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ENTWICKLUNG UND ANWENDUNG EINER VORENTWURFSMETHODE

FÜR GETRIEBE VON TRIEBWERKEN MIT HOHEM


NEBENSTROMVERHÄLTNIS
H. Jäger, F. Weinz, S. Bretschneider*, S. Staudacher
Institut für Luftfahrtantriebe, Universität Stuttgart, 70569 Stuttgart
*MTU Aero Engines, 80995 München

Zusammenfassung
Aufgrund der Notwendigkeit, den Treibstoffverbrauch zu senken, tendiert man bei der Entwicklung moderner
Flugzeugtriebwerke zu höheren Nebenstromverhältnissen und somit höheren Vortriebswirkungsgraden.
Gleichzeitig sollen der Triebwerkslärm und die Emissionen sinken. Haben derartige Triebwerksarchitekturen
kein Getriebe, muss für Wirkungsgrad und Stufenanzahl der Niederdruckturbine wegen der niedrigen Fan-
drehzahl ein Kompromiss gefunden werden.
Die Entkoppelung der Drehzahlen von Niederdruckturbine und Fan durch ein Getriebe ist schon seit der ers-
ten Ölkrise 1973 in der Diskussion. Es wurden seitdem einige Triebwerksdemonstratoren gebaut und getes-
tet, bevor schließlich das erste von Pratt & Whitney entwickelte Getriebefan-Triebwerk PW1000G im Jahr
2008 die ersten Flugtests absolvierte. Ab 2013 soll dieses Triebwerk serienmäßig im Mitsubishi Regional Jet
(MRJ) und der Bombardier CSeries eingesetzt werden.
In diesem Kontext wurde im Rahmen eines kompletten Triebwerksvorauslegungssystems eine Vorentwurfs-
methode für Niederdruckturbinenwellengetriebe entwickelt. Die Methode soll in erster Linie die parametrisier-
te Auslegung der Konstruktion bewältigen, sie stellt aber auch eine vereinfachte dreidimensionale Geometrie
zur Verfügung.
Der Entwurfsraum des so erzeugten Getriebemodells wird im Hinblick auf Niederdruckturbinenleistung, Ü-
bersetzungsverhältnis, Drehzahl und anderer Technologieaspekte, wie z. B. unterschiedliche Materialien oder
Zahngrößen, untersucht und diskutiert. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Gewicht und äußeren
Abmaßen des ausgelegten Getriebes.

kommen auch die Zahl der eingesetzten Frachtflugzeuge


1. NOMENKLATUR vervielfacht. Dies impliziert ein weiteres kontinuierliches
A9 Düsenaustrittsfläche Wachstum des Flugverkehrs. Aktuelle Prognosen sagen
d Teilkreisdurchmesser eines Zahnrades voraus, dass sich dieses Wachstum bis 2026 mit 4,9% im
F Bruttoschub Passagierverkehr und sogar mit 5,8% im Luftfrachtverkehr
i Übersetzungsverhältnis fortsetzen wird [2].
m Normalmodul
ṁ Massenstrom Diese für die Luftfahrtindustrie grundsätzlich positive Ent-
n Drehzahl wicklung bringt für Umwelt und Gesellschaft aber einige
NOx Stickoxide existenzielle Probleme mit sich. Am schwersten wiegt hier
p0 Umgebungsdruck die in absehbarer Zeit drohende Treibstoffknappheit, da
p9 Düsenaustrittsdruck die Ressource Rohöl global zur Neige geht. Der steigende
w0 Fluggeschwindigkeit Ölpreis belastet die Fluggesellschaften bereits in großem
w9 Strahlgeschwindigkeit Ausmaß, da die Treibstoffkosten den größten Anteil an
z Zähnezahl eines Zahnrades den laufenden Betriebskosten eines Flugzeugs ausma-
chen [3]. Der durch das Luftverkehrswachstum weiter
ηvor Vortriebswirkungsgrad steigende Treibstoffbedarf ist durch den resultierenden
Ausstoß des Treibhausgases CO2 auch Thema der aktu-
2. EINFÜHRUNG ellen Klimadiskussion.

2.1. Umweltpolitische und ökonomische Her- Neben CO2 werden noch andere störende Verbrennungs-
ausforderungen beiprodukte erzeugt, von denen vor allem die Stickoxide
problematisch sind, da sie unter anderem Ozon produzie-
In den vergangenen Jahrzehnten sind die Passagierzah- ren, welches in der Nähe der Tropopause ein besonders
len im Luftverkehr stetig angestiegen. Allein in den letzten schädliches Treibhausgas darstellt [4].
20 Jahren haben sich die geflogenen Passagierkilometer
fast verdreifacht [1]. Dabei hat sich nicht nur die Zahl der Auch der durch Flugzeuge hervorgerufene Lärm stellt
im Betrieb befindlichen Passagierflugzeuge erhöht, son- insbesondere im direkten Umfeld von Flughäfen eine
dern es hat sich mit steigendem Luftfrachtverkehrsauf- wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität dar. Die
dort ansässige Bevölkerung hat ein erhöhtes Risiko für Steigerung des Nebenstromverhältnisses, also dem Ver-
Bluthochdruck, Herzkrankheiten und andere physische hältnis von Nebenstrom zu Kernstrom, erzielt. Dafür muss
und psychische Erkrankungen [5]. Infolge des öffentlichen bei unveränderten Kerntriebwerksdimensionen der Fan-
Druckes werden die Forderungen nach einer Verschär- radius vergrößert werden. Dies zieht eine Verlangsamung
fung des Fluglärmgesetzes lauter [6]. der Fandrehzahl nach sich, da die Blattspitzengeschwin-
digkeit des Fans aus Lärm- und Effizienzgründen nicht in
Diese ganzen Problematiken werden bei genauer Be- den Überschallbereich kommen soll. Da der Fan direkt
trachtung größtenteils vom Triebwerk verursacht, auch von der Niederdruckturbine angetrieben wird und eine
wenn die aerodynamische Auslegung des Gesamtflug- langsamdrehende Niederdruckturbine schwer und ineffi-
zeuges eine große Rolle dabei spielt. Damit ergeben sich zient ist, müssen hier Kompromisse zwischen Wirkungs-
drei große Herausforderungen für die Entwicklung von grad und Gewicht der Niederdruckturbine und dem Fan-
Triebwerken, nämlich die Senkung von Treibstoff- radius eingegangen werden. Das maximale noch sinnvol-
verbrauch und damit CO2-Ausstoß, die Verminderung le Nebenstromverhältnis, das mit modernen Triebwerks-
weiterer Emissionen und die Reduzierung von Lärm. Dazu konfigurationen erreicht wird, liegt somit ca. bei 9.
hat der Advisory Council for Aeronautics Research in
Europe, ACARE, die in TAB 1 dargestellten umweltrele- Um dieses Nebenstromverhältnis durch den Einsatz eines
vanten Ziele ausgearbeitet, die bis zum Jahr 2020 umge- größeren Fans weiter erhöhen zu können, ist es nahelie-
setzt werden sollen [7]. Dabei entfallen 20% der geforder- gend, die Drehgeschwindigkeiten von Niederdruckturbine
ten Verminderung des Treibstoffverbrauchs auf das und Fan mittels eines Reduktionsgetriebes zu entkoppeln.
Triebwerk. Als sinnvolle Positionierung eines solchen Getriebes
bietet sich der Raum zwischen Fan und Niederdruckver-
Reduzierung von Zielvorgabe dichter an, wie in BILD 1 skizziert ist.

