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DAS MITTELDALMATISCHE NAMENGEBIET

Die neueste Forschung auf dem Gebiet der epichorischen illy­


rischen Personennamengebung ist zu dem Ergebnis gelangt, daß das
einheimische Namenmaterial Dalmatiens und der Nachbarprovinzen
nicht ohne weiteres als eine einheitliche „illyrische“ Masse behandelt
werden darf, wie es bei der wissenschaftlichen Bearbeittung der illy­
rischen Sprachreste zu geschehen pflegte, sondern daß sich diese Na­
mengebung in verschiedene Namengebiete gliedert, deren jedes sein
eigenes Gesicht zeigt und an seinen typischen Merkmalen leicht erkannt
werden kann. Diese Gliederung kann man an Hand der oft nur allzu
mageren Belege nicht in alle Einzelheiten verfolgen, es ist aber durchaus
möglich, sie in ihren Hauptzügen zu bestimmen und manche Einzel­
heiten mehr oder minder vollständig zu erschließen. D. Rendić-Mio-
čević1) hat zuerst feststellen können, daß das Gebiet der Liburner in
seiner weitesten historischen Ausdehnung vom Fluß Arsia (Raša) im
westlichen Istrien bis zum Titius (Krka), der die Grenze bildet zum
Gebiet, das dem Stamm der Dalmaten gehörte, eine eigenartige Perso­
nennamengebung aufweist, mit einem eigenen Namenmaterial und einer
Namenformel, die in ihrer Anpassung an die römische Norm im
Prozeß der Romanisierung gewisse Eigenheiten aufweist. Auch im Süd­
osten konnte ein Namengebiet ausgesondert werden, das seine cha­
rakteristischen Namen und eine einheitliche Namenformel aufweist2).
Dieses Gebiet umfaßt den Küstenstreifen vom unteren Lauf des Hippius
(Cetina) bis an das Akrokeraunische Vorgebirge und einen nicht unbe­
deutenden Teil des Hinterlandes. Päonien und wenigstens ein Teil
Dardaniens scheint dazuzugehören, ebenso das Land der Daesitiaten
an der oberen Bosna. Der heutige Sandžak und besonders das Muni­
cipium, das beim heutigen Pljevlja lag, unterscheiden sich in ihrer
einheimischen Namengebung stark vom onomastischen Typ des süd­
östlichen Gebietes, bilden aber in jeder Hinsicht eine Einheit mit
dem epichorischen Namengut Mitteldalmatiens. Die Namengebung
des Gebietes, das zwischen dem liburnischen und dem südöstlichen
Namengebiet liegt, ist nämlich nicht in weitere Namenlandschaften
gegliedert, sondern gehört durchweg einem einheitlichen onomastischen
Typ an. Dieses Gebiet deckt sich zum großen Teil mit dem erweiterten

*) Onomastičke studije sa teritorije Liburna, Zbornik instituta za historijske


nauke u Zadru 1/1955) 125—145 (mit englischer Zusammenfassung).
2) R. Katičić, Illyrische Personennamen in ihrem südöstlichen Verbreitungs­
gebiet, Živa Antika 12 (1962), 95—120.
256 R. Katičić

Stammesterritorium der Dalmaten, welches diese zur Zeit der römischen


Eroberung besaßen und könnte also mit vollem Recht schlechthin
dalmatisch genannt werden. Da aber immer eine Gefahr besteht, daß
die Bezeichnung dalmatisch nicht auf den Stamm der Dalmaten, son­
dern auf die ganze römische Provinz Dalmatien bezogen werden könnte,
ist der Ausdruck mitteldalmatisch vorzuziehen, weil er sich auf die
Provinz bezieht und deshalb weniger Anlaß zu Mißverständnissen
gibt. Außerdem begegnet man der mitteldalmatischen Namengebung
auch außerhalb des dalmatischen Stammesterritoriums und es dürfen
schon deshalb Stammes- und Namengebiet nicht gleichgesetzt werden.
Die Einheit des mitteldalmatischen Namengebietes springt so
sehr in die Augen, daß im südöstlichen auf den ersten Blick nicht so
sehr seine eigenen Merkmale auffallen wie das Fehlen der Eigenheiten
der mitteldalmatischen Namengebung. Auch Rendić-Miočević3) konnte
mit Sicherheit feststellen, daß auf liburnischem Gebiet Namen Vorkom­
men, die aus dem Namengut der Dalmaten stammen, weil dieses N a­
mengut so charakteristisch ist, daß es vielfach auf den ersten Blick
erkannt werden kann. Es sind in erster Linie die zahlreichen Frauen­
namen auf -dn- und ein charakteristisches Repertoir von kurzen Indi­
vidualnamen, die der mitteldalmatischen Namengebung ihr charakte­
ristisches Aussehen verleihen. Deshalb hat die illyrische Namenforschung
das mitteldalmatische Gebiet eingehend zu untersuchen, um seine
Eigenheiten festzustellen und die charakteristischen Züge, die es von
den anderen Namengebieten abheben, eindeutig zu bestimmen.

Das Quellenmaterial für die Erforschung der mitteldalmatischen


epichorischen Namengebung ist verhältnismäßig reichlich. Die Inschrif­
ten sind am zahlreichsten in der Küstengegend und werden immer
spärlicher, je weiter man ins Binnenland vordringt. Im ganzen Gebiet
sind jedoch die Inschriftenfunde reicher als im Südosten und im Nord­
westen, und der Anteil der epichorischen Namen ist an einigen Orten
nicht unbedeutend. Die reichsten Fundstätten an epichorischen Namen
in Illyrien befinden sich im mitteldalmatischen; Gebiet. Diese sind an
erster Stelle Rider (heute Danilo östlich von Šibenik), das obere Cetinatal
bei Vrlika und Pljevlja im Sandžak. An anderen Fundorten ist die
Lage, was unsere Fragestellung betrifft, weniger günstig, weil die
einheimische Namengebung auf den Inschriften bei weitem nicht so
ausgiebig vertreten ist. Am zahlreichsten sind natürlich die Inschriften,
die in der Metropole der Provinz, in Salona, gefunden worden sind,
und die Zahl der auf diesen Inschriften belegten epichorischen Perso­
nennamen ist keineswegs unbedeutend. Jedoch war die Bevölkerung
der Großstadt so heterogen und aus den verschiedensten Gegenden
der Provinz und anderer Reichsteile zusammengeflossen, daß die in

‘) O. c. 126,
Das mitteldalmatische Namengebiet 257

Salona vorkommenden Personennamen für die geographische Ver­


breitung wenig Beweiskraft haben. Tragurium und Epetium, westlich
und östlich nahe bei Salona gelegen, haben eine stattliche Zahl von
Inschriften geliefert, der Anteil der epichorischen Onomastik ist aber
auf ihnen verschwindend klein. Dasselbe gilt auch von der Kolonie
Aequum beim heutigen Sinj im Hinterland von Salona. Die Bevöl­
kerung bestand da zu einem großen Teil aus italischen Siedlern und
ausgedienten Soldaten. Der Anteil von Soldatennamen war groß in
den weniger bedeutenden Siedlungen: Andetrium, Magnum und
Gardun im nahen Hinterlande zwischen Salona und Rider. In dieser
Gegend waren bedeutende Truppenteile stationiert. Etwas weiter
landeinwärts lag Promona, wo einige Inschriften mit römischem und
einheimischem Namenmaterial gefunden worden sind.
Im weiteren Hinterland hat man einigermaßen ergiebigere In­
schriftenfunde noch aus Delminium, dessen altehrwürdiger Name noch
heute als Duvno weiterlebt. Außer römischen sind dort auch interessante
epichorische Namen belegt. Wichtige, wenn auch nicht allzu zahlreiche
Belege von einheimischen Namen haben wir aus der Umgegend von
Livno westlich von Delminium. Vereinzelte Inschriften hat man auch
aus Glamoč und Kupres, das erste nordwestlich und das zweite nord­
östlich von Livno. Diese Funde aus dem Süden Bosniens liefern trotz
ihrer Spärlichkeit wichtige Züge für die Erschließung der einhei­
mischen Namengebung. Im inneren Bosnien hat man Inschriften aus
der Umgegend von Sarajevo mit einigen epichorischen Namen. Größere
Stadtzentren waren Bistue (heute Zenica) am oberen Bosnafluß und
Domavia beim heutigen Srebrenica auf der linken Seite der Drina im
äußersten Osten Bosniens. Der Anteil der epichorischen Namen auf
den dort gefundenen Inschriften ist unbedeutend und für unsere Unter­
suchung wenig ergiebig. Beide Städte waren Mittelpunkte des bosnischen
Bergbaues und ihre Bevölkerung war stark romanisiert oder sogar aus
anderen Reichsteilen angesiedelt. Auch die wenigen Inschriften aus
Rogatica, Visegrad und Goražđe bringen fast nur römische Namen.
Im zentralen Bosnien haben wir einige Inschriften aus der Gegend
von Travnik, die Namen sind aber fast ausnahmslos römisch. Nur
wenige Inschriften sind in Doboj und Banja Luka, im Norden des Landes
gefunden worden. Bei der ersteren Stadt haben die Inschriften ausschließ­
lich römische Namen, in der zweiten stößt man auf schwache Spuren
der einheimischen Namengebung. Im Westen, am mittleren Lauf des
Oineus (heute Una) in der Gegend von Bihać, sind die Inschriftenfunde
etwas reicher und gestatten einen tieferen Einblick in die epichorische
Onomastik. Belege von einheimischen Namen sind an diesem Fundort
verhältnismäßig häufig. Das Hochland der Lika, das sich westlich an
die Gegend von Bihać anschließt, ist nicht besonders reich an Inschrif­
tenfunden, steuert aber doch eine Reihe von Namen, darunter einige
einheimische, der Erschließung der dortigen Namengebung bei.
Im Osten, außerhalb Bosniens, im heutigen Sandžak liegt der
schon erwähnte Fundort bei Pljevlja. Im Altertum war dort ein Mum-

17 Živa Antika
258 R. Katičić

cipiiim gelegen, dessen Name uns bis auf den anlautenden Buchstaben
S- unbekannt ist. Von dieser Siedlung haben wir viele Inschriften und
der Anteil der einheimischen Namengebung auf ihnen ist groß. Weiter
östlich, in der Umgebung von Novi Pazar, sind wenig zahlreiche In­
schriften gefunden worden. In dem Namenmaterial, das sie bringen,
ist der Anteil der einheimischen Namen äußerst gering.
Überblickt man das Quellenmaterial, das für unsere Untersuchung
zur Verfügung steht, sieht man, daß es nicht nur ungenügend, sondern
auch im höchsten Maße unausgeglichen ist. Das Quellenmaterial ist
zwar etwas reichlicher als in anderen Teilen der illyrischen Provinzen.
Es ist jedoch an einigen Orten konzentriert, während wir aus weiten
Gegenden und von zahlreichen Völkerschaften nichts oder so gut wie
nichts haben. Die erhaltenen Fragmente der mitteldalmatischen Na­
mengebung genügen jedoch, um uns zu erlauben, einige ihrer charakte­
ristischen Züge zu erkennen, ihre Verbreitung einigermaßen mit Sicher­
heit festzustellen und so vom Wesen und der Verbreitung des Namen­
gebungstyps ein zwar unvollständiges, aber immerhin im wesentlichen
zutreffendes Bild zu zeichnen.
Der Umfang des zur Verfügung stehenden Quellenmaterials ist
in keiner Weise als endgültig anzusehen. Es steht mit Sicherheit zu
erwarten, daß neue Funde das Bild vervollständigen werden und die
Ausdehnung der archäologischen Forschung im Binnenland dürfte
auch das Mißverhältnis zwischen den Inschriftenfunden dieses Gebietes
und denen des Küstenstreifens etwas mildern. Dadurch werden alle
Schlüsse, die aus dem zur Zeit vorliegenden Quellenmaterial gezogen
werden, notwendigerweise vorläufig und unsicher, weil neue Funde
manches umstoßen oder als unbegründet erweisen können. Wenn es hier
doch gewagt werden soll, die epigraphischen Quellen reden zu lassen,
so geschieht das in der Überzeugung, daß es nur so möglich ist, von der
Namengebung und letzten Endes vielleicht auch von den Sprachzuständen
im vorrömischen Illyrikum etwas zu erfahren. Auch soll nach Möglich­
keit nichts auf Grund einer isolierten Erscheinung geschlossen werden.
Erst wenn eine ganze Reihe von beobachteten Tatsachen in eine bestimm­
te Richtung weist, ist man berechtigt, Schlüsse daraus zu ziehen. Dann
ist auch die Wahrscheinlichkeit sehr gering, diese Beobachtungen
könnten alle durch neue Funde entkräftet werden.

