06.2014
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Kreative Konzepte
visualisieren
Schnell und schlüssig komplexe Ideen
greifbar machen
Das PAGE eDossier 06.2014 enthält Beiträge aus PAGE 10.2012 (September 2012).
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002 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)
TITEL
SCHAU MAL!
Ob für Fotoshooting, Filmdreh, interaktive Anwendung oder Messebau – Designer und Konzeptioner müssen
ihre Ideen visualisieren, um Kunden zu überzeugen, das Team zu briefen und die Usability zu prüfen
004 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)
n Die beste Idee ist nichts wert, wenn wendig als Skizzen und Renderings, et
sie nicht angemessen kommuniziert wa Moodboards und Prävisualisierun
wird. Können Kollegen, Auftraggeber gen sowie diverse Formen von Proto-
oder Dienstleister sie nicht nachvollzie typen. Gerade wenn es um Interaktion
hen, wird sie entweder gar nicht oder geht, sollten Konzepte möglichst früh
falsch umgesetzt. Dementsprechend ausprobiert werden, etwa mit Screen-
wichtig sind Visualisierungen und Pro- Mockups, Wireframes oder haptischen
totypen im Arbeitsalltag von Kommu- Prototypen (siehe Seite 14 ff.). Solche
nikationsdesignern. Sie sind essenziell, interaktiven Modelle dienen nicht nur
um Missverständnisse in der Briefing- der Kommunikation einer Idee, son
phase und daraus folgende Fehlent- dern auch ihrer Untersuchung und Be-
wicklungen zu vermeiden. Vor einer wertung. Sie verdeutlichen den Funk
aufwendigen – und teuren – Umset- tionsumfang einer Anwendung, die
zung einer Idee sollten die Beteiligten Abfolge von Aktionen, den Nutzungs
wissen, wie das Ergebnis aussehen soll. kontext sowie Design und Haptik. Das
Sonst sind am Ende Gestalter und/oder hilft im kollaborativen Entstehungspro
Auftraggeber unzufrieden – schlimms zess, dient als Handlungsanweisung für
tenfalls war alle Arbeit umsonst. den Interface-Designer ebenso wie für
Den Anfang macht in den meisten den Softwareentwickler. Nicht zuletzt
Fällen nach wie vor die schnelle Skizze sind Prototypen notwendig, um Usabi
auf Papier. Zeichnen ist die Grundlage lity-Tests mit Usern durchzuführen.
aller gestalterischen Arbeit – egal, in Entwurfsmethodik wird zwar haupt
welchem Medium die Kreation letzt- sächlich innerhalb des Informatik-, Ar-
lich umgesetzt wird. Es ist der schnells- chitektur- oder Städtebaustudiums ver
te und günstigste Weg, erste Einfälle mittelt, findet sich allerdings auch auf
und Konzepte festzuhalten und zu ver dem Lehrplan einiger Gestaltungshoch
mitteln. »Gestalter sollten in der Lage schulen, etwa im Studiengang Illustra
sein, jede Idee spontan skizzenhaft dar tionsdesign an der AID Berlin oder im
zustellen«, sagt Uwe Brückner, Gründer Medienlabor der Hochschule für Ge-
des Szenografiestudios Atelier Brück- staltung Schwäbisch Gmünd. Hier ler-
ner aus Stuttgart (siehe rechts). Diese nen Studenten Visualisierungstechni-
ersten Visualisierungen helfen auch ken und Prototyping-Methoden, die
dem Designer selbst: Dank ihnen kann ihnen im späteren Berufsleben in Pit-
er die Funktionalität und Machbarkeit ches und bei der Umsetzung von Auf-
seiner Entwürfe abschätzen, mögliche trägen helfen. Sven Voelker, Profes-
Probleme frühzeitig erkennen – und sor für Kommunikationsdesign an der
schließlich mit dem meistversprechen Kunsthochschule Burg Giebichenstein
den Konzept weiterarbeiten. in Halle, hält allerdings nichts von Prä-
Ästhetik und Detailtreue spielen visualisierungen und redet es seinen
bei frühen Scribbles keine Rolle, sie Studenten eher aus: »Auf die virtuelle
sind auf das Wesentliche konzentriert. Realität von Visualisierungen kann man
Visuelle Anmutung und Design wer- im Grafikdesign gut verzichten. Heut-
den in den meisten Fällen erst in spä- zutage kann ich einen Entwurf gleich
teren Phasen der Projektentwicklung in einer Qualität herstellen, die dem
berücksichtigt – sonst entstehen ver- endgültigen Produkt entspricht.« Im
früht geschmäcklerische Diskussionen Berufsalltag sieht das jedoch in den
über Oberflächen oder Farbwelten, ob meisten Fällen anders aus als an der
wohl es noch um Funktionalität und Hochschule, räumt Sven Voelker ein –
Umsetzbarkeit geht. Die weitere Visu- denn der Auftraggeber will mehrere
alisierung hängt von der jeweiligen Entwürfe sehen, deren Produktion in
Gestaltungsdisziplin ab. In der Ausstel finaler Qualität zu teuer käme.