Treibstoffverbrauch / CO2-Ausstoß -50%


Lärm -50%
NOx -80%
TAB 1. Umweltrelevante Zielvorgaben des ACARE für
die Flugzeugentwicklung bis 2020
2.2. Triebwerke mit ultrahohem Nebenstrom-
verhältnis

Von Beginn an wurden Triebwerke stetig weiterentwickelt,


sodass sie über die Jahrzehnte schon bedeutend leiser Getriebe
und treibstoffsparender geworden sind. Dies wurde vor
allem durch die Verbesserung der einzelnen Triebwerks- BILD 1. Sinnvolle Position des Reduziergetriebes auf
komponenten erreicht. Um die in Abschnitt 2.1 hergeleite- der Niederdruckwelle im Triebwerksschema
ten Anforderungen umzusetzen, reicht eine einfache Ver-
besserung bestehender Triebwerksmodelle aber nicht Das Getriebe ermöglicht die Verwendung einer schnell-
aus; es müssen neue Konzepte erarbeitet werden. laufenden Niederdruckturbine, die weniger Stufen und
gleichzeitig einen höheren Wirkungsgrad als eine konven-
tionelle Niederdruckturbine aufweist [9]. Die Gewichtsein-
Eine Möglichkeit, Treibstoffverbrauch und Lärmemissio- sparung durch die Reduzierung der Stufen steht der durch
nen zu senken, ist die Reduzierung der Düsenaustrittsge- das Getriebe zusätzlich eingebrachten Masse entgegen;
schwindigkeit w9. Denn dadurch erhöht sich analog zu laut [9] wäre es sogar möglich, auf diese Art und Weise
das Getriebegewicht komplett zu kompensieren. Der Fan
2 kann mit seiner optimalen Drehzahl laufen, sodass soge-
(1) η vor = nannte "ultrahohe" Nebenstromverhältnisse >10 erzielt
w9
+1 werden. Vom Einbau eines Getriebes profitiert der Ge-
w0 samtwirkungsgrad des Triebwerks also doppelt: einerseits
durch die verbesserte Niederdruckturbine und anderer-
der Vortriebswirkungsgrad, während gleichzeitig der seits durch den erhöhten Vortriebswirkungsgrad gemäß
Triebwerkslärm abnimmt, da er proportional zur achten Gl. (1).
Potenz von w9 ist [8]. Die Verminderung von w9 bringt
aber wegen Der Einsatz von Getrieben in Luftfahrtantrieben ist nicht
neu. In Turboproptriebwerken, die seit 1948 serienmäßig
F = m& ⋅ w9 + A9 ( p9 − p 0 ) ,
produziert werden, sind sie unumgänglich. Auch Turbo-
(2) fantriebwerke wurden schon mit Getrieben ausgestattet.
So hat z. B. das seit 1972 in Flugzeugen der Businessjet-
wobei F der Schub, ṁ der Luftmassenstrom, A9 die Dü- größe eingesetzte Honeywell TFE-731 ein Getriebe, die
senaustrittsfläche und p9 und p0 der statische Druck in der Nebenstromverhältnisse der TFE-731-Familie liegen je-
Düse respektive der Umgebung sind, eine Verminderung doch nur zwischen 2 und 4. Das erste Triebwerk mit Nie-
des Schubes mit sich, wenn nicht gleichzeitig der Mas- derdruckwellengetriebe, das tatsächlich ein ultrahohes
sendurchsatz erhöht wird. Nebenstromverhältnis aufweist, ist das von Pratt & Whit-
ney entwickelte PW1000G. Es wird ein Nebenstromver-
hältnis von 12:1 haben und soll ab 2013 im Mitsubishi
Die Erhöhung des Massendurchsatzes wird durch eine
Regional Jet mit einem Schub von 76kN und in der Bom-
bardier CSeries mit einem Schub von 102kN eingesetzt rad gekoppelt ist. Der Planetenradträger ist fest mit dem
werden. Triebwerksgehäuse verbunden, sodass die Planeten nicht
umlaufen, sondern sich nur um sich selbst drehen. Eine
2.3. Ziele schematische Darstellung des modellierten Getriebes
findet sich in BILD 2.
Ein Getriebe ist ein komplexes Bauteil, das die Trieb-
werksmasse erhöht, einen gewissen Bauraum einnimmt
und für dessen Entwicklung einiges Knowhow notwendig
ist.

