Sie sind auf Seite 1von 98

DEUTSCHES INSTITUT FÜR ENTWICKLUNGSPOLITIK

Globalisierung, Regionalisierung und


interregionale Beziehungen
Anforderungen an den MERCOSUR und eine
EU-MERCOSUR Partnerschaft

Klaus Eßer

Berichte und Gutachten 12/2000

Bonn 2000
©
Deutsches Institut für Entwicklungspolitik
Tulpenfeld 4 · D-53113 Bonn
Telefon (0228) 9 49 27-0 · Telefax (0228) 9 49 27-130
DIE@die-gdi.de
http://www.die-gdi.de
ISBN 3-88985-241-6
Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Zusammenfassung I

1 Globalisierung und regionale Integration der Industrieländer 1

2 Regionale Integration in den technisch-industriell rückständigen Weltregionen 1

3 Regionale Integration zwischen armen Ländern: geringe Ergebnisse 2

4 Regionale Integration über Schwellenländer: große Vorteile - das Beispiel


MERCOSUR 3
4.1 Schaffung großer Märkte (Marktgrößeneffekte) 3
4.2 Wachstum des intraregionalen Handels 4
4.3 Verringerung der Transaktions-, Transport-, Kommunikations- und Energiekosten durch
den MERCOSUR (physische Integration) 5
4.4 Demonstrations- und Mitzieheffekte zugunsten besonders rückständiger Mitgliedsländer 5
4.5 Stärkung der interregionalen und internationalen Verhandlungsmacht 6

5 Wirtschaftliche Integrationsprobleme des MERCOSUR 6


5.1 Zentrales Hemmnis dynamischer regionaler Integration: unterschiedliche
Währungspolitiken 7
5.2 Schwäche der intraregionalen industriellen Arbeitsteilung 8
5.3 Entwicklungsinstrument Gemeinsamer Außenzolltarif? 8
5.4 Handelsschaffende und handelsumlenkende Effekte: Integrationstheorien im
politischen Spiel 9

6 Die politische Dimension des MERCOSUR 10


6.1 Die Integrationsinstitutionen 10
6.2 Kombination von Vertiefung und Erweiterung 11
6.3 Die demokratische Dimension und die Sicherheitspolitik 12
6.4 Gemeinsame Gestaltung der Außen- und Außenwirtschaftsbeziehungen 13

7 Regionale Integration technisch-industriell rückständiger Länder -


der MERCOSUR als Beispiel 14
7.1 Regionale Integration von Industrie- und von rückständigen Ländern 14
7.2 Schwache Integrationslokomotive - Brasilien in den 90er Jahren 15
7.3 Argentinien: „import-led de-sophistication“ – ein gefährdetes Schwellenland 18
7.4 Regionale Integration bei Binnen- und Weltmarktorientierung 18
7.5 Vom politischen Integrationswillen zum ökonomischen Integrationsprojekt 20
7.6 Optionen des MERCOSUR: Aufgehen in einer Südamerikanischen Freihandelszone
oder Gemeinsamer Markt und Währungsunion 21

8 Der Weg zu selbstgeneriertem Wandel: Kombination exportorientierter


nationaler Wachstumsstrategien und mesoökonomischer regionaler Integration 22
8.1 Endogene Konstellation: Bedingungen der Auslösung dynamischer Entwicklung 22
8.2 Wirtschaftspolitisches laissez faire plus schmale soziale Flankierung oder Mobilisierung
gesellschaftlicher Kräfte für eine aktive Regional- und Weltmarktorientierung 24
8.3 Von der Stabilitäts- und Standortpolitik zu einer exportorientierten
Wachstumsstrategie 25
8.4 Vom exportgetriebenen Wachstum zum wachstumsgetriebenen Export - der Weg
zu einem komplexen Wachstumsmuster 28
8.5 Aufbau eines starken und effektiven Nationalstaats 28
8.6 Heranwachsen einer großen Zahl wettbewerbs- und innovationsorientierter
Unternehmen 30
8.7 Der MERCOSUR als Treibmittel regionaler Unternehmensverflechtung und globalen
Handels: regionale Raumstruktur und regional abgestimmte oder gemeinschaftliche
Mesopolitiken 31
8.8 Der MERCOSUR als Motor des technischen Fortschritts (technologische Integration) 34
8.9 Der MERCOSUR angesichts der Globalisierung unter Modernisierungs- und
Lerndruck: ein Motor regionalen und globalen Lernens 38

9 Anforderung einer EU-MERCOSUR Partnerschaft an die EU und ihre


Mitgliedsländer 41
9.1 Neue Partnerschaft von Industrie- und technisch-industriell rückständigen Ländern 41
9.2 Interesse der Industrieländer an biregionalen Freihandelsabkommen 41
9.3 Europäisch- lateinamerikanische Partnerschaft: Strategische Partnerschaft als Ziel-
perspektive oder erneutes Zudecken von Problemen durch ambitiöse Begrifflichkeit? 42
9.4 Unterstützung der regionalen Integration 44
9.5 Wirtschaftliche Zusammenarbeit 44
9.6 Wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit 46
9.7 Entwicklungspolitische Zusammenarbeit 47
9.8 Ordnungspolitische Zusammenarbeit 49

Anmerkungen 51
Schaubilder 57
Schaubild 1 57
Schaubild 2 57
Schaubild 3 57
Schaubild 4 58
Schaubild 5 58
Schaubild 6 59
Schaubild 7 59
Schaubild 8 60
Schaubild 9 60
Schaubild 10 61
Schaubild 11 62
Schaubild 12 63
Schaubild 13 64
Schaubild 14 65
Schaubild 15 66
Schaubild 16 67
Schaubild 17 68
Schaubild 18 69
Schaubild 19 70
Schaubild 20 71
Schaubild 21 71
Schaubild 22 72
Schaubild 23 72
Schaubild 24 73
Schaubild 25 73
Schaubild 26 74
Schaubild 27 75
Schaubild 28 78
Schaubild 29 80
Schaubild 30 81

Literaturverzeichnis 83
Abkürzungsverzeichnis

AA Auswärtiges Amt
AEC Arancel Externo Común
ALADI Asociación Latinoamericana de Integración
ALCA Área de Libre Comercio de las Américas
ALCSA Área de Libre Comercio Sudamericana
ANTEL Staatliches Telekommunikationsunternehmen, Uruguay
ASEAN Association of South East Asian Nations
BID / IDB Interamerikanische Entwicklungsbank, Washington, D.C.
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
CAF Corporación Andina de Fomento, Caracas
CAN Comunidad Andina
CARICOM Caribbean Community Market
CBI Caribbean Basin Initiative
CCM Comisión de Comercio, MERCOSUR
CEPAL Comisión Económica para América Latina y el Caribe, Santiago de Chile
ECLAC = CEPAL
EZ Entwicklungszusammenarbeit
FHZ Freihandelszone
FuE Forschung und Entwicklung
FZ Finanzielle Zusammenarbeit
GRAN Grupo Andino (CAN)
GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten
INTAL Instituto para la Integración de América Latina
IRELA Instituto de Relaciones Europeo-Latinoamericanas
KMU Klein- und Mittelunternehmen
MCCA Mercado Común Centroamericano
MERCOSUR Mercado Común del Sur
NAFTA North-American Free Trade Agreement
OECD Organization for Economic Cooperation and Development
SADC South African Development Community
SAM Secretaría Administrativa del MERCOSUR, Montevideo
TZ Technische Zusammenarbeit
UNCTAD United Nations Conference on Trade and Development
USAID US Agency for International Development
WTO World Trade Organization
ZU Zollunion
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen I

Zusammenfassung: handelspolitische striell rückständigen Ländern - manche Akteu-


und mesoökonomische Integration re und Institutionen schwach sind, die verblei-
benden Differenzen sehr unterschiedlich aus-
Weltweit werden Handelshemmnisse abgebaut. fallen und die Zukunftsorientierung eine gerin-
Die Bemühungen um globalen Freihandel ge Rolle spielt.
werden durch bilaterale und biregionale Frei-
handelsabkommen ergänzt. Zugleich aber ver- Die Industrieländer schaffen große regionale
stärken die Anforderungen und Risiken der Wirtschaftsräume, um ihr wirtschaftliches und
Globalisierung den Druck zu regionaler Integ- politisches Gewicht weltweit zu erhöhen. In
ration. Dies gilt für regionale Freihandelszo- ihre Integrationsgruppen beziehen sie auch
nen, z.B. NAFTA; viele regionale Freihandels- technisch-industriell rückständige Länder der
zonen, etwa ASEAN und SADC, befinden sich eigenen Region ein. Die wirtschaftsstärksten
im Aufbau. Dies gilt auch für regionale Integ- rückständigen Länder (Schwellenländer) besit-
rationsgruppen mit anspruchsvolleren Zielset- zen eine regionale Lokomotivfunktion. Die
zungen, z.B. EU und MERCOSUR. Prozesse regionaler Integration, die sie ansto-
ßen und prägen, sind erfolgversprechend, je-
In den regionalen Integrationsgruppen - wie in doch in der Regel fragiler und risikoanfälliger
den Nationalstaaten - werden die trotz Libera- als die in den Industrieländerregionen. Integra-
lisierung verbleibenden Differenzen für die tionsprobleme ergeben sich vor allem aus der
Standortqualität und die internationale Wett- mangelnden Festigkeit des Entwicklungspfa-
bewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen des der Mitgliedsländer, einer geringen Stand-
um so wichtiger. Bei Freihandelsabkommen ortqualität sowie Wettbewerbsmängeln der
geht es um verbleibende handelspolitische Unternehmen. Dürftige Ergebnisse weisen die
Unterschiede zwischen den Partnerländern. Ansätze regionaler Integration zwischen den
Diese Abkommen beseitigen die gegenseitigen besonders rückständigen Ländern auf; sie ver-
Handelshemmnisse, berühren jedoch nicht die mögen die fehlende nationale Dynamik der
handelspolitische Souveränität gegenüber Mitgliedsländer nicht zu ersetzen (Teile 1-3).
Drittländern. Allerdings liegt die Attraktivität
von Freihandelsabkommen häufig auch in Ein zentrales Ziel des MERCOSUR - wie der
begleitenden Kooperationsabkommen oder EU - ist die Wohlfahrtssteigerung durch Ver-
politischen Absprachen; ein Beispiel für solche größerung des Marktes. Marktgrößeneffekte
non-trade gains ist das Freihandelsabkommen erhöhen bereits das Investitionsinteresse der
zwischen den USA und Israel. Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. In-
und ausländische Großunternehmen sind Mo-
Bei den anspruchsvolleren Prozessen regiona- toren der Regionalisierung im MERCOSUR
ler Integration (Zollunion, Gemeinsamer und auch der zunehmenden Einbindung Süd-
Markt, Währungsunion, politische Union) amerikas in den Regionalisierungs- und Globa-
wachsen die Möglichkeiten, die verbleibenden lisierungsprozeß. Im Vordergrund des MER-
Differenzen gegenüber Drittländern gemein- COSUR steht bisher die handelspolitische
sam zu nutzen und sogar zu verstärken. Dies Integration nach innen und außen. Die Auswei-
gilt für die handelspolitische Integration nach tung des intraregionalen Handels erklärt sich
innen und nach außen, außerdem für eine ge- aus der allgemeinen Handelsliberalisierung,
meinsame Verbesserung der Angebotsbedin- der Stärkung des intraregionalen Freihandels,
gungen, z.B. durch eine abgestimmte oder restriktiven Vereinbarungen, z.B. Kontingen-
gemeinschaftliche Forschungs- und Technolo- ten, und dem gemeinsamen Außenzoll. Teils
giepolitik, sowie für die gemeinsame Gestal- wurde auch der Handelseinbruch der 80er Jah-
tung der Außen- und Außenwirtschaftsbezie- re wettgemacht.
hungen. Es stellt freilich hohe Anforderungen
an Akteure und Institutionen, in immer mehr Eine Liberalisierung des Handels mit Dienst-
Bereichen gemeinsame Entscheidungen zu leistungen hat eingesetzt. Vom politischen
treffen. Dies ist insbesondere dann der Fall, Willen der Regierungen hängt es ab, wann das
wenn - wie vor allem in den technisch-indu- handelspolitische Integrationsprojekt (Freihan-
II Klaus Eßer

delszone, Zollunion) abgeschlossen ist. Der Investitions- und spitzentechnologische Güter


gemeinsame Außenzoll soll 2006 für alle Mit- verlangt wird. Die Frage stellt sich, ob nicht
gliedsländer und Produkte gelten. Abzubauen weitaus eher als ein relativ hoher Importtarif
sind die Sonderregelungen (Kontingente u.ä.), die gemeinsame Verbesserung der Angebots-
die nicht-automatischen Einfuhrgenehmigun- bedingungen technisch-industrielles Aufholen
gen und die verbleibenden nicht-tarifären begünstigen würde. Darüber hinaus wird Chile
Hemmnisse. Vorgesehen ist kurzfristig eine dem MERCOSUR nur bei Senkung von dessen
Verringerung des Außenzolls. Importtarif beitreten (Teil 5).

Der MERCOSUR hat den Ausbau der regiona- Die politische und institutionelle Gestaltung
len physischen Infrastruktur stark belebt; die des MERCOSUR steht am Anfang. Die Integ-
Transaktions-, Transport-, Kommunikations- rationsinstitutionen sind schwach; Brasilien
und Energiekosten nehmen ab. Er löst De- lehnt die Übertragung von nationalen Souverä-
monstrations- und Mitzieheffekte der fortge- nitätsrechten auf die MERCOSUR-Institutio-
schrittenen Mitgliedsländer (Brasilien, Argen- nen ab. Interessenunterschiede ergeben sich
tinien) zugunsten der übrigen Mitgliedsländer aus der Frage nach der Kombination von Ver-
(Uruguay, Paraguay) aus. Darüber hinaus er- tiefung und Erweiterung des MERCOSUR. Im
weist er sich für andere Länder der Region als Hinblick auf die Vertiefung zeichnen sich zwei
attraktiv (Beitrittswunsch Chiles, Assoziierung Positionen ab: Aus orthodoxer Sicht steht die
Boliviens, Aufbau einer Südamerikanischen weitere Liberalisierung des Handels nach in-
Freihandelszone). Schließlich stärkt er die nen und außen im Vordergrund. Neostruktura-
interregionale Verhandlungsmacht der Mit- listische Ökonomen fordern dagegen den Aus-
gliedsländer und ermöglicht eine aktivere Rol- bau des MERCOSUR zu einem "proyecto
le Südamerikas in der Weltwirtschaft und estratégico", und zwar über "políticas indus-
-politik (Teil 4). trializantes".1 Brasilien besitzt großes Interesse
an der Erweiterung des MERCOSUR, am
Weitaus schwieriger als die handelspolitische Aufbau einer Südamerikanischen Freihandels-
und die physische Integration ist der Aufbau zone sowie am Ausbau der südamerikanischen
eines Gemeinsamen Marktes, der bei Grün- physischen Infrastruktur, um sein wirtschaft-
dung des MERCOSUR 1991 ebenfalls verein- liches und politisches Gewicht in der Region
bart wurde. Erst seit 2000 kommt es zu Bemü- und weltweit zu verstärken (Teil 6).
hungen um makroökonomische Konvergenz.
Die unterschiedliche Währungspolitik Brasi- Die regionale Integration technisch-industriell
liens und Argentiniens erweist sich als das rückständiger Länder besitzt andere Vorausset-
zentrale Hemmnis des regionalen Integrations- zungen als die der Industrieländer. Die MER-
projektes. Eine Währungsunion wurde verein- COSUR-Länder schlagen mit der Durchset-
bart, ist aber wahrscheinlich ein langfristiges zung des neoklassischen Marktmodells eine
Projekt. grundsätzlich erfolgversprechende Richtung
ein. Brasilien besitzt das komplexeste Wachs-
Hinzu kommt die Schwäche der intraregiona- tumsmuster, war aber während der 90er Jahre
len Arbeitsteilung. Diese zielt nicht - wie in eine schwache Wachstumslokomotive. Argen-
Ost- und Südostasien - auf einen stark export- tinien ist aufgrund seiner einseitigen makro-
orientierten industriellen Produktionsverbund ökonomischen Stabilisierung seit Anfang der
in der Region. Während Brasilien hauptsäch- 90er Jahre in eine tiefe Krise geraten; es führt
lich Industriegüter eines mittleren technischen zunehmend Rohstoffe und rohstoffnahe Indust-
Niveaus in die übrige Region ausführt, expor-
tieren die übrigen Mitgliedsländer vor allem
Bergbau- und Agrarprodukte sowie Nahrungs-
güter.
1 D. Chudnovsky / A. Lopéz / S. Melitsko, ¿Ha con-
tribuido el MERCOSUR al desarrollo económico ar-
Ein weiteres Problem ist der Gemeinsame Au- gentino?; in: INTAL/BID, Integración & Comercio,
ßenzolltarif, der insbesondere von Brasilien für Bd. 4, Nr. 10, Buenos Aires, Jan. – April 2000,
S. 35 - 67, S. 59.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen III

riegüter aus, während seine industrielle und Die Umsetzung solcher nationaler Strategien
gesellschaftliche Dynamik abfällt. und auch die Bemühungen um eine institutio-
nelle Entfaltung in den Mitgliedsländern des
Für die Beurteilung des MERCOSUR sind MERCOSUR kann durch die mesoökonomi-
weniger die Integrationsmodelle und -theorien sche Integration verstärkt werden. Sie ist für
der Industrieländer wichtig als die Beantwor- technisch-industriell rückständige Länder so-
tung der Frage, ob die zwei, mit Chile drei gar eine unverzichtbare Ergänzung der han-
Kernländer einen selbstgenerierten Wandel delspolitischen Integration. Wichtige Ziele
auszulösen vermögen. Ist dies nicht der Fall, einer abgestimmten oder gemeinschaftlichen
könnte sich die Tendenz verstärken, daß der weltmarktorientierten Verbesserung der Ange-
MERCOSUR in einer südamerikanischen und botsbedingungen sind:
anschließend gesamtamerikanischen Freihan-
• zusätzliche mesoökonomische Anreize
delszone aufgeht (Teil 7).
und Anstöße für die marktgetriebene In-
tegration, insbesondere zur Unterneh-
Für einen selbstgenerierten Wandel, der auf
mensverflechtung und zur Erhöhung der
einen festen Entwicklungspfad gerichtet ist,
Zahl stabiler Exporteure,
gibt es vor allem in Chile und Brasilien Anzei-
chen. Beide Länder sind bemüht, das Potential • gemeinsame gesellschaftliche Vorleistun-
zu rohstoffnaher Spezialisierung auszuspielen, gen für die Wirtschaft, vor allem über E-
zugleich aber das exportorientierte Wachstum lemente einer regionalen Bildungs-, Tech-
durch einen wachstumsgetriebenen Export, der nologie-, Forschungs- und Innova-
auf dynamischen unternehmens- und instituti- tionspolitik, wobei die nationalstaatlichen
onengebundenen Vorteilen beruht, zu ergän- Politiken ergänzt und verstärkt werden,
zen. Hierdurch verbessern sich die Möglichkei- und
ten, einen technisch-industriellen Aufhol-
• eine Bündelung der Anstrengungen zum
prozeß in Gang zu setzen; allerdings fehlen für
Ausbau des wissensintensiven Industrie-
einen solchen noch viele Voraussetzungen. Die
und Dienstleistungssektors, von dem die
wichtigsten dieser Voraussetzungen sind eine
internationale Wettbewerbsfähigkeit der
politische und institutionelle Entwicklung, die
heimischen Unternehmen und die Dyna-
auf den Aufbau eines starken und effektiven
mik des technisch-industriellen Aufholens
Nationalstaates gerichtet ist, sowie das Heran-
zunehmend bestimmt werden.
wachsen einer großen Zahl wettbewerbs- und
innovationsorientierter Unternehmen.
Die mesoökonomische Integration formt die
regionale Handelsgruppe in eine regional und
Um die Voraussetzungen für einen selbstgene-
global lernende Entwicklungsgemeinschaft
rierten Wandel zu verbessern, scheint die
um. Angesichts der neuen technologischen und
Kombination nationaler exportorientierter
weltwirtschaftlichen Anforderungen stehen die
Wachstumsstrategien mit einer handelspoliti-
MERCOSUR-Länder unter hohem Moderni-
schen und mesoökonomischen regionalen In-
sierungs- und Lerndruck. Der MERCOSUR
tegration geeignet zu sein. Eine Strategie, die
kann, um auf diesen zu reagieren, zu einem
zunächst hauptsächlich auf die Ausschöpfung
Motor regionalen und globalen Lernens, vor
des gegebenen komparativen Vorteils - ein-
allem auch in den besonders rückständigen
schließlich der Diversifizierung der Exportpro-
Regionen der fortgeschrittenen Länder und in
dukte und der Absatzmärkte - gerichtet ist, löst
den besonders rückständigen Mitgliedsländern,
dynamische Modernisierungs- und Lernpro-
ausgebaut werden. Weitaus wichtiger als die
zesse vieler Unternehmen, eine intensive Ver-
direkte finanzielle Kompensation im Rahmen
flechtung zwischen Groß-, Mittel- und Klein-
eines interregionalen und zwischenstaatlichen
unternehmen sowie ein Zusammenwachsen des
Interessenausgleichs, die nicht selten der
Agrar-, Industrie- und Dienstleistungssektors
Strukturkonservierung dient, sind die regionale
aus.
und internationale Orientierung und Verbesse-
rung der Lernfähigkeit von Individuen, Unter-
nehmen sowie privaten und öffentlichen Insti-
IV Klaus Eßer

tutionen. Auf ihre Unterstützung sollte die entwicklungspolitische Zusammenarbeit zwi-


mesoökonomische Integration eines zukunfts- schen EU und MERCOSUR entfaltet werden.
orientierten MERCOSUR zugeschnitten wer- Dies liegt auch im eigenen Interesse der EU
den. und ihrer Mitgliedsländer. Ihr Kernproblem in
ganz Lateinamerika besteht darin, daß die Prä-
In diese Richtung zielen einige der neuen Initi- senz europäischer Unternehmen im wissensin-
ativen der Regierung Brasiliens zur Vertiefung tensiven Industrie- und Dienstleistungssektor
und Erweiterung des MERCOSUR. Freilich schwach ist. Zentrales Kooperationsziel der
stehen die mesoökonomische Integration wie EU sollte daher ein spitzentechnologischer
auch die Vergrößerung der internationalen Verbund mit dem MERCOSUR sein, der auch
Verhandlungsmacht erst am Anfang. Bei für diesen und seine Mitgliedsländer von gro-
Kombination der nationalen exportorientierten ßer Bedeutung ist. Kommen die EU und ihre
Wachstumsstrategien und der mesoökonomi- Mitgliedsländer dieser Anforderung nach,
schen Integration, welche die handelspolitische wachsen die Chancen, im MERCOSUR auch
Integration ergänzt, erscheinen die erwähnten einen starken Partner im Hinblick auf die in-
wirtschaftspolitischen Standpunkte vereinbar; ternationale Regulierung zu gewinnen (Teil 9).
eine stärkere Zukunftsorientierung des MER-
COSUR wird möglich (Teil 8). Bonn, November 2000

Die fortgeschrittenen Länder (Schwellenlän-


der) und die um sie herum entstehenden regio-
nalen Integrationsgruppen gewinnen für die
Stabilität und Dynamik der Weltwirtschaft und
für Fortschritte bei der internationalen wirt-
schaftlichen, sozialen und ökologischen Regu-
lierung an Bedeutung. Sie sind unverzichtbare
Partner der Industrieländer, um eine Trend-
wende beim Weltproblem Armut und eine
Umkehr im globalen Umweltverbrauch zu
erzielen. Ihre technisch-industrielle und gesell-
schaftliche Dynamik sowie die von ihnen aus-
gehende regionale Integrationspolitik tragen
dazu bei, auch viele andere Länder in die regi-
onale und globale Dynamik und Zukunftssi-
cherung einzubeziehen. Aus diesem Grunde
sollten die fortgeschrittenen Länder, die regio-
nale Integrationsgruppen repräsentieren, in die
Bemühungen um eine effektive globale Steue-
rung einbezogen werden.

Die regionalen Industrieländergruppen besit-


zen Interesse an der Entwicklung biregionaler
Beziehungen zu den übrigen regionalen Integ-
rationsprojekten. So streben NAFTA und EU
den Aufbau von Freihandelszonen mit dem
MERCOSUR an, NAFTA sogar ein gesamt-
amerikanisches Freihandelsabkommen. Die
EU sollte - über die Unterstützung der han-
delspolitischen Integration hinaus - die mesoö-
konomische Integration im MERCOSUR un-
terstützen. In dieser Sicht sollte die wirtschaft-
liche, wissenschaftlich-technologische und
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 1

1 Globalisierung und regionale nale Industrieverbund ist sehr stark export-


Integration der Industrieländer orientiert.
• Auch die EU gliedert industriell rückständige
Die Globalisierungstendenz erhöht weltweit den
Länder ein, früher Portugal oder Griechen-
Druck zu regionaler Integration (Schaubild 1). Die
land, demnächst Polen oder Ungarn. Die star-
Chancen der Globalisierung können vor allem bei
ke technisch-industrielle Dynamik in Irland
regionaler Integration genutzt werden. Den Risi-
verdeutlicht, in welchem Maße die Mitglied-
ken, die die Globalisierung mit sich bringt, ist am
schaft in einer von Industrieländern domi-
ehesten im Falle regionaler Integration1, und zwar
nierten Integrationsgruppe bei hoher poli-
eines offenen Regionalismus, zu begegnen.
tisch-administrativer Steuerungsfähigkeit, so-
liden makroökonomischen Rahmenbedingun-
Insbesondere die Industrieländer bilden daher
gen und effektiven öffentlichen Institutionen
regionale Integrationsgruppen. Vor allem sie sind
genutzt werden kann.3
dafür verantwortlich, daß etwa 55 % des Weltex-
ports intraregionaler Export sind. Ihr intraregiona- • Die Mitgliedschaft in der von Industrielän-
ler Export wächst schneller als der Weltexport dern geprägten Nordamerikanischen Freihan-
(Schaubild 2). Ihr Regionalismus beruht auf zwei delszone (North American Free Trade Agree-
ökonomischen Tendenzen: ment/NAFTA) erhöht die Wachstums- und
Exportdynamik Mexikos. Außerdem ist die-
• der horizontalen, intraindustriellen Arbeits-
ses Land – wie auch die Republik Korea –
teilung; es werden untereinander ähnliche, im
OECD-Mitglied. Mexikos Anteil am NAF-
Detail unterschiedliche Industriegüter, z.B.
TA-Bruttoinlandsprodukt ist gering (1997:
Automobile, ausgetauscht, sowie
4,5 %),4 Washingtons Einfluß auf die Wirt-
• der vertikalen, interindustriellen Arbeitstei- schafts-, Investitions- und Handelspolitik
lung in der eigenen Region und mit benach- Mexikos groß. NAFTA erhöht den externen
barten Ländern; z.B. bauen Unternehmen der Modernisierungsdruck auf Mexiko; aller-
EU-Länder Produktionsstätten in Ländern dings verläuft die institutionelle und gesell-
mit anderer Faktorausstattung, z.B. Tsche- schaftliche Entwicklung in diesem Land
chien, auf. langsam.

Im Bereich des Handels und der Investitionen


besteht außerdem eine starke Tendenz zu einer
OECDisierung oder Triadisierung. Auf die Tria-
de-Regionen (Westeuropa, Nordamerika, Japan) 2 Regionale Integration in den technisch-
entfallen 80,1 % des Weltgüterexports und 72 % industriell rückständigen Weltregionen
der ausländischen Direktinvestitionen (1998).2
Angesichts der Globalisierung und der regionalen
Schließlich verstärkt sich in den drei regionalen Integrationsgruppen der Industrieländer besteht
Integrationsgruppen der Industrieländer die Ten- ein starker Druck auf die technisch-industriell
denz, auch technisch-industriell rückständige Län- rückständigen Länder, ebenfalls regionale Integra-
der einzugliedern: tionsgruppen zu schaffen, um ihre Entwicklungs-
potentiale zu mobilisieren und schließlich globale
• Wichtigstes Beispiel ist das regionale Pro-
Spieler zu werden. Deutlich ist jedoch, daß die
duktionsnetzwerk um Japan. Diesem gehören
Prozesse regionaler Integration in den rückständi-
drei Neue Industrieländer (Republik Korea,
gen Regionen weniger fortgeschritten, fragiler und
Taiwan, Singapur) und zwei Länder in dy-
risikoanfälliger als die in den Industrieländer-
namischer industrieller Entwicklung (Thai-
regionen sind (Schaubild 3). Drei Tendenzen
land, Malaysia) an, die bereits ebenfalls in
zeichnen sich ab:
rückständigeren Ländern der Region, Indone-
sien oder Vietnam, investieren. Dieser regio-
2 Klaus Eßer

• Viele regionale Integrationsgruppen besitzen In den aufgesplitterten Regionen der Welt – Zent-
kein klares und festes Profil. Dies hängt vor ralamerika, Karibik, Afrika, Naher Osten – be-
allem mit traditionellem Souveränitätsden- steht durchaus Übereinstimmung darüber, daß die
ken, Charakteristika der Wirtschaftspolitik regionale Integration aus politischen und ökono-
und bilateralen politischen Problemen der mischen Gründen unverzichtbar ist. Dies ist um so
Mitgliedsländer zusammen. mehr der Fall, als viele der 175 technisch-indu-
striell rückständigen Länder Klein- und Kleinst-
• Der intraregionale Export ist weitaus geringer staaten sind; 55 weisen weniger als eine Million,
als in den Industrieländerregionen. Dies ist weitere 14 weniger als zwei Millionen Einwohner
wegen der traditionellen Spezialisierung auf auf.6
die Industrieländer hin und der schwächeren
Ausprägung der Arbeitsteilung im Bereich Nationalstaatliches Souveränitätsdenken ist nicht
der Industriegüter der Fall. Aber: Industrie- die wichtigste Ursache mangelnder Integrations-
güter machten 1995 49,8 % des intraregiona- dynamik zwischen diesen Ländern. Drei andere
len Handels Lateinamerikas (ohne Mexiko) Aspekte sind wichtiger:
aus, jedoch nur 35,1 % der extraregionalen
Exporte.5 Der intraregionale Industriegüter- • Traditionale Macht- und Wirtschaftsstruktu-
export stellt in technologisch komplexen ren und andere vorindustrielle Charakteristi-
Branchen nicht selten - wie auch in den In- ka bestehen fort; sie führten z.B. im 19. Jahr-
dustrieländerregionen - eine Vorstufe des hundert zum Zerfall Zentralamerikas in sechs
Exports in Drittländer dar. Kleinstaaten.7 Das auf solchen Strukturen ba-
sierende staatliche Denken steht bis heute
• Aufgrund der Liberalisierung nach innen und starken endogenen Entwicklungsimpulsen
außen in fast allen Ländern werden wegen und einem Erfolg des Zentralamerikanischen
der nun großen Bedeutung des Exports zahl- Gemeinsamen Markts/MCCA im Wege. In
reiche Freihandelsabkommen abgeschlossen diesen Regionen liegen viele Krisenländer
(Schaubild 4). Die benachbarten Märkte wer- von heute und morgen.
den auch deswegen durch bilaterale und sub-
regionale Freihandelsabkommen erschlossen, • Das Wachstumsmuster armer Länder, das
weil es wegen Preis und Qualität der Produk- durch Agrar- und Bergbauexport sowie Tou-
tion schwierig ist, in Industrieländer zu ex- rismus geprägt wird, ist zu einfach, um eine
portieren. wirtschaftliche Integration unverzichtbar zu
machen. Ihre Attraktivität für Industrieunter-
nehmen ist wegen der engen Nachfrage ge-
ring. Der nationale Importtarif ist bereits li-
beralisiert; eine subregionale Freihandelszone
3 Regionale Integration zwischen armen reduziert ihn meist nur geringfügig. Wegen
Ländern: geringe Ergebnisse des geringen Arbeitsteilungspotentials wird
auch der intraregionale Handel kaum stimu-
Der Erfolg der regionalen Integration zwischen liert.
armen kleinen und mittelgroßen Ländern ist in der
Regel gering, weil die politischen und wirtschaft- • Einige kleine Länder sind wirtschaftlich und
lichen Akteursgruppen der einzelnen National- politisch fortgeschrittener als andere; deswe-
staaten zu schwach oder sogar uninteressiert sind, gen lehnt z.B. Costa Rica die Vertiefung der
dynamische Prozesse nationaler Entwicklung in regionalen Integration mit den Nachbarstaa-
Gang zu setzen. Außerdem ist das Interesse welt- ten ab.
weit ausgreifender Konzerne gering, solche Län-
der in ein Netz strategischer Standorte einzu- Solange in diesen Ländern die Kernprobleme der
betten. Entwicklung, der Aufbau eines starken und effek-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 3

tiven Nationalstaats, wettbewerbsorientierter Un- Dynamik zunimmt, eine regionale Lokomotiv-


ternehmen und einer nationalen Gesellschaft nicht funktion (Schaubild 7), lösen Demonstrations-
entschieden angegangen werden, wird auch die und Mitzieheffekte für die übrigen Länder ihrer
regionale Integration kaum vorankommen. Region aus und übernehmen Aufgaben regionaler
Krisenprävention und Krisenlösung.
Wegen schwacher nationaler Zukunftsorientie-
rung sind z.B. drei bereits alte regionale Integrati- Der am 29. November 1991 durch den Tratado de
onsprojekte in Lateinamerika erfolglos: der Ascunción geschaffene MERCOSUR mit etwa
MCCA, die Karibische Gemeinschaft/CARICOM 215 Millionen potentiellen Konsumenten ist ein
und die Andengemeinschaft/CAN (Schaubild 5). Beispiel für die positiven Wirkungen der regiona-
len Integration über fortgeschrittene Länder. Im
Außerdem ist die regionale Integration im Falle MERCOSUR schließen sich zwei der drei fortge-
der kleinen Länder des zentralamerikanisch-kari- schrittenen Länder Lateinamerikas, Brasilien und
bischen Raums keinesfalls hinreichend: Argentinien, zusammen. Auf Uruguay und Para-
guay zusammen entfallen weniger als 3 % des
• Häufig ist es für solche Länder interessanter,
Bruttoinlandsprodukts der Gruppe.
Freihandelszonen mit benachbarten fortge-
schritteneren Ländern abzuschließen (Bei-
Ziele des MERCOSUR sind der Aufbau einer
spiel: Zentralamerika mit Mexiko, Venezuela
Zollunion, die zu einem Gemeinsamen Markt ver-
und Kolumbien).8
tieft werden soll, sowie die Erweiterung um Län-
• Es kommt auch auf die wirtschaftliche Ein- der Südamerikas; assoziiert sind Chile und Boli-
bindung in größere Integrationsgruppen so- vien, das auch Mitgliedsland der Andengruppe ist.
wie auf handelspolitische Erleichterungen an,
wie sie die USA den Kleinstaaten Zentral- Eine Freihandelszone pflegt in ihrer ersten Phase
amerikas und der Karibik mit der Caribbean einen Expansionsschub des gegenseitigen Handels
Basin Initiative/CBI einräumen. Die US- auszulösen; dies war auch im MERCOSUR der
Regierung muß ihre grundsätzliche Zusage, Fall. Die vereinbarte Zollunion soll eine stabile,
diesen Ländern handelspolitisch NAFTA- interessante und sichere Basis für in- und auslän-
Konditionen einzuräumen, noch einlösen. Sie dische Industrieinvestoren schaffen. Dies wird
hat kürzlich einen wichtigen Schritt in diese jedoch nur dann möglich, wenn der gemeinsame
Richtung – einer „paridad NAFTA“ – getan.9 Außenzoll den Rahmen eines offenen Regionalis-
mus nicht stark und dauerhaft überschreitet.

