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Schneckenkonzepte

beim Spritzgießen
Technische Information
Die klassische Dreizonenschnecke Die Homogenität lässt sich durch
kann bei ausreichender Qualität zusätzliche Scher- und Mischteile
für die Verarbeitung vieler Thermo- verbessern.
plaste eingesetzt werden.
Eine effiziente Optimierung der
Bei steigenden Anforderungen an Schneckengeometrie unter
Durchsatzleistung und Formteil- Berücksichtigung der vielen sich
qualität stößt die Dreizonen- gegenseitig beeinflussenden Para-
schnecke aber an ihre Grenzen. meter ist durch rechnerische
Simulationen möglich.
Bestehen hohe Anforderungen
an Durchsatz und Schmelze- BASF verfügt einerseits über ein
homogenität, bieten zwei- und geeignetes Simulationsprogramm,
mehrgängige Schnecken sowie andererseits aber auch über jahre­-
Barriereschnecken deutliche lange Erfahrung im Umgang mit
Vorteile. diversen Schneckenkonzepten.

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Optimale Spritzgießplastifiziereinheiten In der Spritzgießtechnik werden heute fast ausschließlich konventio­
nelle Schneckenkolbenspritzeinheiten eingesetzt. Diese sind zur
Die Auslegung und Optimierung von Spritzgießplastifiziereinheiten Thermoplastverarbeitung häufig mit einer eingängigen Dreizonen­
stellt aufgrund der vielfältigen Aufgaben und Anforderungen ein schnecke (Abb. 1) ausgestattet. Wie der Name schon sagt, ist dieser
Optimierungsproblem mit mehreren Zielen dar. Dabei sind die einzel­ Schneckentyp durch die Aufteilung der Schnecke in drei verschiedene
nen Größen nicht unabhängig voneinander, sondern sie beeinflussen Zonen (Einzugs-, Kompressions- und Meteringzone) mit unterschied­
sich gegenseitig. lichen Aufgaben gekennzeichnet.

Im Allgemeinen will man einen quantitativen und qualitativen Fort­


schritt erzielen. Hierbei lässt es sich aber nicht ausschließen, dass Dreizonenschnecke
es zu einem Zielgrößenkonflikt kommt. Ein typischer praxisrelevanter
Fall ist die Forderung nach einem höheren Massedurchsatz (kürzere Dreizonenschnecken, die häufig auch als „Universalschnecken“
Dosierzeit) bei gleichzeitig verbesserter Schmelzequalität und bezeichnet werden, sind so ausgelegt, dass sie möglichst viele Ther­
niedri­gerer Massetemperatur. Im Gegensatz zur Extrusion kommt beim moplaste mit ausreichender Qualität verarbeiten können. Der Aufbau
Spritzgießen häufig noch erschwerend hinzu, dass eine große Verarbei­ der Schnecke lässt aufgrund der einfachen Geometrie eine preiswerte
tungsbandbreite für unterschiedlichste Schussgewichte gefordert wird. Fertigung zu.
Daher müssen oftmals Prioritäten definiert bzw. Kompromisse einge­
gangen werden. Moderne Standardschnecken weisen eine Baulänge von 20 – 23 D
(Länge bezogen auf den Durchmesser) auf, wobei die Einzugszonen­
Weiterhin sind bei der Aufstellung des Anforderungsprofils auch ein­ länge etwa der halben Schneckenlänge entspricht. Kompressions- und
schränkende Bedingungen, die aus finanziellen oder technologischen Meteringzone haben in etwa gleiche Längen. Die Gangsteigung beträgt
Überlegungen resultieren, zu berücksichtigen. Bei der Optimierung in der Regel 1 D (0,8 – 1 D) und das Gangtiefenverhältnis zwischen
der Plastifiziereinheit einer vorhandenen Spritzgießmaschine müssen Einzugs- und Meteringzone liegt zwischen 2 und 3. Die von BASF
z. B. Beschränkungen aufgrund der Maschinengröße (Schneckenlänge) empfohlenen Gangtiefen in Abhängigkeit des Schneckendurchmessers
oder der Antriebsleistung beachtet werden. So scheiden fertigungs­ sind in Abbildung 2 dargestellt.
technisch zu aufwendige Lösungen oftmals auch dann aus, wenn sie
verfahrenstechnische Vorteile bringen würden. Bei den in Abbildung 2 dargestellten Gangtiefen wird unterschieden
zwischen Standard-Schnecken und flach geschnittenen Schnecken.
In den meisten Fällen stellt daher nicht die technisch realisierbare Flach geschnittene Schnecken nehmen weniger Material auf, wodurch
Lösung das Optimum einer Auslegung dar, sondern die Kompromiss­ die Verweilzeit im Plastifizieraggregat verkürzt wird. Dies kann bei
lösung, die unter Abwägung aller relevanten Einflussgrößen auf die thermisch empfindlichen Materialien von Vorteil sein.
Qualitäts- und Quantitätsanforderungen entstanden ist.
Gangtiefe h (mm)

