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InfoDaF 2010 Heft 6
InfoDaF 2010 Heft 6
Herausgegeben
vom Deutschen
Akademischen
Austauschdienst
in Zusammenarbeit
mit dem
Fachverband
Deutsch als Fremdsprache
Inhalt
Artikel Marc Deckers
Im Kulturkontakt gebildete Stereotype als Teil eines kulturellen
Lernprozesses – untersucht in den Weblogs von in Deutschland
lebenden Amerikanern 521
Sandra Holtermann, Georg Jansen, Christopher Dege
Umgang mit Plagiaten an chinesischen Universitäten 546
Marc Deckers
Zusammenfassung
Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer Studie vor, welche die im Kulturkontakt gebildeten
Stereotype von in Deutschland lebenden Amerikanern anhand von Weblogs untersucht, die
sie verfasst haben. Durch die qualitative Analyse dieser Daten im Stile der Grounded Theory
wurde eine Hypothese entwickelt, welche die Nutzung der Stereotype als Elemente des
kulturellen Lernens beschreibt. Unter Bezugnahme auf theoretische Erkenntnisse der
Stereotypenforschung im Bereich der Kognitionspsychologie wird dargelegt, wie Lerner im
interkulturellen Austausch aus Hypothesen heraus Stereotype bilden und überprüfen.
Dieses Vorgehen ermöglicht ihnen ein besseres Verstehen fremdkultureller Verhaltensmus-
ter und einen effektiveren Umgang mit diesen. Daher wird in diesem Beitrag auch für eine
Nutzbarmachung der in Form von Stereotypen ausgeprägten kulturellen Erfahrungen
anderer Lerner für didaktische Verfahren im Landeskunde-Unterricht plädiert.
ren hat. Ihm lässt sich eine Auffassung (vgl. 1954: 81, 88 f.) die Stereotypisierung
des Konzepts Stereotyp entnehmen, die als grundlegenden Wahrnehmungs- und
der heutigen Einordnung durch die So- Kategorisierungsprozess sah, welcher
zialpsychologie sehr viel näher kommt, eine Aufbereitung und Bewältigung der
als dies in den frühen Studien der Stere- Informationsfülle der uns umgebenden
otypenforschung der Fall war (vgl. Grü- Welt ermöglicht, wurde sie also in der
newald 2005: 34; Schneider 2004: 9), auch Folgezeit als »[ein] von Dummheit und
wenn das Konzept zum damaligen Zeit- Haß geprägte[s] Fehlurteil über andere
punkt noch keineswegs wissenschaftlich Gruppen und Personen« (Reiß 1997: 16)
begründet war (vgl. Redder 1995: 312). gesehen. Diese Sichtweise ergab sich
Spätere Arbeiten sehen das Stereotyp wohl auch aus Allports bekanntem Werk
fast synonym zu dem Begriff Vorurteil The Nature of Prejudice von 1954. Allport
und rücken es in die Nähe einer neuro- beschäftigt sich allerdings, wie man dem
tischen Fehlanpassung, statt es als Nor- Titel bereits entnehmen kann, vor allem
malität kognitiver Vorstellungsprozesse mit dem Begriff Vorurteil und beschei-
zu erkennen (vgl. Grünewald 2005: 35). nigt vor allem diesem einen negativen
Diese überwiegend negative Konnota- Charakter, den Begriff Stereotyp definiert
tion erhielt das Konzept in den 1940er Allport hingegen als neutral, so dass er
und -50er Jahren. Es wurde mit der um sowohl negative als auch positive Asso-
sich greifenden Angst und dem daraus ziationen umfassen kann (vgl. Allport
entstehenden Hass auf alles Fremde as- 1979: 191 f.).
soziiert und man untersuchte daher in Erst gegen Anfang der 1970er Jahre fand
dieser Zeit vor allem seine negativen eine kognitive Wende in der Stereotypen-
Effekte (vgl. Schneider 2004: 9 f.). In Be- forschung statt, durch die sich der allge-
zug auf Fremdgruppen evozierten die meine Blick wiederum eher auf die denk-
Stereotype der damaligen Zeit zum all- ökonomischen Funktionen des Stereotyps
ergrößten Teil negative bis sehr negative richtete (einen Überblick über diese Ent-
Bilder. Vor allem die Konsequenzen ab- wicklung liefert z. B. Six 1987). Auch heut-
wertender Stereotype, welche oftmals zutage finden sich jedoch in wissenschaft-
Aggressionen und feindliche Hand- lichen Abhandlungen noch Einschät-
lungen auslösen konnten, wurden ge- zungen wieder, die dem Phänomen des
fürchtet und Stereotype daher allgemein
Stereotyps eine inhärente und unabänder-
als Fehlurteile, Stereotypisierung vor
liche Negativität bescheinigen. Dies spie-
allem als verurteilungswürdige kogni-
gelt sich auch in der Diskussion rund um
tive Fehlleistung angesehen (vgl. Manz
die Arbeit mit Stereotypen im Deutsch als
1968: 8) – was angesichts der möglichen
Fremdsprache-Unterricht wieder, welche
schrecklichen Konsequenzen von Vorur-
besonders in den 1990er Jahren heftig
teilen, wie sie im Nazi-Deutschland der
entbrannte. Auch hier resultieren die
Zeit besonders hervortraten, nicht weiter
Streitpunkte primär aus einer unter-
überraschen mag. Auch die damals in
schiedlichen Auffassung des Begriffs:
vielen Teilen der Welt vorherrschende
Rassentrennung und die mit Stereo- »Betrachtet man Stereotype und Vorurteile
typen in Verbindung stehenden üb- ausschließlich im Sinne von negativen eth-
lichen Diskriminierungen dieser Zeit, nischen Stereotypen scheint eine Ableh-
nung gerechtfertigt, ebenso wenn man da-
machen den damaligen Fokus auf die von ausgeht, dass die Lerner durch deren
negativen Seiten stereotypen Denkens Vorhandensein einer anderen Kultur nicht
verständlich. Während schon Lippmann unvoreingenommen begegnen können.
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Geht man jedoch davon aus, dass stereo- spezifisches Verhalten, bedingen dieses
type Bilder natürliche Ergebnisse von aber mit (vgl. v. Stetten 2009: 97 f.). Solche
Wahrnehmung und Sozialisation sind, ist Einstellungen beinhalten auch Urteile, die
eine Ablehnung nicht nur undenkbar, son-
dern auch unmöglich.« (Wagner 2008: 69 f.) im Bereich der Zustimmung, der Ableh-
nung oder der Indifferenz liegen können.
Mittlerweile ist das Stereotyp im Bezug Als Mittel der Klassifizierung bilden Ste-
auf seine Eigenschaften, begründet auf reotype eine Wissensstruktur der Sozial-
extensiven Studien im Bereich der Sozial- kognition, gemeinsam mit anderen
psychologie, recht klar als ein solches na- Strukturen, die zum Beispiel Objekte
türliches und unumgängliches Muster der klassifizieren (Kategorien), oder kategori-
menschlichen Kognition einzuschätzen. alem Wissen, welches quasi-automati-
Stereotype fallen hier unter das Konzept sierte Routinen auslöst (Schemata, bspw.
der Einstellung, zu dem die Begriffe Über- das Kindgesichtschema, bei dem ein ent-
zeugung oder Meinung oft synonym ge- sprechender Stimulus Schutz-, Fürsorge-
setzt werden. Der Begriff der Einstellung und Nachsichtreaktionen auslöst) (wei-
wiederum weist innerhalb der Sozialpsy- tergehende Informationen zu diesen und
chologie eine Vielzahl an Definitionen auf, weiteren Strukturen finden sich bei Bless/
zentral ist jedoch die Einbeziehung der Fiedler/Strack 2004: 53 ff.).
drei Komponenten Kognition, Affekt und Nun zu einer Einschätzung der den Ste-
Verhalten (vgl. v. Stetten 2009: 94 f.). Einstel- reotypen inhärenten Eigenschaften, bei
lungen werden durch Sozialisation von denen die Meinungen innerhalb der Wis-
anderen übernommen oder durch eigene senschaften auseinander gehen. Eine Ori-
direkte und indirekte Erfahrungen ge- entierung geben hier wiederum die Er-
wonnen oder angepasst. Die kognitive kenntnisse sozialpsychologischer For-
Komponente umfasst dabei die Interpre- schung, welche innerhalb dieses Fachbe-
tation der sozialen Umwelt und ihre Ein- reichs zu einem weitestgehenden Kon-
ordnung in Kategorien (unter denen Ste- sens über die folgenden Attribute geführt
reotype eine Gruppe bilden) als hypothe- hat. In anderen Wissenschaftsbereichen,
tisches Konstrukt (vgl. v. Stetten 2009: 97). vor allem in den Kulturwissenschaften,
Stereotype sind in diesem Sinne ein Mittel sind die Erkenntnisse dieser neueren Ar-
der sozialen Kategorisierung bzw. Klassi- beiten nicht immer bekannt oder werden
fizierung. Die Komplexität eingehender nicht aufgegriffen.
Informationen wird durch sie reduziert, Sowohl Kollektivität (d. h. ein Stereotyp
die schnelle Identifizierung von Stimuli wird innerhalb einer bestimmten sozialen
ermöglicht (vgl. Kramer 1993: 369). Da die Gruppe geteilt) als auch Negativität (die in
einzelnen Kategorien oft mit positiven Stereotypen zugeschriebenen Eigen-
oder negativen Emotionen verbunden schaften weisen einen negativen Charak-
werden, stellen sie auch eine Einordnung ter auf), Rigidität (ein einmal gebildetes
dar, die affektive Funktionen erfüllt (vgl. Stereotyp ist nur schwer veränderlich)
Schneider 2005: 365). Diese Bewertung und Inakkuratheit (Stereotypen beschrei-
von Menschen oder Objekten kann so- ben Eigenschaften, welche in der Realität
wohl bewusst als auch unbewusst vorge- nicht zutreffen) stellen zwar bei Stereo-
nommen werden und beeinflusst ein be- typen manchmal bis häufig zu beobach-
stimmtes Verhalten oder eine bestimmte tende Merkmale dar, bilden aber kein
Reaktion auf Ereignisse, welche mit den Kriterium zu ihrer Definition, da sich in
Kategorien in Verbindung stehen. Sie sind vielen Fällen abweichende und gar gegen-
zwar nicht der alleinige Auslöser für ein sätzliche Beispiele finden lassen.
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Eckes 2008: 98). Andere direkte Messver- wohl im Englischen als auch im Deut-
fahren lassen z. B. durch Skalierung eine schen durchgesetzt und ist, ebenso wie
genauere Abstufung und Differenzie- die Derivationen Blogger(in) und bloggen,
rung der abgefragten Daten zu. Doch mittlerweile auch in Duden und Wahrig
auch hier gilt: aufgenommen worden. Bezeichnet wird
damit eine auf regelmäßiger Basis aktua-
»[D]ie den Befragten hingeworfenen Stich-
wörter sind teilweise, auf ganze Völker be- lisierte Webseite mit umgekehrt chrono-
zogen, ziemlich unsinnig (selbst große Op- logischem Aufbau. Während es auch
timisten werden nicht behaupten, die Deut- schon vor dem Durchbruch von Blogs im
schen seien intelligent), und sie zwängen Internet regelmäßig aktualisierte Jour-
die Urteile in Denkschablonen, die im freien nale gab, ist es seit der Verfügbarkeit
Nachdenken über die Menschen anderer
Nationen möglicherweise gar keine Rolle einfach zu benutzender und kostenloser
spielen.« (Bausinger 2000: 23) Blogging-Software jedem, der Zugriff auf
einen Computer mit Internetanschluss
Selbst in offenen Befragungsformen be- hat und über Basiskenntnisse im Um-
steht immer noch der Druck, spontane gang mit diesen verfügt, möglich, ein
Einschätzungen über eine soziale Blog zu führen.
Gruppe abgeben zu müssen. Somit müs- Während es heute eine Vielzahl an Inhal-
sen die Befragten zwangsläufig auf Ste- ten gibt, mit denen sich private und auch
reotype zurückgreifen, egal wie sehr professionell-kommerzielle Blogs be-
diese bei genauerer Reflexion der eigenen schäftigen (z. B. Politik, juristische The-
Meinung nach tatsächlich eine Rolle spie- men, Fotografie, Literatur oder Firmener-
len. Andere Ansätze versuchen dieses eignisse), gleicht die frühe Form von
Dilemma zu umgehen, indem beispiels- Blogs einem Tagebuch im Netz, in wel-
weise assoziative Verfahren oder (sehr chem private Erlebnisse geschildert oder
selten) Verhaltensbeobachtungen in Ex- auch Fundstücke im Web vorgestellt wer-
perimenten zum Tragen kommen. Ich den (vgl. ebd.). Viele Blogs, vor allem die
halte es jedoch für das sinnvollste Vorge- kleineren, privat geführten, folgen wei-
hen im Bereich der Stereotypenfor- terhin diesem Schema und dienen den
schung, auf die Analyse natürlich ent- Autoren dazu, ihre alltäglichen Erleb-
standener Aussagen zurückzugreifen, nisse und Gedanken zu veröffentlichen.
welche von der Forschungssituation Da Blogs mittlerweile kein wirklich
gänzlich unbeeinflusst getroffen wurden. neues Phänomen mehr darstellen, steht
Eine Analyse der in Weblogs dargelegten die Möglichkeit, diese (und andere For-
Individualmeinungen verspricht deshalb men nutzergenerierter Texte im Internet)
eine im besonderen Maße aufschluss- als Datenquelle zu nutzen, bereits seit
reiche Perspektive für diesen For- einigen Jahren im Interesse der For-
schungsbereich. schung. Es ist jedoch bislang vor allem
der Bereich der Marktforschung, der sich
3. Datenquelle Weblog intensiv mit den Meinungen und Interes-
Der Begriff Weblog ist ein Kompositum sen von Privatpersonen, wie sie in Texten
aus den Bestandteilen web, welcher sich online zum Ausdruck kommen, ausein-
auf das Verbreitungsmedium des World andersetzt. Dementsprechend entstammt
Wide Web bezieht, und log, der für Proto- die meiste Literatur, die sich bisher zum
koll oder Log- wie in Logbuch steht (vgl. Thema finden lässt, aus den Bereichen
Alby 2008: 21). Als gängige Abkürzung Marketing und Marktforschung, denn
des Begriffs hat sich das Wort Blog so- für private Unternehmen stellen die ins
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Netz gestellten Meinungen eine einfache standen sind und daher Meinungen und
und kostengünstige Möglichkeit dar, Einstellungen wiedergeben, die nicht aus
Feedback zu ihren Produkten zu erhal- der Forschungssituation hervorgegangen
ten. Im Bereich der Sozial- und Kulturfor- sind, als auch reichhaltig und tiefgrün-
schung scheint das Potenzial solcher dig:
Texte als Datenquelle noch wenig genutzt »Blogs provide rich and deep personal ac-
zu werden, dabei sind diese nicht nur counts. The richness of this data is derived
leicht und unentgeltlich zugänglich, son- from the longitudinal nature of a blog, as
dern bieten noch eine Reihe weiterer Vor- well as the connectivity between issues dis-
cussed in the blog and links the blogger
teile. Im Vergleich zu den traditionellen may provide relating to the issue. The depth
Quellen für die Erhebung qualitativer is a result of the freedom in writer’s topic
Daten (wie Interview, Beobachtung, Fo- selection. Since bloggers choose their own
kus-Gruppen) ist die Nutzung von Blogs topics, it is natural their choices reflect their
wesentlich weniger zeitaufwändig, da areas of interest. Their writing of these
issues is opinionated and often unbiased, as
die Daten bereits in schriftlicher sowie they are free to express their own views,
digitalisierter Form vorliegen und die expecting no tangible consequences. In ad-
passenden Inhalte lediglich herausselek- dition, as the need for introspection is one of
tiert und analysiert werden müssen. the motivator to blog, personal accounts in
blogs are typically candid and genuine,
Am ehesten kann man die Daten aus providing valuable insight into the issues
Blogs mit denen aus Tagebüchern ver- present on individuals‹ minds.« (Alony/
gleichen, welche ebenfalls eine klassische Jones 2008: 101)
Erhebungsmethode darstellen. Genau Somit können auch vom Forscher ausge-
wie Tagebücher bieten Blogs den Vorteil löste Beobachtereffekte, wie beispiels-
einer longitudinalen Erfassung von Da- weise der Hawthorne-Effekt, ausge-
ten, die eine im Wandel befindliche Ge- schlossen werden. Jegliche Forschungs-
genwart dokumentieren, ohne dass der arbeit kann von diesem Umstand nur
Forscher ständig in den Erhebungspro- profitieren, insbesondere für die Erfor-
zess involviert sein muss – die Auswer- schung von Stereotypen jedoch bietet die
tung der Daten zu einem einzigen Zeit- Analyse von im Internet veröffentlichten
punkt genügt, um eine Entwicklung, wel- Daten einige entscheidende Vorteile. Wie
che sich über einen Zeitraum von Mona- bereits festgestellt wurde: Wer nach Ste-
ten oder gar Jahren erstreckt, nachvoll- reotypen fragt, erhält stereotype Antwor-
ziehen zu können. Gleichzeitig werden ten. Diese Gefahr der interkulturellen
die Journale von den Probanden freiwil- Einstellungsforschung kann bei der Ana-
lig geführt, ohne dass eine Entlohnung lyse von nicht erst im Rahmen der For-
durch den oder die Forscher nötig wäre schung entstandenen Daten weitestge-
(für eine ausführlichere Diskussion der hend gebannt werden. Die Autoren des
Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Blogs wurden nach ihrer Meinung über
Tagebuchstudien siehe Hookway 2008: die Deutschen nicht gefragt, sie schrei-
94 ff.). Darüber hinaus sind die als Blogs ben, was ihnen erwähnenswert erscheint.
zur Verfügung stehenden Daten sowohl In der Forschungspraxis kann es ein Pro-
in hohem Maße natürlich, weil sie aus blem darstellen, dass Probanden zu
den Interessen der Verfasser heraus ent- spontanen Äußerungen über Themen
1 Die Seitenangabe zu Alony/Jones 2008 bezieht sich auf die online verfügbare PDF-
Version des Artikels.
