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Methodologie

1. Prüfungscoaching: Donnerstag, 14.12.2017, 16.45 - 18.15 (NIG HS I)


2. Prüfungscoaching: Freitag, 15.12.2017, 16.45 - 18.15 (NIG HS I)

Einheit 1: Wozu betreiben wir empirische Sozialwissenschaften?


Empirie = an der Erfahrung orientiert ausgerichtet  gelebte Erfahrungen, Theorien müssen an
diesen Erfahrungen überprüfbar sein

Forschungsstrategien am Beispiel klassischer Studien:

1. Frage nach dem WAS: Die Arbeitslosen von Marienthal (Single-factory town,
Lebensgrundlage bricht zusammen nach Schließung der Fabrik; Studie angewiesen von Paul
Lazarsfeld)
2. Frage nach dem WIE: Street Corner Society (Bostoner Slum in den späten 40ern,
Immigration, italienische Ghettobildung und –struktur)
3. Frage nach dem WARUM: Wahlen und Wähler (Paul Lazarsfeld, penal design mit einem
Befragtenpool, dessen Mitglieder monatlich befragt werden  Meinungsbildung und –
wechsel)
4. Frage nach der Kausalität: Das Milgram-Experiment (Experiment als Forschungsstrategie,
Ursache/Wirkung erforschen)
5. Frage nach Unterschieden und Gemeinsamkeit: Der Selbstmord (Vergleich als Mittel zur
Erkenntnis, Durkheim-Studie)

Wozu betreiben wir Wissenschaft?


Alltagswissen

- Zielt auf Handlungsfähigkeit im Alltag – gesteuert durch Routinen (z.B. Ampel beachten, um
im Straßenverkehr überleben zu können  automatisierte Prozesse durch Alltagswissen)
- Alltagswahrnehmung hat aber auch Filter
o Unreflektiert selektiv: wir nehmen nur kleine Ausschnitte wahr (z.B. jedem fallen
andere Aspekte eines Events auf)
o Unreflektiert perspektivisch (standortgebunden): z.B. man nähert sich einer Stadt
von verschiedenen Strecken, aus der Luft, etc. – bekommt eine andere Perspektive
auf die Stadt
o Selbstverständlich: die Grenzen unserer Alltagswahrnehmung fallen uns nicht auf,
weil Alltagswissen so selbstverständlich ist

Wissenschaftler arbeiten darum bewusst in ihren Forschungsfeldern, versuchen, ihre Erkenntnisse


nicht unreflektiert selektiv, perspektivisch oder selbstverständlich wahrzunehmen.

Wissenschaftliches Wissen

- Institutionalisierte Reflexion: Wissen wird z.B. in Universitäten erzeugt, wo die Lehrende von
bestimmten Handlungszwängen frei sind
- Systematisch erzeugtes Wissen: methodisch kontrolliert, theoretisch formuliert
- Intersubjektiv zugänglich und überprüfbar = objektiv; jeder muss das
nachvollziehen/diskutieren/kritisieren können
- Erzeugungsprozess hat Regeln zu folgen: Quellen angeben, Nachvollziehbarkeit garantieren,
Definitionen, Begründungen
- Grundregeln werden in sog. Meta-Theorien (übergeordnete Theorien) festgelegt, wie
Wissenschaftstheorie und Methodologie

Wissenschaftstheorie

Beschäftig sich auf abstrakter Ebene mit allen Wissenschaften

1. Was gilt als wissenschaftliche Aussage?


2. Wie kommt wissenschaftliche Erkenntnis zustande?
3. Welche allg. Regeln sollen den wissensch. Erkenntnisprozess steuern?

Methodologie

(viel konkreter und quasi eine Ebene unter Wissenschaftstheorie)

- Konkretisiert wissenschaftstheoretische Festlegungen für bestimmte


Disziplinen/Disziplinsbündel (Sozialwissenschaften) und Gegenstandsbereiche: z.B. die
Sozialwissenschaften teilen viele methodologische Ansichten, aber die Naturwissenschaften
operieren ganz anders
- Formuliert Handlungsanweisungen/Vorgehensweisen in Hinblick auf
o Ablauf des Forschungsprozesses
o Umgang mit Daten und Theorie (z.B. erst Theorie, dann Empirie oder umgekehrt?)
o Verhalten der Forscher (z.B. neutral und wertefrei oder bin ich Teil der untersuchten
Gruppe?
- Stellt Gütekriterien auf z.B. Repräsentativität

Methoden

methodos = der Weg zu etwas hin

Methoden sind also Werkezeuge, um Gedankenkonstruktionen über die Wirklichkeit zu machen 


z.B. Fragebogen, teilnehmende Beobachtung, Auswertungstechniken
das Endprodukt dieser Konstruktionen: wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirklichkeit
(formuliert in Hypothesen, Theorien, Modellen, etc.)  Ziel der Wissenschaft

Früher Versuch, Regeln für die Sozialwissenschaften aufzustellen:

