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... aber wir sind gespannt darauf, wie die Fußball-Weltmeisterschaft in den Gemeinden und
Institutionen bedacht, begleitet und gefeiert wurde. Um die vielfältigen Aktionen im Nachhinein
dokumentieren zu können, bitten wir alle Mitmachenden, ihre realisierten Konzepte, Veranstaltungs-
unterlagen und Presseberichte an das Kirchenamt der EKD, z. Hd. Helga Meyer, Postfach 21 02 20,
Impressum
Druck:
Media-Print PerCom GmbH & Co.KG
24784 Westerrönfeld
Gedruckt auf 100 Prozent Recyclingpapier
Sport ist „ein starkes Stück Leben“. In ihm verdich- „Fußball ist die schönste Nebensache der Welt“, soll ein
ten sich Hoffnung und Enttäuschung, Freude und Nie- berühmter Fußballspieler gesagt haben. So wollen wir
dergeschlagenheit, Gemeinsamkeit und Unterschei- Ihnen diesen Anlass ans Herz legen: Als Christinnen und
dungswille. Der Fußballplatz ist ein Lebensdrama auf Christen freuen wir uns auf die Fußball-WM. Wir hoffen auf
120 x 70 m. Mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gute Ergebnisse für die deutsche Mannschaft. Wir betonen
wird es in Deutschland – wie schon jetzt zu spüren ist sportliche Fairness, gute Gemeinschaft und die Achtung vor
– zu einem Fußballfieber kommen, das wohl kaum je- den Leistungen der anderen. Auch im Rahmen eines sol-
manden ganz unberührt lassen wird. chen Festes wollen wir Raum schaffen für die Solidarität
mit den Armen. Deshalb setzen wir ein Zeichen für „fairen
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) freut Handel“.
sich auf die Fußball-Weltmeisterschaft. Sie hofft auf fried-
liche, faire und fröhliche Spiele in unserem Land. Mit ei- Ich wünsche allen, die dieses Buch in die Hand nehmen,
nem ökumenischen Gottesdienst zum Auftakt der Fußball- einen fruchtbaren Umgang mit den Anregungen, die hier
WM wollen wir diesen Wunsch auch vor Gott tragen und zusammengestellt sind. Auch die Fußball-Weltmeister-
seinen Segen für gelingende Spiele erbitten. Aber auch schaft 2006 ist ein Anlass, Gott zu loben. Und es ist eine
die einzelnen evangelischen Gemeinden wollen gute Gelegenheit dazu, Menschen daran zu erinnern, dass
Gastgeber und einladende Nachbarn sein. Deswegen Fußball ein starkes Stück Leben und ein wunderbares Spiel
hat der Rat der EKD dieses Materialheft zur Fußball-Welt- ist – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
meisterschaft 2006 in Auftrag gegeben. Es soll den
Gemeinden und damit allen Mitarbeiterinnen und Mit- Den kirchlichen Vorhaben zur WM 2006 wünsche ich
arbeitern der Kirche Anregungen dazu vermitteln, wie mit viel Resonanz und einen gesegneten Verlauf.
diesem großen Fußballfest geistlich und organisatorisch
gut umgegangen werden kann. Ob es nun besondere
theologische Themen sind, die in Predigten bedacht werden
können, oder Konfirmandenunterrichtseinheiten, die sich
im Umfeld der Fußball-WM nahe legen, ob es kur-
FOTO : CARSTEN M ATHAES
Vorschläge sind nicht ausschließlich an die WM-Zeit im und wegweisende Texte sind dort ausführlich wiedergegeben.
Sommer 2006 gebunden, sondern können auch später Im Kapitel G folgen drei Beispiele, wie die sozialethische
noch realisiert werden. Dimension des Fußballs berücksichtigt werden kann. Da die-
Zunächst wird unter dem folgenden Abschnitt A eher ses Materialheft sich als Serviceleistung an die Gemeinden
überblicksartig und einleitend gezeigt, wie die WM-Aktivitäten und an die dort Tätigen versteht, soll das Kapitel H helfen,
im Gemeindeleben aufgenommen und integriert werden gute Medien und Materialien aufzufinden.
Grundsätzlich wäre Folgendes zu bedenken: Kein großes technisches Problem stellen die Live-Übertragun-
• Ist es sinnvoll und machbar, ein eigenes WM-Begleitprogramm gen der Spiele („public-viewing“) da. Es gibt genügend Jugend-
zu entwickeln? Neben allgemeinen Fußballthemen sollten dann liche und andere Gemeindeglieder, die sich auf die Installation
vor allem spezifische kirchliche Angebote kommuniziert werden von Empfangsgeräten, Beamern und anderem Gerät verstehen.
und Einladungen zu „thematisch überraschenden“ Gottesdiens- Für nicht kommerzielle Anbieter sind die TV-Übertragungen kos-
ten und anderen kirchlichen Formen ausgesprochen werden. tenfrei; die EKD bietet ihren Gemeinden den Service, durch die
den Sportpfarrer oder die Sportpfarrerin oder einen anderen 2006 in Deutschland, wo Menschen mit Lernbehinderung und
kirchlichen Mitarbeiter als Kolumnisten zu gewinnen. geistiger Behinderung um den Titel spielen werden. 1
• Vielleicht wohnen in der Gemeinde Menschen aus meh-
reren WM-Teilnehmerländern, die im Rahmen einer Vortrags- „Die Welt zu Gast bei Freunden“
oder Gesprächsreihe über die Kirchen ihrer Länder berichten „A time to make friends“ (WM-Slogans)
können, vielleicht als Sonntagsvorträge im Anschluss an den 1 Näheres unter www.inas-fid.org.
Bewegung und Spiel machen Kindern Freude. 2 Schon früh Fußball als gesellschaftliches, kulturelles (literarisches!) und his-
lassen sie sich auch von der Faszination des Zuschauersports torisches Phänomen ist ein mögliches Thema für evangelische
begeistern. Berühmte Sportler sind ihre Idole. Kinder und Ju- Bildungsarbeit. Anders als noch vor wenigen Jahren gibt es
gendliche sind das Gros der Kunden für Fantrikots und andere mittlerweile viele interessante Fußballfilme, die in der Arbeit mit
Merchandising-Produkte der „Fußballindustrie“. Wie keine ande- Erwachsenen gut einzusetzen sind (vgl. H 5.). Zahlreiche Hoch-
re Altersgruppe werden Kinder und Jugendliche auf das Großer- schulen und andere Bildungsträger werden öffentliche und inter-
eignis Fußball-Weltmeisterschaft gespannt sein. Im Bereich der disziplinäre Vortragsreihen zur WM anbieten.