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aufgefordert werden, zu denen sie sich schung ist nicht die Überprüfung theore-
eventuell noch nie Gedanken gemacht tischer Vorannahmen, sondern die Her-
haben. Diese Problematik besteht in ausarbeitung neuer Theorien von den
Blogs ebenfalls nicht. Des Weiteren ist die Daten ausgehend. Eine genaue Kenntnis
Gefahr weniger groß, dass Gefälligkeits- bereits bestehender Theorien ist zwar un-
urteile getroffen werden. Zwar unterlie- verzichtbar, diese werden jedoch bei der
gen die Urteile immer noch dem Druck Analyse weitestgehend ignoriert, da die
des gesellschaftlichen Konsenses, den- Daten für sich sprechen sollen und somit
noch sind weder Forscher noch (andere) ein möglichst unbefangenes Herangehen
Angehörige der beurteilten Kultur un- erfordern.
mittelbare Zielgruppe der Schreibenden. »Theoretische Konzepte, die in einer Unter-
Die Blogbetreiber schreiben nach eigenen suchung entwickelt werden, werden im
Angaben hauptsächlich für die Gruppe Zuge der Analyse von Daten entdeckt und
der daheim gebliebenen Familienmit- müssen sich an den Daten bewähren – an-
dere Kriterien gibt es nicht.« (Hildenbrand
glieder und Freunde. Sie berichten von 2007: 33; Hervorhebung im Original)
ihren Erfahrungen, ohne dabei allzu sehr
negative Einstellungen zurückzuhalten Erst später werden die neu entwickelten
und positive in den Vordergrund zu stel- Konzepte mit bestehenden verglichen,
len, wie dies bei einer Meinungsbefra- um diese weiterentwickeln zu können.
gung (vor allem durch Angehörige der Der Forschungsstil der Grounded Theory
betroffenen Zielkultur) zu befürchten ist jedoch nicht als striktes Regelwerk
wäre. Obwohl im Gegensatz zu anderen aufzufassen, sondern sollte flexibel ein-
Erhebungsformen die dargestellten Mei- gesetzt werden und je nach den vorherr-
nungen oftmals nicht anonym abgegeben schenden Bedingungen an den jeweiligen
werden, besteht demnach dennoch eine Forschungskontext angepasst werden
größere Tendenz zu Offenheit in der Wie- (vgl. Böhm 2007: 476). Auch die Autoren
dergabe der tatsächlich vorhandenen von Leitfäden mit praktischen Ratschlä-
Einstellungen. gen zur Arbeit unter der Methodologie
der Grounded Theory wie Flick (2007),
Dennoch gilt:
Flick/von Kardoff/Steinke (2007); Char-
»[A]uch dann, wenn sich die Versuchsper- maz (2006) betonen die Notwendigkeit
son unbeobachtet glaubt, ist das offene Ver- zur Flexibilität im Umgang mit den be-
halten kein sicherer Indikator für die Ein- schriebenen Prinzipien in der Praxis und
stellung.« (Koch-Hillebrecht 1977: 30)
zur Anpassung der genauen Vorgehens-
Im methodischen Vorgehen bei der Aus- weise an die gegebenen Umstände.
wertung der Blogtexte wurde sich an den Bestandteil der Forschung im Stile der
Prinzipien der Grounded Theory orien- Grounded Theory ist das Theoretical
tiert. Dieser in den 1960er Jahren von Sampling, die Suche nach Vergleichsfäl-
Anselm Strauss und Barney Glaser ent- len, bei denen man sich aus den Ergebnis-
wickelte Ansatz (s. Glaser/Strauss 1967) sen der Auswertung der bisher unter-
bezeichnet sowohl eine Forschungsme- suchten Daten leiten lässt, um so an
thodik als auch die mit dieser Methode neues Material zu gelangen, das sich mit
gewonnenen Forschungsergebnisse (vgl. dem bisher vorhandenen vergleichen
Böhm 2007: 475) und hat die Entwicklung und kontrastieren lässt (vgl. Truschkat/
einer empirisch fundierten Theorie zum Kaiser-Belz/Reinartz 2007: 246 f.) Das
Ziel (vgl. Truschkat/Kaiser-Belz/Reinartz Streben nach qualitativ möglichst gehalt-
2007: 233). Ausgangspunkt der For- vollen Daten war im Rahmen dieser Stu-
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die nur innerhalb einer Auswahl verfüg- den. So wurden Daten, welche oftmals in
barer Blogs möglich. Bei der Selektion einem Aufenthaltszeitraum von mehre-
der zu untersuchenden Blogs wurde da- ren Jahren entstanden sind, für insgesamt
her vor allem darauf geachtet, dass der 28 Einzelfälle gesammelt und einer Ana-
Untersuchungsgegenstand möglichst oft lyse unterzogen. Im Bezug auf Alter,
Erwähnung fand und möglichst viele de- Wohnort und Herkunft ist es gelungen,
mographische Informationen miterfasst eine möglichst große Bandbreite an Fäl-
werden konnten, um so die Hintergrün- len abzudecken; im Bezug auf Geschlecht
de der jeweiligen Fälle zu kennen. Trotz- und Bildung konnte durch die ungleiche
dem war es nicht möglich, für jeden Fall Verteilung in den verfügbaren Weblogs
alle relevanten Angaben zur Person zu auch in der Studie keine ausgeglichene
identifizieren, so dass die persönlichen Repräsentation erzielt werden. 22 der 28
Details teilweise lückenhaft bleiben untersuchten Blogger waren weiblichen
mussten. Da jedoch in der Untersuchung Geschlechts, 23 erwähnten, eine akade-
die Herausstellung der Gemeinsam- mische Bildung durchlaufen zu haben.
keiten und Unterschiede zwischen den Die als relevant identifizierten Einträge
einzelnen untersuchten Personen im Vor- der einzelnen Blogs wurden gemeinsam
dergrund stand, ist jede zusätzliche Aus- mit den dazugehörigen Hintergrundin-
sage zum Deutschenbild eines in formationen in jeweils einem Textverar-
Deutschland lebenden Amerikaners, beitungsdokument gesammelt und ge-
auch wenn z. B. dessen Alter unbekannt speichert, um sie so unter Verwendung
ist, ein sowohl quantitativer als auch qua- einer Software zur Unterstützung der
litativer Gewinn für die Analyse und die qualitativen Datenanalyse (ATLAS.ti) co-
Reichhaltigkeit des Datenkorpus. dieren und analysieren zu können. Das
Abgesehen davon, dass die Blogs einen Codieren und Kontrastieren der Daten
möglichst aufschlussreichen Inhalt lie- soll das Aufbrechen der Texte sowie den
fern sollten, war für ihre Auswahl wich- ständigen Vergleich der Konzepte, Phä-
tig, verschiedene Personen mit vielfäl- nomene und Fälle untereinander ermög-
tigen Hintergründen in die Analyse mit lichen, bei dem Gemeinsamkeiten und
einzubeziehen. So wurde darauf geach- Unterschiede herausgearbeitet werden
tet, die Blogs solcher »Expats« auszu- sollen. Mögliche Extremfälle können so
wählen, die in möglichst vielen unter- kontrastiert werden und die ganze Band-
schiedlichen Regionen Deutschlands le- breite der individuellen Wahrneh-
ben, aus verschiedenen Gegenden in den mungen auf einem Kontinuum darstell-
USA stammen, vielfältige Altersgruppen bar machen (vgl. Böhm 2007: 477 ff.).
und ethnische Herkünfte repräsentieren Den Prinzipien der Grounded Theory
und die aus unterschiedlichen Gründen nach bewegen sich Forscher in einem
nach Deutschland zogen. Dies sollte si- ständigen Kreislauf zwischen Datenerhe-
cherstellen, dass die Untersuchungs- bung und -analyse, währenddessen ihre
gruppe möglichst divers zusammenge- Theorie fortwährend Form annehmen
setzt ist und somit vielfältige Vergleichs- kann, bis die Grenze einer theoretischen
möglichkeiten bietet. Gemeinsamkeiten, Sättigung erreicht wird, an der aus neuen
die sich in einer solch heterogenen Daten keine zusätzlichen Erkenntnisse
Gruppe feststellen lassen, sind aussage- mehr gewonnen werden können. Eine
kräftiger für eine Theoriebildung, die im- solche Sättigung konnte im Umfeld die-
mer verallgemeinern muss, als die einer ser Studie bisher noch nicht erlangt wer-
Gruppe mit sehr ähnlichen Hintergrün- den. Vielmehr ähnelt der hier vorgestellte
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Deutschen und deren Forderung nach Fremde bleiben unerwidert, der in den
Einhaltung auch durch die Amerikaner. USA übliche Small-Talk scheint nicht
Die Deutschen erscheinen den Amerika- stattzufinden, Fremde helfen einander
nern somit oft unflexibel und stur, vor nur dann weiter, wenn sie direkt um
allem wenn für Regelübertretungen Hilfe gebeten werden. Viele der Ameri-
durch unbeteiligte Dritte Belehrungen kaner berichten, große Probleme damit
und Maßregelungen folgen: sei es für das zu haben, ihre Arbeitskollegen oder
Überqueren einer Straße bei roter Ampel Nachbarn kennen zu lernen und Freund-
oder auch nur für das Tragen von Klei- schaften in ihrem neuen Lebensumfeld
dung, welche der deutschen Seite dem aufzubauen.
Wetter nicht angemessen erscheint. Die Ein Amerikaner berichtet, dass er diese
Amerikaner empfinden dies als Einmi- Kontaktschwierigkeiten auch nach länge-
schung in ihre Privatangelegenheiten. rem Aufenthalt nie überwinden konnte.
Hier lässt sich bei einigen der Amerika- Er gelangte so zu der Einschätzung, es sei
ner eine Subtypisierung feststellen, die unmöglich als Außenstehender eine tie-
herausstellt, dass es vor allem ältere fergehende Beziehung zu Deutschen auf-
Deutsche (für einige im speziellen ältere zubauen. Die meisten Blogger stellen
Frauen) sind, welche zu solchen Beleh- nach längerem Aufenthalt jedoch fest,
rungen neigen. dass die Freundschaften mit Deutschen,
»Before I go any further I would like to wenn sie sich einmal gebildet haben, sehr
inject that I am sick of getting yelled at by intensiv sein können und sogar eine an-
grumpy elderly people. I don’t know where dere Qualität als viele Freundschaften im
Americans keep their grandparents but I amerikanischen Sinne aufweisen. Eine
have never been yelled at by someone over
65 in the USA for doing something totally Bloggerin erklärt, das deutsche Konzept
innocent like driving my car or walking von Freundschaft entspräche eher guten
down the street. Here I get yelled at by older oder besten Freundschaften in den USA.
peeps all the time. God forbid you block the In mehreren Blogs findet sich der Hin-
cross walk while trying to make a left turn.
You have to block the cross walk in order to weis darauf, dass das ›kalte‹ Verhalten
see if cars are coming, fact of life. But should der Deutschen im direkten Gegensatz
an older person be walking or riding their zum deutschen Heterostereotyp der ame-
bike they will give you a peace of their rikanischen Oberflächlichkeit und
mind. I’ve had people STAND IN FRONT ›falscher‹ Freundlichkeit steht. Hier wir-
OF MY CAR AND LECTURE ME. Ser-
iously. Or if I cross the bike path, even
ken sich Unterschiede im Verhalten di-
though no one is there, it’s just enough to rekt auf das jeweilige Fremdbild aus. In
get yelled at. And don’t even think of cross- beide Richtungen ist das daraus entste-
ing the street unless you are at a green cross hende Stereotyp negativ besetzt, wäh-
walk.« (W, 29, Hamburg) rend das eigene Verhalten und somit
auch das Autostereotyp als Norm gese-
3. Deutsche sind (anfangs) distanziert und hen wird. Dies stellt ein gutes Beispiel für
verschlossen die ethnozentrische Bewertung fremd-
Dieses Stereotyp schildert, dass sich die kultureller Verhaltensweisen und Um-
Deutschen Fremden gegenüber, aber gangsformen dar.
auch in frühen Phasen des Kennenler-
nens, wesentlich distanzierter und zu- »Making friends – It seems with Germans
that you are either a good friend or you are
rückhaltender verhalten, als die Ameri- an acquaintance. In the US, there is a middle
kaner dies gewöhnt sind: Ein freundlich stage that allows you to have someone to
gemeintes Lächeln oder Begrüßungen an hang out and do stuff with, without being
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best friends. I always made friends in the 14. Die Deutschen fordern ein soziales Ein-
US fairly easily whenever I moved or treten durch den Staat und schützen ihre
started work somewhere new. Not here. Umwelt.
[Face it, Germans, you take a long time to make
friends. There’s nothing wrong with that. And Wer sich bereits mit den Stereotypen von
once you make friends with someone, it’s really Amerikanern (oder auch Angehörigen
a wonderful, deep friendship. I’ve heard a lot of anderer Nationen) über die Deutschen
Germans call Americans superficial too, because beschäftigt hat, dem dürften viele der
of our style of making friends. It’s just a cultural hier genannten bekannt vorkommen. Ins-
difference.].« (W, Alter unbekannt, Laaber besondere zu den sogenannten Kultur-
bei Regensburg; Anmerkung: der kursiv
gesetzte Kommentar entstand fünf Jahre standards der Deutschen aus amerika-
nach dem ursprünglichen Eintrag) nischer Perspektive ergeben sich viele
Überschneidungen. Dies bestätigt einer-
Hier einige weitere Beispiele für Stereo- seits die Ergebnisse der von Alexander
type, die häufig und von verschiedenen Thomas und anderen (z. B. Markowsky/
Bloggern erwähnt werden: Thomas 1995, Schroll-Machl 2003) erar-
4. Deutsche drängeln, können nicht beiteten Kulturstandards, denen in ihrer
Schlange stehen. Erhebungsmethodik oftmals Unwissen-
5. Deutsche haben generell kein Problem mit schaftlichkeit vorgeworfen wird (vgl. He-
Nacktheit und eine offene Einstellung ringer 2007: 182), legt andererseits aber
zum Thema Sexualität. den ebenfalls oft gehegten Verdacht
6. Deutsche lieben ihre Privatsphäre und nahe, dass die beschriebenen Kulturstan-
schotten sich physisch von der Außenwelt dards ihrerseits nichts anderes als ver-
ab. breitete Stereotypen darstellen, da sie die
tatsächliche kulturelle Vielfalt nur stark
7. Gleichzeitig beobachten sie ihre Umwelt reduziert darstellen (vgl. Altmayer 2004:
sehr genau (Neigung zu starren) und 102; Hansen 2003: 257 f.).
verletzten damit die Privatsphäre anderer. Über die bloße deskriptive Beschreibung
8. Deutsche schweigen oder reden nur sehr der vorkommenden Stereotype hinaus
leise in der Öffentlichkeit, verhalten sich war es durch die Analyse der Daten zu-
unauffällig und konform. dem möglich, die Art und Weise zu er-
9. Deutsche haben (konträr zum in den USA gründen, wie mit diesen umgegangen
verbreiteten Stereotyp) durchaus Humor, wird und welche Rolle sie möglicherwei-
dieser ist aber anders als der anglo-ameri- se im interkulturellen Lernprozess spie-
kanische. len. Es ließ sich beobachten, dass in der
10. Deutsche behüten ihre Kinder weniger Regel diejenigen Phänomene stereotypi-
vor möglichen Gefahren, haben einen ge- siert werden, die in der Wahrnehmung
lasseneren Erziehungsstil. der Blogger kulturellen Unterschieden
zwischen den USA und Deutschland ent-
11. Deutsche sind nicht patriotisch und zei-
sprechen. Hier werden durch Beobach-
gen keinen Nationalstolz (außer beim
tung (und sicherlich beeinflusst durch
Sport, v. a. beim Fußball).
Vorerwartungen und kulturelle sowie af-
12. Die Deutschen haben ihre Vergangenheit fektive Filter) Eigenheiten identifiziert,
gut aufgearbeitet und entwickeln allmäh- die den Expats am Verhalten ihrer deut-
lich einen gelasseneren Umgang mit ihr. schen Mitmenschen auffallen. Diese Be-
13. Deutsche haben Angst vor kalter Luft, obachtungen können (insbesondere
insbesondere Zugluft, und glauben da- dann, wenn sie häufiger gemacht wer-
durch krank werden zu können. den) zu Stereotypisierungen führen, so
537
dass angenommen wird, dass sich viele diese nun präsentiert wird, muss aller-
oder ein Großteil der Deutschen nach dings darauf hingewiesen werden, dass
eben jenem Muster verhalten. Den Trä- diese Theorie noch weiterer Ausarbei-
gern dieser Stereotype ist dabei durchaus tung bedarf, da sowohl im Sinne der
bewusst, dass Unterschiede innerhalb Grounded Theory Methodologie als auch
der Gruppe der Deutschen bestehen und nach Auffassung des Autors eine Fort-
sich daher nicht alle Mitglieder nach den führung der empirischen Arbeit notwen-
stereotypen Mustern verhalten. dig ist, um diese weitergehend mit Daten
Betrachtet man, auf welche Art und anzureichern und somit besser fundieren
Weise die amerikanischen Blogger ste- und präziser beschreiben zu können.
reotypisierende Aussagen treffen, so fällt Für die untersuchten Amerikaner, die
auf, dass der stereotypen Eigenschaft nach Deutschland kamen, um hier eine
sehr häufig ein seem to vorangestellt wird, Zeit lang oder dauerhaft zu leben, ist der
nach dem Muster: ›Germans seem to be Prozess der Stereotypisierung scheinbar
[Modifikator] [Eigenschaft].‹ Insgesamt unumgänglich. Sie versuchen die Kom-
finden sich in den untersuchten Texten plexität des sie umgebenden fremden
mehr als 50 stereotypisierende Aussagen, Umfelds zu reduzieren und somit vor-
denen eine Formulierung mit seem to hersagbarer und nicht zuletzt versteh-
(oder ähnlichen Ausdrücken wie appar- barer zu machen. Auf der Suche nach
ently) vorangestellt wird. Meiner Ansicht Handlungsstrategien im Umgang mit ih-
nach kann die Verwendung des Aus- nen fremd erscheinenden Verhaltenswei-
drucks seem an dieser Stelle drei Zwecken sen versuchen sie wieder erkennbare
(oder einer Kombination dieser Zwecke) Muster zu finden, um somit ihre interkul-
dienen: turellen Begegnungssituationen plan-
1. Der Abschwächung der stereotypi- barer zu machen und erfolgreich zu ge-
sierenden Aussage, die vermutlich des- stalten. Ein entscheidender Teil dieses
halb vorgenommen wird, weil den Simplifizierungsprozesses ist zudem die
Sprechern das negative Image solcher undifferenzierte Übergeneralisierung
Aussagen bewusst ist. Dies entspricht und somit die kognitive Homogenisie-
der Verwendung von Hedges (vgl. He- rung einer überaus heterogenen Realität.
ringer 2007: 203). Man könnte sagen, dass über Stereotype
2. Der Subjektivierung der Aussage, um ein Zugang zu der fremden Kultur ge-
deutlich zu machen, dass sie lediglich wonnen wird, der gerade Anfangs stark
die eigene Meinung ausdrückt. vereinfachend ist und einer gewissen
3. Dem Hinweis auf eine Hypothese über Fehleranfälligkeit unterliegt, wenn indi-
kulturelle Unterschiede, welche noch viduelles Verhalten fälschlicherweise als
nicht (gänzlich) stereotypisiert wurde; kulturelles Verhaltensmuster interpre-
man hat bisher diese Erfahrung ge- tiert wird. Mit der Zeit und mit hinzuge-
macht, ist sich aber (bisher) nicht voll- wonnenen Erfahrungen wird das Bild
kommen sicher bezüglich ihrer Gene- jedoch zunehmend ausdifferenzierter
ralisierbarkeit und der Übereinstim- und präziser. Über den Weg der Stereoty-
mung mit der (objektiven) Realität. pisierung kann das kulturelle Verständ-
Zur Verwendung des Wortes seem aus nis früher oder später ein Niveau errei-
dem dritten hier genannten Grund sind chen, dass dem in der kulturellen Umge-
einige Überlegungen in die Theorie zum bung Aufgewachsener gleicht. Auch
Einsatz von Stereotypen als Mittel des diese nutzen schließlich für die Einord-
kulturellen Lernens eingeflossen. Bevor nung der Mitmenschen in ihrer Umge-
538
bung und den Umgang mit ihnen Stereo- rellen Unterschieden, durch eine Reihe
type, nur dass diese in der Regel sehr viel von sich gleichenden Beobachtungen ge-
differenzierter ausfallen. bildet werden. Am Abschluss dieser Ent-
Die Expats agieren dabei wie Anthropo- wicklung steht ein Stereotyp, welches
logen, die ethnologische Feldforschung wiederum als Hypothese über das poten-
betreiben. Sie beobachten ihre Mit- tielle Verhalten des Gegenübers in der
menschen und interagieren mit ihnen, Interaktion mit Mitgliedern der stereoty-
entwickeln daraus schließlich Hypothe- pisierten Gruppe dienen kann.
