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ZHW / CB / AnC1 4.

Trennverfahren

4. Trennverfahren

4.1 Verteilungsgleichgewichte

4.1.1 Der Nernst'sche Verteilungssatz


Phase I
Alle chromatographischen Trennverfahren basieren auf einem X(Phase I)
heterogenen Verteilungsgleichgewicht: Die Probenbestand-
teile werden verteilt zwischen zwei Medien oder Phasen, an Phasengrenze
welchen die Substanzen adsorbiert, bzw., in denen sie gelöst
werden können. Das Gleichgewicht kann für den Stoff X mit X(Phase II)
der folgenden Reaktionsgleichung beschrieben werden: Phase II

X(Medium I) X(Medium II) (G20)


Um vom einen Medium zum andern zu wechseln, muss das Teilchen eine Phasengrenze durchqueren, man
spricht hier deshalb auch von einem mehrphasigen oder heterogenen Gleichgewicht. Die thermodynami-
sche Beschreibung heterogener Gleichgewichte ist um einiges komplizierter, als wenn nur eine Phase
vorhanden ist, trotzdem können die meisten Phänomene mit einem sehr einfachen Modell erklärt werden:
Die Gleichgewichtslage wird mit dem Nernst'schen Verteilungssatz beschrieben, der analog zum Massen-
wirkungsgesetz (MWG) in homogenen chemischen Gleichgewichtsreaktionen (vgl. Kap. 3.1) definiert wird:
c(X (Medium II) ) c II(X)
K= := (G21)
c(X(Medium I) ) cI(X)
K Nernst'scher Verteilungskoeffizient [K] =1
cI,II(X) Konzentration von X im Medium I, bzw. II [c] = mol·l-1

Ist das eine Medium ein Festkörper, so wird X nur an der Oberfläche adsorbiert, und die Gleichgewichtsla-
ge ist logischerweise nicht von der Konzentration von X in dieser Phase abhängig, sondern von der Bela-
dungsdichte und damit der Oberfläche des Festkörpers (welche zum Beispiel über die Korngrösse gesteu-
ert werden kann). In diesem Fall wird der Nernst-Satz anders formuliert:
n (X) mfest (X)
k′ = fest = (G22)
nfl,g (X) mfl ,g (X)
k' Kapazitätsfaktor [k'] =1
nfest(X) Stoffmenge von X in der festen Phase [n] = mol
nfl,g(X) Stoffmenge von X in der flüssigen oder Gasphase
m(X) Masse X in einer Phase [m] = g

Da ja in Zähler und Nenner des MWG die gleiche Substanz mit identischer molarer Masse vorkommt, kann,
wie in G22 gezeigt, auch mit absoluten Mengen statt Stoffmengen gerechnet werden. Der Kapazitätsfak-
tor k' wird vor allem in der Chromatographie verwendet und misst die Kapazität (Fähigkeit) der festen
Phase, die Substanz X festzuhalten.

Wie eine Substanz zwischen den beiden Phasen verteilt wird, d.h. die Grösse von K, hängt primär von den
folgenden Faktoren ab (vgl. auch weiter unten "Beeinflussung der Gleichgewichtskonstanten"):
• Löslichkeit von X in I und II
• Siedepunkt von X, falls eine Phase gasförmig ist
• Wechselwirkungen zwischen X und der Oberfläche eines festen Mediums
• Der Kapazitätsfaktor k' hängt zusätzlich ab vom Volumen der flüssigen Phase, bzw. in der
Chromatographie von der Fliessgeschwindigkeit.

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Tab. 1 Typen von Verteilungsgleichgewichten

