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Einleitung
Durch die Europäischen Union wird das Konzept der Mehrsprachigkeit propa-
giert das betont, dass sich die Spracherfahrung eines Menschen in seinen kultu-
rellen Kontexten erweitert. Alle Sprachkenntnisse und Spracherfahrungen tra-
gen zu einer kommunikativen Kompetenz bei, die aus der Kenntnis von Spra-
chen und Kulturen gebildet wird. Die Sprachen stehen untereinander in Bezie-
hung und interagieren miteinander (vgl. Quetz 2010a, S. 45f). Bereits 2005
formulierte die Europäische Union das Ziel, dass jeder Bürger neben seiner
Muttersprache noch zwei weitere Sprachen erlernen sollte (vgl. Hallet/ Königs
2010, S. 303) Entschließt sich ein Erwachsener, eine europäische Fremdspra-
che zu lernen, stehen ihm hierzu eine unüberschaubare Fülle an Lehrwerken
zur Verfügung. Erwachsene können Sprachen autodidaktisch, aber auch in
Volkshochschulen oder privaten Sprachschulen lernen. Es gibt ein vielfältiges
Angebot.
Ein Hauptaspekt in der Erwachsenenbildung stellt das Lernen und Lehren von
Fremdsprachen dar (vgl. Raasch 2010, S. 119). So wurden 2009 bei den größ-
ten Anbietern, den Volkshochschulen (VHS), fast zwei Millionen Belegungen
und mehr als sechs Millionen Unterrichtsstunden verbucht. Weiterhin gibt es
viele private Sprachschulen, betriebsinterne Fremdsprachenschulungen, sowie
kirchliche, gewerkschaftliche und andere Fremdsprachenlernangebote (vgl.
Quetz 2010b, S. 294).
Die Frankfurter Romanisten Horst G. Klein und Tilbert Stegmann sind die Ent-
wickler der EuroCom-Methode. 2000 publizierten sie das Buch Die sieben Sie-
be (vgl. Hufeisen, S. 112). Diese Arbeit beschäftigt sich auf mikrodidaktischer
Ebene mit dem Fremdsprachenlernen von Erwachsenen im Kontext des Euro-
Com-Projekts und untersucht besonders Lernprozesse und Lernmotivation
beim Fremdsprachenlernen mit der EuroCom-Methode. Auf die didaktischen
Theorien des EuroCom-Projekts, die in verschiedenen Publikationen des Sha-
ker-Verlags und weiteren Publikationen erschienen, kann aus Platzgründen
nicht eingegangen werden. Es steht hier die Methode der EuroCom, in Bezug
auf Lernprozesse und Motivation, im Vordergrund. Darüber hinaus beschäftigt
sich diese Arbeit mit der Frage, inwiefern sich die EuroCom-Methode für er-
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wachsene Lernende eignet, um Fremdsprachen zu lernen und welche Probleme
aus erwachsenenpädagogischer Sicht auftreten können. Der Schwerpunkt in
Kapitel 2 liegt auf der Einordnung, Darstellung und Definition grundsätzlicher
Aussagen des konstruktivistischen Lernverständnisses, der Lernprozesse, der
Lernmotivation aus erwachsenenpädagogisch-mikrodidaktischer Sicht, sowie
des EuroCom-Projekts. In Kapitel 3 erfolgt auf mikrodidaktischer Ebene eine
Darstellung der Grundlagen und Einzelheiten der Lernprozesse und Lernmoti-
vation beim Lernen mit der EuroCom-Methode aus einem konstruktivisti-
schem Lernverständnis heraus. Kapitel 4 behandelt die Reflexion und Diskus-
sion der Erkenntnisse aus Kapitel 3, die Lernprozesse und die Lernmotivation
beim Fremdsprachenlernen mit der EuroCom-Methode betreffend, der Chan-
cen und Grenzen, die die EuroCom-Methode bietet, welche Probleme auftreten
können und inwiefern sich die EuroCom-Methode für erwachsene Lernende
eignet, um Fremdsprachen zu lernen. Abschließend erfolgen in Kapitel 5 eine
kritische Würdigung und ein Ausblick.
