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Für meine Betrachtung müssen Zombies

folgende Kriterien erfüllen:

• Es muss sich um Entitäten ohne jedes Bewusstsein handeln

• sie müssen aggressiv sein und Jagd auf andere Vertreter ihrer Art machen

• sie dürfen nur durch realistische Szenarien entstehen (keine Zauberei)

• die Interaktion mit anderen muss eine Übertragung der


Zombieeigenschaften zur Folge haben

Kann eine Zombie-Apokalypse stattfinden und


wie sähe diese aus?
Die Beantwortung dieser sehr komplexe Frage müssen wir in verschiedene
Teile untergliedern. Zunächst muss geklärt werden, welche Optionen man für
eine mögliche Zombie-Apokalypse hat. Da die Zauberoption nicht erlaubt ist,
bleiben folgende Aspekte übrig:

Option 1. Parasiten, Viren & Bakterien

In der Natur gibt es eine ganze Reihe an Beispielen für mutmaßliche


Zombifikationen.

1.1. Der kleine Leberegel


Den meisten Biologen ist auf Anhieb der kleine Leberegel (Dicrocoelium
dendriticium) geläufig. Dabei handelte es sich um einen potentiell
zombifizierenden Plattwurm. Die meiste Zeit kommen die Leberegel in den
Gallengängen ihrer Endwirte, z.B. in Kühen vor. Dort pflanzen sie sich fort
und geben ihre Eier über den Kot der Tiere an die Umgebung ab (1). Die in
den Eiern vorhanden Wimpernlarven (sogenannte Maricidien) schlüpfen
nachdem sie von Schnecken mit der Nahrung aufgenommen wurden. Sind
diese erst geschlüpft treten sie ihren Weg in die Mitteldarmdrüse der
Schnecken an, wo sie sich weiterentwickeln (2). Die schließlich entstandenen
sogenannten Cercarien wandern weiter in die Atmungsorgane der Schnecken.
Hier werden die Cercarien schließlich als Schleimbatzen von den Schnecken
ausgeworfen. Die Schleimklumpen dienen anschließend Ameisen als
Nahrung (3). Im Ameisenkörper begeben sich die Cercarien dann in das
„Ameisengehirn“. Hier übernehmen die Leberegel die Kontrolle über den
Verstand der Ameisen, welche sich in der Folge an der Spitze von
Grashalmen festbeißen (4). Die nächste Kuh, welche vorbeikommt, nimmt
die Ameise auf und der Zyklus beginnt von vorn (5) [10].
Abb.2 Der Entwicklungszyklus des kleinen Leberegels (Dicrocoelium
dendriticium). Einzelheiten siehe Text. Made by Chapper - unrestricted use
allowed
Obwohl es sich hier um eine klare Bewusstseins- oder Verhaltensänderung
der Ameise handelt, kann man nicht von einem Zombie sprechen. Weder
übertragen die Ameisen den Egel direkt auf ihre Artgenossen noch greifen sie
diese an.

1.2. Zombiefizierende Pilze

Und es geht weiter mit Ameisen. Diese emsigen Insekten sind anscheinend
ein beliebtes Ziel von Zombieparasiten. So auch vom Pilz Ophiocordyceps.
Es gibt verschiedene Vertreter von Ophiocordyceps rund um den Globus,
hauptsächlich in tropischen Gefilden [11]. Die Strategie von Ophiocordyceps
ist es sich an spezifischen Ameisen anzuheften, diese mit seinen Hyphen zu
überziehen und zu durchbohren. Dadurch wird die Kontrolle über deren
Gehirne erlangt, sodass sie sich an eine geeignete Stelle zur Vermehrung von
Ophiocordyceps begeben. Hier verbeißen sie sich dann oft in Wurzeln,
Blättern oder Zweigen und sterben. Danach wachsen auf den toten Ameisen
die neuen Fruchtkörper von Ophiocordyceps, welche wiederum frische
Sporen ausschütten. Diese Sporen treffen auf „frische“ Ameisen und das
Spiel beginnt von vorn.
Abb.3 Der Entwicklungszyklus des Pilzes Ophiocordyceps. Einzelheiten
siehe Text. Made by Chapper - unrestricted use allowed

Wie bereits beim Leberegel, so greifen die befallenen Ameisen nicht direkt
ihre Artgenossen an. Jedoch ist die Übertragung hier schon etwas direkter.
Von einem Zombie würde ich trotzdem nicht sprechen, obwohl diese in der
Literatur als Zombie Ants bezeichnet werden.