Kinder- und Jugendarbeit wird der Fußball Thema sein können Auch wenn die FIFA-Weltmeisterschaft 2006 der Wettbe-
im Religions- und Konfirmandenunterricht, die Stunden der Jung- werb der Männer ist, greift das Thema weit darüber hinaus.
schar- und Jugendgruppen können entsprechend gestaltet wer- Und doch ist die WM nicht zuletzt eine große Chance für die
den, Konfirmanden- und Jugendfreizeiten könnten sich diesem kirchliche Arbeit mit Männern. Die o. g. Themen für die Bil-
Thema stellen. Der Kindergottesdienst kann in den Wochen vor dungsarbeit können aufgegriffen bzw. Themenabende mit Titeln
oder während der WM das Spiel aufgreifen. Im Kapitel mit den wie „Fußball – Ritual – Religion“4, „Heilige Räume: Kirchen und
Gottesdienstvorschlägen finden sich Entwürfe für eine Kindergot- Stadien“5 gestaltet wie auch Themen am Beispiel Fußball (globa-
tesdienstreihe (B. 7) und für Schulgottesdienste (B. 8). le Gerechtigkeit, Gewalt, Medienmacht, Körperinszenierungen
Interessant ist der Kinder- und Jugendbereich sicherlich auch etc.) erläutert werden. Oder man(n) gönnt sich einen Fußballfilm.
für Kooperationen auf lokaler Ebene: Alle in der Arbeit mit Interessant wäre es, Erinnerungen auszutauschen: Wo waren
Kindern und Jugendlichen Engagierten könnten etwa am wir 1990, 1974, 1954, oder was haben unsere Väter von 1954
Pfingstmontag oder zum Eröffnungsspiel (Freitag, 9. Juni) ein erzählt – statt eines Films kann auch der Roman von Friedrich
gemeinsames großes Fußballfest feiern („X-Dorf freut sich Christian Delius, „Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde“,
gemeinsam“ oder „Y-Stadt macht mit“). Die Jugendabteilungen vorgelesen werden. Solche Männerabende könnten mit einer
vieler Vereine werden sich mit WM-Themen beschäftigen und geistlichen Betrachtung von in der Fußballszene gesungenen
Fußball spielen. Schulen werden fächerverbindenden Unterricht Liedern wie „You’ll never walk alone“6, „Football is comin’ home“,
und fächerübergreifende Projekte zur WM anbieten. Und da „We’re the champions“ etc. beginnen. Fußballwissen spielerisch
sollte der Religionsunterricht mitmachen – sicherlich auch abfragen geht immer noch sehr gut in Form des „Großen Preises“
kritisch-betrachtend, aber doch nicht nur ablehnend. 3
(mögliche Rubriken: Regeln, WM-Highlights, Geschichte, Spie-
Ein Klassiker der Fußball-Literatur für Kinder ist Sammy ler, Kuriositäten, WM 2006). Und bestimmt haben die Männer
Drechsels „Elf Freunde müßt ihr sein“ (Erstauflage: 1955). vor oder nach dem Theorieabend Lust, einmal gemeinsam ins
Modern sind „Die wilden Fußballkerle“ von Joachim Masannek Stadion zu gehen oder selbst zu kicken. 7
(13 Bände), deren weibliches Pendant bei Masannek „Die Die Frage, ob Fußball auch ein Sport der Frauen ist,
biestigen Biester“ heißt. Das Motto lautet: „Alles ist gut, ist spätestens seit den Erfolgen der deutschen Frauennational-
solange du wild bist.“ mannschaft unumstritten. Frauenfußball ist in Deutschland so
erfolgreich wie nie und findet immer mehr Anhänger und
Unterrichtsentwürfe finden sich in:
Anhängerinnen. Das Thema „Frauen im Fußball“, als Spielerin-
• FAIR spielen – FAIR handeln (2004) nen und als Zuschauerinnen, könnte auch Frauen ansprechen,
• Der Ball ist rund (2005) die sonst keinen Zugang zum Fußball finden.
• konfernormal 70 (2002) Eindrücklich beschreibt der Film „Adelante Muchachas!“
• www.brot-fuer-die-welt.de von Erika Harzer (www.adelante-muchachas.de) die Ge-
FOTO: PLAINPICTURE / TIAN BERG
• entwurf 1-2006 schichte vierer Mädchen aus Honduras, die von ihrer
(Genaue Literaturangaben siehe ab Seite 76) sozialen Herkunft her sehr unterschiedlich sind, aber eines
2 Das hat auch Dietrich Bonhoeffer, an dessen 100. Geburtstag am 4. Februar für Wald und Natur vorhanden ist, so begeistern sie sich doch an Kletterpar-
2006 der deutsche Protestantismus erinnert, erfahren. Bonhoeffer fuhr mit einer tien . . . und am Fußball auf der Wiese.“ In: Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer.
Gruppe (teils sehr schwieriger) Jugendlicher in das Landhaus seiner Eltern Theologe, Christ, Zeitgenosse, München 6. Auflage 1986, S. 275.
und berichtete am 28. März 1932 davon: „Ich bin sehr froh, dass ich mit den 3 So könnte es die Lehrplaneinheit 9.8 „Was uns fesselt“ des Bildungsplanes
Konfirmanden hier oben sein kann; wenn auch noch nicht besonders viel Verständnis für die Hauptschulen in Baden-Württemberg nahe legen
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Epheser 1,3–14) sowie die folgenden vier Sonntage Der erste Predigtentwurf „Lob des Spiels“ von Pastor Traugott
(1. S. n. Tr.: Jeremia 23,16–29; 2. S. n. Tr.: 1. Korinther 14,1–3. Giesen passt mit seinem grundsätzlichen Bedenken des Spiels
FOTOS: ACTIONPRESS/ EVERETT COLLECTION · PICTURE PRESS / WARTENBERG, FRANK P.
