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Flüchtlinge

erfolgreich
integrieren
Chancen und Herausforderungen für
unternehmerisches Engagement
»»MIT
MITDEM
DEM
GROSSEN
GROSSENPOTENZIAL
POTENZIAL
DER
DERDEUTSCHEN
DEUTSCHEN
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTKÖNNEN
KÖNNEN
WIR
WIRDIE
DIEINTEGRATION
INTEGRATION
VON
VONFLÜCHTLINGEN
FLÜCHTLINGENZU
ZU
EINEM
EINEMERFOLG
ERFOLG
FÜR
FÜRALLE MACHEN.««
ALLEMACHEN.
Ralph
Ralph
Dommermuth
Dommermuth
Vorwort
Aus dem Dialog mit Vertretern führender Unternehmen ist vor einigen Monaten die Idee zu „Wir
zusammen“ entstanden. Getragen von der Ralph und Judith Dommermuth Stiftung wurde das Netz-
werk im Februar 2016 mit 36 Initiatoren gegründet. Zu diesem Zeitpunkt waren die Gründungs-Unter-
nehmen mit Projekten für Flüchtlinge bereits aktiv. Unser Ziel war es, dieses Engagement zu bündeln
und so gemeinsam ein positives Zeichen für die Flüchtlingshilfe zu setzen. Außerdem wollten wir wei-
tere Unternehmen motivieren, sich ebenfalls zu engagieren. Das ist uns erfolgreich gelungen: Über
100 Unternehmen haben sich „Wir zusammen“ inzwischen angeschlossen. Vom Kleinstunternehmen
bis zum Weltkonzern. Sie alle nehmen die Herausforderung an, die die Zuwanderung an uns stellt, sehen
aber auch die Chancen, die sie dem Wirtschaftsstandort Deutschland bietet.

Vieles haben wir seit dem Start unseres Netzwerks erreicht: Eine große Anzahl von Initiativen wurde von
den teilnehmenden Unternehmen ins Leben gerufen. Und wir konnten in den wenigen Monaten bereits
wertvolle Erkenntnisse für die weitere Arbeit gewinnen. Sowohl in einzelnen Projekten mit unseren Ko-
operationspartnern als auch innerhalb unseres Netzwerks konnten Erfahrungen ausgetauscht, Synergien
genutzt und neue Ideen angestoßen werden. Das daraus gewachsene Wissen nutzen wir kontinuierlich,
um die Initiativen flexibel weiterzuentwickeln und um immer wieder neue Konzepte zur langfristigen
Eingliederung der Flüchtlinge in die Arbeitswelt und in unsere Gesellschaft auszuarbeiten.

Wir alle wissen, dass uns die Herausforderungen, welche die vermehrte Zuwanderung an unsere Gesell-
schaft stellt, für eine lange Zeit beschäftigen werden. Dabei wird es für alle Beteiligten wichtig sein, die
notwendigen Prozesse weiterhin zu beschleunigen und effizienter zu gestalten.

Es liegt noch ein weiter Weg vor uns und nur im großen Verbund können wir wirklich etwas bewegen.
Wenn wir das enorme Potenzial der deutschen Wirtschaft gemeinsam einsetzen, können wir wesentlich
dazu beitragen, die Integration der Neuankömmlinge zu einem nachhaltigen Erfolg für alle zu machen.

Mit herzlichen Grüßen

Ralph Dommermuth

5
Praktikanten können bei der
Friedhelm Loh Group die Arbeit
eines Industrieunternehmens
kennenlernen

Die Evonik Industries AG macht Unbegleitete Flüchtlinge werden Mitarbeiter der HUGO BOSS AG
Zuwanderer fit für Ausbildung und bei der Robert Bosch GmbH auf unterstützen ihre neuen Kollegen
Studium den Beruf vorbereitet in Theorie und Praxis

6
Inhalt

Die Studie in Kürze Seite 06

Die aktuelle Flüchtlingssituation


Zahlen und Chancen einer erfolgreichen Integration Seite 08

„Wir zusammen“
Unternehmen engagieren sich Seite 14

Erkenntnisse aus unternehmerischem Engagement


Motivation, Ansätze, Chancen und Herausforderungen Seite 18

Gelebte Integration
Praxisbeispiele unternehmerischen Engagements  Seite 25

Ein Aktionsplan für die Zukunft


Wie die Arbeitsmarkt­integration von Flüchtlingen
erleichtert werden kann  Seite 40

Mitglieder „Wir zusammen“ Seite 48


Glossar Seite 50

7
derungen sowie zur Wahrnehmung des Engage-
Die Studie in Kürze ments der verschiedenen Akteure.
• Zudem wurde eine Reihe an qualitativen Interviews
mit Mitgliedsunternehmen des Netzwerks „Wir zu-
Für die Integration der Flüchtlinge ist bereits einiges sammen“ durchgeführt. In zehn Praxisbeispielen wird
unternommen worden. Doch damit die Neuankömm- das unternehmerische Engagement vorgestellt und
linge langfristig erfolgreich in den Arbeitsmarkt inte­ Erfahrungen beleuchtet.
griert werden können, müssen diese Dynamik und die
Un­ter­stützungsbereitschaft von Politik, Wirtschaft und Unternehmerisches Engagement und
Be­völkerung auch in den kommenden Jahren anhal- Herausforderungen
ten. Nur gemeinsam kann die Chance, die sich aus der • Die Flüchtlingssituation ist ein wichtiges Thema für
Flüchtlingssituation für den deutschen Arbeitsmarkt fast jedes Unternehmen. Die Mehrheit betrachtet sie
ergibt, realisiert werden. als wirtschaftlich relevant, bei den „Wir zusammen“
Mitgliedsunternehmen sind es 66 Prozent. Mehr als
Die Flüchtlingssituation jedes zweite Unternehmen engagiert sich mit dem
• Die Anzahl der nach Deutschland kommenden expliziten Ziel, den eigenen Personalbedarf (teilwei-
Flücht­linge ist groß: 2015 kamen rund 1,1 Millionen se) durch Flüchtlinge zu decken.
registrierte Flüchtlinge, im ersten Halbjahr 2016 wa- • 87 Prozent der Unternehmen, die Mitglied bei „Wir
ren es rund 223.000. zusammen“ sind, haben in der Vergangenheit Flücht­­-
• Obwohl mehr als zwei Drittel der Asylbewerber im linge eingestellt. Die Erfahrungen sind positiv, ins­
erwerbsfähigen Alter sind, vergehen oft Monate, bis besondere die Reaktion der Belegschaft auf die ein­-
sie dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung ste- gestellten Flüchtlinge. Auch unter den Nicht­­
­ mit­
-
hen und eine Tätigkeit aufnehmen. Eine Integration gliedern haben 63 Prozent der Unternehmen Flücht-
von Flüchtlingen bietet nicht nur den Flüchtlingen linge eingestellt. Auch hier waren die Erfahrungen
neue Perspektiven, sondern nutzt auch ihr Potenzial positiv.
für die Wirtschaft. Damit die wirtschaftliche und ge- • Zwei Drittel der „Wir zusammen“ Mitgliedsunterneh-
sellschaftliche Integration gelingt, ist unternehmeri- men sehen die größten Herausforderungen im ad­-
sches Engagement entscheidend. ministrativen und rechtlichen Rahmen. Diese Her-
ausforderungen liegen vor allem im Einstellungs-
Methodik der Studie prozess, der langwierig und oft mit ungewissem
• Im Rahmen dieser Studie nahmen 132 Unternehmen Ausgang ist. Je nach Status haben Flüchtlinge unter-
an einer Befragung zur wirtschaftlichen Integration schiedliche Zugangsbedingungen zum Arbeits-
von Flüchtlingen teil – 76 von ihnen sind Mitglieder markt, zusätzlich gibt es verschiedene Zuständigkei-
des Netzwerks „Wir zusammen“. Bei der Befragung ten im Bereich der Vermittlungsunterstützung.
gewährten die Unternehmen Einblicke in ihr bishe­ • Aus Sicht der Unternehmen ist die Ausweitung der
riges Engagement und ihre Erfahrungen. Außerdem Sprachkurse ein zentraler Hebel für eine bessere In-
gaben sie Auskünfte zu genutzten Unterstützungs- tegration von Flüchtlingen. Dies wird auch dadurch
leistungen, aktuellen Hemmnissen und Herausfor- untermauert, dass die Unternehmen tendenziell

8
leicht negative Erfahrungen mit der Sprachkompe- 5. Kompetenzfeststellung und Qualifikationsaner-
tenz eingestellter Flüchtlinge gemacht haben. Be- kennung verbessern.
stehende finanzielle Anreize für die Einstellung von  Häufig mangelt es Flüchtlingen an formalen Nach-
Flüchtlingen werden hingegen selten genutzt und weisen für berufliche Qualifikationen; die Vergleich-
als weniger wichtig betrachtet. barkeit vorhandener Quali­fi­kationen mit dem deut-
schen Ausbildungssystem ist oft kaum ge­­­geben. Des-
Unsere Empfehlungen – sieben Ansätze führen halb müssen die Anerkennungsprozesse deutsch-
­
zu einer besseren wirtschaftlichen Integration der landweit vereinheitlicht werden. Es muss eine höhere
Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt: Transparenz hinsichtlich der bei den Flüchtlingen
1. Schneller Sicherheit über den Aufenthaltsstatus vorhandenen Qualifikationen entstehen.
schaffen. 6. Den Einstellungsprozess vereinfachen und admi-
Auch wenn durch verschiedene Maßnahmen, wie nistrative Hürden abbauen.
das neue Integrationsgesetz, bereits mehr Sicherheit  Der Einstellungsprozess für Flüchtlinge ist in vielen
über den Aufenthaltsstatus von Flüchtlingen geschaf- Fällen mit signifikanten Mühen verbunden. Durch
fen wurde, bestehen für die Unternehmen noch das kürzlich verabschiedete Integrationsgesetz wur-
immer Unsicherheiten. Diese Unsicherheiten stehen den zwar einzelne Hürden verringert, doch der
einer beruflichen Integration der Flüchtlinge im Aufwand bleibt groß und je nach Status und Region
Wege und sollten weiter abgebaut werden. existieren unterschiedliche Regelungen.
2. Sprachliche Kompetenz der Flüchtlinge steigern. 7. Den Austausch zwischen den Unternehmen fördern.
Sprache ist einer der wichtigsten Faktoren für die Das bisherige Engagement der Unternehmen zeigt,
berufliche Integration von Flüchtlingen. Deshalb dass diese den Zusammenschluss und Austausch
sollten verstärkt Sprachkurse angeboten werden – suchen. Die Arbeit entsprechender Initiativen und
diese sollten auch das Erlernen höherer Sprachkom- Netzwerke sollte von Politik und Wirtschaft unter-
petenzen ermöglichen, die für anspruchsvollere stützt werden.
Tätigkeiten benötigt werden.
3. Berufliche Qualifikationen der Flüchtlinge ver-
bessern.
 Viele Flüchtlinge sind noch nicht ausreichend beruf-
lich qualifiziert. Daher sind neue Angebote zur be-
ruflichen Qualifizierung nötig, die auf die speziellen
Bedürfnisse der Flüchtlinge zugeschnitten sind.
4. Informationen und Angebote stärker bündeln.
 Es gibt zahlreiche Akteure, die im Bereich der Ar-
beitsmarktintegration von Flücht­­lingen aktiv sind.
Dies führt auch zu verschiedenen Zuständigkeiten
für Flüchtlinge, je nach deren Asylstatus. Durch eine
Bün­delung von Zuständigkeiten sollte dies gegebe-
nenfalls vereinfacht werden.

9
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

DIE
FLÜCHTLINGS-
SITUATION
BIETET GROSSE
CHANCEN FÜR
DIE DEUTSCHE
WIRTSCHAFT.

10
11
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

registrierten Flüchtlinge ist davon auszugehen, dass


Die aktuelle ein Großteil der in den vergangenen Jahren eingereis-
ten Flüchtlinge einen Asylantrag stellen wird. Aufgrund
Flüchtlingssituation: einer Schutzquote von 59 Prozent zwischen Januar
2015 und Juni 20165 wird voraussichtlich mehr als
Zahlen und Chancen der Hälfte der Antragsteller Schutz gewährt werden.
Grundsätzlich sind vier Schutzarten zu unterscheiden:
einer erfolgreichen Asylberechtigung (gem. Art. 16a GG), Flüchtlings-
schutz nach der Genfer Flücht­lingskonvention, subsidi-
Integration ärer Schutz (gem. § 4 Abs. 1 AsylG) und Abschiebungs-
verbot (gem. § 60 Abs. 5 o. 7 AufenthG).
Diese Personen werden dem Arbeitsmarkt zum Groß-
Kriege und Konflikte, Diskriminierung und Verfolgung, teil zur Verfügung stehen: Asylberechtigte und Perso-
Naturkatastrophen oder wirtschaftliche Perspektivlo- nen, denen Flüchtlingsschutz anerkannt wurde, er­
sigkeit – es gibt viele Ursachen, die dazu führen, dass halten eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis mit der
Menschen ihr Heimatland verlassen müssen und zu Möglichkeit einer unbefristeten Niederlassungserlaub-
Flüchtlingen werden. Im Jahr 2015 befanden sich laut nis. Subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufent-
Erhebungen von UNHCR weltweit über 65 Millionen haltserlaubnis mit einjähriger Gültigkeit, die für jeweils
Menschen auf der Flucht.1 Allein nach Deutschland zwei Jahre verlängert werden kann. Alle drei Gruppen
sind im letzten Jahr über 1,1 Millionen Menschen ge- dürfen grundsätzlich in Deutschland als Beschäftigte
flohen.2 Im ersten Halbjahr 2016 sind es bisher über arbeiten.6
223.000.3 In 2015 wurden in Deutschland mit über Bei einem Abschiebungsverbot wird eine Aufenthalts-
440.000 Erstanträgen die meisten Asylanträge gestellt, erlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt, die wiederholt
gefolgt von den USA mit über 172.000.4 verlängert werden kann. Über eine Genehmigung zur
Die aktuelle Aufgabe, eine große Anzahl an Menschen Ausübung einer Beschäftigung entscheidet die Auslän-
in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrie- derbehörde im jeweiligen Einzelfall.7
ren, ist im Kern nicht neu: Auch in der jüngeren und
älteren Vergangenheit stand unser Land vor ähnlichen Die Entwicklung des Flüchtlingszustroms nach 2016
Herausforderungen, so zum Beispiel im Rahmen der hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: der Entwick-
Gastarbeiterbewegung ab Mitte der 50er Jahre oder lung der Rahmenbedingungen in den jeweiligen Her-
während der Flüchtlingswelle in den 90er Jahren. Von kunftsländern, möglichen Fluchtrouten und politschen
knapp 81 Millionen Einwohnern* hatte in 2014 mehr Abkommen. Eine valide Prognose für die zukünftige
als jeder Fünfte einen Migrationshintergrund. Entwicklung der Flüchtlingszahlen ist nur schwer mög-
lich. Aufgrund der hohen Anzahl von sich auf der Flucht
2015 kamen so viele Flüchtlinge nach Deutschland, befindenden Personen kann in Zukunft jedoch von ei-
wie nie – viele können eine Tätigkeit aufnehmen nem erhöhten Aufkommen ausgegangen werden.
Im Jahr 2015 wurde in Deutschland ein neuer Höchst-
* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Gesamttext die männliche Form
wert an Flüchtlingen registriert. Auf Basis der Daten der verwendet, wobei jedoch immer beide Geschlechter gemeint sind.