II

Das mitteldalmatische unterscheidet sich von den benachbarten


Namengebieten zuallererst durch ein eigenes Namenrepertoire. Eine
ganze Reihe von einheimischen Personennamen ist nur auf mitteldal­
matischem Gebiet belegt, während die Namen, die für das liburnische
Gebiet und den Südosten charakteristisch sind, dort nicht Vorkommen.
Natürlich kann man bei Personennamen nicht mit absolut reiner
Verteilung der Verbreitungsgebiete rechnen, weil sowohl die Namen
selber als auch ihre Träger wandern. Wenn also eine Reihe von ein-
Das mitteldalmatische Namengebiet 259

heimischen Personennamen auf einem übereinstimmenden Gebiet das


ausgesprochene Schwergewicht ihrer Verbreitung haben, kann das
schwerlich auf Zufall beruhen. Für jeden einzelnen der Namen kann
man natürlich annehmen, daß er wegen der lückenhaften Überlieferung
nicht auch aus anderen Gebieten zu belegen ist. Für die Gesamtheit
der so verbreiteten Namen ist aber eine solche Annahme ausgeschlossen.
Man muß also im voraus damit rechnen, daß dieser oder jener Name in
der Zukunft aus der Liste gestrichen werden müssen wird, aber das
kann die Schlüsse von dem Vorhandensein eines Namengebietes in
keiner Weise entkräften. Es kommt eben auf die Gesamtheit des
Namengutes, nicht auf einzelne Namen an. Unsere Liste dieses Namen­
gutes wird aber nicht nur durch Streichungen berichtigt werden müssen,
sie wird auch durch neue Namen bereichert werden. Wenn es nämlich
ein mitteldalmatisches Verbreitunsgebiet von einheimischen Perso­
nennamen gibt, dann werden neue Belege zeigen, daß viele Namen,
die jetzt nur durch einen Beleg bekannt sind oder noch ganz unbekannt
blieben, ihrer Verbreitung nach auch auf das mitteldalmatische Namen­
gebiet beschränkt sind. Alle diese Folgerungen werden ermöglicht
durch den Faktor der Wahrscheinlichkeit, der in diese Betrachtung
eingeführt wurde mit der Feststellung, es wäre absolut unwahrscheinlich,
daß eine ganze Reihe einheimischer Personennamen nur durch ein
Spiel des Zufalls auf ein bestimmtes mit anderen komplementäres
Gebiet ihrer Verbreitung beschränkt wären.
Auch ist es im vornherein zu erwarten, daß es Namen geben wird,
die auch über die Grenzen des festgestellten Verbreitungsgebietes Vor­
kommen, ohne daß man ein ausgesprochenes Schwergewicht der Ver­
breitung in einem der ausgesonderten Gebiete erkennen könnte. In
unserer Zeit, da sich die Grenzen der Kulturgebiete und die der Sprach-
räume oft stark überschneiden, scheint das ganz selbstverständlich zu
sein, aber für das vorrömische Namengut der nordwestlichen Balkan­
halbinsel scheint die Annahme analoger Verhältnisse, auf den ersten
Blick wenigstens, wenig berechtigt. Man ist eben geneigt zu glauben,
daß bevor dieses Gebiet mit der griechisch-römischen Hochkultur in
Berührung kam, die Stämme der einheimischen Bevölkerung, was
Sprache und Namengebung betraf, in abgeschiedener Eigenständigkeit
lebten. In Wirklichkeit waren die gegenseitigen Verbindungen viel
enger und die Beeinflussung auch in der Namengebung sehr stark.
Davon zeugt neben den Resten der materiellen Kultur nicht zuletzt
auch das einheimische Namengut. Einzelne Namen, Bildungen und
Elemente von Namenformeln sind manchmal über mehrere einwandfrei
festgestellte Namengebiete verbreitet, ja sie machen sogar an Sprachgren­
zen nicht halt, sondern verbreiten sich über dieselben. So ist der Name
Plator rings um das Adriatische Meer belegt sowohl auf dem Balkan
als auch in Italien4). Der Name Tritus5) ist in der ganzen Provinz
4) Vgl. J. Untermann, Die venetischen Personennamen, Wiesbaden 1961,
Karte 27.
5) Für die einzelnen Belege vgl. A. Mayer, Die Sprache der alten Illyrier I
Wien 1957, s. v,

17*
260 R. Katičić

weitschichtigen und unübersichtlichen Material sicher einige Belege,


Dalmatien und im illyrischen Teil der Provinz Makedonien verbreitet.
Auch Turus und Sextus (Sestus)5) sind an der ganzen Ostküste, imlibur-
nischen, mitteldalmatischen und südöstlichen Namengebiet belegt,
das Schwergewicht ihrer Verbreitung liegt eindeutig auf dem liburnischen
und dem mitteldalmatischen Gebiet. Dasselbe könnte man auch von
Titus sagen, obwohl da die Belege für das südöstliche Gebiet etwas
zahlreicher sind und vom Festland stammen, während die beiden vo­
rangehenden nur auf Korkyra Melaina belegt sind. Auch Mutelus
(Μύτιλος)5) ist in allen drei Namengebieten belegt, nur fällt hier das
Schwergewicht der Verbreitung auf das mitteldalmatische und das
südöstliche Gebiet. Der einzige Beleg im liburnischen Gebiet (Varvaria)
dürfte aus dem mitteldalmatischen Gebiet dorthin gebracht worden sein.
Nur auf das mitteldalmatische und südöstliche Gebiet sind die Namen
Plare(n)s und Teut-5) beschränkt. Im mitteldalmatischen Gebiet und im
Südwesten konzentrieren sich auch die Belege für den bekannten Namen
Bato5), er ist aber auch in Pannonien häufig und war schon in älterer
Zeit in die griechische Namengebung eingedrungen. Wieder einmal
zeigt es sich, daß es Namen gibt, für deren Verbreitung auch ohne
die Unterstützung einer Hochkultur selbst Sprachgrenzen kein Hin­
dernis bilden.
Durch die hier angeführten Beispiele ist diese Erscheinung für
die einheimische Namengebung des Nordwestbalkans noch nicht er­
schöpft. Wahrscheinlich muß auch Verzo5) zu den Namen gerechnet
werden, die im Südosten und im mitteldalmatischen Gebiet belegt sind,
sehr fraglich ist das für Pinnes5), worüber weiter unten gehandelt werden
soll. Im vesentlichen sind es aber diese Namen deren Verbreitungsge­
biete mit den drei festgestellten Namengebieten nicht in Einklang stehen.
Es ist also klar, daß diese Minderzahl von Namen das Vorhandensein
der drei Namengebiete nicht in Frage stellen kann, um so weniger als
es durchwegs sehr beliebte und oft vorkommende Namen sind, die sich
eben deshalb um so leichter über Grenzen von Namengebieten und
Sprachräumen verbreiten konnten.
Wir wollen uns nun den viel zahlreicheren Namen zuwenden,
deren Verbreitungsgebiet mit dem südöstlichen und dem liburnischen
komplementär ist und folglich für das Vorhandensein eines eigenen,
mitteldalmatischen Namengebiets zeugt. Um die Übersichtlichkeit
zu wahren und das Zurechtfinden im Material zu erleichtern, werden
die Namen in alphabetischer Reihenfolge behandelt, obwohl das den
Nachteil hat, daß weniger klare und eindeutige Fälle vor den schla­
genderen besprochen werden. Es muß deshalb besonders betont werden,
daß die einzelnen Namen nur durch die Gesamtheit und in der Gesamtheit
ihre volle Bedeutung und Beweiskraft erlangen.
Hier sollen nun alle Namen vorgeführt werden, die auf mittel­
dalmatischem Gebiet mehr als einmal belegt sind, und deren Verbreitung
ihr Schwergewicht in diesem Gebiet hat. Die angestrebte Vollstän­
digkeit ist dabei sicher nicht erreicht worden, weil dem Verfasser im
Das mitteldalmatische Namengebiet 261

besonders aus neuen Funden, entgangen sein müssen. Immerhin stützt


sich diese Übersicht auf ein vollständigeres Material als bei Krähe6)
und Mayer7) verarbeitet vorliegt. Die Namen sind folgende:
Andes Andes Sini f. CIL 3, 13273=14013 Bihać
Andia Vendes Bennata Andentis f. CIL 3, 13278 Bihać
Andueia
Ande[s]............ CiL 3, 13270=14012 Bihać
S. Silvestro S. Andes p. CIL 3, 10035 Bihać
Andes Sex. f. cives Raetiniola) CIL 13, 7023, Zahlbach, Rhein­
hessen
Andes CIL 3,3001 Kula in der Lika
Andes Barcini CIL 3, 2824=13249 Burnum
Andis CIL 5,1359 Aquileia
Die Belege zeigen deutlich, daß dieser männliche Individualname
bei den Iapoden im Unatal zu Hause war. Dieses Gebiet gehört nicht
zur liburnischen Namengebung, und andere Elemente verbinden es
deutlich mit dem mitteldalmatischen Namengut. Andes ist also insofern
mitteldalmatisch, als es zur Namengebung von Bihać gehört, die
ihrerseits dem mitteldalmatischen Namengebiet angegliedert werden
muß. Der Beleg aus Burnum in Liburnien ist weiter ohne Belang, da
die unrömische Namengebung von Burnum, das ein bedeutendes Sol­
datenlager hatte, nicht bodenständig ist. So wird auch dieser Andes
Barcini aus dem Unatal stammen. Dasselbe wird man vom Andes aus
Aquilea annehmen dürfen, da die Namengebung von Aquilea von allen
Seiten bunt zusammengewürfelt ist. Ob der Name auch in die Lika aus
dem Unatal eingedrungen ist, oder ob er in einem Teil der Landschaft
zur bodenständigen Namengebung gehörte, kann vorerst nicht entschie­
den werden.
Neben dem Männernamen Andes steht der weibliche Individual­
name Andia. Sein Verbreitungsgebiet ist jedoch sehr verschieden:
Andiae Bassi coniugi Spomenik SA 71,278 Peć
Andiae matri Spomenik SA 71,323 Prizren
Licinio f. Andie Spomenik SA 75,53 Naissus
Ulp. Andia Glas SA 114,40 Kumanovo

Dazustellen kann man noch:

Aur. Andio R{atiariä) CIL 3, 14507 dex. b. 45 Viminacium


Andueia Batonis CIL 3, C VIII Dakien
[Andu]eia Batonis CIL 3, C II Dakien
Die Verbreitung dieses Frauennamens in der heutigen Metohija
und in Dardanien verbietet es u. E., vorerst ihn mit Andes im Unatal
direkt zu verbinden. Die Belege aus Dakien stammen höchstwahrschein-

6) Lexicon altillyrischer Personennamen, Heidelberg 1929,


7) O. c. I.
7Ö) Das alte Raetinium wird im Unatal lokalisiert.
262 R. Katičić

lieh von den Pirusten aus dem heutigen Sandžak. Sie sind also neben
die Belege aus Prizren und Peć zu stellen und zeigen, daß der Name
Andes im Westen und Andia im südöstlichen Winkel des mitteldalma­
tischen Namengebietes verbreitet waren. Daß Andia (Andueia) mit
Andes im Nordwesten etymologisch zu verbinden ist, kann mit großer
Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Die Lage wird vielleicht am
besten gedeutet, wenn man annimmt, daß dasselbe Appellativum in
zwei regionalen Namengebungen des mitteldalmatischen Namenge­
bietes zur Bildung von Individualnamen gedient hat. Das Fehlen solcher
Namen im zentralen Teil des Gebietes kann unmöglich auf Züfall
beruhen.
Schwierigkeiten bereiten die zwei Belege aus Dardanien. Nach
Ausweis seiner Namengebung gehört Dardanien, wenigstens sein
südlicher Teil, zum südöstlichen Namengebiet8). Demnach wären diese
Namen aus dem Sandžak und Metohija eingewandert. Doch sind die dar-
danischen Verhältnisse wegen der Spärlichkeit des Materials nicht klar
genug, um die Fragen, die sich stellen, mit genügender Sicherheit
beantworten zu können. Der Beleg aus Viminacium gehört einem Solda­
ten, der aus Ratiaria stammt. In Obermösien kann man auch andere
Spuren der mitteldalmatisehen Namengebung feststellen. Doch liegt
Ratiaria so weit im Osten, daß man anzunehmen geneigt ist, ihre ein­
heimische Namengebung sei thralcisch. Um in dieser Frage klarer sehen
zu können, muß das Namengut von Obermösien eingehend behandelt
werden. Leider sind gerade in dieser Provinz die einheimischen Namen
sehr selten.
Aplis Diese Namen gehören einer Weitverbreiteten Sippe an, die in
^ p|° Istrien, Liburnien und im mitteldalmatischen Gebiet gut
us vertreten ist, im südöstlichen Gebiet dagegen nur ganz verein­
zelt und an der Küste. Es ist klar, daß diese Namen auf dem Verkehrswege
die Küste entlang dorthin gelangt sind. Das Stammelement kommt in
verschiedenen Lautungen vor. Die verbreitetste ist Api-, der man in
Istrien, Liburnien und Mitteldalmatien begegnet. In Istrien (Piquentum
und Köper) ist ein archaischer zweistämmiger Name *Magaplus aus
dem auf einheimische Weise gebildeten Nachnamen Magaplinus zu
erschließen. Der zweite Bestandteil dieses Namens ist unser Stamm -api.
Es ist also durchaus wahrscheinlich, daß unsere einstämmige Namen
auf Apli- Kurzformen älterer zweistämmiger Namen mit -api im Hin­
terglied sind. Die anderen Lautungen sind Oepl- in Liburnien und
Opi- in Liburnien und Istrien. Von diesen Stämmen werden verschiedene
Namenformen abgeleitet, hauptsächlich mit -o und -n Suffixen. Als
Ableitungen sind belegt: Aplus, Apia, Aplius, Aplicia, Apludus, Apio,
-onis m, Apio, -onis f , Aplis, -inis m, Aplis, -idis J, Oeplus, Oplus, Oplica9).
Von allen diesen Bildungen sind Aplis, Apio f und Apludus für die mit­
teldalmatische Namengebung charakteristisch :

8) Vgl. Katičić, o. c. 115.


9) Für die Belege vgl. Mayer, o. c. I, s. v: Untermann, o. c. 143. Zur Bildung
vgl. H. Krähe, Die Sprache der Illyrier I, Wiesbaden 1955, 57; Untermann, o. c. 85.
Das mitteidalmatische Namengebiet 263

Aplis Ledietis Sini f CIL 3, 2778 Rider


Apiis Lunnicus Triti f CIL 3, 6412=13989 Rider
Sextus Statinius Aplinis f CIL 3, 2790 Rider
Turo Static[o] Aplinis f . CIL 3, 2795 Rider
Apio Aplini(s) Ifzi f CIL 3, 13245 Rider
Aplis Staticus Aplinis f Glasnik MB 1951, 59 Rider
Ursa Melandrica Aplinis f Glasnik MB 1951, 55 Rider
Ponto Laidietis Aplinis Vjesnik daim. 53, 214 Rider
Apli CIL 3, 2322 Salona
Apli CIL 3, 10052 Am Fusse des Vel
Creperiae Aplidi uxori CIL 3, 3166 Daim. inc.
Apio Darmoca Turi f CIL 3, 2779 Rider
Apio Curbania Kabaleti f CIL 3, 13244 Rider
Apio Aplini(s) Ifzi / . CIL 3, 13245 Rider
Apio Varieri Plahen[t]is Vjesnik daim. 31, 85 Rider
Aur. Αρ[ΐ\o CIL 3, 8314 Pljevlja
Apioni Tritanonis.........filiae CIL 3, 2792= Vrlika
Aplon[. . . .] Pinsi CIL 3, 14968 Vrlika
Apludus CIL 3, 9865 Rider
Apludu(s) Mevertens Pl[a\dom[e]ni filiu[s] CIL 3, 6410 Rider
Apludi Statici CIL 3, 2773 Rider
Das Zentrum der Radiation scheint Istrien gewesen zu sein. Auf mit­
teldalmatischem Gebiet war der Name organisch der bodenständigen
Namengebung eingegliedert, so daß vom Stamme Api- spezifisch mit­
teldalmatische Ableitungen Vorkommen.

