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Gewöhnliche Differenzialgleichungen
8.1. Bezeichnungen, Richtungsfeld
8.1.1. Gewöhnliche Differenzialgleichung
n+2
F sei eine Funktion der Form F: ↦ , n ∈ . Dann heißt
F x, y ( x), , y ( n ) ( x) 0
gewöhnliche Differenzialgleichung.
8.1.2. Richtungsfeld, Isokline
Wenn durch den Punkt M die Lösungskurve y (x) der Differenzialgleichung y f ( x, y ) geht, so
kann die Richtung der Tangente in diesem Punkt unmittelbar ermittelt werden. Damit definiert die
Differenzialgleichung in jedem Punkt eine Richtung der Tangente an eine Lösungskurve. Die Gesamt‐
heit dieser Richtungen bildet das Richtungsfeld. Verbindungslinien von Punkten gleicher Richtung der
Tangente heißen Isoklinen.
8.1.3. Lösungen
Die Lösungen von gewöhnlichen Differenzialgleichungen mit einer Anfangsbedingung setzen sich in
der Regel aus der Summe von mindestens zwei Einzellösungen zusammen. Die Lösung einer allge‐
meinen Differenzialgleichung ist dann die Summe der homogenen Lösung und der inhomogenen
oder partikulären Lösung.
Erhält man aus einer Differenzialgleichung eine Lösungsmenge, so ist jede Linearkombination von
Einzellösungen wieder eine Lösung. Dies ist mit dem Faktorsatz und der Summenregel aus der Diffe‐
renzialrechnung erklärbar.
8.1.4. Anfangswertproblem (AWP)
Als Anfangswertproblem bezeichnet man eine Differenzialgleichung zusammen mit ihren zugehöri‐
gen Anfangsbedingungen.
8.1.5. Satz von Picard‐Lindelöf
Es sei ein Anfangswertproblem y f ( x, y ) , y 0 y 0 ( x 0 ) gegeben. Ferner sei ein Rechteck
R ( x, y ) : x x 0 a; y y 0 b
gegeben, auf dem die Funktion f ( x, y ) stetig und partiell nach y differenzierbar sei.
b
Eine Zahl ε sei durch min a, bestimmt.
max f ( x, y )
Es gibt dann im Abstand ε von x0 genau eine Lösung zum gegebenen Anfangswertproblem.
1
8.2. Differenzialgleichungen erster Ordnung
8.2.1. Form, Anfangsbedingung
Lineare Differenzialgleichungen erster Ordnung besitzen die Form y x A x B x y x .
Hierbei treten die gesuchte Funktion y x und ihre Ableitung in der ersten Potenz, d.h. linear auf. Es
seien hier A(x) und B(x) im Intervall [a,b] stetig. Des Weiteren sollen ein x0 aus dem gegebenen Inter‐
vall und ein (reelles) y0 existieren, die die Anfangsbedingung y 0 y 0 ( x 0 ) bilden.
8.2.2. Homogene Differenzialgleichung
Ist A x 0 , also y x B x y x , so hat diese als homogen bezeichnete Differenzialgleichung
genau eine Lösung der allgemeinen Form
B t dt
y1 x y 0 e x0
x
.
Diese Lösungsfunktion ist immer positiv.
Ist die Anfangsbedingung y 0 y 0 ( x 0 ) nicht bekannt, so wird die homogene Gleichung
y x B x y x wie folgt gelöst:
y Bx dx ln y ln C Bx dx yH x C e
dy B x dx
mit der frei wählbaren Konstante C.
8.2.3. Inhomogene Differenzialgleichung
Differenzialgleichungen erster Ordnung in der allgemeinen Form und allgemeinen Anfangsbedingun‐
gen (s. 2.1) haben die partikuläre Lösung in der Form
At x0 B t dt y t
y2 x mit y1* t 1 .
x x
dt e
x0 y1 t
*
y0
Ohne Anfangsbedingung sucht man durch Probieren irgendeine partikuläre Lösung y P ( x) oder man
benutzt die Methode der Variation der Konstanten C.
Dazu wird als Ansatz die homogene Lösung y H ( x) benutzt, betrachtet dabei aber die Konstante
C C ( x) als von x abhängig.
Ansatz y P ( x) C x e mit der Ableitung y P ( x) C x e C x B x e B x dx
B x dx B x dx
Einsetzen in die DGL: y P ( x) C x e C x B x e B x dx B x y P A x
B x dx
A x
C x e B x dx C x B x e B x dx B x C x e B x dx A x C x B x dx
e
Ax A x B x dx
Integration liefert das spezielle C x B x dx dx und damit yP x B x dx dx e
e e
8.2.4. Allgemeine Lösung
Die allgemeine Lösung lautet:
yx
c
x y c bzw.
x
8.2.6. Homogene Gleichungen oder Ähnlichkeitsdifferenzialgleichungen
8.2.6.1. Form
M x, y
Differenzialgleichungen der Form y oder M x, y dx N x, y dy 0 , wobei
N x, y
M x, y und N x, y homogene Funktionen vom gleichen Grad sind, heißen homogene Gleichun‐
gen oder Ähnlichkeitsdifferenzialgleichungen.
Eine mathematische Funktion heißt homogen vom Grad n, wenn bei proportionaler Änderung aller
Variablen um den Proportionalitätsfaktor α sich der Funktionswert um den Faktor αn ändert.