lungs- und Messestandgestaltung ent »Skizzen, Scribbles, textliche Be-
stehen plastische 3-D-Modelle, im Gra schreibungen, Moodfotos und -filme
fikdesign kommen vornehmlich Rende sind die Werkzeuge, mit denen wir un-
rings zum Einsatz, bei der Visualisierung sere Ideen anreißen und präsentieren.
von Anzeigenmotiven mitunter foto- Die Geschichte und das Bild in unseren
realistische Illustrationen. Köpfen müssen für den Auftraggeber
nachvollziehbar sein. Erst dann kann
Besonders wichtig sind Visualisierun man mit rechnergestützten Visualisie-
gen bei Ideen, die komplex und schwer rungen oder aufwendigen Fotoproduk
greifbar sind, etwa bei der Filmpro- tionen beginnen«, meint Uwe Melichar,
duktion oder im Interaction Design. Im Managing Partner bei Factor Design.
Gegensatz zum Grafikdesign können Wie und welche Visualisierungsmetho
Ideen hier meist nicht in dem Medium den Kreative unterschiedlicher Diszip-
dargestellt werden, das es zu gestalten linen einsetzen, zeigen wir auf den
gilt. Hier sind andere Methoden not- nächsten Seiten. nik
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n Die 200-jährige Geschichte des Mu- zum Einsatz, um Ideen und Konzepte
sikverlags Ricordi mit rund 200 Expo- der Designer verständlich zu machen.
naten sowie die Entstehung einer Oper Begonnen wird jedes Projekt mit
vom Libretto bis zur Aufführung – die- einem Workshop zusammen mit den
se beiden Erzählstränge galt es im No Auftraggebern, um eine gemeinsame
vember 2008 in der Ausstellung »That’s Sprache und Linie zu finden – von Uwe
Opera« unterzubringen. Dieses Projekt Brückner »Debabelizing« genannt. Di-
zeigt exemplarisch die Arbeitsabläufe rekt im Anschluss beginnt die thema-
bei Atelier Brückner, wo Visualisierun- tische und visuelle Recherche, deren
gen zu jedem Zeitpunkt eine große Ergebnisse auf einer rund 1500 Quad-
Rolle spielen. Da Kunden es in der Re- ratmeter großen Pinnfläche in den
gel nicht gewohnt sind, Pläne zu lesen, Stuttgarter Atelierräumen festgehal-
kommen 2-D- und 3-D-Visualisierungen ten werden. Um Plot, Parcours und die
einzelnen Stationen zu veranschauli-
chen, setzt Uwe Brückner im ersten
Schritt auf Skizzen und Storyboards.
»Skizzen sind verständlicher als Wor-
te«, so der Architekt und Bühnenbild-
ner. »Die Ausarbeitung oder ästheti-
sche Präzision erfolgen in den nächs-
ten Phasen: Zuerst geht es darum,
Verständnis zu erzeugen und eine Bot
schaft zu transportieren – nicht um
die perfekte Darstellung. Skizzen sind
assoziativ, sie lassen Raum zur Inter-
Jede Station der pretation.« Brückner legt generell gro-
Ausstellung wird ßen Wert auf die handgezeichnete Vi-
in Miniatur sualisierung und treibt sie sowohl in
vorgebaut und seiner Lehrtätigkeit an der Hochschu-
fotografiert le für Kunst und Gestaltung Basel als
auch in internen Skizzierkursen für die
Atelier-Mitarbeiter voran. Mittlerwei-
le lässt das Szenografiestudio für je-
des Projekt Bücher mit Brückners Skiz
zen in einer Auflage von fünfzig Exem-
plaren drucken.
Die groben Entwürfe in den Skiz-
zen konkretisiert Atelier Brückner dann
in Renderings. Ohne diese am Rechner
ausformulierten Raumeindrücke geht
es heute auch in der Szenografie nicht
mehr. Sie liefern einen vollständige-
ren Eindruck des geplanten Projekts.
