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Inhaltsverzeichnis

VORWORT
EINLEITUNG
ERSTER TEIL
INNERE PRAKTIKEN
„ADLER“
DIE METHODE
ZWEI ZUSTÄNDE DER
SUFII
WEG DES HERZENS
ZENTRUM
WISSEN
„FLUSS“
ERNEUERUNG
FUNKTION
ERFAHRUNG
KLARHEIT
MUKASCHAFA
GESAMTHEIT
ZIKR „KALB“
DISZIPLIN- DER WEG DES
GEISTES
ZIKR „RUCH“
ATMUNG FÜR DIE
GEISTESKRAFT
ZIKR „SIRR“
KONTROLLE
BEWEGUNGSBAHN
„KREUZ“
AUFMERKSAMKEIT
UNIVERSELLER WEG ZUM
ERFOLG
BOTSCHAFT
ZIKR „KAMON“
ZIKR „SULTAN“
VIER ELEMENTE
„SACK DES SUFI“
VIELFÄLTIGKEIT
SENSIBILITÄT
WEGWEISER KHYSR
INSPIRATION
ZWEITER TEIL
GYMNASTIK DER DERWISCHE
1. ÜBUNG: „SEILTÄNZER“
2. ÜBUNG „GÄRTNER“
3. ÜBUNG „ROSE DER
DERWISCHE“
4. ÜBUNG
„ENGELSFLÜGEL“
5. ÜBUNG „SCHERE“
6. ÜBUNG „BAUM“
7. ÜBUNG „REDE“
8. ÜBUNG
„VIERBLÄTTRIGE BLUME“
9. ÜBUNG
„GLEICHGEWICHT“
10. ÜBUNG „ADAM“
11. ÜBUNG: ATEM DES
LICHTS
12. SUFIITISCHE
VERBEUGUNG
13. ÜBUNG:
ENERGETISCHE
DREHUNG
14. ÜBUNG:
HARMONISIERUNG
SCHLUSSWORT
RECHTSBELEHRUNG
Der Weg

Erfahre bewusst Deine Fähigkeiten

Nikolai Tretyakov
«Der Weg. Erfahre bewusst Deine
Fähigkeiten.»
Veröffentlicht durch den Kanda Zentrum
Verlag,
41460 Neuss
Copyright © 2012 by Kanda Zentrum
Neuss GmbH
Titelbild © Jennie Hagen
Zeichnungen © Ajsirik Mustafina
Fotos © Jürgen Skoczowski
1. Auflage 2012
Alle Rechte vorbehalten
www.Kanda-Zentrum.de
VORWORT
Der Weg - Erfahre bewusst Deine
Fähigkeiten: Einführung in das
Geheimnis der sufiitischen Weisheiten
und Methoden. Ein reich illustriertes
Handbuch zur praktischen Anwendung
für Körper, Geist und Seele.

Sie halten ein außergewöhnliches Buch


in den Händen, welches das Team des
Kanda-Zentrums Neuss für Ihren Körper,
Ihren Geist, Ihre Seele, Ihr Bewusstsein
und insbesondere zur Öffnung Ihres
Herzens herausgegeben hat.
Dieses Buch enthält ganzheitliche
Übungen, die auf dem alten Wissen der
Sufii aus Mittelasien basieren.

Für dieses spannende Geschenk möchten


wir uns beim Kanda-Zentrum Neuss
Team bedanken. Unter anderem bei
Sabine Vasiliou (Lektorin), Jennie
Hagen (Cover- und Buchgestalterin und
Korrekturleserin) und ganz besonders
bei Ira Hagen. Ihr ist es zu verdanken,
dass dieses besondere Buch geschrieben
wurde. Denn nur durch Ihren
unermüdlichen Einsatz konnte dieses
Vorhaben erst gelingen.

Auf einer ereignisreichen Reise nach


Usbekistan nahm Ira den Kontakt mit den
Sufii auf. Als gebürtige Russin setzte sie
sich mit den Meistern der Sufii
auseinander und überzeugte diese, ihr
Wissen mit uns zu teilen.
Auch für die Fotos in diesem Buch hat
Ira es sich nicht nehmen lassen, Model
zu stehen. Vielen Dank im Namen aller
Leser dieses wertvollen Buches an Ira
Hagen, die es durch ihr selbstloses
Handeln hat entstehen lassen.

Durch den Erwerb dieses Buches haben


Sie die Möglichkeit auf unserer
Internetseite kostenlos Animationen der
hier dargestellten Übungen zu erwerben.
Hierfür müssen Sie lediglich den
folgenden Code beim Download
bereithalten: KZN2012S.
Das Team des Kanda-Zentrums Neuss
wünscht Ihnen nun viel Spaß bei der
Lektüre und den Übungen dieses Buches.
EINLEITUNG
«Dieses Wissen verfügt über einen
Wert. Dieses Wissen versteht nur
derjenige, der fähig ist, es zu erhalten
und nicht zu verlieren.»
Al-Ghazali

Innerhalb Tausender von Jahren der


menschlichen Existenz entstand eine
Vielzahl von Systemen
unterschiedlichster Richtungen. Ihre
Wirksamkeit erstreckte sich teilweise
über Jahrzehnte, um anschließend im
Nebel der Geschichte gemeinsam mit
ihren Schöpfern zu verschwinden.
Dinge, die solch eine Zeitspanne
überdauern, zeugen von einer hohen
Qualität, wodurch der Faktor Zeit zu
einem Qualitätsmerkmal wird.

Die sufiitischen Praktiken sind


universale Instrumente der Entwicklung
des Menschen, die ihre Gültigkeit stets
behalten haben. Der Beweis dafür liegt
im immerwährenden Interesse der
breiten Menschenmasse
unterschiedlichster Konfessionen und
sozialer Schichten. In jedem Jahrhundert
sagten Zeitgenossen, die Praktiken der
Sufii seien so aktuell wie niemals zuvor.
Wahr ist, dass diese Praktiken immer
von großer Bedeutung für die
Menschheit waren und es auch immer
sein werden.

«Jeder vollkommene Mensch ist


identisch mit demjenigen, der den
gleichen Zustand erreicht hat.
Ein Schüler, der mit Hilfe dieser Schule
seine Potentiale bestmöglich einsetzt,
tritt in Kontakt mit den Großen.
Genauso, wie Sie ungeachtet der Zeit
und des Raumes miteinander verbunden
sind.
Wir haben das Wesen altertümlicher
Traditionen erneuert. Viele der
eingeweihten Derwische haben dies
nicht getan.
Wir schlagen Ihnen vor, sich in
ausgewählten Richtungen zu bewegen.
Zetteln Sie keine Streitigkeiten an.
„Sie haben Ihren Weg, ich habe
meinen“.
Die Verpflichtungen und Praktiken der
Schule ergeben ein Ganzes.
Die Wahrheit ist die Methode des
Erlernens und die Teilnehmer formen
eine Hand, in welcher der Unwissende
lediglich einzelne Finger sehen wird,
allerdings keine einheitliche Bewegung
derselben Hand.»
Bakhauddin Nakschbandi

Früher erneuerte sich die Präsentation


der Übungen alle hundert Jahre. Heute
erneuert sie sich in zehn Jahresschritten.
Die Auffassung der Menschen ändert
sich und das Leben beschleunigt sich.
Auch die Wirklichkeit, die den
Menschen umgibt, ändert sich. Der
Mensch steht vor neuen
Herausforderungen, neuen Aufgaben, die
ihm das Leben diktiert. Dies ist ein
fortlaufender, stetiger Prozess der
inneren und äußeren Veränderung der
Form des Menschen. Der Sinn des
Menschen ändert sich jedoch nicht: Der
Drang zu erschaffen, der Wunsch nach
Erkenntnis, der Wunsch nach Bewegung
und nach Fortschritt bei der Veränderung
der eigenen Wirklichkeit. Meditation
oder Business? Kindererziehung oder
Karriere? Es sind unterschiedliche
Arten, die sich in einem Streben nach
Verbesserung der Lebensqualität
vereinigen. Der Sinn des Lebens eines
Menschen liegt in der ständigen
Bewegung. Darin liegt die Evolution des
menschlichen Bewusstseins. Allein aus
dem Wunsch heraus, das Geheimnis des
eigenen Ichs zu entschlüsseln, kommt es
zu einer Transformation des inneren
Wesens.

«Wer bist du Mensch?»

Die sufiitische Tradition wendet sich


durch die zeitgemäße Form der
Methoden an das Wesen des Menschen.
Sie wendet sich an seinen Kern, den er
erschafft, zu einem großen Baum zu
wachsen, der dem Menschen die
saftigsten Früchte bringen soll. Sufii
sehen in allen Menschen einen Teil des
Schöpfers. Dadurch hat der Mensch die
Möglichkeit und auch den Auftrag des
Schöpfens und Erschaffens. Die Sufii
haben eine effektive Methode der
Entwicklung des Menschen geschaffen,
die in der Lage ist, das kreative
Potential, welches in jedem Menschen
verborgen ist, freizusetzen. Sie ist die
Methode der Befreiung des Menschen
von falschen Einstellungen, von
tiefliegenden und zerstörerischen
Programmen, die ihn daran hindern, sich
frei zu entwickeln und glücklich zu sein.

Die Präsentation des Materials muss


dem Geist der Zeit entsprechen. Es ist
nicht sinnvoll, zu einem modernen
Menschen von der Warte der
Vergangenheit aus zu sprechen. Ein
solcher Denkansatz ruft eine Dissonanz
zwischen der Präsentation des Wissens
und der Auffassung des modernen
Menschen hervor. Behält man die
ursprüngliche Präsentationsform bei, so
riskiert man, ein in der Praxis nützliches
Wissen in einen exotischen Kult aus der
Vergangenheit zu verwandeln. In diesem
Fall werden nur Anhänger der Mystik ihr
Interesse bekunden. Solch
unerwünschtes Publikum diskreditiert
lediglich die Information und kann
diejenigen abstoßen, für die solche
Praktiken ein wirkliches Instrument der
Weiterentwicklung darstellen.

Die sufiitischen Praktiken waren in der


Vergangenheit, sind in der Gegenwart
und werden auch in der Zukunft eine
Stütze für handelnde Menschen sein.
Diese handelnden Menschen kleiden
sich nicht in langen Roben oder tragen
lange Bärte, während sie in einer
Metropole leben. Sie zwingen den
Menschen nicht dazu, sonderbare
Vorschriften zu befolgen. Diejenigen, die
entschlossen handeln und ein gutes
Ergebnis erwarten, erhalten mit Hilfe
der Praktiken solche Instrumente zur
Hand, die über Jahrhunderte verfeinert
wurden.

Die sufiitischen Meister haben ein


System der Instrumente entwickelt, die
dem Menschen verhelfen, das
Erwünschte zu erreichen. Dies wird
durch das Training des Leiters (Körpers)
ermöglicht. D.h. die innere und äußere
Verbindungs- und Wahrnehmungsfunktion
des Leiters wird optimiert. Die Meister
der sufiitischen Schulen sehen den
menschlichen Körper als einen
empfindlichen Leiter für Energie und
Information. Die Entwicklung seiner
Fähigkeiten, das Verstehen und Einsetzen
des Körpers zu eigenem Gunsten ist das
Ziel des sufiitischen Trainings, das in
diesem Buch beschrieben wird.

Wissen – Methode – richtiges Handeln


sind der Zugang der sufiitischen
Methode zu dem Menschen. Zeit – Ort –
Menschen werden einem so gezeigt, dass
sie uns zur Verwirklichung unserer Ziele
und Ergebnisse führen. Mit dem
entsprechenden Wunsch und mit dem
richtigen Vorgehen ist der Mensch zu
jeder Zeit in der Lage, maximal effektiv
zu handeln. Das sufiitische
Übungssystem verbessert die Qualität
der bewussten Auffassung des Menschen
und fördert die Entwicklung der
Empfindsamkeit seiner Fähigkeiten. Es
trainiert das Gefühl des eigenen Ichs und
erleichtert die schnelle Verwirklichung
der eigenen Ziele.

Die Ansammlung des Wissens in den


sufiitischen Schulen wird bereits in
Jahrtausenden beziffert. In dieser Zeit
sammelten und verbesserten die Sufii
das System mit der allgemeinen
Bezeichnung „Die Erschaffung des
vollkommenen Menschen“. Die
Vollkommenheit ist für jeden ein
individueller Begriff. Sufii sind mit
dieser Tatsache vollkommen
einverstanden und entwickelten das
System der praktischen Übungen. Der
Mensch wird nicht in den Rahmen eines
bestimmten Dienstes gesteckt, sondern
es werden universelle Übungen
geschaffen, die in der Lage sind, jedem
zu helfen. Diese Übungen gehen nicht
von den sozialen Einstellungen eines
Menschen aus, sondern von seiner
allgemeinen Natur.

Sufii rufen die Menschen dazu auf den


Mechanismus zu erkunden, mit dessen
Hilfe die Seele mit der Welt
kommunizieren kann. Sie erklären, dass
die Ursache vieler menschlicher
Probleme in den verzerrten Signalen der
inneren und äußeren Welt liegt und auch
in den negativen Mechanismen unserer
Mitmenschen. Das Erreichen der
verbesserten Aufnahmefähigkeit
ermöglicht dem Menschen die
Ereignisse aus der inneren Perspektive
und aus der Perspektive der objektiven
Realität besser einschätzen zu können
und eine klare Verbindung zwischen dem
gegenwärtigen Verhalten und der
Wirkung in der nahen und weiteren
Zukunft zu sehen.

Die mit Hilfe von den sufiitischen


Methoden entwickelte
Auffassungsfähigkeit lehrt den
Menschen, die Signale der Welt ohne
einschränkende Begriffe wie
Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
aufzunehmen. Sufii haben diese Begriffe
bereits in einer Gegenwart vereint und
unterscheiden nur zwischen dem, was
bereits zum Vorschein gekommen ist und
dem, was noch zum Vorschein kommen
wird. Der Zustand „Alles ist bereits
vorhanden“ ist für Sufii die Wahrheit.
Die Aufgabe besteht nun darin, den
Leiter so zu optimieren, dass die
maximale Aufnahmefähigkeit erreicht
wird. Die Bedingungen für die
Entwicklung der Auffassungsfähigkeit
des Menschen und die Erhöhung seiner
Effektivität sind von den Sufii in den
Schriften über die Stufen der Seele
vereint.

Wären Sufii nicht so praktisch, könnte


man sie als Idealisten bezeichnen. Sie
wissen, was sie wollen und weshalb sie
leben. Ihre Handlungen sind sinnvoll.
Die idealistische Bestrebung der Sufii
ist die Entwicklung der Qualitäten des
vollkommenen Menschen. Der
vollkommene Mensch verfügt über das
göttliche Wissen. Seine Fähigkeiten
erlauben es ihm, sich für den Schöpfer
der Welt zu halten und seine
Lebenserwartung ist höher als die eines
gewöhnlichen Menschen. Adam, der
erste Prophet, war solch ein
vollkommener Mensch.

Auf der Suche nach der wahren Natur


des Menschen gehen die Sufii zwei
Wege. Der Weg der inneren Erforschung
wird als Makhfia bezeichnet, die
sichtbare Aktivität als Dzhakhria.

Die Seele des Menschen ist ein Rätsel,


dessen Lösung unmöglich ist. Allerdings
ist ein Streben nach der Erforschung
notwendig. Auf der Reise in sein
Innerstes legt der Mensch seine
Fähigkeit aufgrund der Erkenntnis seiner
Seele frei und leuchtet diese mit Hilfe
der Aufmerksamkeit für den weiteren
Einsatz aus. Man kann diesen Prozess
mit einem Aufenthalt in einem dunklen
Raum vergleichen, in welchem die
Umrisse der Gegenstände nur unscharf
erkennbar sind. Zünden Sie aber eine
Kerze an und erleuchten den dunklen
Raum, indem Sie die Kerze immer
weiter anheben, erscheinen Ihnen mehr
und mehr Gegenstände und deren
Verwendungszwecke werden immer
schärfer. Der Mensch ähnelt diesem
dunklen Raum, in welchem Schätze
gelagert werden. Die Aufgabe des
Menschen ist, den Raum zu beleuchten
und diese Schätze zu erkennen. Die
inneren Praktiken der Sufii entfachen das
Feuer der Aufmerksamkeit auf eine sehr
starke Art und Weise und geben das
Verständnis dafür, was für Gaben im
Menschen schlummern und wie diese
einzusetzen sind.

Der Sinn des Lebens liegt in der


Entwicklung der Seele. Auf der ersten
Stufe der Seele liegen die animalischen
Lüste. Diesen nachzugehen führt letzten
Endes nur in eine tiefe Leere. Ein
Mensch, der seine Seele
weiterentwickelt, steigt auf eine höhere
Stufe des eigenen Verständnisses und der
Welt, wodurch seine Seele sich feineren
Schwingungen öffnet und neue
Energiequellen erschließt. Schenkt der
Mensch seiner Seele keine
Aufmerksamkeit und stützt sich lediglich
auf den materiellen Bestandteil seines
Lebens, so tötet er jegliches Erschaffen
ab, verliert seine Lebensfreude und
beraubt sich seiner eigenen Energie.
Hieraus resultiert Niedergeschlagenheit,
die alles Leben zerstört.
Niedergeschlagenheit ist eine Todsünde.
Begeistert man sich allerdings nur für
die Ideale der Seele, setzt man sich der
Gefahr aus, den Boden unter den Füßen
zu verlieren und sich in gefährliche
Illusionen hineinzumanövrieren. Um dies
zu verhindern, leben Sufii in dieser Welt
und erfüllen soziale Funktionen. Mit
Hilfe dieser irdischen Pflichten erden
sie sich. Aber auch ihre externe
Beschäftigung dient dem Ziel der
Selbstentwicklung. Jede Beschäftigung
der Sufii dient der eigenen
Transformation. Das Leben der Sufii ist
ein einziges Praktizieren und Üben.
Das Prinzip von Bakhauddin
Nakschbandi, einem der größten
sufiitischen Lehrer, ist das innere
Streben nach Vervollkommnung.
Zielsetzung ist, in Harmonie mit dem
schöpferischen Plan zu sein.

«Mit Deinem Handeln heute, kreierst


Du Deine Zukunft!»

Der Sufi möchte kein Gott sein. Er will


Mensch bleiben. Das Leben eines Sufi
ist eine Fahrt seiner Seele auf ihrer
Entwicklungstreppe. Auf jeder Stufe
dieser Treppe bestehen bestimmte
Möglichkeiten und Einschränkungen.
Bevor die Ziele einer einzelnen Stufe
nicht erreicht sind, wird es unmöglich
sein, auf die nächste Stufe zu steigen.
Auf jeder Stufe ist die Welt nur so weit
wahrnehmbar, wie das eigene
Bewusstsein es zulässt. Steigen Sie eine
Stufe auf, so werden die Kenntnisse über
die Fähigkeiten und allgemeine
Weltwahrnehmung erweitert. Sufii
nehmen die heutigen Einschränkungen an
und richten sich in der Seele auf eine
Zukunft ein, in welcher der Geist die
Oberhand über die Materie erlangt.

«Wenn neun Menschen ein Haus


betreten und einer es nicht schafft,
sollte er nicht sagen, dass es
vorbestimmt oder Gottes Wille war.
Er sollte überlegen und ergründen,
weshalb er das Haus nicht betreten
konnte.»
Sufiitisches Sprichwort

Die sufiitische Methode der Entwicklung


basiert auf einem tiefen Wissen über die
menschliche Natur. Die in diesem Buch
dargestellte Entwicklungsmethode gibt
den Menschen die Möglichkeit, sich in
dieser teilweise komplizierten Welt zu
verwirklichen. Die Ausübung der
sufiitischen Praktiken gibt dem
Menschen die Möglichkeit, seine Talente
zu entdecken und den Weg der
Selbstverwirklichung einzuschlagen.
ERSTER TEIL

INNERE PRAKTIKEN
«Bayasid Bistami konnte die
Transformation schnell durchführen.
Sein Nachbar, der mit ihm zusammen
angefangen hatte den Weg der
Veränderung zu gehen, fragte ihn einst:
„Bayasid, du bist bereits am Ziel. Ich
allerdings erst am Anfang des Weges.
Worin liegt dein Erfolg? Was ist mein
Fehler? Wie kann ich den Prozess
beschleunigen?“
Bayasid antwortete: „Mache es so wie
ich. Springe in den Abgrund ohne zu
überlegen.
Springe mit dem Kopf voran!“»

Dies ist die Geschichte einer schnellen


Art der Zielerreichung. Beim Gefühl
einer notwendigen Veränderung, ohne zu
überlegen, kurzerhand die Bewegung
einzuleiten. Jede Anschaffung des
Menschen entspricht seiner
Entwicklungsstufe. Dieses Buch ist die
Methode der schnellen Umstellung des
Menschen mit dem Ziel der maximalen
Ergebniserreichung. Die vorgestellte
Methode bietet den Zugang zu einem
feineren Verständnis der Welt und somit
auch eine Methode, diese zu lenken. Die
in diesem Buch vorgestellte Methode
beseitigt überflüssige Einstellungen und
enthüllt Methoden der inneren Praktiken
anhand praktischer Übungen. Das Buch
ist für aktive, zielstrebige Menschen
gemacht, die den Wunsch haben, sich in
die Reihen der Erschaffer dieser Welt
einzuordnen. Es wird Ihnen stufenweise
offen legen, wie Sie Ihren Platz unter der
Sonne finden.

«Es leben ein Junge und ein Mädchen.


Jeder von ihnen hat einen Wunsch.
Unwichtig, welcher Wunsch dies ist.
Wichtig ist nur, dass ein Wunsch
existiert.
Die beiden Kinder haben einen Wunsch
und leben in diesem.»
Junge Männer und Frauen haben eine
Vielzahl von Wünschen. Ihre Herzen
fordern Erfüllung. Sie kochen und
protestieren, werden zu Unruhestiftern
allein aus dem Grund, die Welt, in der
sie leben, verbessern zu wollen. Bei
vielen Erwachsenen lösen sich ihre
Wünsche auf oder werden durch
Pflichten ersetzt.

Doch wohin verschwinden diese


Wünsche?
Warum wurden sie uns gegeben?
Wie erreichen wir sie?
Warum erreichen wir sie?

Unter Anwendung der sufiitischen


Methode werden diese und weitere
Fragestellungen in diesem Buch
erläutert.
„ADLER“
«Der Mensch sah jeden Tag einen Adler,
der über ihm in der Luft schwebte. Der
Adler übte aufgrund seiner Freiheit und
Schönheit eine besondere
Anziehungskraft auf den Menschen aus.
Die Erhabenheit seines Flügelschlagens
fesselte den Menschen. Dieser erstarrte
immer wieder, wenn er nach oben
blickte und sah, wie der Adler seine
Kreise drehte. Der Mensch wünschte
sich, dort oben zu sein, die Windströme
auf der Haut zu spüren und die Lunge mit
der Freiheit des Fluges zu füllen. Er
bekam den Wunsch, über die Fähigkeiten
des Adlers verfügen zu können und
entschloss sich dafür, den Vogel zu
erforschen. Mit dieser Idee machte sich
der Mensch auf den Weg in die Berge,
um das Nest des Adlers zu finden. Mit
abgeschürften Händen und Füßen fand er
auf einem der Gipfel schließlich das
Nest des Adlers. Nachdem ein gutes
Versteck gefunden war, holte er einen
Sack hervor und begann zu warten. Nach
einiger Zeit wurde das Geräusch der
Flügel immer deutlicher und der Adler
landete im Nest. Aus der Nähe betrachtet
erschien der Vogel plötzlich riesengroß.
Unentschlossen drückte sich der Mensch
an die Felsen, verwirrt von der Größe
des Adlers. Doch besessen von der
Leidenschaft besiegte er die Angst. Als
der Adler sich der Reinigung seines
Federkleides widmete, sprang der
Mensch aus seinem Versteck heraus und
warf einen Sack über den Vogel. Zu
Hause angekommen, wollte der Mensch
den Adler in einen speziell angefertigten
Käfig sperren, doch einfach war dieses
Vorhaben nicht. Der Vogel wehrte sich
und auch die Größe des Käfigs war zu
knapp bemessen. Der Mensch war
abgekämpft und seine Hände bluteten
aufgrund des Kampfes mit dem
freiheitsliebenden Vogel. Das alles
verärgerte ihn. Der wilde Vogel wollte
nicht still sitzen und wehrte sich mit
seinen spitzen Krallen und seinem
stählernen Schnabel gegen den Käfig.
Der Mensch verstand, dass solange
Krallen und Schnabel vorhanden waren,
ruhiges Erforschen und Genießen nicht
möglich wären. So nahm er eine Schere
und schnitt dem Adler Krallen und
Schnabel ab und stutzte dessen Flügel.
Nun saß der Adler in dem Käfig. Der
Mensch betrachtete den Vogel, doch
plötzlich schrie er enttäuscht auf. Er sah,
dass der Adler einem gewöhnlichen
Huhn ähnelte. Der Mensch spürte, wie
eine tiefe Verbitterung in ihm aufstieg. Er
war auf die Felsen geklettert und hatte
sich Hände und Füße aufreißen lassen.
All die Wunden hatte er in Kauf
genommen für ein Huhn von großem
Ausmaß? Wütend schmiss der Mensch
den Käfig aus dem Haus. Seitdem
faszinierten ihn die Vögel im Himmel
nicht mehr. Und wenn jemand über die
Schönheit des Fluges und die
majestätische Anmut der Adler sprach,
lächelte der Mensch sarkastisch auf und
entfernt sich von den leeren
Träumereien.»

Die Geschichte von Mensch und Adler


ist ein Bildnis. Der Mensch strebt
danach, wie ein Adler zu fliegen, um
seinen Traum zu verwirklichen. Er stellt
es sich vor und phantasiert darüber.
Dabei verläuft der Weg des Menschen
über die Berge. Diese stellen die
Schwierigkeiten, Umstände und
Lebenserfahrungen dar. Oft werden sie
zu unüberwindbaren Hindernissen auf
dem Weg zur Verwirklichung. In den
Bergen des Lebens besteht die
Möglichkeit sich zu verlaufen,
vollständig die Orientierung zu
verlieren.

