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Als Motiv von Ohrhängern, als Tattoo auf Mädchenarmen, als Aufkleber
an importierten Kerzen oder als Abziehbild auf PKWs. In sehr
unterschiedlichen Zusammenhängen begegnet uns heute das Symbol
von Yin und Yang. Ist es inzwischen lediglich zu einem modischen
Accessoire verkommen? Stehen einer fast inflationären Verbreitung
dieses Symbols Unverständnis und Missdeutungen gegenüber? Oder
wissen wir wirklich noch um die eigentliche Bedeutung dieses
traditionsreichen Symbols chinesischer Kultur? Einige überraschende
Antworten, die von der ursprünglich so dichten spirituellen Kraft von Yin
und Yang zeugen.
In Fleisch und Blut ist es uns übergegangen, das Symbol Yin und Yang
in unseren Alltag zu integrieren und wie spielerisch zu benutzen. Das
scheint jedenfalls auf den ersten Blick so. Doch schnell stoßen wir an die
Grenzen des eigentlichen Verständnisses dieses alten Symbols aus der
chinesischen Tradition. Blicken wir zurück.
„In der Urzeit, als Himmel und Erde noch nicht existierten, gab es nur
Erscheinungen, keine körperlichen Gestalten. Es war ein unermesslicher
Abgrund, tief und dunkel, weit und unfassbar, unbeweglich und still,
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Sehr verbreitet ist es in populären Magazinen der Yellow Press, Yin und
Yang zu reduzieren auf das Prinzip von Männlich und Weiblich. Zwar ist
auf den ersten Blick eine solche Einordnung einleuchtend und scheinbar
augenfällig; jedoch macht sie so isoliert die Sicht auf die Bedeutung nicht
richtiger, wenn man an den eigentlichen Kern gelangen will. Zwar ist
einerseits festzuhalten:
Doch daraus ergeben sich andererseits sehr viel mehr Ergänzungen und
Entsprechungen, wie aus der nachfolgenden Tabelle sichtbar wird, die
wiederum nur einen kleinen Teil der Möglichkeiten aufzeigt.
YIN YANG
Das Weibliche Das Männliche
Die Erde Der Himmel
Die Nacht Der Tag
Das Passive Das Aktive
Das Absinken Das Aufsteigen
Das Wasser Das Feuer
Die Kontraktion Die Expansion
Die Substanz Die Dynamik
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Ausführlich hat sich der Schweizer Komponist Nils Günther mit diesen
und weiteren Aspekten auseinandergesetzt. Der zentrale Gegenstand
seiner Kompositionen und theoretischen Auseinandersetzungen ist nicht
nur die chinesische Naturphilosophie, sondern vor allem die
vielschichtige Theorie der Wandlungsphasen, die er in den fünf
Elementen findet. Und er führt damit einen Schritt weiter – hin zu einer
kosmologischen Sicht von Yin und Yang.
Kosmologische Perspektiven
Holz
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Holz steht für Frühling, Osten, windiges Klima, die Farbe Grün (Blau), die
Zahlen 3 und 8, die Organe Galle und Leber, das Schreien/ Rufen. Das
beste Bild für diese Wandlungsphase ist die aufwärtsstrebende Energie.
Feuer
Feuer steht für Sommer, Süden, Hitze, die Farbe Rot und die Zahlen 2
und 7 aber auch Lachen und auseinanderstrebende wie ausdehende
Energie. Herz und Dünndarm sind als Organe dem Feuer zugeordnet.
Erde
Die Erde ist zwar einerseits der Ruhepunkt andererseits aber auch die
Schwere und Trägheit. Zur Erde gehören die Farbe Gelb, die Zahlen 5
und 10, das Singen und die Feuchtigkeit. Die der Erde zugeordneten
Organe sind die Milz und der Magen. Energetisch ist eine wesentliche
Eigenschaft der Erde übrigens ist die Transformation, der Übergang, da
die Erde Yin und Yang vereint.
Metall
Mit Metall wird die Trockenheit beschrieben, die Farbe Weiß sowie die
Zahlen 4 und 9. Als Himmelsrichtung ist es der Westen, der dem Metall
zugeordnet wird. Seine Organe sind Lunge und Dickdarm, seine
Jahreszeit der Herbst. Die energetische Bewegung des Metalls ist eine
absteigende.
Wasser
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Wasser steht ebenso für den Winter wie für den Norden. Es ist Synonym
für Kälte, Schwarz, Stöhnen und Yin, für die Zahlen 1 und 6. Ihm
zugeordnete Organe sind die Niere und die Blase. Eine charakteristische
Eigenschaft, die dem Wasser zugeschrieben wird, ist das
zusammenziehen und speichern.