Vor allem die folgenden fünf Faktoren stellen im


Falle des MERCOSUR Integrationsvorteile dar
4 Regionale Integration über Schwellen- (4.1 - 4.5).
länder: große Vorteile - das Beispiel
MERCOSUR
4.1 Schaffung großer Märkte (Markt-
Die elf wirtschaftsstärksten technisch-industriell
größeneffekte)
rückständigen Länder (Bruttosozialprodukt ab ca.
100 Mrd. US $, 1997), die sich aufgrund ihrer
Wie bei der EU ist das Hauptziel Wohlfahrtsstei-
wirtschaftlichen Dynamik der Schwelle zu den
gerung durch Vergrößerung des Markts. Die neue
Industrieländern annähern (Schwellenländer10),
Größenordnung der Nachfrage nach Industriepro-
sind entscheidend für die Integration der rück-
dukten erhöht das Investitionsinteresse in- und
ständigen Regionen in die globalen Kapital-, Gü-
ausländischer Unternehmen an der Konsumgüter-
ter- und Dienstleistungsmärkte und gewinnen für
und Investitionsgüterindustrie.
die Dynamik der Weltwirtschaft an Bedeutung
(Schaubild 6). Zugleich entwickeln sie, indem ihre
4 Klaus Eßer

• Die ausländischen Netto-Direktinvestitionen intraregionalen Handels am gesamten Außenhan-


in Lateinamerika (1999 61,4 Mrd. US $) del in Argentinien 1997 erst 28,9 %, in Brasilien
konzentrieren sich auf Brasilien, Mexiko, nur 15,4 % aus, dagegen z.B. in Spanien 68,4 %
Argentinien (79 %).11 Im Falle Brasiliens er- (Schaubild 9). Aufgrund der Abwertung in Brasi-
reichen sie im Durchschnitt der Jahre 1998 – lien ist der Handel im MERCOSUR von Januar
2001 22,8 Mrd. US $, in Argentinien bis September 1999 um 25 % eingebrochen;15
5,6 Mrd. US $ (2000 und 2001 Prognosen). 2000 wird er wieder um 10 % bis 15 % wachsen.
Für Investitionen von multinationalen Kon-
zernen gibt die erhöhte Nachfrage im Brasilien exportiert in die übrigen MERCOSUR-
MERCOSUR, auch wenn sie die Nachfrage Länder sowie nach Chile und Bolivien vor allem
Brasiliens nur um etwa 20 % übersteigt, Industriegüter. Dies verdeutlichen die Schaubilder
manchmal sogar den Ausschlag. Ausländi- 10 – 14, welche die jeweils wichtigsten 20 Im-
sche Konzerne, Parmalat/Italien oder Tele- portprodukte der übrigen Mitgliedsländer sowie
fónica de España, bauen regionale Produkti- Chiles und Boliviens aus Brasilien aufzeigen.
ons-, Handels- und Kommunikationsnetz-
werke auf, um die kostengünstigsten Produk- Diese Länder spielen im Export nach Brasilien
tionsfaktoren in den einzelnen Ländern nut- mangels geschaffener nationaler Wettbewerbsvor-
zen zu können. teile vor allem ihren gegebenen komparativen
Vorteil aus (Schaubilder 15 – 19). Vieles spricht
• Auch die regionalen Direktinvestitionen hei-
dafür, daß die drei Kleinstaaten (Uruguay, Para-
mischer Unternehmen nehmen zu. Mehr als
guay, Bolivien) auch langfristig ihre orts-
350 brasilianische Unternehmen engagieren
spezifische Faktorausstattung für eine ressourcen-
sich in Argentinien, mehr als 150 argen-
nahe Spezialisierung nutzen werden.
tinische Unternehmen in Brasilien.12 Schau-
bild 8 gibt einen Überblick über die ausländi-
Paraguay führt (außer Elektrizität aus dem binati-
schen Direktinvestitionen der elf größten Un-
onalen Wasserkraftwerk Itaipú) vor allem Soja,
ternehmen Argentiniens; Produktionsbetriebe
Baumwolle und Mais nach Brasilien aus (Export-
in Brasilien besitzen acht dieser Unterneh-
anteil Brasiliens, 1996, 49,9 %), Uruguay Reis,
men, Vertriebsbüros zwei weitere Unterneh-
Milch und andere Agrarprodukte (Exportanteil
men.
Brasiliens, 1996, 34,7 %). Der Exportanteil Brasi-
liens im Falle Boliviens wird in den nächsten Jah-
Die Privatisierung von Staatsunternehmen trug
ren aufgrund der Gasleitung nach São Paulo stark
erheblich zum Wachstum der in- und ausländi-
zunehmen.
schen Großunternehmen in Argentinien und Bra-
silien13 bei. Sie sind nun Motoren der Regionali-
Chile exportiert nach Brasilien vor allem Berg-
sierung im MERCOSUR und der Einbindung
bau- und Agrarprodukte (Exportanteil Brasiliens,
Südamerikas in den Regionalisierungs- und den
1996, 6,3 %). Argentiniens Export nach Brasilien
Globalisierungsprozeß.
(Anteil , 1996, 27,8 %) ist – von den Produkten
der Automobilindustrie abgesehen – hauptsächlich
durch Erdöl, Agrarprodukte und Nahrungsgüter
4.2 Wachstum des intraregionalen geprägt.
Handels
Auf absehbare Zeit wird die Dynamik des intrare-
Der intraregionale Handel im MERCOSUR gionalen Handels hauptsächlich durch die Wachs-
wuchs insbesondere in der Anfangsphase stark. tumsdynamik Brasiliens bestimmt. Der intra-
Sein Anteil am gesamten Außenhandel der regionale Handel kann durch die Beschleunigung
MERCOSUR-Länder nahm von 8,9 % 1990 auf der internen handelspolitischen Integration, die
24,5 % 1997 (~ 20 Mrd. US $, ¼ des Gesamt- Koordination der makroökonomischen Politiken16
exports)14 zu. Allerdings machte der Anteil des sowie die Regionalisierung der physischen Infra-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 5

struktur (vgl. 4.3) weiter belebt werden. Der Ver- schaftlichen Integrationsachse des MERCO-
trag von Asunción sah eine Koordination der SUR von São Paulo bis Buenos Aires.
Geld-, Fiskal- und Währungspolitik bis zum
• Hinzu kommen die Flußschiffahrt (Hidrovía
1. Mai 1995 vor; diese blieb aber bis 2000 aus
Paraná – Paraguay, Hidrovía Paraná – Tieté),
(vgl. 5.1).
die wachsende Zahl binationaler Staudämme
und Kraftwerke (wie z.B. Itaipú, Brasilien-
Der intraregionale Handel wird erst dann die in
Paraguay, und Yacyretá, Argentinien-Para-
den Industrieländergruppen üblichen Anteile am
guay) sowie die neuen regionalen, teils ge-
gesamten Außenhandel (von 40 % bis über 70 %)
samtamerikanischen Informations- und Kom-
erreichen, wenn die intraindustrielle Arbeitstei-
munikationssysteme.
lung an Bedeutung gewonnen hat. Eine Intensivie-
rung ist mittelfristig zwischen Brasilien, Argenti-
Deutlich wird, daß in Entwicklungsregionen die
nien und Chile zu erwarten. Bisher spielen für die
physischen Voraussetzungen eines „natural bloc“
Dynamik des Industriegüterexports Argentiniens
– für die „‚natural‘ lines dictated by proxim-
hauptsächlich die Sonderbedingungen zugunsten
ity“18 - erst geschaffen werden müssen. Der
der Automobilindustrie eine Rolle (vgl. 5.2).
MERCOSUR hat den Prozeß der Schaffung von
konkreten Nähe-Vorteilen durch die Regionalisie-
rung der physischen Infrastruktur außerordentlich
4.3 Verringerung der Transaktions-, belebt.
Transport-, Kommunikations- und
Energiekosten durch den MERCO-
SUR (physische Integration)
4.4 Demonstrations- und Mitzieheffekte
zugunsten besonders rückständiger
Vor allem die fortgeschrittenen Länder des
Mitgliedsländer
MERCOSUR drängen auf die Verringerung der
intraregionalen Transaktionskosten, z.B. wegen
Eine regionale Integration, die von industriell
verbleibender bürokratischer Verfahren,17 sowie
dynamischen Ländern ausgeht, ist für die übrigen
der Transportkosten, die teilweise auch wegen
Mitgliedsländer vorteilhaft. Diese gewinnen im
Oligopolen im Transportsektor hoch sind. Indem
MERCOSUR als Rohstoff- und Energieliefe-
die intraregionalen Exportkosten auf oder unter
ranten (insbesondere Bolivien) oder Lieferanten
die international üblichen Kosten gesenkt werden,
von Agrarprodukten und Nahrungsmitteln (Uru-
verbessern sich die intraregionalen Arbeitstei-
guay) an Bedeutung. Uruguays Ausfuhr entfällt zu
lungs- und Handelschancen.
fast 55 % (1998) auf den MERCOSUR.19
Von den fortgeschrittenen Ländern gehen auch
Vorteilhaft für die kleinen Mitgliedsländer sind
Maßnahmen zum Ausbau der regionalen Infra-
auch: die Senkung der Transaktionskosten, die
struktur aus, vor allem zur regionalen Integration
physische Integration sowie Leitbild-, Demonstra-
der Verkehrs-, Kommunikations- und Energiesys-
tions- und Mitzieheffekte. Die Unternehmen reali-
teme:
sieren Skalenerträge und Lerneffekte. Allerdings
• Ein Beispiel ist die große Zahl von Öl- und hängt die Wirkung solcher Vorteile in starkem
Gasleitungen im MERCOSUR. Die Gaslei- Maße von den Eigenanstrengungen dieser Länder,
tungen von Argentinien nach Chile und Uru- ihre Standort- und Wettbewerbsbedingungen zu
guay, demnächst auch Brasilien, sowie von verbessern, ab.
Bolivien nach Brasilien und demnächst Para-
guay tragen zur Verringerung der regionalen Vieles deutet darauf hin, daß die Kleinstaaten des
Energiekosten und der Umweltbelastung bei. MERCOSUR in absehbarer Zeit – mangels hierzu
geeigneter endogener politischer Konstellatio-
• Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau von
nen – eine starke Weltmarktverflechtung aus eige-
Eisenbahnen und Straßen entlang der wirt-
6 Klaus Eßer

ner Kraft nicht erreichen werden. Um so wichtiger als eine Bedingung erfolgreicher Multilateralisie-
ist für sie die Möglichkeit, ihren komparativen rung.21
Vorteil im regionalen Rahmen auszuspielen.
Die Regionalisierung ist in der Tat keine Vorstufe,
Es gibt durchaus Anzeichen für regionales Ler- sondern ein konstituierendes Element der Welt-
nen. Auf der nationalen Ebene ist vor allem Chile wirtschaft. Dies ist auch wegen der wesentlichen
ein Vorbild. In verschiedenen Ländern nimmt die Unterschiede zwischen den Nationalstaaten der
Zahl der Unternehmen mit Vorbildfunktion zu. Welt der Fall: China oder den USA einerseits, der
Bisher war die prägende Kraft Brasiliens wegen großen Zahl von kleinen und mittelgroßen Län-
unabgeschlossener politischer und institutioneller dern, viele mit kaum zu bewältigenden Problemen
Reformen gering; heute deutet manches darauf der Nationwerdung, andererseits. In einer Welt,
hin, daß sie schnell zunimmt. Es fehlen in der die durch wenige große Staaten und Regional-
Region überzeugende sozial- und umweltpoliti- gruppen sowie eine große Zahl von multinationa-
sche Vorbilder. len Unternehmen dominiert wird, ist Regionalisie-
rung eine unverzichtbare Ergänzung der Globali-
Wegen der in den Kleinstaaten geringen Eigenan- sierung - und in mancher, insbesondere in ent-
strengungen, z.B. die Bedingungen für das Heran- wicklungspolitischer Hinsicht für viele technisch-
wachsen heimischer Unternehmen durch gesell- industriell rückständige Länder noch wichtiger als
schaftliche Vorleistungen für die Wirtschaft zu letztere.
verbessern, sowie des in einer längerfristigen Per-
spektive höheren wirtschaftlichen Wachstums in Der designierte Präsident Mexikos, Vicente Fox
den fortgeschrittenen Ländern, ist weiterhin mit (Amtsantritt am 1. Dezember 2000), betont die
einer starken Tendenz zur Differenzierung des Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit von
wirtschaftlichen Niveaus im MERCOSUR und in Brasilien, Argentinien, Chile und seinem Land.22
ganz Südamerika zu rechnen. Es ist durchaus möglich, daß die kulturelle Ge-
meinschaft Lateinamerika – trotz NAFTA, MER-
COSUR, Amerikanischer Freihandelszone (Área
de Libre Comercio de las Américas/ALCA) und
4.5 Stärkung der interregionalen und
Freihandelsabkommen der EU mit Mexiko und
internationalen Verhandlungsmacht
dem MERCOSUR – künftig auch zu Formen ei-
ner politischen und wirtschaftlichen Gemeinschaft
Ein hohes Verhandlungspotential wird durch
führt. Die Rio-Gruppe, so schwach sie ist, weist in
„continental trading blocs“20 geschaffen. Für
diese Richtung. Insbesondere das Handelspotenti-
industriell rückständige Länder gilt es, im Rah-
al zwischen Brasilien und Mexiko ist unausge-
men der Einbindung in die von Industrieländern
schöpft (Exportanteil Brasiliens am Gesamtexport
dominierte Weltwirtschaft politisches Potential zu
Mexikos, 1996, 0,9 %).23
mobilisieren, um den eigenen Interessen Geltung
zu verschaffen. Ein wichtiges Ziel der MERCO-
SUR-Länder ist es, die Agrarexporte auszuweiten.
Eine Marktöffnung der Industrieländergruppen,
die dort Strukturreformen zur Folge hätte, kann
allerdings bisher nicht erreicht werden.
5 Wirtschaftliche Integrationsprobleme
des MERCOSUR
Die MERCOSUR-Länder bemühen sich darum,
Bei genauerem Blick auf den MERCOSUR zeich-
die Beziehungen zu den Industrieländergruppen
nen sich allerdings drei zusammenhängende wirt-
und sonstigen Regionalgruppen der Welt gemein-
schaftliche Integrationsprobleme ab.
sam zu gestalten und vertreten auch im Hinblick
auf die internationale Regulierung ihre Interessen
gemeinsam. Sie betrachten die Regionalisierung
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 7

5.1 Zentrales Hemmnis dynamischer Bereich technologie- und forschungsintensi-


regionaler Integration: unterschied- ver Produkte weiter reduzieren und die zent-
liche Währungspolitiken rifugalen Kräfte im MERCOSUR verstärken.
Dieser würde vielleicht eine Zollunion blei-
Die strategische Variable, die über Qualität und ben; ein weiterführendes Integrationsprojekt
Dynamik des Weltmarkteinbindung eines Landes wäre jedoch unwahrscheinlich.
entscheidet, ist der Wechselkurs. Argentinien hat
• Der Übergang zu einem flexiblen Wechsel-
den Peso, um eine Stabilisierung der Währung zu
kurs würde die makroökonomische Koordi-
erreichen, im März 1991 gesetzlich an den US $
nation im MERCOSUR erleichtern; eine
gebunden (currency-board-System, convertibili-
Abwertung wäre jedoch für Argentinien und
dad); dies und die Aufwertungstendenz des US $
für den MERCOSUR insgesamt kurz- bis
schränken die Exportchancen des Landes ein. Am
mittelfristig ungünstig. Immer neue Spar-
wenigsten betroffen sind in- und ausländische
pakete Argentiniens, so wichtig sie im Rah-
Großunternehmen im Rohstoffsektor, die sich
men der gewählten Stabilisierungspolitik
überwiegend im Ausland finanzieren.
sind, weisen aber auch keinen Ausweg.25
Brasilien war wegen seines relativ langsamen Dieses Kernproblem der Integration wird in
Reformprozesses, u.a. wegen hoher Haushalts- Brasilien und Argentinien durchaus gesehen;
und Leistungsbilanzdefizite, auf hohen Kapital- es bleibt bestehen, obwohl sich die Wechsel-
zufluß angewiesen, vermochte jedoch wegen des kursdifferenz zwischen Argentinien und Bra-
stabilitätsorientiert überhöhten Wechselkurses silien zurückgebildet hat und das wirtschaft-
seine Ausfuhr kaum auszuweiten. Die Folge war liche Wachstum in Brasilien die argentini-
Anfang 1999 eine drastische Abwertung um fast sche Ausfuhr belebt. Daher setzen 2000 Be-
40 %, die jedoch angesichts der Exportschwäche mühungen um makroökonomische Konver-
seiner Unternehmen zunächst keine hohe Export- genz (ab März 2001) ein – z.B. im Hinblick
steigerung auslöste. Es kam aber zu einem starken auf Eckwerte (Defizit - Zielwerte) für Haus-
Einbruch des intraregionalen Handels. Heute ver- halt, Inflation und Verschuldung, also bei
fügt Brasilien über eine starke Währung; Zins- ähnlichem Vorgehen wie im Maastricht-
senkungen werden möglich. Vertrag der EU.26 Zugleich wird versucht, die
regionale Integration nach innen zu dynami-
Die Wirtschaft Brasiliens muß, will sie dynamisch sieren (vgl. 7.2). Auf dem Gipfeltreffen im
bleiben, den Industriegüterexport wesentlich aus- Juli 1998 wurde die Weiterentwicklung des
weiten. Daher überzeugen Empfehlungen an Bra- MERCOSUR bis hin zu einer Währungsuni-
silien, wie z.B. des Instituts für Weltwirtschaft, on grundsätzlich vereinbart; sie ist jedoch ein
Kiel, auf den Stabilisierungskurs Argentiniens „langfristiges Projekt“27. Zunächst gilt es
einzuschwenken, nicht.24 Ein Land, das sich in- z.B., die Statistiken der Mitgliedsländer zu
dustrialisieren will, benötigt einen den Export vereinheitlichen...
begünstigenden, z.B. – wie lange Zeit in Japan
und Deutschland – leicht unterbewerteten Wech- Der Erfolg einer Währungsunion, eventuell mit
selkurs. Im Hinblick auf die Währungspolitik tickt dem Real als Gemeinschaftswährung, hängt von
in Argentinien und im MERCOSUR eine Bombe. der Koordination der Wirtschaftspolitiken (Geld-,
Diskutiert wird in Argentinien über einen Wäh- Finanz-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Techno-
rungskorb, eine vollständige Dollarisierung oder logiepolitik), also von einem „mercado verdade-
eine starke Abwertung. ramente único e integrado“28, ab. Eine Währungs-
union könnte im Falle drohender Finanzkrisen
• Eine Übernahme des US $ als Zahlungsmittel
eine gemeinsame Abwehr mobilisieren. Wegen
(Dollarisierung), damit vermutlich eine noch
des unkontrollierten Zuflusses von Spekulations-
stärkere Spezialisierung auf den Export von
geldern werden auch Möglichkeiten zur Einrich-
Rohstoffen und rohstoffnahen Industriegü-
tung von Kapitalverkehrskontrollen geprüft.
tern, würde die Dynamik Argentiniens im
8 Klaus Eßer

5.2 Schwäche der intraregionalen Handels ausmacht. Ohne ein Kfz-Abkom-


industriellen Arbeitsteilung men, das 2000 für sechs Jahre erneuert wer-
den soll,29 würden sich die Investitionen in
Damit zum zweiten ökonomischen Integrations- die Endfertigung einseitig auf Brasilien kon-
problem, das sich teilweise aus dem ersten ergibt: zentrieren; ohnehin besteht ein Verhältnis
zur intraregionalen Arbeitsteilung. Insgesamt ge- von 4 : 1 zwischen Brasilien und Argenti-
sehen, ist diese schwach ausgeprägt; von einem nien. Hier handelt es sich also um ein Zuge-
regionalen Produktionsverbund, einem regional ständnis Brasiliens an ausländische Konzerne
arbeitsteiligen Netzwerk des ost- und südostasiati- und an Argentinien. Weitere handelspoliti-
schen Typs, ist der MERCOSUR weit entfernt. sche Problemfelder sind Zucker, Schuhe, Ge-
Vor allem Formen traditioneller Arbeitsteilung – flügel, Waschmaschinen .... 30 Hinzu kommt
wie zwischen Industrie- und rückständigen Län- viel Unklarheit bei der Anwendung der nicht-
dern – zeichnen sich ab. Den kleinen Mitglieds- automatischen Einfuhrgenehmigungen. Bei
ländern wurden für bestimmte Zeiträume beson- unterschiedlichen Währungspolitiken löst der
dere Schutzmechanismen im Bereich der Indust- Aufbau komplementärer Produktionsstruktu-
riegüter zugestanden. Eine Integration mit zwei ren ein Gezänk um Miniabsprachen aus, wie
Geschwindigkeiten zeichnet sich zumindest bis es während der traditionellen Integrationspro-
2006 ab (vgl. 5.3). jekte üblich war. Heute werden manche
Streitpunkte allerdings durch Vereinbarungen
Auf Ausgleichsfonds soll verzichtet werden, zu- auf privatwirtschaftlicher Ebene beigelegt.
mal die fortgeschrittenen Länder große arme Re-
• Die brasilianische Wirtschaftsförderung ver-
gionen aufweisen. Vor allem die direkte finanziel-
schärft die Situation. Sie sieht z.B. Sonder-
le Kompensation im Rahmen eines zwischenstaat-
maßnahmen zugunsten der Ansiedlung von
lichen Interessenausgleichs dient tatsächlich nicht
Kfz-Betrieben im armen Nordosten des Lan-
selten der Strukturkonservierung. In Brasilien
des vor. Die Tendenz zu einem Subventi-
sollen allerdings interregionale Finanztransfers
onswettlauf zwischen Standorten in den ein-
und Kreditprogramme der Zentralregierung zum
zelnen Bundesländern Brasiliens ist stark
Abbau der Entwicklungsunterschiede zwischen
ausgeprägt.
den Regionen beitragen.
• Aufgrund der Standortvorteile im Süden und
Wirksamer dürfte es sein, die Probleme des zwi- Südosten Brasiliens, ferner von Produktions-
schenstaatlichen und des intranationalen Aus- kosten, die bei manchen Produkten 30 % bis
gleichs durch die Verbesserung der Bedingungen 60 % (durchschnittlich bei vielleicht 20 %,
für die Privatwirtschaft sowie die Einbeziehung in 1999) unter denen Argentiniens liegen, wan-
Bildungs-, Technologie- und sonstige mesopoliti- dern seit 1999 nicht wenige ausländische und
sche Reformen anzugehen. Für die kleinen Mit- auch einige argentinische Unternehmen nach
gliedsländer des MERCOSUR und für die armen Brasilien ab.31
Regionen Brasiliens ist die Unterstützung von
Eigenanstrengungen zur Mobilisierung des endo-
genen Potentials wichtig. Es geht um ihre Einbin-
5.3 Entwicklungsinstrument Gemein-
dung in ein entwicklungspolitisches Projekt MER-
samer Außenzolltarif?
COSUR (vgl. 8).
Am 1. Januar 1995 trat der Gemeinsame Außen-
Die intraregionale Arbeitsteilung wird durch wirt-
zoll (Arancel Externo Común/AEC) in Kraft. Der
schaftspolitische Maßnahmen und Unterschiede
durchschnittliche Importtarif betrug 1996 11,3 %
belastet.
(Tarifspektrum 0 %-20 %, neun unterschiedliche
• Kontingente beschränken die intraregionale Niveaus, gültig für 85 % der Produktgruppen,
Liberalisierung. Wichtigstes Beispiel ist der Rest: Übergangsregelungen). Die Ausnahmen
Kfz-Handel, der 1/5 des Intra-MERCOSUR- betreffen Investitionsgüter, Telekommunikation
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 9

und Informatik. Für Investitionsgüter wird der 5.4 Handelsschaffende und handels-
maximale Außenzoll ab 2001 14 % betragen, für umlenkende Effekte: Integrations-
Produkte der Telekommunikation, EDV und In- theorien im politischen Spiel
formatik ab 2006 16 %. Brasilien senkte die Ab-
gaben für Investitionsgüter von 20 % bis 30 % auf Die Diskussion zu den handelsschaffenden und
14 % ab.32 Bis 2002 gibt es listas nacionales de handelsumlenkenden Effekten der regionalen
excepción, ist also für durchschnittlich 300 Pro- Integration muß vorsichtig geführt werden. Zwar
dukte pro Land ein zeitweiser Ausschluß aus dem wächst in den relativ offenen Volkswirtschaften
Außenzoll möglich. Der Zucker- und der Auto- des MERCOSUR, die regionale Handelshemm-
mobilsektor behalten ihre Sonderregelungen min- nisse abbauen, der extraregionale Handel, der
destens bis 2006. Ab 2006 soll der AEC für alle handelsschaffende Effekte bewirkt, stark. Die
Güter und Mitgliedsländer gelten, sollen also auch Importe aus Drittländern nahmen 1990 bis 1999
die Sonderbedingungen für Paraguay und Uru- um 175 %, die Exporte nur um 39 % zu. Ange-
guay entfallen. Nach einem Beschluß von 2000 sichts seines geringeren Ausgangsniveaus nahm
soll der AEC kurzfristig um 3 % verringert wer- zeitweise der intraregionale Handel jedoch noch
den. stärker zu; inwieweit dies auf handelsumlenkende
Effekte weist, die intraregionale Nachfrager und
Brasilien setzte den im lateinamerikanischen Ver- Exporte aus Drittländern benachteiligen, steht
gleich hohen Außenzoll für Investitionsgüter und nicht fest.
spitzentechnologische Produkte durch, weil es
davon ausgeht, bei diesen Produkten, die alle vier Mit dem Argument, Wohlfahrtseinbußen ergäben
Mitgliedsländer aus den Industrieländern einfüh- sich aus Nutzeneinbußen wegen des Kaufs regio-
ren, mittelfristig wettbewerbsfähig werden zu naler Güter zu Preisen, welche über denen exter-
können. Für die übrigen drei Mitgliedsländer wäre ner Anbieter liegen würden, prangerten die Welt-
ein niedriger Außenzoll günstiger, zumal der poli- bank und die USA 1996 protektionistische Ten-
tische Wille und die Fähigkeit der heimischen denzen des MERCOSUR, vor allem im Bereich
Unternehmen, in spitzentechnologischen Berei- der Kfz-Industrie, an. Brasilien wies daraufhin auf
chen vorzustoßen, gering sind. Man verläßt sich die nicht-tarifären Handelshemmnisse der USA
auf ausländische Direktinvestitionen, für die frei- für viele seiner wichtigen Exportprodukte, z.B.
lich – im Bereich der Industriegüter- und Spitzen- Zucker, Soja, Tabak, Orangensaft, Schuhe und
technologie – diese Länder nicht sehr attraktiv Stahl, hin.33
sind.
• Langfristig wird der intraregionale Export
wahrscheinlich überproportional zunehmen
Mit dem hohen Gemeinschaftlichen Außenzoll ist
und mit der Zeit ähnliche Größenordnungen
Brasilien eine Verpflichtung eingegangen, die es
wie in den Industrieländerregionen – zwi-
erst einmal einlösen muß. Eine differenzierte nati-
schen 40 % und 70 %, statt wie 1998 in La-
onale Technologiepolitik und Wirtschaftsförde-
teinamerika etwa 20,6 % (Schaubild 1) – er-
rung sowie die mesoökonomische Integration
reichen. Einerseits wird, sofern die Dynamik
(vgl. 8) würden geeignetere Instrumente darstellen
des Gesamtexports hoch ausfällt, auch der in-
als ein hoher Schutzzoll, um im Bereich der In-
traregionale Export dynamisch wachsen. An-
vestitionsgüter und Spitzentechnologie voranzu-
dererseits ist es nicht realistisch, davon aus-
kommen.
zugehen, daß langfristig hohe Zuwachsraten
des Exports allein durch Ausfuhr in die In-
dustrieländer zu erreichen seien, zumal viele
von deren Direktinvestoren im MERCOSUR
am Industriegüterexport in Industrieländer
ein begrenztes Interesse besitzen.
10 Klaus Eßer

• Die handelspolitische Debatte zur regionalen ge Institutionen des MERCOSUR sind der Conse-
Integration erfaßt nicht einmal deren wich- jo Mercado Común der Außen- und Wirt-
tigste Komponenten. Außer auf die statischen schaftsminister, das Exekutivorgan Grupo Merca-
Reallokationseffekte kommt es auf die dy- do Común, die Comisión de Comercio (CCM), die
namischen Integrationseffekte an: die intra- insbesondere für die Außenhandelspolitik zustän-
regionale industrielle Spezialisierung34, die dig ist, und das Sekretariat (Secretaría Adminis-
wissenschaftlich-technische Ergänzung und trativa del MERCOSUR/SAM) in Montevideo
Kräftebündelung, den Aufbau einer regiona- (Schaubild 20). Aufgrund der Erfahrungen mit
len Infrastruktur, die intraregionale Konflikt- vielen gescheiterten Integrationsansätzen besteht
regulierung und die Vergrößerung des inter- Furcht vor erneuter institutioneller Perversion.
nationalen Verhandlungspotentials. Solche
dynamischen Effekte sind für die Mitglieds- Allerdings reichen die intergouvernementalen
länder und für die Dynamik der regionalen Verhandlungsmechanismen (das "modelo inter-
Integration wichtiger als die statischen Effek- gubernamental"), die vor allem auf ad-hoc-Lösun-
te. Dies gilt nicht nur, aber ganz besonders gen gerichtet sind, immer weniger aus, um die
für technisch-industriell rückständige Länder. Integrationsprobleme zu bewältigen. Die Integra-
tionsinstitutionen sollen daher in den nächsten
Jahren schrittweise ausgebaut ("gradualismo").
Manche Abkommen werden bisher nicht in die
nationale Gesetzgebung umgesetzt.
6 Die politische Dimension des MERCO-
SUR Der Transfer nationaler Souveränität auf suprana-
tionale Institutionen (zugunsten einer "supranaci-
Im Hinblick auf die politische Gestaltung des onalidad"35 des MERCOSUR) ist zunächst nicht
MERCOSUR zeichnet sich ein vorsichtiger Such- wahrscheinlich. Insbesondere Brasilien lehnt die
prozeß ab. Auf keinen Fall soll die Integrationsbü- Übertragung von Souveränitätsrechten auf
rokratie der EU nachgeahmt werden. Hohe An- MERCOSUR-Institutionen ab. Solche, etwa ein
forderungen stellt die Kombination von Vertie- MERCOSUR-Gerichtshof, werden von den
fung und Erweiterung. Schwierig ist auch die schwächeren Mitgliedsländern gefordert. Die Co-
gemeinsame Gestaltung der Außen- und Außen- misión Parlamentaria Conjunta del MERCOSUR
wirtschaftsbeziehungen. besitzt zu wenig Kompetenz, um den Integra-
tionsprozeß mitzugestalten. Private Akteure, z.B.
die Industrieverbände, tragen vor allem zum Inte-
ressenausgleich auf der Branchenebene bei.
6.1 Die Integrationsinstitutionen
Für das Verhältnis von staatlicher und MERCO-
Die intraregionale Interaktion im MERCOSUR
SUR-Bürokratie einerseits, gemeinsamen Netz-
hängt bisher in starkem Maße von der politischen
werken andererseits, auch für die Zusammenarbeit
Stellung der führenden Politiker, der Präsidenten
von Bürokratien und Netzwerken ist es schwierig,
Cardoso und de la Rúa, in ihren eigenen Ländern
Empfehlungen abzugeben. Netzwerke, die ihr
und von ihren persönlichen Beziehungen zueinan-
Lern- und Aktionsniveau stetig verbessern, ver-
der ab. Unter Präsident de la Rúa scheint – nach
mögen die Bürokratie nicht zu ersetzen, jedoch
dem wahlorientierten Nationalismus Präsident
wahrscheinlich große Bürokratien - wie die des
Menems – die integrationsbezogene Kompromiß-
traditionellen Interventionsstaats der Industrielän-
bereitschaft wieder zuzunehmen.
der und die der EU - überflüssig machen.
Es wäre voreilig, regionalen Integrationsgruppen
in Lateinamerika in einer frühen Phase eine ähn-
lich intensive Entwicklung der Integrationsinstitu-
tionen wie im Falle der EU zu empfehlen. Wichti-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 11

6.2 Kombination von Vertiefung und Die Mitgliedschaft im MERCOSUR kann die
Erweiterung Qualität Chiles als Industrie- und Dienstleistungs-
standort deutlich verbessern. Der Vorteil des Lan-
Zunächst gilt es, die Krise zwischen Argentinien des liegt künftig – wie der Finnlands in der EU –
und Brasilien, die sich aus der unterschiedlichen im Bereich rohstoffnaher Industriegüter sowie –
Währungspolitik ergibt, zu überwinden. Anschlie- wie der Finnlands und Irlands in der EU – bei
ßend wäre eine Erweiterung um Chile und Boli- technologieintensiven Produkten, z.B. software
vien ins Auge zu fassen. Chile will, wenn mög- und Umwelttechnik. Chile vermag seinen Stand-
lich, bis Ende 2000 Mitglied des MERCOSUR ortvorteil aus eigener Kraft zu verbessern, um die
werden. Das Land wird jedoch den ab 2001 ge- Ansiedlung einer wachsenden Zahl ausländischer
meinsamen Importtarif des MERCOSUR von und dann wahrscheinlich auch inländischer Hoch-
durchschnittlich 14 % kaum akzeptieren. Es will technologieunternehmen zu stimulieren, die zu-
seinen einheitlichen Außenzoll von 9 % bis 2003 nächst hauptsächlich in die eigene Region, dann
auf 6 % senken. auch auf den Weltmarkt exportieren.37 Aus der
arbeitsteiligen Spezialisierung der chilenischen
Ein Verhandlungs- und Übergangszeitraum von Volkswirtschaft können alle MERCOSUR-Länder
fünf bis zehn Jahren zeichnet sich ab. Insbesonde- Nutzen ziehen.
re Brasilien müßte sich im Hinblick auf eine Ver-
ringerung des Gemeinsamen Außenzolls kom- Chile kann trotz der geringeren Größe seiner
promißbereit zeigen, zumindest eine sukzessive Volkswirtschaft ein drittes Kernland des MER-
Annäherung des Importtarifs des MERCOSUR an COSUR werden. Das Land verfügt über eine leis-
den chilenischen Einheitszoll akzeptieren. Schwer tungsfähige Wirtschaft sowie über Politiker und
wird dies insbesondere im Bereich der Investiti- Experten, die – gerade wegen ihres am national-
onsgüter fallen.36 Druckmittel Chiles sind die staatlichen Interesse geprägten Denkens und ihrer
Weiterführung der Politik bilateraler Handelsab- technokratischen Qualifikation – auf die weitere
kommen und der Verhandlungen mit den Gestaltung des MERCOSUR wichtigen Einfluß
NAFTA-Ländern zur Schaffung einer Freihan- nehmen könnten.
delszone; immerhin entfallen etwa 20 % des chi-
lenischen Exports auf die USA. Ein Beitritt Boliviens zum MERCOSUR wäre un-
problematisch, zumal sich zwischen diesem Land
Der Fall Chile verdeutlicht, daß Eigenanstrengun- und Chile - Bolivien brach 1978 die diplomati-
gen entscheidend für die Auslösung von Wachs- schen Beziehungen zu Chile ab - eine Annäherung
tumsdynamik sind, jedoch die Entfaltung eines in der alten Auseinandersetzung um einen Zugang
komplexen Wachstumsmusters, das auf geschaf- Boliviens zum Meer andeutet (über einen Land-
fenen Wettbewerbsvorteilen beruht, angesichts streifen, der mittels einer Privatkonzession zur
der neuen technologischen und weltwirtschaftli- Verfügung gestellt wird). Dies gilt auch für einen
chen Anforderungen die Eingliederung in eine Beitritt Perus, das die regionale Integration in den
regionale Integrationsgruppe erfordert. 90er Jahren zu seinen Ungunsten vernachlässigt
hat.
Chile führt in die Industrieländer erfolgreich Roh-
stoffe und rohstoffbasierte Industriegüter aus, in Sollten aber Venezuela und vielleicht sogar die
den MERCOSUR auch Produkte des Industrie- Krisenländer Kolumbien und Ekuador dem
und Dienstleistungssektors. Das Land tätigt hohe, MERCOSUR beitreten? Der Einbindungseffekt
durch die Kanalisierung ausländischen Kapitals für diese Länder wäre wünschenswert, der Über-
noch vergrößerte Direktinvestitionen im Dienst- dehnungs- und Belastungseffekt für den MERCO-
leistungssektor der Nachbarländer (Schaubild 21). SUR jedoch negativ. Die drei Länder werden ihre
Auf den MERCOSUR entfallen etwa 75 % der kreativen Potentiale aus eigener Kraft wahr-
ausländischen Direktinvestitionen Chiles. scheinlich nur langsam erschließen.
12 Klaus Eßer

Brasiliens Handel mit den Ländern der Anden- Ist ein Land unattraktiv für ausländische Direkt-
gemeinschaft ist gering. Seine Direktinvestitionen investoren, ist sein Zugang zu den internationalen
dort wachsen allmählich. Um seinen Export in Kapitalmärkten stark eingeschränkt und sind die
diesen Raum auszuweiten, schloß das Land 1998 heimischen Unternehmen zu schwach, um auch
ein bilaterales Freihandelsabkommen mit der An- nur den komparativen Vorteil im Rohstoffexport
dengruppe ab38; in diesem Jahr wurde auch ein auszuspielen, bleiben soziale und politische Kri-
Rahmenabkommen MERCOSUR-CAN vereinbart sen nicht aus: "Many of Latin America's smaller
(vgl. Schaubild 23). Argentinien steht vor der economies seem to specialise in delivering up-
Vereinbarung eines ähnlichen Abkommens mit sets."39
der Gruppe. Paraguay und Uruguay wollen folgen.
Der Aufbau einer Südamerikanischen Freihan- Das nationalstaatliche Handlungspotential, der
delszone (Área de Libre Comercio Sudamerica- Logik der Liberalisierung und des Weltmarkts
na/ALCSA) einschließlich Surinams und Guya- auszuweichen, ist gering; Kapitalflucht würde
nas, ist auf dem Gipfeltreffen MERCOSUR-CAN entsprechende Experimente beenden. Einen Aus-
in Brasilia vom 31. August bis 1. September 2000 weg bieten allein hohe Eigenanstrengungen, um
bis Januar 2002 vereinbart worden. die heimischen Unternehmen zu stärken, den
Standortvorteil zu verbessern und die strukturelle
Brasilien wird sich sicherlich bemühen, sein öko- Exportschwäche zu überwinden.
nomisches und politisches Gewicht in den Län-
dern Südamerikas zu erhöhen, um als Stabilitäts- Grundsätzlich sollte der Vertiefung des MERCO-
faktor und regionale Führungsmacht an Bedeu- SUR größere Bedeutung als seiner Erweiterung
tung zu gewinnen. Die ordnungspolitische Dimen- eingeräumt werden. Allerdings sollte der Beitritt
sion und das Institutionengefüge des Landes sind Chiles so schnell wie möglich erfolgen, da dieses
jedoch zu schwach, um kurzfristig eine Regio- Land aufgrund seiner hohen Eigendynamik die
nalmacht zu werden. Negativ ist auch das Fehlen weitere Gestaltung des MERCOSUR stark zu
einer weltweit erfolgreichen exportorientierten beeinflussen vermag. Ein schneller Aufbau von
Wachstumsstrategie. ALCSA ist wegen ALCA wichtig.

