Investition zahlt sich für nur die Produkte, an denen er am meisten ver-
den Kunden nicht mehr aus, es entsteht ein mess- dient. Daher empfiehlt sich ein unabhängiger
barer Schaden an dessen Vermögen. Für diesen Makler mit guten Referenzen. Hilfreich ist bei der
haftet der Designer, das kann teuer werden. Wahl eines Versicherungsanbieters auch eine
kleine Umfrage unter Kollegen.
Welche Versicherungsarten gibt es?
Im Althochdeutschen sagte man »haftunga«, Was brauche ich wirklich?
wenn sich jemand für jemand anderen verbürg- Die Haftungsrisiken für Designer liegen am unte-
te. Heute sind wir etwas weiter und können ein ren Tabellenrand der möglichen Schäden. Aus
Haftungsrisiko ganz bequem an eine Versiche- diesem Grund sind Haftpflichtversicherungen für
rungsgesellschaft auslagern. Für alle Gefahren, sie meist nicht allzu teuer. Mit folgender Faust-
die den Betriebsort betreffen – also etwa der frisch formel kommt man gut durch den Alltag:
gewischte Boden –, gibt es die Betriebshaft- • Eine Betriebshaftpflichtversicherung sollte je-
pflichtversicherung. Für alle Risiken, die Schäden der Kreative mit eigener Betriebsstätte haben. 
Christian Büning ist
am Vermögen Dritter verursachen, hält die Bran- • Eine Vermögensschadenhaftpflicht ist obliga-
Inhaber von Büro
che eine silbenfressende Vermögensschadenhaft- Büning für Informations- torisch, wenn unter Zeitdruck umfangreiche Pro-
pflichtversicherung bereit.  gestaltung und des jekte realisiert werden müssen und man als De-
Wem das noch nicht reicht, der kann auch die Werkstoff Verlags in signer in die Produktion involviert ist. In diesem
Produktionshaftung versichern. Diese ist in der Münster. Im Berufs- Fall empfiehlt sich auch eine Produktionshaft-
verband BDG setzt er
Regel explizit nicht in den beiden vorherigen Ver- pflichtversicherung.
sich für Professionalisie-
sicherungsarten enthalten. Wenn der Designer rung, Fairness und Alle Risiken lassen sich im Designalltag nicht
einen Druckauftrag versemmelt, weil die Sonder- Designer ein. ↗  www. ausklammern, aber mit etwas Verstand kann man
farben falsch angelegt sind, hilft ihm auch die buero-buening.de sie deutlich minimieren. Christian Büning
Raum-Planung
beginnt im Vorfeld!
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108 PAGE 07.16 › BRANCHE

PAGE digital
Was auf den digitalen Kanälen passiert www.page-online.de pagemag

Junger Porträtfotograf
Bild. Was macht seine Porträts so bemerkenswert?
Der Fotograf Daniel Feistenauer, der an der HAW
Hamburg bei der Fotolegende Ute Mahler studiert
hat, verrät, wie er seinen Bildern, die Freunde, Mu-
siker und andere Persönlichkeiten zeigen, einen be-
sonderen Zauber verleiht – durch einen Moment, in
dem ein bisschen mehr passiert.
↗ www.page-online.de/feistenauer_0716

Identity für Oslo City Bike


Kreation. Was haben ein Fahrrad und ein Gesicht
gemeinsam? Die App von Oslo Bysykkel zeigt es:
Rund wie ein Fahrradreifen, weist ein von der Agen-
tur Heydays gestalteter Character mit verschiedenen
Mimiken darauf hin, wie das Wetter ist, begrüßt den
Nutzer mit einem freundlichen »Hi, sporty!«, schwitzt
oder flirtet sogar.
↗ www.page-online.de/oslo_0716

Miami Ad School im Wandel


Branche & Karriere. »The real world is your class-
room«, sagt Niklas Frings-Rupp, Mitbegründer der
Miami Ad School Hamburg. Im Gespräch berichten
er und Ina Behrendt als neuer Managing Director
Digital über die digitale Transformation der Kreativ-
schmiede und die Erwartungen der Gen Y an ihre
zukünftigen Arbeitgeber.
↗ www.page-online.de/miamiad_0716