Für diese Studie wurde eine Vorauslegungsmethode für


ein Niederdruckwellengetriebe in ein Entwicklungstool
einprogrammiert, sodass aus einigen wenigen Eingabepa-
rametern wie z. B. der Niederdruckwellenleistung ein auf
Festigkeit dimensioniertes Getriebemodell berechnet wird.
Dieses Tool wird dazu benutzt, mit Hilfe von Parameter-
studien die Einflüsse der unterschiedlichen Eingangsvari-
ablen auf Bauraum und Masse des Getriebes zu untersu- BILD 2. Schematische Darstellung des untersuchten
chen. Planetengetriebes [10]

Dabei sollen die Bedingungen von Triebwerken unter- 3.2. Weitere Getriebespezifikationen
schiedlicher Leistungsklassen nachempfunden werden, d.
h. es soll überprüft werden, ob ein Getriebe für ein kleines Die Zahnräder des Getriebemodells wurden mit einer
Triebwerk in gleicher Weise für ein größeres Triebwerk Evolventenverzahnung versehen. Die Zähne sind in Pfeil-
realisiert werden kann. Des Weiteren soll untersucht wer- verzahnung angeordnet, wodurch das Getriebe axialkräf-
den, bis zu welchem Technologielevel diese Art von Ge- tefrei ist und ruhiger läuft, sodass es sich für hohe Dreh-
triebe noch einsetzbar ist. Das PW1000G bestätigt, dass zahlen eignet. Außerdem ist die Zahnfuß- und Grübchen-
ein Übersetzungsverhältnis von 3 mit einem solchen Ge- tragfähigkeit höher als bei Geradverzahnung [11].
triebe gut umgesetzt wird; ob die für die Zukunft vorgese-
henen Übersetzungsverhältnisse von bis zu 6 möglich Als Material sind legierte Einsatzstähle mit hoher Zähig-
sind, wird sich hier zeigen. keit und Festigkeit vorgesehen, die für Getriebe und ande-
re hochbeanspruchte Bauteile ausgewiesen sind.
Ein weiterer Punkt ist das Durchrechnen einer Mission für
ein spezifiziertes Triebwerk: Wie groß ist die durch das 4. DAS RECHENMODELL
Getriebe verursachte Verlustleistung bei Start, Reiseflug
usw.? Die Programmierung der Vorauslegungsmethode wurde
in der Entwicklungsumgebung Pacelab Suite der PACE
Außer diesen praktischen Aussagen wird am Ende auch Aerospace Engineering and Information Technology
klar, mit welchen Iterationsschritten die Vorentwurfsme- GmbH vorgenommen. Diese Software ermöglicht es unter
thode erweitert werden muss, um ein von Größe und anderem, parametrisierte Geometrien zu erzeugen und
Gewicht her optimales Getriebe für eine bestimmte An- sie zu optimieren bzw. daran Parameterstudien durchzu-
wendung zu erhalten. führen. So konnte für diese Studie ein Modell des Getrie-
bes erstellt werden, dessen Geometrie von den grundle-
3. AUSWAHL DES GETRIEBES genden Anforderungen wie z. B. dem gewünschten Über-
setzungsverhältnis und automatischen Festigkeitsberech-
nungen der Zahnräder bestimmt wird. Durch die Möglich-
3.1. Getriebeart
keiten der Pacelab Suite wurde die Vorauslegungsmetho-
de in Form eines Entwicklungstools umgesetzt, es können
Bei der Auswahl des Getriebetyps müssen verschiedene also vom Anwender bestimmte Randbedingungen einge-
luftfahrtspezifische Kriterien berücksichtigt werden. Der stellt werden, anhand derer das Getriebe ausgelegt wird.
Bauraum für das Getriebe ist im Triebwerk sehr begrenzt Dabei bewerkstelligt das Rechenmodell zunächst keinerlei
und es sollte so leicht wie möglich sein. Mit diesen geo- Optimierung, sondern dimensioniert die Getriebekompo-
metrischen Beschränkungen muss es eine sehr hohe nenten lediglich auf Festigkeit. Optimierungen, z. B. Ge-
Leistung übertragen und die geforderte Übersetzung wichtsminimierung durch Variation von Eingangsparame-
liefern können. tern, werden durch Funktionen der Pacelab Suite ausge-
führt.
Die Erfahrungen, die bei der Entwicklung von Getriebe-
fans bisher gemacht wurden, haben gezeigt, dass sich ein Dieses Modell enthält nicht alle Komponenten eines rea-
Planetengetriebe am besten für diese Zwecke eignet. Im len Getriebes. Einige Bauteile, wie z. B. die Planetenla-
Vergleich zu anderen Getriebearten zeichnet es sich ger, Planetenträger und Bolzen, die zum Anflanschen
durch eine kompakte Bauweise und eine sehr hohe Leis- notwendig wären, wurden vereinfachend ausgenommen.
tungsdichte aus [10]. Dies geschieht unter der Prämisse, dass deren Masse im
einstelligen Kilogrammbereich liegt und damit für die
Deshalb wurde im Rahmen dieser Studie das Modell Gesamtmasse des Getriebes, die mindestens dreistellig
eines Planetengetriebes in die Vorentwurfsmethode imp- ist, nicht unbedingt relevant ist. Die im Rahmen dieser
lementiert. Im verwendeten Modell treibt die Niederdruck- Studie modellierten Getriebekomponenten sind das Son-
welle das Sonnenrad an, während der Fan an das Hohl- nenrad, die Planetenräder, das Hohlrad, die Niederdruck-
welle und die Fananschlusswelle, deren Schnittdarstel- räder des Getriebes gleich ist, startet die Auslegung des
lung in BILD 3 zu sehen ist. Die Niederdruckwelle wird Getriebes mit geometrischen Parametern. Laut [11] wird
nicht in die Massenberechnung mit einbezogen, weil sie das 3,5-fache des Normalmoduls als vorläufiger Abstand
nicht zum System des Getriebes gehört. Die Gestaltung vom Fußkreis- zum Innendurchmesser des Sonnenrades
der Welle, die den Fan mit dem Hohlrad verbindet, ist im eingesetzt. Daraus können mit der Zahnfußhöhe ein vor-
Vergleich zur tatsächlichen technischen Ausführung ver- läufiger Teilkreisdurchmesser und mit dem Stirnmodul,
einfacht. der sich aus dem vorgegebenen Schrägungswinkel der
Verzahnung und dem Normalmodul berechnen lässt, die
Zähnezahl und weiterhin der tatsächliche Teilkreisdurch-
Fanwelle Hohlrad messer bestimmt werden. Aus dem Übersetzungsverhält-
nis ergibt sich die Zähnezahl der Planetenräder und des
Planetenrad
Hohlrades, sodass auch deren Durchmesser mit dem
Modul errechnet werden können.
Sonnenrad
Nach dieser Bestimmung der grundlegenden Geometrien
Niederdruckwelle kann die Anzahl der Planeten ermittelt werden. Sie sollte
so groß wie möglich sein, denn durch die Verteilung der
Lasten auf viele Planeten werden die einzelnen Zähne
entlastet; die Zahnbreite wird geringer und mit ihr auch die
Gesamtmasse des Getriebes. Die Maximierung der Pla-
netenanzahl wird durch zwei Kriterien beschränkt. Eines
ist der zwischen Sonnenrad und Hohlrad vorhandene
BILD 3. Schnittdarstellung der im Modell implementier-
Platz. Es dürfen nur so viele Planeten untergebracht wer-
ten Komponenten
den, dass sie sich nicht gegenseitig berühren. Das zweite
4.1. Festlegung der Geometrie und Festigkeits- Kriterium ist die sogenannte Einbaubedingung, die ge-
rechnung währleistet, dass die Planeten gleichmäßig über den Um-
fang verteilt sind. Sie besagt, dass das Verhältnis der
Summe der Zähnezahlen von Hohlrad und Sonnenrad zur
Das im Rechenmodell implementierte Vorgehen für die
Anzahl der Planeten eine ganze Zahl sein muss. Also ist
Festigkeitsrechnung wurde vollständig aus den DIN-
die Anzahl der Planeten abhängig von den Zähnezahlen
Normen für die Berechnung und Auslegung von Zahnrad-
und somit vom Modul. Das bedeutet, dass sie über den
paaren und Planetengetrieben übernommen. Die Ausle-
Modul optimiert werden kann.
gung auf Festigkeit läuft somit automatisch ab und ist vom
Benutzer des Programms nicht beeinflussbar.
Wenn alle geometrischen Größen berechnet wurden,
startet die Festigkeitsauslegung, aus der unter Berück-
Die hauptsächlich verwendete Norm ist dabei die DIN
sichtigung der Werkstoffeigenschaften des gewählten
3990 zur Tragfähigkeitsberechnung von Stirnrädern. Sie
Materials am Ende eine entscheidende Dimension resul-
enthält die Formeln für die Berechnung der Grübchentrag-
tiert, nämlich die Verzahnungsbreite. Diese bestimmt
fähigkeit, der Zahnfußtragfähigkeit und der Fresstragfä-
dominierend, wie breit der eingenommene Raum des
higkeit. Um die Bezugsprofile der Zahnräder festzulegen,
Getriebes in axialer Richtung des Triebwerks ist.
wurde die DIN 867 über Bezugsprofile für Evolventenver-
zahnungen an Stirnrädern benutzt.
Die Welle, die das Hohlrad mit dem Fan verbindet, wird
vereinfachend nur anhand der Torsionsbeanspruchung
Die im Programm verwendeten zahnradspezifischen Beg-
dimensioniert.
riffe wurden aus den Normen DIN 868, DIN 3960 und DIN
3999 entnommen, welche sich mit Begrifflichkeiten, Be-
stimmungsgrößen und Kurzzeichen befassen. 4.2. Ölbedarfsrechnung

