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Block I
Gesund ist,
was funktioniert
Inhaltsverzeichnis
2.3.2 Replikation 19
2.3.3 Reparatur 21
4.5 Golgi-Apparat 46
4.9 Cytoskelett 52
4.9.1 Mikrotubuli 54
4.9.2 Mikrofilamente 55
4.9.3 Intermediärfilamente 56
5.1.1 Diffusion 59
5.1.3 Membranflussmechanismen 64
5.2 Zellkontakte 66
5.2.2 Glykokalyx 67
5.2.3 Kontaktinhibition 68
6.1.1 Endosymbiontentheorie 73
6.2.3 Zellzyklus 78
IV
7.3.1 Rezeptoren 90
7.4.1 DNA-Methylierung 93
7.4.2 Histonmodifikation 94
8 Vermehrung 95
8.1 Zellzyklus – ein Rückblick 96
8.2 Meiose 97
8.2.1 Reduktionsteilung 98
Sowohl Mediziner als auch Biologen beschäftigen sich mit dem Leben. Sie als
angehende Mediziner wollen Leben erhalten und Lebensqualität verbessern. Biologen
versuchen zu verstehen, wie Leben entstanden ist und wie es funktioniert.
Schauen wir uns um, stellen wir fest, dass die Vielfalt der Lebensformen, die uns
umgibt, nahezu unbegreiflich ist. Es wird uns nicht in jedem Fall direkt einleuchten,
warum das Leben solche Blüten treibt. Wenn wir einen kritischen Blick auf den Menschen
werfen, müssen wir feststellen, dass auch er mit Sicherheit in seiner Komplexität
faszinierend, aber nicht in allen Bereichen sinnvoll konstruiert ist. Er ist ziemlich
störanfällig, nicht unbegrenzt haltbar und macht manchmal seltsame Dinge.
Tatsächlich ist das Verständnis dafür, wie die Vielfalt des Lebens entstehen konnte,
auch die Grundlage dafür, die Schwächen des Menschen zu verstehen.
Biologisches Denken ist evolutives Denken. Das bedeutet, dass es ein Denken in
Prozessen ist. Viele Zusammenhänge sind nur durch die Geschichte ihres Werdens
verständlich.
Ein Beispiel dafür ist die Anlage von Kiemenbögen in der Embryonalentwicklung des
Menschen (→ Abb. 1.2). Diese Anlagen entwickeln sich zu ganz anderen Strukturen als
Kiemen – es ist daher nicht zu verstehen, warum sie zunächst als Kiemenbögen angelegt
werden. Wenn man sich aber vor Augen führt, dass Mensch und Fisch gemeinsame
Vorfahren haben, die Kiemen ausbildeten, wird klar, dass eine vorhandene Anlage mit
einem anderen Zweck weiter benutzt wird.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Schauen wir uns ein Beispiel an, das Ihnen in der Hausarztpraxis begegnen kann. Ein
Patient kommt mit einer bakteriellen Infektion in Ihre Praxis. Sie verschreiben ihm ein
Antibiotikum, das er eine Woche lang einnehmen soll. Nach 10 Tagen kommt er wieder
und klagt über Beschwerden, die mindestens ebenso schlimm sind wie zuvor. Es war ihm
nach drei Tagen mit Antibiotikum besser gegangen. Er hat das Medikament abgesetzt, und
wenige Tage später zeigten sich wieder Symptome. Sie verschreiben Ihrem Patienten das
gleiche Antibiotikum noch einmal, aber die Symptome klingen nicht wieder ab.
Die folgende Grafik (→ Abb. 1.3) zeigt in Tendenzen die besprochenen Abläufe. Sie
berücksichtigt nicht, dass eine Resistenz auch – unabhängig vom Antibiotikum – die
Bekämpfung durch das Immunsystem beeinflussen kann.
Die Schädigung des Organismus wird mit steigender Bakterienzahl größer, bis
Symptome zu beobachten sind. In einigen Fällen kann das Immunsystem die Bakterien
nicht schneller abwehren, als diese sich vermehren. In einem solchen Fall hilft ein
Antibiotikum, das Bakterien abtötet oder ihre Vermehrung hemmt. Beide Faktoren –
Immunsystem und Antibiotikum – können zusammen die Infektion überwinden.
