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Pen-&-Paper-Rollenspiel

Das Pen-&-Paper-Rollenspiel (engl. pen „Stift“ und paper


„Papier“) ist ein Spiel, bei dem die Mitwirkenden fiktive Rollen
einnehmen und gemeinsam durch Erzählen ein Abenteuer
erleben. Als Hauptspielmittel werden fast immer die
namensgebenden Stifte und Papier eingesetzt, um die
dargestellten Rollen auf Charakterbögen zu beschreiben und
Notizen zum Spielverlauf zu machen. Nicht zuletzt gehören
zum papiernen Material Rollenspielabenteuer, Spielwelt-
Beschreibungen und Spielregel-Handbücher. So gut wie
immer werden auch Spielwürfel oder andere Zufallselemente
DSA-Rollenspieler auf der Burg-Con
verwendet. in Berlin 2009. Der Spielleiter sitzt
links.
Stark vereinfacht kann das Pen-&-Paper-Rollenspiel als
Mischung aus herkömmlichem Gesellschaftsspiel, Erzählung
und Improvisationstheater beschrieben werden. Häufig moderiert ein Spielleiter das Spiel, setzt
den Handlungsrahmen und trifft wesentliche Entscheidungen bezüglich der Schauplätze, der
auftretenden Ereignisse und Nebendarsteller (Nicht-Spieler-Charaktere, NSCs). Die anderen
Spieler stellen in diesem Rahmen ihre fiktiven Figuren, die Spielercharaktere (SCs), dar und
treffen für sie die Entscheidungen im Rahmen vorgegebener Regelsysteme. Letztere sollen dabei
helfen zu bestimmen, inwieweit die fiktiven, nur verbalisierten Handlungen der Figuren
erfolgreich sind, ob z. B. die Spielfigur beim Sprung von einer hohen Mauer unverletzt bleibt. Der
Erfolg oder Misserfolg dieser fiktiven Handlungen wird mithilfe von Spielwürfeln, seltener auch
Spielkarten, simuliert.

In der Rollenspielerszene werden Pen-&-Paper-Rollenspiele meist schlicht als Rollenspiele (RS,


RSP) oder Role-Playing Games (RPG) bezeichnet. „Pen-&-Paper“ wird üblicherweise dann
vorangestellt, wenn der Gegensatz zu anderen derartigen Spielformen wie Live-Rollenspiel,
Computer-Rollenspiel oder Foren-Rollenspiel betont werden soll. Der Einsatz von Papier und
Stiften ist ein markantes Unterscheidungskriterium. Selten werden auch die eingedeutschten
Bezeichnungen „Papier-und-Stift-Rollenspiel“ oder „Papier-und-Bleistift-Rollenspiel“ verwendet;
eine weitere alternative Benennung ist „Tischrollenspiel“.

Wissenschaftliche Theorien zur Funktionsweise von Rollenspielen sind rar, doch erste Ansätze
einer Rollenspieltheorie haben sich bereits herausgebildet. Darüber hinaus gibt es zahlreiche
Untersuchungen zum Phänomen Rollenspiel, die sich jedoch überwiegend auf studentische Haus-,
Diplom- und Magisterarbeiten beschränken.

Inhaltsverzeichnis
Funktionsweise
Rollenverteilung
Spielmechanismus
Regelsysteme
Klassische und moderne Regelsysteme
Anforderungen an den Spielleiter
Zeitliche Struktur eines Rollenspiels
Kategorisierung
Geschichte
Der amerikanische Ansatz
Der deutsch-österreichische Ansatz
Künstlerische Rezeption
Organisation und Vertrieb
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise

Funktionsweise

Rollenverteilung
Bei den meisten Regelsystemen übernimmt einer der Spieler
die Rolle des Spielleiters oder Erzählers. Häufig wird für diese
Rolle auch die aus Das Schwarze Auge übernommene
Bezeichnung „Meister“ oder der aus Dungeons & Dragons
(D&D) stammende Begriff „Dungeon Master“ (DM)
verwendet. Zu den Aufgaben des Spielleiters zählt es, den
Mitspielern zu beschreiben, was deren Spielfiguren widerfährt.
Bildlich gesprochen ist er Auge und Ohr der Spieler und
übernimmt die Rolle aller Nicht-Spieler-Charaktere, die mit
den Spielfiguren interagieren. Ferner ist er Schiedsrichter und
Moderator. Die Spieler dagegen sind Darsteller der
Spielercharaktere, die die vom Spielleiter vorskizzierte
Geschichte tragen. Die Handlungen der Spielercharaktere
werden – entsprechend ihrer Hintergrundgeschichte, ihrer
Fähigkeiten und Ziele – von den Spielern festgelegt. Der
Spielleiter kennt die Rahmenhandlung sowie relevante
Ereignisse und Hintergründe der Spielwelt und baut die nicht Ein „Charakterbogen“ des Pen-&-
vorherzusehenden Aktionen und Reaktionen der Mitspieler, Paper-Rollenspiels Sturmbringer. Die
die durch die Handlungen ihrer Figuren den Verlauf der Eigenschaften der Spielercharaktere
Geschichte zu beeinflussen versuchen, ins Spiel ein. werden hier vermerkt.

Manche freien, regelarmen Rollenspiele, auch Indie-


Rollenspiele oder Erzählrollenspiele genannt, weichen von dieser Rollenverteilung ab. Beispiele für
Rollenspiele, in denen die Spieler mehr Erzählrechte haben, sind 10 Candles, Fate, InSpectres oder
Wushu. Einige Rollenspiele verzichten ganz auf einen Spielleiter, hier übernimmt jeder Spieler
auch die Rolle des Erzählers und bestimmt die Ergebnisse seines Handelns. Beispiele für
spielleiterlose Rollenspiele sind Fiasco oder Microscope.
Spielmechanismus
Der Spielleiter schildert den Spielern ihre Situation, beispielsweise so:

„Ihr reitet gemütlich durch den dicht bewachsenen Hohlweg, als plötzlich ein
Schwarm Vögel vor euch auffliegt. Offenbar wurden sie aufgescheucht, aber
wahrscheinlich nicht durch euch. Was tut ihr?“

Auf diese Ausgangslage reagieren die Spieler dadurch, dass sie die Aktionen ihres Charakters
bestimmen (hier zum Beispiel: innehalten und lauschen, rufen, Waffen ziehen oder sich im
Gebüsch verstecken). Der Spielleiter beschreibt anschließend die Veränderungen und Reaktionen
der Umwelt aufgrund dieser Aktionen und seiner Kenntnis der Rahmenhandlung. So entsteht – im
Gegensatz zu einer gewöhnlichen Geschichte – ein Dialog zwischen Spielern und Spielleiter, in
dem durch Aktionen und Reaktionen die Geschichte erzählt wird.

Dabei muss die Aktion keineswegs vom Spielleiter ausgehen. Vielmehr wird erwartet, dass die
Spieler aktiv werden, anstatt in passiver Reaktion zu verharren. Gespräche, die zwischen den
Charakteren der Spieler untereinander oder zwischen ihnen und vom Erzähler verkörperten NSCs
stattfinden, werden von den Spielern häufig in wörtlicher Rede gestaltet oder sogar
schauspielerisch untermalt. Diese Parallelität des Geschehens in der wirklichen Welt mit dem
Geschehen in der Spielwelt bleibt jedoch auf Gespräche beschränkt; Bewegungen und andere
körperliche Aktionen werden im Gegensatz zum Live-Rollenspiel nicht oder nur ansatzweise
nachgestellt.

Bei Erzählrollenspielen und weiteren Systemen übernimmt jeder Spieler im Wechsel die Rolle des
Erzählers.

Regelsysteme
→ Hauptartikel: Rollenspielsystem

Pen-&-Paper-Rollenspiele verwenden üblicherweise


Regelsysteme, die mehreren Zwecken dienen:

Sie definieren die Stärken und Schwächen eines


Charakters in Relation zur Spielwelt. Dies geschieht
üblicherweise durch das Festlegen von numerischen
Werten für die verschiedenen Fähigkeiten und
Eigenschaften eines Charakters. Verschiedene Würfel dienen in den
Sie helfen bei der Entscheidung über den Ausgang meisten Pen-&-Paper-Rollenspielen
zweifelhafter Situationen, in dem sie einen Mechanismus als Zufallsgeneratoren.
zur Verfügung stellen, der die Fähigkeiten eines
Charakters mit der Schwierigkeit einer Aufgabe
vergleichbar macht.
Sie bringen ein Zufallselement ins Spiel, das als Spannungsmittel dient. Als Zufallselement
dienen dabei üblicherweise Spielwürfel. Je nach Regelwerk werden hierbei unterschiedliche
Würfel verwendet. Es gibt unter anderem die folgenden Würfel: W4, W6, W8, W10, W12, W20
und W100.[1]
Sie definieren das Ausscheiden eines Charakters aus dem Spiel, zum Beispiel durch Tod.
Sie definieren Mechanismen, die den Fluss der Geschichte beeinflussen können, etwa durch
die zeitweilige Übergabe des Erzählrechtes an einen Spieler.
Die Werte für Stärken und Schwächen eines Charakters werden auf einem Blatt Papier, dem
Charakterbogen, festgehalten. Da sich diese Angaben im Laufe des Spiels ändern können, wird
zumeist mit Bleistift geschrieben.

Da die vorgegebenen Regeln nicht immer konsistent sind und nicht dem Geschmack der
Mitwirkenden entsprechen müssen, besteht die Möglichkeit, Regeln und Werte zu ändern und
dem eigenen Spielstil anzupassen, also „Hausregeln“ zu entwickeln. Da dies zu Problemen führen
kann, ist dies eher die Ausnahme als die Regel, wenn sich Mitglieder verschiedener Gruppen
treffen, um gemeinsam zu spielen.

Um den Spielern weitere Anregungen zu bieten und die Fantasiewelten bunter und komplexer zu
gestalten, werden neben den Regelbüchern auch Rollenspielabenteuer vertrieben, die Überblick
und Materialien für eine Rahmenhandlung bereitstellen und vom Spielleiter zur Vorbereitung des
Spiels gelesen werden. Die außerdem in fast allen Rollenspielen veröffentlichten „Quellenbücher“
enthalten weitere Informationen zur Spielwelt, etwa Landkarten, geographische, kulturelle und
geschichtliche Angaben, neue Möglichkeiten zur Erschaffung von Charakteren und Zusatzregeln.

Klassische und moderne Regelsysteme

Klassische Rollenspielregelsysteme übernehmen meist das vom Ur-Rollenspiel D&D angelegte


Prinzip der Charakterklassen, Erfahrungsstufen und Trefferpunkte, sogenannte „CET-Systeme“.
Charakterklassen sind ein Mechanismus, um verschiedene Archetypen an Spielercharakteren
regeltechnisch voneinander abzugrenzen und in den Fähigkeiten und Möglichkeiten
einzuschränken. Dies kann z. B. bedeuten, dass ein Charakter aus einer Fantasiewelt gemäß den
Regeln des Rollenspiels kein großes Schwert führen darf, weil er magische Fähigkeiten hat. Auch
wenn dies in der Spielewelt selbst keinen plausiblen Grund haben muss, sollen solche
Mechanismen der Spielbalance dienen und Machtgefälle zwischen Spielercharakteren vermeiden
helfen. Erfahrungsstufen sind ein Mechanismus, der die Verbesserung der Fähigkeiten des
Charakters nur in bestimmten Iterationen zulässt, so zum Beispiel wenn er genug
„Erfahrungspunkte“ gesammelt hat. Trefferpunkte sind ein klassischer Mechanismus, um in
vereinfachter Form die Gesundheit und körperliche Verfassung eines Rollenspielcharakters zu
messen und zu verfolgen.

Modernere Regelsysteme verfolgen den Ansatz, das CET-Prinzip zu überwinden, da des Öfteren
die mangelnde Plausibilität von CET-Systemen kritisiert wird. Manche neueren Systeme
überwinden das CET-Prinzip in verschiedenen Graden, das Rollenspiel Shadowrun z. B. hat keine
Erfahrungsstufen, nutzt aber Charakterklassen und einen Trefferpunktmechanismus. Beim
Fantasy Rollenspiel Hârnmaster werden Charakterfähigkeiten nach der Häufigkeit ihrer
Verwendung gesteigert und die Gesundheit eines Spielcharakters mit einem tabellenbasierten
Gesundheitsregelsystem verfolgt, welches Körperzonen und Effekte wie Infektionen und ähnliches
regeltechnisch abbildet. Das Rollenspielsystem GURPS vermeidet Charakterklassen.