Baezus Planio Baezi qui et Magistro CIL 3,1270 Alburnus Dakien


Baezo Baezo Crusu[l]avia Lavi / . CIL 3, 2781 = 143211 Rider
Baezo Cursulavia Lavi libri Glasnik MB 1951, 51 Rider
Die männliche Form mit ö-Stamm Baezus ist nur bei mitteldal­
matischen Kolonisten in Dakien belegt. Alburnus maior wird auf der
Inschrift CIL 3, C VIII ein vicus Pirustarum genannt. Es kann also kein
Zweifel bestehen, daß der männliche Individualname Baezus der mit­
teldalmatischen Namengebung der Pirusten angehört. Das erweisen
die Belege aus Rider, wo der Name im Femininum als Baezo erscheint,
mit der charakteristischen mitteldalmatischen Femininmotion auf-on-,
die auch in Apio f begegnet.
Baracio Batonis Baradonis CIL 3, 2749=9802 Vrlika
Barcinus Andes BarciniCIL 3, 2824=13249 Burnum
Die NamenBarado und Barcinus gehören wahrscheinlich zusammen.
Der zweite dürfte eine -no Ableitung des ersten sein. Barcinus ist seiner
Bildung nach ein Nachname. In unserer Namenformel ist er aber als
Vatersname im Genitiv bezeugt. Burnum war ein Soldatenlager und
die Soldaten haben dort meist mitteldalmatische Namen. Bei unserem
264 R. Katičić

Andes Barcini können wir wegen des Vornamens mit großer Sicherheit
annehmen, daß er aus dem Unatal stammt.
Baurea Baureae. . ./. Rufae CIL 3, 2680 Tragurium
Boria Bori........ CIL 3, 14012 Bihać
M. Fomentino Boriae f. CIL 3, 1748 Epidaurum
Falls das anscheinend einheimische weibliche Gentile Baurea
patronymisch ist und zu dem männlichen Individualnamen Boria
gehört, dann ist der Beleg aus Bihać im Inneren schwerwiegender als
der an der Küste im südöstlichen Namengebiet, und es dürfte sich um
einen mitteldalmatischen Namen handeln. Dafür spricht auch der
Umstand, daß die einheimische Namengebung von Tragurium bisher
nur im mitteldalmatischen Gebiet übliche Namen aufweist. Die Belege
sind aber so spärlich, daß keine einigermaßen sichere Entscheidung
möglich ist.
Benn(0us Nomedito Benni CIL 3, 2785 Rider
C. Bennius CIL 3, 2686 Tragurium
Auch auf messapischen Inschriften kommen Namen vor, die mit
Benn(i)us verbunden werden können10). Es scheint ein mitteldalmatischer
Name vorzuliegen mit bemerkenswerter Verbindung zum messapischen
Namengut. Der Name ist zwar in Italien verbreitet, dürfte aber, wie
der Beleg von Rider zeigt, in Dalmatien bodenständig sein.
Bessus Bessus CIL 3, 12783-13853 Pljevlja
Ae. Bessus CIL 3, 8312 Pljevlja
Der Name Bessus gehört dem charakteristisch mitteldalmatischen
einheimischen Namengut des römischen Municipiums bei Pljevlja an.
Beuzas Maximus Beusantis Wiss. Mitt. BH 11, 134 Livno
Buzetius Iulius Beuzas CIL 3, 9156 Salona
Beusas Suiti /. Delmat(a) Inscr. Rhen. 869 Bingen
Batoni Beusant(is) CIL 13, 6538 Mainhardt, Württ.
Tito Beusantis qui et Bradua CIL 3, Cer. X, XI Dakien
[Bra]dua Beusantis CIL 3, Cer. XIV Dakien
Terzone Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
.........Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
.........Beusantis CIL 3, Cer. XVII Dakien
Obwohl der Name Beuzas hauptsächlich außerhalb Dalmatiens
belegt ist, kann man mit großer Sicherheit annehmen, daß er zum mit­
teldalmatischen Namengebiet gehört. In Dalmatien ist er in Livno und
Salona belegt. Ein Träger dieses Namens, der in Germanien im römischen
Heer diente, gehörte zum Stamm der Dalmater. Die starke Verbreitung
des Namens in Dakien spricht auch nicht gegen eine solche Annahme,

10) b e η n a r i h i, Parlangèli, Studi Messapici 4.12 ; b e η n a, ibid. 7.115,4 u 5.


Das mitteldalmatische Namengebiet 165

da die Wachstafeln meistens von den mitteldalmatischen Pirusten


stammen. Sie wird dagegen bestätigt durch das Vorkommen einer
anscheinend verwandten Namenform bei den Iapoden:
[Tit]us Buzetius CIL 3, 9929 a Medviđe, Lika
Tito Buzetia CIL 3, 9929 a Medviđe, Lika
Sex. Buzetia CIL 3, 9929 a Medviđe, Lika
Falls auch
Busio CIL 3, 10362 ager Aquincensis
Proculus Busionis CIL 3, 10362 ager Aquincensis
dazuzustellen sind, zeigt sich eine bemerkenswerte Verbindung zu
Pannonien. Eine solche besteht gewiß zum messapischen Unteritalien,
wo der Name bosat, und Gen. baoštas überliefert ist11). Dazu kommt noch
,Βοΰζος Όρτείρα Κανουσΐνος BCH 8, 81 Delos
Busa, mulier Apula Livius 22, 52, 54,Val. Max. 4, 8, 2.
Busidius CIL 9, 335 Apulien
Bizo Bizo V. /. CIL 3, 2782 Rider
Bisius Bisius Scenob. Sard. CIL 3, 1266 Alburnus Dakien
Der Name in Dakien stammt von einem dalmatischen Sardeaten.
Er ist vom italischen Gentile Bisius (CIL 5, 1363) aus Verona zu trennen,
da er in der einheimischen Namenformel Bisius Scenob(arbi) als ein­
heimischer Individualname aufzufassen ist. Mit großer Wahrschein­
lichkeit kann die Namensippe dem mitteldalmatischen Namengut zu­
gerechnet werden.
Bubant- Celso Statica Bubantis libri Glasnik MB 1951, 59 Rider
Panto Buban[t](is) Vjesnik daim. 8, 96 = Rider
Glasnik MB 1951,60, bilj. 21.
Dieser Name gehört zu der charakteristisch mitteldalmatischen
einheimischen Namengebung von Rider.
Carp(i)us Paio Carpiae Piatoris / . CIL 3, 9839 Promona
Cucubis Ca[r]pus CIL 3, 10030 Udbina
Platoris Carpi CIL 3, Cer. VIII Dakien
Der Name zeigt eine charakteristische mitteldalmatische Verbrei­
tung (Dalmaten, Iapoden, Pirusten).
Canius Piator Carvius Batonis Wiss. Mitt. Bosn, 11,131 Livno
Carvanius Liccaius Carvi f. natione Maezeius CIL 8, 9384 Mauretanien
P. Ael. Pladome(no) Carvanio CIL 3, 8308=Wiss. Mitt. Bos.
11,131 Pljevlja
T. Aur. Carvo Spomenik SA 88, 116 Konjic

u ) Ibid. 3.210; 25.26.


266 R. Katičić

Die Belege aus Livno und Pljevlja weisen deutlich auf den mit­
teldalmatischen Charakter des Namens hin. In Konjic, das sonst ein­
deutig zum südostdalmatischen Gebiet gehört, sind auch andere mit­
teldalmatische Namen vereinzelt belegt. Das wird vielleicht durch
die Lage der Stadt an dem wichtigen Verkehrswege, der dem Neretvatal
folgte, erklärt. Dort konnten sich leichter Fremde niederlassen und
der Einfluß fremder Namengebung konnte sich stärker auswirken.
Besonders zu beachten ist der Name bei einem Angehörigen des Stammes
der Mäzeer. Dieser Stamm siedelte im nördlichen Bosnien an der dal-
matisch-pannonischen Grenze in der Gegend nördlich von Petrovac
und Mrkonjić Grad um die heutige Stadt Banja Luka. Es ist schwer
zu entscheiden, ob dieser Stamm eine mitteldalmatische Namengebung
hatte. Unser Beleg spricht für eine solche Annahme. Der Name Lic-
caius ist dagegen ausgesprochen pannonisch. Um in den Fragen, die
sich dadurch aufwerfen, etwas klarer sehen zu können, muß man zuerst
die Zugehörigkeit der einheimischen Namengebung Pannoniens in
ihrer Gesamtheit behandeln. Es ist sicher, daß von dort viele Verbin­
dungslinien zum mitteldalmatischen Namengebiet führen, es ist aber
auch augenscheinlich, daß das pannonische einheimische Namengut
auch dort, wo es nicht keltisch ist, nicht dem mitteldalmatischen
zugerechnet werden kann. Die Frage nach der nördlichen Grenze des
mitteldalmatischen Namengebietes muß also vorderhand offen bleiben,
man kann sie aber vorläufig und von ungefähr mit der Nordgrenze
der Provinz Dalmatien gleichsetzen.
Cato Catoni Statariae Tur CIL 3, 8323 Pljevlja
Catta jjip' ç attae CIL 3, 14219, 18 Skelani bei Bajina Basta
CL Cattae Glasnik MB 19, 447 Skelani bei Bajina Basta
Dieser weibliche Individualname mit zwei Ableitungen (-§ und
-ön-) scheint sich in seiner Verbreitung auf das mitteldalmatische Gebiet
zu beschränken. Daß Pljevlja dazu gehört, ist ganz sicher, sehr wahr­
scheinlich ist es auch für beide Ufer des Unterlaufes der Drina, da
Spuren mitteldalmatischer Namengebung bis tief nach Obermösien
hinein festzustellen sind.
Der Name Cato ist als männlicher Individualname in Oberpan­
nonien belegt :
Matta Catonis /. CIL 3, 4392 Neusiedel
Ob das davon abgeleitete Gentile Catonius:
M. Caton(ius) Varo CIL 3, 2924 Iader
aus Italien eingeführt oder in Anlehnung an den einheimischen Namen
entstanden ist, läßt sich nach unserem heutigen Wissen nicht entschei­
den. Das Gentile Catius, das Mayer12) als illyrisch anführt und mit den

12) o . c. I. 182.
Das mitteldalmatische Namengebiet 267

eben behandelten Namen zusammenstellt, dürfte wohl italisch sein.


In den beiden Belegen, die Mayer anführt, sind alle Elemente rein la­
teinisch und nichts weist auf eine epichorische Verbindung hin. Auch
das Verbreitungsgebiet (Dardanien, Obermösien) stimmt mit dem von
Cato/Catta nicht überein. Die Namen Catandio und Cataplia, die
Mayer13) als zweistämmig auffaßt, und deren vorderen Teil er mit
CatolCatta verbindet, sind nicht klar genug, um mit Sicherheit beur­
teilt werden zu können. Sie sind aber auf mitteldalmatischem Gebiet
belegt (Salona, Solenta).
Ciassicus Panes Slator{is) Classici C IL 3, 9 8 1 0 = Vrlika
Wiss. Mitt. Bosn. 7, 137
Panes [Ci]a[s]sicus Sever CIL 3, 3185=10151 Dalmatia incerta
Wir führen den Namen hier nur deshalb an, weil er auf mittel­
dalmatischem Gebiet einmal und noch einmal in Dalmatien, wahr­
scheinlich auch auf mitteldalmatischen Gebiet belegt ist. Der Name ist
aber ein typischer istrisch-liburnischer Nachname auf -co. Diese Nachna­
men sind in Rider im mitteldalmatischen Gebiet sehr häufig gewesen,
außerhalb dieser Stadtgemeinde kommen sie aber auf mitteldalmati­
schem Gebiet nur ganz vereinzelt vor, gehören also nicht zum mittel­
dalmatischen Namengut. Das kann man natürlich nur vom Nachnamen,
der mit dem Suffix -ico gebildet ist, sagen. Der Individualname, aus
dem der Nachname abgeleitet ist, kann wohl mitteldalmatisch sein.
Cursulavia Baezo Crusulavia Lavi f. C IL 3, 2781 == 143211 Rider
Baezo Cursulavia Lavi libri. Glasnik MB 1951, 51 Rider
Der Name ist zweimal auf mitteldalmatischem Gebiet belegt,
aber als Nachname in Rider. Die Namengebun gdieser Stadtgemeinde
ist ausgesprochen mitteldalmatisch, ist aber in der Namenformel und
besonders, was die Nachnamen betrifft, stark vom libumisch-istrischen
Gebiet her beeinflußt. Nachnamen sind im mitteldalmatischen Namen­
gebiet überhaupt nicht üblich. Es ist aber möglich, daß in Rider mit
dem -io- Suffix ein Nachname von einem mitteldalmatischen (zwei­
stämmigen ?) Individualnamen *Cursulavus gebildet worden ist.
Darmocus [Tu]rus [D]armoc[u]s Apline [/] Vjesnik daim. 53,215 Rider
P[l]adomenus Darmoc[us] Vjesnik daim. 53, 215 Rider
Apio Darmoca Turi f . CIL 3, 2779 Rider
Darmoca Ceunae l. Vjesnik daim. 53, 242 Varvaria
T. Darmo[cus]......... Vjesnik daim. 53, 243 Varvaria
Darmocus Vjesnik daim. 53, 21 Varvaria
Darmocus Vjesnik daim. 53, 23 Varvaria
Schon die Verbreitung zeigt, daß der Name nicht mitteldalmatisch
sondern liburnisch ist. Daß er in Rider häufig war, ist eine Folge des

13) L. c.
268 R. Katićić

liburnisch-istrischen Einflusses auf die Namenformel, die für Rider


charakteristisch ist.
Dasant-Dazant. Iettus Dasantis CIL 3, 2768 Rider
Dasantila Dasas CIL 3, 143165 Promona
Dasto
Dasomenus Cassius Dasantis CIL 3, 14950 Andetrium*14)
Dastidius Ael. Titus Dasantis Spomenik SA 88,124 Livno
Dasiiis Gresa Dasantis 3, 14538 Guberevci
Bato Dasantis fil. natione Ditio14û),
CIL 13, 7508 Bingenbrück
Dasa Sabbonis (oder Dasas Arbonis) CIL 3, 13984 Mrkonjić Grad
Sabinianus pro{teć)tor ortus in provincia Dardania reg. Ulpiane. ..
Dasa qui vixit etc. Oest. Jahresh. 13 B 203 Viminacium
Vett. Daza Spomenik 71, 597 Užice
Aur. Dazas CIL 3, 13861 Konjic
Daza Fanetis f. Not. d. scavi 1925, 24 Aquileia
Dasa Suttinis CIL 3, 1262 Alburnus Dakien
Dasas Capito CIL 3, 13792 Turnu Severin
Dasas Capito CIL 3, 14485 Drobeta Dakien
Dasantis Loni CIL 3 C XX Dakien
Dasati [S]cenobarbi CIL 3, 7800 Apulum Dakien
L. Valerio Dazantisf... Pannon domo Flavia Sirmi CIL 10, 3375 Misenum
Verwandt aussehende Namen sind auf den messapischen Inschriften
oft vertreten146).
Dieser gut belegte Name Zeigt eine ausgesprochen mitteldalma­
tische Verbreitung. Der Beleg aus Aquileia gehört einem dort ange­
siedelten Ankömmling aus dem mitteldalmatischen Gebiet. Das zeigt
der Name seines Vaters, der auch Mitteldalmatisch ist. Konjic liegt im
südöstlichen Gebiet, so muß auch dort der Name fremden Ursprungs
sein. In Dakien waren viele Kolonisten aus dem mitteldalmatischen
Gebiet angesiedelt. Es ist interessant festzustellen, daß auch ein Pan-
nonier aus Sirmium diesen Namen trägt. Auch die lateinische weibliche
Deminutivableitung bestätigt den mitteldalmatischen Charakter des
Namens :
Dasantillae [q]uae vixit. . . CIL 3, 14774 Salona
Dasantile Caminarie Vjesnik daim. 53,231 Aequum
Eine eigentümliche epichorische Femininbildung Dasto ist ihrer
Verbreitung nach auch auf das mitteldalmatische Namengebiet be­
schränkt.