Die Symptome der Infektion lassen an einem Punkt nach, an dem noch Bakterien
vorhanden sind – ihre Zahl wurde nur gesenkt. Wenn nun das Antibiotikum frühzeitig
abgesetzt wird, kann es sein, dass das Immunsystem mit dem Rest der Bakterien nicht
fertig wird, und diese sich wieder schnell vermehren. Die Symptome kehren zurück. Das
leuchtet soweit ein – bemerkenswert ist aber, dass die gleiche Infektion dann unter
Umständen nicht mehr mit dem gleichen Antibiotikum bekämpft werden kann.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Abbildung 1.3: Verlauf einer Bakterieninfektion bei verfrühtem Absetzen des Antibiotikums
Die Bakterien, die Ihren Patienten infiziert haben, sind grundsätzlich anfällig für das
Antibiotikum. Das hat das Abklingen der Symptome gezeigt. Die Bakterien sind aber nicht
völlig gleich. Es kann sein, dass einige Bakterien vorhanden sind, bei denen durch eine
Veränderung im Erbgut ein Faktor so geändert wurde, dass das Antibiotikum bei ihnen
nicht wirkt: Sie sind resistent.
Es gibt erst einmal sehr wenige resistente Bakterien, die sich aber bei weiterer
Antibiotikagabe besser vermehren können als die nicht resistenten. Das bedeutet, dass im
Verhältnis immer mehr resistente Bakterien vorkommen. Wenn durch das Antibiotikum
die Bakterienzahl niedrig genug gehalten wird, kann das Immunsystem damit fertig
werden. Wird nun das Antibiotikum abgesetzt, können sich alle Bakterien wieder
ungestört vermehren, aber das Verhältnis nicht resistenter zu resistenten Formen ist
inzwischen so schlecht, dass die resistenten Bakterien sich viel schneller vermehren und
selbst bei weiterer Antibiotikagabe ungehindert die Symptome verursachen können. Sie
haben einen Grundpfeiler der Evolution beobachtet – die Selektion. Dies ist kein
bewusster Prozess. Ausgewählt wird, was überleben bzw. sich vermehren kann.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Ausgewählt werden kann immer nur da, wo verschiedene Varianten im Angebot sind.
Änderungen der Erbsubstanz können zu einer Änderung des Organismus führen. Solche
Änderungen sind in der Natur immer zufällig.
Innerhalb einer Art kann jeder Organismus sich im Laufe des Lebens innerhalb eines
gegebenen Rahmens verändern. Sie können beispielsweise lernen, schneller zu rennen,
aber Sie können bei aller Anstrengung nicht fliegen. Das, was Sie erreichen, hat dann erst
einmal keine Auswirkung auf die Art. Die Entwicklung einer Art – unter Umständen sogar
bis zu ihrer Trennung in zwei oder mehr Arten – kann nur dann erfolgen, wenn eine
Änderung vererbt werden kann. Das können vor allem 1 Änderungen, die in den
Nukleinsäuren auftreten.
Die Grundlage vieler Krankheiten mit erblicher Veranlagung sind auf Mutationen
zurückzuführen. Hier sind die Mutationen in den Keimzellen aufgetreten.
Artbegriff
Mit dem Begriff „Art“ benutzen wir wohl einen der heute am meisten umstrittenen
Begriffe in der Biologie. Sie alle haben eine Vorstellung davon, was eine Art ist, und es
gelingt Ihnen mühelos zu sagen, dass es sich bei Schimpansen um eine andere Art als
bei Menschen handelt. Tatsächlich ist diese Bestimmung nicht immer so einfach. Lange
Zeit galt als Bedingung dafür, dass Organismen zu einer Art gehören, dass sie fruchtbare
Nachkommen hervorbringen können. So können sich Pferd und Esel zwar paaren und
auch Nachkommen haben, diese wiederum können aber keine Nachkommen
hervorbringen.
