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eDOSSIER

06.2014
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Kreative Konzepte
visualisieren
Schnell und schlüssig komplexe Ideen
greifbar machen

Techniken für Briefing, Kundenpräsentation


und Usabilty-Überprüfung

Vom Scribble über haptische und 3-D-Modelle


bis hin zum Screen-Mockup

Das PAGE eDossier 06.2014 enthält Beiträge aus PAGE 10.2012 (September 2012).
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002 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

TITEL

Für Ricordi entwarf


Atelier Brückner eine
Ausstellung mit zwei
Erzählsträngen: der
Historie des Musikverlags
und der Entstehung einer
Oper in fünf Schritten.
Teil der Vorabvisua-
lisierung war dieses
plastische 3-D-Modell
PAGE eDossier 06.14 003

SCHAU MAL!
Ob für Fotoshooting, Filmdreh, interaktive Anwendung oder Messebau – Designer und Konzeptioner müssen
ihre Ideen visualisieren, um Kunden zu überzeugen, das Team zu briefen und die Usability zu prüfen
004 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

n Die beste Idee ist nichts wert, wenn wendig als Skizzen und Renderings, et­
sie nicht angemessen kommuniziert wa Moodboards und Prävisualisierun­
wird. Können Kollegen, Auftraggeber gen sowie diverse Formen von Proto-
oder Dienstleister sie nicht nachvollzie­ typen. Gerade wenn es um Interaktion
hen, wird sie entweder gar nicht oder geht, sollten Konzepte mög­lichst früh
falsch umgesetzt. Dementsprechend ausprobiert werden, etwa mit Screen-
wichtig sind Visualisierungen und Pro- Mockups, Wireframes oder hap­­ti­schen
totypen im Arbeitsalltag von Kommu- Prototypen (siehe Seite 14 ff.). Sol­­che
nikationsdesignern. Sie sind essenziell, interaktiven Modelle dienen nicht nur
um Missverständnisse in der Briefing- der Kommunikation einer Idee, son­
phase und daraus folgende Fehlent- dern auch ihrer Untersuchung und Be-
wicklungen zu vermeiden. Vor einer wertung. Sie verdeutlichen den Funk­­
auf­­wendigen – und teuren – Umset- tions­umfang einer Anwendung, die
zung einer Idee sollten die Beteiligten Ab­­­­folge von Aktionen, den Nut­zungs­
wissen, wie das Ergebnis aussehen soll. kon­­text sowie Design und Haptik. Das
Sonst sind am Ende Gestalter und/oder hilft im kollaborativen Entstehungspro­
Auftraggeber unzufrieden – schlimms­ zess, dient als Handlungsanweisung für
tenfalls war alle Arbeit umsonst. den Interface-Designer ebenso wie für
Den Anfang macht in den meisten den Softwareentwickler. Nicht zuletzt
Fällen nach wie vor die schnelle Skizze sind Prototypen notwendig, um Usabi­
auf Papier. Zeichnen ist die Grundlage lity-Tests mit Usern durchzuführen.
aller gestalterischen Arbeit – egal, in Entwurfsmethodik wird zwar haupt­
welchem Medium die Kreation letzt- sächlich innerhalb des Informatik-, Ar-
lich umgesetzt wird. Es ist der schnells- chitektur- oder Städtebaustudiums ver­
te und günstigste Weg, erste Einfälle mittelt, findet sich allerdings auch auf
und Konzepte festzuhalten und zu ver­ dem Lehrplan einiger Gestaltungshoch­
mitteln. »Gestalter sollten in der Lage schu­len, etwa im Studiengang Illustra­
sein, jede Idee spontan skizzenhaft dar­ tions­design an der AID Berlin oder im
zustellen«, sagt Uwe Brückner, Gründer Medienlabor der Hochschule für Ge-
des Szenografiestu­di­os Ate­lier Brück- staltung Schwäbisch Gmünd. Hier ler-
ner aus Stuttgart (siehe rechts). Diese nen Studenten Visualisierungstechni-
ersten Visualisierungen helfen auch ken und Prototyping-Methoden, die
dem Designer selbst: Dank ihnen kann ihnen im späteren Berufsleben in Pit-
er die Funktionalität und Machbarkeit ches und bei der Umsetzung von Auf-
seiner Entwürfe abschätzen, mögliche trägen helfen. Sven Voelker, Profes­-
Probleme frühzeitig erkennen – und sor für Kommunikationsdesign an der
schließ­­lich mit dem meistversprechen­ Kunsthochschule Burg Giebichenstein
den Kon­zept weiterarbeiten. in Halle, hält allerdings nichts von Prä-
Ästhetik und Detailtreue spielen visualisierungen und redet es seinen
bei frühen Scribbles keine Rolle, sie Studenten eher aus: »Auf die virtuelle
sind auf das Wesentliche konzentriert. Realität von Visualisierungen kann man
Visuelle Anmutung und Design wer- im Grafikdesign gut verzichten. Heut-
den in den meisten Fällen erst in spä- zutage kann ich einen Entwurf gleich
teren Phasen der Projektentwicklung in einer Qualität herstellen, die dem
berücksichtigt – sonst entstehen ver- endgültigen Produkt entspricht.« Im
früht geschmäcklerische Diskussionen Berufsalltag sieht das jedoch in den
über Oberflächen oder Farbwelten, ob­ meisten Fällen anders aus als an der
wohl es noch um Funktionalität und Hochschule, räumt Sven Voelker ein –
Umsetzbarkeit geht. Die weitere Visu- denn der Auftraggeber will mehrere
alisierung hängt von der jeweiligen Entwürfe sehen, deren Produktion in
Ge­staltungsdisziplin ab. In der Ausstel­ finaler Qualität zu teuer käme.
lungs- und Messestandgestaltung ent­ »Skizzen, Scribbles, textliche Be-
stehen plastische 3-D-Modelle, im Gra­ schreibungen, Moodfotos und -filme
fikdesign kommen vornehmlich Rende­ sind die Werkzeuge, mit denen wir un-
rings zum Einsatz, bei der Visualisierung sere Ideen anreißen und präsentieren.
von Anzeigenmotiven mitunter foto- Die Geschichte und das Bild in unseren
realistische Illustrationen. Köpfen müssen für den Auftraggeber
nachvollziehbar sein. Erst dann kann
Besonders wichtig sind Visualisierun­ man mit rechnergestützten Visualisie-
gen bei Ideen, die komplex und schwer rungen oder aufwendigen Fotoproduk­
greifbar sind, etwa bei der Filmpro- tionen beginnen«, meint Uwe Melichar,
duktion oder im Interaction Design. Im Managing Partner bei Factor Design.
Gegensatz zum Grafikdesign können Wie und welche Visualisierungsmetho­
Ideen hier meist nicht in dem Medium den Kreative unterschiedlicher Diszip-
dargestellt werden, das es zu gestalten linen einsetzen, zeigen wir auf den
gilt. Hier sind andere Methoden not- nächsten Seiten.  nik
PAGE eDossier 06.14 005