Emile Durkheim

- 1858 – 1917
- Soziologe aus Frankreich
- Physikstudium
- Erlebte industrielle Revolution  große gesellschaftliche Veränderungen, Arbeiterbewegung
 Wollte Gesetzmäßigkeiten im „ungeordneten“ sozialen Leben finden, Philosophie kann
Gesellschaft nicht erklären, Psychologie schaut nur auf innermenschliche Prozesse, nicht
auf Gesamtgesellschaftliches – Ziel der Etablierung der Soziologie, um das gesellschaftl.
Zusammenleben der Menschen zu erforschen
 Wichtigste Werke:
o Über die soziale Arbeitsteilung
o Der Selbstmord
o Die Regeln der soziologischen Methode
Definition des Gegenstandsbereich (immerhin war Soziologie eine neue
Wissenschaft): empirische Wissenschaft, keine Psychologie (=individuelle
Bedürfnisse, etc.) sondern Ansetzen bei kollektiven Phänomenen  SOZIALE
TATBESTÄNDE (z.B. Burn-out: zuerst leidet ein Mensch individuell daran 
Psychologie; wenn es ein Massenphänomen wird  Sozialwissenschaft), die sind
wie Dinge zu betrachten/zu messen/etc., um Spekulationen wie in der
Philosophie zu vermeiden  aber man kann nicht wie in den
Naturwissenschaften diese außenstehende Beobachterposition („Lieber Gott-
Perspektive“) einnehmen

Soziale Tatbestände

- Sind den Menschen nicht angeboren, sondern entstehen aus dem Zusammenleben 
Sozialisierung
- Treten in der Gesellschaft allgemein auf  kollektive Phänomene
- Sind mehr als die Summe individueller Handlungen  es muss mehr sein als „100 Menschen
machen dies“
- Führen ein von den Individuen unabhängiges Eigenleben  das „mehr“ als die Summe
- Üben sehr wohl sozialen Druck auf das einzelne Individuum aus  Umgangsformen
(Sozialisierung!)

Sind eine Realität, die sich weder auf

o Physische (z.B. Selbstmord liegt am dunklen Winter),


o noch auf biologische (z.B. Selbstmord liegt am hohen Alkoholkonsum)
o oder psychische (z.B. Selbstmord aufgrund Psychose)

