Sie sind auf Seite 1von 6

Pressetext

Otto Modersohn – Worpswede 1890-1895


Eine Ausstellung der Gesellschaft-Otto-Modersohn-Museum e.V.

im Otto-Modersohn-Museum, in Fischerhude, vom 27. September bis zum 30. Dezember 2015
Eröffnung der Ausstellung am 26. September, um 19 Uhr

Die Ausstellung Otto Modersohn – Worpswede 1890-1895 mit den Zeichnungen und Bildern
der ersten Jahre in Worpswede, schließt an die Präsentation des Frühwerks im Jahr 2014 an
und leitet über zur Gründung des Otto-Modersohn-Museums in Tecklenburg, das ab dem
24. Oktober 2015 geöffnet sein wird. Wurden in der Ausstellung des westfälischen Frühwerks
die Wurzeln des späteren Malerlebens offenbar, so werden nun die nächsten Schritte seiner
künstlerischen Entwicklung aufgezeigt, die ohne die ergreifende Erfahrung der Landschaft
Worpswedes wohl nicht denkbar wären.
Es sind Jahre der ständigen Selbstbefragung, der Auseinandersetzung mit den Worpsweder
Kollegen, fremden Städten, wie Hamburg und Berlin, deren Akademien er in den
Wintersemestern der Jahre 1890/91, 1892/93 und 1893/94 mit wenig persönlichem Gewinn
besucht.
Es sind aber auch Jahre der Vorbereitung.
Im Winter 1894/95 bleibt Otto Modersohn erstmals allein in Worpswede.
Es entstehen acht großformatige Bilder, mit denen er im Frühjahr des Jahres 1895 die erste
Ausstellung der „Worpsweder“ in der Bremer Kunsthalle beschickt und anschließend im
Münchener Glaspalast einen nicht zu erwartenden Erfolg erringt. Über Nacht wird er zu
einem der bekanntesten deutschen Maler seiner Zeit.
Drei dieser Bilder sind in der Ausstellung zu sehen. Die anderen fünf gelten als verschollen
oder wurden durch die Einwirkungen des letzten Krieges zerstört. Die Atelierfotos der
verschollenen Bilder, die Hans Müller-Brauel 1895 im Atelier Otto Modersohns aufnahm,
wurden auf Tafeln vergrößert und zwischen die Gemälde gehängt.
Ausstellungen wie diese dienen auch der Sichtung des eigenen Bestandes, der Einordnung
und Übersicht. Manchmal sind sie auch Anstoß für unerwartete Neuentdeckungen.
So wurde der Otto-Modersohn-Stiftung vor zwei Jahren das Gemälde „Dämmerstunde“ aus
dem Winter 1894/1895 zugänglich. Es zeigt eine Moorhütte mit alter Frau und Katze unter
Birken vor einem rotglühenden Abendhimmel. Es ist eines der acht in München gezeigten
Bilder und das einzige dieser Bilder in unserem Bestand.
Als Otto Modersohn im Juli 1889 auf einer Reise mit seinem Studienfreund Fritz Mackensen
das erste Mal Worpswede erlebt, ist er überwältigt vom starken Natureindruck dieser weiten,
offenen und herben Landschaft.
Der gemeinsame Aufenthalt wird bis zum Herbst verlängert. Hans am Ende, der
Studienfreund Mackensens kommt aus München dazu, und es reift der Entschluss, für ganz in
Worpswede zu bleiben.
Die Ziele sind klar: Man kehrt den Akademien, den „Kunst-Städten“ und damit allem
Modischen und Konventionellen den Rücken, um in der Natur das ersehnte „Echte“ zu finden,
das Nahe, das Einfache und doch Poetische.
Die Malerei verändert sich. Die in der Natur gemalten Studien werden flächiger in der Anlage
als die meist kleinformatigen, intimen Kabinettbilder der Studienzeit. Details werden zu
Gunsten der größeren Gesamtwirkung vernachlässigt. Der Pinselduktus wird breiter und das
Studienformat größer. Die Intensität der Naturerfassung wird gesteigert.
Am 1. Januar 1890 gibt sich Otto Modersohn in einen Rück- und Ausblick Rechenschaft über
seine bisherige Arbeit:
Ein Jahr, ein Dezennium geht zu Ende. Im Verflossenen haben meine Ideen auf das
Energischste zu einer Krisis geführt. Akademien, Professoren, Kunststädte sind verworfen,
das eigene Streben vor der Natur, wohl oft von mir früher im Munde geführt, ist wie nie zuvor
mein Wahlspruch geworden. Das bedeutet für mich ein entschiedenes Weiterkommen. Sehr
gefördert bin ich in meinen Anschauungen durch Worpswede, dessen Natur mir, wie keine
zweite, zusagt und mir durch alle Jahreszeiten die tiefste Anregung gegeben hat
So sehe ich dann nur in dem energischsten Naturstudium ein gesundes u. mich befriedigendes
Weiterkommen und zwar in Worpswede, dem originellsten Orte, den ich bisher kennen gelernt
habe.
Eine Kunst, die über das optische Sehen /fast/ hinausgreift und den Gehalt, die Eigenschaft
der Dinge erreichen will, ist mein Ideal. Elementar muß sie wirken, die Gegenstände mit
Vehemenz erfassen, Dokumente der Natur errichten. Für das Höchste achte ich dabei die
Natur in ihrer Einfachheit mit möglichster Objektivität zu schildern ohne Zuthaten, da die
Natur sicher eine originalere Kraft besitzt als die tüchtigste, bewußte Arbeit des Menschen.

