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W4 - Entwicklungstheorien
● Stufen der der kognitiven Entwicklung nach Piaget und Spezifika der jeweiligen Stufe kennen
● Beispiele kindlicher Reaktionen oder Entwicklungsschritte mit Piagets Theorie erklären können
● Vorteil und Kritik an Piagets Überlegungen diskutieren können
● 1-2 Beispiele der Relevanz Piagets Stufenmodell (für den pädagogischen Bereich) erläutern können
● Spezifika des entwicklungspsychologischen Blicks auf Sozialisation erläutern können
● Min. ein weiteres Stufen- oder Phasenmodell der Entwicklung nennen können und seinen
Schwerpunkt kennen.
W6 - Sozialisationsinstanzen
● Sozialisationsinstanzen nennen können
● Beispiele für den Einfluss auf die Entwicklung und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen
nennen können (Schwerpunkt: Schule und Familie)
● Die Rolle verschiedener Sozialisationsinstanzen in Bezug auf Bildungsgerechtigkeit an Beispielen
erläutern können und Rückschlüsse für die Gestaltung von Schule/ pädagogischer Praxis
diskutieren können
● Grundgedanken von Bronfenbrenners ökologischer Entwicklungstheorie erläutern können. Die
Systeme und ihre Vernetzung an einem Beispiel (z.B. Bildungschancen) erklären können
W9 - Überblick Lerntheorien
● Ihr könnt die spezifischen Perspektiven der behandelten Lerntheorien auf das Lernen erklären,
diese miteinander vergleichen und voneinander abgrenzen.
● Ihr könnt die historische Entwicklung der Paradigmen und Lerntheorien einordnen und könnt
vergleichend die Grundideen des Konstruktivismus als aktuelles Paradigma benennen.
● Ihr könnt eure lerntheoretischen Kenntnisse auf Alltagserfahrungen und Phänomene aus dem
pädagogischen Kontext anwenden.
● Ihr könnt den Nutzen und die Grenzen der thematisierten Theorien für verschiedene
Praxissituationen (z.B. Alltag, Erziehung, Unterricht) erläutern.
W11 - Motivation
● Ihr könnt erläutern, was unter Motivation (insbesondere Lern- und Leistungsmotivation) verstanden
wird.
● Ihr könnt die Grundprinzipien der Selbstbestimmungstheorie erläutern.
● Ihr könnt vor dem Hintergrund der gelernten Motivationstheorien pädagogische Schlussfolgerungen
für den Unterricht nachvollziehen und selber ableiten.
Weshalb ist der Einfluss der Umwelt bei Kindern aus einem armen Viertel höher als bei Kindern aus
einem reichen Viertel? - Hier sind die Umwelte alle unterschiedlich (heterogene Umwelt), was bedeutet,
das die Umwelt mehr Einfluss hat.
Bei den reichen sind die Familien alle ähnlich, somit auch die Umwelt (homogene Umwelt.). Beispiel:
Musikschule, Nachhilfe. Das bedeutet, dass die Anlage mehr Einfluss hat.
Wenn die Umwelt bei allen ähnlich ist, entscheidet die Anlage wer ein Mozart wird
- „Kaum eine wissenschaftlich geführte Debatte ist so oft aufgegriffen, heftig diskutiert und als gelöst
(im Sinne von beigelegt) oder auch prinzipiell unlösbar deklariert worden wie die Frage, ob die
Fähigkeiten eines Menschen stärker (oder gar ausschließlich) durch die Anlagen (genetische
Ausstattung) oder durch Umwelteinflüsse (Milieu, Erziehung) bestimmt werden, oder ob Anlage-
und Umwelteinflüsse untrennbar miteinander verbunden sind“ (Lenz, 2012, S.15).
- Anlage-Umwelt Debatte als historische Pendelbewegung zwischen den Extrempositionen
(Anlagetheorie vs. Umwelttheorie), die in Zwischenzeit durch den interaktionistischen Konsens
abgelöst wurde.
→ Interaktion zwischen Anlage und Umwelt: Die meisten Merkmale und Fähigkeiten werden durch Anlage-
als auch Umwelteinflüsse beeinflusst.
- Bei Musikern lassen sich teilweise (aber nicht immer) Gehirnstrukturen finden, die sich durch
intensives Lernen und Üben vergrössern und differenzieren lassen.
- Musikalität als genetische Disposition reicht nicht aus, um «erfolgreich» zu werden musikalische
Expertise als Folge der Quantität und Qualität des Übens, Unterstützung aus dem Umfeld,
Lernstrategien, Musikkultur etc.
