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Versuch einer Vorgeschichte des Kr.

Goldberg in Schlesien 435


transmittit. 8 8 Dennoch sollten Wochen vergehen, ehe m a n in Breslau d a -
von K u n d e bekam. Der Tod Kitzings h a t t e nicht n u r die engen K o n t a k t e
der Stadt m i t der päpstlichen K u r i e m i t einem Male erheblich gelockert,
sondern auch der Kaiser u n d die mit P ö d e b r a d eng befreundeten Fürsten,
d a r u n t e r sogar der Bischof von Breslau, boten alle Mittel auf, u m die
Publizierung dieser Bulle zu h i n t e r t r e i b e n .

89) Scriptores 8, S. 138, nr. 114. — Der Kardinal gab die Bulle dem Breslauer
Boten Nicolaus Hermanni, der sie nach Linz bringen sollte, wo Petrus Pol-
senger, vestre communitati fidissimus vir, sie weiterbefördern würde (vgl. dazu
seinen Brief vom 15. 10. ebenda, S. 142). Der Rat dankte dem Kardinal mit
Schreiben vom 22. 11., worauf dieser am 8. 1. 1463 antwortete. Beide Schreiben
sind in den Scriptores nur angezeigt, nicht abgedruckt, da der Herausgeber sie
„ohne politischen Inhalt" fand. Leider waren mir diese Schreiben, die sich
einst in der Sammlung Roppan im Breslauer Stadtarchiv befanden, trotz mehr-
facher Bemühungen nicht zugänglich. Teilweise sind sie auch abschriftlich in
Eschenloers lateinischem Text überliefert.

Berichte
Hans Jockisch:

Versuch einer Vorgeschichte des Kreises Goldberg in Schlesien*


Der Kreis Goldberg, aus den beiden Altkreisen Goldberg—Haynau und Schö-
nau gebildet, reicht von den Kämmen des Bober-Katzbachgebirges bis zu der
sumpfigen Niederung des Schwarzwassers, das bei Liegnitz in die Katzbach
mündet. Er wird in seinem mittleren Teil bei Goldberg von dem Sudeten-
randbruch durchschnitten, der ihn mit seinem Streichen von Südost nach Nord-
west durchzieht. Dem Wanderer, der, von Haynau kommend, nach Süden den
Kreis durchstreift, begrenzen die Kämme des Bober-Katzgebirges und der
Sudeten den Horizont, während im Vordergrund die Hochfläche des Gebirgs-
vorlandes von einer Kette von Basaltkuppen durchbrochen wird, die wie die
Perlen einer Schnur an einer Reihe parallel zueinander gestaffelter Graben-
brüche, die ihrerseits parallel zu dem Sudetenrandbruch verlaufen, aufgereiht
sind. So ist das orographische Bild des Kreises aufs stärkste bewegt.
Ein verwirrendes Bild von Überschiebungen, Faltungen und Brüchen bietet
sich dem geologisch geschulten Auge. Harte Grünschiefer, Porphyre in der
seltenen Ausbildung zu Säulen und Marmorkalk sowie die weichen Kreide-
sandsteine, die bei Hermsdorf—Seiffenau von der Katzbach durchbrochen wer-
den, sind an der Bildung der Ackerkrume beteüigt. Im letzten Abschnitt der

*) Abgefaßt 1943, überarbeitet 1965. Der Vf. war ehemals Leiter des Heimat-
museums Goldberg. Für die Überarbeitung und eine eingehende Überprüfung
der Arbeit dankt er Herrn Prof. Dr. W. La Baume in Ludwigshafen am Boden-
see.
88*
436 Hans Jockisch
Erdgeschichte wird die Oberfläche des Kreises durch die großen Eisströme der
Gletscher mehrfach umgepflügt und von ihren Schottern und Geschieben über-
deckt. Ihre Endmoränen prägen nach Süden bis in den Schönauer Kessel noch
heute das Landschaftsbild. Aus dem den größten Teil des Kreises überdecken-
den Eis ragen wohl nur die Kämme der Bleiberge, der Hogulje und die Kuppen
und Klippen des Kitzelberges, des Uhu- und Krähensteins bei Kauffung heraus.
Die von Süden nach Norden abnehmende Höhenlage der einzelnen Kreisteile
Schönau, Goldberg und Haynau bedingen vom Bergland zur Ebene hin recht
unterschiedliche klimatische Verhältnisse, die dem Menschen im Verein mit der
rasch wechselnden mineralogischen Zusammensetzung der Böden ungleich ge-
artete Lebensmöglichkeiten schaffen.
Reiche Schätze an Erz, an Kupfer und Blei, an Gold und in geringerem
Maße an Silber lockten den Menschen zur Besiedlung des Berglandes. Dieser
leisteten die von Süden nach Norden sich öffnenden Täler der Katzbach und
schnellen Deichsa Vorschub, die unschwer begehbar sich zu den natürlichen
Verkehrswegen des Kreises entwickelten. Sie wurden miteinander verbunden
durch die fast senkrecht zu ihnen verlaufenden Grabenbrüche der Vorsudeten,
wie z. B. des Hermsdorfer Grabens als Verbindung nach Löwenberg oder paral-
lel zum Sudetenrandbruch durch den Straßenzug von Bunzlau über Haynau
und Liegnitz nach Breslau.
Reichliche Niederschläge — die 700-mm-Linie des jährlichen durchschnitt-
lichen Niederschlages schwingt vom Gebirge weit nach Norden aus — lassen in
Verbindung mit der teilweise großen Bodengüte im Nordteil des Kreises im
Bereich der Geschiebelehmflächen intensiven Ackerbau zu. Daher häufen sich
hier in dem alten Goldberg—Haynauer Kreisteil die Bodenfunde, wie unsere
Fundkarte zeigt.
Diese fruchtbaren Böden wurden umgrenzt von den großen Waldgebieten,
die sich verkehrsfeindlich dem Menschen entgegenstellten, die aber auch mit
den klimatischen Schwankungen im Laufe der vorgeschichtlichen Zeit an Aus-
dehnung gewannen und einbüßten. Ihr heutiger bzw. ihr frühgeschichtlicher
Bestand, d. h. also um die Jahrtausendwende unserer Zeitrechnung, läßt daher
keinen Rückschluß auf die vorgeschichtliche Besiedlung zu. Diese schwankt
vielmehr mit der Dichte und Ausdehnung des Waldes sowie mit dem Streben
des Menschen nach Seßhaftigkeit. Landschaften, die in der Bronzezeit dicht
besiedelt sind, veröden in den folgenden Jahrhunderten und kommen mit dem
Einzug der Deutschen in Schlesien erneut unter den Pflug. So bietet sich uns
im Verlauf der Jahrtausende ein ständig wechselndes Bild der Besiedlung dar,
bedingt durch den orographischen Aufbau, durch die Böden und den Klima-
wechsel, beeinflußt durch die Hand des Menschen.

1. D i e S t e i n z e i t
a) Altsteinzeit
Bereits in der vorletzten Zwischeneiszeit dürfte der Mensch unseren Kreis
als Jäger durchstreift haben. Daß er hier seßhaft gewesen ist, ist unwahr-
scheinlich, da bisher nur ein einziger Lesefund auf seine Anwesenheit schlie-
ßen läßt, ein Fund, der auch als Einzelfund in ganz Schlesien einzig dasteht.
Versuch einer Vorgeschichte des Kr, Goldberg in Schlesien 437
1937 wurde am Südwestausgang von Ober Hermsdorf bei Haynau in der Ge-
markung Petersdorf ein großer, urtümlicher Faustkeil gefunden 1 , der seiner
Form nach dem Alt-Acheuleen zugeschrieben werden muß. Sein Träger, der
vor etwa 250 000 Jahren gelebt hat, gehörte einer längst ausgestorbenen Men-
schenrasse an, die in jener Zeit in Frankreich und Westdeutschland verbreitet
war und deren Spuren durch diesen Faustkeil sich bis nach Schlesien verloren
haben. Er durchstreifte das Flachland auf der Jagd nach dem Großwild des
Mammuts und des Riesenhirsches. Der Faustkeil ist ein Prachtexemplar seiner
Art. Bei einer erheblichen Dicke mißt er von der Spitze bis zu seinem breiten
Rücken 15 cm, und er ist bis zu 9,5 cm breit. Seine Schneiden sind in Musche-
lung geglättet und geschärft. Da eine seiner Flächen bei der Bergung ganz frisch,
die andere dagegen durch periglazialen Windschliff sehr verändert aufgefunden
wurde, muß nach Gripp (Kiel) der Faustkeil sehr lange auf einer älteren, glazia-
len Oberfläche unberührt gelegen haben. Seine ursprüngliche Oberfläche ist
heute braungelb patiniert.
Die zeitlich nächsten Spuren des Menschen finden sich im Goldberger Kreis
aus dem Beginn der letzten großen Vereisung Schlesiens, die ungefähr 50 000
Jahre zurückliegt. Die mit ihr verbundenen Kulturen werden als Primitiv-
Aurignacien bezeichnet. Drei Fundstellen dieser in Mähren und in dem süd-
westlichen Oberschlesien stark verbreiteten Epoche sind bisher festgestellt
worden: 1. die Höhlen des Kitzelberges und die Felsklüfte des Uhusteines sowie
des Krähensteines beiderseits des Katzbach-Durchbruchs bei Oberkauffung;
2. eine Anhöhe am Rande des Tales, das die Dörfer Neukirch und Hundorf ver-
bindet, und 3. mehrere Fundplätze nördlich des Dorfes Schönwaldau. Alle drei
Stellen liegen im Gebirgsland. Sie lehren, daß der Mensch dieser Zeit seine
Lebensgewohnheiten gegenüber dem Menschen von Petersdorf gewandelt hatte.
Eingewandert vermutlich aus Südosten, von Mähren und Oberschlesien, hatte
er sich vor dem von Norden vordringenden Eise in die Höhlen des Kitzelberges
zurückziehen müssen. Dort hat man in der Hellmich- und Witschelhöhle seine
Wohnplätze in den Jahren 1936 und 1937 systematisch ausgegraben 2 , nachdem
bereits in den beiden Jahrzehnten zuvor durch den Angestellten der Tschirn-
haus A. G., Braatz, ein großes Material an Knochen vom Löwen, Rentier und
vor allem vom Höhlenbären aus dem Abraumschutt des Marmorkalkbetriebes
gesammelt und sichergestellt worden war.
Weiterhin wurde grobes Steingerät aus Feuerstein und Marmorkalkstein
ausgegraben, das als Schaber und Bohrer, als Kratzer und Stichel bei der Ver-
arbeitung der Tierfelle und der Knochen Verwendung gefunden hatte. Mancher
durchbohrte und gespaltene Knochen beweist, daß auch er dem Menschen jener
Zeit als Gerät gedient hat bzw. daß ein Teil der Geräte an Ort und Stelle
angefertigt worden ist.
Schönwaldau ergab ein ähnliches Fundgut, während in Neukirch—Hundorf 3

