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Aeroflot - die dominierende Fluggesellschaft am Himmel über Russland

Der ehemals grössten Fluggesellschaft der Welt drohte nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion 1991 das Grounding. Nun ist Aeroflot aber wieder im Aufwind und seit 2006
sogar Mitglied im Skyteam mit Air France-KLM und Delta. Trotz heftiger wirtschaftlicher
Turbulenzen ist Aeroflot damit die erste russische Airline in einer weltweiten Allianz.

Von Jens Flottau / maiak.info

Als 1923 die erste Luftfahrtgesellschaft der Sowjetunion gegründet wurde, kaufte Lenin
demonstrativ 60 Aktien zu 1,05 Rubel. "Wer nicht Aktionär von Dobrolet ist, der ist kein
Bürger der Sowjetunion", lautete die Parole, weshalb auch viele eingeschüchterte Arbeiter
und Bauern Aktien von Dobrolet kauften.

Die erste Linie Moskau–Nischni Nowgorod wurde am 16. Juli 1923 eröffnet. Zuerst flog die
neue Fluggesellschaft mit deutschen Junkers F13 für vier Passagiere, ab 1924 mit dem
ersten sowjetischen Verkehrsflugzeug Tupolew AK-1 und ab 1930 mit über 100 Tupolew
ANT-9 und Kalinin K-5. Am 1. Februar 1932 erhielt die Airline ihre bis heute geltende
Bezeichnung Aeroflot.

Zu Sowjetzeiten war Aeroflot mit mehr als 10'000 Flugzeugen die grösste Fluggesellschaft
der Welt, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 drohte Aeroflot aber das
Grounding. Seit 1993 ist Aeroflot aber wieder im Aufwind und seit dem 14. April 2006 mit
Air France, KLM, Delta und anderen renommierten Fluggesellschaften Mitglied im
SkyTeam. Trotz heftigen wirtschaftlichen Turbulenzen ist Aeroflot die erste russische
Airline in einer weltweiten Allianz.

Der Staat kontrolliert Aeroflot immer noch

Nach zehn Jahren ununterbrochenen Wachstum musste die erfolgsverwöhnte Aeroflot


Anfang 2009 einen dramatischen Rückgang hinnehmen. Russlands grösste
Fluggesellschaft flog 16 Prozent weniger Passagiere, die Zahlen wurden erst Mitte des
Jahres wieder besser. Da aber traute die Regierung dem General Director Waleri Okulow
nicht mehr zu, richtig durchzugreifen.

Waleri Okulow, der Schwiegersohn Boris Jelzins, wurde als stellvertretender


Verkehrsminister seines Landes weggelobt. Stattdessen saniert nun der ehemalige
stellvertretende Handelsminister Witali Sawiljew die Fluggesellschaft. Die beiden
Personalien machen deutlich, wie eng die Verbindung zwischen der dominierenden
Fluggesellschaft und dem russischen Staat, der 51,5 Prozent der Anteile kontrolliert, noch
immer ist.
Nicht zu vergessen die vielen Millionen aus den Überfluggebühren, die Aeroflot Jahr für
Jahr kassiert - und die den kleinen Gewinn im Jahr 2008 schöner aussehen lassen, als er
in Wirklichkeit ist.

Aeroflot wird mit radikalen Mitteln gesund geschrumpft

Anders als es bei einem politisch ernannten neuen Chef, der alle möglichen Rücksichten
nehmen muss, zu erwarten gewesen wäre, hat Sawiljew tatsächlich vor, Aeroflot schnell
auf den Erfolgsweg zurückzuführen. Dabei schreckt er vor wenig zurück: 6'000 der derzeit
15'000 Mitarbeiter sollen gehen, nachdem Benchmarks ergeben haben, dass ähnlich
grosse Fluggesellschaften mit einem Drittel weniger Angestellten auskommen.

In Wirklichkeit geht es bei Aeroflot aber nicht ums Schrumpfen, sondern um eine dringend
notwendige Modernisierung. So fliegt die Airline eine Flotte von 26 Tupolew Tu-154. Die
Flugzeuge aus Sowjetzeiten haben ein Image-Problem und sind im Unterhalt doppelt so
teuer wie ihre westlichen Pendants.

Bis zum Jahresende will Sawiljew die alten Jets aus der Flotte nehmen, im Gegenzug
kommen 18 Airbus A320 hinzu. Obwohl das rein rechnerisch weniger Flugzeuge sind,
kann Aeroflot damit die Kapazität im Inlands- und Europaverkehr deutlich ausweiten, denn
die Airbusse sind intensiver nutzbar als die inzwischen wartungsanfälligen Tupolews.

Mit dem Suchoi Superjet 100 fliegt Aeroflot in die Zukunft

Doch Aeroflot übernimmt nicht nur neue westliche Jets. Das Unternehmen hat sich auch
dazu verpflichtet, neue Regionaljets vom Typ Suchoi Superjet 100 zu fliegen. Die 100-
sitzigen Maschinen sollten eigentlich bis Ende des Jahres 2009 ausgeliefert werden, doch
die Flugtests und die Zulassung der Maschinen dauerten länger als geplant. Jetzt werden
sie 2010 eingeführt und vor allem im Inland zum Einsatz kommen.

Aeroflot steht, obwohl das offiziell nicht bestätigt wird, unter dem politischem Druck, auch
heimische Maschinen einzusetzen. Vorausgesetzt, Suchoi kann die Versorgung mit
Ersatzteilen und Wartungsleistungen nach internationalem Standard sicherstellen und das
Flugzeug hält, was es verspricht, ist der Superjet aber eine sinnvolle Ergänzung für die
Aeroflot-Flotte.

Aeroflot betreibt nicht nur neuere Flugzeuge: Nach fünfjähriger Bauzeit hat die
Fluggesellschaft das neue Terminal D am Heimatflughafen Scheremetjewo in Moskau in
Betrieb genommen. Das von einer japanischen Bank mit 1 Milliarde US-Dollar finanzierte
Terminal öffnete Mitte November 2009 und soll zwölf Millionen Passagiere pro Jahr
abfertigen (so viele wie heute der gesamte Flughafen); angeflogen werden 110
internationale und 60 nationale Destinationen.
Scheremetjewo D vereinfacht nicht nur das Umsteigen von Inlandsflügen zu den
internationalen Verbindungen und umgekehrt. In dem Terminal werden auch die anderen
acht Fluggesellschaften der Skyteam-Allianz untergebracht.

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