Die Größe der Zähne wird über den Modul geregelt, der Die beste Art der Schmierung bei Hochleistungsgetrieben
sich aus dem Verhältnis von Teilkreisdurchmesser d zu und hohen Umfangsgeschwindigkeiten ist die Einspritz-
Zähnezahl z eines Zahnrades schmierung. Für das beschriebene Getriebemodell wird
der Rechnung das im Triebwerksbau gängige Öl der Fir-
ma Shell mit der Bezeichnung Aeroshell Turbine Oil 555
d
(3) m= zu Grunde gelegt. Es kann mit der in [12] gegebenen
Formel
z
berechnet. Er gibt an, welche Werkzeuggröße zur Herstel- PV ⋅ 6 ⋅ 10 4
lung des Zahnrades verwendet werden muss. Zahnräder (4) V& =
können zwar mit beliebigem Modul hergestellt werden, ρ Öl ,80 ⋅ c p ,80 ⋅ ∆ϑ
wenn aber mit standardisierten Werkzeugen gearbeitet
werden soll, muss der Modul aus der in DIN 780 definier- der nötigen Ölbedarfs in l/min grob abgeschätzt werden.
ten Normreihe benutzt werden. In Bezug auf einen in Die Verlustleistung PV wird aus dem Getriebewirkungs-
Großserie produzierten Antrieb ist die Normreihe jedoch grad und der Leistung der Niederdruckwelle bestimmt.
nicht weiter von Bedeutung, da es sich in diesem Falle Der Temperaturunterschied zwischen Öleintritt und -
lohnt, Produktionsmittel in Sondergrößen anzuschaffen. austritt ∆ϑ wird mit 40K veranschlagt. Die Dichte des Öls
bei 80°C ρÖl,80 und die entsprechende Wärmekapazität
Durch die Vorgabe des Normalmoduls, der für alle Zahn- cp,80 sind spezifische Eigenschaften des Öls. Kühlung und
Schmierung des Getriebes sollten nach [12] in den bereits Die Welle, die das Getriebe mit dem Fan verbindet, ist
vorhandenen Ölkreislauf eingebunden werden, da ein durch zylinderförmige Elemente approximiert (vgl. BILD 3)
zweiter Ölkreislauf zusätzlich Gewicht mitbringen würde. und wird nur auf Torsion ausgelegt; andere Kräfte werden
Abhängig von der aus dem Getriebesystem abzuführen- vernachlässigt.
den Wärmeleistung muss dafür jedoch der Ölkühler ver-
größert oder ein weiterer Ölkühler eingebaut werden. Der Berechnungsumfang der Verzahnung wird, da es sich
nur um einen Vorentwurf handelt, vermindert, indem keine
4.3. Vom Anwender vorzugebende Variablen Profilverschiebung vorgenommen wird.