Wir können und wollen an dieser Stelle nicht darauf eingehen, warum der
Artbegriff in dieser Weise heute keinen Bestand mehr hat und warum wir Ihnen keine
allgemeingültige Definition anbieten können. Wir werden den Begriff in der Form
verwenden, dass alle Organismen zu einer Art gehören, die einen gemeinsamen
Genpool haben. Das bedeutet, dass sie alle über die gleiche Grundausstattung von
Genen verfügen und diese auch an die nachfolgende Generation weitergeben. Wenn
dann beispielsweise in einem Bienenstock die Arbeiterbienen ihre Königin, die alleine
für den Nachwuchs zuständig ist, versorgen, so verfügt die Königin über die gleiche
Genausstattung. Die Arbeiterin selbst kann den Bestand sichern, indem sie sich nicht
selbst fortpflanzt, sondern die Fortpflanzung der Königin unterstützt.
1 Bis vor kurzem hätten wir uns das „vor allem“ sparen können. Es war allgemein anerkannt, dass
vererbbare Veränderungen ausschließlich Änderungen der Nukleinsäuren sind. Das kann Ihnen auch
weiterhin als Grundsatz dienen. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass dieser Gedanke nach neueren
Erkenntnissen zu kurz greift – wir kommen darauf zurück.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Am Phänotyp können Sie Merkmale erkennen, für die Sie im Genotyp Anlagen finden.
Resistenzen sind auf der Ebene eines Bakteriums ebenso Merkmale wie die Haarfarbe für
den Menschen. Die Gesamtheit der Anlagen im Chromosom bzw. in den Chromosomen
eines Organismus wird auch als Genom bezeichnet.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Jede Zelle hat ein Genom. Bei Vielzellern wie dem Menschen sind alle Zellen
ursprünglich aus einer Zelle hervorgegangen und haben somit prinzipiell das gleiche
Genom.
Schauen wir noch einmal auf unser Praxis-Beispiel: Wenn der Umweltfaktor
„Antibiotikagabe“ die Bakterien mit der Merkmalsausprägung „resistent“ begünstigt hat,
dann werden gleichzeitig alle andere Merkmale und damit alle anderen Anlagen dieses
Bakteriums mit begünstigt – das kann bedeuten, dass sich ein Bakterium besonders gut
entwickelt, das unter anderen Bedingungen einen erheblichen Nachteil gegenüber seinen
„Kollegen“ hatte.
Die Auswahl durch die Umwelt ist keine wohlüberlegte Abwägung von Vor- und
Nachteilen, sondern eine reine Wirkung von Überlebensfähigkeit.
Wir müssen sogar noch einen Schritt weiter gehen. Im Sinne der Evolution geht es
nicht nur darum, ob ein Organismus seine Erbanlagen weitergeben kann oder nicht,
sondern darum, ob eine Art überlebt oder nicht.
2 Spannend ist allerdings, dass Menschen heute vieles daransetzen, Techniken aus der Natur zu kopieren.
Es gibt hierzu einen ganzen Wissenschaftszweig – die Bionik. Der Entwicklungsprozess der Natur kann dem
der Menschen durchaus überlegen sein.
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Kapitel 1 – Warum Leben so funktioniert, wie es funktioniert
Es gibt auch Fehlbildungen beim Menschen, die auf Gene verweisen, die im Normalfall
bei uns nicht mehr ausgebildet werden, sehr wohl aber bei unseren Vorfahren. Ein
Beispiel ist die Ausbildung einer Ganzkörperbehaarung, die einem Fell gleicht.
Zwar können wir nicht in der Zeit zurückgehen, um zu sehen, wie sich tatsächlich die
heute lebenden Arten entwickelt haben und was ihr Ursprung war, aber wir können noch
heute das Wirken von Mutation und Selektion beobachten. Sie werden als Ärzte selbst in
diesen Prozess eingreifen und die natürliche Härte, die ihm innewohnt, mildern können.
So kann beispielsweise ein Kind, dass in früheren
Zeiten eine schwere geistige Behinderung
gehabt hätte, weil es unter Phenylketonurie
leidet, heute relativ unbeeinträchtigt leben, weil
Ärzte die Krankheit direkt nach der Geburt
erkennen und Gegenmaßnahmen veranlassen
können.
Die Frage danach, was Leben ist, ist nur auf den ersten Blick profan.
In der Biologie sorgt die Frage immer wieder für größere Diskussionen. So tendiert
man erst seit Kurzem dazu, Viren als Lebewesen zu bezeichnen. Da Stoffwechsel als
zentrales Kriterium für Leben galt und
Viren keinen Stoffwechsel haben,
wurden sie nicht zu den Lebewesen
gezählt. Erst in diesem Jahrhundert
wurden mit den Mimi-Viren Viren
gefunden, die in Größe und
Genomausstattung so weite
Überschneidungen mit anderen
Lebensformen haben, dass es kaum
möglich war, ihnen Lebendigkeit
abzusprechen.