12
Die Flüchtlinge sind deutlich jünger als der ders relevant sind, zeigt sich, dass Asylberechtigte und
deutsche Bevölkerungsdurchschnitt anerkannte Flüchtlinge aus Syrien am besten qualifi-
Von den 2015 angekommenen Flüchtlingen, die aus ziert sind. Mehr als vier von zehn Befragten gaben an,
diversen Gründen zunächst bleiben durften (Anerken- in der Vergangenheit eine Berufsausbildung oder ein
nung als Asylberechtigter, Anerkennung als Flüchtling, Studium zumindest begonnen zu haben. Hierzu zäh-
Gewährung von subsidiärem Schutz, Feststellung eines len jedoch auch Personen, die nach Beginn die Ausbil-
Abschiebungsverbots) stammen rund 25 Prozent aus dung oder das Studium abgebrochen haben.
Syrien, rund 10 Prozent aus Afghanistan, 7,5 Prozent aus
Albanien und rund 6 Prozent aus dem Irak.8 Der über-
wiegende Teil der Asylantragsteller ist männlich.9 Die Grundstatus beruflicher
Antragsteller sind deutlich jünger als der Durchschnitt Bildung nach ausgewählten
der deutschen Bevölkerung: 58 Prozent gehören in die
Herkunftsländern
Altersgruppe der bis zu 24-Jährigen; der Anteil der Kin-
  (Noch) keine Berufsausbildung/Studium
der und Jugendlichen (bis 15 Jahre) unter ihnen beläuft  Berufsausbildung/Studium abgeschlossen, laufend oder
sich auf 28 Prozent.10 Mehr als die Hälfte der Flücht­ abgebrochen
linge gehört damit zu der Altersgruppe, die sich in schu­
lischer oder beruflicher Ausbildung befindet.

Weniger als die Hälfte der Flücht­linge verfügt über 26,8%


38,9%
eine berufliche Ausbildung
61,1  %
Generell ist die aktuelle Datenlage zur Qualifikation 73,2  %
der Flüchtlinge eingeschränkt. Existierende Studien
und Erhebungen beleuchten teilweise nur einzelne As-
pekte und beschränken sich auf Flüchtlinge aus ausge-
wählten Herkunftsländern. Sie legen nahe, dass das Afghanistan Iran

Qualifikationsniveau der Flüchtlinge deutlich unter


dem Bundesdurchschnitt liegt: Das BAMF befragte im
Jahr 2014 bundesweit Asylberechtigte und anerkannte
Flüchtlinge aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Sri Lanka
42,5% 38,3%
und Syrien zwischen 18 und 69 Jahren zu ihren schu-
57,5  % 61,7  %
lischen und beruflichen Qualifikationen. Sechs von
zehn Befragten (61,7 Prozent) gaben an, (noch) keine
Berufsausbildung bzw. kein Studium begonnen zu
haben.11 Zum Vergleich: In Deutschland hatten 2011
laut Mikrozensus 14,3 Prozent der Personen zwischen Syrien Afghanistan, Iran, Syrien,
Eritrea, Irak, Sri Lanka
25 und 65 Jahren keinen berufsqualifizierenden Ab-
schluss. Betrachtet man die Herkunftsländer Afghanis-
Quelle: BAMF-Flüchtlingsstudie 2014
tan, Irak und Syrien, die aufgrund der Fallzahlen beson-

13
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

Die einzelnen Schritte der Arbeitsmarktintegration Qualifikations- und Kompetenzfeststellung


im Überblick Im Rahmen von Qualifikations- und Kompetenzfest-
Die Arbeitsmarktintegration besteht aus unterschiedli- stellungen werden die vorhandenen Qualifikationen
chen Bausteinen. Teilweise bauen sie aufeinander auf, und die beruflichen Potenziale der Flüchtlinge auf­
teilweise erfolgen sie parallel: genommen. Anschließend wird auf Basis der Kom­
petenzfeststellung zudem der Qualifizierungsbedarf
• Sprachkompetenz identifiziert. Gegenwärtig sind keine einheitlichen
• Qualifikations- und Kompetenzfeststellung Ansätze oder Instrumente zur Kompetenzerfassung
• Berufsorientierung vorhanden, denn die Kompetenzfeststellung erfolgt
• Übergang in Ausbildung und Beruf durch verschiedene Akteure (u.a. in Erstaufnahme-
• Ausbildung bzw. Erwerbstätigkeit einrich­tungen, kommunalen Anlaufstellen zur Arbeits­
markt­be­ ratung oder Projekten der Kammern) mit
Sprachkompetenz unterschied­lichen Verfahren. Darüber hinaus fehlt ein
Kenntnisse der deutschen Sprache sind eine Grundvor­ System zur Zertifizierung von informell erworbenen
aussetzung für die Integration in den Arbeitsmarkt. Das Kompe­tenzen.12
BAMF koordiniert die Integrationskurse, die in der Re-
gel 600 Stunden Sprach- und 60 Stunden Orientie- Berufsorientierung
rungsunterricht umfassen. Mit Inkrafttreten des Asyl- Die Berufsorientierung umfasst zum einen die Bera-
verfahrensbeschleunigungsgesetzes im Oktober 2015 tung und Unterstützung bei der Identifikation eines
wurden die Kurse neben anerkannten Flüchtlingen passenden Berufsbereichs. Zum anderen beinhaltet
auch Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive und sie auch die Vermittlung von Kenntnissen über den
schutzberechtigten Flüchtlingen geöffnet. deutschen Arbeitsmarkt, der sich zum Teil erheblich
Die Sprachförderung wurde in den vergangenen Mo- von den Strukturen der Herkunftsländer unterscheidet
naten ausgebaut: Am 1. Juli 2016 wurde die berufsbe- und vielen Flüchtlingen unbekannt ist.
zogene Sprachförderung für Flüchtlinge erweitert, die
eine gute Bleibeperspektive haben. Die berufsbezoge- Übergang in Ausbildung und Beruf
ne Sprachförderung baut unmittelbar auf den Integra- Beim Übergang in Ausbildung und Beruf stehen Ver-
tionskursen des BAMF auf und verfolgt das Ziel einer mittlungsangebote sowie ausbildungs- und berufsvor-
höheren Sprachkompetenz (Sprachniveau B2/C1 des bereitende Maßnahmen im Vordergrund. Zum Beispiel
europäischen Referenzrahmens, nähere Erläuterun- bieten Berufskammern wie auch Unternehmen Prak­
gen hierzu im Glossar). tika und Hospitationen für Flüchtlinge an. Da ein mög-
Auch der Etat des BAMF für Sprachkurse ist gestiegen. lichst frühzeitiger Einstieg in das Berufsleben wichtig
Dieser wurde im Jahr 2016 mehr als verdoppelt, um ist, sollten die Maßnahmen zur Berufsorientierung und
den steigenden Bedarf an Sprachkursen zu decken. zum Spracherwerb parallel stattfinden. Die erworbe-
Nach Schätzung des Leiters des BAMF, Frank-Jürgen nen Sprachkenntnisse können dann z.B. im Rahmen
Weise, gibt es jedoch immer noch nicht genügend eines Teilzeitpraktikums sofort angewendet werden.
Plätze: Für dieses Jahr fehlen rund 200.000 Plätze bei Außerdem hilft auch der tägliche Umgang mit Kolle-
den Integrations- und Sprachkursen. gen beim weiteren Spracherwerb.

14
Fortbildung durchschnittlich über 500.000 Menschen. Laut Institut
Die Integration in den Arbeitsmarkt ist bei einer Fest­ für Arbeits- und Berufsforschung gäbe es ohne Ein-
anstellung oft noch nicht beendet, da Flüchtlinge auf- wanderung im Jahr 2050 in Deutschland bis zu einem
grund des Qualifikationsniveaus häufig zunächst niedrig Drittel weniger potenzielle Erwerbstätige. Gleichzeitig
qualifizierten Tätigkeiten nachgehen und für an­spruchs- würde sich der Anteil älterer Menschen, die nicht mehr
vollere Tätigkeiten entsprechend fort- und weiterge­ am Erwerbsleben teilnehmen, im Verhältnis zu den Er-
bildet werden müssen. werbstätigen ungefähr verdoppeln.15

Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt Die Unternehmen spielen bei der Integration in den
steht noch am Anfang … Ar­beitsmarkt eine wichtige Rolle. Die Erfahrungen
Viele der Flüchtlinge stehen im Prozess der Arbeits- des Netz­werks „Wir zusammen“ zeigen, dass sich viele
marktintegration noch am Anfang. Im Juni 2016 waren Firmen engagieren und mit konkreten Projekten die
297.000 geflüchtete Menschen als arbeitssuchend Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt un-
und davon 131.000 als arbeitslos gemeldet.13 Der terstützen.
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklung nimmt an, dass bis zum
Jahresende 2017 etwa 360.000 Flüchtlinge dem Ar-
beitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Ziel ist es,
für Flüchtlinge zu einem frühen Zeitpunkt – möglichst
noch während des Asylverfahrens – beschäftigungs-
fördernde Maßnahmen bereitzustellen, beispiels­weise
Bewerbungstrainings oder Praktika. Hierfür werden die
Angebote der Regelförderung (z.B. Umschulungen,
berufliche Weiterbildung) durch die Agenturen für Ar-
beit und Jobcenter an die Bedarfe von Flüchtlingen
angepasst und entsprechend ausgebaut.

… und bietet Chancen für die deutsche Wirtschaft


Die Aufnahme einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle ist
nicht nur für die Flüchtlinge selbst der entscheidende
Schritt für eine erfolgreiche Integration, er eröffnet
gleichzeitig Chancen für die deutsche Wirtschaft. Der
demografische Wandel und der damit einhergehende
Fachkräftemangel können durch Zuwanderung zumin­
dest teilweise kompensiert werden.14 Gelingt es, das
Qualifikationsniveau systematisch weiterzuentwickeln,
bräuchte Deutschland von 2015 bis zur Mitte des
Jahrhunderts eine jährliche Netto-Zuwanderung von

15
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

UNTERNEHMEN
UND MITARBEITER
ÜBERNEHMEN
VERANTWORTUNG
UND
ZEIGEN IHR
ENGAGEMENT.

16
17
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

„Wir zusammen“: Wir zusammen –


Unternehmen in Deutschland
Unternehmen und ihre Mitarbeiter
engagieren sich
Wir zusammen wollen Menschen, die vor
Krieg und Verfolgung fliehen mussten, eine neue
Perspektive schaffen.
„Wir zusammen“ steht für „Wirtschaft zusammen“.
Dem Netzwerk gehören aktuell über 10016 Unterneh-
Wir zusammen helfen diesen Menschen
men unterschiedlicher Größe an, die alle ein gemein- für die Zeit, in der sie bei uns bleiben, an unserem
sames Ziel verfolgen: die Integration von Flüchtlingen Leben teilzunehmen.
in unsere Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt.
Wir zusammen stehen für Toleranz und
„Wir zusammen“ bündelt das Engagement einzel- Offenheit in unserer Gesellschaft.
ner Unternehmen unter einem gemeinsamen Dach
Die Idee zu „Wir zusammen“ ist Ende 2015 bei einem
Wir zusammen treten für einen chancen­-
gleichen Zugang zu Ausbildung und Arbeit ein, weil
Treffen zwischen Führungspersönlichkeiten aus Politik nur so Integration möglich wird.
und Wirtschaft in Berlin entstanden. Die Dialogpartner
waren sich schnell einig: Nur durch gemeinsames Wir zusammen erkennen die enormen
Handeln von Politik und Wirtschaft kann die Integrati- Heraus­forderungen für uns alle, aber auch die lang-
on der Neuankömmlinge gelingen. Einige Unterneh- fristigen Chancen für unser Land.

men engagierten sich bereits und hatten Integrations-


projekte ins Leben gerufen. Es fehlten jedoch ein
Wir zusammen wissen, dass unsere Ziele nur mit
gemeinsamer sozialer Verantwortung erreichbar sind.
gemeinsames Dach für die einzelnen Projekte und eine
Plattform, um weitere Unternehmen zu ähnlichem En-
gagement zu bewegen. Aus dieser Motivation heraus
entstand die Idee zum Netzwerk „Wir zusammen“, das projekt kann in einem kleinen Team, in einer Abteilung
von der Ralph und Judith Dommermuth Stiftung ge- oder in einer Niederlassung beginnen. Voraussetzung
tragen wird. für die Teilnahme am Netzwerk ist, dass das Unterneh-
men hinter dem jeweiligen Integrationsprojekt steht.
Jedes Unternehmen kann einen Beitrag zur Die Mitgliedsunternehmen reichen dafür ein von der
Inte­gration von Flüchtlingen leisten Unternehmensführung unterschriebenes Patenschafts-
„Wir zusammen“ richtet sich an alle Unternehmen in versprechen ein, das auf der Webseite von „Wir zusam-
Deutschland, die sich mit einem Integrationsprojekt men“ veröffentlicht wird.17 In den Patenschaftsver­
für Flüchtlinge engagieren. Dabei wird vorausgesetzt, sprechen gehen die Unternehmen öffentlich die Ver­
dass es sich nicht um einmalige Hilfsaktionen, sondern pflichtung ein, sich mit einem Integrationsprojekt für
um nachhaltiges Engagement handelt. Ein Integrations- Flüchtlinge einzusetzen.

