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Die Autorin beschreibt sehr gut und ausführlich die Schwierigkeiten, die Kinder bzw. Jugendliche
aus dem Autismusspektrum (ASS) in der Schule haben können und wie Lehrpersonen diesen
Besonderheiten durch Veränderung der Umgebungsbedingungen und einfachen Hilfsmitteln
begegnen können, sodass eine positive Lernsituation entstehen kann.
Unserer Erfahrung nach (und dies wird auch in der Fachliteratur immer wieder bestätigt), zeigen
Menschen mit ASS dann Verhaltensauffälligkeiten, wenn sie gestresst sind (das können
verschiedene Stressoren sein: Schmerz, Lärm, Unwohlsein, Zeitdruck, Veränderung etc.), sich
unverstanden fühlen bzw. die Situation nicht richtig einschätzen können oder ihnen langweilig ist.
Sehr selten handelt es sich um provokantes oder aufsässiges Verhalten im Ursprung. Wurden die
Stressoren bzw. die Umgebungsbedingungen verändert oder Situationen erklärt, verminderten sich
die Verhaltensauffälligkeiten. Auffallend für uns ist auch, dass nicht nur Menschen mit ASS von den
Veränderungen und der strukturierten Vorgehensweise profitieren, sondern sich die Lernsituationen
per se auf Grund der klaren Struktur beruhigen.
Interesse: Das wichtigste „Hilfsmittel“ im Umgang mit Menschen mit ASS ist das wohlwollende
Interesse. Fast alle Verhaltensauffälligkeiten passieren nicht ohne Grund, sondern sind immer ein
Versuch, eine belastende Situation irgendwie zu meistern. Unsere Aufgabe ist es, den Grund des
Verhaltens herauszufinden, da der Mensch, der das Verhalten zeigt, offensichtlich nicht in der Lage
ist, die Situation alleine zu meistern.
Vernetzung: Um mit Menschen mit ASS erfolgreich an einem Ziel arbeiten zu können ist es
unerlässlich, dass alle beteiligten Personen gut vernetzt sind. Eltern müssen als Expert*innen ihrer
Kinder wahrgenommen werden, da sie die Besonderheiten ihrer Kinder in unterschiedlichen
Kontexten wahrnehmen können. So kann sein, dass ein Kind mit Asperger im Lehrer*in-Kind
Gespräch in einem ruhigen Raum unauffällig wirkt, jedoch im Klassenraum gar nicht zu Recht
kommt und auffällige Verhaltensweisen zeigt.
Auch Informationen über Wahrnehmungsbesonderheiten, Vorlieben und Abneigungen oder Ängste
sind sehr essentiell, um die Person gut unterstützen zu können.
Die Vernetzung mit Therapeut*innen kann besonders bei Kindern aus dem Spektrum von großer
Bedeutung sein, da auch Inhalte der Schule in der Therapie trainiert und wiederholt werden können.
Fragen stellen: Vernetzung mit allen beteiligten Personen ist deshalb so wichtig, da Kinder mit ASS
von sich aus sehr wenig erzählen (vor allem keine sozialen Inhalte). Sie werden selten eine Antwort
bekommen, wenn sie ein Kind fragen: “Wie war dein Tag!”. Es fällt ihnen schwer, überhaupt zu
entscheiden, was sie wissen sollen und oft fällt es ihnen auch schwer, den Tag so schnell
rekapitulieren zu können. Leichter fällt es Kindern mit ASS, wenn wir konkret nachfragen: “Ward
ihr am Wochenende im Schwimmbad?” wird leichter beantwortet als “Was habt ihr gemacht?”
Offene Fragen, wie: “Wie geht es dir?” lösen in der Regel starken Stress bei Menschen mit ASS
aus, da sie keine Antwort darauf haben. Eine Autistin erklärte mir, dass sie nicht entscheiden kann,
was sie mir da sagen soll. Sie kann aus der Frage nicht herausfiltern, worauf ich hinaus will, bzw.
was ich hören will. Außerdem braucht sie eine zeitliche Begrenzung für die Frage, weil ev. ist ihr in
der früh schlecht gegangen, aber jetzt wieder gut.
Für uns wichtige Informationen, wie z.Bsp. ob alles verstanden wurde oder ob es mit einem*r
Mitschüler*in Probleme gegeben hat, werden wir nur erfahren, wenn wir sehr konkret nachfragen.
Von selbst werden solche Umstände in der Regel nicht erzählt.
Keine Fähigkeiten voraussetzen: Menschen mit ASS haben in der Regel große Schwierigkeiten bei
exekutiven Funktionen.
Mädchen mit Autismus: vor allem Mädchen bzw. junge Frauen werden oft sehr spät oder gar nicht
diagnostiziert. Da ihre sozialen Fähigkeiten in der Regel besser sind und ihre Spezialinteressen oft
nicht so auffällig sind, wie die von Buben (wie z.Bsp. Pferde, Serien, zeichnen, Sprache) fallen sie
dadurch seltener auf. Auch Ausbrüche bzw. aggressives Verhalten tritt seltener auf bzw. richtet sich
eher nach innen (Selbstverletzendes Verhalten kommt eher vor als aggressives Verhalten ggü.
anderen). Mädchen mit Autismus fällt es auch leichter zu immitieren und sie können sich besser
anpassen (“masking” - so tun als ob; siehe: https://maskierte-identitäten.com/2019/10/05/masking-
maskieren/). Irgendwann schaffen die Frauen/Mädchen mit Autismus die Anstrengung nicht mehr
und entwickeln Depressionen, Burn-out oder Essstörungen als Folge der hohen Stressbelastung.
Dies ist oft der Zeitpunkt, wo die Diagnose Autismus gestellt wird bzw. die Frauen oft selbst die
Diagnose finden.
https://www.zeit.de/2016/01/asperger-syndrom-diagnose
Auch wenn die Arbeit mit Kindern mit ASS und deren Eltern eine große Herausforderung darstellt,
kann gerade bei diesen Kindern der Erfolg sehr rasch sichtbar werden und die Lernkurve sich
verbessern, wenn Bedingungen geschaffen werden, die der Veranlagung von Menschen mit ASS
entgegen kommen.
Literatur:
Das Literaturverzeichnis des oben angeführten Artikels ist sehr ausführlich und behinhaltet sehr
hilfreiche Empfehlungen. Besonders das Buch „Herausforderndes Verhalten vermeiden“ von Bo
Hejlkov Elven kann ich sehr empfehlen.
Auch das Buch von Sabine Kubesch (Hrsg.) „Exekutive Funktionen und Selbstregulation –
Neurowisssenschaftliche Grundlagen und Transfer in die pädagogische Praxis“ kann ich sehr
empfehlen.
Verein Libelle
Verein Magnus
https://www.lebenshilfe-judenburg.at/projekte/autismus-zentrum/
http://www.lebenshilfe-leibnitz.at/autismus/was-ist-autismus/