20–25; 3. S. n. Tr.: 1. Johannes 1,5–2,6; Finaltag, 4. S. n. Tr.: im menschlichen Leben und gerade auch wegen seines leichten,
1. Petrus 3,8–15a. 15b–17) bieten sich wohl nur drei Texte für spielerischen Tons an den Anfang der WM. Die beiden folgen-
direkte Bezugnahmen an: Am Pfingstmontag könnte vom Text den Entwürfe von Thies Gundlach und Peter Steinacker können
her eine Parallelisierung von den differenzierten Funktionen während aller WM-Wochen verwendet werden; der zweite Ent-
innerhalb der Gemeinde zu den Aufgaben der unterschiedli- wurf „Fußballhimmel und Teufelstechnik“ mit seinen beziehungs-
chen Spieler und Spielertypen möglich sein und auch der eben- reichen Anspielungen hat seinen Ort wohl eher in einem
falls an anderen Stellen des Neuen Testaments aufgeführte Leib- besonders gestalteten Fußballgottesdienst in der Gemeinde,
Gedanke mit einem Fußballteam verknüpft werden (vgl. die während der dritte Entwurf „Glaube und Fußball und Frei-
Textübertragung zu 1. Korinther 12 in Abschnitt 6.1.). heit“ aufmerksame Zuhörer und Zuhörerinnen beispielsweise
Am 25. Juni 2006 (2. S. n. Tr.) könnte anhand des Fußballs ge- während eines Gottesdienstes beim Sportverein (zum Vereins-
zeigt werden, dass eine gemeinsame Begeisterung auch eine fest oder im Zusammenhang mit der WM) oder in anderen
eigene Sprache hervorbringt, wobei hier auch genau auf die Open-Air-Gottesdiensten in der Öffentlichkeit finden dürfte.
Grenzen des Vergleichs geachtet werden muss. Schließlich Der vierte Entwurf von Alfred Buß hilft, aus dem christlichen
könnte man am 4. Sonntag nach Trinitatis am Ende einer Glauben „Mut finden“ zu können, und gehört deshalb – aber
gelungenen und friedlichen WM mit dem 1. Petrusbrief 3 nicht ausschließlich – in eine Situation der Niederlage und des
ausführen, dass auf dem Tun des Guten Segen liegt. Um die- Neubeginns.
sen Segen für die Welt zu bitten („segnet“!, V. 9), wenn diese Die vier stark profilierten Predigten laden dazu ein, sie als
„bei Freunden zu Gast“ gewesene Welt ihre Blicke wieder von Vorlagen frei zu verwenden, sich von ihnen anregen zu lassen
unserem Land abwendet, scheint ein gutes Ende zu sein. und je nach den eigenen Bedürfnissen der Personen, des Ortes
MöglichsindspezifischeFußballgottesdienstevorderWMam und der Zeit den konkreten Gegebenheiten anzugleichen.
Pfingstsonntag (4. Juni), vor allem am Pfingstmontag (5. Juni, Für die Gottesdienste anlässlich der WM bietet sich eher eine
möglicherweise auch ökumenisch) oder am ersten Sonntag der schlichte liturgische Form an. Ein Gospelchor, eine moderne
WM: Trinitatis (11. Juni). Diese und andere Gottesdienste können Band, eine Tanzgruppe könnte gebeten werden, den Gottes-
an besonderen Orten gefeiert werden: beim lokalen Sportver- dienst mitzugestalten. Zu den „WM-Gottesdiensten“ vor Ort
ein, beim sommerlichen Gemeindefest oder auch an Grenz- sollten auch, ja gerade, die Vereine eingeladen werden.
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geschmack von einer ganzen, guten Menschheitsfamilie. Wie der Menschlichkeit die Kür eingeräumt des Dekorativen, der
Sieger die Besiegten in die Arme nehmen und sie als eine Freude am Eigenen. Neben der Notdurft des Essens gibt es
Mannschaft vor dem Publikum sich verbeugen, das hat doch die Kochkunst und schönes Eindecken, Blumen; vor dem Essen
was von Frieden. Bei einer früheren WM, während die Fußball- sich waschen, vielleicht festliche Kleidung, und der Ritus des Dan-
begeisterten noch jubelten, war oben an der Stadionbalustra- kes, was allemal besser ist als einfach loszumampfen. Und spei-
de ein riesiges Tuch ausgehängt mit der Aufschrift: „Wir haben sen, nicht schlingen und würgen wie in der Urhorde, die immer
noch Hunger.“ Das sagt doch: Alles hat seine Zeit, jetzt, wo das auf der Flucht war, sondern gelassen genießen unter munteren
Spiel aus ist, fängt die Arbeit an. Was im Spiel dargestellt war, Reden, mit Nächsten.
das gemeinsame, gleichberechtigte, schöne Miteinander, jetzt Auch das Gespräch mit Gott hat neben der Not des
muss es durch gerechtes Teilen Wirklichkeit werden. Bittens und Klagens die Freiheit des Lobens, des Dankens.
Es gibt noch viel zu tun, darum ist Spiel Ausnahme. Solange Auch ist Ernst und Spiel bei der Liebesumarmung: wir sind
Millionen Kinder nicht spielen dürfen, sondern Ziegel schleppen bedürftig und hoffentlich auch spielerisch. Das Liebesspiel über-
oder dauervergewaltigt werden, ist aus Hungersnot kein Erwach- steigt den Automatismus bloßer Instinkthandlungen, es sucht
sener freigestellt zum verspielten Leben. Er bliebe zu viel schuldig dem fliehenden Augenblick Dauer zu verleihen. „Der Mensch ist
an Begabung, die das Leben braucht, dass es gedeihe. „Sechs nur da ganz Mensch, wo er spielt“ (Friedrich Schiller) – das gilt
Tage sollst du arbeiten“, vernahmen die vor uns, „und am sieb- besonders auch für Liebende.
