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Longos:

Daphnis und Chloë


Ein poetischer Liebesroman

Altgriechisch und Deutsch

Wien und Prag 2018


Kētos, Band 2
www.ketos.at

Text, Übersetzung, Nachwort, Kommentar © Ondřej Cikán und © Georg Danek


Illustrationen © Karla Cikánová
© Kētos, Verein zur Unterstützung märchenhaften Theaters, Wien

Lektorat: Anatol Vitouch


Satz und Umschlaggestaltung: Josefine Schlepitzka
Graphisches Konzept für den Umschlag: Lukas Fuchs, LGBF
Schrift: Athelas
Schrift auf dem Umschlag: Alte Haas Grotesk
Gedruckt und gebunden bei PBTisk, Příbram

1. Auflage, Stk. 1–1500.

Vertrieb weltweit: www.herold-va.de

ISBN 978-3-903124-01-1
LONGOS

Daphnis und Chloë


Ein poetischer Liebesroman

herausgegeben, übersetzt,
kommentiert und mit Nachwort versehen von
Ondřej Cikán und Georg Danek

Kētos, Wien und Prag 2018


INHALT

Vorbemerkung ……………………………………………………………………………… 11

Text und Übersetzung


Erstes Buch .……………………………………………………………………………… 13
Zweites Buch .…………………………………………………………………………… 71
Drittes Buch …………………………………………………………………………… 137
Viertes Buch …………………………………………………………………………… 199

Textkritischer Apparat ………………………………………………………………… 263


Nachwort
Der antike Roman …………………………………………………………………… 269
Bukolik ..………………………………………………………………………………… 272
Bukolischer Roman .………………………………………………………………… 275
Liebeskonzept ………………………………………………………………………… 277
Fingierte Naivität im Erzählstil ………………………………………………… 279
Kompositionstechnik .……………………………………………………………… 281
Poetik: Natürlichkeit und Kunst ………………………………………………… 283
Stil und Übersetzung .……………………………………………………………… 286
Überlieferung und Nachwirkung ……………………………………………… 291
Antiker Roman und Abenteuerromane der Neuzeit (Kētos) ..………… 297

Landkarten ………………………………………………………………………………… 302


Kommentar
Erstes Buch .…………………………………………………………………………… 303
Zweites Buch ..………………………………………………………………………… 325
Drittes Buch …………………………………………………………………………… 341
Viertes Buch …………………………………………………………………………… 356

Stellenindex ..……………………………………………………………………………… 375


Verwendete Übersetzungen .………………………………………………………… 379
Auswahl neuerer Literatur .…………………………………………………………… 380
Vorbemerkung

Antike Kunstprosa ist Poesie. Der Endreim ist in der Antike ein Stilmittel
der Prosa. Mit der vorliegenden Übersetzung wird dem heutigen Publi-
kum erstmals ein Erlebnis geboten, das der Lektüre des Originaltexts des
Romans Daphnis und Chloë auch stilistisch möglichst nahekommt.
Um die rhythmische und grammatikalische Komposition sowie die
nicht seltenen Endreime sichtbar zu machen, haben wir die poetische Pro-
sa des Originals in «Verse» gegliedert und die stilistischen Finessen so weit
wie möglich auch im Deutschen nachgeahmt, freilich ohne auf eine präzise
Übertragung des Inhalts zu verzichten.
Die Gliederung in «Verse» mag in der heutigen, recht prosaischen Zeit
etwas ungewohnt wirken. Tatsächlich erweist sie sich aber auch beim Le-
sen als hilfreich: Nicht umsonst unterteilen sich viele Schauspieler ihre
Texte auf ähnliche Weise. Als Lesehilfe dienen in unserer Ausgabe auch
die Einzüge, mithilfe derer Nebensätze, Einschübe, Pointen oder besonders
poetische Passagen angezeigt sind. Die Einzüge sind aus ästhetischen und
logischen Gründen nicht vollkommen einheitlich gesetzt. So lassen wir,
zum Beispiel bei einem Einschub in eine poetische Passage, höchstens ei-
nen doppelten Einzug zu. Ebenso als Lesehilfe dienen die Gedankenstriche
am Zeilenende. Diese markieren, gewissermaßen als Ersatz für eine Leer-
zeile, das Ende einer Sinneinheit oder einer poetischen Einheit («Strophe»)
und verhindern nebenbei, dass man im Lesefluss einzuatmen vergisst. Das
System dieser «Lesehilfen» ist also einfach und erschließt sich spätestens
nach ein paar Seiten intuitiv.
Viel Freude mit den süßen Hirtengeschichten über die Entwicklung
wahrer Liebe wünschen
Ondřej Cikán und Georg Danek
Wien, September 2018

11
ΛΟΓΟΣ Α ERSTES BUCH

Ἐ Λέ ῳ ῶ ἐ ἄ Ν ῶ Proömium 1 In Lesbos beim Jagen, im Haine der Nymphen,


έ ἶ ά ,ὧ ἶ · sah ich das Schönste, das ich je gesehen hatte:
ἰ ό ή ,ἱ ί ἔ . eines Bildes Gemälde, eine Geschichte der Liebe.
ὸ ὲ ὶ ὸἄ , Auch der Hain war schön,
ύ ,ἀ ό , ά · baumreich, blütenreich, wasserumflossen,
ί ὴ ά ᾿ἔ , und eine einzige Quelle nährte alles,
ὶ ὰἄ ὶ ὰ έ · wie die Blüten, so die Bäume.
ἀ ᾿ἡ ὴ έ , Noch lieblicher aber war das Gemälde,
ὶ έ ἔ ὴ ὶ ύ ἐ ή , das kunstvoll gefertigt war und ein Liebesschicksal zeigte.
ὥ ὶ ὶ ῶ έ ὰ ή ᾔ , So folgten auch viele Fremde dem Ruf und kamen hierher,
ῶ ὲ Ν ῶ ἱ έ , ῆ ᾿ ἰ ό ί. flehten den Nymphen um Schutz und betrachteten das Bild.
ῖ ἐ ᾿ ὐ ῆ ί 2 Auf diesem waren Frauen zu sehen, gebärend,
ὶἄ ά ῦ , und andere Frauen, die Kindlein in Wickeltuch hüllend,
ί᾿ ἐ ί , ί έ , und ausgesetzte Kindlein und sie säugende Weidetiere,
έ ἀ ύ , έ έ , sie bergende Hirten, dann ein junges Paar, zusammenfindend,
ῃ ῶ ή, ί ἐ ή, ein Angriff von Räubern, ein Einfall von Feinden,
ό ᾿ἄ ὶ ά ᾿ἐ ά. viel anderes auch, und alles von Liebe erfüllt.
ἰ ό ὶ ά ό ἔ 3 Als ich das sah und staunte, da packte mich die Lust,
ἀ ά ῇ ῇ, das Gemälde nachzumalen.
ὶἀ ά ἐ ὴ ῆ ἰ ό Ich suchte mir jemanden, der mir das Bild erklärte,
έ ί ἐ ά , und arbeitete sodann mit Sorgfalt vier Bücher aus,
ἀ ά ὲ Ἔ ὶ Νύ ὶ Π ί, als Weihgabe für Eros, für die Nymphen und Pan
ῆ ὲ ὸ ᾶ ἀ ώ , und als freudvollen Besitz für alle Menschen,
ὃ ὶ ῦ ᾿ ἰά auf dass er das Leid der Kranken wende
ὶ ύ ή , und den Betrübten Trost spende,
ὸ ἐ έ ᾿ἀ ή , den Erfahrenen Erinnerung schenke
ὸ ὐ ἐ έ ύ . und Unerfahrene zur Liebe lenke.
ά ὰ ὐ ὶ Ἔ ᾿ἔ ἢ ύ , 4 Denn weder ist noch wird jemand dem Eros entkommen,
έ ἂ ά ᾖ ὶὀ ὶ έ . solange es Schönheit gibt und Augen sehen.
ἡ ῖ ᾿ὁ ὸ ά Mir aber gewähre der Gott,
ῦ ὰ ῶ ἄ ά . die Erlebnisse anderer klaren Sinnes aufzuzeichnen.
12 13
I. 1 I. 1
Πό ἐ ὶ ῆ Λέ Μ ή , 1 Auf Lesbos liegt eine Stadt, Mitylene,
ά ὶ ή· groß und schön:
ί ὰ ὐ ί ὑ ύ ῆ ά Denn sie ist durch Kanäle gegliedert, vom Meere durchströmt
ὶ όύ ῦ ὶ ῦ ί . und von Brücken aus weißem, poliertem Stein geschmückt.
ί
ὐ ό ὁ ᾶ ,ἀ ὰ ῆ ἄ . Man möchte meinen, keine Stadt zu sehen, sondern eine zweite Insel.
ύ ῆ ό ῆ Μ ή ὅ ἀ ὸ ί ἐ ή 2 Von dieser Stadt Mitylene etwa neunzig Stadien entfernt
ἀ ὸ ἦ ἀ ὸ ὐ ί , ῆ ά · lag das Gut eines reichen Mannes, ein wunderschöner Besitz:
ὄ ό , ί ό , wildtiernährende Berge, weizentragende Felder,
ή ά , ὶ ί · Hügel für Weinstöcke, Weiden für Herden.
ὶἡ ά έ ἠό ἐ έ ά ῳ ῇ. Und das Meer umspülte dort den weichen Sand eines weiten Strandes.

I. 2 I. 2
Ἐ ῷ ῷἀ ῷ έ ἰ ό , 1 Auf diesem Gute weidete ein Ziegenhirte,
Λά ὔ , Lamon beim Namen,
ί ὗ ὑ ᾿ ἰ ὸ ό . und fand ein Kindlein, das von einer Ziege gestillt wurde:
ὸ ἦ ὶ ό ά Es gab da Gestrüpp und Brombeersträucher,
ὶ ὸ ἐ ώ ὶ ό ή, kriechenden Efeu und weiches Gras,
᾿ἧ ἔ ὸ ί . dort lag das Kindlein.
ἐ ῦ ᾿ἡ ἲ έ ὲ ἀ ὴ ἐ ί ά Dort eilte die Ziege immerfort hin, verschwand
ὶ ὸ ἔ ἀ ῦ ῷ έ έ . und ließ ihr Zicklein im Stich, um beim Säugling zu bleiben. –
ά ὰ ὰ ὁ Λά 2 Lamon gab auf ihre Abwege acht,
ἰ ί ἀ ύ ὸ ἔ , denn es dauerte ihn das vernachlässigte Zicklein.
ὶ ί ἀ ύ ᾿ἴ ἐ ὼ Er folgte ihrer Spur in höchster Mittagshitze
ὁ ᾷ ὴ ὲ ἶ έ ῖ , und sah, wie die Ziege breitbeinig dastand, vorsichtig,
ὴ ῖ ῖ ά ῦ , um das Kind nicht mit einem Huftritt zu verletzen,
ὸ ᾿ὥ ἐ ῴ ῆ und wie dieses gleichsam von der Mutterbrust
ὴ ἐ ὴ ἕ ῦ ά , die Fülle der Milch saugte.
ὶ ά ,ὥ ἰ ὸ ἦ , ό ἐ ὺ 3 Er war natürlich erstaunt, trat nahe heran
ὶ ὑ ί ί ἄ , und fand einen Knaben,
έ ὶ ὸ groß und schön,
ὶ ῆ ὰ ὴ ἔ ύ und in ein Tuch gewickelt,
ἐ ά ί · das viel edler war als das Schicksal, ausgesetzt zu sein:
14 15
ύ ό ὰ ἦ ἁ ὲ Denn da waren auch ein purpurnes Hemdchen
ὶ ό ῆ und eine goldene Spange
ὶ ί ἐ ό . und ein Messerchen mit Elfenbeinheft.

I. 3 I. 3
Τὸ ὲ ὖ ῶ ἐ ύ 1 Sein erster Gedanke war,
ό ὰ ί ά nur diese Erkennungszeichen zu nehmen
ἀ ῆ ῦ έ . und sich des Säuglings nicht zu bekümmern.
ἔ ᾿ ἰ ί , Dann schämte er sich jedoch,
ἰ ᾿ ἰ ὸ ί ή , nicht einmal der Menschenliebe einer Ziege gleichzukommen,
ύ ά ί ά ὸ ὴ ῖ Μ ά , wartete die Nacht ab und brachte alles zu seiner Frau Myrtale:
ὶ ὰ ί sowohl die Erkennungszeichen
ὶ ὸ ί als auch das Kindlein
ὶ ὴ ἶ ᾿ ὐ ή . als auch die Ziege. –
ῆ ᾿ἐ ί , 2 Als Myrtale entsetzt war,
ἰ ί ί ἶ , dass Ziegen Kinder gebären,
ά ᾿ ὐ ῇ ῖ · erzählte er ihr alles:
ῶ ὗ ἐ ί , wie er es fand, das Ausgesetzte,
ῶ ἶ ό , wie er es sah, das Milchbenetzte,
ῶ ᾐ έ ῖ ἀ ύ . wie die Scham, es sterben zu lassen, sein Herz verletzte. –
ό ὴ ἀ ί ῃ ὰ ὲ έ ύ , Da war auch die Frau derselben Meinung wie der Mann,
ὸ ὲ ί ὑ ῶ ἐ ά , sie versteckten die Beigaben, nahmen das Kind als das ihre an
ῇ ᾿ ἰ ὶ ὴ ὴ ἐ έ . und vertrauten das Stillen der Ziege an.
ὡ ᾿ἂ ὶ ὔ ῦ ί ὸ ί , Damit aber auch der Name des Kindes nach Hirtenart klinge,
Δά ὐ ὸ ἔ ῖ . beschlossen sie, es Daphnis zu nennen.

I. 4 I. 4
Ἤ ὲ ῦ ό έ 1 Als hierauf zwei Jahre verstrichen waren,
ὴ ἐ ἀ ῶ ὁ ό έ , weidete ein Schafhirte vom Nachbarsgut,
Δ ύ ὔ , Dryas beim Namen,
ὐ ὸ ὁ ί ἐ ά ὶ ὑ ή ὶ ά . und stieß dabei auf einen ähnlich erstaunlichen Fund:
Ν ῶ ἄ ἦ , Es gab da eine Nymphengrotte,
έ ά , einen großen Felsen,
16 17
ὰἔ ί , nach innen hin tief
ὰἔ ή . und außen gewölbt.
ὰἀ ά ῶ Ν ῶ ὐ ῶ ί ἐ ί · 2 Die Statuen der Nymphen dort waren aus Stein gefertigt:
ό ἀ ό , die Füße unbeschuht,
ῖ ἰ ὤ ί, die Arme bis zu den Schultern nackt,
ό έ ῶ ὐ έ έ , das Haar bis zum Nacken gelöst,
ῶ ὶ ὴ ἰ ύ , die Hüften von einem Gürtel umbunden,
ί ὶ ὴ ὀ ύ · die Augenbrauen von Lächeln umwunden:
ὸ ᾶ ῆ ί . Ihre gesamte Erscheinung war Tanz.
ἡὤ ῦἄ ῆ ά έ ἦ ὸ ί . Der Eingang zur Grotte war ganz in der Mitte des großen Felsens.
ἐ ῆ ἀ ύ ὕ ῥ ῖ ἐ ί ό , 3 Das Wasser einer Quelle schuf ein sprudelndes Bächlein,
ὥ ὶ ὼ ά ὸ ἐ έ ὸ ῦἄ sodass sich vor der Grotte eine saftige Wiese erstreckte,
ῆ ὶ ῆ ό ὑ ὸ ῆ ί έ . reich an weichem, vom Nass genährtem Gras. –
ἀ έ ὲ ὶ ὶ ὶ ὐ ὶ ά Da lagen auch Melkeimer und Querflöten,
ὶ ύ ὶ ύ , Syringen und Wurfhölzer,
έ έ ἀ ή . früherer Hirten heilige Gaben.