Abbildung 2.1: Seepocken [12] Das entscheidende Kriterium zur
Eine Lebensform, die nicht unbedingt direkt als Unterscheidung zwischen belebt und
solche zu erkennen ist. unbelebt ist heute das Erbgut. Nur
Lebewesen verfügen über eigene
Informationen zu ihrer eigenen Entwicklung. Evolution als Wechsel-spiel zwischen
Mutation und Selektion gibt es daher nur im Bereich des Lebenden. Nicht belebte Stoffe
können sich verbinden und Verbindungen wieder lösen, aber sie entwickeln sich nicht im
Austausch mit der Umwelt weiter. Umgekehrt gibt es auch kein Leben ohne Evolution.
Lipide:
In der Biomembran finden wir vor allem Phospholipide, die durch Cholesterol und
Glykolipide ergänzt werden.
Die → Abb. 2.3 zeigt den Aufbau der Phospholipide. Das Grundgerüst bildet ein
Glycerinmolekül, an das Fettsäuren und eine Phosphatgruppe gebunden sind. Dadurch
haben Phospholipide einen hydrophilen Kopf und einen hydrophoben Schwanzteil. Sie
werden als amphipathisch bzw. amphiphil bezeichnet.
In wässrigem Milieu richten sich die hydrophoben Anteile zueinander und die
hydrophilen zum Wasser. So entsteht eine Lipiddoppelschicht, die im
Elektronenmikroskop einen typischen dreischichtigen Aufbau zeigt (→ Abb. 2.3 unten).
Eine wesentliche Eigenschaft dieser doppelschichtigen Membran ist ihre Fluidität. Sie ist
dadurch bedingt, dass die Bausteine der Membran nicht kovalent miteinander verbunden
sind, und so die Moleküle seitlich relativ flexibel ihre Position wechseln können.
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
Zwischen den Lipiden eingebettet – entweder der Membran aufgelagert oder in diese
integriert – finden wir zahlreiche Proteine (→ Abb. 2.5). Deren Zahl und
Zusammensetzung hängt von der Funktion der jeweiligen Biomembran ab. Die Proteine
sind in einer mehr oder weniger gleichmäßigen Lipidschicht als Einschlüsse verteilt, man
spricht vom Fluid-Mosaik-Modell der Membran. Während die Lipide der Membran vor
allem der Abgrenzung dienen, sind die Proteine für verschiedene Funktionen
verantwortlich: für den Transport in die und aus der Zelle, den Kontakt mit anderen Zellen
und für verschiedene Stoffwechselprozesse.
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
Die Membran, die eine Zelle nach außen umgibt, wird als Zellmembran oder
Plasmalemma bezeichnet. Das Plasmalemma ist eine spezielle Biomembran. Bei
eukaryotischen Organismen wird das Zellinnere von weiteren Biomembranen in
sogenannte Kompartimente unterteilt. Die Biomembranen der Kompartimente können
sich je nach Funktion des Kompartiments unterscheiden.
Anders verhält es sich beim Erbgut: Leben ist per definitionem ohne Vermehrung
nicht möglich, und tatsächlich verfügen alle Lebewesen über die grundsätzlich gleiche
Erbsubstanz – die Nukleinsäuren. Die älteste Form der Erbsubstanz war offenbar die
Ribonukleinsäure (RNA), die erst später von der Desoxyribonukleinsäure (DNA)
weitgehend abgelöst wurde. Die Gleichartigkeit der Nukleinsäuren bei allen Lebewesen
belegt ihre funktionale Bedeutung für das Leben.
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
Wir unterscheiden bei Nukleinsäuren das 3'-Ende, an dem eine OH-Gruppe hängt, und
das 5'-Ende mit einer Phosphatgruppe. Die Verlängerung zur Nukleinsäurekette kann
ausschließlich an einer OH-Gruppe erfolgen. Daraus ergibt sich, dass Nukleinsäuren
immer eine Richtung – eine Polarität – aufweisen.