1) L. Z o t z , Die Altsteinzeit in Niederschlesien. Leipzig 1939. S. 1 ff., dort


auch Fundkarte; Altschlesische Blätter 12 (1937), S. 69—72 u. Abb. Aufbewahrt
im Landesamt für Vorgeschichte in Breslau (zit: La. Breslau).
2) Z o t z , Altsteinzeit in Niederschlesien. Die schlesischen Höhlen und ihre
Bewohner, Altschles, Bll. 15 (1940), 1 und 13 (1938), 1.
3) Z o t z , S. 20, 21 und Lageplan S. 109. Die Hauptmasse der Funde kam
«38 Hans Jockisch
neben zwei kleinen, bearbeiteten Klingenabsplissen ein kielkratzerartiger
Nukleus und eine mikrolithische Feuersteinklinge gefunden wurden.
Wie im Acheuleen war der Mensch dieser Aurignacien genannten Zeitstufe
Jäger. Verfolgt wurde vornehmlich der Höhlenbär, dem in einer Art Höhlen-
bärenkult gehuldigt wurde. Hierauf deutet der Fund eines Schädels eines
Jungbären hin, dessen Zähne bei seinen Lebzeiten abgeschliffen worden sind.
Die Gestalt des damals lebenden Menschen ähnelte bereits weitgehend der des
heutigen. Er gehört einer neuen, jungdiluvialen Rasse an, von der auch Grab-
funde in Brünn und 2.0 Skelette eines Predmoster Massengrabes Kunde geben.4

b) Mittelsteinzeit
Unmerklich vollzieht sich, der Übergang von der letzten Nacheiszeit zur erd-
geschichtlichen Gegenwart. Die klimatischen Bedingungen gestalten sich all-
mählich für den Menschen günstiger. Die zunehmende Erwärmung bewirkt eine
stetige Veränderung der Tier- und Pflanzenwelt. Zuvor dem Menschen ver-
schlossene Landschaften werden ihm jetzt zugänglich. Er kann seine Wohn-
stätten nach dem Rückzug der Gletscher aus den Höhlen des Gebirges wieder
ins Flachland verlegen. Die arktische Tierwelt des Höhlenbären und Rentieres
stirbt bis auf geringe Reste der niederen Tierwelt aus oder wandert nach Nor-
den dem Eise nach aus unserem Kreise ab. Aus der Tundrenlandschaft er-
wächst langsam die Waldlandschaft. So erleidet auch die Pflanzenwelt eine
durchgreifende Änderung, und nur noch wenige Arten der alpinen Flora, wie
verschiedene Enzianarten am Kitzelberge, erinnern bis auf den heutigen Tag
an die einstige Vergletscherung.
Obwohl die äußeren Lebensbedingungen seit dem Beginn der Mittleren Stein-
zeit wesentlich günstiger geworden sind, ist der Mensch in Mittel- und Nord-
europa noch auf der Wirtschaftsstufe der Jäger und Fischer stehengeblieben.
Vielfach sind in Schlesien mittelsteinzeitliche Fundstellen entdeckt worden,
an denen Geräte aus Feuerstein, oft in großer Zahl, im Erdboden und an der
Oberfläche liegen, darunter sehr viele kleine „Mikrolithen". Neben messerförmi-
gen Klingen und Sticheln sind es vor allem kleine Flintspitzen, die sicherlich als
Pfeilspitzen benutzt worden sind; Pfeil und Bogen waren damals die wichtigste
Jagdwaffe. Wahrscheinlich werden sich auf den sandigen Dünen im Nordteil
des Kreises Goldberg noch solche mittelsteinzeitliche Siedlungsplätze nach-
weisen lassen, ähnlich wie in den benachbarten Kreisen Liegnitz und Lüben.
An anderer Fundstelle, nämlich 1,3 km südwestlich vom Bahnhof Hermsdorf und
westlich des Katzbachufers am Steilhang, wurde ein kleiner Mittelstichel ge-
funden, dessen Hohlkante sauber herausgearbeitet ist.5 Auch gehört wohl eine
in der Gemarkung Neukirch gefundene Spitzhacke" aus Felsgestein (Diorit),
deren Schaftloch sanduhrförmig gepickt ist, dieser Zeitstufe an. Sie hat sowohl

durch Prof. Zotz in das Landesamt für Vorgeschichte in Breslau, ein zu einem
Stichel umgearbeiteter Eckzahn des Höhlenbären sowie eine größere Anzahl
von seinen Knochen aus der Hellmichhöhle in das Museum von Goldberg.
4) Geschichte Schlesiens. Hrsg. von der Hist. Komm. f. Schles. Bd 1, Breslau
1938. S. 19.
5) 1943 vom Vf. gefunden, aufbewahrt im Museum Goldberg (zit.: M. G.).
6) E. P e t e r s e n , Schlesien von der Eiszeit bis ins Mittelalter. Langensal-
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 439
zur Lockerung des Bodens (z. B. bei der Herstellung von Erdgruben) wie auch
als Schlagwaffe dienen können.

c) Jungsteinzeit
Während die Anfänge des Pflanzenanbaues (Ackerbaues) und die Haustier-
haltung in Vorderasien bis in das achte Jahrtausend v. Chr. zurückgehen, ge-
hören in Mitteleuropa die ältesten Feldbaukulturen dem älteren Abschnitt der
Jungsteinzeit (viertes und drittes Jt. v. Chr.) an. Sie sind archäologisch erkenn-
bar an Besten von verkohltem Getreide (Gerste, Weizen und Hirse), viereckigen
Holzhäusern, Töpferei (Keramik), besserer Steinbearbeitungstechnik (Stein-
schliff, Steinbohrung), bestimmten Grabformen und anderem mehr. Die ver-
besserte Steintechnik zeigt z. B. ein großer Steinkeil'' aus dunklem Felsgestein
(Diorit) vom Lerchenberg am Wege Harperdorf—Probsthain. Jagd und Fisch-
fang (mit Reusen, Netzen und Angeln betrieben) ergänzten die durch einfachen
Ackerbau gewonnene Nahrung. Ein aus einem Geröllstein angefertigter ring-
förmiger Netzsenker von Göllschau, dessen Durchbohrung nicht mehr gepickt,
sondern sauber zylindrisch gebohrt ist, ist wohl jungsteinzeitlich. 8
In der Zeit des Übergangs von der Mittel- zur Jungsteinzeit dringt der
Mensch, wenn die bisher ermittelte Verteilung der Funde nicht trügt, erneut
stärker in den Goldberger Kreis vor. Die Fundzahl schnellt von den ein bis
zwei sicheren Funden der Mittelsteinzeit auf über 31 Funde von 23 Fundplätzen
herauf. Der Grund hierfür liegt wohl in einer Verbesserung der klimatischen
Bedingungen. Das Klima dieser Zeit wurde allmählich milder und trockener.
Birke und Kiefer werden von der Eiche verdrängt, der später die Buche folgt.
Lichte Wälder mit wenig Unterholz bilden sich. Das Gesicht des Kreises Gold-
berg wandelte sich zu einer aufgelockerten und sonnendurchglühten Parkland-
schaft, die der Mensch leicht durchstreifen, in der er aber auch leicht seßhaft
werden konnte, ohne ihn zu allzu schwerer Rodungsarbeit zu zwingen. Damit
war aber auch der Weg zur bäuerlichen Wirtschaftsform frei, wenn sie nicht
gar durch verstärkte Einwanderung bzw. Vermehrung der Siedler zu einer
zwingenden Notwendigkeit wurde.
Dieser Zustrom der Neusiedler ergoß sich, nun aber gesichert, aus dem Süd-
osten, aus dem Gebiet der mittleren und unteren Donau über die Pässe der
Sudeten nach Schlesien und so auch in den Kreis Goldberg. Jedenfalls zeigen
die Funde eingehende Übereinstimmungen mit den Funden dieses Raumes.
Es wird daher dieser erste Abschnitt der Jungsteinzeit als „Donauländische
Kultur" bezeichnet. Und diese Siedler brachten sehr wahrscheinlich aus ihrer
Heimat bereits den Ackerbau mit. Hier erbauten sie ihre bescheidenen Hütten,
nachdem sie, den Fundorten nach zu urteilen, zuerst die fruchtbaren Lehm-
und Lößböden im Unterkreis besetzt hatten. Diese Hütten waren rund und

za 1935. S. 14; Altschlesien. Mittn. d. Schles. Altertumsvereins. Breslau 1926 ff.