Verteilungstyp Phase I Phase II Analytische Anwendung Analyte


• Anorganika
fest-flüssig (s-l) Wasser, Salzlösungen • Extraktion
Probenmatrix • Organika
organische Lösemittel • Soxhlet-Extraktion
Anorg. Adsorbentien organische Lösemittel • Flüssigchromatographie • apolare und mittel polare Organika,
(Aluminiumoxid, Kie- • Normalphasen-HPLC (NP-HPLC) z.B. Kohlenwasserstoffe, Ether, Ester,
selgel, etc.) • Dünnschichtchromatographie (TLC) Aromaten
• Solid Phase Extraction (SPE)
Organika immobilisiert Wasser, polare org. Löse- • Flüssigchromatographie • polare Organika, z.B. Alkohole, Amine,
auf anorg. Trägern mittel • Reverse Phase HPLC (RP-HPLC) Säuren
(Paraffine, Glykole, • Dünnschichtchromatographie (RP-TLC)
Polymere) • Solid Phase Extraction (SPE)
Ionentauscherharze Wasser, Salzlösungen • Ionenaustauschchromatographie • Anorganische und kleine organische
• Präparativer Ionentaustausch Ionen
Polymer Org. Lösemittel • Size Exclusion-Chromatographie (SEC) • Homologe von Makromolekülen
Polymer-Gele Wasser, Salzlösungen & • Gel-Elektrophorese • ionische Anorganika und Organika
Elektrisches Feld (z.B. Proteine)
Probenmatrix superkritische Gase (z.B. • Superkritische Extraktion • Apolare und mittel polare Organika
CO2)
Anorg. Adsorbentien superkritische Gase (z.B. • Superkritische Flüssigchromatographie • Apolare und mittel polare Organika
(Aluminiumoxid, Kie- CO ) (SFC)
2
selgel, etc.), Po-
lymere
Wasser, Salzlösungen Org. Lösemittel • Ausschütteln • Alle löslichen Substanzen
flüssig-flüssig (l-l)
• Perforation
fest-gasförmig (s-g) Aktivkohle, Polymere Inertgas (N2,He,H2, Ar) • Thermische Desorption • leichtflüchtige Organika
Molekularsieb Inertgas • Thermische Desorption • Gase
• Gaschromatographie (GC)
Polymere immobilisiert Inertgas • Gaschromatographie • leicht- und mittelflüchtige, thermisch
auf anorg. Träger beständige Organika
(Al2O3, Kieselgel)

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flüssig-gasförmig(l-g) Polymerfilm auf anorg. Inertgas • Gaschromatographie • leicht- und mittelflüchtige, thermisch
Träger (Al2O3, Kiesel- beständige Organika
gel)
Polymerfilm auf anorg. Inertgas • Kapillar-Gaschromatographie • leicht- und mittelflüchtige, thermisch
Träger (Quarzglas) beständige Organika
Optisch aktiver Poly- Inertgas • Kapillar-Gaschromatographie • leicht- und mittelflüchtige, thermisch
merfilm auf anorg. beständige optisch aktive Organika
Träger (Quarzglas) (Enantiomeren-Trennung)

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Optimierung der Verteilung


Die Gleichung G21 zeigt, dass die Verteilung um so mehr auf der rechten Seite der Reaktion G20 liegt, je
grösser K ist. Dies ist gleichbedeutend mit einer "Vorliebe" der Substanz X für das Medium II. Als Faust-
regel gilt hier:
"Gleiches zu Gleichem"
Und zwar bezieht sich die Regel v.a. auf die Polarität und die Struktur des Analyten und der beiden Pha-
sen, z.B.
- Eine polare Substanz wird sich bevorzugt in der polareren von 2 Phasen aufhalten
- Soll ein aromatischer Analyt von einer nichtaromatischen Matrix abgetrennt werden, geschieht dies
am effizientesten mit einem aromatischen Extraktionsmittel
- Je flüchtiger eine Substanz, um so eher wird sie in die gasförmige Phase einer (l-g)- oder (s-g)-
Verteilung wechseln.
Dabei lässt sich nicht nur der Polaritätsunterschied zwischen den beiden Medien durch eine geschickte
Kombination optimieren, sondern auch der Analyt kann durch chemische Reaktion in seiner Polarität
oder Flüchtigkeit verändert werden:
- Erhöhung der Polarität von Organika durch Ionenbildung: Deprotonierung von Säuren mit basischen
Extraktionsmitteln, bzw. Protonierung von Basen in einer sauren Phase
- Erniedrigung der Polarität ionischer Substanzen durch Bildung nichtionischer Komplexe oder Ionen-
paare
- Erhöhung der Flüchtigkeit durch Derivatisierung, z.B. Veresterung von Säuren
Für eine optimale Verteilung muss also das Zusammenspiel aller drei Partner (Medium I, Medium II und
Analyt X) berücksichtigt werden.
Weiter gilt es zu bedenken, dass die Verteilung ein Gleichgewicht ist, d.h. in vielen Fällen wird es nicht
gelingen, einen Analyten vollständig in eine von 2 Phasen zu transferieren !