sen über die Gesellschaft, in der sie leben Obwohl das Entwickeln von Handlungs-
und mit der sie sich zwangsläufig tagein strategien ein essenzieller Bestandteil
tagaus konfrontiert sehen. Nicht alle kön- dieses Lernprozesses ist, geht es nicht
nen sich so sehr von Vorannahmen be- ausschließlich um ein Reagieren, sondern
freien, wie dies für gute Feldforschung auch um ein Verstehen und Nachvollzie-
nötig wäre, aber auf ihre Art und durch hen der fremdkulturellen Umwelt sowie
den Einsatz von Schubladen, die jedoch um ein Hinterfragen des eigenen ethno-
auch eine einfache Rekategorisierung er- zentrischen Wahrnehmens und Denkens.
möglichen und somit das Lernen verein- Bei der Analyse ihrer Umwelt greifen die
fachen, indem sie die komplexe Umwelt Expatriates auf verschiedenste Informati-
auf relevante Informationen hin sortie- onsquellen zurück, aus denen heraus sie
ren, kommen die ›forschenden‹ Expats zu immer komplexeren Deutungsmus-
auch der außerweltlichen Wirklichkeit tern gelangen. Auf diese Art entsteht ein
näher. über die Zeit immer umfangreicher wer-
Ihre Wahrnehmung der sie umgebenden dendes Gesamtbild, welches die tatsäch-
Welt ist dabei natürlich nicht objektiv, lichen Unschärfen und Widersprüche der
sondern wird durch eine Reihe von Fak- ursprünglich fremden Kultur immer bes-
toren beeinflusst, von denen die kultu- ser zu erfassen vermag. Einer der unter-
relle Prägung einen darstellt. Weitere suchten Blogger schildert diesen Lern-
sind einerseits eher festgelegte, wie indi- prozess mit eigenen Worten folgender-
viduelle Werte und Sichtweisen, sowie maßen:
andererseits auch temporäre, wie die mo- »[T]he world is complex, too complex for
mentane emotionale Verfassung oder […] instant evaluations. Still, we need to file
auch die Aufmerksamkeit. Dass die our experiences into mental shoe boxes in
fremdkulturelle Sichtweise bei der Inter- order to understand them. I’ve found, in
pretation eine große Rolle spielt, zeigt fact, that the less I know about a topic, the
more confident my opinion about it can be.
sich an der großen Ähnlichkeit der beob- Having spent three years living in Ger-
achtbaren Wahrnehmung (die allerdings many, I find that my picture of what Ger-
teilweise auch anderen Faktoren geschul- many represents or what it means to be
det sein dürfte). German is more complicated than ever. My
Wie bereits angemerkt wurde, ist die cycling trip in the Mosel Valley just added
to that complexity with a series of experi-
häufige Verwendung des Wortes seem in ences that defy the mental shoe box.
Verbindung mit einer stereotypi- I don’t think it’s possible or profitable to
sierenden Aussage, als Hinweis auf eine categorize all of our experiences, but it
in der Bildung begriffene Hypothese seems to be a universally human trait. The
über kulturelle Unterschiede interpre- fact is that every country is filled with
contradictions and Germany is no excep-
tierbar. Dies lässt Schlussfolgerungen zu, tion. […]
auf welche Art und Weise Stereotype, It seems to me, that as soon as I learn
ausgehend von wahrgenommenen kultu- enough to define a stereotype, I find a
539
dozen exceptions that make me rethink my dafür der Bereich der Direktheit. Das
original thesis. Probably I’m better off not kulturell bedingt andere Verhalten in
trying to draw any conclusions, but then I Deutschland sorgt unter den Neuan-
come back to a fundamental truth: Ger-
many is distinctly different when compared kömmlingen oftmals zunächst für die
with, say, Poland. And France is distinct Entstehung des Stereotyps Deutsche sind
from Spain. There are differences, but unfreundlich. Mit zunehmendem Abrü-
they’re complicated and not easily cken von der ethnozentrischen Sicht-
grasped.« (M, 54, Düsseldorf) weise und eventueller Adaption von Ver-
Ein zwar mittlerweile schon etwas äl- haltensweisen im Zuge der Akkultura-
terer, aber innerhalb der DaF-Literatur tion (einen Überblick über neuere Theo-
immer wieder aufgegriffener Definiti- rien in diesem Bereich bietet Zick 2010),
onsversuch des Begriffs Stereotyp ist der verschiebt sich diese Interpretation und
folgende: führt entweder zur Auflösung des Ste-
reotyps oder zu einer Verschiebung in
»Stereotypen sind unkritische Verallgemei-
nerungen, die gegen Überprüfung abge- Richtung Deutsche sind ehrlich oder Deut-
schottet, gegen Veränderungen relativ re- sche sagen geradeheraus ihre Meinung.
sistent sind. Stereotyp ist der wissenschaft- Diese Neubewertung geht gegebenen-
liche Begriff für eine unwissenschaftliche falls mit einer veränderten Identität ein-
Einstellung.« (Bausinger 1988: 160) her. Die kollektive kulturelle Zugehörig-
Der Auffassung, das Stereotyp sei eine keit repräsentiert und verbürgt eine spe-
unwissenschaftliche Einstellung, möchte zifische Identität (vgl. Kramer 1993: 370).
ich unter Bezugnahme auf die eben er- Die Konfrontation mit abweichenden
wähnten Möglichkeiten des kulturellen Verhaltensmustern, vor allem die Ge-
Lernens mit Hilfe von Stereotypen wider- wöhnung an solche, welche eventuell in
sprechen. Unter gewissen Vorausset- der Übernahme einiger resultiert, kann
zungen können Stereotype wissenschaft- zur Infragestellung und Reflexion dieser
lichen Hypothesen durchaus ähneln, ge- Identität führen, wie sie besonders durch
nau wie diese können sie verifiziert, falsi- das Phänomen des umgekehrten Kultur-
fiziert oder mit zunehmendem Erkennt- schocks bei der Rückkehr in die Heimat
nisstand ausdifferenziert werden. Ein deutlich wird. Dieser lässt sich bei den
Unterschied ist dabei sicherlich in ihrer untersuchten Bloggern sehr häufig fin-
Subjektivität zu finden, wobei sich erken- den. Als Begründung geben die Expats
nen lässt, dass die Blogger zumindest an, sie hätten sich an bestimmte deutsche
versuchen, nach möglichst objektiven Verhaltensweisen gewöhnt, diese teil-
Kriterien zu bewerten. Ein anderer ist in weise übernommen und müssten sich
ihrer Simplifizierung zu finden, wobei nun neu an die Umgangsformen in ihrem
bedacht werden sollte, dass auch wissen- Heimatland gewöhnen. Des Weiteren
schaftliche Theorien (gerade im sozial- hätten sie oftmals eine neue Sichtweise
und kulturwissenschaftlichen Bereich) auf kulturelle Muster ihrer eigenen Aus-
ihren Gegenstand oftmals vereinfachend gangskultur gewonnen und könnten sich
darstellen müssen, um überhaupt zu ei- nicht mehr voll mit dieser identifizieren.
ner Aussage zu gelangen. Sie gewinnen eine sehr individuelle kul-
Über den oben beschriebenen Lernpro- turelle Identität, die weder ihrer Aus-
zess hinaus lässt sich an den Daten im gangskultur, noch der Zielkultur voll-
Laufe der Zeit eine Veränderung der ständig entspricht. Das einmalige Über-
Qualität der Stereotype bzw. der Stereo- winden der ausgangskulturellen Prä-
type selbst erkennen. Bestes Beispiel ist gung begünstigt die Reflexion von Ver-
540
haltensweisen und erleichtert die Suche aber auch mit diesen gearbeitet werden
nach eigenen, selbst gewählten An- dürfen. Dies ist natürlich keine gänzlich
sichten und Handlungsmustern, wenn neue Forderung. In der langen Reihe der
die natürliche Gegebenheit der eigenen Diskussionen um die Einbeziehung von
kulturellen Kodizes in Frage gestellt Stereotypen in den Fremdsprachenunter-
wird. richt plädieren bereits seit längerem ver-
schiedenste Autoren für diese. (Beispiel-
5. Anwendbarkeit der Ergebnisse dieser haft genannt seien hier für den Bereich
Studie in der DaF-Landeskundedidak- DaF: Bausinger 1988, Steinmann 1992
tik oder Löschmann 1998). Entscheidend ist
Man kann Stereotype im Landeskunde- wiederum die Perspektive, die man dem
unterricht einerseits dazu nutzen, um Phänomen gegenüber eingenommen hat.
über Stereotype selbst als kognitionspsy- Sieht man vor allem die möglichen nega-
chologisches Phänomen zu reflektieren, tiven Konsequenzen der Stereotypisie-
um über Fremd- und Selbstbilder aufzu- rung von Eigenschaften, wird man sie
klären und so das Bewusstsein für die eher ablehnen und vielleicht, wie Fritsche
kognitiven Prozesse in der interkultu- (1996), zu dem Schluss kommen, auf lan-
rellen Begegnung zu schärfen. Dies dient deskundliche Informationen lieber zu
sicherlich der Vermeidung von Stereo- verzichten, »weil auch gut gemeinte In-
typen, denen jegliche Grundlage fehlt. formationen zu Verzerrungen führen
Erklärtes Ziel der Landeskunde ist jedoch und Vorurteile fördern können« (Fritsche
ebenfalls die Beschäftigung mit der ziel- 1996: 272). Sieht man Stereotype jedoch
sprachlichen Alltagskultur und Mentali- als natürlichen Bestandteil menschlicher
tät. Hier, so wird oftmals betont, soll kognitiver Muster, so wird man die Be-
Stereotypenbildung vermieden werden, schäftigung mit diesen im Unterricht als
die vorgestellten Phänomene sollen nicht ein ebenso natürliches Unterfangen be-
übergeneralisiert werden und stattdes- trachten. Die eigenen Einstellungen sol-
sen nach Möglichkeit die Realität der len vom Lerner reflektiert werden, Auto-
Kultur in all ihrem Facettenreichtum wie- und Heterostereotype von Ausgangs-
dergegeben werden. Eine Frage ist, ob und Zielkultur Bestandteile des Unter-
dies überhaupt möglich sein kann. Eine richts bilden, um so einen bewussten und
andere ist, ob man die in empirischer aufgeklärten Umgang mit diesen zu er-
Forschung ermittelten Stereotype, wenn zielen. Zu diesem Schluss kamen bereits
bekannt ist, dass diese nicht grundsätz- verschiedenste Vertreter in den Fremd-
lich falsch sein müssen (wenn auch sprachenphilologien, die sich in empi-
fälschlicherweise verallgemeinernd) und rischen Studien mit dem Phänomen Ste-
dass sie aus Beobachtung gewonnen wer- reotyp beschäftigten und daraus didak-
den können, dazu nutzen darf, Rück- tische Konsequenzen zogen (beispiels-
schlüsse auf mögliche Formen der all- weise Keller durch seine Pionierarbeit in
tagskulturellen Realität zu gewinnen. den 1970er Jahren, vgl. Keller 1979;
Und darf man Beschreibungen dieser an- O’Sullivan 1987, O’Sullivan/Rösler 1999,
schließend zum Unterrichtsgegenstand Nünning 1994 oder auch Spaniel 2002).
erheben, um daran Formen der gesell- Darüber hinaus halte ich es aber auch für
schaftlichen Mentalität zu ergründen? möglich, diejenigen Stereotype, welche
Im Unterricht muss unbedingt über die auf wahrgenommenen Gruppenunter-
mögliche Problematik der Stereotypisie- schieden basieren, wie die in dieser Stu-
rung aufgeklärt werden, in ihm sollte die identifizierten, zu einem Ausgangs-
541
punkt der Diskussion um kulturelle Un- leicht in Erinnerung rufen, dass das
terschiede – seien es tatsächliche oder fremdkulturelle Verhalten auf unter-
wahrgenommene – zu machen. So lassen schiedlichen Konventionen basiert und
sich die durch Erfahrung gebildeten Ori- ihm meist keine unfreundliche Intention
entierungsschemata anderer nutzbar ma- zugrunde liegt.
chen und erleichtern den Lernern Orien- Wichtig ist es natürlich, die ›typischen‹
tierung und Handeln in vergleichbaren Verhaltensmuster nicht als alleinige
Situationen. Wahrheit dastehen zu lassen. Anderer-
Es sind mehr als nur einige wenige Ste- seits ist es hilfreich, einen Orientierungs-
reotype, die sowohl auf einen großen rahmen zu schaffen, der auf bestimmte,
Bevölkerungsquerschnitt als auch auf häufige Situationen vorbereitet und so
eine Vielzahl von Situationen in der Rea- vor eventuellen Fehlinterpretationen und
lität oft zutreffen. Ein Beispiel wäre die – eventuell auftretender Frustration schüt-
aus amerikanischer Perspektive – große zen kann. Daher können im Unterricht
Direktheit in der Kommunikation von Stereotype, die von Angehörigen dersel-
Deutschen. Soll man diese mögliche Er- ben Ausgangskultur durch Beobachtung
fahrung deutscher Alltagskultur durch der Zielkultur gebildet wurden, durch-
die Lerner, die im konstruktivistischen aus einen wichtigen Lerninhalt darstel-
Sinne deren Realität darstellt, aus dem len. Ich halte daher Beschreibungsansät-
Unterricht ausschließen, diesen Aspekt ze wie den der Kulturstandards nicht
interkultureller Pragmatik ignorieren, grundsätzlich für falsch, denn sie erlau-
nur damit nicht fälschlicherweise der ben eine Vorbereitung auf Gegeben-
Eindruck entsteht, alle Deutschen ver- heiten, die in vielen Situationen durchaus
hielten sich in allen Situationen diesem zutreffen können. Wird mit den hier
Schema folgend? Die Träger selbst nega- identifizierten Stereotypen oder auch de-
tivster Stereotype wissen um den hypo- nen in den Kulturstandards oder anderen
thetischen Charakter einer Übereinstim- verknappenden Übersichten (z. B. Bau-
mung zwischen stereotypen Vorstellun- singer 2000) im kulturkundlichen Unter-
gen und dem realen Verhalten ihrer richt gearbeitet, so muss jedoch auf eine
Kommunikationspartner. Spätestens Reihe von Punkten geachtet werden:
beim ersten Kontakt mit Sprechern der 1. Es ist wichtig zu betonen, dass die
Zielsprache werden die Lerner ihre eige- dargestellten Erfahrungen nicht unbe-
nen Erfahrungen machen. Haben sie dingt eine objektive Wirklichkeit wieder-
keine Kenntnis z. B. über die häufige Ten- geben, sondern auf einer oder mehreren
denz zu direkter Kommunikation in durch die Wahrnehmung beeinflussten
Deutschland, wird es ihnen wahrschein- Beobachtungen beruhen, welche in der
lich ähnlich ergehen, wie es die Expats in individuellen Sichtweise übergenerali-
dieser Untersuchung beschrieben haben. siert wurden. Da die Lerner im Kultur-
Sie werden sich oftmals unfreundlich be- kontakt möglicherweise ähnliche Erfah-
handelt fühlen, gerade am Anfang viel rungen machen werden, ist es ratsam, sie
darunter leiden und vielleicht von selbst darauf vorzubereiten. Sie sollten daher
ein stark negativ besetztes Stereotyp ent- sowohl die negative als auch die positiv
wickeln (die Deutschen sind unfreundlich). besetzte Deutungsvariante der beobacht-
Werden sie jedoch von vornherein auf baren Verhaltensmuster kennen lernen
häufig missverständliche Situationen und somit befähigt werden, die gemach-
vorbereitet, können sich die Lerner bei so ten Erfahrungen von einem kulturrelati-
manch unangenehmem Erlebnis viel- vistischen statt dem eines ethnozentri-
542
beit notwendig. Durch sie wird es viel- Bausinger, Hermann: Typisch deutsch. Wie
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studien) an der Universität Bielefeld.
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Stereotype, Vorurteile und soziale Diskrimi- PunktUm. Abschluss des Studiums im
nierung. Theorien, Befunde und Interventi- Jahr 2010. Derzeit tätig als Kursleiter in
onen. Basel: Beltz, 2008, 283–288. Alphabetisierungskursen am IBZ-Frie-
Truschkat, Inga; Kaiser-Belz, Manuel; Rein-
artz, Vera: »Grounded Theory in Qualifi- denshaus sowie in Sprachkursen für in-
kationsarbeiten. Zwischen Programma- ternationale Studierende der Universität
tik und Forschungspraxis – am Beispiel Bielefeld.
546
Zusammenfassung
An den chinesischen Universitäten ist heute das Anfertigen von Plagiaten so weit verbreitet,
dass das wissenschaftliche Niveau nicht nur hinter den vom europäisch-amerikanischen
Wissenschaftsverständnis herangetragenen Ansprüchen zurückbleiben muss, sondern zu-
nehmend auch Bemühungen der chinesischen Bildungspolitik gefährdet werden, durch die
verstärkte Besinnung auf Integrität, Eigenständigkeit und Unabhängigkeit die Qualität ein-
heimischer akademischer Forschung zu verbessern.
Ausgehend von den Erfahrungen deutscher Lektoren in der universitären Unterrichtspraxis
versucht der Beitrag, die spezifischen kulturellen und materiellen Bedingungen zu rekons-
truieren, die in China die Plagiatsanfertigung offenbar in besonderer Weise begünstigen.
Im zweiten Teil wird ausführlich dargestellt, mit welchen Mitteln staatlicherseits auf die
Entwicklung reagiert wird. Abgeschlossen wird die Analyse durch die kommentierte Dar-
stellung eines exemplarischen Plagiatsfalls.
1 Der vorliegende Beitrag ist einer von zwei Artikeln, die aus der Arbeit einer DAAD-
Arbeitsgruppe in China hervorgehen. Er ergänzt die Ergebnisse, die von Waltraud
Timmermann, Wang Liping und Miao Yulu (alle Beijing Foreign Studies University) in
ihrem Beitrag »Den kritischen Umgang mit Internet-Materialien entwickeln: Eine
mediendidaktische Aufgabe für den Bachelor-Unterricht« festgehalten wurden (Tim-
mermann/Wang/Miao 2010: 417–425).
1 Vgl. Kammerer et al. (2006: 64): »[Eine] fremde Leistung aufzugreifen und damit durch
Lernen eigenes Wissen zu erwerben und dieses zu nutzen, ist im Sinne des Konfuzius
klug und erstrebenswert. Der Gedanke, dass eine Idee, also ein immaterieller Wert, der
Besitz lediglich einer Person oder einer Gruppe von Menschen sein könnte, widerspricht
dem konfuzianischen Gedankengut völlig. Denn jeder soll nach Bildung streben.
Erkenntnisse und Resultate sind, insofern sie der Gemeinschaft dienen sollen, Allge-
meingut.«
549
1 Vgl. dazu Liu (1998: 121): »Throughout history, Chinese people have been characterized
by their utilitariansim. In traditional culture, utility was put above everything else, as
illustrated in the expression, ›Gear one’s study to the art of government and practical use
(jingshi zhiyong)‹. The purpose of study was not personal academic development but
›cultivating oneself, administering state affairs and ensuring national security (xiushen
qijia zhiguo pingtianxia)‹«.