I. 5 I. 5
Εἰ ῦ ὸ ῖ ὄ ἀ ό ὰ ῶ 1 In dieses Nymphaion ging oft ein Schaf, das gerade gelammt hatte,
ό ά ἀ ί ῖ . und erweckte ständig den Eindruck, als sei es verloren gegangen.
ά ὴ ό ὐ ὴ Der Hirte wollte es also bestrafen
ἰ ὴ έ ὐ ί ῆ und zur früheren Ordnung rufen.
ὸ ῥά ᾶ ί ὅ ό ῳ Er flocht aus grünen Ruten einen Strick, ähnlich einer Schlinge,
ῇ έ ᾳ ῆ ,ὡ ἐ ῖ ό ὐ ή . und ging zu dem Felsen hin, um es dort einzufangen.
ἐ ὰ ᾿ ὐ ὲ ἶ ,ὧ ἤ , 2 Doch als er herantrat, sah er nicht, was er erwartet hatte,
ἀ ὰ ὴ ὲ ῦ ά ἀ ί ὴ ὴ sondern wie das Schaf ganz nach Menschenart das Euter reichte
ἐ ἄ ῦ ά ὁ ή , und reichlich Milch zum Saugen bot,
ὸ ὲ ί ἀ ὶ ά und wie ein Kindlein, ohne zu weinen und gierig
ἰ ἀ έ ὰ ὰ έ ὸ ό den Mund zu beiden Zitzen führte,
ὸ ὶ ό , sauber und strahlend.
ἷ ῆ ὄ ῇ ώ ῃ ὸ ό ἀ έ Denn das Schaf leckte das Gesicht des Kindleins mit der Zunge ab,
ὰ ὸ ό ῆ ῆ . sobald es gesättigt war.

18 19
I. 29 I. 29
Ὁ δ᾿ ἔκειτο πληγαῖς νεανικαῖς συγκεκομμένος ὑπὸ τῶν λῃστῶν 1 Der lag da, schwerstverwundet von den heftigen Hieben der Räuber,
καὶ ὀλίγον ἐμπνέων αἵματος πολλοῦ χεομένου. nur noch schwach hauchend und blutüberströmt.
ἰδὼν δὲ τὴν Χλόην Chloës Anblick aber
καὶ ὀλίγον ἐκ τοῦ πρότερον ἔρωτος ἐμπύρευμα λαβὼν gab ihm einen schwachen Funken seiner früheren Liebe ein,
«ἐγὼ μέν,» εἶπε, «Χλόη, τεθνήξομαι μετ᾿ ὀλίγον· und er sprach: «Ich werde, Chloë, gleich tot sein,
οἱ γάρ μ᾿ ἀσεβεῖς λῃσταὶ denn mich haben die ruchlosen Seeräuber
πρὸ τῶν βοῶν μαχόμενον im Kampf für die Rinder
κατέκοψαν ὡς βοῦν. erschlagen wie einen Stier. –
σὺ δέ μοι καὶ Δάφνιν σῶσον 2 Du aber sollst Daphnis retten
κἀμοὶ τιμώρησον und mich rächen
κἀκείνους ἀπόλεσον· und sie alle töten.
ἐπαίδευσα τὰς βοῦς Ich habe die Rinder gelehrt,
ἤχῳ σύριγγος ἀκολουθεῖν auf den Klang der Syrinx zu hören
καὶ διώκειν τὸ μέλος αὐτῆς, und ihrem Liede zu folgen,
κἂν νέμωνταί ποι μακράν. auch wenn sie auf noch so entfernten Weiden sind.
ἴθι δή, λαβοῦσα τὴν σύριγγα ταύτην Wohlan denn, nimm diese Syrinx
ἔμπνευσον αὐτῇ μέλος ἐκεῖνο, und spiel jenes Lied auf ihr,
ὃ Δάφνιν μὲν ἐγώ ποτ᾿ ἐδιδαξάμην, σὲ δὲ Δάφνις· das ich einst Daphnis gelehrt habe, und Daphnis dich.
τὸ δ᾿ ἐντεῦθεν τῇ σύριγγι μελήσει Den Rest wird die Syrinx vollbringen,
καὶ τῶν βοῶν ταῖς ἐκεῖ. gemeinsam mit den Kühen vor Ort.
χαρίζομαι δέ σοι καὶ τὴν σύριγγ᾿ αὐτήν, 3 Und diese Syrinx schenke ich dir.
ᾗ πολλοὺς ἐρίζων καὶ βουκόλους ἐνίκησα καὶ αἰπόλους. Mit ihr habe ich im Wettkampf viele Rinder- und Ziegenhirten besiegt.
σὺ δ᾿ ἀντὶ τῶνδε καὶ ζῶντ᾿ ἔτι φίλησον Du aber küss mich dafür, solang ich am Leben bin,
καὶ ἀποθανόντα κλαῦσον, und weine um mich, sobald ich gestorben bin,
κἂν ἴδῃς ἄλλον νέμοντα τὰς βοῦς, und siehst du einen andern meine Rinder weiden,
ἐμοῦ μνημόνευσον.» erinner dich an mich!»

I. 30 I. 30
Δόρκων μὲν τοσαῦτ᾿ εἰπὼν 1 Dorkon sagte nur noch dies
καὶ φίλημα φιλήσας ὕστατον und küsste seinen letzten Kuss
ἀφῆκεν ἅμα τῷ φιλήματι καὶ τῇ φωνῇ τὴν ψυχήν· und ließ mit Kuss und Stimme auch die Seele los.
ἡ δὲ Χλόη λαβοῦσα τὴν σύριγγα Chloë aber nahm die Syrinx,
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καὶ ἐνθεῖσα τοῖς χείλεσιν legte sie an ihre Lippen
ἐσύριζε μέγιστον ὡς ἠδύνατο· und spielte, so laut sie nur konnte.
καὶ αἱ βόες ἀκούουσι Und die Kühe hörten es,
καὶ τὸ μέλος γνωρίζουσι und sie erkannten das Lied,
καὶ ὁρμῇ μιᾷ μυκησάμεναι und alle gleichzeitig muhend,
πηδῶσιν εἰς τὴν θάλασσαν. sprangen sie alle auf einmal ins Meer.
βιαίου δὲ πηδήματος εἰς ἕνα τοῖχον τῆς νεὼς γενομένου 2 Da dabei ein heftiger Ruck zu der einen Seite des Schiffs entstand,
καὶ ἐκ τῆς ἐμπτώσεως τῶν βοῶν κοίλης τῆς θαλάσσης διαστάσης und da das Meer beim Aufprall der Kühe einen Hohlraum bildete,
στρέφεται μὲν ἡ ναῦς καὶ τοῦ κλύδωνος συνιόντος ἀπόλλυται, kippte das Schiff, und als die Woge sich wieder schloss, ging es unter.
οἱ δ᾿ ἐκπίπτουσιν οὐχ ὁμοίαν ἔχοντες ἐλπίδα σωτηρίας· Alle stürzten heraus, doch mit ungleicher Hoffnung auf Rettung:
οἱ μὲν γὰρ λῃσταὶ τὰς μαχαίρας παρήρτηντο 3 Denn die Seeräuber trugen ja jeder ein kurzes Schwert,
καὶ τὰ ἡμιθωράκια λεπιδώτ᾿ ἐνεδέδυντο waren mit geschuppten Halbpanzern bewehrt
καὶ κνημῖδας εἰς μέσην κνήμην ὑπεδέδεντο· und an den Beinen von halblangen Schienen beschwert.
ὁ δὲ Δάφνις ἀνυπόδετος ἦν ὡς ἐν πεδίῳ νέμων Daphnis aber war barfuß, weil er in der Ebene geweidet hatte,
καὶ ἡμίγυμνος ὡς ἔτι τῆς ὥρας οὔσης καυματώδους. und halb nackt, weil das Wetter noch sommerlich heiß war.
ἐκείνους μὲν οὖν ἐπ᾿ ὀλίγον νηξαμένους 4 So hielten sich jene nur kurz über Wasser,
τὰ ὅπλα κατήνεγκεν εἰς βυθόν· dann zogen die Waffen sie in die Tiefe.
ὁ δὲ Δάφνις τὴν μὲν ἐσθῆτα ῥᾳδίως ἀπεδύσατο, Daphnis hingegen streifte mit Leichtigkeit sein Gewand ab,
περὶ δὲ τὴν νῆξιν ἔκαμνεν, plagte sich aber mit dem Schwimmen,
οἷα πρότερον νηχόμενος ἐν ποταμοῖς μόνοις· weil er zuvor nur in Flüssen geschwommen war.
ὕστερον δὲ παρὰ τῆς ἀνάγκης τὸ πρακτέον διδαχθεὶς 5 Schließlich wurde er von der Not belehrt, was zu tun sei,
εἰς μέσας ὥρμησε τὰς βοῦς, und steuerte mitten unter die Kühe,
καὶ δύο βοῶν packte zwei Kühe
δύο κεράτων an zwei Hörnern
ταῖς δύο χερσὶ λαβόμενος mit seinen zwei Händen
ἐκομίζετο μέσος ἀλύπως καὶ ἀπόνως, und segelte zwischen ihnen dahin, ohne Mühen und Plagen,
ὥσπερ ἐλαύνων ἅμαξαν. als lenkte er einen Wagen.
νήχεται δ᾿ ἄρα βοῦς ὅσον οὐδ᾿ ἄνθρωπος· 6 Ein Rind schwimmt ja so, wie es nicht einmal der Mensch vermag.
μόνων λείπεται τῶν ἐνύδρων ὀρνίθων καὐτῶν ἰχθύων· Es steht nur den Wasservögeln nach und natürlich den Fischen.
οὐδ᾿ ἂν ἀπόλοιτο βοῦς νηχόμενος, Ein Rind könnte auch nie beim Schwimmen ertrinken,
εἰ μὴ τῶν χηλῶν οἱ ὄνυχες παραπέσοιεν διάβροχοι γενόμενοι. außer wenn die Klauen seiner Hufe durchnässt werden und abreißen.
μαρτυροῦσι τῷ λόγῳ μέχρι νῦν πολλοὶ τόποι τῆς θαλάσσης Diese Wahrheit bezeugen bis heute viele Stellen des Meeres,
βοὸς πόροι λεγόμενοι. die «Rinderfurt» heißen.
62 63
διεγερθεὶς οὖν ὁ Φιλητᾶς Philetas erhob sich also,
καὶ καθίσας ἐς καθέδραν ὄρθιον setzte sich vollkommen aufrecht hin
πρῶτον μὲν ἀπεπειράθη τῶν καλάμων, εἰ εὔπνοοι· und prüfte zuerst die Rohre, ob sie gut bei Atem waren.
ἔπειτα μαθών, ὡς ἀκώλυτον διατρέχει τὸ πνεῦμα, 3 Sobald er merkte, dass der Hauch ungehindert hinstrich,
ἐνέπνει τoὐντεῦθεν πολὺ καὶ νεανικόν. blies er laut und kräftig hinein. –
αὐλῶν τις ἂν ᾠήθη συναυλούντων ἀκούειν· Man mochte meinen, den Gleichklang vieler Auloi zu hören:
τοσοῦτον ἤχει τὸ σύριγμα. So laut ertönte die Syrinx.
κατ᾿ ὀλίγον δὲ τῆς βίας ἀφαιρῶν Dann nahm er nach und nach die Stärke zurück,
εἰς τὸ τερπνότερον μετέβαλλε τὸ μέλος wandelte das Lied ins Liebliche um,
καὶ πᾶσαν τέχνην ἐπιδεικνύμενος εὐνομίας μουσικῆς ἐσύριττεν, 4 und um jede Kunst der musischen Harmonien zu zeigen, spielte er,
ὅσον βοῶν ἀγέλῃ πρέπον, wie es für eine Rinderherde ziemlich,
οἷον αἰπολίῳ πρόσφορον, wie es für eine Ziegenherde nützlich,
οἷον ποίμναις φίλον· wie es für Schafe ergötzlich ist. –
τερπνὸν ἦν τὸ ποιμνίων, Das Lied hat für die Schafe lieblich zu klingen,
μέγα τὸ βοῶν, laut auf die Kühe einzudringen
ὀξὺ τὸ αἰγῶν· und für die Ziegen schrill zu schwingen:
ὅλως πάσας σύριγγας μία σῦριγξ ἐμιμήσατο. So ahmte eine einzige Syrinx alle Arten von Syringen nach.

II. 36 II. 36
Οἱ μὲν οὖν ἄλλοι σιωπῇ κατέκειντο τερπόμενοι· 1 Während alle es genossen und schweigend dalagen,
Δρύας δ᾿ ἀναστὰς καὶ κελεύσας συρίζειν Διονυσιακὸν μέλος erhob sich Dryas und bat Philetas, ein Dionysoslied zu spielen,
ἐπιλήνιον αὐτοῖς ὄρχησιν ὠρχήσατο· und tanzte für sie einen Keltertanz:
καὶ ἐῴκει ποτὲ μὲν τρυγῶντι, Er schien bald zu pflücken,
ποτὲ δὲ φέροντι ἀρρίχους, bald sich unter der Last der Körbe zu bücken,
εἶτα πατοῦντι τοὺς βότρυς, dann die Trauben in der Kelter zu zerdrücken,
εἶτα πληροῦντι τοὺς πίθους, dann den Most in die Tonfässer zu gießen
εἶτα πίνοντι τοῦ γλεύκους. und schließlich die Süße des Mosts zu genießen.
ταῦτα πάνθ᾿ οὕτως εὐσχημόνως ὠρχήσαθ᾿ ὁ Δρύας καὶ ἐναργῶς, 2 All dies tanzte Dryas in solch einer Haltung und so deutlich nach,
ὥστ᾿ ἐδόκουν βλέπειν καὶ τὰς ἀμπέλους dass sie sogar meinten, die Weinstöcke sprießen
καὶ τὴν ληνὸν καὶ τοὺς πίθους und den Wein aus der Kelter ins Tonfass fließen
καὶ ἀληθῶς Δρύαντα πίνοντα. und Dryas tatsächlich trinken zu sehen.

