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Deutschland

Schnee Probleme haben würde. Strecken, Doch am Sonntag vor Weihnachten ka-
BAHN
wo sonst nur halbvolle Züge fahren, müss- pitulierten Bahn-Chef Rüdiger Grube

Ausfall mit ten deshalb ausgedünnt und Züge ver-


kürzt werden, um dann im Ausnahmefall
entsprechende Reserven zu haben. Die
und seine Manager. Das Unternehmen,
das gerade sein 175-jähriges Bestehen ge-
feiert hatte, empfahl, auf eine Bahnreise

Ansage
Vereiste Weichen, kälteempfind-
für extreme Witterungen besonders an-
fälligen ICE dürften nur noch mit verrin-
gerter Geschwindigkeit fahren. Nur so sei
ein einigermaßen reibungsloser Fahrplan-
zu verzichten oder zumindest die Haupt-
verkehrszeiten zu meiden. Schon erwor-
bene Tickets könnten zurückgegeben
werden, ohne die sonst üblichen Storno-
liche Züge – schon im ablauf im Winter zu gewährleisten. gebühren.
Ein ganzes Paket zur „Prävention Win- Die ICE-Hochgeschwindigkeitsflotte,
Herbst wusste die Bahn, dass sie ter 2010/2011“ legte die Bahn deswegen das Rückgrat der modernen Bahn, ist nur
bei einem plötzlichen Winter- Ende Oktober dem Verkehrsausschuss bedingt wintertauglich. Sinken die Tem-
einbruch Probleme haben würde. des Bundestags vor. Auf den Strecken peraturen deutlich unter den Gefrier-
punkt, sind Geschwindigkeiten von 250
oder 300 Stundenkilometern nur noch
auf betonierten Neubaustrecken möglich.
Das sind gerade einmal fünf Prozent des
Streckennetzes.
Die meisten Gleise verlaufen auf einem
Schotterbett. Fallen Eisklumpen vom Zug,
werden Steine aufgewirbelt und können
den empfindlichen Unterboden der ICE
beschädigen; daran hatten Industrie und
Bahn bei der Entwicklung nicht gedacht.
Zwar hat die Bahn nach dem vergange-
nen Winter mit der Nachrüstung begon-
nen, dennoch drosselte sie sicherheitshal-
ber das Tempo für die ICE auf 200.
Immerhin gab es keine Pannenserie
wie im vergangenen Winter, als Waggon-
türen festfroren und ICE im Depot blei-
ben mussten. „Wir haben 95 Prozent un-
seres Fahrplanangebots aufrechterhalten
können“, sagt Personenverkehrsvorstand
Ulrich Homburg.
Allerdings bereiten nicht nur die Züge
IMAGO STOCK&PEOPLE

im Winter Probleme. „Es rächt sich nun,


dass jahrelang das Netz auf Verschleiß
gefahren, die Instandhaltung vernach-
lässigt wurde“, sagt Anton Hofreiter, Ver-
Verschneite und vereiste Elektrolok: „Keine weiteren Reserven“ kehrspolitischer Sprecher der Grünen-
Bundestagsfraktion.

E
in kleines Winterwunder: Der ICE zwischen Köln und Berlin, Köln und Aus dem vertraulichen Instandhal-
804 von Berlin nach Hamburg fährt Hamburg müsse auf je einen Entlastungs- tungsbericht der DB Netz vom April geht
pünktlich los. Es ist Freitagnach- zug am Wochenende verzichtet, zwischen hervor, dass allein 2009 bei der Wartung
mittag vor einer Woche, die Stimmung Köln und Basel müssten fünf ICE-Direkt- von Weichen 3,8 Millionen Euro im Ver-
an Bord ist gut, es gibt Gratiskaffee, alles verbindungen gestrichen werden. Zwi- gleich zum Vorjahr eingespart wurden.
scheint planmäßig zu sein. schen Dortmund und München sollen Immerhin wurden in diesem Jahr meh-
Da stoppt der Express, und der Laut- drei von 31 ICE nur mit halber Passagier- rere hundert Weichenheizungen nachge-
sprecher geht an. Störungen auf dem Stre- kapazität fahren. rüstet.
ckenabschnitt, die Weiterfahrt werde sich Für „normale Bedingungen“ sei der Die Weichen sind der neuralgische
leicht verzögern. Wenig später die nächs- DB-Fernverkehr „gerüstet“, aber für Punkt im Winter. In Berlin waren bereits
te Nachricht: Der Zug müsse „evakuiert“ „außergewöhnliche Ereignisse“, so das beim ersten Schnee 50 Weichen festgefro-
werden. Triebwagenprobleme. ernüchternde Fazit, seien „keine weiteren ren, 37 S-Bahn-Wagen mussten im Depot
Die Fahrt des Hightech-Gefährts endet Reserven“ vorhanden. Der Bahn fehlt es bleiben, 25 weitere landeten auf dem Ab-
auf Gleis 2 des verschneiten Bahnhofs schon seit längerem an neuen Zügen. stellgleis. Personal zum Enteisen fehlte.
von Boizenburg an der Elbe, 60 Kilome- Selbst an guten Tagen gibt es kaum eine 5900 Züge fielen seit dem 2. Dezember,
ter vor Hamburg. Während Hunderte Reserve. Müssen die Züge bei Eis und dem Tag des ersten Schneefalls, ganz aus.
Bahnkunden in der Mecklenburger Pro- Schnee häufiger gewartet werden, ist der Die Bundesländer, die Jahr für Jahr
vinz warten, wärmt man sich mit Erin- Engpass unvermeidlich. Milliarden an die Bahn für einen reibungs-
nerungen an alte Ostzeiten. Die Bahn, Als Tief „Petra“ im Dezember Deutsch- losen Betrieb zahlen, wollen derartige
merkt ein gestrandeter Passagier sarkas- land flächendeckend einschneite, war Einbrüche nicht mehr hinnehmen. Harry
tisch an, habe wie die Landwirtschaft der jenes „außergewöhnliche Ereignis“ ein- Voigtsberger, Verkehrsminister von Nord-
DDR vier Hauptfeinde: Frühling, Som- getreten. Wer konnte und reisen musste, rhein-Westfalen, will nun detailliert wis-
mer, Herbst und Winter. nahm die Bahn. Rund 50 000 Passagiere sen, wie „sie erheblich mehr in Wartung,
Es ist ein Ausfall mit Ansage: Bereits täglich beförderte das Unternehmen Reparaturen und Gleis- und Weichen-
im Herbst war den Managern der Deut- mehr als sonst, weil die Flieger am Boden anlagen investieren kann“.
schen Bahn klar, dass man bei Eis und blieben. J��� S������, A������ W���������

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