550
in besonderer Weise für den Erfolg eines stellt hat. Die meisten Studenten sind
Studenten im Examen verantwortlich damit beschäftigt, die Einstellung des
gemacht, d. h. im Umkehrschluss auch, Lehrers zum behandelten Thema zu eru-
dass ein Misserfolg des Schülers in einer ieren, um diese dann – als Gelerntes, als
Prüfung in vielen Fällen vor allem auf Wissen – zu reproduzieren. Abgesehen
den Lehrer ein schlechtes Licht wirft.1 von den Schwierigkeiten, vor die diese
Der daraus resultierende Druck auf den grundsätzliche Einstellung chinesischer
Lehrer, um (beinahe) jeden Preis die Schüler und Studenten den europäischen
Gesamtschaft der Examenskandidaten Dozenten stellt, zu dessen obersten di-
passieren zu lassen, wird sich tendenzi- daktischen Absichten zählt, im universi-
ell auch mildernd auf seine Haltung tären Unterricht eigenständiges Denken
gegenüber Plagiaten auswirken. Die zu fördern, begründet die hier skizzierte
Verantwortlichkeit des Dozenten wird Haltung zugleich eine dem Plagiat ent-
als so umfassend angesehen, dass Stu- schieden entgegenkommende Prädispo-
denten in vielen Fällen sogar darauf ver- sition.
trauen, der Dozent werde einen Täu-
schungsversuch schon unterbinden, also »Chinese students in particular may strug-
gle to adjust to Western notions of plagia-
im Verlauf der Plagiatsanfertigung ge- rism as deference to expert opinion is a
gebenenfalls eingreifen und rechtzeitig deeply routed cultural norm in Chinese
gegensteuern. Diese Praxis des perma- society. Indeed, referencing sources has
nenten Auslotens der Dehnbarkeit von been seen as disrespectful to both reader
Regeln und Gesetzen ersetzt in China and ›expert‹ as it presupposes that the
grundsätzlich, z. B. auch im Straßenver- source is not widely known and that the
audience is unable to recognize source ma-
kehr, eine durch Furcht vor Sanktionen terial. Students are often extremely commit-
geregelte Praxis. ted to practices learnt at school and need
support to help them accept the need for
4. Status der Äußerungen von Dozenten und referencing.« (Cavaleri 2006)
Autoren
Die hohe Verantwortlichkeit der Do- 5. Das Plagiat als Überlebensstrategie?
zenten für die erbrachten Leistungen der Angesichts der Schwierigkeiten, deren
Studenten bedingt auf der anderen Seite Nichtüberwindung in den Augen der
seinen Status höchster Autorität ihnen Studenten das erfolgreiche Absolvieren
gegenüber. Ruft der Lehrer zu konstruk- des Studiums gefährdet, kann Flower-
tiver Kritik und Diskussion eines im Un- dew und Li zufolge das Plagiat als eine
terricht vorgestellten Gegenstands auf, ›Überlebensstrategie‹ charakterisiert
sehen sich die Studenten mitunter vor werden, wobei die Schwierigkeit, einen
unüberwindbare Schwierigkeiten ge- komplexen Text, der wissenschaftlichen
stellt. Sie haben nicht gelernt, Kritik am Ansprüchen genügt, in einer Fremdspra-
Gegenstand unabhängig von der Kritik che2 anzufertigen, deutlich im Vorder-
an der Person zu denken, die ihn vorge- grund steht.
1 Während im Deutschen die Bezeichnung Dozent auch eine Emanzipation von den
Erziehungsaufgaben bedeutet, die dem Lehrer gegenüber Schülern bis zur Hochschul-
reife obliegen, kann der für die gesamte Schullaufbahn einschließlich Hochschule
zuständige laoshi als Indiz dafür gelten, dass in China eine ähnliche Entbindung des
Studenten in die Mündigkeit zu keinem Zeitpunkt vorgesehen ist.
2 In diesem Fall beziehen sich die Autoren auf Englisch als Fremdsprache.
551
neuesten Stand, zudem machen um- deutlicht nichts besser als ein derzeit
ständliche Bestell- und Ausleihmodali- kräftig florierender Ghost-Writer-Markt.
täten, dem Nutzer nicht entgegenkom- So steht nach einem kürzlich in der größ-
mende und schwer durchschaubare Sys- ten englischsprachigen Tageszeitung der
tematiken der Anordnung der Medien Volksrepublik – China Daily – erschie-
sowie unpraktische Öffnungszeiten die nenen Bericht den 2,4 Millionen im Jahr
Bibliotheken in den seltensten Fällen zu 2008 in China veröffentlichten wissen-
Orten, die zur notwendigerweise zeitrau- schaftlichen Texten eine Nachfrage von
benden Literaturrecherche oder gar zur 11,8 Millionen zu publizierenden Werken
Anfertigung wissenschaftlicher Arbeiten gegenüber (vgl. Du 2010). Um diese
einladen. Schließlich ist es auch die Nichtübereinstimmung von Nachfrage
Promptheit der Online-Recherche, die und Angebot zu beheben, hat sich eine
angesichts oft weiter Wege und schwie- Ghost-Writing-Szene entwickelt, deren
riger Verkehrsverhältnisse in den Groß- Umsatz allein im Bereich akademischer
städten in China besonders stark ins Ge- Publikationen im Jahr 2009 bereits die
wicht fällt. »one billion yuan«-Grenze (ca. 110 Milli-
onen Euro) überschritten habe, so china
7. Unrealistischer Publikationsdruck daily. Liest und bedenkt man weiter, dass
Damit das Internet der ständig wachsen- die Autoren der angeforderten wissen-
den Nachfrage nach immer aktuelleren, schaftlichen Artikel und Abschluss-
größeren und vielfältigeren Informati- arbeiten zum größten Teil selber Hoch-
onsmengen gerecht werden kann, muss schullehrer sind, die ihre im Vergleich
es immerzu mit neuen und immer größe- zur freien Wirtschaft niedrigen Gehälter
ren Informationsmengen beschickt wer- durch Nebenerwerb aufzustocken versu-
den. Der Publikationsdruck, unter dem chen, wird deutlich, dass man sich in
in China Hochschuldozenten, Promoti- dem Bemühen, Plagiate aufzudecken
onsstudenten und nicht zuletzt Forscher und Studenten und Dozenten von einem
stehen, ist aber nur zum Teil mit der höheren wissenschaftlichen Ethos zu
weltweit steigenden Nachfrage nach on- überzeugen, einem Teufelskreis gegen-
line erhältlichem Studienmaterial zu er- über sieht.
klären. Hinzu kommen die in den letzten Aus den aufgeführten Aspekten darf ge-
Jahren verschärften und auch poli- folgert werden, dass im Falle Chinas die
tischem Druck geschuldeten Publikati- Plagiat-Frage anders zu stellen ist als in
onsvorgaben der Hochschulen an akade- Europa: Während das Problem dort vor
mische Mitarbeiter und Studenten, die allem im Hinblick auf juristische Zu-
den Anschluss Chinas an den wissen- griffsmöglichkeiten und zu entwi-
schaftlichen Standard europäischer und ckelnde Aufdeckungsstrategien disku-
nordamerikanischer Universitäten her- tiert wird, sollte man in China der Frage
stellen bzw. sichern sollen. Dabei stehen nachgehen, warum die Studenten das
vor allem Publikationsmengen im Vor- Ethos wissenschaftlichen Arbeitens gar
dergrund und weniger die Qualität der nicht erst nachvollziehen wollen bzw.
Beiträge. Nun wird man als eines der können und ob es überhaupt für sinn-
grundlegenden Merkmale von Qualität voll oder gar realisierbar erachtet wer-
die Echtheit bzw. Originalität eines wis- den kann, systematisch und mit not-
senschaftlichen Textes bezeichnen. Dass wendigerweise hohem Aufwand auf
auf dieses grundlegende Qualitätsmerk- Übernahme europäischer Standards
mal wenig geachtet werden kann, ver- hinzuwirken. Über Aufdeckungsstrate-
553
self-boasting, to prevent academic impro- rungen verurteilt (vgl. Zhang 2009); dar-
prieties such as the abuse of professional über hinaus werden ausgewählte Fälle in
power, and to curb the spread of research den englischsprachigen Medien des
misconduct including fabrication, falsifica-
tion and plagiarism.« (o. V. 2009c) Landes der interessierten internationalen
Leserschaft präsentiert.2
Darüber hinaus führt das Papier Maß-
Aufgrund der eingeschränkten Transpa-
nahmen auf, durch die ein größeres Be-
renz bei der Berichterstattung in den Me-
wusstsein u. a. bei Studenten erreicht
dien ist es unmöglich zu bewerten, wel-
werden soll:
chen Anteil die publik gemachten Fälle
»Research integrity should be required an der tatsächlichen Summe der an den
learning content for undergraduate, junior
college- and postgraduate students, and the
Hochschul- und Forschungseinrich-
major learning content for further educa- tungen des Landes aufgedeckten Pla-
tion of scientific workers. Such education giatsfälle ausmachen, doch die Präsenz
should strive to enhance the ethical behav- dieser Problematik in den staatlichen Me-
iour of students and scientific workers, to dien, nicht zuletzt in den weltweit leicht
raise their legal consciousness about such verständlichen englischsprachigen Publi-
matters as intellectual property protection,
and to help them resist external pressures kationen, vermittelt den Eindruck, dass
and temptations to act unethically.« (o. V. dem Problem von staatlicher Seite in aller
2009c) Schärfe begegnet wird. Yang Rui von der
Auch wird in diesem Papier der Sanktio- University of Hong Kong betont in einem
nierung von nicht tolerierbarem Fehlver- Artikel von 2005 die unzureichende In-
halten explizit zugestimmt.1 formationspolitik bezüglich Fehlverhal-
tens an chinesischen Universitäten:
3. Mediale Öffentlichkeit »Since the 1990s, corruption has seriously
Regierungsmaßnahmen werden in China threatened mainland China’s universities in
i. d. R. in Artikeln der staatlichen Nach- their teaching, research, service to society,
richtenagentur Xinhua der breiten Öffent- and international links and exchanges. Yet,
discussions of corruption have been largely
lichkeit vermittelt und von entspre- confined to exchanges on the Internet. The
chenden Fallbeispielen in der Medienbe- Chinese masses know little of these discus-
richterstattung begleitet. Regelmäßig sions. Media coverage within China re-
werden Plagiatsfälle in Wissenschaft und mains fragmentary and superficial.« (Yang
Forschung sowie von Studenten an Uni- 2005)
versitäten dokumentiert und seitens der Auch fünf Jahre später sind keine nen-
chinesischsprachigen Medien unter Be- nenswerten Veränderungen zu verzeich-
zugnahme auf staatliche Verlautba- nen:
»[Although the number is rising slightly] University for Nationalities even refers to
what appears in the media is a very small China’s academe a ›plagiarist’s paradise.‹«
minority of the cases […]. Journalists have (Yang 2005)
to consider whether or not there’s a risk in
reporting something. As a result, many Betrachtet man das Problem des studen-
cases go unreported.« (Mooney 2010) tischen Plagiats, lässt die beschriebene
Atmosphäre eines »Paradieses für Plagia-
4. Umsetzung der ministerialen Vorgaben auf toren« jeglichen Vorbildcharakter bezüg-
Universitätsebene lich der Vermittlung ethischen (For-
Um dem Problem des Plagiats und wis- scher-)Verhaltens an Studenten vermis-
senschaftlichen Fehlverhaltens zu begeg- sen. Zudem weist Huo Qingwen von der
nen, sind wie oben erwähnt grundle- Pekinger Fremdsprachenuniversität in
gende Strukturen an Hochschulen und einem Interview noch im Juni 2009 auf
Forschungsinstitutionen zu reformieren. praktische Mängel bei der Kontrolle sei-
Wie steht es um die Umsetzung der mini- tens der studentische Arbeiten betreuen-
sterialen Vorgaben auf Universitätsebe- den Dozenten hin (vgl. Chen 2009).
ne? Dass ein Plagiatsproblem besteht, Unterstützung bei der Kontrolle der Au-
wird von vielen Hochschullehrern aner- thentizität von digital eingereichten wis-
kannt: senschaftlichen Arbeiten finden Do-
»Many Chinese academics agree that there zenten in vielen westlichen Ländern
is an issue with plagiarism and advocate heutzutage durch die Nutzung von ent-
that it must be dealt with nationally. He sprechenden Softwareprogrammen. Die
Weifang from Peking University considers Entwicklung von Anti-Plagiats-Software
Chinese academics must view plagiarism as
academic corruption and fight to preserve zur Anwendung an akademischen Ein-
academic ethics« (Sutherland-Smith 2008: richtungen steckt in China noch in den
66), Kinderschuhen. Derzeit befinden sich zur
doch ein gemeinsamer Konsens hin- Erkennung chinesischsprachiger Plagiate
sichtlich der Frage, wie dem Problem zu zwei Programme auf dem Markt,1 die
begegnen ist, steht aus (Sutherland- unter Berücksichtigung der Besonder-
Smith 2008: 66). Wie bedeutend die Lö- heiten der chinesischen Sprache in der
sung dieses Problems für die chine- Lage sind, direkte oder inhaltliche Plagi-
sische Forschung und konsequenter- ate in chinesischer Sprache zu identifizie-
weise für ihre Reputation ist, unter- ren sowie Übersetzungsplagiate zu ent-
streicht Yang. In seiner Untersuchung larven (vgl. Shen et al. 2009). Die Imple-
der chinesischen Hochschullandschaft mentierung der Software als standardi-
kommt der Forscher zu dem Schluss, sierte Vorprüfung von publizierten wis-
dass die sich ausbreitende »Plagiatskul- senschaftlichen Texten an chinesischen
tur« eine ernstzunehmende Gefahr für Universitäten steht noch aus.
die Qualität der chinesischen Forschung Es lässt sich für die studentische Realität
darstellt: feststellen, dass die konsequente Verfol-
»The current quality of research conducted gung tatsächlicher Plagiatsvergehen von
in China often suffers due to rampant pla- Seiten der Hochschulen hinter den for-
giarism. A professor from the Southwest mulierten Forderungen von ministeria-
gebenen Fakten auf eine Quelle, die sie Originalsatzes, der von der Studentin
scheinbar in eine eigene Formulierung ohne Eingriff abgeschrieben wurde.
kleidet. Die Strategie der Plagiatorin war offen-
Der benutzte Begriff »deutschsprachiges bar folgende: Als Quelle ihrer Arbeit
Zentraleuropa« weist auf ein recht diffe- hatte sie einen umfangreichen im Inter-
renziertes Begreifen des in der Untersu- net zugänglichen Text gefunden, der ih-
chung ins Auge gefassten deutschen rer Arbeit in den meisten Teilfragen
Sprachraums unabhängig von poli- reichhaltig Auskunft bzw. Material lie-
tischen Grenzen hin, zu dem, wie man fern konnte. Man darf sogar annehmen,
annehmen muss, die meisten deutschen dass der Gang ihrer Arbeit von diesem
Muttersprachler heute nicht in der Lage Text erst übernommen wurde, sie ihn
wären. Den meisten von ihnen steht in also zur Haupt-, wenn nicht gar zur
dieser Situation womöglich nur der Be- einzigen Quelle ihrer Arbeit werden
griff »Deutschland« zur Verfügung. ließ. Sie gibt aber diesen Hauptquellen-
Umso erfreulicher wäre es für den Be- text nicht an, sondern als Quellenanga-
treuer, wenn die chinesische Studentin zu ben wählt sie kleinere, zumeist von
solchem überdurchschnittlichen Diffe- Schülern geschriebene, ebenfalls im In-
renzierungsvermögen, die deutsche Ge- ternet stehende Hausarbeiten, die wie-
schichte betreffend, in der Lage wäre. Es derum in leicht nachzuprüfender Weise
entsteht ein Verdacht, der zu einer Stich- auf jenen Haupttext als Informations-
probe führt. quelle sich beziehen.
Mit Hilfe von google findet sich in einer Beim Einsetzen von Fußnoten geht sie
halben Sekunde der Satz in identischer folgendermaßen vor: Sie setzt Fußnoten
Formulierung in der Internetzeitschrift hinter meistens nicht als Zitate markierte
der Rechtswissenschaften der HU Berlin Sätze. Damit ruft sie den Eindruck her-
wieder. Anstatt als Quelle den Internet- vor, dass sie die den genannten Quellen
text mit ausgewiesenem Verfasser anzu- entnommenen Informationen in den ei-
geben, nennt die »Autorin« in ihrer Fuß- genen Text mit Hilfe eigener Formulie-
note als Quelle der ersten numerischen rungen einarbeitet. Diese Quelle wird
Angabe den Quellentext, der in der Fuß- genannt, um wissenschaftlich verantwor-
note des zitierten Textes selber angege- tungsvolles Verfahren vorzutäuschen.
ben ist, und als Quelle der zweiten Zahl Tatsächlich zeigt die Überprüfung des
gibt sie den Link zu jenem Internettext. Satzes per Suchmaschine, dass der Satz in
Sie gibt aber »Verfasser unbekannt« an – seiner Originalgestalt von der mittler-
warum, wo doch der Autor deutlich weile allzu bekannten Quelle A über-
angegeben ist, darüber mag man rät- nommen wurde.
seln. Die Studentin setzt Fußnoten nur hinter
Verrätselung der Quellenlage scheint jeden zweiten oder dritten Satz (ob-
eine wichtige Strategie der Autorin zu gleich alle zwei oder drei Plagiatsätze
sein. In einem der folgenden Sätze gibt sind). So suggeriert sie ein scheinbar
sie als Quelle ihrer statistischen Angaben ausgewogenes Verhältnis von eingear-
eine chinesische Quelle an, die der deut- beiteten Fremdinformationen und eige-
sche, der chinesischen Schriftsprache nem Text.
nicht mächtige Leser nicht überprüfen Durch diese Vernebelungsverfahren ruft
kann. Aber auch hier findet sich mühelos die »Autorin« folgendes, allerdings vor-
eine deutsche Internetseite als Ort des dergründiges Bild hervor:
559
– Sie habe mehrere nicht zu umfang- Spätestens an dieser Stelle stellt sich dem
reiche Quellen benutzt, die in selbst- Betreuer angesichts einer solch ausgeklü-
ständiger Arbeit zu einem selbst ge- gelten Vernebelungsstrategie die Frage,
planten und geschriebenen Text inte- warum die Energie, die die Erstellung
griert wurden, eines solch durchdacht konzipierten Pla-
– die Gliederung und Durchführung der giats unweigerlich erfordert, nicht ein-
Arbeit sei von ihr selbstständig erarbei- fach in die Erarbeitung einer originären
tet worden. Die zitierten Quellen, so Arbeit investiert wurde.
der Anschein, stützten die eigene Ar-
gumentation. Vernebelt wird die Tatsa-
che, dass der Gang der Untersuchung Literatur
selbst bereits der Originalquelle ent- Agelasto, Michael; Adamson, Bob: Higher
nommen wurde, education in post-Mao China. Hong Kong:
University Press, 1998.