Formale Definition: Eine Funktion auf dem k‐dimensionalen reellen Vektorraum Φ: k ⟶ heißt
homogen vom Grad n genau dann, wenn für alle , xi gilt:
x1 ,,xk n x1 ,, xk .
Funktionen dieses Typs sind wichtig z. B. in den Wirtschaftswissenschaften und in den Naturwissen‐
schaften.
y2 2x2
Zum Beispiel ist die Funktion z f x, y x 2 y homogen vom Grad 2, denn
x
f x,y x
2 y 2 2 x 2
y 2 x 2
y 2 2x2
y 2 f x, y .
x x
8.2.6.2. Lösungsansatz
Bei homogene Gleichungen oder Ähnlichkeitsdifferenzialgleichungen kann eine Trennung der Variab‐
y
len durch die Substitution z erreicht werden.
x
3
Beispiel: Es soll die Differenzialgleichung x x y y y 2 0 gelöst werden. Dabei sind
M x, y y 2 und N x, y x x y homogene Funktionen zweiten Grades. Mit der Substituti‐
y
on z y x z und y z x z werden die Variablen getrennt:
x
x x y y y 2 x x x z z x z x z x 2 1 z z x z z 2 0
2
1 z 2 z 1
1 z z x z z 2 0 z
x z 1
z 1
Integration von f z d z mit f z
dx
mittels Partialbruchzerlegung:
x z 2 z 1
f z
z 1 a
b
2a b z a a 1, b 1 f z 1 1
z 2 z 1 z 2 z 1 z 2 z 1 z 2z 1
1 1 1 1
f z d z
dx
d z ln z ln z ln x ln c
z 2z 1 2 2 x
2 2
z c z c z c
ln ln 2
1 x 1 x 1 x
z z z
2 2 2
2
y 2 c2 1 y c2 y 1
2 2
c c
Rücksubstitution mit z : z 2 z 2 y2 y 0
x x 2 x x x 2 x 2
Diese Lösung kann man so implizit stehen lassen, oder noch explizit nach y auflösen:
yx
c2
2x
1 1 2c 2 x 2
8.2.7. Exakte Differenzialgleichung
8.2.7.1. Form
Exakte Differenzialgleichung wird eine Gleichung der Form
M x, y dx N x, y dy 0 oder M x, y N x, y y 0
genannt, wenn eine Funktion x, y existiert, die der Gleichung
M x, y dx N x, y dy d x, y
genügt, d.h. die linke Seite der Gleichung ist das totale Differenzial der Funktion x, y .
F F
dF x, y dx dy
x y
F F
mit den partiellen Ableitungen und . Die Funktionen M x, y und N x, y
x y x y
sind somit die partiellen Ableitungen der Funktion x, y .
Um nachzuweisen, dass es sich um ein totales Differenzial handelt, nutzt man den Umstand, dass die
partiellen Ableitungen nach beiden Variablen gleich sind. Dabei ist es egal, nach welcher Variablen
zuerst abgeleitet wird:
4
2F 2F M x, y N x, y
. Also muss gelten: , dann handelt es sich um eine exakte
xy yx y x
Differenzialgleichung.
8.2.7.2. Lösungsansatz
1. Unter der Voraussetzung, dass M x, y dx N x, y dy d x, y 0 gilt, kann einfach inte‐
griert werden mit der Lösung:
x y
x, y M x, y dx M x0 , y dy C konstant .
x0 y0
y
Beispiel: Es soll die Differenzialgleichung y x gelöst werden.
x
Diese Gleichung ist mit dem unter 8.2.1 bis 8.2.4 beschriebenen allgemeinen Verfahren leicht zu lö‐
sen:
y1 x y H C e ln x C x
y dy dx
a) Homogene Gleichung y 0
x y x
A x B x dx x
b) Inhomogene Gleichung y x y P x B x dx dx e
y
dx x
x e x
y2 x y P x
2
c) Allgemeine Lösung: y x y H y P C x x 2
y y 1
Die Gleichung y x kann man auch wie folgt schreiben: 1 2 dx dy 0 .
x x x
M 1 N
Dabei ist M x, y 1 2 und N x, y . Es gilt weiter:
y 1
2 .
x x y x x
y 1
Somit ist 1 2 dx dy d ein totales Differenzial.
x x
x
y
y
1
Integration x, y 1 2 dx dy x x0
y y y y ~
0 C
x0
x y0
x0 x x0 x 0 x0
y y ~
x 0 x0 C y x x 2 C x
x x0
Dies ist bis auf das Vorzeichen der frei wählbaren Konstante C das gleiche Ergebnis.
2. Die Voraussetzung, dass M x, y dx N x, y dy d x, y 0 gilt, ist nicht erfüllt, d.h. es
M N
gilt . Dann kann man einen so genannten integrierenden Faktor x, y suchen, so‐
y x
~ ~
M N
dass M dx N dy M dx N dy M dx N dy 0 mit
~ ~
gilt.
y x
Für den integrierenden Faktor x, y gelten folgende Beziehungen:
M N M N
M N
y x y y x x
M N 1 1 M N ln ln
N M N M
y x x y y x x y
5
x cos x sin x
Beispiel: Es sei die Differenzialgleichung y 1 zu lösen. In der impliziten Form
3x 2 y x
2
M x, y dx N x, y dy 0 ergibt sich die Gleichung
sin x x cos x 3x 2 2
y x dx 3x 2 y x dy 0 .