Es ist schwierig, die Frage nach der Erweiterung


zu beantworten. Argentinien setzt eher auf eine
6.3 Die demokratische Dimension und
Vertiefung des MERCOSUR. Brasilien stand
die Sicherheitspolitik
lange einer Erweiterung um Chile skeptisch ge-
genüber, da diese eine deutliche Verringerung des
Im Hinblick auf die politischen und sicherheitspo-
Außenzolls des MERCOSUR erforderlich machen
litischen Einbindungseffekte des MERCOSUR ist
würde. Eine weitere Zuspitzung der Dauerkrise in
es wichtig, daß die Mitgliedschaft demokratisch
Kolumbien ist nur durch die USA zu verhindern;
gewählte Regierungen voraussetzt (Demokratie-
das Engagement der EU ist bisher gering; das
Klausel, 1996). Der MERCOSUR ist eine poli-
Krisenmanagement Brasiliens trägt im Falle Para-
tisch stabile Region; die Regierungen der Mit-
guays, wohl aber kaum dem Kolumbiens.
gliedsländer sind demokratisch gewählt.
Ein Beitrittsantrag Venezuelas ist denkbar; zum
Brasilien beendete mehrfach Putschversuche in
einen aber besitzen die USA ein starkes Interesse
Paraguay; politische Interventionen, etwa der
an einer langfristig sicheren Erdölversorgung aus
USA, im Süden Südamerikas verlieren an Ge-
diesem Land; zum andern sind die inneren politi-
wicht. Der MERCOSUR bemüht sich, die Demo-
schen und wirtschaftlichen Probleme Venezuelas
kratie-Klausel in ganz Südamerika durchzusetzen;
ungelöst. Die demokratischen Institutionen der
sie wurde z.B. in die gemeinsame Erklärung der
Andenländer (außer Chiles) sind schwach, teils
MERCOSUR-CAN-Konferenz, 2000, aufgenom-
sogar gefährdet.
men.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 13

Politisch-militärisches Souveränitätsdenken, das Nur exportorientierte Wachstumsstrategien


während der Militärdiktaturen bis Anfang der 80er (vgl. 8) und ein offener Regionalismus kön-
Jahre zwischen Argentinien und Brasilien vor- nen das Gewicht der regionalen Integrations-
herrschte, z.B. im Hinblick auf den Aufbau der gruppe in der Weltwirtschaft und -politik
nationalen Rüstungs- und Nuklearindustrie, ist deutlich erhöhen.
kein Integrationshemmnis mehr. Globalisierung,
• Zugleich besteht im Hinblick auf die Gestal-
Markt- und Weltmarktorientierung und der tech-
tung der intra-lateinamerikanischen Bezie-
nologische Rückstand der Industrie beider Länder
hungen ein hoher Handlungsbedarf. Dies gilt
lassen heute ein einseitiges und enges Souveräni-
für die große Zahl bilateraler Freihandelsab-
tätsdenken - wie das in den Nationalstaaten Euro-
kommen, ALCSA sowie die Gestaltung der
pas während deren Industrialisierungsprozeß - als
Asociación Latinoamericana de Integración/
wenig realistisch erscheinen.
ALADI, damit auch der Beziehungen des
MERCOSUR zu Mexiko. Brasilien bemüht
Ein regionales Sicherheitssystem deutet sich an;
sich um die Verbesserung der bilateralen Be-
ein Beispiel ist die Rüstungskooperation im
ziehungen zu den CAN-Ländern, insbesonde-
MERCOSUR; ein weiteres Beispiel sind gemein-
re Venezuela, und zugleich um ALCSA. Das
same Manöver von MERCOSUR-Ländern.
Land nimmt zur neuen Initiative der USA
gegen den Drogenhandel und die politisch-
militärische Zuspitzung der Auseinanderset-
6.4 Gemeinsame Gestaltung der Außen- zungen in Kolumbien (Plan Colombia) eine
und Außenwirtschaftsbeziehungen abwartende Haltung ein; es versucht jedoch
mit politischen und militärischen Mitteln, ein
Gemeinsame Positionen ergeben sich aus der Übergreifen der Auseinandersetzungen in
weltwirtschaftlichen Marginalisierungstendenz Kolumbien auf Nachbarländer zu verhindern.
und der regionalen Erfahrung großer Verwund-
• Die Integrationsgruppe kann die heimischen
barkeit von außen her. Traditionelle Hemmnisse,
Unternehmen im internationalen Wettbewerb
z.B. der Import subventionierter Produkte (Wei-
durch Kooperationsgewinne unterstützen:
zen, Fleisch, Milch) aus der EU nach Brasilien,
Nur starke Nationalstaaten wie die USA und
haben an Bedeutung verloren.
starke Regionalgruppen wie die EU besitzen
das Potential, im Hinblick auf bestimmte
Präsident Menem unterstützte vor allem die 1994
Länder, z.B. Japan, oder Integrationsgruppen,
von 34 Ländern Amerikas beschlossene ALCA,
etwa ASEAN und MERCOSUR, eine Öff-
die bis 2005 aufgebaut werden soll, und ging ein
nung der Märkte zu erreichen. Die Länder
bilaterales Freihandelsabkommen mit Mexiko ein.
Lateinamerikas haben zwar ihre eigenen
Heute nähert sich Argentinien dem brasilianischen
Handelsschranken stark verringert (unilate-
Standpunkt an, vor einem ALCA-Vertrag das
rale Handelsliberalisierung); sie verfügen
südamerikanische Verhandlungspotential durch
jedoch allenfalls bei regionaler Integration
den Aufbau von ALCSA zu stärken.
über ausreichend Potential, um mit Erfolg auf
den Abbau der Handelsbarrieren der Indust-
Die Anforderungen an eine Gemeinsame Außen-
rieländer, z.B. der EU im Agrarhandel, zu
und Außenwirtschaftspolitik sind hoch:
drängen, die für sie hohe Einnahmeverluste
• Der starke Druck zur Exportdiversifizierung zur Folge haben.
verlangt den Abschluß von Freihandelsab-
kommen mit NAFTA (ALCA), der EU, Die Entwicklung solider gemeinsamer auswärtiger
ASEAN und anderen Regionen, den Ausbau Politiken erfordert Zeit. Zu bedenken ist, daß auch
der Handelsbeziehungen mit Ländern Asiens, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Südafrika, Kanada u.a. sowie gemeinsame der EU erst infolge eines langen regionalen Integ-
Maßnahmen zur Mitgestaltung der WTO. rationsprozesses möglich wurde.
14 Klaus Eßer

7 Regionale Integration technisch- Die regionale Integration technisch-industriell


industriell rückständiger Länder - rückständiger Länder besitzt ganz andere Voraus-
der MERCOSUR als Beispiel setzungen:
• Ein fester Entwicklungspfad auf der Basis
selbstgenerierten Wandels ist allenfalls im
7.1 Regionale Integration von Industrie- Ausnahmefall gegeben. Der Aufbau eines
und von rückständigen Ländern modernen Institutionengefüges geht meist
langsam vor sich.
Zwischen den funktionell komplexen Gesellschaf-
• Zwar wird mit der Durchsetzung des neo-
ten - mit einem funktionsfähigen, reformerprobten
klassischen Marktmodells in fast allen dieser
Gesamtsystem, einem auf selbstgeneriertem Wan-
Länder eine grundsätzlich erfolgversprechen-
del beruhenden festen Entwicklungspfad und ei-
de Richtung eingeschlagen; die neuen makro-
ner arbeitsteiligen, international erfahrenen Wirt-
ökonomischen Rahmenbedingungen allein
schaft - bestehen seit langem starke wirtschaftli-
lösen jedoch kein hohes wirtschaftliches
che, politische und kulturelle Interdependenzen.
Wachstum und schon gar keine technisch-
Beispiele sind die gegenseitige Durchdringung
industrielle Aufholdynamik aus. Sie führen
mit Direktinvestitionen und Interessengruppen mit
auch nicht zu einem unter sozialen Gesichts-
einer starken regionalen Dimension.
punkten breitenwirksamen Wachstumsmuster
(vgl. 8).
Im Falle dieser Länder mit hochdifferenzierten
nationalen Strukturen, die angesichts ihrer Offen- • Ganz besonders in diesen Ländern ist die
heit stetem internationalen Vergleich und Wett- Binnennachfrage kein ausreichender, bei vie-
bewerb ausgesetzt sind, zugleich aber internatio- len kleinen Ländern überhaupt kein Wachs-
nal expandieren, bestehen günstige Bedingungen tumsmotor. Defensiv wird kein Land und
und starke Tendenzen, die regionale Standort- keine regionale Integrationsgruppe stärker.
qualität und die internationale Wettbewerbsfähig- Der Weltmarkterfolg bestimmt die Dynamik
keit der heimischen Unternehmen durch regionale der regionalen Binnennachfrage und den In-
Kooperation und Integration zu verbessern. Der tegrationserfolg. Nur ein exportorientiertes
nationale wird durch den regionalen Wettbe- Wachstum beschleunigt die Lernprozesse der
werbsvorteil ergänzt. Unternehmen bis zu internationaler Wettbe-
werbsfähigkeit; es erzwingt Unternehmens-
In den Industrieländergruppen reicht die politische kooperation.
und wirtschaftliche Interessenkonvergenz aus, um
die regionale Integration voranzutreiben. Diese Die technisch-industriell rückständigen Länder
fällt je nach Charakteristika und Zielen der betei- schätzen den Vorteil regionaler Integration hoch
ligten Länder unterschiedlich aus: Die USA besit- ein; diese stößt jedoch auf weit mehr Probleme als
zen Interesse an einer großen, vielleicht sogar in den Industrieländerregionen. Im Kern steht das
gesamtamerikanischen Freihandelszone. Japan gemeinsame Entwicklungshemmnis. Bleibt die
setzt auf einen regionalen Wirtschaftsverbund, der Kraft der Mitgliedsländer zu selbstgeneriertem
die internationale Wettbewerbsfähigkeit seiner Wandel unzureichend, wird die handelspolitische
Unternehmen stärkt. Die mittelgroßen Länder Integration kaum gelingen. Wird aber in wichti-
Westeuropas sind an einem anspruchsvolleren gen Mitgliedsländern ein selbstgenerierter Wandel
regionalen Integrationsprozeß interessiert, um ihr ausgelöst, vermag die regionale Integration wich-
Innovations- und Wettbewerbspotential zu stär- tige Beiträge zur Dynamisierung der nationalen
ken, Marktgrößeneffekte zugunsten der heimi- Entwicklungsprozesse zu leisten. Dies ist insbe-
schen Unternehmen auszulösen, deren Welt- sondere dann der Fall, wenn sie nicht nur auf die
marktchancen zu verbessern und das Gewicht der handelspolitische Liberalisierung im Integrations-
EU in Weltwirtschaft und -politik zu vergrößern. raum gerichtet ist, sondern darüber hinaus auf
abgestimmte oder gemeinschaftliche Mesopoliti-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 15

ken mit drei Zielen: wirtschaftspolitische Anreize vorantreiben, besitzen unternehmerisch, instituti-
und Anstöße für die marktgetriebene Integration onell und technologisch erhebliche Mängel. Ihr
(der Privatwirtschaft), gesellschaftliche Vorleis- wirtschaftliches Wachstum fällt seit Einsetzen
tungen für die Wirtschaft, insbesondere der Bil- ihrer wirtschaftspolitischen Neuorientierung nied-
dungs- und Technologiepolitik, sowie ein globales rig aus:
Lernen zwecks Ausbau des wissensintensiven
• Brasilien stellt bisher eine schwache Wachs-
Industrie- und Dienstleistungssektors (mesoöko-
tumslokomotive für Südamerika dar; das
nomische Integration) (vgl. 8).
Wachstum lag 1991 – 1999 bei durchschnitt-
lich 2,5 % (Lateinamerika 3,2 %); es soll
Außer der Frage nach dem Wie der handels- und
2000 3,8 % und 2001 4,0 % erreichen.40 In
investitionspolitischen Integration stellen sich also
Argentinien verläuft die Modernisierung in
die Fragen Wer integriert sich? Vermögen wich-
den rohstoffnahen Industrien und in der Au-
tige Mitgliedsländer einen selbstgenerierten Wan-
tomobilindustrie dynamisch, in anderen In-
del auszulösen? In dieser Sicht sind wichtig: die
dustriebranchen langsam.
Charakteristika der Mitgliedsländer (Orientierung
und Fähigkeiten der politischen Akteure, Zahl • Brasiliens Wachstumsmuster ist stark bin-
wettbewerbsstarker Unternehmen, Wachstums- nenorientiert, von einem defensiven Stil, da-
muster und -dynamik, Verflechtung mit Drittlän- her auch von einem im Vergleich mit Argen-
dern) sowie ihrer Beziehungen zueinander (politi- tinien und Chile langsamen wirtschaftspoliti-
sche und wirtschaftspolitische Differenzen, Trans- schen Reformprozeß geprägt. Anders als die-
aktions- und Transportkosten, Potential intra- se beiden Länder bemüht sich Brasilien um
regionaler Arbeitsteilung und Unternehmensko- die Erhaltung und Modernisierung der wäh-
operation). Von besonders großer Bedeutung ist, rend der industriellen Importsubstitution ent-
ob ein fortgeschrittenes Land als Wachstums- standenen Industrien. Längerfristig wirkt sich
motor zur Verfügung steht. dies für die technisch-industrielle Entwick-
lung dieses Landes wahrscheinlich positiv
Weitaus mehr als bei Industrieländern verlangt die aus.
regionale Integration bei rückständigen Ländern
• Der Staat fördert in Brasilien heimische
ein politisches Projekt: eine Vision der nationalen
Großunternehmen (Begünstigung bei der Pri-
und regionalen Entwicklung, die Entschlossenheit,
vatisierung von Staatsunternehmen, auch von
diese nach innen und außen umzusetzen, sowie
Fusionen und Übernahmen) und bemüht sich,
ein Gespür für die unterschiedlichen Ent-
in- und ausländischen Großunternehmen
wicklungs- und Integrationssequenzen. Es kommt
Marktgrößeneffekte einzuräumen; auch daher
darauf an, das integrationsfördernde institutionelle
sein Interesse an MERCOSUR und ALCSA.
Design entwicklungsorientiert zu gestalten; ein
Beispiel ist eine enge wissenschaftlich-technische • Das Land vertraut weitaus stärker als früher
Kooperation, welche nationale Innovationssyste- auf seine Attraktivität als Investitionsstandort
me vorbereitet, ein weiteres der Aufbau eines ein- – auf seine „ability to attract“41. Die auslän-
heitlichen Rechtsraums im nationalen und regio- dischen Netto-Direktinvestitionen fließen
nalen Rahmen. heute zu etwa 80 % in den Dienstleistungs-
sektor (Telekommunikation, Energieversor-
gung, Finanzdienstleistungen). Der Netto-
zufluß an ausländischen Direktinvestitionen
7.2 Schwache Integrationslokomotive -
belief sich im Zeitraum 1980 - 1994 auf
Brasilien in den 90er Jahren
1 Mrd. US $ p.a; er erreichte 1995 3, 1996
10, 1997 16, 1998 23 und 1999 28 Mrd.
In rückständigen Regionen, in denen die Schwel-
US $. Nach Prognosen ist weiterhin mit ei-
lenländer schwach sind oder sogar fehlen, sind
nem jährlichen Nettozufluß in der Größen-
der regionalen Integration Grenzen gesetzt. Die
beiden Schwellenländer, die den MERCOSUR
16 Klaus Eßer

ordnung von 3 % des Bruttoinlandsprodukts derum kann das politische Projekt südameri-
zu rechnen.42 kanische Integration, kommt Brasilien nicht
entschieden voran, in defensiver Rhetorik
• Argentinien und Brasilien unterstützen bisher
hängenbleiben. Zunächst ist Brasilien jedoch
den Umstrukturierungsprozeß der heimischen
kaum mehr als der Erste unter Schwachen.
Klein- und Mittelunternehmen, also von über
95 % der Unternehmen, wenig. Erst die Allerdings gewinnt Brasilien nach dem Ende der
Finanz- und Währungskrise 1999 weckte die Finanz- und Währungskrise an Kraft. Ausdruck ist
Regierungen beider Länder aus ihrem stabili- die neue Außen- und Außenwirtschaftspolitik, die
tätsorientierten Schlummer. Heute wird wie- von der Regierung Cardoso zusammen mit in- und
der nach geeigneten Wirtschaftsförderungs-, ausländischen Großunternehmen gestaltet wird.
Technologie- und auch Industriepolitiken ge- Ein Kern der Südamerika-Politik ist die sichere
fragt.43 DieStabilisierungspolitik Brasiliens Energieversorgung. Viele Länder der Region wei-
hat offenbar „the country’s external depen- sen einen Energieüberschuß (bei Erdgas, Erdöl
dence“44 weiter vertieft. und Elektrizität) auf, Brasilien angesichts eines
prognostizierten wirtschaftlichen Wachstums von
• Die in- und ausländischen Großunternehmen
4,5 % p.a. in den nächsten Jahren einen schnell
Brasiliens modernisieren sich; erstere bleiben
wachsenden Importbedarf:
jedoch exportschwach; letztere zeigen zum
Teil wenig Exportinteresse. Nachdem man- • Brasilien - Argentinien: Petrobrás und Rep-
gelndes Vertrauen in den Reformwillen der sol-YPF arbeiten in immer mehr Feldern,
Regierung und das import- und verschul- insbesondere bei der Versorgung Brasiliens
dungsintensive Wachstum 1999 eine starke mit Erdöl, zusammen.
Abwertung der nationalen Währung erzwan-
• Brasilien - Bolivien: Petrobrás plant ein
gen, wird die Ausfuhr künftig wahrscheinlich
zweites Gasodukt; der Anteil von Erdgas am
stärker wachsen; vom Regierungsziel, bis
Energiekonsum des Landes soll von 3 % auf
2002 Exporte in der Größenordnung von
mehr als 9 % (2010) zunehmen.
100 Mrd. US $ zu erreichen, ist das Land je-
doch weit entfernt. Angesichts der geringen • Brasilien - Venezuela: Petrobrás und PDVSA
Fähigkeit, die eigenen Produkte auf auslän- streben eine Partnerschaft (Petroamérica) an,
dischen Märkten zu verkaufen („ability to die politisch gewollt ist, jedoch auf erhebli-
sell“), auch wegen des Fehlens des in den In- che technische Probleme stößt. Die wirt-
dustrieländern üblichen differenzierten In- schaftliche Annäherung beider Länder
strumentariums der Exportförderung erwei- kommt voran. Venezuela exportiert zu 75 %
sen sich hohe finanzielle Exportsubventionen Erdöl, Brasilien vor allem Industriegüter.
als erforderlich. Mittelfristig wird der Anteil Brasiliens am
Erdölexport Venezuelas wahrscheinlich zu-
• Brasilien ist der zentrale Träger des politi-
nehmen; bisher beträgt der Anteil der USA
schen Projekts MERCOSUR und wird von
90 %.
dessen übrigen Mitgliedsländern als „país
‚definitorio‘ en la región“45 anerkannt. Das Hinzu kommt das brasilianische Interesse am
Land ist jedoch eine Regionalmacht mit öko- Aufbau eines Südamerikanischen Wirtschafts-
nomisch tönernem Fuß und schwachen wirt- raums, zunächst einer regionalen physischen Inf-
schaftlichen Interdependenzen in der Region. rastruktur (Wasserwege, Eisenbahnen, Stromlei-
Aber: Brasilien besitzt eine südamerikanische tungen u.ä.).
Vision, die Südamerikas als einer geostrate-
Außerdem bemüht sich Brasilien um intensivere
gischen Einheit; die letzte regionale Vision,
wirtschaftliche und politische Beziehungen zu
die der Akteure der politischen Unabhängig-
Mexiko (z.B. die anstehende Neuregelung der im
keit im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts,
ALADI-Rahmen gewährten Zollpräferenzen mit
wurde aufgrund mediokrer ökonomischer In-
Mexiko), um gute Kontakte zu Washington, das
teressen lokaler Oligarchien verspielt. Wie-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 17

vor Schaffung von ALCA die Bildung von – Verbesserung der Verkehrswege (Pro-
ALCSA akzeptiert, sowie zu Südafrika (Freihan- gramm Avanza MERCOSUR)
delsabkommen MERCOSUR - Republik Südafri-
– Senkung der Energiekosten (z.B. bereits
ka).
fünf Gasodukte)
Schließlich setzt sich Brasilien in der WTO aktiv
– regionale Informations- und Kommuni-
für eine stärkere Berücksichtigung von Interessen
kationssysteme
der rückständigen Länder ein und strebt einen Sitz
im Sicherheitsrat der UN an. • Aufbau eines gemeinsamen Innovations-
raums
Vor allem aber gewinnt der MEROSUR aufgrund
von Initiativen der Regierung Cardoso zu seiner – Gemeinsame Hochtechnologie- und
Vertiefung und Erweiterung eine neue Dynamik: Raumfahrtpolitik (Vorschlag von Präsi-
dent F.H. Cardoso, Januar 2000)
Maßnahmen zur Vertiefung des MERCOSUR,
– Gemeinsame Wissenschafts- und Tech-
2000
nologiepolitik.
• Schnellere Handelsliberalisierung
Maßnahmen zur Erweiterung des MERCO-
– Fahrplan für eine schnelle Vollendung
SUR, 2000
von Freihandelszone und Zollunion
• Beitritt Chiles
– weiterer Abbau nicht-tarifärer Hemm-
nisse • Vertiefung der Beziehung zum ebenfalls
assoziierten Bolivien
– schnellere Liberalisierung des Dienst-
leistungssektors als im Dezember 1997 • Schaffung einer Freihandelszone mit der
(zehn Jahre) beschlossen Andengruppe, eventuell Erweiterung des
MERCOSUR um Andenländer
– Verringerung der Außenzölle und der
Zollkategorien, vor allem anläßlich der • Aktionsplan zum Ausbau der südamerikani-
Beitrittsverhandlungen mit Chile schen physischen Infrastruktur (Energie, Ver-
kehr, Telekommunikation).
• Günstigere Bedingungen für in- und auslän-
dische Unternehmen
Die Umsetzung des Aktionsplans liegt hauptsäch-
– Abbau bürokratischer Prozeduren lich im Interesse der brasilianischen Regierung,
der Großunternehmen des Landes und auch der
– Vereinheitlichung von Statistiken, Nor-
Großunternehmen der übrigen Länder Südameri-
men und technischen Standards
kas. Er soll bis Ende 2000 konkretisiert werden.
– Vereinbarungen gegen Subventionswett- An ihm arbeiten u.a. die Interamerikanische Ent-
lauf wicklungsbank/BID und die Corporación Andina
de Fomento/CAF, die Anden-Entwicklungsbank,
– gemeinsamer Ausbau der exportorien-
mit. Ziel ist die physische Integration in Südame-
tierten Wirtschaftsförderung, insbesonde-
rika, welche erstens die Bedingungen für den in-
re zugunsten von KMU und von joint
traregionalen Handel verbessert, zweitens, z.B.
marketing
über Verkehrsachsen zwischen den beiden Ozea-
– uneingeschränkter Transfer der Gewinne nen, den Export nach Asien erleichtert, drittens
und (nach drei Jahren) des Kapitals (wie die regionalen Standort- und Wettbewerbsvorteile,
Chile) z.B. durch regional vernetzte nationale Strom-
netze, erhöht. Die Projekte der physischen Integ-
• Ausbau der regionalen physischen Infrastruk-
ration sollen durch private Großunternehmen
tur
durchgeführt werden.
18 Klaus Eßer

7.3 Argentinien: „import-led de-sophisti- scher Exporthemmnisse durch Standardisie-


cation“46 – ein gefährdetes Schwellen- rung und Digitalisierung der Exportdoku-
land mente u.ä.). Fünf Faktoren erschweren je-
doch eine Exportsteigerung:
Argentinien setzt seit Beginn der 90er Jahre ein-
– Die erneute Kürzung der öffentlichen
seitig auf makroökonomische Stabilisierung,
Ausgaben (um 1.4 Mrd. US $) macht es
kaum aber auf Überwindung der traditionellen
noch schwieriger, den Klein- und Mittel-
„inestabilidad institucional“ und auf technisch-
unternehmen die in Industrieländern üb-
industrielle Lernprozesse. In diesem Rahmen
liche Wirtschaftsförderung (einschließ-
kommt es zu einem import- und verschuldungsin-
lich Exportförderung) zur Verfügung zu
tensiven Wachstum und einem Exportanstieg im
stellen.
Bereich der Rohstoffe und rohstoffnahen Indust-
riegüter.47 Hoffnung auf Dynamik ergibt sich vor – Die erneute Steuererhöhung beeinträch-
allem aus hohen geplanten ausländischen Direkt- tigt das Investitionsklima.
investitionen, z.B. durch Repsol/Spanien von
– Der Staat verdrängt aufgrund seiner ho-
8 Mrd. US $ sowie durch die neuen Lizenznehmer
hen Verschuldung die Privatwirtschaft
der Telekommunikation von bis zu 5 Mrd. US $.
bei der Kreditvergabe.
Das currency-board-System (Verzicht auf Wech-
selkurspolitik, starke Einschränkung der Geldpoli- – Bei diesem schlichten Spezialisierungs-
tik) beseitigte die chronische Inflation, hat jedoch profil ist immer wieder ein Preisverfall
eine Reihe ungünstiger Wirkungen, die seine Fort- bei den exportierten Rohstoffen zu er-
führung zunehmend in Frage stellen: warten - wie in der ersten Hälfte 2000 bei
Weizen, Soja und Mais.
• Die Annahme, die Stabilisierungspolitik löse
eine deutliche Produktivitätssteigerung bei – Da die Dynamik der Außenverschuldung
den Unternehmen aus, erweist sich im Hin- die des Exports, auch wenn dieser stärker
blick auf rohstoffnahe Großunternehmen, ei- als bisher wächst, zumindest kurz- bis
ne Reihe exportierender mittelgroßer Unter- mittelfristig übertrifft, schwindet das
nehmen und von Banken als richtig. Der Vertrauen in diesen Typ von Stabilisie-
größte Teil der Klein- und Mittelunter- rungspolitik. Der Schuldendienst nimmt
nehmen, insbesondere im Industriesektor, der von 43 % des Exportwerts 1997 auf 77 %
während der industriellen Importsubstitution 2000 und 81 % 2001 zu. Er beläuft sich
49
heranwuchs, reagiert mit defensiven oder 2001 auf 32,3 Mrd. US$.
Überlebensstrategien.48
• Das Land ist den Tendenzen zur Aufwertung
• Wegen des Wechselkurses und hoher Real- des US $ und zur Zinserhöhung in den USA
zinsen sind hauptsächlich Branchen mit hilflos ausgesetzt. Eben dies gilt für die Ab-
besonders hohen Produktivitätssteigerun- wertung in Nachbarländern, 1999 in Brasi-
gen, ausländischer Finanzierung und niedri- lien. Diese Art der Stabilisierung auf Dauer,
gem Lohnanteil exportfähig. Hohe Investi- die nicht zuletzt von US-Experten empfohlen
tionen der in- und ausländischen Großunter- wurde, führt das Land in eine US $-Falle und
nehmen richten sich daher auf den Rohstoff- eine tiefe wirtschaftliche und soziale Krise.
sektor und rohstoffverarbeitende Industrieun-
ternehmen.
• Der Export, dessen Anteil am Bruttoinlands- 7.4 Regionale Integration bei Binnen-
produkt bei nur 9 % liegt, soll in vier Jahren und Weltmarktorientierung
um 50 % (bis 2001 auf 28 Mrd. US $) wach-
sen. Hierzu wird die Exportförderung verbes- Im Rahmen der Politik industrieller Importsubsti-
sert (Steuerrückerstattung für alle Produkt- tution kam es trotz des fehlorientierten Anreizsys-
gruppen und Unternehmen, Abbau bürokrati- tems und wirtschaftspolitischer Unzulänglichkei-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 19

ten anfangs zu einem hohen wirtschaftlichen der Weltbank, ein weiteres die Diskussion
Wachstum; mit dessen Nachlassen jedoch türmte zur gehemmten gesellschaftlichen Entfaltung,
sich die Außenverschuldung auf. Vor allem in die vor allem wegen des ineffektiven Bildungs-
Phase der Erschöpfung des Substitutionspotentials wesens. Freilich führen die Diskussionen die-
fielen zahlreiche Ansätze regionaler Integration ser Art noch selten zu politischen Entschei-
teils wechselnder Ländergruppen, die in rheto- dungen, die zum Abbau solcher Entwick-
risch-bürokratischem Bemühen steckenblieben. lungshemmnisse beitragen könnten.
• Die industrielle Importsubstitution auf Dauer
Eine regionale Integration erwies sich nicht als
verlangsamte den unternehmerischen, sozia-
möglich: Die politischen Akteure verfügten über
len und politischen Lernprozeß. Sie führte ins
kein erfolgversprechendes Aufholprojekt; viele
Abseits der Weltwirtschaft und -politik. Un-
von ihnen gingen partikularen Interessen nach.
fruchtbar war es, auf alternative System-
Die Unternehmen, deren Expansionsneigung im
lösungen zu setzen, zugleich aber auf ein bü-
nationalen Rahmen schutzzollgebremst war, wur-
rokratisches Aushandeln von Entwicklungs-
den selten zu wettbewerbsorientierten Akteuren.
vorteilen seitens der Industrieländer zu hof-
Häufig überblickten Regierungen und Unterneh-
fen. Die selbstverursachte Dependenz erhöhte
men nicht mehr den nationalen Interventions- und
die Angewiesenheit auf ausländisches Kapi-
Schutzzollwust, der sich seit den 30er Jahren an-
tal und Know-how.
gesammelt hatte.
• Im Rahmen der Marktorientierung sind regi-
Das viel propagierte Projekt lateinamerikanischer onale Integration und weltwirtschaftliche In-
Integration50 konnte im Rahmen des einseitig tegration miteinander kommunizierende Me-
binnenorientierten Kapitalismus nicht konkreti- chanismen. Erstere ist der letzteren nicht vor-
siert werden. Es kam zu einem Gestrüpp von Mi- geschaltet, obwohl insbesondere die Unter-
niabsprachen. Aufgebaut wurden mindestens nehmen in technologisch komplexen Bran-
175 regionale und subregionale Institutionen und chen manchmal erst nach einem nationalen
Organisationen; viele von ihnen wurden additiv, und regionalen Lernprozeß in der Lage sind,
nacheinander und sich überlappend, geschaffen. auf dem Weltmarkt Fuß zu fassen. Letztere
Einige leben, nachdem sie ihre regionale Bedeu- ist in den heute vorherrschenden rohstoffna-
tung eingebüßt haben, als nationale Institutionen hen Exportsektoren nicht auf eine solche
bzw. Organisationen weiter. Andere widmen sich Zwischenstufe auf dem Weg zu globalen
subregionalen Fragen. Wenige besitzen eine wich- Märkten angewiesen.
tige regionale Rolle (Schaubild 23), keine sieht
eine gesamtlateinamerikanische Integration als Die Liberalisierung nach innen und außen ver-
konkretisierbares Projekt an. deutlicht den nationalstaatlichen Akteuren den
technisch-industriellen Rückstand ihrer Länder zu
Die neue regionale Integration hat völlig andere den Industrieländern, der aufgrund der Nutzung
Voraussetzungen; sie geht von Ländern mit neuer Technologien in den Industrieländern weiter
Markt- und Weltmarktorientierung aus: zunimmt. Die Globalisierung ist kein win-win-
Projekt; Länder, die zu einem technisch-indu-
• Der Kalte Krieg ist vorbei. Politische Stabili-
striellen Aufhol- und Anpassungsprozeß in der
tät ist nicht mehr der einzige zentrale Kalkül
Lage sind, gewinnen. Wer gewinnt, hängt keines-
der Industrie- gegenüber den rückständigen
wegs von "orthodox free-trade and growth-based
Ländern. Erstere sehen nun wieder den ak-
solutions"51 ab.
kumulierten Reformstau, insbesondere das
Fortbestehen vorindustrieller Macht- und
Zwar sind markt- und weltmarktorientierte makro-
Wirtschaftsstrukturen, als Entwicklungs-
ökonomische Rahmenbedingungen, wie die sozia-
hemmnis an. Ein Beispiel ist die neue Dis-
listische und die binnenorientiert-kapitalistische
kussion über die Notwendigkeit von Agrar-
Gegenexpansion zum liberalen Industrieländer-
reformen in Lateinamerika in den USA und
20 Klaus Eßer

kapitalismus im 20. Jahrhundert verdeutlichten, 7.5 Vom politischen Integrationswillen


für ein produktivitätsorientiertes wirtschaftliches zum ökonomischen Integrations-
Wachstum und eine dynamische gesellschaftliche projekt
Entwicklung unverzichtbar; da aber die makro-
ökonomischen Rahmenbedingungen allein nicht Vor allem in technisch-industriell rückständigen
zu internationaler Wettbewerbsfähigkeit einer Regionen setzt die regionale Integration über den
großen Zahl heimischer Unternehmen führen und Markt die Existenz eines politischen Integrations-
darüber hinaus Wissen der Schlüsselproduktions- willens, ein anhaltend starkes Integrationsinteres-
faktor ist, erweist sich das neoklassische Markt- se der Beteiligten sowie ein politisches Integra-
modell in seinen laissez-faire-Ausprägungen als tionsprojekt voraus. Letzteres ist eine zentrale,
unterkomplex. allerdings keineswegs hinreichende Bedingung
der regionalen Integration über die Privatwirt-
• Verlierer der Liberalisierung und Globalisie-
schaft. Eine weitere zentrale Bedingung ist die
rung sind Länder, die ihr endogenes Entwick-
Auslösung selbstgenerierten Wandels in wichtigen
lungspotential nicht auszuschöpfen bemüht
Mitgliedsländern.
sind und sich darüber hinaus - im Unter-
schied zu den Industrieländern - mit unzurei-
Der MERCOSUR stellt als politische Vision die
chenden Mitteln um die Verstärkung ihrer
Antizipation eines Besseren dar. Der Integrations-
weltwirtschaftlichen und -politischen Positi-
rahmen ist noch auszufüllen. Das politische Pro-
on durch regionale Integration bemühen.
jekt stellt eine Reaktion auf die Schwierigkeiten
• Gewinner der Globalisierung sind u.a. tech- dar, die sich im nationalen Rahmen der fortge-
nisch-industriell rückständige Länder, die ein schrittenen Mitgliedsländer abzeichnen. Es wird
tragfähiges Wachstumsmuster schaffen, das unverzichtbar, wenn dort ein selbstgenerierter
anfangs durchaus recht einfach ausfallen Wandel ausgelöst ist.
kann, und sich über dieses in den internatio-
nalen Wettbewerb und globalen Lernprozeß Bisher handelt es sich um ein Integrationsprojekt
einschalten. Durch ein dynamisches welt- weltwirtschaftlich schwacher Länder. Im nationa-
marktorientiertes Wachstumsmuster werden, len Rahmen ist das wirtschaftliche Wachstum
wie der Fall Chile verdeutlicht, eine Reihe niedrig, die Exportdynamik unzureichend, der
von Bedingungen für einen technisch- technische Lernprozeß langsam; die Armut schrei-
industriellen Aufholprozeß geschaffen. Die- tet voran. Die Frage ist, inwieweit sich in den
ser selbst verlangt freilich sehr hohe Eigenan- fortgeschrittenen Ländern Kräfte durchzusetzen
strengungen52 und die Eingliederung in eine vermögen, die auf nationaler und regionaler Ebe-
regionale Integrationsgruppe. ne die Standortqualität verbessern und den Wett-
bewerbsvorteil ausbauen. Hierzu kann die regio-
nale Integration beitragen, indem sie die Bünde-
lung der unternehmerischen sowie technisch-
wissenschaftlichen Kräfte ermöglicht und interna-
tionales Verhandlungspotential schafft, um Dritt-
ländermärkte zu öffnen.

Das politische Integrationsprojekt MERCOSUR


erwächst aus dem Bewußtsein ökonomischer
Rückständigkeit, dem geringen internationalen
Verhandlungspotential und dem drohenden Ver-
lust an Attraktivität gegenüber dem NAFTA-Land
Mexiko. Es gibt also ähnliche politische und öko-
nomische Interessen und eine Interessengruppe,
deren Mitglieder sich gegenseitig Vorteile bei
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 21

Handel und Investitionen einräumen. Es scheint Viele Probleme der Mitgliedsländer würden auch,
ein ökonomisches regionales Integrationsprojekt gäbe es den MERCOSUR nicht, auftreten; man-
auf, dessen Ziele, Politiken, Institutionen und che verlieren wahrscheinlich mit dem Ende der
Instrumente allerdings noch kaum definiert sind. Wirtschaftskrise in Brasilien an Bedeutung.