Bd 4 (1934), S. 304, Abb. 2.
7) M. G.; die in der Literatur oft als „Pflugscharen" bezeichneten Steinkeile
(„Schuhleistenkeile") kommen nicht nur als sehr große, sondern auch als kleine
bis sehr kleine Steingeräte vor. Diese Tatsache und andere gewichtige Gründe
sprechen dafür, daß sie Geräte zur Holzbearbeitung waren.
8) Altschles. Bll. 6 (1931), 4; Altschlesien 7 (1937), S. 267.
MO Hans Jockisch
hatten einen Durchmesser von 3—4 m. Das ergaben die Ausgrabungen eines
jungsteinzeitlichen Dorfes bei Jordansmühl. 9 Von ihnen ist nur der Unterbau
erhalten, mehr oder weniger tief eingeschnittene Gruben, in denen Lehmbe-
wurfstücke und Flechtwerk aus Zweigen sowie Einschlüsse von Laub und
Häcksel des Oberbaues lagen. Inmitten der Hütte stand der Herd. Daneben
lagen unregelmäßig geformte Abfall- und Vorratsgruben mit Knochenresten
von Tieren, Geweihstücken und Muschelschalen sowie Scherben von Gefäßen
verschiedenster Art. Neben den Knochen des jagdbaren Wildes, vor allem des
Hirsches und Urochsen, sind massenhaft solche von Haustieren, wie vom Rind,
Schwein und Schaf usw., gefunden worden. In den Gefäßen sind uns Abdrücke
von Körnern der Hirse, der Gerste und des Weizens überkommen, dazu das
notwendige Gerät, wie einfache Reibsteine und Handmühlen. All diese Einzel-
funde ergeben ein Bild vom dörflichen Leben jener fernen Zeit, das in seinen
Hauptzügen noch bis in die jüngste Vergangenheit zutrifft, wenn auch das
Gerät aus anderem Material und vollkommener hergestellt wird.
Aus jener Zeit, der Zeitstufe von Jordansmühl, ist eine ganze Reihe von
Artefakten im Kreise Goldberg belegt. Sie sind leicht durch Form und Schliff
ihr zeitlich zuzuweisen. Das für diese Zeit charakteristische Artefakt, der Stein-
keil, wurde schon zuvor erwähnt. Fundorte sind Hermsdorf und Rädchen 10
und auch Schönau. Woher das im Goldberger Museum aufbewahrte Stück
stammt, ist nicht mehr zu ermitteln, doch dürfte es in der näheren Umgebung
der Stadt Goldberg gefunden worden sein. Seine Farbe ist blaugrau, seine
Durchbohrung ist sauber und zylindrisch ausgeführt.
Außer diesem Steinkeil sind Steinbeile und -äxte meist als Lesefunde auf
dem Acker beim Pflügen zutage gekommen. Ihre Fundstellen verteilen sich
über den nördlichen und mittleren Kreisteil mit einer Häufung etwa um
Hermsdorf und Goldberg. Die Siedlungen wären wohl auf den lehmigen Hän-
gen des Katzbachtales oder in Verbindung mit den Höhlenbildungen bei
Hermsdorf und den zugehörigen Quellen zu suchen. Südlich Schönau im Ober-
kreis sind andererseits dem Verfasser bisher keine derartigen Funde bekannt
geworden. Das ist wohl eine Folge der durch stärkere Regenfälle im Gebirgs-
land geminderten Siedlungsmöglichkeiten bzw. der höheren Höhenlage.
Die Menschen dieses „donauländischen" Kulturkreises begruben ihre Toten
unmittelbar bei ihren Wohnstätten. Sie ruhen gleichsam in Schlafstellung,
versehen mit Speisen und Trank und dem notwendigen Gerät, von ihrem
Leben aus. Man gab ihnen ihren Lieblingsschmuck mit.
Um die Mitte der Jungsteinzeit, also vor etwa 4 500 Jahren, wiederholt sich
nun wie in der Mittelsteinzeit der Vorgang einer Einwanderung von Nord-
westen her. An der plötzlichen Andersgestaltung der Tonwaren und der Beile
und Äxte wie an den Skelettresten läßt sich das Eindringen nordischer Men-
schen in den Kreis Goldberg gut verfolgen. Es waren ebenfalls Bauern, die in
die Räume der Donauländer einbrachen und die ansässige Bevölkerung lang-
sam zurückdrängten bzw. unterwarfen, ohne sie auszurotten. Dieser Vorgang
dauerte Jahrhunderte. Jedenfalls wirkt es überraschend, wenn die schlesischen
und speziell auch die Goldberger Funde fast haargenau denen der gleichaltrigen
9) Geschichte Schlesiens, Bd 1, S. 22, 23.
10) Altschlesien 2 (1927), 1; Altschles. Bll. 13 (1938), 1.
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 441
Kulturen Jütlands gleichen. Besonders auffällig zeigen die kleinen Feuerstein-
beile diese Formengleichheit, wie sie z. B. in der Gemarkung Pilgramsdorf
etwas westlich des Rothebachs und der Höhe 250,7 in zwei besonders schönen
Exemplaren aus geflammtem, graugelbem Feuerstein oder in einem etwas
größeren Stück südlich Hermsdorf am Wege nach Steinberg oder auch bei
Vorhaus gefunden worden sind. Vergleichsstücke zu den beiden Prunkäxten
von Pilgramsdorf — so darf man sie wegen ihrer besonders sauberen und
formschönen Ausführung bezeichnen — fand der Verfasser 1940 in einem
Laden für Vorgeschichtsaltertümer in Aalborg in zwei ihnen zum Verwechseln
ähnlichen Exemplaren wieder. So sehr gleichen die Funde aus dem Himmer-
land, aus dem hohen Norden Dänemarks, den Goldberger. Bei einer durch-
schnittlichen Länge von 7,5 cm zeigen sie eine Schneidenbreite von 3,5 und
3,8 cm und laufen zum Nacken auf eine Breite von 2,5—2,8 cm zusammen.
Sie weisen vorzüglichen Schliff und Politur auf, die die Bänderung des Feuer-
steins besonders schön zur Geltung bringen. Im Nackenteil sind sie flach ge-
muschelt, um eine Schaffung zu erleichtern. Sie gehören vermutlich zum mega-
lithischen Kulturkreis. 11
Die beiden Äxte wurden zusammen unweit einer kreisrunden, etwa 80 cm
im Durchmesser fassenden Senke des Bodens gefunden, die nach einer längeren
Regenperiode im Herbst 1938 deutlich zutage trat. Anscheinend handelt es sich
hier um einen alten Brunnen, der später mit loserem Erdreich wieder auf-
gefüllt wurde. Das legt die Annahme nahe, daß, wie an anderen Orten Schle-
siens, die beiden Äxte als Weihegaben für eine Quell- und Brunnengottheit
gleichzeitig niedergelegt worden sind. Solche alte Quellen, in deren Nähe sich
die Funde häufen, gibt es im Kreise Goldberg noch mehr, z, B. den Trotzen-
dorfbrunnen unterhalb der Rabendocken am Bahnhof Hermsdorf oder den
Brunnen, über dem die evangelische Kirche zu Goldberg errichtet wurde. Dieser
liegt im Kircheninnern unweit des Nordportals, war längere Zeit verschollen
und wurde bei der letzten Wiederherstellung der Kirche wieder aufgedeckt.
Er soll im Hussitenkrieg den letzten Goldbergern das Leben gerettet haben.
Neben diesen Einwanderern des megalithischen Kreises — oder liegt hier
nur eine Folge des weiträumigen Handels vor? — drang noch eine zweite
nordische Gruppe von Menschen in den Goldberger Kreis ein, die als Streit-
axtleute, Schnurkeramiker und auch als Leute der Einzelgrabkultur bezeichnet
werden.
Scherben der Schnurkeramik sind z. B. bei Nieder Göllschau von Prof. Hans
Seger gehoben worden. 12 Daneben sind es die besonderen Formen der Stein-
beile aus Felsgestein, die sie der nordischen Kultur zuweisen. Zwar auch aus
dem Felsgestein der Landschaft gearbeitet, zeigen sie gegenüber der donauländ-
dischen Fertigung eine viel feinere Bearbeitung und elegantere Form. Erkenn-
bar sind sie an der sog. Facettierung. Der Schneidenteil eines vorzüglich gear-
beiteten Stückes wurde zusammen mit der Stange eines Hirschgeweihs und mit
Holzkohlenresten 1904 bei der Abdeckung des Wolfsbergplateaus anläßlich des
Abbaues des Basalts wenig unterhalb der jetzigen Wolfsbergbaude gefunden.
Dort hatte vermutlich der Schnurkeramiker seine Herdstelle aufgeschlagen.
11) Gefunden von Bauer Oscar Just auf seinem Acker 1912 und 1925; M. G.
12) Altschles. Bll. 1931/4; Altschlesien, Bd 7, H. 2, S. 267.
443 Hans Jockisch
Di e Axt au s dunkelschwarzgrüne m Gestein , wahrscheinlic h Grauwacke , ist
bereit s in alte r Zei t zerbrochen . Den n die Bruchstell e zeigt alt e Patina.
13

Zu r gleiche n Kultu r gehör t ein meißelartige s Stück , da s in seine r äußere n


Formgebun g Ankläng e an die eben geschildert e Axt aufweist. E s wurd e 1935
a m Nordabhan g de s Wolfsberges auf de m zum Vorwerk Walte r gehörende n
Acker gefunden . Es besteh t wahrscheinlic h au s Basalt, besitzt ein e siche r von
Menschenhan d bearbeitet e Schneid e un d zeigt alt e Abnutzungsspuren . Sein e
For m liegt besonder s gut in de r linke n Han d un d entsprich t so de m Arbeits-
zweck eine s solche n Geräts. 1 4
I n diese Reih e gehör t wahrscheinlic h auc h de r schön e durchlocht e Stein -
hamme r von Röchlitz . E r wurd e 1935 au s eine m Haufe n von Lesesteine n am
Ran d de r Straß e Röchlitz—Konradswalda u von de m Straßenwärte r herausge -
lesen . E r ist an sich gröbe r gearbeitet , zeigt auf de r Oberseit e ein e deutlich e
Mittelleist e un d besteh t woh l au s Basalt . Bei eine r Läng e von 12 cm , eine r
Breit e von 6,5 cm un d eine r durchschnittliche n Dick e von 4,5 cm besitzt er
ein e Schneid e von 5 cm Länge , währen d de r Nacke n kugelförmi g abgerunde t
ist. De r Durchmesse r de r Durchbohrun g liegt wie öfter s bei 2 cm.
15

