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von Handy passt: Alle sind sich einig, das ist eine
großartige Idee. Trotzdem wird sie seit Jahren
zwischen Bürokratie und Wirtschaft verschleppt,
verhindert, kaputt diskutiert. Was ist da los?
V O N T I L L K R A U S E U N D D O M I N I K S TA W S K I / F OTO S : M I E R SWA - K L U S K A
M
Millimeter breit und 1,8 Millimeter dünn. Es teresse der Handynutzer.
gibt heute schon Handys, in die so ein Ste- Ladegeräte sind eine der lukrativsten Ni-
cker passt, allerdings meist nicht als Ladege- schen auf dem Handymarkt, weil die Technik
rät für den Akku, sondern als Verbindung sich seit Jahren nicht verändert hat, aber noch
zwischen Handy und Computer. Ein Gerät, teuer verkaufen lässt. Wer sein Ladegerät ver-
das alle Handys über diese Buchse aufladen liert, bezahlt für ein neues etwa zwanzig Euro.
Manchmal genügt ein kleiner Auslöser, damit kann, soll bis Ende des Jahres in den Läden Herstellungskosten: weniger als ein Euro. Au-
eine gute Idee ins Rollen kommt. An diesem liegen. Aber noch sind in Europa mehr als ßerdem ist das Steckerchaos eine Strategie,
Apriltag im Jahr 2008 war es einfach nur dreißig verschiedene Handynetzteile im Um- um Kunden an sich zu binden. Wer einmal
ein leerer Akku: Solomon Passy wollte den lauf, ihre Anschlüsse sind mal rund und ein Nokia-Handy hatte, wird sich vielleicht
ganzen Tag seine Frau Gergana anrufen, aber schmal, mal breit und eckig, fast jeder hat wieder eins kaufen, in der Hoffnung, das alte
es ging nicht, weil sein Handyakku leer und irgendwo in einer Schublade noch so ein Ladegerät auch für das neue Handy verwen-
ein passendes Ladegerät unterwegs nirgends Ladegerät liegen, das er nicht mehr braucht. den zu können – als Ersatz zum Beispiel.
aufzutreiben war. Ein banales Problem, aber Am Beispiel dieses kleinen Steckers lässt Handyhersteller haben den Einheitsste-
es kann einem den Tag verderben. Abends, als sich eine Geschichte erzählen, in der es da- cker jahrelang hinausgezögert. Schon im Juni
die Passys im Restaurant »Grodz« in der In- rum geht, wie schwer es ist, eine gute Idee so 2002 hat der Verbraucherrat des Deutschen
nenstadt von Sofia zusammensaßen, redeten umzusetzen, dass alle zufrieden sind – oder Instituts für Normung gefordert, dass Lade-
sie vor allem über eins: wie unlogisch es doch sich zumindest geschlagen geben. Denn auf geräte standardisiert gehören, aber die Indus-
ist, dass man für jedes Handy einen anderen den ersten Blick fällt einem nichts ein, was trie lehnte ab: Es sei technisch nicht möglich,
Stecker braucht. Als sie fertig waren mit Essen, gegen diesen Stecker spricht: Er macht es zu teuer und vielleicht sogar gefährlich, weil
hatte Solomon Passy beschlossen: Er würde nicht nur leichter, ein Handy auch unterwegs ein Ladegerät, das nicht optimal auf einen
dafür kämpfen, dass dieses Steckerchaos ver- aufzuladen, weil man sich dann überall von bestimmten Akku abgestimmt ist, möglicher-
schwindet. Passy war vier Jahre lang bulga- Freunden oder Kollegen ein Netzteil borgen weise Feuer fangen kann. Peter Schmoll, In-
rischer Außenminister, er hat den Papst getrof- kann, sondern er verhindert auch jede Menge genieur und Ladegerätexperte aus Branden-
fen und Bill Clinton, viele wichtige Leute duzt Müll: Von 50 000 Tonnen Elektroschrott burg, der für das Deutsche Institut für Nor-
er. Also suchte er sich Verbündete: »Lieber durch ausrangierte Ladegeräte ist die Rede, mung ein Gutachten über Handystecker
Günter«, schrieb er am 26. Mai 2008 an einfach nur, weil das neue Handy nicht zum geschrieben hat, sagt: »Das sind Ausreden,
Günter Verheugen, damals EU-Kommissar für alten Stecker passt. Trotzdem wollte die EU- rein technisch ist so ein Gerät kein Problem.
