Sie sind auf Seite 1von 4

Sehr geehrte Bezirksverordnete!

1. Seit langem schon lässt unser Grünflächenamt in erheblichem Umfang, für


Natur und Mensch wertvolles Busch- und Strauchwerk stark reduzieren und
nimmt dabei sogar Ausfälle und Verunstaltungen hin.
2. Für die Ausbesserung von Radwegen werden auch alte Bäume gefällt.
3. Eine Bürgerbeteiligung inform von speziellen Hinweisen zu dringend
notwendigen Baumbewässerungen besonders betroffener Bäume in
Hitzesommern wird nicht umgesetzt.

Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung bei der Aufklärung folgender Fragen und
Beseitigung dieser Missstände

Der Bezirk Friedrichshain/Kreuzberg hat 2017 die Deklaration: Biologische Vielfalt in


Kommunen mitunterzeichnet. Wie setzt der Bezirk diese genau um?
1. Wie stellt sich der Auftrag des Grünflächenamtes, Büsche und Sträucher auf
öffentlichem Grund zu pflegen, im Wortlaut genau dar?
2. Nach welchem Konzept werden die Sträucher beschnitten? (Ggf Nachfrage
bei den ausführenden Firmen.
3. Wie wird bei der Gehölzpflege die notwendige Möglichkeit von Ruhe-und
Niststätten für Vögel mit berücksichtigt?
4. Wie hoch ist das vom Grünflächenamt verfügbare Budget für die Baum-und
Strauchpflege und wie wird es eingesetzt?
5. Gibt es 1 zu 1 Baumnachpflanzungen gefällter Bäume durch Wohnungsbau in
Kreuzberg bzw. Friedrichshain?

Es kommt oft vor, dass ganze Gehölzbestände weder fach- noch


artenschutzgerecht, also ohne Rücksicht auf Habitate geschützter wildlebender
Tiere herunter geschnitten werden.

Dabei ist erkennbar, dass es sich hierbei nicht um Verjüngungsschnitte handeln


kann, sondern um grobe, rücksichtslose Auslichtungen.

Nicht wenige Gehölze verlieren unter solchen ‚gärtnerischen‘ Radikalschocks ihre


ganze Vitalität oder bekommen an den großen Schnittflächen Pilze, die dann
leichtes Spiel haben. In Folge wachsen sie bei Neuaustrieb formlos und sind deutlich
erkennbar geschwächt. Hohes Wildkraut, welches viel schneller wächst, bekommt
durch die Auslichtung der Sträucher viel Licht und überwuchert anschließend die
Gehölze. Diese sterben durch die Konkurrenz nicht selten an Licht- und
Wassermangel. Oft werden Gehölze in einer Linie gleichmäßig gerade herunter
gekürzt (sog Hausmeisterschnitt). Stattdessen sollte man hauptsächlich Totholz und
zu dicht stehende Äste entfernen, damit die Gehölze mehr Licht bekommen, neu
austreiben können und nicht im Inneren verkahlen.

Am Görlitzer Ufer

Noch vor wenigen Jahren stand dort eine herrliche Duftjasminhecke, in der
Nachtigallen schlugen, die bekanntlich standorttreu sind. Die Blühsträucher wurden
nach und nach soweit herunter geschnitten, dass Clematis ihnen den Rest gaben.
Nichtsdestoweniger wurde vor ein paar Wochen in der gleichen Art weiter gesägt,
obwohl sich eine Anwohnerin in ehrenamtlicher Fürsorge im letzten Sommer mit
einem fachgerechten Schnitt um die Duftjasminhecke kümmerte. Die Aktion wurde
dem Amt auch mitgeteilt, was jedoch unberücksichtigt blieb, was darauf schließen
lässt, dass es am Annehmen angebotener Bürgerbeteiligungen im Bezirk oftmals
mangelt.

Zudem wurde der ganze dortige Uferbereich an Landwehrkanal extrem ausgedünnt.

Reichenberger Straße

Eine kräftige, sehr schön blühende Zierquitte und einige umfangreichere


immergrüne Gehölze, die besonders bei Spatzen nicht nur besonders beliebt,
sondern für sie auch lebensnotwendig sind, wurden aufgrund offensichtlicher
Aufräumwut kurzerhand in einen niedrigen Stock verwandelt. Die Linde in
demselben Grünflächenbeet wurde fünf Meter hoch aufgeastet und hat jetzt
unnötiger Weise nur noch eine winzige Krone.
Hinzu kommt, dass auf Grund der Eingriffe Gewächse in den Beeten verschwunden
sind. Teilweise sind die Rosenbeete sind nicht mehr da und sollten nachgepflanzt
werden. Man sucht streckenweise vergeblich die einst schöne und besonders grüne
Atmosphäre der Reichenberger Straße. Ganze Beete stehen nun leer.