- Auch hier ist die Interaktion entscheidend: «Eltern sind Träger bestimmter Gene und übermitteln
diese an ihre Kinder. Zugleich schaffen sie Entwicklungsumwelten, die ihren eigenen Anlagen und
damit auch den Anlagen ihrer Kinder entsprechen. Beispielsweise übermitteln musikalische Eltern
genetisch bedingte Musikalität an ihre Kinder; aufgrund ihrer eigenen Musikalität schaffen sie
jedoch zugleich eine musikalisch anregungsvolle Entwicklungsumwelt» (Krettenauer, 2014).
3 Anlagewirkungen:
Diese Frage:
- ist nur allgemein in Bezug auf Unterschiede zwischen vielen Menschen beantwortbar: «Wieviel
Prozent der Intelligenzunterschiede ist durch (genetische) Vererbung erklärbar?»
- Ist nicht für eine einzelne Person und deren individuelle Entwicklung beantwortbar
→ Erblichkeitskoeffizienten beschreiben die Verhältnisse in der jeweils untersuchten Stichprobe;
Generalisierungen sind nicht möglich (da Unterschiede in Varianz Umwelt und Gene möglich sind)
Take Home Message
Verschiedene Sichtweisen auf Sozialisation: (hier sollte man einschätzen können, zu welcher
Sichtweise eine Persönlichkeit gehört).
● Herbert Mead: Sozialisation als Integration in die Gesellschaft und als individuelle
Persönlichkeitsentwicklung; Soziale Entwicklung des Individuums, indem sich das Individuum über
Perspektivenübernahme auch als soziale Identität (nicht nur als ICH, sondern auch als soziales
Anderes) versteht.
● Pierre Bourdieu: Sozialisation als Weitergabe eines milieutypischer Habitus , Einfluss von sozialen
Lebensbedingungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und Habitus als Reproduktion von
Sozialisation, bzw. als Selbstsozialisation.
● Donald Winnicott: schrittweiser Loslöseprozess von der Mutter; Abgrenzung von Ich und Umwelt;
Entwicklung einer Identität.
● Jean Piaget: Veränderung der Wahrnehmung der Umwelt und Interaktionsmöglichkeiten durch eine
stufenweise kognitive Entwicklung des Individuums.
● Klaus Hurrelmann: Sozialisation als produktive Verarbeitung der inneren und der äußeren Realität
; auf Basis der physischen und psychischen Entwicklung entstehen in der Verarbeitung der Umwelt
relativ dauerhafte Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsdispositionen; lebenslanger
Prozess, Ziel ist es in seinem Umfeld handlungsfähig zu werden
● Bronfenbrenner: Individuum eignet sich die Umwelt aktiv an und kann sie auch
verändernwechselseitiger Prozess. Dabei kann die Umwelt als mehr oder weniger
entwicklungsfördernd betrachtet werden.
„Der Begriff [Sozialisation] erfasst sowohl die Anpassung des Individuums an die gesellschaftlichen Rollen-
und Verhaltensanforderungen (die affirmative Funktion) als auch die Entwicklung des Menschen zur
autonomen, gefestigten Persönlichkeit (die emanzipative Funktion)“ (Hurrelmann et. al 2018 S.789).
Affirmativ: Wie schafft es eine Gesellschaft, die in ihr lebenden Menschen zu sozialen Wesen zu machen,
die sich in die sozialen Strukturen integrieren?
Emanzipativ: Wie gelingt es den Menschen in einer Gesellschaft, sich die Freiheiten für ihre persönliche
Entwicklung und Lebensgestaltung zu erschliessen und zu autonomen Individuen zu werden?
● Perspektiven und Theorien zu Sozialisation beschäftigen sich mit der Beziehung und Beeinflussung
des Individuums und seiner Umwelt. Je nach Ansatz liegt der Fokus eher auf der Umwelt
(soziologische Blick), auf personen-internen Merkmalen des Individuums (psychologische Blick)
oder auf der aktiven Verarbeitung und wechselseitigen Beeinflussung von Individuum und Umwelt
(integrativer Blick).
● Das Konzept Sozialisation beinhaltet dabei zwei unterschiedliche Funktionen:
A) Die Anpassung an die bestehende Ordnung der Umwelt, ihre Normen, Werte und
Rollenerwartungen (affirmative Funktion)
B) Die Entwicklung zur Selbstbestimmung des Individuums und zur aktiven
Auseinandersetzung mit seiner Umwelt (emanzipative
Funktion)
Woche 04 - Entwicklungstheorien
Der Begriff „Kognition“ wird in der Wissenschaft uneinheitlich verwendet. Er umfasst Prozesse und
Strukturen, die sich auf die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen beziehen (z.B.
denken, wahrnehmen, erinnern, lernen)
● Jede*r hat ein bestimmtes Vorwissen, kennen verschiedene Bedeutungen eines Wortes und auch
eigene Assoziationen zu einem bestimmten Begriff
● Einige sind stark individuell geprägt, stammen aus Erfahrungen der eigenen Biographie, andere
sind verbreiteter z.B. in einem bestimmten Kulturkreis gemeinsam, andere sind domänenspezifisch
z.B. Denkt man beim Begriff „Watt“ ans Meer oder an Leistung?