Die Erinnerung an den „Flug im Traum“


ist noch lebendig, doch das Leben zeigt
bereits „Krallen mit Schnabel“. Der Weg
ist niemals einfach. Unglücke,
Schwächen und nicht erforderliche
Kompromisse erzeugen ein Gitterkäfig
im Denken des Menschen. Dieser Käfig
versucht unentwegt den Menschen
einzuschränken. Die Seele protestiert
gegen diese Einschränkungen, weil die
sozialen Funktionen und die erworbenen
negativen Erfahrungen ihre Freiheit
beeinträchtigen. Die Einschränkungen
sind so stark, dass keine Bewegung unter
dieser Unterdrückung möglich ist. Fehler
und Zweifel schneiden wie eine Schere
in die Kreativität und den freien Geist
des Menschen ein. In diesem Käfig
verändert sich der Mensch. Er zerstört
selbständig seine Individualität und
versteckt sich hinter der Maske eines
„normalen Mitglieds der Gesellschaft“.
An die Stelle der Schönheit der Seele
und ihr unwiderstehliches Aroma tritt
ein Roboter, der unter der Kontrolle
seines animalischen Wesens lebt. Seine
Besonderheit ist das „Verständnis für
alles“ und somit ein absoluter Unglaube
an sich selbst. Eingeschränkt durch das
Dogma, dass er alles verstanden hat,
bremst sich der Mensch durch diesen
Unglauben in seiner Entwicklung. Wenn
ein solches Unglück passiert,
verwandelt sich der Mensch in einen
leeren Satz vereinbarter Reaktionen. Die
Ansprüche an sein Leben steigen.

Warum kann ich meinen Traum nicht


verwirklichen?
Warum ist die Gesundheit verloren
gegangen?
Warum lässt sie sich nicht
wiederherstellen?
Warum werden wir von der Entbehrung
begleitet?
Warum ist alles immer so schwierig?
Warum lebe ich genau so und nicht
anders?

Auf der Grundlage des eben


Beschriebenen wächst in seinem Inneren
wie ein üppiger Kaktus eine große
Verletzung auf Alles und Jeden.
Ansprüche und Kränkung sind die zwei
wesentlichen Eigenschaften von
Menschen, die sich in den „Bergen“
verlaufen haben.

Viele der menschlichen „Warums“


werden zusammen mit den ausgedachten
Rechtfertigungen zu den „Deshalbs“. Es
sind sehr feste Stäbe des Käfigs, die man
sich selbst erdacht hat und es ist nicht
einfach diese aufzugeben. Der leise Zorn
auf die eigene Machtlosigkeit vergiftet
den Menschen von innen heraus. Die
innere Schwäche wird mit Hilfe der
äußeren Wichtigtuerei versteckt.
Was hindert Sie daran, sich zu verändern
und Ihre Träume zu erreichen?
Schwäche? Faulheit? Feigheit? Fehlende
Bildung? Mangelnde Selbstkenntnis?

Die Antwort ist, die mangelnde


Fähigkeit die Seele zum Handeln zu
bewegen. Der Mensch wird mit dem
Alter zu einer Ansammlung schlechter
Gewohnheiten, von denen der Hochmut
die größte Zerstörungskraft erreicht.

Ist es Selbstschutz vor der objektiven


Wirklichkeit oder Betrug des eigenen
Verstandes?

Der Mensch verfügt über


Orientierungshilfen, die den richtigen
Weg weisen, egal in welchem Loch der
Mensch steckengeblieben ist. Sie
befinden sich in seiner Seele. Aber die
erworbene Gewohnheit, vernünftig zu
denken, betäubt wie eine
„Quasselstrippe“ die Stimme der Seele
und empfiehlt der Gewohnheit, die
Signale der Seele zu ignorieren.

Die Möglichkeiten des Menschen warten


auf ihren Herrscher wie die Schätze des
Aladins. Der Mensch muss nur anfangen
zu brennen und diese Schätze in sich
selbst finden.
DIE METHODE
Ein Sufi namens Bayasid Bistami hat mit
Hilfe innerer Erscheinungen eine
Methode entwickelt, die später das
Aushängeschild seiner Schule wurde:
das Anschalten des ekstatischen
Zustands zur Beseitigung von Dogmen,
welche die Aufnahmefähigkeit des
Verstandes einschränken. Seine Methode
bestand darin, sich an der göttlichen
Liebe zu berauschen. Es geht dabei
jedoch nicht darum, durch den Konsum
von Alkohol oder Drogen in Ekstase zu
gelangen. Sufii, welche die Methode von
Bistami praktizierten, haben zwischen
der hohen emotionalen Aktivität und der
Hypersensibilität des Menschen eine
Verbindung für die Informationsströme
des Universums hergestellt. In diesem
Arbeitszustand öffnen sich die Sufii für
kreative Ideen, die im normalen Zustand
für den Verstand unzugänglich wären.

Die Methode von Bistami lehrt den Sufi


auf anderen Verständnisebenen zu
handeln, die für ihn während des
Zustandes der „göttlichen Trunkenheit“
geöffnet werden. Dieser Zustand erfüllt
den Sufi mit Energie und erhöht seine
Aktivität. In diesem Zustand ist er frei
von Faulheit und Schwächen. In diesem
Zustand sieht der Sufi seinen
Lebensweg. Für sein wahres Leben
bekommt der Sufi Wissen über seine
richtigen Handlungen. Im Zustand der
ekstatischen „Trunkenheit“ füllt sich der
Sufi mit Energie aus der Quelle, die
niemals versiegt, und entfesselt die
Grenzen seines Verstandes, sodass er
Zugang zu den Informationen des
Unterbewusstseins erlangt. Die feinere
Wahrnehmung der Realität ermöglicht
dem Sufi, seine Zukunft zu fühlen und
neue Möglichkeiten für die
Weiterentwicklung zu öffnen. Diese
neuen Möglichkeiten sind natürliche
Wahrnehmungsfähigkeiten des
Menschen. Doch auch ohne spezielle
Entwicklung kann sich eine erhöhte
Wahrnehmung spontan entfalten. In
Augenblicken einer tiefen Trauer, der
Lebensgefahr oder in den Momenten
großer Freude. Während solcher
Gefühlsausbrüche wird der Mensch
intuitiver und aufnahmefähiger für die
Stimme des Herzens.

Bewusst trainiert der Sufi die Öffnung


seiner intuitiven Kommunikation mit der
Welt. Auf diesem Kanal erhält er die
Information, auf welche Art und Weise
seine Weiterentwicklung erfolgen soll.
Früher hat jeder Mensch versucht seine
Herzensstimme zu hören, während er
sein Gebet gesprochen hat. In dem
Moment, als die Materialisten Gott
verbannten, ist der Mensch verloren
gegangen. Das wahre Wissen für seine
Weiterentwicklung ist in dem Menschen
selbst eingeschlossen. In dem
Augenblick, in dem der Mensch sich
selbst findet, findet er auch sein Glück.

«An der Tür klopfte es. Bayasid fragte:


„Wen möchten Sie sprechen?“
„Ich suche Bayasid!“, sprach eine
Stimme.
„Auch ich suche ihn“, antwortet
Bayasid.»

Die Sufii sagen, der Mensch muss sich


selbst erfahren. Er ist ein Rätsel für sich
selbst. Kennt man sich selbst nicht, wird
es schwierig sein, das eigene Leben zu
verstehen. So wird man nach
Ratschlägen Umschau halten. Doch frage
nicht die anderen, sondern schaue in
dich selbst hinein!
Die Hüllen des Herzens verdecken den
wahren Verstand des Menschen. Der
logische Verstand versteckt seine
Vorherbestimmung. Das Herz ist der
Herr über den Körper und enthält den
Kern der Wahrheit und die Erinnerung an
den Atem des Schöpfers.

«Der Thron des Schöpfers befindet sich


in Deinem Herzen!»

Für den Sufi ist dies ein Aufruf zur


Handlung. Die eigenen Veranlagungen
kennen, sein wahres Ich erkennen. Das
ist die Aufgabe des Lebens, die einer
Lösung bedarf. Im Streben liegt die
Anleitung. Wenn Sie aktiv werden,
erlangen Sie Glück im Leben. Ihr Leben
verbessert sich. Alles in der Welt ist in
Bewegung. Selbst Steine vibrieren auf
molekularer Ebene. Eine Regel für den
Erfolg lautet – Sei aktiv!

Ein Mensch, der fünf Minuten zuvor


müde war, wird aktiv, sobald er eine
Idee bekommt. Diese Idee gibt dem
Körper einen Impuls zum Handeln und
stellt notwendige Energiereserven zur
Verfügung. Künstlerische und kreative
Menschen bekommen mehr Ideen. Im
kreativen Denken liegt der Erfolg des
Menschen. Das schöpferische Denken ist
eine Erscheinung der Seele. Mit der
Stimme des Herzens kommuniziert sie
mit dem Menschen.
«Kümmere dich um Dein Herz. Lerne es
verstehen.»

Das Herz lebt in der Aufrichtigkeit. Das


Leben eines erwachsenen Menschen ist
moralisch erfüllt. Es fehlt nur an
Aufrichtigkeit. Der Mensch steht sich
selbst im Wege bei der Erreichung des
Geplanten. Im Weg stehen die listigen
Muster der Vernunft, die unter dem
Einfluss vererbter und sozialer
Einstellungen entstanden sind. Dieser
Zustand ähnelt einer Hypnose. Der
Mensch versinkt in einen hypnotischen
Schlaf. Er prägt sich verständliche und
bequeme Ideen ein und hält sich an ihnen
fest, wie an einem Talisman. Sie
verlieren ihre Wirksamkeit, aber sie
werden zur Gewohnheit. Mit einer
Versessenheit glaubt der Mensch an
bereits längst verstorbene Schemata. Der
Mensch ist ein Spielzeug des eigenen
Verstandes, welcher nicht erwachsen
geworden ist. Ein erwachsener Körper,
ein seriöser Gesichtsausdruck, schlaue
Worte, doch ein absolut kindlicher
Verstand. Ein Verstand, der nach
Selbstbestätigung sucht.

«Mutti, sag‘ mir, ich habe recht und


alle anderen sind schlecht!»
Der Verstand

Am Anfang ist der Verstand überzeugt,


dann zweifelt er und im nächsten
Augenblick ist er wieder überzeugt.
Dann ein neuer Zweifel. Lebt der
Mensch als Roboter, gesteuert von
äußeren Impulsen, so wird er stets auf
der Suche nach dem Modernen und
Materiellen sein. Wenn man über kein
eigenes Entwicklungsprogramm verfügt,
hinkt man im Leben immer zwei Schritte
dem eigenen Glück hinterher.

«Philosophiere nicht, tauche mit dem


Kopf voran ein!
Du verlierst nichts, weil der Tod ja
unvermeidlich ist!»
Sufiitisches Sprichwort

Vergleichbar mit einer Lampe, die von


Spiegeln umringt ist, leuchtet das Herz
mit unendlich vielen Strahlen. Mit Hilfe
des ekstatischen Zustandes, dem Trinken
des „göttlichen Saftes“, verlassen die
Sufii die Grenzen des eingeschränkten
Denkens und geben dem Verstand die
Möglichkeit, sich mit den weisen
Kenntnissen des Herzens zu
durchtränken.

Die Regel des sufiitischen Erfolges


lautet, sich wieder an sich selbst zu
erinnern und zu wissen, wohin man geht
und wofür. Bewusste Handlungen
vornehmen. Die richtigen Handlungen
werden dann möglich, wenn man sich als
einen natürlichen Teil der Welt
wahrnimmt. Ein Mensch, eingeschränkt
durch die Grenzen des Verstandes, fühlt
sich einsam in der Welt und ist deshalb
unfähig, Informationen, die für ihn aus
den feinen, sensiblen Welten bestimmt
sind, wahrzunehmen. Nachdem das
Selbstvertrauen wieder erweckt und die
einschränkenden Denkfunktionen
aufgehoben wurden, eröffnet sich für den
Menschen seine Vorbestimmung. Ein
wieder erweckter Mensch handelt aus
einem breiteren Verständnis für die Welt
heraus.

«Ein frisch Eingeweihter unterwirft


sich der Disziplin, aber die Einhaltung
der Wahrheiten ist mehr als das
Gesetz.»

Die deutlich erhöhte Wahrnehmung


ermöglicht den Sufii neue Bedingungen
zu eröffnen und die Verwirklichung
bestimmter Handlungen vorzunehmen,
mit deren Hilfe die eigene Effektivität
erhöht werden kann.

Die sufiitischen Praktiken befreien den


Menschen von seinen Einschränkungen,
die ihn daran hindern, sich richtig zu
entwickeln. Dies geschieht auf eine
natürliche Art und Weise, ohne dabei
vom Menschen eine extreme
Lebensveränderung oder die Einhaltung
neuer Verhaltensregeln zu fordern. Sufii
sagen, dass der Mensch fähig ist,
schlechte Angewohnheiten aufzugeben,
wenn er über diese innerlich
hinausgewachsen ist und sie für ihn
uninteressant werden. Sicherlich gelingt
dies nicht durch Moralpredigten über
die Schädlichkeit solcher
Angewohnheiten.

«Der Mensch ist das, woran er glaubt!»

Bayasid Bistami hat der Welt keine


Schriften hinterlassen. Allerdings
existiert seine Schule. Es existiert seine
Methode der Transformation des
Bewusstseins für die Realisierung und
Erreichung der inneren Freiheit.

«Die Auskunft über Gott ist im


Menschen.
Seine Erkenntnis ist im menschlichen
Verstand.
Seine Liebe ist bereits in Deiner
Seele.»
ZWEI ZUSTÄNDE DER
SUFII
Sufii unterteilen das Training in mehrere
Etappen, die anhand ihrer Handlung
unterschieden werden. Die Sufii-
Makhfia erforschen die Welt der inneren
Zustände. Auf dieser Etappe findet das
eigene Kennenlernen, die Erforschung
der Wahrnehmungsarten und deren
Erweiterung statt. Sufii erkennen ihre
eigene göttliche Natur. Sie stimmen die
feste Bindung mit den unsichtbaren
Prozessen der Welt ab, mit deren Hilfe
dann die für Sufii notwendigen
Handlungen vorgenommen werden. Die
Sufii entwickeln mentale Fähigkeiten,
Muskelenergie und die Konzentration
der Gedanken. Sufii-Makhfia entwickeln
die Intensität der Gefühle des laufenden
Moments. Diese hält den Verstand von
chaotischen Aufmerksamkeitssprüngen
zwischen den unterschiedlichen
Illusionen ab.

«Du musst wissen, wie Du in


Wirklichkeit bist, damit Du Deine
eigene Natur verstehen kannst.
Begreife, von wo Du in diese Welt
gekommen bist, wofür Du erschaffen
wurdest und worin Dein Glück und
Dein Leid besteht!
Du vereinst tierische Eigenschaften
und Eigenschaften der Engel.
Aber Dein wahres Wesen ist Dein Geist.
Alles andere ist für ihn in Wirklichkeit
fremd.
Strebe danach, Deine Ursprünge zu
erkennen, um zu verstehen,
wie Du die göttliche Gegenwart
erreichen und die göttliche Kraft und
Schönheit erblicken kannst.»
Fariddin Attar

Die innere Verwandlung Makhfia dauert


bis zu der Bereitschaft des Sufi, seine
Fähigkeiten als Hilfe für den Aufbau der
Welt zu verwenden. Dies kann auf
unterschiedlichste Art und Weise zum
Ausdruck gebracht werden. Lehre – Bau
– das eigene Business – Sport – der Sufi
verfolgt das Ziel, die Entwicklung der
Welt wieder in die schöpferische Bahn
zu lenken.

In dem Augenblick, in dem jeder Mensch


auf dieser Welt glücklich ist, wird die
Welt einen qualitativen Sprung machen.
Das Glück kann durch die
Transformation des Bewusstseins und
der bewussten Handlungen erreicht
werden. Mit seinem Beispiel und seiner
Lehre zeigt der Sufi, wie jeder Mensch
es erreichen kann. Sufii glauben nicht an
die Moral, sie glauben an die Handlung.

Die Handlung führen die Sufii im


Zustand von Dzhakhria aus. Die Sufii-
Dzhakhria realisieren die Aufgabe, die
sie sich gesetzt haben. Sie erforschen die
Mechanismen der Einflussnahme des
inneren Zustandes auf die sie umgebende
Wirklichkeit. Für Außenseiter können
die Sufii-Dzhakhria wie Magier
erscheinen. Allerdings nur aus
Unwissenheit gegenüber einiger Gesetze
der Welt, die sich auf dem Weg der
Entwicklung dem Sufi eröffnen.

Im Zustand Makhfia legen die Sufii die


ihnen vorgegebene Bestimmung in dieser
Welt frei. Im Zustand Dzhakhria
realisieren sie den Plan, in dem sie
mental bereits alle zu überwindenden
Etappen sehen.

«Um nicht in einem großen Dilemma zu


landen, behalte immer das Ende im
Auge.»
Dschalal ad-Din ar-Rumi
WEG DES HERZENS
«Ein Sufi erforschte die Geschichte von
Aladin und der Wunderlampe, die er,
zuvor versteckt, gefunden hatte.
Nachdem er an der Wunderlampe
gerieben hatte, erschien ihm ein
Dschinn und erfüllte dem Sufi seinen
Wunsch.»

Es ist eine versteckte und chiffrierte


Information, die dem Suchenden
Auskunft gibt. Als Wunderlampe, dem
Gefäß der göttlichen Geheimnisse, wird
das wahre Herz des Menschen
bezeichnet, welches sich im physischen
Organ hinter der konusartigen Form
versteckt. Der Dschinn ist die erweckte
Funktion, mit dessen Hilfe der Mensch
seine Natur für die Erschließung der
göttlichen Geheimnisse und Fähigkeiten
vorbereitet. Das Reiben ist die Praktik,
welche die Funktion des Herzens
aktiviert. Mit dem Starten der Funktion
des Herzens, dem Erlernen, auf die
Stimme des Herzens zu hören, wird für
den Sufi die Information des eigenen
Verwirklichungsplans zugänglich. Eine
Volksweisheit lautet:

«Höre auf dein Herz, es lügt nie!»

Für den Sufi ist die Stimme des Herzens


wahrhaftig. Der Sufi reinigt sich selbst
von der Einwirkung des animalischen
Nafs und öffnet sein Herz. Die Praktiken
des Sufi bringen uns das Verstehen der
Herzensstimme bei. Diese Stimme weiß
alles, was für das menschliche Leben
notwendig ist. Das Herz hat das Wissen
über Beginn und Ende des menschlichen
Weges. Dieses Wissen über die
tatsächliche Wirklichkeit steckt in einem
selbst.

Viele Menschen auf dieser Welt leben


ein fremdes Leben und verlassen es,
ohne etwas über sich selbst entdeckt zu
haben. Die Mehrheit der Menschen kennt
sich nicht. In vielen Gleichnissen muss
der Kronprinz oder die Kronprinzessin
ein Bettlerleben führen, bevor sie durch
ein wundersames Erlebnis erfahren, wie
ihre wahre Natur oder Bestimmung
aussieht. Sei es die gute Fee, ein
Zauberer oder der König-Vater. Sie
finden das verlorene Kind und geben
diesem die Möglichkeit zurück, das
Königreich erben zu können. Es sind
Gleichnisse über einfache Menschen, in
denen erzählt wird, dass jeder Mensch
der Erbe eines Königreichs sein kann.
Das märchenhafte Ereignis, die Fee oder
der König-Vater, erscheinen in der
Trainingseinheit, die im Menschen das
versteckte schöpferische Potential
erwecken soll.

Wenn Menschen nicht wissen, wie sie


sich verändern sollen, suchen sie einen
Mentor. Allerdings befindet sich dieser
bereits in der Nähe des menschlichen
Herzens. Man muss nur erlernen ihn
wahrzunehmen und ihm zu vertrauen.

«Ist der Schüler bereit, so ist auch der


Lehrer bereit.»
Sufiitisches Sprichwort

Das Training zum Öffnen der


Herzensfunktion ist für den Sufi ein Zikr.
Die Zikr-Praktiken sind vielfältig. Sie
können als Hilfe zur Wiederherstellung
der Gesundheit eingesetzt werden. Sie
verbessern die psycho-emotionalen
Zustände, stärken die Kräfte des
Menschen und füllen ihn mit Energie.

Zikr werden zur Zielerreichung, zur


Erzeugung günstiger Umstände und zur
Weiterentwicklung besonderer
Fähigkeiten des Menschen eingesetzt.
Zum Kennenlernen des eigenen Herzens
verwenden Sufii ein Zikr, das als „Kalb“
bezeichnet wird.
ZENTRUM
Aus der ganzen Welt kommen die
Menschen nach Usbekistan, um die
Städte Samarkand und Bukhara zu
besuchen. Nur wenigen ist bekannt, dass
in diesem Gebiet neben historischen
Denkmalen das Lernzentrum einer der
besten sufiitischen Schulen auf der
ganzen Welt liegt.

Im Übrigen ist das Ausbleiben einer


breiten Publizität über diese Schule
durchaus erklärbar. Denn wäre dies
nicht der Fall, würde der Sufi
widerwillig zu einer leuchtenden
Sehenswürdigkeit für Schaulustige
werden. In der sufiitischen Schule wird
gearbeitet, sodass eine übermäßige
Aufmerksamkeit nur störend wäre. In der
Nähe der Schule befinden sich die
heiligen Stätten der Sufii. Die Grabstätte
von Bakhauddin Nakschbandi, dem
Gründers der Nakschbandi Schule und
das Grab des Meisters Amir Kulala. Die
Sufii kommen, um die Meister der
Vergangenheit zu würdigen und ihnen
ihre Hochachtung zum Ausdruck zu
bringen. Für Sufii ist die besondere
Energie, die sich an den Bestattungsorten
großer Meister ansammelt, die
sogenannte Baraka, besonders wertvoll.

Der Begriff Baraka steht für Gnade.


Baraka entfaltet ihre Wirkung bei dort
trainierenden Sufii und lässt diese rein
werden. Sie hilft ihnen, ihre versteckten
Fähigkeiten zu erwecken. An diesen
Orten arbeiten die Sufii-Makhfia stets
fleißig. Sie trainieren ihre
Aufnahmefähigkeit. Mit der fühlbaren
Anwesenheit ihres Meisters aus der
Vergangenheit treten sie mit seinem
Schatten in Kontakt und ergründen sich
selbst in dieser Welt. Während sie dies
tun, befinden sie sich in der Regel nicht
in dieser Welt. In der Einstellung auf die
feineren Welten lernt der Sufi bei dem
Meister des Kraftfeldes.

Es ist kein Zufall, dass ein Meister auch


nach seinem Tod der Lehrer seiner
Schüler bleibt. Der Tod ist für die Sufii
nur der Übergang von der einen
Lebensqualität in eine andere.
Besondere Einstellungen des
Bewusstseins erlauben Sufii die
Verbindung mit ihren Lehrern über eine
Entfernung von Tausenden von
Kilometern zu halten.

«Einmal hat jemand Bakhauddin


Nakschbandi gefragt:
„Macht es Sinn, heilige Orte zu
besuchen, um das Baraka des dort
beigesetzten Körpers des Meistern zu
berühren?“
Auf diese Frage antwortete er:
„Für jemanden, der daran glaubt, ist es
sinnvoll.
Für einen Ungläubigen fehlt der Sinn
in einem Besuch.“»
WISSEN
Sufii haben 800 Jahre vor Pavlov den
Begriff „bedingter Reflex“ eingeführt.
Viele Erkenntnisse, die im Westen neu
sind, kennen die Sufii bereits seit
Langem. Die Kenntnisse von Sufii
werden teilweise erst heutzutage
bestätigt. Sufii haben keine Messgeräte
oder ähnliche Hilfsmittel verwendet. Zu
ihren Werkzeugen gehörten schon immer
Intuition und Inspiration. Sufii erreichen
Verständnis für mehrere Ereignisse
durch die Anschauungspraxis.

In Nakschbandis Antwort hat er die


Besonderheit der menschlichen
Weltwahrnehmung betont. Ist ein Mensch
kritisch eingestellt, so konzentriert sich
sein Bewusstsein wie ein Strahl auf jede
Information, die die innere Einstellung
des Menschen bestätigen kann. Die Welt
reflektiert wie ein Spiegel den Zustand
des Menschen und zeigt das, was er
sehen will. Der Mensch lebt nach den
Gesetzen der eigenen Überzeugung.
Wenn das Bewusstsein des Menschen
auf Zusammenarbeit mit der Heiligkeit
der Kraft des Ortes eingestellt ist, weiß
der Suchende, wonach er sucht und was
er erproben will. Dann findet der
Prozess der Bewusstseinsfüllung des
Suchenden auch tatsächlich statt. Der
Mensch kommuniziert auf der mentalen
Ebene mit dem Geheimnis des Ortes.
Sufii wissen dies und bereiten sich auf
das entsprechende Wahrnehmungsniveau
vor, bevor sie den heiligen Ort
besuchen.

In jeder Pilgerfahrt steckt immer ein


kleines Leid. Nahrungseinschränkung,
permanente Kontrolle der Aktivitäten
und Emotionen verstärken den
menschlichen Geist. Das Leiden
aufgrund der Einschränkungen bereinigt
die Seele und erhöht ihre Vibrationen.
Solches Leid dient dem Wohlergehen
des Menschen. Sie besuchen heilige
Orte, in denen jeder menschliche
Gedanke seine Kraft verzehnfacht und
bitten um das, was ihnen fehlt. Sie
kommen meist mit Beschwerden und
Schwächen dorthin. Aufgrund der dort
gesammelten aktiven Energie spüren Sie
das, was ihnen fehlt, um ein Vielfaches
stärker.

«Derjenige, der alles hat, wird belohnt.


Demjenigen, der nichts besitzt, wird
das Letzte genommen.»

Bringen Sie keine Beschwerden an den


heiligen Ort mit. Nehmen Sie zu diesen
Orten Freude, Dankbarkeit und Liebe
mit, damit diese sich mit Hilfe der
heiligen Kräfte vervielfachen können.
Leichtes Leid, Fasten, Gebete und
physische Belastungen vor dem Besuch
der heiligen Orte bereinigen den
Menschen vom Einfluss des Nafs,
unterdrücken die Aktivitäten der
weltlichen Wünsche und konzentrieren
den Menschen auf die geistlichen Ziele.