18
Viele Projekte haben vor allem die Integration in
Arbeit und Beruf zum Ziel Engagement der Mitglieds­
Die Mitgliedsunternehmen von „Wir zusammen“ enga- unternehmen in verschiedenen
gieren sich mit ihren Integrationsprojekten in vier Be-
Bereichen
reichen: Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich

• Arbeit und Beruf 73


• privater Alltag
• Sprache und Schule
• öffentliche und behördliche Belange

Während sich einige Projekte auf nur einen Bereich 50 49


fokussieren, wirkt die Mehrheit der Projekte bereichs-
übergreifend oder sogar in allen vier Bereichen. Das
Gros der Projekte unterstützt die unmittelbare Integra-
tion in Arbeit und Beruf – 73  Prozent der Projekte
finden unter anderem in diesem Bereich statt.

Ein großer Teil der Projekte ist überregional orientiert:


14 Prozent werden von Unternehmen an diversen 13
Standorten oder gar in mehreren Bundesländern
durchgeführt; 42 Prozent werden an so vielen Stand-
orten durchgeführt, dass von einer bundesweiten
Arbeit Privater Sprache Öffentliche
Reichweite gesprochen werden kann. & Beruf Alltag & Schule & behördliche
Belange

In Summe en­gagieren sich bei den Mitgliedsunterneh-


men von „Wir zusammen“ aktuell über 14.000 ehren-
amtliche Mitar­beiter. Es wurden zudem über 1.800 Prak-
tikumsstellen und über 500 Ausbildungsplätze besetzt
sowie rund 450 Flüchtlinge fest angestellt.

19
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

DIE ERFAHRUNGEN
DER UNTER-
NEHMEN SIND
POSITIV. DOCH
ES BESTEHT
WEITERER HAND-
LUNGSBEDARF.

20
21
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

Erkenntnisse aus Wie viele Beschäftigte hat Ihr


Unternehmen?
unternehmerischem Angaben in Prozent
  Mitglieder (n=76)    Nichtmitglieder (n=52)

Engagement: 62

Motivation, Ansätze,
Chancen und 43

Herausforderungen
28 29
Im Rahmen dieser Studie wurden eine Online-Befra-
gung und Interviews mit ausgewählten Unternehmen 21
durchgeführt. Ziel war es, das Engagement der Unter- 17
nehmen bei der Integration von Flüchtlingen in den
Arbeitsmarkt zu beleuchten. Die Umfrage konzen­
trierte sich auf vier Themenbereiche:
• das bisherige Engagement und die Erfahrungen bei
der Integration von Flüchtlingen
1–249 250–9.999 >10.000
• die genutzten Unterstützungsleistungen Beschäftigte Beschäftigte Beschäftigte
• aktuelle Hemmnisse und Herausforderungen
• die Wahrnehmung des Engagements der verschie-
denen Akteure in der Flüchtlingssituation, z.B. von Knapp sechs von zehn der befragten Unternehmen
Politik, Unternehmen und Verbänden sind international tätig. Die Unternehmen decken ei-
nen großen Branchenquerschnitt ab, von A wie Auto-
Insgesamt wurden für die Online-Befragung 387 Un- mobil über M wie Medien bis T wie Transportwesen.
ternehmen angesprochen. Sie stehen zu einem Groß- Die Ergebnisse der Befragung und der Interviews wer-
teil in Kontakt zu „Wir zusammen“ oder sind bereits den im Folgenden differenziert nach Mitgliedern und
Mitglied des Netzwerks. Im Befragungszeitraum vom Nichtmitgliedern des Netzwerks „Wir zusammen“ vor-
15. bis zum 29. Juli 2016 nahmen 132 Unternehmen gestellt. Zunächst werden die Erfahrungen und die
(34 Prozent der Grundgesamtheit) an der Befragung Mo­tivation der Unternehmen für ihr Engagement auf­
teil. Von diesen Unternehmen sind 76 Mitglied bei „Wir gezeigt. Daran anknüpfend werden zehn konkrete Bei-
zusammen“. spiele unternehmerischen Engagements beschrieben.
Die Größenverteilung der befragten Unternehmen Abschließend folgen die Erkenntnisse zu Herausforde-
stellt sich wie folgt dar: rungen für weiteres Engagement.

22
Bisheriges Engagement
und Motivation Wie engagiert sich Ihr Unter­
nehmen für eine bessere
Für nahezu alle Unternehmen ist die Flüchtlings­
Integration von Flüchtlingen?
situation ein Thema – für mehr als die Hälfte von Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
ihnen aus wirtschaftlichen Gründen   Mitglieder (n=76)    Nichtmitglieder (n=56)
Die Flüchtlingssituation beschäftigt so gut wie alle be-
82
fragten Unternehmen (98 Prozent). Insbesondere die
Mitgliedsunternehmen des Netzwerks „Wir zusammen“
sehen die Flüchtlingssituation auch als wirtschaftliches
Thema (66  Prozent, verglichen mit 45 Prozent bei
Nichtmitgliedern) und betrachten Flüchtlinge u.a. als 59
57
potenzielle Arbeitskräfte. Alle befragten Mitgliedsunter- 54
nehmen engagieren sich mit konkreten Projekten und 50 50
Maßnahmen. Auch bei den Unternehmen, die nicht 45
Teil des Netzwerks sind, ist das Engagement hoch:
89 Prozent engagieren sich bereits jetzt, sieben Pro-
zent planen, dies in Zukunft zu tun; vier Prozent wol- 32 32
29
len sich weder jetzt noch zukünftig engagieren. 27
Die konkreten Maßnahmen, mit denen sich Unterneh- 21
men engagieren, unterscheiden sich, je nachdem, ob
die Unternehmen Mitglieder bei „Wir zusammen“ sind
oder nicht.
In allen abgefragten Bereichen engagieren sich die
Mitgliedsunternehmen (zum Teil deutlich) häufiger als
Berufliche Privater Sprach- Feste CSR Berufliche
die übrigen befragten Unternehmen. Beide Gruppen Qualifizie- Alltag kompe- Arbeits- Unter- Qualifizie-
erachten berufliche Qualifizierung und vorbereitende rung durch tenz kräfte stützung rung durch
Praktika/ anderer sonstige
Maßnahmen in Form von Praktikums- oder Ausbil- Ausbildung Projekte Maßnahmen

dungsplätzen für Flüchtlinge als wichtigste Schritte.


Das Engagement ist hier bei den Mitgliedern des Netz-
werks mit 82 Prozent jedoch deutlich höher als bei
den Nichtmitgliedern (57 Prozent). Mehr als die Hälfte
der Mitgliedsunternehmen fördert die Sprachkompe-
tenz der Flüchtlinge, bei den Nichtmitgliedern ist es
knapp ein Drittel. 59 Prozent der befragten Mitglieds­
unternehmen unterstützen Flüchtlinge in ihrem priva-
ten Alltag, bei den Nichtmitgliedern taten dies nur rund
27 Prozent. Generell ist das Engagement hoch: 93 Pro-

23
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

zent der befragten Mitgliedsunternehmen und 61 Pro-


Haben Sie bereits Flüchtlinge zent der übrigen Unternehmen engagieren sich gleich
eingestellt und wenn ja, in mehreren Bereichen.
in welchen Positionen? 87 Prozent der Mitgliedsunternehmen haben Flücht-
Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
linge eingestellt, die Mehrheit von ihnen als Prakti­
  Mitglieder (n=74)    Nichtmitglieder (n=56) kanten (73 Prozent); bei den Nichtmitgliedern haben
63 Prozent Flüchtlinge eingestellt – auch hier meistens
73
(zunächst) im Rahmen von Praktika (48 Prozent). Deut-
lich weniger, 47 Prozent der Mitglieder bzw. 23 Pro-
zent der Nichtmitglieder, beschäftigen Flüchtlinge als
13%* Festangestellte und ähnlich viele als Auszubildende (45
Nein
87% bzw. 18 Prozent). Der (noch) vergleichsweise hohe An-
Ja
teil an Praktikumsplätzen ist Ausdruck der häufig noch
48 47
45 nicht ausreichenden Sprachkompetenz sowie des Be-
darfs, Flüchtlinge zunächst an den Arbeitsmarkt bzw.
generell an eine Ausbildung heranzuführen.
Die jeweilige absolute Anzahl der Flüchtlinge, die von
den einzelnen befragten Unternehmen bisher einge-
37% 23 stellt wurde, ist aktuell eher gering. Zwar gab es unter
Nein
63% 18 den 132 insgesamt befragten Unternehmen sechs, die
Ja
jeweils mehr als 100 Flüchtlinge eingestellt haben (alle
sechs Unternehmen sind Mitglieder des Netzwerks „Wir
zusammen“). Jedoch hat z.B. keines der befragten
Un­ternehmen mit 1.000 bis 9.999 Beschäftigten bis­-
Als Als Als her mehr als 20 Flüchtlinge eingestellt. Dies liegt auch
Prakti­- feste Aus­zu­
kanten Mitarbeiter bildende daran, dass die einzelnen Unternehmen mit ihrem En-
gagement oft noch am Anfang stehen und dieses
* Da sich alle Mitgliedsunternehmen von „Wir zusammen“ für
Flüchtlinge einsetzen, engagieren sich auch die übrigen Unter-
noch ausbauen möchten.
nehmen, beispielsweise durch Mentorenprogramme.

Die Motive für das unternehmerische Engagement


sind vielfältig, 56 Prozent möchten Zugang zu
neuen Arbeitskräften gewinnen
Es gibt zahlreiche Gründe, warum sich Unternehmen
in der Flüchtlingsfrage engagieren. Hier sind kaum Un-
terschiede zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern
zu erkennen. Sehr häufig (bei ca. drei Viertel der Befrag­
ten) werden persönliche und gesellschaftliche Motive
genannt. Zahlreiche Unternehmen versprechen sich

24
betriebliche Vorteile von ihrem Engagement für
Flüchtlinge: 56  Prozent der befragten Unternehmen Welche Motivation hat Ihr
geben den Zugang zu Arbeitskräften als Grund für ihr Unternehmen, sich für Flücht­
Engagement an – auch hier gibt es keine signifikanten
linge zu engagieren?
Unterschiede zwischen Mitgliedern des Netzwerks und Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
anderen Unternehmen.   Mitglieder (n=75)    Nichtmitglieder (n=50)
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Befragung des
IW Köln. Von den Unternehmen, die bereits Beschäfti- 80
76 75
gungserfahrung mit Flüchtlingen gesammelt haben,
sieht auch in dieser Befragung mehr als die Hälfte
(53,2 Prozent) Potenzial zur Deckung des eigenen Per- 63
sonalbedarfs.18
Ein Unterschied zwischen Mitgliedern und Nichtmit- 56 56
53
gliedern ist lediglich in der Bedeutung zu erkennen, 49 49 49
die sie der Diversität bei ihrem Engagement beimessen:
Drei Viertel der „Wir zusammen“ Unternehmen, aber
lediglich jedes zweite andere Unternehmen geben an,
dass dies einer der Gründe für ihr Engagement in der
Flüchtlingssituation ist. Dies kann unter Umständen
darauf zurückgeführt werden, dass die Mitgliedsunter-
nehmen sich bisher stärker als andere Unternehmen
engagiert haben und positive Erfahrungen mit kultu­
reller Vielfalt gemacht haben.

Die Erfahrungen mit der Einstellung von Flücht­


Diversität Persönliche Zugang Außendar- Wahrneh­
lingen sind gut, insbesondere die Reaktion der und gesell- zu Arbeits- stellung mung
schaftliche kräften innerhalb
Belegschaft ist positiv Motive der Beleg-
Die Erfahrungen mit den eingestellten Flüchtlingen schaft

sind positiv. Insbesondere die Reaktion der Belegschaft


und die Auswirkung auf die Außenwahrnehmung des
Unternehmens werden von den Unternehmen als gut
bewertet. In beiden Bereichen haben Mitglieder von
„Wir zusammen“ bessere Erfahrungen als andere Un-
ternehmen gemacht. Insbesondere die sehr positive
Reaktion der Belegschaft bei Mitgliedsunternehmen
zeigt, dass die Einstellung von Flüchtlingen günstige
Auswirkungen auf ein Unternehmen haben kann. Die
Erfahrungen mit den Qualifikationen der Flüchtlinge

25
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

werden von beiden Gruppen noch als leicht positiv


bewertet, liegen jedoch – verglichen mit den zuvor Welche Erfahrung haben
genannten Aspekten – lediglich an dritter Stelle. Nega- Sie mit der Einstellung von
tive Erfahrungen gibt es sowohl bei Mitgliedsunterneh-
Flücht­lingen gemacht?
men als auch bei den übrigen Unternehmen mit der +2 = sehr positiv bis -2 = sehr negativ
Sprachkompetenz der Flüchtlinge.  Mitglieder   Nichtmitglieder

Unternehmen lassen sich bei der Einstellung von 1,4

Flüchtlingen häufig von anderen Akteuren beraten


und informieren 1,0
Insbesondere um Informationen über den Einstellungs­
0,8
prozess von Flüchtlingen zu erhalten und in Kontakt
mit geeigneten Kandidaten zu treten, nutzen Un­ter­
0,5
neh­­men häufig die Beratungs- und Unterstützungs­
angebote anderer Akteure. Am häufigsten arbeiten 0,2 0,2
Mitgliedsunternehmen mit Agenturen für Arbeit (79
Prozent), Jobcentern (74 Prozent), Initiativen und Netz­
Reaktion Außen- Fachliche
werken (68 Prozent), Industrie- und Handelskammern der wahrneh- Qualifi­ -0,1
Beleg- mung kation
(65 Prozent) sowie gemeinnützigen Organisationen schaft -0,2
Sprach­
(64 Prozent) zusammen. Nichtmitglieder lassen sich in kompetenz
ähnlichem Maße von IHKs und gemeinnützigen Orga-
nisationen (63 bzw. 67 Prozent), jedoch seltener als
Mitgliedsunternehmen von Agenturen für Arbeit (71
Prozent) und Jobcentern (53 Prozent) beraten.
Bei der Vermittlung von geeigneten Kandidaten unter-
stützen vor allem Agenturen für Arbeit und Jobcenter
– 68 Prozent aller Unternehmen haben mindestens
von einem der beiden Akteure Vermittlungsleistungen
in Anspruch genommen. Aber auch gemeinnützige
Organisationen oder Angestellte der Unternehmen
selbst vermitteln Flüchtlinge für Praktika, Ausbildungen
und Festanstellungen.