126 127
Textkritischer Apparat

Die vorliegende Ausgabe folgt der von Michael D. Reeve ( 31994). Im Folgen-
den sind unsere Abweichungen von Reeves Ausgabe angeführt.
Mit einem Asterisk * sind Stellen markiert, die wir im Artikel Cikán –
Danek (2016) erläutern. Mit zwei Asterisken ** ist ferner die eine Stelle mar-
kiert, die der Artikel Cikán (2017) behandelt. Zwei Vorschläge aus dem Ar-
tikel Cikán – Danek (2016) nehmen wir zurück und lesen wieder mit Reeve.
Es sind dies: a) III,21,2 (ὁ ώ VF behalten wir im Text), erläutert bei
Cikán (2017) in Anm. 23, sowie b) Ι,16,4 ( ί VF behalten wir), siehe unten
den Kommentar zur Stelle.
Da wir die Kunstprosa des Longos wie Poesie behandeln, weicht unser
griechischer Text insofern von Reeve ab, als wir um des Rhythmus willen
und um die für Kunstprosa und Dichtung typische konsequente Hiat-Ver-
meidung des Longos anzudeuten, Elisionen und Kraseis im Vergleich
zu den Handschriften häufiger graphisch darstellen (z.B. Elision ῦ ᾿ ὁ
Δά statt ῦ ὁ Δά und Krasis ἀ statt ὶ ἐ oder ὐ ό statt
ὶ ὐ ό ). Die graphische Darstellung gewisser typischer Fälle von Eli-
sion und Krasis war gängige Praxis in der Dichtung, ist aber auch in der
Prosa gut belegt, unter anderem nicht selten in den Longos-Handschriften
selbst. Es gibt also Grund zu der Annahme, dass sie im Verlauf der hand-
schriftlichen Überlieferung des Longos an vielen Stellen verloren gegan-
gen ist. Vgl. vor allem das Nachwort, S. 278, zu III,29,3, wo die Elision ί ᾿
ἔ ἴ den sinnbildenden Rhythmus verdeutlicht. Auch die wenigen
echten Hiate, die sich in der Aussprache kaum oder gar nicht ‹verwischen›
lassen, sind oft sinnbildend, vgl. vor allem Komm. zu I,11,2.
Solche Abweichungen von Reeves Ausgabe, sowie auch Abweichungen
in der Interpunktion, führen wir im Apparat nicht an.
Die Nummerierung der Absätze folgt der ursprünglichen Nummerie-
rung von Rudolf Hercher, Erotici scriptores Graeci, Bd. 1, Leipzig 1858.
Zur kolometrischen Gliederung siehe Nachwort, S. 288–291.
Zur handschriftlichen Überlieferung siehe Nachwort, S. 293 und 295.

263
Diese Ausgabe Reeve Diese Ausgabe Reeve

I,1,1* ῆ ἄ . ύ …ἀ ὸ ἦ ῆ · ύ … ἀ ὸ ἦ Schäfer : I,30,6* έ dedimus έ ( ) V(F)


dedimus ἀ ᾿ἐ ύ …ἀ ὸ ἦ V: I,32,4* ἐ έ dedimus ἐ έ VF
ῆ ·ἀ ὰἦ ύ F
I,1,2 ἐ ή dedimus, siehe Komm. ἴ V: ί F II,1,2 ύ VF ί Schäfer
I,4,1 ( ) ( έ ) in ras. V² έ Reeve : - II,3,3 έ VF ύ Naber
έ VF ΙΙ,3,4 ὑά V ὑά Naber : ὑά F
I,4,2 ί Hunter ί Benecke : ί ἦ ὀ - II,5,1* ύ ὅ VF, «fort. recte» ύ ὁ ί Brunck
έ VF Reeve
I,4,2 ἡ ὤ VF ἵ Castiglioni ΙΙ,5,2 ή ἐ ὼV ή ό ἰ F
I,4,3 ὶ ύ Trzaskoma ( ὶ) ά (F)V II,7,3 ὰ ὰ ῦ VF ὰ ὰ ά Hercher
I,5,3 ί Hercher ά Boissonade : ά II,8,2* ἀ ῦ ,ἵ ᾿ἠ ή F ‹ ῆ ›ἀ ῦ ·ἠ ή
ί VF ὁ ί Courier : ἀ ῦ ἵ ᾿
I,8,1 ἱ ύ Hercher ύ VF ἠ ή ἠ ή ὁ ί V
I,8,2 ὐ ὺ F ὐ ὺ ἅ ῖ ἀ έ V II,8,2* ῦ [ ὲ ὶ ῦ ] ά ῦ [ ὲ ὶ] ῦ ά
I,13,6 ἐ ά Henderson ἐ ά Rohde : ἐ ά F dedimus Hercher
I,14,2 έ F ‹ ὰ› έ Reeve ΙΙ,8,3* ἰ ὗ έ ἐ ὁἐ ῶ ,ἐ ὼ ὲ ἢ ῦ έ ἐ ὀἔ ,ἐ ὼ ὲ
I,14,2 ἀ ὰ ἔ F ὶ ὐ ἀ έ Tournier ὁἐ ώ dedimus ἐ ῶ ό Jackson : ἰ ῦ …
Ι,14,3* ί «fort. pro ἐ ό » ἐ ό F ὁἔ , ἐ ὼ ( ὲ) ἐ ώ (F)V
Reeve II,9,1 ί, ὃ ή ό ἐ ί , ὃ ή ό ἐ ί , ὶ
I,15,1 ἐ ᾿ ἐ ί F ἀ ᾿ἐ ί Courier έ VF έ Villoison
I,16,1 ῦ ί F ῦ ‹ ὖ ἐ ὼ› ί ΙΙ,9,2 ά ὖ ὺ VF ά ὖ ὺ ‹ἐ ῆ › West
Cobet ΙΙ,9,2* ὸ ὖ ῆ VF ὸ ῆ Seiler
Ι,16,2 ὀ ὼ ‹ ὐ ό › Henderson ὀ ὼ ‹ἀ ᾿ ὐ ῶ › Cobet II,11,1 έ V ό F: ό ‹ ὰ ›
Ι,16,5 ὶ ἶF ἶ Hermann Reeve
I,21,2 ἐ ύ V ἐ ὶ ὴ F II,12,1 έ VF έ Hercher
I,23,3* ‹ ό › dedimus ‹ ά › Reeve II,13,1 ί VF ί Naber
I,23,3* ἰ ώ VF ἰ ‹ ὴ› ώ Bowie II,15,3 ῶ Hercher ῶ VF
I,28,1 ῦ ό VF ῦ ό ‹ἤ ά › II,17,2 Μ ί VF ‹ ῖ ›Μ ί Reeve
Bernard II,20,2 ὁ ὲ Δά VF ὁ ὲ ‹ ὖ › Δά Hercher
Ι,28,3 ῖ ώ Hercher ὰ ώ F: ὰ ώ ῖ II,21,3 ἑ έ VF έ Wakefield
ὶ V
264 265
Diese Ausgabe Reeve Diese Ausgabe Reeve

II,23,4* ἄ VF ἔ Schäfer III,17,2* ἐ ί‹ › ύ dedimus ἐ ῖ ύ VF


II,24,4* ῶ ἔ ἐ ί dedimus ἐ ί ῶ ἔ Reeve : ῶ III,17,3 ἀ ὰ ῦ VF ἄ ῦ V²
ἐ ί ἔ VF III,18,3 ἰώ VF «fort. recte» Reeve ἴ Reeve
II,33,1 ὁ ὲ Δά V post corr. ὁ ὖ Δά F III,21,3* ά ῃ VF ά ῃ Reeve
II,34,1* [ ὕ ] ἡ ῦ ὸὄ ὕ ἡ ῦ ὸἀ ῖ Koen III,22,4 Ἠ ῦ ἠ ῦ Reeve
dedimus III,25,1* ἐ έ ά V ἐ έ ά ἰ ύ
ΙΙ,34,2 έ VF έ Villoison ύ Reeve : ὰὑ έ ἰ
II,35,1 έ ὄ ά Villoison έ ὄ ὶ ὐ ῶ VF ύ ύ F
ΙΙ,35,2 ὄ VF (cf. Ach. Tat. I,12,3) ὄ Boden III,25,4 ἀ ᾿ ὡ ἰ VF ἀ ᾿ ἰ Cobet
ΙΙ,35,4 ὅ ῶ VF ἷ ῶ Cobet III,27,4 ὰ VF ‹ ὰ› ὰ Castiglioni
ΙΙ,38,1 ᾴ Le Fevre ά VF III,29,1* ῖ V, «fort. recte» Reeve ῖ ὐ ῇF
II,39,5 ῆ VF ή Hirschig III,29,2** ί VF ί Kairis
III,30,3 ἰ ί VF ἔ Reeve
III,2,3 ἔ ῦ V ῦ ἔ F III,30,5* ί VF ί ‹ ύ › Reeve «ob hiatum»
III,2,5 ὁ ἄ VF ἄ Reeve III,31,2 ἰ ὴ έ Courier ἡ έ V: ἰ ὴ έ F
III,3,1* ῦ dedimus ῦ Reeve : ῦ VF III,31,2 ᾤ … ῖ Courier ὴ… ὼ Schäfer : ὡ …
III,4,1 ἑ ὰ VF ἑ ὰ ‹ ὶ ὰ › Schäfer ῖ VF
III,5,1 ύ ῃ Morgan (CR 1984) ὐ ῇ VF III,32,2 ἐὰ ῦ ὕ VF ἂ ῦ ‹ἀ ῆ ῇ, ὶ έ ›
III,6,2* ώ VF ώ Hercher ὕ Reeve
III,6,4 ῇ VF ῇ post ὶ ὶ Hercher III,33,4* ἐ έ Corais ἐ έ Villoison : ἐ έ V
III,7,1* ἁ ά dedimus ἁ ά VF III,34,1 ἡ ὲ ἀ ῖ VF ἡ ὲ ‹ ὖ ›ἀ ῖ Reeve
III,7,2* ύ ἁ ά VF ύ ἀ ά Hercher
III,7,3 έ VF ‹ὥ › έ Reeve IV,4,1 ῖ ἄ ὁ Λά Christo- ῖ ἄ ἡ ήV
III,10,3* ὐ ὺ ἂ VF ὐ ὺ ‹ἡ ί › ἄ Reeve doulou
III,12,3 ὶ ἀ ὸ ὀί V ὶ ὀί F IV,4,2 ῷ Δά Christodoulou ῷ Δά ὁ Λά V
III,14,1 ῦ ὰ ὴ V, «fort. recte» Reeve ῦ ὰ F IV,6,3 ῆ ὲ ὖ V ῆ ὲ ὖ ‹ἦ › Kairis
III,14,1 ἵ έ «fort. recte» Reeve ἵ ὴ έ VF IV,7,5* ἷ ‹ἂ › ἐ ό Hirschig ἷ ἐ ό V
III,16,1 ἐ έ V ἐ έ Courier : ἐ ά F IV,8,4 ἷ ῴ ὶἔ V ἷ ῴ ,ἃἔ Jacobs
III,16,3 ἰ ὼ VF ‹ › ὼ Courier IV,8,4 ά . ά ; Reeve
III,16,3 ἀ ῆ F ἀ ῆ V IV,12,3 ἔ ἐ V (propter sonum) ἔ ἰ F

266 267
Diese Ausgabe Reeve Nachwort und Einführung

IV,17,6* ὁ Ζ ὺ V ὁ ῶ ὅ ὺ F Während der heutige Buchmarkt die Schubladisierung der Literatur in


IV,18,3 ‹ἔ ὲ ά › dedimus ‹ἔ ὲ ά ἐ ώ ὶ ύ› eindeutig definierbare Genres befördert und geradezu erzwingt, war die
Jackson antike Literatur insbesondere seit der Zeit des Hellenismus von einer bei-
IV,20,1 ὡ ἱό VF ὸ ἱό Brunck nahe unstillbaren Innovationslust getrieben. Wenn wir heute also nach
IV,24,1 ό V ό ὀ ί F «neuen» literarischen Ideen suchen, ist es gar nicht verkehrt, in die Antike
IV,24,1 ᾤ ‹ ὲ ὖ › dedimus ᾤ VF : ᾤ ‹ ὖ › Castiglioni zu blicken. Gerade der vorliegende Roman ist für die antike Innovation ein
IV,28,1 ὶ ῦ V ῦ F gutes Beispiel.
IV,28,3* ό ἤ‹ Χ ό › dedimus om. V : ό ἤ‹ Χ ό ύ- Was am Roman Daphnis und Chloë, über dessen Autor wir nichts wissen
› Hercher und dessen Entstehung heute üblicherweise ins zweite Jahrhundert nach
IV,28,3* ‹ ὶ ᾿ ὐ ῆ › ή ‹ ὶ › ί Reeve Christus gesetzt wird, zunächst am meisten ins Auge sticht, ist die Vermen-
dedimus gung der damals relativ jungen Romantradition mit der im Hellenismus
IV,32,2 ὐ ἦ Δ ύ V Δ ύ ὐ ἦ F entstandenen Tradition der Bukolik, der Hirtendichtung.
IV,37,2 ῇ Ῥό ῃ ὴ Νά V ὴ Νά ῇ Ῥό ῃ F
IV,39,1* ὶ ῦ VF ὶ Reeve
IV,39,1* ό ἶ dedimus ό ὸ ἶ VF : ό- Der antike Roman
‹ ί › ὸ ἶ Reeve
IV,39,2* ὑ έ ‹ ἰ ί› dedimus ‹ ἰ ὶ› ὑ έ Scaliger Der antike Roman etablierte sich als eigenständige Literaturgattung wahr-
IV,39,2* ( ὕ ) ὐ ῖ ὶ ῦ del. Hercher scheinlich erst ab dem ersten Jahrhundert vor Christus, als den ersten Au-
ή · ὗ (V)F toren der Sprung von romanhaften Ausformungen der Geschichtsschrei-
bung zur fiktionalen Prosaerzählung mit kausaler Handlungsabfolge und
dramatischem Spannungsbogen gelang. Von der Geschichtsschreibung
übernahm der Roman die stilistischen Mittel und Beglaubigungsstrate-
gien, ja seine Handlung wurde sogar meistens (Longos ist da keine Aus-
nahme) nach dem Vorbild der großen Historiker Herodot, Thukydides und
Xenophon in die klassische Zeit der griechischen Stadtstaaten versetzt, de-
ren gefährlicher Gegenspieler das Persische Großreich war.1 Als Beglaubi-
gungsstrategien dienen etwa die Einbettung realer historischer Ereignisse
und Personen in die Handlung, oder, wie im Fall des Longos, die Einfüh-
rung von fingierten Zeugen der erzählten Ereignisse.