Die Grundlage der Arbeit ist eine literaturbasierende Untersuchung des The-
menkomplexes. Die hier verwendete Literatur kann in drei unterschiedliche
Kategorien aufgeteilt werden:
4
2.2. Erwachsenenpädagogische Sicht und Sprachenlernen
Mit dem Abschluss des Gehirnwachstums in der Pubertät ändert sich das Lern-
verhalten (vgl. Roche 2008, S. 38). So sieht z.B. Grotjahn den Lernenden einer
Sprache als Erwachsenen, wenn er die Pubertät erreicht hat (vgl. Grotjahn
2005, S. 188). Viele Untersuchung zeigten, dass ab dem Alter von etwa zwölf
Jahren eine Änderung im Lernverhalten von Fremdsprachen erfolgt. Während
Kinder bis zu diesem Alter eine starke Ausrichtung zum Lernen mit impliziten
(audio-lingualen) Methoden haben, lernen Erwachsene vermehrt mit einer ko-
gnitiv expliziten Methode, bei der Grammatikregeln und kontrastive Verglei-
che verwendet werden (vgl. Quetz 2006, S. 151). Anders als in anderen Wis-
sensbereichen wird der Pubertierende im Bereich der Sprache - wegen der ko-
gnitiv expliziten Lernmethoden - als quasi Erwachsener betrachtet. Natürlich
qualifiziert ihn dieses nicht automatisch als vollwertigen Erwachsenen. Mögen
sein Können in der Muttersprache und seine Fremdsprachenlernstrategie auch
wie die eines Erwachsenen sein, so hat er doch in vielen Gebieten nicht das
Wissen, Erfahrungen und Können eines Erwachsenen aufzuweisen. In dieser
Arbeit wird deshalb dem Fach- und Weltwissen Erwachsener eine besondere
Bedeutung zukommen, weil es der entscheidende Punkt ist, um eine Unter-
scheidung zwischen pubertierendem bzw. weltunerfahrenem Erwachsenen und
welterfahrenem Erwachsenen zu ziehen, wenn diese eine Fremdsprache erler-
nen. Bis zu einem gewissen Grad gehört hier das Fremdsprachenkennen auch
zum Fach- und Weltwissen, weil der Erwachsene im Laufe seines Lebens sich
mit Fachtermini und fremden Sprachen in verschiedenen Situationen auseinan-
dersetzt, die ein Pubertierender nur selten erfährt. Erwachsene haben das schu-
lische Lernen einer Fremdsprache bereits beendet. Selbst diejenigen, die keine
Fremdsprachen beherrschen, sollten trotzdem ein größeres Wissen um die Welt
und Fremdwörter in der Muttersprache besitzen als Pubertierende. Dies ist aber
letztendlich nicht wirklich messbar. Es gibt also eine breite Skala zwischen pu-
bertierenden Jugendlichen ohne viel Fremdsprachen- und Weltwissen (die aber
sprachlich Erwachsene sind, weil sie deren Lernstrategien verwenden) und den
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eigentlichen volljährigen Erwachsenen, die ein breites Weltwissen und Fremd-
sprachenkenntnisse besitzen. Jugendliche lernen meistens in der Schule eine
erste Fremdsprache, stecken also noch im Prozess der Wissensaneignung.
Spricht ein Erwachsener eine Fremdsprache, ist dieser Prozess bereits häufig
abgeschlossen (so gut wie es auf der Schule gelernt werden konnte). In dieser
Arbeit wird die Unterscheidung zwischen pubertierenden und erwachsenen
Lernen weiterhin verwendet, untersucht und hervorgehoben werden.
"Voraussetzung des Lernens ist ein innerer Drang oder Antrieb (Interesse, Mo-
tivation)" (Gropengießer 2003, S. 36). Eine generelle Form von Motivation,
die nicht speziell auf das Fremdsprachenlernen bezogen ist, kann folgenderma-
ßen beschrieben werden:
Für die romanischen Sprachen besteht noch die Möglichkeit, mit der Kenntnis
der deutschen Muttersprache und dem damit bekannten internationalen Wort-
schatz (der auf romanischem Wortgut basiert) und / oder der englischen Spra-
che und dem in ihr vorhandenem romanischen Wortgut, die Sprachen der ro-
manischen Sprachfamilie zu erschließen (Klein 2007, S. 19-21).
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Sprachen z.B. Blume: franz. fleur, span. flor, rumän. floare)
Sieb 4. Graphien und deren Aussprache (Wie schreibe und spreche ich die
Buchstaben aus? So wird z.B. ein c vor e oder i im Französischen wie "s" aus-
gesprochen, ein c vor e oder i wird im Italienischen wie "tsch" ausgesprochen.)
Sieb 5. sprachfamilenübergreifende syntaktische Strukturen, z.B. panromani-
sche syntaktische Strukturen (Vergleiche zwischen ähnlichen Satzstrukturen
wie z.B. zur Nominalphrase oder Präpositionalphrase)
Sieb 6. morphosyntaktische Elemente (Vergleiche von Komparativ und Super-
lativ)
Sieb 7. Prä- und Suffixe im Wortschatz einer Sprachfamilie, z.B. (romanische
Präfixe wie pre-, pro- usw.)
Die EuroCom möchte somit durch ihre Arbeit ein rezeptives Sprachverständnis
(hier Lesekompetenz) einzelner Sprachfamilien (romanisch, germanisch, sla-
wisch) fördern. Die Lesekompetenz steht deshalb im Vordergrund, weil sie von
den vier Kompetenzen (Lesen, Hören, Schreiben, Sprechen) am leichtesten zu
erlernen ist (vgl. Klein 2007, S. 16). Die EuroCom verfolgt im Modul Euro-
ComDidact, aber auch erziehungswissenschaftliche und lernpsychologische
Ziele. In dieser Arbeit soll aber nicht die didaktische Konzeption der EuroCom
dargestellt werden, sondern sie bezieht sich auf die Methode, mit der das Ziel
der Lesekompetenz erreicht werden soll und untersucht in diesem Zusammen-
hang Lermotivation und Lernprozesse.
Die hier behandelten Lernprozesse können auf der einen Seite kognitiver Art
(Kap. 3.1.2) sein, auf der anderen Seite verschiedene Arbeitsschritte des selbst-
bestimmten Lernens (Kap. 3.1.1) darstellen.
Kognition stellt psychische Prozesse dar, die mit der Anwendung und dem
Aufbau von Wissen zu tun haben. So ist das Gedächtnis ein dynamischer Pro-
zess, bei dem Inhalte mit bestehenden Wissenselementen in Relation gebracht
und rekonstruiert bzw. neu konstruiert werden. Besonders wichtig ist das
"Weltwissen" (vgl. Weidenmann 2010, S. 172). Hier soll nun genauer unter-
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sucht werden, mit welchen Arbeitsschritten in einer EuroCom-Lernumgebung
Probleme selbstgesteuert bearbeitet werden können und Wissen erworben
wird. Auch soll die Stellung des Weltwissens herausgearbeitet werden. Im hier
verwendeten Beispiel schlüsselt ein Lernender selbständig und ohne Fremd-
überprüfung einen Text, der ihn interessiert und der in einer romanisch Sprache
geschrieben wurde, anhand seines Wissens um die sieben Siebe und unter Zu-
hilfenahme des Buches EuroComRom - Die sieben Siebe (Klein/ Stegmann
2000). auf. Der Text wird aus Platzgründen nur in einem kurzen Auszug aufge-
führt. Es handelt sich um einen Text in Katalanisch: "Els bons vins de Catalun-
ya venen de la terra entre les aigües de la mar Mediterrania i els camps davant
de l'arc de les muntanyes" (Klein/ Stegmann 2000, S. 48).