Durch das weltliche Leben und den


Einlass der weltlichen Leidenschaften
beginnt der Mensch den Anderen zu
dienen. Der Durst des Nafs nach
Konsum wird aktiv. Da der Mensch nicht
alles bekommen kann, wächst in ihm der
Durst nach dem Fehlenden und füllt den
Menschen mit Leid und Unglück. Diese
töten den Geist des Menschen ab. Sie
brechen seinen Charakter und
verwandeln ihn zum Tier. Das
Bedrückende darf nicht verstärkt
werden.
Der menschliche Geist ist wertvoll.
Wenn der Mensch auf einer Pilgerfahrt
vor dem Besuch eines heiligen Orts den
Nafs einschränkt, so gibt er dem Geist
Mut. Bei dessen Verstärkung reinigt sich
der Mensch von überflüssigen
Verbindungen zum Weltlichen und seine
Seele säubert sich von weltlichem
Dreck. Bei einem Besuch eines
Mausoleums eines körperlich, jedoch
nicht geistig verstorbenen Meisters
stärkt der Mensch seinen Charakter und
beschleunigt seine geistige Entwicklung.
Nach der Bereinigung vom Einfluss der
materiellen Welt verbindet sich der Sufi
mit der Energie des Ortsmeisters für
seine weitere Umwandlung. Das Baraka,
das vor Ort konzentriert ist, verbindet
sich mit dem Inneren des Sufi und
bereichert sein Verständnis. Nach der
Reinigungsphase verbindet sich das
Innere mit der Energie des Meisters und
setzt den Umwandlungsprozess fort. Er
wird mit neuen Kenntnissen und
Gefühlen der Welt gefüllt. Dem Sufi
werden dann bisher versteckte Gesetze
enthüllt, mit deren Hilfe die
Produktivität seiner Arbeit erhöht
werden kann. Im neuen
Empfindungszustand macht der Sufi ein
Zikr, damit er sich auf seiner inneren
Reise dem Ziel nähert. Mithilfe der
inneren Aktivität bewirkt der Sufi die
Erreichung seines Zieles in der äußeren
Welt.
Für ihre Fähigkeit, das Gewünschte ins
Reale umzuwandeln, wurden Sufii früher
als „Zaren in Kleidungsfetzen“
bezeichnet. Sie konnten Kleidungsfetzen
tragen und doch bei Bedarf zum
Eigentümer eines immensen Reichtums
werden. Doch nur dann, wenn es
wirklich notwendig war. Einen noch
größeren Respekt haben sie sich durch
ihre Fähigkeit verdient, bei Bedarf auf
Eigentum zu verzichten. Ein Sufi kann
weltlichen Reichtum besitzen und doch
wird der Reichtum niemals den Sufi
besitzen. Ab und an verwandelt sich der
Sufi vom Bettler zum Zaren, um den
Menschen ihre eigenen Fähigkeiten zu
veranschaulichen. So wie der Mensch
die Höhle des Ali Baba in sich öffnen
kann, welche in jedem Menschen
verborgen ist.

Menschen glauben nicht an Worte. Sie


brauchen anschauliche Beispiele. Erst
dann wird jeder, der Augen hat, auch
tatsächlich sehen.
„FLUSS“
«Aus einer Quelle in weit entfernten
Bergen fließt ein Fluss hinab. Sein Weg
verläuft über Wiesen, Wälder und
unterschiedliche Landschaften. So
erreicht der Fluss eines Tages eine
Wüste. Er versucht die Wüste zu
durchqueren, hat jedoch bemerkt, dass je
weiter er sich in die Tiefe der Wüste
hinein begibt, je mehr verliert er sein
Wasser. Der Fluss weiß, dass sein Weg
durch die Wüste führen muss und es
keinen anderen Weg geben wird. Die
Lage erscheint ihm daher hoffnungslos.
Der Fluss erstarrt an der Grenze der
Wüste. Doch plötzlich hört er aus der
Tiefe der Wüste eine Stimme flüstern.
Es ist der Wüstensand.

„Der Wind überquerte die Wüste und


der Fluss kann sie auf die gleiche Weise
überqueren.“, sagt die Stimme.

Der Fluss erwidert, dass er fließt und


die Wüste auf diese Weise nicht
überqueren kann. Der Wind hingegen
kann fliegen. Natürlich kann er es auf
diese Weise schaffen.

„Du wirst es nicht schaffen die Wüste


mit den dir bekannten Verfahren zu
überqueren! Entweder wirst du
verschwinden oder du wirst zu einem
Sumpf. Du musst Dich dem Willen des
Windes hingeben. Der Wind wird Dich
ans Ziel bringen!“

„Ist das denn möglich?“, fragt der Fluss


ungläubig.

„Du kannst es erreichen, wenn Du es


dem Wind erlaubst, Dich zu
absorbieren.“

Ein solcher Vorschlag erscheint dem


Fluss jedoch unakzeptabel. Niemals
würde er sich von jemandem
absorbieren lassen. Er will seine
Persönlichkeit doch nicht verlieren. Wie
sollte er sie je wieder zurückbekommen,
wenn er sie erst einmal verloren hatte?
„Der Wind“, setzt der Sand fort. „Er
beschäftigt sich damit, dass er das
Wasser auffängt, über die Wüste bringt
und es dann in Form von Regen wieder
frei lässt. So würde Dein Wasser wieder
zum Fluss werden.“

„Wie kann ich Dir das glauben?“, spricht


der Fluss noch immer voller Zweifel.

„Vertraue mir, dass es so ist. Falls du


das nicht kannst, wird aus Dir ein Sumpf
werden. Aber auch das wird Jahre in
Anspruch nehmen und ein Dasein als
Sumpf ist mit dem Dasein als Fluss nicht
vergleichbar.“

„Aber wie kann ich denn derselbe Fluss


bleiben, der ich heute bin?“

„Du wirst in keinem der beiden Fälle


derselbe Fluss bleiben“, antwortet der
Sand. „Sich umzuwandeln, wieder zu
einem Fluss werden, darin besteht deine
Natur! Du hältst die jetzige Existenzform
für dein wahres Ich. Doch du kennst
Deine Natur nicht und denkst, dass deine
heutige Form, die wahre ist.“

Plötzlich ändern sich die Gedanken des


Flusses. Undeutlich erinnert sich der
Fluss an den Zustand, in dem er sich
bereits in der Umarmung des Windes
befindet. Ob die Erinnerung tatsächlich
stattgefunden hatte, ist ihm nicht
bewusst. Nicht das Gedächtnis, sondern
seine Gefühle sagen ihm, dass diese
unwahrscheinliche Idee, in der
Umarmung des Windes zu fliegen, wahr
sein muss. Also vertraut der Fluss
seinem Gefühl.

In der Umarmung des Windes fliegt er


hinauf. Der Wind erfasst ihn liebevoll,
bringt ihn weit fort von der Wüste hin zu
einer Bergspitze und lässt ihn sanft
wieder los. Während des Fluges
zweifelt der Fluss hin und wieder, doch
dann denkt er: „Ich habe meine wahre
Natur und meine Bestimmung erfahren.“

Der Fluss prägt sich diese Erfahrung der


Verwandlung ein. Der Sand flüstert: „Du
hast Dich gerade selbst kennengelernt.
Diese Erfahrung ist neu und
ungewöhnlich für Dich, obwohl es
Deine wahre Natur ist. Ich sehe solche
Verwandlungen jeden Tag, weil jeder
mit der Hoffnung in die Wüste kommt,
sie auf irgendeine Art und Weise zu
überqueren.“»

Aus diesem Grund sagt man, dass der


Zeitverlauf in den Wüstensanden der
Welt niedergeschrieben ist.

Nach der Geburt in diese Welt erinnert


sich die menschliche Seele noch an ihre
Ursprungsquelle. Die Logik ist noch
nicht entwickelt, die Lebenserfahrung ist
noch gering. Der Mensch nimmt sich
selbst und die Welt intuitiv wahr. Er hat
keine Kenntnisse von den
Schwierigkeiten der Welt. Der Mensch
lebt vom Traum und zweifelt nicht an
seiner Verwirklichung. Er kennt sein
wahres Leben. Mit jedem verlebten Jahr
ändert sich diese Lage. In einer Welt der
Logiker, die nach der Versuchs-und-
Irrtums-Methode leben, d.h. aufgrund der
vom Außen gewonnenen Informationen,
verschiebt sich die Dominante von der
Seele hin zum wachsenden Verstand.

Der Mensch beginnt, mit der Umgebung


aktiv zu kommunizieren. Er beginnt, sich
selbst und seine Seele zu vergessen und
verwechselt die Reaktionen der Umwelt
mit der entstandenen Meinung. So wird
die wahre Selbsterkenntnis durch
Verhaltensstereotype ersetzt. Mit deren
Hilfe kommuniziert der Mensch mit der
Umgebung. Sie bilden den Charakter,
den der Mensch für sein eigenes Ich hält.
Auf einem dieser Lebensschritte ist die
menschliche Selbsteinschätzung fertig
und das ganze Leben wird auf dieser
Basis verlaufen. Die menschlichen
Verhaltensweisen und das Denken des
Menschen ordnen sich der
Selbsteinschätzung unter.

Die skurrile Maschine namens


„menschlicher Körper“ versorgt den
Menschen mit dem angenommenen
Programm und beschränkt unentwegt das
schöpferische Denken. Der Mensch wird
von dem Programm, das seiner
Selbsteinschätzung entspricht,
vollkommen eingeschränkt. Diese
unnötigen Einschränkungen hält der
Mensch für sein wahres Ich. Im Falle
einer neuen Situation, in der die
angenommenen Stereotype nicht
funktionieren, verliert sich der Mensch.

Mit der Gewohnheit lediglich nach


Logik und Lebenserfahrung zu leben,
vergisst der Mensch den Schöpfer in
seinem Inneren. Auch, wenn die Stimme
der Intuition sich eindringlich vernehmen
lässt und auf den nächsten Schritt
hinweist, vertraut der Mensch nicht
weiter auf diese Stimme. Der Mensch
hat sich längst vergessen und im Wald
der Überlegungen und Beurteilungen
verloren. „Die Wüste beginnt“ ist das
fehlende Verständnis darüber, wie man
weiter leben und handeln soll. Dann
entstehen innere Enttäuschungen und
Depressionen. Der Mensch versucht die
Schwierigkeiten mit den Methoden zu
lösen, die zur Ausrüstung seines
Charakters und zu seinem
Gesprächskreis gehören, weil er selbst
ein Teil von diesen ist. Er hält diese
Methoden für seine Fähigkeiten und
Denkweisen. Der Mensch behält seine
Verfahren und gewonnenen Fähigkeiten
für sich selbst. Er verwechselt die
Begriffe und behält die Gewohnheiten.
Es ist gut, wenn Gewohnheiten
funktionieren, doch in einer Wüste
scheitert man an ihnen. Die vorhandenen
Regeln, Verfahren und Methoden
scheitern ebenfalls. Die Krankheit
verschwindet nicht, die Probleme in der
Familie und bei der Arbeit wachsen.
Der Mensch verzweifelt. Seine
Verfahren helfen nicht und auch die
„Wüste“ verschwindet nicht. In diesem
Fall ist das Wichtigste, sich daran zu
erinnern, dass die gewohnten Verfahren
und der Charakter nicht den eigentlichen
Menschen ausmachen.

Es ist Zeit, sich von dem eigenen


Verstand zu lösen. Es ist Zeit, von den
eigenen Gewohnheiten abzurücken. Sie
funktionieren nicht. Das aufgebaute
Verhalten hilft Ihnen nicht. Manchmal
verlieren die Menschen Jahre, um diese
Tatsache zu verstehen. Doch es kommt
die Zeit des „Windes“. Die Zeit, um den
Verstand zu vergessen und sich an die
Gefühle, die Seele und das Herz zu
erinnern. Die Zeit, um zu sich wieder
selbst zu finden. Der Mensch jedoch hat
Gewohnheiten. Der Mensch schmeißt
keine alten Gegenstände weg, weil er
sich an sie gewöhnt hat. In diesen
Gegenständen sieht er Komfort und
Sicherheit. Der Mensch will die
„Wüste“ überqueren, ohne sich selbst,
seine Gewohnheiten oder seine
Umgebung zu verändern. Doch dieses
Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt.
Die Kräfte schwinden. Die Probleme
wachsen.
Es ist die Zeit der Veränderungen
gekommen, in der sich der Mensch von
den bekannten Schemata befreien muss.
Er muss sich neu ausbilden, aufhören,
rückschrittlich zu agieren und zu seiner
Natur zurückkehren, falls ihm das Leben
wichtiger ist als die alten Gewohnheiten,
die den Menschen lediglich ins Nichts
führen.
ERNEUERUNG
Der Sufi weiß, dass die Erneuerung eine
wichtige Rolle spielt. Der Mensch muss
sich innerlich erneuern. Er braucht einen
Neustart, um zu vermeiden, dass er
hinter der Zeit zurückbleibt. Der Mensch
hängt in der Vergangenheit, deswegen
wird seine Wahrnehmung verzerrt. Die
Aufmerksamkeit und Sensibilität für
Veränderungen nutzt sich ab. Der
Mensch muss in Bezug auf die
Lebensbedingungen aktuell bleiben. Das
alte Verhalten verliert seine Aktualität
und entspricht nicht mehr dem heutigen
Rhythmus. Dem Menschen gefällt es,
sich an die Vergangenheit zu klammern.
In der Vergangenheit sieht er die
Sicherheit seiner Existenz. Ein
olympischer Sieger, der nur von den
vergangenen Siegen lebt, kann ohne
entsprechende physische Belastung in
der Gegenwart seine Muskulatur
verlieren und schlaff werden. Die
Verbindung zur Vergangenheit erzeugt
eine Sicherheitsillusion. Kinder denken,
dass sie nicht gesehen werden, wenn sie
ihre Augen mit den Händen
verschließen. Früher hat dieses
Verhalten funktioniert. Heute wollen die
herangewachsenen Kinder diesen
Trugschluss nicht loslassen. Deshalb
beginnen sie unter ihrer eigenen Sturheit
zu leiden.
Das Wasser versiegt im Fluss des
Lebens. Engagement, Schöpfertum und
Freude verschwinden. Welche
Lebensfreude kann man beim einfachen
Überleben, welches von Müdigkeit und
Reizbarkeit begleitet wird, haben?

Der Fluss aus dem Gleichnis ist der


Mensch. Er muss sich selbst erneuern.
Er muss fließen. Es gibt bereits einen
Ausweg aus der schwierigen Situation,
auch in genau diesem Augenblick. Doch
es ist kompliziert in der Vergangenheit
lebend die Gegenwart zu steuern. Sie
existiert nicht mehr und Sie haben dort
nichts mehr verloren.
FUNKTION
Zur Anwendung der sufiitischen
Technologien muss man sich etwas
Wichtiges klar machen. Sufii sagen, die
Praktiken, die man erlernen soll, können
nicht mit Worten beschrieben werden.
Dies ist tatsächlich der Fall. Zum
Beispiel wird ein erfolgreicher Sportler
einem Neuling ein regelmäßiges
Training für den Aufbau der Muskulatur
empfehlen. Diese Empfehlung wird vom
Neuling leicht angenommen, weil sie
„klar“ ist. Wie schwierig es sein wird,
das Gesagte umzusetzen, wird der
Neuling jedoch nur aus eigener
Erfahrung verstehen. Wird er in der
Zukunft selbst erfolgreich, so wird der
Begriff „regelmäßig“ für ihn eine andere
Bedeutung haben als zuvor.

Sufii betrachten die Welt als Teil von


etwas Größerem und dieses „Größere“
ist voller Geist. Es lebt. Aus Sicht der
Sufii ist alles auf dieser Welt durch eine
Tschalka, einer sogenannten Kette,
miteinander verbunden. Ereignisse,
Menschen, Aktivitäten sind im Grunde
ein Ganzes. Ausgehend von dieser
Erkenntnis wirkt der Sufi auf die
Umgebung.

Die Praktiken des Makhfia-Sufi lehren


ihn, die Welt so wahrzunehmen, dass bei
der Lösung einer Aufgabe mehre
Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Anders als bei einem Menschen, der
lediglich mit Hilfe seiner fünf Sinne
handelt.
ERFAHRUNG
«Ein Mensch kam zu seinem Lehrer und
sagte: „Ich habe Dir mehrmals zugehört
und versucht Dich zu verstehen. Ich habe
an Deinen Unterricht zurückgedacht und
glaube jetzt, dass Du Blödsinn erzählst.“

Der Lehrer lächelte, zog einen Ring von


seinem Finger, gab ihn dem Schüler und
sagte: „Bringe diesen Ring zu den
Marktverkäufern und verkaufe ihn für
eine Goldmünze.“

Der Schüler tat das, was der Lehrer ihm


befahl, doch keiner auf dem Markt bot
für den Ring mehr als eine Silbermünze.
So kehrte der Schüler enttäuscht zurück
und berichtete dem Meister von seinen
Erlebnissen.

„Gut“, sprach der Meister „Gehe nun


zum Juwelier und frage nach dem Preis
dieses Ringes.“

Wieder tat der Schüler das, was ihm


befohlen wurde und war begeistert, als
der Juwelier ihm tausend Goldmünzen
für den Ring bot.

„Deine heutigen Kenntnisse über Sufii


sind nicht mehr wert als die Kenntnisse
der Marktverkäufer über
Schmuckstücke. Falls Du den
tatsächlichen Wert erfahren willst, so
werde Juwelier!“»

In diesem Lehrspruch wird über ein


Verfahren für Wahrnehmungstraining
berichtet. Dieses bestätigt die Regel,
dass das Äußere im Wesentlichen keine
Rolle spielt.
KLARHEIT
Die sufiitische Lehren erscheinen
einigen Menschen mystisch. Das sind sie
jedoch keinesfalls. Es ähnelt der
Bedienung eines Fernsehers mit einer
Fernbedienung. Kennt man diese
Funktionsweise nicht, so erscheint sie
einem wie ein Wunder, ja sogar wie
Zauberei.

Sufii versuchen, den Freunden der


Mystik aus dem Weg zu gehen. Sie
schätzen die Klarheit. Auf dem
Entwicklungsweg ist die Klarheit der
wichtigste Begleiter. Auch in
ekstatischen Zuständen verfolgen Sufii
ein klares Ziel praktischer Natur. Ein
Sufi versteht, was er tut und was zu tun
ist. Er hat notwendige Anweisungen, mit
denen er seine Bewegungen vergleicht.
Ein Fahrer, der sich nicht auskennt, nutzt
die Karte. Sufii haben eine klare Karte
der Persönlichkeitsentwicklung.

Die Menschen unterscheiden sich in


ihrem Charakter. Von Natur aus sind sie
jedoch alle identisch. Es gibt
ausgearbeitete Trainingsmethoden für
jegliche Sportübungen. Genauso haben
Sufii ein klares Verständnis dafür
entwickelt, was und wie etwas für die
Erreichung der festgelegten Ziele
gemacht werden muss. Seit der
tausendjährigen Geschichte der
Menschheit wurde ein Plan der inneren
Entwicklung ausgearbeitet, der von den
Sufii erfolgreich verwendet wird. Dies
muss als Tatsache akzeptiert werden.
Hätten ihre Techniken nicht schon früher
funktioniert, würden die Sufii heute für
niemanden mehr von Interesse sein.
MUKASCHAFA
Der Zustand Mukaschafa ist ein Zikr, der
die Stufe der Wahrnehmung der Realität
erhöht. Während des Trainings mit den
Schülern wird dieser Begriff ebenfalls
für die Erklärung des Arbeitszustands
verwendet. Man kann diesen Zustand mit
der Bedeutung der Phrase „Gut!“
beschreiben. Dies bedeutet, dass es
während der Arbeit mit sich selbst
notwendig ist, eine positive innere
Einstellung zu erzeugen, also einen
Zustand des Wohlseins.

Der Zustand Mukaschafa ist ein Training


des permanenten Zustands des kreativen
Denkens. Heutzutage sind
Wissenschaftler nach durchgeführten
Untersuchungen zu der Erkenntnis
gekommen, dass das menschliche Gehirn
während seiner Entspannungsphasen in
der Lage ist, Probleme wesentlich
besser lösen zu können. Die Leistung
geht in solch einer Phase sogar über die
Leistung intensiver Gedankenarbeit
hinaus. Sufii haben berichtet, dass
globale Ideen und Entdeckungen nicht
nur Ergebnis des logischen Denkens
sind. Das Gehirn empfängt unter
anderem Informationen aus der feineren
Informationsschicht der Welt. Diese
Funktion der rechten Gehirnhälfte ist für
das Vorstellungsvermögen und die
Intuition verantwortlich. Im Gegenteil,
wenn der Mensch zu einem „harten“
Logiker wird, sinkt sein
Kreativitätspotential um ein Vielfaches
und der Mensch beginnt mehr Fehler zu
machen, die sein Leben negativ
beeinflussen.

Die menschliche Logik entwickelt sich


auf eine natürliche Art und Weise. Ihre
Entwicklung wird durch die Programme
und die Struktur der sozialen Welt
beeinflusst. Zusätzlich zum logischen
Denken entwickeln Sufii auch die
schöpferische Wahrnehmung. Tatsächlich
waren Menschen, die eine erkennbare
Spur in der Geschichte hinterlassen
haben, allesamt brillante Logiker, die
ihrer eigenen schöpferischen
Wahrnehmung vertraut haben. Zuerst
wurden sie von einer Idee erleuchtet.
Das bedeutet keinesfalls, dass sie sich
diese Idee ausgedacht, sondern sie
gesehen und gespürt haben. Danach
haben sie Verfahren zur Ideenumsetzung
durch die Bildung einer logischen Kette
entwickelt. Jedoch haben sie stets
gewusst, wonach sie suchten. Hier passt
folgende sufiitische Regel:

«In der Intuition erscheint die richtige


Zeit, der richtige Ort und die richtigen
Menschen.»

Menschliche Intuition reißt die Idee zum


richtigen Zeitpunkt in der richtigen
gesellschaftlichen Umgebung heraus.
Diese Gesellschaft ist übrigens keine
Voraussetzung für die Umsetzung eines
offenen Vorhabens.

Sufii entwickeln die Achtsamkeit. Das


Bitten um eine Idee reicht nicht aus. Die
Idee darf nicht verpasst werden. Zu
diesem Zweck wird die Gelassenheit
des Verstandes trainiert. Der Bereich
des Denkens wird von den Sufii als
„Marktplatz“ bezeichnet. Auf diesem
„Marktplatz“ stoßen unterschiedliche
unruhige Gedanken aneinander und
schreien umher.

Mukaschafa entwickelt beim Menschen


die intuitive Wahrnehmung oder auch das
Denken, das oftmals von
Erleuchtungsanfällen begleitet wird.
Sufii beleuchten die Zukunftshorizonte
und zeigen dem Menschen die nötige
Richtung. Mukaschafa ist der
Hintergrund für alle Übungen. Durch die
Arbeit in diesem Zustand erhöht sich die
Empfindlichkeit und die
Informationsmengen aus dem
Unterbewusstsein wachsen. Die Aufgabe
eines Sufi besteht darin, den passenden
Schlüssel für die richtige Tür zu finden.
Die Kunst der Arbeit im Mukaschafa-
Zustand ist die Beseitigung der
einschränkenden Beurteilungen und die
Regeneration der eigenen Gesamtheit.

«Gott ist in mir!»


GESAMTHEIT
«Ein Verliebter trat vor die Tür seiner
Angebeteten und klopfte.
Hinter der Tür fragte jemand: „Wer ist
da?“
Er antwortete: „Ich bin’s, jemand, der
Dich liebt.“
„Hier gibt es keinen Platz für Dich und
mich“, sprach die Angebetete.
Und so blieb die Tür verschlossen.
Nach einigen Jahren der Einsamkeit
klopfte der Verliebte erneut an der Tür.
„Wer ist da?“, hörte er die Stimme
seiner Angebeteten rufen.
Ohne zu zögern antwortete er: „Du…!“
Die Tür öffnete sich.
„Ich habe so lange auf Dich
gewartet!“»

Ein erwachsener Mensch ist einem


zerbrochenen Spiegel sehr ähnlich.
Dutzende Bruchstücke seiner
Persönlichkeit erheben Ansprüche auf
die Führungsposition in seinem Inneren
und es ist nicht klar, in welchem dieser
Bruchstücke sich sein wahres Ich
befindet. Während des Aufenthalts in
einem Spiegellabyrinth der eigenen
Persönlichkeit ist es äußerst schwierig
festzustellen, welche der
Persönlichkeiten wahr sind oder ob sie
tatsächlich existieren. Ohne das
Verständnis dafür, dass der Mensch in
dutzende Impulse gespalten ist, wird es
schwierig, die Bedeutung des Lebens zu
verstehen und das wahre Ich
kennenzulernen.

Eine der wichtigsten Aufgaben eines


Sufi für die Reflektion des Antlitzes der
Wahrheit im inneren Spiegel besteht
darin, die Bruchstücke dieses Spiegels
zusammenzusetzen. Erst dann kommt das
Verständnis des eigenen Ichs und der
eigenen Aufgaben. Der Mensch hört auf,
lediglich eine Zusammenfassung seiner
bedingten Reflexe zu sein. Der Weg zur
Gesamtheit führt über die Aufrichtigkeit
der eigenen Situationen, der
Selbstannahme, der Stellung und
Umsetzung der äußeren Ziele der Zikr-
Praktiken.
ZIKR „KALB“
Die Technik:

Setzen Sie sich aufrecht hin, schließen


Sie die Augen und konzentrieren Sie Ihre
Aufmerksamkeit im Sonnengeflecht.
Erzeugen Sie dort den Zustand einer
leichten Freude und des Lichts.

Während Sie einatmen, heben Sie das


Strahlen bis zu dem Bereich zwischen
Ihren Augenbrauen mit einem Gefühl der
tiefen Dankbarkeit. Beim Ausatmen
bewegen Sie das Licht mit einem Gefühl
der Liebe zum Herzen und dem Wunsch,
das Herz aufzuwecken. Machen Sie es
vorsichtig und seien Sie achtsam, als
unterhielten Sie sich mit Ihrem besten
Freund. Behandeln Sie Ihr Herz während
dieser Übung mit Gefühl, Respekt und
Liebe. Machen Sie jeden Durchgang
einzigartig. Bei jedem neuen Durchgang
wird das Gefühl noch leuchtender
werden. In jeder Bewegung steckt eine
Annäherung an das Geheimnis. Erzeugen
Sie für diese Annäherung eine innere
Begeisterung. Seien Sie äußerlich
jedoch ruhig, natürlich und entspannt.

Erzeugen Sie während der Übung einen


Reinheitszustand. Lassen Sie keine
Gedanken oder Bilder zu, die dem
Erschaffungsprozess widersprechen und
kontrollieren Sie diesen Prozess.
Behalten Sie den Sinn und das Ziel
dieser Praktik fest im Auge. Verjagen
Sie alle Erscheinungen der Schwäche.