Die Wolke, um 1890, Öl auf Malkarton, 42 x 58 cm, Otto Modersohn Stiftung


Im Sommer 1890 entstehen einige der wichtigsten Studien seiner frühen Worpsweder Jahre,
genannt seien nur „Die Wolke“ und „Weg mit dunkler Wolke“.
Einzelnes, Weniges – groß bedeutend, mit Betonung der Farbe auffassen, dass meine Idee.
Der conventionelle Landschafts-geschmack mir immer ferner. (…) Das Wenigste bedeutend,
mit riesiger Vertiefung gemalt, (z.B. das kleinste Luftstück mit ganzem Gefühl)
Tagebuch, Worpswede, 24. Mai 1890
Bis zum 15. Juli 1890 bleiben die jungen Maler in Worpswede. Otto Modersohn verbringt den
Rest des Sommers in Münster bei seinen Eltern. Im Herbst zieht es ihn zurück nach
Worpswede.
Im Winter 1890/91 haben sich Otto Modersohn und Fritz Mackensen in Hamburg an der
Kunstgewerbeschule eingeschrieben, um dort nach den Studien des ersten Worpsweder Jahres
größere Bilder zu malen.
In den Wintermonaten der Jahre 1893 und 1894 zieht es Modersohn, am Ende und Mackensen
auch aus diesem Grund an die Kunstakademie nach Berlin zu Prof. Eugen Bracht, der ihnen
als Maler dramatischer Landschaften bekannt war. Folgt man seinen
Tagebuchaufzeichnungen, waren die Aufenthalte an den Akademien für Otto Modersohns
Entwicklung eher hemmend. Der akademische Betrieb und das von ihm häufig im Tagebuch
festgestellte Unverständnis der Professoren gegenüber seinen Kunstanschauungen ließen ihm
seine Winterarbeit eher unbefriedigend erscheinen.

Moorlandschaft, um 1890, Öl auf Malkarton, 36,5 x 55 cm, Privatbesitz

Wie viel Verbildung, Blasiertheit, Manieriertheit kurz Unnatur überall. Wie herrlich, wie
köstlich denke ich mir mein Ideal: anspruchslose, absichtslose Einfachheit, die nichts sein
will, die aber etwas ist, Naivität und Natürlichkeit, wahres, inniges Gefühl, welche Tugenden
für einen Künstler. (…) Was ich behandle ist schließlich ganz gleich, wenn es mit dieser
Gesinnung erfüllt ist. Natur – Poesie, Anschauung – Ahnung, das sind die beiden Pole. Die
äußere Welt und die innere Empfindung.
Tagebuch, Münster, 31. Dezember 1892
Zudem distanziert er sich seit 1892 zunehmend von den künstlerischen Anschauungen seiner
Freunde Mackensen und am Ende. Immer eindringlicher betont er seine Eigenständigkeit.
Freiheit ist das Erste und Wichtigste. Sich frei fühlen von allen Fesseln der Schule, Theorie,
Tradition und Convention. Sich an nichts binden (in der Kunst), nur seinen Neigungen folgen.
Tagebuch, Berlin, 14. Februar 1892
„In solchen Augenblicken des Versunkenseins, wo ich alle Reflexion verliere, male ich
eigentlich. Ein Unbewußtes malt in mir, nicht eigentlich ich selbst.“
Tagebuch, Berlin, 8. April 1893