1 Historiker: s.u. Anm. 18.


268 269
Wir erinnern uns, dass Longos so tut, als hätte er sich seine Geschichte Xenophon von Ephesos: Ephesiaka oder Anthia und Habrokomes: Das ist
nicht selbst ausgedacht, sondern dem Gemälde entnommen, das ihm von der kürzeste, «typischste» und gewissermaßen schundigste unter den an-
einem ortskundigen Fremdenführer «erklärt» worden und von Daphnis tiken Romanen.
und Chloë selbst geweiht worden sei.2 Chariton von Aphrodisias: Kallirhoë oder Chaireas und Kallirhoë: Dieser
Zugleich versteht sich der altgriechische Roman aber keineswegs als gilt als der älteste erhaltene Roman (1. Jh. n.Chr.) und ist am engsten an die
fingierte Historiographie großer politischer Ereignisse, sondern fokussiert Geschichtsschreibung angelehnt.
sich wie die Neue Komödie (4.–3. Jh. v.Chr.) auf Privatschicksale. Obwohl Achilleus Tatios: Leukippe oder Leukippe und Kleitophon: Dieser Roman
die erhaltenen antiken Romane sich stilistisch und teils auch inhaltlich ist, was seine Poetik anbelangt, Longos am ähnlichsten.3 Zugleich ist er be-
sehr stark voneinander unterscheiden, weisen sie eine typische Handlung sonders humorvoll und besonders blutig. So erleidet die Heldin Leukippe
auf: Ein junges, wunderschönes, unsterblich verliebtes Paar aus wohlha- den typischen Scheintod nicht weniger als dreimal.
benden Familien wird am Anfang von Piraten entführt und getrennt. Hel- Heliodor: Aithiopika oder Charikleia oder Theagenes und Charikleia: Das ist
din und Held suchen einander dann in der weiten Welt und erleben diverse der jüngste, längste und am kunstvollsten erzählte der genannten Romane,
Abenteuer, um zuletzt wieder zusammenzufinden und für den Rest ihres ein Genuss für Fortgeschrittene. Die Handlung ist virtuos verwickelt und
Lebens glücklich vereint zu bleiben. Dabei kehren gewisse Topoi in so gut besonders spannend. 4
wie allen Romanen wieder: Neben der Entführung durch Piraten und der Während die beiden erstgenannten Romane ein gepflegter, aber schlich-
daraus resultierenden Versklavung sind es unter anderem die Bewahrung ter Erzählstil auszeichnet, teilen die beiden letzteren mit Longos den An-
der Jungfräulichkeit sowohl der Heldin als auch des Helden trotz sexueller spruch, raffinierte Literatur auf der Höhe des Zeitgeists der sogenannten
Nachstellungen durch diverse Nebenbuhler und Nebenbuhlerinnen, der «Zweiten Sophistik» zu sein. Dies ist eine kulturelle Bewegung der römi-
«Scheintod» der Heldin und die folgenden Klagen des Helden, Prophezei- schen Kaiserzeit (1.–3. Jh. n.Chr.) gewesen, in der die Rhetorisierung der
ungen der Zukunft und Gerichtsverhandlungen. Ebenso typisch sind Ver- griechischen Literatur und die kulturelle Rückbesinnunng auf die «gute
weise auf die unendliche Macht des Eros. alte Zeit» der Klassischen Epoche (5.–4. Jh. v.Chr.) in jeder Hinsicht auf die
Nicht zuletzt zeichnen sich die griechischen Romane durch eine «Sym- Spitze getrieben wurde.
metrie der Geschlechter» und das Fehlen jeder Hierarchie in der Liebe aus. Abgesehen von den vier genannten Werken ist der höchst vergnügliche
Das ist (nicht nur in der Antike) alles andere als selbstverständlich, in den Eselsroman erwähnenswert, den es in der Lukian zugeschriebenen grie-
intellektuellen Kreisen zur Zeit des Longos wurde dieses Thema aber offen- chischen Kurzfassung Lukios oder Esel und in der lateinischen Lang version
bar gerne diskutiert. Dieser Umstand wird noch dadurch verstärkt, dass die von Apuleius unter dem Titel Metamorphosen oder Der goldene Esel gibt. In
Heldin den Helden an Klugheit und Tatkraft meist übertrift. Der antike Ro- einer volkstümlichen, leicht christianisierten lateinischen Fassung ist Die
man ist also gewissermaßen eine fingierte Liebes-, Reise- und Abenteuer- Geschichte von Apollonius, König von Tyrus überliefert. Nur in Teilen sind die
Geschichtsschreibung.
3 S. insb. die Vergleiche in den Komm. zu IV,29,3 (28–29) und IV,31,2. Vgl. auch
Neben dem Roman des Longos besitzen wir noch weitere vier zur Gänze z.B. pr,1 (Stichw. Hain) und pr,2 (Frauen); I,26,1; II,2,1; II,8,4; II,34,1; III,11,2.
erhaltene altgriechische Romane dieses Typus: 4 Diese vier und alle anderen Romane der Antike sind auf Deutsch versam-
melt in: Bernhard Kytzler (Hg.), Im Reiche des Eros, ²2001. Wir empfehlen die
2 Gemälde: s. Komm. zu I,pr,3 und IV,39,2. Lektüre in der oben angeführten Reihenfolge.
270 271
berühmten Satyrica des Petronius erhalten, die den Normtypus des Ro- Der Name Chloë bedeutet «Junger Spross», klingt bukolisch, ist aber in
mans persiflieren. Zahllose Fragmente zeigen, dass es in der römischen der bukolischen Dichtung sonst nicht bezeugt. Zwar ist er als Beiname der
Kaiserzeit eine reiche Produktion an Romantexten gab. Besonders schade Demeter belegt, da diese Göttin jedoch im Roman des Longos keine beson-
ist es um den phantastischen Liebes- und Abenteuerroman Das Unglaubli- dere Rolle spielt,7 ist es eher denkbar, dass der Autor auch mit dem Namen
che jenseits von Thule des Antonios Diogenes, der bis auf wenige Fragmente seiner Heldin auf eine literarische Quelle verweist, die sich uns allerdings
nur in einer Zusammenfassung des byzantinischen Patriarchen Photios nicht erhalten hat.
(9. Jh.) erhalten ist. Schließlich hat einer der beiden Übersetzer des vorlie- Daphnis und Chloë wirken auch deshalb wie Figuren der Mythologie,
genden Bandes das Corpus der altgriechischen Romane um einen eigenen weil sie, ähnlich wie Zeus von der Ziege Amaltheia, wie Paris von der Bä-
surreal antiken Roman ergänzt: O. Cikán, Menandros und Thaïs, Wien 2011.5 rin oder wie Romulus und Remus von der Wölfin, ebenfalls von Tieren
aufgezogen wurden. Longos adaptiert die Vorbilder seiner beiden Helden
aber offensichtlich und gleicht sie, ganz im Sinne der «Symmetrie der Ge-
Bukolik schlechter», schön aneinander an. So ist sein Daphnis kein hochgestellter
Rinderhirte mehr, sondern hütet wie Chloë Kleinvieh. Und vor allem wird
Longos hat nun sämtliche Mittel des antiken Romans übernommen, sie der Daphnis des Longos, obwohl er einmal mit Apoll verglichen wird, nicht
aber in die liebliche Welt der Hirtendichtung versetzt und entsprechend in Apolls Lorbeer, sondern im Efeu des Dionysos aufgefunden. 8 Dionysos
abgewandelt. Der Fokus liegt bei ihm also nicht mehr auf der gegenseiti- als Gott des Weins ist nicht nur mit dem ländlichen Bereich, sondern auch
gen Suche zweier Verliebter in der weiten Welt, sondern vielmehr auf der mit Lust, Freude und Erotik assoziiert, was sich, wie wir sehen werden, gut
Entwicklung einer jungen Liebe in einem beschaulichen und von Eros, den in das Konzept des Longos fügt.
Nymphen und Pan behüteten Biotop. Was literarische Vorbilder der Hirtendichtung anbelangt, so orientiert
Schon der Name Daphnis ist der bukolischen Mythologie entnommen: sich Longos offenbar vor allem an drei Vorgängern: Von der Dichterin Any-
Der mythische Daphnis war ein Rinderhirte (boukólos) auf Sizilien. Er war te von Tegea (um 300 v.Chr.) hat Longos mindestens die Motive des toten
Sohn des Hermes und einer Nymphe, die ihn in Lorbeer (dáphnē), der Pflan- Delphins und des Pärchens Grille-Zikade übernommen.9 Nach dem Arche-
ze des Apoll, aussetzte. Von Pan lernte er das Syrinxspiel. Dank seiner wun- geten der kunstvoll-raffinierten hellenistischen Dichtung, Philitas von Kos
derbaren Schönheit wurde er von allen Frauen begehrt. Er versprach einer (ebenfalls um 300 v.Chr.), der in Alexandria tätig war und von dem leider
Nymphe ewige Treue, vereinte sich aber im Rausch mit einer Königstochter so gut wie nichts erhalten ist, hat Longos seinen besonders erfahrenen Hir-
und wurde zur Strafe mit Blindheit geschlagen. Seitdem beklagte er sin- ten Philetas benannt, den Lehrmeister der Werke des Eros und Meister im
gend sein Schicksal und galt somit spätestens seit dem sizilischen Dichter Syrinxspiel.10
Stesichoros (6. Jh. v.Chr.) als mythischer Begründer der Hirtendichtung.
7 Vgl. Komm. zu IV,13,3.
Sein Leid ist sprichwörtlich geworden.6
8 S. IV,14,2 und I,2,1.
5 Dieser wurde abendfüllend verfilmt als Menandros & Thaïs, Regie: Antonín 9 S. die Übers. von Anytes Gedichten in Komm. zu III,24,2; III,27,4; IV,4,5.
Šilar und Ondřej Cikán, CZ/AT 2016. 10 S. II,3–7 und II,32–37. Der historische Dichter wird in der Literatur bald Phi-
6 Daphnis-Mythos: vgl. die Komm. zu I,2,1; I,3,2; I,17,3; II,22,4; II,39,1; IV,4,1; litas, bald Philetas genannt. Wir bezeichnen ihn mit Theokrit als Philitas,
IV,22,2; IV,27,1 und s. Übers. in Komm. zu I,3,2; I,17,3; II,31,1; IV,4,1; IV,22,2. um ihn von dem Hirten Philetas unseres Romans zu unterscheiden.
272 273
post-platonische Wesen der Liebe belehren soll.21 Ja, geradezu als Wider- Fingierte Naivität im Erzählstil
spruch zu Platon verliebt sich bei Longos nicht Daphnis, sondern Chloë
zuerst. Daphnis und Chloë wissen nicht, wer von ihnen der (aktive) Liebha- Der Erzählduktus ist von einer fingierten Naivität geprägt, die sich bestens
ber und wer der (passive) Geliebte ist: Wie sollten sie auch, wenn sie beide in die Welt des Longos einfügt. Longos passt seinen Erzähler der teils ge-
beides sind?22 radezu slapstickartigen Schlichtheit seiner handelnden Personen an, setzt
Beide wurden sie ausgesetzt, beide von einem Tier gestillt, beide werden sich also gewissermaßen eine bukolische Brille auf, die es ihm ermöglicht,
sie entführt, beide haben sie schon vor der Ehe erotische Abenteuer, die die Handlung durch die Augen seiner Protagonisten zu sehen. Dadurch
sie verschweigen. Zu Beginn des Romans wirkt Chloë sogar selbständiger, entsteht besonders in den pseudowissenschaftlichen Passagen, die mit echt
etwa wenn sie Daphnis vor den Piraten rettet, während dieser zur Rettung wissenschaftlichem Vokabular die beschriebenen Gegebenheiten auf eine
seiner Freundin vor den Methymnäern nichts beiträgt.23 Mit Fortdauer der vollkommen paradoxe Weise «beglaubigen», eine reizvolle Spannung zwi-
Handlung wird Daphnis zwar zunehmend dominanter, vor allem nach- schen Autor und Erzähler.25 Das Paradebeispiel dafür ist der Untergang
dem er von Lykainion in die Geheimnisse des Eros eingeweiht worden ist des Piratenschiffs, in dessen Zusammenhang der physikalische Vorgang
und somit vor Chloë einen Wissensvorsprung erhalten hat. Die Gleichbe- des Geschehens «erklärt» und dann noch auf mehrfach paradoxe Art die
rechtigung des Heldenpaars wird aber bis zum Schluss durch fortlaufen- besondere Schwimmfähigkeit von Kühen «bewiesen» wird.26
de Parallelisierungen aufrechterhalten und auch im Kleinen forciert: Die Abgesehen von dieser Pseudowissenschaftlichkeit stellt Longos mit den
Reihenfolge der Namen wechselt ständig zwischen «Daphnis und Chloë» häufig eingestreuten Homerzitaten die Hirten auf die Ebene mythischer
und «Chloë und Daphnis». Und die beiden Glieder des letzten Satzes der Helden. Somit wirken die handelnden Personen des Longos noch mehr wie
Werbungsrede des Daphnis weisen genau denselben Rhythmus auf. spielende Kinder, die so tun, als wären sie Herakles oder Agamemnon oder
III,29,3 im Original und in Übersetzung:24 Odysseus, und das noch dazu, ohne es zu wissen.27
So wie die Homerzitate in einen neuen Zusammenhang gesetzt sind und
kaí m’ éthrepsen aìx – ˘– ˘– dadurch eine neue Bedeutung erhalten, führt Longos auch diverse Signal-
hōs Chlóēn óïs – ˘– ˘– wörter ein, die er im Verlauf des Romans in verschiedenen Zusammenhän-

˘– ˘˘– ˘˘–
Mich hat eine Ziege gestillt, gen wiederholt und so ihre Bedeutung verändert. So treten zum Beispiel