Anforderungen an den Spielleiter


An den Spielleiter werden hohe Anforderungen gestellt, da er auf die oft kreativen Aktionen der
Spieler reagieren und sie in seine Geschichte einbauen muss. Er muss die Spielregeln beherrschen,
da er über ihre Auslegung entscheidet, und die Spielwelt kennen, um die Handlung überzeugend in
ihren Hintergrund einbetten zu können (→ Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit).
Schließlich muss er einen Überblick über den gesamten geplanten Plot besitzen, um die
Veränderung der Spielwelt durch die Ereignisse der Rahmenhandlung und die Taten der
Spielercharaktere darstellen zu können.

Für viele Spieler mindert es die Freude am Rollenspiel, wenn der Spielleiter auch die
Spielercharaktere lenkt, um die Handlung zu ihrem vorbestimmten Ziel zu führen. Flexible
Spielleiter hingegen müssen auch in unvorhergesehenen Situationen kreative Ideen haben, um die
Geschehnisse nahtlos in die Geschichte einfließen zu lassen,
geplante Ereignisse gegebenenfalls anzupassen und den
Mitspielern so das Gefühl zu vermitteln, dass die
Handlungsfreiheit ihrer Figuren gewahrt bleibt und ihre
Aktionen Einfluss auf die Entwicklung der Spielwelt und des
Plots haben.

Der Spielleiter veranschaulicht, wie der Ort der Handlung


aussieht und übernimmt die Rolle aller nicht von Spielern
gesteuerter Charaktere (NSCs). Er spricht und agiert z. B. für
die Bewohner eines Dorfes, den König eines Landes, den Feind Eine Spielrunde Engel auf der Burg-
samt seinen Gefolgsleuten und Ungeheuern, aber auch die Con in Berlin 2009, der Spielleiter
Verbündeten der SCs. Dabei ist es für den Spielleiter teilt Karten aus.
herausfordernd, den Spielern das Erzählte möglichst plastisch
darzustellen und die NSCs glaubhaft zu präsentieren.

Zeitliche Struktur eines Rollenspiels


Pen-&-Paper-Rollenspiele haben kein vordefiniertes Ende. Die Geschehnisse können immer weiter
gesponnen werden, sodass eine potentiell endlose Geschichte entsteht. Üblicherweise wird das
Spiel in Abenteuer eingeteilt, die mit dem Erreichen eines Zieles, dem Lösen einer Aufgabe oder
Queste enden. Beispielsweise könnten es Ziele der Spielercharaktere unterschiedlicher Pen-&-
Paper-Rollenspiele sein, eine Prinzessin zu retten, einen Schatz zu finden, ein Geheimnis zu
enträtseln oder einen Feind zu besiegen.

Aus den verschiedenen Möglichkeiten zum Erreichen dieser Ziele entscheiden die Spieler nach
Machbarkeitsabwägungen und entsprechend den Präferenzen ihrer Figuren, welchen Weg sie
einschlagen wollen. Kampf, Diplomatie und Intrige sind exemplarische Typen von
Lösungsansätzen, die wiederum Ansatzpunkte für weitere Abenteuer – während eines laufenden
Plots oder im Anschluss daran – bieten. Maßgeblich ist neben den Vorgaben der Spielwelt und der
Abenteuervorlage die Fantasie des Spielleiters, die die Vorstellungen der Spieler und ihre Folgen
zu einer Geschichte verbinden muss.

