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12.2.03. Katicic R. Das Mitteldalmatische Namengebiet
12.2.03. Katicic R. Das Mitteldalmatische Namengebiet
‘) O. c. 126,
Das mitteldalmatische Namengebiet 257
17 Živa Antika
258 R. Katičić
cipiiim gelegen, dessen Name uns bis auf den anlautenden Buchstaben
S- unbekannt ist. Von dieser Siedlung haben wir viele Inschriften und
der Anteil der einheimischen Namengebung auf ihnen ist groß. Weiter
östlich, in der Umgebung von Novi Pazar, sind wenig zahlreiche In
schriften gefunden worden. In dem Namenmaterial, das sie bringen,
ist der Anteil der einheimischen Namen äußerst gering.
Überblickt man das Quellenmaterial, das für unsere Untersuchung
zur Verfügung steht, sieht man, daß es nicht nur ungenügend, sondern
auch im höchsten Maße unausgeglichen ist. Das Quellenmaterial ist
zwar etwas reichlicher als in anderen Teilen der illyrischen Provinzen.
Es ist jedoch an einigen Orten konzentriert, während wir aus weiten
Gegenden und von zahlreichen Völkerschaften nichts oder so gut wie
nichts haben. Die erhaltenen Fragmente der mitteldalmatischen Na
mengebung genügen jedoch, um uns zu erlauben, einige ihrer charakte
ristischen Züge zu erkennen, ihre Verbreitung einigermaßen mit Sicher
heit festzustellen und so vom Wesen und der Verbreitung des Namen
gebungstyps ein zwar unvollständiges, aber immerhin im wesentlichen
zutreffendes Bild zu zeichnen.
Der Umfang des zur Verfügung stehenden Quellenmaterials ist
in keiner Weise als endgültig anzusehen. Es steht mit Sicherheit zu
erwarten, daß neue Funde das Bild vervollständigen werden und die
Ausdehnung der archäologischen Forschung im Binnenland dürfte
auch das Mißverhältnis zwischen den Inschriftenfunden dieses Gebietes
und denen des Küstenstreifens etwas mildern. Dadurch werden alle
Schlüsse, die aus dem zur Zeit vorliegenden Quellenmaterial gezogen
werden, notwendigerweise vorläufig und unsicher, weil neue Funde
manches umstoßen oder als unbegründet erweisen können. Wenn es hier
doch gewagt werden soll, die epigraphischen Quellen reden zu lassen,
so geschieht das in der Überzeugung, daß es nur so möglich ist, von der
Namengebung und letzten Endes vielleicht auch von den Sprachzuständen
im vorrömischen Illyrikum etwas zu erfahren. Auch soll nach Möglich
keit nichts auf Grund einer isolierten Erscheinung geschlossen werden.
Erst wenn eine ganze Reihe von beobachteten Tatsachen in eine bestimm
te Richtung weist, ist man berechtigt, Schlüsse daraus zu ziehen. Dann
ist auch die Wahrscheinlichkeit sehr gering, diese Beobachtungen
könnten alle durch neue Funde entkräftet werden.
II
17*
260 R. Katičić
lieh von den Pirusten aus dem heutigen Sandžak. Sie sind also neben
die Belege aus Prizren und Peć zu stellen und zeigen, daß der Name
Andes im Westen und Andia im südöstlichen Winkel des mitteldalma
tischen Namengebietes verbreitet waren. Daß Andia (Andueia) mit
Andes im Nordwesten etymologisch zu verbinden ist, kann mit großer
Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Die Lage wird vielleicht am
besten gedeutet, wenn man annimmt, daß dasselbe Appellativum in
zwei regionalen Namengebungen des mitteldalmatischen Namenge
bietes zur Bildung von Individualnamen gedient hat. Das Fehlen solcher
Namen im zentralen Teil des Gebietes kann unmöglich auf Züfall
beruhen.