Einige Eingabeparameter werden vom Anwender des 4.5. Aussagen des Modells
Programms eingestellt. So können die Randbedingungen
der Einsatzfälle bestimmt werden, für die das Getriebe Es werden die exakten räumlichen Abmaße der Kompo-
vorgesehen ist. Zu diesen Parametern gehören nenten berechnet und eine dreidimensionale Darstellung
• Leistung der Niederdruckturbine des Getriebes erzeugt. Die Erstreckung des Getriebes in
• Drehzahl der Niederdruckwelle axialer und radialer Richtung ist von entscheidender Be-
• gefordertes Übersetzungsverhältnis deutung, da der Raum im Triebwerk begrenzt ist.
• Material des Getriebes
• Normalmodul Mit den Informationen zum Werkstoff wird das Gesamt-
• Getriebewirkungsgrad gewicht errechnet. Stellt man das Gewicht in Relation zu
• Durchmesser und Länge der Fanwelle dem des kompletten Triebwerks, so lässt sich eine Aus-
• Spalt für den Werkzeugeingriff in der Mitte der sage über die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes eines sol-
Pfeilverzahnung chen Getriebes treffen. Ein zu schweres Getriebe könnte
den Treibstoffverbrauch des Triebwerks erhöhen und den
Beim Material kann aus drei vorgegebenen Werkstoffen Wirkungsgradgewinn zunichte machen.
gewählt werden:
• 16MnCr5, einem MnCr-legierten Einsatzstahl für Weitere Angaben umfassen z. B. die Anzahl der Plane-
Teile, die vorwiegend auf Verschleiß bean- tenräder, deren Lagerlasten sowie die Fandrehzahl und
sprucht sind, die an den Fan übertragene Leistung. Außerdem wird der
• 17CrNi6-6, einem CrNi-legierten Einsatzstahl für zum Kühlen des Getriebes benötigte Ölmassenstrom
hochbeanspruchte Bauteile hoher Zähigkeit im ausgegeben. Die durch das Öl abzuführende Wärmeleis-
Getriebebau und tung ist ein limitierender Faktor für die Verwendung eines
• 18CrNiMo7-6, einem CrNiMo-legierten Einsatz- Getriebes, denn sie bestimmt, wie groß der Ölkühler des
stahl für schwere und hochbeanspruchte Getrie- Triebwerks sein muss. Ab einer gewissen Getriebegröße
beteile mit hohen Anforderungen an die Zähig- wird ein so großer Ölkühler benötigt, dass das Triebwerk
keitseigenschaften. ohne Getriebe wirtschaftlicher ist. Das für diese Studie
programmierte Modell liefert zwar keine Vorhersage zur
Der Modul muss nicht vorgegeben werden; er kann auch Größe des Ölkühlers, gibt aber anhand des Ölmassen-
mit dem Optimierungstool der Pacelab Suite automatisch stroms einen guten Anhaltspunkt, um Tendenzen abzu-
so eingestellt werden, dass die Dimensionen des Getrie- schätzen.
bes möglichst klein sind.
4.6. Validierung des Modells
4.4. Vereinfachungen
Der Abschlussbericht des Luftfahrtforschungsprogramms
Wie zu Beginn von Kapitel 4 erwähnt, wurden bei der des Bundes Lufo III [12] enthält eine umfangreiche Doku-
Berechnung einige Komponenten vernachlässigt. Dazu mentation eines vergleichbaren Planetengetriebes für
zählen Planetenträger, Planetenlager, Verbindungsbolzen Flugzeugtriebwerke. Die Vorentwurfsmethode wurde an
u. a., da das Modell keine vollständige Konstruktion, son- diesen Daten durch Nachmodellierung des dort beschrie-
dern nur einen Vorentwurf darstellt. Außerdem ist die benen Getriebes erfolgreich validiert.
genaue Berechnung z. B. des Gehäuseanschlusses der
Planetenträger nicht möglich, da keine bauräumliche
5. PARAMETERSTUDIEN UND ERGEBNISSE
Umgebung für das Getriebe definiert wurde. Das Fehlen
dieser Bauteile hat auf die ermittelte Gesamtmasse des
Getriebesystems einen Einfluss im einstelligen Prozentbe- Die Parameterstudien wurden für Triebwerke unterschied-
reich, wirkt sich aber nicht auf die axiale oder radiale licher Leistungsklassen und Nebenstromverhältnisse
Breite aus und schadet deshalb nicht der Intention des durchgeführt, wobei die Leistung des Triebwerks in Form
Modells. der Leistung der Niederdruckwelle in das Modell eingeht,
das Nebenstromverhältnis indirekt über das Überset-
zungsverhältnis. Parameter, die variiert wurden, waren
Eine weitere Vereinfachung ist der vom Nutzer vorzuge-
Leistung, Drehzahl, Übersetzungsverhältnis, Werkstoff
bende Getriebewirkungsgrad, der sich aus Verzahnungs-
und Modul. Nicht verändert wurden der Getriebewir-
wirkungsgrad und übrigen Verlusten zusammensetzt. Er
kungsgrad von 99% und der Durchmesser der Nieder-
könnte während der Auslegung abgeschätzt werden, da
druckwelle von 170mm. Genau genommen müsste der
er aber laut [13] voraussichtlich zwischen 98,5% und
Wellendurchmesser an Leistung und Drehzahl angepasst
99,5% liegt, wird auf diese verkomplizierende Zusatz-
werden; eine entsprechende Funktion ist im Programm
rechnung verzichtet und 99% voreingestellt. Auch der in
enthalten. Da aber die Torsionssteifigkeit der Welle wahl-
[12] errechnete Wirkungsgrad eines ähnlich dimensionier-
weise über den Durchmesser oder ihre Wandstärke regu-
ten Planetengetriebes beträgt etwas über 99%.
liert werden kann und die technische Umsetzung von Fall
zu Fall unterschiedlich ist, wurde auf eine Durchmesser- stärker belastet werden und folglich die Verzahnungsbrei-
variation verzichtet. Somit sind die Ergebnisse der Para- te und mit ihr die Getriebebreite vergrößert werden müs-
meterstudien besser vergleichbar. Der Wellendurchmes- sen. Damit wird die Getriebemasse vom Übersetzungs-
ser wirkt sich direkt auf alle anderen Durchmesser des verhältnis in zweifacher Hinsicht beeinflusst, einerseits
Getriebes aus. durch den größeren Außendurchmesser und andererseits
durch die reduzierte Planetenanzahl. Dabei ist die geo-
Um einen Anhaltspunkt für die Praxistauglichkeit des metrische Grenze für den Außendurchmesser zu beach-
Getriebes zu erhalten, wird bei der Auswertung eine be- ten. Die einzige Größe, mit der dieser beeinflusst werden
stimmte Getriebevariante herausgegriffen. Diese soll in kann, ist der Wellendurchmesser der Niederdruckturbine.
einem hypothetischen Triebwerk der Schubklasse 140kN, Wird dieser verkleinert, müssen jedoch eventuell auch die
wie es in einem Flugzeug für 100 – 150 Passagiere ein- Zähne verkleinert werden, um das Übersetzungsverhältnis
gebaut würde, eingesetzt werden. Ein solches Triebwerk noch realisieren zu können. Dies ginge auf Kosten der
hat typischerweise eine maximale Niederdruckturbinen- Tragfähigkeit, sodass die Verzahnungsbreite erhöht wer-
leistung von ca. 25000kW. Im größten dabei auftretenden den muss.
Belastungsfall für das Getriebe, das heißt, wenn die Nie- Planetenrad
derdruckturbine keinen Verdichter, sondern nur den Fan
antreibt, muss das Getriebe demzufolge eine Leistung Hohlrad
von 25000kW übertragen. Es wird für ein Übersetzungs-
verhältnis von 3 betrachtet.