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hE = Gangtiefe in der Einzugszone
R D hA S hE hA = Gangtiefe in der Ausstoßzone
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Standard-Schnecke
flache Schnecke
LA LK LE 8
L
6

D Schneckenaußendurchmesser
hE
L wirksame Schneckenlänge 20-23 D 4
LE Länge der Einzugszone 0,5-0,55 L
LK Länge der Kompressionszone 0,25-0,3 L
LA Länge der Ausstoßzone 0,2 L 2 hA
hA Gangtiefe in der Ausstoßzone
hE Gangtiefe in der Einzugszone
S Steigung 0,8-1,0 D
R Rückströmsperre 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130
Schnecken-Ø D (mm)

Abb. 1: Plastifiziereinheit mit Dreizonenschnecke Abb. 2: Gangtiefen für Dreizonenschnecken

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Darüber hinaus werden Hochleistungsschnecken mit Mischteilen für die Schnecken länger werden, was aber aus konstruktiven Gründen
schnelllaufende Maschinen (z. B. für Verpackungen) mit einer Schne­ bei Spritzgießplastifiziereinheiten nicht beliebig möglich ist.
ckenlänge bis ca. 26 D gebaut. Für die Verarbeitung von thermisch
empfindlichen Formmassen sind lange Schnecken nicht empfehlens­ Eine weitere Gefahr bei größeren Dosierwegen besteht darin, dass
wert, da zu hohe Verweilzeiten (i.  d.  R. kleinere Durchsätze als bei der immer mehr Luft, besonders beim Einspritzen, eingezogen wird: denn
Extrusion) zu einer thermischen Schädigung des Materials führen beim Einspritzen bewegt sich die Schnecke nur axial (keine Rotation)
können. unter der Trichteröffnung, wodurch die Schneckengänge nicht vollstän­
dig mit Material gefüllt werden (Abb. 3).
Aufgrund gestiegener Anforderungen an die Formteilqualität und den
Durchsatz stößt die Dreizonenschnecke an ihre Grenzen. Besonders Je mehr Luft durch vergrößerte Dosier- bzw. Einspritzwege eingezogen
beim Direkteinfärben ist die Dreizonenschnecke ohne Scher- und wird, desto schwieriger ist es sicherzustellen, dass diese Luft wieder
Mischteile an ihrer Leistungsgrenze angekommen. Obwohl bei diesem zum Trichter entweicht und nicht in den Schneckenvorraum gelangt.
Schneckentyp der Erfahrungshorizont derzeit am größten ist, können Eingezogene Luft, die von Schmelze eingeschlossen in das Werkzeug
die ständig wachsenden Anforderungen nicht immer ausreichend gelangt, erzeugt Schlieren im Formteil, was vermieden werden muss.
erfüllt werden. Mindestvoraussetzung für einwandfreie Teile ist, dass der maximal
mögliche Dosierweg und die effektive Schneckenlänge in einem
Der verstärkte Konkurrenzdruck erfordert die Auswahl von Spritzgieß­ vernünftigen Verhältnis stehen. Um eine ausreichende Qualität zu
maschinen mit möglichst kleiner Spritz- und Schließeinheit, um durch realisieren,­sollte daher bspw. der maximale Dosierweg bei einer 20 D
niedrige Investitions- und Betriebskosten die Artikelkosten zu minimie­ langen Schnecke auf 3 D begrenzt sein.
ren. Somit geht die Tendenz bei Spritzgießmaschinen zu größeren
Dosiervolumina und höheren Massedurchsätzen bei gleicher Bei der Dreizonenschnecke ist es sehr schwierig, die bisher erreichten
Plastifi­zieraggregatgröße, um so die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens Plastifizierströme und Schussgewichte bei gleicher oder verbesserter
zu stei­gern. Dies stellt aber bei gleichzeitig angestrebter Verbesserung Homogenität weiter zu steigern. Die Durchsätze müssen aber aufgrund
der Produktqualität einen Zielgrößenkonflikt dar. Daher sind Prioritäten der fortwährenden Verkürzung der Kühl- und Bewegungszeiten erhöht
zu definieren bzw. Kompromisse einzugehen. werden, damit die Dosierzeit nicht zur zykluszeitbestimmenden Größe
wird.
Größere Schussvolumina werden kostengünstig einfach durch Ver­
größerung des Dosierweges (> 3 D) erreicht. Die Vergrößerung des Eine Durchsatzsteigerung mit entsprechender Homogenität kann nur
Dosierweges hat zur Folge, dass sich die wirksame Schneckenlänge bei gleichzeitiger Verbesserung der Aufschmelzleistung erreicht
verkürzt. Dies kann zu unaufgeschmolzenem Material und Temperatur­ werden. Aus diesem Grund wird in letzter Zeit verstärkt über konstruk­
inhomogenitäten führen. Um diese Probleme zu beseitigen, müssen tive Änderungen der Schnecken nachgedacht. Hierbei wird besonders