Da ß abe r de r Baue r jene r Zei t nich t nu r de n Acker zu bestelle n wußte , da ß


auc h die Bäueri n die Abend e un d die Tage de r unwirtliche n Jahreszei t nutz -
bringen d auszufülle n verstand , bezeuge n die Fund e von Spinnwirteln . Solch e
Spinnwirte l de r ausgehende n Jungsteinzei t wurde n auf de n Äckern von Har -
persdor f un d Niede r Göllscha u gefunden . Dies e weist H . Seger eine r Siedlun g
de r Schnurkeramike r zu. Sie lagen hie r in Gemeinschaf t mi t de m Bruchstüc k
eine r Axt, schnurverzierte n Scherbe n un d eine m Netzsenker. 1 6
Auch Feuersteinklinge n stellt e de r Mensc h de r Jungsteinzei t weiter her .
Sie weisen zumeis t ein e feiner e Bearbeitun g auf un d diente n wie zuvor zum
Schabe n ode r als Messerchen . I n Leisersdorf , Neukirc h un d Hohendor f wurd e
solche s Kleingerä t gefunden. 17
Da s End e de r Jungsteinzei t (u m etwa 2000 v. Chr. ) fällt zusamme n mi t dem
Beginn de r Metallzeit , zunächs t de r Kupferzeit . Fund e au s diesem erste n Ab-
schnit t sind allerding s im Kreis e Goldber g bishe r nich t bekann t geworden .

2. D i e Bronzezei t

Da s in de r Kupferzei t gefertigte Gerä t erwies sich für Werkzeu g als zu weich.


De r vorgeschichtlich e Mensc h mußt e dahe r danac h streben , eine n Weg zur
Härtun g de s Kupfer s zu finden . Wahrscheinlic h fiel ih m durc h eine n Zufal l
diese Erfindun g zu. I n eine r Anzah l mitteldeutsche r Erzlagerstätte n finde t sich
de m Kupfe r da s Zin n vergesellschaftet. Sei es durc h Zufal l ode r durc h ab-
18

sichtliche s Probiere n ergab sich, da ß ein Zuschla g von Zin n da s Kupfe r leichte r
schmelze n ließ un d da ß bei diesem Proze ß zugleich ein e Härtun g des Kupfer s
eintrat . Nebenbe i zeigte diese Mischun g auc h noc h ein e schöne , goldglänzend e

13) Geweihstüc k Museu m Liegnitz ; Axt 1938 M. G.


14) Finde r Lehre r Deetz-Goldberg ; M. G .
15) abgeliefert durc h Lehre r Mertsch-Röchlitz ; M. G . 16) M. G .
17) Altschles. Biù. 11 (1936), 7; 12 (1937), 1, 2, 5, 6; 13 (1938), 1.
18) Geschicht e Schlesiens , Bd 1, S. 27.
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 443
Farbe. Das neuentdeckte Metall, die Bronze, ließ sich zu Äxten, Beilen, Sicheln
und Schmuckstücken gießen und verarbeiten. Gußformen hierzu wurden außer-
halb des Kreises Goldberg vielfach gefunden. Das neue Metall aber war kost-
bar. Daher werden die alten Techniken der Steinbearbeitung nicht aufgegeben;
eingeführten Metalläxten z. B. werden Felsgesteinäxte nachgebildet. Noch rund
tausend J a h r e nach der Erfindung der Bronze und selbst in der frühen Eisen-
zeit fertigte der Mensch sich kunstvoll Steinäxte, wie wir noch sehen werden,
die aber wohl weniger als Arbeitsgerät denn als Kultgegenstände benutzt
wurden.
Das im Kreise Goldberg gefundene Bronzegerät ist wohl fast ausschließlich
Importware. Die Kupferlagerstätten von Haasel, Neukirch und vom Nicolaiberg
in Goldberg — die heute noch dort sichtbaren Stollen gingen auf den Abbau
von Kupfer und nicht etwa von Gold aus — waren in jener fernen Zeit wohl
noch nicht entdeckt oder entzogen sich einem Abbau mit den Mitteln des
Bronzezeit-Menschen. Doch hält W. Witte eine gewisse Kupfergewinnung aus
Anreicherungen von Kupferkörnern schon für diese Zeit für möglich.
Die klimatischen Verhältnisse des zweiten Jahrtausends v. Chr. gestalten sich
für den Menschen immer günstiger. Es wurde wärmer und zunächst auch
trockener. Das „Goldene Zeitalter der Menschheit" brach an. Diese wuchs in
dem offenen Land, in dem der Wald durch die mangelnde Luftfeuchtigkeit
nicht aufkommen konnte, ständig an Zahl, wie die zunehmende Zahl der Sied-
lungen auch im Goldberger Kreise beweist. Ihre kulturelle Leistung steigerte
sich. Ein Sinn für Schönheit und ein feines Gefühl für die Formung und für
die Zierformen der Tonware und des Mefallschmuckes entwickelten sich. Schle-
sien und damit der Kreis Goldberg gehörten zu dem böhmischen Kulturkreis
der Aunjetitzer Kultur, der aber auch die Slowakei und Niederösterreich wie
Teile von Sachsen und Thüringen umfaßte und bis in die Rheinlande ausstrahlte.
Aus der ersten Periode der Bronzezeit ist aus dem Kreise bisher nur ein
Fund gemeldet worden, und zwar aus Nieder Bielau auf dem Wege nach Hay-
nau östlich vom Herzogteich 0,2 km südlich der Höhe 139,5 eine kupferne Arm-
schiene mit 26 Windungen, die allmählich enger werden. Zu ihr sind nicht
weniger als fast 6 Meter Kupferdraht der Breite 0,8 cm und der Dicke 0,3 cm
verwendet worden, der in einer Höhe von 21 cm in Spiralen mit einer Weite
von 7 cm aufgerollt ist. Zu diesem Stück gehörte wahrscheinlich noch eine
zweite Armspange, die aber nicht gefunden wurde. 19 Sie ist vermutlich Teil
eines Hortfundes, wie solche für diese Zeit in Schlesien charakteristisch sind
und als Händlerniederlagen von regem Durchgangsverkehr zeugen. Der glei-
chen Zeitstufe gehört wohl sicher eine Goldspirale an, die in Haynau gefunden
wurde.
Auch die folgende zweite Stufe der Bronzezeit ist im Kreise Goldberg
bisher nur durch einen Fund vertreten. Er soll nach Petersen beim Brunnen-
graben in der Umgebung von Goldberg ergraben worden sein und ist ein
prachtvolles bronzenes Vollgriffschwert von etwa 48 cm Länge von unga-
rischem Typ, also wiederum ein von Südosten eingeführtes Stück, das so die
nahen Bindungen des Kreises zu Ungarn und den Donauländern aufzeigt.

19} Altschlesien 6 (1936), S. 104 und Taf. VII. La. Breslau.


444 Hans Joćkisch
Vermutlic h handel t es sich auc h bei ih m u m ein e Weihegab e an ein e Quellen -
gottheit.
20

Währen d in diesen beide n erste n Stufe n de r Bronzezei t noc h de r Brauc h de r