1.3 Zombieraupen

Die Insekten sind in der Tat ein häufig von Zombies heimgesuchter
Tierstamm. Ein weiterer Fall sind die Raupen des Schwammspinners
(Lymantria dispar). Diese werden durch einen Virus namens Baculovirus
(Spodoptera exigua) infiziert. Nach erfolgter Transformation bilden die
Raupen vermehrt das Protein EGT wodurch diese den „Drang“ verspüren
ganz nach oben auf die Pflanzen zu klettern [12]. Dort angekommen
vermehrt sich der Virus schlagartig, sodass die Raupe letztlich als
„Virensack“ bezeichnet werden kann [13]. Dieser Sack verflüssigt sich
schließlich, die Viren werden frei und regnen dann auf die anderen Raupen
hernieder.

Abb.4 Schicksal der Zombieraupen. Einzelheiten siehe Text. Made by


Chapper - unrestricted use allowed
Der Fall hier ist vergleichbar den zombifizierenden Pilzen. Also auch hier
keine wirklichen Zombies.

1.4 Zombifizierte Pflanzen

Es gibt noch zahlreiche weiterer Zombieinsekten wie Fliegen, Käfer,


Grashüpfer [14] oder Schaben [15]. Ich möchte aber noch auf einen weiteren
Typus zu sprechen kommen, nämlich Zombiepflanzen.

Auch Pflanzen leiden an zahlreichen Parasiten. Denkt nur an den


Tabakmosaikvirus, Agrobakterien oder Viroide [16]. Ein besonderer Parasit
bei Pflanzen, welcher noch gar nicht so intensiv erforscht, aber ein
hervorragender Zombie-Kandidat ist, sind die sogenannten Phytoplasmas
[17]. Bei Phytoplasmas handelt es sich um Bakterien, welche in den
Leitbündeln der Pflanzen vorkommen. Hier bilden die Phytoplasmas
verschiedene Proteine, die schließlich von ihnen freigesetzt werden.
Anschließend werden diese Proteine über die Leitbündel in andere
Pflanzenteile transportiert und beginnen die Pflanzen umzuprogrammieren.
Das Ziel der Phytoplasmas ist vor allem, die Fortpflanzungsfähigkeit der
Pflanzen einzuschränken. Wahrscheinlich ist dies erforderlich, damit die
ganze Energie der Pflanzen den Phytoplasmas zur Verfügung steht. Um dies
zu gewährleisten programmieren die Proteine die Pflanze so um, dass die
Pflanzen keine Blüten, sondern stattdessen Blätter bilden. Außerdem
unterdrücken die Phytoplasmas die Bildung wichtiger Pflanzenhormone, z.B.
von Jasmonsäure. In der Folge beginnen sich die Phytoplasmas zu vermehren
und die betroffene Pflanze streut die „Brut“ in ihrer Nachbarschaft. Da sich
eine Pflanze nach dem Befall nicht mehr vermehren kann, bedeutet dies den
Untergang der Population.
Na, wenn das mal kein Zombie ist weiß ich’s auch nicht.

1.6 Zombiezellen

Anscheinend kann man auch Zellen zombifizieren.

Normalerweise geht eine Zelle durch den programmierten Zelltod Apoptose


zugrunde. Dabei beginnt die Zelle ihre inneren Strukturen abzubauen. Die
Kraftwerke der Zelle Mitochondrien, das Zellskelett, sowie der Zellkern
werden schrittweise zerlegt. Die Zelle schrumpft und wird schließlich vom
Immunsystem beseitigt [18]. Wenn man allerdings Zellen, die sich im
Sterbeprozess befinden, Substanzen verabreicht, die die Apoptose
verhindern, dann kommt es quasi zu einer Wiedergeburt dieser Zellen. Die
Zellen weisen zwar nach wie vor Charakteristika der Apoptose auf, bleiben
aber "lebendig" [4].

Erstmals festgestellt wurden solche Phänomene in einem Tiermodell.


Eigentlich wollte man die Entstehung von Tumoren an Mäusen untersuchen.
Dafür schaltete man sogenannte Tumorsuppressorgene aus. Dies sind Gene,
die eigentlich Krebs verhindern sollen. Nach erfolgreicher Entfernung dieser
Gene bildeten die Mäuse jedoch keine Tumore, sondern merkwürdige andere
Zellen, die sich nicht mehr teilten, aber auch nicht abstarben. Diese Zellen
erfüllten jedoch keinen Zweck für die Mäuse, weshalb jene rapide zu altern
begannen. Seit dieser Entdeckung stellte man fest, dass solche Zellen wohl
häufiger im Körper vorkommen und ursächlich für zahlreiche Altersleiden
sind, weshalb die Pharmaindustrie nach Medikamenten sucht, um diese
gezielt abzutöten [3].
Da es also anscheinend möglich ist die Zellen des Körpers auf „Zombie“ zu
programmieren fehlt nur noch das Bewusstsein.

