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0. MUSIK UND KOMMUNIKATION 1.

EINLEITUNG
2. WAHRSCHEINLICHKEIT MUSIKALISCHER ABWESENHEIT
3. UNWAHRSCHEINLICHKEIT VON KOMMUNIKATION
3.1 BEGRIFFLICHE EINFÜHRUNG IN LUHMANNS SYSTEMTHEORIE
3.2 KOMMUNIKATION NACH LUHMANN 4. FAZIT
5. LITERATURVERZEICHNIS

3. UNWAHRSCHEINLICHKEIT
VON KOMMUNIKATION

Die Regel, es sei nicht möglich, nicht zu kommunizieren, gilt nur


innerhalb von Interaktionssystemen unter Anwesenden, und selbst hier
regelt sie nur, dass, nicht was kommuniziert wird.1

Niklas Luhmann spricht von Schwellen der Entmutigung, die zum Unterlassen einer
2
Kommunikation führen, die man für aussichtslos hält.  Erscheint das Erreichen von
potentiellen  Empfängern,  Verständnis  und  Erfolg  nicht  als  ausreichend  gesichert,
wird  man  Kommunikation  folglich  nicht  aktivieren.  Kommunikation  „ist
unwahrscheinlich,  obwohl  wir  sie  jeden  Tag  erleben,  praktizieren  und  ohne  sie
nicht  leben  würden.  Diese  unsichtbar  gewordene  Unwahrscheinlichkeit  gilt  es
vorab  zu  begreifen,  und  dazu  bedarf  es  einer  sozusagen  contra‑
3
phänomenologischen  Anstrengung.“   Kommunikation  wird  von  Luhmann  folglich
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behandelt.  Es  geht  um  die  Frage,  „wie
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Kommunikation  überhaupt  möglich  ist.“   In  diesem  Sinn  stößt  man  auf  eine
Vielzahl von Hindernissen, welche die Kommunikation zunächst überwinden muss,
um überhaupt zustande zu kommen. Luhmann fasst sie in drei Punkten zusammen:

1. Verstehensproblem: Es ist unwahrscheinlich, dass jemand überhaupt versteht,
was  ein  anderer  meint,  vorausgesetzt  sie  besitzen  jeweils  über  ein
individualisiertes  Bewusstsein.  Das  Verstehen  ist  vor  allen  Dingen
kontextabhängig „und als Kontext fungiert für jeden zunächst einmal das, was
5
sein eigenes Gedächtnis bereitstellt.“

2. Distanzproblem:  das  Empfangen  von  Kommunikation  ist  unwahrscheinlich,


wenn  sie  mehr  Personen  erreichen  soll,  als  in  einer  gegebenen  Situation
6
anwesend sind. „Das Interaktionssystem  der jeweils Anwesenden garantiert
in  praktisch  ausreichendem  Maße  Aufmerksamkeit  für  Kommunikation,  und
es  zerbricht,  wenn  man  erkennbar  macht,  dass  man  nicht  kommunizieren
7
will.“   Über  diese  räumliche  und  zeitliche  Begrenzung  hinaus  wird
Kommunikation  in  zunehmendem  Maße  unwahrscheinlich,  da
Aufmerksamkeit  nicht  vorausgesetzt  werden  kann.  „In  anderen  Situationen
haben die Leute etwas anderes zu tun.“8

3. Erfolgsproblem: das Verstehen einer Kommunikation bedeutet nicht, dass sie
auch  angenommen  wird.  Erfolg  bedeutet,  wenn  der  Empfänger  der
Information,  also  dem  selektiven  Inhalt  der  Kommunikation,  entsprechende
Reaktionen (Selektionen) anschließt und dadurch ihr Verstehen bestätigt.

Diese  drei  Unwahrscheinlichkeiten  verstärken  sich  wechselseitig.  Sobald  eine


Unwahrscheinlichkeit  zur  Wahrscheinlichkeit  transformiert  wurde,  erschwert  sich
dieser  Vorgang  für  alle  weiteren  Probleme,  so  dass  ein  einfaches  nach‑einander‑
Abarbeiten  nicht  möglich  ist.  Versteht  man  eine  Kommunikation  richtig,  hat  man,
nach Luhmann, umso mehr Gründe sie abzulehnen. Überschreitet sie den Kreis der
Anwesenden, wird ein Verstehen schwieriger und das Ablehnen dementsprechend
leichter. Der Au bau sozialer Systeme wird somit von den „Unwahrscheinlichkeiten
des  Kommunikationsprozesses  und  die  Art,  wie  sie  überwunden  und  in
Wahrscheinlichkeiten transformiert werden“9 geregelt. Anders formuliert, wird der
Au bau  sozialer  Systeme  durch  das  kontinuierliche  Lösen  dieser
Fundamentalprobleme  innerhalb  des  Kommunikationsprozesses  überhaupt  erst
ermöglicht. Die Art und Weise wie die Gesellschaft ihre sozialen Systeme bildet ist
einem selektiven Prozess unterzogen, durch welchen sie als möglich eingeschlossen
oder unwahrscheinlich ausgeschlossen werden.10