eingängige Schneckenzone zweigängige Schneckenzone

teilgefüllte Schneckengänge Schmelzefilm Schmelzefilm


Zylinderwand Zylinderwand
V  
Einspritzen

Einspritzweg Feststoffbett Feststoffbett

Schneckensteg Schneckensteg

Schmelzewirbel Schmelzewirbel

Abb. 3: Einrieseln des Materials beim Einspritzen Abb. 4: Schnitt durch die Aufschmelzzone einer ein- und einer
zweigängigen Schnecke

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der Einsatz von zwei- bzw. mehrgängigen Schnecken, Barriere­ Des weiteren muss bei einer mehrgängigen Ausführung beachtet
schnecken und Polygonschnecken in Verbindung mit Scher- werden, dass die verbesserte Aufschmelzleistung bei amorphen und /oder
und /oder Mischteilen in Spritzgießmaschinen erforscht. temperaturempfindlichen Kunststoffen nicht immer sinnvoll ist. Wenn
das Aufschmelzen zu schnell erfolgt, kann es auf der verbleibenden
Schneckenlänge zu einer unerwünschten Temperaturerhöhung und
Zwei- bzw. mehrgängige Schnecken evtl. zu einer Materialschädigung kommen. Daher sollte eine zwei-
gängige Schneckenausführung dann gewählt werden, wenn hohe
Eine Möglichkeit, die Aufschmelzung und damit den Durchsatz zu Massedurchsätze (Schnellläufer) verbunden mit hohen Aufschmelz-
steigern, besteht darin, die Schnecke mehrgängig auszuführen. Durch leistungen (z. B. bei Polyolefinen) erforderlich sind.
die Erhöhung der Gangzahl bei ansonsten unveränderter Schnecken­
geometrie ergeben sich bei der mehrgängigen Schnecke im Vergleich
zur eingängigen Ausführung kleinere Schmelzefilmdicken an der Zylin­ Barriereschnecken
derwand (Abb. 4).
In letzter Zeit steigt das Interesse an Barriereschnecken im Spritzgieß­
Durch die geringere Filmdicke wird zum einen die Wärmeübertragung prozess aufgrund der in der Extrusion erzielten Ergebnisse. Allerdings
vom Zylinder zum Feststoff gesteigert, zum anderen ergeben sich muss die Barriereschnecke beim Spritzgießen an im Vergleich zur
höhere Schergeschwindigkeiten im Schmelzefilm, was eine höhere Extrusion geänderte Randbedingungen (diskontinuierliche Arbeitsweise,
Energiedissipation und somit eine Verbesserung der Aufschmelzleis­ dosierwegabhängige Schneckenverkürzung usw.) angepasst werden.
tung bedeutet.
Die Funktionsweise aller Barriereschnecken ist prinzipiell gleich.
Bei einer mehrgängigen Ausführung der Schnecke muss besonders Charakteristisch ist die Aufteilung des Schneckenkanals in einen
im Einzugsbereich darauf geachtet werden, dass es zu einer Quer­ Fest­stoff- und einen Schmelzekanal (Abb. 6 ). Der Feststoffkanal wird
schnittsreduzierung des Schneckenkanals kommt (Abb. 5). Bei zu durch den Barrieresteg vom Schmelzekanal getrennt. Der Barrieresteg
geringen Kanalbreiten steht nicht genügend Platz zum ungehinderten besitzt eine größere Spaltweite als der Haupt- oder Sperrsteg, so dass
Einrieseln des Materials aus dem Trichter in die Schneckengänge zur aufgeschmolzenes Material bzw. solche Partikel in den Schmelze­
Verfügung. Dieser Effekt macht sich besonders bei kleineren kanal gelangen können, die in mindestens einer Richtung kleiner als
Schneckendurchmessern (Einzugsverhalten, Durchsatzleistung) bemerk­ die Spaltweite sind. Diese Partikel werden beim Überströmen des
bar. Mit größer werdendem Schneckendurchmesser (ab ca. 80 mm) wird Barriere­steges einer zusätzlichen, definierten Scherbeanspruchung
der Einfluss des zusätzlichen Schneckensteges immer geringer. ausgesetzt, die zu einem weiteren Aufschmelzen der Restfeststoffpar­
tikel führt. Darüber hinaus trägt der Barrieresteg zur Homogenisierung
der Schmelze bei.

