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Messunsicherheiten in der zerstörungsfreien Prüfung

I. Poschmann, M. Winning,
W.S. Werkstoff Service GmbH

AK Düsseldorf, DGZfP, 09.12.2019


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W.S. Werkstoff Service – Kompetenzen in der ZfP und bei Messunsicherheiten

• Akkreditiertes Prüflabor (ISO/IEC 17025)


• Berücksichtigung von Messunsicherheiten bei
Prüfungen – speziell bei Konformitätsbewertungen
• ZfP-Kompetenzstelle (DIN 27201-7)
• Anerkennung von ZfP-Prozessen in Eisenbahn-
Instandhaltungswerkstätten europaweit
• Zertifiziertes Trainingscenter (ISO 9001, AZAV)
• u.a. Gruppen- und Inhouse-Seminare zu
Messunsicherheiten
• Anerkannte ZfP-Ausbildungsstätte (DGZfP, ISO 9712)
• UT, RT, MT, ET, PT, ET
• Akkreditierte Inspektionsstelle (ISO/IEC 17020)
• Berücksichtigung von Messunsicherheiten bei
Konformitätsbewertungen
• ö.b.v. Sachverständige für Werkstoffprüfung, Firmensitz: Essen, Gelände des
Schadensanalyse und zerstörungsfreie Prüfung Weltkulturerbes Zeche Zollverein
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Anerkannte Regeln der Technik – Messunsicherheit, Kalibrierung, Rückführbarkeit
Messunsicherheiten sind ein Teilaspekt der Metrologie
• hat technische und zunehmend auch rechtliche Bedeutung:
• Produkthaftung, Produktverantwortung
• Verbindlichkeit von Konformitätsaussagen

ISO/IEC 17025 (Anerkannte Regel der Technik für Labore)


• Allgemeine Anforderungen an die Kompetenz von Prüf- und
Kalibrierlaboratorien
• Norm nicht beschränkt auf akkreditierte Labore
• 7.6.3: „Ein Laboratorium, das Prüfungen durchführt, muss die
Messunsicherheit ermitteln.“

DIN 1319-1 (Grundlagen der Messtechnik - Grundbegriffe)


• Prüfen: Feststellen, inwieweit ein Prüfobjekt eine Forderung erfüllt
• Messen: Quantitatives Prüfverfahren, bei dem … ein Messwert ermittelt wird

EN ISO 14253-1 (GPS – Prüfung … durch Messen)


• „Die Messunsicherheit wirkt sich immer gegen denjenigen … aus, der den
Nachweis für die Konformität oder die Nichtkonformität erbringt und
deshalb die Messungen durchführt.“

ILAC P10:01/2013 (Policy on the Traceability of Measurement Results)


• “If a calibration is not a dominant factor in the testing result, the laboratory
shall … demonstrate that … uncertainty … and therefore traceability does
not need to be demonstrated.”
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Verteilungsfunktionen messtechnischer Größen

Verteilungsfunktionen ergeben sich aus:


• mathematischen/statistischen Gründen (z.B. Werfen von Würfel)
• physikalischen Gründen (naturwissenschaftliche Zusammenhänge)
• informationstheoretischen Gründen (Wieviel weiß ich?)
Intervallgrenze a
• Beschreibt den Bereich (a), in dem die interessierte Größe („zu 100%“) zu finden ist – im Beispiel  3

Einfache (Mess-)Unsicherheit u
• Das Intervall (u) in dem der „wahre“ Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 68% zu finden ist

Rechteck-Verteilung Dreieck-Verteilung Gauß-Verteilung


• Liefert größte Unsicherheit • Liefert etwas kleinere Unsicherheit • Liefert kleinste Unsicherheit
• Wenig über den Prozess • „Informationslage“ besser als bei • Prozess z.B. statistisch gut
bekannt Rechteck, aber schlechter als bei beschrieben
Gauß • Hier: „Begrenzung“ bei  3σ

𝐮 = ±𝒂Τ 𝟑 𝐮 = ±𝒂Τ 𝟔 𝐮 = ±𝒂Τ 𝟗

Analogie: Analogie:
Analogie:
Spiel mit Spiel mit
Spiel mit
zwei Würfeln drei Würfeln
einem Würfel
und mehr
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Unsicherheit der elektr. Leitfähigkeit – 1) Methode der Fehlerfortpflanzung

