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ZHW / CB / AnC2 5.

Säure-Base-Gleichgewichte

5. Säure-Base-Gleichgewichte

5.1. Grundlagen

Literatur zum Thema:


- Kunze U., Schwedt G.: "Grundlagen der qualitativen und quantitativen Analyse", Wiley-VCH, Weinheim
(2002); Kapitel 3.3, 6.1 bis 6.4

ACHTUNG: In den Kapiteln 5 - 8 dieses Skripts werden - ausser wenn explizite etwas Anderes erwähnt
ist - Gleichgewichtskonstanten immer in empirischer Form angenommen, d.h. in den MWG's werden
Ionenaktivitäten durch Konzentrationen ersetzt. Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gleichge-
wichtslage wird vernachlässigt.

5.1.1 Repetition von Grundbegriffen


Die Grundlagen zur Anwendung von Säure/Base-Reaktionen in der Analytik werden u.a. in den folgenden
Modulen diskutiert:
- Technische Berufsmittelschule
- Allgemeine Chemie 1 und 2
- Analytische Chemie 1(Kap. 3)

Uebung 5a: Repetition Grundbegriffe zu Säure-Base-Reaktionen


Informieren Sie sich über die nachfolgenden Grundbegriffe in den Unterlagen zu den obigen Modu-
len oder in Lehrbüchern.
- Brönsted-, Lewis-Definition von Säuren und Basen
– Protonen/Elektronendonor, -akzeptor
- Einprotonige und mehrprotonige Säuren
- Protolyse und Protolyte
– Neutralisation
Ihr Verständnis zu diesen Begriffen können Sie anschliessend im Selbststudium in Form eines Tests
überprüfen. Den Test finden Sie, wenn Sie zum Moodle-Kurs AnC I gehen und dort das Thema 5
anwählen.

5.1.2 Amphoterie des Wassers


Besitzt ein Teilchen sowohl die Eigenschaften einer Säure (H-Atom an stark polarisierter kovalenter Bin-
dung) wie jene einer Base (Freies Elektronenpaar), so wird es als amphoteres Molekül oder Ampholyt
bezeichnet.
Beispiele von Ampholyten:
Wasser H2O
H
δ+
B H δ− H-A H
HB+ + O O O + A-
H H H

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Fluorwasserstoff HF
δ+
B H δ− H-A H
HB+ + F F F + A-
H

+
Die Protonierung zu HF2 ist nur möglich in wasserfreien Medien (Wieso?)

Aminosäure (Alanin)
H H

H2N O H2N O

CH C CH C

O H3C O
H3C

In der Aminosäure wird das Proton intramolekular übertragen, dadurch entsteht ein sog. Zwitterion.
Da die Amingruppe viel die stärkere Base ist als die zur Carbonsäuregruppe (COOH) konjugate Base,
liegt das Gleichgewicht vollständig auf der Seite des Zwitterions. Deshalb sind Aminosäuren im Allge-
meinen sehr gut wasserlöslich (Polarität!).

Der wichtigste Ampholyt ist das Wasser, da es in unserer Umwelt allgegenwärtig ist, und da sich fast alle
biologischen, bzw. biochemischen Vorgänge in wässerigem Medium oder mit Wasser als Reaktionspartner
abspielen.

Säure-Base-Reaktionen unter Beteiligung von Wasser spielen eine


zentrale Rolle in der "Chemie des Lebens"

Autoprotolyse des Wassers


Da der Ampholyt Wasser als Base wie als Säure reagieren kann, werden auch in reinem Wasser einige
Protonen von einem H2O-Molekül auf ein anderes übertragen. Dabei entsteht aus 2 Wassermolekülen ein
Oxonium-Kation und ein Hydroxid-Anion:

H2O + H2O R H3O(aq)


+ -
+ OH(aq)

Oxonium Hydroxid

Wasser ist aber sowohl eine sehr schwache Säure wie eine schwache Base (pKS = pKB = 15.74), deshalb
liegt das obige Gleichgewicht kaum auf der rechten Seite; die Konstante des zugehörigen MWG beträgt
-18
bei 25°C nur 3.24∙10 .
c(H3O+ ) ⋅ c(OH− )
MWG der Autoprotolyse von H2O: K25°C = 3.24 ⋅ 10−18 = (G37)
c2 (H2O)
In verdünnter wässeriger Lösung ist c(H2O) praktisch konstant, da nur ein verschwindend kleiner Teil aller
Wassermoleküle an den Reaktionen teilnimmt, sie entspricht jener des reinen Wassers:
n(H2O) m(H2O) m(H2O) ρ(H2O) 1000g / l
c(H2O) = = = = = = 55.56 mol/l (G38)
V M(H2O) ⋅ V M(H O) ⋅ m(H2O) M(H2O) 18g / mol
ρ(H2O)
2

ρ(H2O) = Dichte des Wassers

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Wird diese konstante Wasserkonzentration im MWG (G37) in die Gleichgewichtskonstante integriert, re-
sultiert das sog. Ionenprodukt des Wassers:
KW = K25°C ⋅ c2 (H2O) = c(H3O+ ) ⋅ c(OH− ) = 3.24 ⋅ 10−18 ⋅ 55.562 = 10−14 mol 2 ⋅ l −2

KW = c(H3O+ ) ⋅ c(OH- ) = 10-14 mol2 ⋅ l-2 (25°C) (G39)

Konsequenzen aus dem Ionenprodukt des Wassers:


• Auch in reinstem Wasser sind immer einige Ionen enthalten (c(H3O ) = c(OH ) = KW = 10−7 mol / l )
+ -

• In jedem wässerigen System sind immer Oxoniumionen und Hydroxidionen vorhanden.


• c(H3O ) und c(OH ) sind über das Ionenprodukt miteinander verknüpft und können deshalb nie von-
+ -

+ -
einander unabhängig variieren: Steigt c(H3O ), dann muss c(OH ) sinken, und umgekehrt.

pH- und pOH - Skala


Die Konzentrationsbereiche von Oxonium und Hydroxid in wässerigen Systemen erstrecken sich über mehr
als 14 Zehnerpotenzen, weshalb diese meist in logarithmierter Form angegeben werden:

Definitionen:
Definitionen:
pH:= - log c(H3O+ ) pOH:= - logc(OH- )

pH + pOH = 14 (25°C)

pH 0 7 14
pOH 14 7 0

c(H3O+) [mol/l] 1.0 10-7 10-14


c(OH-) [mol/l] 10-14 10-7 1.0

Sauer
Sauer Neutral
Neutral Basisch
Basisch

Eine Ausdehnung der Skala über pH 14, bzw. pH 0 hinaus ist nicht sinnvoll, da dort der Einfluss der Io-
nenstärke übermächtig wird (I > 1 mol/l !) und KW stark ändert. Auch die direkte Messung mit Sensoren,
z.B. einer pH-Elektrode, wird in diesen Bereichen unmöglich.
Eine Verschiebung des pH-Wertes weg von 7.0 in einem wässerigen System ist einerseits möglich, wenn
zusätzliche Oxoniumionen/Hydroxide, die nicht aus der Autoprotolyse des Wassers stammen, zugeführt
werden, z.B. durch Zugabe einer sehr starken Säure wie Salzsäure, bzw. Base wie Natronlauge.
Als zweite Möglichkeit kann das Autoprotolyse-Gleichgewicht (G37) gemäss dem Le Châtelier-Prinzip ver-
schoben werden, indem eine Brönstedbase oder -säure zugegeben wird:
• Zugabe einer Base: Diese reagiert mit dem Oxonium (= Produkt in G37), wodurch das Gleichgewicht
-
nach rechts "gezogen" wird, und mehr OH entstehen -> der pH steigt
• Zugabe einer Säure: Diese reagiert mit dem Hydroxid, durch die Gleichgewichtsverschiebung entste-
+
hen mehr H3O -> der pH sinkt.