Das ökonomische Integrationsprojekt verlangt die


nationalstaatliche und eine gemeinsame regionale
7.6 Optionen des MERCOSUR: Auf-
Mobilisierung des endogenen Entwicklungspoten-
gehen in einer Südamerikanischen
tials. Bisher ist der Zusammenhang zwischen den
Freihandelszone oder Gemeinsamer
Schwächen der Wirtschaftspolitik auf der nationa-
Markt und Währungsunion
len und regionalen Ebene offensichtlich. Die un-
terschiedlichen Makropolitiken sind weitaus • Die Option, in der Freihandelszone der An-
hemmender als die Heterogenität der Volkswirt- dengemeinschaft aufzugehen, die z.B. J.A.
schaften, die manchmal als wichtiges Integrati- Ocampo, der Generalsekretär der CEPAL, für
onshemmnis angesehen wird. Diese Heterogenität realistisch hält,53 wäre für die technisch-
schafft jedoch Integrationspotential. industrielle Dynamik im MERCOSUR wenig
ergiebig. Das Wachstumspotential der Mit-
Vorhandene wirtschaftliche Interdependenzen gliedsländer der Andengruppe ist – auch we-
rechtfertigen die regionale Integration nicht. Das gen politischer Krisen – mittelfristig gering.
Integrationspotential kann in dem Maße genutzt Die Andengruppe ist schwach: Bolivien und
werden, in dem intraregionales Spezialisierungs- auch Peru können aus einer Mitgliedschaft
potential geschaffen wird und eine regionalbezo- im MERCOSUR größeren Nutzen ziehen.
gene physische Infrastruktur die intraregionalen Venezuela, Kolumbien und Mexiko bilden
Handelskosten auf oder sogar unter die internatio- die Freihandelszone G 3.
nal üblichen Handelskosten fallen läßt. Hinzu
• In den Jahren 1998 und 1999 hat der MER-
kommen erleichternd die grenzüberschreitende
COSUR an Integrationsdynamik verloren.
Unternehmenskooperation sowie hohe Direktin-
Wegen der wirtschaftspolitischen Unter-
vestitionen in den Partnerländern. All dies ver-
schiede, der Finanz- und Währungskrise in
langt offene Volkswirtschaften und wettbewerbs-
Brasilien 1999 und wachsender außenwirt-
starke heimische Unternehmen. Es erfordert Ver-
schaftlicher Probleme könnte – nach einem
trauen der in- und ausländischen Unternehmen in
Einbruch in Argentinien – die Tendenz zur
den Aufbau eines regionalen Rechts-, Handels-,
Bildung eines sich abschottenden regionalen
Investitions- und Innovationsraums sowie in eine
Blocks stärker werden. Beispiele einer defen-
fortschreitende wirtschaftspolitische Koordination
siven regionalen Integration sind das Kfz-
der Mitgliedsländer.
Abkommen und das einflußreiche "sector or
industry lobbying",54 insbesondere in Brasi-
Der MERCOSUR steht am Anfang eines langen
lien, das gerade in starken Wirtschaftssekto-
und ziemlich steinigen Weges; noch ist sein poli-
ren auf Steuervorteile, Subventionen und
tisches und wirtschaftliches Profil unscharf. Trotz
Außenschutz gerichtet ist. Die Industrieun-
vieler Schwächen des politischen und ökonomi-
ternehmen mit starker Exportorientierung
schen Projekts ist Optimismus angebracht: Eine
sind noch zu schwach, um den Integrati-
neue Generation von Politikern und Unterneh-
onsprozeß prägend zu beeinflussen. Um so
mern setzt sich in Brasilien und auch in Argenti-
wichtiger sind Entscheidungen der Regierun-
nien durch. Vieles hängt davon ab, ob wettbe-
gen für exportorientierte Wachstumsstrate-
werbsorientierte Unternehmer und neue gesell-
gien.
schaftliche Gruppen ihren politischen Einfluß
weiter ausweiten können. • Nur das wirtschaftliche und politische Ge-
wicht Brasiliens reicht aus, die Option eines
offenen Regionalismus durchzusetzen. Regie-
22 Klaus Eßer

rung und Großunternehmen dieses Landes 8 Der Weg zu selbstgeneriertem Wandel:


besitzen Interesse daran, den industriellen Kombination exportorientierter natio-
Agglomerationskern im Südosten zu einem naler Wachstumsstrategien und meso-
weltwirtschaftlich interessanten Industrie- ökonomischer regionaler Integration
und Dienstleistungsstandort auszubauen so-
wie die Wirtschaft kostengünstig mit Roh-
stoffen und rohstoffnahen Industrieprodukten
8.1 Endogene Konstellation:
und die Konsumenten mit relativ billigen Ag-
Bedingungen der Auslösung
rarprodukten und Nahrungsgütern aus be-
dynamischer Entwicklung
nachbarten Ländern zu versorgen. Zugleich
besitzt Brasilien Interesse an einer regionalen
Selbstgenerierter Wandel ist systemisch bedingt.
Handelsgruppe, die Marktgrößeneffekte für
Er ergibt sich aus einer spezifischen endogenen
seine Großunternehmen, von denen einige
Konstellation, in der nationalstaatliche Akteure
bereits MERCOSUR-Konzerne werden,
dem Staat, der Wirtschaft und der Gesellschaft
schafft und außerdem sein politisches Ge-
insgesamt eine bestimmte Richtung geben und
wicht international vergrößert.
diese dauerhaft sichern. Die jeweilige endogene
Konstellation, d.h. die politischen Akteure sowie
Die Konkretisierung dieser dritten Option kombi-
die Institutionen, die von diesen geschaffen und
nierter Vertiefung und Erweiterung des MERCO-
genutzt werden, entscheidet darüber, ob die mak-
SUR hängt von Faktoren wie den folgenden ab:
roökonomische Neuorientierung steckenbleibt
• Brasilien, Argentinien und Chile können u.U. oder eine neue Dynamik auslöst.
einen selbstgenerierten Wandel auslösen und
vorantreiben. Die Konsum- und Kapitalgüter- Erfahrungsgemäß ermöglichen es nur wenige
industrie Brasiliens setzt auf den Export nach endogene Konstellationen, die Pfadabhängigkeit
Südamerika. Für die Wirtschaft in Argenti- einer Gesellschaft insoweit zu durchbrechen, daß
nien und Chile ist die Kombination von bei Orientierung am Grobmuster des Kapitalismus
Weltmarkteinbindung sowie Exporten nach der Industrieländer (oder eines bestimmten Indust-
Brasilien und Direktinvestitionen in diesem rielandes, z.B. im Falle ostasiatischer Gesellschaf-
Land wichtig. ten an Japan) ein spezifisches Profil technisch-
industriellen Aufholens entfaltet werden kann.
• Die kleinen Mitgliedsländer führen Rohstoffe
und Agrarprodukte nach Brasilien aus. Ihre
Die zentralen Bedingungen hierfür haben sich -
regionsbezogene Anpassungsschwäche ist al-
im Vergleich zu früheren Aufholprozessen - nicht
lerdings kaum geringer als ihr Unvermögen
verändert; die Anforderungen sind allerdings ge-
zur Weltmarktintegration.
wachsen und wachsen weiter. Zugleich gibt es
• Die übrigen Länder Südamerikas müssen eine Reihe neuer Faktoren, welche Aufholprozes-
Lösungen finden, die es ermöglichen, diffe- se begünstigen, insbesondere die Dynamik der
renzierte politische und ökonomische Ansätze Weltwirtschaft und die Möglichkeit, sich in den
umzusetzen. Kolumbien und Ekuador stehen Prozeß weltweiter Wissensakkumulation einzu-
vor der schwierigen Aufgabe, politische Sta- klinken.
bilität durchzusetzen und sicherzustellen. Ko-
lumbien und Venezuela können - unter ande- Im 20. Jahrhundert vermochten sich in Lateiname-
ren Regierungen - wieder starke Tendenzen rika proindustrielle Akteursgruppen macht- und
entwickeln, eventuell zusammen mit Mexiko wirtschaftspolitisch nicht dauerhaft durchzuset-
als G 3-Freihandelszone, die traditionelle zen. Gelang es ihnen jedoch, Politik zu gestalten,
wirtschaftliche Ausrichtung auf die USA hin orientierten sie sich nicht an der Politik und der
zu verstärken. Dafür spricht, daß wahrschein- technisch-industriellen Dynamik in den Industrie-
lich nur die USA die Krisen im Andenraum ländern, sondern setzten auf hochinterventionisti-
anzugehen vermögen. sche und einseitig binnenorientierte Konzepte
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 23

industrieller Entwicklung, die das Heranwachsen vorschlagen. Sie hat, um zur Gestaltung von Ent-
moderner Unternehmen blockierten. Die Folgen wicklungspfaden beizutragen, die Ursachen der
waren: das Fortbestehen starker vor- und nicht- Dynamik in den Industrieländern sowie die neuen
industrieller Interessengruppen, z.B. im Agrarsek- technologischen und weltwirtschaftlichen Anfor-
tor, ineffektive, häufig in partikularen Interessen derungen an alle Länder der Welt zu berücksichti-
eingebundene Staatsbürokratien sowie wettbe- gen.
werbsunerfahrene Industrieunternehmen, die weit
hinter denen der Industrieländer herhinkten. Wett- Ein rohstoffnahes Wachstums- und Spezialisie-
bewerbs- und innovationsorientierte Unternehmer rungsmuster ist in Lateinamerika angesichts der
waren häufig Einwanderer. ungünstigen gesellschaftlichen Voraussetzungen
für einen technisch-industriellen Aufholprozeß
Dieses Wachstumsmuster entsprach aufgrund unvermeidbar. Im Unterschied zu den Aufhollän-
stagnativer Tendenzen und vielfältiger Verwer- dern Asiens sind wichtige Voraussetzungen für
fungen immer weniger den Interessen der traditio- Engagements in den technisch anspruchsvollen
nalen und der proindustriellen Akteursgruppen. Wachstumsindustrien der Weltwirtschaft, damit
Sie waren unter dem wachsenden Druck reform- für ein Hineinwachsen in den internationalen
orientierter und revolutionärer Gruppierungen Handel mit wissensintensiven Industriegütern und
zusammengewachsen. Außerdem nahm der auf Dienstleistungen, nicht gegeben. Hemmnisse sind
Liberalisierung und Marktöffnung gerichtete Au- insbesondere: die Schwäche der proindustriellen
ßendruck zu; der Hebel unaufhaltsam wachsender Akteure in Politik und Wirtschaft, enorme institu-
Außenverschuldung spielte hierbei ab den 80er tionelle Mängel, die geringe Humankapitalbildung
Jahren eine wichtige Rolle. und die dürftigen Aufwendungen für Forschung
und Entwicklung. Lateinamerika bleibt zunächst
Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts lösten nur der Weg, über seine differenzierte Rohstoff-
politische Akteure eines neuen Typs einen radika- basis und durch Größe der Unternehmen sowie
len Umbruch der makroökonomischen Rahmen- von Marktgrößeneffekten aufgrund regionaler
bedingungen aus. Sie setzten auf Deregulierung, Integration zu wachsen.
Privatisierung, Außenöffnung und einen Minimal-
staat; die Stabilisierung der makroökonomischen Das von in- und ausländischen Großunternehmen
Rahmenbedingungen trat in den Vordergrund. Die getragene Wachstumsmuster prägt die Macht- und
Frage stellt sich, ob der marktorientierte Umbruch Wirtschaftsstruktur, die Beschäftigung, die gesell-
nach verschiedenen Lernschritten zu einer endo- schaftliche Entwicklung und auch die regionale
genen Konstellation führt, in der günstige Bedin- Integration. Allerdings tritt die Oberschicht nun
gungen für die Auslösung eines selbstgenerierten für eine liberale Marktwirtschaft ein und akzep-
Wandels geschaffen werden. In Chile und Brasi- tiert demokratische Institutionen. Aus dieser
lien mehren sich die Anzeichen hierfür. Schicht, die traditionell auf weiche Gewinnoptio-
nen setzt, gehen bei anhaltend starker Exportori-
Die Kritik am gegenwärtigen rohstoffnahen entierung - wie in Chile - moderne Unternehmer
Wachstumsmuster hat zu beachten, daß Gesell- und Manager hervor. Hinzu kommen die mittel-
schaften ihren Entwicklungspfad nicht ohne Be- ständischen Unternehmer aus der Importsubstitu-
rücksichtigung der eigenen Strukturen, vor allem tionsphase und einige neue Unternehmer, z.B.
ihrer Modernisierungshemmnisse, und der jewei- frühere Staatsangestellte.
ligen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen
wählen können. Sie kann das Scheitern der einsei-
tig binnenorientierten Gegenexpansion zum In-
dustrieländerkapitalismus über sozialistische und
staatskapitalistische Ansätze und deren verhee-
rende soziale und ökologische Wirkungen nicht
ausklammern, also erneut Binnenorientierung
24 Klaus Eßer

8.2 Wirtschaftspolitisches laissez faire industriellen Importsubstitution führte dies zu


plus schmale soziale Flankierung wirtschaftspolitischen Forderungen zur Eindäm-
oder Mobilisierung gesellschaftlicher mung der Gewinn- und Technologietransfers oder
Kräfte für eine aktive Regional- und zum Ausgleich der Importe durch Exporte. Heute
Weltmarktorientierung kann die risikoreiche Angewiesenheit auf einen
höheren Kapitalzufluß nur durch ein weitaus stär-
Die marktorientierte Politik zieht in keres Wachstum der Ausfuhr von Gütern und
Lateinamerika einen "profundo proceso de Dienstleistungen verringert werden; z.B. beläuft
transformación estructural en materia económica, sich Brasiliens Leistungsbilanzdefizit auf über
tecnológica e institucional"55 nach sich. Die Stabi- 20 Mrd. US $ p.a. (1998 33,6 Mrd. US $) (vgl.
lisierungsprogramme führten vorübergehend zu 8.3).
einer Ausweitung der Binnennachfrage, zum
Zufluß ausländischen Kapitals und in einigen Im Verlaufe der 90er Jahre wurden die Unzuläng-
Ländern auch zu einem hohen wirtschaftlichen lichkeiten der makroökonomischen Neuorientie-
Wachstum. rung deutlich: Die kleine Zahl von in- und auslän-
dischen Großunternehmen, die aus der Deregulie-
Im Rahmen der Stabilisierung der Geld- und Fis- rung, deren Folge häufig eine "regulación de rien-
kalpolitik setzte sich in den 90er Jahren in den da suelta"57 (des losen Zügels) und eine unzu-
meisten Ländern die wirtschaftliche Binnenorien- reichende Reregulierung war, und der Privatisie-
tierung fort. Das geringe wirtschaftliche Wachs- rung großen Nutzen zogen, ermöglichte lediglich
tum (1991-1999: 3,2 % p.a.) erklärt sich aus der das geringe wirtschaftliche Wachstum. Seit Mitte
nach kurzer Zeit abgefallenen Binnennachfrage. der 90er Jahre kam ein Prozeß institutioneller
Die Ausfuhr wuchs stärker als während der letzten Reform und Entwicklung in Gang, der angesichts
Phase der Importsubstitution, jedoch erneut weni- nationalstaatlicher Handlungsschwäche jedoch
ger dynamisch als die Einfuhr.56 langsam verläuft. Die soziale Lage eines wach-
senden Teils der Bevölkerung verschlechtert sich
Stabilität, Wachstum und die Finanzierung des aufgrund des geringen wirtschaftlichen Wachs-
Leistungsbilanzdefizits hängen heute weitaus tums und der Vernachlässigung von Bildung, Ge-
stärker als während der Importsubstitution von sundheit und sozialer Sicherung.
einem hohen Kapitalzufluß ab. Der Kapitalzufluß
im Rahmen der Privatisierung staatlicher Unter- Lateinamerika steht weiterhin am Scheideweg:
nehmen verhinderte den Einbruch der Stabilisie- Die laissez-faire-Ökonomen verlangen mehr Zeit;
rungsprogramme. neostrukturalistische Ökonomen decken Markt-
versagen auf und fordern ein "Reforming the Re-
Ausländische Direktinvestitionen besitzen einen forms"58, z.B. eine adäquate Reregulierung, etwa
rationalisierenden Effekt auf die Volkswirtschaft eine Antioligopol- und Antidumpingpolitik.
und stoßen technisch-organisatorische Lernpro-
zesse der heimischen Unternehmen an. Ihre Dy- Die Anforderungen sind jedoch komplexer:
namik wird durch die regionale Integration, also
• Governance verlangt nicht nur eine Staatsre-
Marktgrößeneffekte, insbesondere im Bereich der
form, sondern eine nationalstaatliche Steue-
klassischen Industrien erhöht.
rung, die hierarchische und netzwerkgetrage-
ne Steuerungsleistungen miteinander kombi-
Eine industrialization by invitation stößt jedoch an
niert und die neuen Konzepte der Staatlich-
Grenzen. Binnenorientierte ausländische Direkt-
keit in den Industrieländern (Kooperations-
investitionen belasten in einem Land, das - wie
staat als Impulsgeber, Mobilisator, Moderator
z.B. bis 1999 Brasilien - eine hauptsächlich bin-
u.ä.)59 berücksichtigt. Dies erfordert eine Klä-
nenorientierte Wachstumspolitik betreibt, auf-
rung des Verhältnisses zwischen National-
grund hoher und wachsender Gewinn- und Tech-
staat und Wirtschaft, vor allem den Groß-
nologietransfers die Leistungsbilanz. Während der
unternehmen, die dem ersteren ausreichend
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 25

politische Autorität und technokratische herem wirtschaftlichem Wachstum, damit


Kompetenz für eine stärkere Zukunftsorien- einem schneller wachsenden Steuerauf-
tierung einräumt. Eine solche Klärung setzt kommen, und einem entsprechenden poli-
politische Akteure voraus, die technisch- tischen Willen, für den es allerdings
industrielle und gesellschaftliche Dynamik manchmal kaum Anzeichen gibt, beseitigt
wollen (vgl. 8.5). werden. Die Industrieländer sollten des-
wegen auf höhere sozialpolitische staatli-
• Marktorientierung macht Weltmarktorientie-
che Leistungen und außerdem auf Land-
rung unverzichtbar. Der zentralen Schwäche
verteilung und Programme zur Moderni-
Lateinamerikas, einer bisher überwiegend
sierung der Bauernbetriebe drängen.
passiven Weltmarktorientierung, kann nur
durch eine exportorientierte Wachstumsstra-
tegie begegnet werden, wie sie Chile seit
1985 erfolgreich umsetzt. Diese Strategie 8.3 Von der Stabilitäts- und Standort-
sollte, um die Entwicklungschancen der politik zu einer exportorientierten
nicht-rohstoffnahen Industrien und des Wachstumsstrategie
Dienstleistungssektors zu verbessern und das
binnenorientierte Wirtschaftspotential stärker Lateinamerikas Kernproblem, ein hohes wirt-
zu nutzen, durch die regionale Integration er- schaftliches Wachstum auszulösen, ist nur durch
gänzt werden. eine exportorientierte Wachstumsstrategie anzu-
gehen. Stabilitätsorientierte makroökonomische
• Die übliche Forderung nach einer sozialen
Rahmenbedingungen reichen hierzu nicht aus.
und ökologischen Flankierung des Markt-
Wichtige industrielle Wachstumsimpulse in den
mechanismus, etwa auch von Weltbank und
90er Jahren ergaben sich aus Mexikos NAFTA-
Interamerikanischer Entwicklungsbank, stellt
Beitritt und der Schaffung des MERCOSUR. Bei-
Wachstum und Verteilung in traditioneller
de Integrationsvorhaben stimulieren die Moderni-
Weise gegenüber. Es kommt aber, um durch
sierung im Industriesektor, vor allem die Annähe-
den Abbau der Chancenasymmetrie großer
rung der Arbeitsproduktivität der Automobilin-
Gruppen der Gesellschaft den technisch-
dustrie an die in entsprechenden US-Industrien.60
industriellen Aufholprozeß zu dynamisieren,
Auch die hoch subventionierte Flugzeugindustrie
auf eine Inbezugsetzung der Wirtschafts- und
Brasiliens modernisiert sich und weitet die Aus-
Sozialpolitik an.
fuhr aus.61
– Selbstgenerierter Wandel erfordert ein
Bildungswesen, das die Leistungsorientie- Die Marktorientierung stärkt die in- und ausländi-
rung und -fähigkeit sowie den sozialen schen Großunternehmen. Vor allem gilt dies für
Zusammenhalt der Gesellschaft stärkt. In Unternehmen, die Bergbau- und Agrarprodukte,
einer wirtschaftlich erfolgreichen Gesell- commodities industriales rohstoffnaher Industrien
schaft wird sich die Tendenz zu einer ge- (Zellullose/Papier, Eisen/Stahl, petrochemische
rechten Gesellschaft verstärken; zwischen Produkte, Sojaprodukte) sowie Nahrungsmittel
wirtschaftlichem Wachstum, Human- exportieren. Auch die Arbeitsproduktivität im
kapitalbildung und Armutsabbau besteht Bereich der commodities industriales nähert sich
ein enger Zusammenhang. derjenigen in entsprechenden US-Unternehmen
an.62
– Zur Verringerung der extremen Armut in
Ländern mit geringem Distributionspoten-
In den rohstoffnahen Industrien wachsen heimi-
tial erweisen sich spezifische Maßnahmen
sche global players heran, die in ihrem Sektor zu
zur Eingliederung in das Erwerbsleben
den größten Unternehmen der Welt gehören. Bei-
und den gesellschaftlichen Lernprozeß als
spiele sind Staatsunternehmen wie Codelco S.A./
wirksam. Die extreme Armut kann in den
Chile (Kupfer) und PDVSA/Venezuela (Erdöl)
meisten Ländern Lateinamerikas bei hö-
sowie Privatunternehmen wie Techint S.A./ Ar-
26 Klaus Eßer

gentinien (Stahl, nahtlose Röhren), Grupo México Die ausländischen Netto-Direktinvestitionen und
(Kupfer) und Cementos México/ CEMEX.63 Sie die zeitweise hohen Portfolioinvestitionen verhin-
erproben Strategien weltweiter Planung und dern lediglich den Zusammenbruch.
Durchführung ihrer Aktivitäten. Hinzu kommen
• Brasiliens Export von Gütern und Dienstleis-
als wichtige Exporteure ausländische Konzerne,
tungen nahm von 59,2 Mrd. US $ 1997 auf
insbesondere im Erdölsektor und der Nahrungs-
54,4 Mrd. US $ 1999 ab. Der Güterexport lag
mittelindustrie. Im Raum südlich der USA (Mexi-
1997 unter dem Irlands (52,5 vs. 53,3 Mrd.
ko, Zentralamerika, einige Karibik-Länder) tragen
US $). Prognosen gehen von einem Güterex-
arbeitsintensive maquiladora-Industrien (Lohn-
port von 55 Mrd. US $ 2000 und 60 Mrd.
veredelung) in- und ausländischer Großunterneh-
US $ 2001 aus. Der Schuldendienst (2000
men zum Export bei.
53,8 Mrd. US $) beläuft sich 2000 auf 79 %,
2001 auf etwa 70 % der Ausfuhr.
Die privaten Großunternehmen ziehen aus der
Privatisierung von Staatsunternehmen in vielen • Argentiniens Export von Gütern und Dienst-
Wirtschaftssektoren (Erdöl, Erdgas, Bergbau, leistungen nahm von 30,9 Mrd. US $ 1997
Stromproduktion und -vertrieb, Kommunikation, auf 27,3 Mrd. US $ 1999 ab. Im Jahre 2000
Banken u.a.) großen Nutzen und setzen heute auf werden nach einer Prognose 25,8 Mrd., 2001
weitere Privatisierungen (z.B. in Chile: Flughäfen, 27,8 Mrd. US $ erreicht.
Häfen, Straßen; in Brasilien: Energie/Strom, Akti-
• Die Ausfuhr der MERCOSUR-Länder (ein-
enpakete von Petrobrás, C.V.R.D., Rückversiche-
schließlich Chile) von 98,9 Mrd. US $ lag
rungsinstitute, Finanzsektor) sowie auf eine Regi-
1997 unter der Spaniens (101,2 Mrd. US $).
onalisierung der physischen Infrastruktur in Süd-
Der Schuldendienst Brasiliens und Argenti-
amerika (Energie, Verkehr, Kommunikation).
niens in % der Exporte liegt weit über dem
Privatisierung und Deregulierung begünstigen die
Lateinamerikas (2000 36 %, 146 Mrd. US $)
Modernisierung im Dienstleistungssektor (Ban-
und vor allem Chiles (2000 20 %, 2001
ken, Versicherungen, Supermärkte u.a.).
19 %).64
Infolge der neuen Privatisierungen, z.B. in Brasi-
Wegen der Bruttoauslandsverschuldung (Brasilien
lien seit 1997, sowie der Finanz- und Währungs-
2000 245,8 Mrd., Argentinien 161 Mrd. US $)
krise in Brasilien 1999 zeichnet sich eine noch
und negativer Leistungsbilanzsaldos, auch in Chi-
stärkere Unternehmenskonzentration ab. Auslän-
le und Bolivien, ferner wegen des Umstands, daß
dische Konzerne kaufen erfolgreiche heimische
bei höherem wirtschaftlichen Wachstum der Im-
Großunternehmen auf, z.B. in Chile Banken und
portbedarf an Maschinen, Ausrüstungen und
Unternehmen im Bereich der physischen Infra-
Technologie in die Höhe zu schnellen pflegt (wie
struktur. Dominanz und Wettbewerbsfähigkeit der
z.B. 2000 in Brasilien), schließlich, weil die Pri-
Großunternehmen legen exportorientierte Wachs-
vatisierung von Staatsunternehmen, welche den
tumsstrategien nahe. Mexiko bemüht sich seit der
Zufluß von Auslandskapital belebte, ihrem Ende
Finanzkrise Ende 1994 um eine Ausweitung der
zugeht, müssen die MERCOSUR-Länder - ähn-
Ausfuhr, Brasilien seit der Abwertung 1999.
lich wie Chile und viele EU-Länder - eine export-
orientierte Wachstumsstrategie umsetzen. Dies ist
Brasilien und Argentinien haben in Lateinamerika
auch der Fall, weil weltweit vor allem exportstar-
besonders lange auf ausländischen Kapitalzufluß
ke Standorte an Attraktivität gewinnen.
gesetzt, ohne die Bedingungen für die Ausfuhr
entschieden zu verbessern. Die Entwicklung der
Bei geeigneten makroökonomischen Anreizsys-
Handels- und Leistungsbilanz in den 90er Jahren
temen, insbesondere einem Wechselkurs, der die
verdeutlicht jedoch, daß eine hohe Exportsteige-
Ausfuhr nicht hemmt, vielleicht sogar stimuliert,
rung unverzichtbar ist. Wegen der einseitigen
läßt sich eine bedeutende Exportsteigerung und
Stabilisierungsansätze fallen die außenwirtschaft-
-diversifizierung im Bereich des ressourcennahen
lichen Indikatoren von Jahr zu Jahr kritischer aus.
Spezialisierungspotentials erzielen. Nachfrage ist,
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 27

etwa auf den wachsenden asiatischen Märkten, entstandenen starken Vertikalisierung und zu-
durchaus vorhanden. In allen Fällen, in denen sich gleich - außer bei den wenigen erfolgreichen
Staat und Unternehmen in Lateinamerika um eine Mischkonzernen - der horizontalen Diffusion. Die
Diversifizierung der Exportprodukte und der Ab- Entwicklungschancen der Klein- und Mittelunter-
satzmärkte bemühen, z.B. die Unternehmen ihre nehmen verbessern sich, indem der internationale
Marketingkompetenz deutlich verbessern, wird Wettbewerb Muster intensiver Verflechtung zwi-
eine hohe Ausfuhrdynamik möglich. Dies ist der schen Groß-, Mittel- und Kleinunternehmen sti-
Fall, obwohl die Exportpalette anfangs schmal ist, muliert, wie sie in den Industrieländern üblich
die Rohstoffpreise instabil sind und die Region in sind. Eine anhaltend starke Exportorientierung
den hochtechnologischen Wachstumsfeldern der setzt außerdem die Oberschichten einem Verände-
Weltwirtschaft kaum präsent ist. rungsdruck aus, moderne Unternehmer hervorzu-
bringen.
Zwar setzt die Liberalisierung nach außen die
Wirtschaft unter Rationalisierungsdruck; sie Die Feststellung, über eine exportorientierte
schafft jedoch keinen ausreichenden Lerndruck. Wachstumsstrategie spezialisiere sich Lateiname-
Viele Großunternehmen versuchen, dem Rationa- rika noch stärker in Wirtschaftssektoren, deren
lisierungsdruck teils nachzukommen, teils auszu- Anteil am internationalen Handel abnimmt (vgl.
weichen. Sie verstärken im Rahmen der Privati- Schaubilder 24 und 25), trifft nicht uneinge-
sierung von Staatsunternehmen ihre horizontale schränkt zu:
Diffusionierung. Hierzu tragen auch Fusionen und
• Einige Produkte mit relativ geringer Wert-
Übernahmen bei. In- und ausländische industrielle
schöpfungsintensität weisen wachsende An-
Großunternehmen setzen insbesondere auf Markt-
teile am internationalen Handel auf.
größeneffekte, weniger auf den Export in Dritt-
länder.65 Im Rahmen der regionalen Integration • Die Diversifizierung der Exportprodukte,
fordern die Großunternehmen mancher Branchen, z.B. in Chile bei Obst, Gemüse, Fleisch, Holz
auch Tochtergesellschaften ausländischer Kon- und Nahrungsmitteln, schafft ein schnell
zerne in den klassischen Industrien, eine Sonder- wachsendes upgrading-Potential, etwa für
behandlung, z.B. Kontingente. den Export von Holzprodukten, Möbeln so-
wie Druck- und Graphikerzeugnissen. Ein in-
In dieser Sicht stellt sich die Frage, inwieweit das teressantes Beispiel ist die Milchwirtschaft:
Interesse der ausländischen Direktinvestoren, Die Einfuhr subventionierter EU-Milch-
insbesondere in den klassischen Industrien, an der produkte nach Brasilien wurde durch Importe
Ausfuhr in Drittländer stimuliert werden kann. aus Argentinien und Uruguay ersetzt. Aus-
Ein Beispiel: 650 der Tochtergesellschaften mul- ländische Konzerne nutzen die regionalen
tinationaler Konzerne in Argentinien weisen hö- Exportchancen; heimische Kooperativen zie-
here Einfuhren als Ausfuhren auf. Das Defizit hen nach; einige gehen joint ventures ein,
beläuft sich nach Angaben der argentinischen z.B. CONAPROLE/Uruguay mit Bongrain.
Regierung z.B. bei Renault auf 510, Monsanto auf Der Druck der Milchwirtschaft, verbleibende
251, Hewlett Packard auf 195, Mercedes Benz auf nicht-tarifäre Hemmnisse im MERCOSUR
173 und IBM auf 117 Mio. US $; 90 % der Expor- abzubauen und die Zollunion zu vollenden,
te entfallen auf die 500 größten Unternehmen. Die nimmt zu. Gefordert werden auch günstigere
Regierung fordert die Konzerne zur Exportsteige- Kreditkonditionen sowie die Mobilisierung
rung auf66; eine solche ist jedoch wegen des un- von Verhandlungspotential, um die Märkte
günstigen Wechselkurses wenig wahrscheinlich. der Industrieländer zu öffnen und deren sub-
ventionierten Export in Drittländer zu unter-
Erst eine exportorientierte Wachstumsstrategie binden. Exportkampagnen zur Gewinnung a-
erzwingt eine Konzentration der Großunterneh- siatischer Märkte setzen ein. 67
men auf ihr Kerngeschäft. Sie führt zum Abbau
der während der industriellen Importsubstitution
28 Klaus Eßer

8.4 Vom exportgetriebenen Wachstum im Zusammenspiel dieser beiden Institutionen,


zum wachstumsgetriebenen Export - zunehmend auch beider mit intermediären Orga-
der Weg zu einem komplexen nisationen der Gesellschaft, kann das Ziel syste-
Wachstumsmuster mische Wettbewerbsfähigkeit aussichtsreich ver-
folgt werden.
Die Ausfuhr kann vor allem auf Drittländermärk-
ten gesteigert und diversifiziert werden. Nur durch
Exporte in Drittländer und die Erhöhung des An-
8.5 Aufbau eines starken und effektiven
teils technologieintensiver Industriegüter am Ge-
Nationalstaats
samtexport vermag Brasilien seine technisch-
industrielle Dynamik zu erhöhen und darüber
Die schwierige Umbruchssituation, die scheinbare
hinaus Arbeitsteilungspotential für die regionale
Effizienz des schlanken Staats - ein "ebenso empi-
Integrationsgruppe zu schaffen.
risch fehlorientiertes wie normativ irreführendes
Leitbild"71, und zwar ganz besonders in technisch-
Argentinien kann nur durch den Export in Dritt-
industriell rückständigen Ländern -, das Verharren
länder seine Gesamtausfuhr so stark ausweiten,
einiger Länder, ganz besonders der Kleinstaaten
daß sich ein Weg aus der selbstverschuldeten
Paraguay und Guatemala, bei einem partikularen
Währungs- und Außenverschuldungsfalle eröff-
Interessen dienenden Staat ohne Nation sowie die
net. Auch in diesem Land, das bisher immer neue
Erosion der Staatlichkeit in Kolumbien und Ekua-
soft options wählte, wozu auch die außenfinan-
dor, schließlich auch die Meinung, die Globalisie-
zierte Stabilisierung zu rechnen ist, begünstigt das
rung der Kapital- und Gütermärkte erodiere das
Ressourcenpotential ein exportgetriebenes Wachs-
makroökonomische Steuerungspotential und den
tum. In- und ausländische Großunternehmen ste-
Sozialstaat72, beherrschten in den 90er Jahren die
hen durchaus zur Verfügung, um ein solches um-
Diskussion zur entwicklungsorientierten Hand-
zusetzen. Insbesondere die asiatischen Märkte
lungsfähigkeit des Nationalstaats in Lateinameri-
sind noch kaum erschlossen.
ka.
Wichtig ist die Frage, wie das exportgetriebene
Diese Diskussion klammerte wichtige Verände-
Wachstum durch einen wachstumsgetriebenen
rungen in der Region aus: Zwischen dem traditio-
Export ergänzt und schließlich abgelöst werden
nell relativ starken und effektiven Nationalstaat in
kann. Letzterer beruht auf dynamischen unterneh-
Chile sowie in- und ausländischen Großunter-
mens- und institutionengebundenen Vorteilen,68
nehmen entsteht im Rahmen der exportorientier-
die geschaffen (man-made), im wachstumsträchti-
ten Wachstumsstrategie ein Interaktionsgefüge,
gen wissensintensiven Industrie- und Dienstleis-
das die Akteure mit strategischem Potential stärkt
tungssektor sogar systemisch verursacht sind. Um
und die institutionelle Entfaltung vorantreibt.
dynamische nationale Wettbewerbsvorteile - bis
Zwischen Staat und Großunternehmen bilden sich
hin zu "systemischer Wettbewerbsfähigkeit"69 der
korporative Beziehungsmuster heraus, die sich
heimischen Unternehmen - zu nutzen, muß die
teils mit den neoliberalen Politiken verquicken,
Pfadabhängigkeit der MERCOSUR-Länder so-
diese teils sogar ablösen.
weit durchbrochen werden, daß dynamische Ent-
wicklungsprozesse ausgelöst und dauerhaft ver-
Hält die Wachstums- und Exportdynamik an, wer-
folgt werden können.
den negative Effekte des rohstoffbasierten Wachs-
tumsmusters (geringe Beschäftigungseffekte,
Für einen Kontinuitätsbruch dieser Art sind die
niedrige Löhne, kritische Armut, niedrige Wert-
beiden Basisinstitutionen entscheidend, auf denen
schöpfungsintensität, starke Gegenwartsorientie-
die technisch-industrielle Dynamik und die welt-
rung) abgebaut. Akteursgruppen im Bereich der
weite Expansion der Industrieländer beruhen: ein
intermediären Organisationen gewinnen an politi-
starker und effektiver Nationalstaat sowie eine
schem und wirtschaftspolitischem Einfluß: zu-
"systematische kapitalistische Produktion"70. Erst
nächst Wirtschaftsverbände, dann politische Par-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 29

teien, zunehmend auch Gewerkschaften und Ge- Nationalstaat und Wirtschaftssystem, die Schlüs-
nossenschaften. Die beiden Basisinstitutionen selfaktoren dynamischer Entwicklung bleiben,
bringen, indem sie eine wettbewerbsorientierte müssen jedoch, um neue Formen zu finden, den
Wirtschaft stärken, auch eine differenzierte Ge- Suchprozeß in den Industrieländern berücksich-
sellschaft mit Partizipationschancen in Wirtschaft, tigen:
Bildung und Demokratie hervor.
• Der Interventionsstaat, der auf die Wachs-
tumszyklen der Wirtschaft und die Verteilung
Die neue Diskussion zum Nationalstaat im
der Wirtschaftsergebnisse einwirkte, wird
MERCOSUR richtet sich auf ganz andere Fragen
abgelöst durch einen "Kooperationsstaat"75,
als Stabilität: Sie betont die Kernelemente der
der die Eigenverantwortung und -dynamik
neuen Wachstumstheorie (Bildung, Technologie,
des Bürgers sowie die Marktkräfte anstößt,
Innovation) und ein Lernen durch Eingliederung
teils auch unterstützt. Dieser Staat hebt Be-
in den weltweiten Prozeß der Wissensakkumula-
schränkungen der Eigeninitiative und der
tion. In den Ländern mit schwächerer Steuerungs-
Marktkräfte, die sich aus seiner Intervention
und Reformfähigkeit des Staats, Mexiko, Brasi-
ergaben, möglichst auf, ohne seine Integra-
lien und Argentinien, deutet sich ein ähnlicher
tionsleistungen als Rechts , Verwaltungs-,
Prozeß wie in Chile an. In vielen kleinen und mit-
Steuer- und Sozialstaat in Frage zu stellen.
telgroßen Ländern der Region ist dies angesichts
Seine makro- und mesoökonomischen hierar-
endogener Reformschwäche und ungeeigneter
chischen Entscheidungen ergänzt er durch
Wirtschaftspolitiken bisher nicht der Fall. Dort
kooperative Interaktionsmuster, um günstige
setzt sich auch das traditionale Schielen nach dem
Bedingungen für systemische Wettbewerbs-
starken Mann fort, der freilich die Basisinstitutio-
fähigkeit zu schaffen.
nen der Moderne nicht zu ersetzen vermag.
• In den MERCOSUR-Ländern besteht gegen-
Ein Kernproblem der makroökonomischen Emp- wärtig die wichtigste Aufgabe darin, einen
fehlungen im Rahmen des Washington Consensus handlungsfähigen Nationalstaat aufzubauen.
liegt darin, daß die Frage nach der nationalstaatli- Es kommt zunächst auf ein modernes Institu-
chen Durchsetzungs- und Reformfähigkeit ausge- tionengefüge und eine qualifizierte, professi-
klammert wird. Der Schwächung des Staats sollte onelle Bürokratie an. Erst dann können Staat,
ab Mitte der 90er Jahre durch die Forderung nach Wirtschaft und intermediäre Organisationen
einem effektiven Staat begegnet werden.73 Erneut miteinander in Bezug gesetzt und der Raum
wurde die machtpolitische Frage nach einem star- zwischen Staat und Markt (Formen der
ken Nationalstaat, damit nach dem Durchset- Selbstorganisation, Netzwerkstrukturen) aus-
zungsvermögen von Politik, nicht gestellt.74 gefüllt werden. Dies erfordert es auch, die
Nutzung des endogenen Entwicklungspoten-
Wirtschaftspolitische Neuorientierung, institutio- tials in Gemeinden und Regionen anzusto-
nelle Entwicklung und Mobilisierung des endoge- ßen.
nen Potentials, auch die Globalisierungstendenz
verlangen jedoch einen starken und effektiven Die Zukunft des Staats ist nur jenseits der Dicho-
Nationalstaat. Dieser ist unverzichtbar, um stabili- tomie Markt vs. Staat zu finden. Nationalstaatli-
täts- und wachstumsorientierte makroökonomi- che Definitions- und Konsensmacht verlangen
sche Rahmenbedingungen zu sichern, die schwie- wachsende staatliche Steuerungsfähigkeit eines
rigen institutionellen Reformen (Recht, Bildung, neuen Typs - mit "Komplementaritäten ... zwi-
Finanzsektor u.a.) umzusetzen und Entwicklungs- schen hierarchischer Koordination und nicht-
hemmnisse, z.B. durch Strukturreformen im Ag- hierarchischen Formen der horizontalen Selbstko-
rarsektor, abzubauen. ordination".76 Erforderlich wird ein Interdepen-
denzmanagement, das auf die gemeinsame Festle-
Natürlich sind weder der klassische Nationalstaat gung des jeweiligen nationalstaatlichen Interesses
noch das klassische Industriesystem nachholbar. nach innen und außen gerichtet ist.
30 Klaus Eßer

Im Hinblick auf einen geeigneten Mix der ver- niens ihre Firmen an ausländische Konzerne. O-
schiedenen Steuerungs- und Koordinierungsmodi, der: Die argentinische Fleischindustrie - der Hö-
also die public governance-Strukturen, gibt es hepunkt des Rindfleischexports lag in der zweiten
kein einheitliches Konzept. Vielmehr werden Hälfte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts - hat es
diese Modi durch die spezifischen Bedingungen in bis heute nicht geschafft, ein leistungsfähiges
einem jeden Land und die jeweiligen weltwirt- Marketing hervorzubringen.78 Vor allem mangels
schaftlichen Anforderungen geprägt. In den asiati- geschaffener nationaler Wettbewerbsvorteile
schen Aufholländern zeigt sich, daß sie - wie auch bleibt den Ländern Lateinamerikas nur der Weg,
die Wirtschaftspolitik - in den verschiedenen Se- zunächst die gegebene Faktorausstattung am
quenzen technisch-industriellen Aufholens unter- Weltmarkt auszuschöpfen.
schiedlich ausfallen. Ein jedes Land muß auf einer
jeden Entwicklungsstufe seinen institutionellen Die makroökonomischen Rahmenbedingungen
Modernisierungskontext selbst finden. Hierfür begünstigen neben den Automobilkonzernen ins-
zeichnen sich in Lateinamerika nur wenige Ansät- besondere rohstoffnahe Großunternehmen; beide
ze ab. Deutlich wird, wie schlicht die im Um- modernisieren sich rasch und stellen heute die
bruchsprozeß zunächst von den Regierungen ü- stärksten privaten Interessengruppen dar. Zu bei-
bernommenen neoliberalen Politikansätze waren. der Heranwachsen hat der Nationalstaat deutlich
beigetragen. Die Beziehungen zwischen Staat,
heimischen Konglomeraten und ausländischen
Konzernen prägen auf absehbare Zeit die Wirt-
8.6 Heranwachsen einer großen Zahl
schaftspolitik79 und die regionale Integration.
wettbewerbs- und innovations-
orientierter Unternehmen
Im Falle günstiger Exportbedingungen, z.B. in
Chile, wachsen auch viele wettbewerbsstarke
Ein zentrales Problem der Länder Lateinamerikas
mittelgroße Unternehmen heran. Die Tendenz zur
besteht darin, daß der Anteil der Unternehmen,
Bildung von Oligopolen, die insbesondere in den
die auf die marktorientierten makroökonomischen
kleinen Ländern stark ist, wird geschwächt. Wei-
Rahmenbedingungen durch Modernisierungsan-
tere Klein- und Mittelunternehmen werden, z.B.
strengungen reagieren, mit bestenfalls 20 % bis
über Außenhandelshäuser, zu indirekten Expor-
30 % bescheiden ausfällt.
teuren, die sich ebenfalls rasch modernisieren.
Eine Wirtschaftsförderung, um kurz- bis mittel-
Die Deregulierung, die Privatisierung der meisten
fristig die Ausfuhr hauptsächlich über Klein- und
Staatsunternehmen und manche Sonderbedingun-
Mittelunternehmen zu erhöhen, wäre verfehlt. 80
gen ließen in Brasilien, Mexiko, Argentinien und
Chile große heimische Konglomerate entstehen
Der Markt allein führt nicht zu einem dauerhaft
und zogen zugleich ausländische Direktinvestoren
hohen wirtschaftlichen Wachstum, differenzierten
an. Die 100 größten heimischen Industrieunter-
Exporten, innovativen Unternehmen, die weltweit
nehmen der Region wuchsen in den 90er Jahren
lernen, hoher Beschäftigung und einer weniger
schnell, allerdings langsamer als die ausländi-
stark zunehmenden Einkommenskonzentration;
schen Tochtergesellschaften. Der Anteil am Um-
insofern stellt er kein hinreichendes Instrument
satz, der auf die privaten heimischen Unterneh-
effizienter Ressourcenallokation dar. Es ist eine
men entfiel, verringerte sich von 45,9 % 1990 auf
zentrale Aufgabe des Nationalstaats, dafür Sorge
40,2 % 1996 (ausländische Direktinvestitionen:
zu tragen, daß die Devisenerlöse und Steuerein-
45,9 % vs. 57,3 %; Staat: 8,2 % vs. 2,5 %).77
nahmen tatsächlich für ein upgrading der Export-
produkte und die Schaffung günstiger Bedingun-
Eine zentrale Ursache der starken Position der
gen für ein komplexes Wachstumsmuster genutzt
ausländischen Direktinvestitionen ist die Schwä-
werden.
che vieler heimischer Großunternehmen. Unter
Wettbewerbsdruck verkauften z.B. fast alle heimi-
schen Nahrungsmittelgroßunternehmen Argenti-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 31