Bei den Untersuchungen wurden grundlegende Zusam-


menhänge zwischen den Parametern ersichtlich. Es lässt
sich klar aufteilen, welche Eingangsgrößen die radiale Sonnenrad
Ausdehnung des Getriebes beeinflussen, welche die
axiale und welche die Anzahl der Planetenräder, was sich
wiederum auf die axiale Breite auswirkt. Diese Zusam-
menhänge werden in den folgenden Abschnitten darge-
legt. BILD 4. Schematische Darstellung der Teilkreisdurch-
messer zur Verdeutlichung der Auswirkung
des Übersetzungsverhältnisses i auf die geo-
Die Stoffwerte des Materials wirken sich nur auf die Breite metrisch mögliche Planetenanzahl bei glei-
und dadurch auf das Gewicht des Getriebes aus, da bei chem Wellendurchmesser
einem weniger festen Material die Zahnradbreite höher
sein muss, um die Tragfähigkeit der Zähne zu gewährleis- Die Auswirkungen des Übersetzungsverhältnisses auf die
ten. Deshalb wurden für die Studien lediglich die Materi- Masse wurden in einer Studie untersucht, die in BILD 5
alwerte von 18CrNiMo7-6 verwendet, bei dem das Getrie- abgebildet ist. Für diese Darstellung wurden Leistung,
be das geringste Gewicht aufweist. Drehzahl und Modul konstant gelassen, und es sind nur
die Fälle erfasst, bei denen die Planetenzahl für den Nor-
Der Werkzeugeingriff in der Mitte der Doppelschrägver- malmodul m = 8mm maximal ist.
zahnung hat keinen weiteren Einfluss auf die Festigkeit
oder Geometrie, außer dass er die Zahnradbreite vergrö- 1600
ßert. Für diese Untersuchungen wurde er konstant bei
20mm belassen. 1400 Masse [kg]
1200 d_Hohlrad [mm]
5.1. Das Übersetzungsverhältnis 1000
800
In Abschnitt 4.1 wurde erläutert, dass die Zahl der Plane-
tenräder so groß wie möglich sein muss, um die Getrie- 600
bebreite und damit seine Masse zu minimieren. Dabei ist 400
die geometrisch mögliche Maximalzahl der Planeten nur 200
vom Übersetzungsverhältnis abhängig. Das Überset-
zungsverhältnis i wird aus dem Verhältnis der Zähnezah- 0
len 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6
Übersetzungsverhältnis
z Hohlrad
(5) i= BILD 5. Masse und Teilkreisdurchmesser des Hohlra-
z Sonnenrad des über dem Übersetzungsverhältnis bei n =
9000rpm, m = 8mm, Leistung = 25000kW,
berechnet. Da alle Zähne im Getriebe gleich groß sind, Niederdruckwellendurchmesser = 170mm
sind die Zähnezahlverhältnisse direkt proportional zu den Der Sprung bei i = 3 kommt daher, dass die Planetenan-
Durchmesserverhältnissen. Bei einem Übersetzungsver- zahl von fünf auf drei vermindert wird. Da eine Planeten-
hältnis von 6 ist der Teilkreisdurchmesser des Hohlrades anzahl von vier sich im Getriebe ungünstig auswirkt, wur-
also sechsmal so groß wie der des Sonnenrades. Die de sie hier nicht berücksichtigt. Der vorgegebene Wellen-
Auswirkung auf die Planetenzahl ist in BILD 4 erkennbar. durchmesser beträgt hier 170mm, und der von ihm ab-
hängige Teilkreisdurchmesser des Hohlrades steigt mit
Mit steigendem Übersetzungsverhältnis passen weniger dem Übersetzungsverhältnis linear an. Bedenkt man,
Planetenräder ins Getriebe, weshalb die einzelnen Zähne dass der Außendurchmesser des Hohlrades noch größer
ist als der abgebildete Teilkreisdurchmesser, dann wird Fananschlusslänge hängt von den räumlichen Gegeben-
klar, dass ein Getriebe mit großem Übersetzungsverhält- heiten ab.
nis sehr viel Platz im Triebwerk einnimmt. Die Breite der
Zahnräder steigt weniger stark an, sie verbreitert sich bei Betrachtet man BILD 6 für das am Anfang des Kapitels
einer konstanten Planetenanzahl von drei lediglich um ca. beschriebene Triebwerk der Schubklasse 140kN, das bei
10mm von ca. 177mm bei i = 2,6 auf ca. 187mm bei i = einer maximalen Getriebeeingangsleistung von ca.
5,9. 25000kW liegt, so würde das Getriebe ca. 10% des Ge-
samtgewichts des Triebwerks ausmachen.
Es gibt bei der Verwendung eines Planetengetriebes zwei
Möglichkeiten, bei gegebenem Übersetzungsverhältnis Diese Rechnung wurde auch mit einer Drehzahlvariation
den Außendurchmesser gegenüber dem hier verwende- durchgeführt, vgl. BILD 7. Masse und Breite nehmen mit
ten Modell zu verringern. Einerseits kann es als zweistufi- steigender Drehzahl ab, im betrachteten Drehzahlraum ist
ges Getriebe ausgelegt werden, wobei es sich entspre- die Auswirkung insbesondere auf die Breite jedoch gering.
chend verbreitert. Die Übersetzungsverhältnisse der bei-
den Stufen werden dabei miteinander multipliziert, um das
Gesamtübersetzungsverhältnis zu erhalten. Andererseits 350
kann anstatt des Planetenträgers das Hohlrad festgehal- 300
ten werden, sodass die Planetenräder um das Sonnenrad
umlaufen. Bei dieser Variante ist das Übersetzungsver- 250
hältnis um eins höher als das in Gl. (5) berechnete [11]. Masse [kg]
200
Allerdings erhöht sich so die Drehzahl der Planetenräder Breite [mm]
und damit steigen auch die Belastungen der Zähne an, 150
was u. a. eine größere Zahnbreite und andere Lager nach
sich zieht. 100
50
5.2. Leistung und Drehzahl 0
8000 8250 8500 8750 9000 9250 9500 9750 10000
Die Leistung und die Drehzahl haben keinen Einfluss auf
den Außendurchmesser oder die Anzahl der Planeten. rpm
Sie verändern lediglich die Breite des Getriebes. Mit der
Leistung nehmen Breite und Masse linear zu, wie in BILD BILD 7. Darstellung von Masse und Breite des Getrie-
6 zu erkennen ist. bes über der Drehzahl der Niederdruckwelle
bei 25000kW, m = 8.5mm, i = 3, fünf Planeten