Einfluss des pH-Wertes auf Gleichgewichtsreaktionen

Chemische Gleichgewichte in wässerigen Systemen werden durch eine pH-Aenderung verschoben,


+ -
wenn in der Reaktionsgleichung saure oder basische Teilchen (inkl. H3O oder OH !) auftreten.

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Beispiele aus der Analytik:


A. Gravimetrische Bestimmung von Strontium als Carbonat:
Strontium kann aus wässeriger Lösung quantitativ gefällt werden, indem ein Ueberschuss einer Natriumcarbonatlö-
sung zugegeben wird:
2+
Sr(aq) −
+ CO23(aq) R SrCO3(s) KL = c(Sr 2+ ) ⋅ c(CO23− ) = 10−10 mol 2 ⋅ l −2

Hat eine Probe einen tiefen pH, reagiert die Base Carbonat (Edukt!) mit den anwesenden Oxoniumionen, das Fäl-
lungsgleichgewicht wird nach links verschoben, die Fällung ist nicht mehr vollständig. Als Folge werden systema-
tisch zu tiefe Strontiumwerte gefunden.
B. Komplexometrische Titration von Ca2+ (Wasserhärtebestimmung):
(Vorbemerkung: Titrimetrische Analysenmethoden werden um so unsicherer, je weniger vollständig die zu Grunde
liegende Gleichgewichtsreaktion abläuft). Calcium kann quantitativ mit DihydrogenEDTA ("Komplexon III" H2EDTA2-)
umgesetzt werden, allerdings erst, nachdem die Säure EDTA 2 Protonen abgegeben hat:
+ 2− 2− +
Ca2(aq) + H2EDTA(aq) + 2H2O R CaEDTA(aq) + 2H3O(aq)

Diese Reaktion läuft um so schlechter, je tiefer der pH-Wert ist, weil dadurch die Konzentration des Produkts Oxoni-
um steigt. Erschwerend kommt dazu, dass während der Titration laufend Oxoniumionen produziert werden und der
pH zwangsläufig immer tiefer sinkt.
C. Trennung von Aminosäuren mit Gel-Elektrophorese:
In einem elektrischen Feld haben Aminosäuren je nach Molekülgrösse und Ionenladung in einem Polymergel unter-
schiedliche Wanderungsgeschwindigkeiten und können so aufgetrennt, bzw. aufgrund ihrer Retentionszeiten identi-
fiziert werden. Je nach pH liegt eine Aminosäure aber als Anion, als Zwitterion oder als Kation vor (Beispiel Glycin):
O O O
H3N H3N H2N
CH C CH C CH C

OH O O
H H H
Je nach Ladungszustand wandern die Teilchen verschieden schnell, bleiben stehen (Zwitterion!) oder bewegen sich
sogar in die umgekehrte Richtung.

Soll ein pH-abhängiges Gleichgwicht also immer im gleichen Ausmass ablaufen, muss gewährleistet wer-
den, dass der pH immer gleich bleibt. Dies geschieht mit Hilfe von Puffern (vgl. Kap. 5.3).
Eine sehr wichtige Rolle spielt die pH-Pufferung auch in der Biochemie, z.B. bei Stoffwechselvorgängen:
Zum Beispiel verschieben schon kleinste Veränderungen des pH-Wertes im Humanplasma viele lebens-
wichtige und zudem komplex untereinander verkoppelte Gleichgewichte, was fatale Folgen haben kann.

5.1.3 Säuren- und Basenstärke


Die "Stärke" einer Brönstedsäure kann daran gemessen werden, wie gerne sie ein Proton abgibt. Da das
+
freigesetzte H aber immer auch von einer Base aufgenommen werden muss, kann die Säurestärke nicht
für ein isoliertes Säuremolekül definiert werden, sondern die Attraktivität der Base (="Basenstärke") für
das Proton bestimmt die Säurestärke mit.
Um verschiedene Säuren miteinander zu vergleichen, wird ihre Tendenz, ein Proton an die "Referenzbase"
Wasser abzugeben, gemessen.
Analog wird die Stärke von Basen daran gemessen, wie leicht sie der Referenzsäure Wasser ein Proton
entreissen können.
Die für die Stärke einer Säure HA relevante Gleichgewichtsreaktion sieht folgendermassen aus:
c(A − ) ⋅ c(H3O+ )
HA + H2O R A − + H3O+ K=
c(HA) ⋅ c(H2O)
Wie schon in Kap. 5.1.2 gezeigt, kann in verdünnten wässerigen Lösungen c(H2O) konstant angenommen
und im obigen MWG in die Konstante integriert werden, wodurch diese in die Säure- oder Dissoziati-
onskonstante KS übergeht: KS := K ⋅ c(H2O) = K ⋅ 55.56mol / l

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c(A − ) ⋅ c(H3O+ )
Definition der Säurekonstanten: KS (HA):= (G40)
c(HA)
[KS] = mol/l
pKS := -log KS

Analog lässt sich eine für die Base B eine Basen- oder Assoziationskonstante KB definieren:
c(HB+ ) ⋅ c(OH− )
B + H2O R HB+ + OH− K=
c(B) ⋅ c(H2O)

c(HB+ ) ⋅ c(OH− )
Definition der Basenkonstanten: KB (B):= (G41)
c(B)
[KB] = mol/l
pKB := -log KB

Gesetzmässigkeiten:
Je stärker eine Säure, desto ........................ gibt sie ein Proton an eine Base ab

........................ ist KS

........................ ist ihr pKS

Je stärker eine Base, desto ........................ reisst sie einer Säure ein Proton aus

........................ ist KB

........................ ist ihr pKB

Da die Grössenordnungen von KB und KS in wässerigen Lösungen sich über mehr als 15 Zehnerpotenzen
erstrecken, wird meistens der handlichere pKS-Wert tabelliert. Auf der nächsten Seite sind die wichtigsten
Säuren und Basen, geordnet nach absteigender Säurestärke, aufgelistet.
+
Beispiel: pKS-Wert von H3O
c(H2O) ⋅ c(H3O+ )
• Reaktion mit Wasser: H3O+ + H2O R H2O + H3O+ K= =1
c(H3O+ ) ⋅ c(H2O)

• ⇒ pKS = − logKS = - 1.76


+
KS(H3O ) = K∙55.56 = 55.56 mol/l

Beispiel: pKS-Wert von H2O


c(OH− ) ⋅ c(H3O+ ) KW
• Reaktion mit Wasser: H2O + H2O R OH− + H3O+ K= 2
= = 3.2 ⋅ 10−18
c (H2O) 55.562