– sie habe eine Vielzahl verschiedener Alford, William P.: To Steal a Book Is an
Quellen benutzt (und gefunden), wo- Elegant Offense: Intellectual Property Law in
mit sie fleißiges Recherchieren, die Chinese Civilization. Stanford/Calif.: Stan-
Breite ihres Forschungsansatzes und ford University Press, 1995.
die lenkende Übersicht bei der Anord- Ammon, Ulrich; Reinbothe, Roswitha; Zhu,
nung der vielen benutzten Quellen Jianhua: Die deutsche Sprache in China.
Geschichte, Gegenwart, Zukunftsperspekti-
suggerieren möchte, ven. München: Iudicium, 2007.
– durch die Fußnotensetzung am Ende Cao, Cong: »A Climate for Misconducts«,
von Sätzen, die nicht als Zitate mar- 18.1.2010. Online unter: http://roomford-
kiert sind, suggeriert sie, ihre Sätze bate.blogs.nytimes.com/2010/01/18/will-
seien selbst formulierte, reflektierte china-achive-science-supremacy (letzter
Zugriff 20.03.2010).
Wiederholungen von quellengestütz-
Cavaleri, Nicola (2006): »Preventing Plagia-
ten Daten, während sie tatsächlich un- rism. Report of the LTS Lunch«, LTS
veränderte, aber als solche nicht kennt- News, Cambridge, Issue 7, 12 (2006). On-
lich gemachte Zitate sind. line unter: http://www.admin.cam.ac.uk/
Fazit: Die Autorin dieses beispielhaften offices/education/lts/news/ltsn7.pdf
(letzter Zugriff 12.03.2010).
Plagiatsprodukts geht sorgfältig beim
Chen, Jia: »It’s plagiarism, all over again«,
Plagiieren vor, indem sie die Wirkung China Daily, 17.06.2009. Online unter:
der Anordnung, Gestaltung und Kennt- http://www.chinadaily.com.cn/china/
lichmachung der Originalversatzstücke 200906/17/content_8291 691.htm (letzter
wohl berechnet. Die Herkunft der Be- Zugriff: 10.01.2010).
standteile ihres Textes wird auf durch- Dambeck, Holger: »Chinas Forscher stre-
dachte Weise kaschiert. ben zur Weltspitze«, Spiegel online,
06.02.2010. Online unter: www.spie-
Es entsteht ein optisch ansprechender, gel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,6740
wissenschaftlich formatierter Text, der 77,00.html (letzter Zugriff: 27.02.2010).
bei oberflächlicher Lektüre durchaus ei- Du, Juan: »Fake papers are rife at universi-
nen sehr guten Eindruck hinterlassen ties«, China Daily, 8.3.2010. Online unter:
könnte: viele Fußnoten, ausführliche Bi- http://www.chinadaily.com.cn/cndy/
bliografie (1,5 Seiten), abwechslungs- 201003/08/content_95514 38.htm (letzter
Zugriff: 21.03.2010).
reiche grafische Gestaltung, gute op-
Flowerdew, John; Li, Yongyan: »Plagiarism
tische Gliederung mit Absatzschaltung, and second language learning in an elec-
Blocksatz, Kopf- und Fußzeile, bei Stich- tronic age«, Annual Review of Applied Lin-
probenlesen angenehmer Satzfluss etc. guistics. Cambridge University Press,
560
DaF im Ausland
Ousmane Gueye
Zusammenfassung
An der neu gegründeten Universität zu Thiès in der westafrikanischen Republik Senegal ist
im Rahmen der »Langues Etrangères Appliquées (LEA)« eine Fachfremdsprachen-Abtei-
lung errichtet worden, an der u.a. Deutsch als Wirtschaftssprache in einem dreijährigen
Studiengang unterrichtet wird. Die Studienreform richtet sich formal an den Zielen des
Bologna-Prozesses aus. Dem neuen Lernprogramm liegen Ansätze zugrunde, die für eine
Neuorientierung des Wirtschaftsdeutsch-Unterrichts im senegalesischen Raum plädieren.
Im Gegensatz zu bislang existierenden LEA-Abteilungen (Universität Cheikh Anta Diop de
Dakar und Gaston Berger de Saint Louis) umfasst die Ausbildung an der Universität de
Thiès auch eine Einführung in die deutschsprachige Literatur; der Akzent der fachsprach-
lichen Ausbildung liegt auf Fachlexik, Fachsprachengrammatik sowie Fachtext. Einen
Schwerpunkt bildet die Ausbildung im Sektor Agrar- und Ernährungsindustrie, womit in
unmittelbarer Praxisrelevanz u.a. lokale Produkte gefördert werden. Hauptlernziel der
Ausbildung ist die qualifizierte Teilnahme an in der Agrar- und Ernährungswirtschaft
typischerweise vorkommenden Kommunikationssituationen.
In Bezug auf das Deutsche ist von fol- sprache angeboten, neben (u. a.) Wirt-
gender Situation auszugehen: An den schaftsenglisch und Wirtschaftsspanisch.
Universitäten zu Thiès und Ziguinchor Mit »Wirtschaftsdeutsch« sind hier in ers-
sind Fachsprachen-Abteilungen (Dépar- ter Linie die Fachsprachen gemeint, die im
tements de Langues Etrangères Appli- Wirtschaftsbereich zu finden sind, wobei
quées – LEA) gegründet worden. An der hier vor allem die Institutionensprache
LEA-Abteilung der Universität von Zi- bzw. Unternehmenssprache ebenso wie
guinchor wird im Moment die deutsche die praktisch-fachliche Schicht des Wirt-
Sprache nicht angeboten, an der Touris- schaftsdeutschen eine besondere Rolle
tikabteilung besteht ein Angebot für spielen. Unterschieden werden verschie-
Wirtschaftsdeutsch (vgl. Diombera 2009). dene Sektoren (siehe dazu weiter unten).
Es erscheint allerdings notwendig, Zum primären Sektor gehört etwa die
Deutsch auch an dieser LEA-Abteilung Landwirtschaft, auf die im vorliegenden
als Unterrichtsfach auszubauen, weil das Beitrag besonders eingegangen wird.
Deutsche in diesem südlichen Teil des In der Ausbildung werden die Fachspra-
Landes seit Jahrzehnten vor allem in Se- chen sowohl in ihrem mündlichen wie
kundarschulen unterrichtet wird. Den auch ihrem schriftlichen Gebrauch be-
Schulabgängern bzw. Abiturienten kann rücksichtigt; fachliche Kommunikation
auf diese Weise die Möglichkeit eröffnet wird dabei unterschieden in:
werden, in Ziguinchor – und das heißt – fachinterne Kommunikation, d. h. Kom-
vor allem: in der Heimatregion – weiter- munikation zwischen Fachmann und
zustudieren, was der eigentliche Grund Fachmann
der Einrichtung regionaler Universitäten – interfachliche Kommunikation (gemeint
im Senegal war.1 Denn die Situation in ist die Kommunikation zwischen Fach-
der senegalesischen Hauptstadt, insbe- leuten unterschiedlicher Fachgebiete)
sondere an der Université Cheikh Anta
– fachexterne Kommunikation (Kommuni-
Diop de Dakar, ist unangenehm. Als
kation zwischen Fachmann und Laie).
größte Probleme sind z. B. zu nennen:
– Wohnungsprobleme
2. Was ist neu an der LEA-Abteilung in
– zu große Studentenzahlen vor allem an Thiès?
der geisteswissenschaftlichen Fakultät Formal richten sich die Studien an der
– Massenverarmung vieler vom Land in LEA-Abteilung an den Prinzipien des Sys-
die Hauptstadt kommender Studenten, tems LMD (Licence-Master-Doctorat) aus.
die in Dakar mit einer ganzen Reihe In diesen Prinzipien wurde in Anlehnung
existentieller Probleme konfrontiert an die Grundsätze des Bologna-Prozesses
sind. zur Harmonisierung der Architektur der
Da Deutsch an der Universität de Ziguin- europäischen Hochschulbildung die Ein-
chor bislang an der LEA nicht angeboten führung eines Studiensystems zur An-
werden konnte, wurde u. a. an der Univer- rechnung, Übertragung und Akkumulie-
sität Thiès das Angebot der deutschen rung von Studienleistungen vorgenom-
Sprache immer wichtiger. Seit etwa zwei men. Dieses System soll insbesondere die
Jahren wird hier Deutsch als Wirtschafts- Mobilität von Studierenden, Lehrenden
1 Vgl. etwa Loi n° 2002–21 du 14 aout 2002, modifiant la loi n° 67–45 du 13 juillet 1967
relative à l’Université de Dakar et créant les collèges universitaires – Gesetz Nr. 21 vom
14. August 2002 zur Gründung regionaler Hochschuleinrichtungen in Senegal.
564
und Forschenden gewährleisten, vor Deutschen, also die Tatsache, dass die
allem durch die Intensivierung der Hoch- deutsche Sprache aus verschiedenen Va-
schulkooperation etwa durch die Förde- rietäten und Registern besteht (Standard-
rung von Doppelabschlüssen (joint de- sprache, Literatursprache, Fachsprachen,
grees) und durch die Einführung des Leis- Dialekte, Umgangssprache, Sonderspra-
tungspunktesystems (European Credit chen; vgl. Braun 1997: 7).
Transfer System – ECTS). Im Bereich der Literatur wird eine Ein-
Hiermit ist wie in Europa ein zweistu- führung in die literarischen Strömungen
figes System von Studienabschlüssen des deutschsprachigen Raumes gegeben.
(undergraduate und graduate) geschaffen »Angewandte Sprache« meint in diesem
worden. Der Zyklus undergraduate, der Fall die sogenannte »langue de spéciali-
im Normalfall drei Jahre dauert, soll die té«, insbesondere also den Umgang mit
Eigenschaft einer Berufsqualifizierung Fachtermini, Fachkorrespondenz, fach-
besitzen. Im zweiten Zyklus (graduate) bezogenen Fallbeispielen.
kann man sich zwischen einem kürzeren Ebenfalls im dritten Jahr ist ein Prakti-
master’s degree und einem längeren doc- kum in einem Unternehmen zu absolvie-
tor’s degree entscheiden (vgl. Walter 2006: ren. Hier besteht die Möglichkeit, den
123 ff.). Der Zyklus graduate dauert in der Bericht über dieses Praktikum in Deutsch
Regel drei Jahre, dies entspricht einer abzufassen. Hervorzuheben ist, dass der
Studiendauer von sechs Semestern (im Praktikumsberichts vor einer Jury aus
französischen und somit in unserem Sys- Dozenten und Fachleuten aus der Berufs-
tem auch Licence genannt). Das System welt verteidigt wird.
LMD fand vor allem durch Bemühungen
der Direction de la Réforme der Universi- 2.1 Fachrichtungen
tät Cheikh Anta Diop de Dakar Eingang Angebotene Fachrichtungen sind zur
in den Senegal (hierzu vgl. ausführlich Zeit Internationaler Handel und Touristik.
»Le LMD en 60 questions« von Prof. Ergänzend hierzu steht Fachdeutsch für die
Abdou Karim Ndoye). Agrar- und Ernährungsindustrie auf dem
Zur Fachfremdsprache Deutsch im Sene- Programm des LEA-Studienganges in
gal liegen in der Fachliteratur Ansätze Thiès. (An dieser Stelle wird auf eine
vor, die für eine »Umkehrung« des Wirt- ausführliche Wiedergabe des LEA-Lern-
schaftsdeutsch-Unterrichts im Senegal programms verzichtet, vgl. hierzu aus-
plädieren, vor allem wegen inhaltlicher führlich Chimoun 1994).
Defizite (vgl. etwa Gueye 2004). Hierauf Folgende Lernschwerpunkte wurden
aufbauend ist an der Universität Thiès neu eingerichtet:
ein neues Studienangebot erarbeitet wor- – die Thematisierung fachsprachenlin-
den. Im Folgenden soll das Lernpro- guistischer Erkenntnisse
gramm an der Wirtschaftssprachen-Ab- – die Einführung in die deutschspra-
teilung der Universität Thiès im Einzel- chige Literatur und
nen dargestellt werden. – das Fachdeutsch für Agrar- und Ernäh-
rungsindustrie.
Anmerkungen zu Linguistik und Literatur
Mit »Linguistik« ist in diesem Fall Fach- Fachsprachenlinguistik
sprachenlinguistik gemeint, d.h. dass Für die Gründe, die eine stärkere Berück-
hier der Akzent auf fachsprachenspezi- sichtigung der Fachsprachenlinguistik
fische Erkenntnisse gelegt wird. Themati- im Wirtschaftsdeutsch-Unterricht im Se-
siert wird auch die Heterogenität des negal als erforderlich erscheinen ließen,
565
geboten ist. Kenntnisse dieser Art sind ander existierenden Fachsprachen, vgl.
zum Verständnis einer anderen und Fluck 1996: 16) die Agrar- und Ernäh-
fremden kulturellen Welt wünschens- rungsindustrie zuzurechnen ist. Es beste-
wert und notwendig. Damit ist eine An- hen allerdings Wechselbeziehungen zwi-
näherung an Sprache und Kultur grun- schen dem internationalen Handel und
dierendes Weltwissen beabsichtigt (zum dem Sektor der Agrar- und Ernährungs-
Weltwissen als enzyklopädischem Wis- industrie, weil die Produkte aus der
sen vgl. Heinemann/Viehweger 1991: 95; Agrar- und Ernährungsindustrie auf dem
vgl. etwa auch Linke/Nussbaumer 1991; internationalen Markt abgesetzt werden.
Wolff 1990). Literatur ist zudem wichtig, Durch die Thematisierung der Fachspra-
weil sie allgemein zur Erweiterung des che der Agrar- und Ernährungswirt-
Wissensspektrums des Menschen bei- schaft werden diese Bezüge mit abge-
trägt. Außerdem liegt und keimt die Dy- deckt.
namik einer Sprache in ihrer Literatur, sei Der Erwerb der deutschen Fachsprache
diese nun schriftlich oder mündlich. für Agrar- und Ernährungsindustrie ist
für die Absolventen der LEA unmittelbar
Fachdeutsch für Agrar- und Ernährungsin- praxisrelevant. Als ein Beispiel für ein Pro-
dustrie dukt aus der Landwirtschaft, dessen
Die Tatsache, dass vor allem »industries Marketing im deutschsprachigen Raum
de transformation alimentaire« / Agrar- unmittelbar verbessert werden könnte,
und Ernährungsunternehmen im Sene- sei hier das »bissap« genannte National-
gal angesiedelt sind, liegt der Berücksich- getränk des Senegal angeführt. Es han-
tigung dieses Bereiches als spezieller delt sich um ein Getränk, das aus einer
Fachrichtung an der Universität zu Thiès Pflanze hergestellt wird – Hibiscus Sab-
zugrunde. Im Jahre 2007 hat dieser Sektor dariffa –, deren Herkunft allerdings noch
4,7 % des BIP im Senegal erwirtschaftet, kontrovers diskutiert wird. Zur Verarbei-
das sind ca. 251 Milliarden FCFA / 380 tung dieses Produktes liegen viele For-
Millionen Euro (vgl. Direction de la Pré- schungsergebnisse vor, die am senegale-
vision et des Etudes Economiques), wo- sischen Institut de Technologie Alimen-
bei die Pflanzenölindustrie den ersten taire (ITA) / Institut für Ernährungstech-
Platz einnimmt, gefolgt von Produkten nologie erarbeitet wurden. Das Produkt
aus der Fischerei. Im Jahre 2006 sind im »Bissap« wird hauptsächlich in einem
Fischereisektor ca. 74.000 Tonnen u. a. in Unternehmen der Agrar- und Ernäh-
die Europäische Union exportiert wor- rungswirtschaft (»KIRENE«) in der Nähe
den, was einem Gesamtbetrag von etwa der Universitätsstadt Thiès nicht nur ver-
200 Millionen Euro entspricht. Der Im- arbeitet, sondern es findet dort auch sein
port der Bundesrepublik Deutschland Hauptabsatzgebiet. Aus »Bissap« macht
aus dem Senegal besteht in erster Linie man u. a. Marmelade, ein Flüssiggetränk
aus Ernährungsprodukten (vgl. Inter- sowie ein Instantgetränk (vgl. Prospekt
view der deutschen Botschafterin in Da- von ITA 2006). Was die Inhaltsstoffe an-
kar, Sud Quotidien, 30. Oktober 2008). geht, ist »Bissap« reich an Potassium,
Etwa 70 % der Erwerbstätigen Senegals Magnesium und Vitamin C. Auch zu
arbeiten im Agrarsektor anderen im Senegal angebauten Agrar-
Für den Studienschwerpunkt gilt der produkten, wie z.B. »Bouye« (das Frucht-
Komplex »Wirtschaft« als Hauptbereich, fleisch des Affenbrotbaumes), »gin-
dem als einer der intern unterschiedenen gembre« (Ingwer), werden am ITA For-
Fachbereiche (und den somit nebenein- schungsarbeiten zu Charakteristik und
567
Verarbeitung durchgeführt (vgl. Inter- alité« erworben werden), sollten die Ab-
view des ITA-Direktors in Le Soleil vom 4. solventen vor allem in die Lage versetzt
Januar 2010). Einer der Vorteile des Af- werden, »translatorische Tätigkeiten« im
fenbrotbaums etwa ist die Tatsache, dass Unternehmensbereich auszuüben.
dessen Früchte u. a. reich an Kalzium »Translatorische Tätigkeiten«, zu denen
sind. auch die Übersetzung gehört, können als
Ausgehend von der Tatsache, dass im Formen der Textverarbeitung aufgefasst
Bereich Agrar- und Ernährungsindustrie werden, an denen mehr als eine Sprache
die Fachlichkeit als Bedingung gilt (vgl. beteiligt ist (vgl. Knapp/Knapp-Potthoff
Beier/Möhn 1988: 60), kommt der Fach- 1985: 450). Damit ist ein direkter Beitrag
kompetenz der Lehrenden eine beson- zur interkulturellen Verständigung ge-
dere Rolle zu. Da der Fachsprachenunter- währleistet.
richt vor allem in den Händen von
Fremdsprachenlehrern liegt (vgl. zu die- 3. Mangel an »Fertigkeitskombination«
ser Problematik Fearns 2005: 169), sollten als Problembereich
die Lehrkräfte in der Lage sein, sich das An der Universität Thiès waren im aka-
Fachwissen im Bereich der Agrar- und demischen Jahr 2009/2010 insgesamt elf
Ernährungsindustrie schnell anzueignen. Studierende (vier im 4. Semester und
sieben im 2. Semester) im Fach Deutsch
2.2 Lernziele eingeschrieben. Im Seminar zur deut-
Übergeordnetes Lernziel ist es, die Ler- schen Linguistik/Fachsprachenlinguistik,
nenden zu befähigen, qualifiziert an wofür ich im zweiten Studienjahr verant-
Kommunikationssituationen teilzuneh- wortlich bin, zeigte sich, dass das Hörver-
men, die im Geschäftsleben der Agrar- stehen eines der auffälligsten Probleme
und Ernährungswirtschaft typischer- im Spracherwerb darstellt. Es gelingt den
weise vorkommen, wobei vorausgesetzt Studierenden nicht besonders gut, Noti-
wird, dass die Kommunikation in der zen zu machen; dies zeigt einen deut-
Zielsprache Deutsch stattfinden soll. Von lichen Mangel im Bereich der Hörkompe-
besonderer Bedeutung sind dabei fol- tenz an. Das Hörverstehen ist neben dem
gende Teil-Kompetenzen: Leseverstehen, dem Sprechen und dem
– die Informationsentnahme aus schrift- Schreiben eine der spezifischen, durch
lichen und mündlichen Fachtexten, den Unterricht auszubildenden Fertig-
wobei hier Arbeitsstrategien eine be- keiten; das Gehörte wird hier mit Sinn
sondere Rolle spielen verbunden, was als ein konstruktiver
– der Erwerb sprachlicher Mittel (Se- Prozess begriffen wird (vgl. Segermann
mantik, Syntax) 2005: 295).