Bei der RNA ist die Pentose Ribose, bei der DNA die sehr ähnliche Desoxyribose, bei
der im Vergleich zur Ribose eine OH-Gruppe durch ein Wasserstoffatom ersetzt ist. Da so
eine Stelle fehlt, an der es relativ leicht zu Reaktionen kommen kann, ist die DNA stabiler
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
als die RNA. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass sie die RNA weitgehend als Erbsubstanz
abgelöst hat.
Die Basen der Nukleinsäuren sind Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil. In der
DNA kommen nur die ersten vier vor, während in der RNA Uracil statt Thymin eingebaut
wird. Adenin und Guanin sind Purinderivate, Cytosin, Thymin und Uracil leiten sich von
Pyrimidin ab.
Sie erkennen in → Abb. 2.6 und 2.7, dass die Purinbasen deutlich größer sind als die
Pyrimidinbasen. Auch dies begünstigt die Paarung zwischen jeweils einem Pyrimidin und
einem Purin (→ Abb. 2.7). Die Verbindungen ergeben sich nur durch die Anziehungskräfte
der Teilladungen und die unterschiedliche Stabilität. Dies bezeichnet man als
komplementäre Basenpaarung. Die komplementäre Basenpaarung kann als ein
Grundprinzip des Lebens bezeichnet werden. Sie ist der Grund dafür, dass Nukleinsäuren
sich so gut als Erbsubstanz eignen.
DNA
RNA
2.3.2 Replikation
Replikation ist die Verdopplung der DNA.
Eine Vermehrung von Organismen ist nur möglich, wenn jeder neu entstehende
Organismus die vollständigen Erbinformationen erhält. Das bedeutet, dass vor jeder
Zellteilung zunächst das Erbgut verdoppelt werden muss. Das gilt in gleicher Weise
sowohl für die Vermehrung eines einzelligen Organismus durch Zweiteilung, als auch für
die Teilung von Zellen bei einem Vielzeller.
Das Prinzip der Replikation ist sehr einfach: Der DNA-Doppelstrang wird
aufgespalten, die passenden Basen lagern sich komplementär zu den vorhandenen Basen
an die beiden Einzelstränge an und werden miteinander verbunden. So entstehen zwei
DNA-Doppelstränge, die jeweils aus einem alten und einem neuen Einzelstrang bestehen.
Deshalb heißt der Mechanismus semikonservative Replikation (→ Abb. 2.10).
Die Zuordnung der Basen zueinander funktioniert ohne Enzyme nach dem Prinzip
der komplementären Basenpaarung. Ansonsten sind eine Reihe von Enzymen am
Replikationsprozess beteiligt – wir können von einer ganzen Maschinerie sprechen, die
Sie in der → Abb. 2.11 erkennen können.
Die DNA-Polymerase ist ein Komplex aus einer Vielzahl von Proteinen, der
unterschiedliche Funktionen vereint. Die Hauptfunktion ist die Verlängerung eines
entstehenden DNA-Stranges.
Die DNA-Polymerase bindet an den Startpunkt der Replikation. Die Verlängerung der
Zucker-Phosphat-Achse ist nur an der 3'-Hydroxylgruppe möglich. Die DNA-Polymerase
liest den DNA-Strang in 3'→5'-Richtung ab und bildet in 5'→3'-Richtung einen
komplementären Strang. Die Polymerase wird durch eine passende Base aktiviert und
stellt die kovalente Bindung zwischen Zucker und Phosphat her. Die benötigte Energie
wird durch die Hydrolyse der angelieferten Nukleotidtriphosphate bereitgestellt. Nach
Katalyse der Bindung nimmt die Polymerase wieder ihre Ursprungsform ein, in der sie
eine Base weiter den Strang entlang rückt. Die Replikation des 5'→3'-Stranges erfolgt so
ohne Unterbrechungen. Man spricht hier von der Synthese des Leitstrangs.
Fällt Ihnen ein Problem auf? Was ist mit dem anderen, dem gegenläufigen Strang?
Hier passt die Richtung der Polymerisation nicht zur Richtung des Strangs. Der Ablauf ist
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
etwas komplizierter. Der Strang wird von der DNA-Polymerase stückweise in 3'→5'-
Richtung abgelesen. Der Folgestrang entsteht in sogenannten Okazaki-Fragmenten, die
durch ein anderes Enzym, eine Ligase, miteinander verbunden werden. Obwohl die
Begriffe Leitstrang und Folgestrang den Gedanken nahelegen, handelt es sich nicht um
zeitversetzte Synthesen.