Tab. 2 Typen von Verteilungsgleichgewichten

Phase I Phase II Bemerkungen


Wasser, neutral (pH 7) Diethylether
Verstärkung der Polarität von Phase I
2-
Sulfat SO4 durch Zugabe von Salzen, z.B. NaCl

Mineralöl

2+
Cu

Cu(acac)2

Methanol CH3OH

Ethanol CH3CH2OH

Butanol CH3(CH2)3OH

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Phase I Phase II Bemerkungen


Wasser, sauer (pH 1) Diethylether

Essigsäure CH3COOH

Pyridin N

Wasser, basisch (pH 13) Diethylether

Essigsäure CH3COOH

Pyridin N

Uebung 4a: Flüssig-Flüssig-Verteilungen


Ein Reaktionsgemisch enthält die folgenden Stoffe:
· Kochsalz
· Phenol (organisches Molekül, Säure, polar, fest, leicht wasserlöslich)
· Paraffinwachs (organische Moleküle, apolar, fest, wasserunlöslich)
· Pyridin (organisches Molekül, Base, polar, flüssig, leicht wasserlöslich)

Entwerfen Sie einen Trennungsgang (= Folge von Flüssig-Flüssig-Verteilungen), der es erlaubt, die
vier Substanzen voneinander zu trennen !

4.1.2 Extraktionen
Mit einer Extraktion lassen sich Analyte aus einer Probenmatrix abtrennen. Dabei wird nach dem folgen-
den Ablaufschema vorgegangen:
1. Zugabe einer bestimmten Menge Extraktionsmittel zur Probe
2. Intensives Durchmischen von Probe und Extraktionsmittel bis zur Einstellung des Gleichgewichtes
(G21, bzw. G22)
3. Trennung von Extraktionsmittel (=Phase II) und Probenmaterial (=Phase I) durch Filtrieren (s-l-
Systeme) oder Abwarten der Phasentrennung (l-l-Systeme)
4. Zugabe einer neuen Portion frischen Extraktionsmittels zur Probe, wiederholen von Schritt 2 und 3.
5. Wiederholen von 2.-4., bis genügende Extraktionseffizienz (s.u.) erreicht wird
6. Vereinigung aller Extraktionsmittelportionen aus den verschiedenen Extraktionszyklen.
Eine Flüssig-Flüssig-Extraktion ist natürlich nur möglich, wenn Extraktionsmittel und Probe nicht misch-
bar sind
Dieses Verfahren kann auch automatisiert werden mit den folgenden Apparaturen (vgl. auch Schwedt):
- Soxhlet-Extraktor für Fest-Flüssig-Extraktionen
- Kutscher-Steudel-Perforator für Flüssig-Flüssig-Extraktion; Dichte Extraktionsmittel < Dichte Probe
- Keberle-Perforator für Flüssig-Flüssig-Extraktion; Dichte Extraktionsmittel > Dichte Probe

Optimieren der Extraktionseffizienz


Da die Verteilung zwischen 2 Phasen ein Gleichgewichtsreaktion ist, kann ein Analyt theoretisch gar nie
vollständig aus einer Matrix extrahiert werden, weil immer ein wenig davon in der Probe zurückbleibt.

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Dieser zurückbleibende und damit verloren gehende relative Anteil α (Definition in Formel G23) wird
zwar mit einer wachsenden Zahl von Extraktionszyklen (n) immer kleiner, sinkt aber nie ganz auf Null. Es
ist deshalb wichtig, abschätzen zu können, wie viele Zyklen es braucht, bis eine den Qualitätsansprüchen
des aktuellen Analyseproblems genügende Extraktionseffizienz erreicht wird. Besteht eine Probenaufar-
beitung nur aus einer Extraktion, so entspricht die Extraktionseffizienz gerade der in Kap. 1.4 diskutier-
ten Wiederfindungsrate.