Körperbestattun g üblic h war — übe r eine r Totenkammer , die ma n mi t Stein -
packunge n überdeck t hatte , wurd e ein flache r Hüge l gewölbt —, gewann von
de r dritte n Stuf e de r Bronzezei t an imme r meh r de r Brauc h de r Feuerbestat -
tun g an Boden . Dies e Erscheinun g häng t wahrscheinlic h mi t eine r Wandlun g
de r religiösen Vorstellunge n zusammen . Di e erste n Anzeiche n dieser Wandlun g
zeigten sich bereit s in de r ausgehende n Steinzeit . Jetz t abe r loderte n überal l
die Scheiterhaufen , dere n Aschenrest e in Urne n gesammel t und , nac h sorg-
fältigem Verschlu ß mi t eine r Deckschüssel , zu m Tei l mi t reiche n Beigaben in
eine r Grub e beigesetzt wurden . De r Sin n dieser Feuerbestattun g liegt woh l in
de m Glauben , da ß die Seele, vom Feue r gereinigt un d von de m zerfallende n
Leib e befreit , nu n ihr e Wanderun g in s Reic h de r Tote n antrete n konnte .
Nac h dieser Bestattungsar t bezeichne t ma n die folgende n run d 700 Jahr e von
de r mittlere n Bronzezei t bis in die früh e Eisenzei t auc h als die Zei t de r Urnen -
friedhöfe . Sie heiß t auc h die Zei t de r Lausitze r Kultur , da de r charakteristisch e
Stil ihre r Töpferwar e zuers t in de r Niederlausit z erforsch t wurde . I h r Kern -
gebiet ware n da s südlich e Ostdeutschlan d un d Westposen , da s Lan d zwischen
de r Warth e un d de m Oberlau f de r Elbe . Von hie r breitet e sie sich nac h Oste n
un d Süde n au s un d nah m zuletz t in etwa de n Rau m de r Aunjetitze r Kultu r
ein . Ihr e zahlreichen , weit ausgedehnte n Gräberfelde r sind auc h im Kreis e
Goldber g aufgedeck t worden . Genann t seien die Gräberfelde r von Kosenda u
auf de r Liegnitze r Höhe , von Schierau—Schellendorf , Steudnitz , Adelsdorf-
Bahnho f un d auf de m Ostabhan g de r Deichs a nac h Leisersdor f zu, von Hocke -
nau , Laasnig , Peiswitz , Prausnitz , Schönfel d un d Modelsdorf , die aber , soweit
de m Verfasser bekannt , erst in de r letzte n Stuf e de r Bronzezei t un d in de r
frühe n Eisenzeit , also etwa in de r Zei t von 1000 bis 500 v. Chr. , angelegt wor-
den sind . Zwei einzeln e Brandgräbe r sollen unwei t von Goldber g zwischen de m
Dor f Flensber g un d dem Dorothea-Kühn-Hau s am südliche n Stadtran d kur z
vor 1943 zutag e gekomme n sein; zwei weiter e wurde n ohn e näher e Angaben
von Peiswit z gemeldet . Aus de m Urnengräberfel d von Schierau—Schellendorf ,
da s südwestlic h de r Höh e 193 (eine r Sandgrube ) lag un d an de m 1925 gegraben
wurde , ka m ein ziemlic h grobe r Tontop f von rotbraune r Farb e in s Museu m
Goldberg . E r zeigt Ankläng e an Töpfe , die nac h Peterse n der Period e V/VI
angehören. 2 1
Aus de r Frühstuf e dieser Urnenfriedhofszeit , de r Period e II I de r Bronzezeit ,
sind bishe r im Kreis e vier Fundstelle n gemelde t worden : im Niederkrei s Alten -
lohm , Göllscha u un d Reisicht , im Oberkrei s die Gemarkun g Hermsdor f mi t
dre i getrenn t gelegenen Fundorten . De r reichst e un d wertvollste Fundplat z von
diesen ist de r Hortfun d von Niede r Hermsdorf . I n 1,4 km Entfernun g nördlic h
de s Dorfes , har t südlic h von eine m „di e Hölle " genannte n Wäldche n auf der
höchste n Erhebun g de s hügeligen , de m Rittergutsbesitze r Wittko p gehörende n
Geländ e wurd e er 1926 un d im August 1928 beim Pflügen au s etwa 0,3 m Tiefe
20) P e t e r s e n , S. 81, Abb. 150; Altschlesien , 6 (1936), S. 111 un d Abb. 25a,
b. La. Breslau .
21) wie vor.
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 445
von dem Ackerkutscher Münzberg zutage gefördert. In Unkenntnis des Wertes
seines Fundes warf er 1926 etwa ein Dutzend bronzener Hinge in den benach-
barten Wald. 1928 wurden von ihm weiter ein bronzener Armring von 6,6 bis
6,9 cm Durchmesser, 1,44 cm Höhe und 0,6 cm Dicke, ein Armbandglied von
6,4 cm Durchmesser, 1,37 cm Höhe und 0,6 cm Dicke sowie ein Bruchstück eines
solchen von 5,7 cm Durchmesser, 1,3 cm Höhe und 0,53 cm Dicke, ferner ein
Stück einer Gliederkette aus gegossenen, runden Drahtringen (Länge 10 cm,
Durchmesser 2,7 cm) herausgepflügt. Der Fund kam diesmal glücklicherweise
zur Kenntnis des Landesamtes. Eine daraufhin vorgenommene Geländebe-
gehung durch Petersen förderte einzelne gröbere Scherben zutage, die der
gleichen Zeitstufe angehören. 22 Das läßt den Schluß zu, daß hier auch eine
bronzezeitliche Siedlung gelegen hat.
Ein weiterer Fund dieser Epoche, der nach der mehr an Kupfer erinnernden
Farbe auch noch älter sein könnte, wurde im Herbst 1937 westlich des Herms-
dorfer Obergutes gemacht. Es handelt sich um einen schön dunkelblaugrün
patinierten Gürtelhaken mit fast kreisförmiger Grundplatte, etwa 3,4 cm im
Durchmesser, dessen Schauseite ein einfaches Ziermuster in Strichen und
Punkten zeigt.23
Der dritte Fund dieser Zeitstufe kam in Ober Hermsdorf ostwärts des Gal-
genberges ans Tageslicht. Es ist eine schöne, für diese Zeit charakteristische
Scheibenkopfnadel mit edler, dunkelgrüner Patinierung, neben der die Kno-
chenreste eines Einzelgrabes lagen. Von den Funden des Niederkreises ist der
von Reisicht am bemerkenswertesten. 24 Er besteht aus zwei weiten Armbändern,
die abwechselnd längs und quer gerippt sind. In Göllschau kamen die Reste
eines Siebgefäßes zusammen mit strichverzierten Scherben der gleichen und
der folgenden Perioden IV—VI zutage, die langandauernde Besiedlung dieser
Stätte beweisend. 85 Und in Altenlohm handelt es sich um ein Gefäß aus der
Wendezeit von Periode III zu IV, das zusammen mit Scherben der Periode V
gefunden wurde. 26
Eine noch tiefergehende Kenntnis vom Leben und Treiben des Menschen aus
jenen fernen Zeiten kann aus einem etwas jüngeren Hortfunde gewonnen
werden, welcher 1860 oder 1861 auf dem hochgelegenen Felde schräg gegenüber
den Rabendocken beim Bahnhof Hermsdorf beim Pflügen entdeckt wurde und
der Periode IV der Bronzezeit zuzuweisen ist, also der Zeit um 1100 bis 1000
v. Chr.27 Der Fundort liegt in der Gemarkung Seiffenau. Am Fuße der Fund-
stelle plätschert noch heute die alte Trotzendorfquelle. Sollte mit ihr der Fund
wie so mancher andere in irgendeiner Verbindung stehen? Warum aber die
Niederlegung hoch oberhalb der Quelle? Leider gab es zu jener fast 80 Jahre
zurückliegenden Zeit noch keine allgemein bekannten und beachteten Aus-
grabungsgesetze, die Bodenfunde der Allgemeinheit sicherten. Ein Teil der Funde

22) Altschlesien 6 (1936), S. 126/127 mit Abb.; La. Breslau.


23) Finder Lehrer Schmidt-Hermsdorf; M. G.
24) Altschlesien 6 (1936), S. 123; gefunden 1862; La. Breslau.
25) ebenda, 7 (1937), S. 272.
26) ebenda; Altschles. Bll. 6 (1931), 4.
27) Altschlesien 6 (1936), 1, S. 150—152. P e t e r s e n , S. 173 und 192, S. 93,
Abb. 173, S. 98, Abb. 192.
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 447
In ihrem Innern finden sich Tonscherben und Spinnwirtel nebst Webgewichten,
wie sie z. B. in Harpersdorf auf den Äckern als Lesefunde aufgesammelt wor-
den sind. Meist finden sich solche Hütten gedrängt nebeneinander. Teilweise
überschneiden sich auch ihre Grundrisse, so daß ein mehrfacher Wiederaufbau
an der gleichen Stelle und dorfähnliche Anlagen angenommen werden müssen.
Hierbei fällt auf, daß, wenn man vereinfachend Gräberfeld gleich Siedlung
setzt, diese fast an den gleichen Stellen wie die heutigen Dörfer gelegen haben.
Bei dieser Gleichsetzung darf man die Dörfer der Bronzezeit am hohen Ost-
ufer der schnellen Deichsa vom Bahnhof Adelsdorf bis hinauf nach Leiserdorf,
bei Haynau, bei Hockenau, auf der Höhe 209 beim Bahnhof Kosendau, bei
Laasnig, Modelsdorf, Peiswitz, Prausnitz, Schellendorf—Schierau, und zwar
südwestlich oder auf der Höhe 193, bei Schönfeld und Steudnitz suchen, wo
größere Gräberfelder, wie schon erwähnt, aufgedeckt worden sind. Aber auch
die Höhe ostwärts Hermsdorf am Galgenberge, die Gegend zwischen Peiswitz
und Giersdorf und Steinsdorf dürfte solche Siedlungen getragen haben, da auch
hier einzelne Brandgräber festgestellt worden sind. Funde von bronzezeitlichen
Scherben machen dies auch für Hohendorf mit seiner alten Schanze, Kreibau,
Neukirch und für die Umgebung von Bielau und Haynau wahrscheinlich. Dem-
zufolge muß also die Besiedlung des mittleren Kreisteiles in der ersten Hälfte
des letzten Jts. v. Chr. eine recht dichte gewesen sein.
Entsprechend der Stärke dieser Besiedlung des Kreises sind auch die Funde
dieser Zeit im Goldberger Museum am stärksten vertreten. Aus älterer Zeit
(1910—1930 gesammelt) stammt eine die Haupttypen umfassende Sammlung
von Keramik, deren genaue örtliche Herkunft sich nicht mehr ermitteln läßt,
die aber wahrscheinlich fast ausschließlich der Liegnitzer Höhe bei Kosendau
und in zweiter Linie Hermsdorf sowie den Höhen nördlich von Goldberg ent-
stammen wird. Denn ihren Formen nach stimmt sie völlig mit dem von diesen
Fundplätzen stammenden Fundgut überein. Besonders wertvoll, weil datierbar,
ist dagegen ein in der Sandgrube südwestlich der Höhe 193 bei Schellendorf—
Schierau gehobenes Brandgrab. 30 Es enthielt fünf kleinere, dem Zeitgeschmack
gemäß schwarzglänzende, graphitierte Gefäße, die, in Sternform angeordnet, in
der Grabgrube standen. In der Mitte stand ein etwas größeres, doppelkonisches
Gefäß mit zwei Schnurösen, vorn ein kleines Henkelkrügelchen ohne Stand-
fuß, wie es für die Zeit um 800 v. Chr. typisch ist, das vielleicht zum Aufbewah-
ren von Öl diente, rechts ein kleines Gefäß mit Schulterumbruch, hinten ein klei-
ner Henkelnapf (Tasse) mit einer für die Fingerspitzen ausgearbeiteten Delle am
Standfuß und links ein Gefäß mit doppeltem Umbruch, dessen Mittelteil mit
einem Fischgrätenmuster in Strichmanier schön verziert ist.
Daneben enthalten die Brandgräber, wenn auch nicht sehr zahlreich, Metall-
beigaben. So birgt der Aschenbrand einer etwa der Zeit um 1000 v. Chr. zuzu-
weisende Urne, deren Ortsherkunft nicht mehr ermittelbar ist, die aber doch
wohl aus dem Kreise stammt, ein kleines eisernes Messerchen, das damals als
Kostbarkeit zu werten war. Es beweist, daß der Mensch jener Zeit im Begriff
stand, sich ein neues Metall, das Eisen, dienstbar zu machen, das nach wenigen
Jahrhunderten die Bronze bei allen Gebrauchsgegenständen und Waffen ver-
30) Gefunden von Hauptlehrer Knörrlich-Harpersdorf, Frühjahr 1925; M. G.
Heimatkalender für die Kreise rings um den Gröditzberg. 1928 (?), S. 76.
MS Hans Jockisch
drängen sollte. Etwa der gleichen Zeit gehört ein kleiner Bronzefingerring an,
der 1925 auf dem Semmerschen Acker auf der Liegnitzer Höhe 209 beim Bahn-
hof Kosendau „beim Urnenbuddeln", wie es in dem Fundkatalog des Museums
heißt, gefunden und von dem seinerzeitigen Museumsleiter Wiedner für das
Museum sichergestellt wurde. Der gleichen Zeit und Fundstätte entstammt der
schöne Armring, der offen in zwei ineinandergreifende Ösen endet. Er besteht
aus ziemlich dickem Kupferdraht und wurde 1939 dem Museum geschenkt. Im
Besitz von Herrn Semmer befindet sich eine etwas jünger anzusetzende (etwa
800—500 v. Chr.), sehr gut erhaltene Schwanenhalsnadel, die etwa 15 cm lang ist
und auf dem gleichen Gräberfeld gefunden wurde. Alle drei Stücke sind schön
grün patiniert, also aus Bronze gefertigt.
Ein weiterer Bronzering wurde in Oberbielau gefunden. 31 Ein prächtiger
bronzener, offener und grün patinierter Halsring (Umfang 31,5 cm, Breite bis
zu 5 cm) mit spiralig verlaufenden Rippen lag auf einer Urne des Modeis-
dorfer Gräberfeldes. 32 Hier konnte auch die Bestattungsweise genauer beobach-
tet werden. Der Leichenbrand war über die Urne geschüttet, so daß schwarze
Erde mit Knochenresten den Fund umgab. Die Ausgrabung nahm Museums-
leiter Kundt aus Haynau vor. Die Funde wurden daher auch im Haynauer
Museum aufbewahrt. Zu erwähnen wäre hier noch ein kleinerer Depotfund
im Haynauer Stadtgebiet. Hier kamen 1892 vier geschlossene, kreisrunde und
unverzierte Bronzearmringe zutage. 33
Eine kleinere Zahl weiterer Funde im Kreise Goldberg beleuchtet schlagartig
die religiösen Vorstellungen der Altvorderen. So wurde bei Kosendau ein bunt
bemaltes Gefäß ausgegraben, das Darstellungen der Sonnenscheibe zeigt. Es
weist auf eine kultische Verehrung der Sonne hin. 84 Das Gefäß ist etwas jünger
als die zuvor besprochenen Funde. Es ist um 300—500 v. Chr. anzusetzen. Aus
dieser Zeit sind die ersten bemalten Gefäße in Schlesien erhalten geblieben.
Als Farben wurden zumeist rot, ockergelb und schwarz verwandt. Auf solche
Heilsvorstellungen deuten auch die noch in der ausgehenden Bronzezeit und
frühen Eisenzeit gefertigten und sehr sorgfältig bearbeiteten Äxte und Hämmer
aus Felsgestein hin, von denen bisher im Goldberger Kreise sich drei Exem-
plare nachweisen lassen. Ein solcher Steinhammer wurde im alten Basaltbruch
bei Ober Hermsdorf 35 , je eine Steinaxt in Steinsdorf 36 und in Leisersdorf ge-
funden. Diese zeigt den für jene Zeit typischen fünfeckigen Umriß. Sie wurde
am Rande eines Wäldchens auf dem Osthochufer der schnellen Deichsa um
1920/23 aufgelesen, ist 11,6 cm lang, besitzt eine Schneidenhöhe von 5,7 cm,
flacht zur Durchbohrung, die 1,9 bis 2,2 cm Durchmesser hat, auf 4,7 cm Höhe
ab und ist am Nacken durch eine kleinere, rechteckige, 2,7 x 3,2 cm fassende
Fläche abgeschlossen, deren Ecken abgerundet sind. Ihre größte Breite beträgt
6 cm, die Durchbohrung teilt ihre Länge im Verhältnis von etwa 1 : 2 vom Nacken