Luhmann  folgert  daraus,  „dass  es  keinen  direkten  Weg  zu  immer  besserer
11
menschlicher  Verständigung  gibt.“   Es  handele  sich  dabei  vielmehr  um  ein
Wachstumsproblem.  Er  stellt  die  Frage,  ob  die  Lösung  von  Problemen,  ihre
wechselseitige  Belastung  und  die  dadurch  ausgelösten  Folgeprobleme  nicht
diejenigen  Faktoren  seien,  welche  die  Strukturen  der  modernen  Gesellschaft
wesentlich bestimmten.

Um das Problem des Kommunikationsprozesses zu lösen, benötigt es, so Luhmann,
verschiedene  Einrichtungen,  die  er  unter  dem  Begriff  der  Medien  zusammenfasst.
Um  Missverständnissen  vorzubeugen,  die  mit  der  Verwendung  dieses  Begriffes
einhergehen können, schlägt er vor, ihn lediglich auf den Prozess der Umwandlung
von  unwahrscheinlicher  zu  wahrscheinlicher  Kommunikation  zu  verwenden  und
somit  funktional  zu  de inieren.  Dabei  bezieht  er  sich  explizit  auf  drei  Typen:
Sprache,  Verbreitungsmedien  und  symbolisch  generalisierte  Medien.  Mittels  der
Sprache  sind  Zuschreibungen  möglich,  die  die  Wahrnehmungen  gewissermaßen
ersetzen  und  dadurch  das  Verstehen  von  Kommunikationen  steigert.
Verbreitungsmedien bedienen sich der Schrift oder anderen Formen der Fixierung.
Luhmann misst ihnen „eine kaum überschätzbare selektive Auswirkung auf
die Kultur [bei], weil sie das Gedächtnis immens erweitern.“12 Wie zuvor
ausgeführt,  steigert  sich  jedoch  mit  diesen  beiden  Medien  auch
zunehmend  die  Unwahrscheinlichkeit  des  Erfolgs  von  Kommunikation.
Um  dem  entgegenzuwirken  sieht  Luhmann  in  den  symbolisch
generalisierten Medien  der  Macht,  Geld,  Liebe,  Kunst  und  Wahrheit  eine
Lösung.13  In ihnen ist das Ziel der Kommunikation eigentlich erst erfüllt
und  somit  auch  ihr  Erfolg  gesichert.  Der  Grund  beispielsweise,  warum
jemand  zu  einem  Konzert  geht,  ist  seine  Liebe  zur  Musik,  die  seine
Bereitschaft  zum  Kauf  eines  Tickets  gewährleistet.  Die  von  Musik  als
Kunst  erzeugten  Artefakte  (Musikstücke)  ziehen  also  die
Aufmerksamkeit von davon angesprochenen Menschen auf sich, wodurch
im Kauf eines Tickets und dem letztendlichen Besuch des Konzertes der
Erfolg dieser Kommunikation liegt.

1Luhmann 2001: 79; Vgl. auch Watzlawick, P. / Beavin, J.H. / Jackson, D.D.
(1967): Pragmatics of Human Communication: A Study of International Patterns,
Pathologies and Paradoxes, New York: S.48, 72ff

2Vgl. Luhmann 2001: 79

3Ebda: 78

4Ebda

5Ebda; Vgl. Thiedecke: 92

6Gemeint ist hier lediglich die Interaktion zwischen Menschen, nicht etwa eine
Human-Computer-Interaction HCI. Vgl. hierzu Faßler: 280 ff. Für Luhmann vgl.
Miebach: 249: Interaktionssysteme werden aus Interaktionen unter Anwesenden
zusammengesetzt. Diese bilden ein soziales System, das heißt, es formt sich
sobald Personen miteinander kommunizieren können.

7Luhmann 2001: 78

8Ebda; Vgl. Thiedecke: 92

9Luhmann 2001: 79

10Ebda

11Ebda: 80

12Ebda: 82

13Vgl. Luhmann 1997: 316ff

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