● Woran wir bei einem Begriff oder auch einem Bild oder einem Geruch denken, lässt sich nach
Piaget auf unsere individuellen kognitiven Schemata und unsere kognitiven Strukturen zurückführen
● Er bezeichnet diese als Resultat der Gesamtheit an verarbeiteten Wahrnehmungen, die zugleich die
Grundlage darstellen, um neue Informationen einzuordnen und auf diese zu reagieren.
Akkommodation: Anpassung der Schemata, falls eine Einordnung in bereits vorhandene Schemata nicht
erfolgreich ist
Adaption: Anpassung an die Umwelt durch Prozesse der Assimilation und Akkommodation
Piagets Entwicklungsstufen (Wir sollen eine Übersicht haben und wichtige Begriffe kennen)
Eigenschaften:
Eigenschaften:
● Baut auf Piagets kognitive Stufen auf (vgl. z.B. egozentrische Perspektive im Präkonventionellen
Stadium)
● Treibende Kraft: Erweiterung der sozialen Perspektive und der Selbstbestimmung; geistige
Autonomie als (normatives)
● Entwicklungsziel
● Das soziale ICH und die soziale Umwelt stehen (im Gegensatz zu Piagets Theorie) im Fokus
● Moral als Überzeugung in Bezug auf soziale, gemeinschaftliche oder gesellschaftliche Regeln
● Stufen bauen auf einander auf, werden der Reihe nach durchlaufen, sind aber weniger statisch an
Altersstufen gekoppelt
● Es wird von einer Lehr- und Lernbarkeit ausgegangen (eine höhere Stufe wird v.a. durch
Perspektivwechsel und das Nachvollziehen der Bedürfnisse und Sichtweisen anderer erreicht z.B.
bei Dilemma-Diskussionen)
Entwicklungstheorien liefern Überlegungen zu den Voraussetzungen mit denen das Individuum der Umwelt
begegnet und mit dieser interagiert
- Z.B. bei Piaget: inwiefern ein Kind zum Perspektivwechsel fähig ist determiniert die Möglichkeiten
der Interaktion mit Personen in seiner Umwelt
- Z.B. bei Kohlberg: Die Stufe der moralischen Entwicklung bestimmt wie stark ein Individuum von der
Anweisung und dem Urteil von Autoritäten abhängig ist oder nach eigenen Werten agiert
Im Zentrum steht dabei das Individuum und die person-internen Prozesse. Die Umwelt ist jedoch stets
Bestandteil der theoretischen Konzepte
- Z.B. Beschreibt Piaget die Entwicklung kognitiver Schemata als Adaption an die Umwelt (geht aber
auf diese, insbesondere die soziale Umwelt, nicht weiter ein)
- Z.B. geht es bei Erikson um individuelle psychosoziale Entwicklungsschritte, die an
Herausforderungen/ Krisen herausgebildet werden. Dabei sind diese in Form von Übergängen
(Kindergarten, Schule, Beruf) mit der institutionellen und gesellschaftlichen Umwelt verbunden
Die Entwicklungsmodelle beschäftigen sich v.a. mit sog. sensiblen Phasen, insbesondere in Kindheit und
Jugend und finden sich daher oft in Phasen- oder Stufenmodellen erläutert
Take Home Message
● Ein psychologischer Blick auf Sozialisation findet sich in verschiedenen Phasen- und
Stufenmodellen der Entwicklung. Gegenstand kann die emotionale, psychosoziale, kognitive oder
moralische Entwicklung sein.
● Piaget beschäftigt sich damit, wie sich das Individuum mit seiner Umwelt in Prozessen der Adaption
und Assimilation seiner kognitiven Schemata auseinandersetzt. Auf dieser Basis beschreibt er ein
Stufenmodell der kognitiven Entwicklung, bei dem er für spezifische Altersstufen typische
Entwicklungsschritte definiert. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung im Kindesalter.