2
Überprüfung der Bedingungen für das totale Differenzial:
M N M N
6 x 2 y x , 6 x y x 6 x 2 y x , d.h.
2
→kein totales Differenzial.
y x y x
Man sucht einen integrierenden Faktor x, y mit der Beziehung:
M N ln ln
N M
y x x y
M N
6 x 2 y x 6 x y x 6 x 2 y x 6 x y x
2 2
y x
2 ln ln
3x y x
2
x
sin x x cos x 3 x y x
2 2
y
Wegen der Sinus‐ bzw. Kosinusfunktion von x in M x, y sollte x, y von x, aber nicht von y ab‐
hängig sein. Also gilt:
ln ln
6 x y x 3x 2 y x
2 1
ln 2 ln x 2
2 2
x x x x
~ ~
M N
3 y x , N 3 y x mit 6 y x .
~ sin x cos x 2 ~
M 2
2
x x y x
sin x cos x sin x
Die Integration des totalen Differenzials benutzt die Beziehung 2 dx , was
x x x
durch Differentiation leicht zu zeigen ist.
y
sin x cos x 2
x
x, y 2 3 y x dx 3 y x0 dy C
2 ~
x0
x x y0
y x y x0 y x0 y 0 x0 C
sin x sin x0 ~
3 3 3 3
x x0
Die Lösung ergibt sich zu: y x C bzw. y x x 3 C
3 sin x sin x
x x
8.2.8. Bernoulli’sche Differenzialgleichungen
8.2.8.1. Form
Bernoulli’sche Differenzialgleichungen haben die Form
y x A x y x B x y x mit α ∈ \ 1 , y x 0.
8.2.8.2. Lösungsansatz
Ziel dieses Ansatzes ist die Rückführung der Differenzialgleichung auf eine Differenzialgleichung
erster Ordnung. Es wird zunächst durch y x geteilt.
6
y x y x A x y x B x
1
Danach wird die neue Variable z x y x
1
eingeführt.
Deren Ableitung lautet z x 1 y x y x . Es ergibt sich daraus eine Differenzialglei‐
1
chung erster Ordnung für z(x):
z x 1 A x z x 1 B x
Diese DGL lässt sich mit dem in Kapitel 2 beschriebenen Verfahren lösen. Anschließend wird mit
y x z x 1 resubstituiert.
1
Beispiel: Gesucht wird die allgemeine Lösung der folgenden Differenzialgleichung:
x y mit A x ; B x x und .
4y 4 1
y
x x 2
1 4y 2 y x 2z x
z x
dz dy 1
y z y x y
dy dx 2 y 2 y x x 2 x 2
2z x
z
x 2
2z
a) Lösung von z (homogene DGL)
x
2 dx
ln z 2 ln x c1 z h x C x 2
dz
z x
2z x
b) Lösung von z (inhomogene Lösung) mit z * x 2
x 2
x
dx
dx
z ih x 2 2 x 2 x 2 z ih x ln x x 2
x
2x
c) Lösung z x z h z ih C x 2 ln x x 2 x 2 C ln x
d) Resubstitution mit z x x C ln x
2 2
y y ( x) z 2 2
x 4 C ln x
8.2.9. Riccatische Differenzialgleichung
8.2.9.1. Form
RICCATISCHE Differenzialgleichung heißt die Gleichung
y P( x) y 2 Q x y Rx ,
die im Allgemeinen nicht durch endlich viele aufeinander folgende Integrationen gelöst werden kann.
8.2.9.2. Lösungsansatz
7
Diese Differenzialgleichung hat die Form: z 2 P x y1 Q x z P x 0 .
Die Lösung gemäß 8.2.4 ergibt:
Ax e x
z x z H z P C B x dx dx e B x dx C 3dx dx e 3 dx
e e
ex 3 x
1 1
C 3 x dx e C e 2 x dx e 3 x C e 2 x e 3 x e x C e 3 x
2
e 2
Die Rücksubstitution ergibt:
e3x e x 2C e x
y x y1 e
1 x
2 x
C e 2 x 2C e 1
z 1
2
Erwähnenswert ist dabei, dass man bei Kenntnis einer zweiten partikulären Lösung y2 x mit der
1
Gleichung z1 eine partikuläre Lösung der Differenzialgleichung in z erhält.
y 2 y1
e x e x e2x 1
Hat man noch eine dritte Lösung y3 x gefunden, z.B. für C mit y3 x 2 x
1
x ,
2 e 1 e ex
dann gilt für die allgemeine Lösung der RICCATISCHEN Differenzialgleichung die Formel:
y x y 2 y3 y1
C .
y x y1 y3 y 2
Im Beispiel:
y x e x e 2 x 1 e x e x e x yx e x
2x
e C
y x e x
e 1 e e e
2x x
x x
yx e x
8
8.3. Differenzialgleichungen n‐ter Ordnung und Systeme erster Ordnung
8.3.1. Form von Systemen von Differenzialgleichungen erster Ordnung:
Komponentenschreibweise:
y1 f1 x, y1 x ,, y n x
y f x, y x ,, y x
2 2 1 n
y n f n x, y1 x ,, y n x
Vektorschreibweise: y x f x, y
Anfangswertproblem: y x f x, y , y x0 y 0
8.3.2. Form von Systemen von Differenzialgleichungen n‐ter Ordnung:
Differenzialgleichungen n‐ter Ordnung werden geschrieben in der Form
y n f x, y, y ,, y n 1 .