ten Tage sollst du ruhen von deinen Werken“ (2. Mose 20). Die Wir Menschen sind mit Spielraum gewollt; mit Spielraum,
Entdeckung des Sabbats ist eine der ersten sozialen Großtaten die eigene Person zu entwickeln. Spielen ist Freiheit, frei von Not,
Israels: ein Tag der Arbeitsruhe, auch für den Fremdling, sogar frei von Zwecken, frei zum Überflüssigen. Gott lässt dir Überfluss
für das Tier. Ja, in aller Daseinsnot ist uns ein Raum der Freiheit – also lache, erfreue, genieße, beschaffe Chancen. Mache dein
gelassen auch fürs Spiel. Spiel, bring dich ins Spiel, biete dich an. Die Zeit ist begrenzt,
Manchmal blitzte dies schon an den ungewöhnlichsten dann nimmt uns Gott wieder aus dem Erden-Spiel, sicher für
Orten auf: an Weihnachten 1914 in den Gräben des „Schlacht- ein anderes. Aber das Spiel des Lebens ist kein Spaß: „Wenn es
feldes“ in Frankreich, und die Soldaten, die sich gegenüberlie- köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen“ (Psalm
gen, verlassen ihre Schützengräben und spielen gegeneinan- 90), das Gebrauchtwerden ist wohl nah am wahren Glück.
der, nein, miteinander Fußball – bis die Kriegsherren dies zu Köstlich soll dir das Leben gewesen sein, du sollst mal gern du
unterbinden wissen. Im Krieg, in Stalingrad, in all den Bomben selbst gewesen sein. Suchst du noch Deins? Tändelst du, ver-
eine Ruine mit einem heil gebliebenen Klavier. Und ein Sol- suchst dir alle Möglichkeiten offen zu halten? Bist du einer, von
dat spielt Mozart – und die Waffen verstummen für eine Zeit. dem Kierkegaard sagte, dass er „verzweifelt nicht er selbst sein
Mit Fingerfarben die Gesichter anmalen auf der Kinderkrebs- wollte“? Oder ist die Maske deiner Pflichtrollen so an dir fest-
station – einen Luftsprung weit sich über das Schicksal erheben. gewachsen, dass du noch mal ganz neu Kind werden musst:
Auch um aus uns herauszugehen. Dem Menschen ist mitge- „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Him-
geben „die Zweieinheit von Erzwungenem und Spielerischem, melreich kommen“ (Matthäus 18,3) sagt Jesus. Übersetzt von
von Daseinsnot und freier Gestaltung“ (H. Plessner). Wir ha- Rabindranath Tagore: „Gott ehrt uns, wenn wir arbeiten, aber
ben einen Spielraum, uns zu geben, Figur zu machen, wir er liebt uns, wenn wir spielen“.
FOTO: PLAINPICTURE / LANGER, M.
können die Rollen des Lebens so oder so spielen: Vater, Mut- Aus Vertrauen, aus Sorglosigkeit, dürfen wir die Freiheit
ter, Frau, Mann, wie das sein? Es gibt Erwartungen, es gibt an- der Kinder Gottes leben und dem Augenblick gehören: Sor-
erzogene Muster und genetisch uns weitergegebene, es gibt get nicht für morgen, es ist genug, dass jeder Tag seine eigene
aber auch Raum, man selbst zu sein. Du eben keine typische Plage habe. Es ist Gottes Welt, in der wir zur Arbeit gerufen
Schwiegermutter, du kein typischer Mann. Uns ist zur Pflicht sind – und zum Spiel.
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Jahren werden durch Zeichen und Wunder zu Heiligen, Sorte beweist allwöchentlich seine vorbildliche Frömmigkeit:
zu Gesandten der Götter, zu Botschaftern eines Friedens, Denn in welcher Religion sonst würden die Menschen bei ka-
der höher ist als alle fußballerische Vernunft. Auch die- tastrophal schlechtem Wetter einer mittelmäßig kickenden
se Pseudoreligion hat Fest- und Feiertage, die die Jünger Mannschaft ohne Torerfolg zusehen und dafür auch noch Ein-
in Andacht, Gebet und Hoffnung versammeln: Welt- oder tritt zahlen? Kein Papst, kein Pastor, auch kein Charismatiker
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gedeckt wird? Kurz: Nir- Quäntchen Glück kommen, das wir als Kinder den Schutzen-
gends sonst darf der geln zugetraut haben und das wir als Erwachsene hoffentlich
Mann so sexistisch und einem unerzwingbaren Segen zubilligen. Im Fußball inszeniert
militaristisch sein wie sich nicht der „Homo Faber“, der Machermensch, sondern der
beim Fußball. „Homo ludens“, der Spielermensch, und deswegen übt Fuß-
So weit zur ball ein in den rechten Umgang mit Glück und Segen. Und
Phänomenologie eben daran kann auch ein ansonsten kritischer christlicher
dieser Pseudo- Glauben anknüpfen. Denn allzu oft rechnen wir uns ja selbst
religion Fußball, jeden Erfolg zu, wir haben gewonnen, sagen wir, dabei hatten
liebe Gemeinde. wir doch nur Glück gehabt. Wir loben „unsere Jungs auf dem
Platze“, wir bewundern den Bundestrainer, wir klopfen uns auf
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die Trauerarbeit als Grundform der Gemeindebeteiligung: mos ist und darin eine Mischung aus Ordnung, Schönheit und
Man weint und klagt, man zetert und schimpft, Fremde fallen Schmuck spiegelt, dass unsere rationalistisch leere und gna-
sich in die Arme und trösten sich, tapfer werden anfeuernde denlos leistungstaumelige Welt mitunter doch voller Sinn und
Siegesgesänge zelebriert, obwohl der Rückstand beträchtlich Schönheit, voller Glanz und Gelingen ist, das erahnen wir
ist. Wer mit seinem Lieblingsverein schon einmal in die 2. Liga manchmal, wenn wir einen faszinierenden Spielzug auf dem
abgestiegen ist, dem muss man nichts mehr erzählen von Ver- Rasen verfolgen. Große Fußballspiele erinnern daran, dass
zweiflung, Ohnmacht und Sinnleere, der hat eine lebenslan- die Frage nach Gott dort anfängt, wo ein gelungenes Fuß-
ge Vorstellung davon, was Spott, Angst und Hohn ist. Wenn ballspiel aufhört: bei dem Staunen darüber, dass es neben
irgendwo, dann wird beim Fußball die Erlösungsbedürftigkeit Zweck und Berechnung, neben Funktion und Verwaltung immer
auch des modernen Menschen regelmäßig erinnert, und das auch Schönheit und Kosmos gibt. Beides wird uns geschenkt,
ist nicht das Schlechteste an diesem Sport. auch wenn wir manchmal ganz schön dafür laufen müssen.