26
Gelebte Integration
Praxisbeispiele
unternehmerischen
Engagements

Das Netzwerk „Wir zusammen“ blickt bereits auf zahlreiche positive


Erfahrungen zurück. Auf den Folgeseiten werden zehn Beispiele für
erfolgreiches Engagement dargestellt. Diese Beispiele geben Einblicke
in bereits umgesetzte Integrationsmaßnahmen und zeigen die Vielfalt
der möglichen Projekte. Sie machen deutlich, dass erfolgreiches
Unternehmensengagement unabhängig von Größe oder Branche ist.
Und sie zeigen: Es geht!

27
01
Burgbad
Schmallenberg
700 Beschäftigte
Möbel (Bad)

MIT PRAKTIKA DEN WEG IN DIE


FESTANSTELLUNG BEREITEN

Das Unternehmen burgbad bietet allerdings der Aufenthaltsstatus


Badmöbel-Lösungen an und ist geklärt werden und die Ge­spräche
Teil der türkischen Gruppe ECZA- wurden in englischer Sprache
CIBASI. Integration und Diversität geführt. Bei Fragen oder Pro­-
spielen für das Unternehmen eine b­lemen setzt burgbad auf die
große Rolle: Viele Beschäftigte Unterstützung der Mitarbeiter, die
haben einen Migrationshinter- ihrem neuen Kollegen zur Seite
„Wir respektieren grund. Deshalb hat burgbad ent­- stehen. Der Werksleiter hilft
die Persönlichkeit und schieden, sich in der Flüchtlings­ bei­spielsweise bei der Wohnungs-
kul­turelle Prägung situation zu engagieren. Im Mai suche: So liest er Inserate, ruft
und empfinden Internatio­ 2016 hat burgbad zwei Flüchtlinge Vermieter an, oder begleitet
nalität als Bereicherung. als Praktikanten im Werk Bad seinen Mitar­beiter zu Besich­
Der Integrationsgedanke Fredeberg eingestellt. Aufgrund tigungen. Für die Zukunft plant
ist in unserer Unterneh­ seiner guten Leistungen ist einer burgbad, weitere Flüchtlinge
mens­kultur fest verankert. von ihnen inzwischen als fester als Praktikanten einzustellen.
Deshalb engagieren wir Mitarbei­ter in der Verpackungsab- Wenn möglich, soll dies nicht nur
uns bei ‚Wir zusammen‘ teilung tätig. Der neue Mitarbeiter ein kurzer Einblick in das Unter-
aus tiefster Überzeugung.“ hat sich schnell integriert. Aus nehmen bleiben, sondern zu einer
Jörg Loew Sicht des Unternehmens stellte für beide Seiten wünschenswerten
Vorstandsvorsitzender, burgbad AG die Einstellung kaum zusätzlichen Festanstellung führen.
Aufwand dar. Zunächst musste

28
02
DZ BANK Gruppe
Frankfurt am Main
30.000 Beschäftigte
Banken- und Versicherungswesen

HOSPITATIONEN GEBEN
EINBLICK IN DEN VIEL-
SEITIGEN BANKENSEKTOR
Im Februar 2016 haben Vorstand besuchen mit den Flüchtlingen
und Belegschaft der DZ BANK beispielsweise Veranstaltungen
Gruppe gemeinsam beschlossen, oder zeigen ihnen ihre neue
Hospitationsplätze für Flücht­linge Heimatstadt.
zu schaffen. Das Ziel dieser Das ehrenamtliche Engagement
Initiative besteht darin, Flücht­ der Beschäftigten ist ein wichtiger
lingen möglichst schnell und un- Faktor für den bisherigen Erfolg
„Wir möchten unmittel­ ­bürokratisch einen Zugang zum des Projekts. Alle Hospitanten
baren Nutzen stiften. Mit Arbeitsmarkt zu ermöglichen. wurden von Angestellten der
den Hospitationen wollen Hierfür bieten sich Hospitations- DZ BANK Gruppe vermittelt, da sie
wir junge Flüchtlinge auf plätze in besonderem Maße an. aufgrund ihres sozialen Engage-
das Berufsleben in Während ihrer Hospitation haben ments bereits Kontakt zu Flücht­
Deutschland vorbereiten die Flüchtlinge die Möglichkeit, lingen hatten. Durch diese persön-
und ihnen einen Zugang mehrere Abteilungen zu durchlau- liche Vermittlung kann vorab
zum deutschen Arbeits­ fen. So können sie einen Einblick besser überprüft werden, welche
markt eröffnen. Daneben in unterschiedliche Bereiche der Vorkenntnisse und Interessen die
spielt aber auch der kul­ Unternehmen der DZ BANK jeweilige Person mitbringt und in
turelle Austausch eine Gruppe, zu denen z.B. die Bau- welchem Bereich sie entspre-
große Rolle. Davon können sparkasse Schwäbisch Hall oder chend eingesetzt werden kann.
beide Seiten profitieren.“ die Union Investment zählen, Aus der Belegschaft gibt es
Wolfgang Kirsch gewinnen: z.B. in die IT, die zahlreiche positive Rückmel­-
Vorstandsvorsitzender, DZ BANK AG Kommunikationsabteilung oder ­d­ungen: Die Beschäftigten schät-
die Arbeit am Empfang. zen das Engagement, das Interes-
Zahlreiche Beschäftigte haben sich se und die schnelle Einarbeitung
seit Beginn des Programms bereit der Flüchtlinge.
erklärt, Flüchtlinge als Mentoren
zu unterstützen. Die Mentorenrolle
wird individuell ausgestaltet.
Neben Fragen zum Tätigkeitsfeld
oder zum jeweiligen Unterneh-
men stehen die Mentoren oft auch
als Ansprechpartner für persön­
liche Anliegen zur Verfügung und

29
03
E.ON
Essen
42.000 Beschäftigte
Energie

KURSE ERMÖGLICHEN
DEN EINSTIEG IN
DEN ARBEITSMARKT
E.ON engagiert sich mit verschie- wurden die ersten Stellen besetzt.
denen Projekten für Flüchtlinge. Die zentrale Herausforderung
Viele der Maßnahmen unterstützen besteht darin, geeignete Kandi­
deren berufliche Qualifizierung – daten zu finden, die über entspre­-
mit dem Ziel, mittelfristig auch ch­ende Vor- und Sprachkenntnisse
qualifizierte Fachkräfte für E.ON zu verfügen. Für die Vermittlung greift
gewinnen. Eine der Maßnahmen ist E.ON nicht nur auf Agenturen für
„Eine der wichtigsten ein Berufsvorbereitungskurs, der Arbeit und Jobcenter zurück,
gesamtgesellschaftlichen lokal in Essen in Kooperation mit sondern auch auf andere Organisa-
Aufgaben für die Integra­ einem Bildungsträger angeboten tionen wie Kirchengemeinden und
tion der Geflüchteten wird. Die Flüchtlinge erhalten die Caritas. Bei der Integration zählt
besteht darin, ihnen eine Sprachkurse und werden über das E.ON auf die Unterstützung aus
Perspektive auf dem Ar­ duale Ausbildungssystem sowie der Belegschaft. In Bayreuth,
beitsmarkt bieten zu kön­ verschiedene technische Berufe Pfaffenhofen, Hamburg, Krottorf
nen. Offenheit, Respekt informiert. Die Teilnehmer werden und Lüneberg vermitteln Ausbilder
und Hilfsbereitschaft sind zudem von einem Sozialpädago- und Auszubildende den Flücht­
dafür wesentliche Erfolgs­ gen betreut, der ihnen auch bei der lingen im Rahmen der Einstiegs­
faktoren, aber auch tat­ Suche von Praktika und Ausbil- qua­lifizierung erste Ausbildungsin-
kräftige Unterstützung dungsplätzen hilft. Erste Kursteil- halte und bereiten sie so auf eine
ist wichtig. Deshalb wollen nehmer haben bereits über Praktika Ausbildung vor. Die Beschäftigten
wir den Einstieg in den und Ausbildungen einen Einstieg in von E.ON engagieren sich zudem
Beruf erleichtern.“ das Berufsleben gefunden. Darüber mit Bewerbertrainings für Flücht­
Dr. Ingo Luge hinaus bietet E.ON deutschlandweit linge. Durch die gemeinnützige
Vorsitzender der Geschäftsführung, eine Einstiegsqualifizierung für Organisation „Ehrenamt Agentur
E.ON Deutschland Flüchtlinge an verschiedenen Essen“ ist ein Kontakt zu interes­
Standorten an. Hierbei sind feste sierten Flüchtlingen entstanden.
Rahmenbedingungen von der IHK Im Rahmen von sechs Workshops
und den Agenturen für Arbeit wurden bisher Flüchtlinge geschult;
vorgegeben. Ziel des Programms inzwischen haben die ersten
ist es, die Flüchtlinge in dem Teilnehmer Praktikumsangebote
mindestens sechsmonatigen Kurs von verschiedenen Unternehmen
auf eine technische Ausbildung bei erhalten.
E.ON vorzubereiten. Auch hier

30
04
Evonik
Essen
33.500 Beschäftigte
Chemie

BESTEHENDE PROGRAMME
FÜR FLÜCHTLINGE NUTZEN

Evonik hat im vergangenen Jahr lernten sie erste Ausbildungsinhalte


zusätzliche Plätze für Flüchtlinge in kennen, absolvierten mehrere
dem Programm „Start in den Beruf“ Grundausbildungseinheiten und ein
geschaffen. Seit 15 Jahren unter- Bewerbungstraining. Die gesell-
stützt der Konzern mit dieser von schaftliche Integration wurde u.a.
den Sozialpartnern der chemischen durch den täglichen Austausch
Industrie ins Leben gerufenen mit den anderen Teilnehmern
„Die Flüchtlinge, die Maßnahme nicht ausbildungsfähige gefördert. „Start in den Beruf für
nach Deutschland kommen Jugendliche bei der Vorbereitung Flüchtlinge“ ist ein voller Erfolg –
und eine Bleibeperspektive auf eine Ausbildung. Finanziert für die Flüchtlinge und für Evonik.
haben, sind eine große wurden die Plätze u.a. von der Denn der Konzern erhält Zugang
Chance. Um die­ses Poten­ Evonik Stiftung. Um in Kontakt zu motivierten und qualifizierten
zial zu nutzen, sind Investi­ mit interessierten Flücht­lingen zu Arbeitskräften. Aus dem aktuellen
tionen in Sprache, Qualifi­ treten, setzte Evonik auf ein Jahrgang haben mehr als 80
zierung und Ausbildung Netzwerk an Partnern wie Prozent der Flüchtlinge ein Ausbil-
nötig. Die Evonik Stiftung die Caritas oder den Sozialbund dungsangebot von Evonik oder
fördert mit ihren Projekten Katholischer Frauen. Die ausge- anderen Unternehmen erhalten.
gelungene Integration.“ wählten Flüchtlinge erhielten Hierfür wurden bei Evonik zusätz­
Klaus Engel vor und während des Programms liche Ausbildungsplätze geschaffen.
Vorstandsvorsitzender, Evonik Industries AG Sprachunterricht. Gemeinsam Im November beginnt der nächste
mit den anderen Teilnehmern Jahrgang von „Start in den Beruf“.

31
05
Franz der Bettenbauer franz bettenbauer
Q U A L I T Ä T A U S ‘ M W O I D
Passau
5 Beschäftigte
Möbeldesign und Handwerk

KLEINSTBETRIEBE ZUR
INTEGRATION ERMUTIGEN –
DENN JEDER IST DER FRANZ
Für das Passauer Möbel-Startup
„Franz der Bettenbauer“ ist die
nachhaltige Integration von
Flüchtlingen in Zusammenarbeit
mit regionalen Handwerksbetrie-
ben integraler Bestandteil des
Geschäftsmodells. Das Unterneh-
„Als kleines Startup aus men ist als Startup erfolgreich –
dem Bayerischen Wald nicht trotz, sondern wegen der
wollten wir die Integration Integration von Flüchtlingen.
von Flüchtlingen in den „Franz der Bettenbauer“ entwickelt für „Franz der Bettenbauer“ fertigen,
Arbeitsmarkt auf lokaler gemeinsam mit einem regionalen wenn er die Qualität der Produkte
Ebene versuchen. Das kann Schreinerbetrieb individuell de­- sicherstellen kann und einen Flücht-
doch nicht so kompliziert si­g­nte Betten. Der Schreinerbetrieb ling ausbildet. Durch „Franz der
sein. Und siehe da, bis hat einem ersten Flüchtling aus Bettenbauer“ erhalten Flüchtlinge
hierher hat es ganz gut Eritrea einen Ausbildungsplatz zunächst die Chance, eine Ausbil-
geklappt. Und wenn es gegeben und fördert ihn zusätzlich, dung zu absolvieren. Dabei besteht
‚Franz der Bettenbauer‘ etwa durch Sprachunterricht. die Absicht, dass die Flüchtlinge im
schafft, können das andere Besonders wichtig ist es den Anschluss eine Festanstellung
locker!“ Gründern, zu betonen, dass die erhalten und langfristig gegebe­-
Vroni „Franz“ Hackl Integration von Flüchtlingen nicht n­en­falls sogar Handwerksbetriebe
Geschäftsführerin und Gründerin, nach Feierabend beendet ist. So übernehmen können. Auch die
Franz der Bettenbauer UG verbringen sie auch außerhalb der Werkstätten profitieren hiervon
Schreinerei häufig Zeit miteinander: gleich in dreierlei Hinsicht: Sie
beim Grillen, Wandern oder Fuß- können den Nachwuchsmangel in
­ballspielen. Auf diese Weise sollen regionalen Schreinerbetrieben
Flüchtlinge langfristig integriert ausgleichen, von der einzigartigen
werden, frei nach der Überzeugung Perspektive der Flüchtlinge neue,
„Jeder ist der Franz“. Um sukzessive innovative Impulse gewinnen und
zu wachsen, wird der Anschluss Zugang zu einer Kundengruppe
von weiteren Handwerksbetrieben erhalten, die den gesellschaftlich-
an das Netzwerk geplant. Das heißt: integrativen Aspekt des Unterneh-
Grundsätzlich kann jeder Schreiner mens schätzt.