Schwierigkeiten bereiten die zwei Belege aus Dardanien. Nach
Ausweis seiner Namengebung gehört Dardanien, wenigstens sein
südlicher Teil, zum südöstlichen Namengebiet8). Demnach wären diese
Namen aus dem Sandžak und Metohija eingewandert. Doch sind die dar-
danischen Verhältnisse wegen der Spärlichkeit des Materials nicht klar
genug, um die Fragen, die sich stellen, mit genügender Sicherheit
beantworten zu können. Der Beleg aus Viminacium gehört einem Solda
ten, der aus Ratiaria stammt. In Obermösien kann man auch andere
Spuren der mitteldalmatisehen Namengebung feststellen. Doch liegt
Ratiaria so weit im Osten, daß man anzunehmen geneigt ist, ihre ein
heimische Namengebung sei thralcisch. Um in dieser Frage klarer sehen
zu können, muß das Namengut von Obermösien eingehend behandelt
werden. Leider sind gerade in dieser Provinz die einheimischen Namen
sehr selten.
Aplis Diese Namen gehören einer Weitverbreiteten Sippe an, die in
^ p|° Istrien, Liburnien und im mitteldalmatischen Gebiet gut
us vertreten ist, im südöstlichen Gebiet dagegen nur ganz verein
zelt und an der Küste. Es ist klar, daß diese Namen auf dem Verkehrswege
die Küste entlang dorthin gelangt sind. Das Stammelement kommt in
verschiedenen Lautungen vor. Die verbreitetste ist Api-, der man in
Istrien, Liburnien und Mitteldalmatien begegnet. In Istrien (Piquentum
und Köper) ist ein archaischer zweistämmiger Name *Magaplus aus
dem auf einheimische Weise gebildeten Nachnamen Magaplinus zu
erschließen. Der zweite Bestandteil dieses Namens ist unser Stamm -api.
Es ist also durchaus wahrscheinlich, daß unsere einstämmige Namen
auf Apli- Kurzformen älterer zweistämmiger Namen mit -api im Hin
terglied sind. Die anderen Lautungen sind Oepl- in Liburnien und
Opi- in Liburnien und Istrien. Von diesen Stämmen werden verschiedene
Namenformen abgeleitet, hauptsächlich mit -o und -n Suffixen. Als
Ableitungen sind belegt: Aplus, Apia, Aplius, Aplicia, Apludus, Apio,
-onis m, Apio, -onis f , Aplis, -inis m, Aplis, -idis J, Oeplus, Oplus, Oplica9).
Von allen diesen Bildungen sind Aplis, Apio f und Apludus für die mit
teldalmatische Namengebung charakteristisch :
Andes Barcini können wir wegen des Vornamens mit großer Sicherheit
annehmen, daß er aus dem Unatal stammt.
Baurea Baureae. . ./. Rufae CIL 3, 2680 Tragurium
Boria Bori........ CIL 3, 14012 Bihać
M. Fomentino Boriae f. CIL 3, 1748 Epidaurum
Falls das anscheinend einheimische weibliche Gentile Baurea
patronymisch ist und zu dem männlichen Individualnamen Boria
gehört, dann ist der Beleg aus Bihać im Inneren schwerwiegender als
der an der Küste im südöstlichen Namengebiet, und es dürfte sich um
einen mitteldalmatischen Namen handeln. Dafür spricht auch der
Umstand, daß die einheimische Namengebung von Tragurium bisher
nur im mitteldalmatischen Gebiet übliche Namen aufweist. Die Belege
sind aber so spärlich, daß keine einigermaßen sichere Entscheidung
möglich ist.
Benn(0us Nomedito Benni CIL 3, 2785 Rider
C. Bennius CIL 3, 2686 Tragurium
Auch auf messapischen Inschriften kommen Namen vor, die mit
Benn(i)us verbunden werden können10). Es scheint ein mitteldalmatischer
Name vorzuliegen mit bemerkenswerter Verbindung zum messapischen
Namengut. Der Name ist zwar in Italien verbreitet, dürfte aber, wie
der Beleg von Rider zeigt, in Dalmatien bodenständig sein.