Uwe Brückner zeich-


nete für jede Station
diverse Skizzen in un-
terschiedlicher Detail-
treue. Zum Abschluss
des Projekts publizierte
das Atelier ein Buch
mit seinen Skizzen

Von der Partitur zur Ausstellung


Atelier Brückner: Ricordi (Bertelsmann)

n Die 200-jährige Geschichte des Mu- zum Einsatz, um Ideen und Konzepte
sikverlags Ricordi mit rund 200 Expo- der Designer verständlich zu machen.
naten sowie die Entstehung einer Oper Begonnen wird jedes Projekt mit
vom Libretto bis zur Aufführung – die- einem Workshop zusammen mit den
se beiden Erzählstränge galt es im No­ Auftraggebern, um eine gemeinsame
vem­ber 2008 in der Ausstellung »That’s Sprache und Linie zu finden – von Uwe
Opera« unterzubringen. Dieses Projekt Brückner »Debabelizing« genannt. Di-
zeigt exemplarisch die Arbeitsabläufe rekt im Anschluss beginnt die thema-
bei Atelier Brückner, wo Visualisierun- tische und visuelle Recherche, deren
gen zu jedem Zeitpunkt eine große Ergebnisse auf einer rund 1500 Quad-
Rolle spielen. Da Kunden es in der Re- ratmeter großen Pinnfläche in den
gel nicht gewohnt sind, Pläne zu lesen, Stuttgarter Atelierräumen festgehal-
kommen 2-D- und 3-D-Visualisierungen ten werden. Um Plot, Parcours und die
einzelnen Stationen zu veranschauli-
chen, setzt Uwe Brückner im ersten
Schritt auf Skizzen und Storyboards.
»Skiz­zen sind verständlicher als Wor-
te«, so der Architekt und Bühnenbild-
ner. »Die Ausarbeitung oder ästheti-
sche Präzision erfolgen in den nächs-
ten Phasen: Zuerst geht es darum,
Verständnis zu erzeugen und eine Bot­
schaft zu transportieren – nicht um
die perfekte Darstellung. Skizzen sind
assoziativ, sie lassen Raum zur Inter-
Jede Station der pretation.« Brückner legt generell gro-
Ausstellung wird ßen Wert auf die handgezeichnete Vi-
in Miniatur sualisierung und treibt sie sowohl in
vorgebaut und seiner Lehrtätigkeit an der Hochschu-
fotografiert le für Kunst und Gestaltung Basel als
auch in internen Skizzierkursen für die
Atelier-Mitarbeiter voran. Mittlerwei-
le lässt das Szenografiestudio für je-
des Projekt Bücher mit Brückners Skiz­
zen in einer Auflage von fünfzig Exem-
plaren drucken.
Die groben Entwürfe in den Skiz-
zen konkretisiert Atelier Brückner dann
in Renderings. Ohne diese am Rechner
ausformulierten Raumeindrücke geht
es heute auch in der Szenografie nicht
mehr. Sie liefern einen vollständige-
ren Eindruck des geplanten Projekts.
Noch präziser sind die plastischen 3-D-
006 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