-16
KS(H2O) = K∙55.56 = 1.8∙10 mol/l ⇒ pKS = − logKS =15.76

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Dissoziationskonstanten von Säure/Base-Paaren


geordnet nach Säurestärke

Säure konjugierte Base pKs

-
HClO4 Perchlorsäure ClO4 Perchlorat -9*
-
HCl Salzsäure Cl Chlorid -6*
-
H2SO4 Schwefelsäure HSO4 Hydrogensulfat -3*
+
H3O Oxonium-Ion H2O Wasser -1.74
-
HNO3 Salpetersäure NO3 Nitrat -1.32
-
HClO3 Chlorsäure ClO3 Chlorat 0
- 2-
HSO4 Hydrogensulfat SO4 Sulfat 1.92
-
H2SO3 Schweflige Säure HSO3 Hydrogensulfit 1.96
-
H3PO4 Phosphorsäure H2PO4 Dihydrogenphosphat 1.96
3+ 2+
[Fe(H2O)6] Eisen(III)-Hexaquoion [Fe(OH)(H2O)5] 2.2
-
HF Flussäure F Fluorid 3.14
-
HCOOH Ameisensäure HCOO Formiat 3.7
-
H3CCOOH Essigsäure H3CCOO Acetat 4.76
3+ 2+
[Al(H2O)6] Al(III)-Hexaquoion [Al(OH)(H2O)5] 4.9
-
H2CO3 Kohlensäure HCO3 Hydrogencarbonat 6.46
H2S Schwefelwasserstoff HS- Hydrogensulfid 7.06
- 2-
HSO3 Hydrogensulfit SO3 Sulfit 7.2
- 2-
H2PO4 Dihydrogenphosphat HPO4 Hydrogenphosphat 7.21
-
HClO Unterchlorige Säure ClO Hypochlorit 7.25
+
NH4 Ammonium NH3 Ammoniak 9.21
-
HCN Blausäure CN Cyanid 9.4
2+ +
[Zn(H2O)6] Zn(II)-Hexaquoion [Zn(OH)(H2O)5] 9.66
- 2-
HCO3 Hydrogencarbonat CO3 Carbonat 10.4
-
H2O2 Wasserstoffperoxid HO2 Hydrogenperoxid 11.6
2- 3-
HPO4 Hydrogenphosphat PO4 Phosphat 12.3
- 2-
HS Hydrogensulfid S Sulfid 12.9
-
H2O Wasser OH Hydroxid 15.74
- 2-
OH Hydroxid O Oxid 24**

* Sehr starke Säure, verdünnte Lösung in H2O vollständig dissoziiert, effektiv vorhandene Säure ist
+
H3O (Nivellierungseffekt)

** Sehr starke Base, wird in H2O sofort protoniert, effektiv vorhandene Base ist OH

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Konjugierte Säure-Base-Paare
Durch die Abgabe eines Protons geht eine Brönsted-Säure in die zu ihr konjugierte Base über:

HA + H2O R A- + H3O+
Säure HA Konjugierte
-
Base A

Analog geht durch die Umkehrung dieser Reaktion eine Base in die zu ihr konjugierte Säure über.
Beispiele von konjugierten Säure-Base-Paaren:

Säure konjug. Base


-
HCl Cl
-
H2SO4 HSO4
- 2-
HSO4 SO4
+
NH4 NH3

O O
H3C C H3C C
OH O
Essigsäure Acetat

N H N

Pyridinium Pyridin

Merksätze zu konjugierten Säure-Base-Paaren

• Je stärker eine Säure ist, desto schwächer ist die zu ihr konjugierte Base (und umgekehrt)
• Eine Base trägt immer eine um eins negativere Ladung als die konjugierte Säure
• Bei 25°C ist die Summe von pKS + pKB = 14
-
Beweis zum 3. Merksatz (S/B-Paar HA/A ):
c(A− ) ⋅ c(H3O+ ) c(HA) ⋅ c(OH− )
KS (HA) = ; KB (A− ) =
c(HA) c(A− )
c(A− ) ⋅ c(H3O+ ) c(HA) ⋅ c(OH− )
⇒ KS (HA) ⋅ KB (A − ) = ⋅ = KW = 10−14 mol 2 ⋅ l −2
c(HA) c(A − )
⇒ − logKS (HA) + {− logKB (A − )} = pK S (HA)+pKB(A- ) = − log10−14 = 14

Klassifizierung von Protolyten

pKS Säure konjug. Base

<0 sehr stark nicht basisch


0-4 stark sehr schwach
4 - 10 schwach schwach
10 - 14 sehr schwach stark
> 14 nicht sauer sehr stark

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Nivellierungseffekt des Wassers
+
Ist eine Substanz HA eine viel stärkere Säure als Oxonium H3O (pKS(HA) < -1.76), so gibt sie in wässeri-
ger Lösung ihre sauren Protonen vollständig an Wassermoleküle ab. Die Lösung enthält als saure Teilchen
+
keine HA mehr, sondern die stöchiometrische Menge H3O und zwar unabhängig von der Art des Säure-
-
anions A . Für so starke Säuren sind also in wässeriger Lösung keine Unterschiede in der Stärke und damit
auch von pKS mehr messbar.
Analog können sehr starke Basen mit einem pKB < -1.76 (d.h. pKs der konj. Säure > 15.76) in wässeriger
Lösung nicht unterschieden werden, da sie die stärkere Base als H2O sind und durch dieses vollständig
-
protoniert werden, Dadurch entsteht aus der Base eine stöchiometrische Menge OH , unabhängig von der
Art der Base.

Reaktionen zwischen beliebigen Säuren und Basen


Die bisher diskutierten KS und KB-Werte erlauben quantitative Rückschlüsse auf die Gleichgewichtslage
von S/B-Reaktionen mit Wasser. Wie kann nun aber die Gleichgewichtskonstante einer Protonenübertra-
gung zwischen zwei beliebigen Molekülen berechnet werden, z.B. wenn abgeschätzt werden soll, ob Es-
sigsäure Cyanidspuren in einem Abfallkanister zu hochgefährlicher flüchtiger Blausäure protonieren kann?
Die Lösung dieses Problems ist möglich mit der in Kap. 3.1.4 (Modul AnC1) vorgestellten Methode gekop-
pelter Gleichgewichte: Der Protonentransfer von einem Molekül zum andern wird aufgeteilt in 2 Teil-
schritte:
+
Teilreaktion A: Uebertragung des Protons von der Eduktsäure HA auf Wasser, Bildung von H3O
+
Teilreaktion B: Uebertragung des Protons von H3O auf die Eduktbase B

c(A- )▪c(H3O+)
Reaktion A: HA + H2O A- + H3O+ KS(HA) =
c(HA)

c(HB+)
Reaktion B: H3O+ + B H2O + HB+ 1/KS(HB+) =
c(B)▪c(H3O+)

c(A- )▪ c(HB+)
Totalreaktion: HA + B+ H3O+ A- + HB+ + H3O+ Ktot=
c(HA) ▪ c(B)

KS(HA) c(A-) . c(H3O+) . c(HB+)


Ktot = =
KS(HB+) c(HA) c(B) . c(H3O+)

Die Gleichgewichtskonstante der Gesamtreaktion ist also der Quotient der Säurekonstanten der Eduktsäu-
re und der zur Eduktbase konjugierten Säure, d.h die Reaktion läuft gut (= Ktot > 1), wenn HA die stär-
+
kere Säure ist als HB :
K (HA)
K tot = S + (G42)
KS (HB )
Wird G42 logarithmiert findet man
+
log Ktot = pKS(HB ) - pKS(HA) (G43)
+
Aus G43 wird sofort erkennbar, dass ein Ktot > 1 resultiert, wenn pKS(HB ) grösser als pKS(HA) ist. Ob
eine Reaktion abläuft, kann also sehr schnell aus der pKS-Tabelle auf Seite 6 ermittelt werden:

Die Gleichgewichtsreaktion zwischen einer Säure und einer Base läuft zu


mehr als 50%, ab, wenn die Verbindungslinie zwischen den beiden Eduk-
ten in der pKS-Tabelle nach rechts unten zeigt. Je steiler diese Verbin-
dung ist, desto besser läuft die Reaktion.