Bessus Bessus CIL 3, 12783-13853 Pljevlja
Ae. Bessus CIL 3, 8312 Pljevlja
Der Name Bessus gehört dem charakteristisch mitteldalmatischen
einheimischen Namengut des römischen Municipiums bei Pljevlja an.
Beuzas Maximus Beusantis Wiss. Mitt. BH 11, 134 Livno
Buzetius Iulius Beuzas CIL 3, 9156 Salona
Beusas Suiti /. Delmat(a) Inscr. Rhen. 869 Bingen
Batoni Beusant(is) CIL 13, 6538 Mainhardt, Württ.
Tito Beusantis qui et Bradua CIL 3, Cer. X, XI Dakien
[Bra]dua Beusantis CIL 3, Cer. XIV Dakien
Terzone Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
.........Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
.........Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
Obwohl der Name Beuzas hauptsächlich außerhalb Dalmatiens
belegt ist, kann man mit großer Sicherheit annehmen, daß er zum mit
teldalmatischen Namengebiet gehört. In Dalmatien ist er in Livno und
Salona belegt. Ein Träger dieses Namens, der in Germanien im römischen
Heer diente, gehörte zum Stamm der Dalmater. Die starke Verbreitung
des Namens in Dakien spricht auch nicht gegen eine solche Annahme,
Die Belege aus Livno und Pljevlja weisen deutlich auf den mit
teldalmatischen Charakter des Namens hin. In Konjic, das sonst ein
deutig zum südostdalmatischen Gebiet gehört, sind auch andere mit
teldalmatische Namen vereinzelt belegt. Das wird vielleicht durch
die Lage der Stadt an dem wichtigen Verkehrswege, der dem Neretvatal
folgte, erklärt. Dort konnten sich leichter Fremde niederlassen und
der Einfluß fremder Namengebung konnte sich stärker auswirken.
Besonders zu beachten ist der Name bei einem Angehörigen des Stammes
der Mäzeer. Dieser Stamm siedelte im nördlichen Bosnien an der dal-
matisch-pannonischen Grenze in der Gegend nördlich von Petrovac
und Mrkonjić Grad um die heutige Stadt Banja Luka. Es ist schwer
zu entscheiden, ob dieser Stamm eine mitteldalmatische Namengebung
hatte. Unser Beleg spricht für eine solche Annahme. Der Name Lic-
caius ist dagegen ausgesprochen pannonisch. Um in den Fragen, die
sich dadurch aufwerfen, etwas klarer sehen zu können, muß man zuerst
die Zugehörigkeit der einheimischen Namengebung Pannoniens in
ihrer Gesamtheit behandeln. Es ist sicher, daß von dort viele Verbin
dungslinien zum mitteldalmatischen Namengebiet führen, es ist aber
auch augenscheinlich, daß das pannonische einheimische Namengut
auch dort, wo es nicht keltisch ist, nicht dem mitteldalmatischen
zugerechnet werden kann. Die Frage nach der nördlichen Grenze des
mitteldalmatischen Namengebietes muß also vorderhand offen bleiben,
man kann sie aber vorläufig und von ungefähr mit der Nordgrenze
der Provinz Dalmatien gleichsetzen.
Cato Catoni Statariae Tur CIL 3, 8323 Pljevlja
Catta jjip' ç attae CIL 3, 14219, 18 Skelani bei Bajina Basta
CL Cattae Glasnik MB 19, 447 Skelani bei Bajina Basta
Dieser weibliche Individualname mit zwei Ableitungen (-§ und
-ön-) scheint sich in seiner Verbreitung auf das mitteldalmatische Gebiet
zu beschränken. Daß Pljevlja dazu gehört, ist ganz sicher, sehr wahr
scheinlich ist es auch für beide Ufer des Unterlaufes der Drina, da
Spuren mitteldalmatischer Namengebung bis tief nach Obermösien
hinein festzustellen sind.