8.3.3. Lösungsansatz:
Es wird eine Substitution durchgeführt.
y1 : y
y 2 : y
y n : y n f x, y, y ,, y n1
y n 1 : y n2
y n : y n 1
Daraus folgen das neue System von Differenzialgleichungen und die neuen Anfangsbedingungen:
y1 y
'
y2
y 0 y 0,1
y2 y y3
und y ' y y
0 0 , 2
0
yn n 1
y y
y n f x , y , , y 0 0 , n
n y 1 n
Beispiel: Die folgende Differenzialgleichung dritter Ordnung wird in ein System von Differenzialglei‐
chungen erster Ordnung umgeschrieben:
y 3 xy 2 x 2 y x 3 y 2 x 1
Als System ergibt sich:
9
y1 y
'
y2
y y2 y y3
y y 3 xy 2 x 2 y x 3 y 2 x 1
3 3 2 1
0 1 0 y1 0
0 0 1 y2 0 A x y b
x 3 2 x 2 3 x y 2 x 1
3
8.3.4. Allgemeine Lösung:
Die allgemeine Lösung einer Differenzialgleichung der Form y n f x, y, y ,, y n 1 enthält n
unabhängige willkürliche Konstanten.
y y x, C1 , C 2 ,, C n
Das gleiche gilt für die allgemeine Lösung von Systemen von n Differenzialgleichungen.
y1 F1 x, C1 , C 2 ,, C n
y F x, C , C , , C
2 2 1 2 n
y n Fn x, C1 , C 2 ,, C n
Das Lösungsprinzip beruht darauf, dass versucht wird, die Ordnung mittels Substitution der Variablen
zu erniedrigen, um einfachere Differenzialgleichungen zu erhalten. Das Auffinden passender Substi‐
tutionen wird erleichtert durch die Unterscheidung verschiedener Fälle:
1. Die unabhängige Variable x ist nicht explizit in der Differenzialgleichung enthalten.
dy d2y dp
Die Substitution lautet dann p 2 p .
dx dx dy
Damit wird die Ordnung von n auf (n‐1) verringert.
Beispiel: Die Differenzialgleichung zweiter Ordnung xt 2 xt 0 (Schwingungsdifferenzialglei‐
chung) wird zunächst in eine Differenzialgleichung erster Ordnung umgeschrieben:
dx d 2 x dz dx dz
Die Substitution lautet dann x z x 2 z .
dt dt dx dt dx
dz dz x
z 2x 0 2 (DGL erster Ordnung)
dx dx z
Trennung der Variablen und Integration:
z2 2 x C2
2
z dz x dx
2
2 2 2
2
x
z 2 2 (C 2 x 2 ) z x C 1
C
z xt z dt
dx
Zweite Integration x
dt
10
Trennung der Variablen und Integration:
dx 1 dx
dt
C
2 2
x x
C 1 1
C C
x dx
Substitution sin C cos
C d
C cos d 1
0 t t 0
1
t
C 1 sin 2
Die Rücksubstitution liefert die allgemeine Lösung mit den zwei frei wählbaren Konstanten C und φ0:
xt C sin t 0
Mit Hilfe der Additionstheoreme kann diese Lösung auch wie folgt geschrieben werden:
xt C1 sin t C2 cos t
2. Die abhängige Variable y ist nicht explizit in der Differenzialgleichung enthalten.
Die Substitution lautet y k p für die k‐te als niedrigste in der Differenzialgleichung vorkommende
Ableitung von y. Die Ordnung der DGL wird damit um eins verringert.
Beispiel: Die Differenzialgleichung zweiter Ordnung m xt m g x t beschreibt die Fallbe‐
wegung eines Fallschirmspringers. Dabei ist m seine Masse und der Luftreibungskoeffizient. Wird
diese Gleichung durch m dividiert, so fehlt die Variable xt in der Differenzialgleichung:
xt x t g 0
m
z t x z . Die Variable z hat hier die Bedeutung der Ge‐
dx
Die Substitution lautet dann x
dt
schwindigkeit v(t) des Falles.
Es ergibt sich eine DGL erster Ordnung: z t z t g 0 (Ordnung um eins verringert)
m
m g m g
Lösung: z t z t dt ln z t
dz
t C
m m g m m
z
m g t C m g t m g t
z t e m
C1 e m
oder x t vt C1 e m
Abschließend wird ein zweites Mal integriert, um x(t) zu erhalten:
m g t m g m C1 m t
xt C1 e m dt t e C2
Mit Hilfe der Anfangsbedingungen zur Zeit t = 0 lassen sich die Konstanten C1 und C2 bestimmen:
m g m g t
m g
Sei x 0 v0 0 0 C1 C1 und x t vt 1 e .
m
11
m g
Das bedeutet, die maximale Fallgeschwindigkeit ist vmax .
m C1 m C1 m2 g
Sei der zur Zeit t = 0 zurückgelegte Fallweg x0 0 0 C 2 C2
2
m2 g m g t
Die Gleichung für den Fallweg lautet dann: xt 1 e m
t
.
2
Sei die Absprunghöhe h0, so lautet die Gleichung für die Fallhöhe ht h0 xt des Fallschirm‐
m g m2 g t
sprunges ht h0 t m
2
1 e .