32
06
Haniel
Duisburg
12.930 Beschäftigte
Investmentholding

HAND IN HAND
FÜR EIN ERFOLGREICHES
ENGAGEMENT
Das Thema Integration spielt stellte er z.B. der „Internationalen
seit vielen Jahren eine wichtige Klasse“ des Abtei-Gymnasiums die
Rolle im gesellschaftlichen En- Jahreslizenzen für eine Sprach-
gagement von Haniel. Aktuell liegt lernsoftware des Instituts für
der Schwerpunkt der Aktivitäten Jugendmanagement Heidelberg
auf der langfristigen Integration zur Verfügung. Das Programm
von Flüchtlingen, beispielsweise bietet interaktive Lernmöglich­
„Wir handeln mit Anstand. indem das Unternehmen sie beim keiten an und trainiert dank
Unternehmerisch und Einstieg in den Arbeitsmarkt und integrierter Spracherkennung
gesellschaftlich. Deshalb beim Spracherwerb unterstützt. außerdem die Aussprache.
liegt es in unserer Verant­ Bei seinen Projekten arbeitet Darüber hinaus nutzt Haniel
wortung, einen nachhal­ Haniel eng mit verschiedenen Synergien mit anderen Projekten,
tigen Beitrag zur Inte­ Institutionen und Organisationen wie etwa dem „Social Impact Lab“.
gration von Flüchtlingen zusammen. Denn die bisherige Dort werden junge Menschen
zu leisten.“ Erfahrung hat gezeigt: Der persön- bei der Entwicklung von gesell-
Stephan Gemkow liche Kontakt und Austausch auch schaftlich relevanten Geschäfts­
Vorstandsvorsitzender, zwischen Partnerorganisationen ideen unterstützt. In letzter Zeit
Franz Haniel & Cie. GmbH ist ein zentraler Faktor für schnelle entstehen hier insbesondere
und nachhaltige Integration von Ideen, die speziell auf Flüchtlinge
Flüchtlingen. Ein Beispiel dafür ist zu­geschnitten sind, wie z.B. Apps.
die Beschäftigung von Flücht­ Im ersten Schritt war Haniel auch
lingen, die Haniel aktuell vorbe­ schon in der Akuthilfe für Flücht­
reitet. Unter anderem werden linge direkt nach ihrer Ankunft
diesbezüglich Stellen für Langzeit- in Deutschland sehr aktiv. Zu den
praktika in der Holding geplant. Maßnahmen gehörte unter
Den Kontakt zu den Neuankömm- anderem die Einrichtung von
lingen, die sich für eine berufliche Notfalllagern oder die Bereitstel-
Tätigkeit in dem Unternehmen lung von Transportfahrzeugen.
interessieren, stellte Haniel durch
das Diakoniewerk her. Auch mit
Schulen in Duisburg kooperiert der
Konzern: Um das Erlernen der
deutschen Sprache zu fördern,

33
07
STUDIO GOLD
Leipzig
8 Beschäftigte
Architektur

AUF ERFAHRUNGEN AUFBAUEN


UND AUF DEN ARCHITEKTEN-
BERUF VORBEREITEN
STUDIO GOLD ist ein Architektur-
büro in Leipzig. Der Geschäfts­
führer des achtköpfigen Unter­
nehmens wurde über seinen
Freundeskreis auf ein Stellenge-
such aufmerksam: Ein syrischer
Architekt hatte einen Aushang
„Wir möchten dafür an der Universität Leipzig veröf-
werben, Berührungsängste, fentlicht. Es stellte sich heraus,
Vorbehalte oder Vorurteile dass der Syrer in seiner Heimat
kritisch zu hinterfragen. Inhaber eines Architekturbüros
Die Menschen, über die wir war. Im September 2015 begann
im Zusammenhang mit der seine Hospitation bei STUDIO zu arbeiten, sind allerdings so
Flüchtlingskrise sprechen, GOLD, im Anschluss daran wurde hoch, dass lediglich ein Hoch-
sind so unterschiedlich, er als technischer Zeichner schulabschluss hierfür qualifiziert.
wie wir es für uns selbst in übernommen. Dafür investierte Aber auch ohne entsprechenden
Anspruch nehmen! Diversi­ das Architekturbüro in einen Hochschulabschluss ist der Syrer
tät bereichert, insbesonde­ zusätzlichen Arbeitsplatz. Konti­ eine Bereich­erung für das Unter-
re in einem kreativen nuierlich arbeitet sich der neue nehmen. Zwischenzeitlich wurde
Arbeitsumfeld.“ Mitarbeiter in die neuen Aufgaben- STUDIO GOLD mit der Planung für
Olaf Schilling
felder ein. Das gesamte Team von ein Projekt in Tunesien beauftragt:
Geschäftsführer STUDIO GOLD STUDIO GOLD unterstützt ihn im Durch seine vielfältigen Erfah­
Rahmen der beruf­lichen Aufgaben rungen sowie seine Sprachkennt-
in fachlicher Hinsicht. Zusätzlich nisse und sein Wissen über andere
erhielt er zwischenzeitlich Sprach­ Kulturen konnte der neue Beschäf-
unterricht durch eine Mitarbeiterin. tigte hierbei einen wichtigen
Der Geschäftsführer von STUDIO Beitrag leisten.
GOLD geht davon aus, dass der
Beschäftigte in drei bis fünf Jahren
in der Lage sein wird, Planungsauf-
gaben selbstständig zu bearbeiten.
Die formellen Anforderungen
daran, als zugelassener Architekt

34
08
Deutsche Telekom
Bonn
255.000 Beschäftigte
Telekommunikation

PERSPEKTIVEN SCHAFFEN
DURCH PRAKTIKA, STIPEN-
DIEN UND ONLINEPORTALE
Um die Integration der ankom- Die Telekom betreibt überdies
menden Flüchtlinge zu unter­ zwei Onlineportale, die Flüchtlinge
stützen, initiierte die Deutsche unter anderem bei ihren ersten
Telekom AG das Projekt „Telekom Schritten in das Berufsleben unter-
hilft Flüchtlingen“. Ziel des Projekts stützen: „refugees.telekom.de“
ist es, nachhaltige Hilfe zu leisten informiert Flüchtlinge über den
und dabei die eigenen Erfah­ gesamten Integrationsprozess und
„Wir haben zur Lösung rungen und Kompetenzen als wird monatlich ca. 250.000-mal
dieser gesamtgesellschaft­ Tele­kommunikationsunternehmen aufgerufen. Auf dem von der
lichen Herausforderung zu nutzen. Das im September Telekom zusammen mit Jobware
Maßnahmen ergriffen, bei 2015 gestartete Projekt umfasst und Jobstairs betriebenen Portal
denen die Telekom über insgesamt sieben Handlungsfelder. „career4refugees“ können Unter-
besondere Kompetenz Ein Fokus liegt dabei auf der nehmen Stellenangebote für
verfügt, und unsere Hilfe Qualifikation und Arbeitsmarkt­ Flüchtlinge veröffentlichen. Neben
schnell und pragmatisch integration von Flüchtlingen auf der Telekom selbst nutzen bereits
umgesetzt. Es steht für uns verschiedenen Wegen. Zum mehrere Mitglieder aus dem
außer Frage, dass wir einen werden Praktikantenstellen „Wir zusammen“ Netzwerk diese
unsere gesellschaftliche angeboten. Im September begin- Plattform, um über offene Stellen
Verantwortung weiterhin nen zudem die ersten Flüchtlinge zu informieren.
wahrnehmen und dort ihre Ausbildung. Außerdem vergibt Zudem hat die Telekom unter
unterstützen, wo wir das Unternehmen Stipendien an anderem rund 70 Erstaufnahme-
können.“ der Hoch­schule für Telekom­- einrichtungen mit kostenfreiem
Dr. Christian P. Illek m­unikation in Leipzig. Von zehn WLAN ausgestattet. Darüber
Vorstand Personal, Deutsche Telekom AG geplanten Stipendien wurden bis hinaus stellt das Unternehmen
dato acht vergeben. Voraussicht- Immobilien als Flüchtlingsunter-
lich werden weitere elf Flüchtlinge künfte zur Verfügung und
ab Herbst 2016 im Rahmen eines zusätzlich über 30 Immobilien
Stipendienprogramms ihr Studium zur Nutzung in der Flüchtlingshilfe.
aufnehmen. Zusätzliche zwölf
Stipendien für Flüchtlinge hat die
Telekom über die Initiative „Geh
Deinen Weg“ der Deutschland­
stiftung Integration gefördert.

35
09
thyssenkrupp
Essen
155.000 Beschäftigte
Diversifizierter Industriekonzern

DURCH AUSBILDUNGEN
UND PRAKTIKA
INTEGRATION FÖRDERN
Bei thyssenkrupp ist gesellschaft­
liches Engagement fest im Unter-
nehmensleitbild verankert. Im
September 2015 haben Unterneh-
mensführung und Konzernbe-
triebsrat gemeinsam das Projekt
„we help“ ins Leben gerufen,
„Arbeit ist ein entscheiden­ um zusätzliche 150 Ausbildungs­-
der Motor für Integration. plätze und 230 Praktikumsplätze
Deutschland hat mit für Flüchtlinge zu schaffen.
dieser Formel bereits in der thyssenkrupp möchte damit einen
Vergangenheit Millionen Beitrag leisten, den Flüchtlingen
von Menschen ganz unter­ die Integration zu erleichtern und unterschiedlichen Bereiche zu
schiedlicher Herkunft ihnen die Möglichkeit geben, sich finden, kooperiert thyssenkrupp
erfolgreich integriert. aus eigener Kraft ein Leben in mit lokalen Arbeitsagenturen
Mit dieser Erfahrung und Deutschland aufzubauen. Mittler- und Jobcentern, die geeignete
einer positiven Einstellung weile wurden bereits 200 Prakti- Kandidaten mit unterschiedlichen
wird es uns auch heute kums- und 40 Ausbildungsplätze Qualifikationsprofilen vermitteln.
gelingen, die vielen Flücht­ an Flüchtlinge vergeben. Zudem entsteht aktuell ein
linge zu integrieren.“ Die Ausbildungs- und Praktikums- Netzwerk aus lokalen Jobcentern,
Dr. Heinrich Hiesinger plätze werden sowohl im gewerb- Bildungseinrichtungen und
Vorsitzender des Vorstands (CEO), lichen als auch im kaufmän­ Sozialverbänden.
thyssenkrupp AG nischen Bereich an unterschied- Die Paten aus der Belegschaft –
lichen Standorten in Deutschland insbesondere aber auch die Ausbil-
geschaffen. Damit „we help“ die der – unterstützen die Flüchtlinge
Teilnehmer bestmöglich unter­ bei unterschiedlichen Belangen
stützen kann, werden die ange­ und empfinden ihr Engagement
botenen Praktika und Ausbildungs­ als große persönliche Bereiche-
plätze durch interkulturelle rung. Für viele ist mit dem ersten
Trainings, ein Mentoring- und Kontakt „die Sache vom Kopf zum
Patensystem sowie eine psycho­ Herzen gewandert“.
logische Hotline begleitet.
Um geeignete Bewerber für die

36
10
UNICBLUE
Gelsenkirchen
78 Beschäftigte
Event- und Marketingagentur

EINE AUSBILDUNG
SCHAFFT LANGFRISTIGE
PERSPEKTIVE
Die Vorfahren des Geschäftsfüh-
rers der Event- und Marketing­
agentur UNICBLUE sind in der Zeit
der Industrialisierung des Ruhr­
gebiets nach Deutschland einge­
wandert. Daher stand für den
Unternehmer und seine Beleg-
„Vor 130 Jahren ist meine schaft schnell fest, dass auch sie
Familie ins Ruhrgebiet in der aktuellen Flüchtlingssitu­
emigriert. Die Region ist ation einen Beitrag zur Integration
mit Emigranten aus vielen leisten werden. Da aus Sicht des
Kulturkreisen gewachsen Geschäftsführers Integration
und war lange das indus­ am besten durch Arbeit gelingt, integriert. Auch wenn es vorab von
trielle Herz Deutschlands. entschied sich das Unternehmen außerhalb zum Teil Bedenken gab,
Ich bin mir sicher, dass dafür, Ausbildungsplätze für ob die Integration gelingen würde,
es hier in Zukunft Unter­ Flüchtlinge zu schaffen. konnten diese Sorgen schnell
nehmer geben wird, Im März 2015 lud UNICBLUE zehn ausgeräumt werden. UNICBLUE
die Menschen Arbeit geben Flüchtlinge ein, um ihnen die nutzte seine Stärken als Event- und
werden.“ Agentur vorzustellen und die Marketingagentur und zeigte
Franz Przechowski Flüchtlinge kennenzulernen. Drei durch eine offene Kommunikation
Geschäftsführender Gesellschafter, von ihnen absolvieren nun eine nach außen, dass Unternehmen
UNICBLUE Ausbildung bei UNICBLUE, sowohl sehr davon profitieren, wenn sie
im kaufmännischen als auch Flüchtlinge einstellen – nicht nur,
im handwerklichen Bereich. weil sie auf diese Weise etwas
Neben ihrer Ausbildung erhalten Gutes tun können, sondern auch,
die Flüchtlinge einmal pro Woche weil sie neue, motivierte Mitarbei-
Deutsch- und Gesellschaftsunter- ter finden können und auch die
richt, der vom Unternehmen bestehende Belegschaft von der
fin­anziert wird. Diversität profitiert.
Die neuen Kollegen wurden von
der gesamten Belegschaft will-
kommen geheißen und waren
bereits nach kurzer Zeit gut