Der Name Cato ist als männlicher Individualname in Oberpan
nonien belegt :
Matta Catonis /. CIL 3, 4392 Neusiedel
Ob das davon abgeleitete Gentile Catonius:
M. Caton(ius) Varo CIL 3, 2924 Iader
aus Italien eingeführt oder in Anlehnung an den einheimischen Namen
entstanden ist, läßt sich nach unserem heutigen Wissen nicht entschei
den. Das Gentile Catius, das Mayer12) als illyrisch anführt und mit den
12) o . c. I. 182.
Das mitteldalmatische Namengebiet 267
13) L. c.
268 R. Katićić
auch diese Schwierigkeit entfällt, wenn man Ditueio als Nominativ eines
-δ«- Femininums auffaßt. Der zweite Beleg von Ditueio aus Bihać ist
auf einer unvollständig erhaltenen Inschrift zu uns gekommen. Auch
in diesem Fall spricht nichts dagegen, daß es sich um eine mitteldal
matische weibliche ön- Ableitung handelt.
Germanus Tritus Germu[l]l[us\ Germanifilius CIL 3,6411 Rider
Germanicus L. Publici Germulli CIL 16, 11 mit sechs anderen Dal-
Germullus
Germus matern
Germaniscus C. Tullius Germullus CIL 5, 3787 Verona
Anna T. L Germulla CIL 9, 3241 Corfinium
Pinsus Germanicus T u rif Glasnik MB 1951, 52 Rider
[Ma]ximus [Germanici f Glasnik MB 1951, 53 Rider
[Plad]omenus [Germ]anisci Germania 34 (1956) 242 Rider
Cla. Germo aed. CIL 3, 3054 Albona
Aelia Germa Vjesnik daim. 34, 18 Salona
Diese Namensippe scheint in Rider fest verwurzelt zu sein, ob
wohl die Belege aus Albona und Verona auch eine liburnisch-istrische
Herkunft in Erwägung zu ziehen zwingen. In Elider ist der Name
ganz mit der einheimischen Namengebung verwachsen und kann also
schwerlich mit dem Völkernamen Germanus in Verbindung gebracht
werden. Es ist außerdem nicht sicher, ob dieser dalmatische Name
nicht mit einem C- anlautet15*).
Iaritus Iarito Arvi Spomenik SA 93, 155 Pljevlja
Iarito Arvi Spomenik SA 98, 141 Pljevlja
[Ia]ritus Sili servos Spomenik 93, 139 Bihać
Die zwei ganz gleichen Belege aus Pljevlja scheinen auf eine und
dieselbe Person zurückzugehen. Die Verbreitung in Pljevlja und Bihać
weist auf die Zugehörigkeit zum mitteldalmatischen Namengut.
Iettus Iettus Dasantis CIL 3, 2768 Rider
Ieto Iettus Stac(ti /.) CIL 3, 9759 Aequum
leta
Ieto........... CIL 3, 13223 Vrlika
Ieta Aeronia Vjesnik daim. 53, 245 Varvaria
Der Beleg aus Vrlika stammt von einer Inschrift, die leider nicht
vollständig lesbar ist. Es kann sich um einen Dativ der o- Deklination
handeln, dann haben wir einen weiteren Beleg für den Namen Iettus,
er kann aber auch als Nominativ eines örc-Femininums aufgefaßt werden.