Definitionen:
• Phase I := Probe
Phase II := Extraktionsmittel
mI,n
• In Phase I zurückbleibender Anteil: αn : = [α] = 1 (G23)
mtot
n = Anzahl Extraktionszyklen
mI,n = Menge Analyt in Phase I nach n Zyklen
mtot = Totalmenge Analyt in Probe
• Extraktionseffizienz nach n Zyklen: En : = (1 − αn )* 100 [En] = % (G24)

Berechnung der Extraktionseffizienz En = 100·(1-αn):


−n
⎛ V ⎞
• Flüssig-Flüssig-Extraktionen: αn = ⎜ 1 + K ⋅ II ⎟ (G25)
⎝ VI ⎠
−n
⎛ 1⎞
• Fest-Flüssig-Extraktionen: αn = ⎜ 1 + ⎟ (G26)
⎝ k′ ⎠
n = Anzahl Extraktionszyklen
K = Verteilungskoeffizient gem. G21
k' = Kapazitätsfaktor gem. G22
VI,VII = Volumen von Phase I, bzw., II

Die Gleichgewichtskonstante K (bzw. k' im s-l-System) ist nur schlecht reproduzierbar, da sie von vielen
nur schlecht zu kontrollierenden Randbedingungen abhängt. Deshalb sind auch kaum Literaturwerte zu
finden, K sollte vielmehr jeweils in einem Pilotversuch (vgl. Uebung 4b) vorgängig ermittelt werden.
Weiter sollten als qualitätssichernde Massnahme von Zeit zu Zeit Kontrollanalysen durchgeführt werden.

11 100%
100%
ααnn
αn
0.8
0.8 α
an
an
n
80%
80%

Effizienz
Effizienz
0.6
0.6 60%
60%

0.4
0.4 40%
40%

KK==0.50
0.50
0.2
0.2 20%
20%
VVIIII/V
/VI I ==1.0
1.0

00 0%
0%
Zusammenhang αn ⇔ En 00 55
Anzahl
10
10 15
15 20
20
AnzahlExtraktionen
Extraktionen

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100%
100%

80%
80%

Effizienz
Effizienz
60%
60% K=
K=0.50
0.50

40%
K=
K=0.10
0.10
40%

20%
20%
VVIIII/V
/VI I==1.0
1.0

0%
0%
00 55 10
10 15
15 20
20
Anzahl
AnzahlExtraktionen
Einfluss des Nernst-Koeffizienten Extraktionen

100%
100%

VVII/VI
/VI ==1.0
VII/VI
II 1.0
80%
80%
/VI ==0.1
VVII/VI
VII/VI
II 0.1
Effizienz
Effizienz

60%
60%

40%
40%

20%
20%
K=
K=0.50
0.50

0%
0%
00 55 10
10 15
15 20
20
Einfluss von VII/VI Anzahl
AnzahlExtraktionen
Extraktionen

Aufgrund der vorhergehenden Grafik könnte man zum Schluss kommen, dass bei einer l-l-Extraktion eine
um so bessere Extraktionseffizienz erreicht werden kann, je grössere Volumina Extraktionsmittel (VII)
man pro Zyklus einsetzt. Dies ist aber nur vordergründig richtig. Betrachtet man nämlich die Gesamt-
menge Extraktionsmittel Vtot = n·VII, die in der Aufarbeitung eingesetzt wird, so wird schnell klar, dass
mit einem fixen Gesamtvolumen Extraktionsmittel eine um so höhere Effizienz erreicht werden kann, je
kleiner man die Einzelportionen VII macht:
100%
100%

80%
80% VII
VII == 0.25
0.25
VII = 0.05
VII = 0.05
60%
60%

40%
40%

20%
20%
K=
K=10.00
10.00
0%
0%
00 0.2
0.2 0.4
0.4 0.6
0.6 0.8
0.8 11
Totalvolumen
Totalvolumen

Eine alte Laboranten-Faustregel rät deshalb nicht zu Unrecht:

"Besser mehrere Male mit kleinen Portionen extrahieren, als einmal mit einer grossen!"

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Test 4b: Optimierung einer Flüssig-Flüssig-Extraktion


Diese Uebung wird im Selbststudium in Form eines Tests gelöst. Den Test finden Sie, wenn Sie zum
Inhaltsverzeichnis des Moodle-Kurses AnC I gehen und dort das Thema 4 anwählen.

