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Elfenbeinküste: 36,8%
Ghana: 21,2%
Indonesien: 10,7%
Nigeria: 5,7%
Kamerun: 5,7%
Ecuador: 4,9%
Brasilien: 4,7%
Infoblatt Die bittere Wahrheit über Schokolade
und Kamerun. Dort liegt der Kakaoanbau zu 90 Prozent grund widriger Witterungsumstände und Krankheits- und
in den Händen von Kleinstbetrieben mit weniger als 4,8 Schädlingsbefall oder durch politische Unruhen in den An-
Hektar.4 baugebieten hervorgerufen werden (siehe Abb. 5). Speku-
lanten und zahlreiche Hedgefonds nehmen ebenfalls er-
Bauern und Bäuerinnen stehen heblichen Einfluss auf die Preisentwicklung und machen
großen Konzernen machtlos gegenüber gewinnbringende Geschäfte mit dem Rohstoff Kakao.
Vier Großkonzerne dominieren die Vermahlung und den
Handel von Kakao: Cargill (USA), Barry Callebaut (Schweiz), Abb. 3 Wer bekommt welchen Anteil vom Ver-
ADM (USA) und Blommer (USA). Zusammen halten sie einen kaufspreis einer Tafel Schokolade (100g, 0,79 €)?
Anteil von über der Hälfte des Marktes. In der Schokolad-
enproduktion beherrschen allein sieben Unternehmen Einzelhandel
Zwischenhandel
über zwei Drittel des Weltmarktes (siehe Abb. 2). 2012 lag
der Nettoumsatz der Schokoladenindustrie bei 80 Milliarden
7% 17%
6%
© Samuel Boateng
Menschenunwürdige A rbeitsbedingungen und
ausbeuterische Kinderarbeit
Aufgrund des starken Preisverfalls seit den 1980er Jahren ha-
ben sich die Arbeitsbedingungen auf den Kakaoplantagen Bauern bei der Kakaoernte, Ghana
erheblich verschlechtert und genügen oftmals nicht mehr
den Mindestkriterien der internationalen Abkommen der Wichtige Maßnahmen zum Pflanzenschutz und zur Produkti-
Internationalen Arbeitsorganisation ILO und der Menschen- onssteigerung wie z.B. der Ersatz von kranken und alten Bäu-
rechtskonvention der UN. men und der Einsatz von nachhaltigen Düngemitteln, bleiben
Arbeitskräfte werden vielerorts schlecht versorgt, in man- dadurch aus. Dies lässt die Erträge weiter sinken – ein Teufels-
gelhaften Unterkünften untergebracht, erhöhten Risiken kreis entsteht. Durch mangelhafte Pflege entgehen den Ka-
im Einsatz mit Pestiziden und Erntegeräten ausgesetzt kaobäuerinnen und -bauern so bis zu 40 Prozent der Ernte.9
und zu übermäßiger Mehrarbeit gezwungen. Da das Ein- Außerdem führt ein nicht nachhaltiger Anbau zu vielfältigen
kommen der Kleinbauern und -bäuerinnen jedoch oftmals Umweltproblemen wie ausgelaugten Böden, verunreinig-
nicht für die Einstellung regulärer Arbeitskräfte ausreicht, tem Trinkwasser, erhöhtem Schädlingsbefall und Krank-
wird in vielen Fällen auf Kinderarbeit zurückgegriffen. Al- heitsdruck sowie Bodenverschmutzung durch Pestizide
lein in der Elfenbeinküste und in Ghana arbeiten fast und chemische Dünger. Die sinkenden Erträge zwingen die
zwei Millionen Kinder auf Kakaoplantagen, hundert- Kakaobauern und -bäuerinnen außerdem dazu, ihre Anbau-
tausende von ihnen unter Bedingungen, die laut den ILO- flächen auszuweiten, was die Verdrängung anderer Kultu-
Richtlinien 182 und 138 verboten sind.8 Die Kinder sind durch ren und Waldrodungen zur Folge hat.
starke körperliche Belastungen sowie Das Einkommen vieler KleinproduzentInnen basiert oft allein
den Umgang mit gefährlichen Werkzeu- auf dem Anbau von Kakao. Das erhöht die Abhängigkeit vom
gen und Chemikalien massiven Gesund- Kakaopreis und macht sie anfällig für Preisschwankungen.
heitsrisiken ausgesetzt. Zugleich wird ein Neben einer fairen Bezahlung, fehlen Schulungen,
Schulbesuch unmöglich. die den Kakaobauern und -bäuerinnen die
Neben der Mitarbeit von jungen Familien- Techniken einer ökologisch nachhaltigen,
mitgliedern ist Kinderhandel eine weitere produktiven und diversifizierten Land-
Facette des Problems: Insbesondere in der wirtschaft vermitteln und ihnen so ein
Elfenbeinküste werden Kinder für wenig Geld stabiles Einkommen sichern würden.
von Händlern gekauft und als billige Arbeits-
kräfte ausgebeutet.