Erzeugen Sie während dieser Übung das


Gefühl des Königs bzw. der Königin!
DISZIPLIN- DER WEG
DES GEISTES
Das erweckte Herz hat eine Fähigkeit.
Wenn die Empfindlichkeit des Herzens
erweckt wurde, wird die Seele mit Jubel
gefüllt und das Lustfeuer entzündet sich.
Die Seele will raus, sie will erschaffen,
erkennen, die ganze Welt lieben und
umfassen. Müde von dem Kerker und
der Kontrolle will die Seele raus. Zu
ihrer Natur gehört die Liebe zum Freien.
Wenn der Mensch aus einer schwülen
Stadt in einen Wald oder zu einem See
kommt, reckt er sich, wirft die Spannung
ab und atmet mit voller Brust ein. So als
würde er sich auslüften.
Alle sieben Minuten atmet der Mensch
unbewusst tief ein und aus. Die Seele
erinnert den Menschen an ihre Existenz.
Die Seele bittet um Schöpfertum und
Neuigkeit. Wenn der Mensch zu sich
selbst zurückkehrt, freut sich die Seele.
Ab und zu wird die Seele von
Emotionen berauscht. Die Rückkehr zum
eigenen Herzen berauscht einen vor
Freude. Hier entsteht die Gefahr in eine
Täuschung und in die Welt des
Selbstbetruges und der angeblichen
Großartigkeit zu verfallen. Eine Welt, in
welcher Hochmut herrscht. Dies ist
gefährlich, ja sogar äußerst gefährlich.
Man kann sich selbst vergessen und die
Entwicklungsziele durch die Wünsche
des Hochmuts ersetzen.

Ein durch die Leidenschaft geblendeter


Mensch ist krank. Sein Verstand ist
betrunken durch seine eigene
Wichtigkeit. Solche Menschen erblickt
man überall. Sie unterscheiden sich
durch gekünstelte Gläubigkeit und sind
bereit durch Gespräche über „Klarheit“
alle Andersgesinnten von Kopf bis Fuß
zu verurteilen. Mit dem eigenen
Größenwahn und der Hinwendung zum
„Höheren“ dienen sie apathisch dem
Hochmut. Sie sind übermäßig
erfolgssüchtig. Sie nehmen es allen übel,
die ihre göttliche Einzigartigkeit und
Ausnahmeposition nicht sehen. Diese
Menschen sind zu sehr auf das Wort
„Ich“ versteift. Dieses „Ich“ ist eine
Krankheit. Sie ist eine
Entwicklungskorrosion. Der Mensch
wird durch die Leidenschaft berauscht
und besessen. Ein langer Aufenthalt in
dieser Krankheit vernichtet alle
Verdienste des Menschen auf seinem
Entwicklungsweg und schmeißt ihn
zurück auf die Stufe des impulsiven
Tieres. Der Sufi schaut nicht auf
vergangene Verdienste. Sich auf diesen
auszuruhen ist ebenfalls nichts als eine
Illusion. Jeder Tag ist neu und jeden Tag
muss man sich selbst erarbeiten.
Aufgrund seiner Arbeit mit dem Herzen
kann der Sufi von dieser Leidenschaft
erfasst werden.
Das Herz ist ein heißes Organ. Sein
unkontrolliertes Feuer, seine
Leidenschaft kann brennen. Das Ziel
dieser Leidenschaft ist der Geist. Auch
die Leber ist heiß. Sie dient als Behälter
des Geistes, die Zikr-Ruch-Zone. Der
Geist äußert sich durch einen stählernen
Willen. Durch geistige Stärke wird die
Disziplin für die Leidenschaft des
Herzens erzeugt. Die Leidenschaft wird
vom Menschen gebraucht, denn ohne sie
ist der Mensch leer. Die Leidenschaft
muss sich jedoch dem Verstand beugen
und darf ihn nicht steuern. Dafür ist der
Geist verantwortlich. Er ist es, der die
Disziplin vorgibt.

Arbeit mit der Zikr-Ruch-Zone


vergrößert im Menschen seine innere
Kraft. Durch die Stärkung des Geistes
macht der Mensch den inneren Kern
fester und entwickelt den Glauben an die
eigenen Kräfte. Der Geist richtet das
leidenschaftliche Feuer des Herzen in
die nötige Richtung der Zielerreichung.
Der Mensch wird der vollständige
Eigentümer des eigenen Ichs. Er steuert
seinen Körper und nicht umgekehrt.
ZIKR „RUCH“
Die Technik:

Der innere Blick ist im Bereich des


Sonnengeflechts konzentriert. Erzeugen
Sie dort Selbstsicherheit und das innere
Licht.

Atmen Sie ein und heben Sie das Licht


bis zum Bereich zwischen Ihren
Augenbrauen. Beim Ausatmen führen Sie
das Licht durch das Sonnengeflecht hin
bis zu Ihrer Leber.
Die Wünsche des Herzen werden
greifbarer. Die Geistesstärke wird
fester. Die nächste Gefahr wartet auf den
Sufi auf dem inneren Weg. Es ist der
Ärger. Der Sufi wird klarer im Inneren,
er wird aufrichtiger. Er sieht ungerechte
Taten anderer Menschen, sowie Lügen
und Falschheit. Der Sufi wird
empfindlicher. Er findet Menschen, die
über Erbarmen und Nächstenliebe
philosophieren und gleichzeitig
ihresgleichen mit dogmatischem
Fanatismus vernichten. Dieses Verhalten
erscheint ihm hässlich. In der Phase des
Herzens ist der Sufi entblößt in seiner
Aufrichtigkeit und intolerant gegenüber
Betrug. Mit steigender innerer Stärke
kann er vergessen, dass die innere
Arbeit nicht allen bekannt ist und nicht
alle sich für diese Entwicklung
interessieren. Der Sufi wird intolerant
gegenüber Schwächen. Das innere Feuer
in ihm weckt seinen Ärger. Er fängt an zu
beschuldigen und die Wahrheit offen zu
äußern.

Das Feuer des Ärgers hat viele ruiniert.


Der Ärger des Gerechten, der Ärger der
Religion oder der nationalen Würde,
unwichtig welcher Art. Der Ärger über
Andere ist das Gesicht des Hochmuts.
Jeder, der in diesem Feuerloch gelandet
ist, denkt, dass er mit seinen
Beschuldigungen Recht hat. Dies stimmt
jedoch nicht. Der Schöpfer hat für jeden
eine eigene Entwicklung bestimmt.

«Hilf und erkläre dem Menschen, der


zuhört und versucht sich zu verändern.
Gehe weg, falls er nicht zuhören will.
Gib den Widerstand auf, denn keiner
kann sagen, dass nur er alleine Recht
hat.
Recht hatten Kernphysiker, die eine
neue Energiequelle entdeckt hatten.
Doch sind sie glücklich damit, was die
Menschen mit dieser Energie
erschaffen haben?»

Die Stärke des Ärgers wird in eine


Schwäche umgewandelt. Das Feuer des
Geistes heilt den Menschen. Der Ärger
verbrennt ihn.
ATMUNG FÜR DIE
GEISTESKRAFT
«Diese Schule baut auf der richtigen
Atmung auf.»
Bakhauddin Nakschbandi

Für die Kräftigung der Geisteskraft sind


Atemübungen zusammen mit dem
bildhaften Denken vorgesehen.

Die Technik:

Setzen Sie sich mit einem geraden


Rücken auf einen Stuhl. Die Augen sind
geschlossen, die Augenlider sind
entspannt. Die Aufmerksamkeit wird auf
den Körper in den Bereich des
Solarplexus gelenkt. Dort wird ein
Zustand der tiefen Ruhe und ein Gefühl
der Behaglichkeit erzeugt.

Stellen Sie sich eine leuchtende Energie


vor und schicken Sie diese beim
Einatmen von den Fersen hoch über die
Beine bis hin zu den Hüft- und
Beckengelenken. Beim Ausatmen
schicken Sie die Energie von den Hüft-
und Beckengelenken zurück zu den
Fersen. Stellen Sie sich vor, dass die
Verlängerung des Ausatmens über die
Fersen nach außen erfolgt.

Danach übertragen Sie Ihre


Aufmerksamkeit auf die Hüft- und
Beckengelenke. Beim Einatmen schicken
Sie die Energie von den Hüft- und
Beckengelenken zum Solarplexus.
Schließen Sie dabei den kompletten
Oberkörper ein. Beim Ausatmen
schicken Sie die Energie wieder in den
Bereich der Hüft- und Beckengelenke
zurück.

Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit in die


Mitte der Handflächen. Beim Einatmen
schicken Sie die Energie über die Hände
bis zu den Ellenbogen, beim Ausatmen
schicken Sie die Energie von den
Ellenbogen durch die Handflächen
hinaus.

Hiernach übertragen Sie die


Aufmerksamkeit in den Bereich des
Solarplexus. Beim Einatmen stellen Sie
sich vor, wie die Energie von außen
über den Solarplexus in den Körper
eindringt und nach oben in die
Drosselgrube (Fossa jugularis) gelangt.
Diese liegt zwischen den zwei
Schlüsselbeinen und wird nach unten
vom oberen Rand des Brustbeines
begrenzt. Beim Ausatmen wird die
Energie von der Drosselgrube aus über
den Solarplexus aus dem Körper
ausgeführt.

Lenken Sie nun die Aufmerksamkeit auf


die Ellbogen. Beim Einatmen schicken
Sie die Energie innerlich zu den
Schultergelenken, beim Ausatmen von
den Schultergelenken zurück zu den
Ellbogen. Richten Sie Ihre
Aufmerksamkeit auf die Drosselgrube.
Beim Einatmen führen Sie die Energie
aus der Drosselgrube nach oben durch
den Kopf bis hin zum Scheitel, beim
Ausatmen wird die Energie durch den
Kopf hindurch zu der Drosselgrube
zurückgeführt.
ZIKR „SIRR“
Der Sufi kennt die Gefahr der negativen
Emotionen. Sie fließen wie ein Gift
durch die Adern des Menschen und
vergiften sein Bewusstsein. Propheten
erzählten über die menschliche Neigung
zum Niederen. Vor allem für diejenigen,
die den Weg der Erkenntnis bestreiten.
Zum ersten Begleiter des Menschen wird
der Hochmut.

Mit dem Zikr „Sirr“ reinigt ein Sufi


seine Emotionen. Er weiß, dass gute
Laune den Geist kräftigt. Negative
Emotionen färben sein Blut gelb. Der
Zikr „Sirr“ verbessert den emotionalen
Hintergrund, sodass der Mensch ruhiger
und fröhlicher wird. Er fühlt sich
leichter und füllt sich mit positiver
Energie. Der Zikr „Sirr“ lenkt all seine
Taten, ob bewusster oder unbewusster
Natur, in Richtung der richtigen
Entwicklung, der Schöpfung und der
Kreation. Dieser Zikr reinigt den Sufi.
Der Sufi wird leidenschaftlich und zäh,
doch er wird auch rein. Er ist gereinigt
von destruktiven Emotionen.

Das, was in einem Menschen dominiert,


danach strebt auch dieser Mensch. Wenn
Hass dominiert, dann wird er nach Hass
streben. Dominiert allerdings das
Streben nach dem Schönen, wird das
Schöne dominieren. Der Weg zum
richtigen Streben führt über den Zikr
„Sirr“.

Die Technik:

Übertragen Sie Ihren inneren Blick in


den Bereich der linken Niere. Beim
Einatmen erzeugen Sie eine Ausdehnung
der linken Niere. Schicken Sie Ihre
Aufmerksamkeit beim Ausatmen in die
rechte Niere. Beim Einatmen erzeugen
Sie nun eine Ausdehnung der rechten
Niere und schicken Ihre Aufmerksamkeit
zurück in die linke Niere. Erzeugen Sie
dabei ein Gefühl der Reinheit und des
Lichts, der Freude und der Ruhe.
KONTROLLE
Der Sufi führt einen wahren, inneren
Kampf. Es ist stets schwieriger bergauf
zu laufen, als bergab zu rollen. Zu
faulenzen und Schlechtes zu tun ist
einfacher, als den Weg des Erschaffens
zu beschreiten. Das, was man jahrelang
aufgebaut hat, kann man innerhalb
einiger Stunden zerstören. Der Sufi weiß
um diese Gefahr. Er kontrolliert die
Taten, die er Tag für Tag begeht. Er
wiegt sie auf der Waage seines Wegs ab.
Hat er aufgrund seiner Taten einen
Schritt nach vorne gemacht oder ist er
auf der gestrigen Position stehen
geblieben. Oder hat er gar einen Schritt
zurück gemacht?

Es ist leicht, von seinem Ziel


abzukommen und zu Beginn kann es
erscheinen, dass daran nichts Schlechtes
ist. Allerdings erscheint einem dies nur
auf den ersten Blick. Wenn man sich
kurzfristig der Faulheit hingibt, kann man
die eigene Unachtsamkeit im Weiteren
bereuen. Besser ist etwas Zeit für die
Erkundung der Route aufzuwenden, als
blind drauf los zu fahren.

Die innere Arbeit ist schwierig. Die


Wirkung setzt nur langsam ein. Sie ist
wesentlich komplizierter als die äußere
Arbeit. Die materielle Handlung zeigt
einen sofortigen Effekt. Man kann ihn
anfassen oder ihn in den Händen halten.
Im Inneren ist alles anders. Bis zum
Zeitpunkt der Veränderung der
Wahrnehmungsqualität, bis zu der klaren
Vernehmbarkeit des Weges glaubt der
Sufi an die Möglichkeit, dass das
Eintreten der Veränderung geschehen
wird. Er richtet seine Aufmerksamkeit
nicht auf das Flüstern des zweifelnden
Verstandes. Denn der Verstand ist dumm,
da er aus einer Ansammlung von Fakten
und Erfahrungen besteht. Stattdessen
konzentriert sich der Sufi auf die eigene
Geduld und den Wunsch, das Ziel
erreichen zu können. Diese Etappe des
Weges ist schwierig. Doch Tag für Tag
wird dieser Weg leichter werden. Die
Umgebung um uns herum wird wie ein
Spiegel, der die Ergebnisse der inneren
Arbeiten in Form der Verbesserung der
Lebensqualität aufzeigt. Die inneren
Arbeiten werden Ihnen eine Antwort von
außen liefern.

Es kann passieren, dass Müdigkeit und


Frust auftreten. Dann übt der Sufi die
Praktiken aus, welche die Arbeit des
Immunsystems stärken. Es sind Übungen
des energetischen Selbstschutzes und der
Mobilisierung der inneren Reserven.
Diesen Übungen widmet sich der Sufi
den ganzen Tag, von morgens nach dem
Aufstehen, bis abends vor dem
Schlafengehen.
BEWEGUNGSBAHN
„KREUZ“
Im menschlichen Körper gibt es
Bereiche, die die Bezeichnung Latifa
(energetische Lichtpunkte) tragen und
das Zentrum für den Energiefluss im
menschlichen Körper darstellen. Es sind
die Zentren, in denen die Wahrnehmung
des Menschen weiterentwickelt wird.
Das Symbol der mystischen Traditionen
ist die Rose oder auch der Lotus, weil
sich diese Blumen unter dem Einfluss
der Sonne bzw. des Mondes öffnen.
Unter der Einwirkung der
Himmelskörper öffnen sich die
geschlossenen Knospen und verbreiten
einen märchenhaften Duft. Die Rose und
der Lotus stehen als Symbole für die
Menschen. Mit der Entfaltung seiner
Veranlagung, seiner Fähigkeiten und
seiner Talente auf die richtige Art und
Weise erlangt der Mensch einen
unverwechselbaren Duft und findet auf
diese Art sein eigenes Glück. Es gibt
eine weitere Bedeutung für den Begriff
Latifa. Über die Öffnung der feinen
Körper wird der Sufi sensibler. Er
entfaltet seine hellseherischen
Fähigkeiten und seine göttliche Intuition.

Die erste Stufe der Einwirkung auf


Latifa ist die Verstärkung des
Energieflusses im Körper und die
Mobilisierung seiner
Schutzmechanismen. Diese Einwirkung
nennt man die Übung „Kreuz“.

Die Technik:

Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit in den


Bereich der Schleuder über dem
Bauchnabel. Spreizen Sie hierfür Ihren
Zeige- und Mittelfinger in der Form
eines Victory-Zeichens. Legen Sie Ihren
Mittelfinger auf Ihren Bauchnabel. In
diesem Punkt befindet sich oberhalb des
Bauchnabels die sogenannte Schleuder.
Genauso ist es umgekehrt, legen Sie nun
Ihren Zeigefinger auf den Bauchnabel,
dorthin wo Sie Ihren Mittelfinger
hingelegt haben. Dort befindet sich die
Schleuder unterhalb des Nabels.
Nun richten Sie Ihre Aufmerksamkeit in
die Schleuder oberhalb des
Bauchnabels. Erzeugen Sie in diesem
Bereich eine Verdichtung von Licht.
Beim Einatmen schicken Sie mittels
Aufmerksamkeit das Licht in den
Bereich zwischen Ihren Augenbrauen.
Beim Ausatmen führen Sie mit Hilfe der
Aufmerksamkeit das Licht in die
Schleuder unterhalb des Bauchnabels.
Beim Einatmen schicken Sie die Energie
weiter in den Bereich der Schleuder
unterhalb der rechten Brustwarze. Das
Ausatmen erfolgt ebenfalls in diesem
Bereich. Von diesem Punkt aus schicken
Sie beim Einatmen die Energie in die
Schleuder oberhalb der rechten
Brustwarze. Atmen Sie die Energie in
diesem Bereich aus. Atmen Sie nun in
diesem Punkt wieder ein und schicken
Sie beim Ausatmen die Energie über die
Schleuder oberhalb der linken
Brustwarze und die Schleuder unterhalb
der linken Brustwarze direkt in die Tiefe
des Herzens. Diese Bewegungsbahn
kann drei, fünf oder sieben Mal
wiederholt werden.

Die Bewegungsbahn „Kreuz“ füllt den


Menschen mit Energie auf, hilft ihm, sich
zu erholen und stärkt die Immunität.
AUFMERKSAMKEIT
Aus Sicht der Sufii liegt im Herzen das
Wissen versteckt, das für die
Entwicklung des Menschen notwendig
ist.

«Höre auf Dein Herz, es betrügt nicht!»


Volksmund

In der westlichen Welt wird bei der


Entscheidungsfindung dem Intellekt
Vorzug gegeben. In der sufiitischen
Psychologie wird der Kopfbereich als
„Sultan“ bezeichnet. Die Funktion des
Bereiches „Sultan“ kann als Generalstab
betrachtet werden. Der „Sultan“
kontrolliert den gesamten Körper und
das ganze Leben des Menschen.
Psychologen wissen, dass sich das
Gehirn dem Prinzip der Dominante
unterordnet. Vereinfacht gesagt, dem
Impuls, der am meisten auf den
Menschen einwirkt. Diesem ordnet sich
der Mensch unter und die ganze
Physiologie des Menschen beginnt zu
funktionieren. Solche Impulse können
sowohl bewusst aufgedrängt werden,
zum Beispiel in Form von Werbung oder
Propaganda, sowie unbewusst, wie
durch das soziale Umfeld, das uns
umgibt. Der Körper reguliert sich selbst
wie einen Supercomputer entsprechend
dieser Impulse. Für die Sufii ist der
menschliche Körper ein Begleiter. Es
gibt einen Prozess, der all seine Arbeit
ausgehend von den wesentlichen
Dominanten aufbaut, unwichtig, ob von
außen oder innen. Sufii sagen, es ist
wünschenswert, dass der wesentliche
Befehl an den Generalstab vom
menschlichen Herzen hinausgeht. Die
sufiitische Weltanschauung verleiht dem
Herzen die Führungsrolle, der Verstand
muss sich diesem unterordnen.

Eine der ersten Aufgaben der


sufiitischen Lehre besteht darin, die
richtige Arbeit des Begleiters des
Menschen wiederherzustellen, der im
menschlichen Körper eingeschlossen ist.
Der Mensch muss sich beibringen, auf
sich selbst zu hören. Diese Fähigkeit
muss er dem „Sultan“ beibringen. Ihn
praktisch dieser Fähigkeit unterordnen.

Die Mehrheit der Menschen sind in ihrer


Denkweise Logiker. Die Logik stützt
sich auf Fakten, Analysen und bereits
vorhandene Erfahrungen. Nur nach der
Logik zu leben heißt, sich des eigenen
schöpferischen Bestandteils zu
berauben. Die Logik ist nicht in der
Lage, etwas Neues zu erschaffen. Sie ist
unfähig, dem Menschen zu helfen und
neue Entwicklungswege aufzuzeigen. Hat
der Mensch gelernt nach dem Verstand
zu leben, so nutzt er seine Denkprozesse
nur zur Hälfte. Auf diesem Weg
schränken sich die Menschen ein und
verdammen sich selbst, blind nach dem
Vorgehen „Versuch und Irrtum“ zu
handeln.

In der sufiitischen Lehre wird beim


Schüler die Fähigkeit der kreativen
Denkweise gefördert. Einer dieser
Methoden ist die Wiederherstellung der
Fähigkeit, auf die Stimme des Herzens
zu hören. Diese Methode ist genauso
trainierbar, wie sich auf den eigenen
Verstand zu verlassen. Mit der
Wiederherstellung der Verbindung
zwischen dem „Thron des Schöpfers“ im
Herzen und dem Generalstab „Sultan“
wird der Mensch fähiger. De facto
bedeutet das, je besser das Gehirn auf
das Herz eingestellt ist, desto klüger und
effektiver ist der Mensch.
Das Gebet ist ein Mittel, um mit dem
eigenen Herzen in einen Dialog zu treten.
Heutzutage verlassen sich die Menschen
auf wissenschaftliche Tatsachen. Mit
Hilfe wissenschaftlicher Methoden wird
die Wirksamkeit der Meditation und die
Verbesserung der Arbeit des Gehirns,
während der Mensch träumt, bestätigt.
Es wird die Zeit kommen, in der die
materielle Wissenschaft über die
Wirkung des Gebets berichten wird.
UNIVERSELLER WEG
ZUM ERFOLG
Mit hundertprozentiger Genauigkeit
kommt man zum Erfolg, wenn man den
Idealen folgt, die in der Seele gehütet
werden. Die Seele kennt den Weg zum
Glück und zeigt mit ihren Bestrebungen
die Richtung. Der Sinn der Arbeit mit
sich selbst, der rituellen Verehrung, der
Vermehrung des materiellen
Bestandteiles darf nicht in der
Wiederherstellung der Gesundheit, der
Suche nach Gott oder Anhäufung von
Reichtum bestehen, sondern in der
Erzeugung eines fließenden Prozesses,
dessen Ziel darin liegt, nach dem
Schönen zu streben.

Jeder Mensch befindet sich auf einer


bestimmten Stufe seiner Entwicklung.
Sein Verständnis entspricht dieser Stufe.
Solange man seine Stufe nicht erhöht,
bringt es nichts, die Möglichkeiten der
höheren Stufen zu erklären. Hat man
allerdings seine Stufe verbessert, ist
eine Erklärung nicht mehr erforderlich.
Das Verständnis kommt von alleine. Das
Tor zur nächsten Stufe ist in dem
Menschen selbst verborgen.

Sie sind erkrankt und möchten gesund


werden?
Sie sind auf eine Stufe der Krankheit
gekommen?
Erheben Sie sich eine Stufe über die
Krankheit!
Sie möchten auf Ihrem geistigen Wege
fortschreiten?
Suchen Sie nicht nach Gott und streben
Sie nicht zu Ihm.
Er ist überall und in Allem!
Warum trennen Sie sich von Ihm, in
dem Sie Ihn irgendwo suchen?
Steigen Sie auf die Stufe, auf der Sie
Ihn verstehen und Er wird sich Ihnen
öffnen!
Sie möchten Ihr eigenes Geschäft
aufbauen und das Kapital vergrößern?
Sie lesen entsprechende Bücher und
hören sich Vorlesungen an?
Es ist nutzlos!
Diejenigen lesen Bücher und hören sich
Vorlesungen an, die ein Bedürfnis nach
Lesen und Anhören haben.
Kann es tatsächlich sein, dass nur
Vorlesungen und Bücher in der Lage
sind, den Menschen zu verändern?
Nein!

Zunächst muss er die Stufe seines


Verständnisses entwickeln. Das ist der
Weg namens Makhfia, danach folgt
Dzhakhria, die Handlung.

Die Sprache der Intuition, die Stimme


des Schöpfers, seine Fürsorge sind
immer mit den Menschen verbunden.
Tagtäglich zeigt Er dem Menschen den
Weg seiner Entwicklung. Wenn der
Mensch Ihm glaubt und zuhört, wird die
Stimme kräftiger, einprägsamer und
bleibt ständig präsent. Fehlt beim
Menschen der Glaube daran, wendet Er
sich ab. Dann verstummt die Stimme.
Der Mensch hat seine Wahl getroffen,
niemand stört ihn daran, den eigenen
Weg zu gehen.

Sie sehen eine vertrocknete Pflanze, die


Wasser benötigt und verspüren den
Wunsch, diese Pflanze zu gießen? Dann
tun Sie es und gießen Sie!

Die Richtung zum Erfolg befindet sich


dort, wo es interessant ist. Da, wo ein
Interesse vorhanden ist, ist auch das
Schöpferische. Wenn das Schöpferische
da ist, dann findet sich die Energie zum
Handeln. Bei einer interessanten Arbeit
wird man niemals geistig müde. Der
Körper wird müde, aber niemals der
Geist. Ist es für die Seele interessant,
dann liegt eine Bestrebung vor. Durch
diese Bestrebung findet eine
Entwicklung der Stufen der Seele statt.
Steigt der Mensch auf die nächste Stufe,
so öffnen sich für ihn neues Verständnis
und Möglichkeiten. Dies ist der Weg
Dzhakhria.
Allerdings muss man erkennen, wo die
Bestrebungen der Seele und wo die
Bestrebungen des Egos Nafs liegen. Das
Streben nach Faulenzen, Lästern,
Zerstören – der Teufel ist zum Begleiter
des Menschen geworden. Er schenkt
dem Menschen wie eine Droge
kurzlebiges Vergnügen und zerstört damit
seine Menschlichkeit und Persönlichkeit.
Deshalb kommt zunächst der Weg
Makhfia, die Reinigung des Nafs und die
Erziehung des Menschen.

Der Mensch kann große Erfolge im


Bereich seiner Veranlagung feiern. Wenn
er sich wohl fühlt und die Tätigkeit
verrichtet, die ihm am Herzen liegt,
empfindet der Mensch die Tätigkeit, die
er ausführt, keineswegs als Belastung.
Er arbeitet nicht, er erschafft. Das
Erschaffen bringt Freude, deshalb fehlen
all die bremsenden Faktoren, die mit
einer unliebsamen Arbeit verbunden
sind. Beschäftigt sich der Mensch mit
einer Arbeit, die er liebt, steigert er so
automatisch seinen Wirkungsgrad.