3. Die Differenzialgleichung f x, y, y,, y n 0 ist eine homogene Funktion in y, y ,, y n . Die
y z dx
Substitution lautet z , d.h. y e .
y
Die Ordnung wird um eins erniedrigt.
Beispiel: Die Differenzialgleichung zweiter Ordnung f x, y, y, y y x 2 y x y x 0 ist
homogen vom Grad eins, weil
f x, y, y, y y 2y y y 2 y y f x, y, y, y gilt.
y
Zur Lösung der Differenzialgleichung y 2 y y 0 wird die Substitution z x verwendet.
y
y y y y
z 2 y z z 2 y und y z y .
2
Dabei gilt: z 2
y y
Daraus folgt: z z 2 y 2 z y y z z 2 2 z 1 y z z 1 y 0
2
Wenn man y 0 ausschließt, was auch Voraussetzung für die Substitution ist, dann lautet die modi‐
fizierte DGL erster Ordnung:
z z 1 .
2
z x 1
dz 1 1
Integration mit Variablentrennung: z 1 dx z 1 x c
2 1
x c1
y 1
Resubstitution: z x dx ln y x ln x c1 c2
dy
z dx 1
y y x c1
Auflösung nach y ergibt die Lösung: y x e x c1 e 2 e x C1 C2 x e x
1 2 x ln x c c c
4. Die Differenzialgleichung ist eine Funktion nur von x.
Die allgemeine Lösung lautet dann folgendermaßen:
y C1 C 2 x C3 x 2 C n x n 1 x
x
x f x dx n f t x t dt
1 n 1
mit
n 1! x0
y x0
1 k 1
und Ck
k 1!
12
Beispiel: Die Differenzialgleichung zweiter Ordnung y x x
1
ist eine Funktion nur von x.
x
Durch zweimalige Integration wird die Lösung y f x bestimmt:
1 x2
y x dx ln x C2
x 2
x2 x3
y ydx ln x C2 dx C2 x 1 ln x dx
2 6
x3
y x C1 C2 x xln x 1
6
Hilfreich kann bei der Lösung von Differenzialgleichungen zur Erniedrigung der Ordnung auch die
folgende Beziehung sein:
1
2
y 2 y y .
Zweimalige Integration liefert leicht die Lösung xt
1
g t 2 h0 .
2
Wird die Gleichung m x m g mit x v multipliziert und anschließend integriert, so erhält man
Folgendes:
m d x 2
m x x m g x
dx m
x 2
x
m g d x m g dx
2
2 dt dt 2 0 h0
x 2 m g x h0 v 2 m g x m g h0 E konst.
m m
2 2
Damit ist ganz nebenbei der Energieerhaltungssatz der Mechanik rechnerisch bestätigt worden.
Die weitere Integration ist ein wenig komplizierter:
x m g x m g h0 x 2 g h0 x
m 2
2
x
2 g dt 2 h0 x 2 g t
dx t
h0 h0 x 0
4 h0 x 2 g t 2
xt h0 g t 2
1
2
Damit ergibt sich das gleiche Ergebnis wie bei der direkten Integration.
8.3.5. Literaturhinweis:
Genaueres zu derartigen Differenzialgleichungen befindet sich im Bronstein / Semendjajew / Musiol
/ Mühlig: Taschenbuch der Mathematik (5. Auflage, 2001) auf den Seiten 504 bis 534.
13
8.4. Lineare Differenzialgleichungs‐Systeme erster Ordnung
8.4.1. Lineares Differenzialgleichungs‐System erster Ordnung:
Es hat die Form:
y Ax y f
f y a11 x a1n x
1 1
mit f , y und A x
f y a x a x
n n n1 nn
Ist f 0 , so heißt das System homogen, sonst inhomogen.
Ist A eine konstante Matrix, so spricht man von einem System mit konstanten Koeffizienten.
Mit Ausnahme der Unterpunkte 5.1 bis 5.3 sollen nur DGL‐Systeme mit konstanten Matrizen
behandelt werden.
8.4.2. Lösbarkeit:
Sind die Elemente aik x der Matrix und die Funktion f stetig in einem gegebenen Intervall, so hat
das DGL‐System genau eine Lösung in diesem Intervall.
8.4.3. Linearkombinationen von Lösungen eines homogenen linearen DGL‐Systems:
Sind y1 ,, y k Lösungen eines homogenen linearen DGL‐Systems, dann ist auch jede beliebige Line‐
arkombination y c1 y1 ck y k mit c1 ,, ck von Lösungen wieder eine neue Lösung.
8.4.4. Lineare Abhängigkeit, lineare Unabhängigkeit von Lösungen:
Die Funktionen y1 ,, y k nennt man auf einem Intervall linear unabhängig, falls für alle x aus die‐
sem Intervall aus 1 y1 x k y k x 0 1 k 0 folgt.
Andernfalls heißen y1 ,, y k linear abhängig.
8.4.5. Anzahl linear unabhängiger Lösungen:
Ist die Matrix A x n n stetig in einem Intervall für x, dann hat das System y Ax y genau
n linear unabhängige Lösungen in diesem Intervall.
8.4.6. Fundamentalsystem (FS), Fundamentalmatrix, Übertragungsmatrix:
8.4.6.1. Fundamentalsystem:
Ein System y1 ,, y n linear unabhängiger Lösungen von y Ax y heißt Fundamentalsystem.
8.4.6.2. Fundamentalmatrix:
Als Fundamentalmatrix bezeichnet man die Matrix Y x y1 ,, y n .