Eine große Zahl wettbewerbs- und innovations- sie setzen über den wirtschaftlichen Erfolg hinaus
orientierter Unternehmen wächst erst über eine ein wirtschaftsnahes Technologiemanagement und
klar und dauerhaft exportorientierte Wachstums- Fortschritte beim Aufbau eines nationalen Innova-
strategie heran, die das stabilitäts-, wachstums- tionssystems voraus.
und exportorientierte makroökonomische Anreiz-
system durch mesoökonomische Anreize ergänzt,
welche das Umfeld der exportwilligen und
8.7 Der MERCOSUR als Treibmittel
-fähigen Unternehmen verbessern. Eine moderne
regionaler Unternehmensverflech-
Wirtschaftsförderung wird insbesondere den Ex-
tung und globalen Handels:
port von Klein- und Mittelunternehmen und den
regionale Raumstruktur und regio-
technisch-organisatorischen Modernisierungspro-
nal abgestimmte oder gemeinschaft-
zeß unterstützen, um die Zahl wettbewerbs- und
liche Mesopolitiken
innovationsstarker Unternehmen zu erhöhen und
die soziale Breitenwirkung des Wachstums-
Die Auslösung selbstgenerierten Wandels ist eine
musters zu verstärken.
nationalstaatliche Aufgabe. Setzen die Mitglieds-
länder des MERCOSUR exportorientierte Wachs-
Entscheidend für die Modernisierung der Klein-
tumsstrategien um, kann die mesoökonomische
und Mittelunternehmen ist eine langfristig sichere
Integration zu festen Entwicklungspfaden beitra-
und günstige Entwicklungsperspektive. Hierzu ge-
gen. Drei Beispiele (8.7 - 8.9) verdeutlichen dies.
hören sinkende Realzinsen, Kreditzugang sowie
die üblichen mesoökonomischen Förderinstru-
Der MERCOSUR würde als Treibmittel globaler
mente. In Ländern wie Argentinien allerdings
Integration seiner Mitgliedsländer eine neue Qua-
behindern seit Anfang der 90er Jahre der überhöh-
lität gewinnen und darüber hinaus zum Motor
te Wechselkurs und hohe Realzinsen, die beide
einer strategischen Wechselwirkung zwischen Re-
dem wirtschaftspolitischen Stabilitätskalkül ent-
gional- und Weltmarktintegration werden. Außer-
springen, sowie mangelhafte Mesopolitiken81 die
dem ist er als politischer Hebel in der Konkurrenz
Exportorientierung der Industrie und die Moderni-
um Weltmärkte unentbehrlich. Hieraus ergeben
sierung der Klein- und Mittelunternehmen.
sich günstige Impulse für die mesoökonomische
Integration.
Wettbewerbsorientierte Unternehmen verlangen
außerdem moderne Meta-Bedingungen, vor allem
Die einseitige Binnenorientierung führte zu frag-
ein modernes Rechtswesen und staatlich garan-
mentierten Volkswirtschaften. Das Wachstums-
tierte Rechtssicherheit. Darüber hinaus kommt es
muster der MERCOSUR-Länder begünstigt nicht
auf moderne Werte und Verhaltensweisen an, zu
den Aufbau nationalstaatlicher Wirtschafts- und
denen öffentliche Institutionen und private Orga-
Industriesysteme des klassischen Typs. Allerdings
nisationen beitragen. Es geht um öffentliche und
zeichnen sich in den industriellen Kernen, vor
private Anstöße für ein unternehmensfreundliches
allem denen im Südosten Brasiliens, in den klassi-
Klima, das zugleich zum gesellschaftlichen Wan-
schen Industriesektoren Industriecluster ab. Auch
del beiträgt (Neugier, Aufgeschlossenheit, Kreati-
in Exportsektoren und -regionen der übrigen Mit-
vität, Geduld, Eigeninitiative, technologische
glieds- und Beitrittsländer gibt es Anzeichen für
Kompetenz, Wettbewerbsbejahung, Bildung, so-
cluster-Bildung.82 Im Rahmen des MERCOSUR
ziale Gerechtigkeit u.ä.).
kann, ausgehend von den Industriekernen und
Exportregionen, ein regionales Wirtschaftssystem
Hier liegen Aufgaben für Bildungswesen und
heranwachsen.
Medien; entscheidend für den Wertewandel ist,
wie sich z.B. im Chile der 80er Jahre deutlich
Zwei Politiken wirken in diese Richtung:
zeigte, beginnender wirtschaftlicher Erfolg. Weit-
aus komplexere Anforderungen stellen technolo- • Die Integrationspolitik stößt die arbeitsteilige
gische Kompetenz und Innovationsverständnis; Spezialisierung der Unternehmen sowie die
32 Klaus Eßer

gemeinsame Entwicklung von Grenzregio- die ein großer, weiter wachsender Teil der Wirt-
nen, damit die Herausbildung einer regiona- schaft Südamerikas entfällt. Auch zwischen Bue-
len Raumstruktur, an. Ein Beispiel für die nos Aires - Rosario - Santa Fé - Córdoba - Men-
gemeinsame Entwicklung grenznaher Gebie- doza - Santiago de Chile gibt es Anzeichen für
te ist das neue chilenisch-argentinische Berg- eine Wirtschaftsachse; allerdings ist diese weitaus
bauabkommen, das die Ausbeutung von Kup- schwächer. Künftig kann sich ein wirtschaftliches
fer-, Gold- und Silberminen im Grenzgebiet Integrationsdreieck São Paulo - Buenos Aires -
beider Länder intensivieren soll. Santiago de Chile mit einer schwachen Nordseite
herausbilden, das auf ein polyzentrisches regiona-
• Regional abgestimmte oder gemeinsame
les Wirtschaftssystem weist.
Mesopolitiken verbessern die Qualität der
Region als Wirtschaftsstandort und den regi-
In Uruguay, Paraguay und Bolivien gibt es wenig
onalen Wettbewerbsvorteil gegenüber ande-
Anzeichen dafür, daß diese Länder zum einen
ren Regionen.
ihren komparativen Vorteil ausschöpfen, um im
Export Lernprozesse der heimischen Unterneh-
Nationale und regionale Mesopolitiken tragen
men zu befördern, zum anderen aber, vor allem
dazu bei, die nationalen Wachstums- und Ent-
durch institutionelle Modernisierung, einen ge-
wicklungsmuster und das regionale Integrations-
schaffenen Vorteil entfalten. Vor allem dieser ver-
muster zu festen Projekten zu machen.
bessert das Image der fortgeschrittenen Länder
Südamerikas in der Welt und zieht ausländische
Die intraregionale Arbeitsteilung geht von den in-
Direktinvestitionen im Industrie- und modernen
und ausländischen Großunternehmen der fortge-
Dienstleistungssektor an.
schrittenen Länder aus, die zugleich die dichtesten
internationalen Verflechtungen besitzen. Insbe-
Die Wirtschaftsförderung an wettbewerbsorien-
sondere in den industriellen Agglomerations-
tierte Klein- und Mittelunternehmen ist in fast
kernen wird intraregionales Arbeitsteilungspoten-
allen Ländern Lateinamerikas unentwickelt. Um
tial geschaffen. Der Industriekern im Südosten
die Verringerung der externen Ungleichgewichte
Brasiliens, in dem ein bedeutender, weiter wach-
der Mitgliedsländer zu einem Kernziel zu machen
sender Teil der nationalen und südamerikanischen
und die Zahl stabiler Exporteure deutlich zu ver-
Industrie konzentriert ist, bestimmt die Dynamik
größern, ist insbesondere die Schaffung eines
im MERCOSUR und die seiner Binnen- und Au-
modernen Instrumentariums der Exportförderung
ßenverflechtung. Er ist aufgrund seiner Agglome-
unverzichtbar.83 Dies gilt für die direkte und die
rations- und Fühlungsvorteile der stärkste regiona-
indirekte Exportförderung (Exportfinanzierung,
le Wachstumspol und entscheidend im weltweiten
Steuererleichterungen, Ausfuhrgewährleistungen,
Standortwettbewerb Südamerikas.
Förderung der Entwicklung und Nutzung kom-
merzieller Dienstleistungen, Verbesserung des
Die übrigen Kerne (Buenos Aires, Santiago de
Zugangs zu leistungsfähigen Informations- und
Chile, Recife u.a.) besitzen einen zweiten oder
Kommunikationssystemen, geschäftsanbahnende
dritten Rang. Die wirtschaftliche Raumstruktur
Maßnahmen (Schaubild 26).
des MERCOSUR und Südamerikas einschließlich
der Bildung von Randzonen und Peripherien wird
Die mesoökonomischen Institutionen, die in den
heute eindeutig von den Kernen zweiter und drit-
meisten Ländern Lateinamerikas schwach sind,
ter Ordnung, künftig jedoch wahrscheinlich vom
sollten vor allem das joint marketing, das Präsi-
Industriekern Brasiliens geprägt. Dieser schafft,
dent Cardoso 1999 für den Export regionaler Pro-
indem er seine Weltmarktverflechtung verstärkt,
dukte in Drittländer vorschlug, unterstützen. Zu
Potential für die intraregionale Arbeitsteilung.
Modernisierung und Ausfuhr von Klein- und Mit-
telunternehmen tragen u.a. Außenhandelshäuser,
Zwischen dem Agglomerationskern im Südosten
Exportkonsortien, Exportpools und exportorien-
Brasiliens und dem Großraum Buenos Aires
tierte joint ventures bei. Bei anhaltender Export-
zeichnet sich eine wirtschaftliche Achse ab, auf
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 33

orientierung und Ausbau der Mesoinstitutionen des italienischen Typs, exportorientierte Ge-
wächst, wie sich in Chile zeigt, eine große Zahl meinschaftsunternehmen),
wettbewerbsstarker Unternehmen heran. In Chile
• Wertschöpfungsketten, regionalmarktorien-
ist die Exportförderung gut entwickelt, weniger
tierte cluster, wie z.B. die Milchwirtschaft in
aber die Technologieförderung. Eine Stärke man-
Argentinien und Uruguay sowie weltmarkt-
cher Industrieländer liegt in einer kombinierten
bezogene cluster, wie z.B. die Obst-, Fisch-
Export- und Technologieförderung, über die eine
und Holzwirtschaft in Chile und der Wein-
große Zahl von Unternehmen zu stabilen Expor-
sektor in Chile und Argentinien,
teuren werden.
• ein regional- und weltmarktbezogenes out-
In Arbeit sind in den Mitgliedsländern Studien sourcing; dieses, überhaupt die Intensivie-
zum überwiegend privat finanzierten Aufbau von rung der grenzüberschreitenden Zuliefer- und
Handels- und Kulturzentren des MERCOSUR in Abnehmerbeziehungen, damit die Ergänzung
wichtigen europäischen Hauptstädten und den der Größen- durch Verbundvorteile, verstärkt
USA. 84 Sie können zur Exportberatung beitragen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
als exportbezogene Informationsdienste dienen, Großunternehmen; der regionale Produkti-
Produkte des MERCOSUR bekanntmachen und onsverbund kann, indem moderne Klein- und
dessen Image verbessern. Sie sollten Exportpools Mittelunternehmen heranwachsen, durch
und anderen Exportorganisationen aus den Mit- weltweites outsourcing ergänzt werden.
gliedsländern Büros anbieten. U.U. können sie
auch den globalen Lernprozeß in ihren Heimat- Die nationale Wirtschaftsförderung oder gar die
ländern, z.B. den technisch-organisatorischen Privatwirtschaftsförderung der Entwicklungs-
Suchprozeß der Klein- und Mittelunternehmen, zusammenarbeit können nicht dürftige Eigenan-
anstoßen. strengungen von Unternehmen substituieren. Die
Wirtschaftsförderung sollte ausschließlich Unter-
Die Wirtschaftsförderung sollte ganz besonders nehmen mit ausgewiesen hohen Eigenanstrengun-
exportorientierte nationale und regionale Produk- gen sowie die privatwirtschaftliche Integration
tions- und Vertriebsnetzwerke stärken. Exporter- unterstützen. Hier liegen die zentralen Mängel der
folg verlangt Unternehmenskonkurrenz und -ko- traditionellen Förderung der Klein- und Mittel-
operation. Beispiele für eine exportorientierte unternehmen in Lateinamerika, durch die hohe
Unternehmenskooperation, die zum Ausgleich der finanzielle Mittel vergeudet wurden, sowie der
bedeutenden Größennachteile der heimischen undurchdachten Förderung von Quasiunterneh-
Unternehmen im internationalen Vergleich bei- men des informellen Sektors durch eine Entwick-
trägt, sind: lungszusammenarbeit, für die Effektivität und
Nachhaltigkeit de facto kaum eine Rolle spielen.
• der Aufbau von Zuliefernetzwerken durch
Großunternehmen, die sich unter Wettbe-
Die Wirtschaftsförderung sollte transparent, straff
werbsdruck auf ihre Kernkompetenz kon-
und möglichst zeitlich begrenzt sein. Effektive
zentrieren; dies verlangt freilich auch eine
Förderung setzt Selektivität voraus; private Audi-
stärkere Modernisierungstendenz von Klein-
toren sollten die jeweils zu fördernden, z.B. ex-
und Mittelunternehmen,
portfähigen Unternehmen, bestimmen. In Latein-
• die Zusammenfassung der Produktion zahl- amerika ist insbesondere die Evaluierung der För-
reicher Klein- und Mittelunternehmen durch dermaßnahmen unentwickelt. Gefördert werden
Außenhandelshäuser und exportorientierte sollten insbesondere neue Klein- und Mittel-
Verarbeitungsfirmen, unternehmen, z.B. junge Technologieunternehmen
und unternehmensorientierte Dienstleister. Ein-
• die Exportkooperation von Klein- und Mit-
geworben werden sollten auch ausländische Bera-
telunternehmen (Firmenpools zur Erschlie-
tungs-, Forschungs- und Förderinstitutionen
ßung eines neuen Markts,85 Exportkonsortien
(Fraunhofer, Steinbeis u.ä.).
34 Klaus Eßer

Die regionale Kooperation, um den MERCOSUR Aufgrund der einseitigen Binnenorientierung


zu einem Treibmittel regionaler und globaler Un- hochgeschützter und -subventionierter Unterneh-
ternehmensverflechtung zu machen, sollte sich men von 1930 bis 1990 blieb der Druck zu techni-
zunächst auf drei Maßnahmen konzentrieren: scher Modernisierung in Lateinamerika gering.
Vereinzelt kam es durchaus, etwa in Argentinien,
• In jedem Mitgliedsland sollte eine Agencia
zu technologischen Eigenanstrengungen von Un-
Nacional de Competitividad e Innovación
ternehmen, auch zu eigenständigen Innovationen.
aufgebaut werden86. Die Agencias sollten die
In der Regel wurde jedoch die jeweils neue Ma-
Politiken, Institutionen und Instrumente der
schinengeneration der Industrieländer mit Verspä-
Wirtschaftsförderung untereinander abstim-
tung übernommen.
men.
• Das 1997 geschaffene Red PYMES MER- Der schwache Wettbewerbsdruck machte keinen
COSUR, in dem Forscher und Experten zu- systematischen technologischen Lernprozeß der
sammenarbeiten, sollte jährlich Vorschläge Unternehmen erforderlich. Deren Nachfrage nach
für öffentliche und private Maßnahmen zur qualifizierten Arbeitskräften fiel schmal aus; ihr
Wirtschaftsförderung vorlegen. Diese sollten Druck zur Einrichtung eines nationalen Innovati-
auch auf eine entwicklungspolitische Zu- onssystems blieb gering. Seit den 80er Jahren ist
sammenarbeit zwischen den fortgeschrittenen der substanzlose Ruf nach technischer Autonomie
und den kleinen Mitgliedsländern gerichtet in Lateinamerika verstummt. Obwohl aber die
sein, um dort exportfähige und innovative neuen Technologien der Industrieländer hohe
Klein- und Mittelunternehmen zu unterstüt- nationale Eigenanstrengungen und weltweite
zen. Lernprozesse erforderlich machen, fallen diese
weiterhin dürftig aus.
• Sehr wichtig sind geschäftsanbahnende Maß-
nahmen. Ein Beispiel ist das Global Technol-
Die rohstoffnahe Spezialisierungsstrategie ver-
ogy Network ("Creating linkages for sustain-
schärft, wie sich in Chile zeigt, den Wettbewerbs-,
able development") der U.S. Agency for In-
damit den Spezialisierungs- und Lerndruck auf die
ternational Development/USAID. Es handelt
Unternehmen. Auch das Ausspielen des gegebe-
sich um eine exportorientierte Börse per In-
nen komparativen Vorteils verlangt heute eine
ternet, die dem Transfer von Technologie und
hohe und schnell wachsende technisch-organi-
Dienstleistungen dient (weltweite Kontakt-
satorische Kompetenz der Unternehmen, damit
anbahnung über eine ständig aktualisierte Da-
anhaltenden Wissenstransfer (Technologie, Mar-
tenbank, Unterstützung von Anbahnungsrei-
keting, Logistik, Werbung u.ä.).
sen, Vermittlung des Zugangs zu U.S. Export
Assistance Centers u.ä.). Sie steht auch re-
Die Großunternehmen, die stabile Exporteure und
gistrierten Unternehmen rückständiger Län-
Lokomotiven der weltweiten wirtschaftlichen
der zur Verfügung87.
Verflechtung sind, besitzen die Schlüsselrolle bei
der marktlichen Durchsetzung technischer Neue-
rungen. Sie übernehmen Maschinen, Technolo-
8.8 Der MERCOSUR als Motor des gien und Organisationsmuster aus den Industrie-
technischen Fortschritts (technolo- ländern und passen sie, soweit erforderlich, häu-
gische Integration) fig, wie ihre geringen Ausgaben für Forschung
und Entwicklung andeuten,89 wohl eher oberfläch-
"The digital gap between industrialized and de- lich, an ihren Bedarf und die spezifischen lokalen
veloping countries is wider than the gap between Gegebenheiten an.
them in terms of productivity and socioeconomic
well-being."88 In dem Maße, wie das upgrading-Potential in
rohstoffnahen Spezialisierungsfeldern, z.B. der
Holzwirtschaft90, genutzt wird, wachsen, zumal
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 35

nun Klein- und Mittelunternehmen an Bedeutung • Ähnliches gilt für die Großräume Buenos
gewinnen, die Anforderungen an unternehmens- Aires (Qualifikation der Arbeitskräfte, Inter-
externe Ressourcen. Insbesondere die Technolo- netfirmen mit supranationalen regionalen An-
gie- und Exportkompetenz der Klein- und Mittel- geboten, biotechnologische Forschung) und
unternehmen verlangt nationale oder subnationale Santiago de Chile, wo die Fähigkeit ausge-
regionale Förderprogramme. Die absorptiven Fä- prägt ist, das endogene Wachstum durch die
higkeiten der Klein- und Mittelunternehmen, ihr Verfolgung strategischer Ziele und den
spezielles Know-how durch Technologietransfer Transfer speziellen Wissens voranzutreiben.
zu verbessern, sowie ihr Vordringen auf Aus-
landsmärkte müssen mindestens ein bis drei Jahre Der Weg zu einer forschungsintensiven Wissens-
unterstützt werden. kultur in Lateinamerika ist weit. Im Hinblick auf
die Entfaltung internationaler Orientierungs- und
Nehmen die Anforderungen an Flexibilität, tech- Handlungsfähigkeit der Individuen, Unternehmen
nologische Kompetenz und Steuerungsfähigkeit sowie privaten und öffentlichen Institutionen be-
der exportierenden Unternehmen weiter zu und steht ein großer Nachholbedarf. Dem National-
werden ihre Absatzmärkte schwieriger, gewinnen staat fällt - wie in den Industrieländern - eine
komplexere Eigenanstrengungen der Unterneh- wichtige Rolle dabei zu, die gesellschaftlichen
men und die unternehmensexternen Ressourcen Vorleistungen für die Wirtschaft zu verbessern,
weiter an Bedeutung. Die Großunternehmen bau- insbesondere ihre Qualität zu erhöhen.
en ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen
aus. Heimische Unternehmen bemühen sich um Vor allem diese Vorleistungen geben neuen
eine gemeinsame Vermarktung ihrer Produkte Klein- und Mittelunternehmen, z.B. jungen Tech-
sowie um joint ventures oder strategische Allian- nologieunternehmen, Entwicklungmöglichkeiten
zen mit ausländischen Konzernen. Ihre Unter- und verbessern die Chancen bestehender Klein-
nehmenskooperation erstreckt sich auch auf den und Mittelunternehmen, sich zu modernisieren
Aufbau von Zuliefernetzwerken. Ein neuer Typ und in den Export hineinzuwachsen. Sie tragen
von Klein- und Mittelunternehmen (unterneh- dadurch zur Verbreitung des Wachstumsmusters
mensorientierte Dienstleister in Bereichen wie und zur Ausweitung der Beschäftigung bei. Dar-
Design, Werbung, Marktinformation, Finanz- über hinaus sind ganz besonders gesellschaftliche
dienstleistungen, Software, Internet und e-com- Vorleistungen für die Wirtschaft geeignet, das
merce) ist gefragt. Manche Tochtergesellschaften Bevölkerungswachstum und die Armut zu verrin-
ausländischer Konzerne ziehen allerdings viele gern. Sie schaffen auch Voraussetzungen für eine
Zulieferer aus ihren Heimatländern nach. tatsächliche Gleichstellung der Frau in der Gesell-
schaft.
Insbesondere in den nationalen industriellen Ag-
glomerationskernen, aber auch in den export- Die Entfaltung einer forschungsintensiven Wis-
orientierten Industrieclusters werden die gesell- senskultur verlangt eine revolutionäre Sicht, wel-
schaftlichen Vorleistungen für die Wirtschaft zu che die gesellschaftliche Pfadabhängigkeit durch-
einem wichtigen Hebel technisch-industrieller bricht, hohe Eigenanstrengungen und einen langen
Dynamik. Atem. Eine forschungsintensive Wissenskultur,
die ein Hineinwachsen von Unternehmen in den
• Dies gilt hauptsächlich für den industriellen
wissensintensiven Industrie- und Dienstleistungs-
Agglomerationskern in Südostbrasilien. Auf-
sektor stimuliert, macht es erforderlich, die Be-
grund der differenzierten Nachfrage und des
dingungen für kumulative Lernprozesse und die
starken Wettbewerbs nehmen dort die Anfor-
Akkumulation von Wissen wesentlich zu verbes-
derungen an die Humanressourcen sowie eine
sern. Solches Wissen ist im Kapitalstock der Un-
öffentliche Förderung von Forschung und
ternehmen sowie in öffentlichen und privaten
Technologietransfer schnell zu. Industrie-
Institutionen gebunden; auch die lokal verfügba-
und Dienstleistungssektor wachsen zusam-
ren Arbeitskräfte besitzen es. Zur Dynamisierung
men.
36 Klaus Eßer

der lokalen Wissensakkumulation können, wie tutionen sind in der Regel schwach; ihre Zahl
sich etwa in Irland zeigt, ausländische Direktin- ist gering.
vestitionen einen wichtigen Beitrag leisten. Aller-
• Unternehmen in technologisch komplexen
dings wird es nur dann zu hohen Direktinvestitio-
Branchen stellen hohe Anforderungen an das
nen kommen, wenn die gesellschaftlichen Vorleis-
unterstützende Umfeld. Zu diesem zählen
tungen für die Wirtschaft die Attraktivität eines
u.a. öffentliche und private spezialisierte Me-
regionalen Standorts erhöhen. In Irland werden
soinstitutionen, die Existenzgründer schulen
Wirtschafts-, Bildungs-, Technologie- und For-
und beraten, den Aufbau von Risikokapital-
schungspolitik eng miteinander in bezug gesetzt,
märkten unterstützen sowie den Zugang zum
um das Heranwachsen heimischer exportierender
Internet und ganz besonders Ansätze zu ei-
Unternehmen zu unterstützen.
genständiger Innovation stimulieren und för-
• Ein Kernproblem ist die Ausschöpfung des dern. Wird das Wachstumsmuster komplexer,
regionalen gesellschaftlichen Begabungspo- verlangen die Unternehmen ein dichtes meso-
tentials. Die traditionelle Bildungssezession ökonomisches Umfeld, z.B. von Informati-
in Lateinamerika wirkt sich so aus, daß der ons-, Beratungs- und Serviceinstitutionen.
private Bildungssektor die Nachfrage der Auch kommunale und subnationale regionale
Wirtschaft nach Humankapital, solange das Standortpolitiken, die zur Vernetzung des
Wachstumsmuster schlicht ausfällt, weitge- Standortangebots an Humankapital, Wissen
hend deckt, die Qualität des öffentlichen Bil- und Unternehmenskooperation beitragen,
dungssektors, der in der zweiten Hälfte des werden wichtig.
20. Jahrhunderts quantitativ expandierte, je-
Hohe Anforderungen stellt ein breiter und
doch äußerst gering bleibt.91 Dies gilt ganz
tiefer technologischer Lernprozeß, der die
besonders für das Niveau in den Grundschu-
Fähigkeit zu einem globalen Lernen stärkt,
len, aber auch für die geringe Nähe der Se-
das auf die Eingliederung der Gesellschaft in
kundarschulen zu Berufsleben und Wirtschaft
den weltweiten Prozeß der Akkumulation
und die fehlende Konzentration der Hoch-
von Wissen gerichtet ist.
schulen auf die Natur- und Ingenieurwissen-
schaften und unternehmensnahe Forschung. • Technisches Lernen setzt soziales Lernen
Eine grundlegende Reform des öffentlichen voraus; beides zusammen stimuliert die nati-
Bildungssektors hat nur in Chile eingesetzt. onale Integration einer Gesellschaft.93
Auch in diesem Land ist jedoch der Weg zu
• Technologie ist keine commodity; sie kann
einer breiten Kultur technischen Lernens
nicht ohne eigene technologische Kompetenz
lang.
transferiert und genutzt werden. Sie bedarf
• In Lateinamerika nehmen die Anzeichen eines spezifischen gesellschaftlichen Umfel-
dafür zu, daß im Kern der Interaktion von des, das die technologische Lern- und Inno-
Wissenschaft und Wirtschaft die Zusammen- vationsfähigkeit stimuliert, und, wenn das
arbeit zwischen Hochschulen und exportie- Wachstumsmuster komplexer wird, eines na-
renden Unternehmen stehen wird. Im Hoch- tionalen Innovationssystems, das den Prozeß
schulsektor Chiles sind z.B. zwei Drittel aller der Akkumulation von Wissen anregt und,
Forscher des Landes tätig.92 Besondere Be- insbesondere im Bereich der neuen Techno-
deutung kommt Ingenieurswissenschaften, logien, vorantreibt.
Informatik und Biotechnologie zu. Der Staat
• Die Entwicklung einer nationalen For-
sollte seine Hochschulförderung an eine Kon-
schungs- und Technologiepolitik verlangt
zentration auf diese Bereiche und an eine
eine technisch-industrielle Vision. Erst diese
wirtschaftsnahe Forschung, die zur Eigen-
ermöglicht die Inbezugsetzung der Wirt-
finanzierung der Hochschulen beiträgt, kop-
schafts-, Bildungs-, Technologie- und For-
peln. Die außeruniversitären Forschungsinsti-
schungspolitik sowie ein enges Zusammen-
spiel von Staat, Privatwirtschaft und inter-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 37

mediären Organisationen, um nationale Po- Vorgehen mit Staat und Wirtschaft abstim-
tentiale zugunsten der Systemrationalisierung men. Ein solches Programm ist insbesondere
und -integration sowie des globalen Lernens in den kleinen Mitgliedsländern wohl nur bei
zu mobilisieren und zu bündeln. Insbesonde- kräftigen MERCOSUR-Anstößen zu erwar-
re der Transfer neuer Technologien setzt eine ten. Die starken Mitgliedsländer sollten dort
moderne unternehmerisch-wissenschaftlich- seine Umsetzung personell unterstützen. Das
technische Struktur voraus, die sie absorbie- Programm würde dem MERCOSUR eine
ren, nutzen und in den Prozeß nationaler breite gesellschaftliche Basis verschaffen und
Wissensakkumulation einbeziehen kann. wäre ein wirksames Instrument seiner Au-
ßendarstellung.
Technisch-industrielle Dynamik ergibt sich nicht
• Dies gilt auch für ein weiteres Regionalpro-
einfach aus der Existenz von physischem oder
gramm, das den vielfältigen Fördermaßnah-
Humankapital, sondern vielmehr aus einer wach-
men zugunsten des Internet in den Mitglieds-
senden Fähigkeit, die Produktivität zu steigern,
ländern (z.B. freier Zugang zum Internet
international wettbewerbsfähig zu werden, neue
durch brasilianische Banken wie Bradesco
Technologien zu nutzen und Wissen national zu
und Unibanco, 1.000 Telezentren für entle-
akkumulieren. Argentinien ist ein negatives Bei-
gene, arme Gemeinden in Argentinien, Pro
spiel: Die Wirtschaftspolitik bietet keinen Anreiz
Tercer Milenio von ANTEL, dem staatlichen
für technologieintensive Industrie- und Dienstlei-
Telekommunikationsunternehmen Uruguays,
stungsunternehmen; der nationale "anaemic scien-
Fondo para el Desarrollo de las Telecomuni-
tific and technological complex"94 unterstützt die
caciones zur Einrichtung von Telezentren in
verbleibenden Unternehmen dieses Typs nicht. In
einer jeden Gemeinde Chiles bis 2006)97 ein
allen Ländern der Region ist offen, wie die Ge-
regionales Dach gibt, einen Erfahrungsaus-
sellschaft zu globalem Lernen stimuliert werden
tausch initiiert und die Maßnahmen zuguns-
kann.
ten der armen Gemeinden auch durch finan-
zielle Mittel und Know-
In dieser Sicht stellt sich die Frage nach der "tech-
how der Entwicklungszusammenarbeit der
nologischen Integration"95. Bisher gibt es punktu-
OECD-Länder verstärkt. Ein solches Pro-
elle Ansätze wissenschaftlich-technischer Zusam-
gramm kann die Zahl der Internet-Nutzer
menarbeit zwischen Brasilien und Argentinien
(2003 ca. 20 Millionen in Lateinamerika)
(Informatik, Biotechnologie, Raumfahrt u.a.) und
weiter erhöhen.
zwischen Argentinien und Chile. Erfahrungsge-
mäß, z.B. in der EU, ist die regionale Zusammen- • Ein drittes regionales Programm sollte die
arbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Kräfte der nationalen Forschungs- und Tech-
Technologie besonders schwierig. Sie verlangt nologieinstitutionen in ausgewählten hoch-
Anstöße von oben her und zugleich eine "integra- technologischen Schlüsselsektoren bündeln.
ción desde abajo"96. Insbesondere wegen des enor- Es sollte die Forschung und Entwicklung in
men technischen Rückstandes der MERCOSUR- den Unternehmen anstoßen. Die Mitglieds-
Länder sind regionale Anstrengungen, welche die länder sollten sich verpflichten, die wissen-
nationalen ergänzen, unverzichtbar. schaftlich-technische Infrastruktur in ausge-
wählten Feldern auszubauen. Dies ist u.a.
• Ein mutiger entwicklungs- und integrations-
deswegen möglich, weil große Teile der phy-
fördernder Schritt bestünde in einer Selbst-
sischen Infrastruktur privatisiert und künftig
verpflichtung der Regierungen der Mitglieds-
durch den Privatsektor ausgebaut und Teile
länder, ein regionales Programm zur Erhö-
der wissenschaftlich-technischen Infrastruk-
hung der Qualität des öffentlichen Grund-
tur durch den Privatsektor aufgebaut werden.
schulwesens in konkreten Schritten umzuset-
zen. Eine öffentlich-private regionale Exper- • Weil die divergierenden Raten technischen
tenkommission sollte die Fortschritte in den Fortschritts und die Innovationspotentiale der
Mitgliedsländern evaluieren und das weitere Wirtschaft weltweit zu treibenden Kräften
38 Klaus Eßer

unterschiedlicher Entwicklungsdynamik 8.9 Der MERCOSUR angesichts der


98
werden und in der Innovationskonkurrenz Globalisierung unter Modernisie-
Zeitpunkt und Schnelligkeit der Produktin- rungs- und Lerndruck: ein Motor
novationen, nicht aber Wettläufe um Lohn- regionalen und globalen Lernens
kostensenkungen, die entscheidende Rolle
spielen, kommt einer regionalen Technolo- Die Gesellschaften Lateinamerikas setzten sich
gie- und Innovationspolitik Bedeutung zu. lange Zeit mit der Moderne wenig auseinander.
Sie sollte das endogene Potential wett- Während der einseitigen Binnenorientierung do-
bewerbsorientiert mobilisieren und regionale minierten kritisch-ablehnende Positionen. Der
Kompetenznetzwerke aufbauen, die insbe- Transfer von speziellem Wissen in Unternehmen,
sondere den dynamischen Exportclusters, öffentlichen Institutionen und Wissenschaft blieb
z.B. einer exportorientierten regionalen Holz- schmal; häufig erfolgte er seitens der Industrie-
wirtschaft, dienen. Zugleich sollte sie den länder. Mit der Liberalisierung nach innen und
Ausbau der industrie- und innovationsöko- außen wurde das Ausmaß der Know-how-
nomischen Institutionen, welche den Aufbau Rückständigkeit deutlich. Lediglich bei einer klei-
wissensintensiver Industrien und Dienstleis- nen Zahl von Unternehmen gab es Nähe zu den
tungen unterstützen, vorantreiben. Die evolu- international üblichen Standards und Praktiken.
torische Ökonomik gewinnt bereits im ge- Lateinamerika war eine der unmodernsten Regio-
genwärtig schlichten Wachstumsmuster an nen der Welt.
Bedeutung, da die Ausprägung technologi-
scher und innovativer Kompetenz viel Zeit Die Etablierung des neoklassischen Marktmodells
erfordert. im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts machte
einen umfassenden Know-how-Transfer zur Ges-
• Auf der MERCOSUR-CAN-Konferenz in
taltung der makroökonomischen Rahmenbedin-
Brasilia kündigte die brasilianische Regie-
gungen erforderlich. Diese überforderten anfangs
rung ein "Programm für Informations- und-
Ökonomen und Technokraten; theoretische An-
Biotechnologie" an; zu dessen Umsetzung
sätze aus US-Universitäten wurden unkritisch um-
wird ein "Südamerikanischer Fonds zur För-
gesetzt; ein Beispiel ist die Bekämpfung der Infla-
derung der wissenschaftlich-technischen Ko-
tion über einen festen Wechselkurs, die Anfang
operation in der Region" eingerichtet. Ent-
der 80er Jahre in Argentinien, Chile und Uruguay
scheidend ist freilich, ob die nationalen wis-
Währungskrisen auslöste.
senschaftlich-technischen Eigenanstrengun-
gen in Brasilien selbst wesentlich verstärkt
Die Globalisierung, insbesondere der Kapital-
werden.
märkte, stellt die Regierungen vor weitgehende
Herausforderungen. Es kam, z.B. in Mexiko und
Im Rahmen der Globalisierung kommt es im
Brasilien, zu Finanz- und Währungskrisen. Die
MERCOSUR - wie in der EU - darauf an, "welt-
institutionellen Reformen, die wegen des schlich-
weit Innovationspotentiale durch kooperatives und
ten Washington-Consensus erst Mitte der 90er
simultanes Forschen, Entwickeln, Produzieren
Jahre einsetzten, erweisen sich als schwierig und
und Vermarkten zu erschließen, mit dem Ziel, die
langwierig. Die Reaktion auf den Paradigmen-
Umsetzungszeit für Forschungsergebnisse zu ver-
wechsel in den Industrieländern von der Industrie-
kürzen".99 Wahrscheinlich wird jedoch der MER-
zur Informationsökonomie fällt wegen der unzu-
COSUR allenfalls langfristig ein technologiepoli-
reichenden institutionellen, technologischen und
tischer Akteur sein, der die high-tech-Entwick-
innovativen Kompetenz schwach aus.
lungspfade regionalbezogen vorzeichnet und an-
stößt.
Die marktorientierten makroökonomischen Rah-
menbedingungen verschärfen das Mißverhältnis
zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, solange
sie nicht in einen neuen gesellschaftlichen Zu-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 39

sammenhang eingebettet sind. Erst ein hohes wirt- Kompetenzzentren eingliedern, um eine Strategie
schaftliches Wachstum über viele Jahre und noch schnellen Aufholens in neuen Marktfeldern vor-
mehr ein technologieintensives Wachstumsmuster zubereiten.
ermöglichen die Eingliederung einer großen Zahl
von Erwerbsfähigen in den Produktions- und Ein Schlüsselbegriff für globales Lernen in Orga-
Vertriebsprozeß. Vor allem die neuen Informati- nisationsentwicklung und Management ist bench-
ons- und Kommunikationstechnologien verbes- marking, die Orientierung an den jeweils besten
sern die Möglichkeiten, weltweit entstandenes Praktiken in Unternehmen und öffentlichen Insti-
Wissen zu absorbieren und zumindest aus- tutionen, um die eigene Leistungsfähigkeit an
schnittsweise eine Annäherung an die Wissensge- diesen zu messen und auszurichten. Eine schnell
sellschaft zu erreichen. Kooperative Netzwerkar- wachsende Zahl chilenischer Unternehmen und
rangements würden dazu beitragen, diesen Prozeß Institutionen nutzt heute den internationalen Ver-
zu dynamisieren und zugleich den Zugang zu den gleich als eine Quelle des eigenen Lernprozesses.
neuen Technologien zu verbreitern.
Der Fall Chile macht deutlich, daß die weltweite
Wichtige Voraussetzung für eine dynamische Modernisierungstendenz aufgrund der Globalisie-
technisch-industrielle Entwicklung ist ein grund- rung zu Ähnlichkeiten in der allgemeinen Ent-
sätzlicher Wandel in der Beurteilung des Außen- wicklungsrichtung, keineswegs aber zu Nivellie-
einflusses auf die eigene Kultur. In Lateinamerika rung und Vereinheitlichung führt. Die Entfaltung
wurde lange Zeit, vor allem während der un- des institutionellen, einschließlich des marktwirt-
fruchtbaren Dependenz-Debatten,100 angenom- schaftlichen Profils ist ein spezifischer Prozeß, der
men, Außeneinfluß blockiere die eigene gesell- bei Kopie und Nachvollzug scheitert, also eine
schaftliche Entwicklung. neue kulturelle Synthese101 anstreben muß.