- mehr oder weniger automatische Heranreifung auf Basis der individuellen Anlagen
- Ergebnis aktiven Lernens in Form von individueller Auseinandersetzung mit der Umwelt
- sichtbar vor allem in sensiblen Phasen
Kognitive Entwicklungstheorie
Kognitive Entwicklung als:
- Adaptionsprozess (Assimilation vs. Akkommodation)
- Abfolge von Stufen mit qualitativ unterschiedlichen Denkstrukturen
Soziale Entwicklungstheorie
Moralische Entwicklung als:
- Entwicklung von sozialen Handlungsmustern, -konventionen, -regeln
- Abhängig von kognitiver Entwicklung
—> Psychosoziale Entwicklungstheorie von Erikson
Wie sieht das Soziale aus, in welchem Entwicklung passiert?
- In der kognitiven Entwicklungstheorie von Piaget bleibt die soziale Umwelt relativ unbestimmt.
Moralische oder psychosoziale Entwicklungstheorien beschreiben die individuelle Entwicklung
stärker im sozialen Kontext.
- Der streng soziologische Blick auf Sozialisation geht von der Frage aus, wie sich ein System
stabilisiert und weist dem Individuum eine passive Rolle in seiner Entwicklung zu. Sozialisation kann
aus dieser Perspektive als Sozialintegration verstanden werden.
- Soziologische Grundbegriffe wie Rolle, Institutionen und Normen vermögen die Reproduktion von
sozialer Ungleichheit als ein strukturelles statt individuelles Problem zu erklären.
- Eine gute – integrative – Sozialisationstheorie versucht sowohl die psychologische
Entwicklungsperspektive als auch die soziologische Perspektive zu berücksichtigen und dabei
sowohl die die individuelle Entwicklung als auch den sozialen Kontext möglichst adäquat zu
beschreiben und vor allem den Zusammenhang zwischen den beiden zu eruieren.
1. Welche Aspekte des Schaffens von Bronfenbrenner werden hier besonders gewürdigt? Welche
Innovationen werden ihm zugeschrieben? An welchen Stellen habe er bisherige Denkweisen und
Praktiken verändert?
– Forschungsmethoden: Die Entwicklung des Kindes müsse im Kontext erhoben werden (und nicht in
experimentellen Designs im Labor); präferiert Längsschnittstudien anstatt isolierte Testung einzelner
Variablen im Querschnitt bis heute zentral z.B. in Mehrebenenmodelle, multivariaten Analysemethoden
usw.
– Interdisziplinarität und Offenheit: Bronfenbrenner denkt und handelt interdisziplinär; nimmt auf viele
Teilbereiche Einfluss (Entwicklungs- und Umweltpsychologie, therapeutische Ansätze, Soziologie...). Neben
der wissenschaftlichen Leistung zeigt er sozialpolitisches Engagement z.B. Einsatz für
bildungsbenachteiligte Kinder- und Jugendliche (Mehrebeneninterventionen). Er überarbeitet seine
Theorien immer wieder, nimmt Kritik aktiv auf.
– Integrativer Blick: Er stellt erstmals das Individuum selbst (und nicht seine Dispositionen oder seine
Umwelt) als aktiv und selbstbestimmt ins Zentrum. Der Fokus liegt eher auf den Mikrosystemen: Die
Person, ihre Aktivitäten, Rollen und interpersonalen Beziehungen, (zugleich auch Kritik: Die anderen
Systeme werden eigentlich wenig beleuchtet; er beschäftigt sich eher damit, wie man auf Entwicklung blickt
als mit konkreter Forschung)
– Trifft den Zeitgeist und innoviert tradierte Denkweisen
Berücksichtigt genetisch bedingte Aspekte in seinem Modell zunächst nicht; dies wird als Kritik angebracht,
worauf Bronfenbrenner diese aufgreift: Entscheidend sei WIE die Gene Einfluss nehmen und wie dies ggf.
mit der Umwelt korrespondiert (und nicht in welchem Umfang Gene zu tragen kommen). Bspw. verhindere
ein stark negativer Einfluss der Umwelt auf die Entwicklung, dass sich genetische Potentiale entfalten
können
Bronfenbrenner beschreibt die Relevanz sozialhistorischer Veränderungen im Kontext der Familie und des
sozialen Umfeldes (vgl. Chronosystem) bspw. Entwicklung zur Kleinfamilie, vergrösserte Spanne zwischen
Arm und Reich, abnehmender Einfluss bestimmter sozialer Systeme (Vereine, Nachbarschaft,
Gewerkschaften).
Neben dem Individuum selbst nehmen verschiedene Instanzen (Personen, Organisationen, Institutionen...)
entweder unbeabsichtigt oder unbewusst oder intendiert und geplant auf die Sozialisation eines
Individuums Einfluss.