Jobs für Kreative


PAGE Stellenmarkt. Kreative Köpfe finden auf unse-
rer Stellenplattform spannende Herausforderungen
sowie attraktive Arbeitgeber und Auftraggeber. Agen-
turen, Unternehmen, Designstudios und Start-ups
können fähige Talente entdecken: vom Praktikanten
über den Junior Artdirektor, zum Design Manager,
vom Coding Designer bis zum Creative Technologist.
↗ www.page-online.de/stellenmarkt

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Ein Magazin der Verlagsgruppe Ebner Ulm · www.ebnerverlag.de

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110 PAGE 07.16 › BRANCHE

Szene
Was die Kreativbranche und ihre Akteure bewegt BDG Business Basics
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Realistisch
kalkulieren
BDG-Vizepräsident Christian
Büning klärt aktuelle Fragen aus
dem Berufsalltag von Kreativen
↗www.bdg-designer.de

● Sigmar Gabriel antwortete sinngemäß auf


die Frage, wie die frischen Zuschüsse für E-Au-
tos einer Sekretärin nützen könnten, mit der
Bemerkung, dass sie ja ihrem gut verdienen-
den Mann zugute kommen würden. Hier wird
nicht nur eine frappierende Ignoranz sichtbar,
sondern ein Prinzip, das auch im Design be-
kannt ist: die versteckte Subventionierung.
Wenn ich als Designer nicht von meinen
Einnahmen leben muss und meine Sozialver-
sicherungen über das Gehalt von jemand an-
derem gedeckt sind, brauche ich auch nicht
hart verhandeln, sondern kann das nehmen,
was gerade kommt. Ich kann Designleistun-
gen unterhalb meiner eigentlichen Fixkosten
anbieten, denn die entstehende finanzielle
Lücke wird innerfamiliär subventioniert. Na-
türlich gelange ich mit diesem beruflichen
Selbstverständnis über eine gewisse Grenze
von Professionalität nicht hinaus. Begrenzt
ist damit aber auch die Wertschätzung mei-
ner Arbeit als subventionierter Designer – ich
werde nicht für voll genommen. Darüber zu
klagen, ist aber ähnlich effektiv wie eine Imp-
fung gegen Erdbeben. 
Mein Tipp: Hier hilft nur eine Entschei-
dung! Bin ich Unternehmer oder nicht? Un-
ternehmer kalkulieren ihre Vergütung so, dass
sie alle tatsächlichen Kosten decken und zu-
dem Gewinne entstehen. Versteckte Subven-
Design für Sämlinge tionen schaffen einen kurzfristigen Vorteil,
● Start-ups & Design. Wie wichtig Pilotkunden und Partnern zu schaffen der auf lange Sicht aber das genaue Gegenteil
Design und Design Management für sowie eine klare Vorstellung für das von Professionalität ist. Viel Erfolg! 
frisch gegründete Unternehmen be- zukünftige Produkt in seinem Nut-
Foto: © André W. Sobott, www.aw-sobott.de

sonders in der Inkubationsphase sind, zungskontext zu entwickeln. Denn ein Haben auch Sie Fragen? Dann schreiben
untersuchte die Hochschule Luzern im Design-Prototyp und ein professionel- Sie uns: businessbasics@bdg-designer.de
Rahmen des Forschungsprojekts »De- ler Auftritt sind essenziell für die Su-
signSeed«. Der Name ist angelehnt an che nach finanzieller Unterstützung
PAGE eDossier »Verdienen Sie genug?
das sogenannte Seed Money, mit dem und potenziellen Kunden. Ihre Erfah- Gehälter, Honorare und Chancen für
Investoren junge Firmen unterstützen. rungen teilt die Forschungsgruppe in Kreative« mit Tipps zur Kalkulation
Der Fachbereich Design & Kunst half einer kostenlos erhältlichen Broschü- ↗ www.page-online.de/PDPD0006
sechs Hightech-Start-ups der ETH Zü- re, die auch Modelle der Zusammen-
rich dabei, Aufmerksamkeit, Interes- arbeit beleuchtet (Download: http:// Business Basics auf PAGE Online.
se und Engagement bei Investoren, is.gd/DesignSeed ). nik Ausgewählte Beiträge lesen Sie
unter  ↗ www.page-online.de/bdg  
PAGE 07.16 111