Falls diese Missstände auf eine personelle Unterbesetzung zurückgeführt werden


können, warum werden fehlende Mitarbeiter*innen denn nicht endlich angeworben?

Welche Firmen nehmen die Schnittmaßnahmen der Sträucher im Bezirk vor? Wir
würden uns über Mitteilung der Namen freuen!

Unter welchen Bedingungen und Tarifen sind die Mitarbeiter der bewirtschaftenden
Firmen tätig? Handelt es sich um Subunternehmen normaler Galabau-Firmen mit
Billiglöhnen und unzureichend qualifizierten Mitarbeiter*innen?
Oder welche Ursachen gibt es sonst für die inakzeptablen Ergebnissen und
Habitatverluste in Folge fortgesetzter defizitärer Maßnahmen bei Grün- und
Strauchpflege?
Nicht zuletzt geht es bei diesen Fragen um öffentliches Eigentum sowie
Lebensqualität und Erholungsansprüche der Bevölkerung in einem dicht besiedelten
Bezirk mit dem wenigsten wohnungsnahen Grün pro Kopf.
1. Ist das Grünflächenamt mit den Ergebnissen der Bewirtschaftung der
Freiflächen durch Billigfirmen zufrieden?
Wenn nicht, ist das Amt unterfinanziert, um wertschätzend, artenschutzgerecht und
Grün erhaltend vorzugehen? Wie können die dargestellten Mängel zeitnah beseitigt
werden?
2. Es stellt sich die Frage, warum werden so häufig Radikalschnitte
vorgenommen?
Wird Stadtnatur bezüglich der Fläche und damit auch der Vorkommen gesetzlich
geschützter Habitate des besonderen Artenschutzes absichtlich so erheblich
reduziert? Bleiben die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag, die die
kontinuierliche naturnahe Pflege und die Einhaltung von Naturschutzrecht auf
öffentlichen Flächen vorsehen, wegen Kosteneinsparung unberücksichtig?
3. Wie können die Totschlagargumente des Bezirksamtes: Obdachlosenzelte,
Drogenverstecke, Rattenbefall ausgeräumt werden?
Durch Zerstörung der Natur werden teilweise irreparable Schäden auf Kosten
der Lebensqualität der Bevölkerung angerichtet.
4. Warum wurde das Spatzenparadies vor der Rosa-Park-Schule in der Forster
Straße mit seinen Duftjasminen, Weidenkätzchenbäumen, Mahonien,
Koniferen und Kräuter, Nahrung für Vögel und Kleinsäuger, in der Schonzeit
komplett für Fahrradbügel gerodet? Die überzähligen Bügel werden auch in
Zeiten des Schulbetriebs nicht in dem Umfang gebraucht.

Alte Bäume wurden für die Ausbesserung von Radwegen gefällt

Sowohl in der Alte-Jakob-Straße als auch am Mehringdamm wurden Pappeln und


auch alte Linden gefällt. In Fällen von Wurzelerhebungen sollte immer ein
Baumsachverständiger um Rat gefragt werden. In beiden Straßen handelte es sich
nicht um starke Ausprägungen, sodass nach Möglichkeiten hätte gesucht werden
können, wie man die Mängel baumschonend behebt.
So gab es einmal einen Fall in F'hain, bei dem eine hohe, dicke Pappel wegen
geringfügiger Wurzelerhebungen gefällt werden sollte. Ein bestellter Baumgutachter
riet, den Baum zu erhalten. Die kleinen Erhebungen wurden beseitigt, und alles war
gut.

Bei Baumaßnahmen wird leider oft und erheblich ins Wurzelsystem der
Straßenbäume eingegriffen. Wurzeln mit einem Durchmesser von 2,5cm dürfen aber
ohne Genehmigungen nicht abgetrennt werden. Leider kommt es zu oft zu
Abtrennungen, die dieses Maß überschreiten.

Umgekehrt scheint es verkraftbar, wenn es darum geht, einen Baum an einem


Radweg zu erhalten und eine Wurzel mit 2,5cm-Durchmesser abzutrennen. Ob man
dies im Einzelfall noch überschreiten kann, sollte ein Baumgutachter beurteilen. Man
kann auch Wurzelsichtungen vornehmen.