Industrie und Unternehmenspolitik, »die Si- Kommission erst mal gar nichts tun. Verheu- So einen Stecker könnte es seit vielen Jahren
tuation mit den Ladegeräten wird immer gen schickte Solomon Passy am 31. Juli 2008 geben.« Man kann also noch etwas aus der
schlimmer, es gibt ständig andere Stecker, und eine Absage: Seine Beamten hätten mit den Geschichte des Handysteckers lernen: Firmen
die Kunden leiden darunter.« Firmen gesprochen, aber momentan bestehe haben zwei Taktiken, wenn sie nicht wollen,
Es war der Startschuss damals, vor fast drei kein Anlass für ein Eingreifen: »Ein Gesetz dass etwas gegen ihren Willen durchgesetzt
Jahren. Aber es gibt das einheitliche Lade- wäre nur angemessen, wenn die Kräfte des wird. Taktik eins: Abblocken, aufschieben,
gerät immer noch nicht, auch wenn die EU- Marktes nicht wirken könnten.« Eine unbe- nichts tun und hoffen, dass keiner den Trick
Kommission vor ein paar Wochen einen ers- friedigende Antwort, fand Solomon Passy, bemerkt. Taktik zwei: Begeisterung simulie-
ten Prototyp vorgestellt hat, ein Gerät mit denn genau das ist ja das Problem: Der Markt ren und dabei versuchen die Regeln selbst zu
diktieren. Was das Gezerre um den Handy-
stecker so interessant macht: Hier kommen
beide Taktiken zum Einsatz.
Dass Taktik eins, das Aussitzen, irgend-
wann nicht mehr funktionierte, liegt an der
Hartnäckigkeit von Solomon Passy. Er hat
Warum gibt seinen Kampf um das Ladegerät inzwischen
öffentlich gemacht, die Zeitungen in Bulga-
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Nachts im Keller
Einmal im Jahr öffnen einige der besten Winzer Südtirols in der
„Nacht der Keller“ ihr Allerheiligstes: ihre Weinkeller.
Die WeinSafari
Eine Entdeckungsreise zum Mittelpunkt des Weins
Diese Nacht war magisch. Obwohl, oder viel- entlang der Südtiroler Weinstraße öffnen einmal Südtirols, kennenlernen. Diesmal aber länger als
leicht weil ich sie alleine verbrachte. Alleine in im Jahr ihre unterirdischen Heiligtümer. Manche nur für eine „Nacht der Keller“. Denn die ist
Bozen. In dieser großen kleinen Stadt in Südtirol atmen den kühlen Atem von 600 Jahren Winze- Höhepunkt und Auftakt der „Südtiroler Wein-
umarmen sich Gegensätze: Mittelalterliche Lau- rei aus. straßenwochen“. Und da dreht sich in Südtirols
bengasse trifft auf postmodernes Museion, blaue Eine Nacht lang in die fast zwanzig Genera- Süden alles um die Traube. Einen ganzen Monat
Schürzen auf Benetton und Stefanel, Vinschgerl tionen alte Kultur des Kelterns eintauchen, in lang.
auf Haute Cousine. Das Herz Südtirols pulsiert in kerzendunklen Gewölben ans Eichenholz der
alpiner Harmonie, still und streng bewacht von Barriques klopfen. Und den einen oder anderen Ferienregion Südtirols Süden
den senkrechten Wachtürmen der Dolomiten. Südtiroler Tropfen kosten. Tel. +39 0471 633 488
Und dann dieser Wein! Ehrlich gesagt: vor be- Auch nach dieser magischen Nacht in den www.suedtirols-sueden.info
sagter Nacht beschränkte sich mein Weinwissen Kellern und Gassen Bozens bin ich alles, nur kein
auf wenig Selbsterfahrung und viel Nachgeplap- Weinkenner. Dafür wären Jahrzehnte die passen-
Anreisetipp: mit der Bahn täglich 5 x direkt und ent-
pere. Aber das sollte sich an diesem lauen Abend de Zeiteinheit. Deshalb komme ich nächstes Jahr
spannt nach Bozen, mit dem Europa-Spezial bereits
im Mai gehörig ändern. Denn es war die „Nacht wieder! Dann will ich Eppan und Kaltern, die ab 39 €. Familientipp: eigene Kinder unter 15 Jahren
der Keller“! An die dreißig Winzer in zwölf Orten beiden größten und bekanntesten Weindörfer fahren kostenfrei mit. www.bahn.de