Noch präziser sind die plastischen 3-D-
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Modelle, die Atelier Brückner oft di- Ein weiteres wichtiges – und ein-
rekt nach dem Briefing und in mehre- zigartiges – Instrument der Visualisie-
ren Varianten anfertigt. »Wenn man rung bei Atelier Brückner ist die soge-
Übung darin hat, sind sie nicht allzu nannte Partitur. Wie in der Oper stellt
aufwendig, aber verlässlicher und we- sie das ganze »Orchester« dar: Worum
niger manipulativ als Renderings oder geht es? Wer sind die Protagonisten?
Animationen«, erklärt Uwe Brückner. Wer und was kommt wann zum Ein-
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die satz? In der Partitur fließen alle Fäden
Modelle, die zunächst meist im Ver- in Form einer Matrix zur Blaupause des
hältnis 1 : 50 gebaut werden, bieten ei- Projekts zusammen. Sie setzt räumliche
nen räumlichen Eindruck, den weder und inhaltliche Aspekte in Beziehung,
Skizzen noch Renderings liefern kön- dokumentiert Aufbau und Ablauf der
In 3ds Max erzeugte Renderings stellen die Ausstellungs nen. Sie dienen der plastischen Ver- Ausstellung samt aller Einzelbereiche
stationen detailgenau und realistisch dar mittlung von Ideen, machen sie im und dient somit als Handlungsanwei-
wahrsten Sinne des Wortes begreiflich. sung für alle Beteiligten – vom Baulei-
So stärken sie auch das Vertrauen in die ter über den Dramaturgen und den
Machbarkeit eines Projekts. Anders for Komponisten bis hin zum Filmemacher
muliert: Mit ihnen kann man schlecht und Softwareentwickler. Die Partitur
tricksen. Im Zuge der Projektentwick- hängt analog an der Agenturpinnwand
lung werden immer neue Modelle an- und ist zudem für alle in einer digita-
gefertigt, bis hin zu Mock-ups und Pro- len Version einsehbar. Für die Ricordi-
beaufbauten im Maßstab von 1 : 1. Ausstellung etwa umfasst sie neben
dem Raum-, Inhalts- und Designkon-
zept auch mehrfache Visualisierungen
der einzelnen Teile. Für jede Station
wurde die räumliche Atmosphäre in
Skizzen festgehalten, die Szenografie
in Modellfotos und Renderings. Ein Mix
aus Skizze und Rendering beschreibt
die Inhalte die Multimediastationen.
Mit dieser Kombination aus Skizzen,
Renderings, Modellen und Matrizen
macht das Stuttgarter Studio Ideen und
Konzepte für Kunden, Teamkollegen
und Dienstleister begreifbar und bietet
konkrete Handlungsanweisungen – so
dass keine Missverständnisse oder teu-
re Fehlentwicklungen entstehen. Das
Verfahren – von Atelier Brückner »Crea
tive Structure« genannt – ist für jedes
Projekt gleich. »Die Größe ist egal – ob
120 oder 70 000 Quadratmeter, wir ar-
beiten immer nach den gleichen Krite-
rien und Parametern«, so Brückner.
008 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)
Unterschiedlich
ausgearbeitete
Renderings dienten
als Vorstufe und
Briefing für das
Shooting. Visuali-
sierung (oben)
und finale Um-
setzung zweier
Motive aus der
Casala-Broschüre
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PROBIER MAL!
Von Low bis High Fidelity: Für die Entwicklung interaktiver Anwendungen und Produkte sind Prototypen unverzichtbar
Sketch
Eine Skizze ist der erste Schritt in der Produktentwicklung.
Beginnend mit User Research und Initial Idea Sketching
werden zu jedem Zeitpunkt der Ideenfindung alle Informatio-
nen und Gedankenschritte auf Papier gebannt. Letzteres
sollte in dieser Phase tonnenweise greifbar sein, sodass die
Ideen sprudeln können. Die vollgezeichneten Blätter ver-
teilt man lose vor sich, um sie dann zu kategorisieren – wie hier
die Studenten am Kopenhagener Institut für Interaction
Design. Jeder Sketch verdient einen catchy name, damit man im
Gespräch auf ihn Bezug nehmen kann. So bilden die Skizzen
zu Beginn des Projekts eine erste Diskussionsgrundlage und
schaffen Klarheit für folgende Prototypentwicklungen.
Storyboard
Mehrere Skizzen, chronologisch aneinan-
dergereiht, ergeben ein Storyboard.