600 Um die Frage zu beantworten, wie groß solch ein Getrie-


Masse [kg] be bei maximaler Leistung sein muss, sind in BILD 8
500 Breite [mm] Masse und Breite bei einem Übersetzungsverhältnis von
fast 6 über der Leistung aufgetragen. Allein die Zahnräder
400 des größten hier ausgelegten Getriebes haben bei einer
zu übertragenden Wellenleistung von 50000kW eine
300
axiale Ausdehnung von ca. 400mm. Der Teilkreisdurch-
200 messer des Hohlrades liegt bei ungefähr 1500mm (vgl.
BILD 5); sein Außendurchmesser, der maßgeblich für den
100 Bauraum ist, ist entsprechend höher. Das Gewicht des
Getriebes beträgt etwa 1700kg. Der Einsatz ist somit
0 fraglich. Im Vergleich: Die Masse des größten zurzeit im
15000 20000 25000 30000 35000 40000 45000 50000 Passagierflugverkehr eingesetzten Triebwerkes GE90
Leistung [kW] liegt bei ca. 8300kg.

BILD 6. Darstellung von Masse und Breite des Getrie- 1800


bes über der Leistung der Niederdruckwelle 1600 Masse [kg]
bei n = 9000rpm, m = 8,34mm, i = 3 1400 Breite [mm]
Die Rechnung wurde für die bei einem zivilen Triebwerk 1200
maximale, beim Start zu erwartende Niederdruckturbinen- 1000
leistung durchgeführt. Vereinfachend, und um Vergleich- 800
barkeit zu gewährleisten, wurden Drehzahl, Modul, Über-
600
setzungsverhältnis und damit auch Planetenzahl während
dieser Rechnung konstant gehalten. Das exemplarische 400
Getriebe enthält fünf Planeten bei einem Normalmodul 200
von 8,34mm. Der Modul wurde mit dem in der Pacelab 0
Suite zur Verfügung stehenden Optimierungstool so be- 25000 30000 35000 40000 45000 50000
rechnet, dass das Gewicht minimal ist.
Leistung [kW]
Es wurden 9000rpm als günstige Drehzahl einer schnell-
BILD 8. Masse und Breite des Getriebes aufgetragen
laufenden Niederdruckturbine eingestellt [12]. In der be-
über der Leistung der Niederdruckwelle bei n
rechneten Breite ist nicht die Fananschlusswelle enthal-
= 9000rpm, m = 8mm, i = 5,86, 3 Planeten
ten, es handelt sich nur um die Breite der Zahnräder. Die
5.3. Der Modul eine große Planetenzahl. Das würde die Rechenzeit so
erhöhen, dass keine umfangreichen Parameterstudien
Zu Beginn der Auslegungsrechnung wird die Zahnfußhö- mehr möglich wären. Für die Auslegung eines einzelnen
he als das 1,2-fache des Normalmoduls festgelegt, die Getriebes ist dies jedoch sinnvoll.
Zahnkopfhöhe ist gleich dem Normalmodul [11]. Das
bedeutet, dass der Modul die einzige Variable ist, die die 5.4. Vereinfachte Rechnung einer Flugmission
Zahngröße bestimmt. Die Zahngröße wiederum wirkt sich
direkt auf die Breite der Verzahnung aus, da z. B. kleine Das Berechnen der Verlustleistung während einer Mission
Zähne weniger Last aufnehmen können und deshalb gestaltet sich einfach, da die Verlustleistung mittels des
breiter sein müssen. Getriebewirkungsgrades direkt aus der Niederdruckwel-
lenleistung ermittelt wird. Sie beträgt somit 1% der Nie-
Wie in Abschnitt 4.1 erwähnt, wird die Planetenanzahl von derdruckturbinenleistung.
der Einbaubedingung bestimmt. Abhängig vom Modul
wird nicht immer die Planetenanzahl errechnet, die rein Auch die mit Gleichung (4) überschlägig abgeschätzte
geometrisch maximal möglich wäre. Benutzt man zur Ölmenge steht in linearem Zusammenhang mit der Ein-
Berechnung der Zahngrößen einen Normalmodul aus der gangsleistung. Der benötigte Ölvolumenstrom beträgt
Normreihe, sinnvolle Normmodule wären beim aktuellen beim Standardfall des Triebwerks der 140kN-Schubklasse
Getriebe 6mm, 8mm oder 10mm, dann ist es sehr un- laut (4) ungefähr 237 l/min, um die Verlustwärme abzufüh-
wahrscheinlich, dass man die maximale Planetenanzahl ren. Bei einem großen Triebwerk mit einer 50000kW-
und damit minimale Getriebebreite / -gewicht erreicht. In Niederdruckturbine beträgt er 474 l/min. Solche Massen-
den vorangegangenen Untersuchungen wurden nur Daten ströme erfordern einen zusätzlichen Ölkühler [12], der das
verglichen, bei denen die Planetenanzahl beim gegebe- Triebwerksgewicht erhöht. Im Reiseflug ist die Verlust-
nen Normalmodul von 8mm konstant war. Die Daten wärme geringer und der Ölmassenstrom könnte reduziert
wurden also selektiert, um die Vergleichbarkeit zu ge- werden. Ob der Betrieb mit variablem Ölmassenstrom
währleisten. Zum Vergleich ist in BILD 9 die tatsächliche sinnvoll und realisierbar ist, müsste gesondert untersucht
Schwankung der Planetenanzahl in Abhängigkeit vom werden.
Übersetzungsverhältnis aufgetragen.
6. SCHLUSSFOLGERUNG UND
6 ZUSAMMENFASSUNG
5 Im Rahmen dieser Studie wurde eine Vorentwurfsmetho-
Anzahl der Planeten

de in ein Vorauslegungstool für Planetengetriebe imple-


4
mentiert und daran detaillierte Untersuchungen durchge-
3 führt. Trotz der getroffenen Vereinfachungen ist daraus
ableitbar, wie ein Getriebe für unterschiedliche Anforde-
2 rungen beschaffen sein muss.