Zusammenfassend ist schon hier zu sagen, dass Yin und Yang das
Wechselspiel des Qi beschreiben, das Wechselspiel der strömenden und
alles durchdringenden Lebenskraft. Vor allem die fünf Elemente sind es,
die einen mit dem täglichen Leben enger verbundenen Bezugsrahmen
bieten. Sie sind es, die die Welt in ihrem Erscheinungsbild hervorbringen,
gestalten, aufrechterhalten und wieder auflösen.
aber sie ist keine Grundeigenschaft der Wirklichkeit. Sie ist eine Illusion
unseres unterscheidenden und kategorisierenden Intellekts. Das höchste
Ziel des Daoisten ist, der Einheit und gegenseitigen Beziehung aller
Dinge gewahr zu werden, den Begriff des isolierten individuellen Ich zu
überwinden und sich mit der ‚letzten Realität’ zu identifizieren. Dieses
Gewahrwerden ist nicht nur ein intellektueller Vorgang. Zhuangzi sagt:
‚Wenn es möglich wäre, darüber zu sprechen, hätte es jeder seinem
Bruder erzählt.’ Die Erkenntnis der letzten Wirklichkeit ist eine tiefe
mystische Erfahrung, die den ganzen Menschen erfasst und letztlich
religiöser Natur ist.“
Welche Bedeutung Yin und Yang für die Transformation des Menschen
haben, weiß auch die Tiefenpsychologin und Sinologin Sukie Colegrave.
Sie konstatiert, dass wir Menschen „erst nach der Harmonisierung des
Yin- und Yang-Prinzips in unserer Psyche ohne Verwirrung handeln
können – wegen der Korrespondenz des Individuums mit dem
Universum.“ Ist doch der Mensch „als organischer Bestandteil des
Kosmos zu betrachten, so dass sein Denken und Handeln niemals
abgetrennt von dem Universum sein kann und immer Spuren in dieser
Welt hinterlässt, ebenso wie das Universum sich in der Psyche jedes
einzelnen widerspiegelt. Solange wir in Unkenntnis über die Prinzipien
des Wandels verharren, werden wir diesem Prozess hilflos ausgeliefert
sein. Das Ringen um Erkenntnis ist gleichzeitig das Ringen um Freiheit.“
Für die Sinologin ist das Verständnis von Yin und Yang der erste Schritt
in Richtung darauf, ganzheitlicher an der Schöpfung teilzuhaben, die
Beziehung von Yin und Yang zu verstehen. Yin und Yang werden ihrer
Meinung nach durch die Poesie des I Ging in einen größeren
Zusammenhang gebracht, dessen zusammenfassender Begriff Ch’i
(Kraft) ist. Und sie schlägt auf diese Weise eine Brücke von der
Chinesischen Philosophie des Chang Tsai (1020 – 1077 v.u.Z.) zu
Vorstellungen der modernen Physik, wie wir sie bei Fritjof Capra (*1939)
finden, wenn es in seinem „Tao der Physik“ heißt: „Alle Teilchen können
in andere Teilchen umgewandelt werden; sie können aus Energie
entstehen und zu Energie zerfallen. In dieser Welt haben klassische
Begriffe wie ‚Elementarteilchen’, ‚materielle Substanz’ oder ‚isoliertes
Objekt’ ihre Bedeutung verloren. Das ganze Universum erscheint als
dynamisches Gewebe von untrennbaren Energiestrukturen.“
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So haben Yin und Yang aus einer langen Tradition, die annähernd 5.000
Jahre zurückreicht, ihren Sitz im Leben des Dritten Jahrtausends
gefunden. Als Symbole der Transformation sind sie in besonderer Weise
Zeichen einer Einheit, die immer wieder neu gefunden werden kann.
Literatur
Colegrave, Sukie: Yin und Yang. Die Kräfte des Weiblichen und des Männlichen.
Bern/München 1983;
Cleary, Thomas (Hg.): I Ging. Das Buch der Wandlungen. Zürich 1995;
Fiedeler, Frank: Yin und Yang. Das kosmische Grundmuster in der Kultur Chinas.
Kreuzlingen/München 2003;
Fischer, Toni: Das chinesische Entsprechungsdenken und seine Analogie in der
Synchronizitätslehre von C.G. Jung und in der Quantenphysik. In: Chinesische Medizin
14(1992), München, S. 13-14;
http://www.nils-guenther.de
Krebber, Werner: Das große Abenteuer – Labyrinth. Der Weg nach innen ist der Weg nach
außen. In: Connection special Nr. 71, S. 50-53;
Krebber, Werner: Der Weg zum Selbst. Vom Weg in die Zukunft auf den Spuren der Mystik.
In: Connection special Nr. 68, S. 26-29;
http://medimihi.de
Yan Mah, Adeline: Der Ursprung der zehntausend Dinge. Die spirituelle Welt Chinas.
München 2003;
Yin und Yang. Stichwort in: Meyers Großes Taschenlexikon, Mannheim 2003