Die reell gewählte Fundamentalmatrix ermöglicht später die direkte Berechnung eines homogenen
14
Lösungsanteils:
y H x Y x c mit c n
Eigenschaften der Fundamentalmatrix:
1. Y x A Y x
1
2. c Y 0 x0
8.4.6.3. Übertragungsmatrix oder normierte Matrix:
Die (stets reelle) Übertragungsmatrix lautet: Yˆ x Y x Y 0
1
Homogener Lösungsanteil des DGL‐Systems, berechnet mit der Übertragungsmatrix:
y H x Yˆ x x0 mit x0 n
Eigenschaften der Übertragungsmatrix:
1. Yˆ x A Yˆ x
2. Yˆ 0 E
3. Yˆ x1 x2 Yˆ x1 Yˆ x2
Yˆ x Yˆ x
1
4.
8.4.7. Wronski‐Determinante eines homogenen linearen DGL‐Systems:
Haben die Lösungen y1 ,, y n die Dimension n, so wird
W x det y1 , y 2 ,, y n
nn Matrix
Wronski‐Determinante genannt.
Ist die Wronski‐Determinante W x 0 für alle x, so bilden die Lösungen y1 ,, y n ein Fundamen‐
talsystem. Für lineare Differenzialgleichungen n‐ter Ordnung wird die Wronski‐Determinante etwas
anders definiert.
8.4.8. Lösungsverfahren für lineare Differenzialgleichungs‐Systeme erster Ordnung:
Die allgemeine Lösung setzt sich zusammen aus einem homogenen Lösungsanteil und einem partiku‐
lären Lösungsanteil.
y yH yP
8.4.8.1. Bestimmung des homogenen Lösungsanteils:
1. Schritt: Die homogenen linearen DGL‐Systeme y Ax y werden mit Hilfe der Eigenvektoren
und der Eigenwerte der Matrix A gelöst. Aus der Charakteristischen Gleichung
15
a11 a12 a1n
a 21 a 22 a2n
det A E 0
a n1 an 2 a nn
Mit der Gleichung
A i E v 0
erhält man für jede der Wurzeln i je einen Lösungsvektor vi , der nicht normiert werden muss.
Das (komplexe) Fundamentalsystem ergibt sich dann zu Folgendem:
FS:
y1 v1 e 1x
y2 v 2 e 2 x
y n
v n e n x
Tritt in dem vollständigen System der Wurzeln eine komplexe Wurzel auf (z.B. 1 i ), dann
kommt in dem System auch die konjugiert‐komplexe Wurzel 2 1 i vor.
Daraus folgt dann, dass auch die zugehörigen Lösungsvektoren konjugiert‐komplex sind.
y1 y 2 v1 e 1x v2 e 2 x
Diese beiden komplexen Lösungen können durch zwei reelle Lösungsvektoren ersetzt werden. Sie
lauten folgendermaßen:
~ y1 y 2
y1 Re y1
2
~ y y2
y 2 Im y1 1
2i
Die beiden Vektoren entsprechen dem Real‐ bzw. dem Imaginärteil von v1 .
Beispiel: Gesucht wird die allgemeine Lösung des folgenden DGL‐Systems.
1 1
y y
2 1
A
1
1
2 1 0 1, 2 i
1
2
A 1 E v1 0 v1
1 1
bzw. A 2 E v2 0 v 2 .
1 i 1 i
16
Daraus ergeben sich die beiden komplexen Lösungen
1 ix 1 ix
y1 e und y 2 e
1 i 1 i
Um zwei reelle Lösungsvektoren zu erhalten, wird die Eulersche Gleichung e ix cos x i sin x be‐
nutzt:
~ cos x ~ sin x
y1 Re y1 und y 2 Im y1 .
cos x sin x sin x cos x
Mit der Wronski‐Determinante wird überprüft, ob auch diese beiden Lösungen ein Fundamentalsys‐
tem bilden:
cos x sin x
det 1 0 d.h. ja, es ist ein Fundamentalsystem.
cos x sin x sin x cos x
Die reelle Lösung des Systems ist:
cos x sin x
y x C1 C 2
cos x sin x sin x cos x
1. Fall: Mehrfache Wurzeln i
Die Wurzel i trete r‐mal auf. Die Lösungen, die der r‐fachen Wurzel i im Fundamentalsystem
entsprechen, erhält man mit dem Ansatz
yi u 0 u1 x u r 1 x r 1 e i x .
Das auftretende Polynom ist vom Grad r‐1. Die Vektoren u i sind unbestimmt. Setzt man nun vi in
das DGL‐System ein, so entsteht ein lineares Gleichungssystem für die Vektorkoordinaten, von denen
r entsprechend der Vielfachheiten der Wurzel i beliebig wählbar sind.
Beispiel: Gesucht wird die allgemeine Lösung des folgenden DGL‐Systems.
0 1 0
y 0 0 1 y
0 1 2
A
1 0
A E 0 1 1 0 1 0, 2,3 1
2
0 1 2
Der einfachen Wurzel 1 0 entspricht der Lösungsansatz:
c1
y1 c2 .
c
3
Einsetzen in das DGL‐System ergibt
17
c1
y1 0 .