31) Altschies. Bll. 11 (1936), 2 und 12 (1937), 1, 2, 5, 6.


32) Altschies. Bll. 13 (1938), 4; Niederschlesische Tageszeitung Liegnitz Nr. 68
vom 22. 3. 1938.
33) Altschlesien 6 (1936), S. 157.
34) R. G l a s e r , Die bemalte Keramik der frühen Eisenzeit in Schlesien. In:
Quellenschriften zur Ostdeutschen Vor- u. Frühgeschichte 3 (1937), mit Abb.
35) Altschlesien 2 (1927), 1, S. 62. 36) Altschies. Bll. 16 (1941), 1.
Versuch, einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 449
zur Schneide. Als Material ist allem Anschein nach Gneis verwandt. Besonders
bemerkenswert ist diese Axt durch die mehrfachen Ritzungen. Auf den Seiten-
flächen am Nackenende sind deutlich je ein Schrägkreuz, auf der zwischen
ihnen liegenden Grundfläche eine schwalbenschwanzartige (Pfeil-)Ritzung und
anscheinend ein weiteres Schrägkreuz unweit der Schneide auf der Deckfläche
zu erkennen.
Welchem Volkstum gehörten nun die Menschen dieser Zeitepoche an? Da die
Pässe nach Süden über die Sudeten wie in den vergangenen Zeiten begehbar
waren, liegt es nahe, daß das Volkstum beiderseits des Gebirges ein im wesent-
lichen einheitliches war und daß nach dem vorübergehenden Einbruch des
nordischen Menschen in der jüngeren Jungsteinzeit und Steinbronzezeit das
alte donauländische Volkstum dessen Nachkommen in sich aufgenommen hatte.
Es wurde wahrscheinlich durch Zuzug über die Sudetenpässe verstärkt. Die
Bevölkerung dieser „Lausitzer Kultur" der Bronzezeit und frühen Eisenzeit
wird von den meisten Vorgeschichtsforschern für die der Urillyrier oder auch
für die eines den Illyriern nahestehenden Volkes gehalten. Daß diese Kultur-
gruppe urslawisch gewesen sein soll, wie einige polnische Forscher behauptet
haben, ist eine Annahme, die mit keinerlei wissenschaftlichen Gründen gestützt
werden kann. Die Lausitzer Kultur ist in dem Raum von den Ostalpen bis
über die Sudeten hinweg in die Lausitz hinein bis etwa um 400 v. Chr. nach-
weisbar. 37
In der jüngeren Bronzezeit, also etwa seit dem 9. bis 8. Jh., verschlechterte
sich das Klima Mitteleuropas beträchtlich. Es wurde kühler und regenreicher.
Diese Vorgänge lösten im Zusammenhang mit anderen Ereignissen wie Sturm-
fluten eine neue Wanderbewegung der Nordmänner in Jütland, Schweden und
den norddeutschen Küstenländern aus. Sie zogen nach Süden und Südosten
und übten so einen mit der Zeit immer stärker werdenden Druck auf die an
sich sicher recht friedfertige illyrische Bevölkerung aus. Diese wurde zunächst
langsam nach Süden abgedrängt. Wollte sie sich in ihren Wohnsitzen be-
haupten, so mußte sie sich zur Wehr setzen, zumal fast gleichzeitig ein anderes
Volk, die Skythen, von Südosten her in ihr Land einfielen. Waren die Lande
nördlich der Oder bereits bis um das Jahr 650 v. Chr. den Illyriern verloren-
gegangen, so hielten sie sich im Goldberger Kreise wohl noch ein- bis zwei-
hundert Jahre länger. Wenigstens deuten darauf die Funde hin. Zum Schutze
seiner Wohnsitze mußte sich jetzt das Volk der Illyrier Verteidigungswerke er-
richten, hinter denen es sich gegen die zunehmenden Angriffe der Germanen
verteidigen und in denen es sein Hab und Gut bergen konnte. Diese mußten an
strategisch wichtigen und leicht zu verteidigenden Stellen angelegt werden.
Solche Stellen bieten aber der Sudetenrandbruch und die Engpässe der nach
Süden zum Gebirge ansteigenden Täler. Hier wurden sie auch gefunden, wie
die Befestigungsanlagen und Fluchtburgen auf dem Wolfsberg, dem Probst-
hayner Spitzberg und die Schanze von Hohendorf, die das Katzbachtal schützte
und in der neben frühmittelalterlichen Scherben auch solche der jüngsten
Bronzezeit (Periode VI) festgestellt wurden. Die Anlage am Wolfsberg ist, weil
dort unberührt, am deutlichsten als Wall an seinem Nordhang erkennbar; sie
zieht hier zunächst ein Stück auf dem Wege zur Baude auf seinem Gipfel ent-
~ 37) Geschichte Schlesiens, Bd 1, S. 36.
29
45C Hans Jockisch
lang. Möglicherweise trugen Wolfsberg und Hohendorf nur zeitweilig eine
militärische Besatzung. Hierüber könnten jedoch nur noch anzustellende Gra-
bungen genauere Anhaltspunkte ergeben. Zu dieser Befestigungslinie gehören
wahrscheinlich auch noch der Burgberg von Röchlitz und von Riemberg. Im
mittleren Katzbachtal, den Schönauer Kessel schützend, folgt die größte Anlage
auf dem Willenberg bei Röversdorf. Sie ist vermutlich eine Volksburg gewesen.