Dabei wird in der Regel eine ästhetische Form angestrebt, die dem Spannungsbogen eines Buches
oder Films ähnelt. Die Aneinanderreihung von Abenteuern zu einer komplexen Geschichte nennt
man Kampagne (siehe unten, Geschichte). Obwohl die Abenteuer weiterhin in sich abgeschlossen
sind, werden sie in einer Kampagne miteinander verbunden und bilden eine komplexere
Geschichte mit Wendungen, Erzfeinden, Verbündeten und Heldentaten von bisweilen epischen
Ausmaßen. Im Laufe der Abenteuer sammelt die Gruppe viele Fragmente, die sich zu einem
größeren Ganzen zusammensetzen. Eine Kampagne ist deshalb nicht zu verwechseln mit einer
Reihe von Abenteuern, die zwar von derselben Abenteurergruppe bestritten wird, aber sonst
keinen weiteren Zusammenhang haben. Wird ein Abenteuer mit Charakteren gespielt, die
inklusive Hintergrund nur für dieses eine Abenteuer vom Spielleiter geschaffen wurden, so spricht
man von einem One-Shot.
Kategorisierung
Rollenspieltheorien unterteilen Pen-&-Paper-Rollenspiele in verschiedene Kategorien.
Unterschieden wird zwischen CET- und modernen Systemen und zwischen regel- bzw.
würfellastigen Spielen und Erzählspielen („Storytelling Games“), bei denen das Ausgestalten der
gespielten Rollen und das Erzählen der Geschichten im Zentrum steht. Die einflussreiche GNS-
Theorie von Ron Edwards verwendet die Begriffe Gamismus, Narrativismus und
Simulationismus, um zu unterscheiden zwischen den prägenden Aspekten der Überwindung von
Herausforderungen in der Abenteuergeschichte (Gamismus), der Entwicklung einer stimmigen
und spannenden Geschichte (Narrativismus) und der Erforschung, Entwicklung und Veränderung
einer als zwar fantastisch, aber nicht unrealistisch vorgestellten Spielwelt mit eigenständigen
Entwicklungsprinzipien (Simulationismus).

Regelarme und regellose Spiele werden auch als freie Rollenspiele bezeichnet. Häufig wird bei
regellosen Rollenspielen eine Gruppenvereinbarung definiert, die den Rahmen des Spiels vorgibt.
Gemeinsinn und ein gemeinsames Gefühl helfen den Rollenspielern beim kollektiven Erarbeiten
der stimmigen Erzählung und angemessenen Reaktion der Spielwelt auf ihre Aktionen. Begriffe
wie „Erzählrollenspiel“ und „Abenteuerrollenspiel“ sind selten eindeutig und werden
unterschiedlich definiert.

Geschichte

Der amerikanische Ansatz


Die Spielform des Pen-&-Paper-Rollenspiels nahm ihren
Anfang in den 1970er Jahren in den USA. Dort brachten Gary
Gygax und Jeff Perren 1971 das erste Regelwerk von
Chainmail heraus, das der Vorläufer des 1974 von Gygax und
Dave Arneson veröffentlichten bekanntesten Pen-&-Paper-
Rollenspiels „Dungeons & Dragons“ wurde.

Seit den 1960er Jahren spielte in Lake Geneva die Castle &
Crusade Society selbst erstellte Konfliktsimulationsspiele
(„Wargames“), vor allem mit Miniaturen (“Tabletop”, z. B. mit
Zinnsoldaten). Nach der ersten Wochenend-Veranstaltung
1967 in Gygax’ Privathaus fand jährlich ein Treffen von
Wargame-Spielern statt, das in Anspielung auf die Genfer
Konventionen (englisch Geneva Conventions) „Geneva
Convention“ genannt wurde und das sich unter der
Bezeichnung Gen Con zum größten Rollenspieltreffen weltweit
Gary Gygax, der Erfinder des
entwickelte. Auf einer der ersten Zusammenkünfte begegneten Fantasy-Rollenspiels D&D, auf der
sich Arneson und Gygax und bemerkten übereinstimmende Gen Con 2007.
Interessen. Unter dem Einfluss von Conan-Romanen und dem
Erfolg des Tolkien-Romans Der Herr der Ringe kam man auf
die Idee, ein mittelalterliches Miniaturenspiel zu entwickeln. Gygax hatte schon ein eigenes
Regelwerk namens Chainmail erdacht. Gemeinsam schuf man fantastische Kreaturen und
Magieregeln und machte ein Fantasy-Spiel daraus. Je detaillierter die Regeln wurden, desto weiter
entfernte sich das Spiel von Massenschlachten oder Scharmützeln. Statt Armeen gegeneinander zu
führen, spielte man Belagerungen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Verteidiger der Burg das
Geschehen in die Burg verlagerte und Keller und Kavernen einfügte. Arneson kam auf die Idee, die
Soldaten in einem Kommandounternehmen eine Burg einnehmen zu lassen, wobei sie Fallen
entschärfen und Türen öffnen mussten. So lernte jeder Spieler, sich mit seinem Krieger zu
identifizieren. Bald konzentrierte man sich auf das Schicksal einzelner Helden und ihrer Quests.

