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Basiskurs Management (BMGT)

Übung 1: Einführung Spieltheorie

David Poensgen

Goethe-Universität Frankfurt

1 BMGT Sommersemester 2021 © Kosfeld


Spieltheorie

• Methode zur mathematischen Modellierung von Situationen, in denen


mehrere Akteure strategisch interagieren

• Wer damit rechnen muss, dass andere auf sein Handeln reagieren, sollte
diese Reaktion bei der Wahl seiner Handlung mit berücksichtigen.
• Spieltheorie analysiert solche Interaktion zwischen rationalen Agenten

Entscheidungstheorie Spieltheorie Vollständige Märkte

So viele, jeweils kleine


Ein einzelner Agent „Wenige“ Agenten
Agenten, dass Interaktion
optimiert interagieren strategisch
vernachlässigbar

Bsp: Monopolist Bsp: Oligopol Bsp: Aktienmarkt

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Spieltheorie und Firmenstrategie

Warum Spieltheorie?

• Unternehmen stehen nach außen in Interaktion mit


- Konkurrenten
- Zulieferern
- Kunden
• Payoffs sind abhängig vom Handeln anderer.

• Ebenso innerhalb von Unternehmen (siehe Teil 2: Organisation):


- Unternehmen und Angestellte
- Interaktion in Teams, zwischen Abteilungen

• Spieltheorie ist das Werkzeug, das diese Abhängigkeit berücksichtigt.

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Spieltheorie

Inhalt dieser „Einführung“ in die Spieltheorie

• Dominante Strategien und Nash-Gleichgewicht.

• Simultane und sequentielle Spiele.

• Unterschied zwischen Nash-Gleichgewicht und teilspielperfektem


Nash-Gleichgewicht.

• Zusammenhang von Teilspielperfektheit und der Glaubwürdigkeit


von Drohungen.

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Spieltheorie

Was ist ein Spiel?

• Spieler:
- konkurrierende Unternehmen; Unternehmen und Angestellte; …

• Regeln:
- Verfügbare Strategien (Handlungsmöglichkeiten) der Spieler
- Zeitliche Abfolge von Handlungen
- Information, die den Spielern zur Verfügung steht

• Ergebnisse:
- Folgen aus der Kombination einzelner Handlungen.

• Payoffs:
- Stellen die Präferenzen der Spieler über die Ergebnisse dar.
(Bei uns meistens einfach Gewinne, könnte aber auch anderes berücksichtigen)

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Spieltheorie

Terminologie

• Simultane oder statische Spiele: Alle Spieler ziehen ein Mal,


und zwar gleichzeitig

• Normalform: Spieler, Strategien und Payoffs des Spiels in


Matrixform (wird hauptsächlich bei statischen Spielen genutzt).

• Dynamische Spiele: Oberbergriff für Spiele, bei denen nicht alles


gleichzeitig geschieht, sondern zeitliche Abfolge eine Rolle spielt

• Sequentielle Spiele: Dynamische Spiele, bei denen die Spieler


abwechselnd am Zug sind

• Extensivform: Spielbaum, veranschaulicht die Abfolge der


Handlungen (wird bei sequentiellen Spielen genutzt).

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Simultane Spiele

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Spiele in Normalform

1. Spieler: Spieler A und Spieler B


2. Strategien: Zeilen bzw. Spalten
3. Payoffs Spieler A – Payoffs Spieler B

Spieler B
Links Rechts

Oben 20, 20 12, 16


Spieler A
Unten 15, 22 10, 10

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Spiele in Normalform

1. Spieler: Spieler A und Spieler B


2. Strategien: Zeilen bzw. Spalten
3. Payoffs Spieler A – Payoffs Spieler B

Spieler B
Links Rechts

20 16
Oben
20 12
Spieler A
22 10
Unten
15 10

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Spiele in Normalform

• Angenommen, Spieler B spielt Links. Was sollte Spieler A tun?


• Payoffs von A in dieser Spalte vergleichen – Maximum finden.
• Wir sagen: „Oben ist die beste Antwort auf Links.“

• Im Beispiel: Oben ist immer besser als Unten.