3. D i e Eisenzeit

a) Die Zeit der Kelten und Germanen


Diese Befestigungswerke sollten aber auf die Dauer den Bestand des Illy-
rierreiches nicht sichern. Um die Wende des 6. zum 5. Jh. der christlichen Zeit-
rechnung brechen die Funde der Illyrierzeit ab. Die Siedlungsplätze veröden.
Sie sind aller Wahrscheinlichkeit nach von der nach Süden ausweichenden
Bevölkerung verlassen worden. Und das wird auch verständlich, wenn in den
nun folgenden Jahrhunderten in Schlesien und im Goldberger Kreis ein wei-
teres Fremdvolk festgestellt werden kann. Vor den von Norden nach Süden
und Südosten vordringenden Germanen mußten auch die Kelten aus ihren im
mittleren Deutschland gelegenen Wohnsitzen weichen. Sie gaben dem auf ihnen
lastenden Druck in östlicher Richtung nach, besetzten das nach ihrem Volks-
stamm der Bojer noch heute benannte Böhmen und drangen von dort auch
noch nordwärts über die Sudetenpässe vor. Diesem dreifachen Ansturm der
Germanen, der Reiterschwärme der Skythen und der Kelten erlagen die illy-
rischen Schlesier bis auf die Reste, die vornehmlich in den Germanen auf-
gingen.
Der südliche und mittlere Teil des Goldberger Kreises geriet allem An-
schein nach zunächst unter keltischen Einfluß. Hierauf deuten zwei als keltisch
bezeichnete Funde, von denen der eine in Goldberg in der Kamckestraße an der
Rückseite des „Dorothea-Kühn-Hauses", der andere am Wege von Neukirch
nach Hundorf gemacht wurde. Welcher Art diese Funde waren, konnte leider
nicht mehr festgestellt werden. Auffällig ist jedenfalls ihre Spärlichkeit im
Vergleich zu den vorangegangenen Zeiten dichter Besiedlung. Andererseits über-
rascht das auch nicht, zumal der Hauptstoß der Kelten mehr das oberschlesische
Gebiet traf und ihre Herrschaft schon im 2. Jh. v. Chr. erlosch, als der Druck
der Germanen sich verstärkte. Um diese Zeit wanderten in Schlesien die
Wandalen und in Böhmen die Markomannen ein. Der Kreis Goldberg lag im
westlichen Grenzgebiet der Wandalen, die hier wohl noch die fruchtbaren
Ebenen von Jauer bis Liegnitz nutzten, die nach Westen und Norden zu in die
Heide übergehenden Landschaften aber frei ließen. Hier hatte mit der in den
letzten Jahrhunderten fortschreitenden Klimaverschlechterung der Wald erneut
das Gelände erobert und machte nun seinen Besitz dem Menschen mit Erfolg
streitig. Der große Grenzwald, der später die Wandalen von den Burgunden
bzw. Schlesien von der Lausitz trennte, begann sich zu bilden.
Wieder war es der hohe Norden Jütlands, dem die germanischen Einwan-
derer, die Wandalen, entstammten. Im Vendsyssel, dem früheren Vaendael,
nördlich des Limfjordes bei Alborg hatten sie ihre Stammsitze, und von dort
wanderten sie vermutlich über die Odermündung oderaufwärts nach Schlesien,
Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 451
38
dem einer ihrer Stämme den Namen gab. Silinger waren es vermutlich, die
ihren Fuß auch in den Kreis Goldberg setzten. Sie kamen als landsuchende
Bauern, jedoch bewehrt mit Schwert, Schild und Lanze. Mit ihrem Seßhaft-
werden wird auch der Handel in ihrem Land aufgeblüht sein. Die uralte Bern-
steinstraße, belegt durch mehrfache Depotfunde, von dem Handelsplatz Car-
nuntum bei Wien über die Gegend um Breslau zur Bernsteinküste Samlands
durchzog ihr Gebiet. Sie belebte sich neu, und auf ihr mag auch jene pracht-
volle „Kaiserfibel" in den Kreis gelangt sein, die dann als Weihegabe an der
Trotzendorfquelle unterhalb der Rabendocken beim Bahnhof Hermsdorf nie-
dergelegt und wiederaufgefunden wurde.
Weitere spärliche Zeugen einer wandalischen Begehung oder Besiedlung
haben sich in Göllschau gefunden. Hier waren es ein Spinnwirtel sowie ein
Gefäß und Scherben der Zeit um 200 n. Chr.39 Die Irdenware ist von Hand
gearbeitet, sorgfältig geglättet und ebenmäßig gestaltet Bei einer bestimm-
ten Anlehnung an keltische Vorbilder zeugt sie von hoher Kunstfertigkeit und
im angebrachten Ornament — eingeritzten Mäander-, Stufen und Dreieckbän-
dern, Hakenkreuzen als Heilszeichen und in späterer Zeit auch von Wellen-
linien — von Geschmack. Ferner kamen im März 1935 bei Kosendau auf Höhe
201,7 Scherben zutage, deren wandalische Herkunft strittig ist.40 Schließlich
wäre noch ein Spinnwirtel wandalischer Formgebung zu erwähnen, der am
südöstlichen Abhang des Flensberges bei Goldberg gefunden wurde. 41
Der umstrittene Fund von Kosendau lenkt den Blick auf die Einwanderung
eines weiteren germanischen Stammes in Schlesien. Etwa um die Zeit der
jüngeren römischen Kaiserzeit wanderten die im Spree- und mittleren Oder-
raum seßhaften Semnonen nach Süddeutschland ab. Ihnen folgten die wohl
von der Insel Bornholm stammenden Burgunden, die zunächst das Odertal
und die Lausitz besetzten, später aber auch noch den Raum bis etwa zur
Linie Hirschberg—Grünberg. Ihre Grenze verlief gegenüber den Wandalen
etwas westlich der beiden Kreisstädte Goldberg und Haynau. Daher besteht
durchaus die Möglichkeit, daß eine kleine burgundische Siedlung auf der Höhe
über der Katzbach bei Kosendau bestanden hat. Eine Klärung der Streitfrage,
ob hier Wandalen oder Burgunden gesiedelt haben, könnte das Auffinden von
Begräbnisstellen geben; denn der Wandale setzte seine Toten meist in Urnen-
gräbern bei, in vereinzelten Fällen auch in Körpergräbern, während die Bur-
gunden an der mitgebrachten Bestattungssitte der Brandgrubengräber im
neubesiedelten Land festhielten.
Hier sei auf zwei weitere Urnenfriedhöfe hingewiesen, deren zeitliche Stel-
lung sich bis 1943 vom Verfasser nicht mehr klären ließ. Der eine erstreckte sich
vom Obertor Goldbergs (Vorwerk Walter) bis an den Nordhang des Wolfs-
berges, also über einen Kilometer, und gab bei der Abdeckung der Oberfläche
im Umkreis der Ziegelei über 170 Gruben mit Leichenbrand frei, die in regel-
mäßigem Gitter angelegt worden waren. Wahrscheinlich handelt es sich um

38) Geschichte Schlesiens, Bd 1, S. 42.


39) Altschles. Bll. 14 (1939), 1; Altschlesien 7 (1937), 2, S. 279.
40) Nach einer brieflichen Mitteilung von Dr. Langenheim an Lehrer Mertsch-
Röchlitz vom gleichen Jahr.
41) Gefunden Juni 1937; M. G.
S-3'
4S2 Hans Jockisch
Brandgrubengräber. Der andere
Friedhof zog sich am Südosthang
des Nicolaiberges bis etwa zur
Straße nach Liegnitz herab. Kr
barg mittelgroße, dunkelbraune
Urnen. Doch konnten auch von
dem ersten Friedhof, und zwar
unweit der Straße nach Herms-
dorf, einzelne hellgraue und
schmucklose Urnen geborgen wer-
Plan des Feldes des Ziegeleibesitzers Schnoor vor dem
den, die Leichenbrand ohne jede
Obertor in Goldberg mit den nach Abhebung Beigabe enthielten und in einer
der Humusschicht bei A und B sichtbaren Mulden
kastenförmigen Steinpackung
standen.
Etwa fünf bis sechs Jahrhunderte nach ihrem Einzug in Schlesien überkam
die Wandalen neue Wanderlust. Sei es zunehmende Übervölkerung der für
den Ackerbau geeigneten Gebiete, sei es wachsender Druck der von Osten vor-
dringenden Hunnen, jedenfalls wanderte im Zuge der großen Völkerbewegung
um 400 n. Chr. ein großer Teil des Volkes nach Westen über Spanien nach
Afrika ab. Eine Minderheit blieb, von der Prokop berichtet, sie habe durch
eine Gesandtschaft nach Afrika ihre Stammesgenossen vergeblich zu bewegen
versucht, ihre alten Landansprüche in Schlesien aufzugeben. 42 Daher ist es er-
klärlich, daß für die Folgezeit im Goldberger Kreis bisher keine Spuren einer
wenn auch spärlichen Besiedlung aufgedeckt werden konnten. Nur ein einziger
Fund der Zeit nach dem Abzug der Germanen aus Schlesien konnte bei Rövers-
dorf festgestellt werden, ein Fund von Tonscherben und Spinnwirteln, der auf
eine Siedlungsstelle schließen läßt. 43

b) Die Zeit der Slawen und der ersten Anfänge einer erneuten germanisch-
deutschen Besiedlung
Zunächst hielt die Zeit der „Fundleere" an. Zunehmende Feuchte und Regen-
fälle sowie die fehlende ordnende Hand des Menschen ermöglichten dem Wald,
sich weiter ungestört auszudehnen. Er ergriff schließlich von dem weitaus
größten Teil des anbaufähigen Landes Besitz und verwehrte dem Menschen
den Zutritt bis auf die wenigen Flußtäler. Unter ihnen scheint das Katzbach-
tal für das erneute Vordringen des Menschen bis in die Vorberge des Bober-
Katzbachgebirges eine gewisse Rolle gespielt zu haben. An ihren Ufern zeigen
sich die ersten Bodenfunde einer wenig zahlreichen und einfachen Keramik, die
die Wissenschaft der Zeit seit etwa 900 n. Chr. zuordnet und als der jüngeren
Slawenzeit zugehörig bezeichnet, Es ist also der Schluß erlaubt, daß um diese
Zeit Slawen langsam und ohne auf Widerstand zu stoßen talaufwärts in den
mittleren und vielleicht auch südlichen Kreisteil eindrangen und besonders
entlang des Katzbachflusses ihre spärlichen Siedlungen errichteten. Fischerei
und Jagd werden daher wohl ihre Hauptbeschäftigung gewesen sein. Ackerbau
wurde allem Anschein nach erst in etwas späterer Zeit im Kreise betrieben,

42) Geschichte Schlesiens, Bd 1, S. 56. 43) Altschles. Bll. 15 (1940), 1.