Viele Menschen sind voll vom


Negativen. Sie suchen nach dem Ausweg
aus einem Problem, vergessen aber, dass
ihr Begleiter schon lange der Teufel ist,
dessen Wunsch die Zerstörung des
Menschen ist. Das Interessante dabei?
Es ist normal. Die Welt besteht aus
Gegensätzen. Der Kampf zwischen den
zwei Anfängen, der Schöpfung und der
Zerstörung, wird immer andauern. Der
Mensch kann allerdings immer wählen,
in welche Richtung er gehen will. Die
heiligen Bücher aller Traditionen
besagen, dass es dem Menschen schadet
in Schwermut zu verfallen. In der
Schwermut hilft der Mensch dem Teufel,
dessen Aufgabe zu erfüllen. Zu
zerstören. Trägt der Mensch das
Programm der Zerstörung in sich, wählt
er unbewusst die Wege, die dieses
Programm erfüllen. D.h. viele seiner
Handlungen werden bewusst oder
unbewusst auf die Vergrößerung des
Problems und des Unglücks gerichtet
werden. Auf der Ebene des
Unterbewusstseins strebt der Mensch mit
einem solchen Programm dorthin, wo
Probleme sind.

«Gleiches zieht Gleiches an.»

Deshalb empfehlen Sufii den Menschen,


die innere Reinigung vorzunehmen.
Gebete, Praktiken des Zikr, Besuche
heiliger Orte, Poesie, gute Bücher und
Filme. Das bedeutet, sich bewusst mit
dem zu versorgen, was als positiv
bezeichnet wird. Man darf dem
Negativen erst gar nicht die Möglichkeit
bieten, ins Innere zu gelangen.

Auf die Reinigung folgt die Etappe des


Erweckens. Ist der Mensch voll von
positiver Energie, verschiebt sich seine
innere Dominante in Richtung Seele.
Dadurch wird der Mensch tatkräftiger
und schöpferischer. Vielfältige Ideen
werden aus ihm wie aus einem Füllhorn
sprudeln. Diese Reinigungspraktik wird
das Denken des Menschen leichter
machen und die Praktik des Erweckens
wird die Möglichkeiten der
Verwirklichung verstärken.
BOTSCHAFT
Zunächst die Reinigung, dann das
Erwecken. Zu Beginn die Trennung, dann
die Verschmelzung. Ist das tierische Ego
in einem Leben nicht gestorben, wird
das neue Bewusstsein im anderen nicht
geboren werden können. Das Ziel der
Suchenden und der ganzen Bewegung ist
nicht die Suche nach Gott. Er ist in
Allem und Alles ist von Ihm. Das Ziel
der Reise ist nicht das Streben nach
Reinheit oder einem guten Charakter. Es
ist nicht das Wissen und die Erkenntnis.
Das Ziel liegt nicht im Streben nach der
Offenbarung der Geheimnisse. Jeder
entspricht einer menschlichen Stufe.
Erreicht der Reisende eine bestimmte
Stufe, so erscheint ihm das Wissen, das
für diese Stufe charakteristisch ist, ob er
dies mag oder nicht. Ihm wird jedoch
kein Wissen erscheinen, was dieser
Stufe nicht entspricht.

«Derwisch, der Mensch hat genauso


Stufen wie ein Baum.
Der Gärtner muss die Erde weich
halten, sie von Dornen und Müll
säubern, rechtzeitig gießen,
den Baum vor allem Schaden schützen,
sodass alle Entwicklungsstufen des
Baumes eintreten und
jede dieser Entwicklungsstufen
rechtzeitig stattfinden kann.»
Die Aufgabe des Suchenden liegt im
richtigen Verhalten, um alle
Eigenschaften des Menschen auf seinem
Weg zum Ausdruck zu bringen.
Unabhängig vom Wunsch des Reisenden
werden Reinheit, gute
Charaktereigenschaften, Verstehen der
Geheimnisse und Erscheinung des Lichts
eigenständig erscheinen – jede zu seiner
Zeit. Dies wird entsprechend seiner
Entwicklung so passieren, dass der
Reisende es niemals hören oder sehen
wird. Jeder, der dem Weg der
Entwicklung folgt, wird diese Worte
verstehen.

«Derwisch, alle Baumstufen sind


bereits in seinem Samen enthalten.
Ein geschickter Gärtner wird es
schaffen, den Samen in einen
fruchtbaren Baum zu verwandeln.
Er wird den Samen solange hegen und
pflegen, bis er sich vollständig
entfaltet.»

Genauso verhält es sich mit der


Reinheit, guten Charaktereigenschaften,
Wissen, Erkenntnis, Verstehen der
Geheimnisse und der Erscheinung des
Lichts. Sie alle sind in der Natur des
Menschen. Der Umgang mit dem
Wissenden fördert und pflegt sie, bis sie
sich vollständig entfalten können.

«Derwisch, das Wissen über Anfang


und Ende versteckt sich in Dir.
Alles, was Du suchst, suche es in Dir!
Warum sucht Du von außen?»

Das Wissen, das über die Ohren das


Herz erreicht, ist wie Wasser, das aus
einem fremden Brunnen geschöpft wurde
und in den eigenen vertrockneten
Brunnen eingegossen wurde. Dieses
Wasser wird nicht lange verweilen. Es
wird faulen und schwieriges,
unerträgliches Leid verursachen.

«Derwisch, diese Krankheit wird sich


in Hochmut verwandeln und die Liebe
zum Materiellen vergrößern.
Mache es so, dass Dein Brunnen immer
voll Wasser ist und niemals versiegt,
egal wie oft Du für Dich selbst und für
andere Wasser schöpfst.
Dass das Wasser niemals verdirbt,
sondern reiner wird und Dich und
andere von schweren Krankheiten
heilt.»

Unabhängig davon wie der Mensch ist,


in seinem Inneren befindet sich ein
Wasserbrunnen, auch wenn er versteckt
ist. Man muss den Brunnen reinigen und
das Wasser klären.

«Derwisch, nachdem Du die Bedeutung


des Wortes „Welt“ erfahren hast, wisse,
Du bist ein kleiner Mensch in einer
kleinen Welt.
Die ganze Welt ist allerdings ein großer
Mensch in einer großen Welt.
Derwisch, Du bist eine kleine Welt, die
ganze Welt ist eine große Welt.
Du bist eine Liste und ein Zeichen
beider Welten und beide Welten sind
groß.
Alles, was in der großen Welt existiert,
existiert auch in der kleinen Welt.»

«Derwisch, erkenne Dich selbst, finde


das Offensichtliche und das Geheime in
Dir,
um den Anfang und das Ende dieser
großen Welt zu erfahren und um das
Offensichtliche und das Geheime der
kleinen Welt zu finden.
Es gibt keinen anderen Weg.
Jemand, der danach strebt Dinge so zu
erfahren, wie sie sind,
soll sich selbst so erkennen, wie er ist.»

«Derwisch, du musst etwas wissen:


Wenn eine vom Körper getrennte Seele
die Perfektion gefunden hat, erreicht
sie auf dem Rückweg die Intelligenzen
und Seelen der himmlischen Welt,
weil die Perfektion der menschlichen
Seele mit den Intelligenzen und Seelen
der himmlischen Welt verbunden ist.
Alle Seelen und Intelligenzen der
himmlischen Welt besitzen Wissen und
Klarheit, erarbeiten permanent
weiteres Wissen und sammeln das
Licht.»

Die Aufgabe des Menschen besteht in


der permanenten Erarbeitung des
Wissens und der Erwerbung des Lichtes.
Durch Disziplin und Bemühungen,
Erarbeitung von Wissen und Erwerbung
des Lichtes bringt jeder fähige Mensch
seine Seele zum Zustand der Seele des
Himmels. Dann kehrt seine Seele nach
der Trennung vom Körper zurück zur
Seele des Himmels.

«Derwisch, Du musst etwas wissen:


Das innere Dasein des Lichtes und das
Licht selbst sind die Seelen der Welt.
Die Welt ist voll von diesem Licht und
dieses Licht ist grenzenlos und endlos.»

Das Leben, das Wissen, der Wille, die


Natur und die Willensstärke ist aus
diesem Licht. Auch das Sehen, das
Hören, die Rede, die Fähigkeit zu
nehmen und zu laufen ist aus diesem
Licht. Es gibt nichts anderes außer
diesem Licht. Alles ist Licht. Dieses
Licht ist in seine Erscheinungen verliebt.
Es sieht in diesen Erscheinungen seine
Schönheit und beobachtet seine Attribute
und Namen. Genau deswegen sagt man:
„Lerne zuerst Dich selbst zu erkennen,
bevor Du Deinen Gott kennenlernst.“

«Derwisch, man muss dieses Licht


erreichen, dieses Licht sehen und durch
dieses Licht auf die Welt schauen.
Derwisch, sobald der Wanderer dieses
Licht erreicht hat, werden ihm Zeichen
gegeben:
Jedes Zeichen, das auf der Tafel des
Daseins steht,
hat die Gestalt von dem, der dieses
Zeichen erstellt hat.
Wenn das ewige Meer eine neue Welle
aufwirbelt,
denkt man, dass diese Welle in
Wirklichkeit das Meer ist.»

Ein Vogel, der sauberes Wasser nicht


kennt, wird sein ganzes Leben lang
seinen Schnabel ins Salzwasser stecken.
Auch wenn man ihm sauberes Wasser
vorstellt, wird er weiterhin das Wasser
trinken, das er zuvor getrunken hat.

«Auf Deinem Kopf ist ein Korb voller


Brot,
aber Du klopfst an jeder Tür auf der
Suche nach einem Bissen.
Du bist ein Nichts, ein Depp sogar.
Gehe, klopfe an die Tür deines
Herzens!
Warum klopfst Du denn an jeder Tür?»
ZIKR „KAMON“
Bei jedem Menschen schaltet sich ein
gewisser Mechanismus ein, wenn eine
Entscheidung mit Hilfe der Erleuchtung
getroffen wird. Der Mensch hat sich
daran gewöhnt, sich mehr auf die Logik
zu verlassen, weil die dafür
verantwortlichen Impulse stärker und
„materieller“ für den Menschen sind.
Das, was trainiert wird, entwickelt sich
auch am besten. Deshalb will der
Mensch eher daran glauben. Die Stimme
des Herzens entwickelt der Mensch nicht
weiter. Nirgends kann er dieses erlernen
und deshalb erscheint ihm die Fähigkeit,
sie nutzen zu können, auch so
ungewöhnlich.

Mit dem Training des Zikr „Kamon“


verbessert sich die informative
Verbindung zwischen dem Herzen und
dem Verstand. Die Sensibilität für die
Wahrnehmung der Stimme der Intuition
und der Vorhersage steigt auf diese
Weise.

Die Technik:

Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in den


Bereich des Solarplexus. Sammeln Sie
Ihre Energie in einem leuchtenden
Bündel und schicken Sie es beim
Einatmen in den Bereich zwischen Ihren
Augenbrauen. Beim Ausatmen schicken
Sie dieses Lichtbündel zurück in den
Bereich des Solarplexus. Wiederholen
Sie diesen Vorgang elf Mal. Danach
öffnen Sie die rechte Handfläche. Fühlen
Sie das Pulsieren in der Mitte der
Handfläche. Erzeugen Sie dort ein
Lichtbündel. Beim Einatmen schicken
Sie es durch die rechte Hand in die
Drosselgrube. Atmen Sie in dieser aus.
Danach atmen Sie in die Drosselgrube
wieder ein und schicken beim Ausatmen
das Lichtbündel durch die linke Hand in
die Mitte der linken Handfläche. Beim
Einatmen schicken Sie das Lichtbündel
auf demselben Weg in die Drosselgrube
zurück. Atmen Sie in die Drosselgrube
erneut aus. Danach atmen Sie in die
Drosselgrube ein und schicken beim
Ausatmen das Lichtbündel in die Mitte
der rechten Handfläche. Wiederholen
Sie diese Übung 33 Mal.
Dieser Zikr verbessert die Durchblutung
im Bereich des Gehirns und erhöht Ihre
Sensibilität.
ZIKR „SULTAN“
Nach dieser Arbeit wird der Zikr
„Sultan“ ausgeführt. Die stärkste Waffe
des Sufi ist seine Aufmerksamkeit. Das
Training des Zikr „Sultan“ verbessert
die Konzentration der Aufmerksamkeit.
Manche behaupten, dass sich ein Genie
von einem gewöhnlichen Menschen nur
durch seine Fähigkeit unterscheidet, die
Aufmerksamkeit auf einen Gedanken
eine Minute lang halten zu können. In
diesem Fall trainiert der Zikr „Sultan“
die Genialität im Menschen.

Sufii bezeichnen den Bereich des


Gehirns als „Sultan-Sonne“. Je
strahlender die innere „Sonne“ des
Menschen leuchtet, desto aktiver ist
dieser Mensch. Die Strahlkraft der
„Sonne“ lässt mit dem Alter jedoch
nach. Dies führt zu einer schlechteren
Funktion der inneren Kontrolle des
Organismus. Die Kommunikationsstärke
des Menschen mit der Umwelt lässt
nach.

Die Technik:

Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit in den


Bereich der Schleuder unterhalb der
Drosselgrube. Erzeugen Sie ein Leuchten
in diesem Punkt. Beim Einatmen
schicken Sie das Licht in den Bereich
zwischen Ihren Augenbrauen. Beim
Ausatmen schicken Sie es wieder in den
Bereich der Schleuder unter der
Drosselgrube zurück.
VIER ELEMENTE
In der sufiitischen Philosophie besteht
der menschliche Körper aus vier
Elementen, deren Gleichgewicht die
Balance des Organismus gewährleistet.
Diese Elemente sind Feuer, Erde,
Wasser und Luft. Sind sie im
Gleichgewicht, fühlt sich der Mensch
nicht nur körperlich gut, sondern
entwickelt sich auch auf die richtige Art
und Weise.

Die Erde: Der Körper – Knochen,


Muskeln, alle festen Strukturen – sind
Teil der Erde. Ein kräftiger Körper stellt
einen guten Boden für die weitere
Entwicklung des Menschen dar. Die
eigene „Erde“ muss gepflegt werden,
andernfalls beginnt Unkraut zu wachsen.
Der Mensch beklagt sich über seine
Faulheit und behauptet sogar, sie sei vor
ihm auf die Welt gekommen. Doch wo
liegt die Heimat dieser Faulheit? Nach
einer guten Mahlzeit möchte der Mensch
sich erholen. Seine „Erde“ zieht ihn zur
Erde. Das Blut fließt vom Gehirn zur
Aufwärmung in Magen und Darm, in
denen die Verdauung der Mahlzeit
stattfindet. Je länger der Mensch lebt und
je größer der Umfang seiner Taille wird,
umso mehr Blut wird benötigt, um ihn zu
erwärmen. Der Körper beinhaltet eine
bestimmte Menge Blut, die jedoch nicht
nur den Darm erwärmen muss. Der
Mensch isst zum Vergnügen und wächst
mit seinem Darm. Das Blut sammelt sich
in diesem an und staut sich. Der
Verdauungsprozess läuft rund um die
Uhr, doch der Mensch wundert sich,
weshalb seine Aktivität verloren geht
und er ständig liegen und faulenzen
möchte. Das Gehirn hilft dem Menschen
in dem Zustand der „gesättigten
Riesenschlange“ das Essen zu verdauen,
in dem eine große Menge Energie in den
Bereich des Magen und des Darms
konzentriert wird. Für eine bessere
Verdauung benötigt der Mensch einen
Ruhezustand. Allerdings empfindet er
diesen Zustand als Faulheit. Doch er ist
nicht faul, er ist nur übermäßig beleibt.
Der Mensch strebt immer nach
Vergnügen. Er definiert sich über das
Vergnügen. Das erste Vergnügen des
Neugeborenen ist an der Brust der
Mutter zu saugen und sein Geschäft zu
verrichten. Der Körper des Menschen
wird zwar erwachsen, doch seine
Ästhetik bleibt dieselbe. Er strebt
danach, die Welt über dieselben Organe
kennen zu lernen wie im Kindesalter.

In der Armee wird der Gürtel auf den


Kopfumfang gekürzt. Es ist unbekannt,
woher die Armee dieses Wissen besitzt,
doch eine schmale Taille stärkt den
Kampfgeist. Auf altertümlichen Fresken
werden Krieger mit einer Wespentaille
dargestellt. Der Bereich Nafs muss
diszipliniert werden, der Mensch muss
stets eine schmale Taille besitzen. Dann
wird sich die Faulheit ebenfalls
reduzieren. Der eigene Erdboden muss
gepflegt werden. Das Unkraut muss
entfernt werden. Dies erfolgt mit Hilfe
von körperlichen Übungen wie Diäten
und Fasten. Pflegt der Herr seinen
Erdboden, dann wird er ihm eine gute
Ernte einbringen – Aktivität,
Langlebigkeit und Kraft.

Das Feuer: Das Feuer verkörpert die


Gefühle des Menschen. Die Basis des
Feuers, sein Holz, ist der hormonelle
Hintergrund des Menschen. „Oh, er ist
so feurig!“, wird manchmal über einen
Menschen gesagt. In den Sümpfen und in
der Tundra wachsen krumme und
schwache Bäume. Es liegt an einem zu
feuchten Boden und den giftigen
Ausdünstungen. Zu wenig Sonne in der
Tundra, ein langes Wurzelsystem, aber
ein kurzer Baumstamm. Die
farbenfrohsten und aromatischsten
Gewächse wachsen in den südlichsten
Breitengraden. Dort, wo viel Sonne ist.
Die Gefühle der Südländer sind feurig.
Manchmal sogar zu feurig, auch wenn
nicht von langer Dauer.

Hat der Mensch zu wenig Feuer, dann ist


er schnell gelangweilt. Die
Zielstrebigkeit fehlt. Sein Charakter ist
eher schwach als aktiv und er ist
schöpferisch schwächer. Ein zu starkes
Feuer kann die Reinheit des Gesichts
beeinträchtigen. Menschen mit einer
starken inneren Flamme sind impulsiv.
Allerdings sind sie nur für einen kurzen
Zeitraum körperlich aktiv, weil sie von
der starken Flamme schnell ermüden.
Ein zu starkes Feuer trocknet den
Menschen von innen heraus aus und
macht ihn emotional instabil. Das Feuer
muss wie am heimischen Herd brennen,
gleichmäßig, ruhig und warm, jedoch
niemals zu heiß.

Das Wasser: Das Wasser ist das


Bewusstsein. Das Bewusstsein ist
fließend. Heute denkt der Mensch so,
morgen schon anders. Dann unter dem
Einfluss unterschiedlicher Faktoren kehrt
sich die Meinung ins Gegensätzliche um.
Faszinierend ist, dass sich der Mensch
in jeder Konstellation seiner Meinung
sicher ist. Das Wasser sammelt
Information und speichert sie. Das
Bewusstsein ist wie eine Datei, es lebt
von der Erinnerung und der Erfahrung.
Manchmal wird das Bewusstsein
erneuert. Mit der Zeit Schritt zu halten
bedeutet ständig Neues zu erfahren. Der
Mensch lebt nach seinem Bewusstsein.
Auf seine Reinheit muss er achten. Das
Blut überträgt Emotionen und versorgt
das Gehirn, in dem das Bewusstsein
lebt. Um das Wasser zu Hause sauber zu
halten, installieren die Menschen auf
Wasserhähnen oftmals einen Filter.
Umso mehr bedarf es eines solchen
Filters für die Reinheit des
Bewusstseins.

Die Luft: Die Luft ist ephemerisch. Sie


ist unsichtbar. Als Luft bezeichnen Sufii
den Intellekt des Menschen. Der Intellekt
ist körperlich nicht greifbar. Man kann
nur die Spuren seiner Ausprägung
beobachten. Der Intellekt hängt von der
richtigen Arbeit der drei anderen
Elemente ab. Allerdings ist deren
Zustand von dem Vorliegen der
erforderlichen Proportion Luft abhängig.

Das Gleichgewicht dieser Elemente


erzeugt eine korrekte Wahrnehmung der
inneren und äußeren Signale. Die
Oberfläche der Entwicklung der Seele
ist ebenso mit deren Gleichgewicht
verbunden. Wird diese Balance
unterbrochen, verzerrt sich die
Wahrnehmung. Signale werden falsch
aufgefasst und es kommt zu falschen
Handlungen. Dennoch wird ein Mensch
mit einer gestörten Balance der
Elemente versichern, dass er alles
korrekt versteht. Der Test seines
Verständnisses ist sein Spiegelbild –
seine Umgebung. Um die Balance der
Elemente wiederherzustellen und zu
sichern, führen Sufii die Übung „Sack
des Sufi“ aus. Mit Hilfe dieser Übung
werden die energetischen Verbindungen
zwischen den Organen und den
Körperbereichen wiederhergestellt, in
denen die Energie akkumuliert wird, die
für das Leben unabdingbar ist.
„SACK DES SUFI“
Die Übung „Sack des Sufi“ stimmt die
Körperbereiche in den Rhythmus eines
gut aufeinander eingespielten Orchesters
ein. Der Egoismus kennzeichnet nicht nur
den menschlichen Charakter. Jedes
Organ im Körper ist auf seine eigene Art
und Weise egoistisch und versucht, so
viel gute Nahrung auf sich zu
konzentrieren wie nur möglich. Der
Egoismus basiert auf dem Gefühl der
Selbsterhaltung.

Den optimalen Zeitpunkt für die


Ausführung der Übung „Sack des Sufi“
haben die Meister in der Zeit von
Donnerstag auf Freitag um zwei Uhr
nachts bestimmt. Beginnend um zwei Uhr
nachts wird diese Übung 500 Mal
wiederholt. Es gibt mehrere Varianten
dieser Übung. Im Folgenden wird Ihnen
eine von diesen vorgestellt. Da sich
dieses Buch mit dem Thema der inneren
Reinigung beschäftigt, wird hier die
Übung des inneren Kreises mit Hilfe der
Atmung beschrieben.

Die Technik:

Nehmen Sie eine sitzende Körperhaltung


mit einem gestreckten Rücken ein.
Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit in den
Bereich des Solarplexus und erzeugen
Sie dort ein angenehmes Gefühl der
Ruhe und einer leichten Freude. Beim
Einatmen übertragen Sie Ihren inneren
Blick zwischen Ihre Augenbrauen.
Atmen Sie aus und kehren Sie Ihre
Aufmerksamkeit in den Solarplexus
zurück. Atmen Sie wieder ein und lenken
Sie die Aufmerksamkeit in den Bereich
des Herzens. Atmen Sie nun in diesem
Bereich aus. Atmen Sie danach in das
Herz ein und wieder aus. Beim
Ausatmen übertragen Sie die
Aufmerksamkeit in den Bereich der
linken Niere. Nun atmen Sie in die linke
Niere ein und beim Ausatmen übertragen
Sie die Aufmerksamkeit weiter in die
rechte Niere. Beim Einatmen übertragen
Sie die Aufmerksamkeit aus der rechten
Niere in den Bereich der Leber. Atmen
Sie in die Leber aus. Beim Einatmen
schicken Sie die Aufmerksamkeit in den
Bereich des Solarplexus und atmen in
diesem Bereich wieder aus.

Somit schließen Sie den Kreis und


wiederholen diese Übung. Führen Sie
diese Wiederholungen so lange aus, wie
es für Sie leicht und angenehm ist.
Allerdings bitten wir Sie dem Einfluss
von Nafs nicht nachzugeben. Dieses
Wesen ist so listig, dass man die
Müdigkeit bereits nach der Ausführung
des ersten Kreises verspüren kann.
VIELFÄLTIGKEIT
Die Breite der Wahrnehmung eines
Schülers der Sufi spielt eine äußerst
wichtige Rolle. Der Schüler muss die
Zersplitterung der Aufmerksamkeit
loswerden, welche viele Menschen
innehaben. Er muss lernen, die
Information im Ganzen zu erfassen. Die
Meister lehren die Schüler, wie man
dies erreicht. Sufiitisches Kreisen,
Studium der Poesie und Eigendichtung,
Musik und Musizieren, Erlernen von
Fremdsprachen, Malen oder Zeichnen,
sportliche Übungen, die auf eine
bestimmte Art und Weise aufgebaut sind
und sufiitische Praktiken. Das alles
trainiert unterschiedliche Aktivitätsmodi
des Gehirns und fördert den
Denkapparat des Menschen.

Die Welt ist vielfältig. Viele


Zusammenhänge sind für den Menschen
in seinem alltäglichen
Wahrnehmungszustand nicht zugänglich.
Die sufiitische Lehre beginnt mit der
Entwicklung der Sensibilität des
Schülers für bestimmte Zustände.
Danach werden viele Zustände für den
Schüler offensichtlich, die für ihn vor
seiner Lehre nicht zugänglich waren.

Sufii sagen, dass die Menschen die


Qualität nur durch die Erfahrung der
eigenen Erlebnisse erlangen können.
Man kann dem Menschen viele
unterschiedliche Praktiken beibringen,
allerdings wird nur die Realität zeigen
können, wie gut der Mensch sich diese
angeeignet hat. Der Spiegel des
Menschen, seiner Taten und seiner
Fertigkeiten, ist seine Umgebung.
Reaktionen der Menschen, sozialer
Status, auf jedem Weg gibt es
offensichtliche Kriterien, die den
anderen und vor allem dem Mensch
selbst zeigen können, was er darstellt.
Dieser Spiegel ist in der Lage, die alten
Illusionen zu zerstören.

Sufii schätzen besonders die Klarheit,


vor allem die, die sich auf die
Selbstentwicklung bezieht. Der Weg
kann für jeden ein besonderer sein.
Einer, der sich vom Weg anderer
Menschen komplett unterscheidet. Doch
jeder Weg hat eine objektive Wertung.
Die Ehrlichkeit zu sich selbst wird dem
Menschen die objektive Wertung
darüber zeigen, wie weit sein Fortschritt
war. Die Klarheit wird nicht zulassen,
dass der Mensch sich mit der
Rechtfertigung oder Selbstkasteiung
beschäftigt, wozu Menschen oftmals
neigen.
SENSIBILITÄT
Durch die Ausübung der „inneren
Verschmelzung“ erzeugt der Sufi die
Empfänglichkeit der feinen Pläne des
Universums. Aufgrund der Offenheit
seines Wissens sind seine Taten
produktiv. Ein volleres Muster des
Ursachen-Wirkungs-Prinzips wird ihm
zugänglich. Aus diesem Grund begeht
der Sufi weniger Fehler und hat einen
schnelleren Realisierungsweg.

Durch das Training der Stärkung der


Konzentration entwickelt der Sufi seine
Fähigkeit, die zukünftigen Ereignisse
beeinflussen zu können, indem die
notwendigen Ereignisse angezogen
werden. Im Grunde ist die Welt reine
Energie. Eine starke Aufmerksamkeit ist
in der Lage, die Realität zu steuern.
Tausende feiner Pläne durchdringen die
sichtbare Welt. Durch die Berührung
unsichtbarer Saiten ist der Mensch in der
Lage, seine Zukunft zu steuern, zu planen
und zu konstruieren. Als vollkommene
Kreation des Schöpfers verschließt er
aufgrund seiner Unsicherheit und seiner
Anhänglichkeit an die materielle Welt
den Zugang zu seinen versteckten
Möglichkeiten. Er vegetiert dahin und
hat Angst davor, in sein Innerstes zu
schauen. Er will sich nicht selbst
entgegenkommen. Glaubt nicht an seine
eigenen Kräfte. Aus irgendeinem Grund
entscheidet sich der Mensch für die
eigene Unsicherheit.