Modelle, die Atelier Brückner oft di- Ein weiteres wichtiges – und ein-
rekt nach dem Briefing und in mehre- zigartiges – Instrument der Visualisie-
ren Varianten anfertigt. »Wenn man rung bei Atelier Brückner ist die soge-
Übung darin hat, sind sie nicht allzu nannte Partitur. Wie in der Oper stellt
aufwendig, aber verlässlicher und we- sie das ganze »Orchester« dar: Worum
niger manipulativ als Renderings oder geht es? Wer sind die Protagonisten?
Animationen«, erklärt Uwe Brückner. Wer und was kommt wann zum Ein-
Die Vorteile liegen auf der Hand: Die satz? In der Partitur fließen alle Fäden
Modelle, die zunächst meist im Ver- in Form einer Matrix zur Blaupause des
hältnis 1 : 50 gebaut werden, bieten ei- Projekts zusammen. Sie setzt räumliche
nen räumlichen Eindruck, den weder und inhaltliche Aspekte in Beziehung,
Skizzen noch Renderings liefern kön- dokumentiert Aufbau und Ablauf der
In 3ds Max erzeugte Renderings stellen die Ausstellungs­ nen. Sie dienen der plastischen Ver- Ausstellung samt aller Einzelbereiche
stationen detailgenau und realistisch dar mittlung von Ideen, machen sie im und dient somit als Handlungsanwei-
wahrsten Sinne des Wortes begreiflich. sung für alle Beteiligten – vom Baulei-
So stärken sie auch das Vertrauen in die ter über den Dramaturgen und den
Machbarkeit eines Projekts. Anders for­ Komponisten bis hin zum Filmemacher
muliert: Mit ihnen kann man schlecht und Softwareentwickler. Die Partitur
tricksen. Im Zuge der Projektentwick- hängt analog an der Agenturpinnwand
lung werden immer neue Modelle an- und ist zudem für alle in einer digita-
gefertigt, bis hin zu Mock-ups und Pro- len Version einsehbar. Für die Ricordi-
beaufbauten im Maßstab von 1 : 1. Ausstellung etwa umfasst sie neben
dem Raum-, Inhalts- und Designkon-
zept auch mehrfache Visualisierungen
der einzelnen Teile. Für jede Station
wurde die räumliche Atmosphäre in
Skizzen festgehalten, die Szenografie
in Modellfotos und Renderings. Ein Mix
aus Skizze und Rendering beschreibt
die Inhalte die Multimediastationen.
Mit dieser Kombination aus Skizzen,
Renderings, Modellen und Matrizen
macht das Stuttgarter Studio Ideen und
Konzepte für Kunden, Teamkollegen
und Dienstleister begreifbar und bietet
konkrete Handlungsanweisungen – so­
dass keine Missverständnisse oder teu-
re Fehlentwicklungen entstehen. Das
Verfahren – von Atelier Brückner »Cre­a­
tive Structure« genannt – ist für jedes
Projekt gleich. »Die Größe ist egal – ob
120 oder 70 000 Quadratmeter, wir ar-
beiten immer nach den gleichen Krite-
rien und Parametern«, so Brückner.
008 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

Mit einem Zeitrafferfilm visua-


lisierte Factor Design für den
Möbelhersteller Casala das Kon-
zept des Zusammensitzens

Vom Film zur Broschüre


Factor Design: Casala

n Bewegtbild ist ein eindrucksvol­les zeichnungen. Für Produktdarstellun-


Mittel, um Ideen zu visualisieren – so- gen skizzierten sie Aufstellungen und
gar wenn es sich um grafische Aufträ- Perspektiven der Möbel und kolorier-
ge wie zum Beispiel die Gestaltung ei- ten sie grob. Nach ersten Abstimmun-
ner Broschüre handelt. Um die zentra- gen mit Casala fertigte Factor Design
le Idee des Zusammensitzens für das detailreichere Zeichnungen an sowie
Rebranding des niederländischen Ob­ erste Grobrenderings ohne Licht und
jekt­mö­bel­her­­stellers Casala zu vermit­ Texturen. Im nächsten Schritt ent-
teln, drehte Factor Design aus Ham- stand ein weiteres Rendering, das Ein-
burg einen kurzen Zeitrafferfilm. Die- zelheiten, Oberflächen und Schatten
ser zeigt, wie ein leerer Saal für eine visualisiert und als verbindliche Vorla-
Veranstaltung bestuhlt wird, sich mit ge für die finale Ausarbeitung diente.
Menschen füllt und nach dem Event Darüber hinaus fertigte Factor Design
wieder ausgeräumt wird. »An dem Film selbst Locationbilder und deutete auf
sind alle wichtigen Parameter für spä- ihnen mit leichtem Strich Personen
tere Bildwelten abzulesen«, erläutert an. Nach der erneuten Absprache mit
Daniel Sorge, Head of Design bei Fac- dem Kunden erstellten die Gestalter
tor Design in Hamburg: etwa die Funk- daraus ein Briefing für den Fotogra-
tionalität der Möbel, der einfache und fen, das Raumsituation, Perspektive
schnelle Auf- und Abbau und eben und Möblierung umfasste. »Das end-
das Zusammensitzen. gültige Foto entsteht allerdings im-
Am Moodboard in der Agentur wurden die Um die Motive für die Kommunika- mer erst in der Situation zwischen An-
Visualisierungen gesammelt tionsmaßnahmen einzugrenzen, arbei­ lass und Mensch«, betont Daniel Sor-
teten die Designer mit Moodboards, ge. Bei der Casala-Broschüre sind die
die die Atmosphäre der späteren Fo- Unterschiede zwischen dem Fotogra-
tografien zeigen. Das konkrete Bild fen-Briefing und finalem Motiv jedoch
entwickelten sie über einfache Strich- nur äußerst gering.