Faktoren zurückführen lassen  SOZIALES LÄSST SICH NUR DURCH SOZIALES ERKLÄREN

Einheit 2: Historische Annäherung – Frühe Formen der empirischen


Sozialwissenschaft
Frühe Formen früher empir. Sozi.forschung

- als Hilfe für Verwaltung (z.B. nach Eroberung eines neuen Reiches  wieviel Steuern können
wir von dort erwarten?)
o Anfänge in der Antike: z.B. Zählungen von selbstständigen Haushalten (reichere
Personen, oft auch Sklaven und unverheiratete Familienmitglieder im Haushalt) in
Ägypten im 2. Jhd. v. Chr.
o Staatsbeschreibungen in England 1085  normannische Eroberung, Informationen
zur Steuererhebung im eroberten Gebiet, etc.
o Politische Arithmetik in England:
 Sir William Petty (1623 – 1687), Allgemeingelehrter, kommt mit Cronwell-
Armee nach Irland (Armee bezahlt mit irischen Gütern aus Enteignungen,
Petty soll dazu Aufzeichnungen machen um eine Bestandsaufnahme zu
erstellen)  Unterstützung der englischen Kolonialverwaltung in Irland,
wollte alles in „Zahlen, Gewichten und Maßen“ ausdrücken und Dinge in
Relation setzen (fragte z.B. nach Haushaltseinkommen einer Familie und
dann nach Tabakkonsums des Mannes)  „Statistik“
 John Graunt (1620 – 1674), Auswertung von bereits existierenden Daten:
Geburts- und Sterbematrikel der Kirche für die Berechnung von Sterberaten
 Hinweis auf Ausbrechen von Epidemien wenn Sterberaten in best.
Regionen erhöht  „Statistik“
o Merkantilismus/Kameralistik
18. Jhd.  schon zentrale, absolutistische Staatlichkeit, gezielte staatliche
Wirtschaftspolitik braucht Informationen über Ressourcen f. Industrialisierung  als
Hilfe für Verwaltung: beschreibende Monographien, wie z.B. die deutschhe
Universitätsstatistik – Aufzählungen über staatliche Einnahmen/Ausgaben,
Exporte/Importe, militärische Stärke des Staates, Topographie, etc.
- als ethnographische Beschreibung von Reisenden  Berichte, Mitgebrachtes
Sammeln und Entdecken
o Antike: erster Kulturvergleich bei Herodot 5. Jhd. v. Chr. Berichte über das damalige
Persien
o später Berichte der Entdeckungsreisenden, Missionare und früher Kolonialisten 
daraus entwickelte sich KSA, im 19. Jhd. Forschungsreisen mit dem Ziel
systematischen wissensch. Handelns
o Faszination für das „Fremde“ weicht bald dem Bild der „unzivilisierten,
unmoralischen Wilden“  auch Missionare und andere Entdecker tauchen selten
wirklich in die andere Kultur ein, bleiben immer außerhalb  jahrhundertelang
bleibt dieses Bild aufrecht, erst im Zuge der Aufklärung (18. Jhd.) kommt ein anderes
wissenschaftl. Interesse dazu (Abwertung d. anderen Kulturen weicht nach und nach)
o Systematische Forschungsreisen: Offenheit für wechselseitige Erhellung, Reflektion
auf europ. Kulturen aus Blickwinkel d. anderen Kulturen
o Sammeln von Ethnographica (zunächst unsystematisch, als Deko-Objekte, dann) als
intersubjektiv nachvollziehbare, sinnvolle Tätigkeit und als Grundlage wissenschaftl.
Studien (siehe Bastian)
- als Weg zur Sozialreform (ca. ab 1850)
o Social Surveys aus England ab 1790: Berichte aus Armenhaus  Folgen der
Industrialisierung, Menschen sind nicht mehr Leibeigene und arbeiten/leben unter
schlechtesten Bedingungen in d. großen Fabriksstädten
 Gründung von „statistical societies“ in 1830ern, 1840ern als lokale
Vereinigungen von Privatleuten, die Angst vor Aufständen des Proletariats
haben
 Später gab es auch Enqueten
 Method. Innovation des „statistical movement“:
standardisierte Erhebungsinstrumente (MC-Fragebögen z.B.), Einsatz
professioneller Datenermittler,
Entwicklungen von Prüftechniken um die Zuverlässigkeit von Aussagen zu
überprüfen (z.B. Frage an Hausfrau, wie sie mit dem Geld auskommt –
Antwort tendenziell nein; Überprüfung beim Kaufmann im Schuldenbuch)
Diskussion „zuverlässiger“ Indikatoren: Armut muss definiert, messbar
gemacht werden – z.B. Höhe des Haushaltseinkommens & wie groß ist der
Haushalt, sind Kinder unterernährt, wie groß ist die Wohnung,…
Perfektionierung der Techniken der Datenaufbereitung – z.B. Versuch der
Überprüfung von vermuteten Zusammenhängen durch Bildung von
Vergleichsgruppen
 Untersuchung parlamentarischer/administrativer Einrichtungen
sozialpolitische Enquêten: Parlamentsausschüsse des Unterhauses hatten
Recht auf Einvernahme von Zeugen; Fabriksinspektoren wurden eingerichtet
  Methodische Innovation durch cross-examination (Einsatz untersch.
Methoden und Vergleich deren Ergebnisse)
o Viktor Adlers Sozialreportage „Die Lage der Ziegelarbeiter“ (1888): v.a. Tschechen
arbeiteten am Wienerberg, lebten in Arbeitersiedlungen (unter schlechtesten
Bedingungen), erst Drasche (Industrieller) Besitzer, dann wurde die Fabrik zu einer
Aktiengesellschaft  Gewinnmaximierung, keine Sozialleistungen mehr, Blechlohn
(TRUCK) statt richtigem Geld, Arbeiter durften Fabriksgelände teilweise nicht
verlassen
Adler schreibt Artikelreihe über diese Verhältnisse, daraufhin wird TRUCK-System
abgeschafft, Arbeitstage werden leicht verkürzt  leichte Verbesserungen, Adler
zahlte leichte Geldstrafe
- 2 untersch. Wege systematischer Sozialforschung (Soziologie Ende d. 19. Jhd. schon als
eigene Disziplin)
o Moralstatistik
Ziel: Suche nach sozialen Regelmäßigkeiten/Gleichförmigkeiten um (soziale) Gesetze
aufzuspüren; Methode: statistische Analyse & Wahrscheinlichkeitsrechnung
Adolphe Quètelet (19. Jhd.), Belgier, Statistiker, Begründer der modernen
Sozialstatistik  Folgen die sozialen Handlungen d. Menschen best. Gesetzen?
er vermutet Gleichförmigkeiten, die er systematisch abtestet:
- Einfluss des Alters auf die Fruchtbarkeit der Ehen
- Einfluss von Beruf, Familienstand auf Sterblichkeit
- Einfluss des Alters auf Kreativität von Theaterautoren
allerdings nur Zusammenstellung von Daten, keine Erklärungen dazu, keine
theoriegeleitete Systematik
wendet die Gaußsche Normalverteilung & Wahrscheinlichkeitstheorie auf sozio-
demographische Merkmale an  „Homme moyen“, Durchschnittsmensch, z.B.
Quètelet index = Grundidee für den heutigen Body Mass Index
o vs. Monographie
Einzelfallstudien als Forschungsstrategie (und deren vergleichende Auswertung)
Frederic Le Play (19. Jhd.), Bergbau-Ingenieur, Berater von Napoleon III
zweifelt an der Aussagekraft statistischer Größen  Komplexität menschlichen
Lebens geht in Statistik verloren
macht Monographien von 36 Familien (jeweils typisch für die Region) 
Erhebungseinheit FAMILIE nicht Individuum, systematische Darstellung v.
Einnahmen/Ausgaben, Konsumgewohnheiten, Erstellung v. Haushaltsinventaren
durch direkte Beobachtung, etc.
Forschungsziel: Familientypologie auf Basis von Einzelfallbeschreibungen, Vergleich
der versch. Monographien
Problem: Kriterien für die Auswahl der Familien unklar
 statistische (Global)analyse und monographische Detailanalyse ergänzen einander
im Idealfall
- Als Markt- und Meinungsforschung

Einheit 3: Die Frage nach dem "Was": Sammeln und Erfassung von
Informationen zur Gesellschafts- bzw. Kulturbeschreibung
Die Arbeitslosen von Marienthal (Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld, …)
Umstände in Österreich zu der Zeit:
- Austromarxismus, rotes Wien (2 Mio.) Anfang der 30er Jahre – sozialdemokratisch geprägt
- Ländliches Umfeld – christlich-sozial dominiert
- 3 Psychologische Schulen
o Psychoanalyse (Freud)  deutend
o Individualpsychologie (Adler)  deutend
o Empirisch (Uni Wien, Bühler)  naturwissenschaftl. Ausgerichtet, systematische
Beobachtung
 Marienthal-Studie sehr nah an der psycholog. Schule der Bühlers, die beiden vergeben
auch die Gelder der österr. Wirtschaftspsycholog. Forschungsstelle (Projektträger d.
Marienthal-Studie)

