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fahrwerkentwicklung
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berechnung und darstellung von gelenkwinkeln im fahrwerk
Institut für Kraftfahrwesen Aachen der RWTH Aachen (ika); ZF Lemförder Fahrwerktechnik GmbH & Co. KG, Lemförde
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entwicklungsmethoden
fahrwerkentwicklung
1 1 Eingabemaske
(links) und
Kinematikergeb-
nisse im Ver-
gleichsdiagramm
2 Ausgangs- und
Zielstellung von
Gummilager
(links) und
Kugelgelenk
kels sein soll, ist die Auslegung insbesondere von lung über zwei Projektionswinkel beschrieben.
den kinematischen Anforderungen an das Gelenk Damit wird ein Großteil der in der Industrie übli-
abhängig. Ein Achslieferant wie ZF Lemförder chen Darstellungsweisen für Gelenkwinkel ab-
Fahrwerktechnik liefert hauseigene Gelenke und gedeckt (Bild 3).
Lager und kann somit in der Achsauslegung und Weiterhin wird die Rotation des Gelenkes um
-vorentwicklung bereits wichtige Erkenntnisse für die eigene Hauptachse (Eigenrotation) berechnet
die hausinterne Komponentenentwicklung gene- und dargestellt. Bei einem Kugelgelenk hat die
rieren. So ist z. B. für ein Kugelgelenk relevant, Eigenrotation um die Gelenkzapfenachse Einfluss Dr.-Ing.
welche Winkelbereiche maximal erreicht werden auf den Gelenkverschleiß. Bei einem Gummilager Christoph
und welche Gelenkstellungen über einen definier- kann die Angabe dieses Gelenkwinkels darüber Elbers, arbeitet
bei der ZF
ten Bewegungszyklus angefahren werden. Diese hinaus für die Berechnung des Rückstellverhaltens Lemförder
Erkenntnisse beeinflussen maßgeblich das Design bzw. Rückstellmoments mit Kenntnis des Materi- Fahrwerktechnik
des Kugelgelenks. Bei einem Kugelgelenk ist die alverhaltens weiterverwendet werden. GmbH & Co.
Bewegung zwischen Gelenkzapfen und Gelenk- Ob in der Polarwinkeldarstellung oder in der KG als Leiter
gehäuse kinematisch relevant, während bei einem 2-Ebenen-Projektion: Für jeden Bewegungs- Vorentwicklung
Achsen.
Gummilager die Bewegung zwischen der Innen- zustand des Achssystems bzw. des Radträgers
und Außenhülse von Interesse ist (Bild 2). kann die jeweilige Gelenkstellung eindeutig ab-
gelesen werden.
Gelenkwinkeldarstellung: Die relativen Gelenk-
bewegungen werden entweder in Polarkoordina- Bewegungsablauf der Radaufhängung: Um eine
ten oder in einer projizierten 2-Ebenen-Gelenk- eindeutige Zuordnung der Gelenkwinkelergeb-
winkeldarstellung anschaulich ausgegeben. In nisse zum jeweiligen Bewegungszustand sowie die
der Polarkoordinatendarstellung ist die direkte Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten,
Erfassung des absoluten Öffnungswinkels mög- ist ein standardisierter Bewegungsablauf reali-
lich. Gleichzeitig wird mit dem Positionswinkel siert. Nach Eingabe von maximalem Einfederweg
angegeben, an welcher rotatorischen Position sowie maximaler Spurstangenauslenkung durch Tabelle 1:
Auszug aus der Lis-
sich die jeweilige Gelenköffnung ergibt. Bei der den Benutzer wird ein Bewegungsplan erzeugt, te der berechneten
2-Ebenen-Darstellung wird die Stellung des aus- der sukzessive alle maximalen Stellungen anfährt. Kinematikkennwer-
gelenkten Gelenkes relativ zur Ausgangsstel- Die Feder kann maximal ein- oder ausgefedert › te in ABE
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werden, die Spurstange maximal nach rechts und des Zielsystems zu beschreiben, was der ab-
links bewegt werden. Zusammen mit der Aus- soluten Auslenkung des zu beschreibenden Ge-
gangsstellung und der Konstruktionslage ergeben lenkes entspricht.