eIQ

»Ein Sprachrohr für


die Designbranche«
● Die Initiative Deutscher Design- Und das sieht jetzt wie aus?
verbände (iDD) und der Dachverband Durch eine Satzungsänderung beim
Deutscher Designertag haben sich Deutschen Designertag entstand ein
zum Deutschen Designtag zusam- neuer Dachverband, der Deutsche De-
mengetan. Präsident Boris Kochan signtag (DT), in dem sämtliche institu-
erklärt, warum die Fusion sinnvoll tionellen Mitglieder der beiden bishe-
ist und wie er für Designer aller Dis- rigen Organisationen versammelt sind:
ziplinen eintreten will. jbr die berufsständischen Organisationen
wie AGD, BDG, Illustratoren Orga-
Die iDD wurde 2006 ins Leben nisation, das Netzwerk der deutschen
gerufen, um gegen den unzuläng- Mode- und Textildesigner (VDMD)
lichen Schutz kreativer Leistun- sowie der Verband Deutscher Industrie
gen sowie die Vernachlässigung Designer genauso wie die Fach- und
kreativer Berufe seitens der Interessenvereinigungen Forum Typo-
Politik anzukämpfen. Anliegen, grafie, Forum für Entwerfen, die Typo-
mit denen sich auch der Deutsche graphische Gesellschaft München und
Designertag beschäftigte, und die hace-Stiftung für semantische Ty-
das seit 1975. Sie saßen bislang im pografie. Der Vorstand setzt sich aus
Vorstand der iDD. Warum Delegierten fast aller dieser Organisa-
schließen Sie sich erst jetzt tionen zusammen, aus diesem wur-
zusammen? de wiederum ein fünfköpfiges Präsi-
Boris Kochan: Nach der Jahrtausend- dium gewählt.
wende war es ein wenig zu still um den Soll es bei dieser Konstellation
Deutschen Designertag geworden, die bleiben, oder können Sie sich
iDD wollte neue Impulse setzen. Da- vorstellen, zum Beispiel mit dem
bei ist uns schon lange klar, dass wir BFF zu kooperieren?
mit einem einzigen Dachverband mehr Wir möchten gerne weitere Organisa-
Einfluss auf Politik, Medien und Ge- tionen aufnehmen und freuen uns auf PAGE eDossiers – Best-of-
sellschaft haben. Seit mit Henning Gespräche mit Verbänden aus allen Kompilationen aus PAGE und
Krause ein sehr engagierter Branchen- Designdisziplinen. Mit einigen sind WEAVE im Originallayout: PDFs
kenner zum Präsidenten des Deut- wir bereits im Gespräch . . . einfach und jederzeit down-
schen Designertags gewählt wurde, Was sind Ihre nächsten Ziele? loaden in unserem Online-Shop
haben wir daran gearbeitet, uns zu- Im Rahmen eines Medientags im Sep- shop.page-online.de/downloads
sammenzutun. tember werden wir unser Programm
Das war vor fast vier Jahren. umfangreicher vorstellen. Im Kern
Wir wollten und konnten nichts übers wollen wir die Belange von Design-
Knie brechen, sondern wollten sicher wirtschaft, Designberufsständen und
sein, dass wir für ein Sprachrohr der Designkultur kompetent, transparent
gesamten Designbranche das beste und glaubwürdig vor Politik, Wirt-
Format finden. schaft und Öffentlichkeit vertreten.
112 PAGE 07.16

Vorschau Kontakt
PAGE 08.16 erscheint am 6.Juli

Mach den Ding! Redaktion PAGE


Gestalterisches Muskeltraining, zweites Standbein oder Ventil überbor- Wir freuen uns über Ihr Feedback und
dender Kreativität – viele Designer und Developer stürzen sich neben Themenvorschläge an  info@page-online.de
ihrem Berufsalltag in weitere Projekte. PAGE forscht nach ihren Motiven PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co KG
und dem Benefit solcher side projects – und stellt inspirierende Beispiele vor Borselstraße 28, 22765 Hamburg
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Chefredakteurin/Publisher Gabriele Günder, V.i.S.d.P.
Textchefin Astrid Umbreit (au)
Redaktion Miriam Harringer (mh, Redaktion Online),
Nina Kirst (nik; Branche, verantwortlich), Arne Schätzle (as).
Freie Mitarbeit: Julia Bröder (jbr), Antje Dohmann (ant),
Angelika Eckert (ae), Dr. Claudia Gerdes (cg), Rebecca von
Hoff (Grafik), Christine Krawinkel (Artdirektion), Myriam
Jantoss (Textredaktion), Maiken Richter (Text-/Schluss-
redaktion), Sabine Danek (sd, Redaktion Online); Redaktions-
assistenz: Sinja Kik