Die angegebene deutsche Übersetzung im Buch lautet: "Die guten Weine Kata-
loniens kommen aus dem Land zwischen den Wassern des Mittelmeeres und
den Feldern vor dem Bogen der Gebirge" (Klein/ Stegmann 2000, S. 48). Die
Erläuterung (des Textes und seiner Übersetzung) auf S. 49 im Buch nimmt Be-
zug auf Listen von Seite 40-45. Dort sind Wörter aus romanischen Sprachen
mit Übersetzungen aufgelistet, z.B. für ''Erde'' terra (Latein), terre (Franzö-
sisch), terra (Italienisch), terra (Katalanisch), usw. oder für ''kommen'' venir
(Französisch), venire (Italienisch) usw., wobei Konvent als Assoziation dient.
Weitere Wörter sind u.a.: vins - ''Weine'' (Assoziation: Vinothek), Catalunya -
Katalonien, aigües - ''den Wassern'' (Assoziation: aqua), mar - ''Meer'' (Asso-
ziation: maritim), camps - ''Felder'' (Assoziation: Campus) usw. (vgl. Klein/
Stegmann 2000, S. 40ff).
Der Lernende erfährt in der Erläuterung z.B. durch die Assoziation den Zu-
sammenhang von venir als "kommen" und dem Fremdwort Konvent, in dem
ven- als Wurzel steckt, und kann so einen Zusammenhang von Bekanntem und
Neuem bilden. Als ergänzende Erklärung wird weiter ausgeführt, dass z.B. els
mit dem männlichen Artikel (französisch les, spanisch los) assoziiert wird.
Alle anderen Wortelemente des Textes werden in dieser Form erklärt, so dass
der Lernende viele Assoziationen und Verknüpfungen bilden kann (Klein/
Stegmann 2000, S. 49). Zusätzlich gibt es ein Miniporträt der katalanischen
Sprache, das mit einem Minilexikon häufig vorkommender katalanischer Wör-
ter versehen ist, auf denen der katalanische Text ebenfalls aufbaut (Klein/ Steg-
mann 2000, S. 191-204).
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Wie oben bereits erwähnt wurde, müssen die sieben Siebe nicht in einer be-
stimmten Reihenfolge verwendet werden. Je nach Text, wird die Anwendung
des einen oder anderen Siebs erforderlich. Der dargestellte Fall ist idealtypisch.
Der Lernende beherrscht eine romanische Sprache und kann z.B. katalanisches
els mit dem französischen les oder dem spanischen los vergleichen. Worte wie
terra kann er aus dem Deutschen und einer ihm bekannten romanischen Spra-
che ableiten z.B. Französisch terre.
In Basismodul Englisch (Klein/ Reissner 2006) wird auf Englisch als Brücken-
sprache gesondert eingegangen. Alle sieben Siebe werden anhand von Beispie-
len erklärt, um dem Lernenden auf diesem Weg, die Interkomprehension roma-
nischer Texte zu ermöglichen. Mit dem internationalen Wortschatz (Sieb 1) hat
ein Lernender ca. 5000 Wörter, die er in romanischen Sprachen und Texten
wiedererkennen kann (vgl. Klein/ Reissner 2006, S. 17). Im panromanischen
Wortschatz (Sieb 2) findet ein Lernender Wörter, die in allen oder den meisten
romanischen Sprachen und auch im Englischen vorhanden sind (vgl. Klein/
Reissner 2006, S. 25). Die Autoren Klein und Reissner führen den Wortschatz
tabellarisch auf, damit der Lernende ihn sich verdeutlichen kann. Die Wörter
müssen nicht an sich gelernt werden, da sie meistens bereits in Englisch vor-
handen sind (Klein/ Reissner 2006, S. 30ff). Im Bereich der Wortschätze (Sieb
1 und Sieb 2) sind viele Wörter schnell zu erkennen, z.B. mano ''Hand'' durch
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manuell ''mit der Hand'', wohingegen lautveränderte Wörter (Sieb 3) schwerer
abzuleiten, bzw. wieder erkennbar sind. Das spanische ojo ''Auge'' ist durch die
Wörter Okular oder Optik schwerer zu erkennen, weil es im Laufe der Sprach-
geschichte erhebliche Laut- und Schreibveränderungen erfuhr (vgl. Klein/
Reissner 2006, S. 45). Auf den weiterführenden Seiten werden aber die Laut-
gesetze erklärt, nach denen sich dieser Wandel vollzog (vgl. Klein/ Reissner
2006, S. 45ff). Anschließend werden Graphien und Aussprache (Sieb 4) er-
klärt. Hierbei werden die Unterschiede in der Aussprache von einzelnen Buch-
staben und unterschiedliche Schreibweisen beleuchtet (vgl. Klein/ Reissner
2006, S. 60ff). So wird z.B. um einen ''K-Laut'' wieder geben zu können, in der
Schrift der einzelnen Sprachen unterschiedliche Buchstaben- bzw. Buchstaben-
kombinationen benutzt. Im Spanischen ''qu'' wie in queso ''Käse'' oder im Ita-
lienischen ''ch'' wie in chilo ''Kilo'' (vgl. Klein/ Reissner 2006, S. 64). So sind
die Worte Käse bzw. cheese nicht sofort erkennbar. Durch Übung und Erfah-
rung wird das Erkennen aber möglich. Das fünfte Sieb sind die panromani-
schen syntaktischen Strukturen. Hierbei werden verschiedenen Satzstrukturen
miteinander verglichen (Klein/ Reissner 2006, S. 71ff). Als Beispiele wären
z.B. ein Nominalphrasenvergleich im Englischen Susan is a student (vgl.