eingängige Schneckenzone zweigängige Schneckenzone

Trichteröffnung
Schmelzekanal

Feststoffkanal

Barrieresteg

2. Steg
(Querschnittsreduzierung)

Abb. 5: Einfüllquerschnitte bei ein- und zweigängigen Schnecken Abb. 6: Prinzipdarstellung einer Barriereschnecke

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In der Barrierezone nimmt der Querschnitt des Feststoffkanals zur Scher- und Mischteile
Schneckenspitze hin ab, während der Kanalquerschnitt des Schmelze­
kanals gleichzeitig zunimmt. Diese Querschnittsveränderung der Gemeinsam sind allen Scher- und Mischteilen die Grundprinzipien
beiden Kanäle wird bei den verschiedenen Barriereschneckentypen des Scherspaltes und der Aufteilung und des Zusammenführens des
durch Gangtiefen- und /oder Gangbreitenvariation erreicht. Schmelzestroms. Vorrangig werden das Maddock- und Wendelscher­
teil und das Zahnscheiben- bzw. Rautenmischteil eingesetzt (Abb. 7).
Gleich zu Beginn der Barrierezone wird häufig die Gangsteigung Diese Teile sollen möglichst druckneutral ausgelegt werden, um den
erhöht, um den für einen zweiten Kanal benötigten Querschnitt zu Durchsatz nicht zu reduzieren, den Verschleiß zu minimieren und die
schaffen. Dabei erweist es sich als vorteilhaft, wenn die Gangbreite Massetemperatur nicht negativ zu beeinträchtigen.
des Feststoffkanals im Barrierezoneneinlauf gleich der Gangbreite
vor der Barrierezone ist. Dadurch werden abrupte Deformationen des An der Schneckenspitze befindet sich in der Regel noch eine Rück­
Feststoffbettes beim Übergang in die Barrierezone vermieden. Um strömsperre, die das Zurückströmen der sich im Schneckenvorraum
ein kontrolliertes Aufschmelzen zu gewährleisten, sollte weiterhin der befindlichen Schmelze während der Einspritz- und Nachdruckphase
Auslauf des Feststoffkanals geschlossen sein, so dass das Material verhindern soll.
nur über den Barrierespalt in den Schmelzekanal und somit in den
Schneckenvorraum gelangt. Nachteilig kann sich bei Scher- und Mischteilen, die zusätzlich zur
Rückstromsperre eingebaut werden, die Verlängerung der Schnecke
Besonders bei der Auslegung von Barriereschnecken ist die Unterstüt­ oder die Verkürzung der Meteringzone auswirken. Diesen Nachteil
zung durch die rechnerische Simulation hilfreich, denn die Barriere­ kann man überwinden, wenn die Rückstromsperre modifiziert und
zone weist eine höhere Anzahl von Freiheitsgraden bei der Gestaltung Misch-Elemente integriert werden. Durch eine Konstruktion, wie
auf. Dadurch kann die Schneckengeometrie zwar an einen bestimmten in Abbildung 8 unten dargestellt, kommt es in Verbindung mit der
Anwendungsfall besser angepasst werden, aber das System reagiert Rotation und der axialen Verschiebung der Schnecke zu einer sehr
unter Umständen auch empfindlicher und beinhaltet mehr mögliche homogenen Vermischung. Der von BASF patentierte Mischring wird
Fehlerquellen. heute für vielfältige Anwendungen, insbesondere beim Selbsteinfärben
eingesetzt.