Während der Binnenorientierung wurden die Ur- Ein jeder Prozeß technisch-industrieller Entfal-
sachen der weitaus höheren Dynamik in den In- tung vermehrt die Vielfalt der Wachstumsmuster.
dustrieländern sowie deren gegenseitige Aneig- Auch für die Industrieländer wurde festgestellt:
nung kultureller Produkte unzureichend wahrge- „Je ähnlicher die nationalen Volkswirtschaften
nommen. Der Blick fiel auf die Konsumgüter werden, um so wichtiger werden die verbleiben-
dieser Länder und auf deren Einflußnahme, die den Differenzen für die Entwicklung von Wachs-
negativ eingeschätzt wurde. Heute ist die Not- tum und Wohlstand.“102 Die gesellschaftlichen
wendigkeit der Orientierung am Grobmuster der Formen und Lebensverhältnisse bleiben singulär
Industrieländer fast unbestritten, ist der Know- ereignishaft; die verbleibenden Unterschiede ge-
how-Transfer aus diesen intensiver als je zuvor. winnen an Bedeutung. Sie resultieren nicht zuletzt
Indem der Lernprozeß öffentlicher und privater aus einem geeigneten kommunalen, regionalen,
Akteure global ausgerichtet wird, erweist sich die nationalen und supranational regionalen mesoöko-
Globalisierung als vorteilhaft. nomischen Rahmen für interaktives Lernen.

Es mehren sich die Anzeichen, daß vor allem in Die Entfaltung einer neuen kulturellen Synthese
Chile der Nationalstaat, die modernen Unter- aus Eigenem und Fremden, also eines tragfähigen
nehmen und die Bürgergesellschaft im Aufbau Verhältnisses von Ähnlichkeit und Unterschied-
dem Kulturtransfer eine Richtung zu geben ver- lichkeit, stellt hohe Anforderungen an öffentliche
mögen. Immer mehr Akteure gehen zu einem und private Akteursgruppen sowie an die Eigen-
gezielten, selektiven, auf spezielles Know-how leistung einer jeden Gesellschaft. Eigenständige
gerichteten globalen Lernen über. Entscheidend unternehmerische und nationalstaatliche Profile
sind lernerfahrene Akteure, welche sich nicht nur sind Kernbedingungen der Innovations- und Wett-
einer Informationsüberflutung im Internet ausset- bewerbsfähigkeit, des nationalen Standort- und
zen, sondern sich in den Diskussions- und For- Wettbewerbsvorteils sowie einer dynamischen
schungsprozeß der Industrieländer und in deren gesellschaftlichen Entwicklung.
40 Klaus Eßer

Chile unternimmt Schritte zur Entfaltung eines • Die Mitgliedsländer des MERCOSUR sollten
spezifischen Profils; vor allem deswegen stellt das übereinkommen, eine moderne Förderung zu-
Land ein Vorbild für das übrige Lateinamerika gunsten junger sowie exportfähiger Klein-
dar. An seinem Beispiel wird eine zentrale Anfor- und Mittelunternehmen aufzubauen. Insbe-
derung, die des globalen Lernens, deutlich, das sondere junge Unternehmen, z.B. unterneh-
z.B. den Nutzen einer europäisch-lateinameri- mensorientierte Dienstleister, tragen zur Ver-
kanischen Partnerschaft für die Länder Latein- besserung der Wettbewerbsfähigkeit der
amerikas wesentlich erhöhen kann. Die Gestal- Großunternehmen und zu technologischen
tung und der Erfolg dieser Partnerschaft hängen Lernprozessen bei. Die neuen stabilen Expor-
auch von der lateinamerikanischen Seite ab. teure leisten wichtige Beiträge zur Beschäfti-
gung und zur Abschwächung der bisher star-
Regionale Lernprozesse der offenen Volkswirt- ken Tendenz zur Einkommenskonzentration.
schaften ergeben sich aus dem intraregionalen Potentiell stabile Exporteure sind in allen
Handel, den Direktinvestitionen in Nachbarlän- Mitgliedsländern des MERCOSUR in bedeu-
dern, dem regionalen Ausbau der physischen Inf- tender Zahl vorhanden.104 Argentinien und
rastruktur sowie den intra- und interregionalen Brasilien haben bereits ein Abkommen zu
Verhandlungen. Auch in den kleinen Mitglieds- spezifischen Maßnahmen gemeinsamer För-
ländern wachsen Gruppen mit technokratischer derung von Klein- und Mittelunternehmen
Kompetenz heran. Das nationale und regionale vereinbart.
Interesse nach innen und außen, das in der Um-
• Der Dienstleistungssektor sollte weitaus
bruchsphase kaum eine Rolle spielte, tritt deut-
schneller als vorgesehen liberalisiert werden.
licher hervor. Auch deswegen rücken Diskurs und
Damit wäre ein starkes Engagement in- und
Politik vom laissez-faire-Liberalismus ab und
ausländischer Software- und Internetfirmen,
stellen die Frage nach einer entwicklungsadäqua-
Finanzdienstleister, technischer Beratungsun-
ten Arbeitsteilung zwischen Staat und Markt.
ternehmen und Risikokapitalfirmen wahr-
scheinlich. Die Einwerbung von ausländi-
Eine aktivere Rolle des Nationalstaats wird nun in
schen Unternehmen und Kompetenzzentren
vielen Ländern der Region für unverzichtbar ge-
regt ein Heranwachsen wettbewerbsorientier-
halten, um das wirtschaftliche Wachstum und die
ter heimischer Unternehmen an. Wachsende
gesellschaftliche Entwicklung zu dynamisieren.
Investitionen im wissensintensiven Dienst-
Zum einen soll das "Reforming the Reforms" die
leistungssektor, die wegen Marktversagen
Regulierung und Förderung der Wirtschaft ver-
auch vom Staat ausgehen müssen, sind für
bessern, zum andern soll eine neue Sozialpolitik
die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
zumindest die weitere Zunahme der Armut ver-
heimischen technologisch komplexen Unter-
hindern. Hinzu kommen die neuen Initiativen
nehmen unentbehrlich.
Brasiliens zur Vertiefung und Erweiterung des
MERCOSUR (vgl. 7.2). • Die Bemühungen um die Schaffung moder-
ner Rechtssysteme, die gegenwärtig nicht sel-
In dieser Situation erscheinen einige heroische ten in einem Zusammenklauben von Elemen-
Anstrengungen im Rahmen des MERCOSUR ten aus verschiedenen Industrieländern be-
angebracht zu sein, die dem Entwicklungsprozeß stehen, sollten durch eine regionale Anstren-
aller Mitgliedsländer eine Richtung geben. Solche gung voneinander lernender Partner ergänzt
Anstrengungen sollten möglichst nicht die regio- und gerichtet werden, die auf die Systemati-
nale "sobrecarga institucional"103 erhöhen, son- sierung und zugleich die regionale Harmoni-
dern vielmehr zur Lernbereitschaft öffentlicher sierung des Rechts gerichtet ist. Ein solcher
und privater Akteursgruppen sowie zu Suchpro- Ansatz eröffnet den Weg zu einem einheitli-
zessen nach Lösungen für Zukunftsfragen in ge- chen Rechtsraum. Wichtig sind gemeinsame
meinsamen Netzwerken beitragen. Einige Bei- Programme zum Wissenschaftleraustausch
spiele:
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 41

mit Industrieländern und zum Transfer von Die Industrieländer sollten aus diesen Gründen in
speziellem Know-how. den rückständigen Regionen einen offenen Regio-
nalismus unterstützen, der die regionale und die
weltwirtschaftliche Integration vorantreibt. Ein
solcher Regionalismus stimuliert Investitionen in
industriellen Schlüsselbranchen sowie regional
9 Anforderung einer EU-MERCOSUR orientierte Produktionsnetzwerke; manchmal
Partnerschaft an die EU und ihre Mit- stärkt er auch reformorientierte Regierungen.
gliedsländer
Für europäische Unternehmen ist die Größenord-
nung der intraregionalen Nachfrage nach Indust-
riegütern, damit die Regionalisierung des Produk-
9.1 Neue Partnerschaft von Industrie-
tionsverbunds, in anderen Weltregionen wichtiger
und technisch-industriell rückstän-
als die Orientierung an Fertigungsstufen, also
digen Ländern
outsourcing. Um Marktgrößeneffekte zu nutzen
und marktnah zu agieren, kommt es auf die Erhö-
Die technisch-industrielle Entwicklung in den
hung der Produkt- und Prozeßqualität sowie der
rückständigen Ländern erfolgt, wie z.B. die deut-
Produktivität, Qualität und Logistik der europäi-
sche Ausfuhr von Investitionsgütern verdeutlicht,
schen Unternehmen im MERCOSUR an.
nicht auf Kosten der Industrieländer. Zwar setzt
sie die Industrieländer unter zusätzlichen Druck,
Die engere Zusammenarbeit der wachsenden
zu Erhalt und Ausbau ihres Wettbewerbsvorteils
Gruppe starker und handlungsfähiger National-
permanent Wissen zu generieren; zugleich aber
staaten im Norden und Süden, die jeweils auch
eröffnet sie ein großes Potential für Direktinvesti-
Interessen ihrer Regionalgruppen artikulieren,
tionen und Export.
ermöglicht Schritte zur Verbesserung der interna-
tionalen Finanz- und Wirtschaftsarchitektur. Sie
Allerdings verschärft sich der Wettbewerb der
schafft geeignete Interaktionsmuster für Konflikt-
Industrieländer um Positionen in den fortge-
lösungen sowie eine tragfähige institutionelle
schrittenen Ländern. An ihm beteiligen sich zu-
Basis für internationale Regulierung und global
nehmend auch – hauptsächlich in der jeweils ei-
governance.
genen Region – Unternehmen der fortgeschritte-
nen Länder selbst, z.B. Brasiliens oder Chiles im
Ein effektives globales Steuerungsinstrument
MERCOSUR. Die Erfolge im Wettbewerb der
kann bei schrittweiser Einbeziehung von fortge-
Investoren in den einzelnen Weltregionen prägen
schrittenen Ländern in die G 7 entstehen. Eine G 7
die Entwicklung der Handelsströme.
plus x (zunächst eine G 12, mit China, Rußland,
Brasilien, Indien und Mexiko) kann zum politi-
Vor allem die fortgeschrittenen Länder können
schen, sicherheitspolitischen, ökonomischen, so-
wichtige Partner der Industrieländer werden. Sie
zialen und ökologischen Steuerungsinstrument des
gewinnen für Stabilität und Dynamik der Welt-
UN-Systems werden. Dies ist insbesondere dann
wirtschaft an Bedeutung. Sie übernehmen Aufga-
der Fall, wenn die Mitgliedsländer regionale In-
ben der regionalen Krisenprävention und Krisen-
tegrationsgruppen repräsentieren.
lösung. Sie sind unverzichtbar als Partner der
Industrieländer, um eine Trendwende beim Welt-
problem Armut sowie eine Umkehr im globalen
Umweltverbrauch und einen effektiven Schutz des 9.2 Interesse der Industrieländer an bi-
globalen Ökosystems zu erzielen. Die regionale regionalen Freihandelsabkommen
Integration in den rückständigen Regionen und
eine solche Partnerschaft können dazu beitragen, Die Stärkung eines offenen Regionalismus ist
viele andere Länder in die globale Dynamik und Ausgangspunkt für eine Intensivierung der bi-
Zukunftssicherung einzubeziehen. regionalen Beziehungen, z.B. der EU mit Latein-
42 Klaus Eßer

amerika, den Mittelmeerländern, dem südlichem gemeinsames Vorgehen von Industrie- und tech-
Afrika (SADC), ASEAN oder GUS. Diese Bezie- nisch-industriell rückständigen Ländern bei der
hungen besitzen über die ökonomischen Fragen Gestaltung des weltwirtschaftlichen und weltpoli-
hinaus eine politische, wissenschaftlich-techni- tischen Rahmens verbessern. Die intraregionale
sche, sozial- und umweltpolitische und kulturelle, Klärung von Problemen begünstigt die internatio-
teils auch eine sicherheitspolitische Dimension. nale Regulierung, z.B. im Hinblick auf eine Sozi-
alklausel der WTO. Die auf dem Gipfeltreffen des
Wegen der regionalen Integration in Lateiname- MERCOSUR von Buenos Aires, 2000, beschlos-
rika (NAFTA, MERCOSUR) hat das Interesse der sene Sozialcharta weist in die richtige Richtung.
Industrieländer an biregionalen Freihandelszonen
zugenommen. Wichtigste Beispiele sind der Auf-
bau von ALCA (bis 2005) und der biregionalen
9.3 Europäisch- lateinamerikanische
Freihandelszone EU-MERCOSUR; beide Vor-
Partnerschaft: Strategische Partner-
haben stoßen auf erhebliche Widerstände und
schaft als Zielperspektive oder
Hemmnisse:
erneutes Zudecken von Problemen
• Ungewiß ist, inwieweit die Zollunion durch ambitiöse Begrifflichkeit?
MERCOSUR – unter wirtschaftlichen und
politischen Gesichtspunkten – mit ALCA "Strategische Partnerschaft", wie sie die Gipfelta-
kompatibel ist.105 gung Europäische Union - Lateinamerika und die
Karibik der 15 EU- und 33 Länder Lateinamerikas
• Im Falle der EU verlangen die großen Agrar-
und der Karibik am 28./29. Juni 1999 in Rio de
und Nahrungsgüterexporteure in Brasilien
Janeiro beschloß,107 oder Fortsetzung der "Politik
und Argentinien, das sind übrigens zu einem
der Vernachlässigung" Lateinamerikas durch Eu-
bedeutenden Teil europäische und nordame-
ropa, vor der E. Iglesias, Präsident der Interameri-
rikanische Konzerne, eine Öffnung der Ag-
kanischen Entwicklungsbank/BID, kürzlich in
rarmärkte der EU. Ein Kooperationsabkom-
Hannover erneut warnte?108 Der MERCOSUR ist
men EU-MERCOSUR gibt es seit 1995; eine
kein strategisch relevanter Partner der EU; er kann
Freihandelszone wird wahrscheinlich nicht
es jedoch werden. Dies läge im Interesse beider
vor 2005 vereinbart werden.
Seiten.
Fiele das Abkommen EU-MERCOSUR (Termin: • Im Unterschied zu Mexiko gehören Brasilien,
angesteuert 2002; spätestens 2005) aufgrund des Argentinien und Chile keiner starken regio-
Agrarprotektionismus zeitlich hinter ALCA zu- nalen Handelsgruppe an; mit der Zeit können
rück, würden sich – wie bereits im Falle des sie jedoch, sofern es ihnen gelingt, eine
NAFTA-Landes Mexiko – ungünstige Wirkungen selbstgenerierte Entwicklung auszulösen und
für die EU-Exporte ergeben. Im Falle Mexikos die technisch-industriellen Beziehungen zu
kann das Freihandelsabkommen mit der EU, das den verschiedenen Industrieländergruppen zu
am 1. Juli 2000 in Kraft trat, wahrscheinlich zu- intensivieren, selbst eine solche Gruppe auf-
mindest einer weiteren Abnahme der gegenseiti- bauen.
gen Handelsanteile vorbeugen.106
• Die EU besitzt Interesse an einer starken
Integrations- und Handelsgruppe MERCO-
Biregionale Beziehungen verstärken die Tendenz
SUR und auch an ALCSA, und zwar wegen
zu einer regionalbasierten Weltwirtschaft. Eine
europäisch-lateinamerikanische Partnerschaft, die – der Investitionschancen für europäische
das Heranwachsen eines eigenständigen wirt- Industrieunternehmen, für die Marktgrö-
schaftlichen und politischen Funktionsraums mit ßeneffekte wesentlich sind,
einem effektiven Steuerungsmuster und hoher
– des hohen Exportinteresses und -poten-
internationaler Attraktivität im MERCOSUR un-
tials der EU-Länder sowie
terstützt, würde auch die Bedingungen für ein
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 43

– der Möglichkeit, im Hinblick auf die in- effektiv, wenn er mit wachsender Steue-
ternationale Regulierung einen stabilen rungskompetenz einhergeht. Nur durch diese
und starken Regionalpartner zu gewinnen. kann das Kohärenz-, Komplementaritäts- und
Kooperationspotential der deutschen, der eu-
Begriffe wie strategische Partnerschaft, von der ropäischen oder der brasilianischen auswärti-
EU inflationär benutzt, sind ambitiös, jedoch bis- gen Politiken genutzt werden.
her inhaltsarm. Sie verdecken, daß ein Neuan-
fang – eine europäisch-lateinamerikanische Part- Ein Beispiel für unzureichende Inbezugsetzung
nerschaft – auf beiden Seiten große Anstrengun- von nationalen Politiken bieten die deutschen
gen verlangt, die sich bisher kaum abzeichnen. Lateinamerika-Konzepte, die ab 2000 erarbeitet
werden:
• Lateinamerika besitzt für die EU keine Prio-
rität; die Beziehungen zu den übrigen Indust- • Das AA strebt Konzepte für fünf Subregio-
rieregionen, Osteuropa, Asien und den südli- nen Lateinamerikas an. Zum einen wird das
chen Anrainern des Mittelmeers werden für politische Ziel des MERCOSUR und auch
wichtiger gehalten. Nur 5 % des Außenhan- der EU, den Aufbau von ALCSA voranzu-
dels der EU entfallen auf Lateinamerika; al- treiben, durch die Aufteilung Südamerikas in
lerdings wurde 1997 ein Handelsbilanz- zwei Regionen weniger deutlich. Zum andern
überschuß von 10,5 Mrd. US $ mit der Re- werden die CBI-Länder wirtschaftlich immer
gion insgesamt, von 8 Mrd. US $ mit dem stärker an NAFTA angebunden (dynamische
MERCOSUR, erzielt. Entwicklung der maquila-Industrien, verbes-
serte Zugangsbedingungen zum US-Markt,
• Die einzelnen Mitgliedsländer der EU und
Freihandelsabkommen Mexikos mit Ländern
des MERCOSUR sind im Alleingang nur eng
Zentralamerikas u.a.). Es böte sich also eher
begrenzt international handlungs- und durch-
eine Einteilung Lateinamerikas in zwei Regi-
setzungsfähig. Beide Integrationsgruppen
onen an. Dies schlösse es nicht aus, in län-
konstituieren sich – mit verschiedenem Ein-
derspezifischen Kooperationskonzepten Me-
gangsniveau und unterschiedlicher Ge-
xiko und Kuba besonders hervorzuheben.
schwindigkeit – als globale politische Spie-
ler. Biregionale Gipfelkonferenzen sind hier- • Zwischen den beteiligten Ministerien (AA,
bei von Nutzen, sofern sie signifikante Er- BMWi, BMZ) bestehen Abstimmungsprob-
gebnisse erzielen. Einige der 55 Aktionsprio- leme.109 Das BMBF ist trotz der Bedeutung
ritäten, die auf der erwähnten Rio-Tagung der wissenschaftlich-technischen Zusammen-
beschlossen wurden, können u.U. Signifikanz arbeit mit den fortgeschrittenen Ländern La-
erlangen. teinamerikas, insbesondere Brasilien und
Mexiko, eher passiv an den Lateinamerika
• Die schwierigen politischen und institutionel-
betreffenden Konzepten beteiligt. Deutsch-
len Probleme, die sich angesichts des Ziels,
land muß jedoch vor allem das Politikfeld
global handlungs- und durchsetzungsfähig zu
Technologietransfer und gemeinsame Tech-
werden, der EU und dem MERCOSUR so-
nologiemaßnahmen, das in den 60er und 70er
wie den Mitgliedsländern beider Integrati-
Jahren heranwuchs, dann aber wegen Kom-
onsgruppen stellen, werden in diesem Zu-
petenzkonflikten der Ressorts an Bedeutung
sammenhang nur gestreift. Soviel: Die Inten-
verlor,110 als ein zentrales Feld auswärtiger
sivierung der grenzüberschreitenden Dimen-
Politik wiedergewinnen.
sion der meisten Politiken, z.B. der Finanz-,
Verkehrs-, Wissenschafts- und Forschungs-
Eine EU-MERCOSUR Partnerschaft stellt hohe
politik, wirft auf der nationalstaatlichen Ebe-
Anforderungen an beide Seiten. Die fünf zentralen
ne, auch in Deutschland, und auf der Ebene
Kooperationsfelder werden skizziert (9.4 - 9.8).
einer jeden Integrationsgruppe vor allem die
Frage nach dem Bedarf an politischer Steue-
rung auf. Institutioneller Pluralismus ist dann
44 Klaus Eßer

9.4 Unterstützung der regionalen Inte- nicht aus, um die Industrieländer unter Re-
gration formdruck zu setzen.
• Aufgrund der Erfahrung mit einseitig stabili-
Die EU und ihre Mitgliedsländer sollten die regi-
tätsorientierten makroökonomischen Rah-
onale Integration überall dort unterstützen, wo
menbedingungen ist das Interesse in Latein-
diese dynamische Entwicklung begünstigt und
amerika, vor allem im MERCOSUR, an einer
starke Partner heranwachsen. Dies ist insbesonde-
Partnerschaft mit Europa groß. Allerdings ist
re im Falle der regionalen Integration, die von
die europäische Präsenz in ordnungs- und
fortgeschrittenen Ländern vorangetrieben wird,
wirtschaftspolitischen Fragen in der Region
der Fall. Mit dem MERCOSUR sollte eine syste-
gering. Die wissenschaftlich-technische und
matische Kooperation entfaltet werden, die dem
die entwicklungspolitische Zusammenarbeit
Transfer von Integrations-Know-how und ent-
Europas verzettelt sich in zahlreichen Ein-
wicklungsrelevantem Wissen dient.
zelmaßnahmen. Ergebnis ist ein flaches und
aufgesplittertes Profil, das keine günstige Ba-
Für eine solche EU-MERCOSUR-Kooperation
sis für eine substantielle Partnerschaft dar-
sprechen die folgenden Überlegungen:
stellt.
• Die Außenpolitik der Industrieländer löst sich
• Im Rahmen der biregionalen Kooperations-
aus ihrer sicherheitspolitischen Prägung im
politik wird jedoch eine solche Partnerschaft
Kalten Krieg. Wegen der Marktorientierung
angestrebt. Im europäischen Interesse liegt
in fast allen technisch-industriell rückständi-
es, ein breites Engagement der eigenen Un-
ge Ländern wird es möglich und vordring-
ternehmen im Bereich der wissensintensiven
lich, fortbestehende Entwicklungshemmnis-
Industrien und Dienstleistungen zu erreichen.
se, z.B. in den Agrarstrukturen, und den insti-
Hierzu kann die wirtschaftliche und die wis-
tutionellen Reformstau abzubauen. Eine
senschaftlich-technische Zusammenarbeit
schweigende Akzeptanz von Regierungen
weitaus mehr als bisher beitragen. Die ent-
ohne Entwicklungsinteresse, insbesondere an
wicklungspolitische Zusammenarbeit sollte
der Beseitigung der extremen Armut, die
vor allem hohe Eigenanstrengungen der Part-
Hinnahme entwicklungshemmender Struktu-
nerländer, Entwicklungshemmnisse auszu-
ren sowie des in den rückständigen Ländern
räumen und moderne Institutionen aufzubau-
verbreiteten libertären Liberalismus schwä-
en, unterstützen. Die Konzentration der euro-
chen die ordnungspolitische Position Europas
päischen Kooperation auf den MERCOSUR
in der Welt und machen "globale Strukturpo-
würde in Südamerika zusätzliche Anreize für
litik"111 zu einem entwicklungspolitischen
Länder schaffen, sich dem regionalen Integ-
Traum.
rationsprojekt anzuschließen. Die EU sollte
• Die Marktorientierung und Außenöffnung in in dieser Sicht auch die Südamerika-Initiative
den rückständigen Ländern bietet den Unter- des MERCOSUR, die von Brasilien ausgeht,
nehmen der Industrieländer Chancen zu welt- unterstützen.
weiter Expansion. Die Regierungen der In-
dustrieländer versuchen, diese Expansions-
chancen durch biregionale Freihandelsab-
9.5 Wirtschaftliche Zusammenarbeit
kommen zu vergrößern. Auch ein Bemühen
um eine neue Partnerschaft mit einzelnen • Der Aufbau einer Freihandelszone mit dem
rückständigen Regionen hat eingesetzt. Al- MERCOSUR verlangt Reformen der europä-
lerdings ist die Bereitschaft, die eigenen ischen Agrarpolitik; diese Politik, auf Dauer
Hemmnisse für eine solche Partnerschaft, protektionistisch angelegt, schränkt den
etwa durch Liberalisierung der Agrarmärkte, Handlungsspielraum auch gegenüber anderen
abzubauen, gering. Das Verhandlungs- Weltregionen ein. Die MERCOSUR-Länder
potential der rückständigen Länder reicht
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 45

erwarten im Hinblick auf die Agrarpolitik als 100 Mio. US $); unter den Investoren
zumindest ein Entgegenkommen der EU. befand sich ein deutsches Unternehmen.113
• In den 90er Jahren haben vor allem US- • Von den 20 größten ausländischen Banken in
Unternehmen aus der Liberalisierung in La- Lateinamerika befanden sich 1998 12 in eu-
teinamerika Nutzen gezogen. Besonders stark ropäischer, acht in nordamerikanischer Hand;
sind sie im wissensintensiven Industrie- und keine war deutsch (Schaubild 29). Letzteres
Dienstleistungssektor, z.B. Telekom und E- gilt auch für die zehn größten Banken Brasi-
nergie, vertreten. Kernproblem der EU ist die liens (Schaubild 30).
schwache Präsenz der europäischen, vor al-
• Nach den Übergangs- und Finanzkrisen der
lem der deutschen Großunternehmen in die-
90er Jahre nimmt der Bedarf vor allem der
sem Sektor:
fortgeschrittenen Länder Lateinamerikas an
– In den Sektoren electronics, telecom, e- Produkten und Verfahren der Fertigungs-,
lectricity finden sich unter den 100 größ- Energie- und Umwelttechnik wieder zu. Da
ten multinationalen Konzernen in Latein- sich die Tendenz verstärkt, langlebige Kon-
amerika besonders viele US-Unternehmen sum- sowie Investitionsgüterindustrien auf-
(Schaubild 27), aber auch mehrere Unter- zubauen, sind diese Länder ganz besonders
nehmen Spaniens und Frankreichs. Nur für die starken deutschen Wirtschaftssekto-
sieben der 100 größten Unternehmen ren, also Maschinenbau, Chemie, Elektro-
Lateinamerikas sind in deutscher Hand technik und Automobilindustrie, von wach-
(2 automotive, 3 chemicals, 1 electronics, sendem Interesse. Dies gilt für Direktinvesti-
1 beverages). tionen und Export.
– Von den 50 größten Unternehmen Brasi-
liens, die sich 1998 ganz oder teilweise in Es liegt im beiderseitigen Interesse, die europäi-
ausländischer Hand befanden, waren nur schen Positionen im wissensintensiven Industrie-
drei deutsch (2 automotive, 1 chemicals); und Dienstleistungssektor des MERCOSUR aus-
allerdings war der größte Teil europäisch zubauen:
(Schaubild 28). Neuerdings (1999 - 2000) • Die neuen Informations- und Kommunika-
engagieren sich pro Jahr zusätzlich 15 bis tionstechnologien verändern auch in Latein-
20 deutsche Unternehmen in Brasilien. amerika die Rahmenbedingungen des Wirt-
• Die Beteiligung an der Privatisierung von schaftens grundlegend und lösen einen Struk-
Staatsunternehmen und der Konzessionsver- turwandel in der gesamten Wirtschaft aus.
gabe von Anlagen der öffentlichen physi- Die Region muß, will sie nicht auf Dauer
schen Infrastruktur verlangt Risikobereit- Exporteur von Rohstoffen und rohstoffnahen
schaft; diese ist bei Unternehmen der USA, Industriegütern bleiben, diesen Strukturwan-
Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und del weitaus stärker aus eigener Kraft voran-
Spaniens ausgeprägt. Insbesondere Spanien treiben.
baut, z.B. im Banken- und Telekommunika- • Die Mitwirkung an der Gestaltung wissen-
tionssektor, starke regionalorientierte Positi- schaftlich-technischer Institutionen sowie
onen auf. Wissenstransfer begünstigen den Ausbau der
– An den 64 Privatisierungen und Konzes- Positionen der europäischen Wirtschaft und
sionen (je mehr als 100 Mio. US $ 1998/ auch das Image Europas in spitzentechnolo-
99), an denen sich ausländische Investo- gischen Feldern.
ren beteiligten, nahm kein deutsches Un-
ternehmen teil.112 In den 90er Jahren hat die wirtschaftliche Zu-
sammenarbeit der europäischen Industrieländer
– Ausländische Investoren kauften 1998/99 mit den fortgeschrittenen Ländern Lateinamerikas
69 lokale Privatunternehmen (für je mehr diese Gesichtspunkte durchaus berücksichtigt
46 Klaus Eßer

(z.B. im Falle Deutschlands über bilaterale Wirt- schen Unternehmen und Forschungseinrichtungen
schaftskommissionen und Lateinamerika-Konfe- zu lernen, europäische Unternehmen und Filialen
renzen). So unterstützt die Wirtschaftsförderung führender Forschungs- und Beratungszentren in
der Länder Europas neue Engagements der eige- ihr Land zu ziehen und das erworbene Wissen in
nen Wirtschaft in diesen Ländern (MERCOSUR/ einer großen Zahl heimischer Unternehmen
EUROPEAN Business Forum und EU-Program- schnell zu nutzen.
me).
Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ist
Zentrales Kooperationsziel muß künftig ein eine regional gebündelte wissenschaftlich-techni-
spitzentechnologischer EU-MERCOSUR-Ver- sche Zusammenarbeit ein zentrales Partnerschafts-
bund sein. Ein solcher stellt hohe Anforderungen instrument. Sie verbessert die Bedingungen für
an die verschiedenen Kooperationspolitiken. die wirtschaftliche Verflechtung mit dem MER-
Wichtig sind: COSUR und ein wissensintensives Wachstum
dort.
• eine entsprechende Schwerpunktbildung der
wirtschaftlichen, wissenschaftlich-techni- • Große Bedeutung kommt der Beratung der
schen und entwicklungspolitischen Zusam- MERCOSUR-Länder bei der Gestaltung der
enarbeit zwischen der EU/Deutschland und nationalen und regionalen Bildungs-, For-
dem MERCOSUR, insbesondere dessen fort- schungs- und Technologiepolitiken und der
geschrittenen Mitgliedsländern, ferner Restrukturierung von Technologieinstitutio-
nen in Richtung auf nationale Innovations-
• die Ausrichtung des Instrumentariums der
systeme zu. Besonders wichtig ist es, die
Wirtschaftsförderung der EU und ihrer Mit-
Konzentration auf eine begrenzte Zahl von
gliedsländer auf geschäftsanbahnende Maß-
Leitthemen und außerdem Leistungsanreize
nahmen; Information wird z.B. von den deut-
in der Wissenschaft, anwendungsnahe FuE-
schen Unternehmen nicht als Engpaß be-
Institutionen, eine marktnahe Auftragsfor-
zeichnet; dies gilt auch für Kooperationsbör-
schung sowie einen nachfrageorientierten
sen, sektorielle Unternehmenstreffen u.ä.
Technologietransfer anzuregen.
• Ein wichtiges Hemmnis für Direktinvestitio-
• Die wissenschaftlich-technische und auch die
nen von Klein- und Mittelunternehmen ist
entwicklungspolitische Zusammenarbeit soll-
der Mangel an kurzfristiger Finanzierung, vor
ten auf gemeinsame Forschungs- und Tech-
allem in der Phase der Vorstudien und Ange-
nologieprojekte konzentriert werden, wobei
botserstellung. Ein europäischer (deutscher)
jede Seite die eigenen Maßnahmen finanziert;
Garantiefonds könnte diese unterstützen, da-
ein solches Programm hat die traditionelle
mit auch zu einem stärkeren Engagement eu-
Entwicklungszusammenarbeit der USA mit
ropäischer (deutscher) Beratungsunterneh-
China abgelöst.
men beitragen.
• Kerne einer breiten Zusammenarbeit mit den
fortgeschrittenen Ländern des MERCOSUR
sollten einige auf Multiplikatoreffekte gerich-
9.6 Wissenschaftlich-technische Zusam-
tete Institute, wie z.B. das in den 90er Jahren
menarbeit
aufgebaute Deutsch-Brasilianische Techno-
logieinstitut in São Paulo, sein. Letzteres
Europa sollte die insbesondere in den fortgeschrit-
dient dem Abbau des Mangels an Fachhoch-
tenen MERCOSUR-Ländern wachsenden Bemü-
schulingenieuren und qualifizierten Fachar-
hungen, weltweit vorhandenes Wissen zu er-
beitern, der Weiterbildung, als Technologie-
schließen, unterstützen, indem es die vielfältigen
transferzentrum (Informations- und Techno-
eigenen Erfahrungen mit wirtschaftsnahem Tech-
logiebörse), Modellfabrik (Demonstrations-
nologiemanagement nutzbar macht. Akteure die-
labor) sowie Ausstellungs- und Zertifizie-
ser Länder sollten gefördert werden, in europäi-
rungsinstrument.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 47