• Eine Strategie, die immer besser als alle übrigen ist, nennen wir dominant.
• Genauso: Links ist dominant für Spieler B.
Spieler B
• Unsere Vorhersage für dieses Spiel also: Links Rechts
• Das Ergebnis ist (Oben, Links)
20 16
Oben
20 12
Spieler A
22 10
Unten
15 10

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Dominierte Strategien

• Ein neues Spiel.


• Feststellung: Egal, was A tut, für B ist Links immer besser als Mitte:
• Wir sagen: „Mitte ist dominiert von Links“
• Kein rationaler Spieler würde je eine dominierte Strategie wählen.
• Wenn A weiß, dass B rational ist, kann auch A demnach Mitte ignorieren.
• Wir können also Mitte aus dem Spiel streichen, und weitersehen.

Spieler B
Links Mitte Rechts

6 4 7
Oben
Spieler 4 1 5
A 5 2 1
Unten
2 15 1

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Dominierte Strategien

• Im verbleibenden Spiel:
• Oben dominiert Unten.
• Also: Unten streichen.

Spieler B
Links Mitte Rechts

6 4 7
Oben
Spieler 4 1 5
A 5 2 1
Unten
2 15 1

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Dominierte Strategien

• Im verbleibenden Spiel:
• Oben dominiert Unten.
• Also: Unten streichen.

• Und jetzt:
• Rechts dominiert Links. Links streichen.

Spieler B
Links Mitte Rechts

6 4 7
Oben
Spieler 4 1 5
A 5 2 1
Unten
2 15 1

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Dominierte Strategien

• Im verbleibenden Spiel:
• Oben dominiert Unten.
• Also: Unten streichen.

• Und jetzt:
• Rechts dominiert Links. Links streichen.

• Es bleibt: Spieler B
• (Oben, Rechts) Links Mitte Rechts
• … als einzig plausibler Ausgang
zwischen rationalen Spielern 6 4 7
Oben
Spieler 4 1 5
A 5 2 1
Unten
2 15 1

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Dominierte Strategien

• Unser Vorgehen eben nennt sich


Iteriertes Eliminieren dominierter Strategien.

• Anweisung:
1. Suche eine dominierte Strategie und streiche die entsprechende Zeile oder Spalte.
2. Wiederhole 1. im jeweils verbleibenden Spiel, sooft möglich.
3. Beende das Vorgehen, wenn keine weitere Strategie dominiert ist.

• Wenn für jeden Spieler nur eine Strategie übrig bleibt, haben wir das Spiel „gelöst“.
• Falls wir vorher aufhören müssen, haben wir immerhin einige Strategien gestrichen,
die zwischen rationalen Spielern nie gespielt würden.

• Übrigens:
- Manchmal gibt es mehrere Strategien, die dominiert sind.
- Dann ist egal, welche wir zuerst streichen – das Endergebnis ist immer dasselbe.

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Wenn Dominanz nicht weiterhilft

• Wir betrachten wieder das erste Spiel, mit zwei Veränderungen.

• Jetzt kommt man mit Dominanz alleine nicht weiter – wir brauchen einen neuen
Ansatz.
• Wir führen das Nash-Gleichgewicht als zentrales Konzept ein.

Spieler B
Links Rechts

20 16
Oben
20 8
Spieler A
4 10
Unten
15 10

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Nash-Gleichgewicht

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Nash-Gleichgewicht

• Definition:

Eine Kombination aus Strategien heißt Nash-Gleichgewicht,


wenn keiner der Spieler einen Anreiz hat, abzuweichen, gegeben
die Gleichgewichtstrategien der anderen Spieler.

• Anders gesagt: Ausgehend von einem NG kann kein Spieler durch einseitige
Änderung seiner Strategie einen besseren Payoff erzielen.

• Eine gleichbedeutende Definition:

Eine Kombination aus Strategien ist genau dann ein Nash-Gleichgewicht, wenn
die Strategie jedes Spielers eine beste Antwort auf die Strategien der anderen ist.

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Spiele in Normalform

• Wir suchen also Strategie-Kombinationen, die gegenseitige beste Antworten sind.


• Anweisung also:
1. Suche (und unterstreiche) alle besten Antworten
2. Felder, die für beide Spieler beste Antwort sind, sind die gesuchten Gleichgewichte.