Unterschiedlich
ausgearbeitete
Renderings dienten
als Vorstufe und
Briefing für das
Shooting. Visuali-
sierung (oben)
und finale Um-
setzung zweier
Motive aus der
Casala-Broschüre
PAGE eDossier 06.14 009

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010 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

Vom Scribble zur Anzeige


Serviceplan: BMW Motorrad

n Flucht aus dem Alltag und der wu-


seligen Stadt – das war die Grundidee
der Kampagne, die Serviceplan Mün-
chen im März für BMW Motorrad um-
gesetzt hat. Die visuelle Idee für die
Anzeigenmotive sah folgendermaßen
aus: eine hochgeklappte Stadt am Ho-
rizont, ein Fluchtpunkt und ein Motor-
rad beziehungsweise Roller auf freier
Strecke. Alles klar? Wohl eher nicht.
»Ein künstliches Motiv wie das für die
BMW-Kampagne ist schwer mit Wor-
ten zu beschreiben«, sagt Sandra Loibl,
Dieses grobe Scribble mit Anmerkungen diente als Briefing für die Illustratorin
Senior Art Director bei Serviceplan. »Für
die Präsentation haben wir in Zusam-
menarbeit mit der Illustratorin Lassal
ein gut ausgearbeitetes Scribble er-
stellt, damit sich der Kunde die Idee
vor Augen führen konnte.«
Für das Briefing der Illustratorin fer­
tigte Serviceplan ein grobes Scribble an,
versehen mit Anweisungen zur Farb­
welt (»freundlich«), Perspektive (»ge-
spiegelt«), Anmutung (»Stadt soll kein
Drecksloch sein«) et cetera. Das nach
diesen Angaben erstellte fotorealisti-
sche Scribble nutzte Serviceplan dann
auch als Briefing für den Fotografen.
Marc Trautmann schoss Gesamtan-
sichten von großen Städten vom Heli-
kopter aus, Straßen für den Vorder-
grund, Fahraufnahmen sowie Über­
gän­ge in Form von Tunneln und Brü-
cken. Aus diesen Einzelteilen schuf das
Lassal (  www.lassalmedia.com  ) fertigte daraufhin ein fotorealistisches
Team um Sandra Loibl anschließend
Scribble für die Präsentation beim Kunden an
in Photoshop das Composing-Layout
für die finale Kundenpräsentation und
für das Briefing der Postproduktion
Zerone in Hamburg.
Ein fotorealistisches Scribble ist laut
Loibl nicht immer erforderlich: »Manch­
mal genügt auch ein einziger Satz, um
eine Kampagnenidee auf den Punkt
zu bringen.« Weniger ausgearbeitete
Scribbles lassen darüber hinaus mehr
Spielraum für die finale Umsetzung
des Motivs und die Kreativität des Fo-
tografen. »In den meisten Fällen ist es
aber von Vorteil, einen genauen Fahr-
plan für das Shooting zu haben.« Im
Falle der BMW-Kampagne sehen sich
Scribble und finale Anzeige denn auch
sehr ähnlich. Geht es bei einer Kam­
pag­ne jedoch um authentische Darstel­
lung, wie beispielsweise bei Porträts
von Menschen, lässt sich das Ergebnis
nicht so genau vorab visualisieren.
Aus verschiedenen Bestandteilen setzte Serviceplan in Photoshop das Motiv für die »Hier muss man Raum für Zufälle las-
finale Präsentation beim Kunden und das Briefing der Postproduktion zusammen sen«, erklärt Loibl.
PAGE eDossier 06.14 011

Für das Mälzer-


Restaurant
Hausmann’s am
Frankfurter Flug-
hafen entwickelte
weissraum gleich
mehrere Logovarian-
ten. Das finale
Zeichen beinhaltet
das bereits bekannte
Mälzer-Logo aus
Besteck, die ange-
gliederte Hausbar
nimmt mit einem
Globus Bezug
auf den Standort