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Beispiel: Reaktion zwischen Essigsäure und Cyanid


In einem Abfallkanister hat es Reste von Cyanid, einer schwachen Base. Es soll nun abgeschätzt werden,
ob die Zugabe von Essigsäure CH3COOH zur Bildung von hochgiftigem Blausäuregas HCN führen kann.
− −
Reaktionsgleichung: CH3COOH(aq) + CN(aq) R CH3COO(aq) + HCN(g)

Gleichgewichtskonstante: log Ktot = pKS(HCN) - pKS(CH3COOH) = 9.4 - 4.8 = 4.6


⇒ Ktot = 40'000
Die Reaktion liegt also vollständig auf der Seite der Blausäure !

Test 5b: Grundlagen von Säure-Base-Reaktionen


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Moodle-Kurses AnC I gehen und dort das
Thema 5 anwählen.

5.2. pH-Wert wässeriger Lösungen

5.2.1 Reine Lösungen von Protolyten


Wird eine Säure (Base) in Wasser gelöst, so protolysiert sie je nach Stärke, indem sie Protonen ans Was-
+ -
ser abgibt (dem Wasser entreisst). Dadurch steigt die Konzentration an H3O (OH ), der pH sinkt unter 7.0
(steigt über 7.0).

Wie stark sich der pH beim Auflösen eines Protolyten in reinem Wasser ändert, hängt ab -
- von der Stärke des Protolyten (pKS, bzw. pKB)
- von der Gesamtkonzentration an Protolyt (Ctot)

Definition des Protolysegrades α:


α ist der Anteil protolysierter Teilchen nach Einstellung des Gleichgewichtes, relativ zur Gesamtmenge
Protolyt, welche in die Lösung eingebracht wurde. Der Protolysegrad ist ein für die Analytik in Säu-
re/Base-Gleichgewichtssystemen sehr wichtiger Parameter, da er direkt angibt, welcher Anteil einer im
System befindlichen Säure oder Base protolysiert hat und jetzt als ihre konjugierte Base (bzw. Säure)
vorliegt:
c(A− )
Einprotonige Säure HA: α := (G43a)
Ctot (A)

c(HB+ )
Einprotonige Base B: α := (G43b)
C tot (B)

Ctot (A) − c(HnA)


Mehrprotonige Säure HnA: α := (G44)
C tot (A)
Definition von Ctot:
Ctot(X) ist die sog. Analytische Konzentration der Säure oder Base X, sie ist die Summe der Gleichge-
wichtskonzentrationen sämtlicher Protolysestufen, die nach dem Auflösen von X im Gleichgewicht vorlie-
gen:
Säure HnX: Ctot (X) := c(Hn X) + c(Hn−1 X − ) + ... + c(X −n )

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Beispiele zu Ctot:
A. Auflösen von 0.1 mol/l Phosphorsäure: C tot (PO4 ) = 0.1mol / l = c(H3PO4 ) + c(H2PO−4 ) + c(HPO24− ) + c(PO34− )
Reaktionsgleichungen:

B. Lösen von 10-3 mol/l NaHCO3 ("Natron"): C tot (CO23− ) = 10−3 mol / l = c(H2CO3 ) + c(HCO3− ) + c(CO23− )

Reaktionsgleichungen:

Der Protolysegrad α kann nur Werte zwischen 0 (Keine Protolyse) und 1 (vollständige Protolyse) anneh-
men:
0 ≤ α ≤ 1
schwache starke
Säure/Base Säure/Base

Abhängigkeit des Protolysegrades von Ctot und der Säurestärke KS (Basenstärke KB):
(Beispiel reine wässerige Lösung der einprotonigen Säure HA)
− +
a) Reaktionsgleichung: HA + H2O R A(aq) + H3O(aq)
c(A− ) ⋅ c(H3O+ )
b) MWG: KS =
c(HA)

c) Reine Lösung von HA (Keine andere Quelle für H3O !): c(H3O ) = c(A ) = α∙Ctot(A)
+ + -

-
d) Massenbilanz für HA: Ctot(A) = c(A ) + c(HA)
⇒ c(HA) = Ctot(A) - α Ctot(A)=(1-α) Ctot

α2 ⋅ C2tot (A) α2
c) und d) einsetzen in b): KS = = Ctot (A) ⋅ (G45)
(1 − α) ⋅ Ctot (A) (1 − α)
(G45) nach α auflösen: ⇒

−KS + K2S + 4 ⋅ KS ⋅ Ctot


Exakte Lösung (quadrat. Gleichung!): α= (G46)
2 ⋅ Ctot

KS
Näherung für schwache Säure (α << 1): α≅ (G47)
Ctot

Ctot
Näherung für starke Säure (α ≅ 1): α ≅ 1− (G48)
KS
Für die Berechnung des Protolysegrades von Basen muss in den Formeln
einfach KS durch KB ersetzt werden.

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ACHTUNG: Die Gleichungen G46 - G48 stimmen nur, wenn -


- keine andern Protolyte im System sind (Bedingung c) nicht erfüllt)
+ - -7
- die H3O (OH ) aus der Autoprotolyse des Wassers (10 mol/l) viel weniger sind, als die in der
Säureprotolyse entstandenen (Bedingung c) nicht erfüllt)

Schlussfolgerungen:
• Je grösser KS (KB), desto höher der Protolysegrad
• Je verdünnter die Säure (Base), desto stärker protolysiert sie

Beispiel
Im Abgas einer Bio-Deponie soll die Konzentration von Ammoniak NH3 gemessen werden. Dazu wird das Gas durch
genau 1 Liter Wasser geleitet, welches den Ammoniak absorbiert. Mit einem Ammonium-Sensor (zu NH3 konjugierte
Base) wird in dem Wasser c(NH4+) = 1.7∙10-4 mol/l gemessen. Wieviel Ammoniak wurde total in dem Wasser absor-
biert?
1. Protolysereaktion: NH3 + H2O R NH4+ + OH-

c(NH+4 ) ⋅ c(OH− )
2. MWG: KB = = 10−4.79 mol / l ( pKB(NH3) = 14- pKS(NH4+) = 4.79 )
c(NH3 )
3. Wahl der Näherung für die Berechnung des Protolysegrades: NH3 ist eine schwache Base, α wird also nahe bei 0
sein -> (G47) verwenden:
KB 10−4.79
α(NH3 ) ≅ =
C tot Ctot
c(NH+4 ) 1.7 ⋅ 10−4
Der Protolysegrad von NH3 ist aber wie folgt definiert (G43b): α(NH3 ) = =
Ctot C tot
Werden die beiden Gleichungen gleichgesetzt und dann nach Ctot aufgelöst, findet man:
c2 (NH4+ ) (1.7 ⋅ 10−4 )2
Ctot (NH3 ) = = = 1.78 ×10-3 mol/l
KB 10−4.79
c(NH4+ ) 1.7 ⋅ 10−4
4. Kontrolle, ob die Näherung in 3. korrekt war: α(NH3 ) = = = 0.095 -> Näherung ok
Ctot 1.78 ⋅ 10−3