37
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

rangprüfung (die durch das neue Integrationsgesetz in


Flüchtlingsinte­gration: vielen Regionen jedoch abgeschafft wurde) und eine
Heraus­forderungen und Hebel Arbeitsbedingungsprüfung. Im Rahmen der Arbeitsbe-
für weiteres Engagement dingungsprüfung prüft die Agentur für Arbeit für eine
konkrete Stelle den Verdienst und die Arbeitszeiten.
Trotz positiver Erfahrungen der Unternehmen mit der Damit werden für Personen mit einer Aufenthaltsge­
Integration von Flüchtlingen und der geschaffenen Un- stattung oder einer Duldung gleich­wertige Arbeitsbe­
terstützungsangebote zahlreicher Akteure gibt es dingungen wie für Personen mit uneingeschränkter
Hemmnisse, die eine Integration erschweren. Im Rah- Arbeitserlaubnis gewährleistet. Zahlen der Bundesagen-
men der Online-Befragung und weiterer Interviews tur für Arbeit zeigen, dass die örtlichen Agenturen für
wurden aktuelle Herausforderungen, aber auch Hebel Arbeit von Januar bis Juli 2016 mehr Flüchtlingen eine
zur Verbesserung der Rahmenbedingungen identifiziert. Arbeitsmarktzulassung zugesprochen haben als im Ge-
samtjahr 2015. Trotzdem nehmen die Betriebe die hier-
Aus Sicht der Unternehmen ist der administrative/ mit verbundenen Aufwände und Unsicherheiten noch
rechtliche Rahmen das größte Hemmnis, insbe­ als Herausforderung wahr.
sondere der aufwendige Einstellungsprozess bei Als am zweithinderlichsten werden sowohl von Mitglie-
Flüchtlingen dern als auch von Nichtmitgliedern die Unsicherheiten
Zwei Drittel der Mitgliedsunternehmen und mehr als je- nach einer Einstellung der Flüchtlinge beurteilt. Auch
des zweite Nichtmitgliedsunternehmen sehen die größ-
ten Herausforderungen der Arbeitsmarktintegration von
Flüchtlingen bei den administrativen/rechtlichen Anfor- Herausforderungen in der
derungen. Vor allem die Rahmenbedingungen im Ein- Dimension „administrativer und
stellungsprozess sind aus Sicht der Unternehmen hin-
rechtlicher Rahmen“
derlich. Sie stellen für beide Unternehmensgruppen die
Bitte bewerten Sie die Bedeutung der folgenden mög­
größte Herausforderung im Bereich „administrativer lichen Hemmnisse für eine Einstellung von Flüchtlingen
und rechtlicher Rahmen“ dar: Der Prozess ist langwie- in Ihrem Unternehmen 
rig, schwer planbar und der Ausgang oft ungewiss. 1 = kein Hemmnis für uns bis 5 = sehr großes Hemmnis für uns
Flüchtlinge haben je nach ihrem Status und ihrer Auf-  Mitglieder   Nichtmitglieder
enthaltsdauer unterschiedliche Zugangsbedingungen
Einstellungsprozess
zum Arbeitsmarkt. Darüber hinaus sind diverse Behör- Ø 3,3
den involviert: Während des laufenden Asylverfahrens Ø 3,4
sind grundsätzlich die Agenturen für Arbeit zuständig für Bleibe-Sicherheit nach Einstellung
Ø 3,2
die Integration in den Arbeitsmarkt. Nach Abschluss des Ø 3,3
Verfahrens sind es die Jobcenter. Zudem benötigen Transparenz über Qualifikationen
Ø 3,0
Flüchtlinge, deren Verfahren noch läuft, auch eine Ge- Ø 3,0
nehmigung der Ausländerbehörde, um eine Tätigkeit Anerkennung von Qualifikationen
Ø 2,9
aufnehmen zu dürfen. Darüber hinaus erfolgen je nach Ø 3,1
Status, Aufenthaltsdauer und Region noch eine Vor-

38
wenn der Asylantrag positiv beschieden wird, erhalten Berufsschule folgen zu können.23 So erfordert eine Aus-
Flüchtlinge zunächst lediglich eine befristete Aufent- bildung zum Elektroniker wegen der Physik-Inhalte gute
haltserlaubnis.19 Die Zuerkennung der Flüchtlingseigen- Sprachkenntnisse, um einerseits dem Unterricht folgen
schaft kann widerrufen werden, wenn sich z.B. die Situ- zu können, andererseits aber auch aus Sicherheitsgrün-
ation im Herkunftsland oder die Verfolgungssituation den. Nach Beendigung eines Integrationskurses verfü-
ändert.20 Ob dieser Fall gegeben ist, wird im Rahmen gen Flüchtlinge jedoch oft nur über Kenntnisse auf
der sogenannten „Regelüberprüfung“ beurteilt. Diese A2 oder B1 Niveau. Mitglieder des Netzwerks „Wir zu­
erfolgt spätestens drei Jahre nach Abschluss des Asyl- sammen“ und andere Unternehmen sind sich daher in
verfahrens. Auch wenn anlässlich der Regelüberprüfung ihrer Einschätzung einig, dass mangelnde Sprachkennt-
zunächst kein Widerruf erfolgt, ist eine spätere Auf­ nisse die größte Herausforderung sind. Zudem sind aus
hebung des Schutzstatus nicht ausgeschlossen. Für Sicht beider Unternehmensgruppen für den deutschen
Flüchtlinge und Unternehmen besteht damit eine dau- Arbeitsmarkt unzureichende berufliche Qualifikationen
erhafte Unsicherheit, ob und wie lange die Person im ein Hinderungsgrund für die Einstellung von Flücht­
Unternehmen bleiben kann. Als weitere Herausforde- lingen. Es bedarf daher zunächst einer Heranführung an
rungen haben die befragten Unternehmen eine man- den deutschen Arbeitsmarkt, z.B. durch Hospitationen,
gelnde Transparenz bezüglich der Qualifikationen von Praktika oder eine formale Qualifizierung durch eine
Flüchtlingen und der Anerkennung von Qualifikationen Ausbildung. Dies spie­gelt sich entsprechend in den ge-
genannt. Mit dem Berufsanerkennungsgesetz existiert
eine gesetzliche Grundlage, die es Flüchtlingen ermög-
licht, formale Ausbildungs- und Berufsnachweise für Herausforderungen in der
den deutschen Arbeitsmarkt anerkennen zu lassen.21 Dimension der „Flüchtlinge“
Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass entsprechende
Bitte bewerten Sie die Bedeutung der folgenden mög­
Nachweise vorliegen. Dies ist häufig nicht der Fall. Auch lichen Hemmnisse für eine Einstellung von Flüchtlingen
verfügt nur ein relativ kleiner Teil der Flüchtlinge über in Ihrem Unternehmen 
formale Qualifikationen, wie eine Befragung des BAMF 1 = kein Hemmnis für uns bis 5 = sehr großes Hemmnis für uns
gezeigt hat.22 In den Herkunftsländern wie Syrien, Irak  Mitglieder   Nichtmitglieder

oder Iran werden Qualifikationen häufig durch die Mit-


Sprachkenntnisse
arbeit in einem Betrieb erworben, ohne dass dafür Zer- Ø 3,7
tifikate ausgestellt werden. Ø 3,8
Berufliche Qualifikation
Ø 3,1
Mangelnde Sprachkenntnisse und berufliche Ø 3,4
Kulturelle Integration
Qualifikationen der Flüchtlinge stellen für Unter- Ø 2,6
nehmen eine Herausforderung dar Ø 2,9
Um eine Ausbildung anzutreten, werden ausreichende Wissen zum Bewerbungsprozess
Ø 2,6
Sprachkenntnisse benötigt. Das Sprachniveau B1 des Ø 2,8
europäischen Referenzrahmens ist aus Sicht vieler Un- Fluchtfolgen (z.B. durch Traumata)
Ø 2,5
ternehmen das Mindestniveau, reicht aber je nach Aus- Ø 2,8
bildungsberuf nicht aus, um z.B. dem Unterricht in der

39
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

schaffenen Angeboten von Unternehmen wider (siehe


Herausforderungen hierzu S. 25–35). Bedenken bezüglich der kulturellen
in der Dimension der Integration, Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit als
„Unternehmen“ Konsequenz der Flucht (z.B. durch Traumata) und
mangelndes Bewerbungswissen wurden von den Un-
Bitte bewerten Sie die Bedeutung der folgenden mög­
lichen Hemmnisse für eine Einstellung von Flüchtlingen
ternehmen ebenfalls als Herausforderungen bewertet,
in Ihrem Unternehmen  werden aber im Vergleich als weniger bedeutend ein-
1 = kein Hemmnis für uns bis 5 = sehr großes Hemmnis für uns
geschätzt.
 Mitglieder   Nichtmitglieder

Qualifikationsprofile Die Suche nach geeigneten Kandidaten bleibt oft


Ø 3,0 ergebnislos
Ø 3,0
Aufwendige Suche Viele Unternehmen haben momentan Schwierigkei-
Ø 2,6 ten, Flüchtlinge für die angebotenen Positionen zu
Ø 3,1
Ressourcen für zusätzliche Anforderungen finden. Das liegt vor allem daran, dass viele Flüchtlinge
Ø 2,4 nur über niedrige Qualifikationen verfügen. Aber es
Ø 3,1
Rechtliche Kenntnisse gibt noch zwei weitere Probleme: Viele Flüchtlinge,
Ø 2,4 die prinzipiell hinreichend qualifiziert sind, haben auf-
Ø 2,7
Generell kein Bedarf grund mangelnder Dokumentation und anderer Aus-
Ø 2,3 bildungssysteme in ihrer Heimat keine entsprechen-
Ø 2,4
Bereitschaft für zusätzliche Anforderungen den Nachweise. Darüber hinaus ist die Suche über die
Ø 2,2 klassischen Wege, z.B. per Ausschreibungen oder Ver-
Ø 2,8
Integrations-Bedenken
mittlung durch Agenturen für Arbeit/Jobcenter, oft
Ø 1,7 nicht zielführend. Unternehmen setzen daher beim
Ø 2,0
Recruiting von Flüchtlingen teilweise auf persönliche
Kontakte ihrer Beschäftigten oder greifen auf Hilfsor-
ganisationen zurück, die ihnen motivierte und qualifi-
zierte Flüchtlinge vermitteln. Dieser Prozess ist kleintei-
lig und zeitaufwendig. Deswegen bleiben (Ausbildungs-)
Stellen, die extra für Flüchtlinge geschaffen wurden,
teilweise noch unbesetzt. Als mit Abstand am wenig­
sten relevant werden Bedenken bezüglich einer Inte­
gration von Flüchtlingen in das Unternehmen einge-
schätzt – sowohl von Mitgliedern des Netzwerks „Wir
zusammen“ als auch von anderen Unternehmen. Die-
ser Aspekt spiegelt sich auch in der positiven Reaktion
der Belegschaft wider. Denn diese nimmt die einge-
stellten Flüchtlinge oft als Bereicherung wahr.

40
Unternehmen wünschen sich mehr Unterstützung gesehen – jeweils von 78 und 72 Prozent der befragten
von Politik und Behörden Mitgliedsunternehmen bzw. von 73 und 71 Prozent der
Aus Sicht der Unternehmen wird das Engagement anderen Unternehmen.
der verschiedenen Akteursgruppen – von Unternehmen
über Verbände und Behörden bis hin zu Politik und So- Mehr und bessere Sprachkurse sowie eine schnel­-
zialpartnern – generell als relativ hoch eingeschätzt. In l­ere Klärung des Aufenthaltsstatus können die Inte-
Zukunft wünschen sich die Unternehmen mehr Unter- gration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt fördern
stützung bei der Integration von Flüchtlingen. Insbeson- Die befragten Unternehmen erachten eine Vielzahl an
dere Politik und Behörden werden in der Verantwortung Maßnahmen als wichtig, damit in Zukunft die Integrati-
on von Flüchtlingen weiter erleichtert werden kann. Der
größte Hebel wird in der Bereitstellung zusätzlicher
Von welchen Akteuren Sprachkurse gesehen – unabhängig davon, ob die Un-
wünschen Sie sich zukünftig ternehmen Mitglied bei „Wir zusammen“ sind oder
mehr Unterstützung bei der nicht. Eine schnellere Klärung des Aufenthaltsstatus und
die Schaffung zentraler Anlaufstellen für Unternehmen
Integration von Flüchtlingen in werden von beiden Gruppen als zweit- bzw. drittwich-
den Arbeitsmarkt? tigster Hebel erachtet. Finanzielle Anreize für Unterneh-
Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich
men wurden hingegen jeweils nur an vorletzter Stelle
  Mitglieder (n=71)    Nichtmitglieder (n=52)
genannt. Die vergleichsweise geringe Bedeutung sol-
78
cher Anreize wird auch bei der aktuellen Nutzung deut-
73 72 71 lich: Finanzielle Unterstützungsleistungen für Unterneh-
men, so z.B. Eingliederungszuschuss, Einstiegs­qualifi-
zierung und assistierte Ausbildung, werden jeweils nur
von jedem fünften bis zehnten befragten Unternehmen
genutzt. Rund ein Drittel gibt hier schlicht einen man-
gelnden Bedarf an. Der Aufwand zur Bewilligung des
jeweiligen Zuschusses wird jeweils nur von 8 bis 11 Pro-
38 zent der Unternehmen als Grund für die Nichtnutzung
angesehen.
31

25
23 Insgesamt zeigt die Befragung, dass sich zahlreiche Un-
ternehmen bereits engagieren, und dass die Flüchtlings­
situation den Unternehmen ein wichtiges Anliegen ist,
wofür sie sich gerne noch stärker engagieren möchten.
Gleichzeitig wird klar, dass die Verbesserung einzelner
Rah­men­bedingungen eine Voraussetzung für die Nut-
Politik Behörden Verbände Sozial­partner zung des vorahandenen Potenzials ist. Das nächste Ka-
pitel zeigt hierfür konkrete Maßnahmen auf.

41
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

DYNAMIK
UND UNTER-
STÜTZUNGS-
BEREITSCHAFT
MÜSSEN
WEITER
ANHALTEN.