Trotz des einen Beleges aus dem liburnischen Grenzgebiet ist es deutlich,
daß der Schwerpunkt des Verbreitungsgebietes dieses Namens in Mit
teldalmatien liegt. Mit diesem balkanillyrischen Namen sind einige
Namen aus der messapischen Onomastik in Verbindung gebracht
Q. Panenti Quintiani η.
Delimata) CIL 10, 3486 Misenum
Piator Panentis CIL 3, 7821 Alburnus, Dakien
Daza Panetis f Not. d. scavi 1925,24 Aquileia
Surus Panenti Muteli
fecit sibi CIL 3, 2753=9803 Vrlika
Panentia Placida CIL 11, 93 Ravenna
Panico mater CIL 3, 8551 Petuntum bei
Epetium
dazu wohl auch
Diopaneti Dionisi Oest. Jahresh. XV B. 238 Guberevci in
Westserbien
Die Verbreitung dieses gut belegten Namens ist so charakteristisch,
daß seine mitteldalmatische Zugehörigkeit augenscheinlich ist.
P[l]atino Avio Panti[s]filia·. Glasnik MB 1951, 56 Rider
Pant- Bato Samuntius Pantisfilius Glasnik MB 1951, 56 Rider
Panto Panto CIL 3, 9024 Klis
Pantia
Panto Madoci f CIL 3, 2786 Rider
Panto CIL 3, 9872 Rider
Panto CIL 3, 9878 Rider
PantoniLavinciae Platorisf CIL 3, 2773 Rider
Panto Laidietis Vjesnik daim. 53,214 Rider
Pantoni CIL 3, 8308 Pljevlja
Amelia Pantoni CIL 3,6349=8317 Pljevlja
Aure[liae\ Panto[ni] CIL 3, 6349=8318 Pljevlja
Pantoni Wiss Mitt. Bosn. 12,123 Pljevlja
Pontiae CIL 3, 9253 Salona
Fundania Pantia CIL 5, 1224 Aquileia
Panthia amita CIL 5, 1371 Aquileia
Die zwei Belege von Planus, einer aus Rider und der andere von
pirustischen Kolonisten in Dakien, weisen den Namen dem spezifisch
mitteldalmatischen Namengute zu. Davon wäre dann der männliche
Individualname Planius zu scheiden.
Planius Sextilius Feucontis f. CIL 3, 10722 Nauportus
Volta Lassonia Plani /. CIL 3, 10723 Nauportus
23) O. c. I, 269.
24) Vgl. Katičić, o. c. 107.
25) So trotz Mayer, o. c. I, 49, der T r i t a n e r i A p i n s i liest.
26) Mayers (/. c.) Ergänzung [AJpinsi ist unbegründet,
18 2iva Antike
274 R. Katičić
Scenobarb. f i l . quae et
Maxima Not. d. scavi 1892, 78 Ravenna
Scenus Scenobarvi, Sceni
Scenobarvi CIL 3, 4372 Arrabona Pannonien
M. Aur. Scenobarbus CIL 3, 1265 Alburnus
Dakien
Bisius Scenob. Sard. CIL 3, 1266 Alburnus
Dakien
[lui. S]ceno[barb]us CIL 3, 13761 Potaissa
Dasati [S]cenobarbi CIL 3,7800 Apulum Dakien
Dasantis Loni qui et. , .Saturnini Scenobarbi
CIL 3, Cer. XX Dakien
Sceno Batonis f. Spomenik SA 77, 40 Župča bei
Visoko
Sceno CIL 5, 186 Pola
Sceno CIL 5, 2909 Patavium
[S\cenus Batonis f. Spomenik SA 77,40 Župča bei Vis.
Dazas ScenifM a[eze]ius CIL 8, 9377 Mauretanien
Frontoni Sceni f.Iaso CIL 16, 31
Scennae Thaletis Cantabe(r) cons. CIL 11,214 Ravenna
Scenocalo Batonis f . Spomenik SA 77,40 Župča bei
Visoko
Aus literarischen Quellen ist ein Σκενόβχρδος (Dio Cass. 55, 33, 2)
bekannt, der die schon zum Frieden bereiten Dalmater und Pannonier
im Jahr 8 u. Z. zu weiterem Kampf anfeuerte. Σκεναε (im Text Σκευαν)
hieß der Sohn Batos des Daesitiaten (Dio Cass. 56, 16, 1).