sich neun verschiedene Endpositionen. Daraus Im vorliegenden Fall wird die Ausgangslage
ergeben sich insge- mit dem Index „1“ und die ausgelenkte Lage mit
3 samt zwölf Bewe- dem Index „2“ versehen.
gungsbahnen, die Eine allgemeine Abbildungsmatrix rotiert
durchfahren wer- das Koordinatensystem von der Ausgangslage „1“
den (Bild 4). in die Zielposition „2“:
Damit wer-
den auf effiziente (1)
Weise alle extre-
men kinematischen Die Notation für Rotation, Abbildung und Koor-
G e l enk zus t ä nde dinatentransformation ist [4] entnommen.
erfasst, die sich bedeutet dabei, dass das Koordinatensystem
über den gesamten Bewegungsbereich einer Rad- mit der Nummer „2“ im lokalen, nicht inertialen
aufhängung ergeben können. So können bereits Koordinatensystem „1“ per Koordinatentransfor-
in der Vorentwicklung die notwendigen kinemati- mation dargestellt wird.
schen Winkelbereiche der einzelnen Gelenke vor- Soll das Zielkoordinatensystem „2“ auf das
dimensioniert werden. Die Farben der jeweiligen lokale Koordinatensystem „1“ bezogen werden,
Bewegungsrichtungen sowie die Bezeichnungen so gilt:
der jeweiligen Eckpositionen im Bewegungsplan
finden sich zur besseren Orientierung auch in den (2)
Ergebnisdarstellungen wieder (Bild 7).
Mithilfe von kann man also nicht nur Vekto-
3 Gelenkwinkel,
Polarwinkel Grundsätzliche Voraussetzungen der erforder- ren oder Koordinatensysteme im Raum von einer
(links) sowie lichen Rechenoperationen: Um die genannten Ausgangslage in eine Zielposition abbilden, son-
Projektionswin- Gelenkwinkel in Polarkoordinaten und in kardani- dern auch Vektoren oder Matrizen in verschiede-
kel (beispielhaft) schen 2-Ebenen-Projektionen sowie die Eigenrota- nen Koordinatensystemen darstellen.
4 Standardisierter
tion zu berechnen, ist es notwendig, für die beiden Die Matrix ist wie alle in diesem Algorith-
Bewegungsplan
zur Berechnung relativ zueinander bewegten Gelenkkomponenten mus verwendeten Rotationsmatrizen orthonormal
der Gelenk- jeweils ein körperfestes Koordinatensystem fest- (orthogonal und normiert) und unterliegt dadurch
winkel zulegen. Diese Koordinatensysteme werden sich der günstigen Eigenschaft, dass die inverse der
bei einer Bewegung der Radaufhängung relativ transponierten Matrix entspricht:
zueinander bewegen. Von kinematischer Relevanz
sind dabei nur die jeweiligen lokalen Rotationen (3)
und nicht die translatorischen Bewegungen.
Sind zwei Koordinatensysteme mit gleichem Besetzung der Koordinatensysteme: Um die
Ursprung im Inertialsystem bekannt, so lässt sich Bewegung der Gelenke berechnen zu können,
die Relativbewegung beider Systeme dadurch müssen die körperfesten Koordinatensysteme der
ermitteln, dass das ausgelenkte Koordinaten- Gelenkkomponenten eindeutig festgelegt sein. Im
system im Koordinatensystem des Ausgangs- Fall des fahrzeugseitigen Gummilagers wird die
zustandes dargestellt wird. Dann ist es mög- Orientierung der Gelenkhauptachse durch den
lich, beispielsweise die Auslenkung der z-Achse Gelenkmittelpunkt sowie der Angabe eines zwei-
ten Punktes auf der Hauptachse eindeutig fest-
4 gelegt. Alternativ kann sich der Benutzer für die
ersten Betrachtungsschritte einen Vorschlag zur
Gelenkorientierung vorgeben lassen. Die Gelenk-
hauptachse wird gemäß gängiger Konvention als
z-Achse betrachtet. Diese z-Achse sowie der Rich-
tungsvektor des mit dem Gelenk verbundenen
Lenkers spannen eine Ebene auf. Per Kreuzpro-
dukt werden die x- und y-Achse des Ausgangs-
systems eindeutig festgelegt. Damit ist das Koor-
dinatensystem (Gummilagersystem) durch die
Eingabe eines einzelnen Punktes auf der Gelenk-
hauptachse eindeutig festgelegt.