- Sozialisation ist als ganzes von aussen nur bedingt steuer- und kontrollierbarErziehung ist ein
Element von Sozialisation und eine intendierte Form
- Sozialisation hat ein unsicheres Ziel und ist Ergebnis eines lebenslangen Prozesses
- Diese verschiedenen Sozialisationsinstanzen haben zu unterschiedlichen Phasen im Lebensverlauf
eine unterschiedliche Bedeutung
- Je nach Sozialisationsinstanz werden verschiedene Rollen eingenommen (Schülerin, Sohn,
Freund...) und es bestehen von Seiten der Instanz Erwartungen an diese Rollen
- Als, aus der Sicht der jeweiligen Instanz, «erfolgreiche» Sozialisation gilt, wenn in möglichst großem
Umfang deren jeweiligen Werte, Normen und Rollen übernommen werden
Fazit: Einfluss der Sozialisationsinstanzen auf Bildungsgerechtigkeit
- Soziales und ökonomisches Kapital der Familie (Sprachförderung, Investieren in die Bildung,
Ausstattung der Lernumgebung, Kontakte und Beziehungen in Bildungseinrichtungen,
Durchsetzungsfähigkeit...)
- Bildungssystem (Schularten, Schulform, Ganztagsbetrieb, Schulpflicht, stark/ schwach selektiv,
Segregation, Durchlässigkeit, Schulkultur)
- Pädagogisches Ausrichtung und Schulfunktion (selektiv, individuelle Förderung, Umgang mit
Heterogenität, Betreuungsmöglichkeiten)...
- Inklusion (Teilhabe, individuelle Förderung, Barrierefreiheit, Exklusion – Integration – Inklusion)
- Die Sozialisation eines Menschen ist geprägt durch den Einfluss verschiedener
Sozialisationsinstanzen mit ihren jeweiligen Potentialen. Jede der Instanzen weist eigene
spezifische Funktionen, Merkmale sowie Normen und Regeln auf.
- Die Familie gilt als stärkster Einflussnehmerin. Daneben werden jedoch zunehmend Bildungs- und
Erziehungsaufgaben in die Hand des Staates übertragen.
- In der Frage nach Bildungsgerechtigkeit vereinen sich Fragen des Einflusses und der
Voraussetzungen in den verschiedenen Sozialisationsinstanzen und die Wechselwirkung zwischen
Mikro-, Meso- und Exosystemen aber auch die Entwicklungsvoraussetzungen des einzelnen
Kindes.
- Die bisherigen theoretischen Konzepte der Sozialisation und Entwicklung lassen sich in den
Lebenslauf einordnen.
- Die Stärke einer life course- oder lifespan-Perspektive liegt in der Verknüpfung von strukturellen und
individuellen Faktoren zu einer Entwicklungstheorie. Dabei werden sowohl individuelle Ressourcen
als auch die gesellschaftlichen Strukturen als etwas Veränderbares verstanden. Diese Veränderung
passiert über Lernen oder über sozialen (politischen) Wandel.
- Lernen kann so als Lernen für die Lebensbewältigung (genauer Bewältigung von
Entwicklungsaufgaben und Übergänge) verstanden werden.
● Ihr könnt die Grundprinzipien des Behaviorismus (klassisches und operantes Konditionieren) sowie
des Modelllernens unter Verwendung der entsprechenden Fachbegriffe erklären.
● Ihr könnt die spezifischen Sichtweisen des Behaviorismus und des Modelllernens auf das Lernen
voneinander abgrenzen.
● Ihr könnt eure lerntheoretischen Kenntnisse auf Alltagserfahrungen und Phänomene aus dem
pädagogischen Kontext anwenden.
● Ihr könnt den Nutzen und die Grenzen der thematisierten Theorien für die Praxis erläutern.
KLASSISCHE KONDITIONIERUNG
Beispiel: Ein Kind sieht, wie seine Schwester sich die Finger am Ofen verbrennt. Es hat gelernt dies besser
zu unterlassen.
1. Aneignungsphase
- Aufmerksamkeitsphase: Differenzierte Beobachtung ist eine notwendige Bedingung des
Beobachtungslernens (wichtige Voraussetzung: Aufmerksamkeit)
- Behaltensphase: Beobachtung muss gespeichert werden
2. Ausführungsphase
- Nachbildungsphase: Erinnerungen der modellierten Verhaltensmuster steuern deren Ausführung
(man muss sich erinnern)
- Motivationsphase: Verstärkungs- und Motivationsprozesse werden benötigt um Beobachtung in
Handeln umzusetzen. (Modell wird belohnt/bestraft).
Take Home Message
- Der Behaviorismus und die sozial-kognitive Lerntheorie nehmen einen spezifischen Blick auf das
Lernen ein und eigenen sich vor allem dazu, Änderungen im Verhalten einer Person zu erklären.