˘– ˘˘– ˘˘–
genauso wie Chloë ein Schaf. verschiedene Arten von Wölfen auf, die (natürlich) nie eine echte Gefahr
darstellen: Daphnis wurde nie eine Ziege von einem Wolf geraubt, Dorkon
21 Zum platonischen Mythos s. die Komm. zu II,7,1, II,27,2 und II,35,1. Zur sons- im Wolfsfell ist gescheitert.28 Wenn davon die Rede ist, dass Daphnis auf-
tigen Auseinandersetzung mit Platon s. z.B. zu I,pr,1 (Hain); I,pr,4; I,13,5 und passt, dass nicht «ein Wolf die Werke der Feinde vollbringe», dann kann
I,13,5–I,14,2; I,17,1; I,18,1; I,20,2; I,22,4; I,23,1; alle Komm. zu II,5,1–5 und II,7,1–
II,8,3; II,10,2, II,23,1; III,9,5; III,27,1; IV,8,2; IV,11,2. 25 Erzähler: s. insb. die Komm. zu pr,1 (Stichw. Jagen) und zu I,32,3.
22 Liebhaber, Geliebter: I,13–14 und II,8,3. 26 Pseudowissenschaft: S. Komm. zu I,30,1 u. I,30,6; vgl. zu II,1,4 u. III,21,3–4.
23 Symmetrie: I,31,2 und III,20,2. – Rettung: I,28,3–30,1 und II,20,2. 27 Homerzitate: s. z. B. die Komm. zu I,2,1; I,15,3; I,20,2; I,23,3; I,29,2, II,3,2; II,10,2
24 Der Beginn der ersten Zeile auf Deutsch hat einen nicht ganz eindeutigen (Stichw. Schwung und Getöse); II,17,3; II,27,1; II,39,5; beide Komm. zu III,3,4;
Rhythmus. Es könnte auch das Wort «Mich» als betont gelesen werden, mit III,16,2; IV,4,3; IV,4,4; IV,13,2; IV,15,1; IV,34,3; IV,40,2.
schwacher Nebenbetonung auf «eine». Zur Rhythmik s.u. S. 287–290. 28 Wolf: z.B. II,22,2 und IV,4,3. – Dorkon: I,21.
278 279
in seinem Denken das philosophische Gespräch und der philosophische (5. Jh. v.Chr.). In der Folge wurde sie in den griechischen Städten Klein-
Mythos jede Art von Dichtung ersetzen sollen.51 Bei Longos übernehmen asiens weiterentwickelt und mal forciert, mal wieder als «Asianismus» von
nun die Nymphen die Rolle der Musen. Er nimmt Platons Gedanken auf, ihren puristischen Gegnern, den Verfechtern des «Attizismus», bekämpft.
modifiziert ihn aber: Um zur vollkommenen Art der Dichtung, also zum Longos ist für die konsequent eingesetzte, durchkomponierte Kunstprosa
philosophischen, göttlich inspirierten, wahren Mythos zu gelangen, muss ein besonders leuchtendes Beispiel.
man alle drei von Natur aus vorgegebenen Aspekte der Sprache und Wirk- Das wichtigste Mittel zur Stilisierung der Prosa stellt in der Antike die
bereiche der Musen (Inhalt, Melodie, Rhythmus) respektieren, miteinan- Rhythmisierung dar, die sich, anders als im Deutschen, aber ebenso wie
der verbinden und künstlerisch (durch téchnē) vervollkommnen. Wenn das in der antiken Dichtung, aus der Anordnung langer und kurzer Silben er-
gelingt, dann ergibt das ein perfektes Viertes, also (zum Beispiel) genau gibt. Besonders beliebt ist das stilistische Element des Parallelismus, also
den philosophisch aufgeladenen, schönen und wahren Mythos über Chloë die rhythmische, inhaltliche und grammatische Übereinstimmung zweier
und Daphnis, der zugleich jene einzige reine Quelle präzise komponierter Satzglieder. Dieser wird oft durch den Endreim verstärkt, der sowohl im
Dichtung ist und den uns Longos mit seinem Roman vorlegt. Griechischen als auch im Lateinischen meistens in der Wiederholung der-
selben grammatischen Endung besteht und in der antiken Dichtung so gut
wie keine Rolle spielt, sondern vielmehr vermieden wird.
Stil und Übersetzung Der Parallelismus wird oft zum Dreiglied («Trikolon») gesteigert, wobei
das dritte Glied dann gern zu einem pointierten Abschluss erweitert wird,
Wir haben gesagt, dass Longos seinen Erzähler an die Naivität seiner han- manchmal sogar durch ein weiteres Trikolon.
delnden Personen anpasst. Das geschieht nicht nur auf inhaltlicher, son- Ein besonders einfaches Trikolon wäre etwa (pr,1): «baumreich, blüten-
dern auch auf stilistischer Ebene, denn Longos bedient sich über weite reich, wasserumflossen». Ein einfach erweitertes Trikolon mit Reim wäre
Strecken einer äußerst schlichten (natürlichen und prosaischen) Sprache, zum Beispiel (I,3,2):
die er aber auf virtuose Weise ordnet und somit zur Dichtung erhebt, was wie er es fand, das Ausgesetzte,
völlig seinem gerade dargestellten poetischen Konzept entspricht. wie er es sah, das Milchbenetzte,
Auf diese Weise kommt es zu einer Verschmelzung der vom Rhetor wie die Scham, es sterben zu lassen, sein Herz verletzte.
Hermogenes (2. Jh. n.Chr.) beschriebenen Stile der «Süße» (glykýtēs) und Zur Unterscheidung von den Versen der Dichtung beschränkte man sich
«Schlichtheit» (aphéleia).52 In den besonders versüßten Glanzpassagen, in beim «Prosarhythmus» auf rhythmische «Klauseln» am Ende eines Satzes
denen die immer noch schlichte Sprache aufwendig durchgereimt und oder Satzteils («Kolon») und vermied dabei vor allem die Rhythmen der ge-
rhythmisiert ist, ergibt sich eine Spannung zwischen einer fast kindlichen läufigsten Versmaße wie Hexameter oder Iambus.
Natürlichkeit und der Virtuosität in der präzisen Ausgestaltung. Das markanteste Rhythmuselement bei Longos ist der Creticus (– – )
˘
Die Kunstprosa, also die Erhebung der Prosarede zur Kunstform auf mit seinen Abwandlungen und Erweiterungen. Besonders der Doppelcreti-
Augenhöhe mit der Dichtung, galt als Schöpfung des Sophisten Gorgias cus gilt als typisch für den asianischen Stil.
51 Zum platonischen Mythos s.o. Anm. 21. Auf der nächsten Seite bringen wir ein Beispiel für eine sorgfältig sti-
52 Hermogenes De ideis 2,3–4. – Zur Schlichtheit s. auch die Komm. zu II,39,2 lisierte Passage, mit Angabe der Klauseln und Reime, und vergleichen sie
und III,10,3–4. mit unserer Übersetzung (II,34,2–3):
286 287
hormą ̃ diṓkein ho Pā`n pròs bíān: – ˘–|– ˘– bian Pan stürmte los, um Gewalt zu gebrauchen. – ˉ˘˘– ˘˘– ˘˘– ˘
hē Sỹrinx épheuge kaì tòn Pãna kaì tḕn bíān. – ˘–|– ˘– bian Syrinx flüchtete vor Pan und vor der Gewalt, – ˘– ˘˘˘– ˘– ˘˘–
pheúgousa, kámnousa –– ˘|–– ˘ 2x ousa und flüchtend und ermattend
˘– ˘˘ ˘˘ – ˘
es dónakas krýptetai, – ˘˘ –|– ˘ – etai verbarg sie sich im Röhricht,
˘– ˘˘ ˘˘ – ˘
5 eis hélos aphanízetai. – ˘˘˘˘ |– ˘ – etai 5 versteckte sich im Schilf und verschwand. – –
˘ ˘˘ ˘˘ ˘˘–

Pā`n toùs dónakas orgę temṓn,
̃
˘˘˘–|– ˘– ṓn Und wie dann Pan im Zorn die Schilfrohre niedermachte, – – – – – –
˘ ˘ ˘ ˘ ˘˘ ˘ ˘
tḕn kórēn ouk heurṓn, – ˘ –|––– ṓn das Mädchen nicht fand,
˘– ˘˘–
tò páthos mathṓn,
˘˘ |– ˘ – ṓn den Vorgang verstand,
˘– ˘˘–
tò︶órganon noeĩ – ˘|– ˘– eĩ geschah es, dass er das Instrument erdachte
˘– ˘|ˉ˘ˉ˘ˉ˘ˉ˘˘ – ˘– ˘
10 kaì toùs kalámous empneĩ –– ˘˘ |––– eĩ 10 und in Rohre von ungleicher Länge hauchte,
ˉ˘˘– ˘– ˘˘– ˘– ˘
kērǫ ̃syndḗsas anísous, ––––– ˘˘ – s.u. die er mit Wachs verband, – ˘˘– ˘–
kathóti kaì ︶
ho erṑs ánisos autoĩs.
˘˘˘ –– ˘˘˘–– s.u. weil auch die Liebe der beiden ungleich war.
ˉ˘ˉ˘˘– ˘˘– ˘– ˘–
k’hē tóte parthénos kalḕ – ˘˘ – ˘ |– ˘– ē Und das schöne Mädchen von einst
ˉ˘˘– ˘– ˘˘–
nỹn esti sỹrinx mousikḗ. ––˘––|– ˘ – ē ist heute die musische Syrinx. – – –
˘ ˘˘ ˘˘ ˘
Die Passage ist also deutlich durchgereimt und durchrhythmisiert. Eine Im Deutschen müssen wir entscheiden, wann es besser ist, den Reim zu
Ausnahme bilden die dritte und vierte Zeile von unten, wo der Rhythmus übernehmen, und wann die grammatischen und rhythmischen Parallelis-
plötzlich unruhig wird.53 Dadurch wird vor dem gleichmäßig rhythmisier- men. Natürlich muss auch der Inhalt präzise übertragen werden und der
ten Abschluss Spannung aufgebaut und vor allem die «Ungleichheit der Satzbau dem lockeren Fluss des Originals entsprechen. Darum haben wir
Liebe» von Syrinx und Pan illustriert. Das geschieht durch die Wiederho- in dieser Passage die Reimstruktur adaptiert und auf die Reime auf -and
lung des Signalwortes «ungleich» (anísous, ánisos). Durch eben diese Wort- und -achte beschränkt, die wir aber mit unreinen Reimen oder Assonanzen
wiederholung sind die zwei unrhythmischen Zeilen mit ihrer Umgebung wie -alt und -attend sowie -auchen und -öhricht unterstützen. Die klangliche
verschränkt: Anísous reimt sich mit kalámous («Röhren») der vorangegange- Verbindung von «Zorn» und «Instrument» bei Longos verschieben wir zu
nen und ánisos mit parthénos («Mädchen») der folgenden Zeile. Das ist eine einer Assonanz zwischen «Zorn» und «-rohre». Den Rhythmus verstärken
höchst sinnbildende Verknüpfung, die über den Umweg der «Ungleichheit» wir durch innere Alliterationen und Assonanzen. Bei Longos dominiert in
verdeutlicht, dass das Musikinstrument und das Mädchen ein und dassel- den Zeilen 2–4 das «k», in 8–11 das weichere «m» und «n». Darüberhinaus
be sind. Schließlich schafft Longos eine pseudoetymologische Verbindung häuft sich in 6–7 (+9) das «r» und in 10–14 das «s». In unserer Übersetzung
zwischen den Wörtern orgę ̃(«Zorn») und órganon («Instrument»), als ob es dominiert insgesamt das hauchige «ch», wird aber anfangs von den harten
ganz natürlich wäre, dass aus Zorn ein Instrument entsteht.54 Lauten «t» und «f/v» (Zeilen 2–8) sowie von «sch» (5–6 und 8–9) unterstützt,
53 Der (scheinbare) Doppel-Hiat kaì ho erṓs wurde in der Aussprache zu einer
während zum Schluss die weicheren Laute «ng» und «l» (10 und 12), «w»
Silbe gerafft, so wie tò órg... (9) und kaì hē (13). Zum Hiat s.o. S. 263. (11–12) und «b» (12) das Klangbild prägen. Der Laut «s» schafft eine Verbin-
54 Zu ähnlichen Pseudoetymologien s. z.B. Komm. zu I,4,2; II,12,3, II,31,2 und dung von «Instrument», «Wachs», «einst» und «Syrinx», der Laut «sch» und
zu einem ähnlichen Spiel bei Platon s. Zitat zu II,7,1. «m» zwischen «schöne Mädchen» und «musische».
288 289
Ferner wird das Deutsche dann als rhythmisch empfunden, wenn ers- typische Vokabular zitiert.56 Ebenso verwendet er anderswo homerische
tens die Betonungen eindeutig sind, zweitens zwischen den Betonungen Wörter, die wir, so weit es möglich ist, aus den klassischen Homer-Über-
stets eine oder zwei unbetonte Silben stehen und drittens eine gewisse setzungen von Johann Heinrich Voß übernehmen.57 Da der Wortschatz un-
nachvollziehbare Regelmäßigkeit herrscht. Abfolgen von drei unbetonten seres Romans sonst nicht übermäßig auffällig ist, leuchten die einzelnen
Silben (wobei dann die mittlere eine Nebenbetonung erhält) und der Zu- seltenen Wörter umso stärker hervor.
sammenprall von zwei Betonungen wirken zumeist als Merkmal für un- Ansonsten lässt sich sagen, dass sich bei Longos narrative Abschnitte
rhythmisierte Prosa, während völlig regelmäßige jambische und daktylische und Glanzpassagen die Waage halten, wobei aber immer wieder neue,
Strukturen der traditionellen Dichtung entsprechen. Wir achten also dar- stets mit dem Inhalt in Einklang stehende Erzählformen für Überraschun-
auf, so wie Longos eindeutig rhythmisierte Klauseln zu schaffen, eine völ- gen sorgen, sei es (abgesehen von allem bisher Genannten) das ängstliche
lige Einheitlichkeit des Rhythmus zu vermeiden (die Silben mit uneindeu- Selbstgespräch des Daphnis oder der «süße» Dialog der beiden verliebten
tiger Betonung sind mit markiert), sondern vielmehr einzelne Passagen Helden oder das Paar der Gerichtsreden.58
ˉ˘
durch besonderen Rhythmus hervorzuheben. So sind die Zeilen 7–8 völlig Wir haben also versucht, möglichst viele Feinheiten des Longos nach-
gleich mit männlicher Kadenz rhythmisiert, was das Tempo senkt, wäh- zubilden. Darum haben wir den Text auch in «Verse» unterteilt (kolomet-
rend vorher die Zeilen 3–4 durch die weibliche Kadenz und den Auftakt das rische Gliederung), um die Parallelismen, Reimfiguren und rhythmischen
Tempo erhöhen, was durch die männliche Kadenz in Zeile 5 einen harten Übereinstimmungen sowohl im Original als auch in der Übersetzung
Abschluss erhält. Die Temposteigerung wird zudem durch die viermalige sichtbar zu machen. Aus demselben Grund verwenden wir auch die Ein-
Wiederholung von einer Folge dreier unbetonter Silben (mit Nebenbeto- züge, die einerseits die syntaktische Gliederung und andererseits die poeti-
nung auf der mittleren) in den Zeilen 2–5 verstärkt. Die Zeile 6 ist hingegen schen Passagen hervorheben.59
hervorgehoben, indem der Rhythmus ausnahmsweise in einen reinen Jam-
bus wechselt, der die Schläge des Pan nachahmt. Die Zeilen 9 und 12 klin-
gen wiederum prosaisch, weil die Betonungen nicht mehr eindeutig sind, Überlieferung und Nachwirkung
und die Zeile 12 endet zudem mit dem wenig sinnbildenden Wort «war». In
13–14 herrscht zum Abschluss wieder ein deutlicher Rhythmus. Über den Autor Longos wissen wir nichts, außer dass der in der Hand-
Longos gebraucht den Endreim und die anderen genannten stilistischen schrift V überlieferte römische Name Longus sehr häufig war, auch auf
Mittel aber nicht nur in den Glanzpassagen, sondern auch in scheinbar pro- Lesbos inschriftlich belegt ist und der Autor die Insel sichtlich gut kennt.
saisch gehaltenen Erzählabschnitten wie den Slapstickszenen55 und den Es sind keine Papyrusfragmente des Romans Daphnis und Chloë gefun-
«historiographischen» Abschnitten, wo er auch das für die Historiographie den worden, und es gibt auch keine eindeutigen antiken Zitate des Longos,