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lösen sich die Fragen, die wir so gern verdrängen, weil sie bunden durch die Taufe. Sie ist sozusagen unser Trikot, weil
uns vielleicht anstrengen, weil sie uns nicht passen und uns quer sie ein Geschehen ist, das mit Gottes Gabe der Freiheit von
kommen, nämlich die grundsätzlichen Fragen: „Wozu bin ich der Sünde an uns beginnt und dann die freie Antwort unseres
eigentlich auf der Welt und wohin geht die Reise?“ So, wie Lebens fordert. Auch bei uns besteht die fruchtbare Spannung
die Faszination des Fußballs glücklich und aufgeregt machen zwischen dem Einzelnen und der Gemeinde. Keiner von uns
kann, so macht es auch der Glaube. glaubt ganz gleich und wir haben alle unterschiedliche Gaben.
Jedoch: Fußball kann man nicht alleine spielen, Faszina- Aber alleine sind wir genauso verloren wie ein Fußballspieler,
tion hin oder her, Fußball geht nur mit mehreren. Es ist ein der keinen Halt und keine Verbindung zu seinen Nebenleuten
Gemeinschaftsspiel, ein Mannschaftsspiel, und die Menge der findet. Zusammen jedoch bekommen wir Flügel, können mit-
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und nicht unterzugehen – hat es nicht als Hintergrund die re- ball und unser Glaube und seine Freiheit auseinander. Denn
formatorische Einsicht von der Trennung zwischen Person und egal, ob du ein Superspieler warst oder nicht, ob du ein Erfolgs-
Werk? Ist nicht der Wille, unbedingt gewinnen zu wollen, dann trainer warst oder nicht, ob du ein guter Pfarrer warst oder nicht,
gutzuheißen, wenn er mit der Freiheit verbunden ist, auch in hier wird aus dem Auf und Ab des Lebens, das auch ein Spiel
der Niederlage nicht zerstört zu werden? ist, der unwiderrufliche Ernst. Jesus möchte auch diesen Ernst
Ist nicht mancher Sieg in die vermeintliche Niederlage ver- mit uns teilen. Die Freiheit, in die er uns ruft, ist auch die Freiheit
woben – so wie das Kreuz unseres Herrn eben Niederlage vom Tod, denn da, wo Gott wirklich ist, da hat der Tod
und Sieg miteinander verknüpft? seine Macht verloren, auch wenn immer noch gestorben wird.
Schließlich, zum Schluss muss gesagt werden, dass nach Gebe uns Gott, dass wir in seinem Herzen geborgen sind,
den Regeln jedes Spiel einmal ein Ende nimmt. Die Weisheit dann, wenn es so weit ist, und von dieser Gewissheit lasst
Sepp Herbergers: „Ein Spiel dauert 90 Minuten“, hat nicht uns leben auf dem grünen Rasen und auf der schönen und
nur die Absicht, Motivation und Ehrgeiz nicht vorschnell schwierigen Erde!
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Der Kopf weiß doch gar nicht, woran es gelegen hat. Wer hofft, sieht hin, hat Elie Wiesel einmal formuliert und
Erschlaffte Hände, wankende Knie, saget den verzag- hinzugefügt: Das Gegenteil von Hoffnung ist nicht Verzweif-
ten Herzen . . . Buber/Rosenzweig übersetzen: Sprecht zu lung, sondern Gleichgültigkeit. Sprachbilder, Metaphern gegen
den Herzverscheuchten. Geht’s nicht um viel mehr als um den Gleichgültigkeit und Resignation eröffnen einen Raum, in dem sich
Kopf – geht’s nicht um das Herz? Haben wir verzagte, ver- Perspektiven eröffnen. Metaphern und Träume führen in neues
scheuchte Herzen? Wissen wir das überhaupt? Merken wir Land, manchmal bringen sie uns nach Haus.
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stopper wäre, wo bliebe dann der Torwart? Wenn ich die perfektesten Spielregeln beachtete,
18 Nun aber hat der Trainer die Spieler eingesetzt, einen die Fehlerquellen für Unparteiische
jeden von ihnen in der Mannschaft, so wie er gewollt hat. durch perfekte Technik beseitigte,
19 Wenn aber alle Spieler ein Spieler wären, wo bliebe wenn ich mich stets für Gesundheit
die Mannschaft? und Wohl aller im Spiel einsetzte,
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„Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch und be- Die Lieder in den Gottesdiensten anlässlich der WM sollten
wahre euren Geist samt Seele und Leib unversehrt, untadelig naheliegende Themen wie Schöpfungslob, Frieden unter den
für die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus.“ Völkern, Bitte um Segen u. a. aufgreifen.
(1. Thessalonicher 5,23)
Aus dem Evangelischen Gesangbuch:
„Geht mit der Kraft,
Schmückt das Fest mit Maien | EG 135
die euch aus der Botschaft
Laudate omnes gentes | EG 181.6
unseres Gottes zuteil wurde.
Sonne der Gerechtigkeit | EG 263
Geht mit der Erkenntnis,
Ich lobe meinen Gott | EG 272
dass alle auf dem Spielfeld Gottes
Nun jauchzt dem Herren, alle Welt | EG 288
ihre Rolle spielen.
Lobe den Herren | EG 316 (v. a. mit den
Geht in dem Vertrauen,
fremdsprachigen Strophen)
dass vor Gott
Nun lasst uns Gott dem Herren | EG 320
jedes Lebensspiel gelingen kann.“ 18
Lobet und preiset, ihr Völker, den Herrn | EG 337
Vertraut den neuen Wegen | EG 395
Liturgische Texte und Anregungen für Gottesdienste,
FOTOS: PLAINPICTURE / B.O. A. · HEXX
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im örtlichen Kindergottesdienst angefragt werden. Aber damit away“ würde die Einheit der Reihe unterstreichen, etwa
wird man mehrheitlich auf viel Entgegenkommen stoßen, wenn eine kleine Weltkarte, auf der man dann nach und nach
rechtzeitig und angemessen gefragt wird. Rechtzeitig heißt: gut die Teilnehmerländer des Osten, des Südens, des Westens und
ein Vierteljahr im Voraus; angemessen bedeutet, zu vermitteln, des Nordens originell markiert.
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„ Kein Drama ist so Gottes guter Geist kann bewirken, dass auch fremde Men-
schen einander verstehen.