Rückströmsperre

Maddock-Scherteil Wendelscherteil

Zahnscheibenmischteil Rautenmischteil

BASF-Mischer

Abb. 7: Dreizonenschnecke mit gängigen Scher- und Mischteilen Abb. 8: Rückstromsperre und BASF-Mischer

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Optimierung und Simulation Neben dem Erreichen des angestrebten Massedurchsatzes ist ein voll­
ständiges und korrektes Aufschmelzen von entscheidender Bedeutung
Im praktischen Spritzgießprozess können Probleme auftreten wie: bei der Optimierung eines Plastifizieraggregates. Denn die Realisierung
Einzugsschwierigkeiten des maximal erzielbaren Durchsatzes ist nur dann sinnvoll, wenn ein
zu hohe Massetemperaturen vollständiges Aufschmelzen und eine ausreichende Homogenität vor­
unaufgeschmolzenes Material ausgesetzt werden können.
Schlieren und Blasen
stoffliche und thermische Inhomogenitäten Mit Hilfe des Simulationsprogramms wird die dimensionslose Fest­
Schwankungen von Schussgewicht und Dosierzeit stoffbettbreite Y berechnet, die definiert ist als die Feststoffbettbreite
Verschleiß an Schnecke und Zylinder x bezogen auf die Kanalbreite b (bei Barriereschnecken bezogen auf
den Feststoffkanal). Abbildung 10 zeigt einen günstigen und einen
Als Ursache für diese Probleme wird dann häufig allgemein die ungünstigen Aufschmelzverlauf. Die Interpretation des Aufschmelzver­
Spritzgießplastifiziereinheit genannt, jedoch ohne eine genauere Spezi­ laufs ermög­licht Aussagen über das Verhältnis von Förder- zur Auf­
fikation. Der Grund hierfür ist, dass die Plastifiziereinheit als Black-Box schmelzleistung der Schnecke und eine qualitative Abschätzung der
betrachtet wird, da sie sich der direkten Beobachtung entzieht. Ledig­ erzielbaren Homogenität der Schmelze im Schneckenvorraum. Hierbei
lich einige wenige Größen, wie z. B. Massetemperatur, Heizzonen- sind die beiden in Abbildung 10 dargestellten Effekte, Ansteigen der
temperaturen, Drehmoment und Druck im Schneckenvorraum können dimensionslosen Feststoffbettbreite und Restfeststoff zu Beginn eines
zur Abschätzung des Betriebsverhaltens herangezogen werden. Eine Scher- oder Mischteils, von besonderer Bedeutung.
Zuordnung dieser quantifizierbaren Größen zu ihren Ursachen ist
häu­fig schwierig und erfordert sehr viel Know-How. Hieraus ergibt sich Ein Ansteigen der dimensionslosen Feststoffbettbreite kann zum
ein starker Informationsbedarf bzgl. der Zusammenhänge, um eine Auseinanderbrechen des Feststoffbettes durch zu starke Deformation
Prozessoptimierung oder Neuauslegung des Aggregates vornehmen und zur Entstehung einzelner Feststoffinseln führen, die nicht mehr
zu können. effektiv durch Scherung aufgeschmolzen werden. Besonders bei höher
aufschmelzenden Polymeren (großer Enthalpiebedarf) in Verbindung
Die Kopplung des bei BASF über lange Zeit gesammelten Erfahrungs­ mit zu früher oder zu starker Kompression besteht die Gefahr, dass die
wissens mit den Ergebnissen aus Simulationsrechnungen ist eine dimensionslose Feststoffbettbreite wieder auf den Wert 1 anwächst,
ideale Voraussetzung dafür, den Plastifizierprozess transparenter und was gleichbedeutend mit dem „Verstopfen“ der Schnecke ist. In die­
kalkulierbarer zu gestalten. Dies ist erforderlich, um Schwächen auf­ sem Fall ist in der Praxis mit einer Drosselung des Massedurchsatzes
zudecken und ggf. sicher und schnell zu einer optimierten Schnecken­ und mit Homogenitätsproblemen zu rechnen.
geometrie zu gelangen (Abb. 9).
Neben dem Ansteigen des Verlaufes der dimensionslosen Feststoffbett­
breite muss vermieden werden, dass am Ende der Schnecke bzw. zu
Beginn eines Scher- oder Mischteils noch Restfeststoff vorliegt. Dies
würde bei kleineren Restfeststoffanteilen zu inhomogener Schmelze
mit vereinzelten Feststoffpartikeln führen. Bei höheren Feststoffantei­
len kann es in Scherteilen zu einem Materialrückstau und zu Durch­
satzschwankungen kommen. Bei einem Zusetzen des Spaltes würde
außerdem ein hoher Druckverbrauch auftreten.