Autoren

Paul Felix Lazarsfed

- Sohn einer reichen Familie, liberales Elternhaus


- Eltern Sozialdemokraten
- Später Mitglied der Revolutionären Sozialisten
- Studierte Mathematik, Physik
- Unterrichtete erst, dann analysierte er Statistiken für die Bühlers an der Uni Wien
- Emigrierte 1933 in die USA, blieb dort um schließlich zu unterrichten

Marie Jahoda

- Verheiratet mit Lazarsfeld (Tochter, Scheidung dann 1933)


- Lehrerinnenausbildung, Psychologie-Studium an der Uni Wien bei den Bühlers
- Sozialdemokratin
- Ab 1934 Mitglied einer illegalen Gruppierung von Sozialdemokraten Verhaftung
- Gezwungen, Österreich zu verlassen
- Erst nach England, dann USA (mit Lazarsfeld), dann wieder England
- Dort Professur und Heirat mit Labour-Politiker

Hans Zeisel

- Fotograf in Marienthal
- Emigrierte in die USA
- Sozialwissenschaftler geworden

Entstehungszusammenhang der Studie:

- Arbeitslosenrate innerhalb v. 2 Jahren verdoppelt (auf 22%)


- Ganze Regionen von Fabriksschließungen betroffen
- SDAP führte Diskussion auf politisches Engagement
o Resignation durch Selbst-Fokus
o Radikalisierung durch Langeweile

Marienthal:

- Errichtet rund um eine Baumwollspinnerei


- Textilarbeiter mit Familien ziehen zu  „künstlicher Ort“
- Marienthal wird Hochburg der Arbeiterbewegung
- Körperkultur blüht auf (Sport und Theater)

Forschungsziel:
- Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf
o Individueller Ebene
o Ebene des Gemeinschaftslebens

Fragestellungen dazu: Auswirkungen auf…

…persönliche Pläne, Zukunftserwartungen


…Zeitverwendung
…Familienleben
…Leben in der Dorfgemeinschaft
…politisches Engagement

Soziographie als Forschungsmethode:

- Versuch einer umfassenden Darstellung/Beschreibung


- Lazarsfeld: „Verwendung exakten Zahlenmaterials mit Sicheinleben in die Situation
verbinden“
 Zusammenführung/Kombination der Daten aus versch. Methoden/Quellen

Achsen der Soziographie

1. Verbindung subjektiver & objektiver Daten z.B. Angaben aus Interviews und
Zeitverwendungsbögen & Ergebnis der Gehgeschwindigkeitsmessung

2. Ergänzung statistischer Analysen mit Einzelfallanalysen z.B. Mitgliederverzeichnisse der Vereine


und Angaben aus den Interviews zum Freizeitverhalten („Früher sind wir öfter nach Wien gefahren)

3. Vergleich gegenwärtiger und vergangener Daten z.B. Veränderungen im Leseverhalten

4. Überprüfung natürlicher Daten mit experimentell gewonnenen Daten z.B. Kassabuch des
Kaufmanns mit Essensinventar der Familie

5. Zusammenführung elementarer und komplexer Einheiten z.B. Einzelfallanalysen von 100 Familien
zur Bildung von Haltungstypen

Auswertung

- Zusammenführung untersch. Daten und Quellen zu verdichteten Fallanalysen (Familien)


- Vergleich der Einzelfälle entlang zentraler Indikatoren wie z.B. Zustand der Wohnung
- Korrelation einzelner Indikatoren z.B. Dauer der Arbeitslosigkeit und Zustand der Wohnung
- Zusammenfassung der einzelnen Indikatoren zu übergeordneten Kategorien (Grad der
Verwahrlosung der Wohnung)

Forschungsprogramm:

- Immer objektive und subjektive Daten vorlegen


- Statistisches Material verbinden mit Einzelfällen
- Entwicklungsgeschichtliche Informationen
- Kombi aus natürlichen (ergeben sich aus dem normalen Leben) und experimentell
gewonnener Daten

Aktionsforschung als Forschungsstrategie:

- Mitarbeiter sollen neben der Forschung auch Hilfe anbieten


o Kleideraktion „Winterhilfe“ (benützt um mit dem Leuten schon mal ins Gespräch zu
kommen)
o Ärztliche Sprechstunden (Informationen gesammelt über Ernährungszustand der
Kinder)
o Erziehungsberatung (Veränderung des Verhältnisses Eltern-Kinder mit zunehmender
Arbeitslosigkeit)
o Schnittzeichenkurse für Frauen (so konnte die Bevölkerung alte Kleidung
wiederverwerten  praktisch in der Situation wo Kaufkraft so niedrig war;
außerdem haben die Forscher Protokolle über die Plaudereien der Frauen gemacht)
o Turnkurs der Mädchen & Preisausschreiben für Jugendliche (NICHT erfolgreich)

Forschungsmethoden:

- Kombination versch. Methoden


o Non-reaktive Verfahren – Daten sind quasi schon da
Auswertung amtlicher Statistiken (Wahlstatistik, etc.), Dokumentenanalyse
(Geschäftsbücher, Mitgliederzahlen von Vereinen,…), Verdeckte Beobachtung
(Messung der Gehgeschwindigkeit, Protokollierung von Gesprächen)
o Reaktive Verfahren – Forscher setzen Impuls, auf den Reaktion folgt
Teilnehmende Beobachtung (Arztsprechstunden,…), Mündliche Befragungen (z.B.
Lehrer  Schuljause der Kinder), Schriftliche Quellen und Befragungen
(Zeitverwendungsbögen, etc.)
- „Crossvalidation“
- Erfindung neuer Methoden

