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Entwicklungspsychologie

Paar und Familienbeziehungen


Frau und Mann
Soziale Kompetenz und soziale Unterstützung

Weiterführende Literatur
Allg. Literatur von Jürg Willi (z.B. „Was hält Paare zusammen?“ oder „Die
Zweierbeziehung“)

Prüfungsrelevanter Stoff
Lehrbuch Kap.: 6.5; 6.6; 8.9; 8.10; 8.11

Paar- und Familienbindungen


Immer mehr Menschen kommen vom klassischen Weg (heiraten und Kinder) ab.
Es gibt immer mehr geschiedene oder im Konkubinat lebende Personen.
Erst in den letzten Jahren wurde auch das Thema Liebe überhaupt ein Thema im Bereich
Paarbeziehungen.

Interview mit Jürg Willi


Es wird immer später geheiratet. V.A. der Bildungsstand der Frauen hat darauf einen hohen
Einfluss. Die Frauen wollen nicht mehr unbedingt so früh Kinder haben, da sie zuerst eine
Ausbildung (oder Studium) machen möchten. Dadurch wird auch die Hochzeit weiter heraus
geschoben. Später jedoch (so um 38-40) gibt es eine Art Torschlusspanik bzgl. Kinder.
Zu heiraten bedeutet, einen Vertrag einzugehen und sich viel stärker an den Partner zu binden.
Davor schrecken viele Leute zurück. Sie möchten in jungen Jahren gerne eher unabhängig
und frei sein. Erst später kommt der Wunsch nach einer bestätigt festen Partnerschaft bis ans
Lebensende. Manchmal geht die Beziehung aufgrund der Heirat auch zu Grunde.
Auch spielt die Versorgung der Kinder eine Rolle. Z.B. in Skandinavien ist die externe
Kinderbetreuung viel besser gelöst als bei uns. Daher sind dort mehr junge Leute verheiratet.
Jedoch entwickelt sich auch dort der Trend in Richtung Konkubinat (mit Kindern). Dadurch
wird der Mann jedoch zu einem Teil zum Samen- und Geldspender degradiert.
Ein Beispiel ist auch die Ärzteehe. Oftmals heiraten Ärzte nicht Ärztinnen. Das führt meistens
zu stabileren Ehen. Wenn zwei Ärzte heiraten, kommt es schnell zur Frage betreffend
Karrieregestaltung. Der Mann hat eher Probleme mit der Macht der Frau, wenn sie Karriere
macht. Wenn es aber dochzu einer reinen Ärzteehe komm, ist es grundsätzlich besser, wenn
sie in getrennten Abteilungen/Betrieben arbeiten.
Heute ist der Grund für eine Ehe meistens die Liebe. Die Frau ist nicht mehr auf das
Einkommen des Mannes angewiesen. Wenn sich zwei Menschen nicht mehr lieben, ehen sie
heutzutage meist auseinander, denn jeder kann für sich selber sorgen (und muss nicht wie
früher alles akzeptieren, bloss um ein Auskummen zu haben). Das führt zu einer neuen
Definition des partnergesprächs. Mann muss sich gegenseitig verstehen, kritisieren,
akzeptieren und verbessern. Wen das nicht fuunktioniert, kommt es häufig zur Trennung.
Was heute wichtig ist für die Partner, stabilisert auch die Beziehung. Dazu gehören z.B.
gemeinsame Behausung, Freunde, Hobbies, etc. und nicht zuletzt auch die Kinder. Auch
Scheidungen laufen heute völlig anders ab. Heute kommen immer mehr Partner im Rahmen
einer Paartherapie zur Scheidung und möchten aber um jeden Preis die Freundschaft erhalten
und das Wohl der Kinder in den Vordergrund stellen. Früher versuchten auch die Anwälte nur
das Maximum für Ihre Mandanten herauszuholen und den Gegner fertig zu machen. Das ist
heute nicht mehr so. Eine Studie hat ergeben, dass Kinder aus geschiedenen Familien eher
benachteiligt sind. Die Probanden wurden als Erwachsene (mind. 16 Jahre nach der
Scheidung) untersucht und es wurde festgestellt, dass diese Leute in Punkto Bildung,
Drogenkonsum, eigene Familienprobleme, etc. gegenüber Probanden aus nicht geschiedenen
familien benachteiligt waren. Jedoch wurden diese Familien alle lange vor dem grossen
Wandel geschieden, also zur Zeit, als noch Kampfscheidungen durchgeführt wurden. Heute
sieht das wieder etwas anders aus.
Auch Hausärzte sollten sich mit Ehepsychologie auskennen, v.A. wenn auch noch Kinder
dazukommen. Kinder stellen eine grosse Belastung für eine Ehe dar, denn es steht die Frage
im Raum, wer zu Gunsten der Kinder in seinem Beruf, Freizeit, etc. zurücksteckt. Dabei kann
es zu Rivalisierungen kommen (keiner will sich um die Kinder kümmern, oder beide wollen
das unbedingt).