Selektivität von Extraktionen


Wenn die Extraktion für eine Auftrennung mehrerer Substanzen eingesetzt werden soll, z.B. um einen
Analyten von störenden Matrixbestandteilen abzutrennen, muss berücksichtigt werden, dass alle Sub-
stanzen bis zu einem gewissen Grad im Extraktionsmittel löslich sind, eine vollständige Trennung also
theoretisch gar nicht möglich ist. Für die Validierung einer Extraktionsmethode ist es deshalb wichtig, zu
ermitteln, wie selektiv sie eine Substanz A von einer Störung X abtrennen kann.
En(A)
Definition der Selektivität: SA− X,n : = (G27)
En(X)
En = Extraktionseffizienz von Analyt (A), bzw. Störung (X) nach n Zyklen
Da die beiden Extraktionseffizienzen in unterschiedlicher Weise von n abhängen (KX ≠ KA), ist die Selek-
tivität ihrerseits von der Anzahl Extraktionszyklen abhängig: Die nachfolgende Grafik zeigt, dass

Je länger ein Gemisch extrahiert wird, desto schlechter wird die Selektivität
und damit die Trennwirkung der Extraktion !

Dieser auf den ersten Blick überraschende Befund lässt sich folgendermassen begründen: Je länger ext-
rahiert wird, desto mehr wird auch die Störung ausgewaschen, während En(A), sobald der Analyt mal zu
100% erfasst wurde, nicht mehr weiter steigen kann.

100
100 40
40

90
90 35
35
80 %
%AAextrahiert
extrahiert
80
%
%BBextrahiert
extrahiert 30
30
70 Selektivität
70 SelektivitätAAgegen
gegenBB
25
25
60
60
Selektivität
Selektivität

K(A)
K(A)==10
10
50 K(B)
K(B)==0.1
0.1 20
50 20
VVII/V = 0.20
II/VI I = 0.20
40
40 15
15
30
30
10
10
20
20
55
10
10

00 00
00 11 22 33 44 55 66 77 88 99 10
10 11
11 12
12 13
13 14
14
Anzahl
AnzahlExtraktionen
Extraktionen

Uebung 4c: Selektivität von Extraktionen


Diese Uebung wird im Selbststudium in Form eines Tests gelöst. Den Test finden Sie, wenn Sie zum
Inhaltsverzeichnis des Moodle-Kurses AnC I gehen und dort das Thema 4 anwählen.

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4.2 Thermodynamische Grundlagen

4.2.1 Modell der theoretischen Trennstufe


Die Vorgänge in einer chromatographischen Trennstrecke können unabhängig von der betrachteten Tech-
nik mit einem sehr einfachen Modell beschrieben werden, das auf dem im Kapitel 4.1.1 diskutierten
Nernst'schen Verteilungssatz basiert: Die Trennstrecke (Chromatographiesäule oder DC-Platte) wird als
eine Folge von sog. theoretischen Trennstufen oder "Böden" (engl. "Theoretical Plates") dargestellt, die
alle die gleiche Menge fester oder flüssiger Phase I enthalten (sog. stationäre Phase). Die aufzutrennen-
de Probe wird mit dem 2. Medium (der "mobilen Phase") in die erste Trennstufe transportiert, wo sich
das Nernst-Gleichgewicht gem. G21 oder G22 einstellt. Anschliessend wird der Anteil Probe, welcher
nicht an der stationären Phase haftet (nfl,g(X) in G22), durch die mobile Phase in die nächste Trennstufe
weitertransportiert, während in der 1. Stufe frische mobile Phase nachrückt. Die Substanzen werden in
jeder Trennstufe erneut gem. G22 zwischen mobiler und stationärer Phase verteilt, und danach wird
nfl,g(X) wieder eine Trennstufe "weitergereicht".
Der Weitertransport und die zunehmende „Verschmierung“ der Substanzen auf immer mehr Trennstufen
geschieht nach dem folgenden Schema:
1. Laden der Probe am Kolonnenkopf: Die Probe wird von der mobilen Phase erfasst und in die 1.
Trennstufe transportiert.
2. Gleichgewichtseinstellung: In jeder Trennstufe wir die dort enthaltene Substanz gemäss dem
Nernst’schen Verteilungssatz (G21) zwischen mobiler und stationärer Phase verteilt.
3. Weitertransport: Die Anteile in der mobilen Phase werde je eine Trennstufe weiter transportiert.
4. Die Schritte 2. und 3. wiederholen sich, bis eine Substanz am Ende der Trennstrecke austritt (Säu-
lenchromatographie), oder bis der Fluss der stationären Phase angehalten wird. (Planare Chroma-
tographie).