Diese gut bezeugte Namensippe ist besser außerhalb Illyriens als
im Lande selber belegt. Die meisten Belege hat Župča bei Visoko, wo
sie allerdings alle von Angehörigen einer Familie stammen. Nun ist
es nicht sicher, ob das Bosnatal bei Visoko dem mitteldalmatischen
Namengebiet angehört, da die Daesidiaten im oberen Bosnatal eine
südöstliche Namengebung zu haben scheinen27). Ob Visoko zu ihrem
Gebiet gehört, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Seine Namengebung
ist eher mitteldalmatisch. Der Name Σκενας ist aber auch für einen
Daesitiaten bezeugt. Das dürfte ein zu den Daesitiaten eingedrungener
mitteldalmatischer Name sein. Der zweite Teil des zweistämmigen
Namens Scenobarbus ist in seiner ursprünglichen Form als Bardus in
Misenum bei der Flotte belegt (CIL 10, 3468). Der Name kommt auch
auf keltischem Gebiet vor (CIL 3, 4838, 5473, D3). Es ist nicht ganz
sicher, ob auch Βάρδυλις dazu gehört. Dieser Name, der in der Litera
tur mehrmals belegt ist, hat das Schwergewicht seiner Verbreitung im
südöstlichen Gebiet. Wegen aller dieser Umstände ist die Zugehö
rigkeit von Scenobarbus u. s. w. zum spezifischen mitteldalmatischen
Namenrepertoire nicht vollkommen sicher. Man muß deshalb die
Entscheidung der Zukunft überlassen und sich mit der Feststellung
deshalb von vornherein unmöglich, daß sich die Verteilung der Personen
namen nach ihren ursprünglichen Gebieten ohne Ausnahmen und
Abweichungen in unserem Quellenmaterial ablesen ließe.
Die Zahl der Namen, die man als mitteldalmatisch ansprechen
kann, ist wesentlich größer als dies beim südöstlichen Namengebiet
der Fall war. Dieser auffällige Umstand erklärt sich zur Genüge aus
der Tatsache, daß die erhaltenen Inschriften auf mitteldalmatischem
Gebiet zahlreicher sind und auf ihnen der Anteil einheimischer Namen
größer ist. Stellt man diesen quantitativen Unterschied in Rechnung,
so kommt man zum wichtigen Ergebnis, daß unter den einheimischen
Namen der nordwestlichen Balkanhalbinsel eine ganze Reihe im Süd
osten ihr eigentliches und ursprüngliches Verbreitungsgebiet haben,
eine andere dagegen ursprünglich an das große Zentralgebiet gebunden
war. Da nun das Vorhandensein eines eigenen liburnischen Namenre
pertoires schon früher festgestellt werden konnte, ergibt sich von selbst
eine territoriale Dreiteilung der Personennamengebung in Dalmatien,
besonders was das onomastische Repertoire anbelangt. Von besonderem
Interesse sind die Verbindungen, die zwischen dem mittel dalmatischen
Namengut und dem der messapischen Inschriften sowie der pannonischen
Namengebung festgestellt werden konnte.
III
29fl ) Aus der Inschrift kann das Genus nicht erschlossen werden, aber inner
halb der Namengebung von Rider und Vrlika können die ö/z-Ableitugen mit großer
Sicherheit als Feminina betrachtet werden.
b a s mitteldaimatische Namengebiet Ï8Î
S2) o . c. I.
33) o . c. II, 226.