Sie fokussieren hingegen weniger auf Mechanismen des Erwerbs von fachlich- inhaltlichem Wissen.
- Vor allem im Hinblick auf Gefühlsreaktionen kann die klassische Konditionierung eine
Erklärungshilfe darstellen, um bestimmte erlernte Verhaltensweisen im alltäglichen und schulischen
Kontext zu erklären.
- Bedeutung im Kontext schulischen Lernens: Behavioristische Ansätze und die sozial-kognitive
Theorie können herangezogen werden, um Verhaltensweisen zu erklären bzw. zu beeinflussen, die
das soziale Miteinander betreffen und im Sinne des „Classroom Managements“ eine Voraussetzung
für das fachliche Lernen darstellen.
Woche 09: Überblick Lerntheorien
Warum ahmen Follower ein bestimmtes Verhalten nach? Welche Rolle spielt das Modelllernen?
Influencer sind Modelle für erstrebenswerte Verhaltensweisen, Auftreten, Lebensstil, Produkte (z.B
Aussehen, Mode, Sportlichkeit, Reisen).
1. Modellprestige und Kompetenz: Influencer geniessen ein hohes Ansehen und werden mit Erfolg
und Kompetenz assoziiert → Follower möchten die Erfolge ebenfalls erleben. Das beeinflusst die
Aufmerksamkeit des Followers
2. Emotionale Nähe und Authentizität: Präsenz auf Social Media, private Einblicke ins Leben,
“Imperfektion” → Aufbau von Vertrauen und Beziehung, Identifizierung mit der Person.
3. Gleiche Zielsetzungen: Aufmerksamkeit (Likes, Anerkennung), Gesundheit, Sportlichkeit,
Schönheit
4. Positive Ergebniserwartung: Präsentation von Erfolgserlebnissen und erstrebenswerten
Verhaltensweisen (z.B sportlicher oder beruflicher Erfolg).
2 - 4 → Förderung der Selbstwirksamkeit des Followers
Beispiel im Fliesstext:
Follower ahmen Influencer vor allem wegen dem Modelllernen nach: Ein Individuum lenkt seine
Aufmerksamkeit immer wieder auf Bilder von Influencer (Modelle), weil es ihnen auf den sozialen Medien
folgt. Es speichert das Beobachtete in seinem Gedächtnis ab (z.B ein Tutorial). Danach vollzieht das
Individuum diese Handlung gedanklich oder real. Das Individuum wird mit grosser Wahrscheinlichkeit die
Handlung ausführen und das gleiche Verhalten zeigen, weil es stellvertretend verstärkt wird. Das Modell
wird für ihre Verhalten verstärkt durch ihre Fans, die Komplimente in den Kommentare und ihr tolles Leben.
Klassische Konditionierung: Assoziierung von Influencer mit bestimmten Werten/Gefühlen, die dann
auch auf die vermarkteten Produkte übertragen werden.
Beispiel:
Influencer postet Bild (UCS) ------> lösen Gefühle wie Glück, Freude, Entspannung (UCR)
Koppelung mit Produkt (NS) -----> Produkt wird assoziiert mit Glück, Freude (CR)
Beispiel Fliesstext: Der Influencer (UCS) führt zu einer anerkennenden Reaktion (UCR) und ist positiv
konnotiert. Postet ein Influencer vermehrt Fotos mit Produkte (NS) werden die Reaktionen und
Assoziationen des Influencer auf das Produkt übertragen. Somit wird nun das Produkt (UCS) mit einem
hohen Status und Ansehen in Verbindung gebracht (CR)
→ Lara hat Fabio auf dem Pausenplatz getreten. Wie könnte dieses Verhalten erklärt werden?
1. Klassische Konditionierung
- Wenn Lara angegriffen (geschlagen, getreten) wird (UCS), reagiert sie aggressiv und wehrt sich,
d.h. sie schreit, tritt, schlägt (UCR). Durch die konfliktreiche Situation zu Hause und ihren
aufbrausenden Vater hat sie gelernt, dass sie immer dann geschlagen wird, wenn ihr Vater zuvor
seine Stimme erhebt bzw. laut wird (NS). Sie reagiert nun schon auf das Lautwerden (CS) mit
Angriff/Aggressivität (CR).
- Fabio wird im Streit mit Lara laut (CS) und Lara tritt Fabio (CR).
2. Operante Konditionierung
- Lara hat immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Aggressivität (treten, schlagen) wirken und
man so seinen Willen durchsetzen kann.positive Verstärkung
- Für ihr aggressives Verhalten hat sie nie negative Konsequenzen erfahren.negative Verstärkung
- Daher wurde im Laufe der Zeit die Auftretenswahrscheinlichkeit für ihr aggressives Verhalten
erhöht. Auch um sich gegen Fabio durchzusetzen, tritt sie ihn.