Uebung 4d: Einflüsse auf die Trennleistung in Chromatographiesystemen


Auf der Moodle-Plattform Analytische Chemie I steht Ihnen im Kapitel 4.2.1 eine interaktive Ani-
mation zur Verfügung, welche das eben vorgestellte sehr einfache Modell der Vorgänge in einer
Chromatographiesäule veranschaulicht. Weiter finden Sie dort eine EXCEL Datei, welche mit dem
eben vorgestellten Modell das Chromatogramm von zwei Substanzen simuliert. Laden Sie sich die
Datei herunter und versuchen Sie durch geschickte Wahl der Inputparameter (Inputzellen sind in
der EXCEL-Tabelle grün hinterlegt), die Fragen in dem zum gleichen Kapitel gehörigen Moodle-Test
zu beantworten.

Reale chromatographische Systeme


Obwohl das Nerst-Trennstufenmodell viele Phänomene in einem Chromatogramm befriedigend erklären
kann, hat es auch seine Grenzen, insbesondere berücksichtigt es die folgenden Eigenschaften realer
Chormatographiesysteme nicht:
• Die mobile Phase bewegt sich nicht ruckartig vorwärts, sondern in einem kontinuierlichen Strom
• Es sind keine diskreten in sich abgeschlossene Trennstufen vorhanden, sondern die Verteilungs-
gleichgewichte stellen sich dauernd entlang der ganzen Phasengrenze zwischen stationärer und mo-
biler Phase ein.
• Ausser der Verzögerung der in der stationären Phase gelösten oder adsorbierten Analytanteile gibt es
noch weitere Ursachen, die zu einer Peakverbreiterung beitragen:

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- Eddy-Diffusion: Unterschiedliche Strömungsge- Van-Deemter-Funktion


Van-Deemter-Funktion
schwindigkeiten in der mobilen Phase
0.7
0.7 HH==AA
- Längsdiffusion: Analytmoleküle bewegen sich
0.6 HH==B/u
in der mobilen Phase auch ohne Zutun der 0.6 B/u

Strömung durch Diffusion und gleichen so Kon-

Trennstufenhöhe
Trennstufenhöhe
0.5
0.5 HH==C*u
C*u
zentrationsgradienten langsam aus.
0.4
0.4 HH==A+B/u+C*u
A+B/u+C*u
Diese beiden Mechanismen haben zur Folge, dass
die Trennleistung eines Systems (gemessen an 0.3
0.3
der Höhe einer Trennstufe, vgl. Kap. 4.3) nicht
einfach mit steigender Fliessgeschwindigkeit 0.2
0.2
immer schlechter wird (Vorhersage des Trennstu- 0.1
0.1
fenmodells), sondern dass es eine optimale
Fliessgeschwindigkeit gibt, bei der die Trennleis- 00
tung am grössten ist (sog. Van-Deemter- 00 0.1 Strömungsgeschwindigkeit
0.1 0.2 0.3 0.4
Strömungsgeschwindigkeit
0.2 0.3 0.4 0.5
0.5 0.6
0.6
Funktion).
Aus diesen Gründen ist es in der Praxis v.a. der HPLC und Gaschromatographie meist notwendig, die
Trennleistung durch Anpassung der Fliessgeschwindigkeit der mobilen Phase zu optimieren.

4.2.2 Grundtypen in der Praxis


Die Vorgänge in einer chromatographischen Trennstrecke können unabhängig vom benutzten Trennsys-
tem (= Analyte, stationäre und mobile Phase) auf 2 Arten dargestellt werden:

A. Trennung während fixer Dauer ttot (Planare Chromatographie)


("Wie weit kommt Analyt während einer bestimmten Zeit?")
Beispiele: Dünnschichtchromatographie (TLC), Gelelektrophorese

A k'(A) k'(B) ttot = fest


• s0: Lösemittelfront, k' = 0
s0
• Fliessgeschwindigkeit u =
ttot
B
sA
• Rel. Wegstrecke: RF(A): =
s0 Weg
1
• k′(A) = −1 Start sA sB s0
RF (A)

B. Trennung über fixe Wegstrecke L (Säulenchromatographie)


("Wie lange braucht Analyt für eine bestimmte Strecke?")
Beispiele: HPLC, GC, Kapillar-Elektrophorese