– der Erwerb interkultureller Kompe- Allgemein gilt es zu konstatieren, dass
tenz. das Hören in der Fremdsprache im Ver-
Auch mit Blick auf das Unterrichtsange- gleich zur Muttersprache nicht einfach
bot fällt auf, dass der Fachübersetzung hier sein kann (vgl. Solmecke 1992). Zu diffe-
eine zentrale Rolle zukommt. Ziel ist es, renzieren ist sicherlich danach, ob Infor-
die Mehrsprachigkeit internationaler mationen aus gesprochenen Fachtexten
Fachkommunikation zur überbrücken oder aus einem Gespräch entnommen
(vgl. Roelcke 2010: 150), das heißt: Ausge- werden sollen. Ziel des Hörverstehens-
stattet mit den nötigen Fachkenntnissen trainings im Fremdsprachenunterricht ist
(die mit Hilfe von Landeskunde und von es, fremdsprachliche Texte zu verstehen,
Fallbeispielen im Kurs »Langue de spéci- zu verarbeiten und das Verstandene zum
568
Oliver Bayerlein
Zusammenfassung
In dem Aufsatz wird eine Untersuchung referiert, die im Rahmen eines Online-Sprach-
kurses für Deutsch als Fremdsprache das Ziel hatte, das Verhalten von Lernern in Bezug zu
einem von dem Programm ausgegebenen Feedback zu untersuchen. Ausgehend von der in
der Literatur bereits geäußerten Vermutung, dass nicht immer ein elaboriertes Feedback
auch ein gutes Feedback sein muss, wurden die Lernwege von japanischen Studenten und
Studentinnen aufgezeichnet und ausgewertet.
Der Autor stellt zunächst die möglichen Arten von Feedback vor, um danach die
Lernwirksamkeit von Feedback zu diskutieren. Dabei vergleicht der Autor seine eigenen
Untersuchungen mit denen in der Literatur referierten Studien. Er zieht aufgrund der
Beobachtungen des Lernerverhaltens seiner Studenten den Schluss, dass die häufig in der
Literatur geäußerte Gleichung »einfaches Feedback = schlechtes Feedback« in dieser
absoluten Form nicht richtig ist. Der Autor kommt vielmehr zu einer eigenen Schlussfolge-
rung, bei welcher er das notwendige Feedback zur Dynamik der Übung in Beziehung setzt.
Der Link auf zwei kurze Videos, in denen die Schlussfolgerungen des Autors illustriert
werden, runden den Aufsatz ab.
Jahren veranschlagt. Gegenwärtig – also scheidend die Qualität des ganzen Pro-
2010 – befindet sich das Projekt im dritten gramms bestimmt (vgl. beispielsweise
Jahr. Musch 2000: o. S.; Rösler/Tschirner 2002:
Während des gesamten Erstellungszeit- 151; Rösler 2004: 177, Rösler 2008: 380).
raums wird für das Projekt eine forma- Jedoch wird nicht konkret gesagt, was
tive Evaluation durchgeführt: Die Studie- genau diese Qualität ausmacht.
renden, die an diesem Kurs teilnehmen, Rösler formuliert diese Problematik in
müssen ausführliche Online-Fragebögen Form einer Frage:
ausfüllen und ausgewählte Studierende »Soll eine Grammatikübung im Feedback
werden bei der Bearbeitung des Kurses z. B. eine Erklärung liefern, einen Link auf
gefilmt. Bei anderen Studierenden wer- eine Seite, in der das Phänomen dargestellt
den mit Hilfe einer speziellen Software wird? Oder ist das nicht viel zu aufwändig
(ScreenFlow für Mac OS) alle Aktivitäten für einen Lerner, der bei einer geschlos-
senen Übung nur schnell wissen möchte, ob
am Computer – Mauszeigerbewegungen, was er angeklickt hatte richtig oder falsch
Tastatureingaben sowie mündliche Äu- war?« (Rösler 2008: 381)
ßerungen – aufgezeichnet. Aufgrund der
Diese Frage deutet bereits einen Zweifel
Ergebnisse dieser Evaluation wird der
an folgender Gleichung an:
Kurs modifiziert und verbessert. Inzwi-
schen liegen ca. 15 Stunden Lernerbeob- »einfaches Feedback = schlechtes Feedback«.
achtung vor, die ausgewertet wurden. So schreibt beispielsweise Musch:
Nach einer Phase der Verbesserung des »In kontrollierten empirischen Studien füh-
Kurses, die im Herbst 2010 planmäßig ren elaborierte Formen von Feedback in der
abgeschlossen sein wird, werden wir eine Regel zu besseren Lernerfolgen als Rück-
erneute Evaluation vornehmen. meldungen, die sich in der bloßen Informa-
Zur Zeit gibt es für die Teilnehmer des tion über die Richtigkeit der gegebenen
Online-Kurses weder eine tutorielle Be- Antwort erschöpfen.« (Musch 2000: o. S.)
treuung, noch ist das System als Blended- Es könnte also sein, dass unter Umstän-
Learning-Kurs konzipiert: Das bedeutet den auch ein einfaches Feedback ein
für die Lerner, dass sie alleine vor dem durchaus angemessenes, also gutes Feed-
Computer Texte, Audioaufnahmen und back ist.
Videos verstehen sowie die Aufgaben Was macht die Qualität der Rückmel-
bearbeiten müssen. Ein Fokus der Evalu- dung für einen Lerner aus? Besteht eine
ation liegt aus diesem Grund auf der Art Korrelation zwischen der Form der
und Weise der Rückmeldungen; konkret Übung und der Art von Rückmeldung,
lautet die Forschungsfrage: Wie kann das die für eine Übung angemessen ist? Die
LMS mit Hilfe von Feedback zu falschen Beantwortung dieser Fragen könnte vie-
Lernerantworten die Lernenden so unter- len, die sich mit der Erstellung von IT-
stützen, dass sie möglichst selbstständig gestütztem Lehrmaterial befassen, even-
die richtigen Lösungen finden können? tuell erhebliche Mühe ersparen, denn die
Es wird im Grunde versucht, durch das Formulierung eines elaborierten Feed-
LMS die Reaktionen eines guten Do- backs bei falschen Antworten bereitet
zenten im Kursraum zu imitieren, der häufiger mehr Mühe als die Formulie-
durch gezielte Hinweise und Verbesse- rung der eigentlichen Übung.
rungen versucht, den Lerner zur selbst- Untersuchungen zur Lernwirksamkeit
ständigen Lösung der Aufgabe zu leiten. von Feedback, insbesondere bei IT-ge-
In der Literatur wird häufig betont, dass stützten Sprachlernprogrammen, gibt es
die Qualität solcher Rückmeldungen ent- nur wenige. Zwei Ausnahmen (Nagata
572
1993 und Nagata/Swisher 1995) seien hier 2.1 Knowledge of Result (KOR)
hervorgehoben: Beide Aufsätze referie- Die sicherlich einfachste Form einer
ren Untersuchungen zur Lernwirksam- Rückmeldung, die ein Lerner nach einer
keit von elaboriertem Feedback beim Eingabe in einem Übungsprogramm be-
computergestützten Lernen der Fremd- kommen kann, ist die Mitteilung, ob die
sprache Japanisch. Nagata (1993) unter- Antwort richtig oder falsch war. Im Falle
suchte die Auswirkungen von elabo- einer falschen Antwort würde also die
riertem Feedback beim Lernen des Pas- Rückmeldung lauten: »Ihre Antwort ist
sivs für die japanische Sprache. falsch«, ohne dass das richtige Ergebnis
Diese Untersuchungen wurden in einer bekanntgegeben würde. Diese Art von
Art Labor unter »klinischen« Bedin- Rückmeldung wird häufig als eine
gungen durchgeführt. Das bedeutet, die schlechte Form von Rückmeldung ge-
Untersuchungen wurden nicht in einer wertet, da ein Lerner bei dieser Rückmel-
realen Lernsituation, sondern mit spezi- dung keinerlei Hinweis erhält, wie er zur
ellen Texten für spezielle Untersuchungs- richtigen Lösung gelangen kann. Wenn
aufgaben in speziellen Lernarrangements in einer Unterrichtssituation der Kurslei-
vorgenommen. Der Ansatz, der dagegen ter auf die Antwort eines Studierenden
in diesem Aufsatz verfolgt wird, ist der mit der Antwort »Falsch!« reagieren wür-
einer empirischen Untersuchung in einer de, entspräche diese Antwort dieser Art
realistischen Lernsituation: Wir haben der Rückmeldung.
die Wirksamkeit von verschiedenen
Feedbackformen durch die Beobachtung 2.2 Knowledge of Correct Result (KCR)
der Lernwege von ausgewählten Proban- Knowlegde of Correct Result zeigt dem
den erkundet, ohne spezielle Übungen Lerner nach seiner Eingabe, welche Ant-
vorzugeben, die nur dazu erstellt wur- wort die richtige ist. Es bleibt dem Ler-
den, die Wirksamkeit oder Unwirksam- ner überlassen zu entscheiden, ob seine
keit von Feedback zu analysieren. Antwort mit der richtigen Antwort
Vorweg kann gesagt werden, dass unsere identisch oder ob seine Antwort falsch
Untersuchungen gezeigt haben, dass die ist. Häufig wird aber KCR mit KOR
Gleichung umfangreiches Feedback = gutes kombiniert: »Leider ist Ihre Antwort
Feedback in dieser Ausschließlichkeit falsch. Die richtige Antwort lautet: …«.
nicht aufrechterhalten werden kann. Diese oder ähnliche Formulierungen
Bevor jedoch über die Angemessenheit können fast in jedem IT-gestützten
von Feedback diskutiert werden kann, Sprachkurs beobachtet werden.
müssen zunächst einmal die verschie-
denen Arten von Feedback systematisiert 2.3 Answer until correct (AUC)
werden. In diesem Fall müssen die Lerner so lange
probieren, bis sie die richtige Antwort
2. Formen von Feedback gefunden haben. Diese Form der Rück-
Man kann prinzipiell zwischen ein- meldung lässt sich nur schwer denken
fachem und komplexem Feedback unter- ohne eine Kombination mit KOR. Bei-
scheiden (die folgende Unterscheidung spielsweise könnte eine Multiple-Choice-
beruht auf der Online-Veröffentlichung Übung, die durch einen Mausklick bear-
von Jacobs 2002). Das einfache Feedback beitet werden muss, so lange eine Falsch-
wiederum lässt sich weiter in verschie- Rückmeldung ausgeben (KOR), bis der
dene Formen unterteilen, die hier zu- Lerner die richtige Antwort angeklickt
nächst vorgestellt werden sollen. hat (AUC).
573
Unsere Evaluationen haben jedoch erge- werden können, also bei solchen
ben, dass gerade bei Multiple-Choice- Übungsformen, die weitergehende Akti-
Übungen derartige Begründungen nicht vitäten des Lerners erfordern: Frei-
gelesen werden.1 Vielmehr versuchen die texteingaben bzw. Lückentextübungen.
Lerner stattdessen, auf eine andere Ant- Bei diesen Übungsformen ist nicht ge-
wortmöglichkeit zu klicken – durchaus währleistet, dass der Lerner spätestens
nicht blind, sondern überlegend (vgl. die bei dem vierten schnellen Klick die rich-
filmische Auswertung von Nutzerverhal- tige Lösung findet. Vielmehr sind die
ten unter der folgenden Adresse: http:// Antwortmöglichkeiten potenziell unbe-
gallery.me.com/oliver.bayerlein#100246). grenzt. Daher ist es geboten, den Lerner
Die Fehlerkorrektur, die Jacobs fordert, bei falschen Antworten gezielt zu infor-
führt der Lerner selbst durch: Sie besteht mieren, warum seine Antwort falsch
aus der Suche nach der richtigen Antwort war und wie die richtige Antwort einge-
unter den verbliebenen Distraktoren. Of- geben werden kann. Unsere Beobach-
fensichtlich werden zusätzliche Informa- tungen zeigen auch, dass bei derartigen
tionen, die zur richtigen Lösung führen Übungsformen das Feedback gelesen
könnten, ignoriert, da sie den schnellen wird, auch wenn es etwas länger ist (vgl.
Rhythmus der Übung durchbrechen: die filmische Auswertung von Nutzer-
Eher werden noch weitere falsche Klicks verhalten unter der folgenden Adresse:
in Kauf genommen. Das gleiche gilt für http://gallery.me.com/oliver.bayerlein
sogenannte Zuordnungsübungen, bei #100254).
denen per Auswahlbox verschiedene Ele- Die Anstrengung, elaboriertes Feedback
mente auf der rechten Seite den Ele- zu konzipieren, lohnt sich also nur dann,
menten auf der linken Seite zugeordnet wenn auch sichergestellt ist, dass die Ler-
werden müssen. Auch bei dieser Übung ner sich die Mühe machen, dieses Feed-
ist es einfacher und schneller, nach einer back zu lesen. Bei einem Lernprogramm
falschen Antwort ein anderes Zuord- für Fremdsprachen muss zusätzlich si-
nungselement auszusuchen als eine Er- chergestellt sein, dass dieses Feedback
klärung über die Art des Fehlers und die sprachlich nicht schwerer zu verstehen
Möglichkeiten zur Verbesserung des Feh- ist als die eigentliche Aufgabe. Das Feed-
lers zu lesen: Die Verbesserung des Feh- back sollte daher gegebenenfalls in die
lers besteht in einer Neuauswahl des zu- Muttersprache der Lerner oder in eine
zuordnenden Elements. Mittlersprache übersetzt werden (daher
Anders dagegen bei Übungsformen, de- wurden in dem Projekt OnlineDeutsch
ren Antworten nicht durch einen ein- sämtliche metasprachlichen Erklärungen
fachen Klick mit der Maus gefunden ins Japanische übersetzt).
Ulf Schütze
Zusammenfassung
In diesem Artikel wird der Frage nachgegangen, inwieweit Neue Medien sinnvoll und über
einen längeren Zeitraum im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden können. Dabei
wird Nachhaltigkeit als Faktor eingeführt – ein Konzept, das ursprünglich im Zusammen-
hang mit dem Umweltschutz entwickelt wurde, inzwischen aber in vielen Bereichen des
Lebens Anwendung findet. Zunächst wird der Begriff der Nachhaltigkeit im Zusammen-
hang mit dem Einsatz Neuer Medien im Fremdsprachenunterricht im Zusammenhang
vorhandener Studien diskutiert. Anschließend werden anhand des Unterrichtsbeispiels
›Der Konjunktiv‹ mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, Neue Medien im Sprachunterricht
einzusetzen. Diese Beispiele werden auf den Faktor der Nachhaltigkeit hin analysiert.
Schließlich werden zwei Beispiele vorgestellt, in denen mit Hilfe von Neuen Medien ›Der
Konjunktiv‹ im Fremdsprachenunterricht im Sinne der Nachhaltigkeit vermittelt werden
kann.
1 Der Begriff »Neue Medien« bezieht sich auf technische Hilfsmittel (z. B. YouTube, MP3),
Software aller Art, Kooperationsmedien (z. B. Forum, Chat, Skype, Wiki).
essantes Thema in den Sprachunterricht Natürlich lässt sich so eine Tabelle auch
einzubeziehen. Der Videoclip ist ca. 2 anhand einer Folie auf dem Overhead-
Minuten lang. projektor anfertigen. Der Vorteil eines
Textverarbeitungsprogramms liegt darin,
3.2 Bunte Tabellen dass die Datei problemlos im htm Format
Im nächsten Schritt werden die Formen gespeichert und somit auf der Internet-
des Konjunktivs besprochen. Es gibt meh- seite, die den Kurs begleitet, geladen wer-
rere Möglichkeiten, dies anzugehen. Man den kann. Auf diese Art und Weise haben
Lerner jederzeit auf die den eigenen
kann induktiv vorgehen und anhand wei-
Wünschen des Lehrers entsprechend an-
terer Beispiele die Lerner die Formen
gefertigte Tabelle Zugriff.
selbst finden lassen. In diesem Fall emp-
fiehlt es sich, zusätzlich zum Video auch
3.3 MP3
einen Lesetext zur Verfügung zu stellen,
Als dritter Schritt ist es nützlich, nicht nur
da die meisten Lerner visuell veranlagt
die syntaktisch-morphologische Form
sind und die Formen leichter identifizie-
des Konjunktivs, sondern auch die pho-
ren können, wenn sie zu sehen und nicht
nologische Form zu vermitteln. Mit Hilfe
nur zu hören sind. Man kann auch deduk-
des Programms Audacity können Bei-
tiv vorgehen und die Formen einfach vor-
spielsätze, von Muttersprachlern gespro-
geben. In beiden Fällen, induktiv wie de-
chen, im MP3 Format aufgezeichnet wer-
duktiv, wird man früher oder später eine
den. Überraschenderweise wird dies in
Tabelle benutzen, um in einer Übersicht
Lehrwerken oft vernachlässigt. Dort sind
das selbst erarbeitete Wissen (induktiv) zu
zwar Dialoge vorhanden, in denen der
sichern oder die vorgegebene Information Konjunktiv zwei- oder dreimal vor-
(deduktiv) darzustellen. Solche Tabellen kommt, aber gezielte Hörübungen, mit
sind in Lehrwerken vorhanden. Aller- deren Hilfe die Aussprache geschult
dings entsprechen sie in vielen Fällen wird, sind oft nicht vorhanden. Die MP3-
nicht den Vorstellungen des Lehrers, da Dateien können auf die den Kurs beglei-
diese Tabellen je nach Lehrwerk zu kom- tende Internetseite hochgeladen werden,
pliziert bzw. zu einfach sind. so dass Lerner die Dateien so oft anhören
Mit Hilfe eines Textverarbeitungspro- können, wie sie möchten.
gramms kann man eine eigene Tabelle
zusammenstellen und die Dinge, die 3.4 Computerprogramm
einem wichtig sind, farblich kennzeich- Im Anschluss an den dargestellten Un-
nen. Die Überschrift ›Konjunktiv‹ ist lila, terrichtsverlauf sollten die Lerner nun
die Unterschrift ›Konjunktiv I‹ rot und den Umgang des Konjunktivs üben. Die
die Unterschrift ›Konjunktiv II‹ blau, da meisten Lehrwerke liefern auf einer CD
blau und rot in der Farbenlehre lila erge- oder einer Internetseite solche Übungen
ben. Die Anwendung wird in der glei- mit. Ist dies nicht der Fall, lassen sich
chen Farbe gekennzeichnet: ›Konjunktiv Computerprogramme wie Hot Potatoes
I‹ in rot; Anwendung: ›indirekte Rede‹ in benutzen, mit deren Hilfe Übungen
rot. ›Konjunktiv II‹ in blau; Anwendung: schnell selbst entworfen werden kön-
›Abhängigkeit, Vermutungen, Wünsche, nen.