übersichtlich wie E
Lied: „Der Himmel geht über allen auf“
ein Fußballspiel“ F
Vertiefung: Wir denken an Kinder aus anderen Ländern,
Marcel Reich-Ranicki, Literaturkritiker aus Peru, aus dem Iran, aus Australien, aus Mexiko und aus
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Enthusiasmus. ler und Schüler ganz unterschiedlich sind, wichtig ist der
Zusammenhalt.
Wann gehen Schülerinnen und Schüler gerne in die Schule? ständnis füreinander haben, uns gegenseitig helfen und ein-
Abgesehen davon, dass wir alle natürlich lieber Ferien als ander vergeben.
Schulunterricht haben, zeigt sich doch, dass es Unter- Damit ihr auch (im neuen Schuljahr) zu einer guten
schiede in der Motivation gibt, sich morgens auf den Weg Klassengemeinschaft zusammenfindet, schenke Gott euch
zur Schule zu machen. seinen Segen und seine Kraft. Amen.
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b) Gestaltungselemente
Aktion der Schüler und Schülerinnen:
Es werden einige/alle Fahnen der Länder, die an der Fußball-
WM teilnehmen (und die von den Schülern und Schülerinnen
selbst angefertigt wurden), in den Gottesdienstraum gebracht
und als Zeichen der Verbundenheit in einem Kreis aufgestellt.
Es können natürlich auch Schüler und Schülerinnen mit den
betreffenden Trikots einziehen. (Bitte beachten: Es wird auch
FOTO: PLAINPICTURE / DURA LUX
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c) Bibeltext
2. Mose 20,1-17 Die Zehn Gebote
Matthäus 22,37-39 Das Doppelgebot der Liebe
Matthäus 7,12 Die Goldene Regel
Zusätzlicher Text-Baustein:
eine Definition von Fairness (selbst erarbeiten
oder nachschlagen lassen)
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p der Ball
p das Spielfeld
p die Spielzeit
p der Körper
p der Trainer
p der Schiedsrichter
p der Fan
p das Spiel(en)
p Gewinnen und Verlieren
p Angreifen und Verteidigen
p das Trikot
p Hand und Fuß
p die Fußballschuhe
p die „Kutte“
p der Fanschal
p der Gesang
p „Fußballgott“
p Beten für den Fußball?
p der Slogan der WM 2006
p Abseits
p die Mannschaft und der Einzelspieler
p Abspielen
FOTOS: PLAINPICTURE / HASENGOLD / LOBSTER
p die Eintrittskarte
p Konkurrenz, Sieg und Niederlage
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FOTOS: PICTURE PRESS / GRAPHISTOCK / NANCY COHEN · PICTURE PRESS / GRAPHISTOCK / JOHN WEBER
tung das uns Pfarrer? Weil auch die Zeitung genau weiß: Der
Glaube ist nicht jedermanns Ding. Die Pfarrer kann man so
was fragen. Die sind zuständig. Otto Normalverbraucher be-
lästigt man in der deutschen Öffentlichkeit nicht mit religiösen
Fragen.
„Beten Sie für die deutsche Fußballnationalmannschaft?“
Und die einhellige Antwort der in der Zeitung versammelten
Geistlichkeit lautet: „Nein!“ – Natürlich nicht! Das gehört da
nicht hin! Fußball ist so wichtig nicht!
„Ist der deutsche Noch während ich telefoniere, beginnt es in mir zu ar-
beiten: Dass der Glaube nicht jedermanns Ding ist, das sieht
„
Fußball nicht doch man doch gerade auch bei den Fußballern. Da gibt es die
einen, die nach dem verdienten Ausgleichtreffer auf die Knie
eine Religion?“ fallen und sich bekreuzigen. Und dann gibt es die, die kühl
und berechnend sich am liebsten auf ihr persönliches Kön-
nen, ihre Hochform verlassen. Am Fußball kann man’s se-
Ludwig Harig, Schriftsteller hen: Glaube und Gebet sind – obschon für manchen ganz
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„Das Geheimnis
des Fußballs ist
ja der Ball“
Uwe Seeler, Ehrenspielführer
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beim Torjubel im Fußball mit hochgezogenem Pulli durch die Wir freuen uns, dass wir die Täuflinge (hier die Namen nen-
Gegend, so dass die Menschen neben bzw. unter dem Trikot nen!) heute in der Mannschaft Christi begrüßen können.
auch noch irgendein Bekenntnis auf dem T-Shirt lesen können. Hans-Georg Ulrichs
Wir Christen sind auch nicht an einer einheitlichen Kleidung
erkennbar, so wie etwa unsere Pfadfinder an ihrer Kluft. Es Der Liedvers EG 349,3 passt zu dieser Taufansprache.
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wäre das ein Indiz für nachlassende Lebendigkeit. Dabei ist kräftige Formulierungen wählen. Manch trutzige Melodie ist
das Repertoire erstaunlich. Ein Fan, der richtig dazugehören harmonisiert worden. Ich finde, wir tun gut daran, dahin zu
will und in der Stadionliturgie mitmachen will, muss zwischen blicken, wo die Kraft und das „wilde Denken“ ist statt „Gib uns
40 und 50 verschiedene Rhythmen, Rufe und Lieder beherr- Frieden jeden Tag“.
schen. Über das größte Repertoire verfügen die Fans von Albrecht Thiel
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Wochen habe ich den Eindruck, dass ich Perlen vor die Säue
9,18 (29) Sirach 12,19 (30) Matthäus 5,15 (31) Matthäus 16,3
werfe (19). Wenn Ihr so weiter kickt, dann blamieren wir uns
(32) Matthäus 25,18 (33) Markus 12,42 (34) Apostelgeschichte
hier bis auf die Knochen, darauf gebe ich Euch Brief und Sie-
4,32 (35) Römer 13,7 (36) Jeremia 4,3 und Hosea 10,12
gel (20). Vor allem die Torflaute muss beendet werden. Wenn
der Sturm nicht ab sofort auch im Training Himmel und Erde 22 Nach einem Text aus der Broschüre „Der Glaube kann Berge versetzen“. Ge-
flügelte Worte aus der Bibel, mit einem Bericht „Streit im Fußballclub“, Deutsche
in Bewegung setzt (21), dann bin ich gezwungen, noch vor Bibelgesellschaft, Stuttgart 1991.