Dieses kann unterschiedliche Funktionen
erfüllen. So gibt ein Experience Story-
board die allgemeine Stimmung um das
Produkt wieder und beschreibt auf
diese Weise, welches Erlebnis die Inter-
aktion auslösen soll. Ein Scenario Story-
board wie das am Kopenhagener Institut
für Interaction Design entwickelte (links)
fasst das Interfacekonzept näher ins Auge,
indem es den Anwendungsfall visuali-
siert. Und bei der Entwicklung von Websites
und Applikationen bildet meistens ein
Screen Flow Storyboard alle Abläufe ab.
Paper Prototype
Papier und Pappe sind ausgezeichnete und dazu preiswerte
Materialien, um einfache Prototypen zu gestalten. Für einen
Testlauf durch erste Interfacekonzepte reichen ein Stift und
ein paar Blatt Papier. In Verbindung mit einer Hardwarekon-
struktion bietet sich hierfür Wellpappe an, denn sie ist leicht
verformbar und überall erhältlich. Und so kommt sie auch
am Kopenhagener Institut für Interaction Design zum Ein-
satz, um Hardware-Paper-Prototypen zu bauen (rechts).
Diese Art des Prototyping ist nach dem Storyboard die güns-
tigste Methode und liefert erste funktionierende Mo-
delle, mit denen sich bereits Usertests durchführen lassen.
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Digitaler Sketch
In fast jeder Projektphase gelangt man früher oder später an den Punkt, an dem
die weiteren Schritte am Computer erfolgen müssen. Dabei bilden erste Lay-
outs in den gängigen Grafikprogrammen eine detaillierte Basis für einzelne Screen-
designs, die im Vergleich zu von Hand gezeichneten Skizzen schon um einiges
komplexer und ausgearbeiteter sind (hier als Beispiel der Entwurf für den Com-
munity Almanac von The Open Planning Project). Mit digitalen Sketchingtools
lassen sich rohe Screenlayouts und interaktive Prototypen für Interfacedesign-
konzepte erstellen. An der University of Washington verfolgt man inzwischen
den Ansatz, das gesamte Webdesign vom Papier auf den Computer zu verlagern:
So lässt sich mit dem Tool Denim ( http://dub.washington.edu:2007/denim )
jeder Schritt von der ersten Skizze bis zur detaillierten Seitenaufteilung in einem
Dokument verwalten. Dabei schafft die auf Stift- oder Toucheingabe ausge-
legte Benutzeroberfläche lediglich einen digitalen Rahmen für das gute, alte
Sketching auf Papier. Die Baukastensysteme Balsamiq und pidoco° erset-
zen dieses durch das Herumschieben vorgefertigter Elemente – ein enormer
Vorteil, wenn komplexe Layouts immer wieder angepasst werden sollen.
Prototyp-Video
Interfaces kommen heute kaum noch ohne Animationen
aus. Einzelne Screens lassen sich daher nicht mehr isoliert
betrachten, denn es sind gerade die Übergänge zwischen
den Zuständen, die zum Verständnis der Struktur beitragen.
So ist es konsequent, bei der Entwicklung eines Prototyps
Einzelbilder in bewegte Bilder umzuwandeln . In einem von
Mareike Graf geleiteten Seminar an der Hochschule für
Gestaltung Schwäbisch Gmünd entstand der Kurzfilm »ami –
folding the future«. In ihm zeigen Marc Osswald und Jakob
Konrad die Interaktionsmöglichkeiten faltbarer Displays,
wobei sie den Fokus weniger auf die Bedienung des
Geräts als vielmehr auf das geschaffene Szenario legten. Mit
Prototyp-Videos lassen sich Abläufe schon früh detailliert
ausgestalten und so eine Idee auch ohne den Aufwand einer
interaktiven Gestaltung verständlich präsentieren.
Simulation
Für einen schnellen Überblick über die Vorzüge einer Anwen-
dung muss eine Simulation nicht erst zeitaufwendig pro-
grammiert werden. Ausgewählte Abläufe veranschaulichen
dabei die verschiedenen Funktionen. Doch sollte man die
Vorführung gut einstudieren, damit die Illusion entsteht, es
handle sich um eine lauffähige Applikation. Für eine solche
Präsentation gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder lässt
man einfach ein Video vom Interface ablaufen und der
Darsteller führt die dazu einstudierten Bewegungen aus. Für
mehr Flexibilität kann ein Assistent das Video an passenden
Stellen pausieren lassen oder der Darsteller steuert es selbst.
