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Oxidativer Stress

Eine Übersicht über reaktive Sauerstoff-Spezies (ROS)

Bertram Woitok

19. November 2009

Definition Radikale
Als Radikale bezeichnet man Atome oder Moleküle mit mindestens einem ungepaarten Elektron, die
dadurch besonders reaktionsfreudig sind. Enthält ein Radikal mehrere ungepaarte Elektronen, spricht
man von Diradikal, Triradikal usw..
Dargestellt wird dies durch einen hochgestellten Punkt, etwa bei NO · . Die Halbwertszeit von Radikalen
ist sehr kurz und beträgt meist nur wenige Mikrosekunden.

Wichtige Sauerstoffspezies
Singulett–Sauerstoff ( 1O2 ) ist kein Radikal, aber aufgrund seiner Reaktivität reiht er sich bei diesen ein.
Als Radikale sind das Superoxidanion (O2– ), das Hydroxyl–Radikal (OH · ), Stickstoffmonoxid (NO · ),
Peroxyl– (ROO · ) und Alkoxyl–Radikale (RO · ) zu nennen. Aber auch einige Sauerstoffderivate sind von
Bedeutung, vor allem das Wasserstoffperoxid (H2 O2 ), aber auch das Hypochlorid (HOCl) und das Ozon
(O3 ) seien hier erwähnt.
Das Augenmerk soll aber auf der Reduktionsreihe des Sauerstoffs liegen, wobei zu beachten ist das es
sich hierbei um eine Ein–Elektronen–Reduktion handelt.
0 +e – −0.5 +e – + 2H+ −1 +e – ; −OH – −1 +e – + H+ −2
O2 −−−→ O2– −−−−−−−−→ H2 O2 −−−−−−−−→ O H · −−−−−−−→ H2 O

Entstehung
Etwa 1 — 3 % des in der Atmungskette umgesetzten Sauerstoffs werden zu Superoxid Reduziert. Die-
se Reaktion wird durch die NADPH–Oxidase katalysiert. Bei Entzündungen und Hypoxie kommt es
außerdem zur Bildung von Xanthinoxidase, ein Enzym das ebenfalls Sauerstoff reduziert.
Durch die Superoxiddismutase wird vorhandenes Superoxid zu Wasserstoffperoxid reduziert, welches
dann in einem weiteren Schritt durch die Katalase zu Sauerstoff und Wasser gespalten wird. Mithilfe
der Haber–Weiss– oder der Fenton–Reaktion kann Wasserstoffperoxid ebenfalls gespalten werden, wobei
Hydroxylionen sowie Hydroxylradikale gebildet werden, wobei letztere die reaktivsten Sauerstoffspezies
sind.

ROS im Organismus
Physiologisch dienen ROS verschiedenen Zwecken. Stickstoffmonoxid kommt in den Gefäßen vor und
dient dort als Vasodilatator, hält also die Gefäße offen. Superoxid kommt in den Zellen im Normalfall
in geringer Konzentration vor und wird dort für einen geregelten Ablauf benötigt. Zum Beispiel fördert
die Anwesenheit von Superoxid die Phosphorylierung des Insulinrezeptors. Im Immunsystem setzen neu-
trophile Granulozyten durch Ausschüttung von NADPH–Oxidase Superoxid frei um die Membranen von
eingedrungenen Bakterien zu zerstören.
Bei erhöhter Superoxidkonzentration wird durch Radikal–Radikal–Reaktion das Stickstoffmonoxid deak-
tiviert, es kommt zur Vasokonstriktion. Weiterhin werden die Zellfunktionen gestört und für den Ener-
giestoffwechsel wichtige Enzyme, etwa die Aconitase, gehemmt.
Um sich vor der toxischen Wirkung zu schützen hat der Körper verschiedene Mechanismen zur Deak-
tivierung der Sauerstoffspezies. Bereits genannt wurden Superoxiddismutase und Katalase welche über-
schüssiges Superoxid in anderweitig verwendbare Stoffe zerlegen. Peroxidasen bauen ebenfalls katalytisch

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Radikale ab. Es gibt im Körper aber auch einige Antioxidanzien welche von Sauerstoff oxidiert werden
können, hierzu gehören Metallionen bindende Proteine die beispielsweise Eisen oder Kupfer enthalten.
Daneben spielen sogenannte Radikalfänger eine Rolle da diese in der Lage sind die Kettenreaktion zu
unterbrechen. Dazu gehören Vitamin C und E, Bilirubin, Harnsäure und Glutathion.

Oxidative Schädigungen
Ist die Blutversorgung in einem Gewebeabschnitt unterbrochen kommt es nach kurzer Zeit zur Anoxie.
Wird der Bereich anschließend wieder Durchblutet (Reperfusion) kommt es zu einer vermehrten Bildung
von Superoxid und Wasserstoffperoxid und somit zu einer Gewebeschädigung. Zusätzlich löst der plötzli-
che Anstieg des Superoxids eine Zuwanderung von Granulozyten aus, welche ebenfalls Radikale freisetzen
und das Gewebe somit zusätzlich schädigen.
Wie bereits erwähnt können Zellmembranen welche aus Lipidschichten bestehen von Radikalen angegriffen
werden. Hieran ist das Hydroxyl–Radikal maßgeblich beteiligt, da es sich an einer CH2 –Gruppe zwischen
zwei π–Bindung einer ungesättigten Fettsäure addieren kann und so ein Fettsäureradikal bildet das nun
in einer Kettenreaktion immer mit dem benachbarten Molekül reagiert bis die Reaktion durch ein anderes
Radikal oder einen Radikalfänger gestoppt wird. Der Mechanismus kann freilich die Struktur der Membran
nicht unverändert lassen, und es entsteht eine Membran mit höherer Permeabilität was ultimativ dazu
führt das wesentlich mehr Energie benötigt wird um ein Membranpotential aufrecht zu erhalten. Weiterhin
entstehen hierbei toxische Endprodukte die den Organismus zusätzlich schädigen.
Ein weiterer Schaden entsteht durch Oxidation von Aminosäure–Seitenketten in Proteinen. Dadurch
bedingte Strukturänderungen hemmen die Funktion des Proteins und schränken die Löslichkeit in Wasser
ein. Werden dabei Sulfhydrylgruppen oxidiert, so ist der Vorgang reversibel, wird aber durch Oxidation
eines Kohlenstoffatoms eine Carbonyl–Gruppe addiert so muss das Protein im Stoffwechsel abgebaut
werden.
Ein weiteres wichtiges Gebiet sind die DNA–Schäden, von denen in etwa die Hälfte auf oxidative Prozesse
zurückzuführen ist. Durch Oxidation kommt es zu Einzel– oder Doppelstrangbrüchen in den DNA–Ketten,
sowie zu Basenmodifikationen. Dies resultiert in Replikationsblockaden und sogar Fehlpaarungen welche
dann als Mutation fixiert sind. Die meisten DNA–Schäden werden jedoch vom Organismus behoben.

Literatur
• Schmidt, Lang: Physiologie des Menschen

• Löffler, Petrides: Biochemie & Pathobiochemie

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