14) Ein dort verstorbener Soldat.


14a ) Das Stammesgebiet der Ditionen lag nördlich von Knin.
146 ) Vgl. Parlangèli, Studi Messapici, Memorie dell’Istituto Lombardo —
Accademia di scienze e lettere, Classe di lettere — Scienze morali e storiche, voi.
XXVI — I della Serie IV, Milano 1960, 294 f.
Das mitteldalmatische Namengebiet 269

Dasto matertera CIL 3, 8551 Pituntum Bei Epetium


Dastoni matri CIL 3, 149767 Delminium
Interessant ist das Verbreitungsgebiet von Dazomenus, Dasmenus,
weil es die Verbindung mit Pannonien bestätigt:
Dazomenus CIL 3, 9024 Klis bei Salona
Dasmeno Festi f. Azalo CIL 16, 97 Brigetio, Pannonia inf.
DasentiDasmenif.CornacUc)C\L 16, 2 Sirmium
Dasmenus CIL 3, 10212 Bassiana Pann. inf.
M. Ulp. Dasmenus Not. d. scavi 1886, 49, 14 Rom
Vgl. noch
Dazieri villico) CIL 3, 8350 Užice
Auch Dasius und Dastidius gehören wahrscheinlich zu dieser Namensip­
pe. Dasius ist sehr oft und meistens auf mitteldalmatischem Gebiet
belegt. Dastidius dagegen in Buthrotum in Epirus und in Päonien je
einmal, öfters dagegen in Süditalien. Somit wird dieser Name zum
messapischen Namengut gehören. Das gleiche muß von Δάζος ange­
nommen werden, da dieser Name unter den süditalischen Kolonisten
auf Corcyra Nigra, in Süditalien und bei Süditaliern in Griechenland
belegt ist.
Ditus Maximo Diti Spomenik SA 77, 10 Bosanski Petrovac
Dito18 Ditu(s) Fioc.. . . Spomenik SA 93, 138 Bihać
Diteius Ven{eto) Diti Spomenik SA 93, 135 Bihać
Dituelo Veneto Diti f. Davers(o) CIL 16, 38
Ditius Sestenius Frontonis f. Prähist Zs. Berlin 27 (1936) 219 Bihać
Messor Ditoni c[o]niugi CIL 3, 1927 Epetium
Diteio CIL 3, 9032 Klis
Ditueio CIL 3, 10040 Bihać
Ditueio Spomenik SA 93,138 Bihać
Der Schwerpunkt des Verbreitungsgebietes dieser Namensippe
ist trotz des einen Beleges bei den südöstlichen Daversen eindeutig im
mitteldalmatischen Namengebiet, und zwar in seinem Westen. Nach
A. Mayer15) wäre Ditueius ein Ethnikon zu den südlich von Bihać
belegten Ditiones. Diese Annahme gründet sich aber nur auf der Inter­
pretation von CIL 3, 10040. D M Iulio Nepoti ann L Ditueio marito
aus Bihać. Da soll Ditueius Ethnikon zu Iulius Nepos sein, da L als
Zahl und nicht als Pränomensigel aufzufassen ist. Darin dürfte Mayer
recht haben, aber es ist nicht einzusehen, warum Ditueius nicht auch
ohne das Pränomen Lucius ein Personenname sein könnte. Die Stili-
sation wird deswegen nicht ungeschlachter, da das asyndetische Anreihen
von zwei Personennamen in beiden Fällen da ist. Unbeholfene Stilisa-
tionen sind aber auf provinziellen Inschriften keine Seltenheit. Doch

u c ) Die Cornacates waren ein Volksstamm in Pannonien.


1δ) O. c. I, 125,
270 R. Katičić

auch diese Schwierigkeit entfällt, wenn man Ditueio als Nominativ eines
-δ«- Femininums auffaßt. Der zweite Beleg von Ditueio aus Bihać ist
auf einer unvollständig erhaltenen Inschrift zu uns gekommen. Auch
in diesem Fall spricht nichts dagegen, daß es sich um eine mitteldal­
matische weibliche ön- Ableitung handelt.
Germanus Tritus Germu[l]l[us\ Germanifilius CIL 3,6411 Rider
Germanicus L. Publici Germulli CIL 16, 11 mit sechs anderen Dal-
Germullus
Germus matern
Germaniscus C. Tullius Germullus CIL 5, 3787 Verona
Anna T. L Germulla CIL 9, 3241 Corfinium
Pinsus Germanicus T u rif Glasnik MB 1951, 52 Rider
[Ma]ximus [Germanici f Glasnik MB 1951, 53 Rider
[Plad]omenus [Germ]anisci Germania 34 (1956) 242 Rider
Cla. Germo aed. CIL 3, 3054 Albona
Aelia Germa Vjesnik daim. 34, 18 Salona
Diese Namensippe scheint in Rider fest verwurzelt zu sein, ob­
wohl die Belege aus Albona und Verona auch eine liburnisch-istrische
Herkunft in Erwägung zu ziehen zwingen. In Elider ist der Name
ganz mit der einheimischen Namengebung verwachsen und kann also
schwerlich mit dem Völkernamen Germanus in Verbindung gebracht
werden. Es ist außerdem nicht sicher, ob dieser dalmatische Name
nicht mit einem C- anlautet15*).
Iaritus Iarito Arvi Spomenik SA 93, 155 Pljevlja
Iarito Arvi Spomenik SA 98, 141 Pljevlja
[Ia]ritus Sili servos Spomenik 93, 139 Bihać
Die zwei ganz gleichen Belege aus Pljevlja scheinen auf eine und
dieselbe Person zurückzugehen. Die Verbreitung in Pljevlja und Bihać
weist auf die Zugehörigkeit zum mitteldalmatischen Namengut.
Iettus Iettus Dasantis CIL 3, 2768 Rider
Ieto Iettus Stac(ti /.) CIL 3, 9759 Aequum
leta
Ieto........... CIL 3, 13223 Vrlika
Ieta Aeronia Vjesnik daim. 53, 245 Varvaria
Der Beleg aus Vrlika stammt von einer Inschrift, die leider nicht
vollständig lesbar ist. Es kann sich um einen Dativ der o- Deklination
handeln, dann haben wir einen weiteren Beleg für den Namen Iettus,
er kann aber auch als Nominativ eines örc-Femininums aufgefaßt werden.
Trotz des einen Beleges aus dem liburnischen Grenzgebiet ist es deutlich,
daß der Schwerpunkt des Verbreitungsgebietes dieses Namens in Mit­
teldalmatien liegt. Mit diesem balkanillyrischen Namen sind einige
Namen aus der messapischen Onomastik in Verbindung gebracht

15a ) Vgl. D. Rendić-Miočević, Neue epigraphische Belege für den Namen


Germanus im illyrischen Namengut Dalmatiens, Germania 34 (1956) 237 f,
Das mitteldalmatische Namengebiet 271

worden. So (i)ettisu ) etvetoa1617) etveta18) etos19). Dies ist ein weiteres


Beispiel für die messapisch-mitteldalmatischen onomastischen Verbin­
dungen, die man auch anderswo feststellen kann.
Tritanoni Lari f. CIL 3, 2792 Rider
Lavius Baezo Crusulavia Lavif. CIL 3, 2781 = 143211 Rider
Baezo Cursulavia Lavi librt. Glasnik MB 1951, 51 Rider
Lavius Verzon{is) CIL 3, 1269 Alburnus, Dakien
Der Beleg aus Dakien zeigt, daß dieser männliche Individualname
mit dem -io Suffix gebildet war. Er ist in Rider gut belegt und über
Dakien wahrscheinlich für die Pirusten indirekt bezeugt. Man kann
ihn also ruhig dem mitteldalmatischen Namengut zurechnen.
Paius Paius Verzonis f. CIL 5, 1956 Portus Liquentiae
Paio Ραίο Terminio Glasnik MB 1951,61 Rider
Paio Carpiae Piatoris f . CIL 3, 9839 Promona
Aelia Paio CIL 3,9850=2270 Livno
Paioni sorori CIL 3, 14976 Delminium
Paio[n]i Glasnik MB 39 263, Nr. 13=54, 129
Glamoč
Die Verbreitung des Namens ist charakteristisch mitteldalmatisch.
Der einzige männliche Beleg aus dem venetischen Portus Liquentiae
stammt nach Ausweis der Namenformel aus Dalmatien. Zu diesem
Namen dürfte wohl auch das messapische paivas20) gehören. Diese
Zusammenstellung vertritt Mayer21). Parlangèli22) verwirft sie.
Panes Panes CIL 3, 2456 Split
Panentius P a m s CIL 3, 2750 Vrlika
Panico „
Panes CIL 3, 13205 Vrlika
Panes Titi CIL 3, 2751 Vrlika
Panes Slator(is) Ciassicus CIL 3, 9810 Vrlika
Panes Ciassicianus CIL 3, 9817 Vrlika
Panes Stul......... CIL 3, 13206 Vrlika
Septimius Pa[n]es CIL 3, 14969 Vrlika
Tituliu[s\ Panentis CIL 3, 14985 Burnum
Pan[es\ Tit(ï) Pan. fil. CIL 3, 14316,5 Promona
Aur. Pa[n]es CIL 3, 2223 Salona
Panes C[i]assicus Sever(us) CIL3, 3185=10151 Dalmatia incerta
Panes Masauri f. Dalmata CIL 5, 7893 Cemenelum,
Alp. mar.

16) Parlangèli, Stud. Mess. 7 21; 5.21, 13.


17) Ibid. 16.21.
18) Ibid. 7. 15.
19) Ibid. 4.14.
20) Ibid. 12. 11
21) Egger-Festschrift 1,349 f; o. c. I, 253.
22) O. c. 348,
272 R. Katičič

Q. Panenti Quintiani η.
Delimata) CIL 10, 3486 Misenum
Piator Panentis CIL 3, 7821 Alburnus, Dakien
Daza Panetis f Not. d. scavi 1925,24 Aquileia
Surus Panenti Muteli
fecit sibi CIL 3, 2753=9803 Vrlika
Panentia Placida CIL 11, 93 Ravenna
Panico mater CIL 3, 8551 Petuntum bei
Epetium
dazu wohl auch
Diopaneti Dionisi Oest. Jahresh. XV B. 238 Guberevci in
Westserbien
Die Verbreitung dieses gut belegten Namens ist so charakteristisch,
daß seine mitteldalmatische Zugehörigkeit augenscheinlich ist.
P[l]atino Avio Panti[s]filia·. Glasnik MB 1951, 56 Rider
Pant- Bato Samuntius Pantisfilius Glasnik MB 1951, 56 Rider
Panto Panto CIL 3, 9024 Klis
Pantia
Panto Madoci f CIL 3, 2786 Rider
Panto CIL 3, 9872 Rider
Panto CIL 3, 9878 Rider
PantoniLavinciae Platorisf CIL 3, 2773 Rider
Panto Laidietis Vjesnik daim. 53,214 Rider
Pantoni CIL 3, 8308 Pljevlja
Amelia Pantoni CIL 3,6349=8317 Pljevlja
Aure[liae\ Panto[ni] CIL 3, 6349=8318 Pljevlja
Pantoni Wiss Mitt. Bosn. 12,123 Pljevlja
Pontiae CIL 3, 9253 Salona
Fundania Pantia CIL 5, 1224 Aquileia
Panthia amita CIL 5, 1371 Aquileia

Die mitteldalmatische Verbreitung auch dieses Namens ist au­


genscheinlich. Es ist sehr bemerkenswert, daß man aus Nordafrika zwei
Belege, die allerdings von einer und derselben Personstammen, für
Panto als männlichen Individualnamen hat:

Caecilius Felix Saturnini Pontonis fil. CIL 8, 14922


Thignica, Africa procons.
[Caecil]ius Sa[turnini\Pantonis fil. CIL 8, 14922
Thignica, Africa procons.

Ponto's Sohn war anscheinend mit den dalmatischen Truppenein­


heiten nach Nordafrika gelangt.