Regenwolken, um 1894, Öl auf Malkarton, 36 x 52 cm, Privatbesitz

Die Sommermonate der Jahre 1891 bis 1894 verbringt Otto Modersohn in Worpswede
zusammen mit Hans am Ende und Fritz Mackensen. 1894 kommen die Bremer Künstler Fritz
Overbeck und Heinrich Vogeler hinzu. Beide waren, wie auch Modersohn und Mackensen,
Studenten der Düsseldorfer Kunstakademie. Auch Carl Vinnen, der nicht in Worpswede
wohnt, ist der Gruppe assoziiert.
Sie bilden seit Dezember 1894 den Künstler-Verein Worpswede.
Das intensive Erfassen der Natur ist wunderbar. Das Kräftige, Mächtige, Energische. Dann
das Einfache, Großgesehene (Makroskopische) naturalistisch aber dabei koloristisch.
Tagebuch, Worpswede 22. April 1893
Es ist eine Wonne hier zu leben. Vielleicht darum liegt die Gefahr nahe, zu angenehm
gemüthlich und behaglich zu leben – Das Erste und Wichtigste ist strenge Ordnung im Leben.
Tagebuch, Worpswede, 16. Mai 1893
Das Jahr 1894 bildet für Otto Modersohn den Wendepunkt. Es ist das Jahr der
Selbstvergewisserung seiner künstlerischen Möglichkeiten.
Was ist die Natur? Die Einwirkung von Luft und Licht auf die Gegenstände, die Stimmung,
das Wetter glauben wohl viele Maler, das stellen sie an die Spitze. Ihre Arbeiten enthalten fast
nur dies. (…) Ich sage aber so: Die unendliche, unermessliche Fülle individueller Gebilde,
(das Wesen der einzelnen Gebilde und Elemente) ist die Natur.
Wäre eine völlige Stimmungslosigkeit denkbar, würde der Reiz derselben noch da sein. Die
Stimmung tritt als einigendes, verbindendes Element hinzu. Aber das Erste ist: der Baum, der
Strauch, das Gras, die Blume.
Tagebuch, Worpswede, 14. April 1894.
Er beschließt erstmals im Winter allein in Worpswede zu bleiben. Vogeler und Overbeck
bleiben in Bremen, Mackensen und am Ende fahren wiederum nach Berlin.
Es entstehen in den Wintermonaten acht großformatige Bilder. Erstmals ist Otto Modersohn
mit dem Ergebnis seiner Winterarbeit im Atelier rundum zufrieden. Noch in späteren Jahren
wird er sich immer wieder an diese für ihn wohl glücklichsten Monate seines Lebens erinnern.
Vorbei der Winter! Heute die Bilder verpackt, morgen früh um _ 2 sind sie unterwegs. Zum
ersten Male schließe ich die Winterarbeit mit innerer Befriedigung, mit dem Gefühl des
Weitergekommenseins.
Ich habe einen herrlichen Winter verlebt, den schönsten von allen. Leben, Arbeiten,
Alleinsein, alles nach meinem Sinn, das bringt vorwärts.
Tagebuch, Worpswede, 1. April 1895.
Die Arbeit des Winters bleibt nicht ohne Folgen. Im April/Mai 1895 beteiligt sich Otto
Modersohn an der ersten Präsentation der „Worpsweder“ in der Kunsthalle Bremen. Die
Reaktionen des Bremer Publikums waren mäßig. Immerhin wurden von Mackensen und
Modersohn Bilder für die Sammlung des Kunstvereins erworben. Es waren dies die
berühmten Bilder „Der Säugling“, auch „Moormadonna“ genannt und „Herbst im Moor“, die
bis heute fester Bestandteil der Dauerpräsentation der Kunsthalle sind.
Die Ausstellung in Bremen weckte das Interesse des Präsidenten der Münchener
Künstlergenossenschaft, einem Freiherrn Eugen Ritter von Stieler, der, auf dem Rückweg von
einem Besuch Bismarcks, eine gleichzeitig mit den Worpswedern stattfindende
Ausstellung der Münchener Künstlergenossenschaft in der Bremer Kunsthalle besuchte,
dabei auch die Worpsweder in Augenschein nahm und sie, bzw. Otto Modersohn, der zufällig
zugegen war, zur Teilnahme an der Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im
Münchener Glaspalast einlud.
Der Beitrag der Worpsweder war dann die Sensation dieser Ausstellung. Wiederum konnte
Otto Modersohn ein Bild an ein Museum verkaufen. Die Neue Pinakothek erwarb das Bild
„Sturm im Moor“. Leider ging es während des Zweiten Weltkrieges verloren. Die
Worpsweder waren über Nacht weitgerühmte Künstler und wurden in der Folge zu
zahlreichen Ausstellungen eingeladen.
Elementares, kosmisches Leben – das ist die eine Seite meiner Kunst. Das Große und das
Kleine, das Ganze und das Einzelne. Ein Fest fürs Auge und Herz. Allmählich weiß und fühle
ich, was man alles mit Farbe machen kann. Man muß kribbeln von Gefühl bis in die
Fingerspitzen. (…) Wenn ich einige solche Bilder so male, wie mir im Sinne liegt, dann –
dann hoffe ich viel.
Tagebuch, Worpswede, 11. März 1895
OTTO-MODERSOHN-MUSEUM
In der Bredenau 95, 28870 Fischerhude-Ottersberg
Telefon +49 (04293) 328 / Telefax +49 (04293) 1435
e-mail: info@modersohn-museum.de
www.modersohn-museum.de

täglich 10-18 Uhr, geschlossen am 24. und 25. 12. 2015

Zur Sonderausstellung gelten veränderte Eintrittspreise:

Erwachsene € 8,00, Schüler/Studenten € 4,00


Kinder bis zu 14 Jahren: frei
Gruppen ab 10 Personen € 6,00
Gruppenführung € 80,00, zuzüglich Eintritt € 6,00

Das könnte Ihnen auch gefallen