Sufii erweitern die Aufnahmegrenzen


der Welt. Über das Unterbewusstsein
wird die Bindung zum Unsichtbaren
gestärkt. Sufii sagen:

«Drei Mal am Tag geht der Mensch an


der Möglichkeit vorbei, sein Leben zum
Guten zu ändern.
Drei Mal am Tag lässt er sich die
Möglichkeit einer besseren Zukunft
entgehen, weil ihm seine eigene
Gefühlswelt unbekannt ist.»

Der Sufi erforscht das „ABC“ der


Gefühle genauso wie ein Schüler das
Alphabet. Er ergründet ihre Signale. Er
wendet die Gefühle auf die praktischen
Fragen des Lebens an. Er nutzt deren
Information. Er verfolgt, wann sie richtig
und wann sie falsch informieren. Er
gestaltet eine eigene Verständniskarte
der Auffassung dieser Welt. Dank dieser
Information erweitert er sein Wissen. Er
spürt die Signale, die für weniger
sensible Menschen unzugänglich sind.

Viele Sufii werden im Volk als Heilige


verehrt. Viele Entdeckungen heutiger
Wissenschaftler haben die Sufii bereits
vor Jahrhunderten basierend auf einer
gut entwickelten Wahrnehmung
antizipiert. Die Sufii ergründen die Welt,
in dem sie sich selbst ergründen und
sind auf diesem Weg sehr weit
gekommen.
WEGWEISER KHYSR
Khysr wird von den Sufii „unsichtbarer
Führer“ genannt. Er kommt aus einer
anderen Welt und ist für die Sufii ein
allwissender Lehrer. In schimmernden
grünen Kleidern wandert er ewig auf
dieser und auch auf anderen Welten.
Khysr, der ewig lebt, zeigt sich einem
Sufi zu dem Zeitpunkt, zu dem er
gebraucht wird. Wenn er erscheint, gibt
Khysr dem Sufi das Gefühl einer Welle,
die ihm ermöglicht höhere
Wahrnehmungsstufen zu erreichen.

Kaum jemand weiß, dass Khysr zu


Moses geschickt wurde, um zu zeigen,
dass nicht alles Sichtbare offensichtlich
ist und die Offensichtlichkeit anders sein
kann, als sie erscheint. Khysr hat Moses
gelehrt, den versteckten Sinn der Taten
zu sehen. Khysr ist in der westlichen
Welt auch als Heiliger Georg bekannt.

«Moses traf beim Überqueren der Wüste


einen Menschen, den er als den Meister
Khysr erkannt hatte. Dieser schenkte ihm
die Offenbarung. Moses bat Khysr
darum, dass dieser ihn auf seiner Reise
begleiten möge.

„Gut“, sprach Khysr „Aber nur unter


einer Bedingung. Du verzichtest auf
oberflächliche Beurteilung meiner Taten
und stellst keine Fragen!“
Nach der Zustimmung dieser
Bedingungen setzte Moses die Reise
unter der Leitung von Khysr fort. Nach
einiger Entfernung erreichten sie einen
breiten Fluss, der für die beiden nur mit
einem Boot überquerbar war. Das Boot,
das sie gefunden hatten, gehörte einem
alten Fährmann und stellte dessen
einzige Existenzform dar. Khysr einigte
sich mit dem Alten auf eine Bootsmiete
und versprach, das Boot am
gegenüberliegenden Ufer des Flusses zu
befestigen. Doch nachdem Khysr mit
Moses das Gegenufer erreicht hatte,
durchlöcherte er den Boden des Bootes
vor den Augen des Fährmanns und lies
das Boot sinken. Daraufhin verfluchte
der Fährmann die zwei Wanderer.

Moses hatte eine empfindliche


Wahrnehmung, welche die meisten
Menschen nicht hatten. Mithilfe dieser
Wahrnehmung hatte er in Khysr das
heilige Wesen erkannt. Er verstand
jedoch nicht, wie ein geistiges Wesen,
ein Lehrer, das Gute mit dem Bösen
bezahlen konnte.

„Warum hast du das Boot zerstört?“,


fragte er Khysr.

„Wir haben ein Abkommen geschlossen.


Ich habe Dir eine Anweisung gegeben
und du musst diese Bedingungen
einhalten!“, antwortete das heilige
Wesen.

So liefen sie wortlos weiter, bis sie


schließlich ein Dorf erreichten. In
diesem Dorf baten sie die Einheimischen
um etwas Wasser. Doch die
Einheimischen empfingen sie feindlich
und fingen an zu schreien.

„Wir mögen keine Fremden, geht weg!“

Khysr und Moses liefen los, um das


ihnen gegenüber misstrauische Dorf so
schnell wie möglich zu verlassen. Am
Rande des Dorfes blieb Khysr jedoch an
einem Lehmbau mit gebrochener Wand
stehen. Er bat Moses um Hilfe, sammelte
die zerbrochenen Lehmstücke auf und
reparierte die Wand. Nach diesem
seltsamen Ereignis setzten sie ihren
Marsch fort.

Moses lief in Ratlosigkeit weiter. Khysr


hatte mit Bösem auf Gutes geantwortet
als er das Boot des Alten versenkte. Auf
die Derbheit der Dorfbewohner hatte er
jedoch mit Gutem geantwortet und deren
beschädigte Wand repariert.

„Ein großes Geheimnis“, wandte sich


Moses an Khysr „Ich weiß, dass man gut
zu seinen eigenen Feinden sein soll.
Doch wäre es nicht genug gewesen,
wenn wir einfach Abstand zu ihnen
gehalten und sie nicht beschuldigt
hätten? Mussten wir ihnen, die es nicht
verdient haben, helfen?“

Khysr erinnerte Moses wieder an ihr


gemeinsames Abkommen und so gingen
sie wortlos weiter. Irgendwann
erreichten sie ein zweites Dorf. Am
Rande des Dorfes sahen sie Kinder, die
auf Wiesen spielten. Khysr ging auf
eines dieser Kinder zu, umklammerte es
mit einem festen Griff am Hals und
drückte zu bis das Kind erstickte. Moses
stieß einen Schrei voll Missverständnis
und Grauen aus.

„Khysr!“, schrie er „Ich weiß, es


existiert ein großes Muster. Das Böse
findet statt, damit das Gute passieren
kann. Doch deine Taten gehen über
meinen Verstand hinaus! Die Philosophie
zu hören ist etwas anderes, als das
Ereignis mitzuerleben! Entweder bist du
verrückt oder du verfolgst eine böse
Absicht. Falls du mir nicht erklärst,
weshalb du das getan hast, verlasse ich
dich und werde künftig andere Menschen
vor Treffen mit dir warnen, damit sie
nicht denselben Fehler machen wie ich
ihn tat!“

„Lass es geschehen!“, antwortete Khysr


„Ich erkläre dir den Sinn meiner Taten.
Doch danach verlässt du mich. Deine
Emotionen zeigen, dass du nicht bereit
bist, an den Erfahrungen der versteckten
Bewahrer dieser Welt teilzunehmen.“
„Ich verlasse dich mit Vergnügen“,
entgegnete Moses Khysr „Meine
Erziehung gestattet es mir nicht, an der
Seite eines Bösewichts, ja eines
Mörders zu bleiben. Ich bereue den
Augenblick, an dem ich dich erkannt und
gerufen habe. Ich danke nur dem
Schöpfer für den harten Unterricht. Ich
habe nur an das geglaubt, wovon ich
gehört und nicht gewusst habe.
Deswegen habe ich meinen Weg gegen
eine Wanderung getauscht, die, wie ich
dachte, voller Wunder sein würde.“

Darauf antwortete das heilige Wesen mit


folgenden Worten: „Du bist ein guter und
aufrichtiger Mensch, Moses. Du musst
wissen, dass alles einen sichtbaren und
auch einen unsichtbaren Sinn hat. Alle
Teile der großen Absicht sind verbunden
und stehen in einem Zusammenhang. Ich
gehe nach einem Plan vor, den du nicht
sehen kannst. Auch mein Verstand
spiegelt nur einen Teil dieses Plans
wieder. Den gesamten Plan kennt nur der
Schöpfer. So viel wie Deine Kenntnis
größer ist als die eines absolut
Unwissenden, genauso viel größer ist
meine Kenntnis im Vergleich zu deiner.
Sie steuert meine Taten und lässt mich
etwas tun und etwas anderes nicht.
Tatsächlich findest Du meine Taten
sinnlos, genauso wie die Unwissenden
deine Taten nicht verstehen. Doch ich
weiß, dass ein Despot befohlen hat, alle
Boote für den Transport seiner Armee
wegzunehmen. Wenn das Boot, das ich
zerstört habe, unbeschädigt geblieben
wäre, hätten die Königsdiener es
weggenommen und nie dem Alten
zurückgegeben. Er wäre dann vor
Hunger gestorben, weil er keine Kräfte
gehabt hätte, um Geld für ein neues Boot
zu verdienen. Jetzt sehen die
Königsdiener, dass das Boot
funktionsunfähig ist und lassen es dort
liegen. In Kürze wird das Boot jedoch
von einem Tischler repariert werden und
es wird dem Alten noch lange Zeit
dienen. Im Dorf hast du gesehen, dass
die Menschen dort lasterhaft und geizig
sind. In der Hauswand ist jedoch ein
Topf mit Gold versteckt, das der
verstorbene Vater seinen Kindern
hinterlassen hat. Die Wand begann zu
zerfallen, doch die Kinder sind noch zu
klein. Noch sind sie nicht in der Lage,
die Wand selbst zu reparieren. Das Gold
hätte man ihnen weggenommen und sie
wären ohne ein einziges Erbe geblieben.
Wir haben die Wand repariert. Sie wird
solange stehen bleiben, bis die Kinder
aufgewachsen sind und sich um sich
selbst kümmern können. Der Junge im
zweiten Dorf ist gestorben und für alle,
die ihn kannten, war es lediglich ein
Zufall. Doch der Jungen durfte nicht am
Leben bleiben, da es vom Schicksal so
bestimmt war. Er wäre zu einem
grausamen Bösewicht herangewachsen.
In seinem Auftrag wären
Hunderttausende umgebracht worden
und das ganze blühende Land wäre auf
sein Befehl hin vernichtet worden.“

Nachdem Moses die Vision von Khysr


miterlebt und verstanden hatte, wusste
er, dass es tatsächlich so geschehen
wäre.

Er fiel auf die Knie und schrie:


„Heiliges Wesen, vergib mir mein
Misstrauen und lass mich an deiner Seite
bleiben! Ich will für meine Unkenntnis
und Dummheit Buße tun!“

Khysr lehnte den Vorschlag aber ab und


sagte: „Jede Wahrnehmung hat ihre Zeit,
Moses.“
Und so blieb Moses sein eigener
wichtiger Teil des großen Musters als
Khysr ihn verließ.»

Der menschliche Verstand will sich


immer ans Klare und Begreifbare
anlehnen, es anfassen und kosten. Zur
Erreichung der grundsätzlich neuen
Möglichkeiten reichen Ideen und Logik
jedoch nicht aus. Neues kommt durch
das Schaffen und die Erleuchtung.

Khysr, der Wegweiser der Sufii,


verkörpert versteckte Fähigkeiten des
Verstandes, die auf ihr Erwecken zum
Dienst des Herren, also des Menschen,
warten. Die Möglichkeiten ihres
Erweckens sind mit speziellem
Verhalten und Situationen verbunden, die
für einfache logische Wahrnehmung
unzugänglich sind. Das ist die
sogenannte Erleuchtungstheorie. Moses
besitzt einen feinen und klaren,
menschlichen Verstand,
Führungsfähigkeiten und praktisches
Lebenswissen. Doch auch er ist durch
seine ausgeprägten Erfahrungen und
durch die Gewohnheiten des normalen
Denkens eingeschränkt. Durch die
Erfahrung mit dem Intuitionswissen, dem
heiligen Wesen, hat Moses die
Eingeschränktheit seiner Wahrnehmung
kennengelernt und sich nach dieser
Erkenntnis der weiteren Entwicklung der
Fähigkeiten seines Herzen gewidmet.
INSPIRATION
Der intensive Denkprozess verlangsamt
den Blutfluss im Gehirn. Dies ist für das
Denken jedoch ungünstig. Träumt der
Mensch und schwebt auf den Flügeln der
Inspiration, wird die Arbeitsfähigkeit
des Gehirns verbessert.

Die Sufii drehen sich im Zikr und


befreien sich auf diese Weise von der
einschränkenden Denkweise. Im Tanz
öffnet der Sufi seinen Verbindungskanal,
der sein Bewusstsein mit dem
Unerkennbaren verbindet und an die für
ihn erforderlichen Informationen
herankommt. Die Seele des Sufi erreicht
im Zikr höhere Welten der feinen
göttlichen Pläne. Von dieser Höhe sieht
er den Anfang und das Ende des Weges
in diesem Leben und trifft ausgehend aus
der Gesamtentwicklung die richtigen
Entscheidungen zugunsten seiner
Wanderung in dieser Welt. Das Gehirn
des Sufi und sein Körper arbeiten wie
ein Empfänger für die Wellen der
Informationen aus dem Universum.
Aufgrund der Erhöhung der Vibration
des Empfängers werden für den Sufi
größere Informationsmengen zugänglich.

In jedem Punkt dieser sichtbaren Welt


befindet sich der Sufi in einem Zustand
des Lernens, in einer Schule. Die ganze
Welt wird mit Informationsströmen
durchflutet. Die Wellen, die der Mensch
in seinem Leben empfängt, die
verwirklicht er auch in seinem Leben.
Jeder verfügt über seine individuellen
Einstellungen und die Welt gibt sie wie
ein Spiegel wieder. Manchmal spricht
der Mensch über das „Gute und Reine“,
verbreitet aber mit seinen Taten
dreckigen Schmutz und Streitigkeiten. Es
sind gerade die Taten, die das wahre
Wesen des Menschen und seine
Einstellungen zum Vorschein bringen.
Wir leben zwar in einer gemeinsamen
Welt, doch jeder Mensch kreiert für sich
selbst seine individuelle Realität. Jeder
seinem eigenen Glauben entsprechend.

Der Sufi dreht sich im Zikr und strebt


zum Licht. Mit jeder Umdrehung erhöht
er seine innere Vibration mit dem
Wunsch dem Licht innerlich zu
entsprechen. Dort, wo das Licht
herrscht, ist kein Platz für die
Dunkelheit. Mit jeder Umdrehung um die
Achse der Herzmeridiane öffnet sich der
Sufi weiter für das Universum. In der
Umdrehung verschwindet sein Verstand
und er taucht in das große Geheimnis des
Lebens ein. In der Drehung erhebt sich
der Sufi Stufe um Stufe. Auf jeder Stufe
erschließt er neues Wissen seiner
Möglichkeiten. In der Drehung erkennt er
sich selbst und die Welt. Die Umdrehung
ist der Durchbruch zu einer neuen Stufe
der Seele, zu neuen Möglichkeiten und
zu neuen Zuständen. Die Drehung ist der
Flug in den Mittelpunkt der Welt, zu der
Quelle des Wissens. Jeder neuer Tanz
des Sufi ist eine Reise in die Tiefe des
Geheimnisses des Lebens. Nach der
Rückkehr von solch einer Reise wird
der Sufi zu einem Menschen, der über
mehr Wissen verfügt als zuvor. Der Tanz
des Sufi ist eine Lernmethode in der
Schule des Schöpfers.

Im Zikr erweckt der Sufi sein Herz und


seine Leidenschaftlichkeit. Ohne
Leidenschaft, einer starken Verliebtheit,
ist eine Zielerreichung unmöglich. Die
Leidenschaft kann tief im Inneren
versteckt und äußerlich doch unsichtbar
sein. Sie ist kein Sturm, der die
Oberfläche aufwühlt, sondern ein tiefer
Ozean, der über keinen Boden verfügt.
Ohne innere Leidenschaft und ohne einen
starken Wunsch kann der Brief des
Körpers nicht geöffnet werden. Somit
bleiben Wundertaten unerreichbar. Nur
leidenschaftlich Verliebte sind im
Namen der Liebe zu Heldentaten fähig.

Ein Mensch ohne Wünsche ist leer. Er


strebt nach nichts. Ihn interessieren nur
wenige Dinge. Dieser Mensch ist matt.
Auch, wenn er Ziele hat, reicht sein
inneres Feuer nicht aus, diese zu
realisieren. So wie in der materiellen
Welt, so ist es auch in der geistigen Welt.
Aus einem leeren Gefäß kann man seinen
Durst nicht löschen. Das Gehirn des
Menschen arbeitet nach dem Prinzip der
Dominanten. So ist es gebaut. Ein
starkes Streben wird das Gehirn
zwingen, nach einer Lösung zu suchen.
Das Gehirn seinerseits wird einen
Befehl an all seine Strukturen geben, die
Suche zu starten. Schließlich wird es
eine Lösung finden. Doch am Anfang
steht die Leidenschaft, ein starker
Wunsch, etwas zu erreichen.

Ein Mensch ohne Leidenschaft ist tot. Er


läuft, denkt, isst und dennoch ist er tot.
Die Arbeit des Gehirns wird mit Hilfe
der emotionalen Zustände unterstützt.
Verfügt der Mensch über keine
Bestrebungen, keine künstlerischen
Wünsche, dann wird das Gehirn
aufgrund dieses Hungers mit negativen
Gefühlen wie Zorn, Angst und
Gereiztheit gespeist. Schauen Sie sich
um. So passiert es bei der Mehrheit der
Menschen. Wenn sie nicht kreieren, nicht
aufbauen, verfallen sie in Schwermut
und zerfleischen sich selbst. Die
Schwermut ist eine furchtbare Sünde.
Ein Mensch ohne Leidenschaft ist daher
unmöglich. Er ist langweilig für sich
selbst und für alle anderen. Die
Leidenschaft, das Feuer des Herzens,
richtet den Blick auf die Verwirklichung
und weckt enorme Kräfte des Schöpfers,
die dem Menschen gegeben wurden.
ZWEITER TEIL

GYMNASTIK DER
DERWISCHE
Die Gymnastik der Derwische stellt
einen physikalisch-energetischen
Übungssatz für die Stärkung des
Muskelgewebes, der Sehnen und der
Regeneration des Blutkreislaufs im
Körper dar. Im Prinzip ist diese
Gymnastik eine äußere Form der bereits
vorgestellten Übungen. Der Trick besteht
darin, dass es sich nicht nur um reine
physikalische Gymnastik handelt. Neben
dem beschriebenen physikalischen
Einfluss dient die Übungstechnik vor
allem der Massage der menschlichen
Organe und der Regeneration des
Energieflusses.

Avicenna hat gesagt, dass eine Krankheit


zuerst auf dem energetischen Niveau
erscheint, bevor sie auf dem
physikalischen Niveau auftritt. Das
erfahren wir durch Gefühle, die einen
unangenehmen Zustand in unserem
Körper erzeugen. Solche negativen
Gefühle können z.B. schlechte Laune,
Unruhe oder Angst sein. Immer wieder
lassen wir uns untersuchen. Doch die
modernste Medizintechnik kann die
menschliche Energetik nicht
diagnostizieren, auch wenn die
traditionelle Medizin ihre Existenz
bereits bestätigt hat.

Da jede Krankheit mit einer Störung des


energetischen Gleichgewichts beginnt,
muss auch die Regeneration der
Gesundheit auf dem energetischen
Niveau starten. Es ist kein Geheimnis,
dass Medikamente nur bei den ersten
Einnahmen die gewünschte Wirkung
erzeugen und dann merklich nachlassen.
Dieses Phänomen kann dadurch erklärt
werden, dass Medikamente sowie
moderne Medizintechnik nur
physikalisch wirken und keinen Einfluss
auf die Energetik des Körpers haben.
Ähnlich kann der Bau eines Hauses in
einer Moorgegend beschrieben werden.
Unabhängig davon wie oft die Bretter
ausgetauscht werden, sie werden immer
wieder faulen, da die ökologische Lage
diesen Prozess unterstützt.

Im Altertum wurde das Universum


Makrokosmos und der Mensch
Mikrokosmos genannt. Damit war
gemeint, dass alles nach einheitlichen
Gesetzen gestaltet ist. Genauso wie die
Planeten des Universums über
Atmosphären verfügen, befinden sich
unsere Organe in einem Energiefeld, von
dem sowohl ihr allgemeiner Zustand, als
auch das gesamte Körpersystem
abhängig sind. Darüber hinaus besteht
ein energetischer Zusammenhang
zwischen den körperlichen Organen.

Die Aufgabe der Gymnastik der


Derwische besteht nicht nur in
physikalischer Körperstärkung, sondern
auch im „Durchpumpen“ der
körperlichen Energetik. Zu diesem
Zweck haben Sufii einige Übungsregeln
festgelegt. Die erste Regel besteht darin,
dass die Anzahl der Übungstage der
Anzahl der gelebten Jahre entsprechen
soll. Diese Regel besagt, dass ein Kind
nicht allzu viel üben soll. Denn Kinder
bewegen sich ohnehin sehr viel, da sich
ihre Körper noch in einer
Entwicklungsphase befinden. Es ist
schwierig, ein Kind still sitzen zu lassen,
weil es seinem inneren Gesetz
widerspricht. Im Gegenteil Kinder
müssen sich bewegen. Ein Erwachsener
ist umgekehrt äußerst bewegungsarm, ja
sogar bewegungsfaul und seine
Bewegungen werden von Tag zu Tag
gleichartiger. Um die Auswirkungen
dieser Bewegungsarmut zu beseitigen,
muss man physikalische Übungen aktiver
und abwechslungsreicher durchführen.

Die zweite Regel besagt, dass wenn ein


Mensch Probleme in einem seiner
Körperteile hat, er diesen Bereich
innerhalb eines Tages so oft belasten,
wie viele Jahre er bisher gelebt hat. Ist
der Mensch also 45 Jahre alt, muss er
täglich 45 Bewegungen mit diesem
Körperteil durchführen. Natürlich
schafft man dies nicht auf einen Schlag,
doch man muss zumindest danach
streben. Ist ein Erwachsener schwer
krank, muss die Bewegungsanzahl zu
Beginn geviertelt werden. Diese
Bedingung hängt mit der Kenntnis über
die menschliche Lebensrhythmik
zusammen. In einem Wochenzyklus muss
man zwei bis drei Tage pro Woche einen
allgemeinen Übungssatz und vier bis
fünf Tage pro Woche einen
körperteilgezielten Übungssatz, falls
benötigt, durchführen.
1. Aufwärmübung: „Fingermassage“

Bevor Sie mit den wesentlichen


Elementen der Gymnastik anfangen,
empfiehlt es sich, den Körper und die
eigene Energetik darauf vorzubereiten.
Hierfür kann eine Massage der Finger
und der Handflächen durchgeführt
werden. Über unsere Handflächen
verlaufen die energetischen Kanäle
unseres Körpers. Die wesentlichen
Kanäle enden in den Fingerspitzen. Dies
äußert sich in der besonderen
Empfindlichkeit der Fingerspitzen im
Vergleich zur restlichen Handfläche.
Wenn blinde Menschen „sehen“ wollen
mit wem sie sprechen, berühren sie das
Gesicht des Gesprächspartners mit ihren
Fingerspitzen. An diesen befindet sich
eine Vielzahl der Nervenrezeptoren.
Üben wir einen Einfluss auf die
Fingerspitzen aus, so üben wir auch
einen Einfluss auf das Nervensystem und
die energetischen Kanäle des
menschlichen Körpers aus.

Die gleiche Eigenschaft besitzt die Mitte


der Handfläche. Wenn ein Kind sagt, es
hätte Bauchschmerzen, legen wir oftmals
unbewusst die Hand auf den Bauch und
beginnen diesen leicht zu streicheln.
Wenn wir ein körperliches Unbehagen
empfinden, legen wir die Hand auf die
Stirn. Man kann sagen, dass die
Fingerspitzen und das Zentrum der
Handfläche über eine eigene heilende
Wirkung verfügen. Allerdings geht bei
fehlendem Training die Vitalität der
Muskulatur verloren und es legen sich
Ablagerungen unterschiedlichster Art ab.
Diese Regel gilt auch für die Hände.
Wenn der Mensch nie gewusst hat, wie
man mit Hilfe der Handflächen auf die
eigene Energie und das Nervensystem
einwirken kann, bedeutet es nicht, dass
der Körper nicht bereits bei der ersten
Einwirkung reagiert. Unsere Aufgabe
besteht darin, dieses Verfahren, mit dem
wir auf den Körper einwirken können,
wiederherzustellen. Die Massage der
Handflächen und der Fingerspitzen wird
uns helfen das Verfahren der Einwirkung
auf die energetischen Kanäle unseres
Körpers wiederherzustellen.

Die Technik:

Schritt 1: Reiben Sie Ihre Hände mit


einem leichten Druck.

Schritt 2: Massieren Sie mit der


Fingerspitze des Daumens nacheinander
die Fingerspitzen der rechten und danach
der linken Hand.

Schritt 3: Klemmen Sie zwischen Zeige-


und Mittelfingern der linken Hand
nacheinander die Finger der rechten
Hand ein. Beginnen Sie mit dem
Zeigefinger der rechten Hand und führen
Sie dabei eine leichte Drehbewegung
durch. Wiederholen Sie diese Prozedur
mit den restlichen Fingern der rechten
und linken Hand.

Schritt 4: Legen Sie die rechte Hand auf


die linke. Drücken Sie die Finger der
rechten Hand so zusammen, wie es auf
dem Bild dargestellt ist.
Drücken Sie die Finger der linken Hand
feste zusammen. Wechseln Sie
anschließend die Hände ab und
wiederholen Sie diesen Schritt. Führen
Sie einige Wiederholungen durch, wobei
Sie immer wieder zwischen linker und
rechter Hand wechseln. Seien Sie bei
der Ausführung dieser Übung bitte
vorsichtig. Beim Zudrücken sind leichte
Schmerzen zulässig, allerdings sollte
keinesfalls ein starkes Unbehagen
entstehen.
2. Aufwärmübung: „Ohrenmassage“

Eine unserer Bekannten erzählte uns eine


Geschichte, in der sie als Kind schlechte
Laune hatte und ihr Großvater sie fragte:
„Warum bist du so traurig, Kind? Komm
her, ich ziehe dir an den Ohren.“

Heutzutage wissen die Spezialisten, dass


sich viele Nervenenden bzw. biologisch
aktive Punkte auf der Ohrmuschel
befinden. Genauso wie bei der
Fingermassage stimulieren Sie bei der
Ohrenmassage ihr Nervensystem.
Dadurch verbessern Sie ihre
Aufmerksamkeit.
Die Technik:

Schritt 1: Umfassen Sie die ganze


Ohrmuschel und führen Sie leichte,
ziehende Bewegungen durch. Bei der
richtigen Ausführung werden Sie spüren,
wie ihre Ohren erwärmt werden.
Vielleicht nehmen Sie sogar ein leichtes
Pulsieren in den Ohren wahr.
Schritt 2: Fassen Sie danach mit den
Fingern an die Ränder der Ohren und
massieren Sie ihre Ohren von oben nach
unten und wieder zurück.

