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California JM 4- und 5-saiter

Sandberg
Zumindest die Vintage-Puristen dürften entsetzt sein.
Doch die eigenwillige Kopie des legendären Bass-
Designs zielt auf eine kleine Marktnische: Den Charme
auf der Bühne gealterter Klassiker mit aufgepeppten
Zutaten zu kombinieren. Sonst gibt es nämlich meist nur
Vintage oder Modern, die California-JMs bieten
tatsächlich einen raren Mix.
Damit ist vor allem auf das „Aged Finish“ gemeint, welches der Hersteller für diese Modelle neben Matt
und High Gloss anbietet. Mit abgewetztem, verschossenem Korpuslack und einigen Katschen gewinnen
die funkelnagelneuen Bässe aus dem Sandberg Custom Shop doch sofort an Ausstrahlung.

Konstruktion
Was soll man hier abermals über Hölzer und Konstruktion des Bass-Klassikers schlechthin referieren,
zumal Sandberg da auch nicht vom bewährten Pfad der Tugend abweicht: Korpus Erle, Hals einstreifig
liegender Ahorn, da gibt es wohl nichts dran zu verbessern. Nur in einigen Details zeigt sich die eigene
Handschrift, zum Beispiel beim Nullbund mit zusätzlichem Knochensattel und dem auf 22 Lagen
erweiterten Tonumfang. Aus Angst, der Hals könnte bei geringerem Befestigungsaufwand aus der
Korpustasche fallen, hält man ihn dort mit sechs Schrauben fest. Auf die Griffbretteinlagen hat man
verzichtet, und auf ein speckiges Binding sowieso. Das ergibt bei der Holzkonstruktion
summasummarum kaum nennenswerte Abweichungen, und sie fallen im Gesamtbild nur wenig auf. Was
auffällt, ist aber die saubere Qualität der akkurat aus hochwertigen Hölzern gebauten Instrumente, hier
möchte jemand gute Bässe hinbekommen und nimmt den Job trotz der tausendfach kopierten Vorlage
wirklich ernst.

Ausstattung
Und schon ist Schluss mit der Gefühlsduselei, erstmal wird jetzt ein fetter, sustainstarker Steg
aufgeschraubt, dann ein kräftiger Humbucker in die Stegposition gesetzt und auch der verbliebene
Singlecoil mit dicken 9-mm-Polstücken ausgestattet. Selbstverständlich soll diese powerige Austattung
nicht passiv bleiben und wird hier mit einem aktiven Zweiband-EQ kombiniert. Zur Pickup-Wahl dient
ein Überblendregler, ein Kippschalter ermöglicht das Coil Splitting beim Humbucker, der Master-Knopf
schaltet beim Herausziehen die aktive Klangregelung ab, für den Fall, dass auch einmal die
traditionelleren Klangqualitäten gefragt sein sollten. Die offenen Stimmechaniken unterstützen optisch
diese Richtung, wickeln aber durch entsprechend geformte Achsen die Saiten automatisch günstig auf.
Noch ein unsichtbares Detail verdient Erwähnung, nämlich die neuen, dünnen Halsspannstäbe in den JM-
Hälsen. Einserseits erlauben die Spannstäbe die Halsjustierung in beide Richtungen, andererseits ist ihr
Durchmesser geringer als üblich, so dass dafür weniger Holz ausgefräst werden muss.

Handhabung
Nun sind wir wieder beim Althergebrachten, zumindest beim Mapleneck-Viersaiter, dem recht flache
Bundstäbchen ein authentisches Vintage-Spielgefühl einhauchen. Die sitzen auch im Palisander-Griffbrett
unserer fünfsaitigen Ausführung, wirken aber etwas höher, weil hier ja der Lack entfällt, der für eine
empfindliche Ahorn-Oberfläche unverzichtbar ist. Der Halslack wurde vom Aging weitgehend
ausgenommen, sieht man vom gilben Farbton und der unvermeidlichen Brandspur einer Zigarettenkippe
am Kopfplattenübergang ab. Dadurch fühlen sich die California-JMs, anders als es die gealterte Optik
erscheinen lässt, wie neue Bässe an. Dabei belegt die niedrig einstellbare Saitenlage die akkurate Qualität
der Bundierung. Mit einem erweiterten Shaping in der Korpusrückseite liegen die Sandbergs angenehm
fest am Körper, auch der Fivestring hängt ausgewogen und ohne Kopflastigkeit am Gurt. Das ist auch
wichtig, denn mit 4,6 bzw. 4,8 kg sind beide Bässe keine Leichtgewichte.