Ein Verstopfen der Scherstege kann nicht nur in Scherteilen mit abge­
Er dichteten Kanälen, sondern auch in Barrierezonen mit geschlossenen
wi fah g
ss ru n Ein- und Auslaufkanälen auftreten. Dies ist dann der Fall, wenn die
en ng nu
BA s- ch
SF re Dosierzeit/Durchsatz Aufschmelzleistung der Barrierezone zu gering ist oder der Ort der
Be
Druckverlauf Schmelze(-wirbel)bildung (OSW) in der Barrierezone liegt.
Temperaturverlauf
Aufschmelzverlauf

Abb. 9: Transparentere Plastifiziereinheiten durch Simulation

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Gegenüber den Scherteilen haben Barrierezonen hierbei den Vorteil,
dass aufgrund ihrer in der Regel größeren Länge ein Verstopfen
jenach Aufschmelzleistung nur lokal auftritt. Aber auch dieses lokale
Verstopfen kann zu unerwünschten Durchsatzschwankungen führen Barrierezone
und sollte deshalb vermieden werden.

Beim Spritzgießen ist es, im Gegensatz zur Extrusion, bedingt durch


das axiale Verschieben der Schnecke schwieriger, den Beginn und die
Länge der Barrierezone festzulegen. Feststoffkanal Feststoffkanal

Hier ist es problematisch, dass unterschiedlichste Schussgewichte Schmelzekanal Schmelzekanal


und somit Dosierwege gefahren werden sollen. D.h. je nach Dosier­
weg liegt der Anfang der Barrierezone näher oder weiter entfernt vom
Trichter, wobei sich der Ort der ersten Schmelzebildung nicht verän­ Abb. 11: Barrierezone mit geschlossenen Ein- und Ausläufen
dert. Es muss für eine problemlose Arbeitsweise gewährleistet sein,
dass der Ort der ersten Schmelzebildung vor der Barrierezone liegt,
um eine Trennung in Feststoff und Schmelze durch den Barrieresteg
vornehmen zu können. Ansonsten kommt es zu einer Teilfüllung des
Schmelzekanals, was gleichbedeutend mit einer Durchsatzreduzierung
bzw. Dosierzeiterhöhung ist. Außerdem kann es zu lokalen Überhit­ Der Aufschmelzvorgang wird neben der Schneckengeometrie, den
zungen im Feststoffkanal (besonders im geschlossenen Auslauf) Verfahrensparametern (Drehzahl) und der Verweilzeit auch von den
kommen, wenn nicht genügend Material aufgeschmolzen wird, das in Materialeigenschaften beeinflusst. Die Enthalpie (Aufschmelzenergie)
den Schmelzekanal strömt. und die Viskosität (Fließverhalten) weisen bspw. zwischen amorphen
und teilkristallinen Kunststoffen große Unterschiede auf.
Bei richtiger Dimensionierung ergibt sich das in Abbildung 11 dar­
gestellte Ergebnis einer vollständigen Trennung von Feststoff und Hierzu sind in den Abbildungen 12 und 13 exemplarisch die Enthalpie-
Schmelze mit vollgefülltem Schmelzekanal. Dadurch können hohe und Viskositätskurven für ein amorphes und ein teilkristallines Material
Durchsätze bei ausreichender Homogenität erzielt werden. Ähnlich wie gezeigt. Aus den großen Unterschieden in benötigter Aufschmelze­
auch für a­ ndere Schneckenkonzepte gilt auch hier, dass sich dieses nergie und im Fließverhalten lässt sich ableiten, dass es schwierig ist,
Ergebnis nicht mit einer einzigen Geometrie optimal für das gesamte mit einer Schneckengeometrie möglichst alle Materialien und das bei
Materialspektrum und beliebige Betriebspunkte erzielen lässt. unterschiedlichsten Betriebs­punkten optimal zu verarbeiten.