42
43
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

Sieben Verbesserungsansätze

7.
Den Austausch
1.
Schneller Sicherheit
zwischen den über den Aufenthalts-
Unternehmen status schaffen
fördern

6.
Den Einstellungspro-
zess vereinfachen und
administrative Hürden
abbauen 2.
Sprachliche
Kompetenz
der
Flüchtlinge
steigern

5.
Kompetenz­fest-
stellung und Qualifi­-
­ka­­tions­an­er­kennung
verbessern 3.
Berufliche
Quali­­fi­ka­tionen

4.
Informationen und
der Flüchtlinge
ver­bessern

Angebote stärker bündeln

44
Auf Basis der praktischen Erfahrungen der Unterneh-
Ein Aktionsplan men konnten im Rahmen dieser Studie zentrale He­
rausforderungen identifiziert werden, die für eine bes-
für die Zukunft: sere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt
zu bewältigen sind. Die gewonnenen Erkenntnisse aus
Wie die Arbeits- den Interviews und der Online-Befragung bilden die
Grundlage für sieben Verbesserungsansätze, die im
marktintegration Folgenden vorgestellt werden.

von Flüchtlingen 1. Schneller Sicherheit über den Aufenthaltsstatus


schaffen
erleichtert Eine schnelle Klärung des Aufenthaltsstatus der Flücht-
linge ist wichtig, um Sicherheit für Asylbewerber und
werden kann Unternehmen zu schaffen. Mit der Einstellung von
Flüchtlingen sind – wie generell bei allen Einstellungen
– Aufwand und Kosten für Unternehmen verbunden
Ein enger Schulterschluss von Politik und Wirtschaft ist (u.a. für die Identifikation und Auswahl geeigneter
notwendig, um die anstehenden Integrationsaufgaben Be­werber). Darüber hinaus leisten Unternehmen ne-
zu meistern: ben der Einarbeitungsphase auch häufig zusätzliche
• Die Aufgabe der Politik besteht darin, attraktive Rah- Unterstützung für Flüchtlinge und (ko-)finanzieren z.B.
menbedingungen zu schaffen und eine schnelle In- Sprachkurse oder stellen Mentoren zur Seite.
tegration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Eine zeitnahe Entscheidung über den Asylantrag ist
Politik hat bereits reagiert und u.a. mit dem Integra- wesentlich. Daneben sollten Maßnahmen getroffen
tionsgesetz, das Anfang Juli 2016 vom Bundestag werden, um Sicherheit in Bezug auf den Aufenthalts-
verabschiedet wurde, den Arbeitsmarktzugang er- status von sich noch im laufenden Asylverfahren be-
leichtert. So sind beispielsweise 100.000 Arbeits­ findlichen Flüchtlingen zu schaffen. Zum Beispiel ist
gelegenheiten für Flüchtlinge vorgesehen, deren für Asylbewerber in Ausbildung im Rahmen des Inte­
Asylverfahren noch laufen. Darüber hinaus ist ein grationsgesetzes eine 3+2-Regelung verabschiedet
Ab­schiebeschutz für die Dauer einer begonnenen worden. Diese Regelung sieht eine Duldung für die
Ausbildung schon umgesetzt worden, der Unter- Dauer der Ausbildung und ein anschließendes Aufent-
nehmen und Auszubildenden Sicherheit verschafft. haltsrecht für zwei Jahre vor, wenn die Person nach
Zudem entfällt zukünftig in den meisten BA-Agen- der Ausbildung im Betrieb bleibt.24 Eine ähnliche Rege-
turbezirken die Vorrangprüfung. lung könnte auch für fest angestellte Flüchtlinge ein-
• Die Unternehmen sind dazu aufgerufen, Praktika, geführt werden, die eine hohe Bleibeperspektive ha-
Ausbildungsplätze und feste Arbeitsplätze für Flücht- ben und deren Asylanträge noch in Bearbeitung sind.
linge bereitzustellen. Wie vielfältige Praxisbeispiele Darüber hinaus besteht auch nach Abschluss des Asyl-
zeigen, tun die Unternehmen dies bereits mit indivi- verfahrens Unsicherheit über eine dauerhafte Beschäf-
duellen und kreativen Lösungen. tigung. Das BAMF ist verpflichtet, eine anerkannte Asyl-

45
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

berechtigung oder Flüchtlingseigenschaft zu über- Fähigkeiten als zentrale Hinderungsgründe für die Ein-
prüfen und zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen stellung von Flüchtlingen angesehen.
hierfür nicht mehr vorliegen. Das ist z.B. dann der Fall, Grundsätzlich stehen anerkannten Flüchtlingen die
wenn sich die Verfolgungssituation dauerhaft geändert Regelangebote der Agenturen für Arbeit und der Job-
hat. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, wird im center zur Verfügung, die auch berufliche Qualifizie-
Rahmen einer Regelüberprüfung nach spätestens drei rungen umfassen. Weitere auf die spezielle Situation
Jahren beurteilt. der Flüchtlinge zugeschnittene Angebote sind not-
wendig: Zum einen sollten mehr niedrigschwellige
2. Sprachliche Kompetenz der Flüchtlinge steigern Angebote geschaffen werden, um Flüchtlingen den
Ausreichende Sprachkenntnisse sind die zentrale Vo­ Einstieg in Ausbildung und Arbeit zu erleichtern, z.B.
raussetzung für eine erfolgreiche Integration in den Informationsveranstaltungen zum deutschen Aus­
deutschen Arbeitsmarkt. Bei Antritt einer Ausbildung bildungssystem, zu Industriezweigen etc. Zum ande-
oder Einstieg in einen Beruf müssen bereits Basis- ren sollten neue Ausbildungskonzepte entwickelt wer-
kenntnisse der deutschen Sprache vorhanden sein. den. Denkbar wäre eine Art Stufenausbildung in Teil­­-
Die befragten Unternehmen sehen den größten Hebel zeit, die mit Sprachkursen kombiniert werden kann.
für eine gelungene Integration in den Arbeitsmarkt in Ein Stufenmodell hat den Vorteil, dass Teilqualifika­
der Verbesserung der Sprachkompetenz und in der tionen nach jeder Stufe erreicht werden. Über eine ge-
Ausweitung von Sprachkursen für Flüchtlinge. Die zielte Verteilung der Ausbildungsinhalte können an-
Sprachkurse sollten neben der Vermittlung von Basis- spruchsvollere Aufgabengebiete auf höhere Stufen
kenntnissen (Level B1 ) auch das Erlernen höherer verlagert werden.
Sprachkompetenzen (Level C1) ermöglichen, die für
anspruchsvollere Tätigkeiten benötigt werden. In der 4. Informationen und Angebote stärker bündeln
Praxis zeigen sich gute Ergebnisse, wenn die erwei­ Im Bereich der Integration von Flüchtlingen in den Ar-
terte/berufsbezogene Sprachförderung mit berufsvor­ beitsmarkt sind zahlreiche Akteure aktiv, u.a. Jobcen-
bereitenden oder begleitenden Angeboten gekoppelt ter, Agenturen für Arbeit, gemeinnützige Organisati­
wird. Dadurch wird ein frühzeitiger Zugang zum Ar- onen, IHKs. Es gibt keinen „One-Stop-Shop“, der den
beitsmarkt ermöglicht. Unternehmen sowohl geeignete Kandidaten vermittelt,
als auch durchgängig bei der Erfüllung der rechtlichen
3. Berufliche Qualifikationen der Flüchtlinge und bürokratischen Anforderungen Hilfe leistet und zu
verbessern weiteren Unterstützungsangeboten für Flüchtlinge
Auch wenn es bisher nur wenig belastbare Informati­ nach deren Einstellung berät.
onen über die beruflichen Qualifikationen der Flücht- Je nach Stand des Asylverfahrens unterscheiden sich
linge gibt, zeigen Erhebungen des BAMF und der Bun- die Zuständigkeiten der Akteure. Für Asylsuchende und
desagentur für Arbeit, dass das Qualifikationsniveau geduldete Flüchtlinge sind die Arbeitsagenturen zu-
der Flüchtlinge noch deutlich unter dem Bundes- ständig, für anerkannte Flüchtlinge wiederum die kom-
durchschnitt liegt.25 Dies wird auch in den Aussagen munalen Jobcenter. Nach erfolgreichem Abschluss
der Unternehmen deutlich: Die beruflichen Qualifika­ des Asylverfahrens kommt es daher zu einem Wechsel
tionen werden neben unzureichenden sprachlichen der Zuständigkeiten. Im schlechtesten Fall bedeutet

46
dies, dass bereits begonnene Fördermaßnahmen ab- lich. Unternehmen müssen sich daher genau informie-
gebrochen werden müssen.26 Eine Bündelung der Zu- ren, welche rechtlichen und administrativen Anforde-
ständigkeiten wäre wünschenswert und könnte die rungen im jeweiligen Einzelfall bestehen. Dies stellt
Arbeitsmarktintegration aus einer Hand gewährleisten. insbesondere für kleinere Betriebe, die über keine oder
nur eine kleine Personalabteilung verfügen, einen zum
5. Kompetenzfeststellung und Qualifikationsan­ Teil erheblichen Aufwand dar. Je nach Fall besteht
erkennung verbessern (bzw. bestand) vor der Einstellung die Notwendigkeit
Neben formalen beruflichen Qualifikationen besteht einer Vorrang- und einer Arbeitsbedingungsprüfung.
eine weitere Herausforderung in der Kompetenzfest- Beide Prüfungen nehmen Zeit in Anspruch und bedür-
stellung, denn häufig fehlen die Nachweise für Ausbil- fen ausreichender Vorlaufzeit. Zeitliche Dauer und ggf.
dungen. Eine Vergleichbarkeit mit dem deutschen Unsicherheiten im Hinblick auf das Ergebnis der Prü-
Ausbildungssystem ist kaum gegeben.27 Daher muss fungen verringern die Planbarkeit für Unternehmen.
Transparenz hinsichtlich der beruflichen Qualifika­ti­ Die Vorrangprüfung wurde mit Inkrafttreten des Inte­
onen geschaffen werden, die nicht mit formalen Do- grationsgesetzes für einen Großteil der BA-Agenturbe-
kumenten belegbar sind. Zudem sollten informell er- zirke abgeschafft.29
worbene Kompetenzen (z.B. erworbene Qualifikationen Aufgrund der uneinheitlichen Regelung müssen Un-
durch die Mitarbeit im Betrieb) bei der Kompetenzer- ternehmen und Bewerber eruieren, in welchen BA-
fassung berücksichtigt werden. Agenturbezirk ein Bewerber fällt und welche Anforde-
Derzeit erfolgt die Kompetenzfeststellung durch ver- rungen bestehen. Die Anforderungen für den Eintritt in
schiedene Akteure (u.a. in Erstaufnahmeeinrichtungen, das Berufsleben sollten vereinheitlicht werden (z.B. ge-
kommunalen Anlaufstellen zur Arbeitsmarktberatung samthafte Abschaffung der Vorrangprüfung für alle
oder Projekten der Kammern) mit unterschiedlichen BA-Agenturbezirke sowie gleiche Anforderungen an
Verfahren.28 Die Qualifikationsanerkennung und die die Aufnahme einer Tätigkeit vor und während des
Kompetenzfeststellung sollten vereinheitlicht werden Asylverfahrens). Dadurch kann Klarheit für Unterneh-
und deutschlandweit vergleichbar sein. Aufgrund der men geschaffen und die Komplexität bei unterschied-
großen Anzahl zu integrierender Flüchtlinge müssen lichen Bewerbern reduziert werden. Aufgrund der
die Verfahren eine schnelle Erfassung von vielen Per- stei­genden Zahl an Asylbewerbern, die künftig in den
sonen ermöglichen. Arbeitsmarkt integriert werden, müssen ausreichend
Ressourcen in den zuständigen Behörden vorhanden
6. Den Einstellungsprozess vereinfachen und sein, um die administrative Begleitung des Einstel-
administrative Hürden abbauen lungsprozesses sicherzustellen (z.B. durch eine zeit­
Der Einstellungsprozess von Flüchtlingen ist komplex nahe Durchführung der Arbeitsbedingungsprüfung).
und unterscheidet sich je nach Herkunftsland, Status
und Fortgang des Asylverfahrens. Vor Abschluss des 7. Den Austausch zwischen den Unternehmen
Asylverfahrens entscheidet die Ausländerbehörde im fördern
jeweiligen Einzelfall, ob eine Genehmigung zur Aus- Das Engagement in Initiativen und Netzwerken zeigt,
übung einer Beschäftigung erteilt wird. Zudem ist die dass Unternehmen den Zusammenschluss und Aus-
Zustimmung der örtlichen Agentur für Arbeit erforder- tausch suchen. Netzwerke bieten eine Anlaufstelle,

47
Flüchtlingssituation „Wir zusammen“ Erkenntnisse Aktionsplan

um sich dem Thema zu nähern und von den Erfahrun-


gen anderer zu profitieren. Außerdem begleiten und
unterstützen sie die Unternehmen bei ihrem Engage-
ment, z.B. mit Informationen über wichtige Akteure
und Anlaufstellen. Damit sich diese Netzwerke auch in
Zukunft weiterentwickeln und professionalisieren kön-
nen, sollte ihre Arbeit von Politik und Wirtschaft unter-
stützt werden.

Insgesamt zeigt sich: Die Unternehmen wollen sich


für die berufliche Integration von Flüchtlingen enga-
gieren. Viele von ihnen tun das bereits, insbesondere
die Mitglieder des Netzwerks „Wir zusammen“. Auch
wenn die Unternehmen ihr Engagement in Zukunft
weiter ausbauen müssen, ist bereits vieles erreicht
worden. Die in dieser Studie vorgestellten Verbesse-
rungsansätze können einen wichtigen Beitrag dazu
leisten, die Rahmenbedingungen anzupassen, sodass
unternehmerisches Engagement in Zukunft leichter
wird. Damit wäre allen geholfen: der Gesellschaft, den
Unternehmen und den Flüchtlingen selbst.