1.7 Toxoplasma gondii

Habt ihr eine Katze? Wenn ja, dann nix wie raus mit ihr! Auch wenn die lieb
und flauschig ist. Glaubt ihr kein Wort! Sie ist Teil einer riesigen
Verschwörung der Katzen gegen die Menschheit.

Abb.5 Der Feind in eurem Haus. Die flauschige Verschwörung der


Samtpfoten ist eine Gefahr für uns alle! Oder doch nicht? Made by Chapper -
unrestricted use allowed
Der Grund: Sie tragen Toxoplasma gondii in sich!

Bei Toxoplasma gondii handelt es sich um einen sogenannten Protozoen. Das


sind de facto Einzeller, die aber im Gegensatz zu Bakterien schon
Eigenheiten „höherer“ Zellen aufweisen. Sie verfügen zum Beispiel über
einen Zellkern, Mitochondrien etc. [10]. Ihr könnt euch Toxoplasma gondii
also gewissermaßen als eine Art Amöbe vorstellen.

Erstmalig wurde eine potentiell bewusstseinsverändernde Funktion der


Toxoplasmen bei Nagetieren nachgewiesen [19]. Die Nager, welche mit den
Toxoplasmen infiziert wurden, zeigten keine Angst mehr vor Katzen. Auch
reagierten nicht mehr auf den Geruch von Katzenurin. Was normalerweise
ein Alarmsignal ist. Außerdem zeigten sie ein eingeschränktes Lern- und
Erinnerungsvermögen, waren hyperaktiv und tänzelten geistlos in der
Gegend herum. Sie waren zur leichten Beute ihrer Räuber geworden.

Solche Beobachtungen implizieren natürlich, dass die Toxoplasmen


potentiell auch den menschlichen Geist beeinflussen. Häufig wurde
spekuliert, dass aggressives, risikofreudiges und impulsives Verhalten mit
einer Toxoplasmose einhergehen könnte. Die Erforschung dieser Problematik
reicht zurück bis in die frühen 90er Jahre. In einem Review-Artikel aus dem
Jahre 2018 untersuchten die Autoren die Zusammenhänge [20]. Die
Untersuchung auf Toxoplasmose erfolgt hauptsächlich durch den Nachweis
von Antikörpern gegen eben jene Erreger. Sind Antikörper vorhanden, so ist
auch Toxoplasma gondii anwesend. Bei Nagern wurde allerdings bereits
gezeigt, dass die Art der Beeinflussung vom Toxoplasmenstamm abhängt
[20]. Die Unterscheidung der Toxoplasmen ist mit dem Antikörpertest jedoch
nicht ohne weiteres möglich. Weiterhin haben sich die Nachweismethoden in
den letzten 30 Jahren erheblich verbessert. Was damals vielleicht nicht
detektierbar war, würde heute auf dem Radar der Wissenschaftler erscheinen.
Man kann demnach die Ergebnisse Anno 1992 nicht problemlos mit jenen
von heute vergleichen. Hinzukommt, dass die Psyche des Menschen von
zahlreichen Faktoren abhängt. Aggressives Verhalten muss demnach nicht
zwangsläufig mit „Hirnamöben“ korrelieren. Außerdem hat sich auch die
psychologische Bewertung über die Jahre immer wieder verändert und
unterscheidet sich von Land zu Land. Zusammengenommen kommen die
Autoren der oben erwähnten Studie [20] zu dem Schluss, dass aufgrund der
gegenwärtigen Datenlage keine Bewusstseinsänderung durch Toxoplasma
gondii beim Menschen nachweisbar ist. Man müsste vielleicht kontrollierte
Experimente durchführen, was aber aufgrund gewisser ethischer Probleme
nicht so einfach möglich ist.

Ihr könnt eure Katze also vorerst wieder reinlassen. Seit aber stets auf der
Hut!

1.8 Zusammenfassung: Parasiten, Viren & Bakterien

Es gibt durchaus Parasiten & Co., die zombieähnliches Verhalten auslösen


können. Besonders betroffen sind Insekten. Im Falle von Menschen ist die
Effizienz der Zombifizierung allerdings noch sehr gering. Das trifft auch für
andere potentiell zombifizierende Viren des Menschen wie Zika-Viren zu
[21].

Die Zombie-Apokalypse ist also erst mal vertagt.

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