Für das Photoshop-MT-Konzept, das in Zusammenarbeit
mit Jens Franke und Wera Reinhardt an der Hochschule für
Gestaltung Schwäbisch Gmünd entstand, wurde eine
Simulation in Flash aufgebaut, die der Präsentator selbst über
zwei kleine Fußpads für »vor« und »zurück« steuern konnte.
016 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)
Experience Prototype
Während man im Interfacedesign auf klassische Usability-
kriterien wie Effektivität, Effizienz, Einprägsamkeit,
Erlernbarkeit oder Fehlerrate achtet, reichen diese bei
interaktiven Installationen nicht aus, um die Qualität
zu beurteilen. Hier ist vor allem das Nutzervergnügen ein
entscheidender Faktor – von Computerkünstler Zach
Lieberman auch als »Open Mouth Phenomenon« bezeich-
net. Bei dem Spielkonzept »Magic Carpet« von envis
precisely und Isabella Thaller sollte mit möglichst geringem
technischem Aufwand der Spaßfaktor getestet werden.
Dazu klebte das Team eine teppichgroße Fläche ab und
nutzte zwei Taschenlampen, um Kreise auf den Boden
zu projizieren. Der eine Kreis folgt dem User, der den an-
deren Kreis fangen muss. Die Versuche wurden gefilmt,
um die Reaktionen der Spieler auswerten zu können. Lautes
Schreien und Kichern galten innerhalb einer »Spaß-
skala« als positiv – ein ausgesprochen heiteres Testverfahren.
Interaktions-Prototyp
Auf der Suche nach Alternativen zu Maus
und Tastatur gilt es, moderne Benutzer-
schnittstellen zu gestalten, deren Inter-
aktionsmöglichkeiten den Anforderungen
der Anwendung Rechnung tragen. Wie
kann beispielsweise eine Eingabe für ein
Interface aussehen, das Wissen anschau-
lich vermitteln soll? Bei der interaktiven
Installation »Tiefsee« von Andreas
Burghart, Christian van Elten und Felix
Hohl können Besucher mit einem
alten Drehrad ein U-Boot virtuell ins Meer
abtauchen lassen. Hier griffen die
Studenten auf Baumarktprodukte wie
Metallrohre und -gitter zurück. Stößt
der Besucher auf einen Fisch, spürt er,
wie die Plattform vibriert. Ein lauter
werdender Rauschton verdeutlicht den
enormen Druck in bis zu 10 000 Meter
Tiefe. Für das haptische Feedback kam ein
Bodyshaker zum Einsatz – ein Körper-
schallgenerator, der einen fühlbaren Bass
erzeugt, den man im Idealfall nicht hört.
Den Rauschton generierte ein Subwoofer,
dessen Lautstärke über Y-Mauskoordina-
ten reguliert wird. Auf diese Weise bauten
die drei mit geringem Materialaufwand
einen eigenständigen Prototyp, der auf
klassische Eingaben verzichtet und
somit ein neues Bediengefühl vermittelt.
Demo-Prototyp
»Erkläre es mir, und ich werde es verges-
sen. Zeige es mir, und ich werde mich
erinnern. Lass es mich selber tun, und ich
werde es verstehen.« Wie schon Kon-
fuzius sagte, verläuft der Königsweg des
Begreifens über das eigene Tun. Aus
diesem Grund besteht der überzeugends-
te Prototyp aus der funktionsfähigen
Demonstration entscheidender Teile des
finalen Produkts. Dabei kann die User
Experience im Vordergrund stehen oder
das Ziel eher sein, die Art des Feed-
backs zu begutachten. Bei dem von
Christian Perstl und envis precisely
entwickelten Multitouch-Software-Proto
typ für das Designportfolio molecule
mt wird deutlich, wie leicht sich die Inter-
aktion mit der Anwendung am Gerät
selbst erleben lässt. Dieses Demo regt
dazu an, das Interface spielerisch zu
erforschen, etwa beim Betrachten von
Designprojekten. Visualisiert werden
diese durch vieleckige Formen – die Mole-
Die Beiträge auf den Seiten 14 bis 17 stammen aus WEAVE, dem küle –, die sich aus einzelnen Elemen-
Interactive-Design-Magazin von PAGE ( www.weave.de ). Die ten zusammensetzen. Diese stehen für
Autoren sind Thomas Gläser, Markus Jaritz und verschiedene Designkategorien und
Philipp Sackl von envis precisely ( www.envis-precisely.com ) zeigen so die Ausrichtung der Projekte.
Inspiration pur!
Gleich
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