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verhält sich jemand, der Regeln einhält. 2.) Fair verhält sich, oder eine Schiedsrichterin bestellen, gemeinsames Essen und
wer die Würde und die Unverletzlichkeit des Gegners achtet. Getränke organisieren.
3.) Fair verhält sich, wer auf jeden ungerechtfertigten Vorteil Setting: Die Konfirmandengruppe trifft sich auf dem
im Sinn der Chancengleichheit verzichtet. Durch diese drei Sportplatz ihrer Gemeinde zu einem Fußballspiel.
Hinsichten gelingt es dem Sport, Ungleichheit und Gleichheit Der Gruppenleiter oder die Gruppenleiterin teilt die
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und unser Konfirmandenunterricht. Teilt euch nun in vier gleich Nelson Mandela, Friedensnobelpreisträger
große Gruppen. Jeder Gruppe wird ein Bereich zugeteilt. Be-
sprecht in euren Gruppen, welche Konflikte es in eurem Bereich
gibt und geben kann, z. B. zwischen Eltern und euch, zwischen
Lehrenden und Lernenden oder in eurer Clique oder hier in
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• Rede mit den Eltern über deine Probleme und sage ehrlich,
was dich stört. • Gestaltung eines Gottesdienstes mit den
• Alle sollen zu Kompromissen bereit sein. Ergebnissen der KU-Einheit
• Du sollst dich rechtzeitig wehren und nicht erst dann, • Gestaltung eines Elternabends zum Thema
wenn die Wut zu groß ist. • Besuch eines Fußballspiels
• Du sollst anderen helfen, wenn sie Hilfe brauchen. • Präsentation der Ergebnisse bei einer
• Du sollst Freundschaften aufbauen und pflegen, Sitzung des Kirchenvorstands
denn jede und jeder braucht Freunde.
Zum oben ausgeführten Thema vgl. auch Gunter A. Pilz, Fair-
4. Plenum (15 Minuten) ness oder die Moral des „Fairen Fouls“, in: fair spielen – fair han-
Die Gruppen stellen ihre Regeln vor und legen sie in die Mitte deln, Ideenheft zum Medienpaket, S. 13–16
des Stuhlkreises. Nachdem alle Regeln verlesen sind, legt der/
die Leiter(in) in einen Pappstreifen in die Mitte, auf der die Andere Themen für den KU:
„Goldene Regel“ steht: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute Globale Gerechtigkeit und „Eine Welt“
tun sollen, das tut ihnen auch.“ (Matthäus 7,12) • Steffen Marklein, „Spielt Gott im Himmel Fußball?“
Gemeinsam wird darüber gesprochen, wie diese Regel zu Nachdenken mit Konfirmandinnen und Konfirmanden
den anderen passt. In diesem Gesprächsgang soll gemeinsam (oder in der Schule) über Gott, Gerechtigkeit und
FOTO: WWW.GRI MM-PHOTO. DE
erarbeitet werden, dass jeder und jede einen Teil zu einem Fußballwelt, in: FAIR spielen – FAIR handeln, S. 4 f.
fairen Miteinander beitragen muss und dass die „Goldene • KonferNormal 70 (04/2002)
Regel“ alle Regeln zusammenfasst. Zum Abschluss der Ein- • Gebet und religiöse Rituale
heit können aus den Regeln auf den Pappstreifen gemeinsam • Geschlechterverhältnis/Gender
diejenigen ausgewählt werden, die zu einem guten und fai- • Erfolg und Niederlage
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10. Zuschauer
Zuschauer gehören zum Spiel, sind für viele Spiele kaum
verzichtbar. Sie sind auch nicht einfach „Konsumenten“ oder
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durchs Publikum wie wilde Bienen. Und blieb von da an in der Luft,
Da sah man Blutorangen, Zwetschen verschollen. Hat sich selbst verpufft. –
An blassen Wangen sich zerquetschen. Ich warne euch, ihr Brüder Jahns,
Das Eigelb überzog die Leiber, vor dem Gebrauch des Fußballwahns!
ein Fischkorb platzte zwischen Weiber. Joachim Ringelnatz (1923)
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wie den katholischen Prälaten Ludwig Wolker, der maßgeb- Spiel zu spielen durch einen ehrlichen Kampf um den Sieg.
lich zum Aufbau eines einheitlichen Sports in Deutschland Hat man einmal begriffen, dass in den sozialen Sport-
beitrug. Zeiß und andere kirchliche Vertreter waren Sport- spielen der Gegner zugleich der Mitspieler ist, dann versteht
idealisten, die unter Sport in erster Linie den aktiv betriebenen man die Grundlage der ‚Moral’, die auch der Fußballsport zu
und „sauber“ ausgeführten Sport verstanden. Darin gingen entwickeln und aufrechtzuerhalten bemüht ist. Diese ‚Moral’
sie durchaus überein mit der Mehrheit der Sportfunktionäre äußert sich im Respektieren der Spielregeln, in der Bejahung
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38 Helmut Thielicke, Theologische Ethik II/1, S. 462–464, III/3, 815 ff., ders.,
Gegenwart eher selten; die meisten Erwähnungen finden Sport und Humanität, Tübingen 1967; vgl. auch Abschnitt bei M. Hörrmann,
S. 52–59. Es war auch ein offener Brief des damaligen Hamburger
sich dann wohl bei Ausführungen über den ersten Glau- Universitätsrektors Thielicke, der 1961 Uwe Seeler bewog, trotz eines Millionen-
Angebotes aus Italien in Hamburg zu bleiben. Vgl. Uwe Seeler, Danke, Fußball!
bensartikel im Zusammenhang mit der leiblichen Verfasstheit Mein Leben, Reinbek bei Hamburg 2003, S. 52–54, 62.
39 Rüdiger Schloz, Probleme und Ansätze in der protestantischen Theologie, in:
des Menschen. So behandelt etwa Karl Barth, der ethische Sport im Blickpunkt der Wissenschaften. Perspektiven, Aspekte, Ergebnisse,
im Auftrage des Organisationskomitees für die Spiele der XX. Olympiade
Ausführungen in seine Dogmatik integriert, Sport v. a. in der München 1972, hg. von H. Baisch u.a., Berlin/Heidelberg /New York 1972,
S. 64; 72. Der badische Landesbischof Hans-Wolfgang Heidland hat als
Schöpfungslehre.37 Helmut Thielicke, dessen Name für eine früherer Hochleistungssportler später im Bischofsamt den Sport reflektiert.