55 Slapstickszenen: Zu den «halben» Piraten (w.o. Anm. 34) s. insb. die Reime 56 Eine besonders markante «historiographische» Stelle mit Reimen ist III,1.
in I,30,3. Vgl. auch III,7,1–2, wo Lamon einen Hund wie in einer Katz- und Zu den Historikern s.o. die Verw. in Anm. 18.
Mausjagd aus einer Zeichentrickserie verfolgt: dort haben wir die Reime 57 Zu Homer s.o. in Anm. 27.
durch Alliterationen mit «sch» ersetzt: «Schäferhund», «schnappte», «Stück», 58 Beispiele weiterer «Überraschungen»: II,16; III,6; II,10.
«Fleischs», «schnappte», «Stock». 59 Einzüge: s. Vorbemerkung, S. 11.
290 291
Methymna Kommentar

Lesbos: Antike Leser assoziierten mit Lesbos Musik, Dichtung, und vor al- pr,1
Aspropotamos lem die Liebesdichtung der Sappho. Vgl. dazu z.B. das folgende Gedicht der
Nape
Dichterin Nossis (um 280 v. Chr., AG VII,718 – zu Mitylene s. Anm. zu I,1):
Kalloni Fremder, segelst du nach der umtanzten Stadt Mitylene,
Mistegna Dass du in Sapphos Gunst dir eine Blume entfachst,
Sag dort, dass lokrische Erde mich als Verwandte geboren,
Ihr und den Musen lieb. Nossis bin ich. Und nun geh.
Pyrrha
Jagen: Der Erzähler stellt sich damit selbst als reicher (und gebildeter) pr,1
Mitylene Städter vor, der das Landleben aus der Außenperspektive beschreibt. Vgl. aber
die Anm. zu I,32,3.
10 km eines Bildes Gemälde (eikónos graphḗn): Eikṓn heißt auch «Allegorie, Gleich- pr,1
nis, mythologisches Exemplum». Die auffällig gedoppelte Wendung lässt sich
Landweg Mitylene-Methymna somit auch als «bildliche Darstellung einer symbolischen Aussage» verstehen.
eine Geschichte der Liebe (historían érōtos): An der Oberfläche heißt das pr,1
ungefähre Grenze antiker Ort heutiger Ort einfach «Erzählung einer Liebesgeschichte». In Anlehnung an Herodots be-
rühmte Eingangswendung historíēs apódexis («Darlegung der Forschung»)
kann die Wendung aber auch als «Erforschung des Phänomens Eros» verstan-
den werden. Herodots erster Satz lautet: Dies ist die Darlegung der Forschung des
Herodot von Halikarnass.
Weiter Strand,
gut zum Ankern? Hain (álsos): Der Hain mit Quelle, Wiese und Nymphen (vgl. I,4) ist ein ty- pr,1
Aspropotamos pischer locus amoenus, also ein erotisch und göttlich aufgeladener, lieblicher
Geschützte Bucht, Ort, wie wir ihm im Verlauf des Romans noch häufig begegnen werden (s. die
wo Bryaxis ankert? Verw. in Anm. zu IV,2,1). Das Vorbild dafür ist Platons Phaidros 230b–c: Sokrates:
Bei der Here! dies ist ein schöner Aufenthalt. Denn die Platane selbst ist prächtig be-
Sichelförmiges laubt und hoch und des Gesträuchs Höhe und Umschattung gar schön, und so steht
Xampelia Vorgebirge? es in voller Blüte, dass es den Ort mit Wohlgeruch ganz erfüllt. Und unter der Platane
fließt die lieblichste Quelle des kühlsten Wassers, wenn man seinen Füßen trauen darf.
Skala Neon Kydonion Auch scheint hier nach den Statuen und Figuren ein Heiligtum einiger Nymphen und
Mondförmige Bucht?
des {Flussgottes} Acheloos zu sein. Und wenn du das suchst, auch die Luft weht hier
Mistegna willkommen und süß und säuselt sommerlich und lieblich in den Chor der Zikaden.
Skala Mistegnon Unter allem am herrlichsten aber ist das Gras am sanften Abhang in solcher Fülle,
1 km
dass man hingestreckt das Haupt gemächlich kann ruhen lassen. (Zu den Zikaden s.
Anm. zu I,23,1.) Mit einem Zitat dieser Platon-Stelle lässt auch Achilleus Tatios
die Erzählung seines Romans Leukippe und Kleitophon beginnen (I,2,3): Mit diesen
Siehe Kommentare zu I,1,2; II,12,2; II,13,2; II,25,1–2; III,2,2 und III,2,5. Worten fasste ich ihn an der rechten Hand und führte ihn in ein benachbartes Wäldchen
302 303
I,12,2 Fahrzeug: Vielleicht eine Parodie auf Bellerophons Absturz mit dem Flügel- verwandelt, um sie, erfolglos, vor Hera zu verbergen, vgl. Ovid, Met. I,612–617:
pferd Pegasos oder auf den Absturz des Phaëton mit dem Sonnenwagen. Auch als Rind ist sie schön. Und Juno muss wider Willen
I,12,4 Brustband (tainía): Die Länge des in der Antike üblichen Büstenhalters tut Loben den Anblick der Kuh, unterlässt nicht zu fragen, von welcher
nicht viel zur Sache, es geht vielmehr um die Erotik, die vollkommen neben- Herde? Wessen? Woher? Als ob sie die Wahrheit nicht wüsste.
bei und sogar vom Erzähler scheinbar unbemerkt gezeigt wird. Wie freilich Juppiter lügt, sie sei aus der Erde gewachsen, damit man
in I,12,5 auch der Bock mithilfe des Brustbands gerettet werden soll, bleibt der Mehr nach dem Eigner nicht fragt. Da verlangt als Geschenk sie die Göttin.
Phantasie der Leser überlassen. Was soll er tun? […]
I,12,5 vorlügen: Dadurch werden unsere Helden keineswegs diskreditiert. Sogar Hera lässt die in eine Kuh verwandelte Io von einer Bremse stechen, woraufhin
die tugendhafte Charikleia im Roman des Heliodor I,26,6 ist zu einer Notlüge diese rasend losgaloppiert und auf ihrer Weltreise unter anderem den Bosporos
bereit und sagt zu ihrem liebsten Theagenes: «[…] Sollte er {der Räuberfürst} («Rinderfurt») überquert, der seitdem diesen Namen trägt, vgl. Anm. zu I,30,6.
aufgrund eines Verdachts auf unser Verhältnis zu sprechen kommen, müssen wir es Die Bremse (oĩstros, vgl. Östrogen) ist eine geläufige Metapher für Liebesqual,
zunächst ableugnen. Denn manchmal ist auch die Lüge schön und gut, wenn sie den derer sich auch Platon bedient, s. Phaidros 251d und 240d.
Sprechern nützt und den Zuhörern nicht schadet.» Pein … Augenlicht … stammelte: Das Vokabular der Passage erinnert an I,13,5 –
I,12,5 Eiche (drỹs): Hauptbaum der Bukolik. Daphnis und Chloë werden sich im- Platons Phaidros 251–252, wo die «Krankheitssymptome» einer Seele beschrie- I,14,2
mer in ihrem Schatten treffen, Philetas ist unter einer Eiche verliebt (II,5,3). Vgl. ben sind, der aufgrund der Wirkung des Eros und der Schönheit unter starken
auch den Namen Dryas. Mit der Erwähnung der Eiche beginnt gleichsam die Schmerzen Federn wachsen, die sie dabei von innen «stechen» und durchboh-
bukolische Existenz von Daphnis und Chloë. S. Theokrits Idyll 7,74 im Zitat in ren, s. Zitat in Anm. zu II,5,4 und II,7,1. Die Liebeskrank heit beschreibt schon
Anm. zu II,31,1. Sappho in ihrem berühmten Gedicht 31 (V/LP):
I,13,1 wusch sich: Vgl. vor allem das folgende Epigramm des Diodor Zonas, AG Dieser Mann dort scheint mir den Göttern wirklich
IX,556 (Sprecher ist Pan): gleich zu sein, der dir gegenüber sitzt, ganz
Nereïden, ihr Nymphen der Ufer, habt ihr nicht gestern nah bei dir, der zuhört, mit welcher feinen
Daphnis gesehn? Da wusch er sich den Schmutz und den Staub Süße du redest
In euren Fluten vom Leib, sprang hinein, vom Hundsstern gebräunt und und mit welchem Liebreiz du lachst, da krampft sich
Wie ein Apfel, so zart, hat seine Wange gebrannt. mir das Herz vor Schreck in der Brust, kaum seh ich
Sagt mir, war er schön? Oder bin ich nicht nur an den Hufen, noch so kurz und flüchtig dich an, verstummt und
Sondern im Herzen auch vollends ein lüsterner Bock? stockt mir die Stimme,
I,13,5 wusste nicht, was ihr widerfuhr: Verweis auf Platons Phaidros 250a: Was ja, die Zunge bricht mir entzwei, und meine
ihnen widerfährt, wissen sie nicht, weil sie es nicht durchschauen. Bei Platon ist Haut durchdringen winzige Flammen, plötzlich
da von Menschen die Rede, die durch die Erfahrung «hiesiger» Schönheit sehen meine Augen rein gar nichts, Sausen
an die Schönheit an sich erinnert und davon «entzückt» (in einen göttlichen tönt in den Ohren,
Wahnsinn, den enthousiasmós, versetzt) werden. Vgl. Anm. zu I,22,4 und II,10,2. Schweiß bricht aus, aus meinem gesamten Körper,
I,13,5 Pein (ásē): Das seltene Wort stammt aus Sappho 1,1–4 (V/LP): Zittern packt mich, grüner bin ich als Gras, es
Buntthronend unsterbliche Aphrodite kommt mir vor, als wär ich beinahe jetzt schon
Kind des Zeus, o Listige, zu dir fleh ich, endlich gestorben,
dass du nicht mit Pein, nicht mit Gram das Herz mir, aber alles lässt sich ertragen, wenn [Rest des Gedichtes nicht überliefert]
Herrin, zerrüttest. konnte doch essen: Appetitlosigkeit ist ein klassisches Symptom der Liebes- I,14,2
I,13,6 Kuh … Bremse: In eine besonders schöne Kuh hat Zeus seine Geliebte Io krankheit, s. I,13,6.
310 311
schneiden: Die hochtrabende, episch anmutende Aufzählung beginnt mit ei- Und ahme, mit dem Arm im Vorderlauf, dem Bein
nem Zitat aus Hesiod, Erga 405 (wörtlich «ein Gespann von Ochsen-Pflügern»). Im Bein, den vierfüßigen Gang des Wolfes nach,
Das Motiv (nicht aber die Wortwahl) des Sandalenschneidens und die Zahlen Damit der Feind mich nicht entdeckt auf meinem Weg,
4 und 50 stammen wohl aus Homers Odyssee (XIV,13–16 und 21–24; die Rede ist Wenn ich den Graben und den Schiffswall erst erreich.
vom Sauhirten Eumaios): Doch die verlassnen Orte durcheil ich aufrecht, auf
Innerhalb des Gehegs hatt’ er zwölf Köfen bereitet, Zwei Füßen. Darin liegt nun also meine List.
Einen nahe dem andern, zum nächtlichen Lager der Schweine. grüne Ulmenrinde: Zur Ulmenrinde s. Galen De simp. med. temp. IX,16,38 I,21,4
Fünfzig lagen in jedem der erdaufwühlenden Schweine, (Band XII, S. 109 Kühn): Die Rinde der Ulme ist ziemlich bitter und wirkt adstringie-
Alle gebärende Mütter; und draußen schliefen die Eber. […] rend. Sie heilt, in Essig gelöst, auch Lepra. Wenn sie noch grün und frisch ist, vermag
Auch vier große Hunde, wie reißende Tiere, bewachten sie, als Bandage angewandt, Wunden zu verschließen.
Stets den Hof; sie erzog der männerbeherrschende Sauhirt. der Gefahr so knapp entkommen (kindýnou parà tosoũton elthṓn): Die auf- I,22,1
Jetzo zerschnitt er des Stiers schönfarbiges Leder, und fügte fällige Wendung stammt von Thukydides, der sie in seinem Geschichtswerk
Sohlen um seine Füße. […] zweimal verwendet. Dort entgeht zuerst Mitylene (III,49,5) und dann Syrakus
I,19,3 besann er sich: Dryas rechnet selbstverständlich mit einem dem Genre ent- (VII,2,4) der totalen Vernichtung und Entvölkerung, vgl. II,19,1.
sprechenden, wenn auch völlig realitätsfernen Happy End. Daphnis und Chloë wussten sie nicht: Das ist wieder, wie oben in I,13,5, ein Verweis auf Platons I,22,4
werden also nicht nur von den Nymphen und von Pan beschützt, sondern ge- Phaidros, diesmal aber eher auf 255d, wo von Menschen die Rede ist, die sich
wissermaßen auch vom Autor selbst, der den Nebenpersonen im entscheiden- verlieben, weil sie geliebt werden. Dabei wissen sie gar nicht, wen sie eigentlich
den Moment eingibt, nicht im eigenen logischen Interesse, sondern naiv im lieben, und wissen auch gar nicht, dass es sich bei ihrer allgemeinen Sehnsucht
Dienste des Genres zu handeln. Zu einem ähnlichen Spiel mit der Spannung um Liebe handelt. Zu Platon s. Nachw. S. 277–278. Hier die ganze Passage
zwischen Autor, Erzähler und handelnden Personen s. Anm. zu I,32,3. 255c–e: Sind sich der Liebhaber und der Geliebte nun nahe, dann ergießt sich bei den
I,20,1 Tränke: Mädchen werden im Mythos beim Blumenpflücken oder, was rea- Berührungen […] die Quelle jenes Stromes, den Zeus […] den Liebreiz nannte, reichlich
litätsnäher ist, beim Wasserholen entführt. Hier ist der Topos rustikal abge- gegen den Liebhaber, und teils strömt sie in ihn ein, teils von ihm, dem Angefüllten, wie-
wandelt. der heraus: und wie ein Wind oder ein Schall von glatten und starren Körpern abpral-
I,20,2 Wolf: Der Wolf ist in Platons Phaidros 241d der negativ bewertete, nur seinen lend wieder dahin, woher er kam, zurückgetrieben wird, so geht auch die Ausströmung