Umweltzerstörung durch
©D
Abb. 4 Preisentwicklung bei Kakao 1980-201212 Abb. 5 Preisschwankungen bei Kakao 1995-201213
3500
5000
4000
Preis in US-Dollar
(inflationsbereinigt*)
-50% 3000
Höchster Tagespreis
2500
3000 2000
1500
Durchschnittspreis
2000
0 0
'80/'81 '85/'86 '90/'91 '95/'96 '00/'01 '05/'06 '10/'11 '12 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 '10 '11 '12
* berechnet auf Basis der Inflation des US-Dollars Quelle: International Cocoa Organization (2013): Quarterly bulletin of C
ocoa
Quelle: Hütz-Adams, F./ Fountain, A.C. (2012): Cocoa Barometer 2012, Visual 9, S.19 Statistics, Volume XXXIX No.2, Cocoa Year 2012/13, Tabelle 9
Schokoladenunternehmen in
der Verantwortung
Faire Arbeitsbedingungen und ein Ende ausbeuterischer
Kinderarbeit können in erster Linie über die Verbesserung
der Einkommenssituation von Kakaobauern und -bäuerin-
nen erreicht werden. Dazu müssen die Rahmenbedingungen
hinsichtlich Preisgestaltung, Handel, Weiterbildung, Grad der
Organisierung und Infrastruktur maßgeblich geändert wer-
Faire Bezahlung von Kakaobauern Zulieferkette. Den Schokoladenunternehmen steht der Faire
und -bäuerinnen und ihren ArbeiterInnen Handel somit als wirkungsvolles und einfaches Instrument zur
Verfügung, um ausbeuterische Zustände und Umweltzerstö-
Einhaltung der Menschen- und Arbeits-
rechte und Ausschluss von ausbeute-
rung in der Kakaoproduktion auszuschließen.
Quellen
1 International Cocoa Organization (2012): Quarterly Bulletin of Cocoa 8 Payson Center for International Development and Technology Transfer
Statistics, Volume XXXVIII No. 1, Cocoa Year 2011/12, Tabelle 41 (2011): Oversight of Public and Private Initiatives to Eliminate the Worst
2 Hütz-Adams, F./ Fountain, A.C. (2012): Cocoa Barometer 2012, S.3 Forms of Child Labor in the Cocoa Sector in Côte d’Ivoire and Ghana.
3 Ibid., S.6 Tulane University. S.7
4 World Cocoa Foundation (2012): Cocoa market update, S.1 9 Riess, G. (2012): Die Weltweite Kakaokette. PRO-GE, Wien
5 Food Navigator (2011): Business Insights report. 10 International Cocoa Organization (2013): Quarterly Bulletin of Cocoa Sta-
(www.foodnavigator.com, Download am 24.04.2013) tistics, Volume XXXIX No. 4, Cocoa Year 2012/13, Tabelle III
6 Gilbert, C. (2008): Value chain analysis and market power in commodity 11 International Cocoa Organization (2013): ICCO Statistics – net confectionery
processing with application to the cocoa and coffee sectors. In: Commodi- sales value in 2012. in Anlehnung an Berechnungen von Candy Industry.
ty market review, 2007-2008, S.8 (http://www.icco.org/about/chocolate.aspx, Download am 22.04.2013)
7 LMC International (2011): Cocoa Sustainability. S.2. 12 Hütz-Adams, F./ Fountain, A.C. (2012): Cocoa Barometer 2012, S.19
http://www.canacacao.org/uploads/smartsection/19_LMC_WCF_Cocoa_ 13 International Cocoa Organization (2013): Quarterly Bulletin of Cocoa
Sustainability_Report_2012.pdf (Download am 23.04.2013) Statistics, Volume XXXIX No.2, Cocoa Year 2012/13, Tabelle 9
Impressum:
Diese Publikation ist Teil der europäischen
Make Chocolate Fair!-Kampagne
Herausgeber: INKOTA-netzwerk e.V., Chrysanthemenstraße 1-3, eine nachhaltige und diversifizierte Landwirtschaft
10407 Berlin • Redaktion/Texte: Bernhard Zeilinger (Südwind), ein und fordert das Ende ausbeuterischer Kinderarbeit.
Viola Dannenmaier (INKOTA), Lina Gross (INKOTA) Make Chocolate Fair! ist eine europäische Kampagne mit Partnerorgani-
Consulting: Gerhard Riess (Pro-Ge) • Layout: typothese.at sationen in 16 europäischen Ländern. Die Kampagne wird international
von einer wachsenden Zahl von Menschen und Organisationen aus
Wir haben es satt, dass andere hungern! Deshalb engagieren sich Europa, Afrika und Lateinamerika getragen.
bei INKOTA seit mehr als 40 Jahren Menschen aktiv für eine gere-
chtere Welt. Wir wollen weltweit den Hunger besiegen, die Armut Diese Publikation wurde mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union,
bekämpfen und Globalisierung gerecht gestalten! der Stiftung Nord-Süd-Brücken, der Landesstelle für Entwicklungszusammenarbeit
des Berliner Senates und Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst
Mit der Make Chocolate Fair!-Kampagne setzt sich INKOTA für bessere erstellt. Der Inhalt dieser Publikation liegt in der alleinigen Verantwortung von
Arbeits- und Lebensbedingungen von KakaoproduzentInnen sowie für INKOTA und stellt somit in keinster Weise die M einung der Förderer dar.