Zusammenhang zwischen Protolysegrad und pH-Wert


+
In einer reinen wässerigen Lösung der Säure HA (Keine andere Quelle für H3O !) gilt immer
c(H3O ) = c(A ) = α Ctot(HA). Wird dies logarithmiert, findet man
+ -

pH = -log(α∙Ctot(HA)) (G49a)
Analog gilt für Basen: pOH = -log(α∙Ctot(B)) (G49b)

Beispiele
A. pH-Wert einer 0.1 molaren Essigsäure: HAc hat einen pKS von 4.76, ist also eine schwache Säure. Für die Berech-
nung von α wird deshalb Näherung (G47) benutzt:

KS 10−4.76
α(HAc) ≅ = = 0.013 , die Essigsäure ist also nur zu 1.3% protolysiert, die Näherung ist ok.
C tot 0.1

⇒ pH = − log(α ⋅ Ctot ) = − log(0.013 ⋅ 0.1) =2.88

B. pH-Wert einer 0.001 molaren Essigsäure: Es wird wie die gleiche Näherung wie bei Beispiel A. benutzt:

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 11 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

KS 10−4.76
α(HAc) ≅ = = 0.13 , hier genügt die Näherung α << 1 offensichtlich nicht mehr, der Protolysegrad
Ctot 0.001
muss über die exakte Lösung der quadratischen Gleichung (G46) berechnet werden:

−KS + K2S + 4 ⋅ KS ⋅ Ctot −10−4.76 + (10−4.76 )2 + 4 ⋅ 10−4.76 ⋅ 0.001


α= = = 0.123
2 ⋅ Ctot 2 ⋅ 0.001

⇒ pH = − log(α ⋅ C tot ) = − log(0.123 ⋅ 0.001) = 3.91

C. pH-Wert einer 0.2molaren Sodalösung (Soda = Na2CO3): Carbonat ist eine starke Base (pKB = 14 - pKS(HCO3-)= 3.6),
deshalb wird hier die Näherung (G48) benutzt:
C 0.2
α ≅ 1 − tot = 1 − −3.6 = − 795 ! Offensichtlich ist diese Näherung unbrauchbar, es wird zu (G47) gewechselt:
KB 10
KB 10−3.6
α(CO23− ) ≅ = = 0.035 (Frage: Wieso ist der Protolysegrad dieser starken Base so klein?)
Ctot 0.2
⇒ pOH = − log(α ⋅ Ctot ) = − log(0.035 ⋅ 0.2) = 2.15; pH = 14 − pOH = 11.85

Test 5c: Protolysegrad und pH reiner Lösungen von Protolyten


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 5 anwäh-
len.

5.2.2 pH und Protolysegrad in Gemischen


Enthält ein wässeriges System mehr als ein konjugiertes Säure/Base-Paar, können die Berechnungen sehr
schnell sehr kompiziert und unübersichtlich werden, weil jetzt nicht nur die Reaktion eines Teilchens mit
Wasser berücksichtigt werden muss, sondern von mehreren Protolyten, die mit einander konkurrenzieren
+ -
und zudem auch untereinander Protonen austauschen können, ohne H3O oder OH zu produzieren. Sollen
in solch komplexen Gemischen Gleichgewichtskonzentrationen berechnet werden, müssen meist Näherun-
gen zu Hilfe gezogen werden. Im Kunze (Kap. 6.5) ist die Berechnung komplexer S/B-Systeme anhand
ausgewählter Beispiele im Detail dargestellt.
Alle diese Berechnungen werden jedoch entscheidend vereinfacht, wenn der pH-Wert eines wässerigen
Systems bekannt ist. Entweder wird er mit einem pH-Sensor gemessen, oder er wird mit Hilfe eines pH-
Puffers auf einen fixen Wert eingestellt (vgl. Kap. 5.3). Wie in Kapitel 5.1.2 dargestellt, kann mit einer
pH-Aenderung ein Protolyse-Gleichgewicht verschoben werden. Diese Abhängigkeit des Protolysegrades
vom pH ist unabhängig davon, was für andere Säuren/Basen ausser Wasser noch im System sind und kann
für jedes S/P-Paar relativ einfach individuell berechnet werden.

Verteilungsfunktionen βi
Diese Funktionen beschreiben die Abhängigkeit des Protolysegrades von mehrprotonigen Protolyten vom
pH- Wert und zwar für jede Protolysestufe separat.
Definition von βi: βi(pH) ist der relative Anteil jener Protolysestufe einer mehrprotonigen Säure HnA, wel-
che i Protonen abgegeben hat, bezogen auf Ctot(A), bei einem bestimmten pH-Wert.
c(Hn− i A)
βi := ; pH fix (G50)
Ctot (HnA)

Für einen bestimmten pH-Wert können die Verteilungsfunktionen folgendermassen berechnet werden
(Herleitung der Formel vgl. Kunze, Kap. 9.2):

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 12 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte
i
cn− i (H+ ) ⋅ ∏ KSu
βi := u =1
n
(G51)
c (H ) + c (H ) ⋅ KS1 + c (H ) ⋅ KS1 ⋅ KS2 + .... + ∏ KSu
n + n− 1 + n− 2 +

u =1

Der Nenner in (G51) ist unabhängig von i, d.h. von der Protolysestufe, für welche β berechnet werden
soll.

Wichtige Eigenschaften von Verteilungsfunktionen:


• βi kann nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen
n
• Die Summe der βi eines Protolyten ist 1.0, unabhängig vom pH: ∑β i= 0
i = 1.0

• Die (pH-abhängige!) Gleichgewichtskonzentration einer bestimmten Protolysestufe ist gleich dem


Produkt ihrer Verteilungsfunktion bei diesem pH mit der Totalkonzentration: c(Hn− iAi− ) = βi ⋅ Ctot (A)

• β0 misst den relativen Anteil von überhaupt nicht deprotonierter Säure an der Gesamtkonzentration:
c(HnA)
β0 =
Ctot (A)

• In einer einprotonigen Säure entspricht β1 dem Protolysegrad α, in einer einprotonigen Base ist dies
β0 der zu ihr konjugierten Säure

Auf der AnC-Homepage steht Ihnen eine EXCEL-Datei zur Verfügung, mit der Sie Verteilungsfunktionen für
bis zu vierprotonige Protolyte berechnen sowie deren pH-Abhängigkeit grafisch darstellen können.