Klein/ Reissner 2006, S. 71) und im Rumänischen Radu este student (vgl.
Klein/ Reissner 2006, S. 72) zu nennen. Im sechsten Sieb werden morphosyn-
taktische Elemente untersucht (vgl. Klein/ Reissner 2006, S. 82ff). So werden
z.B. Futur oder Imperfekt dargestellt (vgl. Klein/ Reissner 2006, S. 94). Das
siebte Sieb stellt die romanischen Prä- und Suffixe dar. So wird z.B. das Präfix
contra- mit den entsprechenden Beispielen aus mehreren romanischen Spra-
chen und Englisch aufgeführt (vgl. Klein/ Reissner 2006, S. 103). Im Buch
sind für alle Siebe Übungen vorhanden, die den Lernenden für den Transfer
und das Ableiten im Rahmen der sieben Siebe sensibilisieren sollen (Klein/
Reissner 2006).
Da hier nicht ausführlich alle sieben Siebe behandelt werden können, wurden
nur einige populäre Wörter als Beispiel angeführt, sowie ein kurzer Text. Die
EuroCom-Methode arbeitet prinzipiell nach dem Prinzip der erwähnten Bei-
spiele. Besonders Erwachsene finden in der EuroCom-Methode eine Möglich-
keit, basierend auf ihren Fremdsprachenkenntnissen, sowie den sieben Sieben
und der Interkomprehension, romanische Texte zu erschließen. Diese Möglich-
keit hängt aber sehr von den individuellen Kenntnissen des einzelnen Lernen-
den ab und ist von Fall zu Fall mehr oder weniger erfolgreich in der Anwen-
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dung (siehe Beispiel Sieb 3). Pubertierende Lernende werden aufgrund gerin-
geren Weltwissens größere Schwierigkeiten haben, mit den sieben Sieben zu
arbeiten.
Die Möglichkeiten über das Lesen hinaus, die EuroCom-Methode zum Spre-
chen einer Fremdsprache zu nutzen, sind eingeschränkt gegeben. Didaktisch ist
dies nicht das primäre Ziel der EuroCom-Methode. Das Printmaterial wird
durch Audio-CDs ergänzt, die die Hörkompetenz (als zweite rezeptive Fähig-
keit) fördern sollen. Aufgrund der Kenntnis der Lautverschiebungen (Sieb 3),
der Vokabeln und der Beispiele durch die Sprecher der Audio-CDs ist es Ler-
nenden aber durchaus möglich, eigenständig eigene Gehversuche in der verba-
len Kommunikation zu unternehmen.
Bewusst wird durch die EuroCom darauf hingewiesen, dass seit Anfang der
achtziger Jahre in der Didaktik das Sprachmischen auch als positiv gesehen
wird und dass Lernende in ihren Köpfen Sprachen nicht klar getrennt spei-
chern, sondern dass die Sprachen eng miteinander verbunden sind (vgl. Bär
2004, S. 144). Während des Lernvorgangs soll der Lernende eine Spontan-
grammatik entwerfen, um in Eigenregie zu lernen (vgl. Bär 2004, S. 147). Die
EuroCom-Methode setzt aber besonders auf das Wissen, das der Lernende über
die Zielsprachenfamilie in sich trägt. Dazu kann auch das Weltwissen beitra-
gen. Das Lernmaterial unterstützt den Lernenden während des autodidakti-
schen Lernens, selbständig Verknüpfungen von bekannten Wörtern mit neuen
Wörtern zu erkennen. Je mehr der Lernende an Vorwissen hat, desto erfolgrei-
cher kann er lernen. Das autodidaktische Lernen mit der EuroCom-Methode
kann zu jedem Lebensabschnitt zu jeder Zeit erfolgen und unterstützt so das le-
benslange Lernen. Die auf diese Weise durchgeführte Art des Lernens unter-
scheidet sich fundamental von instruktionalen Methoden, die einem Lernenden
einen festen Weg vorgeben und mit denen ein Lehrwerk einen fest umrissen
Wortschatz samt Grammatik vermitteln möchte.
Die Wissensstände der einzelnen Menschen sind verschieden. Dies gilt auch
für das Wissen um Fremdwörter in der Muttersprache. Lebensalter und Bil-
dungsgrad sind deshalb weitere wichtige Faktoren, die den Umfang des indivi-
duellen Wissens mitbestimmen (Reissner 2007, S. 81). Um einen unbekannten
Text korrekt rezipieren zu können, wird das relevante Weltwissen aktiviert z.B.