B k'(A) k'(B) L = fest


• t0: Totzeit, k' = 0
L
• Fliessgeschwindigkeit u =
t0
A
• tR(A): Retentionszeit von A
t − t0
• k′(A) = R Zeit
t0
Start t0 tR(B) t R(A)

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Wie weit eine Substanz kommt (bzw., wie lange sie für die Durchquerung von L braucht), hängt also
primär vom Kapazitätsfaktor k' der Substanz im betreffenden System ab. Da k' nur von der Zusammenset-
zung des Trennsystems (stationäre Phase, mobile Phase und Analyt) abhängt und nicht von der Aufnah-
metechnik, kann man mit Hilfe dieses Parameters leicht Vorraussagen machen, wie sich das Chroma-
togramm beim Aendern von Parametern wie Fliessgeschwindigkeit u, Säulenlänge L oder Entwicklungs-
zeit ttot verändern wird. Und wie die nachfolgende Uebung zeigt, kann auch vom Aussehen des Chroma-
togramms in einer Technik auf das Verhalten bein Gebrauch einer andern Methode geschlossen werden.

Test 4e: Übertragbarkeit von Daten zwischen verschiedenen Chromatographiesystemen


Diese Uebung wird im Selbststudium in Form eines Tests gelöst. Den Test finden Sie, wenn Sie
zum Inhaltsverzeichnis des Moodle-Kurses AnC I gehen und dort das Thema 4 anwählen.

4.3 Validierung chromatographischer Systeme

Zentrale Aufgabe jedes chromatographischen Verfahrens ist das Auftrennen von Substanzgemischen. Bei
der Validierung muss also primär überprüft werden, ob die angestrebte Trennwirkung auch erreicht wird.
Neben den im vorhergehenden Abschnitt diskutierten Unterschieden im Kapazitätsfaktor k' hat aber
auch die Peakverbreiterung Einfluss auf die Trennleistung. Die Trennwirkung eines Systems für zwei
Substanzen wird mit der chromatographischen Auflösung RS gemessen (Definition vgl. G34).

Wichtigste Einflussgrössen für das Trennvermögen chromatografischer Systeme:


• Unterschiede im Kapazitätsfaktor k'
• Peakbreite wB, bzw. w1/2

Messung des Trennvermögens: Chromatographische Auflösung RS

Den grössten Einfluss auf die Peakbreite hat die Anzahl durchlaufene Trennstufen (Planare Chroma-
tographie), bzw. wie schnell diese durchlaufen werden (Säulenchromatographie).
Um den in Abschnitt 4.2.1 diskutierten, über das Nernst-Modell hinausgehenden Effekten Rechnung zu
tragen, wird eine sog. theoretische Trennstufe, bzw. Trennstufenhöhe h (engl.: Height Equivalent to a
Theoretical Plate, HETP) eingeführt. Innerhalb dieser Wegstrecke stellt sich das Nernst-Gleichgewicht
(G22) einmal ein. In der planaren Chromatographie kann die Zahl der durchlaufenen theoretischen
Trennstufen N aus dem Quotienten von zurückgelegter Strecke und Breite eines Peaks abgeschätzt wer-
den:

Planare Chromatographie: Bestimmung der Trennstufenzahl und -höhe


s ⋅s
N = 16 ⋅ 0 (G28)
wB2

N: Trennstufenzahl auf der Strecke s0 [N]| = 1


s0: Wegstrecke einer nicht zurückgehaltenen Substanz [s] = m
s: Wegstrecke bis zum Peakmaximum
wB: Peakbreite an der Basis [w] = m
Die Trennstufenhöhe kann aus (G9) berechnet werden, indem s0 durch N dividiert wird:
s0 w2
HETP = = B (G29)
N 16 ⋅ s

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ZHW / CB /AnC1 4. Trennverfahren

In manchen Fällen, z.B. bei starkem Tailing oder bei nur teilweise aufgelösten Peaks, kann die Bestim-
mung von wB sehr unsicher sein. Dann kann die Berechnung mit w1/2 , der Peakbreite auf halber Höhe
oder sog. Halbwertsbreite erfolgen. Unter Annahme eines gaussförmigen Peaks verändern sich (G9) und
(G29) folgendermassen:

Planare Chromatographie: Bestimmung von N und HETP aus der Halbwertsbreite w1/2:
s ⋅s
N = 5.54 ⋅ 0 (G30)
w 21/ 2

s0 w21 /2
HETP = = (G31)
N 5.54 ⋅ s

Die Gleichungen (G28) bis (G31) gelten für die planare Chromatographie, wo gemessen wird, welche
Wegstrecke s eine Substanz in einer bestimmten Zeit t0 = s0/u (u = Fliessgeschwindigkeit der mobilen
Phase) zurücklegt. In der Säulenchromatographie werden die beiden Parameter vertauscht: Es wird die
Zeit tR , die sog. Retentionszeit, gemessen, welche eine Substanz braucht, um eine bestimmte Wegstre-
cke, die Säulenlänge L, zu durchqueren. Daraus resultieren die folgenden Gleichungen:

Säulenchromatographie: Berechnung von N und HETP:


t2R t2R
N = 16⋅ = 5.54 ⋅ (G32)
wB2 w 21/ 2
L w2B w 21/ 2
HETP = = L ⋅ = L⋅ (G33)
N 16 ⋅ t2 5.54 ⋅ t2
R R

N: Trennstufenzahl auf der Strecke L [N]| = 1


L: Länge der Trennstrecke [L] = m
tR: Retentionszeit [tR] = sec
wB,w1/2: Peakbreite [w] = sec

Die folgende Abbildung zeigt, wie die verschiedenen Parameter für die Berechnung der Trennleistung aus
einem Chromatogramm herausgelesen werden können.
Detektorsignal

1/2

w1/2
1/2

wB
0
t0 Zeit
tR
Start

Chromatographische Auflösung RS
Die Fähigkeit einer chromatographischen Trennstrecke, zwei Substanzen auch wirklich voneinander zu
trennen, wird mit dem Parameter RS, der chromatographischen Auflösung (engl. Resolution) beschrieben.
RS ist der Quotient des Abstandes der beiden Peakmaxima und des Mittelwertes der Peakbasisbreiten:
2 ⋅ tR (A) − tR (B)
Definition von RS := (G34)
wB (A) + wB (B)

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ZHW / CB /AnC1 4. Trennverfahren

In der obigen Abbildung ist RS = 1, da sich die beiden Peakbasisbreiten gerade berühren. Trotzdem sind
die Peaks offensichtlich nicht "basisliniengetrennt". Für eine vollständige Trennung sollte RS deshalb
mindestens 1.25 betragen. Bessere Auflösungen als 1.5 sind aber nicht erwünscht, weil dadurch nur die
Analysenzeit verlängert wird, ohne zusätzliche Information zu liefern.
Wie G34 zeigt, hat auch der Unterschied zwischen den beiden Retentionszeiten - und damit zwischen
k'(A) und k'(B) - Einfluss auf die Auflösung zwischen zwei Peaks. Ein Mass dafür ist der Trennfaktor α,
der Quotient der beiden k‘-Werte:
k′(B)
Definition des Trennfaktors α : = (G35)
k′(A)

Werden die Gleichungen G32, G34 und G35 kombiniert, resultiert für ähnliche k' der beiden Analyte die
folgende Beziehung, welche zusammenfasst, wie die Qualität des Trennsystems (gemessen mit der Trenn-
stufenzahl N), bzw. die beiden Substanzen (charakterisiert durch das Verhältnis α ihrer Kapazitätsfakto-
ren) die Auflösung beeinflussen:
1 k′
RS = ⋅ (α − 1) N ⋅ ; k'(A) ≈ k'(B) (G36)
4 1 + k′
Die Gleichungen G34 – G36 können natürlich für planare Chromatographiesysteme sinngemäss angepasst
werden.

Uebung 4f: Beurteilung von Chromatogrammen


Auf der Moodle-Plattform Analytische Chemie I stehen Ihnen im Thema 4 interaktive Animationen
zur Verfügung zur Auswertung von Chromatographiepeaks und ihrer Auflösung. Weiter finden Sie
dort zwei EXCEL Dateien für die Simulation von Säulenchromatogrammen. Laden Sie sich die Da-
teien herunter und versuchen Sie durch geschickte Wahl der Inputparameter (Inputzellen sind in
der EXCEL-Tabelle grün hinterlegt), die Fragen in dem zum gleichen Kapitel gehörigen Moodle-Test
zu beantworten.

D:\Daten gae\ZHW\AnC1\Skript AnC1\SkriptTrennverfahrenI.doc Seite 13 von 29 09.01.2006/Gae

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