Klangverhalten
In der Tonartikulation geben sich die beiden JM-Bässe ziemlich traditionell und geben mit feinem
Holztimbre und gutmütigem Attack einen markanten Ton an - wie kann es bei dieser Holzauswahl und
Grundkonstruktion anders sein. Jedoch bleiben auch die kleinen baulichen und ausstattungsmäßigen
Veränderungen nicht ohne Folgen, die solide Halsbefestigung und der massige Sandberg-Steg wirken sich
merklich in der tonalen Exaktheit und Gleichmäßigkeit aus. Dabei wirkt der Ton des Fünfsaiters wegen
der größeren Halsmasse und des fetten Palisander-Griffbretts noch Sustain-intensiver als beim Viersaiter.
Trotz moderner Power-Optik mit dicken Polepieces peppen die Delano-Tonabnehmer den Saitenklang
nicht unangemessen auf und transportieren eine verblüffend authentische Vintage-Note. Vor allem im
Passiv-Betrieb kommen so die feinsten Mittennuancen zur Geltung, während die aktive Glockenklang-
Elektronik den Ton feinfühlig verdichtet und subtil die modern-disziplinierten Cleansounds fördert. Die
Klangregler geben sich in ihrer Wirkung präzise abgezirkelt und heben mit gehöriger
Selbstverständlichkeit klar konturierte Bässe und offene Klarheit deutlich hervor. Kein Dröhnen und
Wummern bei voller Basspower, keine überharsche Schärfe bei betontem Brillanzklick: An diesen
Reglern darf man sorglos drehen und bekommt ohne Allüren die Klangvariante heraus, die man wünscht.

Resümee
Wer ein altes, wertvolles Vintage-Instrument besitzt, wird es wohl lieber nicht den Gefahren eines Live-
Gigs aussetzen, zumal ein moderner Bass auch klanglich flexibler und in mancher Hinsicht praktischer
sein dürfte. Diese Marktlücke hat Sandberg erkannt und, mit dezenten bassbauerischen Freiheiten, den
beliebtesten Bass-Klassiker im charaktervoll gealterten Zustand kopiert, wobei der praktische Nutzwert
durch eine moderne Ausstattung mit hochwertiger Hardware, brummfreien Humbuckern und blitzsauber
arbeitendem Aktiv-EQ wirkungsvoll aufgepeppt wird. Die Qualitäten des traditionellen Designs werden
von den California-JM-Bässen gut eingefangen und dezent mit moderner Exaktheit und klanglicher
Variabilität zusammengeführt. Man darf annehmen, dass die gewogene Sandberg-Kombination von Aged
Finish und cleaner Praxistauglichkeit einige Bassistenträume erfüllen wird.

Plus
Klangverhalten, Sound-Variabilität
Homogene Einbindung von Vintage-Qualitäten
Bespielbarkeit
Verarbeitung
Ausstattung/Optik

Minus
Gewicht

Übersicht
Fabrikat: Sandberg
Modell: California-JM Viersaiter
Gerätetyp: viersaitiger E-Bass mit Massivkorpus
Herkunftsland: Deutschland
Mensur: 864 mm, Longscale
Hals: aufgeschraubt; einstreifig Ahorn mit Ahorn-Griffbrett, 22 Bünde + Nullbund
Halsbreite: Nullbund 39 mm, 12. Bund 56,5 mm
Saitenabstände Steg: einstellbar; Hersteller-Justierung 20 mm
Korpus: Erle
Oberflächen: Korpus glänzend lackiert, Hals seidenmatt, gealtert
Tonabnehmer: passiv; 1x Delano MM-Humbucker, 1x Delano J-Humbucker
Elektronik: aktiv; Sandberg/Glockenklang Zweiband-EQ
Bedienfeld: Mastervolumen (Push/Pull f. aktiv/passiv), PU-Überblendpoti, Bässe, Höhen,
Singlecoil-Schalter f. MM-Humbucker
Batterie: 1x 9 Volt
Stromaufnahme: ca. 1,5 mA
Mechaniken: verchromt; offene Stimmechaniken, Sandberg 3D-Steg mit
Klemmarretierungen, konventionelle Gurthalter
Gewicht: ca. 4,6 kg
Preis: Aged Finish ca. € 1270

Fabrikat: Sandberg
Modell: California-JM Fünfsaiter
Gerätetyp: fünfsaitiger E-Bass mit Massivkorpus
Herkunftsland: Deutschland
Mensur: 864 mm, Longscale
Hals: aufgeschraubt; einstreifig Ahorn mit Palisander-Griffbrett, 22 Bünde + Nullbund
Halsbreite: Nullbund 45 mm, 12. Bund 65 mm
Saitenabstände Steg: einstellbar; Hersteller-Justierung 18,5 mm
Korpus: Erle
Oberflächen: Korpus glänzend lackiert, Hals seidenmatt, gealtert
Tonabnehmer: passiv; 1x Delano MM-Humbucker, 1x Delano J-Humbucker
Elektronik: aktiv; Sandberg/Glockenklang Zweiband-EQ
Bedienfeld: Mastervolumen (Push/Pull f. aktiv/passiv), PU-Überblendpoti, Bässe, Höhen,
Singlecoil-Schalter f. MM-Humbucker
Batterie: 1x 9 Volt
Stromaufnahme: ca. 1,5 mA
Mechaniken: verchromt; offene Stimmechaniken, Sandberg 3D-Steg mit
Klemmarretierungen, konventionelle Gurthalter
Gewicht: ca. 4,8 kg
Preis: Aged Finish ca. € 1348

Dirk Groll

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