zur Einordnung des Textes in einen Kontext. Das Weltwissen gestaltet dadurch
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(neben anderen Faktoren) den Erkennungsprozess. Die so eingeleiteten menta-
len Prozesse tragen viel zur Falsifikation bei, wobei das Weltwissen oft Fehlin-
terpretationen verhindern kann (Reissner 2007, S. 93). Pubertierenden Schü-
lern steht altersbedingt nur ein beschränktes Weltwissen zur Verfügung. Je
nach Textgattung ist es fundamental wichtig zu berücksichtigen, dass Schüler
zu verschiedenen Lebensbereichen keinen Wissensbezug haben. Interesse, Mo-
tivation und kognitive Lernprozesse werden hiervon stark beeinflusst. Ältere
Lernende besitzen demgegenüber ein viel größeres Weltwissen. Dies erlaubt es
ihnen Texte einer größeren Breite bearbeiten zu können, ohne schnell und im
selben Umfang auf kognitive oder interessengesteuerte Probleme (Frust, Des-
interesse, Unverständnis, Demotivation) zu stoßen wie Schüler (Reissner 2007,
S. 142f). Für die Texte, die ein Erwachsener lesen kann, hat der Faktor Welt-
wissen also eine erhebliche Bedeutung. Juristische oder medizinische Texte
sind für viele Erwachsene häufig schwer zu verstehen, für Jugendliche meist
gar nicht. Sie verfügen hierfür nicht über genügend Welt- und Fachwissen. In
einer EuroCom-Lernumgebung würde so durch die Auswahl besonders kom-
plexer Texte für das selbstbestimmte Lernen Erwachsener eine kognitive Her-
ausforderung entstehen.
3.1.2. Auf das Alter bezogene kognitive Lernprozesse mit der EuroCom-
Methode
Hier soll der Frage nachgegangen werden, wie gut ein Erwachsener während
eines kognitiven Lernprozesses mit der EuroCom-Methode, bereits Gelerntes
mit neu zu Lernendem verbinden kann und wie er wegen seines Alters und der
damit verbundenen Erfahrung zu einem guten Lernerfolg mit der EuroCom-
Methode kommt. Im allgemeinen führt ein kognitiver Lernprozess zur Vermeh-
rung von Informationen und Wissen.
Lernen ist eine Erweiterung des Wissens (vgl. Siebert 2010, S. 191). "Mit dem
Begriff Gedächtnis werden die Prozesse des Einprägens, der Speicherung und
des Erinnerns von Information und Wissen bezeichnet. Das Gedächtnis bildet
damit die Grundlage für die Nutzung von Erfahrung" (Mandl/ Gruber 2010, S.
122). Auf den Bereich der Fremdsprachen bezogen wirkt sich hierbei das Alter
unterschiedlich auf den Lernprozess aus.
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Es ist empirisch belegt, dass ältere Lernende schnellere Erfolge beim Fremd-
sprachenerwerb erzielen als jüngere Lernende (vgl. Grotjahn 2005, S. 187).
Besonders im Bereich des Lernens der Lexik und Pragmatik sind erwachsene
Lernende Kindern überlegen, weil sie über höheres Weltwissen, Sprachwissen
und kognitive Ressourcen verfügen (vgl. Grotjahn 2005, S. 190). Wie oben be-
reits erwähnt wurde, tritt etwa ab dem zwölften Lebensjahr eine Änderung im
Lernverhalten von Fremdsprachen auf. Bis dahin lernen Kinder meistens mit
impliziten Methoden, danach mit expliziten z.B. kontrastiven Vergleichen (vgl.
Quetz 2006, S. 151). Beim frühen Fremdsprachenerwerb wird eher implizites,
beim späteren Erwerb eher explizites Sprachwissen aufgebaut. Die neuronale
Repräsentation von Sprachen scheint bei Kindern veränderbarer zu sein als bei
Erwachsenen (vgl. Weskamp 2007, S. 91). Die EuroCom-Methode verwendet
sehr viele kontrastive Vergleiche in Bereichen wie z.B. romanischer Wort-
schatz, Lautveränderungen in romanischen Sprachen usw., sowie Auflistungen
und Vergleiche von Grammatikregeln der romanischen Sprachen. Bedingt
durch die Verbindungsmöglichkeiten von neuem und vorhandenem Wissen
über romanische Sprachen, kann der erwachsenen Lernende gute Fortschritte
erzielen, denn "Lernen muss von dem jeweils verfügbaren kognitiven System
ausgehen. Die Genese unseres kognitiven Systems generiert Strukturen, die
wiederum Ausgangspunkt und Mittel neuen Lernens sind (Selbstreferenziali-
tät)" (Gropengießer 2003, S. 35). Das vorhandene kognitive System des Ler-
nenden nutzt Interkomprehension, Lesekompetenz und die sieben Siebe, um
neue Strukturen zu generieren, die wiederum Ausgangspunkt für neue Ver-
knüpfungsmöglichkeiten in einer Sprache bzw. Sprachfamilie sind. Altes und
neues Sprachwissen werden immer wieder verglichen, so dass neues Wissen
um die romanischen Sprachen erworben werden kann.
Hier soll aber darauf hingewiesen werden, dass die Bücher der EuroCom-Rei-
he sich auch mit dem Lernen von Schülern und Schulpädagogik beschäftigen.
Es wurden zwar auch Testreihen in der Erwachsenenbildung und an Universi-
täten durchgeführt (vgl. Reissner 2007, S. 91), aber kein Buch der EuroCom-
Reihe untersucht speziell das Lernen Erwachsener aus unterschiedlichen Al-
ters- und Bildungsklassen mit der EuroCom-Methode. Akademisch gebildete
Erwachsene, die älter als z.B. fünfunddreißig Jahre sind und wenig Schuleng-
lisch beherrschen, haben andere Ausgangspunkte als zwanzigjährige Studenten
der Romanistik, die frisch von der Schulbank sind und eine homogene Gruppe
darstellen. Bedingt durch die Veröffentlichungen des Shaker-Verlags (z.B.