𝑙 𝑙 𝑙
𝑅= 𝑅= 𝜎=  Messvorschrift
𝜎∙𝐴 𝜋 ∙ 𝑑2 𝜋 ∙ 𝑑2
𝜎∙ 4 𝑅∙ 4
• R = Ohmscher Widerstand
• L = Leiterlänge
• A = Leiterquerschnitt
• σ = Leitfähigkeit
Relative Messunsicherheit der Leitfähigkeit:
2 2 2
• R-Messung (200 ) mit Ohmmeter mit 20-Ablesung
𝑢𝜎 𝑢𝑙 𝑢𝑅 𝑢𝑑 • l-Messung (250mm) mit Lineal mit 1mm-Teilung
= + + 2∙
𝜎 𝑙 𝑅 𝑑 • d-Messung (5mm) mit Messschieber mit 0,01mm-Teilung
• uσ, ud, uR, ul: Unsicherheitskomponenten

Messunsicherheiten-Budget:

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ohmscher Widerstand R: 0,00025 Ohm Rechteck B 0,00001 Ohm 4,000 % 1 1,732 2,31 %
Länge l: 0,25 m Rechteck B 0,0005 m 0,200 % 1 1,732 0,12 %
Durchmesser d: 0,005 m Rechteck B 0,000005 m 0,100 % 2 1,732 0,12 %

relative, einfache Messunsicherheit: 2,32 %


Erweiterungsfaktor: 2
Messwert: 50,93 MS/m relative, erweiterte Messunsicherheit: 4,63 %
absolute erweiterte Messunsicherheit: 2,36 MS/m
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Unsicherheit der elektr. Leitfähigkeit – 2) Statistische Methode

Statistischer Ansatz (hier Einpunkt-Justierung) berücksichtigt im Beispiel 3 Unsicherheitskomponenten


1. Unsicherheit der Zertifikatswerte des Referenzmaterials (hier 15 Messungen)
2. Unsicherheit der Prüfung am Referenzmaterial (hier 5 Messungen)
3. Unsicherheit der Messung an der Probe (hier 3 Messungen)

Bezeichnungen:
2 2 2 • u = Messunsicherheit
𝑠𝑍 𝑠𝑅 𝑠𝑃 • t = Student-Faktor (Stichprobengröße)
𝑢𝜎 = 𝑡𝑍 ∙ + 𝑡𝑅 ∙ + 𝑡𝑃 ∙
𝑚𝑍 𝑚𝑅 𝑚𝑃 • s = Streuung der Messwerte
• m = Anzahl der Messwerte

Messunsicherheiten-Budget:

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Streuung der Zertifikatswerte Z des Referenzmaterials 0,30 MS/m Gauss A 15 95% 2,145 0,17 MS/m
Streuung der Messung am Referenzmaterial R 0,70 MS/m Gauss A 5 95% 2,776 0,87 MS/m
Streuung Messung an der Probe P 1,00 MS/m Gauss A 3 95% 4,303 2,48 MS/m
erweiterte Messunsicherheit (95% VN): 2,64 MS/m
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Unsicherheit der elektr. Leitfähigkeit – 3) Fehlerbereichkonversion

Vorgehensweise bei der Messunsicherheiten-Bestimmung mit der Fehlerbereichkonversion-Methode


• Bestimmung der relevanten Einflussgrößen durch Experten (hier Prüfer)
• Abschätzung des maximalen Fehlers („100%“) für jede Einflussgröße durch Experten (hier: Prüfer)
• Zuweisung der Verteilungsfunktionen je nach Umfang der Information über die Wirkung der Einflussgröße
• Bestimmung der einfachen, kombinierten Messunsicherheit MU (68%)
• Bestimmung des 95%-Erweiterungsfaktors (Beachte: Einseitiges oder zweiseitiges Problem?)
• Bestimmung der erweiterten kombinierten Messunsicherheit (95%)

Messunsicherheiten-Budget:

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Spannungsmessung ± 1,00 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,41 MS/m
Stromstärkemessung ± 1,00 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,41 MS/m
Messung Länge Draht ± 1,00 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,41 MS/m
Messung Durchmesser Draht ± 0,50 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,20 MS/m
Temperatureinfluss ± 1,75 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,71 MS/m
Homogenität Werkstoff ± 1,25 MS/m Dreieck 2,4 FBK 0,51 MS/m

einfache, kombinierte absolute Messunsicherheit (68% VN): ± 1,31 MS/m


Erweiterungsfaktor (95% VN): 2,00
erweiterte absolute Messunsicherheit (95% VN): ± 2,63 MS/m
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Fehlerbereichkonversion-Methode – Magnetpulverprüfung