Von der Vektorgrafik zum Corporate Design


weissraum: Hausmann’s

n Im Oktober eröffnet Tim Mälzer mit Für Packaging und Restaurant-Be-


Patrick Rüther und Tim Plasse sein schilderung von Hausmann’s fertigte
zwei­tes Restaurant: das Hausmann’s weissraum zunächst eine Mischung aus
im Frankfurter Flughafen. Das Corpo- Skizzen und Moods an, um das gene-
rate Design stammt – wie schon das der relle Look-and-Feel zu vermitteln. Zu-
Bullerei – vom Hamburger Grafikdesign­ dem arbeiteten die Gestalter mit Stock-­
studio weissraum (siehe PAGE 01.12, Fotos sowie selbst geschossenen Bil-
Seite 37). Dessen Gründer Lucas Buch- dern von Bechern und Tüten, auf die sie
holz und Bernd Brink waren von Be- ihre Entwürfe als Vektorgrafiken über-
ginn an involviert. Um ihre Ideen für das trugen. »Wir tun so als ob«, beschreibt
Erscheinungsbild zu vermitteln, setz­ten Buchholz das Vorgehen. Die so entstan­
die Gestalter vornehmlich auf Vektor- denen Visualisierungen sind keine auf-
grafiken. »Scribbles nutzen wir vor al­ wendigen Renderings, aber dennoch
lem intern«, so Buchholz. »Für den Kun­ aussagekräftiger als rudimentäre Skiz­
den fertigen wir Vektorgrafiken an, die zen. »Sie sind ästhetisch nicht perfekt,
ein gutes Bild der finalen Umsetzung liefern aber annäherungsweise Darstel­
geben.« In der Phase der Logoentwick­ lungen des fertigen Produkts, die dem
lung zeigte weissraum den Gastrono­ Kunden unsere Ideen verständlich ma­
men sechs ausgearbeitete Entwürfe. chen«, so Buchholz.

Um ein Look-and-Feel vom Packaging


zu geben, stellten die Designer
Scribbles und Moods zusammen.
Fotos von Bechern und Tüten kombi-
nierten sie mit Vektorgrafiken, um
die finale Umsetzung zu simulieren
012 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

Vom Moodboard zum Film


Markenfilm

n Mit dem Arts & Creative Depart-


ment hat Markenfilm eine Abteilung
geschaffen, die speziell für Visualisie-
rungen von Filmideen zuständig ist.
Diese Treatments sind das Kondensat
der Vorrecherche und legen die Grund­
steine eines Films fest: Seine Atmo-
sphäre, Dynamik und Bildwelt, aber
auch Plot und filmische Mittel werden
hier in Form eines Booklets definiert.
Mit ihnen treten die Hamburger in Pit-
ches um Werbefilmaufträge an – ent-
sprechend wichtig ist es daher, dass
die Treatments die Ideen des Regis-
seurs verständlich und eindrucksvoll
kommunizieren. »Um Filmkonzepte ein­
drucksvoll und glaubwürdigzu visuali-
sieren, muss man mit dem Blick eines
Regisseurs arbeiten«, erklärt Manfred
Zozin, Head of Arts & Creative bei Mar-
kenfilm. Doch das Arts & Creative Team
braucht nicht nur fundiertes Filmwis-
sen, sondern muss sich auch mit Gra-
fik- und Editorial Design auskennen,
um Filmideen lebhaft und nachvollzieh­
bar zu Papier zu bringen. »Bei Marken-
film sind Treatments ein wichtiges kre­
atives Werkzeug und werden immer
ausgefeilter«, so Zozin.
Der erste Schritt besteht bei jedem
Projekt in der Absprache zwischen Pro­
duktionsfirma, Auftraggeber – meis-
tens Werbeagenturen – und Regisseur.
Nachdem die Agentur das Storyboard
für den Spot vorgelegt hat, diskutieren
al­le Beteiligten in einer Telefonkonfe-
renz die visuelle Grundidee. Im An-
schluss entstehen erste Notizen, Mind­
maps und Skizzen. Daraufhin beginnt
der wichtigste und aufwendigste Teil
der Visualisierungsarbeit: die Bildre­
cher­che. Dafür durchsucht das Marken­
Ganz oben: In Telefonkonferenzen zwischen Agentur, dem Arts & Creative film-Team gezielt Bücher und Zeitschrif­
Department von Markenfilm und dem Regisseur entstehen erste Notizen, Mind- ten, sichtet Filme, recherchiert im Netz
maps und Skizzen. Darunter: das Markenfilm-Team bei der Recherche-Arbeit und im hauseigenen Bildarchiv. »Man
muss wissen und entdecken wollen, wo
man das passende Material findet«,
erklärt Zozin. Um die Bildwelt eines
Films in all ihren Aspekte zu beschrei-
ben, ist eine Vielzahl an Referenzen nö­­
t­ig: Porträts und Schauspiel, Locations,
Landschaften, Licht und Atmosphäre,
Kameraarbeit, Special Effects und vie-
les mehr. Die Bilder werden in Share-
Foldern abgelegt, auf die das Team und
der Regisseur zugreifen können. Im fi-
nalen Treatment findet sich letztlich nur
ein Bruchteil des gesammelten Mate-
rials wieder – eben jene Bilder, die die
Filmidee am besten ausdrücken.
Im hauseigenen Bildarchiv in Adobe Bridge stellt das Arts & Creative Die Anforderungen an die Visuali-
Department Moodboards zu allen Aspekten eines Werbefilms zusammen sierung variieren von Projekt zu Pro-
PAGE eDossier 06.14 013 PAGE eDossier 06.14 013