Fines Daeco Scelepeta Pinentis f Glasnik MB 1951, 58 Rider


Pinenta Aurp inenta CIL 3; 6318,8348=14607,1
Požega in Serbien
Das mitteldalmatische Namengebiet 273

Dieser Name wird von Mayer23) zusammengestellt mit dem süd­


östlichen Pinnes, der immer mit Geminata geschrieben wird und kein
-nt Stamm ist. Es wird die Annahme vorzuziehen sein, daß Pinent- und
Pinnes zu trennen sind, und der erstere dem mitteidalmatischen, der
zweite dem südöstlichen Namengut angehört24).
Pinsus Sexto Lie. .. .Pinsi f. CIL 3, 13246 Rider
Pinsus Germanicus Turi f. Glasnik MB 1951, 52Rider
Pinsus Nant. . . .sus Tritif. Glasnik MB 1951, 55Rider
Vendo Tritaneria Pinsi / . 2526) CIL 3, 2796 Rider
Aplon[i. . . .] Pinsi™). CIL 3, 14968 Vrlika
Der Name ist seiner Verbreitung nach charakteristisch mittel­
dalmatisch.
Plado- Pladomenus Sera Turi f. CIL 3, 2787 Rider
menus Pladomenus Darmoc(us) Vjesnik daim. 53,215 Rider
Vendo TudaniaPladomenif. CIL 3, 2797 Rider
Apludus Mevertens Pl[a]~
dom[e]ni filiu(s) CIL 3, 6410 Rider
Ael. Pladome[no\ Carvanio CIL 3, 8308 Pljevlja
P. Ael. Pla[d]omen[us] Spomenik SA 71, 105 Novi Pazar
Pladomenus Calas CIL 3, 3185=10151 Dalmat. inc.
L. Baebius Pladomenus Not. d. scavi 1931, 12 Padova
Die Verbreitung auch dieses Namens erlaubt es, ihn mit Sicherheit
dem mitteldalmatischen Namengut zuzurechnen.
Plahes piaes C[. . . .] tius CIL 3, 9874 Rider
Venndo Laezarpa Plaen[t]isf. CIL 3, 13247 Rider
Apio Varieri Plahentis Vjesnik daim. 31, 85 Rider
Dieser in Rider gut belegte Name kann mit großer Wahrschein­
lichkeit dem mitteldalmatischen Namengut zugerechnet werden.
Planus Ma. .Planu[s] Verzu[l]us Glasnik MB 1951, 61 Rider
Plana piani Verzonis Scaietis CIL 3, Cer. VI Dakien
Planius

Die zwei Belege von Planus, einer aus Rider und der andere von
pirustischen Kolonisten in Dakien, weisen den Namen dem spezifisch
mitteldalmatischen Namengute zu. Davon wäre dann der männliche
Individualname Planius zu scheiden.
Planius Sextilius Feucontis f. CIL 3, 10722 Nauportus
Volta Lassonia Plani /. CIL 3, 10723 Nauportus

23) O. c. I, 269.
24) Vgl. Katičić, o. c. 107.
25) So trotz Mayer, o. c. I, 49, der T r i t a n e r i A p i n s i liest.
26) Mayers (/. c.) Ergänzung [AJpinsi ist unbegründet,

18 2iva Antike
274 R. Katičić

Dieser gehört nach Ausweis der Namenformel und der Lautung


von Feucont- dem liburnisch-istrisch-venetischen Namengebiet an.
Platino Platino Piatoris Tizi filia CIL 3, 2788 Rider
Platino Avio Panti[s] filia un veroff., Mayer 1,273 Rider
Platinonis Verz[o]nis CIL 3 1271 Alburnus Dakien
Der weibliche Individualname Platino dürfte zur weitverbreiteten
Sippe von Plator gehören, die rund um das Adriatische Meer
belegt ist. Diese weibliche -ön Ableitung ist aber, aller Wahrschein­
lichkeit nach, dem mitteldalmatischen Namengut eigen. Nicht nur
die Verbreitung sondern auch die charakteristische Femininbildung
zeugen in diesem Sinne.
Prevo Prevo Samunt io Alesi filia Glasnik MB 1951, 57 Rider
Prevo Masiopiai Glasnik MB 1957, 57 Livno
Dieser weibliche Individualname kann mit großer Wahrschein­
lichkeit dem mitteldalmatischen Namengut zugerechnet werden.
Samuntius Bato Samuntius Pantis filius Glasnik MB 1951, 56 Rider
Samuntio Prevo Samuntio Alesi filia Glasnik MB 1951, 57 Rider
Dieser Nachname gehört zum Namengut von Rider. In der mit­
teldalmatischen Namengebung sind aber Nachnamen außerhalb dieser
Stadtgemeinde sehr selten. Der Nachname Samuntius kann also als
solcher nicht allgemein mitteldalmatisch sein. Es ist aber möglich,
daß er von einem mitteldalmatischen Individualnamen mit Hilfe des
/o-Suffixes gebildet worden ist.
Scaeva [S]caevae Batonis f. Spomenik SA 77, 40 Župča bei
Visoko
Scaevianus Scaeva Liccai CIL 9, 42 Brundisium,
Flotte
T. Aelio Scaeviano Wiss. Mitt. Bosn. 4,280 Pljevlja
= Spomenik SA 71, 291
= Spomenik SA 98 302
Da die onomastischen Verhältnisse in der Gegend um Visoko
nicht ganz klar sind, bleibt auch die Zugehörigkeit von Scaeva unsicher.
Es ist immerhin wahrscheinlich, daß der Name dem mitteldalmatischen
Namengut zuzurechnen ist.
Scenobarbus [Sc]enobar[bo] Tizio CIL 3, 2775 Rider
Sceno Aelia Iusta [Sc]eno[b]a[rbi\ Spomenik SA 93, 140
Breza bei Kakanj
Scenua Bato Scenobarbi nation[e]
Dal[m] CIL 10, 3618 Misenum
Scenocalus [Scen]obarb. . . . CIL 3, 13080 Salona
Victori Scenobarbi CIL 3. 8437 Narona
Das mitteldalmatische Namengebiet 275

Scenobarb. f i l . quae et
Maxima Not. d. scavi 1892, 78 Ravenna
Scenus Scenobarvi, Sceni
Scenobarvi CIL 3, 4372 Arrabona Pannonien
M. Aur. Scenobarbus CIL 3, 1265 Alburnus
Dakien
Bisius Scenob. Sard. CIL 3, 1266 Alburnus
Dakien
[lui. S]ceno[barb]us CIL 3, 13761 Potaissa
Dasati [S]cenobarbi CIL 3,7800 Apulum Dakien
Dasantis Loni qui et. , .Saturnini Scenobarbi
CIL 3, Cer. XX Dakien
Sceno Batonis f. Spomenik SA 77, 40 Župča bei
Visoko
Sceno CIL 5, 186 Pola
Sceno CIL 5, 2909 Patavium
[S\cenus Batonis f. Spomenik SA 77,40 Župča bei Vis.
Dazas ScenifM a[eze]ius CIL 8, 9377 Mauretanien
Frontoni Sceni f.Iaso CIL 16, 31
Scennae Thaletis Cantabe(r) cons. CIL 11,214 Ravenna
Scenocalo Batonis f . Spomenik SA 77,40 Župča bei
Visoko
Aus literarischen Quellen ist ein Σκενόβχρδος (Dio Cass. 55, 33, 2)
bekannt, der die schon zum Frieden bereiten Dalmater und Pannonier
im Jahr 8 u. Z. zu weiterem Kampf anfeuerte. Σκεναε (im Text Σκευαν)
hieß der Sohn Batos des Daesitiaten (Dio Cass. 56, 16, 1).
Diese gut bezeugte Namensippe ist besser außerhalb Illyriens als
im Lande selber belegt. Die meisten Belege hat Župča bei Visoko, wo
sie allerdings alle von Angehörigen einer Familie stammen. Nun ist
es nicht sicher, ob das Bosnatal bei Visoko dem mitteldalmatischen
Namengebiet angehört, da die Daesidiaten im oberen Bosnatal eine
südöstliche Namengebung zu haben scheinen27). Ob Visoko zu ihrem
Gebiet gehört, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Seine Namengebung
ist eher mitteldalmatisch. Der Name Σκενας ist aber auch für einen
Daesitiaten bezeugt. Das dürfte ein zu den Daesitiaten eingedrungener
mitteldalmatischer Name sein. Der zweite Teil des zweistämmigen
Namens Scenobarbus ist in seiner ursprünglichen Form als Bardus in
Misenum bei der Flotte belegt (CIL 10, 3468). Der Name kommt auch
auf keltischem Gebiet vor (CIL 3, 4838, 5473, D3). Es ist nicht ganz
sicher, ob auch Βάρδυλις dazu gehört. Dieser Name, der in der Litera­
tur mehrmals belegt ist, hat das Schwergewicht seiner Verbreitung im
südöstlichen Gebiet. Wegen aller dieser Umstände ist die Zugehö­
rigkeit von Scenobarbus u. s. w. zum spezifischen mitteldalmatischen
Namenrepertoire nicht vollkommen sicher. Man muß deshalb die
Entscheidung der Zukunft überlassen und sich mit der Feststellung

27) Katičić, o. c, 115,


276 R. Katičić

begnügen, daß das jetzt zur Verfügung stehende Quellenmaterial den


Namen als wahrscheinlich spezifisch mitteldalmatisch erscheinen läßt.
Es ist aber nicht ausgeschlossen, wie übrigens für andere Namen auch,
daß neue Funde das Bild wesentlich verändern werden.
Seius Seio Dalmate CIL 3, 2519 Vranjic
Seia [S]eiae FL Silvani serve CIL 3, 14219, 13 Skelani an der Drina
Seio
bei Bajina Basta
Seiae Opli /. Tertullae CIL 3, 10121 Arba
Seiioni CIL 3,2756=9805 Vrlika
Aur. Seioni. . . .matri Vjesnik daim. 40—42,106 Promona
Ael. Seioni Spomenik SA 88, 124 Livno
Der Name ist ausgesprochen mitteldalmatisch. Der Beleg aus
dem liburnischen Arba sondert sich schon dadurch aus, daß Seia dort
nicht Individualname sondern Gentile ist. Dieses Gentile ist italisch270)
und muß daher für die Beurteilung der Zugehörigkeit des dalmatischen
Individualnamens Seius außer Betracht bleiben.
Sinus Aplis Ledietis Sini f. CIL 3, 2778 Rider
Andes Sini f. CIL 3, 13273 = 14013 Bihać
[Pla]toris Sinn[i] CIL 3, 9863 Glamoč
Das Verbreitungsgebiet diese Namens ist charakteristich mittel­
dalmatisch.
Stataria
Turoni Statariae Turi f. Vjesnik daim. 34, 50 Siculi
Catoni Statariae CIL 3, 8323 Pljevlja
Einer der seltenen Nachnamen, die im mitteldalmatischen Gebiet
außerhalb Riders belegt sind. Die Verbreitung ist ganz ausgesprochen
mitteldalmatisch.
Staticus Turo Statici Aplinis f CIL 3, 2795 Rider
Apludi Statici CIL 3, 2773 Rider
Turus Staticus Triti /. Glasnik MB 1951, 55 Rider
Aplis Staticus Aplinis f. Glasnik MB 1951, 59 Rider
Celso Statica Bubantis liberta Glasnik MB 1951, 59 Rider
Static[a]P[l]a. . . Tritano Glasnik MB 1951, 59 Rider
Dieser Nachname gehört zur Sippe des vorangehenden und ist
wie dieser auf mitteldalmatischem Gebiet bezeugt, aber nur in Rider,
wo er der am häufigsten vorkommende Nachname ist. Seine Bildung
mit einem zco-Suffix weist ihn aber eindeutig dem liburnisch-istrischen
Namengut zu, obwohl er auf diesem Gebiet bis jetzt gar nicht belegt
ist. Dieser Nachname scheint jedoch von einem Individualnamen
abgeleitet zu sein, der bis jetzt nur in Rider einmal belegt ist:

27fl ) Vgl. W, Schulze, LE, 93,


Das mitteldalmatische Namengebiet 277

Toto Sarnunia Staiti /., Rendic, Germania 34(1956), 239, B. 10.


Stennas yu. Stennas CIL 3,3000=10023 Kula in
Stennato d e r L ik a
Stennatoni c(oniugi) CIL 3, 3000=10023 Kula in
der Lika
Der Name ist zweimal auf japodischem Gebiet belegt, kann also
als mitteldalmatisch angesprochen werden.
Suttis Suttis CIL 3, 14316 Promona
Sutta
Dasa Suttinis CIL 3, 1262 Alburnus
Dakien
Suttius Sutta Da[c]a Forschungen in Salona 1162 Salona
Beusas Sutti/. Delmat(a) CIL 13, 7509= 11962 Bingen
Suttihus CIL 3, 4831 Virunum
Sutta f. CIL 3, 1585=8021 Drobeta
Dakien
Sutta f. CIL 5; 3809 Verona
Das Schwergewicht der Verbreitung dieser Namensippe ist zwei­
fellos im mitteldalmatischen Gebiet und in Dakien, wo die Kolonisten
aus mitteldalmatischem Gebiet zahlreich waren. Somit kann auch
diese Sippe dem mitteldalmatischen Namengut zugerechnet werden.
Terent- j . Aurel. Terenti CIL 3, 9820 Vrlika
Terenti CIL 3, 12783=13853 Pljevlja
Der Name kann seiner Verbreitung nach dem mitteldalmatischen
Namengut zugerechnet werden. Er ist von thrakisch Teres streng zu
trennen.
Testimos Τέστιμος Δαλμάτης App. Illyr. 26, 27
Tesi0 Aureliae Testoni coniugi CIL 3, 6354=8326 Pljevlja
Aur. [Tes]toni CIL 3, 8318 Pljevlja
Auch diesen Namen kann man mit großer Wahrscheinlichkeit
dem mitteldalmatischen Namengut zurechnen.
Tizius Platino Platoris Tizi filia CIL 3, 2788 Rider
. . .nobar(o) Tizio CIL 3, 2775 Rider
Dieser Nachname ist zweimal in Rider belegt und gehört somit
zweifellos zu dessen Namengut. Es bleibt aber fraglich, inwieweit er
als allgemein mitteldalmatisch angesehen werden kann, da die Nachna­
men im mitteldalmatischen Namengebiet nicht üblich sind.
Trio Ael. Trioni CIL 3, 2735 Aequum
\Ae\lia Trio CIL 3, 6422 Nigra
Corcyra
Dieser Name ist nur einmal auf mitteldalmatischem Gebiet belegt.
Der andere Beleg stammt aus dem südöstlichen Namengebiet. Da wir
278 R. Katičić

aber die weiblichen 072-Namen schon als charakteristisch mitteldalma­


tisch kennengelernt haben, ist es möglich, mit großer Wahrscheinlichkeit
anzunehmen, daß der weibliche Individualname Trio nach Schwarz-
Korkyra aus dem mitteldalmatischen Gebiet gekommen ist.
Tritamis Plans Basius Tritarli f. Vjesnik daim. 32, 49 Promona
Tritano m. ΐ • Tritanoni Lavi f. J
CIL 3, 2792 Rider
Tritaneria
Aploni Tritanonis CIL 3, 2792 Rider
Tritano Acali CIL 3, 2792 Rider
Static(a) P[l]a [toris] Tritano Glasnik MB 1951, 60 Rider
Aurelia Tritano CIL 3, 2780 Rider
Aur. Tritanoni CIL 3, 6351=8320 Pljevlja
Die Verbreitung dieses Namens weist ihn der mitteldalmatischen
Namengebung zu. Das Femininum Tritano ist ein weiteres Beispiel
der mitteldalmatischen Femininmotion auf -ön-. Jedoch kommt dieselbe
Form auch als männlicher Individualname vor, und zwar innerhalb
der Namengebung einer und derselben Familie. Zu dieser Namensippe
dürfte auch der in Rider belegt Nachname Tritaneria gehören :
Vendo Tritaneria Pinsi /. CIL 3, 2796 Rider
Tudania Vendo Tudania Pladomeni / . CIL 3, 2797 Rider
Tudani[a\ Maxim[a] CIL 3, 9878 Rider
Dieser in Rider zweimal belegte Nachname kann evtl, mit der
Sippe der Teuta-Namen zusammengestellt werden. Was die Lautung
betrifft, findet man die nächste Parallele auf venetischem Gebiet:
Tudicius, CIL 5, 2515 Ateste.
Falls diese Erwägungen nicht trügen, ist es schwer anzunehmen, daß
Tudanius zum mitteldalmatischen Namengut gehört. Man denkt lieber
an die liburnisch-istrisch-venetische Komponente in der Namengebung
von Rider. Man kommt aber mit diesen Erwägungen über Vermutungen
nicht heraus.
Varro Varro Luci CIL 3,
8551 Pituntum bei Epet.
[Va]rroni CIL 3,
9387 Salona
M. Aur. Var[r]oni CIL 3,
8731 Salona
Aur. Varro CIL 3,
12815a Poljica
S. Aelius Varro........ ............CIL 3,
14976,7 Gardun
bei Trilj
Aelio Varroni Wiss. Mitt. Bosn. 11,134 Livno
Varronis Spomenik SA 88,124 Livno
Ae. Varro f. Glasnik MB 39, 261 Glamoč
Aelio Varroni{s) /. Spomenik SA 88,119 Glamoč
P[l]atori Varronis CIL 3, 2751 Vrlika
Varroni Piatoris CIL 3, 2752 Vrlika
Varroni Panoni CIL 3, 9822a Vrlika
Däs mitteldalmatische Namengebiet 279

