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Foto: p.flug
Pop-Band “Mia”: “Eine weitere prominente Stimme [...]
für ein entspannteres Verhältnis zur eigenen Nation”
“Deutsch ist in Mode” titelte unlängst die extrem rechte “Junge Weltkriegs, die Flut von ausländischer Musik und von aus-
Freiheit”1 anlässlich der Diskussion um die Einführung einer Radio- ländischem Schund besonders widerstandslos
quote für “deutsche Popmusik”. Die “Deutsche Stimme”, Parteizei- geschluckt”6 werde. Da solche rechten Phrasen in der Pop-
tung der NPD, attestierte der Berliner Popband “Mia” aufgrund ihres welt nicht unbedingt massenkompatibel waren, schien das
Songs ‘Was es ist’, dass “sich hier also eine weitere prominente Thema im neuen Jahrtausend eigentlich erledigt zu sein.
Stimme der deutschen Popkultur für ein entspannteres Verhältnis zur Nur einige wertkonservative Vereinigungen, wie etwa der
eigenen Nation”2 stark mache. “Verein deutsche Sprache e.V.” (VDS), wehrten sich
Auf der “Popkomm”, der größten Fachmesse der Musikindustrie, gegen eine angeblich zunehmende Beeinflussung mit
wurde Ende 2004 die Forderung nach einer Radio-Quote für “deut- “angloamerikanischem Sprach- und Kulturgut”. Die CSU
sche Musik” lautstark inszeniert. Die Initiative “Musiker in eigener scheiterte mit einer Quoten-Initiative 2003 im bayrischen
Sache” hatte einen Aufruf mit rund 600 Musikerinnen und Musikern, Landtag.
darunter Wolfgang Niedecken, Anne Haigis, Konstantin Wecker,
Xavier Naidoo, Max (“Freundeskreis”) und Jan Eißfeld (“Absolu- Krise der Musikindustrie
te Beginner”) präsentiert. Die Initiative bejammert , “dass die deut-
sche Musikszene in den Medien kaum noch vorkommt”3, und Eingebettet wurden die Forderungen nach einer Quotie-
behauptet, “immer weniger weltumspannende Firmen setzen auf rung immer in eine ökonomische Argumentation. Von der
einen immer kleineren Nenner von Musik aus ihrem dominanten an- Krise der Musikindustrie und Umsatzeinbußen durch pri-
glo-amerikanischen Repertoire”4. Mit solchen nationalistischen For- vate “Raubkopien” und MP3-Downloads war die Rede.
derungen fand die Initiative auch Unterstützung von Politikern, die Doch diese ‘Krise’ ist lediglich der Entwicklung neuer
“gerade in Zeiten der Globalisierung […] die kulturelle Vielfalt vor Produktionsverhältnisse und Absatzwege geschuldet. Sie
Ort […] schützen”5 wollen. Dieses Zitat stammt nicht von einem Po- relativiert sich, wenn man den Betrachtungszeitraum ein
litiker der so genannten “Neuen Rechten”, sondern von Antje Voll- wenig vergrößert: Zwar ging in den letzten fünf Jahren der
mer, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Tonträger-Umsatz um vierzig Prozent zurück (2002: 2,2
Ende September 2004 gab es dann im Bundestag eine Anhörung. Milliarden Euro, 2003: 1,64 Milliarden Euro). Durch-
Als Ergebnis legte man den öffentlich-rechtlichen und privaten schnittlich wurden in Deutschland pro Kopf zwei CDs
Rundfunksendern eine “Selbstverpflichtung” ans Herz, etwa 35 % verkauft und vier für den privaten Gebrauch kopiert. Doch
deutschsprachige beziehungsweise in Deutschland produzierte allein mit der Einführung der CD in den achtziger Jahren
Musik zu spielen. konnte die Musikindustrie ihre Umsätze verfünffachen.
Und eine ähnliche Entwicklung spielt sich aktuell ab: Seit
Deutschland sucht den Quotenstar einem halben Jahr werden mehr Handyklingeltöne als
Singles verkauft und der Umsatz von Live-Konzerten ver-
Schon in den neunziger Jahren gab es ähnliche Versuche, eine doppelte sich auf 2,8 Milliarden Euro.
Radioquote einzuführen. Vornehmlich abgewirtschaftete Musiker
wie Udo Lindenberg, Peter Maffay oder Heinz Rudolph Kunze Standortnationalismus
versuchten, in nationalistischen Gefilden zu fischen. Von Kunze
konnte man Statements vernehmen, wie beispielsweise, “dass gerade Ist also die Forderung nach der Quote nur ein Versuch
in Deutschland und Japan, in den Verlierernationen des Zweiten des nationalen Kapitals, über ein wenig Deutschtümelei