PAGE gibt’s übrigens


auch in RGB.
jekt. Mal existiert bereits eine recht
weit entwickelte Idee, die das Team
um Manfred Zozin visualisieren soll,
mal erarbeitet es diese erst im Laufe
der Recherche und bietet sie Agen­-
tur und Regisseur an. Schon während
dieser Phase arbeitet Markenfilm aufs
Engste mit dem Regisseur zusammen.
»Mood­scou­ting ist ein kollaborativer
Prozess«, erläutert Zozin. Immerhin
geht es bei den Treatments darum, Vi-
sion und Arbeitsweise des Regisseurs
zu vermitteln – deswegen heißen sie
auch »Di­rector’s Interpretation«. Da-
bei spricht sich das Arts & Creative De-
partment immer auch inhouse mit
dem Produktionsteam ab, das Aus-
kunft über die Kosten und Realisier-
barkeit von Ideen gibt.
Wenn die Bildauswahl getroffen ist,
geht es an die Gestaltung des Treat-
ments, das in einer Kombination von
Bild und Text ein Gefühl für den Film
vermittelt – und Agentur und Kunden
begeistern soll. Nach der Präsentation
beim Kunden und eventuellen An­pas­
sungen an seine Wünsche dient das
Treatment dem Drehteam als Hand- Das Treatment
lungsanleitung für die Umsetzung. kombiniert
»Man muss wissen, wie man in Bildern Bild und Text,
kommuniziert – zuerst, um einer Idee um die Filmidee
die Kraft zu geben, die sie braucht, überzeugend
und danach, um das Team anzulei- und spannend
ten«, so Manfred Zozin.  zu visualisieren
014 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

PROBIER MAL!
Von Low bis High Fidelity: Für die Entwicklung interaktiver Anwendungen und Produkte sind Prototypen unverzichtbar

Sketch
Eine Skizze ist der erste Schritt in der Produktentwicklung.
Beginnend mit User Research und Initial Idea Sketching
werden zu jedem Zeitpunkt der Ideenfindung alle Informatio-
nen und Gedankenschritte auf Papier gebannt. Letzteres
sollte in dieser Phase tonnenweise greifbar sein, sodass die
Ideen sprudeln können. Die vollgezeichneten Blätter ver-
teilt man lose vor sich, um sie dann zu kategorisieren – wie hier
die Studenten am Kopenhagener Institut für Interaction
Design. Jeder Sketch verdient einen catchy name, damit man im
Gespräch auf ihn Bezug nehmen kann. So bilden die Skizzen
zu Beginn des Projekts eine erste Diskussionsgrundlage und
schaffen Klarheit für folgende Prototypentwicklungen.

Storyboard
Mehrere Skizzen, chronologisch aneinan-
dergereiht, ergeben ein Storyboard.
Dieses kann unterschiedliche Funktionen
erfüllen. So gibt ein Experience Story-
board die allgemeine Stimmung um das
Produkt wieder und beschreibt auf
diese Weise, welches Erlebnis die Inter-
aktion auslösen soll. Ein Scenario Story-
board wie das am Kopenhagener Institut
für Interaction Design entwickelte (links)
fasst das Interfacekonzept näher ins Auge,
indem es den Anwendungsfall visuali-
siert. Und bei der Entwicklung von Websites
und Applikationen bildet meistens ein
Screen Flow Storyboard alle Abläufe ab.

Paper Prototype
Papier und Pappe sind ausgezeichnete und dazu preiswerte
Materialien, um einfache Prototypen zu gestalten. Für einen
Testlauf durch erste Interfacekonzepte reichen ein Stift und
ein paar Blatt Papier. In Verbindung mit einer Hardwarekon-
struktion bietet sich hierfür Wellpappe an, denn sie ist leicht
verformbar und überall erhältlich. Und so kommt sie auch
am Kopenhagener Institut für Interaction Design zum Ein-
satz, um Hardware-Paper-Prototypen zu bauen (rechts).
Diese Art des Prototyping ist nach dem Storyboard die güns­-
tigste Methode und liefert erste funktionierende Mo-
delle, mit denen sich bereits Usertests durchführen lassen.
PAGE eDossier 06.14 015