Es war immer noch ein einfaches Tabletop, das seine Wurzeln, die Wargames, nicht leugnen
konnte. Trefferpunkte („Hit Points“) z. B. stammten aus Spielen, in denen Seeschlachten simuliert
wurden, die Rüstungsklasse („Armor Class“) kam aus einem Spiel namens Ironclad (Panzerschiff).
In Lake Geneva begann Arneson mit seiner „Blackmoor Campaign“, die als am längsten währende
Rollenspielkampagne gilt. Der Begriff Kampagne („Campaign“) verweist noch auf den Ursprung
aus den militärischen Miniaturenspielen, in denen es um Feldzüge und Schlachten (jeweils
englisch campaign) ging.

Bereits in der Urversion von D&D bestanden Differenzen über das Design der Regeln. So waren
Arneson und Gygax unterschiedlicher Meinung über Zaubergrade („Spell Levels“). Arneson hatte
ein Konzept von Zauberspruch-Trefferpunkten („Spell Hit Points“) und Rettungswürfen („Saving
Throws“) im Sinn; er wollte, dass ein gelungener Rettungswurf die vollständige Rettung vor einem
Zauberspruch bedeutet, nicht nur halben Schaden anrichtet. 1977/78 spaltete sich das D&D-
System durch die Publikation von Gygax’ Advanced Dungeons & Dragons (AD&D), das auf ein
komplexeres Spielsystem zielte, während das Basis-D&D als Produkt für Einsteiger galt.

Die Vielfalt der Spielwürfel war zunächst nicht geplant. 1971 hatte man in London in einem Laden
am Trafalgar Square zwanzigseitige Würfel (Ikosaeder) entdeckt, die in den Regelmechanismus
der Blackmoor-Spielwelt, von Chainmail und Dungeons and Dragons übernommen wurden. Als
1974 die erste Auflage von D&D erscheinen sollte, brauchte man einen neuen Lieferanten, da der
Laden in London geschlossen war. Ein Lehrmittelversand in Kalifornien bot solche Dinge an,
allerdings nur komplette Sätze, W4 bis W20 in einem Beutel. Die Arbeit, die Beutel aufzureißen,
um die Zwanzigseiter herauszunehmen, war der neugegründeten Firma TSR zu groß, also baute
man auch die übrigen Würfel in das Spiel ein.

D&D und AD&D wurden bald international bekannt und in vielen Ländern nachgedruckt.

Der deutsch-österreichische Ansatz


Der mitteleuropäische Ansatz des Rollenspiels basiert auf der Herleitung aus Strategie- und
Simulationsspielen wie Schach oder Risiko, erst später kamen Table-Tops mit Zinnminiaturen auf,
der Weltmarktführer (A)D&D ist vergleichsweise unterrepräsentiert. Es wird generell mehr Wert
auf fest beschriebene Hintergrundwelt samt Geschichte, fest beschriebene Kulturen und in diesem
Rahmen agierende Spielsubjekte mit festgelegten Werten und Charaktereigenschaften gelegt.

Auf der Science Fiction Con 1966 in Wien wurde von Eduard Lukschandl und Hubert Straßl der
Club FOLLOW (Fellowship Of The Lords Of The Lands Of Wonder) gegründet.[2] Aus dieser
Gruppe entwickelte sich das so genannte „Ewige Spiel“, ein Simulationsspiel bei dem jeder Spieler
(„Lord“) ein Volk repräsentierte, andere Mitspieler gewann, die ihrerseits Ränge innerhalb des
Volkes durchliefen, bis sie selbst zum Lord wurden und ein neues Volk gründen (beziehungsweise
beschreiben) durften. Die Welt wurde „Magira“ genannt, das Ewige Spiel selbst „Armageddon“.

Ab 1977 wurde die Idee des Rollenspiels aus den USA importiert und auf Magira umgelegt, Elsa
und Jürgen Franke übersetzten damals die wichtigsten Teile des Regelwerks von Empire of the
Petal Throne und nahmen eine Anpassung an Magira vor, wobei besonders Augenmerk auf
korrekte Simulation von Ereignissen genommen wurde.[2] In Deutschland wurde dann im Jahr
1978 Magira als erstes Rollenspiel herausgebracht, das 1981 in Midgard umbenannt wurde
(während das „Ewige Spiel“ als Simulation weitergeführt wurde, spaltete sich das Rollenspiel
Midgard/Magira quasi ab und es wurden keine neuen Kontinente/Völker mehr hinzugefügt).