Berechnung der Verteilungsfunktionen β i


Gleichgewichtskonz. c(i) mol/l
pH-Wert: 5 rel. Anteil H4A: β 0= 9.043E-29 abs Konz. H4A: c(H4A)= 1.809E-30
pKs1= -20 rel. Anteil H3A: β 1= 9.043E-04 abs Konz. H3A: c(H3A)= 1.809E-05
pKs2= 1.96 rel. Anteil H2A: β 2= 9.916E-01 abs Konz. H2A: c(H2A)= 1.983E-02
pKs3= 7.12 rel. Anteil HA: β 3= 7.522E-03 abs Konz. HA: c(HA)= 1.504E-04
pKs4= 12.32 rel. Anteil A: β 4= 3.600E-10 abs Konz. A: c(A)= 7.200E-12
Summe β i 1 Ctot= 2.000E-02

1.0
Hilfsgrössen:
+
c(H3O )=
0.8 1.00E-05
Ks1= 1.00E+20 b0
0.6 Ks2= 1.10E-02 b1
Ks3= 7.59E-08 b2
βi

0.4 Ks4= b3
4.79E-13
b4
0.2 N = 1.11E+08 pH exp.
Nenner

0.0
0 2 4 6 8 10 12 14
pH-Wert

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 13 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

Beispiel: Zusammensetzung von verdünnter Phosphorsäure bei pH 6


Phosphorsäure H3PO4 existiert in 4 Protolysestufen: molekulare Säure H3PO4, Dihydrogenphosphat H2PO4-, Hydro-
genphosphat HPO42- und Phosphat PO43-,deren relativer Anteil an der Gesamtkonzentration mit den Verteilungsfunk-
tionen β0 bis β3 beschrieben wird:
c(H3PO4 ) c3 (H+ ) ⋅ 1
H3PO4: βo = = 3 +
Ctot (PO4 ) c (H ) + c (H ) ⋅ KS1 + c(H+ ) ⋅ K S1 ⋅ K S2 + KS1 ⋅ KS2 ⋅ KS3
2 +

=
(10 )−6 3

=
10−18
(10 ) + (10 )
−6 3 −6 2
⋅ 10−2 + ( 10 ) ⋅ 10
−6 −2
⋅ 10−7.2 + 10−2 ⋅ 10−7.2 ⋅ 10−12.3 10−18 + 10−14 + 10−15.2 + 10−21.5

β0 = 0.000094
c(H2PO−4 ) c2 (H+ ) ⋅ KS1 10−12 ⋅ 10−2
H2PO4-: β1 = = 3 + =
C tot (PO4 ) c (H ) + c2 (H+ ) ⋅ KS1 + c(H+ ) ⋅ KS1 ⋅ KS2 + K S1 ⋅ K S2 ⋅ K S3 10−18 + 10−14 + 10−15.2 + 10−21.5

β1 = 0.94
c(HPO24− ) c(H+ ) ⋅ KS1 ⋅ KS2 10−6 ⋅ 10−2 ⋅ 10−7.2
HPO42-: β2 = = 3 + =
C tot (PO4 ) c (H ) + c2 (H+ ) ⋅ KS1 + c(H+ ) ⋅ KS1 ⋅ KS2 + K S1 ⋅ K S2 ⋅ K S3 10−18 + 10−14 + 10−15.2 + 10−21.5

β2 = 0.059
c(PO34− ) KS1 ⋅ KS2 ⋅ KS3 10−2 ⋅ 10−7.2 ⋅ 10−12.3
PO43-: β3 = = 3 + =
Ctot (PO4 ) c (H ) + c2 (H+ ) ⋅ KS1 + c(H+ ) ⋅ K S1 ⋅ K S2 + KS1 ⋅ KS2 ⋅ KS3 10−18 + 10−14 + 10−15.2 + 10−21.5

β3= 0.00000003
Resultat: In einem wässerigen System, das einen pH von 6 aufweist, liegt 94% des Phosphates als H2PO4- vor und
6% als HPO42-. Die beiden andern Protolysestufen können dem gegenüber vernachlässigt werden.
Diese Anteile sind unabhängig von der Form, in welcher das Phosphat ursprünglich ins System eingebracht wurde
(z.B. als Phosphorsäure oder als Na3PO4)!
P.S. Wie gross ist der Protolysegrad von Phosphorsäure bei pH 6 ?

Test 5d: Verteilungsfunktionen mehrprotoniger Säuren und Basen


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 5 anwäh-
len.

5.3. Existenzgebiete

5.3.1 Die Puffergleichung

Die im vorhergehenden Kapitel besprochenen Verteilungsfunktionen bieten ein einfaches Werkzeug zur
Berechnung der Verteilung der Gesamtmenge einer Säure oder Base auf ihre verschiedenen Protolysestu-
fen. Sie sind aber wegen der komplexen mathematischen Struktur nicht sehr übersichtlich und ihre Her-
leitung komplex. Für die schnelle Beurteilung wässeriger Systeme und des Einflusses ihres pH-Wertes ist
die sog. Puffergleichung besser geeignet. Diese Gleichung ensteht, wenn das MWG der Protolysereaktion
einer Säure teilweise logarithmiert wird:
c(A− ) ⋅ c(H3O+ )
R KS =
- +
HA + H2O A + H3O
c(HA)

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 14 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

c(A− )
⇒ logKS = logc(H3O+ ) + log
c(HA)
c(A − )
⇒ − logc(H3O+ ) = − logKS + log
c(HA)

c(A − )
Puffergleichung: pH = pKS + log (G52)
c(HA)

Die Puffergleichung kann auch mit dem Protolysegrad αS der Säure HA formuliert werden:

c(A − ) = α S ⋅ Ctot ⎫⎪ αS
⎬ ⇒ pH = pKS + log (G53)
c(HA) = (1 − α S ) ⋅ Ctot ⎪⎭ 1 − αS

Schlussfolgerungen aus der Puffergleichung:


• Das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen eines Säure/Base-Paares
wird neben seinem pKS nur durch den pH bestimmt.
• Die Gesamtkonzentration des Paares hat keinen Einfluss auf dieses Verhältnis
• Lässt sich dieses Verhältnis experimentell fixieren, so wird dadurch der pH-Wert
des Systems bestimmt (Prinzip der Pufferlösung)

Existenzdiagramme
Wird das Verhältnis der Gleichgewichtskonzentrationen eines konjugierten S/B-Paares als Funktion des
pH-Wertes aufgezeichnet, gelangt man zum Existenzdiagramm, das dank seiner Einfachheit und Ueber-
sichtlichkeit eine schnelle halbquantitative Beurteilung von pH-abhängigen Gleichgewichten erlaubt.
Ausgezeichnete Punkte des Existenzdiagramms:

c(A- ) relativer Anteil an Ctot


α(HA) α(A )
-
pH =
c(HA) HA A
-

pKs 1.0 50% 50% 0.5 0.5


pKS - 1 0.1 90.9% 9.1% 0.91 0.09
pKS - 2 0.01 99% 1% 0.99 0.01
pKS - 3 0.001 99.9% 0.1% 0.999 0.001
-n -(n-2) -n
pKS - n, n>3 10 100% 10 % 1 10
pKS + 1 10 9.1% 90.9% 0.09 0.91
pKS + 2 100 1% 99% 0.01 0.99
pKS + 3 1000 0.1% 99.9% 0.001 0.999
n -(n-2) -n
pKS + n, n>3 10 10 % 100% 10 1

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 15 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

100 1

HA

α(HA)
% A-

50 A- 0.5

0 0
0 7 14
pKS pH-Wert

Schlussfolgerungen aus dem Existenzdiagramm


• Ist pH = pKS, so sind die Gleichgewichtskonzentrationen des zugehörigen S/B-Paares gleich
gross.
• Liegt der pH unterhalb pKS, so überwiegt die Säure, liegt er oberhalb, überwiegt die Base.
• Je weiter der pH sich von pKS entfernt, desto mehr überwiegt eine der beiden Protolysestufen.