• Im Beispiel sind das (Oben, Links) und (Unten, Rechts)


Also: NG = { (Oben, Links), (Unten, Rechts) } Spieler B
Links Rechts

20 16
Oben
20 8
Spieler A
4 10
Unten
15 10
{ } ist dabei die Mengenklammer –
Es kann, wie hier, mehrere NG geben!
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Sequentielle Spiele

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Sequentielle Spiele
• In sequentiellen Spielen ziehen die Spieler abwechselnd
• Darstellung der zeitlichen Abfolge in einem Spielbaum
• (Spieler können prinzipiell mehrere Entscheidungspunkte haben.)
• Beispiel: Markteintritt

aggressiv -10, 2

Spieler 2
2
Eintritt
Spieler 1
1 nicht
aggressiv 5, 5

kein
Eintritt 0, 10

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Terminologie
• Die einzelnen Handlungsmöglichkeiten („Äste“)
heißen Aktionen
- Beispiele: Eintritt, oder Unterbieten

• Eine Strategie ist ein vollständiger Aktionsplan, d.h. eine Aktion für jeden
Entscheidungsknoten des Spielers
- auch für Knoten, die vielleicht gar nicht erreicht werden!
- Bsp: Eintritt, oder Unterbieten/Werbekampagne, oder Nicht Unterbieten/Werbekampagne

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Sequentielle Spiele
• Gesucht: Strategie-Kombinationen,
bei denen kein Anreiz besteht, abzuweichen.

Vorschlag 1: Vorschlag 2:

• Bei beiden gilt:


Keiner der Spieler kann sich verbessern, indem er seine Wahl ändert.
• Also: NG = { (Eintritt, nicht aggressiv), (kein Eintritt, aggressiv) }
• Aber: beim zweiten Gleichgewicht „stimmt etwas nicht“…

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Unglaubwürdige Drohungen
• Spieler 2 „droht“ hier:
Vorschlag 2:
Wenn 1 eintritt, handle ich aggressiv.

• Ist das aber glaubwürdig?


• Angenommen, Spieler 1 ist (dennoch) eingetreten.
• Dann hat Spieler 2 keinen Anreiz, seine Drohung
umzusetzen: Er würde sich selbst schaden!

• In sequentiellen Spielen wollen wir Gleichgewichte mit solchen unglaubwürdigen


Drohungen ausschließen – wir brauchen dafür ein verfeinertes Gleichgewichtskonzept:

Ein Teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht ist ein Nash-Gleichgewicht, bei dem die


Strategien aller Spieler von jedem Entscheidungspunkt an optimal sind – auch für
Entscheidungspunkte, die vielleicht gar nicht erreicht werden.

• Im Beispiel besteht nur das „glaubwürdige“ NG diesen Test:


• TSP-NG = { (Eintritt, nicht aggressiv) }
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Teilspielperfekte Gleichgewichte

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Exkurs: Glaubwürdige Drohungen

Frage: Wie könnte man eine Drohung glaubwürdig machen?


• Eliminiere den Anreiz, nicht aggressiv zu spielen!
• Zum Beispiel: Kostensenkende Investition vor Beginn des Spiels.
Angenommen, eine Investition von 1 reduziert die Kosten einer
aggressiven Reaktion um 5.
• Net Benefit = 4
• Oder: Odysseus. aggressiv -10, 2

2
Eintritt

1 nicht
aggressiv 5, 5

kein
Eintritt 0, 10
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Odysseus und die Sirenen

• Odysseus nähert sich mit


seinem Schiff den Sirenen
• Er weiß, dass er ihrem Gesang
aus der Nähe nicht wird
widerstehen können, und lässt
sich vorab an den Mast binden

• Idee der strategischen


Selbstbindung

• Ein Unternehmen könnte etwa


eine rechtlich verbindliche Tiefpreisgarantie aussprechen
• Damit ist die Drohung eines Preiskampfs bei Eintritt glaubwürdig –
das Unternehmen kann ja nicht mehr anders, selbst wenn es im
Nachhinein wollte.
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Rückwärtsinduktion
• Nochmals die Definition:

Ein Teilspielperfektes Nash-Gleichgewicht ist ein Nash-Gleichgewicht, bei dem die


Strategien aller Spieler von jedem Entscheidungspunkt an optimal sind – auch für
Entscheidungspunkte, die vielleicht gar nicht erreicht werden.