Solche Institute sollten auch Ausgangspunkt 9.7 Entwicklungspolitische Zusammen-


einer entwicklungspolitischen Systembera- arbeit
tung werden, die auf Bildungsreformen, ein
wirtschaftsnahes Technologiemanagement Im Prozeß zu marktorientierten makroökonomi-
sowie den Aufbau einer regionalen Wirt- schen Rahmenbedingungen in Lateinamerika hat
schaftsförderung, vor allem zugunsten junger die Entwicklungszusammenarbeit der EU und
Technologieunternehmen und unternehmens- ihrer Mitgliedsländer keine Rolle gespielt. Zwar
orientierter Dienstleister, gerichtet ist. Mit hat ein Umdenken eingesetzt; jedoch werden die
ihnen können auch Stipendien für die Fort- Möglichkeiten, die nach dem Ende des Kalten
bildung in technologieorientierten Studien- Kriegs und aufgrund der Marktorientierung in
gängen in Europa abgestimmt werden. Lateinamerika für Beiträge zu Reform und Ent-
wicklung gegeben sind, kaum genutzt.
Im Rahmen der deutschen wirtschaftlichen,
wissenschaftlich-technischen und entwick-
Bisher besteht zwischen der Entwicklungsdyna-
lungspolitischen Zusammenarbeit sollte ein
mik in den technisch-industriell rückständigen
Umwelttechnologieinstitut in Chile, das in
Ländern und der Entwicklungszusammenarbeit
diesem Bereich Eigenanstrengungen auf-
kein erkennbarer Zusammenhang. Vor allem die
weist, aufgebaut werden (gemeinsame Finan-
Verfolgung der unterschiedlichsten Ziele und
zierung, gemeinsame Forschungsvorhaben in
Ansätze - und dies trotz abnehmender finanzieller
Lateinamerika, Anstöße für Gemeinschafts-
Mittel - unterläuft die Ausrichtung der Entwick-
unternehmen und für deutsche Unternehmen
lungszusammenarbeit auf signifikante Maßnah-
der Umwelttechnik, die in die Region expor-
men.
tieren).
Von großem Interesse für beide Seiten sind Signifikanz als zentrales Kriterium der Entwick-
der Ausbau einer Informatik-Fakultät in Bra- lungspolitik meint: strategische Relevanz, vor
silien mit regionaler Ausstrahlung und welt- allem durch Beiträge zu politisch-institutioneller,
weitem Ansehen, und zwar ebenfalls zur Ver- ökonomischer und gesellschaftlicher System-
besserung des Image Europas in spitzentech- integration, Breitenwirksamkeit und Nachhaltig-
nologischen Bereichen, sowie die Fortset- keit unter technischen, sozialen und ökologischen
zung der Internationalisierung der europäi- Gesichtspunkten sowie Sichtbarkeit auf der sub-
schen Hochschulen (Angleichung der Ab- nationalen regionalen, nationalen und supranatio-
schlüsse, englischsprachige Fortbildung, nalen regionalen Ebene aufgrund eines eindeuti-
Konzentration der Stipendien auf spitzen- gen, unverwechselbaren, an den eigenen Ange-
technologische Felder, z.B. für Wissen- botsstärken orientierten Profils.
schaftler und Experten aus dem MERCO-
SUR). Wie kann Signifikanz erreicht werden?
• Gefordert wird, die Entwicklungszusammen-
Wahrscheinlich wird ein biregionaler spitzentech-
arbeit noch stärker als bisher auf die arme
nologischer Verbund, der die Wachstumsdynmaik
Bevölkerung sowie auf die besonders armen
auf beiden Seiten erhöht, künftig im Kern der
kleinen und mittelgroßen Länder zu konzent-
auswärtigen Politik der Industrie- und der Indust-
rieren, in Lateinamerika auf Bolivien, El Sal-
rialisierungsländer stehen. Der Diplomat wird
vador, Honduras, Nikaragua und Peru
dann auch zum technisch-industriellen Verbund-
(Schwerpunktländer des BMZ, 2000)114. In
manager im nationalen, regionalen und globalen
diesen Ländern werden häufig "small-is-
Interesse.
beautiful"-Projekte115 umgesetzt.
• Die Subventionsverteilung an arme kleine
Länder, Hinterlandregionen und Bevölke-
rungsgruppen einschließlich der zahlreichen
48 Klaus Eßer

verstreuten lokalen Interventionen ist besten- • Die Mitgestaltung der globalen Strukturpoli-
falls karitativ wirksam, besitzt jedoch im tik durch die Entwicklungspolitik hat drei
Hinblick auf die Auslösung einer Entwick- zentrale Voraussetzungen: erstens fachlich
lungsdynamik, die Armut wesentlich und ausgewiesene, signifikante Beiträge zur Ver-
nachhaltig verringert, und auf die wachsen- stärkung von Entwicklungsdynamik dort, wo
den sozialen und ökologischen Weltprobleme hohe Eigenanstrengungen ergänzt werden,
kaum Wirksamkeit. zweitens die Fähigkeit, weltweit den Aufbau
demokratischer Bürgergesellschaften zu un-
– Die Verschärfung der Armut in diesen
terstützen, und drittens fachliche und politi-
Ländern, deren Eigenanstrengungen häu-
sche Kompetenz im Hinblick auf die Schaf-
fig gering sind, konnte durch diesen Typ
fung einer Weltfinanz-, -handels- und -inve-
der Zusammenarbeit, also trotz zahlloser
stitionsordnung sowie weltweiter Sozial- und
Einzelmaßnahmen über Jahrzehnte, nicht
Umweltstandards.
verhindert werden. Nicht wenige dieser
Länder sind Krisen- und Katastrophen-
Eine biregionale entwicklungspolitische Partner-
länder geworden.
schaft verlangt ein neues Profil:
– Hinzu kommt, daß ungefähr 73 % der
• In allen Kooperationsbereichen, z.B. auch
Armen der Welt (bis zu 1 US$ pro Kopf
des BMBF (220 Projekte im MERCOSUR
und Tag) und 21 % der globalen CO2-
plus Chile), vor allem aber der EU (z.B. 150
Emissionen (Entwicklungsländer insge-
neue Projekte in Argentinien),116 sollte der
samt: etwa 25 %) auf die elf fortgeschrit-
anhaltende Trend zu mehr Einzelmaßnahmen
tenen Länder (Schwellenländer) entfal-
gestoppt werden. Diese überfordern die Ad-
len und in einigen von diesen, vor allem
ministration auf beiden Seiten, verringern Ef-
in China und Brasilien, der Umwelt-
fizienz und Effektivität der fachlichen Zu-
verbrauch besorgniserregend zunimmt.
sammenarbeit und sind schon wegen ihrer
• Insbesondere zur Zusammenarbeit mit den Zahl im Hinblick auf ihren Entwicklungsbei-
fortgeschrittenen Ländern besteht keine trag kaum zu evaluieren. Einige substituieren
Einigkeit. Ein Rückzug der Entwicklungszu- sogar Eigenleistungen, statt solche anzu-
sammenarbeit aus ihnen deutet sich an. Er ist, regen.
da sie die wichtigsten Bewegungskräfte gan-
• Die EZ mit den MERCOSUR-Ländern sollte
zer rückständiger Regionen sind, nicht sach-
auf wenige, jedoch möglichst alle Mitglieds-
dienlich. Die Dynamik der kleinen und mit-
länder betreffende Schwerpunkte konzentriert
telgroßen Länder hängt in starkem Maße von
werden. Die EU bemüht sich bereits darum,
ihrer Lokomotivfunktion ab. Hinzu kommt,
das Know-how für den subregionalen und
daß gerade in diesen Ländern wegen starker,
auch den südamerikanischen Integrationspro-
weiter zunehmender wirtschaftlicher Un-
zeß zu stärken. Von den möglichen EZ-
gleichgewichte, die das wirtschaftliche
Schwerpunkten, z.B. Bildung und Forschung,
Wachstum wahrscheinlich begünstigen, sozi-
KMU-orientierte Wirtschaftsförderung und
ale und ökologische Verwerfungen absehbar
städtisch-industrieller Umweltschutz, sollten
sind, die in einzelnen Fällen vielleicht sogar
Anstöße für wirksame Technologie-, Sozial-
die politische Stabilität gefährden werden.
und Umweltpolitiken ausgehen. Schwer-
Zugleich sind in diesen Ländern die Mög-
punktprogramme sollten regionale, nationale
lichkeiten besonders groß, zur Verringerung
und möglichst auch globale Wirkungen besit-
der wirtschaftlichen, sozialen und ökologi-
zen. Sie sollten zur bisher schwachen Inbe-
schen Probleme beizutragen. Erst eine Part-
zugsetzung der eigenen Politiken der EU/
nerschaft zwischen Industrie- und Industriali-
Deutschlands sowie der Wirtschafts-, Bil-
sierungsländern kann günstige Bedingungen
dungs-, Forschungs- und Technologiepolitik
für die globale Zukunftssicherung schaffen.
der MERCOSUR-Länder und auf beiden Sei-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 49

ten zu einer öffentlich-privaten Partnerschaft ziell verteilungsgerecht) und ein egalitärer Libe-
beitragen. ralismus (der Markt behandelt Ungleiche gleich,
kann daher nicht als einziges Verteilungssystem
• Signifikant sind ganz besonders fachlich
materieller Güter akzeptiert werden). Im liber-
ausgewiesene Beiträge zu Orientierung und
tären Liberalismus besteht die Gefahr, daß das
Funktionsfähigkeit der beiden Basisinstituti-
soziale Kapital einer Gesellschaft verzehrt wird,
onen, Nationalstaat und Wirtschaftssystem.
ohne daß es reproduziert werden kann.118 Die
Hierzu zählen vor allem Maßnahmen zur
Erfahrungen der Gesellschaften Lateinamerikas
Entfaltung der gesellschaftlichen Vorleistun-
mit diesem Liberalismus (Minimalstaatsprinzip,
gen für die Wirtschaft. Sie verlangen Wis-
effizienter Markt) sind für den größten Teil der
senstransfer sowie die Verbesserung der Nut-
Bevölkerung ungünstig.
zung von Wissen. Ohne die Akkumulation
von speziellem Wissen laufen Staats- und
Europa sollte den Suchprozeß im MERCOSUR
Unternehmensreform sowie der soziale Wan-
nach tragfähigen Entwicklungskonzepten und
del ins Leere. Dies stellt hohe Anforderungen
-strategien sowie nach einem eigenständigen Pfad
an die fachliche Kompetenz der EZ-Akteure.
zwischen staatlich organisierter Solidarität und
FZ und TZ sollten primär dem Wissenstrans-
individueller Verantwortung unterstützen,
fer dienen und miteinander eng verzahnt sein.
zugleich jedoch die Probleme des eigenen ord-
Bei der FZ mit den fortgeschrittenen Ländern
nungs-, wirtschafts-, sozial- und umweltpoliti-
bietet sich eine flexible Konditionengestal-
schen Suchprozesses verdeutlichen. Es geht um
tung bei weitgehendem Verzicht auf eine Fi-
das Kennenlernen der regulativen Konzepte und
nanzierung zu weichen Konditionen an.
Institutionen Europas, nicht um die Übertragung
• Politische Stabilität sollte eines unter ver- der Sozialen Marktwirtschaft. Zum einen stellt die
schiedenen Kriterien der Zusammenarbeit wissensintensive Wirtschaft (Internet-Wirtschaft,
sein. Insbesondere die Entwicklungspolitik Informationsökonomie) auch dieses Ordnungsmo-
sollte den Abbau struktureller Entwicklungs- dell vor noch kaum übersehbare Herausforderun-
hemmnisse, z.B. der vorindustriellen Macht- gen. Zum andern kann der Sozialstaat nur das
und Wirtschaftsstrukturen im Hinterland Bra- verteilen, was auf dem Markt erwirtschaftet wor-
siliens und in Paraguay durch Agrarreformen, den ist;119 in armen Ländern sind hohe Bildungs-
fordern und unterstützen. Die OECD-Länder investitionen und der Abbau der extremen Armut
sollten zur Vergrößerung der politischen vorrangig.
Freiräume für solche Reformen beitragen und
deren ausreichende Unterstützung, auch Wichtiger als Elemente von Politikdialog und
durch Weltbank und Interamerikanische Konditionalität sind ein offener Dialog sowie eine
Entwicklungsbank, sicherstellen. wirtschaftliche und fachliche Partnerschaft zu
gegenseitigem Nutzen. Besonders wenig effektiv
ist eine Politik des erhobenen Zeigefingers bei
geringer ordnungspolitischer Ausstrahlungs- und
9.8 Ordnungspolitische Zusammenarbeit
Überzeugungskraft und rückläufiger technisch-
industrieller Präsenz in den Schlüsselsektoren der
Unter den Bedingungen der Globalisierung spie-
Weltwirtschaft.
len vier Modernisierungsziele weltweit eine Rolle:
wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, soziale Ge-
Für Lateinamerika ist die Einbindung in einen
rechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und
Suchprozeß von großem Interesse, der auf neue
rechtsstaatliche Demokratie117. Im Hinblick auf
Formen systemischer Innovations- und Wettbe-
die Gewichtung dieser Ziele ist das ordnungspoli-
werbsfähigkeit bei rechtsstaatlicher Demokratie,
tische Angebot der Moderne vielfältig. Dies gilt
Chancengleichheit und sozialer Sicherung gerich-
insbesondere für die Ausgestaltung ihrer Basis-
tet ist. Elemente sind: die Inbezugsetzung der
institutionen. Beispiele sind ein libertärer Libera-
Wirtschafts- und Technologiepolitik und auch der
lismus (der Markt ist effizient, daher auch tenden-
50 Klaus Eßer

Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie die Integrati-


on der Umwelt- in die Wirtschaftspolitik.120 Frei-
lich ist die Entfaltung des spezifischen Profils ein
nationales und regionales Problem. Ein interkultu-
reller Diskurs dieser Art vermag die Asymmetrie
in den europäisch-lateinamerikanischen Beziehun-
gen zugunsten einer neuen Partnerschaft abzu-
bauen. Eine solche erhöht die Gemeinsamkeiten
im Hinblick auf die Gestaltung einer neuen Ord-
nung von Weltwirtschaft und Weltpolitik.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 51

Anmerkungen 10 Vgl. K. Eßer, Partnerschaft mit Schwellenländern -


1 A. Daher, Las trasnacionales chilenas y la integración Aufgaben der Entwicklungspolitik, DIE, Berichte und
regional, in: Nueva Sociedad, Nr. 162, Caracas Juli / Gutachten 11, Berlin 1999.
Aug. 1999, S. 124 – 135, S. 133 f. (Drei Instrumente, in- 11 Vom Zufluß von 56 Mrd. US $ nach Lateinamerika
traregionaler Handel, intraregionale Direktinvestitionen 1997, das waren 38 % des gesamten Zuflusses in Ent-
und koordinierte Makropolitiken, verringern das Länder- wicklungsländer, entfielen 45 Mrd. US $ auf Brasilien,
und Regional-Risiko im Falle weltwirtschaftlicher Kri- Mexiko, Argentinien, Chile und Venezuela.
sen).
12 Vgl. R. Bouzas et al., El Mercado Común del Sur:
2 Weltbank, World Development Indicators, 1999, Wash- análisis de su situación actual y evolución reciente, MS.,
ington, D.C., 1999, S. 204 ff., T. 4.5.; UNCTAD, World Buenos Aires, Febr. 1997, S. 18 - 20.
Investment Report 1999: Foreign Direct Investment and
the Challenge of Development, New York/ Genf 1999, 13 Z.B. W. Peres (Hrsg.), Grandes empresas y grupos in-
S. XXI. dustriales latinoamericanos, Mexiko 1998; D. Chud-
novsky / B. Kosacoff / A. López: Las multinacionales
3 Irland warb etwa 1.000 ausländische Direktinvestitionen latinoamericanas: sus estrategias en un mundo
ein, die für 80 % der Exporte der verarbeitenden Indust- globalizado, Buenos Aires 1999.
rie verantwortlich sind. Ergänzend zur ausländischen In-
formationstechnologie wachsen wettbewerbsorientierte 14 CEPAL, Latin America and the Caribbean in the World
lokale Unternehmen heran, auf die etwa 30 % der Ge- Economy, 1998, Santiago de Chile, April 1999, S. 121.
samtausfuhr entfallen. Ein am Bedarf der Unternehmen 15 CEPAL. Preliminary Overview of the Economies of
orientiertes Bildungswesen von hoher Qualität wurde Latin America and the Caribbean, 1999, Santiago de
aufgebaut (vgl. J. Travers, Case Study: Dublin, Ireland,
Chile, April 1999, S. 14; vgl. IRELA, EL MERCOSUR
The Role of Information Technology in Attracting Fo- en la encrucijada: dimensiones y perspectivas de la
reign Investment, Creating Industrial Zones and Develo- crisis, Madrid, 30.9.1999; A. Castro Escudero, MERCO-
ping Human Resources, World Bank, World Competiti-
SUR: ¿nuevo fracaso intergracionista de América
ve Cities Congress, 19.-21.5.1999, Dublin 1999, S. 13 Latina? in: comercio exterior. Mexiko, Bd. 49, Nr. 10,
und S. 17); vgl. H. Werner, Die Erfolgsgeschichte der Okt. 1999, S. 898-907.
Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung Irlands, in:
Wirtschaftsdienst, Nr. 5, 2000, S. 301 - 306. 16 So schon 1992: CEPAL, Ensayos sobre la coordinación
de políticas macroeconómicas. Inferencias para la
4 The World Bank, World Development Indicators, 1999... integración latinoamericana, Santiago de Chile.
5 R. Devlin / R. Ffrench-Davis, Towards an Evaluation of
17 „Bürokratie“ wurde von brasilianischen Unternehmen
Regional Integration in Latin America in the 1990s, in: 1998 in einer Meinungsumfrage als wichtigstes Hemm-
World Economy, Bd. 22, Nr. 2, 1999, S. 261 – 290, vgl. nis im MERCOSUR bezeichnet (CEPAL, Latin America
S. 284 ff., The Composition and Technological Content
...., 1998, ...., S. 122).
of Intra-regional Trade (Angaben für 14 Länder Latein-
amerikas). 18 J.A. Frankel, Regional Trading Blocs in the World Eco-
nomic System. Washington, D.C., Okt. 1997, S. 152
6 OECD, Entwicklungszusammenarbeit, Paris 1998.
(Kommentar zu P. Krugman).
7 Hinzu kommt die frühere britische Kolonie Belize. 19 1990 36.1 %, 1998 54.3 % (bei stagnierendem Export)
8 Mexiko, Guatemala, El Salvador und Honduras verein- WTO, Annual Report 1999. International Trade Sta-
barten im Mai 2000 den Aufbau einer Freihandelszone tistics, Genf 1999, S. 34, Tab. III.24).
(120 Millionen Verbraucher, davon 94 Millionen in Me- 20 J.A. Frankel, Regional Trading Blocs..., S. 241 ff. (Die
xiko). Zwischen Mexiko und Costa Rica existiert bereits USA stehen hier an der Spitze einer "three-bloc-
ein Freihandelsabkommen, das einen Anstieg des gegen-
world".).
seitigen Handels auslöste; vgl. K. Eßer, Lateinamerika.
Welt- und Regionalmarktorientierung. Empfehlungen 21 D. Lorenz, Regionale Entwicklungslinien in der Welt-
zur regionalen Kooperation und Integration, Schriften wirtschaft - Tendenzen zur Bildung von regionalen
des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik/DIE, Wachstumspolen, in: E. Kantzenbach / O.G. Mayer
Bd. 98, Berlin 1990; ders., Lateinamerika. Wettbewerbs- (Hg.), Perspektiven der weltwirtschaftlichen Entwick-
orientierung und Integrationsdynamik, Berichte und lung und ihre Konsequenzen für die Bundesrepublik
Gutachten 9, DIE, Berlin 1994; ders., MERCOSUR – Deutschland, Hamburg 1990, S. 11 - 31, S. 27 (These:
Sprungbrett zum Weltmarkt?, in: R. Sevilla / R. Zim- Regionalisierung schließt ein Zusammengehen mit dem
merling (Hg.), Argentinien: Land der Peripherie?, Un- Multilateralismus nicht aus); vgl. J. Bhagwati, Regiona-
kel/Bad Honnef 1997, S. 227 – 237. lism versus Multilateralism, in: The World Economy,
Bd. 15, Nr. 5, Sept. 1992, S. 535-555, S. 554 ("... the re-
9 Region erwartet starken Aufschwung, NfA (S.C.), 4.7. vival of regionalism is unfortunate."); vgl. M. Sánchez,
2000.
Efectos económicos de acuerdos regionales de comercio:
52 Klaus Eßer

una revisión de argumentos, CEPAL, Oficina en Buenos nien und Brasilien ausgleichen. Allerdings kann die Ab-
Aires, März 1999, S. 11 ff. weichung anfangs 6,2 %, ab 2003 22,2 % betragen. Der
Außenzoll beläuft sich auf 35 %, das bisherige brasilia-
22 Mexiko bleibt auf dem liberalen Kurs, in: Süddeutsche
nische Niveau (Lastwagen 25 %, landwirtschaftliche
Zeitung, Nr. 153, 6.7.2000, S. 24 (NAFTA sei kein Hin-
Maschinen 14 %). 35 % der Teile eines Kfz müssen aus
dernis für eine engere Verbindung der vier großen
MERCOSUR-Ländern stammen (Lastwagen 25 %). Im-
Volkswirtschaften Lateinamerikas, Brasilien, Argenti-
port von Zubehörteilen aus Drittländern: 6,5 %, ab 6.
nien, Chile und Mexiko.
Jahr 14,5 %. Kernfrage ist, ob die argentinische Kfz-
23 Inter-American Development Bank, Integration and Industrie in den kommenden Jahren konkurrenzfähig
Trade in the Americas, Special Report, The International wird. Dem Regelwerk steht ein neues Dekret der argen-
Financial Crisis: Implications for Latin America and Ca- tinischen Regierung entgegen, das den lokalen Ferti-
ribbean Trade and Integration, Washington, D.C., gungsanteil erhöht. Es dient dem Schutz der lokalen Zu-
Febr. 1999, S. 35, Tab. 17. lieferer vor dem hohen Wettbewerbsdruck der Zulieferer
in Brasilien (Handelsblatt, Nr. 157, 16.8. 2000, S. 11).
24 P. Nunnenkamp / J.P. Agarwal, Lateinamerika im inter-
nationalen Wettbewerb um deutsche Direktinvestitionen, 30 Argentinien ging z.B. 1999 unter dem Druck seiner
Kieler Diskussionsbeiträge, Nr. 215, Kiel, Aug. 1993, Unternehmen zu Importhemmnissen für Schuhe, Textil/
S. 37. Bekleidung, Stahl und Papier über, Brasilien reagierte
mit der Streichung von Importlizenzen für verschiedene
25 Z.B. Argentinische Regierung setzt Sparpaket durch, argentinische Produkte; neue Abkommen gibt es z.B. für
Handelsblatt, Nr. 125, 3.7.2000, S.13. Reis und Textilien.
26 Vgl. D. Heymann / F. Navajas, Coordinación de 31 Unterschiedliche Angaben argentinischer Experten,
políticas macroeconómicas en MERCOSUR: algunas Febr. 2000; besonders betroffen waren die Textil- und
reflexiones, in: CEPAL, Oficina de Buenos Aires, die Schuhindustrie; vgl. Immer mehr argentinische In-
Ensayos sobre la inserción regional de la Argentina, dustrie wandert nach Brasilien ab, Frankfurter Allgemei-
Documento de Trabajo, Nr. 81, Buenos Aires, Juli 1998, ne Zeitung, Nr. 19, 24.1.2000, S. 20.
S. 7 - 39.
32 Vgl. R. Bouzas et al., El Mercado Común del Sur:
27 Vgl. z.B.: F. Giambiagi, MERCOSUR: ¿Porqué la Análisis de su situación actual y evolución reciente,
unificación monetaria tiene sentido a largo plazo? in: MS., Buenos Aires, Feb. 1997, S. 43 ff.
INTAL/BID, Integración & Comercio, Bd. 3, Nr. 9,
Buenos Aires; Sept. – Dez. 1999, S. 63 – 88, S. 71 ff.; 33 Zur Studie von A. Yeats und zur brasilianischen Reakti-
wegen interner Probleme und eines geringeren on: Weltbank - Ökonom kritisiert die Zollschranken des
Kapitalzuflusses als zu Beginn der 90er Jahre sind MERCOSUR, Handelsblatt, Nr. 208, 28.10.1996, S. 11;
Argentinien und Brasilien weniger bereit, Defizite im Weltbank prangert Protektionismus an, Handelsblatt,
gegenseitigen Handel hinzunehmen. Dies ist auch eine Nr. 230, 27.11.1996, S. 12.
Ursache der gegenseitigen Importbeschränkungen von
34 Der MERCOSUR sicherte zwar das Überleben der
1999, die teilweise wieder beseitigt sind.
argentinischen Werkzeugmaschinenindustrie; er stellt
28 B. Eichengreen, 1998, zit. nach: F. Giambiagi, MERCO- jedoch keine „ausreichend solide Plattform“ für deren
SUR..., S. 64; die gemeinsame Regulierung im MERCO- Wachstum dar (D. Chudnovsky / F.S. Erber, Impacto del
SUR schreitet fort; allerdings setzt sie im öffentlichen MERCOSUR sobre la dinámica del sector de máquinas
Beschaffungswesen ("Ad-hoc-Gruppe") und im Dienst- y herramientas, in: INTAL/BID, Integración & Comer-
leistungssektor erst ein. Freizügigkeit der Arbeitskräfte cio, Nr. 7/8, Jan.-Aug. 1999, S. 213 – 255, S. 240).
ist angesichts der unterschiedlichen Lohnniveaus in den
35 F.F. González, MERCOSUR: incompatibilidad de sus
Mitgliedsländern des MERCOSUR, vor allem wegen
instituciones con la necesidad de perfeccionar la Unión
des relativ hohen Lohnniveaus in Argentinien, in abseh-
Aduanera. Propuesta de cambio, in: INTAL/ BID,
barer Zeit kaum durchsetzbar. Nicht selten, etwa in der
Integración & Comercio, Bd. 3, Nr. 9, Buenos Aires,
Wettbewerbspolitik, werden regionale Lösungen ge-
Sept. - Dez. 1999, S. 89 - 112, S. 91 ff., S. 99.
sucht, obwohl solche auf der nationalen Ebene von Mit-
gliedsländern fehlen (vgl. zur inzipienten "política de 36 Außenzoll Chiles: 9 %, Reduzierung auf 6 % bis 2003
competencia comunitaria" des MERCOSUR: J.B.M. vorgesehen; Exporte Chiles, nach Regionen, 1999, in
Machado / C.M. Salazar Pessoa, Política de competen- US $,:
cia: marcos teóricos, gestión en espacios económicos in- Asien 4,321.9
tegrados y desafíos para el MERCOSUR, in: INTAL/ EU 4,123.9
BID, Integración & Comercio, Bd. 4, Nr. 10, Buenos NAFTA 3,088.8
Aires 2000, S. 91-112). MERCOSUR 1,520.2.
29 Brasilien und Argentinien einigten sich grundsätzlich auf Auf dem Gipfeltreffen von Buenos Aires, 2000, gelang
ein neues Abkommen für den Handel mit Autoteilen und es nicht, einen Erweiterungsfahrplan für Chile zu verab-
fertigen Kraftfahrzeuge (bis zum 1.1.2006): Die Unter- schieden.
nehmen müssen ihre Handelsbilanz zwischen Argenti-
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 53

37 Vgl. K. Eßer, Nationalstaat und Marktwirtschaft in 49 Dresdner Bank Lateinamerika AG, Perspektiven Latein-
Lateinamerika – Chile als Vorbild? in: Internationale Po- amerika, Nr. 7, Hamburg, Juli 2000, S. 4.
litik und Gesellschaft 2/2000, S. 189 – 202.
50 Z.B. F. Herrera, América Latina integrada, Buenos Aires
38 1998 wurde ein Acuerdo de Alcance Parcial de 1964; M.S. Wionczek (Hrsg.), Integración de la América
Complementación Económica mit dem Ziel, eine Latina. Experiencias y perspectivas, Mexiko 1964; J.A.
Freihandelszone ab 2000 aufzubauen, vereinbart; zu den Mayobre et al., Hacia la integración acelerada de
Beziehungen zwischen Grupo Andino/GRAN (heute América Latina, Mexiko 1965; A. Fuentes /
CAN) und MERCOSUR um 1995: Instituto de J. Villanueva, Economía mundial e integración de
Relaciones Europeo-Latinoamericanas/IRELA et. al., América Latina, Buenos Aires 1989.
Las relaciones entre el GRAN y el MERCOSUR: ¿Hacia
51 World Bank Stages Intellectual Battle over Globalisa-
un espacio económico integrado en América del Sur?
tion, in: Financial Times, 30.6.2000, S. 8.
Informe de Conferencia, Nr. 3, Madrid 1995.
52 K. Eßer, Institutioneller Wandel unter Globalisierungs-
39 A Mixed Harvest, Financial Times, 23.8.2000, S. 12.
druck. Überlegungen zu Aufbau und Koppelung von Na-
40 CEPAL, Preliminary Overview...1999, ... S. 83, Tab. A- tionalstaat und Marktwirtschaft in Chile, DIE, Berichte
1; Prognose der CEPAL. und Gutachten 4, Berlin 1999.
41 M.R. Krätke, Globalisierung und Standortkonkurrenz, 53 J.A. Ocampo, Der MERCOSUR kann im Andenpakt
in: Leviathan, Bd. 25, Nr. 2, Juni 1997, S. 202 - 232, aufgehen, Handelsblatt, Nr. 31, 14.2.2000, S. 15.
S. 210 f.
54 M. Olarreaga / I. Soloaga, Endogenous Tariff Formation:
42 A. Averbug / F. Giambiagi, The Brazilian Crisis of The Case of MERCOSUR, in: The World Bank Econo-
1998 - 1999: Origins and Consequences, BNDES/ mic Review, Bd. 12, Nr. 2, S. 297 - 320, ("lobbying" als
UNDP, Rio de Janeiro, Mai 2000, S. 37. eine wichtige Ursache des Außenzolls und der Abwei-
chungen der Mitgliedsländer von diesem).
43 Vgl. z.B. B. Kosacoff (Hrsg.), El desempeño industrial
argentino. Más allá de la sustitución de importaciones, 55 J. Katz, Pasado y presente del comportamiento tecno-
Buenos Aires, März 2000; B. Kosacoff / A. Ramos, El lógico de América Latina, CEPAL, Desarrollo
debate sobre política industrial, in: Revista de la Productivo, Nr. 75, Santiago de Chile, März 2000, S. 11.
CEPAL, Nr. 68, Santiago de Chile, Aug. 1999, S. 35 -
56 CEPAL, Preliminary Overview...., 1999, .... S. 83, Tab.
60; D. Chudnovsky / A. López / S. Melitsko, ¿Ha
A-1.
contribuido el MERCOSUR al desarrollo económico
argentino? in: INTAL/BID, Integración & Comercio, 57 Vgl. J. Katz, Pasado y presente...., S. 68.
Bd. 4, Nr. 10, Buenos Aires, Jan.-April 2000, S. 35 - 67,
S. 59 f.; zu den Rahmenbedingungen: A.J. Piaggi, 58 R. Ffrench-Davis, Reforming the Reforms in Latin
Relaciones interempresarias en el MERCOSUR, in: America. Macroeconomics, Trade, Finance, New York
Konrad-Adenauer-Stiftung, Contribuciones, Nr. 1, 2000.
Buenos Aires, 1999, S. 65 - 77. 59 Vgl. K. Eßer, Von der Industrie- zur Informationsgesell-
44 M.A.M. Cintra, Brazilian Structural Adjustment in the schaft. Nationalstaatliches Handeln im Übergang, in: I-
Nineties: Dependence without Development, in: Deut- bero-Amerikanisches Archiv. Zeitschrift für Sozialwis-
sches Institut für Wirtschaftsforschung, Vierteljahreshef- senschaften und Geschichte, Neue Folge, Bd. 25, Nr. 1 -
te zur Wirtschaftsforschung, 69. Bd., H. 1, Berlin 2000, 2, 1999, S. 33 - 75, S. 42 f.
S. 53 - 68. 60 J. Katz, Pasado y presente ..., S. 34 ff., S. 47 - 52.
45 B. Kosacoff / C. Ferraro, La Iniciativa para las Américas 61 WTO erlaubt Kanada Strafzölle gegen Brasilien, Han-
desde una perspectiva argentina, Buenos Aires, Dez. delsblatt, Nr. 167, 30.8.2000, S. 11 (Brasiliens Subventi-
1991, S. 20. onsprogramm für die Luftfahrtindustrie wird als illegal
46 R.A. Bielschowsky / G. Stumpo, Transnational Corpora- bezeichnet).
tions and Structural Changes in Industry in Argentina, 62 J. Katz, Pasado y presente ..., S. 45 ff.
Brazil, Chile and Mexiko, in: CEPAL Review, Nr. 55,
Santiago de Chile, April 1995, S. 143 - 169, S. 167. 63 Zu Techint und den übrigen argentinischen
Großunternehmen: B. Kosacoff, El caso argentino, in:
47 Z.B. B. Kosacoff / C. Bonvecchi / G. Yoguel, Argentina: D. Chudnovsky / B. Kosacoff / A. López, Las
La economía en los años noventa. Contexto macro- Multinacionales..., S. 65 - 164, S. 107 ff.; Latam Copper
económico, desempeño industrial e inserción externa, in: Giants Want Place on Global Stage, Financial Times,
L.J. Garay (Hrsg.), Argentina, Brasil, México, 24.8.2000, S. 20.
Venezuela: apertura y reestructuración productiva,
Bogotá 1998, S. 15 – 136. 64 Dresdner Bank Lateinamerika AG, Perspektiven ...,
S. 4 - 11; ECLAC, The New Multilateral ..., S. 21 ff.
48 B. Kosacoff (Hrsg.), Estrategia de desarrollo
empresarial, CEPAL, Buenos Aires 1997.
54 Klaus Eßer

65 Vgl. A. Castelar Pinheiro / M. Mesquita Moreira, The 79 B. R. Schneider, Las relaciones entre el Estado y las
Profile of Brazil's Manufacturing Exporters in the Nine- empresas y sus consecuencias para el desarrollo: una
ties: What are the Main Policy Issues? BNDES, Rio de revisión de la literatura reciente, in: Desarrollo
Janeiro, Juni 2000, S. 44. Económico, Bd. 39, Nr. 153, Buenos Aires, April-Juni
1999, S. 45 - 75.
66 M. Kanenguiser, Instan a las multinacionales a aumentar
las exportaciones, La Nación, Buenos Aires, 14.8.2000. 80 Vgl. A. Castelar Pinheiro / M. Mesquita Moreira, The
Profile ..., S. 44.
67 M.B. Notfal / J. Wilkinson, La producción y el comercio
de productos lácteos en el MERCOSUR, in: INTAL/ 81 P. Sirlin, El Régimen de Especialización Industrial ar-
BID, Integración & Comercio, Bd. 3, Nr. 7/8, Buenos gentino: ¿política industrial de nueva generación o mera
Aires, Jan.-Aug. 1999, S. 157 - 181. transferencia de recursos? in: CEPAL Review, Nr. 68,
Santiago de Chile, Aug. 1998, S. 101 - 114.
68 Vgl. M. Kuwayama, Proceedings of the Seminar Trade
Policy in East Asia and Latin America under the New 82 Vgl. Industrial Clusters in Developing Countries, World
Trading System, ECLAC, Santiago, 5.11.1998, S.10 f. Development, Special Issue, Bd. 27, Nr. 9, Sept. 1999.
69 K. Eßer, / W. Hillebrand / D. Messner / J. Meyer-Sta- 83 Z.B. K. Eßer et al., Neue Tendenzen der Exportförde-
mer, Systemische Wettbewerbsfähigkeit. Internationale rung. Anforderungen an Konzept und Instrumente. Bei-
Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und Anforde- spiel Uruguay, DIE, Berichte und Gutachten 11, Berlin
rungen an die Politik, DIE, Berichte und Gutachten 11, 1995.
Berlin 1994.
84 Regierung fördert MERCOSUR-Center, NfA (A.S.), 7.8.
70 A. Giddens, Konsequenzen der Moderne, Frankfurt a.M. 2000; zu den Anforderungen des MERCOSUR an kleine
1996, S. 214. und mittlere Industrieunternehmen: F. Gatto, MERCO-
SUR: Its Challenges to Small and Medium-Sized Indus-
71 F. Naschold, Ökonomische Leistungsfähigkeit und insti-
trial Enterprises in Terms of Competition, in: CEPAL
tutionelle Innovation. Das deutsche Produktions- und
Review, Nr. 68, Santiago de Chile, Aug. 1999, S. 61 –
Politikregime im globalen Wettbewerb, in: ders. et al.,
77.
Ökonomische Leistungsfähigkeit und institutionelle In-
novation, WZB-Jahrbuch 1997, Berlin 1997, S. 19 - 62, 85 Z.B. Globalisierung / Weltweit bislang 45 Initiativen -
S. 54. Neue Projekte in Chile, Indien und Korea. Firmenpools
erleichtern Einstieg in neue Märkte, in: Handelsblatt,
72 Vgl. K. Eßer, Nationaler Handlungsspielraum durch
Nr. 146, 1./2.8.1997, S. 10.
systemische Wettbewerbsfähigkeit. Einleitung, in: ders.
(Hrsg.). Globaler Wettbewerb und Nationaler Hand- 86 J. Katz, Pasado y presente...., S. 74.
lungsspielraum. Neue Anforderungen an Wirtschaft,
87 USAID, Global Technology Network, Washington D.C.,
Staat und Gesellschaft, Schriftenreihe des Deutschen In-
2000.
stituts für Entwicklungspolitik, Bd. 112, Köln 1996,
S. 1 - 27, S. 1. 88 J. Katz / V. Ventura-Dias, The Transition Toward a
Knowledge-Based Society, ECLAC Notes, Nr. 11,
73 Z.B. Weltbank, The State in a Changing World, World
Santiago de Chile, Juli 2000, S. 2.
Development Report 1997, Washington, D.C., 1997.
89 Vgl. J.M. Benavente H., A Characterization of the
74 Zu Chile: K. Eßer, Nationalstaat und Marktwirtschaft...,
Chilean National System of Innovation, Tokio 1997;
S. 5 ff.
Red Iberoamericana de Indicadores de Ciencia y Tecno-
75 J. Huber, Politische Wertesynthese und sozialstaatliches logía/RICYT et al., Principales indicadores de ciencia y
Differenzprinzip, in: M. Dierkes / K. Zimmermann, So- tecnología iberoamericanos/interamericanos, 1990 -
zialstaat in der Krise. Hat die Soziale Marktwirtschaft 1997, Buenos Aires, Juni 1999, S. 20, Schaubild 2; vgl.
noch eine Chance? Frankfurt a.M., 1996, S. 193 - 209, M. Paladino / H. Rodríguez Larreta / D. Ambasz, Tec-
S. 208. nología y competitividad en el MERCOSUR, Buenos
Aires 1999; S. Stephenson / D. Ivascanu, El comercio
76 F.W. Scharpf, Die Handlungsfähigkeit des Staats am
electrónico en las Américas, INTAL/BID, Integración &
Ende des 20. Jahrhunderts, in: Politische Vierteljahres-
Comercio, Bd. 3, Nr. 9 Buenos Aires, Sept.-Dez. 1999,
schrift, Bd. 32, Nr. 4, Dez. 1991, S. 621 - 634, S. 621.
S. 113 - 128.
77 CEPAL, Large Latin American Industrial Companies
90 Z.B. zur Möbelindustrie Chiles: K. Eßer, Institutioneller
and Groups in the 1990s, Notas sobre la Economía y el
Wandel unter Globalisierungsdruck..., S. 49.
Desarrollo, Nr. 618, Aug. 1998, S. 3.
91 S. Edwards, Latin America's Underperformance, in:
78 Argentinisches Rindfleisch wird nicht gut vermarktet,
Foreign Affairs, März-April 1997, S. 93 - 103, S. 100.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 163, 17.7.2000,
S. 18. 92 E. Bitran / P. Serra, Commentary, in: N. Birdsall / F. Jas-
persen (Hg.), Pathways to Growth: Comparing East Asia
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 55

and Latin America, Inter-American Development Bank, ßenwirtschaftstheorie von Heckscher-Ohlin-Samuelson.