Trieben folgende Liebhaber. der Schönheit wieder in den Schönen zurück durch die Augen, auf welchem Wege sie
I,20,2 im Kampf für die Rinder (prò tõn boõn machómenos): Abwandlung einer ihrer Natur nach in die Seele geht, und wenn sie dorthin gelangt, befeuchtet sie die dem
häufigen Formulierung aus Homers Ilias, wo die Helden stets für «ihre Frauen Gefieder bestimmten Ausgänge, treibt so dessen Wachstum voran und erfüllt auch des
und Kinder kämpfen». Vgl. z.B. Il. VIII,56–57 und s. Zitat in Anm. zu I,29,1, wo Geliebten Seele mit Liebe.
Dorkon die Rolle des Stiers einnimmt. Er liebt also, wen aber, weiß er nicht, ja überhaupt nicht, was ihm begegnet {wider-
I,20,2 zog es … wie ein Hoplitenhelm: Die Szene zitiert die Euripides zugeschrie- fährt}, weiß er oder kann es sagen, sondern wie einer, der sich von einem andern
bene Tragödie Rhesos, wo sich der Trojaner Dolon als Wolf verkleidet, um das Augenschmerzen geholt, hat er keine Ursache anzugeben; denn dass er wie in einem
Lager der Griechen auszuspähen. Die Szene geht auf Homers Ilias X,319–340 Spiegel in dem Liebenden sich selbst beschaut, weiß er nicht. Und wenn nun jener
zurück. Die Fügung «wie ein Hoplitenhelm» sorgt für einen eindeutig kriege- gegenwärtig ist, so hat auch er gleich wie jener Befreiung von den Schmerzen, ist er
rischen Kontext (Hopliten sind schwerbewaffnete Fußsoldaten). Dorkon wird aber abwesend, so schmachtet auch er, wie nach ihm geschmachtet wird, mit der Liebe
also mit einem homerischen (Anti-)Helden verglichen. Rhesos 208–215: Schattenbilde, der Gegenliebe, behaftet. Er nennt es aber und glaubt es nicht Liebe, son-
Mit einem Wolfsfell deck ich mir den Rücken zu, dern Freundschaft, wünscht aber doch eben wie jener, nur minder heftig, ihn zu sehen,
Den Schlund des Raubtiers setz ich mir dann auf den Kopf zu berühren, zu umarmen, neben ihm zu liegen.
316 317
I,23,1 Zikadengesang: Die Zikaden haben in Platons Phaidros 258e–259d den Diese stärkt’ ihm die Schultern mit Kraft und die strebenden Kniee,
Status von Spitzeln der Musen, die das Gespräch über den Eros überwa- Und in das Herz gab sie ihm der Flieg’ unerschrockene Kühnheit,
chen. Hier der Ausschnitt 259b–c: Man sagt nämlich, diese {die Zikaden} wären Welche, wie oft sie immer vom menschlichen Leibe gescheucht wird,
Menschen gewesen von denen vor der Zeit der Musen. Als aber diese erzeugt wor- Doch anhaltend ihn sticht, nach Menschenblute sich sehnend.
den und der Gesang erschienen, wären einige von den damaligen so entzückt {vgl. Rehfell und Pinienkranz: Attribute des Dionysos bzw. des Pan, s. Anm. zu I,24,1
Anm. zu I,13,5} worden, dass sie singend Speise und Trank vergessen und unver- I,15,2 und vgl. z.B. II,32,2.
merkt gestorben wären. Aus welchen nun seitdem das Geschlecht der Zikaden ent- mit Äpfeln: Das Werfen von Äpfeln ist ein Topos der Liebesdichtung, vgl. I,24,3
steht, mit dieser Gabe von den Musen ausgestattet, dass sie von der Geburt an kei- z.B. Theokrits Idyll 5,88–89:
ner Nahrung bedürfen, sondern ohne Speise und Trank sogleich singen, bis sie ster- Schau, mit Äpfeln sogar bewirft Klearista den Hirten
ben, dann aber zu den Musen kommen und ihnen verkündigen, wer hier jede von Und süß schmatzt sie ihn an, wenn er die Ziegen vorbeitreibt.
ihnen verehrt. (Fortsetzung des Zitats in Anm. zu II,23,1.) Myrtenbeeren: Die Myrte ist der Baum der Aphrodite. Myrtenkränze wer- I,24,3
Bei Kallimachos (Aitia Fr. 1,21–36 Pfeiffer) werden Zikaden zu einem Symbol für den auch bei uns bei Hochzeiten getragen, vgl. z.B. II,4,1 oder III,5,1.
inspirierte Dichtung schlechthin. Syrinx … keusche Küsse: Der indirekte Kuss über das gemeinsame Spiel I,24,4
Als ich zum ersten Mal die Schreibtafel auf meine Knie der Syrinx ist eine Abwandlung des topischen gemeinsamen Trinkens aus
Legte, da sagte zu mir Lykiens Herrscher Apoll: demselben Becher, vgl. Anm. zu III,8,2. Durch Musik zu Mittag erfreut man die
«Mäste das Opfertier gut, o Sänger, damit es auch möglichst Zikaden und Musen, reizt aber vielleicht den Pan, s. Anm. zu I,2,2 und I,23,1.
Fett wird, die Muse jedoch bleibe, mein Lieber, schön schlank. macht rasend wie frischer Honig (néon méli maínesthai poieĩ): Das Motiv I,25,2
Und ich befehle dir dies: Vermeide jegliches große des Honigs, der Raserei verursacht, findet sich in wissenschaftlicher Literatur
Fuhrwerk, weder befahr all die bestehenden Spurn (Plinius, Nat. hist. XXI,45 und Strabon, Geogr. XII,3,18) und scheint auf Xeno-
Anderer, noch die geraden Straßen, allsondern nur Pfade, phons Anabasis IV,8,20 zurückzugehen: […] alle Soldaten, die von den Honigwaben
Die keiner breittritt, auch wenn es sich als mühsam erweist.» aßen, wurden besinnungslos, erbrachen sich, bekamen Durchfall, und keiner konnte
Ich gehorchte und singe nur, wo man das süße und klare mehr aufrecht stehen. Wer nur wenig gegessen hatte, war wie betrunken, doch dieje-
Lied der Zikaden liebt, Eselgebrüll nicht verehrt. nigen, die viel zu sich genommen, schienen teils von der Raserei ergriffen zu sein und
Wenn es sein muss, sollen doch andere so wie das sture teils im Sterben zu liegen. Vgl. aber auch die Zitate in Anm. zu I,15,2 und IV,8,2.
Langohr iahen, ich will klein sein, geflügelt und zart. Zikadensänger (téttix): Das griechische Wort ist männlich. Da das für den I,25,3–
Oh, siehe da, das Alter, der Tau: Die göttliche Nahrung, Verlauf der folgenden Handlung sinnbildend ist, schreiben wir «Zikadensänger» I,26
Die der Himmel verschenkt, weckt auch in mir den Gesang, statt «Zikade». Vgl. auch die Vereinigung von Grille (dem Tierchen der Chloë)
Aber das Alter, das schwer ist wie jenes dreieckige Eiland und Zikade (dem Tierchen des Daphnis) in III,24,2 sowie vgl. Nachw S. 280. Zu
Für Enkelados, das streife dann singend ich ab. Zikaden s. Anm. zu I,23,1.
(Enkelados ist ein Titan, der unter dem Ätna des dreieckigen Siziliens begra- feiger als Füchse: Folgt dem Sprichwort Ein Löwe zu Hause, aber ein Fuchs in I,25,3
ben wurde. Das «Alter» ist eine Anspielung auf den mythischen Tithonos, der Schlacht, s. z.B. Aristophanes, Friede 1189–90.
den Geliebten der Eos (Morgenröte), der unsterblich, aber nicht ewig jung Gewandbausch (kólpos): Vorderteil des über den Oberkörper drapier- I,26,1
war, und mit der Zeit zu einer Zikade verschrumpelte. Man beachte die virtu- ten Kleides, in dem man Dinge aufbewahren kann. Symbol für weibliche
osen Enjambements in den Pentametern am Anfang der Passage, die aus dem Intimsphäre. Zugleich bedeutet kólpos auch «Schoß».
Original übernommen worden sind.) Flügel die Wangen: Im Roman Leukippe und Kleitophon von Achilleus Tatios I,26,1
I,23,3 die Fliegen … beißen (myĩai … dakeĩn): Das Bild entstammt einem Gleichnis (V,3,3) wird ein analoger Vorfall als böses Vorzeichen gewertet. Dort jagt aber
aus Homers Ilias XVII,569–572 (Athene stärkt Menelaos): ein (männlicher) Habicht eine (weibliche) Schwalbe, und das Omen weist dort
318 319
viel Geld, vgl. II,15,3. Im Verlauf der Handlung wird Chloës Brautpreis steigen die Anbahnung der Hochzeit außergewöhnlich, vgl. Zitat in Anm. III,25,4–26,2.
und den Kaufpreis der Kallirhoë übertreffen, s. IV,33,2 und IV,37,2. Klage (aitían): So wird der formale Vorwurf in einem Prozess bezeichnet. III,30,3
III,27,4 toten Delphin: Für einen gestrandeten Delphin hat die Dichterin Anyte ein und sagte, dass: Die längste indirekte Rede des Romans. Dryas sprudelt wie III,30,4
Epigramm verfasst, von dem sich Longos wohl inspirieren ließ, AG VII,215: ein Wasserfall, bis ihm der Erzähler gleichsam das Wort entzieht. Argumente
Nimmer werf ich in Hinkunft, die schiffbaren Wogen durchmessend, wie die Liebe oder das Alter des Brautpaars wären in der Realität eher irrele-
Aus dem tiefen Nass stolz meinen Nacken empor, vant. Dryas verschleiert damit, dass es ihm eigentlich nur um das Geld geht.
Nimmer blas ich am prächtigen Schnabel des ruderbewehrten keine Überheblichkeit … Sklave: Dryas und Nape (die Zieheltern der III,30,5
Schiffes, um mich am Bild meines Gesichts zu erfreun. Chloë) haben gegenüber Lamon und Myrtale (Daphnis) ihren gesellschaft- –31,3
Mich hat die purpurne Flut des Meeres ans Ufer getrieben, lich höheren Status nicht ausgespielt. Wie sich nämlich gleich zeigt, ist Lamon
Darum liege ich hier auf diesem rieselnden Strand. Sklave und daher kein rechtlicher Vormund seiner Familie. Dryas hingegen ist
(«Bild meines Gesichts»: Der Schiffsschnabel wurde als Delphinnase aufge- freier Bauer und kann seine Tochter selbst verheiraten. Für die wirtschaftliche
fasst, der Schiffsbug war auf den Seiten mit Delphinaugen verziert.) Situation der beiden Familien bedeutet das aber keinen Unterschied.
III,29,1 Schlitten drosch: In der Antike wird nicht mit Flegeln auf der Tenne gedro- mein Herr: Der Besitzer der Ländereien ist also seit mindestens zwei Jahren III,31,3
schen, sondern mit dem Schlitten (einem schweren, z.B. mit Steinen beschla- nicht auf seinen Gütern gewesen: Die Handlung hat im Frühling des vorigen
genem Brett), der auf dem Dreschplatz über das hingestreute Getreide im Kreis Jahres begonnen, im Winter ist er sicher in der Stadt geblieben. Ganz ähnlich
gezogen wird. Um den Schlitten zu beschweren, setzt man sich darauf. ist die Konstellation bei Chariton (II,3,1), wo der Gutsherr Dionysios seine Güter
III,29,2 Mir gib Chloë zur Frau … Syrinx: Die Rede des Daphnis ist wirkungsvoll auch schon «seit langem» nicht besichtigt hat. Das ist plausibel, da die Hirten
gegliedert, aber in atemlos asyndetischen Sätzen gehalten und pointiert unrhe- völlig selbständig agieren und sich selbst versorgen, vgl. Anm. zu III,18,3. Zum
torisch gerahmt. Anstelle einer höflichen Anrede beginnt Daphnis mit einem Herrn vgl. Anm. zu IV,13,1.
plumpen Befehl, als müsste er lauter rufen als die anderen Freier, und schließt plattnasige Greis … kahlköpfige Weib: Zur Hässlichkeit von Lamon und III,32,1
mit der ängstlichen Feststellung, dass noch niemand etwas erfahren dürfe. In Myrtale s. Anm. zu I,2,1.
der Rede selbst zählt er aber schön seine Vorzüge als Arbeiter auf dem Feld, als nur ein einziger Apfel: Longos zitiert ein berühmtes Hochzeitsgedicht der III,33,4
Hirte und als Mann auf; das Geld spart er sich als Pointe auf. Dass er als ersten Sappho, von dem folgende drei Verse erhalten sind (105a V/LP):
Vorzug das Syrinxspiel nennt, entspringt zwar teils seinem naiven Glauben, So wie der süße Apfel sich rötet, ganz hoch in der Krone,
dass es sich dabei tatsächlich um die wichtigste Fertigkeit handelt, im Rahmen Hoch am höchsten Ast, weil ihn die Pflücker vergaßen –
unseres Romans ist das aber tatsächlich die Hirtenfertigkeit schlechthin. Nein, sie vergaßen ihn nicht, sie konnten ihn nur nicht erreichen.
III,29,2 in den Wind worfeln: Das gedroschene Getreide wird mit der Worfel gegen Bei Sappho ist der Apfel natürlich ein Symbol für die Braut, die bis zur Hochzeit
den Wind geworfen, um die Spreu vom Weizen zu trennen. für so viele Verehrer unerreichbar geblieben ist. Indem Daphnis den Apfel
III,29,2 fremden Böcken bespringen: Daphnis lädt seine Rede ungewollt erotisch pflückt, nimmt er symbolisch die Hochzeitsnacht vorweg. Chloës anfänglicher
–29,3 auf. Es klingt, als würde er die Freier mit den fremden Böcken vergleichen und Widerstand verwandelt sich in Zustimmung.
sich selbst zum einzig wahren, jungen und tatsächlich von einer Ziege gestill- verliebten Hirten (erōtikǫ ̃ poiméni): oder «Liebeshirten / Hirten des Eros». III,33,5