Valens Varron(is) f. princeps Desitiati(um), Spomenik SA 93, 140


Breza
Und mit unfolgerichtiger Schreibung
Varonis Vjesnik daim. 29,241 Split
ülp(io) Varone CIL 3, 2685 Salona
Μ . Caton Varo CIL 3, 2924 Iader
Einen Illyrier Varro erwähnt auch Servius, in Aen. 11, 743.
Dieser gut belegte männliche Individualname erweist sich seinem
Verbreitungsgebiet nach als mitteldalmatisch und läßt keinen Raum
für Zweifel übrig. Ganz vereinzelt sind die Belege außerhalb des mit­
teldalmatischen Gebietes bei den Däsitiaten und in Iader. Iader ist
ein großes Stadtzentrum, dessen Namengebung naturgemäß heterogen
sein muß. In die Familie der däsitiatischen principes wird der Name
durch Heiraten gekommen sein.
Vendes Vendes Dennata Andentis /. CIL 3, 13278 Bihać
Vendo _ Wiss. Mitt. Bosn. 4, 260
Vendi.......... filius matri Spomenik SA 88,100 Bihać
Vendo Tri taneria Pinsi /. CIL 3, 2796 Rider
Vendo TudaniaPladomenif. CIL 3, 2797 Rider
Venndo Laezarpa Plaen[t]is/. CIL 3, 13247 Rider
Vendo Verica Triti /. Museum in Zadar. Herkunft un­
bekannt
Iuliae Vendoni CIL 3, 2497 Split
Aurei. Vendoni CIL 3, 6352=8321 Pljevlja
Vendoni CIL 3, 12783=13853 Pljevlja
Aur. Vendo Spomenik SA 71, 285=98, 291
Pljevlja
Dieser gut belegte weibliche Individualname ist nur auf mittel-
dalmatischem Gebiet verbreitet. Dieser Umstand erlaubt es, ihn mit
größter Sicherheit dem mitteldalmatischen Namengut zuzuschreiben.
Als Resultat der soeben vollzogenen Sichtung des Quellenmate­
rials kann man die Tatsache buchen, daß es ein spezifisch mitteldalma­
tisches Namenrepertoire gibt. Die Namen, die es ausmachen, sind im
allgemeinen nur auf das mitteldalmatische Namengebiet beschränkt,
wie es nach der Ausscheidung des liburnischen und des südöstlichen
Namengebietes in der römischen Provinz Dalmatien übrigbleibt. Dieses
ganze Gebiet bildet vom Standpunkt der Namengebung und besonders
des Namenrepertoires eine Einheit. Daran kann der Umstand nichts
ändern, daß an einigen Orten, wie in Rider und in Iapodien, selbst unser
dürftiges und fragmentarisches Quellenmaterial lokale Züge der Namen­
gebung erkennen läßt. Es ist natürlich, daß die dalmatischen Kolo­
nisten in Dakien auch dorthin das mitteldalmatische Namenmaterial
verpflanzt haben. Die wenig zahlreichen Belege der mitteldalmatischen
Namen außerhalb ihres eigenen Gebietes erklären sich ohne Mühe
durch die natürliche Unbeständigkeit der Personennamen und es ist
280 R . Katičić

deshalb von vornherein unmöglich, daß sich die Verteilung der Personen­
namen nach ihren ursprünglichen Gebieten ohne Ausnahmen und
Abweichungen in unserem Quellenmaterial ablesen ließe.
Die Zahl der Namen, die man als mitteldalmatisch ansprechen
kann, ist wesentlich größer als dies beim südöstlichen Namengebiet
der Fall war. Dieser auffällige Umstand erklärt sich zur Genüge aus
der Tatsache, daß die erhaltenen Inschriften auf mitteldalmatischem
Gebiet zahlreicher sind und auf ihnen der Anteil einheimischer Namen
größer ist. Stellt man diesen quantitativen Unterschied in Rechnung,
so kommt man zum wichtigen Ergebnis, daß unter den einheimischen
Namen der nordwestlichen Balkanhalbinsel eine ganze Reihe im Süd­
osten ihr eigentliches und ursprüngliches Verbreitungsgebiet haben,
eine andere dagegen ursprünglich an das große Zentralgebiet gebunden
war. Da nun das Vorhandensein eines eigenen liburnischen Namenre­
pertoires schon früher festgestellt werden konnte, ergibt sich von selbst
eine territoriale Dreiteilung der Personennamengebung in Dalmatien,
besonders was das onomastische Repertoire anbelangt. Von besonderem
Interesse sind die Verbindungen, die zwischen dem mittel dalmatischen
Namengut und dem der messapischen Inschriften sowie der pannonischen
Namengebung festgestellt werden konnte.

III

Schon während der Musterung des mitteldalmatischen Namen­


materials, mußten die zahlreichen weiblichen Individualnamen auf
-öft- auffallen. In der Tat sind die mit diesem Suffix abgeleiteten Namen
in der einheimischen Namengebung der nordwestlichen Balkanhalbinsel
stark vertreten, beschränken sich jedoch nicht auf das mitteldalmatische
Gebiet, und sind ihrem Genus nach ebenso männlich wie weiblich.
Es ist deshalb notwendig, diesen Verhältnissen weiter nachzugehen,
da man es hier mit einer interessanten Frage der einheimischen Wortbil­
dung zu tun hat. Bei einer solchen Untersuchung bietet sich die seltene
Gelegenheit, in den morphologischen Bau der vorrömischen Dialekte
einen wenn auch mittelbaren und fragmentarischen Einblick zu gewinnen.
Wenn wir hier auf die mitteldalmatische Femininmotion näher
eingehen wollen, müssen wir an die Gesichtspunkte anknüpfen von
denen aus H. Krähe28) und A. Mayer29) in der Beurteilung der illy­
rischen -öft- Namen diametral entgegengesetzte Ansichten vertreten
haben. Krähe glaubte für das Illyrische eine dem Gotischen analoge
Entwicklung feststellen zu können. Bei den ft-Stämmen hätten die
Maskulina die abstufende Flexion behalten, die Feminina dagegen
die Dehnstufe verallgemeinert. So könnte man bei Apio, Aplinis m.
und Apio Apionis f. das Genus auch morphologisch unterscheiden.
Gegen diese Annahme hat A. Mayer Widerspruch erhoben, weil er

28) IF 57(1940) 118 f; Das Venetische, SB der Heidelberger Akad. d. Wiss.


Philos.-hist. Kl. 1950, 3; Die Sprache der Illyrier, Wiesbaden 1955, 65.
29) Die illyrischen Namen auf -o n ,G L 34, 152 f; o. c. II, 233 f.
Das mitteldalmatische Namengebiet 281

in dem überlieferten Namenmaterial keine Bestätigung dafür finden


konnte. Wir müssen Mayer insofern recht geben, als die paradigmati­
schen Verhältnisse nur schwer in Krahes Sinn ausgelegt werden können.
Aus dem Beleg Apio Aplini{s) Ifzi /. (CIL 3, 13246) kann man kein Apio,
-inis m. erschließen, da es sich ebenso gut um Apio, Apionis /. handeln
kann. Bei anderen männlichen «-Stämmen besteht nur eine Flexion
mit verallgemeinerter Dehnstufe. Neben Aplinis kommt aber der Nomi­
nativ Aplis vor und es ist der einzig naheliegende Schluß, in Aplis den
Nominativ von Aplinis zu sehen, um so mehr als auch andere Namen
mit solcher Flexion belegt sind. Vgl. Suttis, Suttinis m. Die Dativformen
Apli und Aplidi, in denen Krähe die einzigen Casus obliqui von Aplis
sehen möchte, zeugen eher von Versuchen, die Flexion von Aplis besser
den lateinischen Normen anzugleichen, da die Deklination von sanguis,
Anis m. im Lateinischen isoliert ist. Sie können auf keinen Fall die
wesentlichen Argumente entkräften, die für eine Flexion Aplis, Aplinis
sprechen. Wir können uns also Krahes Meinung, daß die einheimischen
Dialekte Illyriens die gleiche Verteilung der Ablautsstufen bei den
«-Stämmen kannten wie das Gotische, nicht anschließen, schon deshalb
nicht, weil die männliche Flexion auf - ö , Anis im Quellenmaterial bei
den einheimischen Namen nirgends einwandfrei zu belegen ist.
Man muß aber Krähe unbedingt insoweit zustimmen, daß in der
charakteristischen Namengebung des mittleren Dalmatiens die Ablei­
tung auf -ö«- die Namen als Feminina bezeichnete. Man kann wohl
sagen, daß diese Namengebung eine richtige Femininmotion auf - e r ­
kannte. Diese Tatsache ergibt sich aus den zahlreichen belegbaren
Fällen, wo die weibliche Form eines Namens der männlichen gegenüber
nur durch die on-Ableitung gekennzeichnet ist. Im Folgenden werden
nur diejenigen Namen mit Belegen angeführt, für die die Belege nicht
schon im vorhergehenden Abschnitt gegeben worden sind. Für die
Belege dieser Namen sei dorthin verwiesen. Nicht alle angeführten -ö«-
Feminina können unmittelbar aus dem danebenstehenden Masculinum
abgeleitet werden, gehören aber doch zu ihm. In solchen Fällen ist
entweder ein verlorenes Zwischenglied anzunehmen oder es ist das
Femininum nicht ganz von der gleichen Stammform gebildet wie das
Masculinum.
Aplis Apio
Baezus Baezo
Bisius (CIL 3, 1266 Alburnus) Bizo (CiL 3, 2782 Rider)
Catius (Sporn. SA 71, 565 Scupi Cato (CiL 3, 8323 Pljevlja)
Sporn. SA 98, 174 Ravna)
Celsius römisch Celso (Glasnik 1951,59 Rider
Daeicus (Oest. Jahrh. 11, B 66 Asseria) Daeco (Glasnik 1951, 58 Rider)
Dazas Dasto
Ditus, Diteius Dito, Ditueio
lettus Ieto
Lavius Lavo
Mellitus (CIL 3, 3538 Aquincum) Mellito (CIL 3,2999 Lika)
m R. Katićić

Μόρκος (Polyb. 29, 3, 9; 11, 1 Murcio (CIL 3, 1928 Epetium)


Liv. 44, 23, 4)
Paius Paiio
Panent- Panico
Pani- Panto
Piator (Vgl. Untermann, o.c. Karte 27) Platino
Samuntius Samuntio
Seius Seio
Sextus (Oft belegt in Istrien, im Sexto CIL 3, 2754 Vrlika
liburnischen und mitteldal­ 2757=9817 Vrlika
matischen Gebiet. Vgl. 13215 Knin
Mayer, o. c. I, 302, 303) 13246 Rider
Stennas Stennato
Tattus (CIL 3, 8386 Travnik)? Tato (CIL 3, 8095 Prahovo
2749=9802 Vrlika
Τέσημος Testo
Titus (Oft belegt im Nordwesten Tito (CIL 3, 9929a Hadra
und in Mitteldalmatien. Ygl. 2757=9817 Vrlika
Mayer, o. c. I, 340) 6350=8319 Pljevlja
Tritus (Oft belegt in ganz Dalmatien, Trio
Vgl. Mayer, o. c. I, 344)
Tritanus Tritano
Turus (Oft belegt im Nordwesten Turo Vjesnik daim, 34, 50
und in Mitteldalmatien. Vgl. Siculi
Mayer, o. c. I, 246—247
Diese Reihe von Beispielen ist mit Hinsicht auf den fragmenta­
rischen Zustand des Quellenmaterials recht imposant und scheint
für eine Femininmotion auf -ön zu sprechen. Die Zahl der ö«-Feminina
läßt sich beträchtlich erhöhen, wenn man alle diejenigen heranzieht,
zu denen kein entsprechendes Maskulinum zu belegen ist. Es ist aber
recht wahrscheinlich, daß solche Maskulina ursprünglich vorhanden
waren, uns aber im kärglichen Inschriftenmaterial nicht überliefert
sind. Hier werden diese Namen samt Belegen aufgezählt, wobei nur
die Provinzen Dalmatien und Pannonien in Betracht gezogen werden:
Avio Glasnik MB 1951, 56 Nachname Rider
Bizo CIL 3, 2782 Rider29*)
Buvo Wiss. Mitt. Bosn. 9, 216 Delminium
Citto Spomenik SA 75, 61. 77, 52. 98, 266 Peć
Dito CIL 3, 1927 Epetium
Matto Atti mem. 24, 248 Albona
Prevo
Selio CIL 3, 2180=8604 Salona

29fl ) Aus der Inschrift kann das Genus nicht erschlossen werden, aber inner­
halb der Namengebung von Rider und Vrlika können die ö/z-Ableitugen mit großer
Sicherheit als Feminina betrachtet werden.
b a s mitteldaimatische Namengebiet Ï8Î

Toto Rendić, Germania 34 (1956) 239, 10 Rider?