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Klein, Silvia H. (2004): Mehrsprachigkeitsunterricht an der Schule) und der
stark linguistischen Ausrichtung in den Lehrwerken, die nicht automatisch für
Erwachsene geeignet sind, geht die Entwicklung des EuroCom-Projekts in
Richtung Schulpädagogik und Linguistik, aber nicht Erwachsenenbildung. Er-
wachsene Lernende stellen im Fremdsprachenerwerb eine andere Kategorie
von Lernenden dar als jugendliche Schüler oder Studenten.
3.2. Motivation
Bezogen auf den Wertaspekt der Motivation wird eine Unterteilung in intrinsi-
sche und extrinsische Motivation vorgenommen. Beim extrinsisch motivierten
Lernen werden Lernende durch eine, von der Lernhandlung getrennte, Konse-
quenz motiviert. Ziel oder Belohnung liegen nicht im Lernvorgang selbst. Be-
sonders positive Lernerfolge werden aber durch eine intrinsische Motivation,
z.B. Interesse, erzielt. Selbstbestimmtes Lernen ist für die Förderung eines mo-
tivational günstigen Lernklimas wichtig. Dieses Lernen kann intrinsisch moti-
viertes Lernen sein, aber auch extrinsisch motiviertes Lernen, das auf selbstge-
setzte Ziele ausgerichtet ist. Wahlmöglichkeiten sind u.a. für Lernende wichtig.
(vgl. Krause/ Stark 2010, S. 216).
17
3.2.1. Intrinsische Motivation
Es gibt viele Erwachsene, die sich bewusst entscheiden, eine Sprache zu ler-
nen, ohne dafür einem äußeren Zwang zu unterliegen.
Das Lernen benötigt nach Gropengießer einen inneren Antrieb oder Drang,
z.B. Interesse oder Motivation. Um erfolgreich lernen zu können, sollten neue
Vorstellungen an vorhandene Vorstellungen geknüpft werden. Dies macht mehr
Lernen leichter und aussichtsreicher, als ohne Verknüpfungsmöglichkeiten we-
nig zu lernen (vgl. Gropengießer 2003, S. 36). Die Motivation wird also durch
die Möglichkeit gesteigert, Vorwissen mit neuem Wissen verbinden zu können.
In Bezug auf das Sprachenlernen bedeutet dies, dass ein Sprachkurs oder eine
Lehrmethode dem Lernenden die Möglichkeit bieten sollte, seine vorhandene
Motivation und sein bereits vorhandenes Wissen über eine Sprache oder eine
Sprachfamilie als Verbindungsmittel zum Erwerb neuen Sprachwissens zu nut-
zen, welches seine Motivation zum Lernen einer Sprache wiederum vermehrt
steigert und nicht die Motivation durch fehlende Verbindungsmöglichkeiten
dämpft. Hier soll nun untersucht werden, ob die EuroCom-Methode dem inter-
essierten Lernenden eine solche konstruktivistische Basis und Möglichkeit bie-
tet. Wie bereits oben erwähnt, benötigt der Lernende mit der EuroCom-Metho-
de sprachliches Vorwissen. Im Bereich der EuroComRom sind dies das Wissen
um seine deutsche Muttersprache in Verbindung zu Englisch und / oder das
Wissen um eine romanische Sprache. Fehlt dem Lernenden dieses Wissen, er-
scheint die EuroComRom wenig geeignet für derartige Lernende und vollkom-
men unbedarfte Sprachlernende. Ihr Interesse und somit Ihre Motivation wird
durch die EuroCom-Methode nicht gefördert. Auch die sehr starke Ausrich-
tung auf rein rezeptive Sprachkenntnisse (hier das Lesen) kann einen Lernen-
den abschrecken, der nur ein Interesse hat, romanische Sprachen für die verba-
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le Kommunikation zu erlernen. Ist ein Lernender aber gewillt, sich auf den ver-
stärkt rezeptiven Spracherwerb einzulassen und erfüllt er die sprachlichen Vor-
aussetzungen in Form von Sprachvorkenntnissen im romanischen Bereich,
kann er sich durchaus Fremdsprachenkenntnisse erfolgreich aneignen.