Ergebnisse auf Ebene der einzelnen arbeitslosen Familie

4 familiäre Haltungstypen: ungebrochen  resigniert  verzweifelt  apathisch

Quellen (Erhebungsmethoden):

- Lebensbeschreibungen
- Haushaltsinventare
- Interviews
- Schulaufsätze
- Teilnehmende Beobachtung

Ungebrochen:

- Aufrechterhaltung des Haushalts


- Pflege der Kinder
- Subjektives Wohlbefinden
- Pläne, Hoffnungen für die Zukunft
- Aufrechterhaltene Lebenslust
- Versuche zur Arbeitsbeschaffung

Resigniert:

- Aufrechterhaltung des Haushalts


- Pflege der Kinder
- relatives Wohlbefinden
- keine Pläne, Hoffnungen mehr
- maximale Einschränkung aller Bedürfnisse (nur mehr unmittelbare Aufrechterhaltung des
Haushalts)

Verzweifelt:

- Aufrechterhaltung des Haushalts


- Pflege der Kinder
- Verzweiflung, Depression („es hat eh keinen Sinn mehr“)
- Hoffnungslosigkeit
- Keine Pläne, keine Jobsuche mehr
- NEU: Vergleich mit der „besseren Vergangenheit“

Apathisch:

- Wohnung und Kinder ungepflegt (es wird nichts mehr repariert)


- Stimmung indolent (depressiv, „alles wurscht“)
- Keine Pläne mehr
- Keine Hoffnung auf Besserung
- Unrationelle Wirtschaftsführung (Geld wird nicht mehr eingeteilt! Unvernünftige Käufe)
- Energieloses, tatenloses Zusehen

Ergebnisse in der Gemeinschaft

- Sinkende Mitgliedszahlen in Vereinen


- Rücklauf bei Zeitungsabos
- Abnahme der Besuche des Arbeiterheims
- Geringere Wahlbeteiligung
- Zunahme von Anzeigen zw. Nachbarn (Frust, keine Solidarität)

These „die müde Gemeinschaft“  „Arbeitslosigkeit bewirkt Resignation und Apathie und keinen
Willen, die Welt umzugestalten“ (Jahoda)

Bedeutung:

- Kombi von statistischer Analyse & monographischer Detailanalyse


- Methodenvielfalt und –kombination
- Pionierstudie auf Gebiet d. Arbeitslosenforschung (mehr als das reine Zählen von
Arbeitslosenraten)

4. Einheit: Die Frage nach dem "Wie": Beschreiben und Verstehen von
Beschaffenheit, Bedeutung und Funktion sozialer Tatbestände und
Zusammenhänge

Grundprobleme sozialwissenschaftlicher Methodologie


Die Frage nach dem „Wie“ (beschreiben und verstehen von Beschaffenheit, Bedeutung und Funktion
sozialer Tatbestände und Zusammenhänge)

Feldforschung: Forschung im Lebensraum der Gruppe durch den Untersuchenden unter natürlichen
Bedingungen
Methoden der Feldforschung:

- Teilnehmende Beobachtung
- Gesprächsführung (aber keine Interviews, eher beiläufig)
- Notieren von Beobachtungen, Gedanken, Gefühlen, typischen Sprachausdrücken, etc.
- Ergänzt durch Dokumentenanalyse, etc.

liefert keine exakten Zahlen, dafür aber Alltagsnähe, Detailgenauigkeit, Vielschichtigkeit

Historische Wurzeln:

1. Anthropologie: Bronislaw Malinowski


2. Soziologie: Chicagoer Schule (20er, 30er Jahre  Soziologen, die die Stadt Chicago als soziales Feld
gesehen haben und sie außerhalb ihres Büro

Malinowskis Prinzipien der Feldforschung


- Erforschung des Aufbaus der jeweiligen Gesellschaft durch „objektive Daten“ (z.B. Tabellen
über Verwandtschaftsverhältnisse)
- Forschung durch teilnehmende Beobachtung des Alltagslebens (bei einem Streit zuhören,
richtig in das lokale Leben eintauchen!)
- Erforschung der Mentalität der „Eingeborenen“ in Mythen, Erzählungen

Fester Umriss des Stammesaufbaus + Einzelheiten der Kultur  „Skelett“


Daten über Alltagsleben + normales Verhalten  „Fleisch und Blut“
Meinungen, Anschauungen und Äußerungen der Eingeborenen  „Geist“

Ziel: Standpunkt des Eingeborenen, seinen Bezug zum Leben zu verstehen (sich seine Sicht seiner
Welt vor Augen führen)

Bsp: Wenn die Trobriander Gäste haben, müssen die jungen unverheirateten Frauen ihnen sexuell
zur Verfügung stehen – deren Liebhaber äußern ihre Eifersucht aber nicht in Form von aggressiver
Gewalt gegen die Frau, sondern sie jammern den älteren Männern etwas vor.