Vandano CIL 3, 13277 Bihać
Vendo
Virno CIL 3, 2897 Corinium
Zaio CIL 3, 2756=9805 Vrlika29a)

In Fällen msBaezus:Baezo, Daeicus : Daeco, Ditus: Dito, Mellitus :


Mellito, Paius: Ραίο, Pani-: Ponto, Samuntius: Samuntio, Seius: SWo,
Sextus: Sexto, Stennat-: Stennato, Titus: 7ïfo, Tritanus: Tritano und
Turus: Turo sind die čm-Ableitungen so augenscheinlich movieri, daß
die Annahme einer Femininmotion auch für alle übrigen Fälle höchst
überzeugend ist. Das bisher angeführte Material spricht aufs entschie­
denste für die Existenz einer Femininmotion auf -čm- in den einhei­
mischen Dialekten der Provinz Dalmatien.
Einer solchen Auffassung tritt A. Mayer296) aufs entschiedenste
entgegen. Er beruft sich dabei auf eine Liste von 30 männlichen Namen
auf -čm-, die auf Grund des vorhandenen Materials nicht unbedeutend
vergrößert werden kann. Hier soll die vervollständigte Liste mit den
Belegen gebracht werden.
’Ά ργων Bei Polybius, Dio Cass., Appian u. a. König der Ardiäer
Apio CilL 3, 4244 Scarbantia, Soldat einer Reiterale
Baracio CIL 3, 2749=9802 Vrlika
Bato Oft in allen illyrischen Ländern belegt. Vgl. Mayer,
o. c. I, 80f
Bito CIL 3, 15159 Buda
Buccio CIL 3, 15045 Nedinum30)
Burnio CIL 8, 21041 Caesarea Maur. Ein Pannonier
Bušio CIL 3, 10362 Aquincum
Candalio CIL 3, 9813 a Vrlika
Catandio CIL 3, 2425 Salona
Cato CIL 3, 4392 Neusiedel, Pannonia superior.
Coimo CIL 3, 3373=10354 Aquincum
Daizo CIL 3, 14507, b 47 Scupi
Dando Plinius, N. h. 7, 155 Illyricum
Denio CIL 3, 2847=9928 Hadra
Ditio CIL 5, 1830 Iulium Carnicum31)
Dizo CIL 3, 14507, b 11 Yiminacium, aus Trimontum
gebürtig.
CIL 5, 893 Aquileia
CIL 3, 870, 6 Cluj

29ö ) O. c. II, 226.


30) Kann auch römisch sein.
31) Eigentlich ein illyrisches Ethnikon oder eine Kurzform von Nomeditus,
so Krähe o. c. 65.
284 R. Katičic

Γράβων Dittenberger — Purgold, Inschriften von Olympia, N. 695, Suppl,


epigr. Gr. III, 1, 327. Auf dem Bronzhelm eines illyrischen
Söldners, höchstwahrsheinlisch aus dem Südosten.
Laedio CIL 5, 1956 Portus Liquentiae. Gehört zu einer in Dalmatien
gut belegten Namensippe.
Landio CIL 8, 21041 Caesarea Maur. Nach dem Individualnamen ein
pannonischer Breuker.
Liceo CIL 5, 8973 Aquileia; CIL 8, 9377 Caesarea Maur. Turmenbe-
fehlshaber einer dalmatischen Kohorte; 21041 ebd. ein Pan-
nonier; Oest. Jar. (7, B 4) Timaeum minus, Moesia superior;
CIL 3, 6480=10954 Mursella; 13884 Posušje, Herzegowina
Mico CIL 3, Cer. VI Dakien. Dalmatischer Kolonist ; 4495 Carnuntum.
Panto CIL 8, 14922 Thignica, Africa proconsularis.
Πάτρων Brunšmid 27, 19 Issa. Der Name dürfte wohl griechisch sein.
Pitho lustin. 13, 4, 12; 8, 10 ein Illyrier
Πύθων Brunšmid 9, Corcyra Nigra. Kann auch griechisch sein
Sabbo (Lesung nicht sicher, aber bestimmt ofl-Stamm) CIL 3, 13984
Mrkonjić Grad
Sceno Spomenik SA 77, 40 Visoko; CIL 5, 186 Pola; 2909 Patavium.
Sextio CIL 3, 2877 Nedinum
Sur co CIL 13, 8693 Düsseldorf, ein pannonischer Breuker.
Surio CIL 6, 3184 ein Pannonier
Talanso Unveröff. Vgl. Mayer, o. c. I, 328. Name eines Genius, Livno
Tato CIL 3, 843 Largiana Dakien. Wohl Kolonist aus Dalmatien
Tatulo CIL 3, 3553 Aquincum; 3319=10299 Lussonium
Teronto Spomenik SA 71, 12 Berane, Montenegro
Tranto CIL 3, 3325 Annamatia. Ein pannonischer Aravisker
Tritano CIL 3, 2792, Rider
Trio CIL 3, 5436 Graz; Not. d. scav, 1908, 137 Ostia. Beides dürfte
italisch sein und es ist mehr als fraglich, ob dieser Name zum
dalmatischen Trio f. gestellt werden darf.
Tuio CIL 3, 3602 Aquincum. Arch. Ertesitö 44 (1930) Szt. Endre.
Varro Im mitteldalmatischen Gebiet oft belegt. Vgl. oben.
Vepo CIL 3, 10183, 24 Salona. Der Name ist Keltisch (Vgl. Holder s.v.)
Verzo Oest. Jahrh. 12, B 202, Grahovo, Montenegro; CIL 3, 9056
Salona; CIL 5, 1956 Portus Liquentiae, CIL 3, 1269 Alburnus,
Dakien; 1271 ebd; Cer. VI Dakien; Cer. XVII ebd; Cer. XVII
ebd; 7309 Delos; 7311, 2 ebd.
Volso CIL 3, 2968a Iader; 3134=10127=13296 Curicum; 3040 Fla-
nona; 3053 = 10066 Albona; CIL 5, 463 Piquentum; 420 Mon-
tona; Όλτίων Collitz, Griechische Dialektinschriften, 3254
Tragurium; Unveröff. Inschrift aus Issa im Museum von
Split. Vgl. Mayer, o. c. I, 246.
Man kann also 43 männliche Namen auf -ön- aus Dalmatien und
Pannonien zusammenstellen. Darunter wird sich wohl mancher fremde,
besonders keltische Name befinden. Doch sind in unserer Liste einige
Das mitteldalmatische Namengebiet 285

Namen aus Mayers Wörterbuch32) nicht aufgenommen worden, weil


die Verbindung dieser Namen mit Dalmatien und Pannonien nicht
sicher genug war.
Außer den männlichen und weiblichen ö«-Namen gibt es auch
solche, deren Geschlecht nicht mit ausreichender Sicherheit bestimmt
werden kann:
Callo Spomenik SA 77, 40, Nr. 16 Visoko
Lurnio Oest. Jahrh. 12, B 34 Corinium.
Folgende Namen sind als männlich und als weiblich belegt:
Apio, Cato, Panto, Tato, Tritano, Trio (?)
Diese Gesamtlage hält Mayer der Annahme einer Femininmotion
auf -ön- entgegen und kommt zu dem Schluß, daß die cw-Stämme in
den illyrischen Mundarten ohne formellen Unterschied sowohl männlich
als auch weiblich sein konnten, wie das übrigens auch in anderen indo­
germanischen Sprachen üblich ist. Auch in den einheimischen Mundarten
der illyrischen Länder wären also, nach Mayers Meinung, die ön-
Ableitungen ihrem Genus nach Communia33). Er gibt zwar zu, daß
es Fälle gibt, wo man an eine Femininmotion auf -δη- denken muß,
glaubt aber diesen Gedanken ganz aufgeben zu müssen, da die Gesamt­
heit der Beispiele dagegen zu sprechen scheint.
Dieser Widerspruch im Quellenmaterial löst sich aber von selbst
auf, wenn der geographische Gesichtspunkt in die Betrachtung einbe­
zogen wird. Sobald man darauf achtet, zeigt es sich, daß die räum­
liche Verteilung der movierten ön-Feminina und der ön-Maskulina,
und vielleicht auch der Communia, weitgehend komplementär ist.
Die charakteristischen movierten weiblichen Namen auf -ön- kommen
nur im Verbreitungsgebiet des typisch mitteldalmatischen Namengutes
vor und bestimmen selber wesentlich das Aussehen dieses Namenge­
bietes. Auch wenn die Namensippe selber nicht mitteldalmatisch ist,
wie im Falle von Turo, bleiben die mit -ön- movierten Feminina auf
das mitteldalmatische Gebiet beschränkt. Wenn man also diese movierten
Formen aussondert, konzentriert sich das Schwergewicht ihrer Ver­
breitung so ausgesprochen im Gebiet der mitteldalmatischen Namen­
gebung, daß auch die wenigen und ganz vereinzelten Ausnahmen danach
beurteilt werden müssen. So kann man von [Ae]lia Trio auf Corcyra
Nigra (CIL 3, 6422) mit gutem Grund behaupten, daß sie oder ihr Name
bzw. seine Bildung aus dem mitteldalmatischen Gebiet stammt34).
Das gleiche muß auch von Tito Buzetia (CIL 3, 9929a) aus Hadra in
Liburnien angenommen werden. Hier kann man auch so viel sagen,
daß wahrscheinlich der Name oder seine Bildungsweise aus Mitteldal-

S2) o . c. I.
33) o . c. II, 226.
34) Der Beleg für den Namen S e x t o , den Mayer o. c. I, 303 aus Albona
anführt, beruht auf einem Mißverständnis, da S e x t o C l i t i c i m a t e r p. (CIL 3,
10079) als Grabinschrift einem S e x t u s C l i t i c i von seiner ungenannten Mutter
gestiftet wurde,
286 R. Katičić

matien übernommen worden ist, da die einheimische liburnische Namens­


formel gegen die Annahme einer fremden Herkunft der Frau selber
angeführt werden kann.
Unter den Frauennamen auf -on-, zu denen kein entsprechendes
Masculinum überliefert ist, gehört ebenfalls die überwiegende Mehrheit
dem mitteldalmatischen Gebiet an. Die einzigen Ausnahmen sind
Matto aus Albona und Virno aus Corinium. Auch sie können an der
Tatsache nichts ändern, daß die weiblichen -ön-Namen, und besonders
diejenigen, die durch diese Bildung als Feminina moviert sind, in ihrer
überwältigenden Mehrzahl dem mitteldalmatischen Namengebiet ange­
hören und einen seiner charakteristischen Züge ausmachen.
Was die männlichen Namen auf -ön- betrifft, ist die Lage nicht
so klar. Untersucht man jedoch das vorhandene Belegmaterial nach
statistischen Gesichtspunkten, so ergibt sich ein Resultat, das mit
dem oben gewonnenen in vollem Einklang steht. Von den 43 angeführten
Namen scheiden 10 aus, da ihre geographische Zugehörigkeit nicht
mit Sicherheit zu bestimmen ist. Entweder sind sie in der Metropole
Salona belegt, so Catandio und Vepo, oder außerhalb des illyrischen
Gebietes wie Apio, Laedio, Panto, Tato und Trio. Weiter sind Dando
und Pitho für Illyrikum ohne nähere Bestimmung bezeugt, und
Πάτρων ist in Issa belegt, deren Zugehörigkeit zu irgend einem Namen­
gebiet noch nicht bestimmt werden konnte. Dabei dürfte Vepo keltisch,
Trio italisch und Πάτρων griechisch sein. Von den restlichen 33 Namen
sind 26, also wieder die überwältigende Mehrheit, außerhalb des mit­
teldalmatischen Namengebietes belegt, so daß nur 7 männliche Namen
auf -ön- ihrem Verbreitungsgebiet nach mit den gleichgebildeten weib­
lichen Namen zusammenfallen. Diesem Tatbestand gegenüber wird
man schwerlich bestreiten können, daß die Verbreitung der männlichen
und der weiblichen -ön- Namen auf dem für die illyrischen Mundarten
in Anspruch genommenen Gebiet komplementär ist.
Es ist aber bei den männlichen Namen nicht möglich wie bei den
weiblichen, die Minderzahl der widersprechenden Beispiele ganz zu
vernachlässigen, indem man sich auf die natürliche Zerstreuung der
Personennamen und ihrer Träger beruft. Es gibt nämlich ganz ausge­
sprochen mitteldalmatische Namen unter ihnen, wie Baracio und ganz
besonders Varro. Von großem Belang ist es auch, daß Tritano in Rider
als weiblicher und als männlicher Name belegt ist, und zwar innerhalb
ein und derselben Familie. Das zeigt deutlich, daß die Namen auf ön-
auch dort, wo sie am besten als movierte Feminina belegt sind, gleich­
zeitig und ohne irgendein äußeres Kennzeichen auch männlich sein
konnten. Dadurch wird es wahrscheinlich, daß auch die männlichen
Apio und Panto aus dem mitteldalmatischen Gebiet stammen, und
nur durch Zufall nicht auch dort zu belegen sind. Durch diese Umstände
bekommen auch die übrigen mitteldalmatischen Belege für männliche
ö/z-Namen an Gewicht. Es sind das Candalio, Sabbo und Sceno. Ta­
lamo hat als Name eines Genius eine etwas andere Stellung. Man kann
natürlich nicht ganz ausschließen, daß es vielleicht unter diesen Namen
Das mitteldalmatische Namengebiet 287

solche gibt, die in das mitteldalmatische Gebiet von außen eingedrun­


gen sind.
Will man nun die so festgestellte Lage deuten, drängt sich eine
Erklärung förmlich von selbst auf : Wie überhaupt im indogermanischen
Gebiet, so waren auch in den illyrischen Mundarten die -ön- Ableitungen
ursprünglich Communia und konnten ohne äußeres Kennzeichen männ­
lich und weiblich sein. Später ist dann eine räumliche Differenzierung
eingetreten. Im größeren Teile Dalmatiens und Pannoniens sind die -ön-
Ableitungen überwiegend Maskulina geworden. Bei den Eigennamen
wenigstens, und nur diesen Teil des Wortschatzes kennen wir eini­
germaßen, sieht es so aus, als ob sich das -ön- Suffix für die Ableitung
von Kurzformen alter zweistämmiger Namen spezialisiert hätte. Somit
ist auf diesem Gebiet die Lage ähnlich wie im Griechischen, wo die on-
Ableitungen überwiegend Masculina sind und bei der Personennamen­
bildung für einen Typ der Kurzformen charakteristisch sind. Vgl.
Νίκων zu Ν ικόμαχος und Δάμω ν zu Δ χμοκ λή ς. Solche Beispiele
kann man auch im Althochdeutschen finden wie z. B. Kuono zu Kuonrat
und Godo zu Godeberaht. Diese Entwicklung ist nur eine der Erschei­
nungsformen des allgemein indogermanischen Prozesses, der zur Ab­
schaffung der Communia und zur Verteilung der Ableitungstypen auf
drei Genera führte. Es ist dies der Abschluß des Überganges von dem
älteren Zweigenussystem (animatum: inanimatum) zu den späteren
drei Genera (masculinum: femininum: neutrum). Diese Phase der
Entwicklung fällt zum Teil wenigstens schon in die Zeit der Einzel­
sprachen.
Dieser Übergang vollzog sich aber im mitteldalmatischen Gebiet
in umgekehrter Richtung. Auch dort neigten die Communia dazu, sich
nach einem Genus hin zu polarisieren, aber hier war es das Femininum.
Bei den Personennamen fingen die -ön- Ableitungen an, zur Bildung
charakteristischer weiblicher Formen zu dienen. So hat sich dann eine
richtige Femininmotion auf -on- entwickelt. Beispiele wie der Nachname
Samuntius mit seiner weiblichen Form Samuntio lassen es recht wahr­
scheinlich erscheinen, daß diese Motion auch bei den gewöhnlichen
Adjektiva anzutreffen war. Dieses neue Systemmuster der mitteldal­
matischen Mundarten konnte jedoch nicht alle Spuren der älteren
systematischen Organisation verwischen. Es sind manche männliche
Namen auf -ön- und -iön- auch weiterhin im mitteldalmatischen Na­
mengut behalten worden, so Varro, Candalio, Baracio. Neben anderen
-ö«-Ableitungen, die als weibliche Formen zu anders gebildeten männ­
lichen Namen in systematische Verbindung getreten waren, blieben
morphologisch mit ihren identischen Maskulina isoliert bestehen als
vereinzelte Überreste eines älteren Systemmusters. Solche Beispiele
sind T ritano m. : Tritano f. : T ritanus; P anto m. : P anto f. : P a n i -; Apio m. :
Apio / . : Apiis u. s. w. Die Belege, die für männliche Namen viel
seltener sind als für die mit ihnen identischen weiblichen, zeugen noch
beredt von diesem Verhältnis,
288 R. Katičić