ten Bock stilisieren. zu Boden falle … zertrete … vergifte … verderbe: Die drei Möglichkeiten III,34,2
III,29,3 Mich hat eine Ziege gestillt, genauso wie Chloë ein Schaf: Der Rhythmus implizieren, dass ein Mädchen, das zu lange unverheiratet bleibt, Gefahr läuft,
der beiden Kola ist identisch und unterstreicht die Gleichwertigkeit und Zu- entweder vergewaltigt oder verführt zu werden oder als alte Jungfer zu enden.
sammengehörigkeit von Daphnis und Chloë, s. Nachw. S. 278. Longos zitiert auch hier (s. III,33,4) Sapphos Hochzeitsgedicht (105b V / 105c LP):
III,29,4 selbst mein Vater Lamon nicht: Lamon könnte das Geld ja behalten. Wie im Gebirg die Männer beim Hüten der Schafe mit Füßen
III,30,2 etwas ganz Neues: S. Anm. zu III,3,1. Bei außergewöhnlichen Paaren ist auch Die Hyazinthe zertreten, am Grund auch die purpurne Blume …
354 355
«länger als die Eulen» wachbleiben, knüpft das an Lykainions Bemerkung an, Stellenindex
dass der menschliche Geschlechtsverkehr lustvoller sei als der tierische, weil
er länger andauere (III,17,2). Die Hochzeitsnacht verläuft also im Sinne der Mit Asterisk * sind diejenigen Anmerkungen im Kommentar markiert, die eine
«Symmetrie der Geschlechter» so wie in Xenophons Ephesiaka I,9,9: […] und sie Übersetzung des Originaltexts beinhalten.
umarmten einander, legten sich nieder und genossen die ersten von Aphrodites Werken.
Und sie wetteiferten die ganze Nacht hindurch hingebungsvoll miteinander, wessen Autor Stelle Anm. zu
Liebe und Hingabe größer sei. Achilleus Tat. I,2,1 I,pr,4* Aelian Nat.anim.VIII,19 I,30,1*
IV,40,3 legten sich nackt nieder … Lykainion gelehrt hatte: Daphnis und Chloë I,2,3 I,pr,1* Var. hist. II,14 IV,17,4
befolgen noch einmal die drei Lehrschritte des Philetas (II,7,7), bevor Daphnis I,10,1 IV,18,1 IX,14 I,10,2*
sie durch den Liebesunterricht von Lykainion erweitert (III,18). I,15 IV,2,1 X,18 I,3,2*
IV,40,3 am Waldesrand: Daphnis ist mit Lykainion in den Wald ‹eingedrungen›, I,17–18 IV,17,4 X,18 I,17,3*
während er mit Chloë bisher nur am Rand solcher Lüste geblieben ist. I,19,1–2 IV,2,1 Aisch. Prometh. 729–31 I,30,6
IV,40,3 Hirtenspiel (poiménōn paígnia): Der Begriff paígnion bezeichnet auch eine II,2,3 IV,2,1 Alkaios (Voigt) 338 III,3,1*
verspielte literarische Kurzform. Philitas von Kos verfasste Gedichte mit dem II,3,3 II,2,1* Anyte (AG) VII,190 III,24,2*
Titel paígnia. Das letzte Wort des Romans stellt aber vor allem einen Verweis II,5,3 II,8,4* VII,215 III,27,4*
auf das Ende der Lobrede auf Helena des Sophisten Gorgias dar (Fr. 11,21 DK): II,7,6–7 I,18,1 IX,745 IV,4,5*
Meine Worte hatten das Ziel, eine Lobrede Helenas zu sein, aber zugleich mein eige- II,8 III,11,3* Apuleius Met. VII,9 III,27,4
nes Spiel (paígnion). Longos zitiert damit zugleich den Abschluss der Rede des II,35–38 IV,11,2 Archestratos (Brandt)
Agathon, der sich auf Gorgias bezieht, in Platons Symposion 197e: Diese Rede […] III,15,4 IV,8,4 Fr. 59,1–11 IV,10,3*
sei von meinetwegen dem Gotte {Eros} dargebracht, teils Spiel (paidiá) enthaltend, III,17 II,22,4* Aristoph. Ekkl. 520–32 III,15,4*
teils auch ziemlichen Ernst nach {meinem} bestem Vermögen. – Die Modifikation V,3–5 III,12,4 Friede 1189f. I,25,3
des Zitats des Gorgias durch den ‹Gorgianer› Agathon ist für Longos wichtig: V,3,3–4 I,26,1* Lysistrate 8 IV,20,1
Der Gegensatz zwischen Spiel und Ernst ist auch bei Longos präsent (s. I,11,1), V,27–VI,1,1 III,15,1 Ritter 634 III,13,4
und auch Longos hat sein Werk dem Eros geweiht. Agathons Rede ist für un- V,27,4 IV,18,1 Arrian Indica 1; 5; 7 IV,3,2
seren Roman auch wegen ihres Eros-Konzepts entscheidend: Agathon stellt VI,15f. IV,29,3 Artemidor passim I,7,1
Eros zunächst als treibende Kraft der Dichtung, dann als Lehrer aller Künste VI,15–22 IV,29,3 II,12 II,15,3*
vor (Plat. Symp. 196e) und schließlich als Macht, die die Welt der Götter und VI,20 IV,29,3* Bion (Gow) Fr. 2,5f. III,4,1
Menschen kultiviert (197b). Dieser Aspekt steht auch bei Longos im Mittelpunkt VI,20,4 IV,29,3 Chariton passim II,22,4
des Interesses. Mit dem Mythos von den Findelkindern Daphnis und Chloë hat VI,19–20 IV,29,3 I,2–3 III,25,1*
er also eine Experimentsituation entworfen, in der wie in einem platonischen VII,12,1–2 II,17,2* I,8–11 III,25,4–26,4*
Mythos das Wirken des Eros konkret erlebbar wird und sich als allgemeingül- VII,15,1 IV,29,3 I,11,8 IV,13,1
tig erweist. Die Darstellung der kultivierenden, zum Guten führenden Kraft VII,13–VIII,1 IV,29,3 I,14,5 III,27,4;
des Eros ist also das eigentliche Thema des Romans. Die Wendung poiménōn VIII,1 IV,29,3 IV,33,2
paígnia signalisiert somit nicht nur, dass die Romanhandlung ein bukoli- VIII,1,3f. IV,29,3 II,3,1 III,31,3;
sches «Spiel» gewesen ist, sondern zeigt auch auf, dass die Dinge, die sich in VIII,6 II,34,1* IV,13,1
der Hochzeitsnacht zutragen, den hinter diesem «Spiel» verborgenen, tieferen VIII,14,6 IV,29,3 V,10,8–9 I,29,3*
«Ernst» enthüllen, nämlich die allumfassende Macht der Liebe. Agathon (Snell) Fr. 8 I,pr,1 Demokrit DK68 / B154 I,9,2*
374 375
Diodor Zonas (AG) IX,556 I,13,1* XIII,361f. IV,13,2* XIX,535–551 III,16,2 Parthenios 29 I,3,2*
Diog. Laërt. I,34 I,12,2* XIV,272–273 II,39,5* XX,250 IV,4,3* Philippos (AG) VI,102 I,2,1
Etym. Magn. 430,39f. I,28,1* XVI,582–5 II,17,3* XXI,358 II,24,4 Pindar, Nemea 1,44–50 I,30,5*
Eurip. Bacchen passim IV,3,2 XVII,755–9 II,17,3* XXII,420–3 III,4,5* Platon, Ion 533e–534a II,10,2*
695–711 I,15,2* XX,232–5 IV,17,5 XXIII,158 I,16,4;* 534a IV,8,2*
[Rhesos] 208–15 I,20,2* XXI,444–9 IV,14,2* IV,17,5 Phaidon 84e–85a II,5,1*
Galen (Kühn) VI,718 II,12,3* XXIII,845f. I,4,3* XXIV,60–2 IV,8,2* Phaidros 230bc I,pr.,1*
XII,109 I,21,4* XXIV,114 II,27,1 Horaz, Oden I,9 III,3,1 240d I,13,6
Geoponika XI,10 I,27,2* XXIV,135 II,27,1 Kall. (Pf) Aitia 1,21–36 I,23,1* 241d I,20,2
Gorgias (DK) Fr. 11,21 IV,40,3* Odyssee I,1–4 II,3,2* Fragm. 229 IV,17,6 245a II,10,2
Gregor v.Korinth VII,2,1236
I,17,3* II,56 IV,4,3* Hymnen 1,55f. I,7,1* 250a I,13,5*
Heliodor I,26,6 I,12,5* IV,506 IV,40,2 Lukian 251–252 I,13,5
II,5,1 II,22,4 IV,535 I,29,1;* Dial. deor. 2,3 IV,4,5 251b I,18,1
II,6,3 II,30,1* III,3,4 2,4 I,27,2* 251bc I,17,1;
V,19,3 III,27,4 VI,229–31 I,16,4;* Dial. mar. 13 IV,17,4 II,5,4;*
VII,17–19
IV,16,1 IV,17,5 [Lukios] 8 III,19,2* II,7,1
VII,19,2IV,16,1 IX,315 II,10,2 56 III,26,4* 251d I,13,6
VIII,9 II,15,1 VII,114–127 IV,2,1 Lukrez IV,524–71 III,21,3–4* 252b II,7,1*
X,9–15 II,15,1 VII,137f. IV,34,3 Menander, Epitr. passim II,15,1; 253d I,pr,4
Hermog. de id. 2,3–4 II,39,2; IX passim IV,4,3 IV,21,3 254b I,pr,4
III,10,3–4 IX,219–223 IV,4,4* Nonnos Dionys. II,117–9 I,27,2* 255c I,pr,4
Herodot I,1 I,pr,1* IX,346 I,15,3 XIII,ff. IV,3,2 255c–e I,22,4;*
VI,105–106 II,23,4*; X,80–86 I,2,1* Nossis (AG) VII,414 II,5,1* II,8,3
III,2,5; X,233–43 III,3,4* VII,718 I,pr,1* 255e II,7,7
IV,39,2 XI,235–50 IV,17,4 Ovid, Amores I,9,9–12 III,5,4* 256a III,9,5*
Hesiod, Erga 117f. IV,39,1* XI,397–403 I,29,1* I,9,15–20 II,8,5* 258e–259d I,23,1*
405 I,19,2 XI,409–411 I,29,1*; Ars amat. I,573–80 III,8,2* 259a I,2,2
Theogonie 116—22 II,5,2* III,3,4 Met. I,612–7 I,13,6* 259cd II,23,1*
492f. I,7,1 XIV,13–24 I,19,2* I,689–712 II,34,1 Politeia II,372b II,31,1
Homer. Hymn. 8,35–53 IV,3,2* XIV,78 I,15,3 III,253–312 IV,3,2 Symposion 175cd IV,35,1
Ilias passim II,5,2 XIV,465 II,4,4–5,1 III,359–401 III,22,4–23 177d IV,34,3
I,597 IV,34,3 XV,161–78 III,16,2 III,514–525 IV,3,2 178b II,5,2
V,311–3 IV,17,6 XVI,52 I,15,3 IV,276–8 IV,22,2 195b II,5,2; 5,5*
VI,130–40 IV,3,2 XVI,79f. IV,15,1* VI,441–670 III,12,4 196b II,5,4
VII,182–189 IV,34,3* XVII,180 IV,4,3* VIII,177–182 IV,3,2 196e– 197b IV,40,3
VIII,56f. I,20,2 XVII,535 IV,4,3* IX,735–40 IV,17,4 197e IV,40,3*
X,319–40 I,20,2 XIX,518 III,12,4 X,209–16 I,16,4* 211c IV,17,3*
376 377
Plinius, Nat.h. VIII,208 I,30,1 15,120–2 II,4,1–2* Verwendete Übersetzungen
XVIII,102 II,18,1 16,106–9 I,pr,3*
XXI,45 I,25,2 20,24 IV,17,5 Damit unser Kommentar nicht nur informativ ist, sondern auch ein litera-
Poseidippos (Austin) 23,19–27 IV,16,4 risches Erlebnis bietet, lag uns viel daran, die relevante antike Literatur in
Ep. 12 IV,17,5 27,4 III,9,5* präzisen, schönen und im Fall von Dichtung metrisch korrekten deutschen
Sappho (Voigt) 1,1–4 I,13,5* [Syrinx] – II,33,3 Übersetzungen anzuführen. Daher haben wir keine Mühen gescheut und das
31 I,13,5–I,14,2* Thukydides passim II,20,1–2; meiste neu übersetzt:
31,14 I,17,4 III,1,1–2 Von Ondřej Cikán stammen die Übersetzungen aus Alkaios, Anyte, Ar-
105a III,33,4* I,2,2 III,2,3 chestratos, Aristophanes, Artemidor, Chariton, Demokrit, Diodor Zonas, dem
105b III,34,2* I,8,1 I,28,1 Etymologicum magnum, Euripides (mit Längenauflösungen), Gorgias, Herodot,
130 I,18,1* I,10,4 II,12,1; dem Homerischen Hymnus (unter Verwendung des Vokabulars und der Recht-
Schol. in Theocr. 8,93a IV,22,2* II,20,1 schreibung von Johann Heinrich Voß), Kallimachos, Lukian, Lukrez, Nonnos,
Servius, in Ecl. 5,20 IV,4,1* I,82,1 III,1,1 Nossis, Ovid: nur Amores und Ars amatoria, Pindar, Platon: nur das Gedicht aus
Strabon I,2,9 I,2,1 I,22,4 I,pr,3 Phaidros 252b in Anm. zu II,7,1, Sappho, Theokrit, Thukydides, Xenophon und
XIV,1,5 IV,17,6 I,126 II,20,3* Xenophon von Ephesos.
XII,3,18 I,25,2 II,32 II,19,3 Von Georg Danek stammen die Übersetzungen aus Aelian, Diogenes Laër-
XIV,1–8 I,28,1 II,53,3 II,21,1 tios, Galen, den Geoponika, Heliodor, Parthenios, den Scholien zu Theokrit und
Theokrit III,23,5 III,3,2 Servius.
Idyllen 1,15–7 I,2,2* III,25,1 I,28,1 Übernommen haben wir:
1,24 III,15,1 III,49,5 I,22,1; Achilleus Tatios, übers. von Friedrich Ast, Leipzig 1802. (Zitiert nach Kytzler
1,24–60 I,15,3;* II,19,1 2001, an die neue Rechtschreibung angepasst.)
III,18,3 IV,93,4 III,1,1–2 Hesiod, übers. v. Johann Heinrich Voß, in: Hesiods Werke und Orfeus der Ar-
1,52–54 I,10,2* IV,26,8 III,5,3* gonaut. Heidelberg 1806. (Da und dort an Voß’ Usus in seinen Übers. Homers
1,74f. I,31,4* VI,72,5 III,2,4 angepasst. Archaische Rechtschreibung beibehalten.)
2,28 I,18,1 VII,2,4 I,22,1; Homer, Ilias, übers. v. Johann Heinrich Voß, Hamburg 1793. (Rechtschr. beibe-
3,1–2 II,5,3* II,19,1 halten, da und dort mit Voß’ Übers. der Odyssee vereinheitlicht. Adaptiert sind
3,20 III,9,5* VII,79,1 III,1,1–2 die Übers. v. Il. XXIII,845–6 in Anm. zu I,4,3 u. Il. VII,188–1989 in Anm. zu IV,34,3.)
3,52–4 II,22,4* Vergil, Eklogen 3,10–15 IV,7,3 Homer, Odyssee, übers. v. Johann Heinrich Voß, Hamburg 1781. (Rechtschreib.
4,36–38 II,5,3 6,13 III,15,1 beibehalten, da und dort mit Voß’ Übers. der Ilias vereinheitlicht. Adaptiert ha-
6,44f. IV,38,3* Georgica I,300 III,4,1 ben wir die Übers. von Od. XI,402–3 in Anm. zu I,29,1.)
5,88f. I,24,3* Xenophon Ovid, Metamorphosen, übers. v. Erich Rösch, Zürich 1952. (An die neue
7,35–51 II,3,3* Anabasis III,2,13 IV,15,4; Rechtschreibung angepasst. Großbuchstaben am Versanfang stammen zwecks
7,37 II,5,1 IV,16,1* Einheitlichkeit mit den anderen Hexameter-Überetzungen von uns. Die Übers.
7,60–76 II,31,1* IV,8,20 I,25,2* von Met. X,215 in Anm. zu I,16,4 haben wir adaptiert.)
11,1–3 II,7,7* Xenophon scr. erot. Platon, übers. v. Friedrich Schleiermacher, in: Platon: Sämtliche Werke (6 Bd.),
11,10f. III,25,2* Ephesiaka I,9,9 IV,40,2* Hamburg 1957. (An die neue Rechtschreibung angepasst. Neu übersetzt haben
11,19–21 I,17,3* V,15,2 I,pr,2 wir das Gedicht aus Phaidr. 252b in Anm. zu II,7,1.)
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