34) Der Beleg für den Namen S e x t o , den Mayer o. c. I, 303 aus Albona
anführt, beruht auf einem Mißverständnis, da S e x t o C l i t i c i m a t e r p. (CIL 3,
10079) als Grabinschrift einem S e x t u s C l i t i c i von seiner ungenannten Mutter
gestiftet wurde,
286 R. Katičić
Flexionstyp auf -o, -onis übergeführt worden sind. Solche Namen sind
aber inNorikum in großer Zahl vertreten. Die Situation kann also keines
wegs mit der im mitteldalmatischen Gebiet verglichen werden, weil die
ön- Flexion im norischen Gebiet niemals dazu befähigt war, auch nur
teilweise ein Kennzeichen des Femininum zu werden. Die Entwicklung
führte dort auch dazu, daß Communia zu bestehen aufhörten, weil
die Maskulina sich um die Flexion -o,-onis, die Feminina um das alther
gebrachte -u, -unis polarisierten. M. Falkner37) wird wohl recht haben,
daß sich in dieser Sachlage die stärkere Romanisierung des männlichen
Teiles der Bevölkerung von Norikum widerspiegelt, so daß ihre Namen
mehr dem lateinischen Sprachgebrauch angeglichen wurden.
M. Falkner38) glaubt ferner, eine Schwierigkeit in ihrer, im Grunde
ohne Zweifel richtigen, Erklärung durch die Berufung auf das vorkel
tische illyrische Substrat in Norikum beheben zu können. Die Namen
auf -ön- sind nämlich im keltischen männlich. In Norikum aber seien
dann die charakteristischen illyrischen Frauennamen auf -ön- der
keltischen Lautung angeglichen worden und hätten dadurch den
Anstoß gegeben für die Entwicklung der norischen Frauennamen auf
u-, -unis, die dann in der Folgezeit von illyrischen, aber auch keltischen
Namenstämmen gebildet wurden. Wir können hier nicht auf die nichts
weniger als einfachen Fragen der keltischen Namengebung eingehen,
und nur von dort her kann die Sonder läge in Norikum richtig beurteilt
werden. Hier muß nur hervorgehoben werden, daß die oben angeführte
und in sich absolut kohärente und auf den ersten Blick durchaus über
zeugende Erklärung an dem Umstande scheitern muß, daß die cha
rakteristischen illyrischen Frauennamen auf -ön- ausschließlich auf das
mitteldalmatische Namengebiet beschränkt sind. Zwischen diesem
Gebiet und Noricum besteht aber, was diesen Typ und die Namenge
bung überhaupt betrifft, kein arealer Zusammenhang. Die Erklärung
könnte nur durch die Annahme gerettet werden, daß im vorkeltischen
Norikum eine der mitteldalmatischen gleiche Entwicklung von dieser
unabhängig stattgefunden hat. Eine solche Annahme muß aber bei
dem jetztigen Stand unseres Wissens äußerst fraglich bleiben und es
ist ungleich wahrscheinlicher, daß die Eigenheiten in der Namengebung
der norischen Kelten durch eine Sonderentwicklung innerhalb des
Keltischen zu erklären sein werden.
Als festes Ergebnis der eben durchgeführten Untersuchung kann
also gebucht werden, daß die weiblichen Personennamen auf -ön- als
ein wichtiges Kennzeichen des mitteldalmatischen Namengebietes
anzusehen sind. Auf diesem Gebiete muß auch eine Femininmotion
auf -ön- wenigstens als vorherrschendes Systemmuster bestanden haben,
wenn auch daneben die Femininmotion auf -a und einzelne männliche
Namen auf -on- bis zur Zeit der Inschriften weiter bestehen blieben.
a7) O. c, 51 f.
38) O. c, 50.
19 Živa Antika
290 R. Katičić
Es ist sehr wahrscheinlich das man darin nicht nur eine Eigenheit der
mitteldalmatischen Namengebung sondern auch der mitteldalmatischen
Mundarten erkennen muß.
IV
Legende:
• 1 Beleg
© 2 — 4 Belege
» 5 — 10 Belege
10 — 20 Belege
<D
u über 70 Belege
19*
292 R. Katičić
Zagreb. R. Katičić.