3. Modelllernen
- Bei den Peers (= Modelle) auf dem Schulhof hat Lara immer wieder beobachtet, dass sich jene
durchsetzen (stellvertretende Verstärkung), die andere schlagen und treten, wenn es nötig ist
(Aneignungsphase).
- In ihrem Streit mit Fabio wendet sie das beobachtete Verhalten an (Ausführungsphase), da sie sich
erhofft, damit durchsetzen zu können.
4. Konstruktivismus
- Idee 1 (bewusste Entscheidung): Lara hat noch nie andere Kinder getreten, weil sie zu Hause
gelernt hat, dass dieses Verhalten unsozial ist. Bislang haben ihre Versuche, etwas an Fabios
Mobbing zu ändern, nicht geholfen. Sie spricht mit ihrem Bruder und entscheidet Fabio mit seinen
eigenen Waffen zu schlagen.
- Idee 2 (fehlendes Wissen): Lara hat in den verschiedenen Konfliktsituationen, die sie bisher erlebt
hat, nie durch Nachdenken, Gespräche mit älteren Personen (Lehrer*in / Eltern / Freunde) oder
Anti-Gewalttrainings (z.B. Faustlos) Handlungsalternativen zu ihrem aggressiven Verhalten gelernt.
Chance: Konstruktion von Handlungsalternativen als Ausweg für Gewalt
LERNEN
Schulleistung (Vorlesung): die von der Schule initiierten Lernprozesse und Lernergebnisse der Schüler.
Kompetenzen: Die “bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und
Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen.
Bezugsnormen:
- sachliche Bezugsnorm = “man muss X Punkte erreichen, um zu bestehen (Norm erreichen)
- Soziale Bezugsnorm = Vergleiche mit anderen, “mehr als den Durchschnitt”
- Individuelle Bezugsnorm = Vergleich mit sich selber, z.B die eigenen Leitungs des letzten Tests
Individuelle Determinanten
Fluide Intelligenz (Catell) → genetisch bedingte Komponente, Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken
Kristalline Intelligenz - verfestigte kognitive Fähigkeiten: Teil von Intelligenz, der auf Lernerfahrung und
Ansammlung von Wissen und Kenntnissen zurückgeht. Abhängig vom kulturellen Kontext und
Lerngewohnheiten. → Endprodukt der fluiden Intelligenz, Bildung und Kontext.
Vorwissen:
- Wissen über Fakten, Begriffe und Prinzipien in einer Domäne
- Kann in unterschiedlicher Strukturierung Verarbeitungstiefe vorliegen
- Je grösser die Aktivierung, desto grösser die Chance, dass die Knoten aus dem Langzeitgedächtnis
ins Arbeitsgedächtnis abgerufen werden können.
- Je häufiger Wissenselemente (Knoten) gemeinsam aktiviert werden, desto stärker sind die
Assoziationen (Kanten) zwischen diesen Knoten.
Intelligenz:
- Schlüsseldeterminante für Schulleistung (r= 0.5)
- (Differenzial)diagnosen bei Problemsituationen und Teilleistungsstörungen
- Hohe Intelligenz (schlussfolgerndes Denken) relevant für verschiedene Aktivitäten
- Wichtig für Wissenerwerbsprozesse: effektive Problemlösestrategien, schnelle Erkennung von
Regeln, Problemen, grössere Verarbeitungskapazität, elaborierte Lern-und Gedächtnisstrategien
- Wichtigkeit der Intelligenz beim Lernen ist abhängig vom Vorwissen: Lernerfolg abhängig von
Intelligenz und Vorwisse
Intelligenz wichtiger:
- In der frühen Phase des Wissenserwerbs
- Bei schweren, unvertrauten Aufgaben
- Über alle Fächer gemittelte Schulleistung
→ Bedeutung von Intelligenz nimmt im Laufe der Grundschulzeit / des Lebens ab.
Motivation als komplexer Sammelbegriff: “Motivation ist aus wissenschaftlicher Sicht ein komplexes
Konstrukt, das nicht mit einer einzigen Theorie hinreichend differenziert beschrieben werden kann”. Der
Begriff wird im Alltag oft verwendet, aber unterschiedlich verstanden
Motivation: «Motivation beschreibt Gründe für den Beginn und die Richtung von Verhalten, die Dauer und
die Art der Durchführung (Pintrich, 2003).