Sowohl die Finger-, als auch die


Ohrenmassage kann jederzeit
vorgenommen werden. Sie nimmt nicht
viel Zeit in Anspruch, hinterlässt jedoch
eine vitalisierende Wirkung. Des
Weiteren hilft diese Massageform auch
bei leichtem Unbehagen, Schläfrigkeit
oder auch dann, wenn Sie sich
konzentrieren müssen.

Nach diesen Aufwärmübungen beginnen


wir mit dem Erlernen der wesentlichen
Übungen. Wir bezeichnen diese als den
„kleinen Bewegungssatz“, da in den
Seminaren der sufiitischen Praktiken
sehr viele Informationen zur Verfügung
gestellt werden. Allerdings bedeutet
diese Bezeichnung nicht, dass wenige
Übungen veranschaulicht werden,
sondern er wird so genannt, weil dieser
Bewegungssatz für das selbständige
Praktizieren absolut ausreichend ist.
Wenn Sie ihn regelmäßig praktizieren,
wird es Ihnen merklich besser gehen.
3. Aufwärmübung: „Verbesserung der
Bewegungskoordination“

Für die Bewegungskoordination im


Körper des Menschen sind drei Systeme
verantwortlich, die Sehkraft (System der
visuellen Aufnahme), das Innenohr
(Gleichgewichtsorgan) und die
Rezeptoren des Nervensystems, die sich
auf den Muskeln und Knochen in Ihrem
Körper befinden. Das Ziel der
Aufwärmübung stellt die Verbesserung
dieser Systeme dar.

Die Technik:
Schritt 1: Halten Sie Ihren Rücken für 30
Sekunden möglichst gerade. Halten Sie
auch Ihren Kopf gerade. Den Blick
richten Sie geradeaus. Der Brustkorb ist
weit geöffnet, der Bauch eingezogen.
Die Handflächen drehen Sie mit der
Innenseite zum Körper.

Schritt 2: Stehen Sie gerade und stellen


Sie Ihre Füße zusammen. Drehen Sie den
Kopf nach rechts und fixieren Sie Ihren
Blick für zehn Sekunden. Drehen Sie
dann Ihren Kopf nach links und fixieren
Sie den Blick für zehn weitere
Sekunden. Danach beginnen Sie leicht
vor und zurück zu schwingen. Halten Sie
den Körper dabei stets gerade und
winkeln Sie Ihre Knie nicht an. Drücken
Sie die Fersen vollständig auf den
Boden und führen Sie zwanzig
Schwingungen durch.

Schritt 3: Sie stehen gerade, die Füße


sind zusammen. Beginnen Sie mit der
Drehung des Oberkörpers im
Uhrzeigersinn um die eigene Achse.
Drücken Sie die Fersen auf den Boden.
Stellen Sie sich vor, dass Sie sich in
einem Trichter drehen. Dabei befinden
sich Ihre Füße an der Spitze des
Trichters. Führen Sie zwanzig
Umdrehungen durch.

Schritt 4: Schließen Sie Ihre Augen.


Beobachten Sie 30 Sekunden lang Ihre
Atmung. Danach stellen Sie sich mit
geschlossenen Augen auf die
Zehenspitzen. Halten Sie dabei immer
Ihr Gleichgewicht und zählen Sie bis
zwanzig.
1. ÜBUNG:
„SEILTÄNZER“
Die erste Übung, die wir Ihnen
vorstellen, heißt „Seiltänzer“.
Allerdings wird diese Übung häufig
auch als „Den Sultan mit dem Volk
anfreunden“ bezeichnet. Sie haben
gelernt, dass in der sufiitischen
Terminologie der Kopf „Sultan“ genannt
wird. Die allgemeine Bezeichnung für
den Körper lautet „Volk“. Dies bedeutet,
dass die Übung „Seiltänzer“ auf eine
Verbesserung der Kontrolle und der
Rückmeldung zwischen Kopf und
Körper gerichtet ist. Des Weiteren hilft
diese Übung bei der Stärkung des
Nervensystems, der Massage der Organe
und der Blutgefäße. Aktiviert wird dabei
die Arbeit der Intuition.
Die Übung wird im Allgemeinen in drei
Etappen ausgeführt. Wir nummerieren
den „Seiltänzer“ zur Vereinfachung von
eins bis drei durch.

Seiltänzer 1 – Die Technik:

Stellen Sie Ihre Füße in einer Linie auf,


so als würden sie auf einem Seil
balancieren. Der Abstand zwischen den
Füßen muss dabei etwa zwei bis drei
Zentimeter betragen. Verteilen Sie Ihr
Körpergewicht nun gleichmäßig auf
beide Beine. Verlagern Sie Ihre
Aufmerksamkeit in den Bereich des
Bauchnabels und ziehen Sie den Bauch
ein. Strecken Sie die Hände zur Seite,
parallel zum Fußboden, aus. Halten Sie
diese Position und heben Sie zunächst
Ihren Blick und dann auch Ihren Kopf
nach oben. Schließen Sie jetzt die
Augen. Das Ziel dieser Übung ist es,
diese Position acht Sekunden lang zu
halten.
Seiltänzer 2 – Die Technik:

Wechseln Sie nun Ihre Füße ab und


stellen Sie sie in einer Linie auf.
Verteilen Sie Ihr Körpergewicht
gleichmäßig auf beide Beine. Die innere
Aufmerksamkeit befindet sich im
Bereich des Bauchnabels. Strecken Sie
die Hände parallel zueinander nach oben
und drehen Sie dabei die Handflächen
mit den Innenseiten zueinander. Richten
Sie Ihren Blick wieder nach oben und
heben Sie den Kopf. Schließen Sie
erneut die Augen. Das Ziel ist wieder,
Ihr Gleichgewicht acht Sekunden lang zu
halten.
Seiltänzer 3 – Die Technik:

Wechseln Sie Ihre Füße erneut ab.


Strecken Sie die Hände vor sich parallel
zum Boden aus. Sie können die
Handinnenflächen nach unten oder, wenn
Sie möchten, nach oben richten. Stehen
Sie gerade, heben Sie den Kopf nach
oben und schließen Sie Ihre Augen.
Halten Sie in dieser Position Ihr
Gleichgewicht etwa acht Sekunden.
Möglicherweise fällt es Ihnen schwer
diese Übung auszuführen. Bei vielen
muss das Gleichgewichtsorgan zunächst
gestärkt werden. Sehen Sie es
philosophisch! Sie haben etwas, an dem
Sie arbeiten können.
2. ÜBUNG „GÄRTNER“
Die Übung „Gärtner“ richtet sich auf die
Stärkung der Nierenfunktion. Dank
speziell ausgewählten Bewegungen kann
man während dieser Übung die Nieren
„massieren“. Diese Übung ist auch für
Menschen mit einer erhöhten
emotionalen Reizbarkeit äußerst
hilfreich.

Die Technik:

Stehen Sie gerade und stellen Sie Ihre


Beine hüftbreit auf. Lassen Sie die
Hände am Körper hängen. Heben Sie
dann die rechte Hand nach oben und
stellen Sie sich gleichzeitig auf die
Zehenspitzen, so als würden Sie einen
Apfel von einem Baum pflücken wollen.
Strecken Sie sich nach oben. Strecken
Sie wirklich Ihren ganzen Körper aus,
wie bei einer morgendlichen
Dehnübung. Beugen Sie den linken
Ellbogen, führen sie Ihren Arm hinter
den Rücken und legen Sie Ihre linke
Hand auf dem unteren Rücken ab. Ziehen
Sie die linke Hand zur Seite. Nach der
maximalen Dehnung kehren Sie in die
Ausgangsposition zurück. Wechseln Sie
nun die Hände ab und wiederholen Sie
diese Übung.
Diese Übung wird im Allgemeinen
jeweils fünf bis sieben Mal wiederholt.
Wenn Sie diesen Bereich aus
therapeutischen Zwecken behandeln
wollen, erinnern Sie sich an die oben
genannte Erklärung. In diesem Fall wird
die Übung Ihrem Alter entsprechend
durchgeführt.
3. ÜBUNG „ROSE DER
DERWISCHE“
Die Übung „Rose der Derwische“ stärkt
die Funktionen der Leber und des
Magens.

Die Technik:

Stellen Sie sich aufrecht hin. Strecken


Sie die Arme zur Seite und winkeln Sie
Ihre Ellbogen so an, dass Ihre Finger in
Richtung Fußboden gerichtet sind. Die
Unterarme müssen zu den Schultern
einen 90 Grad Winkel bilden. Führen
Sie eine Drehung der Ellbogen durch,
sodass die Handflächen auf die Decke
gerichtet sind. Stellen Sie sich auf die
Zehenspitzen. Verbinden Sie die Arme
im Bereich der Ellbogen. Die
Handflächen nehmen eine Position ein,
als würden Sie eine Tasse halten. Sie
stehen auf den Zehenspitzen und halten
die Ellbogen zusammen. Strecken Sie
die Arme nach oben, halten Sie dabei
das Gleichgewicht auf den Zehenspitzen
und halten Sie auch die Ellbogen
aneinander gedrückt. Strecken Sie die
Ellbogen so weit wie möglich nach oben
und drehen Sie dann die Unterarme erst
in die eine und dann in die andere
Richtung. Führen Sie auf diese Weise
einige Armdrehungen durch.
Danach trennen Sie die Ellbogen und
drücken die Handflächen zu Fäusten
zusammen, so dass nur der Daumen
übrig bleibt. Strecken Sie die Arme
parallel zum Fußboden aus und führen
Sie mit den Armen eine Drehung um die
eigene Achse durch, so dass die Daumen
nach unten zeigen. Führen Sie eine
vollständige Drehung der Arme um die
Schulterachse. Beginnen Sie mit der
Bewegung nach vorne und dann nach
unten. Kehren Sie danach in die
Ausgangsposition zurück.
Achten Sie bitte darauf, dass Sie
während der Drehung der Hände die
Wirbelsäule möglichst gerade halten.
Wiederholen Sie diese Übung einige
Male. Für das weitere Praktizieren gilt
auch hier die Erklärung, die zu der
Übung „Gärtner“ gegeben wurde.
4. ÜBUNG
„ENGELSFLÜGEL“
Die Übung „Engelsflügel“ verbessert
die Hirndurchblutung und trägt zur
Normalisierung des Hirndrucks bei.

Die Technik:

Stehen Sie aufrecht und stellen Sie Ihre


Beine hüftbreit auf. Kreuzen Sie Ihre
Arme auf der Brust. Winkeln Sie nun die
Ellbogen an und strecken Sie sie so zur
Seite, dass die Finger in Richtung
Fußboden zeigen. Führen Sie eine
Umdrehung im Schulterbereich um die
eigene Achse durch, sodass die Finger
nach oben zeigen. Strecken Sie die Arme
geradeaus nach oben. Strecken Sie sich
so weit wie möglich nach oben und
stellen Sie sich dabei auf die
Zehenspitzen. Heben Sie Ihren Kopf an
und werfen Sie ihn so weit wie möglich
in den Nacken. Bleiben Sie auf Ihren
Zehenspitzen und beugen Sie Ihren
Rücken so weit wie möglich nach hinten.
Wiederholen Sie diese Übung einige
Male. Doch Achtung! Übertreiben Sie
nicht. Führen Sie die Übungen ruhig und
mit Freude aus. Beim Training der
physikalisch-energetischen Übungssätze
muss man wissen, dass dies nicht nur
eine einfache Körpergymnastik ist,
sondern Ihre Einstellung bei der
Übungsausführung eine wichtige
Schlüsselrolle spielt. Behalten Sie Ihren
„guten“ Zustand in Erinnerung und
trainieren Sie niemals soweit, dass Sie
Unbehagen empfinden oder
Muskelkrämpfe bekommen. Üben Sie im
Zweifelsfall weniger. Wiederholen Sie
folgende Worte für sich selbst:
«Ich mache alles mit Freude und für
meinen Körper ist es angenehm.
Ich fühle mich gut!»
5. ÜBUNG „SCHERE“
Die Übung „Schere“ verbessert den
allgemeinen Blutkreislauf und verleiht
den Beinmuskeln und den Muskeln des
kleinen Beckens mehr Vitalität.

Die Technik:

Stehen Sie gerade. Ihre Beine stellen Sie


etwas weiter als hüftbreit auseinander
auf. Strecken Sie die Hände zur Seite,
parallel zum Fußboden, aus. Stellen Sie
sich auf die Zehenspitzen und drehen Sie
sich langsam über die rechte Schulter um
180 Grad. Achten Sie bei dieser
Drehung darauf, dass die Zehenspitzen
sich in einem Punkt drehen. Stoppen Sie
die Drehung, wenn Ihre Beine in einer
„X“-Position stehen. In dieser Position
befindet sich das rechte Bein vor dem
linken. Legen Sie die rechte Hand auf
den rechten Oberschenkel und beugen
Sie sich langsam nach vorne, indem Sie
mit der Hand am Bein entlang nach unten
gleiten. Jedoch nur so weit es für Sie
möglich ist. Halten Sie dabei die linke
Hand gerade gestreckt. In der gebeugten
Position fixieren Sie Ihre rechte
Handfläche für einige Sekunden. Dann
drehen Sie langsam den Kopf und
fixieren Ihren Blick für einige Sekunden
auf den Fingern der linken Hand. Danach
führen Sie den Blick wieder auf die
rechte Hand und richten sich langsam
auf. Aufrecht drehen Sie sich auf den
Zehenspitzen wieder in die
Ausgangslage. Führen Sie diese Übung
danach in die andere Richtung aus.
Um sich diese Übung besser
einzuprägen, wiederholen Sie sie einige
Male.
6. ÜBUNG „BAUM“
Die Übung „Baum“ ist eine Variation der
Übung „Nob“, die übersetzt als das
„Schaukeln des Baumes“ bezeichnet
wird. Diese Übung wirkt sich auf die
Harmonisierung des Energieflusses im
Körper aus und fungiert wie eine
zusammenführende Übung zwischen den
bereits vorgestellten.

Die Technik:

Stellen Sie sich mit geradem Rücken hin.


Stellen Sie die Füße mehr als hüftbreit
auseinander auf und drehen Sie die
Zehenspitzen leicht nach außen. Heben
Sie Ihr Kinn an und legen Sie Ihre Finger
so an Ihre Schläfe, als wollten Sie einen
Zustand der Konzentration imitieren.
Beginnen Sie diese Übung mit der
rechten Seite. Führen Sie die Hände bis
zur rechten Zehenspitze und beugen Sie
dabei gleichzeitig das rechte Knie.
Danach führen Sie die Hände mittig
zwischen die Füße und strecken Ihre
Knie durch. Stellen Sie sich vor, Sie
halten einen schweren Ball in den
Händen. Heben Sie den Ball hoch,
indem Sie die Arme in der Mitte des
Körpers halten. Erzeugen Sie
gleichzeitig eine leichte Anspannung im
Oberkörper. Strecken Sie die Arme nach
oben und bewegen Sie sich so, als ob
Sie den Ball nach links schmeißen
würden. Führen Sie die Wurfbewegung
aus. Beugen Sie dabei das linke Knie
und strecken Sie Ihre Hände ebenfalls
nach links aus. Kehren Sie in die
Ausgangsposition zurück.

Stellen Sie sich breitbeinig hin,


Zehenspitzen leicht nach außen, Hände
neben der Taille mit den Handflächen
nach oben. Führen Sie die
Wurfbewegung nun nach rechts aus und
bewegen Sie Ihren Körper auf die rechte
Seite, beugen Sie dabei das rechte Knie.
Dann der Wurf nach rechts. Bringen Sie
danach Ihr Körpergewicht zurück in die
Mitte. Drehen Sie Ihren Oberkörper so
weit wie möglich nach rechts, die
Fersen bleiben unbeweglich, und führen
eine Kniebeuge aus. Bewegen Sie die
Hände so, als ob Sie die Türen eines
Aufzuges aufschieben würden.
Wiederholen Sie nun die Übung
beginnend mit der Beugung über das
linke Bein.
7. ÜBUNG „REDE“
Die Übung „Rede“ verbindet mehrere
Techniken und ihre Wirkungsweisen. Sie
veranschaulicht die Komplexität der
derwischen Gymnastik.

Die Technik:

Die Ausgangsposition der Übung


„Rede“ ist dieselbe wie die der Übung
„Baum”. Stellen Sie sich wieder
breitbeinig hin, wobei die Zehenspitzen
nach außen zeigen und halten Sie die
Finger beider Hände an den Schläfen.
Zeichnen Sie gedanklich eine Linie, die
vom Kopf bis zu der Zehenspitze des
rechten Fußes reicht und beugen Sie sich
anschließend über Ihr rechtes Bein. In
dieser Position befinden sich Ihre Hände
neben Ihrem rechten Fuß. Das rechte
Bein ist gebeugt, das linke Bein
gestreckt.

Stellen Sie sich vor, dass Sie einen Ball


in den Händen halten. Übertragen Sie
den Ball von der Fußspitze an die Ferse
(bei dieser Übertragung heben Sie den
Ball über Ihren Fuß zu der Ferse hin an)
und führen Sie einen Wechsel in der
Kniebeugung durch. Nun ist das rechte
Knie gestreckt und das linke gebeugt.
Halten Sie den Ball gedanklich fest und
strecken Sie sich zu der rechten Ferse.
Dank dieser Bewegung wird auch Ihre
Wirbelsäule gestreckt.
Halten Sie den Ball und führen Sie eine
Beugung nach hinten im Bereich des
unteren Rückens durch, sodass Sie mit
dem Ball in den Händen einen Halbkreis
ziehen. Strecken Sie danach die Hände
zur Ferse des linken Fußes. Das linke
Knie ist gestreckt, das rechte Knie
gebeugt. Beim Strecken der Wirbelsäule
ändern Sie die Positionen der
Kniebeugung und bewegen die Hände zu
der linken Fußspitze. Im Anschluss
bewegen Sie Ihre Hände wieder zu der
linken Ferse. Führen Sie nun wieder
eine Beugung nach hinten aus und halten
Sie die Hände über Ihrem Kopf. Der
Rücken ist leicht gebeugt. In dieser
Position führen Sie drei wippende
Bewegungen im Rücken aus und machen
schließlich eine entspannende
Verbeugung nach vorne. Kehren Sie in
die Ausgangsposition zurück und
wiederholen Sie diese Übung beginnend
mit dem linken Bein.
Auch hier gilt, je öfter Sie diese Übung
wiederholen, desto besser werden Sie
sich den Ablauf einprägen können.
8. ÜBUNG
„VIERBLÄTTRIGE
BLUME“
Die physikalische-energetische Übung
„Vierblättrige Blume“ wirkt sich auf die
Beruhigung des Nervensystems aus.
Zusammen mit der richtigen Atmung
während der Übung hilft Sie bei der
Beseitigung einer übermäßigen
emotionalen Gereiztheit und kann die
Stimmungslage wesentlich verbessern.

Im gesamten Übungszyklus wird die


Übung „Vierblättrige Blume“ als eine
der letzten ausgeführt, um die Erregung
nach den vorhergehenden Übungen zu
beseitigen. Wenn Sie diese Übung
einzeln ausführen wollen, so tun Sie dies
lieber vor dem Schlafgehen.

Die Technik:

Stellen Sie die Beine hüftbreit


auseinander auf und beugen Sie Ihre
Ellbogen mit den Handflächen nach oben
an die Taille. Beim Einatmen führen Sie
die Arme auf Augenhöhe und drehen
dabei die Arme so, dass Ihre
Handflächen erst zueinander und dann
zum Fußboden hin schauen. Stellen Sie
sich vor, Sie würden mit dieser
Bewegung das obere Blütenblatt einer
Blume malen. Breiten sie anschließend
Ihre Arme seitlich aus (wie bei einer
Schwimmbewegung) und bringen Sie sie
danach wieder an den Oberschenkeln
vorbei nach vorne. Atmen sie aus und
kehren Sie die Arme in die
Ausgangsposition (Hände an der Taille)
zurück.

Atmen Sie wieder ein und strecken Sie


Ihre Arme nach vorne in Höhe des
Bauchnabels aus. Malen Sie nun die
Konturen des unteren Blütenblattes nach.
Die Bewegungen bleiben dieselben wie
die beim oberen Blatt, jedoch werden
Sie etwas weiter unten ausgeführt. Beim
Ausatmen enden Sie erneut in der
Ausgangsposition.

Atmen Sie ein und verlagern Sie Ihr


Körpergewicht auf das rechte, gebeugte
Knie, sodass sich das linke Bein in einer
ausgestreckten Position befindet.
Zeichnen Sie dabei mit dem rechten Arm
die rechte Blüte nach. In einer
kreisenden Bewegung strecken Sie den
Arm nach zuerst nach rechts aus und
stecken ihn anschließend nach vorne, um
von da aus wieder in die
Ausgangsposition zurück zu gelangen.
Verfolgen Sie die Bewegungen
währenddessen mit Ihrem Blick.

Nun malen Sie die linke Blüte mit


denselben Bewegungsabläufen nach und
kehren wieder in die Ausgangsposition
zurück. Wenn Sie dies getan haben,
ziehen Sie die Arme während des
Einatmens mit den Handflächen nach
oben zur Brust. Ziehen Sie dabei Ihren
Bauch ein, um ein Spannungsgefühl zu
erzeugen. Beim Ausatmen strecken Sie
die Arme nach vorne. Gehen Sie dabei
auch mit Ihrem Oberkörper leicht
gebeugt nach vorne. Die Handflächen
schauen nun nach vorne. Achten Sie
darauf die Spannung im Bauch trotz des
Ausatmens aufrecht zu erhalten.

Kehren Sie schließlich in die


Ausgangsposition zurück. Führen Sie
diese Übung einige Male durch.
Die Übung „Vierblättrige Blume“ wird
relativ langsam ausgeführt. Hören Sie
während der Ausführung der Übung auf
Ihre Empfindungen. Versuchen Sie zu
fühlen, welcher Rhythmus für Ihren
Körper am angenehmsten ist. Wenn Sie
diese Übung oder andere Übungen aus
dem vorgeschlagenen Übungssatz täglich
praktizieren, werden Sie feststellen,
dass sich der Ausführungsrhythmus
wahrscheinlich von Tag zu Tag
unterscheiden wird. Hören Sie dabei
bitte auf Ihren Körper und vertrauen Sie
ihm.

Denken Sie daran, dass einer der


Erfolgsschlüssel für den Zugang an
notwendigen Lebensinformationen die
Wiederherstellung der Verbindung
zwischen „Sultan und Volk“, also
zwischen Ihrem Bewusstsein und Ihrem
Unterbewusstsein, ist. Dies ist die
Aufgabe des beschriebenen
Übungssatzes.
9. ÜBUNG
„GLEICHGEWICHT“
Die Übung „Gleichgewicht“ verbessert
die Blutversorgung des Muskelgewebes
im Körper. Zusätzlich dient diese Übung
der Beseitigung von Krämpfen und von
kleinen Anspannungen, wenn diese bei
der Ausführung der vorgehenden
Übungen entstanden sind.

Die Technik:

Stellen Sie sich aufrecht hin und bringen


Sie Ihre Beine in eine hüftbreite
Position. Die Arme befinden sich
entspannt neben Ihrem Körper. Lösen Sie
die Fußspitze des rechten Fußes vom
Boden. Die Ferse des rechten Beines
bleibt dabei wie „angeklebt“. Drehen
Sie die rechte Fußspitze nach außen,
aber bitte nur soweit es geht. Setzen Sie
nun Ihre rechte Fußspitze auf den Boden
auf. Denken Sie daran ohne Fanatismus
zu trainieren. Gleichzeitig mit der
Drehung der rechten Fußspitze drehen
Sie die rechte Hand mit der Handfläche
nach oben um die eigene Achse hinter
den Rücken. Auch hier nur so weit es
möglich ist. Der Kopf folgt dabei der
Bewegung des Armes. Sie können in
dieser Position probieren mit den
Fingern Ihrer nach oben ausgestreckten
Hand den Scheitel zu berühren.
Zeitgleich dreht sich der linke Arm am
Körper vorbei nach außen, sodass Ihre
Handfläche vom Körper weg schaut. Der
Arm bleibt dabei in der Nähe Ihres
Körpers. Kehren Sie anschließend in die
Ausgangsposition zurück.

Setzen Sie diese Übung wie folgt fort.


Lösen Sie die linke Fußspitze vom
Fußboden. Die Ferse beleibt jedoch
„angeklebt“. Drehen Sie die Fußspitze
soweit wie möglich nach außen und
setzen Sie sie anschließend wieder auf.
Drehen Sie den Oberkörper in dieselbe
Richtung. Beugen Sie dann Ihren Rücken
leicht durch und winkeln Sie die
Ellbogen an, sodass die Handflächen
nach oben und die Finger in Richtung
Kopf zeigen. Verlagern Sie Ihr Gewicht
nun auf das linke, gebeugte Knie, sodass
das rechte Bein gestreckt bleibt. Beugen
Sie sich dabei nach vorne und drücken
Sie Ihre Arme den Boden entgegen.
Sobald sich Ihre Arme zwei Mal
gekreuzt haben (so als würden Sie mit
den Händen eine stehende Acht malen),
verlagert sich Ihr Körpergewicht auf das
rechte Bein. Das linke Bein wird dabei
gestreckt. Ihre Arme führen Sie wieder
zurück, sodass in Ihrem Rücken eine
leichte Beugung entsteht. Ihre
Schulterblattränder sollten sich bei
dieser Bewegung so weit wie möglich
berühren. Schließlich verlagern Sie Ihr
Gewicht zurück, sodass Ihr linkes Bein
gebeugt und Ihr rechtes Bein gestreckt
ist. Wiederholen Sie diese Übung bitte
mehrfach.