0
Die Vielfachheit der Wurzel 2,3 ist zwei, der zu benutzende Ansatz lautet dann:
a1 b1
y2,3 a2 b2 x e x
a b
3 3
Einsetzen in das DGL‐System und Auflösen des linearen Gleichungssystems führt auf:
b1 1 a1 1 1
b2 b2 1 a2 a2 1 b2 0
b 1 a 1 1
3 3
Die Fundamentallösungen zu 2 ,3 1 lauten dann:
1 1 x
x
y2 x 1 e , y3 x x e x
1 1 x
Sie bilden zusammen mit y1 ein Fundamentalsystem. Die allgemeine Lösung lautet:
1 1 1 x
x
y x C1 0 C2 1 e C3 x e x
0 1 1 x
Im allgemeinen Fall, d.h. unabhängig von der Vielfachheit der Eigenwerte der Matrix A ist das folgen‐
de Lösungsprinzip anwendbar. Es ist dem hier schon beschriebenen Verfahren äquivalent.
Lösungsprinzip unter Verwendung der Übertragungsmatrix:
Nach der Bestimmung der Übertragungsmatrix aus dem Fundamentalsystem gemäß der Formel
Yˆ x Y x Y 0
1
ergibt sich die homogene, reelle Lösung des vorgegebenen Anfangswertproblems zu Folgendem:
y H x Yˆ x x0 mit x0
n
Mehr zu den Eigenschaften der Übertragungsmatrix befindet sich unter Punkt 5.4.3 .
8.4.8.2. Bestimmung des partikulären Lösungsanteils:
1. Schritt: Für das Störglied f x des DGL‐Systems y A y f x wird folgender Ansatz
gemacht:
f x e x q1 x cos x q2 x sin x
Die Zahlen und müssen reell sein, i darf kein Eigenwert von A sein.
q1 x und q2 x sind reelle Vektorpolynome.
Ist μ ein Eigenwert, so wird im 3. Schritt eine kleine Änderung vorgenommen.
18
2. Schritt: Man bildet dann die sogenannte komplexe Störfunktion:
~
f x q x e x mit q x q1 x i q2 x
3. Schritt: Der nächste Ansatz lautet:
~
y P x p x e x mit grad p grad q
Falls μ ein Eigenwert ist, so wird dieser Ansatz gemacht:
~
y P x p x e x mit grad p grad q 2
Dies erzeugt zwar später ein Gleichungssystem höherer Ordnung, sonst müsste aber eine Fallunter‐
scheidung für die Funktionswerte von μ im charakteristischen Polynom vorgenommen werden, die
etwas mehr Zeit beansprucht.
4. Schritt: Dieser Ansatz für die partikuläre Lösung wird in das DGL‐System eingesetzt.
~ ~
A y P x f x y P x e x px e x p x
q x p x A E px
Mit der letzten Gleichung lassen sich die Koeffizienten von p x ermitteln.
~
Damit erhält man die partikuläre Lösung y P x p x e x .
Beispiel: Gesucht ist eine partikuläre Lösung des folgenden DGL‐Systems:
0 2 3
x t x t e t
2 0 1
Nach dem ersten Ansatz folgt:
1
0
1
a
a
x P t pt e t 1 e t
3 pt 1
q1 t 3 a1
a1
1 q t
1
q 2 t 0
Im nächsten Schritt wird nun dieser Lösungsansatz in das DGL‐System eingesetzt und die unbekann‐
ten Koeffizienten ermittelt.
x P t A x P t f t
3 a 0 2 a1 t
e t 1 e
1 a1 2 0 a1
a 2 a 2 3 1
1 a
2a1 a 2 1 1
1
x P t e t
1
19
Lösungsprinzip unter Verwendung der Übertragungsmatrix:
Auch die partikuläre Lösung lässt sich mit Hilfe der Übertragungsmatrix ermitteln. Sie lautet allge‐
mein:
y P x Yˆ x c x mit c x Yˆ s f s ds
x
Zur Berechnung des Vektors c x sind in der Regel etwas ausgefallenere Integrale zu lösen.
Beispiel: Gesucht wird eine partikuläre Lösung zum folgenden DGL‐System, dessen Übertragungs‐
matrix bereits bestimmt wurde.
1 e t t sin t
x P x Yˆ t c t
2 sin t e t t cos t
8.4.9. Allgemeine Lösung eines gegebenen Anfangswertproblems:
Fasst man alle bis hierher gewonnenen Erkenntnisse zusammen, so ergibt sich folgende Formel:
y x Y x c Y x Y f d
x
x0
Ausgedrückt mit der Übertragungsmatrix:
y x Yˆ x x0 y0 Yˆ x f d
x
x0
20
8.5. Lineare Differenzialgleichungen n‐ter Ordnung
8.5.1. Lineare Differenzialgleichung n‐ter Ordnung:
Unter einer linearen Differenzialgleichung n‐ter Ordnung versteht man eine Differenzialgleichung der
Form
y n a n1 x y n1 an 2 x y n 2 a1 x y a0 x y f x .
Diese heißt homogen, falls f x 0 ist, sie heißt inhomogen, falls f x 0 ist.
8.5.1.1. Lösbarkeit:
Sind die Koeffizienten ak x und f x stetig in einem gegebenen Intervall, so hat für ein x0 aus
diesem Intervall das Anfangswertproblem
y n a n 1 x y n 1 a1 x y a0 x y f x
y x0 y1
y x0 y 2
y x0 y n
n 1
mit reellen y k genau eine Lösung im gegebenen Intervall.
Im Folgenden sollen nur Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten betrachtet werden.