-
Pro pH-Einheit verändert sich das Verhältnis c(HA)/c(A ) um den Faktor 10
• Ctot hat weder auf die Form, noch auf die Lage der Trennlinie einen Einfluss
• Die Lage der Trennlinie im Existenzdiagramm hängt nur vom pKS-Wert ab.
• Sind mehrere unabhängige S/B-Paare in einem System vorhanden, so überlagern sich ihre Exi-
stenzdiagramme ungestört

Beispiel: Abschätzen von Gleichgewichtskonzentrationen

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 16 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte
In einem Reaktor, in welchem ein pH-Wert von 8.9 gemessen wurde, sollen die aktuell vorliegenden Gleichgewichts-
konzentrationen der folgenden Säuren und Basen abgeschätzt werden:

- Ammoniak (pKB = 4.79)


- Natriumsulfid (pKB(S2-) = 1.1, pKB(HS-) = 6.94)
- Chlorwasserstoff (pKS =-6)
- Alanin (Aminosäure, pKB(Aminogruppe) = 3.5, pKS(Carboxylgruppe) = 3.6)
Aus den Existenzdiagrammen aller Analyte (Grafik auf der vorhergehenden Seite) folgt sofort, dass sich die Substan-
zen bei pH 8.9 folgendermassen auf ihre Protolysestufen verteilen:
Ammoniak: 75% als Ammonium, 25% als Ammoniak
Sulfid: 95% Hydrogensulfid, 5% Schwefelwasserstoff, Sulfid vernachlässigbar
Chlorwasserstoff: Vollständig deprotoniert zu Chlorid
Alanin: 100% als Zwitterion, <1% als Anion, Kation vernachlässigbar

5.3.2 Gegenseitige Beeinflussung verkoppelter Gleichgewichte


Berechnungen von Gleichgewichtskonzentrationen werden immer dann komplex, wenn mehrere Reaktio-
nen miteinander verkoppelt sind (ein Produkt der einen Reaktion ist Edukt in der andern; vgl. Kap.
3.1.4). Bei mehrstufigen Protolyten ist dies der Fall, wenn mehr als zwei Protolysestufen in vergleichba-
ren Mengen vorhanden sind. Wie am nachfolgenden Beispiel einer zweiprotonigen Säure H2A gezeigt wird,
kann das mit dem Existenzdiagramm leicht überprüft werden.
Reaktionsgleichungen: 1. H2A + H2O R HA− + H3O+
2. HA− + H2O R A2− + H3O+

100 1

α(Säure)
% Base

50 H2A HA- A2- 0.5

0 0
0 7 pH-Wert 14
pKS1 pKS2
+2pH

-2pH

> 1% H2A > 1% A2-

Nur im pH-Bereich pKS2-2 bis pKS1+2 sind alle drei Protolysestufen zu mehr als 1% präsent.

Liegen die pKS-Werte mehr als 4pH auseinander, sind die beiden Protolysereaktionen nicht
verkoppelt (Unsicherheit 1%).

Soll die Sicherheit der Aussage (Reaktionen nicht verkoppelt) auf 0.1% verbessert werden, müssen die
beiden pKS-Werte mindestens 6 pH-Einheiten auseinander liegen.

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 17 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

Beispiel
Ein "Mineralwasser" wird durch Aufpressen einer bestimmten Menge CO2-Gas in 500 ml Wasser hergestellt. Das Gas
löst sich im Wasser unter Bildung von Kohlensäure:
CO2(g) + H2O(l) R H2CO3(aq)

Zur Kontrolle wird anschliessend der pH-Wert des Wassers gemessen: er liegt bei 4.5. Wieviele g Kohlendioxid haben
sich in dem Wasser gelöst?
Reaktionsgleichungen: H2CO3 + H2O R HCO3− + H3O+ pKS1 = 6.5
− 2− +
HCO + H2O R CO
3 3 + H3O pKS2 = 10.4
Existenzdiagramm:
100%

H2CO3 HCO3- CO32-

0
pKS1=6.46 pKS2 = 10.4
0 14
pH-Wert
Die beiden pKs-Werte liegen 4 Einheiten auseinander, die für die Auflösung von CO2 relevante erste Protolysereakt-
ion wird kaum durch die zweite Stufe beeinflusst und kann isoliert betrachtet werden. Es kann also die Näherungs-
formel (G47) für den Protolysegrad einprotoniger schwacher Säuren verwendet werden:
KS1
α(H2CO3 ) ≅
Ctot
In der Massenbilanz für das gelöste CO2 kommt das Carbonat nicht vor:
Ctot (CO2 ) = c(H2CO3 ) + c(HCO3− )

Weiter stimmt die Ladungsbilanz c(HCO3-) = c(H3O+), da nur die erste Reaktion abläuft, (G49a) kann ebenfalls ver-
wendet werden:
pH = -log(α∙Ctot(H2CO3))
Werden diese Gleichungen kombiniert und nach Ctot aufgelöst, findet man
10−2⋅pH 10−2⋅4.5
Ctot (CO2 ) = = −6.46 = 2.88 ⋅ 10−3 mol /l ,
KS1 10
was in 500ml Totalvolumen gerade 0.0635 g gelöstem CO2 entspricht.

Test 5e: Existenzgebiete von Säuren und Basen


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 5 anwäh-
len.

5.3.3 pH-Indikatoren
Wenn die Partner eines konjugierten Säure/Base-Paares unterschiedlich gefärbt sind, können sie für die
grobe Abschätzung des pH-Wertes in einer Lösung verwendet werden:
Liegt der Indikator zu mehr als 50% in der sauren Form vor, überwiegt die saure Farbe, im umgekehrten
Fall jene der konjugierten Base. Da das Konzentrationsverhältnis saure zu basische Form vom pH abhängt
(Puffergleichung!), kann je nach Farbe sofort ausgesagt werden, ob der pH unterhalb oder oberhalb des
pKS des Indikators liegt.

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 18 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

Beispiel Methylrot (saurer Azofarbstoff, pKS = 5.3):

COO
COO

N N N(CH3)2 + H2O + H3O+


N N N(CH3)2
H
-
HInd Ind
rot gelb

Existenzdiagramm von Methylrot:


100%

HInd Ind-

0
pKS=5.3 7 14
0 pH-Wert
Faustregel: Das Auge erkennt Farbunterschiede, wenn der relative Anteil der 2. Komponente mehr als
10% beträgt.

⇒ Umschlagsgebiet von Indikatoren (Mischfarbe) geht ca. von pKS-1 bis pKS+1
⇒ Die Unsicherheit der pH-Messung mit Farbindikatoren liegt bei ca. ±1 pH

Achtung: Wird zuviel Indikator in eine Probe gegeben, verändert sich deren pH-Wert, da ja der Indikator
selber eine Säure oder Base ist!
⇒ Wenn schon Indikator in eine Probe hinein gegeben muss (z.B. bei einer Titration), so
nur in vernachlässigbaren Mengen (der Indikator muss also intensiv gefärbt sein!). Besser
ist es, einen Tropfen Probe herauszunehmen und auf ein Indikatorpapier zu bringen.

Eine Tabelle von gebräuchlichen pH-Indikatoren mit ihren Umschlagsgebieten ist im Kunze oder in der
Datensammlung Chemie zu finden.

Beispiel: Mischindikator für mehrere pH-Bereiche


Werden die 2 Indikatoren Methylrot und Thymolphthalein gemischt, so überlagern sich ihre Existenzgebiete unge-
stört, und das Gemisch kann für eine präzisere pH-Abschätzung genutzt werden:

100%

Rot Gelb
Methylrot
0
pKS=5.3
100%

Thymolphthalein farblos blau


0
pKS=10.0
100%

Gemisch Rot Gelb grün


0
pH 5 pH 10

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 19 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

Test 5f: pH-Indikatoren


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 5 anwäh-
len.