Wir verstehen voll und ganz, dass


Verständnisschwierigkeiten beim Lesen
der Übungsbeschreibungen entstehen
können. Natürlich ist das Erlernen der
Übungen in der unmittelbaren
Anwesenheit eines Lehrers um ein
Vielfaches einfacher. Deshalb bitten wir
Sie beim Lesen der Beschreibungen sehr
aufmerksam auf die Fotos zu achten.
Darüber hinaus können Sie kostenlos die
Animationen auf unserer Internetseite
downloaden. Diese werden ihnen die
richtige Ausführung der Übungen
wesentlich vereinfachen können.
10. ÜBUNG „ADAM“
Man sagt, dass die erste Form der
Selbsterkenntnis die Bewegungen war,
die in den sufiitischen Praktiken als
„Adam“ bezeichnet wird. Traditionell
steht Adam für den ersten Propheten der
Menschheit. Folglich bedeutet dies, dass
der erste Mensch nach Selbsterkenntnis
strebte und ein weiser Mensch war. Die
Bewegung „Adam“ kann in jeder
historischen Tradition angetroffen
werden und steht in diesen ebenfalls für
die Selbsterkenntnis des Menschen.
Möglicherweise bietet dies den Beweis
dafür, dass alle Traditionen denselben
Ursprung haben.

Die Übung „Adam“ hat eine wirklich


schöne Bedeutung, in der die einzelnen
Buchstaben für einen bestimmten Sinn
stehen.

1. Die Position „A“, die Position der


geraden Haltung, bedeutet „Ich bin“.

«Gott, ich stehe vor Dir so, wie ich bin,


mit allen meinen Schwächen und
Sünden.»

2. Die Position „D“ bedeutet Fügung und


Akzeptanz.

«Ich verstehe meine Unvollkommenheit


und verneige mich vor Deinem Willen
und Deinem Gericht.»
3. Die Position „A“, in der wir wieder
den Zustand der Vollständigkeit
annehmen.

«Aber ich strebe zu Dir, ich strebe


danach besser zu werden.»

4. Die Position „M“, die abschließende


Position, in der wir auf den Knien sitzen
mit dem Gesicht zum Boden.

«Und ich weiß, dass ich von der Erde


kam und in die Erde zurückgehen
werde.»

Die Übung „Adam“ ist ein Anhalten des


Augenblicks, um sich wieder an sich
selbst zu erinnern. Sich selbst zu hören,
sich selbst zu fragen und darauf zu
antworten: „Mache ich alles richtig, ist
es der richtige Weg!“

Der sufiitische Meister Dschelladin


Rumi sagte, dass Hochmut der
Hauptfeind des Menschen ist. Der
Hochmut blendet den Menschen und
hinterlässt ein verzerrtes Bild des
eigenen Ichs. Er hindert den Menschen
daran, Situationen richtig einschätzen zu
können, wodurch er ihn oftmals ins
Unglück stürzt. Der Mensch entfernt sich
von dem gesunden Verständnis von sich
selbst und von anderen Menschen. Er
beginnt, sich zu überschätzen und die
Konzentration auf sein Ego steigt enorm
an. Früher dienten Mentoren als
Gegengewicht zu diesen Auswirkungen
auf dem Weg der
Persönlichkeitsentwicklung. Bei der
Erziehung der Kinder sowohl aus
einfachen Verhältnissen als auch aus
Edelfamilien haben Mentoren nicht auf
ihren Status geachtet. Sie haben die
Kinder so erzogen, dass die Entwicklung
entsprechend ihrer Bestimmung verläuft.
Das erste, was die Mentoren den
Kindern lehrten, war das Verständnis für
den Zusammenhang zwischen dem
Höchsten und dem Tiefsten. Eine der
ersten obligatorischen Praktiken für
Suchende war Buße für die Besänftigung
des Hochmuts und Erzeugung der
richtigen Wahrnehmung. Diese Praktik
hat auch in der modernen Psychologie
ihren Platz gefunden und wird dort
„Vergebung“ oder „Annahme“ genannt.
Das Ziel dieser Praktik ist, sich selbst
und die anderen Menschen mit allen
Schwächen und Fehlern anzunehmen. Sie
beseitigt eigene innere Konflikte und
solche mit Menschen aus Ihrer
Umgebung. Sie versöhnt Menschen mit
den Ereignissen aus der Vergangenheit,
die die Seele noch immer zum
Aufwühlen bringen können.

Die moderne Wissenschaft besagt, dass


die meisten Krankheiten einen
psychosomatischen Grund haben.
Ausgehend davon ist die Beseitigung des
inneren menschlichen Konflikts
lebensnotwendig. Viele wundern sich,
wie die Menschen im Altertum ohne
Technik und ohne moderne Methoden
davon erfahren haben sollen. Früher
haben die Menschen ihre Kenntnisse von
Propheten und Hellsehern erlangt. Da
ihre Kenntnisse heutzutage
wissenschaftlich bestätigt werden,
waren sie dementsprechend nicht nur
Ergebnisse ihrer Phantasie.

Die Technik:

Halten Sie Ihren Rücken aufrecht und


konzentrieren Sie sich auf Ihr Innerstes.
Danach verbeugen Sie sich nach vorne
und legen die Handflächen auf den Knien
ab. Bleiben Sie ein paar Sekunden in
dieser Position. Richten Sie sich
anschließend wieder auf und
konzentrieren Sie sich auf Ihre
Bemühungen, besser zu werden.
Erinnern Sie sich ans Gute in sich.
Erinnern Sie sich nicht nur daran,
sondern spüren Sie Ihre positiven
Eigenschaften. Danach sinken Sie auf die
Knie und führen eine Verbeugung zum
Boden aus. Lassen Sie den Kopf bis auf
die Höhe der Knie sinken. Erzeugen Sie
einen inneren Zustand der Annahme und
des vollständigen Vertrauens. Bleiben
Sie sechs bis sieben Sekunden in dieser
Stellung.
Die Übung „Adam“ können Sie im
Übungssatz oder entsprechend dem
Bedürfnis der Seele durchführen. Wenn
Sie betrübt sind, seien Sie nicht faul und
führen Sie diese Übung aus. Sie werden
sehen, wie schnell sie wieder gute Laune
bekommen werden.

Diese Übung hilft auch bei


Schlaflosigkeit, Schmerzen im unteren
Rücken oder bei versetzten
Bandscheiben. Auf Menschen, die oft
unter Migräneanfällen leiden, wirkt sich
diese Übung wegen des freien
Blutzufluss zum Kopf therapeutisch aus.
Trotz der äußeren Einfachheit dieser
Übung vitalisiert sie alle Funktionen und
Organe des Körpers, insbesondere das
Herz und das Blutsystem. Außerdem
wirkt sie sich positiv auf Muskeln und
Gelenke aus.

Die Körperstellung lenkt die


Gedankenbewegung. Aus der
Körperstellung kann man erfahren, ob
der Mensch sich ärgert oder ob er
erfreut ist. Ein sicherer Mensch
unterscheidet sich von einem
Zweifelnden durch die Körperstellung.
Mehrere Praktiken basieren darauf, dass
durch die Kontrolle der Körperhaltung
eine Charakteränderung erreicht werden
kann. Dadurch können biochemische
Prozesse des Körpers auf gewisse Weise
verändert werden. Beobachten Sie die
Körperhaltung von gesunden,
selbstsicheren Menschen und stellen Sie
den Unterschied zur Körperhaltung von
kranken und unsicheren Menschen fest.
Erinnern Sie sich an die Worte von
Rumi.

«Der Körper ist wie ein Brief.


Wenn dieser Brief es nicht verdient hat,
dass der Schöpfer seinen Blick darauf
wirft, so lösche seinen Inhalt.
Schreibe einen neuen Brief.
Einen Brief deines Lebens.»

Jede Körperhaltung ist ein Buchstabe.


Die Bewegung des Körpers ist
sozusagen bereits ein Brief. Der Name
der sufiitischen Schule „Nakschbandi“
stammt vom Wort „Naksch“. Dieses
Wort kann mit Muster oder Prägung
übersetzt werden.

«Ich bin ein Muster auf dem Ring


Gottes!»
Omar Khayyam

Die Meister dieser Schule werden auch


als Mustermeister bezeichnet. Diese
Bezeichnung drückt den Sinn der
Praktiken dieser Schule aus. Bei der
Erstellung eines bestimmten Musters
wird ein Leben entsprechend diesem
Muster erzeugt. Die Übungen und
inneren Praktiken erzeugen ein Muster,
das für die Zielerreichung notwendig ist.
Lernen Sie sich selbst Aufmerksamkeit
zu schenken. Die wertvollsten
Investitionen auf dieser Welt sind die
Investitionen in sich selbst.

«So wie die Saat, so die Ernte.»


Russisches Sprichwort

Durch die künstliche Erzeugung der


Rolle eines gesunden Menschen werden
Sie schrittweise gesund. Durch
Begünstigung der Krankheiten und
Unglücke bleiben Sie ihr Diener.

«Eines Tages versammelte der


Eigentümer eines schönen, großen
Hauses alle seine Diener und sagte: „Ich
fahre weg und ihr, meine Diener, sorgt
euch um die Ordnung in meinem Haus.“

Die Diener waren gut geschult, fleißig


und dem Eigentümer treu. Deshalb taten
sie das, was sie dem Eigentümer
versprochen hatten. Dann kam die Zeit
des Schichtwechsels. Den neuen
Dienern, die die alten abgelöst haben,
wurde gesagt: „Sie haben den
Hauseigentümer nicht gesehen, aber er
existiert. Wir sind nur Diener in diesem
Haus, vergessen Sie dies nicht.“

Die neuen Diener begannen ihre


Pflichten zu erfüllen, jedoch ohne große
Bemühungen und Respekt. Sie kannten
den Wunsch des Eigentümers nicht. Und
so verging eine lange Zeit. Der
Eigentümer war immer noch abwesend.
Manchmal bekamen die Diener Briefe
mit Wünschen von ihm.

Den alten Dienern waren seine Wünsche


genug, deswegen hatte er nie etwas
befehlen müssen. Die neuen Diener
kannten den Eigentümer jedoch nicht,
deswegen erfüllten sie seine Wünsche
nur teilweise.
Dann kam die Zeit des nächsten
Schichtwechsels. Bei den Anweisungen
fragten die neuen Diener: „Haben Sie
den Eigentümer irgendwann gesehen?“

„Nein“, antworteten die abzulösenden


Diener „Aber geht man von seinen
Briefen aus, so ist er ein großer
komischer Kauz. Einige sagen, dass
diese Briefe nicht von ihm geschrieben
werden. Es gibt auch Menschen, die
denken, dass das Haus überhaupt keinen
Eigentümer hat.“

Die neuen Diener fingen mit ihren


Pflichten auf eine eigenartige Art und
Weise an. Die Küchenarbeiter dachten,
dass die Putzfrauen kochen sollten. Die
Hofmänner behaupteten, dass die
Haustüren von den Zimmermädchen
repariert werden sollten. Im Haus
herrschte Chaos. Die Diener
beschlossen einen Führer zu wählen und
eigene Gesetze zu veranlassen.

Als der Eigentümer eines Tages


unerwartet zurückkam, setzte man ihn
vor seine eigene Tür. Von da an kostete
es ihn sehr viel Kraft und Mühe, seine
wahren Rechte wieder einzufordern.»

In diesem Gleichnis geht es darum, dass


wenn der menschliche Wille und die
Kontrolle nachlassen, die Diener, also
Gewohnheiten, über einen siegen
werden. Sie werden zu den Lenkern des
Hauses (des Körpers). Dies führt letzten
Endes zum absoluten Chaos und
beschwört Krankheiten und Unbehagen.
Je länger man diese Prozesse unterstützt
(Briefe schreibt), desto tiefer verankern
sich die Diener im Körper. Es kann dazu
kommen, dass Krankheiten die
Körperkontrolle übernehmen und der
richtige Eigentümer (der Wille) gar nicht
mehr hineingelassen wird. Dann wird es
sehr viel Kraft kosten, den eigenen
Körper wieder unter Kontrolle zu
bekommen.

«Eines Tages wirst du verstehen, dass


im Krieg kein fetter Ochse, sondern ein
kämpferischer Galopper gebraucht
wird.»
Dschelladin Rumi
11. ÜBUNG: ATEM DES
LICHTS
Die Übung „Atem des Lichts” ist eine
Form des energetischen
„Durchpumpens“ des Körpers. Sie
verbessert den Energiefluss im
menschlichen Körper und beseitigt den
Energiestau. Außerdem wirkt sie
beruhigend bei einem zu schnellen
Energiefluss. Die Übung beruhigt auch
das Nervensystem und erzeugt einen
Harmoniezustand in der Seele.

Die Technik:

Stehen Sie gerade. Ihre Hände liegen


entspannt auf den Oberschenkeln. Die
Knie sind entspannt, die Augen
geschlossen. Beim Einatmen heben Sie
die Hände vor sich hoch und stellen sich
vor, dass parallel zu den Händen ein
Lichtstrahl in Ihren Körper steigt. Stellen
Sie sich die Farbskala des Strahls
intuitiv vor. Bei einigen kann er hellgelb
sein, bei anderen dunkel- oder hellblau.
Vertrauen Sie dabei Ihrem Körper und
Ihrer Phantasie.

Nachdem Sie die Hände hoch gehoben


haben, atmen Sie aus und lassen Sie die
Hände seitlich sinken. Gleichzeitig
stellen Sie sich vor, dass der
Energiestrahl sinkt. Wiederholen Sie
diese Übung einige Male.

Beim Einatmen heben Sie die Hände


erneut hoch und stellen sich vor, dass ein
angenehmer Energiestrahl im Körper
aufsteigt. Beim Ausatmen lassen Sie die
Hände seitlich sinken und setzen Ihre
Bewegung mit dem Oberkörper nach
unten fort, in dem Sie sich nach vorne
beugen. In dieser Stellung schieben Sie
die Hände nach vorne und richten sich
beim Einatmen wieder auf. Vergessen
Sie nicht, sich gleichzeitig die
Energiesteigung vorzustellen.

Diese Übung stellt eine sogenannte


energetische Pumpe dar, mit deren Hilfe
der körperliche Energiekreislauf
verbessert wird. Nach der sufiitischen
Tradition wird diese Übung poetisch
erklärt. Der menschliche Körper ist ein
Leiter zwischen Himmel und Erde.
Ähnlich einem Baum bekommen wir
Nahrung durch die Wurzeln in der Erde.
Wir strecken uns jedoch zum Himmel,
um das Licht und seine Kenntnisse zu
erlangen. Der menschliche Körper kann
nicht lange von der Erde entfernt
bleiben, aber seine Seele streckt sich
zum Himmel. Diese Übung erlaubt den
Menschen, sich mit der erforderlichen
Energie zu durchtränken. Die Seele wird
bei ihrem Streben zum Höheren
unterstützt.
12. SUFIITISCHE
VERBEUGUNG
«Ein wahrhaftig Liebender findet erst
dann Licht, wenn er wie eine Kerze zum
eigenen Kraftstoff wird und sich selbst
verbraucht.»
Attar

Die sufiitische Verbeugung ist eine


Übung, die diesen Übungssatz
abschließt. Erzeugen Sie ein Gefühl der
Dankbarkeit für sich selbst, weil Sie
Zeit für sich und für diese Übungen
gefunden haben. Bitte lassen sie diese
Übung niemals aus, da sie einen äußerst
wichtigen Bestandteil des Übungssatzes
darstellt.

Die Technik:
Stellen Sie sich mit geradem Rücken hin.
Legen Sie die Hände überkreuzt auf die
Brust und beugen Sie sich mit einem
Gefühl der Zufriedenheit, Dankbarkeit
und des Vertrauens an das eigene Ich
nach vorne. Kehren Sie anschließend mit
herabhängenden Armen in die
Ausgangsposition zurück.

Bedanken Sie sich nochmals bei sich


selbst für die verrichtete Arbeit. Sie
können sich selbst im Bereich des
Brustbeins, genannt der Akhfo,
streicheln. In diesem Bereich befindet
sich nach der sufiitischen Vorstellung der
Hauptsitz der menschlichen Seele. Wenn
der Mensch diesem Bereich
Aufmerksamkeit und Liebe schenkt,
beseitigt er nicht nur innere Konflikte,
sondern hilft auch der Arbeit des
eigenen physischen Herzens.
13. ÜBUNG:
ENERGETISCHE
DREHUNG
«Ein Schüler bat um Erlaubnis am
sufiitischen Tanz teilzunehmen.
Der Scheich sprach:
„Iss drei Tage nichts. Dann lass‘ dir
die schönsten Gerichte kochen.
Wenn dir dann noch der Tanz wichtiger
erscheint als das Essen, kannst du
daran teilnehmen.“»

Die Technik:

Stellen Sie sich aufrecht hin. Nehmen


Sie eine Position ein, in der Sie sich
angenehm drehen können. Schließen Sie
Ihre Augen. Hören Sie auf Ihren Atem
und Ihr Herz. Entspannen Sie den Körper
und kontrollieren Sie ihn gleichzeitig.
Falten Sie die Hände auf der Brust
zusammen und erzeugen Sie das Gefühl
der inneren Klarheit und Stille.
Entspannen Sie Ihr Bewusstsein und
spüren Sie Ihre eigene Tiefe. Erzeugen
Sie einen Zustand, als ob Sie den
Augenblick anhalten würden.

Spüren Sie, dass Ihr Körper ein Leiter


ist und durch ihn die reine Energie
fließt? Sie sind die reine Energie!
Lassen Sie die Energie durch Ihren
Körper gleiten und spüren Sie die
leichte Vibration Ihrer Bewegung. In
diesem Energieleiterzustand beginnen
Sie mit den Drehungen. Beobachten Sie,
wie Leitfähigkeit und Geschwindigkeit
steigen. Der Körper ist abwesend wie in
einer Trance. Sie nehmen nur die
Energiedrehung wahr. Innere Stille und
Ruhe breitet sich in Ihnen aus. Spüren
Sie, wie aus Ihrer Tiefe eine
Wärmewelle, eine Welle der
gemütlichen Zartheit, steigt? Wie eine
Blume wird die Seele mit Aroma gefüllt
und wie Kelchblätter geöffnet.

Führen Sie langsam Drehungen in


beliebige Richtung durch. Vergessen Sie
nicht, dass die Drehrichtung keine Rolle
spielt. Das Wichtigste sind Gefühle. Der
Sinn besteht in innerer Wahrnehmung.

Öffnen Sie nun die Hände. Richten Sie


eine Hand in Richtung Himmel als
Zeichen der Verbindung mit diesem.
Richten Sie die andere Hand in Richtung
Boden. Öffnen Sie Ihre Handfläche nach
unten als Zeichen der Verbindung mit der
Erde. Erzeugen Sie eine senkrechte
Achse, die durch den Körper läuft.
Erzeugen Sie dabei das Gefühl der
Energie, die durch diese Achse
hindurchfließt. Sie kann von unten nach
oben oder umgekehrt fließen. Auch dies
spielt keinerlei Rolle. Wichtig ist nur
der Zustand des Selbstvertrauens, der
inneren Klarheit und der Freude.
Vergrößern Sie die Helligkeit dieser
Gefühle durch die Drehung.
Verschwenden Sie keinen Gedanken
daran, ob Sie sich richtig drehen.
Vertrauen Sie sich selbst und Sie werden
geführt. Ihr Körper wird die Drehung
richtig ausführen. Sie machen es richtig
von Anfang an. Vergessen Sie nicht, dass
jede Ihrer Taten von Anfang an richtig
ist. Mehr Selbstvertrauen. Mehr
Selbstsicherheit. Spüren Sie es!
Leben Sie für das Schaffen und die
Schöpfung. Drehen Sie sich im Tanz für
die Freude dieser Welt. Sie sind der
Schöpfer. Der Gott ist in Ihrem Inneren.
Jede Ihrer Taten ist richtig. Folgen Sie
diesem Gefühl.
14. ÜBUNG:
HARMONISIERUNG
Dies ist eine Übung zur Ausbalancierung
der Polarität des menschlichen Körpers
und der Erhöhung der Vibration.

Die Technik:

Stellen Sie sich stabil hin. Überkreuzen


Sie die Hände und legen Sie diese auf
Ihren Schultern ab. Atmen Sie tief ein
und aus. Wechseln Sie die Hände ab.
Auf diese Weise gleichen sich beide
Hälften des Körpers aus. Alles in Ihrem
Körper wird in die richtige Balance
gebracht.
Mit dem Außenrand der Handflächen
berühren Sie die oberen Ränder Ihrer
Ohren. Wenn Sie es schaffen sich zu
entspannen, werden Sie fühlen, wie der
Oberkörper kreisförmige Bewegungen
ausführen wird. Auf diese Weise
gleichen Sie die eigenen Vibrationen der
Drehung mit der Drehung der Erde aus.

Bilden Sie mit Ihren Händen zwei


Fäuste, kreuzen Sie die Arme und
berühren Sie mit den Fingerspitzen die
Stirn ohne die Fäuste aufzulösen. Atmen
Sie tief ein und aus und wechseln Sie die
Arme. Die Gehirnhälften werden
ausgeglichen.
Berühren Sie im nächsten Schritt mit den
Fingerspitzen den Hinterkopf ohne die
Fäuste aufzulösen. Nun werden Ihre
Nieren ausbalanciert. Winkeln Sie den
rechten Arm an und legen Sie ihn auf die
linke Schulter. Verbinden Sie den
Daumen der linken Hand mit dem
Zeigefinger und entfernen Sie leicht den
Rest des linken Armes vom Körper.
Atmen Sie wieder tief ein uns aus. Ihre
Schilddrüse wird ausbalanciert.

Berühren Sie mit den Fingern der


rechten Hand die linke Seite des Halses
und legen Sie die linke Handfläche auf
die Finger der rechten Hand. Tauschen
Sie anschließend die Arme. Ihre
Brustdrüse, der Thymus, wird
ausbalanciert.

Legen Sie die rechte Handfläche auf den


Hinterkopf. Legen Sie die linke
Handfläche ein bisschen tiefer und
schieben Sie sie teilweise unter die
rechte Handfläche drunter. Atmen Sie
tief ein und aus. Ihre Zirbeldrüse wird
ausbalanciert.

Verbinden Sie die Handflächen in Form


eines Lotos (die Handgelenke sind
verbunden und die Handflächen sind
geöffnet, so als ob sie einen runden
Gegenstand halten). Diese Übung ist der
Anker bzw. der Abschluss des
Gesamtprogramms. Sie hilft Ihnen, Ihr
inneres Gleichgewicht in allen Gliedern
Ihres Körpers auszubalancieren und
festigt Ihre Substanz auf dem
Magnetgitter der Erde.
SCHLUSSWORT
Die in diesem Buch angegebenen
Informationen wurden mit Erlaubnis von
Pir Hazrat Ibrahim Haji Kokandi
veröffentlicht. Er hat zunächst Muzaffar
Haji Usmanov und danach auch anderen
Traditionsträgern die Erlaubnis gegeben,
die Informationen zu verbreiten und hat
diese gesegnet.

Scheich Nazim al Hakanni hat den Autor


bei der Erstellung dieses Buches
schöpferisch inspiriert. Bei der
Bearbeitung und Anpassung des
Materials für europäische Leser habe
ich Hilfe von folgenden Menschen
bekommen: Anna Tretyakova,
Spezialistin für weibliche energetische
Praxis, Sergey Chermyanin, Spezialist
für sufiitische Tradition und Muzaffar
Haji Usmanov, Autor der Buchreihe
„Unterrichten des Lesens mit dem
Herzen“. Einige Materialien seiner
Bücher wurden in diesem Buch
mitverwendet.

Die oben genannten Kollegen sind


ebenfalls Trainer für die Verbreitung der
praktischen Erfahrungen. Natürlich
unterscheidet sich die praktische
Vorgehensweise von den rituellen
Formen des Sufismus, doch die
tatsächliche Effektivität der sufiitischen
Praktiken in Bereichen der
Selbstheilung, Entwicklung und
menschlichen Psychologie lässt diese
Kenntnisse zu einer gemeinsamen
Nutzung veröffentlichen.

«Wenn der Mensch nach etwas strebt,


spielt seine Hautfarbe keine Rolle.»
Hazrat Ibrahim

Die Vertreter der praktischen Richtung


arbeiten meist in Seminaren und
Lesungen und bringen den Menschen die
sufiitische Entwicklungspraxis in einer
leichtverständlichen Form bei. Eine der
Regeln der praktischen sufiitischen
Richtung besagt, dass diese Dinge
modern und aktuell sein müssen.
Deswegen greifen die modernen
Praktiken einige aktuelle Themen auf.

Ich möchte betonen, dass die sufiitische


Sicht den Menschen als Teil des
Universums betrachtet. Deshalb ist der
Zugang zum Menschen immer individuell
und die Trainingsmethode ist vielseitig.
Die Methode wird vom Spezialisten
nach dem Kennenlernen mit der Gruppe
vorbereitet.

Der Mensch hat zwei


Bewegungsrichtungen im Leben. Eine
erfolgt in der Außenwelt, die andere im
Inneren des Menschen. In einem
Gleichgewicht dieser beiden Wege
bestehen die Gesundheit und der Erfolg
im Leben. Meistens leben die Menschen
nur in der Außenwelt und verbrauchen
sich für unterschiedliche
Neuanschaffungen. Im Endeffekt führt es
dazu, dass der Mensch „verbrennt“ und
schneller alt wird. Auch Besuche von
Kurorten und von Schönheitsstudios
bringen keinen entsprechenden Effekt.
Das ist darauf zurückzuführen, dass der
Mensch sich selbst und seinen inneren
Entwicklungsweg vergisst.

Der Mensch wächst bis zum Alter von


dreißig Jahren, aber das bedeutet nicht,
dass danach seine Entwicklung aufhört.
Absolut nicht. Stirbt etwa ein Baum
nachdem er gewachsen ist? Das äußere
Wachstum wird bloß durch das innere
Wachstum ersetzt. Der Mensch muss
erlernen, seine Aufmerksamkeit der
inneren Entwicklung zu widmen. Darin
besteht die Voraussetzung für sein
geistiges Gleichgewicht und die
psychoemotionale Gesundheit.

Die in diesem Buch angebotenen


Verfahren erfüllen vollständig die
notwendige Voraussetzung zum
Aufblühen des Menschen. Sie müssen
lediglich den Geschmack dieser
Übungen auskosten und sehen, wie Sie
Ihr Leben in jeder Hinsicht zauberhaft
bereichern.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei!


RECHTSBELEHRUNG
Die vorgestellten Übungen stellen kein
Hilfsmittel im medizinischen Sinne dar
und ersetzen weder ärztliche Behandlung
noch andere medizinisch veranlasste
Anwendungen. Sie sind auch kein Ersatz
für eine ausgewogene und
abwechslungsreiche Bewegung und
Ernährung.

Ihre Anwendungen liegen alleine im


Verantwortungsbereich des Anwenders.
Weder der Autor, noch der Verlag
übernehmen irgendwelche Haftung
diesbezüglich.
Die Verwertung der Texte und Bilder,
auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung
des Verlags oder Autors
urheberrechtswidrig und strafbar. Dies
gilt auch für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
Verarbeitung mit elektronischen
Systemen.

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