Chicago School
- Hintergrund: USA als Einwanderungsland
- Stadt wird zum „sozialen“ Labor
- Ethnographische Forschungsstrategie statt „arm chair sociology“

William Foote Whyte

- Soziologe, hat ursprüngl. Betriebswirtschaft studiert


- Autor von Street Corner Society (Studie über italienische Immigranten im Bostoner North
End)
- 3jähriges Stipendium der Society of Fellows in Harvard für Whyte

Street Corner Society

- Verstehen der Sozialstruktur eines typischen Einwandererviertels (groß angelegte


Sozialstudie)
- Forschungsansatz: Beobachtung der Interaktion Einzelner  allgemeine Strukturen (Leute
aus der Nähe kennenlernen, um Gesellschaftsorganisation zu begreifen)
- Sozialstruktur konstituiert sich über soziale Interaktionen (Interaktionen bewirken mögl.
Veränderungen in Sozialstruktur  diese Veränderungen sind durch Beobachtung der
einzelnen Interaktionen erkennbar)
- Whyte lebte 3,5 Jahre vor Ort
- Fragestellungen konkretisieren sich erst im Laufe der Feldarbeit (nach 18 Monaten)

Vorgehen:

- Mietet sich bei italienischer Familie ein (lernt dort Italienisch)


- Spricht Leute in Kneipen, etc. an  nicht erfolgreich
- Führt Interviews mit Sozialarbeitern vor Ort
- Um an die Leute des Viertels heranzukommen, lernt er über Sozialarbeiter den Boss einer
Gang kennen  Erfolgsrezept: persönliche Beziehungen zu Schlüsselpersonen in der soz.
Struktur
- Wird Mitglied in lokalen Vereinen (z.B. Mitglied in einem Fitnessverein, um an einen kleinen
Mafiaboss heranzukommen, der auch dort Mitglied ist)
- Geht in die Gemeindezentren
- Wird Wahlhelfer in der Kampagne eines Lokalpolitikers

Methoden:

- Teilnehmende Beobachtung mit Alltagsgesprächen (Abhängen mit der Gang von Doc)
- Fast keine Interviews
- Dokumentation von Spielergebnissen (über die im Vorhinein Wetten abgeschlossen wurden,
bei denen die Führungspersonen eher gewinnen als die aus der niedrigen Hierarchie)
- Soziale Landkarten zur Analyse von Interaktionsverläufen und Beziehungsmustern 
Beziehungssoziogramme
- Indexsystem zur Materialordnung für jede Gruppe, in die Whyte (zeitweise) eingetaucht ist

Ergebnisse:

Was macht einen Führer aus? (Leadership)

- Initiiert Aktivitäten für die Gruppe


- Muss in den für die Gruppe wichtigen Aktivitäten gut sein (Bsp. Bowling-Spiel)
- Hat am meisten Außenkontakte
- Hat Verpflichtungen (finanziell) gegenüber den anderen Mitgliedern (z.B. muss Runden
spendieren, „anpumpbar sein“)

Sozialstruktur im italienischen Einwandererviertel geprägt von traditionellen Mustern des


Klientelismus

- Persönliche Abhängigkeiten
- Hierarchische Beziehungen
- Wechselseitige Verpflichtungen

 einerseits Schutz, andererseits dysfunktional für den sozialen Aufstieg in der amerikanischen
Gesellschaft (Bsp. Doc nimmt Job im Gemeindezentrum nicht an, da er sonst seine Position in der
Gang verlieren würde)

Empfehlungen für das Verhalten des Forschers im Feld: nicht streiten, nicht moralisieren, nicht
versuchen zu beeinflussen, nicht immer nur fragen, lernen wann Fragen angebracht sind oder nicht,
„Rumhängen“ als aktiver Vorgang
Gefahr des „going native“:
zu tiefes Eintauchen führt fast vom nicht teilnehmenden Beobachter zum nicht beobachtenden
Teilnehmer  man hält dieselben Dinge für selbstverständlich wie die Forschungssubjekte in
Cornerville

(Whyte hat Wahlbetrug begangen, indem er mit einem anderen Ausweis mehrmals wählen war 
Grenze, die man als Sozialwissenschaftler nicht überschreiten darf)

Studie wurde erst von der Öffentlichkeit angenommen, als Kapitel über die Methoden angefügt
wurde (Rolle des Forschers als teilnehmender Beobachter – going native, falsche Fragen, Grenzen der
Forscher); ist aber sehr wichtiger Beitrag zur Stadtsoziologie und Migrationsforschung

Kennzeichen ethnographischer Forschung:


- Umgang mit Theorie/Vorwissen, das nur eine sehr allgemeine Richtung vorgibt (keine
konkrete Theorie, die überprüft wird)
- Konkrete Forschungsfragen entwickeln sich mit der Empirie
- Vergleich von einzelnen Beobachtung führt zu Generalisierung  induktiv
- Eintauchen in das soziale Feld
- Methoden: teilnehmende Beobachtung & Gesprächsführung

5. Einheit: Die Frage nach dem "Warum": Das Zustandekommen von


Veränderungen im Verhalten und Meinungen
Grundprobleme sozialwissenschaftlicher Methodologie
Analyse von Wirkungszusammenhängen

Geschichte der Wahlforschung:

- Erste Wahlprognosen in den USA (Probeabstimmungen = straw polls) seit den


Präsidentschaftswahlen 1824  bei größeren Menschenansammlungen (vor Wahlen)
durchgeführt, Menschen mussten sich je nach politischer Orientierung aufstellen
Probleme: nicht alle Leute dieser Stichproben sind wahlberechtigt, nicht alle sind nüchtern,…
- Ab Ende des 19. Jhds.  regelmäßig große Umfragen, von Zeitungen organisiert (z.B. Literary
Digest), die Wahlzettel verschicken (erst nur an die Leser, dann an versch. Adressen)
Probleme: Leserschaft u.U. nicht repräsentativ für die ganze Wahlbevölkerung
- Präsidentschaftswahlkampf 1936: George Horace Gallup kann Sieg Roosevelts vorhersagen
mit Quotenstichprobe und Hochrechnung  nur einige 1000 Befragte, ausgewählt nach für
die Wahlbevölkerung repräsentativen Kriterien (Ethnie, Stadt/Land, Bildung,…),
hochgerechnet mit Wahrscheinlichkeitstheorie