48
POLITIK UND
WIRTSCHAFT –
GEMEINSAM KANN
DIE INTEGRATION
DER FLÜCHTLINGE
IN DEN ARBEITS-
MARKT GELINGEN.

49
Mitglieder „Wir zusammen“
Stand August 2016

1. FC Köln GmbH & Co. KGaA Estrel Berlin


Accenture Dienstleistungen GmbH Europa-Park GmbH & Co Mack KG
Adam Opel AG EVONIK Industries AG
adidas AG Fink GmbH Druck & Verlag
Airbus Group SE Flughafen München GmbH
Allianz Deutschland AG Franz der Bettenbauer UG (haftungsbeschränkt)
All Service Gebäudedienste GmbH Franz Haniel & Cie. GmbH
Bahlsen GmbH & Co. KG Friedhelm Loh Group
Bayer AG Freudenberg SE
BAZ Int. Logistic Inc. & Co. KG GFN AG
Biebertaler Blutegelzucht GmbH Gegenbauer Holding SE & Co. KG
Bildungswerk der Niedersächsischen Google Germany GmbH
Wirtschaft gemeinnützige GmbH Götz Peter Kaiser Architekt
Boehringer Ingelheim Deutschland GmbH Gruner + Jahr GmbH & Co. KG
burgbad AG Hager SE
Carcoustics International GmbH Heinrich Rönner Gruppe
Cellex Gesellschaft für Zellgewinnung mbH HELLWEG Die Profi-Baumärkte GmbH & Co. KGc
Clifford Chance Deutschland LLP Henkel AG & Co. KGaA
coastworxx® Hermes Fulfilment GmbH
Commerzbank AG Hilton Worldwide
Daimler AG hit-Technopark GmbH & Co. KG
Deutsche Bahn AG HSV Fußball AG
Deutsche Bank AG Höffner Möbelgesellschaft GmbH & Co. KG
Deutsche Lufthansa AG HUGO BOSS AG
Deutsche Post DHL Group ITQ GmbH
Deutsche Telekom AG Kath. St.-Johannes-Gesellschaft
Deutsche Wohnen AG Dortmund gGmbH
Drägerwerk AG & Co. KGaA Kathrin Weber Interim Risiko Management
DZ BANK AG Ernst Klett AG
EDEKA Klöckner & Co SE
Edscha Holding GmbH Kulturküche gGmbH
E.ON SE Langenscheidt GmbH & Co. KG
EPOS GmbH Lanxess AG
Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Mast-Jägermeister SE

50
Markenwerk — Gesellschaft für markenbildende technische teile vertrieb GmbH
Maßnahmen mbH Telefónica Germany GmbH & Co. OHG
McDonald’s Deutschland Inc. Terrot GmbH
media control GmbH The Ritz-Carlton, Wolfsburg
Medizinisches Zentrum für Gesundheit ThyssenKrupp AG
Bad Lippspringe GmbH TUI AG
METRO AG TÜV Rheinland AG
Munich Re UNICBLUE GmbH & Co. KG
Nestlé Deutschland AG United Internet AG
oculavis GmbH Unitymedia NRW GmbH
Plan.Net Gruppe für digitale Kommunikation GmbH & VAUDE Sport GmbH & Co. KG
Co. KG Viessmann Werke GmbH & Co. KG
Procter & Gamble Germany GmbH & Co Vodafone GmbH
Operations oHG Voith GmbH
ProsiebenSat1 Media SE Volkswagen AG
PricewaterhouseCoopers AG Vorwerk & Co. KG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft WMF Group GmbH
Rahn Education Webasto SE
Robert Bosch GmbH Weber GmbH & Co. KG
Roche Diagnostics GmbH Wolf GmbH
Rocket Internet AG Zanox AG
RWE AG
Salamander Industrie-Produkte GmbH
SAMSON AG
SCHULTZ GRUPPE GmbH
Siemens AG
Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG
SolarWorld AG
St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH
STADTWERK AM SEE GmbH & Co. KG
STUDIO GOLD
SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA
Tchibo GmbH
Tech Data GmbH & Co. OHG

51
Glossar
Im Rahmen der Arbeitsbedingungsprüfung wird Für den Aufenthalt in Deutschland benötigen Aus-
je nach Flüchtlingsstatus und Aufenthaltsdauer vor länder grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis. Diese
Aufnahme einer Tätigkeit überprüft, ob diese Tätigkeit Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag von der zustän­
unter gleichwertigen Arbeitsbedingungen wie bei Per- digen Ausländerbehörde erteilt. Sie ist stets befristet und
sonen mit uneingeschränkter Arbeitserlaubnis erfolgt. kann nach den gesetzlichen Bestimmungen beispiels-
Hierfür sind insbesondere Verdienst und Arbeitszeiten weise verlängert oder in eine (unbefristete) Niederlas-
wichtig. sungserlaubnis umgewandelt werden.

Asylbewerber sind Personen, die einen Asylantrag Gute Bleibeperspektive bedeutet, dass die Asylbe-
gestellt haben, der noch nicht entschieden wurde. Für werber aus Herkunftsländern mit einer Schutzquote
die Dauer des Asylverfahrens erhalten sie eine Aufent- von über 50 Prozent stammen. In 2015 traf dies auf die
haltsgestattung. Das Asylverfahren kann durch die Ge- Herkunftsländer Eritrea, Irak, Iran und Syrien zu. Perso-
währung folgender Schutzformen abgeschlossen wer- nen aus diesen Ländern können vor Abschluss des
den: Anerkennung als Asylberechtigter, Anerkennung Asylverfahrens an einem Sprachkurs teilnehmen.
als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonven­
tion (GFK), Gewährung von subsidiärem Schutz oder Bei einem Daueraufenthalt handelt es sich um ei-
Feststellung eines Abschiebungsverbots. Wenn das nen unbefristeten Aufenthaltstitel, den Ausländer aus
Asylverfahren mit einem dieser Schutzgründe abge- Drittstaaten nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufent-
schlossen wurde, wird zunächst eine Aufenthaltser- halt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union
laubnis (immer befristet) erteilt. Nach drei bzw. sieben erhalten. Dieser Titel berücksichtigt das Recht auf
Jahren ist eine Niederlassungserlaubnis (immer unbe- Wei­ter­wanderung in einen anderen Mitgliedstaat und
fristet) möglich. Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt bietet, wie die Niederlassungserlaubnis, eine weitge-
wurde, werden zur Ausreise aufgefordert. Die Abschie- hende Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen mit
bung kann aber vorübergehend ausgesetzt werden, eige­nen Staatsangehörigen, z.B. beim Arbeitsmarktzu-
wenn sie z.B. aus rechtlichen oder tatsächlichen Grün- gang und bei sozialen Leistungen.
den nicht durchgeführt werden kann; man spricht
dann von Duldung. EASY steht für Erstverteilung der Asylbegehrenden
Eine weitere Gruppe (außerhalb des Asylverfahrens) und ist ein IT-System des Bundesamts für Migration
sind Kontingentflüchtlinge. Hierbei handelt es sich um und Flüchtlinge, das Asylbewerber auf die Bundeslän-
Flüchtlinge aus Krisenregionen, die im Rahmen inter- der verteilt. Die EASY-Zahl umfasst alle erstregistrierten
nationaler humanitärer Hilfsaktionen aufgenommen Asylbewerber – sowohl diejenigen, die bereits einen
werden. Sie durchlaufen kein Asylverfahren und erhal- Asylantrag gestellt haben, als auch solche, die bis dato
ten sofort nach der Einreise eine befristete Aufent- noch keinen Asylantrag gestellt haben. Bei den EASY-
haltserlaubnis. Zahlen sind Fehl- und Doppelerfassungen wegen der

52
zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden erkennungs- le durch einen ausländischen Kandidaten zu nachtei­
dienstlichen Behandlung und der nicht erfolgten Erfas- ligen Auswirkungen auf den deutschen Arbeitsmarkt
sung der persönlichen Daten nicht ausgeschlossen. führt. Darüber hinaus wird überprüft, ob es bevorrech-
tigte Kandidaten (vor allem Personen mit deutscher
Flüchtlinge sind im allgemeinen Sprachgebrauch Staatsangehörigkeit oder EU-Bürger) gibt, die stattdes-
Menschen, die wegen Verfolgung, Krieg oder Katastro- sen für die Position zur Verfügung stehen. Die Vor-
phen aus ihrer Heimat geflohen sind. Im Kontext der rangprüfung wird je nach Status, Aufenthaltsdauer,
Fluchtmigration können folgende Gruppen unter- beruflicher Position und Region durchgeführt. Inzwi-
schieden werden: Asylbewerber, anerkannte Asylbe- schen entfällt durch das neue Integrationsgesetz die
werber bzw. Schutzsuchende, Kontingentflüchtlinge Vorrangprüfung in vielen Regionen.
und geduldete Ausländer.
Die Voraussetzungen zur Ausübung einer Tä-
Der gemeinsame europäische Referenzrahmen tigkeit unterscheiden sich je nach Asylstatus. Nach
ist eine Skala, anhand derer Sprachkompetenzen be- Abschluss des Asylverfahrens (und Anerkennung der
wertet werden. Es gibt die drei Gruppen, A, B und C, in Asylberechtigung, des Flüchtlingsschutzes oder subsi-
denen jeweils die Stufen 1 und 2 existieren. Beherrscht diären Schutzes) dürfen Flüchtlinge uneingeschränkt
jemand eine Sprache auf dem Niveau A1 oder A2, ver- als Beschäftigte arbeiten. Ist nur ein Abschiebungsver-
fügt er über Kenntnisse der elementaren Sprachan- bot festgestellt worden, entscheidet die Ausländerbe-
wendung und kann sich mit ganz einfachen Sätzen hörde im je­weiligen Einzelfall, ob eine Genehmigung
oder häufigen Ausdrücken verständigen. Auf den Ni- zur Ausübung einer Beschäftigung erteilt wird.
veaus B1 und B2 spricht man von selbstständiger Bestimmte Personengruppen dürfen grundsätzlich
Sprachanwendung, sodass eine Person über vertraute keiner Beschäftigung nachgehen, z.B. Personen mit
Dinge aus dem Alltag sprechen oder, ab Niveau B2, die einer Aufenthaltsge­stattung, die verpflichtet sind, in ei-
Hauptinhalte komplexer Texte verstehen und sich in ner Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Personen aus
normalen Gesprächen mit Muttersprachlern ohne be- sicheren Herkunftsländern, u.a. Albanien, Bosnien und
sondere Anstrengung verständigen kann. Ab dem Ni- Herzegowina, Ghana, Kosovo und Serbien, die einen
veau C1 spricht man von kompetenter Sprachverwen- Asylantrag nach dem 31.8.2015 stellen, dürfen wäh-
dung: Personen, die eine Sprache auf diesem Niveau rend des gesamten Asylverfahrens keine Beschäfti-
beherrschen, können die Sprache sowohl im gesell- gung aufnehmen.
schaftlichen als auch im beruflichen Leben angemes-
sen und effektiv anwenden.

Im Rahmen einer Vorrangprüfung wird von der


Agentur für Arbeit geprüft, ob die Besetzung einer Stel-

53
Endnoten
  1 United Nations High Commissioner for Refugees, Global Trends 2015
  2 Bundesministerium des Innern, Pressemitteilung vom 6.1.2016
  3 Bundesministerium des Innern, Aktuelle Meldung vom 8.7.2016
  4 United Nations High Commissioner for Refugees, Global Trends 2015
  5 Eigene Berechnung auf Basis der BAMF-Asylstatistiken
  6 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Webseite, www.bamf.bund.de,
FAQ: Zugang zum Arbeitsmarkt für geflüchtete Menschen
  7 BAMF-Webseite, www.bamf.bund.de, FAQ: Zugang zum Arbeitsmarkt für
geflüchtete Menschen
  8 BAMF, „Das Bundesamt in Zahlen“, 2015
  9 Eigene Berechnungen für den Zeitraum Januar 2015 bis Juni 2016,
auf Basis Asylgeschäftsstatistik 12/2015 und 06/2016
10 Eigene Berechnungen auf Basis Asylgeschäftsstatistik 12/2015 und 06/2016
11 BAMF-Kurzanalyse, Ausgabe 01/2016
12 Bertelsmann Stiftung, „Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen: bestehende
Praxisansätze und weiterführende Empfehlungen“, 2016
13 Bundesagentur für Arbeit, „Hintergrundinformationen. Geflüchtete Menschen
in den Arbeitsmarktstatistiken – Erste Ergebnisse“, Juni 2016
14 Demografie-Portal des Bundes und der Länder, „Herausforderungen des
demografischen Wandels“
15 Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, „Aktuelle Berichte.
Mehr Chancen als Risiken durch Zuwanderung“, 2015
16 Stand Ende August 2016
17 „Wir zusammen“ Webseite, http://wir-zusammen.de/patenschaften
18 IW Köln, Integrationsmonitor 2016
19 § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG
20 § 73 Abs. 1 bis 2 AufenthG
21 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz – BQFG
22 BAMF-Kurzanalyse, Ausgabe 01/2016
23 Deutscher Industrie- und Handelskammertag, „Ausbildung 2016“
24 Bundesregierung, Pressemitteilung vom 7.7.2016
25 BAMF-Kurzanalyse, Ausgabe 01/2016 und Mikrozensus 2011
26 Bertelsmann Stiftung, „Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen:
bestehende Praxisansätze und weiterführende Empfehlungen“, 2016

54
27 Bundesagentur für Arbeit, „Hintergrundinformationen. Geflüchtete Menschen in
den Arbeitsmarktstatistiken – Erste Ergebnisse“, 2016
28 Bertelsmann Stiftung, „Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen: bestehende
Praxisansätze und weiterführende Empfehlungen“, 2016
29 Bundesministerium für Arbeit und Soziales Webseite, „Das neue Integrationsgesetz“,
Online-Artikel von Juli 2016

55
Bildnachweise
Umschlag, Seite 42: Arthimedes/shutterstock.com
Seite 4, 15, 29: Evonik Industries AG / „Wir zusammen“
Seite 4, 19: Friedhelm Loh Group / „Wir zusammen“
Seite 4, 41: HUGO BOSS AG / „Wir zusammen“
Seite 4, 9: Robert Bosch GmbH / „Wir zusammen“
Seite 26: Burgbad / „Wir zusammen“
Seite 30: Franz der Bettenbauer / „Wir zusammen“
Seite 32: STUDIO GOLD / „Wir zusammen“
Seite 34: thyssenkrupp / „Wir zusammen“
Seite 35: UNICBLUE / „Wir zusammen“

„Wir zusammen“
Projektbüro der
Ralph und Judith Dommermuth Stiftung
Berliner Allee 44
40212 Düsseldorf

Email: info@wir-zusammen.de

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