Digitaler Sketch
In fast jeder Projektphase gelangt man früher oder später an den Punkt, an dem
die weiteren Schritte am Computer erfolgen müssen. Dabei bilden erste Lay-
outs in den gängigen Grafikprogrammen eine detaillierte Basis für einzelne Screen-
designs, die im Vergleich zu von Hand gezeichneten Skizzen schon um einiges
komplexer und ausgearbeiteter sind (hier als Beispiel der Entwurf für den Com-
munity Almanac von The Open Planning Project). Mit digitalen Sketchingtools
lassen sich rohe Screenlayouts und interaktive Prototypen für Interfacedesign-
konzepte erstellen. An der University of Washington verfolgt man inzwischen
den Ansatz, das gesamte Webdesign vom Papier auf den Computer zu verlagern:
So lässt sich mit dem Tool Denim (  http://dub.washington.edu:2007/denim  )
jeder Schritt von der ersten Skizze bis zur detaillierten Seitenaufteilung in einem
Dokument verwalten. Dabei schafft die auf Stift- oder Toucheingabe ausge-
legte Benutzeroberfläche lediglich einen digitalen Rahmen für das gute, alte
Sketching auf Papier. Die Baukastensysteme Balsamiq und pidoco° erset-
zen dieses durch das Herumschieben vorgefertigter Elemente – ein enormer
Vorteil, wenn komplexe Layouts immer wieder angepasst werden sollen.

Prototyp-Video
Interfaces kommen heute kaum noch ohne Animationen
aus. Einzelne Screens lassen sich daher nicht mehr isoliert
betrachten, denn es sind gerade die Übergänge zwischen
den Zuständen, die zum Verständnis der Struktur beitragen.
So ist es konsequent, bei der Entwicklung eines Prototyps
Einzelbilder in bewegte Bilder umzuwandeln . In einem von
Mareike Graf geleiteten Seminar an der Hochschule für
Gestaltung Schwäbisch Gmünd entstand der Kurzfilm »ami –
folding the future«. In ihm zeigen Marc Osswald und Jakob
Konrad die Interaktionsmöglichkeiten faltbarer Displays,
wobei sie den Fokus weniger auf die Bedienung des
Geräts als vielmehr auf das geschaffene Szenario legten. Mit
Prototyp-Videos lassen sich Abläufe schon früh detailliert
ausgestalten und so eine Idee auch ohne den Aufwand einer
interaktiven Gestaltung verständlich präsentieren.

Simulation
Für einen schnellen Überblick über die Vorzüge einer Anwen-
dung muss eine Simulation nicht erst zeitaufwendig pro-
grammiert werden. Ausgewählte Abläufe veranschaulichen
dabei die verschiedenen Funktionen. Doch sollte man die
Vorführung gut einstudieren, damit die Illusion entsteht, es
handle sich um eine lauffähige Applikation. Für eine solche
Präsentation gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder lässt
man einfach ein Video vom Interface ablaufen und der
Darsteller führt die dazu einstudierten Bewegungen aus. Für
mehr Flexibilität kann ein Assistent das Video an passenden
Stellen pausieren lassen oder der Darsteller steuert es selbst.
Für das Photoshop-MT-Konzept, das in Zusammenarbeit
mit Jens Franke und Wera Reinhardt an der Hochschule für
Gestaltung Schwäbisch Gmünd entstand, wurde eine
Simulation in Flash aufgebaut, die der Präsentator selbst über
zwei kleine Fußpads für »vor« und »zurück« steuern konnte.
016 PAGE eDossier 06.14 (Beitrag aus PAGE 10.2012)

Experience Prototype
Während man im Interfacedesign auf klassische Usability-
kriterien wie Effektivität, Effizienz, Einprägsamkeit,
Erlernbarkeit oder Fehlerrate achtet, reichen diese bei
interaktiven Installationen nicht aus, um die Qualität
zu beurteilen. Hier ist vor allem das Nutzervergnügen ein
entscheidender Faktor – von Computerkünstler Zach
Lieberman auch als »Open Mouth Phenomenon« bezeich-
net. Bei dem Spielkonzept »Magic Carpet« von envis
precisely und Isabella Thaller sollte mit möglichst geringem
technischem Aufwand der Spaßfaktor getestet werden.
Dazu klebte das Team eine teppichgroße Fläche ab und
nutzte zwei Taschenlampen, um Kreise auf den Boden
zu projizieren. Der eine Kreis folgt dem User, der den an-
deren Kreis fangen muss. Die Versuche wurden gefilmt,
um die Reaktionen der Spieler auswerten zu können. Lautes
Schreien und Kichern galten innerhalb einer »Spaß-
skala« als positiv – ein ausgesprochen heiteres Testverfahren.