Transparenz & Design Autoren dieser Ausgabe Stefan Bodeit, Christian Büning,
Kevin Johne, Markus Linden (ml), Ivan Modric, Jürgen Siebert,
Nico Zimmermann
Wir arbeiten hinter gläsernen Fassaden, legen im Netz unser Leben
offen und werden bei allem getrackt . . . Vor welche Aufgaben stellt Titel Katrin Schacke ( w
  ww.katrinschacke.de ) 
diese Transparenz die Kommunikationsbranche? Welche Rolle spielt sie Schriften ff Quadraat und ff Mark, erhältlich
im Corporate Design? Und wie wird sie im UX Design umgesetzt? bei www.fontshop.com und www.fontfont.com;
Ingeborg, erhältlich bei www.typejockeys.at
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Digitale Druckvorlagenherstellung
Alphabeta GmbH, Hamburg

Vertrieb
Leitung: Sema Torun; Objektmanagerin: Tina Backhaus
Bilder oben: Identity für See Through Lab von The Collected Works (http://thecollectedworks.com)

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Was bedeutet das für die Wiedererkenn- Telefon: +49 40 85183-400 (Stellvertreter), Florian Ebner
barkeit von Marken, und welche Schriften Telefax: -449 Umsatzsteuer-Identifikations-
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funktionieren überhaupt in diesen Größen? www.page-online.de DE 147041097
Wir zeigen, wie Typedesigner diesen Redaktion Anzeigenleiter
Miriam Harringer (mh), Nina Alexander Herz
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Astrid Umbreit (au) Borselstr. 28,
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verhältnisse Heiko Mehling
Was bei Chefs und Personalern von Designstudios und Agenturen ankommt Ebner Verlag GmbH & Co KG, Alfred-Nobel-Straße 33
und was nicht. PAGE gibt Tipps fürs Vorstellungsgespräch Karlstraße 3, 89073 Ulm, 97080 Würzburg
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werden dürfen; oft handelt es sich um gesetzlich geschützte eingetragene Unterschrift des Verbrauchers
Warenzeichen, auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind. (nur bei Mitteilung auf Papier):

Mitglied der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der


Datum:
Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW)
114 PAGE 07.16 › Sieberts Betrachtungen

Schuster Reloaded
Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu Trends, Ereignissen und
dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen

sem Handwerker schlecht gehe (= bil- folio kein Webdesign zeigen, sondern
lig oder kurz vor der Pleite). Projekte, bei denen er als Artdirektor
Vor allem im Design- und Kommu- mitgewirkt hat.
nikationsbereich sollte niemand die
gedruckte oder digitale Visitenkarte
dem Zufall überlassen. »Kaputte Schu-
2 Nimm die alte Website auf der
Stelle vom Netz und ersetze sie
durch eine spontane, launige Hinweis-
he« kann sich ein Unternehmen nicht seite. Paul Woods’ Erfahrung: »Bereits
erlauben – es sei denn, es spielt ganz am ersten Tag hat die Ersatzseite mehr
bewusst mit negativen Konnotatio- Hits erzielt als sämtliche Versionen
nen . . . wie die Hans Brinker Hotels in meiner vorherigen Site. Was als Zwi-
Amsterdam und Lissabon, allerdings schenlösung gedacht war, stellte die
professionell in Szene gesetzt von den Weichen für die Tonalität meines neu-
KesselsKramer-Kreativen. en Auftritts.«
Hätte ich eine Agentur beziehungs-
3 Finde heraus, was dich einzigar-
Foto: Norman Posselt