Im Zentrum standen hierbei die Aussagen, die sich aus den Erkenntnissen der
konstruktivistischen Theorien für die Praxis des Erwachsenenlernens ergeben
und die besagen, dass die erwachsenen Lernenden ihre Aktivitäten unter Ein-
bindung ihrer Kenntnisse selbst steuern und kontrollieren können und sich vor
dem Hintergrund ihres bereits erworbenen Wissens Inhalte und Ergebnisse
selbst konstruieren bzw. rekonstruieren (vgl. Arnold 2010, S. 174). Ein Gegen-
stand der Untersuchung waren Lernprozesse, die mit der EuroCom-Methode
stattfinden. Diese wurden in Lernprozesse als Arbeitsschritte und kognitive
Lernprozesse unterteilt. Im Bereich der Lernprozesse in Form von Arbeits-
schritten des selbstbestimmten Lernens mit der EuroCom-Methode wurde in
Kapitel 3.1.1 exemplarisch aufgezeigt, wie ein kurzer katalanischer Text in ei-
ner EuroCom-Lernumgebung selbstgesteuert bearbeitet werden kann und so
Wissen erworben wird. Durch Wissen um die Sprachfamilie bzw. eine ihrer
Brückensprachen, durch Nutzung der sieben Siebe, unterstützt durch ein Mini-
lexikon und eine kurze Darstellung der jeweiligen Sprache, werden Texte da-
hingehend erschlossen, dass durch autodidaktisches Lernen u.a. selbständiges
Verknüpfen von bekannten Wörtern mit neuen Wörtern erfolgt. Dieser Lern-
prozess baut auf dem Wissen auf, das der Lernende vor dem Lernprozess be-
reits erworben hatte. Er wird durch das Lehrmaterial dahingehend unterstützt,
erfolgreicher neue Worte mit bekannten Worten verknüpfen, dekodieren und
lernen zu können, je mehr an Vorwissen vorhanden ist. Das Lernen kann zu je-
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dem Lebensabschnitt und zu jeder Zeit erfolgen und unterstützt so das lebens-
lange Lernen. Die so durchgeführte Art des Lernens unterscheidet sich funda-
mental von instruktionalen Methoden, die einem Lernenden einen festen Weg
vorgeben und mit denen ein Lehrwerk einen fest umrissen Wortschatz samt
Grammatik in vorgegebenen Arbeitsschritten durcharbeitet. Die EuroCom-Me-
thode bietet im Bereich der Lernprozesse in Form von Arbeitsschritten des
selbstbestimmten Lernens Lernenden aus konstruktivistisch-erwachsenenpäd-
agogischer Sicht eine geeignete Möglichkeit zum rezeptiven Fremdsprachen-
lernen der angebotenen Sprachfamilien. In Kapitel 3.1.2 wurde aufgezeigt, wie
ein Erwachsener, abhängig von Alter und Wissen, während eines Kognitiven
Lernprozesses mit der EuroCom-Methode bereits Gelerntes mit neu zu Lernen-
dem erfolgreich verbinden kann.
Für einen Lernprozess ist das wichtig, was der Lernende schon gelernt hat. Je
mehr man über etwas weiß, desto besser kann man auf dem jeweiligen Gebiet
hinzulernen (vgl. Gropengießer 2003, S. 35). In Bezug auf die Sprache exis-
tiert aber ein Unterschied zwischen Erwachsenen und Nichterwachsenen.
22
der Untersuchungen der EuroCom-Wissenschaftler. Neuere Untersuchungen
behandeln das Lernen mit der EuroCom-Methode in Schulen (Klein 2007 und
Bär 2009). So nimmt die Entwicklung des EuroCom-Projekts eine andere
Richtung. Da die Lernerfolge durch die EuroCom-Methode bei Erwachsenen
besonders groß sind, wäre eine weitere, sich besonders auf Erwachsene fokus-
sierende, Forschung sinnvoll.
23
Ausrichtung auf rein rezeptive Sprachkenntnisse (Lesen) kann einen Lernen-
den abschrecken, der nur ein Interesse hat, Sprachen für die verbale Kommuni-
kation zu erlernen. Mit Hinblick auf die Verknüpfungsmöglichkeiten von Vor-
wissen und neuem Wissen, sowie dem Eigeninteresse und (Sach-) Interesse er-
füllen die Aussagen von EuroCom-Methode und EuroComDidact aber generell
die Anforderungen, damit die intrinsische Motivation der Lernenden positiv
bedient und gefördert wird. Unter der Bedingung extrinsischer Lernmotivation
mit der EuroCom-Methode wurde in Kapitel 3.2.2 aufgezeigt, inwiefern er-
wachsene Lernende durch die EuroCom-Methode während des Lernens moti-
viert werden, bzw. ob ihre Lernmotivation abnimmt. In drei Szenen wurde auf-
gezeigt, dass die EuroCom-Methode nur bedingt die extrinsische Motivation
unterstützt. Die Grenzen liegen beim rezeptiven Fremdsprachenlernen und bei
Sprachprüfungen. Lernt ein erwachsener Berufstätiger nur lesen und benutzt
das EuroCom-Material zur Unterstützung oder erweiterten Vorbereitung auf
eine Sprachprüfung, erscheint die EuroCom-Methode noch sinnvoll. Da es
aber weder offizielle Sprachprüfungen noch Kurse zur Vorbereitung auf
Sprachprüfungen mit der EuroCom-Methode gibt, wird die extrinsische Moti-
vation so nicht gefördert und die EuroCom-Methode erweist sich hier nicht als
sinnvoll.
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5. Kritische Würdigung und Ausblick
Dadurch dass die EuroCom-Methode sich nicht auf eine bestimmte Sprache
festlegt, verschwimmen die Grenzen zwischen den Sprachen. Der Weg zur ver-
balen Kommunikation wird somit sehr unbestimmt und beliebig. Das Ergebnis
könnte weniger eine anfängliche gesprochene Kompetenz in einer bestimmten
Sprache sein, als eine gebrochene Sprache, die in der Kommunikation mit den
Vertretern einer bestimmten Sprachfamilie benutzt wird, obwohl die Kompe-
tenz zum korrekten Lesen einer bestimmten Sprache vorhanden ist. Dies kann
aber auch als positiv gesehen werden. Durch den Kontakt verschiedener Spra-
chen untereinander können die Sprecher anderer Sprachen bereits etwas über
eine Fremdsprache wissen, z.B. viele einzelne Worte oder Sprichwörter. So
kann es dem Lernenden einer Fremdsprache leichter fallen eine neue Sprache
zu lernen, besonders wegen des Alters und der damit verbundenen Erfahrun-
gen. Letztendlich wird ein Lernender so dazu gebracht, sich überhaupt mit
Sprachen auseinander zu setzten. Einer späteren Verbesserung der Fremdspra-
chenkenntnisse steht die anfängliche Lesekompetenz, mit einer eventuellen Fä-
higkeit eine Sprache gebrochen zu sprechen, nicht im Weg.