Behavioural Prototype Haptischer Prototyp


In Systemen, bei denen die Bewegung und das Verhalten Bei Hardwareprototypen ist es sehr wichtig, dass der Aufbau
der einzelnen Elemente eine zentrale Rolle spielen, nicht nur zu sehen, sondern auch zu fühlen ist. Die Bedeutung
möchte man diese oft gesondert beurteilen. Essenziell ist des Tastsinns für die Beurteilung von Interaktionen wird immer
dieses Behavioural Prototpying für generative Installatio­ wieder unterschätzt. Benedikt Burgmaier und Julia Stäbler
nen wie etwa »Bugworld«. Bei der 2007 im User-Interface- entwickelten zusammen mit dem Forschungsteam haptICS,
Design-Kurs der Fachhochschule Joanneum in Graz ent­- bestehend aus Götz Wintergerst und Ron Jagodzinski,
wickelten Arbeit sollte das Verhalten eines oder mehrerer eine spezielle Testreihe für Drehregler, da diese oft eine gute
Käfer zunächst mit simplen Rechtecken getestet werden. Alternative zur herkömmlichen Bedienung technischer
Dies gab Aufschluss über wichtige Parameter, ohne sich zu Geräte darstellen. Ziel war es, den optimalen Regler zu bauen
sehr in grafischen Details zu verlieren. So animierten die und ein – im Hinblick auf haptisches und akustisches Feed-
Studenten in erster Instanz Käst­chen, um zu verfolgen, wie back – passendes Interface zu entwerfen. Das Projekt gliederte
sich die einzelnen Objekte im System verhalten. Das sich in mehrere Teilbereiche: Zuerst suchte das Team verschie-
Design war zunächst nicht wichtig, da der Fokus auf den denste Geräte, die Drehregler verwenden, und testete sie auf
parameterbasierten Charakteristiken lag. In dieser Phase mögliche Parameter wie Drehwiderstand, Geräusch, Haptik,
bildet man typischerweise auch viele Hilfsmittel ab. Im Fal- Geschwindigkeit oder Mapping. Im nächsten Schritt konstruier-
le von »Bugworld« gab es Indikatoren für Sichtradius, ten die Entwickler Widerstände aus unterschiedlichsten
Richtung und Zielposition, visualisiert durch weiße Hilfs- Materialien wie Aquariumschlauch, Plastikstreifen, Milchglas,
linien, damit sich nachvollziehen ließ, wie sich Ände- Lochblech, Dreiecksplastik und Neusilber, um harmonische
rungen am Code auf das Verhalten der Käfer und Pflanzen Reglerreihen mit sechs Abstufungen von weich bis hart zu garan-
auswirkten. Solche Details schaffen es nicht selten bis tieren. Zum Schluss erstellten sie ein simples Interface, das
in die Endversion, da sie sich als sehr nützlich erweisen. eine verständliche Menünavigation mittels Drehreglern abbildet.
PAGE eDossier 06.14 017

Interaktions-Prototyp
Auf der Suche nach Alternativen zu Maus
und Tastatur gilt es, moderne Benutzer-
schnittstellen zu gestalten, deren Inter-
aktionsmöglichkeiten den Anforderungen
der Anwendung Rechnung tragen. Wie
kann beispielsweise eine Eingabe für ein
Interface aussehen, das Wissen anschau-
lich vermitteln soll? Bei der interaktiven
Installation »Tiefsee« von Andreas
Burghart, Christian van Elten und Felix
Hohl können Besucher mit einem
alten Drehrad ein U-Boot virtuell ins Meer
abtauchen lassen. Hier griffen die
Studenten auf Baumarktprodukte wie
Metallrohre und -gitter zurück. Stößt
der Besucher auf einen Fisch, spürt er,
wie die Plattform vibriert. Ein lauter
werdender Rauschton verdeutlicht den
enormen Druck in bis zu 10 000 Meter
Tiefe. Für das haptische Feedback kam ein
Bodyshaker zum Einsatz – ein Körper-
schallgenerator, der einen fühlbaren Bass
erzeugt, den man im Idealfall nicht hört.
Den Rauschton generierte ein Subwoofer,
dessen Lautstärke über Y-Mauskoordina-
ten reguliert wird. Auf diese Weise bauten
die drei mit geringem Materialaufwand
einen eigenständigen Prototyp, der auf
klassische Eingaben verzichtet und
somit ein neues Bediengefühl vermittelt.

Demo-Prototyp
»Erkläre es mir, und ich werde es verges-
sen. Zeige es mir, und ich werde mich
erinnern. Lass es mich selber tun, und ich
werde es verstehen.« Wie schon Kon-
fuzius sagte, verläuft der Königsweg des
Begreifens über das eigene Tun. Aus
diesem Grund besteht der überzeugends­-
te Prototyp aus der funktionsfähigen
Demonstration entscheidender Teile des
finalen Produkts. Dabei kann die User
Experience im Vordergrund stehen oder
das Ziel eher sein, die Art des Feed-
backs zu begutachten. Bei dem von
Christian Perstl und envis precisely
entwickelten Multitouch-Software-Proto­
typ für das Designportfolio molecule
mt wird deutlich, wie leicht sich die Inter-
aktion mit der Anwendung am Gerät
selbst erleben lässt. Dieses Demo regt
dazu an, das Interface spielerisch zu
erforschen, etwa beim Betrachten von
Designprojekten. Visualisiert werden
diese durch vieleckige Formen – die Mole-
Die Beiträge auf den Seiten 14 bis 17 stammen aus WEAVE, dem küle –, die sich aus einzelnen Elemen-
Interactive-Design-Magazin von PAGE (  www.weave.de  ). Die ten zusammensetzen. Diese stehen für
Autoren sind Thomas Gläser, Markus Jaritz und verschiedene Designkategorien und
Philipp Sackl von envis precisely (  www.envis-precisely.com  ) zeigen so die Ausrichtung der Projekte.
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