Im Jahr 1983 brachte die von Ulrich Kiesow, Werner Fuchs und Hans Joachim Alpers gegründete
Firma Fantasy Productions das Rollenspiel Schwerter und Dämonen heraus, eine Übersetzung des
englischen Tunnels & Trolls.

Besonders erfolgreich wurde das 1984 erschienene Spiel Das Schwarze Auge, das bis heute das am
weitesten verbreitete Rollenspiel im deutschsprachigen Raum ist. Der damalige Zweite in der
Spielwarenbranche (Schmidt Spiele) wollte auf den Zug des Rollenspiels aufspringen und brachte
in Verlagsgemeinschaft mit dem Droemer Knaur Romanverlag, der eine begleitende Romanserie
produzierte, das von Ulrich Kiesow entwickelte Schwarze Auge auf den Markt. DSA zeichnet sich
durch eine sehr detailliert beschriebene Hintergrundwelt aus, die beständig durch ein Baroniespiel
(oder auch Briefspiel) von engagierten Spielern (die von der DSA-Redaktion mit virtuellen Lehen
ausgestattet wurden) weiterentwickelt und beschrieben wird.

Neben kommerziellen Systemen sind heute ebenfalls Freie Rollenspiele verbreitet, die teilweise im
Internet kostenlos heruntergeladen werden können.

Künstlerische Rezeption
Obwohl Rollenspiele nie zu einem Massenphänomen geworden sind, haben sie in Literatur, Film
und weiteren Medien Spuren hinterlassen:

Im Spielberg-Film E. T. (1982) wird die Entdeckung des Außerirdischen eingeleitet durch eine
Filmszene, in der der Junge Elliott mit Geschwistern und Freunden ein miniaturengestütztes
Rollenspiel spielt. Es findet hier eine indirekte Übertragung zwischen gespielter Phantasie und
phantastischer Realität statt.
Der Film Labyrinth der Monster (1982) stellte das Thema Rollenspiel erstmals in den
Mittelpunkt. Geschildert wird der Realitätsverlust eines Rollenspielers. Ähnlich aufgebaut ist
der spanische Film El Corazón del guerrero (Heart of the Warrior, 2000).
Im Kriminalroman Inspektor Jury sucht den Kennington-Smaragd von Martha Grimes (1983)
kommt Inspektor Jury in Berührung mit einer Rollenspielgruppe und gewährt Einblicke in die
noch junge Rollenspieler-Szene. Die im Spiel verwendete Karte eines Labyrinths hilft später
bei der Aufklärung des Mordfalls.
Mit dem Film Dungeons & Dragons (2000) diente erstmals ein Rollenspielsystem selbst als
Vorlage für einen Spielfilm. Der Regisseur Courtney Solomon verwendete allerdings keine der
bekannten D&D-Welten, sondern schuf eine eigene Hintergrundwelt. Trotz schlechter Kritiken
ist Solomons Film interessant, da typische Rollenspielelemente (Heldengruppe mit
verschiedenen Fantasyrassen, Queststruktur, Labyrinthe, Diebesthematik) sowohl Handlung
als auch Filmstruktur prägen.
Die Independent-Produktionen The Gamers (2002) und The Gamers: Dorkness Rising (2008)
karikieren hingegen die Szene. Die Handlung wechselt zwischen einer studentischen
Rollenspielrunde am Spieltisch und den Erlebnissen der imaginären Heldengruppe, wobei
diese als Persiflage angelegt sind.
In der TV-Zeichentrickserie Futurama wird verschiedentlich Bezug auf das Rollenspiel
Dungeons and Dragons genommen, insbesondere in der Episode Geschichten von Interesse I
in der auch Gary Gygax einen größeren Gastauftritt hat.
Der Futurama-Film Bender’s Game bezieht sich zum großen Teil ebenfalls auf Dungeon and
Dragons und ist Gary Gygax gewidmet, der verstarb, während der Film in Produktion war.
In Astrópía sind die Protagonisten Rollenspieler.
Das Rollenspiel Vampire: Die Maskerade diente als Vorlage für die Fernsehserie Embraced –
Clan der Vampire.
In der Serie Stranger Things spielen die jungen Protagonisten regelmäßig Dungeons &
Dragons und referenzieren klassische Heldengruppen und Monster aus diesem Rollenspiel.
In der Serie The Big Bang Theory spielen Sheldon Cooper und seine Mitbewohner und
Freunde in mehreren Episoden Dungeons & Dragons.