Lernmotivation: «Lernmotivation bezeichnet die Bereitschaft eines Lernenden, sich aktiv, dauerhaft und
wirkungsvoll mit bestimmten Themengebieten auseinanderzusetzen, um neues Wissen zu erwerben bzw.
das eigene Fähigkeitsniveau zu verbessern» (Krapp, Greyer & Lewalter 2014, S. 194).
Leistungsmotivation: «Leistungsmotivation bezieht sich [...] auf das Bestreben, die eigene Tüchtigkeit in
all jenen Tätigkeiten zu steigern oder möglichst hoch zu halten, in denen man einen Gütemassstab für
verbindlich hält und deren Ausführung deshalb gelingen oder misslingen kann» (Krapp, Greyer & Lewalter
2014, S. 194).
Relevant für die erziehungswissenschaftlicher Perspektive und insbesondere für die Untersuchung der
Bedingungen und Ursachen intrinsisch motivierten Lernens und darauf basierend Variablen guten
Unterrichts
Gestaltung einer optimalen Lernumgebung durch die Förderung der drei Basisbedürfnisse
Autonomie, Kompetenz und soziale Kompetenz (um die Entstehung intrinsischer und die Integration
extrinsischer Motivation zu erleichtern): → Konkrete Handlungsmöglichkeiten im Unterricht:
State:
- Momentane Motivation bzw. Emotion für eine bestimmte Aufgabe, in einer bestimmten Situation
- z.B. situationales Interesse für eine bestimmte Aufgabe (state Motivation), Freude über ein
Geschenk (state Emotion)
→ Prozessmerkmal: Beschreibung in einer aktuellen Situation
Trait
- Habituelles Erleben, überdauerndes Merkmal (situationsunabhängig)
- «charakteristische» emotionale Reaktion bzw. motivationale Disposition
- z.B. generelles Interesse für Mathematik (trait Motivation), generelle Ängstlichkeit (trait Emotion)
→ Dispositionales Merkmal: Beschreibung interindividueller Unterschiede
Attribution:
“Attributionen (engl. attributions) sind Ursachenzuschreibungen. Die pädagogisch-psychologische
Attributionsforschung beschäftigt sich im Kern mit den von Personen angenommenen Erklärungen und
Begründungen von leistungsbezogenem Verhalten und deren Auslösern und Konsequenzen.
Sie beschäftigt sich damit, welche Ursachen Schüler und Lehrer schulischen Leistungen zuschreiben,
welche Emotionen (...) diese Ursachenzuschreibungen z. B. nach der Rückgabe von Klassenarbeiten
auslösen und wie Schülern zu günstigeren Attributionsmustern verholfen werden kann.“
Niedriges Fähigkeitsselbstkonzept:
- Attribution von Erfolgen eher auf externale, zufällige Faktoren
- Misserfolge eher auf internale Faktoren, eigene mangelnde Begabung
- Unterschätzung der eigenen Handlungsmöglichkeiten
- häufiger bei Mädchen
Hohes Fähigkeitsselbstkonzept:
- Attribution von Erfolgen eher auf stabile, internale Faktoren
- Misserfolg eher auf variable Faktoren
- im Durchschnitt attribuieren Menschen eher selbstwertdienlich
Intrinsische Motivation:
Handlung bereitet Freude und BefriedigungAnreiz in der Handlung an sich
Extrinsische Motivation:
Handlung als Mittel zum ZweckAnreiz liegt im erwarteten Handlungsergebnis
Erwartungskomponente:
Subjektive Einschätzung der Erfolgswahrscheinlichkeit des Handelns
Wertkomponente:
U.a. erwarteter Nutzen der Handlungsergebnisse
Zielorientierung: habituelle oder dispositionale Merkmale einer Person, die relativ dauerhaft im kognitiven
System der Person repräsentiert sind und in vergleichbaren Lernsituationen immer wieder aufgerufen
werden.
- Lernzielorientierung: Lern- und Leistungssituation wird als Chance zur Verbesserung der eigenen
Fähigkeit wahrgenommen. Erfolg gemessen am Lernfortschritt.
- Leistungszielorientierung: Lern- und Leistungssituation wird als Möglichkeit zur Demonstration
der eigenen Leistungen angesehen. Erfolg gemessen an einer (akzeptablen) Leistung.
- Motivation und Emotion sind eng miteinander verknüpfte Bedingungsfaktoren des Lernens und der
menschlichen Entwicklung.
- Bei der Erforschung der Einflüsse motivationaler und emotionaler Faktoren auf das Lehren und
Lernen geht es insbesondere um die Frage, ob und in welchem Ausmass sie zur Vorhersage des
Lernverhaltens und zur Erklärung von Leistungsunterschieden herangezogen werden können.