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3 Werke
sche Texte zuweilen auf demselben Schriftträger fin- für Leser/-innen ohne entsprechende Vorkenntnisse
den. Je nachdem, nach welchem Kriterium Walsers zugänglich machen. Es bot sich daher an, verschie-
Werk angeordnet wird, ergibt sich also ein anderes dene der genannten Kriterien mit- und nebeneinan-
Bild. Insofern bleiben produktionsästhetische Auf- der anzuwenden. Walsers ›Prosastückligeschäft‹ an-
fassungen einer ›Werkentwicklung‹ – von der Blitz- gemessen wäre sicherlich eine Betrachtung der ein-
karriere als Romanautor zum Meister der kleinen zelnen Texte nach der Erstveröffentlichung meist in
Form und Virtuosen der Mikrographie – ebenso wie Zeitungen und Zeitschriften; dennoch wurde die
rezeptionsgeschichtliche Fokussierungen – insbe- Buchpublikation als Ordnungseinheit priorisiert,
sondere die Verschiebung vom Früh- zum Spätwerk zum einen aus Gründen der Übersichtlichkeit, zum
– tendenziell einseitig. anderen, weil Walser die Komposition seiner Samm-
Der Darstellung von Walsers Werk innerhalb des lungen nach Möglichkeit wesentlich mitbestimmte.
Handbuchs wurde indes aus pragmatischen Grün- Mit der Priorisierung der Buchpublikationen eröff-
den ein äußeres Kriterium zur Unterscheidung von net das Handbuch zudem einen Blick auf Einheiten
Werkphasen zugrunde gelegt, nach dem meist auch innerhalb von Walsers Werk, die in der Forschung
die biographischen Darstellungen organisiert sind bisher noch zu wenig berücksichtigt wurden.
(vgl. u. a. Mächler; Echte), nämlich die Aufent-
haltsorte des Autors. Diese Periodisierung hat sich in
der Walser-Forschung eingebürgert und wird oft Periodisierung
nicht nur als biographisches Raster verstanden, son-
dern auch inhaltlich profiliert, um – nicht unumstrit-
Frühe Werke (1898–1905)
tene – Werk- und Stilentwicklungen zu bezeichnen.
Die Unterscheidung »schroff voneinander« abgeho- Walsers veröffentlichtes Werk hat zwei Ausgangs-
bener Einheiten innerhalb des Werks, wie sie etwa punkte: Im Sonntagsblatt des Bund erscheinen ab
Jochen Greven in existenzphilosophischer Perspek- 1898 erste Gedichte sowie Fritz Kocher’s Aufsätze, die
tive anhand von zwei komplementären, sich abwech- 1904 zu Walsers erster Buchpublikation versammelt
selnden »Haltungen« zur Welt vorgenommen hat und von der Kritik relativ breit wahrgenommen wer-
(vgl. Greven 1960/2009, 165–169), ist allerdings – den. In der Zeitschrift Die Insel erscheinen seit 1899
vor allem durch das erst seit den 1960er Jahren in sei- Gedichte, Prosa und dramatische Texte (meist als
nem ganzen Umfang zutage getretene Berner Werk ›Dramolette‹ bezeichnet und erst 1919 unter dem Ti-
– einer differenzierteren Sicht gewichen. Tatsächlich tel Komödie in Buchform veröffentlicht). Insbeson-
gehen aber die Ortswechsel in Walsers Biographie dere die Märchendramolette Aschenbrödel und
auch mit einer (partiellen) künstlerischen Neuaus- Schneewittchen haben aufgrund ihrer Komplexität
richtung und ‑positionierung innerhalb des Litera- und kunstvollen Gestaltung bis heute große Beach-
turbetriebs einher. Daneben ließen sich aber selbst- tung gefunden. Eine Auswahl von meist zuvor ver-
verständlich eine ganze Reihe weiterer Kriterien zur streut erschienener Lyrik veröffentlicht Walser 1909
Unterscheidung von Werkphasen in Anschlag brin- unter dem Titel Gedichte in Buchform. Aus der Zeit
gen, etwa: die thematische Ausrichtung der Texte um 1900 stammen zwei längere Manuskripte, die erst
(zwischen Großstadt- und Naturwahrnehmung etc.; in den 1970er Jahren veröffentlicht worden sind: die
s. Kap. 4.15 u. 4.14), die Traditionsbezüge und Lektü- Gedichte aus dem Manuskript Saite und Sehnsucht
ren (s. Kap. 2.8), die Gattungen und Gattungstraditi- sowie die Dialekt-Szenenfolge Der Teich.
onen (vom Dramolett, dem Aufsatz über die Novelle
und dem Roman hin zu den verschiedenen Formen
Berliner Zeit (1905–1913)
des Feuilletons; s. Kap. 4.4), das Verhältnis von ›rea-
listischem‹ Weltbezug und autopoetischem Sprach Walsers Umzug nach Berlin geht mit einer themati-
experiment, die Positionsnahmen bzw. ‑verweige- schen Neuausrichtung und einer Gewichtsverlage-
rungen gegenüber der ›Jetztzeit‹, die Ausbildung un- rung hinsichtlich der Gattungen einher. Mit der
terschiedlicher Schreibverfahren oder die verschie- Großstadterfahrung und dem Theaterbetrieb durch-
denen Publikationsmedien und Publikationsräume. ziehen zwei Themen seine Produktion kürzerer
Die Anordnung innerhalb des Handbuchs soll in Texte, in denen sich Walsers produktive Auseinan-
der Feingliederung sodann einerseits die komplexe dersetzung mit der Moderne inhaltlich und formal
Entstehung und Überlieferung von Walsers Werk be- artikuliert. Walser veröffentlicht Feuilletons in einer
rücksichtigen und dieses andererseits trotzdem auch großen Zahl von Zeitungen und Zeitschriften; diese