Washington, D.C., 1997, S. 252 - 261, S. 261. Sie ist ganz eindeutig man-made, d.h. politikbestimmt".).
93 Zur Verankerung der Technologie in der nationalen Kul- 103 R. Bouzas, La agenda económica del MERCOSUR:
tur: K. Eßer, Modernisierungshemmnisse der lateiname- desafíos de política a corto y mediano plazo, in: INTAL/
rikanischen Regionalkultur, DIE, Berichte und Gutach- BID, Integración & Comercio, Bd. 1, Buenos Aires;
ten 4, Berlin 1998, S. 74. Jan.–Apr. 1996, S. 64 – 87, S. 75.
94 D. Chudnovsky, Science and Technology Policy and the 104 Z.B. K. Eßer et al., Neue Tendenzen der Exportförde-
National Innovation System in Argentina, in: CEPAL rung..., S. 3 ff., S. 45 f. (In Uruguay gibt es etwa 800 ge-
Review, Nr. 67, Santiago de Chile, April 1999, S. 157 - legentliche Exporteure, außerdem neue Exporteure und
176, S. 173. exportfähige Unternehmen in den neuen Spezialisie-
rungsfeldern (z.B. dem Agrarsektor und der Nahrungs-
95 K. Eßer, Nationaler Wettbewerbsvorteil und regionale
güterindustrie.).
Integration in Lateinamerika, in: ders. (Hrsg.), Globaler
Wettbewerb..., S. 289 - 314, S. 300. 105 Vgl. J.J. Schott / G.C. Hufbauer Whither the Free Trade
Area of the Americas, in: The World Economy, Bd. 22,
96 P. Bianchi, Tecnología y recursos humanos en Europa
Nr. 6, Aug. 1999, S. 765 - 782; J.M. Salazar-Xirinachs /
después de Maastricht: algunas reflexiones para América
J. Tavares de Araujo Jr., The Free Trade Area of the
Latina, in: IDES, Desarrollo Económico, Bd. 34,
Americas: A Latin American Perspective, ebenda,
Nr. 135, Buenos Aires, Okt.-Dez. 1994, S. 419 - 435,
S. 783 - 797.
S. 434; zur "integración educacional" liegen zwei Proto-
kolle (Fortaleza, Dez. 1996) vor: zur gegenseitigen An- 106 Der EU-Anteil am mexikanischen Außenhandel belief
erkennung von Hochschulabschlüssen anerkannter Uni- sich 1990 auf 11,4 %, 1998 auf 7 %. Die mexikanischen
versitäten und zur Postgraduierten-Ausbildung ein- Exporte entfielen 1993 zu 5,4 % auf Europa, 1998 zu
schließlich der Schaffung einer Comisión Técnica Regi- 3,7 % (USA: 86 % vs. 89 %, 1999).
onal Ad-Hoc de Posgrado (R. Bouzas et al., El Merca-
107 EU, Gipfeltagung Europäische Union - Lateinamerika
do..., S. 50); zum Programa Vinculación Tecnológica:
und die Karibik, Rio de Janeiro, 29.6.1999, Brüssel,
J.C. Carullo, Las micro, pequeñas y medianas empresas
9666/99 (Presse 211 - G), S. 9 - 15.
en el MERCOSUR, in: comercio exterior, Bd. 48, Nr. 7,
Mexiko, Juli 1998, S. 569 - 581, S. 581. 108 IDB-Chef kritisiert Brüsseler Lateinamerika-Politik.
MERCOSUR will NAFTA Paroli bieten, Handelsblatt,
97 J. Katz / V. Ventura-Dias, The Transition...
Nr. 128, 6.7.2000, S.12.
98 H. Legler, Industrieforschung in Deutschlands Regionen,
109 Vgl. K. Eßer, Anregungen zum Lateinamerika-Konzept
in: Wirtschaftsdienst, Nr. 5, 2000, S. 289 - 296, S. 289;
der Bundesregierung, DIE, Berlin, 7.3.2000, S. 1 f.;
vgl. OECD, Science, Technology and Industry Outlook
ders., Partnerschaft mit Schwellenländern - Anforderun-
1998, Paris 1998, S. 60 ff. (The Globalization of the In-
gen an die deutsche Politik, DIE, Analysen und Stel-
novation Process).
lungnahmen, Nr. 2, 2000.
99 G. Spur, Technologietransfer zwischen Wissenschaft
110 Z.B. H. Trischler / R. vom Bruch, Forschung für den
und Politik, in: TU International, Nr. 40/41, Berlin, Juli
Markt. Geschichte der Fraunhofer-Gesellschaft, Mün-
1998, S. 7 ff., S. 9.
chen 1999, S. 271 – 292 (Die Internationalisierung der
100 Unentwegt: D. Senghaas, Seltene Erfolge, viele Fehl- Fraunhofer-Gesellschaft), S. 292.
schläge und aufhaltsame Fortschritte. Reflexionen zu
111 Z.B. E. Hillebrand / G. Maihold, Von der Entwicklungs-
David Landes' opus magnum Wohlstand und Armut der
politik zur globalen Strukturpolitik. Zur Notwendigkeit
Nationen, in: Leviathan, Nr. 1, 2000, S. 142 – 153,
der Reform eines Politikfeldes, in: Friedrich-Ebert-Stif-
S. 148 ff.
tung, Internationale Politik und Gesellschaft, Nr. 4,
101 Zur Syntheseschwäche in Lateinamerika: K. Eßer, Mo- S. 339 - 351.
dernisierungshemmnisse..., S. 61, S. 102 f.
112 CEPAL, Foreign Investment in Latin America and the
102 Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mann- Caribbean, 1999, Santiago de Chile 1999, s. 68 - 71,
heim, et al., Zur technologischen Leistungsfähigkeit T.I.16.
Deutschlands. Zusammenfassender Endbericht 1998,
113 Ebenda, S. 72 - 74, T. I.17; vgl. P. Rösler, Deutsche
Mannheim 1999, S. 36 f.; vgl. T. Straubhaar, Internatio-
Direktinvestitionen in Lateinamerika, Institut für Ibero-
nale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft - was
amerika-Kunde Hamburg, Brennpunkt Lateinamerika,
ist das? in: Wirtschaftsdienst, Nr. 10, 1994, S. 534 - 540,
Nr. 16, 31.8.2000.
S. 540 ("Wenn sich Produktionsfaktoren international
immer leichter verschieben lassen, dann treten die natio- 114 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit
nalen Unterschiede des politisch-rechtlichen Rahmens und Entwicklung, AWZ-Informationsvermerk, Berlin,
um so deutlicher hervor. Die relative Attraktivität einer 16.6. 2000.
Volkswirtschaft hat dann nicht mehr viel mit natürlicher
Faktorausstattung zu tun, wie in der neoklassischen Au-
56 Klaus Eßer

115 Vgl. hierzu: E.J. Hobsbawn, The Future of the State, in:
Development and Change, Bd. 27, 1996, S. 267 - 278,
S. 267 ("Two popular visions of alternative arrange-
ments, associated with free-market ultra-liberalism and
the philosophy of small is beautiful, are rejected ...").
116 International Bureau North and South America / BMBF,
Bonn 1999; Information durch EUROLAT.
117 Vgl. J. Fischer, Rede des Bundesministers .... bei der
Eröffnung des Forums Globale Fragen am 28.4.1999 in
Berlin, in: Forum Globale Fragen, Globalisierung - Neue
Wege der Zusammenarbeit zwischen Staat und Gesell-
schaft in der Außenpolitik, Berlin 1999, S. 7 - 12, S. 12.
118 Vgl. K. Eßer, Von der Industrie- zur Informations-
gesellschaft..., S. 55.
119 M. Dierkes / K.W. Zimmermann, Der Sozialstaat: Chan-
ge it, Love it, or Leave it, in: dies. (Hg.), Sozialstaat in
der Krise, ...., S. 261 - 289, S. 15.
120 K. Eßer, Von der Industrie- zur Informations-
gesellschaft..., S. 50 ff.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 57

Schaubilder
(Nrn. 9-19, 21, 24+25, 27-30 leider nicht in elektronischer Form vorhanden, nur als Druck-
fassung zu beziehen)

1 Stufen regionaler Integration


Freihandelszone / FHZ (Güter)
Freihandelszone (Güter, Dienstleistungen)
Zollunion / ZU
Gemeinsamer Markt
Währungsunion
Politische Union

2 Anteil des intraregionalen Exports am Gesamtexport (%)


1985 1994 1998a
EU 54 62
Westeuropa 68 68.8
Osteuropa 30.9
Japan, China, Rep. Korea, Taiwan, 29 37
Hongkong, Malaysia, Singapur (1992)
Asien 44.6
Nordamerika (ohne Mexiko) 37 37.6
Lateinamerika 20 20.6
Naher Osten 9 9.8
Afrika 10 9.5
a WTO, Annual Report 1999, International Trade Statistics, Genf 1999, S. 20, T.III.3

3 Wichtige regionale Integrationsprojekte in den Entwicklungsregionen

• Die Association of South East Asian Nations/ASEAN ist eine Freihandels- und Diskussions-
gruppe; in Ost- und Südostasien werden regionale Produktionsnetzwerke - die faktische
Integration durch die Privatwirtschaft - für wichtiger als eine formale regionale Integration
gehalten (intraregionaler Exportanteil am Gesamtexport 1997: 22,2 %).

• Die Gemeinschaft unabhängiger Staaten/GUS bemüht sich darum, Reste der früheren
intraregionalen industriellen Arbeitsteilung zu sichern, verfügt aber über kein
wettbewerbsorientiertes regionales Produktionsnetzwerk (intraregionaler Handelsanteil 32 %).

• Der Mercado Común del Sur/MERCOSUR, eine FHZ und ZU im Aufbau, durchlief in den
letzten Jahren eine kritische Phase (intraregionaler Exportanteil: 25,4 %; 1999: - 25 %).

• Die South African Development Community/SADC unterstützt die regionale Kooperation


(intraregionaler Exportanteil: 11,4 %); der Aufbau einer FHZ ist geplant.

• Auch die Kooperationsgruppe South Asian Association for Regional Cooperation/SAARC will
als South Asian Free Trade Area/SAFTA eine FHZ aufbauen
(intraregionaler Exportanteil: 3,9 %).
58 Klaus Eßer

4 Freihandelsabkommen in den 90er Jahren in Lateinamerika (Beispiele)


1. BilateraleFreihandelsabkommen
Chile – Mexiko
Chile – Kolumbien
Chile – Venezuela
Kolumbien – Venezuela
Costa Rica – Mexiko
2. Freihandelsabkommen eines Landes mit einer Subregion
Mexiko – MCCA
Venezuela – MCCA
Kolumbien – MCCA
Kolumbien – CARICOM
Venezuela – CARICOM
3. Subregionale Freihandelsabkommen
El Grupo de los TRES/G 3 (MERCONORTE) (Venezuela, Kolumbien, Mexiko) 1993

5 Regionale Integrationsgruppen in Lateinamerika


1. MERCOSUR ZU 1991
Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay; (im
assoziiert: Chile, Bolivien Aufbau)
2. CAN / Comunidad Andina FHZ 1973 Chile: ausgetreten;
Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Bolivien, Peru Peru: eingeschränkte
Mitgliedschaft
3. MCCA / Mercado Común Centroamericano FHZ ? 1960 SICA, 1991
Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nikaragua
4. CARICOM / Caribbean Community Market FHZ ? 1973 CARIFTA,
Antigua and Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, 1968-1972
Dominica, Grenada, Jamaika, Montserrat, St. Kitts and
Nevis, St. Lucia, St. Vincent and the Grenadines,
Trinidad and Tobago
5. ALADI / Asociación Latinoamericana de Integración FHZ ? 1980 ALALC, 1960 - 1980
Während der langen einseitigen Binnenorientierung – in Lateinamerika, Südasien oder Südafrika über die
Politik industrieller Importsubstitution – stießen die Integration in den Weltmarkt und die regionale Inte-
gration ganz besonders in den kleinen Ländern auf unlösbare Hemmnisse. Erfolglose Integrationsprojekte
in Lateinamerika sind:
• Der MCCA von 1961 ist nicht einmal als FHZ vollendet; 2000 beschlossen Mexiko, Guatemala, El
Salvador und Honduras den Aufbau einer FHZ.
• Auch das Integrationsprojekt CARICOM von 1973 schafft keinen für in- und ausländische Groß-
unternehmen interessanten Wirtschaftsraum.
• Im MCCA, CARICOM und CAN, 1969, fehlt ein industrieller Agglomerationskern, um von diesem
aus den Prozeß regionaler Integration anzustoßen. Es gibt keine dominanten Ökonomien – die in der
Regel Motoren der regionalen Integration sind, z.B. wie Deutschland und Frankreich im Falle der
EU. Im Kern besteht die CAN heute aus der bilateralen Kooperation der mittelgroßen Länder,
Kolumbien und Venezuela, die in den 90er Jahren zeitweise stark gewachsen ist. Beide Länder bilden
zusammen mit Mexiko die FHZ G-3 ein verwirrendes Bild.
Wegen des Fehlens eines politischen Integrationsprojektes, einer dauerhaft integrationsbejahenden poli-
tischen Willensbildung, kommt es z.B. in Zentralamerika zu immer neuen Überlagerungen von Integra-
tionsprojekten: FHZ, 1961; Ocotepeque-FHZ (El Salvador, Guatemala, Honduras), 1992; Zollunion von
Guatemala und El Salvador (vom September 1996); MCCA – FHZ mit Kolumbien und Venezuela; FHZ
Mexiko - Costa Rica; FHZ El Salvador, Guatemala, Honduras, Mexiko, 2000; CBI mit den USA; Ameri-
kanische FHZ (?); dazu kommt noch die Millenium-Runde der Welthandelsorganisation WTO.
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 59

6 Industriell fortgeschrittene Länder (Schwellenländer)


Bevölke- Größenordnung Exportd Ausländische Direkt-
rungb der Volkswirt- investitionene
schaftc Bestand Zufluß
1. China 1.234 1.219 332 224 48
2. Brasilien 164 773 47 126 16
3. Rußland 147 404 81 13 6
4. Indien 961 374 32 12 3
5. Mexiko 95 349 95 87 12
6. Argentinien 36 306 27 36 6
7. Indonesien 200 222 50 62 10
8. Türkei 64 200 45 2 1
9. Thailand 61 170 71 23 4
10. Südafrika 38 130 18 14 2
11. Malaysia 21 98 78 45 5
3.021 4.245 876 644 113
Entwicklungsländer 4.903 6.124 1.349 1.044 149
Welt 5.829 29.926 5.398 3.455 400
a Iran gehört zu dieser Gruppe, wird aber – wie durch die Weltbank – mangels verläßlicher Daten ausgeklammert;
Saudi-Arabien wird wegen der geringen Bevölkerung und der Einseitigkeit der Volkswirtschaft ausgeklammert
b Mio., 1997; c Bruttosozialprodukt, Mrd., 1997; d Mrd. US $, 1996, e Mrd. US $, 1997

7 Grenzen der regionalen Integration angesichts schwacher Schwellenländer


• Im südlichen Afrika ist die wirtschaftliche Lokomotivfunktion der Republik Südafrika schwach,
dennoch aber für den Erfolg einer südafrikanischen Regionalgruppe entscheidend. Vor allem die
besonders rückständigen Partnerländer sehen häufig nur die kurzfristigen Nachteile der regionalen
Integration.
• In Westafrika nimmt Nigeria als Mitgliedsland der Economic Community of West African States/
ECOWAS allenfalls politische und militärische Funktionen wahr; der intraregionale Handel wächst
kaum.a
Auch in Afrika verlangt die Nutzung des regionalen Arbeitsteilungspotentials dynamische industrielle
Agglomerationskerne sowie mutige politische Integrationsentscheidungen. Ansonsten bleibt die
Nachfrage nach Industrieprodukten schwach, sind die Möglichkeiten, ausländische Direktinvestitionen
einzuwerben, weiterhin gering und können auch kaum funktionsfähige Kapitalmärkte aufgebaut werden.

a D.M. Hanink / J.H. Owusu, Has ECOWAS Promoted Trade among Its Members?, in: Journal of African
Economies, Bd. 7, 1998, Nr. 3, S. 363 – 383.
60 Klaus Eßer

8 Ausländische Direktinvestitionen der lokalen Großunternehmen Argentiniens, 1997

ZENTRALAMERIKA / KARIBIK
NORD-
EURO-
AME- SÜDAMERIKA ASIEN
PA
RIKA

Unternehmen

Kolumbien

Indonesien
Hongkong
Venezuela
Paraguay

Singapur
Malaysia
Brasilien

Uruguay

Ekuador
Bolivien
Mexiko

Andere
Italien
China
Chile

Peru
USA

Arcor O O X X O X X X O O
Bagó X X O X X X X X X X
Bemberg X X X X
FV-Ferrum O X X
IMPSA O O X O X O X O
IMPSAT X X O X X X
Pérez Companc O X X X X X X
Sancor O O X
SOCMA X X X
Techint O X X X O O X O
YPF X X X X X X X X
X Produktion O Vertrieb
Quelle: B.Kosacoff, El caso argentino, in: D. Chudnovsky, / B. Kosacoff / A. López: Las multinacionales latino-
americanas: sus estrategias en un mundo globalizado, Buenos Aires 1999, S. 65 – 164, S. 123, T. 18

9 Intraregionaler Handel als Anteil am gesamten Außenhandel (Länderbeispiele)

Mexiko Kanada Spanien Frankreich Deutschland Argentinien Brasilien


Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 61

10 Argentinien: wichtige Importe aus Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department;
Tab. 10 - 19: Inter-American Development Bank, Integration and Trade in the Americas. "Special Report. The
International Financial Crisis: Implications for Latin American and Caribbean Trade and Integration, Washington,
D.C., Febr. 1999, S. 38 - 47, Tab. 18 - 27
62 Klaus Eßer

11 Paraguay: wichtige Importe aus Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 63

12 Uruguay: wichtige Importe aus Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
64 Klaus Eßer

13 Chile: wichtige Importe aus Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 65

14 Bolivien: wichtige Importe aus Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
66 Klaus Eßer

15 Argentinien: wichtige Exporte nach Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 67

16 Paraguay: wichtige Exporte nach Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
68 Klaus Eßer

17 Uruguay: wichtige Exporte nach Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 69

18 Chile: wichtige Exporte nach Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
70 Klaus Eßer

19 Bolivien: wichtige Exporte nach Brasilien, 1996 (1.000 US $, %)

Quelle: IDB, DATAINTAL and Statistics and Quantitative Analysis Unit of the Integration and Regional Programs
Department
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 71

20 Regionale Institutionen und Organisationen (Beispiele)


1. Comisión Económica para América Latina y el Caribe, Santiago de Chile 1948
2. Regionale Finanzinstitute
Banco Interamericano de Desarrollo/BID, Washington, D.C. 1959
Banco Centroamericano de Integración Económica/BCIE 1960
Caribbean Development Bank/CDB 1969
Corporación Andina de Fomento/CAF 1970
3. Sonstige Kooperations- und Integrationsinstitutionen
Organization of American States/OAS, Washington, D.C. 1948
Organización Latinoamericana de Energía/OLADE, Quito 1973
Sistema Económico Latinoamericano/SELA, Caracas 1975
Rio-Gruppe (Verhandlungen mit anderen Regionen) 1986
Comisión Latinoamericana de Ciencia y Tecnología 1989

21 Institutionelle Struktur des MERCOSUR


72 Klaus Eßer

22 Ausländische Direktinvestitionen Chiles, 1999 (Mio. US $)


Argentinien 12.109,6
Peru 3.223,7
Brasilien 3.216,2
Kolumbien 1.286,7
Venezuela 771,5
Bolivien 346,7
USA 185,0
Paraguay 92,5
Mexiko 86,2
Kuba 84,0
Ekuador 82,7
Panama 60,9
Uruguay 51,4
Kanalinseln 50,2
Großbritannien 50,2
Lettland 50,0
China 30,0
Andere 138,8
Gesamt 21.196,3
MERCOSUR (einschl. Bolivien) 74,7 %
Quelle: Cámara de Comercio de Santiago; El Diario, 17.5.1999

23 MERCOSUR + CAN (Andengemeinschaft)


BIP / Mio. US $ Bevölkerung / 1.000 BIP pro Kopf / US $
MERCOSUR 882.834 201.899 4.370
Argentinien 278.431 34.665 8.030
Brasilien 579.787 159.222 3.640
Paraguay 8.158 4.828 1.690
Uruguay 16.458 3.184 5.170
Chile 59.151 14.225 4.160

CAN 212.566 101.164 2.100


Bolivien 5.905 7.414 800
Kolumbien 70.263 36.813 1.910
Ecuador 15.997 11.447 1.390
Peru 55.019 23.819 2.310
Venezuela 65.382 21.671 3.020

Gesamt 1.154.551 317.288 3.640


Quelle: Weltbank, 1997
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 73

24 Weltexport nach Produkten, 1998 (Mrd. US $, %)

25 Export Lateinamerikas nach Produkten, 1998 (Mrd. US $, %)

Quelle: WTO, Annual Report 1999. International Trade Statistics, Genf 1999, S. 73, T. IV.1, S. 32, T. III.21
74 Klaus Eßer

26 Elf Instrumente der Exportförderung

1 Vereinfachung und Dezentralisierung der Ausfuhrverfahren


2 Exportfinanzierung zu präferentiellen Konditionen (möglichst nur für Klein- und
Mittelunternehmen)
3 Fiskalische Exportanreize (Rückerstattung der Mehrwertsteuer, sonstige Steuerrückvergütungen
für Exporte, auch Zollbefreiungen für die Einfuhr von Investitionsgüterna)
4 Exportkreditversicherung
5 Förderung der Präsenz auf Absatzmärkten
6 Exportbezogene Informationsdienste
7 Exportberatung
8 Förderung des Qualitätsmanagements / ISO 9000
9 Förderung der Entwicklung und Nutzung privater exportbezogener Dienstleistungsanbieter
10 Exportbezogene Aus- und Fortbildung (export training)
11 Förderung der Organisation für den Export (zwischenbetriebliche Kooperation von Klein- und
Mittelunternehmen, z.B. über consorcios de exportación oder Exportpools)
a Z.B. wurden die Steuerrückvergütungen und Zollbefreiungen in Argentinien 2000 erneut erhöht; ein aus-
geprägtes Instrumentarium der Export- und KMU-Förderung würde dazu beitragen, daß die Exportsub-
ventionen in Grenzen gehalten werden können.
Quelle: K. Eßer, Neue Instrumente der Exportförderung – das Beispiel Uruguay, in: ders. (Hrsg.), Globaler
Wettbewerb und nationaler Handlungsspielraum. Neue Anforderungen an Wirtschaft, Staat und
Gesellschaft, Schriften des DIE, Bd. 112, Köln 1996, S. 197 - 223
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 75

27 The 100 largest transnational corporations operating in Latin America, by consolidated


sales, 1998a (Mio. US $)
76 Klaus Eßer

27 Fortsetzung
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 77

27 Fortsetzung

zit. nach: CEPAL, Foreign Investment in Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile 1999, S. 59-61, T.I.14
78 Klaus Eßer

28 Brazil: 50 largest wholly or partly foreign-owned companies, by sales, 1998


Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 79

28 Fortsetzung

zit. nach: CEPAL, Foreign Investment in Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile 1999, S. 40-41,
T.I.3
80 Klaus Eßer

29 The 20 largest foreign banks operating in Latin America, by combined assets, 1998 (Mio. US $)

zit. nach: CEPAL, Foreign Investment in Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile 1999, S. 62, T.I.15
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 81

30 Brazil: Foreign participation in the banking system, december 1998 (Mio. US $, %)

zit. nach: CEPAL, Foreign Investment in Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile 1999, S. 48, T.I.7
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 83

Literaturverzeichnis

Averbug, A. / F. Giambiagi (2000): The Brazilian Crisis of 1998 - 1999: Origins and Consequences, BNDES/ UNDP, Rio de
Janeiro
Benavente H., J.M. (1997): A Characterization of the Chilean National System of Innovation, Tokio
Bhagwati, J. (1992): Regionalism versus Multilateralism, in: The World Economy, Bd. 15, Nr. 5, S. 535 - 555
Bianchi, P. (1994): Tecnología y recursos humanos en Europa después de Maastricht: algunas reflexiones para América Latina, in:
IDES, Desarrollo Económico, Bd. 34, Nr. 135, Buenos Aires, S. 419 - 435
Bielschowsky, R.A. / G. Stumpo (1995): Transnational Corporations and Structural Changes in Industry in Argentina, Brazil, Chile
and Mexiko, in: CEPAL Review, Nr. 55, Santiago de Chile, S. 143 - 169
Bitran, E. / P. Serra (1997): Commentary, in: N. Birdsall / F. Jaspersen (Hg.), Pathways to Growth: Comparing East Asia and Latin
America, Inter-American Development Bank, Washington, D.C., S. 252 - 261
Bouzas, R. (1996): La agenda económica del MERCOSUR: desafíos de política a corto y mediano plazo, in INTAL/BID, Integra-
ción & Comercio, Bd. 1, Buenos Aires; S. 64 - 87
Bouzas, R. et al. (1997): El Mercado Común del Sur: análisis de su situación actual y evolución reciente, MS., Buenos Aires
Carullo, J.C. (1998): Las micro, pequeñas y medianas empresas en el MERCOSUR, in: comercio exterior, Bd. 48, Nr. 7, Mexiko,
S. 569 - 581
Castelar Pinheiro, A. / M. Mesquita Moreira (2000): The Profile of Brazil's Manufacturing Exporters in the Nineties: What are the
Main Policy Issues? BNDES, Rio de Janeiro
Castro Escudero, A. (1999): MERCOSUR: ¿nuevo fracaso intergracionista de América Latina? in: comercio exterior. Mexiko,
Bd. 49, Nr. 10, S. 898 - 907.
CEPAL (1992): Ensayos sobre la coordinación de políticas macroeconómicas. Inferencias para la integración latinoamericana,
Santiago de Chile
- (1998): Large Latin American Industrial Companies and Groups in the 1990s, Notas sobre la Economía y el Desarrollo, Nr. 618
- (1999): Latin America and the Caribbean in the World Economy, 1998, Santiago de Chile
- (1999): Preliminary Overview of the Economies of Latin America and the Caribbean, Santiago de Chile
Chudnovsky, D. (1999): Science and Technology Policy and the National Innovation System in Argentina, in: CEPAL Review,
Nr. 67, Santiago de Chile, S. 157 - 176
Chudnovsky D. / F.S. Erber (1999): Impacto del MERCOSUR sobre la dinámica del sector de máquinas y herramientas, in:
INTAL, Integración & Comercio, Nr. 7/8, S. 213 - 255
Chudnovsky, D. / B. Kosacoff / A. López (1999): Las multinacionales latinoamericanas: sus estrategias en un mundo globalizado,
Buenos Aires
Chudnovsky, D./ A. López / S. Melitsko (2000): ¿Ha contribuido el MERCOSUR al desarrollo económico argentino? in: INTAL/
BID, Integración & Comercio, Bd. 4, Nr. 10, Buenos Aires, Jan. – April, S. 35 - 67
Cintra, M.A.M. (2000): Brazilian Structural Adjustment in the Nineties: Dependence without Development, in: Deutsches Institut
für Wirtschaftsforschung, Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, 69. Bd., H. 1, Berlin, S. 53 - 68
Daher, A. (1999): Las trasnacionales chilenas y la integración regional, in: Nueva Sociedad, Nr. 162, Caracas Juli / Aug. ,
S. 124 - 135
Devlin, R. / R. French-Davis (1999): Towards an Evaluation of Regional Integration in Latin America in the 1990s, in: World Eco-
nomy, Bd. 22, Nr. 2, , S. 261 - 290
Dierkes, M. / K.W. Zimmermann (1996): Sozialstaat in der Krise. Hat die Soziale Marktwirtschaft noch eine Chance? Frankfurt
a.M., S. 193 - 209
Edwards, S. (1997): Latin America's Underperformance, in: Foreign Affairs, März – April, S. 93 - 103
Eßer, K. (1990): Lateinamerika. Welt- und Regionalmarktorientierung. Empfehlungen zur regionalen Kooperation und Integration,
Schriften des DIE, Bd. 98, Berlin
- (1994): Lateinamerika. Wettbewerbsorientierung und Integrationsdynamik, Berichte und Gutachten 9, DIE, Berlin
84 Klaus Eßer

- (1996): Nationaler Handlungsspielraum durch systemische Wettbewerbsfähigkeit, Einleitung, in: ders. (Hrsg.). Globaler Wett-
bewerb und Nationaler Handlungsspielraum. Neue Anforderungen an Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, Schriftenreihe des
DIE, Bd. 112, Köln, S. 1 - 27
- (1996) Nationaler Wettbewerbsvorteil und regionale Integration in Lateinamerika, in: ders. (Hrsg.), Globaler Wettbewerb...,
S. 289 - 314
- (1997): MERCOSUR – Sprungbrett zum Weltmarkt?, in: R. Sevilla / R. Zimmerling (Hg.), Argentinien: Land der Peripherie?,
Unkel/Bad Honnef, S.227 – 237
- (1998): Modernisierungshemmnisse der lateinamerikanischen Regionalkultur, DIE, Berichte und Gutachten 4, Berlin
- (1999): Institutioneller Wandel unter Globalisierungsdruck. Überlegungen zu Aufbau und Koppelung von Nationalstaat und
Marktwirtschaft in Chile, DIE, Berichte und Gutachten 4, Berlin
- (1999): Von der Industrie- zur Informationsgesellschaft. Nationalstaatliches Handeln im Übergang, in: Ibero-Amerikanisches
Archiv. Zeitschrift für Sozialwissenschaften und Geschichte, Neue Folge, Bd. 25, Nr. 1 - 2, S. 33 - 75
- (1999): Partnerschaft mit Schwellenländern - Aufgaben der Entwicklungspolitik, DIE, Berichte und Gutachten 11, Berlin
-- (2000): Anregungen zum Lateinamerika-Konzept der Bundesregierung, DIE, Berlin
- (2000): Nationalstaat und Marktwirtschaft in Lateinamerika – Chile als Vorbild? in: Internationale Politik und Gesellschaft 2/2000,
S. 189 – 202
- (2000) Partnerschaft mit Schwellenländern - Anforderungen an die deutsche Politik, DIE, Analysen und Stellungnahmen, Nr. 2
Eßer, K. et al. (1995): Neue Tendenzen der Exportförderung. Anforderungen an Konzept und Instrumente. Beispiel Uruguay, DIE,
Berichte und Gutachten 11, Berlin
Eßer, K., / W. Hillebrand, / D. Messner, / J. Meyer-Stamer (1994): Systemische Wettbewerbsfähigkeit. Internationale Wettbe-
werbsfähigkeit der Unternehmen und Anforderungen an die Politik, DIE, Berichte und Gutachten 11, Berlin
Frankel, J.A. (1997):, Regional Trading Blocs in the World Economic System. Washington, D.C.
Ffrench-Davis, R. (2000): Reforming the Reforms in Latin America. Macroeconomics, Trade, Finance, New York
Fuentes, A. / J. Villanueva (1989): Economía mundial e integración de América Latina, Buenos Aires
Gatto, F. (1999): MERCOSUR: Its Challenges to Small and Medium-Sized Industrial Enterprises in Terms of Competition, in:
CEPAL Review, Nr. 68, Santiago de Chile, Aug. 1999, S. 61-77
Giambiagi, F. (1999): MERCOSUR: ¿Porqué la unificación monetaria tiene sentido a largo plazo? in INTAL/BID, Inte-
gración & Comercio, Bd. 3, Nr. 9, Buenos Aires, S. 63 – 88
Giddens, A. (1996): Konsequenzen der Moderne, Frankfurt a.M.
González F.F. (1999): MERCOSUR: incompatibilidad de sus instituciones con la necesidad de perfeccionar la Unión Aduanera.
Propuesta de cambio, in: BID/INTAL, Integración & Comercio, Bd. 3, Nr. 9, Buenos Aires, S. 89 - 112
Herrera, F. (1964): América Latina integrada, Buenos Aires
Heymann, D. / F. Navajas (1998): Coordinación de políticas macroeconómicas en MERCOSUR: algunas reflexiones, in: CEPAL,
Oficina de Buenos Aires, Ensayos sobre la inserción regional de la Argentina, Documento de Trabajo, Nr. 81, Buenos Aires,
S. 7 - 39
Hillebrand, E. / G. Maihold: Von der Entwicklungspolitik zur globalen Strukturpolitik. Zur Notwendigkeit der Reform eines
Politikfeldes, in: Friedrich-Ebert-Stiftung, Internationale Politik und Gesellschaft, Nr. 4, S. 339 - 351
Hobsbawn, E.J. (1996): The Future of the State, in: Development and Change, Bd. 27, S. 267
Huber, J. (1996): Politische Wertesynthese und sozialstaatliches Differenzprinzip, in: M. Dierkes / K. Zimmermann, Sozialstaat in
der Krise. Hat die Soziale Marktwirtschaft noch eine Chance? Frankfurt a.M., S. 193 - 209
Instituto de Relaciones Europeo-Latinoamericanas/IRELA et. al. (1995): Las relaciones entre el GRAN y el MERCOSUR:
¿Hacia un espacio económico integrado en América del Sur? Informe de Conferencia Nr. 3, Madrid
Inter-American Development Bank (1999): Integration and Trade in the Americas, Special Report, The International Financial
Crisis: Implications for Latin America and Caribbean Trade and Integration, Washington, D.C., Febr.
IRELA (1999): EL MERCOSUR en la encrucijada: Dimensiones y perspectivasde la crisis, Madrid
Kanenguiser, M. (2000): Instan a las multinacionales a aumentar las exportaciones, La Nación, Buenos Aires
Globalisierung, Regionalisierung und interregionale Beziehungen 85

Katz, J. (2000):, Pasado y presente del comportamiento tecnológico de América Latina, CEPAL, Desarrollo Productivo, Nr. 75,
Santiago de Chile
Katz, J. / V. Ventura-Dias (2000): The Transition Toward a Knowledge-Based Society, ECLAC Notes, Nr. 11, Santiago de Chile
Kosacoff, B. (1997) (Hrsg.): Estrategia de desarrollo empresarial, CEPAL, Buenos Aires
Kosacoff, B. (2000) (Hrsg.): El desempeño industrial argentino. Más allá de la sustitución de importaciones, Buenos Aires
Kosacoff, B. / C. Ferraro (1991): La Iniciativa para las Américas desde una perspectiva argentina, Buenos Aires
Kosacoff, B. / A. Ramos (1999): El debate sobre política industrial, in: Revista de la CEPAL, Nr. 68, Santiago de Chile, S. 35 - 60
Kosacoff, B. / C. Bonvecchi / G. Yoguel (1998): Argentina: La economía en los años noventa. Contexto macroeconómico, des-
empeño industrial e inserción externa, in: L.J. Garay (Hrsg.), Argentina, Brasil, México, Venezuela: apertura y reestructuración
productiva, Bogotá, S. 15 – 136
Krätke, M.R. (1997): Globalisierung und Standortkonkurrenz, in: Leviathan, Bd. 25, Nr. 2, S. 202 - 232
Kuwayama, M. (1998): Proceedings of the Seminar Trade Policy in East Asia and Latin America under the New Trading System,
ECLAC, Santiago, 5.11.1998
Legler, H. (2000): Industrieforschung in Deutschlands Regionen, in: Wirtschaftsdienst, Nr. 5, S. 289 - 296
Lorenz, D. (1990): Regionale Entwicklungslinien in der Weltwirtschaft - Tendenzen zur Bildung von regionalen Wachstumspolen,
in: E. Kantzenbach / O.G. Mayer (Hg.), Perspektiven der weltwirtschaftlichen Entwicklung und ihre Konsequenzen für die
Bundesrepublik Deutschland, Hamburg, S. 11 - 31
Machado, J.B.M. / C.M. Salazar Pessoa (2000): Política de competencia: marcos teóricos, gestión en espacios económicos
integrados y desafíos para el MERCOSUR, in: INTAL/BID, Integración & Comercio, Bd. 4, Nr. 10, Buenos Aires 2000, S. 91 -
112
Mayobre, J.A. et al. (1965): Hacia la integración acelerada de América Latina, Mexiko
Naschold, F. (1997): Ökonomische Leistungsfähigkeit und institutionelle Innovation. Das deutsche Produktions- und Politikregime
im globalen Wettbewerb, in: ders. et al., Ökonomische Leistungsfähigkeit und institutionelle Innovation, WZB-Jahrbuch 1997,
Berlin, S. 19 - 62
Notfal, M.B / J Wilkinson (1999): La producción y el comercio de productos lacteos en el MERCOSUR, in: INTAL/ BID,
Integración & Comercio, Bd. 3, Nr. 7/8, Buenos Aires, S. 157 - 181
Nunnenkamp, P. / J.P. Agarwal (1993): Lateinamerika im internationalen Wettbewerb um deutsche Direktinvestitionen, Kieler
Diskussionsbeiträge, Nr. 215, Kiel
OECD (1998): Entwicklungszusammenarbeit, Paris
- (1998): Science, Technology and Industry Outlook 1998, Paris
Olarreaga, M. / I. Soloaga: Endogenous Tariff Formation: The Case of MERCOSUR, in: The World Bank Economic Review,
Bd. 12, Nr. 2, S. 297 - 320
Paladino, M. / H. Rodríguez Larreta / D. Ambasz (1999): Tecnología y competitividad en el MERCOSUR, Buenos Aires 1999
Peres, W. (1998) (Hrsg.): Grandes empresas y grupos industriales latinoamericanos, Mexiko
Piaggi, A.J. (1999): Relaciones interempresarias en el MERCOSUR, in: Konrad-Adenauer-Stiftung, Contribuciones, Nr. 1, Buenos
Aires, S. 65 - 77
Red Iberoamericana de Indicadores de Ciencia y Tecnología/RICYT et al. (1999): Principales indicadores de ciencia y tecno-
logía iberoamericanos/interamericanos, 1990 - 1997, Buenos Aires, Juni
Rösler P. (2000): Deutsche Direktinvestitionen in Lateinamerika, Institut für Iberoamerika-Kunde Hamburg, Brennpunkt
Lateinamerika, Nr. 16, 31.8.2000
Salazar-Xirinachs, J.M. / J. Tavares de Araujo Jr. (1999): The Free Trade Area of the Americas: A Latin American Perspective,
in: The World Economy, Bd. 22, Nr. 6, S. 783 - 797
Sánchez, M. (1999): Efectos económicos de acuerdos regionales de comercio: una revisión de argumentos, CEPAL, Oficina en
Buenos Aires, S. 11 ff.
Scharpf, F.W. (1991): Die Handlungsfähigkeit des Staates am Ende des 20. Jahrhunderts, in: Politische Vierteljahresschrift, Bd. 32,
Nr. 4, Dez. 1991, S. 621 - 634
86 Klaus Eßer

Schneider, B.R. (1999): Las relaciones entre el Estado y las empresas y sus consecuencias para el desarrollo: una revisión de la
literatura reciente, in: Desarrollo Económico, Bd. 39, Nr. 153, Buenos Aires, S. 45 - 75
Schott, J.J. / G.C. Hufbauer (1999): Whither the Free Trade Area of the Americas, in: The World Economy, Bd. 22, H. 6,
S. 765 -782
Senghaas, D. (2000): Seltene Erfolge, viele Fehlschläge und aufhaltsame Fortschritte. Reflexionen zu David Landes' opus magnum
Wohlstand und Armut der Nationen, in: Leviathan, Nr. 1, S. 142 – 153
Sirlin, P. (1998): El Régimen de Especialización Industrial argentino: ¿política industrial de nueva generación o mera transferencia
de recursos? in: CEPAL Review, Nr. 68, Santiago de Chile, S. 101 - 114
Stephenson, S. / D. Ivascanu (1999): El comercio electrónico en las Américas, INTAL/BID, Integración & Comercio, Bd. 3, H. 9
Buenos Aires, S. 113 - 128
Straubhaar, Th. (1994): Internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft - was ist das? in: Wirtschaftsdienst, H. 10, 1994,
S. 534 - 540
Travers, J. (1999): Case Study: Dublin, Ireland, The Role of Information Technology in Attracting Foreign Investment, Creating
Industrial Zones and Developing Human Resources, World Bank, World Competitive Cities Congress, 19.-21.5.1999, Dublin
Trischler, H. / R. vom Bruch (1999): Forschung für den Markt. Geschichte der Fraunhofer-Gesellschaft, Münche, S. 271 – 292
UNCTAD (1999): World Investment Report 1999: Foreign Direct Investment and the Challenge of Development, New York/Genf
Weltbank (1999): World Development Indicators,Washington, D.C.
- (1997): The State in a Changing World, World Development Report 1997, Washington, D.C.
Werner, H. (2000): Die Erfolgsgeschichte der Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung Irlands, in: Wirtschaftsdienst, Nr. 5,
S. 301 - 306.
Wionczek, M.S. (1964) (Hrsg.): Integración de la América Latina. Experiencias y perspectivas, Mexiko
World Development, Special Issue (1999): Industrial Clusters in Developing Countries, Bd. 27, Nr. 9, Sept.
WTO (1999): Annual Report 1999. International Trade Statistics, Genf
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim, et al. (1999): Zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands.
Zusammenfassender Endbericht 1998, Mannheim

Das könnte Ihnen auch gefallen