Wandruszka, Eco und die EuroCom-Autoren geben kein festes Ziel vor, wie
mit einer Mehrsprachigkeit umgegangen werden soll. Die Möglichkeiten sind
für den Lernenden nicht abschließend festgelegt, sondern bilden die Basis für
die Anwendung im täglichen Leben. Ob als angewandte polyglotte Kommuni-
kation, gebrochene Sprache, Pidgin, Mischsprache (z.B. Portunhol), eine roma-
nische Plansprache wie z.B. Interlingua, weitergelernte Einzelsprache oder per-
fektionierte Sprachbeherrschung in einer Sprachfamilie und deren einzelnen
Sprachen, bleibt dem jeweiligen Lernende überlassen. Aus einem konstrukti-
vistisch-erwachsenenpädagogischen Blinkwinkel betrachtet wäre jede dieser
Möglichkeiten der konsequente Umgang eines Erwachsenen, der basierend auf
seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, neues Wissen mit alten Kenntnissen ver-
knüpft und dieses, so wie es ihm nötig erscheint, eigenständig anwendet bzw.
weiterentwickelt. Lernprozesse beim Lernen einer Fremdsprache werden durch
sprachliche Vorkenntnisse vereinfacht, intensiviert und verbessert. Autodidak-
tisches Lernen kann durch das Bewusstsein um eigenes Vorwissen als weniger
verunsichernd wahrgenommen werden. Auch im Frontalunterricht wäre eine
aktivere Teilnahme möglich, weil Hemmungen durch das Bewusstsein eigenes
Vorwissen leichter überwunden werden können. Die Frage, ob der bis zu neun-
jährige Fremdsprachenunterricht an weiterführenden Schulen erfolgreicher
kompetente Sprecher einer romanischen Sprache oder Sprecher einer gebro-
chenen Sprache herausbildet, soll hier bewusst nicht weiter verfolgt werden, da
der Umfang dieser Arbeit dies nicht erlaubt. Ob jemand aber letztendlich eine
Sprache gut oder nur gebrochen beherrscht, hängt nicht nur von der Methode,
sondern auch von Vorwissen, Interesse, Talent, Möglichkeiten des Praktizie-
rens usw. ab. Ein Lernender, der eine Fremdsprache lesen kann und eventuell
etwas versteht, sowie gebrochen sprechen und schreiben kann, ist im Lernen
dieser Sprache weiter als jemand, der überhaupt keine Kenntnisse dieser Spra-
che hat.
Nicht jeder Lernende ist es gewohnt oder kann alleine lernen. Auch ist nicht je-
der mit webbasierten Lernprogrammen vertraut. Wie der Umgang eines Er-
wachsenen mit dem EuroCom-Material am geeignetsten wäre, müsste durch
separate Untersuchungen geklärt werden, die deutlich getrennt von denen mit
Schülern durchgeführt werden müssten, da Erwachsene mit viel Weltwissen
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deutlich anders lernen als Schüler, obwohl diese rein sprachlich wie Erwachse-
ne beim Spracherwerb vorgehen. Eine zusätzliche Forschungsaufgabe wäre die
Frage der Anwendbarkeit im Bereich des Lernens von alten Menschen. Hier
wären weitere eigene Untersuchung sinnvoll. Die generelle Kompetenz in der
Muttersprache und das Wissen über Kultur sind wichtige Faktoren, die stark al-
tersabhängig sind. Der Überprüfbarkeit und Selbstevaluation beim Lernen mit
der EuroCom-Methode sind auch deutliche Grenzen gesetzt. Sprachprüfungen
oder auf Prüfungen vorbereitende Kurse sind nicht vorhanden. Eine derartige
Einschränkung macht das EuroCom-Projekt vor allem für viele Berufstätige im
ersten Moment unattraktiv. Um hier gegensteuern zu können, sollten die Medi-
en und Texte der EuroCom eine größere Möglichkeit bieten, den eigenen Lern-
stand besser überwachen und messen zu können. Multimediale Programme im
Internet und für den Computer bieten hierfür viele Möglichkeiten. Die Authen-
tizität der Texte sollte nicht das einzige Kriterium für die Auswahl und Bereit-
stellung im Lehrmaterial sein. Die Texte könnten zusätzlich auch nach den Kri-
terien Komplexität und unter dem Vorkommen von Vokabeln in Frequenzhäu-
figkeituntersuchungen ausgesucht werden, so dass seltene und weniger wichti-
ge Worte in Texten vermieden werden können. Ein völlig anderes Feld wäre
die Frage, ob die EuroCom-Methode in einer erweiterten Version nicht auch
als Grundlage für die Vermittlung von Fremdsprachenkenntnissen zwischen
den einzelnen großen europäischen Sprachfamilien (slawisch, germanisch, ro-
manisch) auf der Basis der indo-europäischen Sprachfamilien dienen kann.
Hierzu wären eigene und neue umfangreiche Untersuchungen nötig. Es wäre
auch zu prüfen, ob man mit einer solchen erweiterten EuroCom-Methode au-
ßereuropäische indo-europäische Sprachen (z.B. Hindi) leichter lernen könnte
und ob die Sprecher außereuropäischer indo-europäischer Sprachen mit einer
solchen Methode die drei europäischen Sprachfamilien, die die EuroCom-Me-
thode vermittelt, besser erlernen könnten.
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hard (Hrsg.): Wörterbuch Erwachsenenbildung. 2. überarbeitete Auflage. Bad
Heilbrunn, 2010. S. 190-192.
Erklärung
Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit selbstständig und nur unter Verwen-
dung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel angefertigt und die den benutz-
ten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
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