Unsicherheitsbudgets für Anzeigenbildung und Bestimmung der Anzeigenlänge aus der Praxis
• MT-Prüfung Schmiedeteil,
• Magnetisierung mit Handjoch
• Fluoreszierendes Prüfmittel
• Baustellensituation mit besonders komplizierter Zugänglichkeit des Prüfgegenstandes

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Prüfmethode
Oberflächenzustand - Aufsetzen Joch ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Nachmagnetisierung / Ablaufen Prüfmittel ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Prüfsystem / Prüfequipment
Orientierung Magnetfeld ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Lokale Ausbildung des Feldes an geometrischen Details ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Qualität Prüfmittel ± 0,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,17
Lineal - Teilung ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Ablesefehler / Parallaxe ± 0,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,17
Prüfgegenstand
Oberfläche - Rauhigkeit ± 1,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,50
Oberfläche - Sauberkeit/Benetzung ± 1,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,50
Neigung Fehler / Erscheinung des Fehlers auf der Oberfläche ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Betrachtungsabstand ± 1,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,33
Umgebungsbedingungen
Beleuchtungsstärke ± 0,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,17
Bestrahlungsstärke ± 0,5 mm Gauss 3,0 FBK 0,17
Prüfer
Körperliche Fitness - Umwelteinfluss ± 2,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,67
Konzentration / Arbeitszeit ± 2,0 mm Gauss 3,0 FBK 0,67

einfache, kombinierte absolute Messunsicherheit (68% VN): ± 1,5 mm


Erweiterungsfaktor (95% VN): 1,7
erweiterte absolute Messunsicherheit (95% VN): ± 2,6 mm
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Fehlerbereichkonversion-Methode – Vergleich mit der Praxis

Ringversuch von PTA (Proficiency Test Australia, Report 542, 05/2007)

• Aufgabe: Ermittlung der Anzeigenlänge von Anzeigen auf 6 Prüfgegenständen

• Horizontal: Abweichung der ermittelten Anzeigenlänge von der Referenzlänge (0 mm entspricht Referenz)

• Vertikal: Anzahl der Messungen an 6 Proben (Schweißnähte) mit insgesamt 21 Anzeigen

• In 262 von 278 Fällen war die Abweichung innerhalb von ±3 mm. Das entspricht ca. 95% aller Fälle

Abweichung von Referenz-Länge

Anzahl der
Messungen
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Zusammenfassung

 Messunsicherheiten-Konzept ist Teil der anerkannten Regeln der Technik für Labore

 Keine Unterscheidung zwischen Akkreditierung und Nicht-Akkreditierung

 Messunsicherheiten sind insbesondere bei Konformitätsaussagen zu berücksichtigen

 Die Regeln der Technik unterscheiden dabei nicht zwischen ZfP und Nicht-ZfP

 Siehe aber auch Thema „Entscheidungsregeln nach ISO/IEC 17025“

 Beachte: Messunsicherheiten treten auf bei der Kalibrierung und bei der Prüfung.

 Kalibrierunsicherheiten müssen ggf. im Prüfprozess berücksichtigt werden

 Optimierung des Messgerätes (MU reduzieren)

 Anpassung der Prüfbedingungen (z.B. mehr/weniger Beleuchtungsstärke fordern)

 Risikoanalyse (ISO/IEC 17025:2017)


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Zusammenfassung

 Fehlerbereichkonversion-Methode ist ein leistungsfähiges und einfach anwendbares


Werkzeug für die Ermittlung von Messunsicherheiten speziell auch in der ZfP

 Messunsicherheiten-Budgets sind nützlich, um zu entscheiden, welche Mess- und


Prüfmittel rückführbar kalibriert werden müssen

 Messunsicherheiten und Messunsicherheiten-Budgets dienen zuallererst der Optimierung


der Qualität von Mess- und Prüfprozessen

 Messunsicherheiten sollten insbesondere auch im Lichte der Revision der ISO/IEC 17025
als Chance gesehen werden – u.a. für Themen wie:
 Kalibrierung und Rückführbarkeit
 Risikoabschätzungen und Entscheidungsregeln für Konformitätsbewertungen

 Sehr viel mehr über das Thema:


 W.S.-Seminar „Messunsicherheiten und POD in der zerstörungsfreien Prüfung“
 gerne auch Inhouse
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

W.S. Werkstoff Service GmbH


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