höfliche Bitten‹ in blau. Die Markie- Es gibt verschiedene Aufgabentypen,
rungen, z. B. das ›-e‹ in der 3. Sg. im die sich anhand solcher Programme ver-
Konjunktiv I, können ebenfalls farblich wirklichen lassen. Zum Beispiel sollen
gekennzeichnet werden. Lerner in einem Satz die Verben identi-
583
fizieren, die im Konjunktiv stehen. Oder Durch den Kontakt mit Muttersprach-
es sollen anhand eines Lückentextes lern können sie in einen Dialog eintre-
Verben im Konjunktiv ergänzt werden. ten, der zur Interkulturellen Kommu-
Es gibt auch Zuordnungsaufgaben, in nikativen Kompetenz führt.
denen Lerner aus vorgegebenen Satztei- Unter diesen Gesichtspunkten kann der
len einen vollständigen Satz zusammen- dargestellte Einsatz Neuer Medien im
stellen sollen. Fremdsprachenunterricht, wie sie in dem
Beispiel benutzt wurden, analysiert wer-
4. Kritik den. Grundsätzlich liegt eine Motivation
Insgesamt sind in dem hier dargestellten von außen vor, die durch das Video her-
Beispiel des Konjunktivs mehrere Neue beigeführt wird. Dies bezeichnet man
Medien zum Einsatz gekommen. Die auch als extrinsische Motivation. Eine
Frage ist, ob sich der Aufwand lohnt und Kompetenzerfahrung ist nur bedingt
die Lerner tatsächlich mit diesen Medien vorhanden. Auch wenn der Lerner die
den Konjunktiv lernen? Grundsätzlich ist Aufgaben in den Computerprogrammen
an den hier aufgezeigten Beispielen – richtig löst, sind diese Aufgaben in ihrer
Video, htm Tabellen, MP3, Hot Potatoes – Kreativität beschränkt. Eine kreative
nichts falsch. Betrachten wir die Kriterien Aufgabe, in der Studenten selbständig
der Nachhaltigkeit, die im ersten Ab- vollständige Sätze schreiben sollen, lässt
schnitt dieses Artikels diskutiert wurden, sich anhand eines solchen Computerpro-
erheben sich jedoch Zweifel. Die Krite- gramms nur schwer verwirklichen, wie
rien im Überblick waren: Lerner etwa, um im Beispiel des Films
a. die Motivation sollte intrinsisch sein, Das Leben der Anderen zu bleiben, wenn
so dass Lerner Kompetenz erfahren, Lerner die Frage beantworten sollen:
sich sozial zugehörig fühlen, selbstän- »Was würdest du in dieser Situation ma-
dig arbeiten und Verantwortung über- chen?« Es gibt unendlich viele Möglich-
nehmen; keiten zu antworten, die sich unmöglich
b. das ausgewählte Medium sollte eine alle in den Computer programmieren las-
Kooperation unter Lernern fördern sen, was aber notwendig wäre, damit
und diese Kooperation einen gewissen dieser die Antworten als korrekt identifi-
Grad der Selbststeuerung haben. Wich- zierte. Unter diesem Gesichtspunkt über-
tig ist dabei, dass auf Lerner- und nimmt der Lerner beim Einsatz dieser
Gruppencharakteristika eingegangen Computerprogramme nur sehr wenig
und der Lernkontext berücksichtigt Verantwortung. Ein Gefühl sozialer Zu-
wird; gehörigkeit ist ebenfalls nicht vorhanden.
c. die Aufgaben sollten zu einem be- Um eine Kooperation zu fördern, können
stimmten Grad kontrolliert sein, um Lerner die Aufgaben gemeinsam bearbei-
dem Lerner die notwendigen Anhalts- ten, was aber aufgrund der Einfachheit
punkte zu liefern, Kreativität also zwar der Aufgaben die Gefahr mit sich bringt,
zu fördern, sie aber nicht unkontrolliert dem Lerner das letzte Stück Selbststän-
wachsen zu lassen, da sonst die Gefahr digkeit zu entziehen. Positiv zu bewerten
besteht, dass Lerner etwas ganz ande- ist, dass Lerner bei diesen Aufgaben eine
res machen als, wie im Beispiel, den schnelle und direkte Rückmeldung erhal-
Konjunktiv zu lernen; ten. Aufgrund des fehlenden Kontakts zu
d.die Bewertung sollte transparent sein Muttersprachlern ist allerdings die Ent-
und die Lerner sollten eine schnelle wicklung der Interkulturellen Kommuni-
und direkte Rückmeldung erfahren. kativen Kompetenz kaum möglich. Eine
584
MP3 abzuspielen, auf der die Stimmen dass jeder Kursteilnehmer dies sehen
von Muttersprachlern zu hören sind, kann. Gemeinsam wird dann eine Fehler-
reicht nicht aus. Dies gilt auch für Dia- analyse vorgenommen. Alternativ kann
loge, die von Lehrwerken auf CDs oder der Chat auch zu einem späteren Zeit-
als download zur Verfügung gestellt wer- punkt wieder aufgerufen werden. Zum
den. Letztendlich bleibt der Lerner bei Beispiel am Ende der Unterrichtseinheit.
solchen Übungen passiv. Man kann so den Lernern aufzeigen, wel-
che Fortschritte sie gemacht haben.
5. Zwei neue Beispiele Bei dieser Art des Einsatzes Neuer Me-
Selbstverständlich ist es immer einfach dien übernimmt der Lerner Verantwor-
etwas zu kritisieren. Die Aufgabe, die tung; er kooperiert mit anderen Lernern
sich dieser Artikel stellt, ist es aber, die und hat einen gewissen Grad der Selbst-
Nachhaltigkeit Neuer Medien im Fremd- steuerung; er fühlt sich durch die Grup-
sprachenunterricht von allen Seiten zu penarbeit zugehörig und er erfährt Kom-
betrachten. Wie kann man also Neue Me- petenz, da seine / ihre Kreativität gefragt
dien einsetzen, so dass Lerner es als sinn- ist. Man muss als Lehrer allerdings sehr
voll empfinden und auch langfristig mit auf die Gruppenzusammensetzung ach-
diesen Medien eine Sprache lernen wol- ten und auch die Aufgabenstellung fest-
len? legen. Genaue Angaben zur Anzahl und
Die Antwort ist recht einfach: Der hier Länge der Beiträge zum Chat sind unab-
anhand des Konjunktivs dargestellte Ein- dingbar, da sonst der Chat ausufert.
satz Neuer Medien ist zu wenig. Man Auch sollte der Lehrer in den verschie-
muss als Lehrer mehr tun. Vor allem muss denen Chatrooms aufmerksam verfol-
man eine Kommunikation zwischen Ler- gen, wer was zu wem sagt. Eine Rück-
nern herstellen. Und gerade dazu eignen meldung erfahren die Lerner durch die
sich Neue Medien, wie die beiden fol- Projektion auf die Leinwand (oder auch
genden Beispiele verdeutlichen. durch direkten Eingriff des Lehrers in
einzelne Chatrooms). Durch den Kontakt
5.1 Lerner-Lerner Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern wird fer-
Eine Möglichkeit besteht darin, eine ner der erste Schritt auf dem Weg zur
Kommunikation zwischen Lernern des Interkulturellen Kommunikativen Kom-
gleichen Kurses herzustellen. Nehmen petenz getan, der darin besteht, etwas
wir das Beispiel der in Bezug auf den Neues zu erfahren, ohne die eigene Iden-
Film Das Leben der Anderen bereits ange- tität aufzugeben. Der nächste Schritt ist
sprochenen Frage »Was würdest du in der Kontakt mit Muttersprachlern.
dieser Situation machen?« Die Teilneh- Abschließend sollte noch erwähnt wer-
mer des Kurses werden in mehrere Grup- den, dass Lerner die Frage »Was würdest
pen aufgeteilt, wobei auf Lerner- und du in dieser Situation machen?« natürlich
Gruppencharakteristika geachtet wird. auch einfach in Gruppen im Kurs disku-
Jede Gruppe macht einen Chat online. tieren können. Der Vorteil eines Chat
Der Inhalt wird mit Hilfe des Computers liegt allerdings in der Sicherung, so dass
gesichert, da man dort die Funktion ein- auf die Beiträge jederzeit zurückgegriffen
stellen kann, dass jeder Chat gespeichert werden kann. Ferner haben Lerner etwas
wird. So gehen keine Informationen ver- mehr Zeit zu überlegen, was sie schrei-
loren. Auszüge aus dem Chat der jewei- ben möchten und wie sie das gramma-
ligen Gruppen werden per Laptop und tisch richtig formulieren. Idealerweise
Beamer auf eine Leinwand projeziert, so könnte man aber im Anschluss an den
585
Chat, der auf Gruppen aufgeteilt war, die müssen klar formuliert sein (Fragestel-
Gruppen neu ordnen, indem Gruppen- lung; Länge der Beiträge; Anzahl der
teilnehmer ausgetauscht werden, und sie Beiträge). Beide Lehrer müssen den Aus-
mündlich diskutieren lassen. Hierbei ist tausch genauestens verfolgen. Nur so
wieder auf Lerner- und Gruppencharak- kann vermieden werden, was Dietmar
teristika zu achten. Auf diese Weise wer- Rösler (2008) so treffend formuliert hat:
den sowohl schriftliche wie mündliche
Trotz der erweiterten Kommunikations-
Kompetenzen geübt. möglichkeiten gilt weiterhin der Gemein-
platz: Wenn man sich nichts zu sagen hat,
5.2 Lerner-Muttersprachler Kommuni- ist es egal, wie luxoriös die Lernplattform
kation ist, in der man sich nichts zu sagen hat. Die
Eine andere Möglichkeit besteht darin, entscheidende Frage lautet: Haben Ler-
nende in Kooperationsprojekten anderen
eine Kommunikation zwischen Lernern Lernenden etwas mitzuteilen? (Rösler 2008:
des Kurses und Muttersprachlern herzu- 383)
stellen. An dieser Stelle eignen sich Neue
Medien besonders. Ein Austausch lässt Wird ein solcher Austausch gut vorberei-
sich technisch gesehen heutzutage pro- tet und geplant, ist die Belohnung aller-
blemlos herstellen. Per E-Mail, Chat oder dings in der Regel groß. In diesem Fall
Skype, die alle in Lernerplattformen wie werden Neue Medien tatsächlich nach-
z. B. Moodle integriert sind, ist dies mög- haltig im Fremdsprachenunterricht ein-
lich. Die Frage »Was würdest du in dieser gesetzt. Das gilt nicht nur für die Fak-
Situation machen?« bekommt so eine toren der Motivation (Kompetenzerfah-
neue Bedeutung, da die Muttersprachler rung, soziale Zugehörigkeit, Autonomie,
möglicherweise je nach Alter selber Er- Verantwortung), Medien (Kooperation,
fahrungen mit der Stasi gemacht haben, Selbststeuerung) und Aufgabenstellung
um im Beispiel von Das Leben der Anderen (Anhaltspunkte), sondern auch im Be-
zu bleiben, oder aber jemanden kennen, reich der Rückmeldung (Transparenz, In-
der solche Erfahrungen gemacht hat. Die terkulturelle Kommunikative Kompe-
interkulturelle Komponente wird so ge- tenz).
stärkt, da Lerner diese Informationen in
direktem Kontakt bekommen. 6. Schlussfolgerung
Wichtig ist, den Austausch gut vorzube- In diesem Aufsatz sind vier Themen
reiten, wie Ute Massler (2008) und Me- angesprochen worden, die für den Ein-
lissa Dooly (2007) dies ausgearbeitet ha- satz Neuer Medien im Fremdsprachen-
ben. Eine genaue Absprache mit dem unterricht von grundlegender Bedeu-
Lehrer des anderen Kurses, an dem die tung sind: die Motivation, die Aufga-
Muttersprachler teilnehmen, ist unab- benstellung, die Medien, die Bewertung.
dingbar. Es muss darauf geachtet wer- Der Schwerpunkt der Darstellung lag
den, dass das Spachniveau der Lerner auf der Nachhaltigkeit. Worauf muss ein
angemessen ist, damit keine Gruppe Lehrer achten, um Neue Medien sinn-
über- oder unterfordert wird. Die Mutter- voll im Unterricht einzusetzen? Zu-
sprachler müssen darauf aufmerksam ge- nächst wurden Beispiele gegeben, wie
macht werden, dass sie auf Fehler der Lerner mit Hilfe eines Video, bunter
Lerner eingehen und ihnen helfen, diese htm Tabellen, MP3s und Computerpro-
zu verbessern. Die Gruppenzusammen- grammen den Konjunktiv lernen. Es
setzung (Alter; Geschlecht; Interessen) ist wurde festgestellt, dass es notwendig
nicht zu vernachlässigen. Die Aufgaben ist, mehr zu tun und dieses Unterrichts-
586
konzept zu erweitern. Es sind vor allem Donnersmarck, Florian: Das Leben der An-
Neue Medien, die in der Forschung als deren. Arte, 2006.
›social media‹ bezeichnet werden, wel- Dooly, Melissa: »Choosing the Appropri-
che die Nachhaltigkeit fördern, da mit ate Communication Tools for an Online
Exchange«. In: Robert O’Dowd (Hrsg.):
Hilfe dieser Medien wie E-Mail, Chat, Online Intercultural Exchange. An Intro-
Wikis, Skype und Facebook eine Kom- duction for Foreign Language Teachers.
munikation zwischen Lernern herge- Clevedon: Multilingual Matters, 2007,
stellt werden kann. In solchen Fällen ist 213–234.
die Motivation intrinsisch und die Ler- Kern, Richard; Warschauer, Mark (Hrsg.):
ner erfahren Kompetenz und Verant- Theory and practice of network-based lan-
guage teaching. New York: Cambridge
wortung. Abgesehen von organisato- University Press, 2000.
rischen Dingen wie der Gruppenzusam- Kramsch, Claire: Context and Culture in Lan-
mensetzung muss darauf geachtet wer- guage Teaching. Oxford: Oxford Univer-
den, dass die Aufgaben kontrolliert sind sity Press, 1993.
und die Rückmeldung direkt und trans- Kramsch, Claire: »Language, thought, and
parent ist. Auf diese Weise kann lang- culture.« In: Alan Davies; Catherine Elder
fristig das Ziel der Interkulturellen (Hrsg.): The Handbook of Applied Linguis-
tics. Malden, MA: Blackwell, 2004, 235–
Kommunikativen Kompetenz erreicht 261.
werden. Massler, Ute: »Ausdruck, Analyse und För-
derung der schriftlichen Kommunika-
tions- und Kooperationsfähigkeit in E-
Literatur Mail-Projekten der Sekundarstufe I«,
Alred, Geoff; Byram, Michel; Fleming, Zeitschrift für Interkulturellen Fremdspra-
Michael (Hrsg.): Intercultural Experience chenunterricht 13, 1 (2008), 20 S. Online
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Matters, 2003. O’Dowd, Robert; Ritter, Markus: »Under-
Blake, Robert: Brave New Digital Classroom. standing and Working with ›Failed Com-
Washington, DC: Georgetown University munication‹ in Telecollaborative Ex-
Press, 2008. changes«, CALICO (Computer Assisted
Brandl, Klaus: »Maximizing task effects in Language Instruction Consortium) Journal
interactive online learning environ- 23, 3 (2006), 623–642.
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Using Technology in the Humanities) che mit digitalen Medien – Versuch einer
Symposium. University of Victoria, Can- Zwischenbilanz im Jahr 2008«, Info DaF
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Byram, Michael: Teaching and Assessing In- Schütze, Ulf: »Assessing Intercultural Dia-
tercultural Communicative Competence. logue: the German ›Wald‹ and the Cana-
Clevedon: Multilingual Matters, 1997. dian ›forest‹.« In: David Palfreyman;
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Rochester: University of Rochester Press, tween native speakers and nonnative
2002. speakers«, ReCALL 15, 1 (2003), 37–50.
587
Berichte
gen sich vor allem auf die Gestaltung von Beispielen wurden Potentiale und Ge-
Lernarrangements hinsichtlich der Ent- fahren multimodaler Testkonstruktionen
wicklung von Lernerautonomie. diskutiert.
Tobias Bargmann (Berlin) zeigte in seinem Anja Boneß (Osnabrück) thematisierte in
Vortrag »Was bedeutet eigentlich ›Voka- ihrem Vortrag »Strukturen gesprochener
beln beherrschen‹? – Wortschatzkompe- Sprache als Basisgrammatik für den
tenz und ihre Evaluation« auf, dass es für Schriftspracherwerb«. Mit Fokus auf Da-
den Bereich Wortschatz in einem nach ten von Schülern mit Migrationshinter-
dem GER ausgerichteten, kommunikativ- grund diskutierte sie, inwieweit kom-
und prozessorientierten DaF-/DaZ-Unter- plexe schriftsprachliche Strukturen auf
richt noch eines schlüssigen, operationali- weniger komplexen Strukturen gespro-
sierbaren Kompetenzmodells bedarf. Für chener Sprache basieren bzw. sich aus
die geforderte Entwicklung kontextuali- diesen heraus entwickeln.
sierter und integrativer Verfahren stellte Den Abschluss des Themenschwer-
er erste Überlegungen vor. punkts bildete Annkathrin Darsow (Ber-
Welche Gütekriterien an GER-basierte lin) mit ihrem Vortrag »Fachbezogene
Fertigkeitstests angelegt werden müssen, Sprachförderung in der Grundschule«.
erläuterte Dorrie Goossens (Arnheim/Nie- Die Referentin stellte die Konzeption des
derlande) in ihrem Beitrag »GER-Tests zur fachbezogenen Ansatzes eines laufenden
Evaluierung der verschiedenen Sprach- Forschungsprojekts vor, in dem sprach-
kompetenzen« am Beispiel einiger CITO- systematische und fachbezogene Zweit-
GER-Tests, die in den Niederlanden als sprachenförderung im Mathematik- und
zentrale Schultests eingesetzt werden. Sachunterricht hinsichtlich ihrer Wirk-
Hans-Joachim Schulze (Helsinki/Finn- samkeit und Nachhaltigkeit miteinander
land) berichtete in seinem Vortrag »Qua- verglichen werden sollen.
liDaF – Qualitätssicherung im fachbezo-
genen Deutsch als Fremdspracheunter- Themenschwerpunkt 3: »Motivation:
richt mündliche Kommunikation« von Forschungsgegenstand und Unter-
den Ergebnissen eines städteübergreifen- richtspraxis«
den multimedialen Fortbildungsprojekts Koordination: Silvia Demmig (Jena); Pe-
für DaF-Lektoren an finnischen Hoch- tra Gretsch (Freiburg); Nicole Marx (Pa-
schulen und stellte ein Kriterienraster derborn)
vor, das Lehrenden und Lernenden dabei
helfen soll, die Entwicklungsstufen Die Beiträge in dieser Sektion wurden
mündlicher Kompetenzen in den An- aus drei verschiedenen Perspektiven ge-
wendungsbereichen »Bewerbungsge- halten. Zunächst stand die Perspektive
spräch«, »Präsentation« und »Verbalisie- der Lernenden im Zentrum: »Was moti-
rung von Zahlen und Daten« transparent viert Lernende in aller Welt, Deutsch als
und nachvollziehbar zu machen. Fremdsprache zu wählen?« Diese Frage,
Mit seinem Vortrag »Ein neuer Kompe- die bereits in dem Plenarvortrag von
tenzbereich auf dem Vormarsch: audiovi- Claudia Riemer (Bielefeld) gestellt wor-
suelle Rezeption (Hör-Sehverstehen) in den war, stand ebenso bei den Beiträgen
Online-Tests« ging Wassilios Klein von Andreas Grünewald (Bielefeld) und
(Frankfurt) der Frage nach, welche Kon- Sebastian Chudak (Poznan/Polen) im
sequenzen aus der Möglichkeit zur Inte- Vordergrund. Dabei stellte Chudak mit
gration von Audio- und Videodaten in seinen Überlegungen »Motivationsför-
Online-Tests gezogen werden sollten. An dernde Wirkung von Bildern im Kontext
592
onsstudie des Bayrischen Modells der Die zwei letzten Vorträge dieser Sektion
Deutschlerngruppen (ehemals Sprach- hatten schließlich die Wirksamkeit von
lernklassen) präsentierte. Der erste Tag Fehlerkorrekturen zum Thema. Hinsicht-
wurde von Erika Kaltenbacher (Heidel- lich der von ihm vorgestellten empi-
berg) beschlossen, die einen kritischen rischen Studien konstatierte Christian
Blick auf die Qualität von Evaluations- Krekeler (Konstanz) vielfältige metho-
studien warf und zeigen konnte, wie dische Probleme, die die Aussagekraft
wichtig der Einsatz angemessener, lingu- der Untersuchungen fraglich machen.