1,0 800
norm. Feststoffbettbreite Y

Enthalpie (J/g)

Ultramid® (PA 66)


Y= x Polystyrol (PS)
b
600
ungünstig

0,5
400
günstig x
b
200

OSW
0,0
25 20 15 10 5 0 0
0 100 200 300 400
Temperatur (°C)

Raum- Masse- Masse-


Schneckenlänge (L/ D) temperatur temperatur_PS temperatur_PA

Abb. 10: Prinzipielle Aufschmelzverläufe Abb. 12: Enthalpieverläufe für zwei unterschiedliche Materialien

8
Viskosität (PA*s)

norm. Feststoffbettbreite Y
1 Ultramid® A3W
104
Polystyrol 168 N

103

0,5

102

101
0
280°: Ultramid® A3W 20 16 10 0
230°: Polystyrol 168 N
100
10-1 100 101 102 103 104 105
Schergeschwindigkeit (1/s) Schneckenlänge (L/D)

Abb. 13: Viskositätsverläufe für zwei unterschiedliche Materialien Abb. 15: Aufschmelzverläufe für zwei unterschiedliche Materialien

Um dies zu verdeutlichen, sind in Abbildung 15 die Aufschmelzverläufe Fazit


für ein Polystyrol (PS) und ein Ultramid® (PA) bei gleicher Schnecken­
geometrie gegenübergestellt. Man erkennt, dass große Unterschiede Standard- oder Universalschnecken, wie die Dreizonenschnecke,
in den Verläufen (Aufschmelzende) bestehen. Es dürfte schwierig sein, decken auch heute noch einen großen Teil des Anforderungs- und
eine Schneckengeometrie für beide Materialien optimal auszulegen. Materialspektrums ab. Aber es treten in letzter Zeit vermehrt
Der Einsatz der gleichen Schnecke für beide Werkstoffe setzt voraus, Anwendungsfälle auf, in denen höhere Ansprüche an die Schmelze­
dass nur geringere Anforderungen an Durchsatzleistung, mögliche qualität (Homogenität) gestellt werden, als die Dreizonenschnecke
Schussgewichte und Homogenität gestellt werden. erfüllen kann. Um die geforderte Homogenität zu erreichen, werden
dann zusätzliche Barrierezonen sowie Scher- und /oder Mischteile
eingesetzt. Inwieweit sich die Homogenität durch solche Maßnahmen
steigern lässt, zeigt Abbildung 14. ­„Wieviel Schnecke“ bzw. welches
Konzept eingesetzt werden soll, muss je nach Anwendungsfall ent­
schieden werden. Die Anforderungen, gerade bzgl. Homogenität, kön­
nen dabei sehr unterschiedlich sein.

Im Rahmen dieser technischen Information sollen Möglichkeiten für


Schneckenkonzepte aufgezeigt werden. Die Universalschnecke, die
Dreizonen- Dreizonen- Barriere- alle Probleme mit einer einzigen Geometrie löst, gibt es auch weiterhin
schnecke schnecke mit schnecke mit
Scher- und Scher- und
nicht. Aber es gibt genügend Möglichkeiten, die gestellten Anforde­
Mischteil Mischteil rungen zu erfüllen.

Abb. 14: Homogenitätsergebnisse

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Ausgewählte Produktliteratur:

Ultramid® – Hauptbroschüre
Ultramid® – Sortimentsübersicht
Ultradur® – Hauptbroschüre
Ultradur® – Sortimentsübersicht
Ultraform® – Hauptbroschüre
Ultraform® – Sortimentsübersicht
Ultrason® – Hauptbroschüre
Ultrason® – Sortimentsübersicht
Ultramid®, Ultradur® und Ultraform® – Verhalten gegenüber Chemikalien
Ultrason® – Verhalten gegenüber Chemikalien

Zur Beachtung
Die Angaben in dieser Druckschrift basieren auf unseren derzeitigen Kenntnissen

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bei Verarbeitung und Anwendung unseres Produktes nicht von eigenen Prüfungen
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