Sampling - Stichprobenziehung

- Grundgesamtheit: Menge der Personen, für die die Aussage gelten soll
- Stichprobe: Teilmenge von Personen aus der Grundgesamtheit (an denen die Untersuchung
durchgeführt wird)
- Sampling: Verfahren der Ziehung der Stichprobe
- Kriterium der Repräsentativität: größtmögliche Übereinstimmung von Stichprobe und
Grundgesamtheit, strukturgleiches Abbild, Zufallsziehung  wichtigste
Merkmalsausprägungen der Grundgesamtheit müssen in der Stichprobe vorkommen
People’s Choice-Studie
Lazarsfeld: Frühe Erfahrungen mit Umfrageforschung (Marketingstudien) &
Medienwirkungsforschung  Wirkung von Propagandafilmen auf US Soldaten, die auf den Einsatz
vorbereitet werden

Hintergrund:

- Aufkommen moderner Massenkommunikation (Radio, Presse, Werbung, politische


Propaganda)
- Annahme einer starken, unmittelbaren Beeinflussung der Rezipienten durch die Medien
(Stimulus-Response Modell)  Studien zu Auswirkungen von Kinofilm; Massenpanik 1938
nach Radiohörspiel von Orson Welles über Außerirdische; Monopolisierung moderner
Massenmedien in Nazi-Deutschland

Fragestellung:

- Bedingungen, die das politische Verhalten bestimmen – Warum/Wie entscheiden sich die
Personen für eine Partei?
- Welche Faktoren beeinflussen Wahlverhalten?
- Einfluss von Presse & Rundfunk
- Meinungswechsel und –verschiebung

Forschungsdesign:

- Längsschnitt-Untersuchung (Erhebung über längeren Zeitraum hinweg) während Wahlen


1940
- Dynamische Forschung durch Panelverfahren (Mehrfachinterviews mit denselben Personen)
 Trent-Analyse verwendet versch. Samples von Menschen
- Untersuchungszeitraum 7 Monate (Endphase)
- Geschichtete Stichprobe (best. Schichten werden festgelegt, dann Zufallsprinzip innerhalb d.
Schicht) von insg. 3000 Befragten, davon 600 im Hauptpanel (monatl. Befragung) und Rest in
3 Kontrollgruppen (jeweils 3 Interviews)
- Fokus auf Meinungswechslern  Prozess d. Meinungsbildung gut nachvollziehbar

Methodisches Vorgehen:

- Standardisierte Interviews mit speziellem Teil für Meinungswechsler


- Analyse von Wirkungszusammenhängen durch Test von Hypothesen, d.h. vermuteten
Zusammenhängen zw. unabhängigen und abhängigen Variablen
Bsp. Je homogener das soziale Umfeld, desto ähnlicher die Wahlentscheidung.
- Variable = Merkmal/Eigenschaftsdimension mit mindestens 2 Ausprägungen (z.B.
Geschlecht: m/w, Alter: versch. Altersgruppen, Wahlverhalten: republik., demokr., ungültig)
o Unabhängig: z.B. Geschlecht, gilt in einem vermuteten Zusammenhang als
Bedingungs- oder Kausalfaktor
o Abhängig: z.B. Wahlverhalten, ändert sich in Relation zur unabhängigen Variable (z.B.
Geschlecht, je mehr Männer desto mehr Republikaner)
- Hypothese = Behauptung eines vermuteten Zusammenhangs von mindestens 2 Variablen (je
– desto; wenn – dann) z.B. je höher der sozioökonomische Stand, desto öfter republikanisch
- Korrelation vs. Kausalität
Korrelation: gemeinsames Auftreten zweier Merkmale X und Y
Kausalbeziehung: X führt zu Y (zeitliche Abfoluge von Ursache/Wirkung; nicht umkehrbarer
asymmetrischer Zusammenhang)
Ergebnisse:

- Politische Meinung relativ stabil (mehr als 2 Drittel hat die Meinung nicht geändert)
- Wähler haben Prädispositionen (Neigungen)
- Präpositionen durch Gruppenzugehörigkeit vorbestimmt „People who work/play/live
together are more likely to vote the same“
Index der politischen Prädispositionen als Kombination der Sozialfaktoren:
Sozioökonomischer Status (Dimensionen: Bildung, Einkommen, Beruf),
Religionszugehörigkeit, Wohngegend (Stadt/Land, Viertel)
 Bei Befragung bekommt jede Dimension einen Wert zugemessen, deren Mittelwerte
werden zur Variable „Sozioökonomischer Status“ zusammengefasst  Reduktion der
Komplexität
- Entwicklung neuer Konzepte
o Meinungsführerschaft (Opinion Leader)
 Selbsteinschätzung der Leute ob sie OL sind (21% der Leute ja)
 Jede soziale Gruppe hat eigene OP (jeder Mensch hat mehrere soziale
Gruppen)
 OP haben höheres Interesse am Thema (werden zu „Spezialisten“
 Intensivere Mediennutzung (für mehr Infos)
 Intensivere persönliche Kommunikation (reden mehr mit
Gruppenmitgliedern)
o Zweistufenflussmodell der politischen Kommunikation (Two-Step Flow of
Communication)
 Ideen fließen von Medien zu OL und von OL zu weniger aktiven Leuten
(Rezipienten)
 Medien wirken also nicht direkt auf die Masse (Stimulus-Response)
 Meinungsführer und deren selektive Zuwendung zu Medieninhalten
dämpfen die unmittelbare Wirkung
 Persönliche Kontakte als wichtigste Ursache für Meinungswechsel
o Verstärkerhypothese
 Medien können Meinungen/Einstellungen nicht verändern
 Sie können nur bestehende Gedanken verstärken
 Grund: selektive Wahrnehmung der Rezipienten, sonst wird die Propaganda
nicht angenommen (also muss irgendwas darin schon eine Überzeugung
bestätigen)