Zur Baumbewässerung in Hitzesommern

Im Görlitzer Park und am Moritzplatz sind trotz wochenlanger Meldungen an das


Bezirksamt mehrere ältere Neupflanzungen von Bäumen vertrocknet.
Warum funktioniert die Kommunikation zwischen BA und Revierleiter*innen durch
Rücksprachen auch nach zehnwöchiger Meldung nicht und müssen Bäume
vertrocknen?

Vorschlag für die Beete in der Reichenberger Straße

In den Grünflächen wild gewachsene Linden- bzw Ahornbäume könnten öfter


erhalten werden ("Zukunftsbäume") und Neupflanzungen ersetzen. (BUND)
Stattdessen werden sie nicht geachtet und abgesägt. Neue starke Triebe von
gefällten Bäumen, die neben dem Stumpf austreiben, könnten unserer Ansicht nach
kostenlos neue Bäume werden, wenn sich die Stümpfe noch eine Weile weiter
zersetzt haben. Wir bitten um versuchsweises Erhalten!
Zudem sollten zur Kompensation des Habitatverlusts überall große und dichte
Vogelhäuschen aufgehängt werden.

Vorschlag für die Neunutzung entfernter Büsche und Sträucher aufgrund von
Baumaßnahmen

Geeignete Gehölze können umgepflanzt werden. So geschehen auf dem Gelände


der ehem. Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße.
Die Howoge bat die Baggerfirma um Unterstützung dafür. Diese grub Duftjasmine
und verschiedene andere Gehölze leicht aus und schüttelte mit einem Sieb die Erde
ab. So konnten 20 große und kleinere Gehölze erhalten und umgepflanzt werden.
Entweder in die Rosa-Park-Schule oder in freie Pflanzbeete. Sie werden nun von der
Schule bzw. von Anwohner*innen gegossen.

Was geschieht mit den Ausgleichszahlungen für aufgrund von Wohnungsbau


gefällter Bäume?

Der/die Bauherr*in ist verpflichtet, die gefällten Bäume auf dem Baugelände
nachzupflanzen, soweit dies vom Platz her möglich ist. Ist dies nicht mehr möglich,
werden Ausgleichzahlungen ans Bezirksamt überwiesen. Dieses Geld kommt dann
in einen Topf für ökologische Maßnahmen und wird nicht zwingend für neue Bäume
ausgegeben! So nimmt der Baumbestand kontinuierlich ab. Bäume, die in Kreuzberg
aufgrund von Neubauten gefällt wurden wie beispielsweise die vom Areal des
Postscheckamts oder vom Baufeld Gerhart-Hauptmann-Schule, werden im
Friedrichshainer Volkspark nachgepflanzt. Dies kann nicht Sinn der Sache sein. Es
gibt auch in Kreuzberg freie Baumplätze. Wir brauchen die Bäume hier!

Siehe auch die Potenzialanalyse Kreuzberg/F'hain "Mehr Grün" von Herrn Münnich.

Seit ein paar Jahren bezahlt der Senat Geld für 10.000 neue Bäume in Berlin um die
verloren gegangen Straßenbäume der letzten 10 Jahre auszugleichen. Falls der
Bezirk F'hain/Kreuzberg dieses Geld auch für neu hinzukommenden Ausgleich für
Baumfällungen ausgibt und sich nicht selbst angemessen finanziell beteiligt, wird
das Ziel, den Rückstand zu beheben, nicht erreicht werden können.

Ein Vorschlag:
Können die Ausgleichszahlungen für gefällte Bäume aufgrund von Wohnungsbau
zum Schutz der Umwelt angemessen erhöht werden? Es würde nur einen geringen
Teil der Bausumme ausmachen.

Anmerkungen eines Kreuzbergers:


Es kann einen schon zur Verzweiflung bringen, wenn man mitansehen muss, wie ein
Amt, welches zu Pflege und Erhalt der dringend notwendigen Begrünung der Stadt,
der Schaffung von Habitaten für die dramatisch schwindende Tierwelt und den
Erhalt und vielerorts auch der Wiederherstellung von Biotopen alles erdenkliche
unternehmen müsste, so handelt, als hätte sie noch nie etwas von den komplexen
Zusammenhängen in der Natur gehört.
Warum scheinen die Erkenntnisse, die eigentlich als allgemeinen bekannt gelten
sollten, dort, wo man sie am meisten benötigte, um dem Artensterben und dem
Klimawandel die letzten noch möglichen Rettungsmassnahmen angedeihen zu
lassen, unbekannt oder vielleicht auch lästig zu sein?

Das könnte Ihnen auch gefallen