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nahe, ob ihre Tendenz nicht eher defensiv, konformierend und die im Sport enthalten sind, muss es als Versäumnis betrachtet
auf Selbsterhaltung gerichtet ist, als dass sie in der Absicht, sich werden, dass der Sport in der kirchlichen Arbeit und
den sozialen Herausforderungen nunmehr zu stellen, emanzi- der theologischen Wissenschaft bisher nur unzureichend
pativ die ekstatischen, eschatologischen, kritischen, systemverun- behandelt worden ist. Über Spiel und Sport wurde dort
sichernden und -verändernden Momente, die in beiden Parteien weit weniger nachgedacht als über andere Lebensbereiche
angelegt sind, zur Geltung brächte.“ 43
der Gegenwart.“ 48
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ner Flucht vor notwendigem politischem und sozialem Enga- die beste Zusammenarbeit, wo man sich die eigenen Verlegen-
gement. Man vergisst die grundlegenden politischen und so- heiten gegenseitig eingesteht und gemeinsam die Nöte und
zialen Probleme und beruhigt sich angesichts der sportlichen Bedürfnisse der Menschen ins Auge fasst. Die Not des heuti-
Erfolge und der dafür gemachten Aufwendungen. Sie können gen Menschen wird durch eine Trennung oder gar Konfronta-
zu einem ‚Opium des Volkes’ werden. Diese Gefahr teilt der tion von Kirche und Sport nur vergrößert und das, obwohl
Sport mit anderen Vorgängen in der Freizeit. Sport soll zwar beide das menschliche Leben bereichern wollen.“ 50
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„ Worin ähnelt der Gewicht – auch im politischen Bereich. Das zeigt sich in der
Einflussnahme von Politikern und politischen Gremien auf den
Fußball Gott? Sport: etwa zur Darstellung der Überlegenheit eines Gesell-
schaftssystems oder als Mittel des politischen Protests (z. B.
die ihm viele Umgekehrt darf der Sport die politischen Realitäten nicht
übersehen (z. B. Hinweis auf Menschenrechtsverletzungen).
entgegenbringen, auf den Sport und den Sportler hat sich in den letzten Jahren
in vielen Sportarten verstärkt und findet ihren Höhepunkt in
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FOTOS: BROT FÜR DIE WELT · PFR. MOGGERT-SEILS · WOLFGANG SCHMIDT-AMMERBUCH / BROT FÜR DIE WELT
ren. So steht auch dem Schulbesuch der Kinder nichts mehr
im Wege. Außerdem wird aus den Mehreinnahmen eine
medizinische Grundversorgung der Näher und ihrer Familien
finanziert.
Der Erfolg dieses zukunftsweisenden Projektes liegt nun
auch in der Hand derer, die in Deutschland für Schulen,
Vereine und Freizeiteinrichtungen Fußbälle kaufen. Um sich
für Bälle aus fairem Handel zu entscheiden, muss man diese
Alternative kennen. In den Gemeinden kann es einen Aktions-
und Infostand geben mit:
• einem Quiz
Wolfram Dawin
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zu nehmen, wurden in der Zeit des Nationalsozialismus die die Fußball-Weltmeisterschaft 1978 auch dazu, sein Image
Sportvereine gleichgeschaltet und mit getreuen Funktionären in der Welt zu verbessern.
besetzt. Wer sich dem widersetzte, wer für Freiheit und Selbst- • Vgl. dazu die deutsche Initiative „Koalition gegen
bestimmung der Vereine eintrat, wer den Machthabern nicht Straflosigkeit. Wahrheit und Gerechtigkeit für die deutschen
ins Bild passte, wurde ausgeschlossen – ungeachtet seiner Verschwundenen in Argentinien“, Nürnberg
Verdienste um den Sport. Die, die zuerst nur ausgeschlossen www.menschenrechte.org
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• Das Ideenheft kickoff2006 und weitere Medien moderner Fußball funktioniert, 2. überarbeitete und
(s. Homepage), bestellung@kickoff2006.de erweiterte Auflage 2002 (ein Glanzstück der Fußball-
• konfernormal 70 (4/2002), Am Ball bleiben – Fußball- literatur, ohne dessen Kenntnis die globalen
WM 2002 (Autor: Wolfram Dawin) Veränderungen von Taktik und Strategie kaum dechif
• Scheidhammer, Franz Josef, Kicker, Kutten und Choräle. friert werden können)
Fußball und Religion – eine Praxismappe, Mülheim an • Delius, Friedrich Christian, Der Sonntag, an dem ich
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Ein Unterrichtsmodell in 7 Einheiten für die BBS, SEK I München 1997
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• Praktische Theologie 1/2006, Themen-Heft zur WM kunde 20), Frankfurt a. M., 2. Auflage 2005
• Spirit of Sports, hg. v. Ivo de Jong und Kees Tinga für • FIFA (Hg.), 100 Jahre Weltfußball, Göttingen 2004
„Kerk en Sport”, NL-Zwolle 2000 • Galeano, Eduardo, Der Ball ist rund und Tore lauern
• EKD-Plakat „Sind Fußballer unsere wahren Götter?“ (2002) überall, Wuppertal, 2. Auflage 1998
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1954
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FOTO: PLAINPICTURE / NORMAL
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• www.ekd.de
•
•
Bando und der goldene Fußball (Cheik Doukoure)
Kick it like Beckham (Gurinder Chadha)
„ Was ich über
•
•
Spiel der Götter (Khyentse Norbu)
„Fußball ist unser Leben“ (Komödie)
Moral und
• Balljungs – Woher kommen unsere Fußbälle?
(Svea Andersson /Anke Möller)
Verpflichtungen
• Fußball Gott. Das Tor zum Himmel
(David Kadel/Christian Roth)
auf lange Sicht
• Die Welt ist rund (DVD mit fünf Kurzfilmen),
Vertrieb und Verleih EZEF, Stuttgart (www.ezef.de)
am sichersten
weiß, verdanke
ich dem Fußball“
Albert Camus, Philosoph
FOTOS: DPA
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