5.3.4 Pufferlösungen
Wie in den vorangegangenen Abschnitten gezeigt wurde, ist die quantitative Beurteilung von wässerigen
Säure/Base-Systemen sehr viel einfacher, wenn deren pH-Wert bekannt ist und sich während den analyti-
schen Messungen nicht ändert. Andererseits wird der pH-Wert von fast neutralen Lösungen schon durch
Einbringen von sehr kleinen Säure- oder Basenmengen drastisch verschoben (vgl. z.B. das Ergebnis von
-6
Test 5f: 10 mol Indikator verschieben den pH von 100ml Probe von 7 bis 9!).
Das Problem kann behoben werden, wenn der Probe eine Substanz zugegeben wird, welche evtl. auftre-
tende Protolysereaktionen mit Wasser (welche ja den pH-Wert verändern!) abfängt ("abpuffert"). Dies
wird erreicht durch Zugabe vergleichbarer Mengen eines schwachen konjugierten Säure/Base-Paares
+
HP /P. Die Puffersubstanz darf natürlich nicht irgendwelche unerwünschten Reaktionen mit Systembe-
standteilen eingehen oder die analytische Messung auf andere Weise stören.

HA B

P H22O HP+

A- + HP+ A- + H3O+ HB+ + OH- HB+ + P

pH sinkt pH steigt
Pufferbase (P) muss stärkere Base sein als Wasser
-1.74 < pK
pKSS(HP
(HP++/P)
/P) < 15.74
15.74
Puffersäure (HP+) muss stärkere Säure sein als Wasser

P und HP+ in vergleichbaren Konzentrationen vorhanden pH


pHSoll
Soll
≅≅ pK
pKSS(HP
(HP++/P)

Aus der Puffergleichung (G52) folgt, dass das Verhältnis der beiden Gleichgewichtskonzentrationen eines
"Pufferpaares" den pH-Wert einer Lösung bestimmt. Wie kann man aber Gleichgewichtskonzentrationen
einmessen, wenn doch beim Lösen der Substanzen in Wasser die Möglichkeit der Protolyse besteht? Weil
– wie in der obigen Abbildung dargelegt – die Puffersubstanzen sowohl eine stärkere Base wie auch eine
+
stärkere Säure als Wasser sind, werden bei einer eventuellen Protolyse H nicht auf Wasser übertragen,
sondern auf das konjugierte Teilchen, und damit ändert sich nichts an den beiden Gleichgewichtskon-
zentrationen:
R
+ +
HP + P P + HP

Es können also analytische Mengen der beiden konjugierten Teilchen eingewogen werden, und die
resultierenden Gleichgewichtskonzentrationen werden genau gleich gross sein.

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 20 von 22 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte

Beispiel einer Pufferlösung für pH =10.0:


Die Kapazität eines Puffers zur Dämpfung von pH-Veränderungen ist umso grösser, je näher der pKS des verwendeten
Säure/Base-Paares beim Soll-pH liegt (s.u.). Für einen pH = 10 bietet sich das Paar Hydrogencarbonat/Carbonat (pKS
= 10.4) an.

c(Base) c(CO23− )
Einsetzen in die Puffergleichung: pH = pKS + log , bzw. 10.0 = 10.4 + log
c(Säure) c(HCO3− )
c(CO23− )
⇒ = 10pH− pKS = 10−0.4 = 0.398
c(HCO3− )

Gleichgewichtskonzentrationen können durch analytische Konzentrationen ersetzt werden:


C (CO2− )
⇒ tot 3 − = 0.398
C tot (HCO3 )

Das Pufferkonzentrat soll insgesamt 1 mol/l Carbonat enthalten, d.h. C tot (CO23− ) + C tot (HCO3− ) = 1mol / l

Durch Kombination der letzten beiden Gleichungen und Auflösen nach Ctot (CO23− ) findet man:
0.398
Ctot (CO23− ) = = 0.285mol / l
1 + 0.398
⇒ Ctot (HCO3− ) = 1 − Ctot (CO23− ) = 0.715mol / l

Diese Konzentrationen können erreicht werden, indem äquivalente Mengen der entsprechenden Natriumsalze einge-
wogen werden. Für 1 Liter Konzentrat wären dies
0.715mol NaHCO3 (M = 84g / mol) = 60.1g NaHCO3

0.285mol Na2CO3 (M = 106g / mol) = 30.2g Na2CO3

Das im obigen Beispiel hergestellte Pufferkonzentrat kann nun portionenweise zu irgendwelchen Proben
gegeben werden, deren pH auf 10 eingestellt werden soll. Dadurch wird der Puffer zwar verdünnt, aber
am Verhältnis der beiden Konzentrationen, das ja den pH bestimmt, ändert sich nichts!
Steht bei einem Pufferpaar nur die eine Komponente in wägbarer Form zur Verfügung, kann, wie das fol-
gende Beispiel zeigt, das korrespondierende Teilchen durch quantitative Reaktion mit der passenden
Menge einer sehr starken Base (z.B. NaOH) oder Säure (HClO4) in situ hergestellt werden.

Beispiel: Benzoesäurepuffer mit pH 5.0

H O O

C C
Na

O O

Benzoesäure HBz Natriumbenzoat NaBz


Die einprotonige Benzoesäure (pKS = 4.19) ist billig in reiner Form erhältlich, das Natriumsalz des zu ihr konjugier-
ten Benzoates jedoch nicht. Deshalb soll die für den Puffer benötigte Menge Benzoat durch Reaktion mit Natronlau-
ge hergestellt werden:
− −
HBz(aq) + OH(aq) → Bz(aq) + H2O
c(Bz − ) c(Bz − )
1. Berechnung des Verhältnisses c(Bz-)/c(HBz): pH = pKS + log , bzw. 5.0 = 4.19 + log
c(HBz) c(HBz)
c(Bz − )
⇒ = 100.81 = 6.46
c(HBz)
2. Gesamtmenge Benzoesäure für 100ml 0.3molarer Puffer (Ctot(HBz) = 0.3 mol/l): 0.03 mol C7H6O2 = 3.66 g HBz

c(Bz − ) 6.46 ⋅ 0.3


3. Anteil Bz- an der gesamten Benzoesäure: = 6.46 ⇒ c(Bz − ) = = 0.26mol / l
Ctot (HBz) − c(Bz − ) 1 + 6.46

Für 100 ml Puffer entspricht dies 0.026 mol Benzoat. Dies kann in situ produziert werden, indem 0.026 mol OH-
zugegeben werden, z.B. 26 ml einmolare NaOH.

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ZHW / CB / AnC2 5. Säure-Base-Gleichgewichte
Pufferkapazität
Definition der Pufferkapazität: Je besser ein Puffer durch Zugabe von Oxonium oder Hydroxid verursachte
pH-Aenderungen abdämpft, desto grösser ist seine Pufferkapazität.
Eine detaillierte Diskussion der Pufferkapazität ist im Kunze zu finden.

Pufferkapazität
C
Ctot ( 1 )) > C
tot ( Ctot
tot
( 2 ))

0 pH-Wert
0 14
pKS(Puffer)

Merksätze zur Kapazität von Puffern


1. Je näher der Soll-pH beim pKS-Wert des Puffers liegt, desto besser seine Wirkung
2. Je höher die Gesamtkonzentration des Puffers, desto grösser seine Pufferkapazität

Test 5g: Pufferlösungen


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 5 anwäh-
len.

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptSaeureBase.doc Seite 22 von 22 02.02.2006/Gae

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