Organisation und Vertrieb


Rollenspieler organisieren sich häufig in Rollenspielvereinen, um Conventions zu veranstalten, auf
denen man sich trifft, gemeinsam spielt und Handel mit Rollenspiel- und Fan-Artikeln treibt. Die
weltweit bedeutendste Rollenspielerzusammenkunft ist seit 1967 Gen Con an verschiedenen Orten,
zumeist in den USA. Meistbesucht in Deutschland ist das seit 1997 stattfindende Hamburger
Fantasy-Spieler-Treffen NORDCON sowie die themenübergreifenden Role Play Convention und
Spielemesse Essen, auf der sehr viele Neuerscheinungen im Rollenspielbereich vorgestellt und
präsentiert werden.

Die meisten Pen-&-Paper-Rollenspiel-Produkte haben eine ISBN, werden aber selten über
Buchhändler, sondern über Fachgeschäfte („Rollenspielläden“), Onlinestores, Messen und
Conventions vertrieben. Die wichtigsten Großhändler für Rollenspiele in Deutschland sind
Pegasus Spiele und – seit der Übernahme von Das Schwarze Auge 2007 – Ulisses Spiele.

Siehe auch
Alltagsrollenspiel
Fiktives Universum
Freies Rollenspiel
Liste der Pen-&-Paper-Rollenspiele

Literatur
Ramona Kahl: „Nichts anderes als ein Spiel?“ Fantasy-Rollenspiele als Bühne verdrängter
Lebensentwürfe. In: Ulrike Prokop/Mechthild M Jansen (Hrsg.): Doku-Soap, Reality-TV, Affekt-
Talkshow, Fantasy-Rollenspiele. Neue Sozialisationsagenturen im Jugendalter. Tectum,
Marburg 2006, ISBN 978-3-8288-9126-5, S. 275–314 (Reihe Kulturanalysen).
Tobias Röhl, Regine Herbrik: Mapping the Imaginary. Maps in Fantasy Role-Playing Games.
In: Forum Qualitative Sozialforschung 9, 2008, Nr. 3, Artikel 25 (urn:nbn:de:0114-fqs0803255 (
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0803255)).
Gary A. Fine: Role-playing games as social worlds.Univ. of Chicago Press 2002, ISBN 0-226-
24944-1.
Andreas Hirseland/Werner Schneider: Erkundungen im Reiche Midgard. Eine ethnographische
Skizze zu Fantasy-Rollenspielen und ihren Spielern. In: Hans A. Hartmann/Rolf Haubl (Hrsg.):
Freizeit in der Erlebnisgesellschaft. Amüsement zwischen Selbstverwirklichung und Kommerz.
Westdeutscher Verlag Opladen 1996, ISBN 3-531-12692-X

Weblinks
Commons: Rollenspiel (https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Role-pla
ying_games?uselang=de) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Pen-&-Paper-Rollenspiel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft,
Synonyme, Übersetzungen
Linkkatalog zum Thema Rollenspiele (https://curlie.org/World/Deutsch/Spiele/Rollenspiele/) bei
curlie.org (ehemals DMOZ)
Studies About Fantasy Role-Playing Games. Studien über Fantasy-Rollenspiele (http://www.rp
gstudies.net). Fortlaufende Bibliographie von über 150 Publikationen zu Fantasy-Rollenspielen
(englisch/deutsch).
DRoSI.de: der Deutsche Rollenspiel Index (http://www.drosi.de/). Online-Nachschlagewerk zu
Pen-&-Paper-Rollenspielen.

Einzelnachweise
1. Rollenspiel Würfel - 7er Würfel-Sets und mehr für deinen Erfolg. In: Pen and Paper.
(penpapervergleich.de (https://penpapervergleich.de/rollenspiel-wuerfel/) [abgerufen am
22. Mai 2018]).
2. Momo Evers (Hrsg.): Magische Zeiten (Jubiläumsband 20 Jahre DSA), Fantasy Productions,
Erkrath, 2004, S. 92, ISBN 3-89064-516-X

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Diese Seite wurde zuletzt am 27. April 2020 um 06:19 Uhr bearbeitet.

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