Im Beispiel eben haben wir …


1. erst alle NG gefunden
2. dann die nicht-teilspielperfekten „aussortiert“

Das war unnötig umständlich:


• Rückwärtsinduktion ist eine einfachere Methode, direkt nur die TSP-NG zu finden –
ohne den Umweg über Nash-Gleichgewichte.
• Erläuterung an einem Beispiel vom Übungsblatt.

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Rückwärtsinduktion: Beispiel

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Rückwärtsinduktion
Anweisung:

1. Fange bei den jeweils letzten Entscheidungspunkten an, und suche an jedem die
optimale Aktion für den betreffenden Spieler.

2. Alle diese Aktionen markieren.


Aus Sicht der früheren Entscheidungen sind diese die jeweils antizipierte
Fortsetzung des Spiels, falls der entsprechende Entscheidungspunkt erreicht wird.

3. Jetzt die jeweils vorhergehenden Entscheidungspunkte betrachten.


Unter Berücksichtigung der antizipierten Fortsetzung optimale Aktionen identifizieren.

4. Wiederholen, bis der erste Entscheidungspunkt gelöst ist.


Jetzt nur noch das Teilspielperfekte Gleichgewicht aufschreiben.

• Wir lösen sequentielle Spiele also beginnend mit der letzten Entscheidung: „rückwärts“.
• Das ist ein wichtiges Prinzip, dem wir im Laufe des Semesters immer wieder folgen
werden.

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Sequentielle Spiele

• Erinnerung: Eine Strategie in einem dynamischen Spiel


nennt eine Aktion für jeden Entscheidungspunkt des Spielers.
Auch für Punkte die vielleicht nie erreicht werden!
- Die möglichen Strategien von Boeing im Beispiel sind also:
1. Kämpfen / Kämpfen
2. Kämpfen / Nicht kämpfen
3. Nicht kämpfen / Kämpfen
4. Nicht kämpfen / Nicht kämpfen
- Die Konvention dabei: Entscheidungsknoten von links nach rechts durchgehen

• Bei der Angabe eines TSP-NG für jeden Spieler die komplette Strategie
angeben, und nicht etwa nur die Aktionen an Punkten, die auch tatsächlich
erreicht werden.

• In einem sequentiellen Spiel gibt es pro Entscheidungspunkt ein Teilspiel


- Nämlich jeweils das, übrigbleibt, wenn man das Spiel von diesem Punkt an betrachtet.

- Demnach ist das Spiel insgesamt auch ein Teilspiel seiner selbst – beim Zählen nicht vergessen.

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Zusammenfassung

Simultane Spiele
• Darstellung in Matrixform
• Dominante Strategien
• Dominierte Strategien (und iterative Eliminierung derselben)
• Nash-Gleichgewichte

Sequentielle Spiele
• Darstellung in Extensivform (= Spielbaum)
• Nash-Gleichgewicht als Konzept nicht zufriedenstellend:
Schließt unglaubwürdige Drohungen nicht aus
• Deshalb: Teispielperfektes Nash-Gleichgewicht
• Zu finden per Rückwärtsinduktion

Diese Grundkonzepte werden uns die gesamte Veranstaltung lang begleiten!

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Ausblick

• Heute:
- Spieler haben 2, 3, 4 ... mögliche Strategien
- Beispiel: Hoher Preis, Niedriger Preis
• Übung 2 (Strategischer Wettbewerb):
- Spieler haben ein Kontinuum an Strategien
- Beispiel: Ein Unternehmen kann als Preis jede Zahl ≥ 0 setzen

• Heute:
- Spieler spielen das Spiel genau ein Mal, dann Ende der Interaktion
• Übung 3 (Markteintritt, Kartelle):
- Interaktion ist wiederholt; x-mal oder unendlich oft dasselbe Spiel
- (Wann) erlaubt dies glaubwürdige Drohungen?

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