weise als Selbstständiger ein paar Tau- tig macht, und ergreife umge-
sender als Marketingbudget, würde hend Besitz davon. Genau zu wissen,
ich Kollegen engagieren (oder Wett- wo man im Markt steht, ist Gold wert.
bewerber, denen ich traue), mein Pro- Übrigens reicht es keinesfalls aus zu
fil zu schärfen und zu gestalten. Der definieren, was man genau anbietet.
Außenblick ist Gold wert und erhel- Man muss auch erklären, wie man an
Unser Kolumnist Jürgen Siebert regt an, lend, während man sich beim Be- den Job herangeht. Das ist manchmal
das eigene Profil zu schärfen – und zwar
schreiben der eigenen Stärken häufig leichter gesagt als getan.
immer wieder
selbst die Sicht versperrt . . . ganz zu
schweigen von einer falschen Selbst-
einschätzung.
4 Konzentriere dich auf nur eine
Dienstleistung. Lass alles andere
weg. Versuche dich nicht als Designer
● Der Volksmund sagt: »Der Schuster Wer seine Marke in Eigenregie ent- zu positionieren, der darüber hinaus
trägt die schlechtesten Schuhe.« Die- wickeln muss, kommt allerdings mit noch schreiben und illustrieren kann.
se Weisheit stammt aus einer Zeit, als einer Handvoll Regeln ebenso zum Prima, wer alle diese Fähigkeiten be-
sich Handwerker nicht retten konnten Ziel. Der New Yorker Designer Paul sitzt, aber eine Marke muss scharf de-
vor Aufträgen. Das Geschäft florierte, Woods hat das jüngst praktiziert und finiert sein.
ohne Werbung, ohne Wettbewerb. Und
so war es nicht schädlich für die Um-
sätze des Schuhmachers, wenn er mit
für Nachahmer auf Medium.com in
fünf Punkten festgehalten (https://is.
gd/pauls_rules). Wie zahlreiche ande-
5 Stell das verdammte Ding so
schnell es geht ins Netz, selbst
wenn es erst halb fertig ist. Bei eigenen
seiner eigenen Fußbekleidung keine re Kreative hatte er seine Website nach Projekten eine Deadline zu halten, ist
Reklame laufen konnte. Alle wussten, dem Studium kaum noch aktualisiert praktisch unmöglich. Paul Woods:
dass er jede Minute seiner Arbeitszeit und bekam entsprechend unsinnige »Verlier dich nicht in Details. Lege ei-
dem Schuhwerk der Kunden widmete. Anfragen. Hier seine fünf Gebote: nen Launchtermin fest und erzähle je-
Die Zeiten haben sich geändert. Wir dem davon, damit du ihn nicht mehr
leben in einer Wettbewerbswelt, in der
viel über andere geredet wird. Oder wie
Paul Watzlawick schrieb: »Man kann
1 Definiere den Zweck deines Auf-
tritts. Dabei geht es nicht aus-
schließlich um Themen wie »Ich su-
absagen kannst. Polieren kannst du
später immer noch.«

nicht nicht kommunizieren.« Die Men- che Auftraggeber« oder »Solche Jobs Damit steht also fest: Die Selbstver-
schen bilden sich unentwegt ein Ur- würde ich gerne übernehmen«. Viel- marktung einer Designdienstleistung
teil über das Gesehene, was umso mehr mehr sollte man sich fragen, was man sprengt den Rahmen der antiquierten
Spaß macht, wenn man sich das Maul in Zukunft wirklich machen will – und Schuhmacher-Weisheit. Der Schuster
zerreißen kann. Heute hätte ein Schus- weniger: Das habe ich bisher gemacht, 2016 fragt sich, ob er überhaupt noch
ter mit schlechten Schuhen nur bei ei- und so soll es munter weitergehen. alte Schuhe reparieren möchte. Viel-
ner kleinen Zielgruppe ein Chance, Praktisches Beispiel: Wer zuletzt über- leicht bringen Sonderanfertigungen
nämlich bei finanzschwachen oder wiegend Webdesigns realisiert hat mehr. Was heute vor allem zählt, sind
mildtätigen Menschen, weil sie aus und sich künftig aber auf Artdirektion Agilität und Selbstreflexion, mindes-
dem Fußkleid schlössen, dass es die- konzentrieren möchte, sollte im Port- tens alle 12 Monate.
wir sind dabei! Bitte schickt uns
das technische Infoblatt.

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