Selektive Wahrnehmung = je nach Einstellungen, Interessen, Vorerfahrungen werden nur bestimmte


Aspekte der Umwelt wahrgenommen und andere ausgeblendet

Kritik:

- Ubiquität der Massenmedien heute (man entkommt ihnen nicht)


- Neue Leitmedien: TV und Internet

6. Einheit: Die Frage der Kausalität – Experimentelle


Forschungsdesigns
Stanley Milgram

- Studium der Politikwissenschaft und Sozialpsychologie


- Lehrte an Yale, Harvard
- Jüdische Familie

Milgram-Experiment
Kontext

- Erfahrungen mit Nationalsozialismus  Wie konnte sowas geschehen? (Menschen machen


bereitwillig beim Töten mit)
- Studien zum „autoritären Charakter“ von Horkheimer/Adorno
- Eichmann-Prozess in Jerusalem (Eichmann wird in Südamerika gefunden und bekommt einen
Prozess, Eichmann sagt dass er nur seine Aufgabe erfüllt hat – Erschütterung)

Fragestellung

- Gehorsamsbereitschaft gegenüber Autorität  unter welchen Bedingungen gehorcht ein


Mensch, wenn er einem anderen Mensch Schaden zufügen soll
- Abhängige Variable: Ausmaß zur Bereitschaft zu Gehorsam, gemessen an Zahl der
Stromstöße
- Unabhängige Variable: Bedingungen von denen die Bereitschaft abhängt (wird in den
einzelnen Versuchsanordnungen manipuliert, z.B. räumliche Nähe)

Gehorsam: psycho-sozialer Mechanismus, durch den sich ein Mensch als Werkzeug für einen
anderen betrachtet und somit keine Verantwortung mehr für das eigene Handeln hat

Vorgehen

- Laborexperiment = Reihe von Versuchsanordnungen, in denen die maßgebenden Faktoren


verändert wurde
- 18 Versuchsanordnungen mit systematisch variierter unabhängiger Variable
(räumliche/akustische Nähe, Verhalten des Versuchsleiters,…)
- Protokollierung des Verhaltens der Versuchspersonen
- Ex-post-Befragung und Gruppendiskussion mit den Versuchspersonen

Variation der Versuchsanordnung

- Nähe zum Learner:


visuell: erst zugeklebte Glaswand, dann durchsichtige Glaswand, dann beide in einem Raum,
dann musste Teacher die Hand des Learners auf Elektrode legen
akustisch: Schreie hörbar
 je mehr Nähe, desto weniger Bereitschaft zum Gehorsam
- Versuchsleiter:
einer, mehrere, verschiedene Personen, Versuchsleiter nicht im Raum
- Ort:
an der Yale University in einem Labor, mitten in der Stadt in einem schäbigen gemieteten
Bürohaus
- Teacher:
mehrere Teacher nebeneinander (einer davon eingeweiht), nur einer
- Learner:
Boxertyp, eher sanfter Mensch, etc. aber keine Frauen

Vorgeschichte, Vorgehen

- Erster Versuch mit Studenten (da hat sich aber das Experiment rasch herumgesprochen)
- Dann Annonce, wo Leuten Geld versprochen wurde
- Zusätzlich Leute direkt angeschrieben
- Dann aus diesem Pool Zufallsstichprobe nach bestimmten Schichtkriterien (Beruf und Alter)
- Später auch Frauen als Teacher (keine bedeutenden Unterschiede, nur dass sie mehr mit
dem Versuchsleiter diskutiert)

Ergebnisse

- Bildung oder Geschlecht keine signifikanten Unterschiede

Vorbedingungen für Gehorsam:

- Sozialisation (familiär, schulisch)  Disziplinarmaßnahmen


- Verinnerlichung der Gesellschaftsordnung
- Belohnungen für Einordnung in gesellschaftl. Hierarchien  z.B. Berufsleben (Beförderungen
wenn man dem Chef nicht widerspricht)
- Ideologischer Rahmen  z.B. Teilnahme an einem Lern-Experiment, Glaube, dass Bestrafung
im Endeffekt gute Folgen hat

Gehorsamsvorgang

- Prozess
- Ablehnung persönlicher Verantwortung
- Spannungszustände werden gelöst durch
o Unterlaufen der Autorität (Versuchsleiter verlässt den Raum)
o Minimale Nachgiebigkeit (Teacher beginnt zu diskutieren)
o Umwandlung von psychischem Stress in physische Symptome (Lachen, Schwitzen,
etc.)
o Beschuldigung des Opfers („Hätte er besser gelernt“)
o Suche nach sozialer Absicherung („Ist das eh in Ordnung?“ zum Versuchsleiter)

Vorteile des Laborexperiments

- Konzentriert die Grundfaktoren auf einen begrenzten Schauplatz


- Gut kontrollierbar
 Kann nur im Laborexperiment
überprüft werden

Weil schwer und selten in den Sowi, andere Varianten:

Probabilistische Kausalaussage: in 70% der Fällen führt X zu Y

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