Versuch einer Vorgeschichte des Kr. Goldberg in Schlesien 453

abe r auc h dan n n u r in de m Ausmaße , wie er für die unbedingte n Lebensbe -


dürfniss e der Bevölkerun g notwendi g war. Di e Slawen bewohnte n Hütten , die
sich in ihre m rechteckige n Grundri ß an die altgermanische n Grundriss e an -
lehnten. Auch da s zu r Wandalenzei t aufkommend e Wellenmuste r kehr t als
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Schmucklini e auf de r schlichte n Kerami k des frühe n Mittelalter s wieder . Ob


übernomme n ode r selbst erfunden , mu ß dahingestell t bleiben .
Von eine r lebhaftere n Benutzun g de s Katzbachtale s als eine s alte n Weges
sprich t auc h de r Hacksilberfund , der am Nordwestfu ß de r auf de m westliche n
Katzbachufe r gelegenen Höh e 296 in de r Gemarkun g Neukirc h entdeck t wurde .
Sie tru g auf ihre m Gipfel , nac h de r Fundkerami k zu schließen , ein e früh -
deutsch e Burg, die de n im Ta l verlaufende n Handelswe g sperre n konnte . De r
Fun d selbst ist ein Verwahrfund . Da s Hacksilbe r dient e als Zahlungsmittel .
Eine n weitere n Anhaltspunk t für die slawische Besiedlun g des Kreise s geben
die Ortsnamen . Hie r ist vor allem Röchlit z zu nennen , da s in de r späteren ,
scho n geschichtlich-plastische n Zei t Voror t un d Mark t für de n Goldberge r
Kreistei l gewesen ist. Weite r gesicher t durc h slawische Fund e sind Göllschau ,
wo auc h Spinnwirte l gefunde n wurden 4 5 , Hohendorf , Kosenda u bei de r alte n
germanische n Siedlungsstell e Höh e 201,7 , Prausnitz , wo etwa 1 k m vom deut -
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schen Dorf e entfern t ein e slawische Siedlun g an de r Straß e nac h Hase l zu ge-
legen hat , un d Kopatsch , die erst e Bergmannssiedlun g im Kreise. 4 7 Auch Strau -
pitz , Peiswit z un d Doberscha u dürfte n hierhe r gehören . Dies e Ort e liegen an
den Eingänge n zu de n Bergtäler n ode r in de r Ackerebene . Insgesam t bilde n
sie nu r eine n kleine n Teil sämtliche r Ortsname n des Kreises .
I m Lauf e de r Zei t werde n sich die Siedle r zu losen politische n Gemeinschaf -
te n im Sippenverban d un d späte r zu Gaue n zusammengeschlosse n haben , u m
ihr e an dem in Besitz genommene n Land e erworbene n Recht e zu sicher n un d
ihr e Siedlunge n zu schützen . Ers t nac h längere n Kämpfe n zwischen dem
böhmische n Reich , de m Schlesie n zunächs t angehörte , un d Pole n wurd e es im
J a h r 990 mi t de r Westgrenz e an Quei s un d Bobe r Pole n einverleibt. 4 8 Durc h
den Gründe r de s polnische n Staates , Mieszko 4 9 , wird nu n de r Krei s Goldber g
ein e straffere Einfügun g in ein e größer e Landschaf t erhalte n haben , für die
ein Privile g für da s Prage r Bistu m vom Jahr e 1086 de n Gauname n Trebouan e
bezeugt un d als dere n Mittelpunk t Liegnit z anzunehme n ist. 30
Di e Streitigkeite n zwischen Böhme n un d Pole n führte n wie in frühere n
Zeite n auc h im Goldberge r Kreis e zur Anlegun g von Befestigungen . D a die
Angriffsrichtunge n un d die Wege zu de n Pässe n de r Sudete n die gleiche n wie
in de r Bronzezei t waren , nimm t es nich t wunder , da ß vielfach die neue n Burg-
wälle auf de n alte n bronzezeitliche n errichte t wurden . Da s ist de r Fal l für die
Burgwälle von Hohendorf , vom Wülenber g un d von Riemberg . Anscheinen d

44) Geschicht e Schlesiens , Bd 1, S. 60. 45) Altschlesien 7 (1937), S. 281.


46) Altschles. Bll. 10 (1935).
47) Kopatsc h von prać = waschen ? Nac h G . S c h ö n a i c h , Goldberg , ein e
städtebaulich e Studie . I n : Schles . Gesch . Bll. 1936, 3, S. 58, von kopacz = de r
Gräber . Aber in Kopatsc h wurd e zur Slawenzei t nachweislic h da s Gol d au s
de m Schwemmsan d gewaschen ,
48) Geschicht e Schlesiens , Bd 1, S. 66/67 . 49) Altschlesien 6 (1936), S. 360.
50) Geschicht e Schlesiens , Bd 1, S. 63.
€54 Hans Jockisćh
ne u angelegt wurde n zwei klein e Schanzen , die ein e auf dem südliche n Katz -
bachufe r gegenübe r Hohendor f un d die ander e östlich von Röchlitz , die nac h
den 1937 vorgenommene n Ausgrabunge n nu r kurz e Zei t besetz t gewesen sein
können . Di e Kulturschich t war nu r weni g meh r als 10 cm dick un d enthiel t
nu r wenige Scherbe n mi t Wellenverzierun g au s de r Zei t etwa u m 1000 n . Chr. ,
also au s de r Zei t de r böhmisch-polnische n Kämpf e u m de n Besitz Schlesiens .
An die Stell e de r kleine n Burgplätz e tra t dan n in de m folgende n Jahrhunder t
die groß e Fürstenbur g von Röchlitz , die späte r zu m Lieblingssitz de r heili g
gesprochene n Hedwi g werde n sollte.
Di e Burgwälle habe n fast sämtlic h den gleiche n Aufbau. Eine m steil ge-
böschte n Wall war ein Grabe n vorgelagert , de r heut e meis t mi t eine m Teil
de s alte n Wallerdreiche s aufgefüllt ist, da s in ih n abrutschte . An Steilhänge n
z. B. zur Katzbac h hi n fehlt de r Graben . Umwall t war ein annähern d recht -
eckiger Raum , de r mi t eine m Durchla ß versehe n war un d zu dem , wie an
de r Hohendorfe r Schanz e noc h erkennbar , ein e Auffahrt hinaufführte . Diese r
Durchla ß zeigt bei dieser Wallanlag e Spure n eine s westliche n Torturme s mi t
quaderartige n Mauerreste n au s Feldsteinen . Auf de m Wall ware n ursprüng -
lich Brustwehre n un d Wehrgäng e vorhanden , die au s mauerartigen , mi t Erd -
reic h angefüllte n Holzverschalunge n aufgeführ t waren . I m Inner n lagen Häu -
ser un d Speiche r für die Besatzun g bzw. für die Aufnahm e de r Bevölkerung ,
wen n diese in die Schanz e flüchte n mußte . Diese m Zwec k eine r Fluchtbur g
diente n abe r woh l nu r die größere n Anlagen wie die des Burgwalles zu Hohen -
dor f un d vielleicht des zu Riemberg , währen d die kleinere n als Häuptlings -
sitze ode r auc h n u r als Zoll - un d Grenzschutzstützpunkt e anzusehe n sind, so
Röchlit z in seine r ursprüngliche n Anlage. Sie wurde n aller Wahrscheinlichkei t
nac h erst nac h de r Eroberun g Schlesien s durc h Mieszk o bzw. Dag o angelegt , des-
sen Ritterade l wikingische n Geblüt s gewesen sein soll. Darau f weisen die in Ho -
hendor f un d Riember g gefundene n braungraue n Scherbe n hi n 51 , die vom Lan -
desam t für Vorgeschicht e in Bresla u als slawisch-wikingisc h bestimm t wurden .
Schließlic h sei noc h erwähnt , da ß auc h auf de m Geländ e de r Stad t Goldberg ,
möglicherweis e im Bereic h de s alte n Wasserturme s bei de r Schwabe-Priese -
muth-Stiftun g auf eine r in s Katzbachta l vorgeschobene n Bergnas e ein e klein e
Befestigung, ein Edelhof , gelegen hat . Auf ih n deute t ein im Stadtbereic h
gefundene r Schatzfun d hin , de r wohl in kriegerische n Zeite n vergrabe n wurde .
Z u ih m gehör t nebe n andere m ein e eisern e Schale. 52 Auch dieser Fundor t liegt
hoc h übe r de m Katzbachta l auf de m Goldberge r Plateau , übe r das in de r Nach -
eiszeit die Katzbac h dahinflo ß un d auf de m sie das von ih r mitgeführt e Gol d
ablagerte . Dies e Goldfund e veranlaßte n die piastische n Herzög e zu r Herbeiru -
fung deutsche r Bergleut e au s de m Har z un d de m Erzgebirge , dene n de r deut -
sche Baue r folgte. Ihnen , de n hospites auf de m mons aurum, wurd e 1211 da s
Magdeburge r Rech t vom Herzo g gewidmet . Mi t dieser erste n Goldber g betref -
fende n Urkund e schließ t die Vorgeschicht e des Goldberge r Kreise s ab, mi t ih r
beginn t die geschichtlich e Zeit .

51) Fund e von Lehre r Sommer-Goldber g vom 12. un d 13. 4. 1938 für Hohen -
dorf. Altschles. Bll. 13 (1938), 1, S. 30.
52) Mertin s Wegweiser, Abb. 33. P e t e r s e n , S. 212 un d Abb. 401.

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