1 Es wird ersichtlich, dass die ins Auge gefassten großen


Übersetzungsverhältnisse von bis zu 6 mit dem modellier-
0 ten Getriebetyp schwer zu realisieren sein werden, da der
2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6 erforderliche Außendurchmesser des Getriebes einen
Übersetzungsverhältnis großen Bauraum einnimmt und ein hohes Gewicht herbei-
führt. In diesem Fall wäre zu überlegen, ein zweistufiges
BILD 9. Schwankung der Planetenanzahl über dem Getriebe einzubauen, was jedoch die axiale Breite mehr
Übersetzungsverhältnis bei konstantem Nor- als verdoppeln würde, oder statt dem Planetenträger das
malmodul von m = 8mm Hohlrad als feststehende Welle zu konzipieren, wodurch
das Übersetzungsverhältnis um eins höher wäre als bei
Wenn ein Getriebe automatisch ausgelegt werden soll, feststehendem Planetenträger.
muss eine Methode implementiert werden, die den Modul
im Zusammenhang mit anderen Größen wie z. B. dem
Große Leistungen lassen sich von der Getriebebreite her
Durchmesser der Niederdruckwelle so optimiert, dass
eher realisieren, allerdings steigt mit der Leistung die
immer die maximal mögliche Anzahl Planeten ermittelt
Getriebemasse stark an. Im gemäßigten Leistungsbereich
wird. Eine einfache Methode wäre, die Einbaubedingung
von Mittelstreckenflugzeugen, bei dem heutzutage ein
(vgl. Kapitel 4.1) zu ignorieren, mit einem vorgegebenen
Übersetzungsverhältnis von 3 realisiert wurde, lässt sich
Standardmodul zu rechnen und davon auszugehen, dass
das Getriebe kompakt ausführen.
immer ein passender Modul gefunden werden kann. Das
erhöht allerdings die Ungenauigkeit des Modells, da der
Modul einen Einfluss auf die Breite des Getriebes hat, da Die mit dem Vorentwurfstool durchgeführten Analysen
er die Zahnhöhen und damit die Tragfähigkeit der Zähne haben die Zusammenhänge zwischen den einzelnen
bestimmt. Das mit einem Standardmodul berechnete Eingangsvariablen und dem mit ihnen erzeugten Getriebe
Getriebe würde also keine zuverlässige Aussage über offenbart. Jede Eigenschaft des fertigen Getriebes kann
Masse und Ausmaße zulassen. damit ursächlich erklärt werden und mit Hilfe dieses Wis-
sens können Randbedingungen zielgenau geändert wer-
den, um die Getriebeeigenschaften in eine bestimmte
Es müsste demzufolge ein Optimieralgorithmus für den
Richtung zu lenken.
Modul einprogrammiert werden, der während der Ausle-
gungsrechnung die Balance findet zwischen großem
Modul für eine geringe Zahnbreite und kleinem Modul für Die Entwurfsmethode hat Weiterentwicklungspotenzial,
um präzisere Aussagen treffen zu können. So könnten
zusätzlich Lager und Planetenträger im Programm be-
rücksichtigt und die Auslegung eines Ölwärmetauschers
hinzugefügt werden, damit die Auswirkungen auf die Ge-
samtmasse besser abgeschätzt werden können. Doch die
Ergebnisse des aktuellen Rechenmodells sind hinrei-
chend zuverlässig, wie die Validierung gezeigt hat.

[1] International Civil Aviation Organization, “Growth in


Air Traffic projected to continue to 2025”, ICAO News
Release PIO 08/07, MONTREAL, 18 September 2007

[2] Airbus, “Global Market Forecast 2007 – 2026”, Airbus


S.A.S., Blagnac Cedex, 2007

[3] J. Scheiderer, „Angewandte Flugleistung“, Springer-


Verlag Berlin Heidelberg, 2008

[4] G. P. Brasseur, J.-F. Müller, C. Granier, “Atmospheric


impact of NOx emissions by subsonic aircraft: A
three-dimensional model study”, J. Geophys. Res.,
1996, 101(D1), 1423–1428

[5] E. Greiser, „Beeinträchtigung durch Fluglärm: Arz-


neimittelverbrauch als Indikator für gesundheitliche
Beeinträchtigung“, Umweltforschungsplan des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-
torsicherheit, Überarbeitete Fassung März 2007

[6] U. Kohnen, „Reduzierung der Umweltfolgen des Flug-


verkehrs“, VCD-Fakten, Verkehrsclub Deutschland e.
V., Berlin, 2006

[7] Advisory Council for Aeronautics Research in Europe,


“Strategic Research Agenda”, Volume 2, Oktober
2004

[8] M. J. Lighthill, “On Sound Generated Aerodynami-


cally. I. General Theory”, Proceedings of the Royal
Society of London, Series A, Vol. 211, 1952, p. 564

[9] C. Riegler, C. Bichlmaier, “The Geared Turbofan


Technology – Opportunities, Challenges and Readi-
ness Status”, MTU Aero Engines GmbH, 2007

[10] F. Weinz, “Erstellung eines Vorauslegungstools für


Übersetzungsgetriebe ziviler Luftfahrtantriebe mit ho-
hem Nebenstromverhältnis in der Entwicklungsum-
gebung PACELAB“, Studienarbeit, Universität Stutt-
gart, 2009

[11] K.-H. Grote und J. Feldhusen, „Dubbel - Taschen-


buch für den Maschinenbau“, 22. Auflage, Springer-
Verlag Berlin Heidelberg, 2007

[12] M. Gresser, "Lufo III HDV-R-Test - Verifikation eines


effizienten Schwerlastgetriebes hoher Drehzahl für
Getriebefans", Abschlussbericht, Liebherr-Aerospace
Lindenberg GmbH, 2007.

[13] W. Steinhilper, B. Sauer, „Konstruktionselemente des


Maschinenbaus 2“, 5. Auflage, Springer-Verlag Berlin
Heidelberg, 2006

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