Für das Kugelgelenk gilt die gleiche Vor-
gehensweise: Der Benutzer legt neben dem
Gelenkmittelpunkt einen zweiten Punkt auf der
Gelenkzapfenachse (z-Achse) fest. Der Lenker-
vektor legt zusammen mit der z-Achse die Grund-
ebene des Gelenkes fest und die einzelnen Ach-
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Aufgrund der o. g. Bedingung für die x-z-Ebene Für die Version 3 gilt, dass die Eigenrotation des
in „P“ gilt: Lenkers komplett unterbunden wird. Dafür wird
die Abbildungsmatrix vom Ausgangszustand in
(25) den Zielzustand in Basisrotationen unterteilt. Wie
erwähnt kann dies ähnlich zu Euler-Rotationen
Damit ergibt sich der letzte Einheitsvektor auto- geschehen. Hier wird allerdings eine Rotation mit
matisch per Kreuzprodukt: Bryant-Winkeln gewählt [4], die im Gegensatz
z. B. zur häufig verwendeten Euler-x-Konvention
(26) (z,x,z- bzw. 3,1,3-Rotation) [5] eine Rotations-
reihenfolge aufweist, die alle drei Raumachsen
Diese Rotationsmatrix bildet in die Zwischen- (x,y,z bzw. 1,2,3) betrifft. Damit ist es möglich,
position ab: das aufbauseitige Koordinatensystem zunächst
so zu drehen, dass dem Lenkervektor eine lokale
(27) Raumachse zugewiesen wird, um dann eine solche
Bryant-Rotation anzuwenden. Diejenige Rota-
Mit dieser Rotation liegen nun der Zwischenlage- tionsmatrix, die um die Lenkerachse dreht, wird
vektor und der Zielvektor in einer gemein- dann zur Einheitsmatrix gesetzt. So findet also
samen Ebene, in der x-z-Ebene des Systems „P“. nur eine zweimalige Basisrotation ohne Lenker-
Die nächste Rotation findet daher um die y-Achse eigenrotation statt.
statt, um auf korrekt abzubilden. Dazu
werden zunächst beide Vektoren im System „P“ Ergebnisdarstellung: Wenn für die einzelnen Len-
dargestellt: ker die Abbildungsmatrix der Lenkerbewegung
bekannt ist, können die relativen Gelenkbewe-
(28) gungen ermittelt werden (Bild 3).
Aus den Komponenten des Vektors, der die
(29) z-Achse beschreibt, kann man nun folgende Win-
kel ablesen: den Öffungswinkel , den Positions-
Diese Rotation ließe sich mithilfe einer Rotations- winkel sowie die projizierten Auslenkungswinkel
matrix mit Winkelfunktionen direkt auflösen. Da und . Da die Länge des Vektors normiert
solche Richtungskosinus aber unter Umständen ist, genügen jeweils die zwei Polarwinkelangaben
nicht richtungseindeutig sind, wird aus Gründen oder die beiden Projektionswinkel zur vollständi-
der universellen Programmierung die Variante gen und eindeutigen Beschreibung der Gelenk-
der Rotation mit Einheitsvektoren verwendet. stellung im Raum.
Dazu wird zunächst mit auf eine Basisachse Die z-Achse sei beschrieben durch:
zurückrotiert, um anschließend von dieser Basis-
achse mit eindeutigen Einheitsvektoren und in (34)
die Zielposition gedreht zu werden:
Damit ergeben sich im weiteren folgende Winkel-
berechnungen:
Öffnungswinkel:
(30)
(35)
(31) (36)
›
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