Gegen die Auffassung von einer Femininmotion auf -on- im


mitteldalmatischen Namengebiet kann man nicht, wie Mayer es tut35),
den Umstand ins Treffen führen, daß daneben auch eine Femininmotion
auf -a bestanden hat. Hier soll die Frage nicht behandelt werden, in
welchem Ausmaße die a- Feminina eine Folge der Romanisierung
des mitteldalmatischen Namengutes sind. Besonders in den Nachnamen
ist eine solche Beeinflussung leicht denkbar. Aber wie hoch man auch
diese Einwirkung veranschlagen mag, es dürfte doch schwer fallen, das
Vorhandensein einer Femininmotion auf -a im mitteldalmatischen Na­
mengebiet in Abrede zu stellen. Es ist aber zu erwarten, daß die allge­
mein indogermanische Femininmotion auch in den mitteldalmatischen
Mundarten vorkommt. Diese Mundarten hatten eben zwei Feniminmoti-
onen, was ja nichts Ungewöhnliches ist und sich auch in anderen Sprachen
mehr oder weniger rein ausgeprägt belegen läßt. Vgl. die beiden altin­
dischen Femininmotionen auf -ä und -I, die oft gegenseitig konkurrieren.
So erweist sich die Annahme einer Femininmotion auf -ön-, die sich
bei der ersten unbefangenen Musterung des Materials von selbst auf­
drängt, nach einer allseitigen Prüfung der nicht ganz einfachen Verhält­
nisse als absolut berechtigt, obwohl schwerwiegende Gründe dagegen
zu sprechen scheinen, solange man das ganze Personennamenmaterial
Dalmatiens und Pannoniens global als eine Einheit betrachtet. Erst
wenn man die räumliche Differenzierung in Namengebiete in Betracht
zieht und das Belegmaterial unter Berücksichtigung der natürlichen
Zerstreuung von Personennamen statistisch zu gliedern versucht, kann
man mit sorgfältiger Erwägung der eigenen Lage jedes Sonderfalles zu
einer Deutung kommen, die der komplizierten Wirklichkeit mehr
gerecht wird und die scheinbaren Widersprüche im Quellenmeterial
aufzulösen vermag. Dadurch konnte eine überaus charakteristische
Eigenheit der mitteldalmatischen Namengebung festgestellt werden.
Es gibt wenige Eigenheiten der bisher erschlossenen Namengebiete,
von denen mit gleicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann,
daß sie nicht nur einer besonderen Namengebung sondern auch einem
eigenen Sprachtyp angehören. Die Frage, ob dem mitteldalmatischen
Namengebiet auch ein Sprach- oder Mundartengebiet entspricht, muß
also ernsthaft erwogen werden.
Ein besonderer Typ weiblicher -on- Ableitungen ist uns aus No-
rikum bekannt. Ihn hat M. Falkner36) ausführlich behandelt und hat
ihren keltischen Charakter überzeugend festgestellt. Für diese Namen
ist die keltische Lautung -w, -unis charakteristisch und sie sind in ihrer
überwiegenden Mehrzahl weiblich (32:10). Dieser kleine Bestand an
männlichen Namen auf -u, -unis ist nur eine Folge des Umstandes,
daß diese Namen in ihrer überwiegenden Mehrheit in den lateinischen

85) O. c. II, 226.


36) Die norischen Personennamen auf -u und ihre kulturgeschichtliche Bedeutung,
Frühgeschichte und Sprachwissenschaft, Arbeiten aus dem Institut für allgemeine
und vergleichende Sprachwissenschaft, herausgegeben von W. Brandenstein, Graz,
Heft I, 1948, 39 f.
Das mitteldalmatische Namengebiet 289

Flexionstyp auf -o, -onis übergeführt worden sind. Solche Namen sind
aber inNorikum in großer Zahl vertreten. Die Situation kann also keines­
wegs mit der im mitteldalmatischen Gebiet verglichen werden, weil die
ön- Flexion im norischen Gebiet niemals dazu befähigt war, auch nur
teilweise ein Kennzeichen des Femininum zu werden. Die Entwicklung
führte dort auch dazu, daß Communia zu bestehen aufhörten, weil
die Maskulina sich um die Flexion -o,-onis, die Feminina um das alther­
gebrachte -u, -unis polarisierten. M. Falkner37) wird wohl recht haben,
daß sich in dieser Sachlage die stärkere Romanisierung des männlichen
Teiles der Bevölkerung von Norikum widerspiegelt, so daß ihre Namen
mehr dem lateinischen Sprachgebrauch angeglichen wurden.
M. Falkner38) glaubt ferner, eine Schwierigkeit in ihrer, im Grunde
ohne Zweifel richtigen, Erklärung durch die Berufung auf das vorkel­
tische illyrische Substrat in Norikum beheben zu können. Die Namen
auf -ön- sind nämlich im keltischen männlich. In Norikum aber seien
dann die charakteristischen illyrischen Frauennamen auf -ön- der
keltischen Lautung angeglichen worden und hätten dadurch den
Anstoß gegeben für die Entwicklung der norischen Frauennamen auf
u-, -unis, die dann in der Folgezeit von illyrischen, aber auch keltischen
Namenstämmen gebildet wurden. Wir können hier nicht auf die nichts
weniger als einfachen Fragen der keltischen Namengebung eingehen,
und nur von dort her kann die Sonder läge in Norikum richtig beurteilt
werden. Hier muß nur hervorgehoben werden, daß die oben angeführte
und in sich absolut kohärente und auf den ersten Blick durchaus über­
zeugende Erklärung an dem Umstande scheitern muß, daß die cha­
rakteristischen illyrischen Frauennamen auf -ön- ausschließlich auf das
mitteldalmatische Namengebiet beschränkt sind. Zwischen diesem
Gebiet und Noricum besteht aber, was diesen Typ und die Namenge­
bung überhaupt betrifft, kein arealer Zusammenhang. Die Erklärung
könnte nur durch die Annahme gerettet werden, daß im vorkeltischen
Norikum eine der mitteldalmatischen gleiche Entwicklung von dieser
unabhängig stattgefunden hat. Eine solche Annahme muß aber bei
dem jetztigen Stand unseres Wissens äußerst fraglich bleiben und es
ist ungleich wahrscheinlicher, daß die Eigenheiten in der Namengebung
der norischen Kelten durch eine Sonderentwicklung innerhalb des
Keltischen zu erklären sein werden.
Als festes Ergebnis der eben durchgeführten Untersuchung kann
also gebucht werden, daß die weiblichen Personennamen auf -ön- als
ein wichtiges Kennzeichen des mitteldalmatischen Namengebietes
anzusehen sind. Auf diesem Gebiete muß auch eine Femininmotion
auf -ön- wenigstens als vorherrschendes Systemmuster bestanden haben,
wenn auch daneben die Femininmotion auf -a und einzelne männliche
Namen auf -on- bis zur Zeit der Inschriften weiter bestehen blieben.

a7) O. c, 51 f.
38) O. c, 50.

19 Živa Antika
290 R. Katičić

Es ist sehr wahrscheinlich das man darin nicht nur eine Eigenheit der
mitteldalmatischen Namengebung sondern auch der mitteldalmatischen
Mundarten erkennen muß.

IV

Was die Namenformel betrifft, ist die Lage im mitteldalmatischen


Gebiet nicht ganz eindeutig. Im größten Teil des geräumigen Gebietes
herrscht der Vatersnäme im Genitiv vor. Nur in Rider und noch etwas
im Unatal zeigt die überwiegende Mehrheit der Namensformeln jenen
eigentümlichen Aufbau, der für Rider so charakteristisch ist. Dem Namen
und Nachnamen wird dort noch der Vatersname im Genitiv mit oder
ohne filius hinzugefügt. D. Rendić-Miočević39) hat die Entstehung
dieser Namensformel in seinen in mancher Hinsicht grundlegenden
Arbeiten aus der gesellschaftlichen Entwicklung und den sich kreu­
zenden Kultureinflüssen erklärt. Wenn hier und in einem früher veröf­
fentlichten Aufsatz40) in die Betrachtung der Frage der einheimischen
Namenformel ein neuer Gesichtspunkt hineingetragen und die Aufmerk­
samkeit auf die geographische Verteilung der einzelnen Typen gelenkt
wird, bedeutet das keineswegs eine Verneinung der Resultate, zu denen
Rendić-Miočević gekommen ist. Es fällt nur schwer, der Annahme
zu folgen, daß alle belegten einheimischen Namenformeln in Dalmatien
Entwicklungsstufen einer im wesentlichen einheitlichen Namengebung
seien. Von dieser Ansicht ist übrigens Rendić-Miočević selber teil­
weise abgekommen, als er das liburnische Namengebiet ausschied.
Seine Resultate bleiben unerschüttert, was die gesellschaftlichen Trieb­
kräfte betrifft, die zur Bildung der komplizierten Namenformeln ge­
führt haben, auch wenn man Einzelheiten verschieden beurteilen kann.
Betrachtet man nun die Namenformel von Rider vom Standpunkt
der geographischen Verteilung, so muß es auffallen, wie nahe Rider dem
liburnisch-istrisch-venetischen Namengebiet liegt, in welchem die
Nachnamen sehr üblich waren. Das Gleiche gilt auch vom mittleren und
oberen Unatal. Es drängt sich der Gedanke auf, daß man es in Rider
mit einer Kontamination der mitteldalmatischen und der liburnischen
Namenformel zu tun hat. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in
dem Umstand, daß bei der Bildung der Nachnamen in Rider das libur-
nisch-istrische Suffix -co eine besonders hervorragende Rolle spielt.
Die kulturgeschichtliche Situation, in der sich diese Kontamination
ausgebildet hat, dürfte Rendić-Miočević41) richtig als eine auf halbem
Wege stehengebliebene Romanisierung gedeutet haben. Warum gerade

S9) Ilirska onomastika na latinskim natpisima Dalmacije, Vjesnik daim. 52


(poseban otisak); Illyrica. Zum Problem der illyrischen onomastischen Formeln in
römischer Zeit. Archaeologia Iugoslavica Π; Onomastička pitanja s teritorija ilirskih
Dalmata, Glasnik MB, NS, 6; Onomastiche studije sa teritorije Liburna, Zbornik
instituta za historijske nauke u Zadru 1 ; Ilirske onomastiche studije, Živa Antika 10.
40) R. Katičić, o. c. 112.
41) Ilirska onomastika 39 f; Illyrica 46.
Das mitteldalmatische Namengebiet 291

Rider diesen eigenartigen Einfluß der liburnischen Namengebung


erfahren hat, läßt sich nicht bestimmen. Es dürfte mit dem Umstand
Zusammenhängen, daß die Stadt auf dem, wichtigen Verkehrsweg lag,
der die Küste entlang lief. Obwohl die Bildung der Nachnamen in Rider
den liburnischen Einfluß verrät, sind die Namen selber nicht immer
liburnisch und bleiben in ihrer Verbeitung oft auf die Siedlung selber
beschränkt. Außerhalb Rider sind die Namenformeln, die aus Indivi-

Legende:

• 1 Beleg
© 2 — 4 Belege

» 5 — 10 Belege
10 — 20 Belege
<D

u über 70 Belege

19*
292 R. Katičić

dual-, Nach- und Vatersnamen im Genitiv bestehen, auf mitteldalmati­


schem Gebietsehr selten und sind nur ganz ausnahmsweise zu belegen.
So muß die einfache Formel: Name mit Vatersnamen im Genitiv als
die normale Namenformel des mitteldalmatischen Gebietes angesehen
werden, das sich in dieser Hinsicht vom südöstlichen nicht unterscheidet.
*
* *

Im Verlauf der vorliegenden Untersuchung glauben wir gezeigt


zu haben, daß sich in der einheimischen Namengebung der römischen
Provinz Dalmatien ein mittleres Gebiet ausscheiden läßt, das ein eigenes
Namengut besitzt, und bei dem auch die Wortbildung eigentümliche
Züge aufweist. Dieses mitteldalmatische Namengebiet kann mit Sicher­
heit vom südöstlichen, dem eigentlich illyrischen und vom westlichen
liburnisehen geschieden werden. Es umfaßt die Lika und das mittlere
und obere Unatal, West-, Mittel- und Südbosnien sowie das dalmati­
nische Küstenland bis zum Unterlauf des Hippius (Cetina). Das Fluß­
gebiet der Neretva und allem Anschein nach auch der oberen Bosna
gehörte zum südöstlichen Namengebiet. Die Gegend um Visoko scheint
wieder mitteldalmatisch gewesen zu sein. Der Sandžak und Südwest­
serbien gehören bestimmt dem mitteldalmatischen Gebiet an. Viele
Verbindungen können zwischen dem mitteldalmatischen Gebiet und
Pannonien sowie auch Obermösien gezogen werden. Dennoch ist Pan­
nonien ein Namengebiet für sich, in Obermösien dagegen ist die Lage
viel weniger klar. Erst wenn eingehende Untersuchungen diese Verhält­
nisse klären, wird es möglich sein, die Nordund Ostgrenzen des mittel­
dalmatischen Namengebietes mit einiger Sicherheit zu bestimmen.

Zagreb. R. Katičić.

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