8.5.1.2. Linearkombinationen von Lösungen einer linearen DGL n‐ter Ordnung:
Sind y1 ,, y k Lösungen einer homogenen linearen DGL n‐ter Ordnung, dann ist auch jede beliebige
Linearkombination y c1 y1 c k y k mit c1 ,, ck von Lösungen wieder eine neue
Lösung.
8.5.2. Umformung in DGL‐System erster Ordnung:
Es werden Substitutionen durchgeführt:
y1 y y 0 1 0 0 y 0
y2 y y 0 0 1 0 y 0
0 0 0 1
y n y n1 y n1 a0 a1 a2 an1 y n1 f x
A
nn Matrix
8.5.3. Fundamentalsystem:
Die Darstellung des Fundamentalsystems von Lösungen sieht folgendermaßen aus:
y1 yn
y1 y n
y1 x ,, y n x
n 1 n1
y y
1 n
21
8.5.4. Aufstellen eines Fundamentalsystems:
Gegeben ist die homogene lineare DGL n‐ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten:
y n a n1 y n 1 a n2 y n 2 a1 y a0 y 0
Man erhält ein Fundamentalsystem, wenn man zu jeder r‐fachen Nullstelle k die rk Lösungen
e k x , x e k x ,, x r 1 e k x
und zu jedem Paar konjugiert‐komplexer Nullstellen k , k (r‐fach) die 2r Lösungen
y1 y2 yn
y y 2 y n
Y x 1
n 1
y y 2n 1 y nn 1
1
Sie besitzt alle bereits bei DGL‐Systemen beschriebenen Eigenschaften (s. Punkt 5.4.3).
Das Aufstellen der Übertragungsmatrix erfolgt entsprechend.
8.5.6. Wronski‐Determinante:
Analog zu DGL‐Systemen lautet sie:
y1 y2 yn
y1 y 2 y n
W x
y1n 1 y 2n 1 n 1
yn
Ist der Betrag der Wronski‐Determinante nicht null, so bilden die Spaltenvektoren ein Fundamental‐
system zur gegebenen Differenzialgleichung.
8.5.7. Allgemeines Lösungsverfahren:
8.5.7.1. Charakteristisches Polynom:
22
3. Schritt: Die Lösung des homogenen DGL‐Anteils lautet dann:
y H x c1 y1 x c2 y 2 x cn y n x
8.5.7.3. Bestimmung des partikulären Lösungsanteils:
1. Schritt: Für das Störglied f x der DGL wird folgender Ansatz gemacht:
3. Schritt: Der nächste Ansatz lautet:
Im Falle, dass die Differenzialgleichung zweiter Ordnung ist, gilt vereinfacht:
x P x P x qx mit i .
4. Schritt: Aus der obenstehenden Formel werden schrittweise alle Koeffizienten bestimmt. Dazu
kann der Koeffizientenvergleich ‐ d.h. Vergleich von Real‐ bzw. Imaginärteilen auf beiden Seiten der
Gleichung ‐ angewandt werden.
1 x Re x
2 x Im x
Daraus folgt schließlich für die partikuläre Lösung:
y P x Re~
y P x e x 1 x cos x 2 x sin x
Beispiel: Gesucht wird die allgemeine Lösung der folgenden linearen Differenzialgleichung:
x 2 x 5 x 5
t
e
13 4 2t
t
sin
f1 t f 2 t
Eine solche Aufteilung des Störgliedes in zwei (oder mehr) Teile wird dann notwendig, wenn es of‐
fensichtlich nicht die allgemeine Form f x e x q1 x cos x q 2 x sin x von
Störgliedern besitzt.
Homogene Lösung:
Es werden die Nullstellen des charakteristischen Polynoms P bestimmt.
2 2 5 0 1 1 2i 2 1 2i
Die allgemeine, reelle Lösung der homogenen Differenzialgleichung lautet dann:
f1 t 5t 13 f1 t
~
Zu f1 t :
x P1 t a0 a1t a 2 t 2 a3t 3
Koeffizientenvergleich liefert: x P1 t t 3
Zu f 2 t :
f 2 t 4 e 2t sin t e t q1 t cos t q2 t sin t
~
mit 2 1 q1 t 0 q2 t 4
2 i qt 4i
~ x t e t t e 2i t a a t a t 2
P2 0 1 2
2 4
a 2 a1 0, a0 i .
5 5
Die allgemeine Lösung des zweiten Teils vom Störglied lautet dann:
2 4 2
x P 2 t Re~
x P 2 t Re e 2i t i e 2t cos t sin t
4
5 5 5 5
Die allgemeine Lösung der gesamten Differenzialgleichung ergibt sich somit zu:
xt x H t x P1 t x P 2 t
e t c1 cos 2t c2 sin 2t e 2t 2 sin t cos t t 3
2
5
8.5.8. Tabelle zur Lösungsbasis von linearen homogenen Differenzialgleichungen 2. Ord‐
nung mit konstanten Koeffizienten:
Die homogene Lösung lautet y H x c1 y1 x c2 y 2 x mit y1 x ) und y 2 x y2(x) aus der un‐
ten stehenden Tabelle.
Nullstellen von P Lösungsbasis der Differenzialgleichung
y1 x e 1x
1 , 2 ∈ , 1 2
y 2 x e 2 x
y1 x e 1x
1 2
y 2 x x e 1x
y1 x e x cos x
1, 2 i mit 0
y 2 x e x sin x
24