Soziale Merkmale heutiger Familien


- Diskrepanz
o zwischen proklamiertem Familienideal und realer Familienpolitik
- Vielfalt
o von Familienformen
- konsensuales Gleichheitsprinzip
o zwischen Ehepartner und zwischen Generationen
- flexible Funktionsteilung
o zwischen Vater und Mutter
- partielle Einbeziehung des Vaters
o in die Kindererziehung und Haushaltarbeit

Pluralisierung der Lebensformen


- Kinder werden nur von einem Partner gross gezogen
- Partner leben ohne Trauschein miteinander (mit oder ohne Kinder)
- Gleichgeschlechtliche Partner ziehen ein Kind gemeinsam gross
- Nach der Scheidung werden neue Beziehungen eingegangen (Patchwork)
- Familienmitglieder an verschiedenen Wohnorten

Geschwistereziehungen
- Wichtiges Übungsfeld für soiziale Lernerfahrung
o Rücksichtsnahme
o Zusammenspiel
o abgeben und teilen
o Besitz verteidigen
o etc

Vierfaktorielles Stressmodell
- Hohe Anforderungen, geringe soziale Unterstützung und geringe Regulierbarkeit
o Sehr hohe Morbiditätsrate
- Geringe Anforderungen, hohe soziele Unterstützung und hohe Regulierbarkeit
o Geringe Mobiditätsrate
Mann und Frau
- Biologische Aspekte
o Chromosomen (Determination)
o Erkrankungen der Geschlechtsorgane
o Hormone und Verhalten (z.B. Testosteron und Agressivität ca. 50:50
Befürworter und Gegner)
- Geschlechtsidentität
o Biologisches Geschlecht vs. psychologisches Geschlecht (Transsexualität: 2/3
Männer; 1/3 Frauen. Aber: Frau zu Mann umwandeln sehr viel einfacher als
Mann zu Frau, wegen Anpassung des Körperbaus)
o Es kann auch zu Störungen kommen, bei denen die äusseren
Geschlechtsmerkmale bei der Geburt männlich sind und sich dann in der
Pubertät (aufgrund des chromosomalen Geschlechtes) weibliche
Körpermerkmale ausbilden
- Geschlechterstereotypen und Geschlechterrollen
o Typische Eigenschaften von Erwartungen an Mann / Frau
- Feminisierung der Medizin
o Auszug der Männer aus der Medizin (immer mehr Frauen; momentan ca. 60%
weibliche Medizinstudenten)
o Konsequenzen für die Fachdisziplin, die Gesundheitspolitik und Ökonomie

Geschlechtsstereotypen (Charakterzüge) bezeichnen typische Charaktereigenschaften, die


Männern und Frauen zugeordnet werden. Sie sind über die Zeit sehr stabil und werden in
Kindheit erworben und sind stabil.
Geschlechterrollen werden ausgearbeitet und bezeichnen die Erwartungen, die an Männer und
Frauen gestellt wrden. Sie sind sozialen Schwankungen unterworfen.

Interview mit Transsexueller (ex Mann Î Mann-zu-Frau-Transsexualität)


- Heute Frührentnerin wg. gesundheitlichen Problemen (Herzinfarkt, Schwächeanfälle,
Depressionen, etc.)
- 56 ½ Jahre alt
- Verheiratet mit Frau
- Wollte schon immer (auch als Kind) lieber ein Mädchen sein
- Kann inzwischen die weibliche Seite immer besser zeigen und ausleben (zu Hause wie
auch öffentlich)
- Traum: eine „richtige“ Frau werden
- Mit 6 Jahren bei der Nachbarin in Obhut; ein Kleidchen mit Krägchen entdeckt und
auf Ermunterung der Nachbarin anprobiert
- Auch immer sehr gerne mit Puppen gespielt
- Auf Drängen der Eltern hin jedoch in Jungenrolle gezwängt
- Probleme im Militär Æ „Softie“; Aufgrund von Atemproblemen (Polypen) für UT
erklärt
- Lehre als Psychiatriepfleger
- Schon immer eher Potenzarm, „Penisekel“, jedoch unter Zwang und Druck trotzdem
geheiratet und 3 Töchter gezeugt Æ später Scheidung
- Wieder geheiratet Æ nach zwei Jahren Ehe outing gegenüber der Frau Æ
Anschliessend eintritt in Polyklinik (psychiatrischer Dienst)
- Keine Scheidung, jedoch Veränderung in der Beziehung und v.A. in der Art der
seuxellen Beziehung
- Zu Hause bei Anwesenheit der Frau eher unisex gekleidet; alleine eher weiblich
- Schwiegervater fiel aus allen Wolken; Töchter akzeptierten es sehr schnell
- In Therapie entschied man sich gegen eine Umwandlung und gegen die Gabe von
Geschlechtshormonen

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