istisch fundierter Verfahren bei der Über- Albrecht Klemm (Leipzig) zeigte in sei-
prüfung von Sprachfördermaßnahmen nem Vortrag, wie problematisch die Re-
ist. konstruktion der Äußerungsabsicht der
Der zweite Tag begann mit einem Vortrag Lernenden durch den Korrigierenden
von Holger Hopp (Mannheim) über me- sein kann. Zudem sollte nicht nur das
thodische und methodologische Aspekte überarbeitete Textprodukt, sondern auch
einer sprachwissenschaftlichen Wirk- der auf die Korrekturen folgende Überar-
samkeitsstudie zur Sprachförderung mit beitungsprozess in der Forschung größe-
Medieneinsatz im Vorschulbereich. Mit re Aufmerksamkeit erfahren.
diesem Vortrag wurde zugleich der The- Insgesamt wurde ein großes Interesse an
menbereich der DaZ-Förderung im Ele- dem Thema Wirkungsforschung deut-
mentar- und Primarbereich zum Ab- lich. Die Vorträge dieses Themenschwer-
schluss gebracht und der Fokus auf ältere punktes wurden im Laufe der Tagung
LernerInnen gerichtet. Rebecca Launer kontinuierlich von vielen Tagungsteil-
(Goethe-Institut München) referierte so- nehmerInnen besucht und führten zu
dann die Ergebnisse eines Forschungs- lebhaften Diskussionen, in denen es vor
projekts, in dem ein Blended-Learning- allem um methodologische und metho-
Modell für den DaF-Unterricht entwi- dische Aspekte der Wirkungsforschung
ckelt und empirisch untersucht wurde. ging. Stark forschungsbezogene Themen-
Der Beitrag von Steffi Winkler (Amster- schwerpunkte sollten deshalb auch in
dam/Niederlande) beschäftigte sich mit Zukunft ihren Platz auf der Tagung ha-
einer Interventionsstudie zum Erwerb ben und damit auch ein Stück zur Weiter-
der deutschen Satzstruktur bei italie- entwicklung und Qualitätssicherung der
nischsprachigen Universitätsstuden- (Wirkungs-)Forschung im Fach Deutsch
tInnen. Als zentrales Ergebnis der Studie als Fremdsprache beitragen.
kann festgehalten werden, dass durch
eine veränderte unterrichtliche Progres- Forum Unterrichtspraxis
sion deutlich größere Lernerfolge in Be- Koordination: Gabriela Leder (Marburg);
zug auf den Erwerb der (S)OV-Struktur Martin Lange (Kiel); Marcel Hinderer
und der Satzklammer erzielt werden (Freiburg)
konnten. Am Ende des zweiten Tages
zeigte Alexis Feldmeier (Bielefeld) in sei- Im Forum Unterrichtspraxis war das The-
nem Vortrag mit dem Titel »Aktionsfor- menspektrum in diesem Jahr vorab auf
schung in Integrationskursen«, inwie- folgende Themenbereiche eingegrenzt
weit auch die Aktionsforschung wert- worden:
volle Erkenntnisse zur Veränderung der – Studienbegleitung
Unterrichtspraxis liefern und somit als – Mehrwert digitalen Medieneinsatzes
Alternative zur Wirkungsforschung gel- – Gelungene Praxisbeispiele für hand-
ten kann. lungsorientierten Unterricht
594
Den Auftakt machten Heike Brandl und texten für die Formulierung eigener Ar-
Christiane Lutterkort (Bielefeld) mit dem beiten Verwendung finden.
Beitrag »Universitäre Alltagskommuni- In ihrem Beitrag »Hinführung zu einem
kation und Landeskunde für internatio- systematischen Wortschatzerwerb für
nale Graduierte in englischsprachigen Lernende auf Niveau C1-C2« stellte
Promotionsprogrammen«. Immer häu- Wiebke Strank (Kiel) ihre Unterrichts-
figer gilt es an unseren Hochschulen, konzeption für die Zielgruppe der Post-
DaF-Begleitprogramme für Studierende DSH/TestDaF-Studierenden vor, für die
und Promovierende anzubieten, die ihr es bisher wenig geeignetes Lehrmaterial
Fachstudium in englischer Sprache ab- gibt. Das mit homogenen norwegischen
solvieren, um so eine Teilhabe am Stu- und britischen sowie heterogenen Lern-
dien- und Lebensalltag, aber auch Einbli- gruppen erprobte Wortschatzmaterial er-
cke in Sprache und Kultur des Gast- öffnet dem einzelnen Lernenden neue
landes zu vermitteln. Die Referentinnen Wege des autonomen Lernens komple-
zeigten in ihrem Beitrag, wie durch situa- xen Vokabulars. Durch Systematisierung
tionsorientierte Module Verständigung semantischer, morphologischer und syn-
und Verständnis erreicht und die auslän- taktischer Kategorien sowie durch die
dischen Promovenden zur aktiven Teil- Verwendung von Spezialwörterbüchern
habe am Campus- und Alltagsleben und werden Hinweise zu autonomen Lern-
zu einer gewissen Selbständigkeit befä- möglichkeiten gegeben. Interessierte
higt werden können. Lehrende und Lernende finden in
Anschließend berichteten Claudia Einig Stranks gerade erschienenem Lehrwerk
(Bonn) und Gabriele Menne-El Sawy Da fehlen mir die Worte eine Fülle von
(Bonn) über das »Exzerpieren als wissen- Übungen und Anregungen.
schaftliche Arbeitstechnik für nicht-mut- Der Beitrag von Bärbel Kühn (Bremen)
tersprachliche Studierende«. Sie zeigten und Christine Rodewald (Bremen) »Au-
Verfahren auf, mit deren Hilfe diese Ziel- tonomes Lernen mit der Portfolio-Platt-
gruppe in die Lage versetzt wird, mit der form EPOS im Fremdsprachenzentrum
Fülle von Lernstoff und Quellenmaterial des Landes Bremen« setzte den Autono-
umzugehen und wesentliche Inhalte für mie-Gedanken fort und leitete über zur
den jeweiligen Zweck (Vorbereitung Frage des Mehrwertes digitaler Medien.
mündlicher Prüfungen, Quellenauswer- Die Referentinnen zeigten, wie der Um-
tung für Examens- und Hausarbeiten) zu gang Lernender mit dem eigenen Portfo-
erkennen und in übersichtlicher Form zu lio über die Plattform EPOS unterstützt
verarbeiten. werden kann. Die Plattform ermöglicht
Mi-Young Lee (Hamburg) beleuchtete durch Abfragen der Kann-Deskriptoren
die produktive Seite mit ihrem Referat des Gemeinsamen Europäischen Refe-
»Sprachlernorientierte Verarbeitung von renzrahmens eine leicht zugängliche
Fachtexten zur Förderung wissenschaft- Form der Selbstevaluation, erlaubt Kom-
licher Schreibkompetenz«. Durch die Iso- munikationen mit Lernberatern (Tuto-
lierung von Chunks (wissenschafts- rierte Systeme), die Kommentierung des
sprachlicher Strukturen und Lexik) in eigenen Lernens und die Erfassung des
akademischen Lesetexten sollen diese in eigenen Lernfortschritts. Näheres findet
ihrer Verwendungsweise und stilis- sich unter: http://www.eposweb.eu/. Die
tischen Niveau-Ebene erkannt werden Erprobung der Plattform ist über eine
und produktiv in jeweils passenden Kon- Demo-Version: http://epos21.demo.
595
mene der Aussprache erkennen und sie Eine zweieinhalbstündige Beratung zur
zielgerecht zu produzieren lernen. Ohne Sozialversicherung für selbständige Ho-
Frage war dieser äußerst lehrreiche und norarlehrkräfte (»Gesetzeslage, Pro-
kurzweilige Vortrag ein Höhepunkt des bleme und Lösungsansätze«) bot im An-
Forums, wenn nicht der gesamten Ta- schluss Erwin Denzler, Dozent für Ar-
gung. Für den Herbst kündigte der Refe- beits- und Sozialrecht (Fürth), an, in wel-
rent die schriftliche Publikation seiner cher aufgrund der sehr unterschiedlichen
Unterrichtserfahrungen zum Thema individuellen Situationen zwar keine
Aussprache an. Pauschallösung, aber doch eine Hilfe zur
Abschließend lässt sich für das Forum Einschätzung der eigenen Situation prä-
Unterrichtspraxis sagen, dass sich die sentiert werden konnte, welche sich bei
Vorgabe bestimmter thematischer der Klärung offener Fragen und bei der
Schwerpunkte bewährt hat und beim Pu- Entwicklung einer individuellen Strate-
blikum auf Zuspruch gestoßen ist, da die gie im Umgang mit Versicherungsträ-
Bündelung von Themenbereichen eine gern als nützlich erweist. Erwin Denzler
übergreifende Diskussion in den jewei- wird aufgrund der positiven Resonanz
ligen Themenblöcken ermöglichte. regelmäßig zu FaDaF-Jahrestagungen
eingeladen.
Forum Beruf und Qualifizierung Vertreter des Bundesverbands der Volks-
Koordination: Amadeus Hempel (Ham- hochschulen und von Sprachschulen dis-
burg); Hans-Werner Huneke (Freiburg); kutierten am Freitagvormittag über den
Annegret Middeke (Göttingen) »Arbeitsmarkt für DaF-/DaZ-Lehrkräfte,
Anforderungen an Lehrkräfte von Inte-
Das Praxisforum Beruf und Qualifizie- grationssprachkursen des BAMF und die
rung hat sich seit der Jahrestagung 2006, Ausgestaltung der rechtlichen und tat-
als erstmals ein separater Workshop aus sächlichen Bedingungen ›vor Ort‹«.
diesem Bereich zu den bekannten The- Anschließend informierten der stellver-
menschwerpunkten und dem Praxisfo- tretende FaDaF-Vorstandsvorsitzende
rum »Unterricht« angeboten wurde, in- Martin Lange (Kiel) und Vertreter des
zwischen zu einer durchgehenden Ver- FaDaF-GATE-Konsortiums aus Sicht der
anstaltung entwickelt. Für dieses Forum GATE-Hochschulmarketinginitiative des
gibt es vorab keinen Call, sondern es DAAD über Bildungsmarketing
werden gezielt Beiträge von Spezialisten (Deutsch lernen in Deutschland) für DaF-
für die Berufsbereiche DaF und DaZ an- Kurse in Deutschland. Im Vortrag berich-
geworben. Martina Rost-Roth und Heike teten Mitglieder des Konsortiums über
Mengele (Augsburg) eröffneten das Fo- Erfahrungen von Sibirien bis Chile, wo-
rum mit einem Vortrag zur »Lehreraus- bei unter anderem die Bedeutung des
bildung und Praxisorientierung im Stu- Auftretens unter einem Qualitätssiegel
dienfach ›DiDaZ‹ in Bayern am Beispiel und im Verbund deutlich wurde.
interkultureller Theaterprojekte an der Vertreter des Bundesamts für Migration
Universität Augsburg«. Es ging darin um und Flüchtlinge, von Pro Integration und
die Konzeption des Studiengangs und des Deutschen Bundestags äußerten sich
des Bayrischen Konzepts im Vergleich zu in der nächsten Veranstaltung, einer von
anderen Bundesländern und – am Bei- Vorstandsmitglied Amadeus Hempel
spiel interkultureller Dramapädagogik – (Hamburg) moderierten Podiumsdiskus-
um die Gestaltung von Kooperationen sion, zu den organisatorischen und finan-
mit Kulturprojekten und Schulen. ziellen Perspektiven für Integrations-
597
Tagungsankündigung
INHALTSVERZEICHNIS
der Nummern 1–6 37. Jahrgang (2010)
Artikel
Deckers, Marc: Im Kulturkontakt gebildete Stereotype als Teil eines kulturellen
Lernprozesses – untersucht in den Weblogs von in Deutschland lebenden
Amerikanern 6, 521–545
Holtermann, Sandra; Jansen, Georg; Dege, Christopher: Umgang mit Plagiaten
an chinesischen Universitäten 6, 546–561
Königs, Frank G.: Zwischen Hoffen und Bangen. Möglichkeiten und Grenzen
einer europäischen Studienreform am Beispiel des Faches Deutsch als Fremd-
sprache 1, 3–20
Lymperakakis, Panagiotis; Sapiridou, Andromachi: Korpusbasierte Worthäufig-
keitslisten und Wortschatz – eine quantitative und qualitative Analyse am
Beispiel des Fremdsprachenlehrwerkes »Deutsch – ein Hit! 1« 4, 368–382
Raasch, Albert: Plurilinguisme/Plurilinguismes – Mehrsprachigkeit/…? … Oder:
»Un plurilinguisme peut en cacher un autre« (Véronique Castellotti) 4, 355–367
Vorderwülbecke, Klaus: In Bewegung bleiben oder: 20 Jahre FaDaF 5, 441–451
DaF im Ausland
Gueye, Ousmane: Studiengang Fachdeutsch Wirtschaft mit Schwerpunkt Agrar-
und Ernährungsindustrie an der Universität Thiès/Senegal 6, 562–569
Mátyás, Emese: Sprachlernspiele: Ablauf und Ergebnisse eines Forschungspro-
jekts für die gymnasiale Oberstufe im finnischen und ungarischen DaF-
Kontext 4, 383–400
Berichte
»Texte unter sprachvergleichender und kulturkontrastiver Perspektive. Wege
der akademischen Kooperation zum Ziel einer interkulturellen Germanistik«.
2. Germanistische Fachtagung an der Universität Pisa, 22.–25. Oktober 2009
(Daniela Sorrentino) 1, 63–66
37. Jahrestagung des Fachverbands Deutsch als Fremdsprache, Freiburg 13.–15.
Mai 2010 6, 588–597
Tagungsankündigungen
3. Bremer Symposion zum Fremdsprachenlehren- und -lernen an Hochschulen:
»Autonomie und Assessment: Testen, Evaluieren, Zertifizieren in unterricht-
lichen und autonomen Lernkontexten« (4.–5.3.2011, Universität Bremen) 4, 436–437
38. Jahrestagung des Fachverbands Deutsch als Fremdsprache, Leipzig 16.–18.
Juni 2011 6, 598
Einladung zur 37. Jahrestagung des Fachverbandes Deutsch als Fremdsprache
13.–15. Mai 2010 an der Pädagogischen Hochschule Freiburg/Breisgau: »Gren-
zen überwinden mit Deutsch« 1, 67–71
Kontaktstudium Sprachandragogik 5, 520–521
Bibliographie
Auswahlbibliographie von Neuerscheinungen für das Fach Deutsch als Fremd-
sprache 2009; zusammengestellt von Dietrich Eggers unter Mitarbeit von
Dorothee Schwarck 1, 72–103
»Für Sie gelesen«. Kommentare und Rezensionen zu 105 Neuerscheinungen für
das Fach Deutsch als Fremdsprache, hrsg. von Lutz Köster unter Mitarbeit
von Evelyn Müller-Küppers 2/3, 105–352
Auswahlbibliographie/Rezensionen/Eingegangene Literatur
Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Empirische Befunde zu DaZ-Erwerb und Sprachför-
derung. Beiträge aus dem 3. Workshop Kinder mit Migrationshintergrund.
Freiburg i. Br.: Fillibach, 2009 (Anastasia Şenyıldız) 2/3, 115–116
Ahrenholz, Bernt; Bredel, Ursula; Klein, Wolfgang; Rost-Roth, Martina; Skiba,
Romuald (Hrsg.): Empirische Forschung und Theoriebildung. Beiträge aus
601
Stichwortregister
Agrar- und Ernährungsindustrie (Schwer- Deutsch als Fremdsprache
punkt Fachdeutsch Wirtschaft) 6, 562–569 Auswahlbibliographie für das Jahr 2009 1,
Amerikaner in Deutschland, 6 72–103
Autonomie und Assessment (Tagungseinla- Agrar- und Ernährungsindustrie (Schwer-
dung) 4, 436–437 punkt Fachdeutsch Wirtschaft) 6, 562–
Auswahlbibliographie für das Jahr 2009 1, 569
72–103 Bachelor-Unterricht und Internet-Materi-
alien 4, 417–425
Bachelor-Unterricht und Internet-Materialien berufsbezogener DaF-Unterricht (EU-Plan-
4, 417–425 spiele) 5, 452–469
berufsbezogener DaF-Unterricht (EU-Plan- Blended-Learning (Modell für den Fremd-
spiele) 5, 452–469 sprachenunterricht) 4, 426–435
Blended-Learning (Modell für den Fremd- chinesische Universitäten (Umgang mit Pla-
sprachenunterricht) 4, 426–435 giaten) 6, 546–561
chinesische Universitäten (Umgang mit Plagi- »Deutsch – ein Hit! 1« (Fremdsprachenlehr-
aten) 6, 546–561 werk) 4, 368–382
607
Autorenverzeichnis
Andrzejewska, Ewa 2/3, 136–139; 2/3, 140– Deckers, Marc 6, 521–545
143 Dege, Christopher 6, 546–561
Bălăcescu, Ioana 2/3, 189–191; 2/3, 317–319; 2/ Eder, Ulrike 2/3, 241–243
3, 326–327 Eggers, Dietrich 1,72–103
Ballweg, Sandra 2/3, 150–151; 2/3, 186–188; 2/ Esselborn, Karl 2/3, 172–175; 2/3, 220–222
3, 196–198; 2/3, 230–233; 2/3, 319–321 Even, Susanne 2/3, 267–270
Bayerlein, Oliver 6, 570–576 Florin, Karl-Walter 2/3, 128–130; 2/3, 192–196
Bernus, Reinhard von 2/3, 343–345 Fohmann, Katrin 2/3, 208–209
Bleicher, Thomas 2/3, 222–224; 2/3, 270–273 Friesen Blume, Rosvitha 2/3, 212–215
Bohunovsky, Ruth 2/3, 160–162; 2/3, 265–267; Gräfe, Florian 2/3, 126–128
2/3, 314–317 Graffmann, Heinrich 1, 21–40
Bolsinger, Claudia 2/3, 135–136; 2/3, 240–241; Gueye, Ousmane 6, 562–569
2/3, 298–299 Haberkorn, Michaela 2/3, 130–135
Braune-Steininger, Wolfgang 2/3, 154–156 Harting, Axel 4, 401–416
Crestati, Valentina 2/3, 2/3, 164–166 Herberich, Beate 2/3, 178–179
609