Die DNA-Polymerase hat eine sehr seltsame Eigenart: Sie kann keine Stränge
anfangen, sie kann nur an bereits bestehenden Stücken fortsetzen. Diese Anfangsstücke
werden aus RNA gebildet. Man bezeichnet sie als Primer und das sie bildende Enzym als
Primase. Jeder DNA-Strang, auch jedes einzelne Okazaki-Fragment, benötigt seinen
eigenen Primer. Exonukleasen entfernen die RNA-Stücke, und Ligasen sorgen für die
Verbindung der Okazaki-Fragmente zum Gesamtstrang.
Es muss noch ein Problem gelöst werden, das wir bislang ignoriert haben. Stellen Sie
sich vor, wie so eine Helikase zwischen den DNA-Einzelsträngen entlangfährt, sie trennt
und spreizt – dann wird Ihnen auffallen, dass die Doppelhelixstruktur zu einem Problem
führen muss. Wenn Sie eine Blase der Doppelhelix in die Länge ziehen, kommt es
automatisch zu einer Überdrillung der anderen Windungen. Hier kommen
Topoisomerasen zum Einsatz. Sie sorgen für eine Entspannung der DNA.
Ablauf im Überblick
Die Replikation beginnt mit der Initiation, bei der sich an der DNA der
Replikationskomplex bildet. Dieser Zustand ist noch recht instabil. Erst wenn ein kurzes
DNA-Stück erfolgreich synthetisiert wurde, stabilisiert sich die Struktur für die
fortlaufende Replikation. Diese wird mit der Elongation fortgesetzt, bei der beide Seiten
der DNA-Doppelhelix repliziert werden. Hier findet gleichzeitig eine erste Reparatur statt
(s.u.). Die Replikation endet mit der Termination, in der sich der Replikationskomplex
von der DNA löst und die beiden DNA-Doppelhelices freigesetzt werden.
2.3.3 Reparatur
DNA-Replikation ist ein erstaunlicher Prozess – eine sehr komplexe Maschinerie
wirkt hier zusammen, und das in verblüffender Geschwindigkeit: In einer Minute wird der
neu entstehende DNA-Einzelstrang um 2,6 kb (Kilobasen), also ca. 2.600 Basen,
verlängert. Es ist beeindruckend, mit welch einer Genauigkeit gearbeitet wird. Trotzdem
treten Fehler auf – die Fehlerrate bei der komplementären Basenpaarung liegt bei einem
Fehler je 10.000 bis 100.000 (104 - 105) Basen. Das bedeutet auf das gesamte Genom
betrachtet immerhin noch ca. 60.000 Fehler je Replikationsrunde.
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Kapitel 2 – Was ist Leben?
Grundlagenwissen Enzyme
Enzyme sind Biokatalysatoren. Katalysatoren ermöglichen Reaktionen und bleiben
dabei unverändert. Die Umbauprozesse in unserem Körper können ohne Enzyme nicht
stattfinden. Das ist auch gut so, weil wir uns sonst theoretisch in einem Umfeld mit
Sauerstoff in ein Aschehäufchen verwandeln müssten. Das passiert nicht, weil
organische Substanzen metastabil sind. Das bedeutet, dass sie unter physiologischen
Bedingungen nicht unkontrolliert ablaufen. Man kann die Reaktion in Gang setzen,
indem man Energie - beispielsweise Wärme - zuführt. Die Funktion der Energiezufuhr
übernehmen in Lebewesen die Enzyme. Der Vorteil dabei ist, dass Enzyme deutlich
gezielter wirken als beispielsweise ein Feuer und dass sie in ihrer Funktion auch
reguliert werden können. Enzyme sind Strukturen, die aus einem oder mehreren
Proteinmolekülen bestehen und durch zusätzliche Gruppen ergänzt werden können.
Die wichtigsten Stellen am Enzym sind das aktive Zentrum und in den meisten Fällen
ein allosterisches Zentrum. Am aktiven Zentrum läuft die Reaktion ab, die durch das
Enzym beschleunigt bzw. ermöglicht wird. Hier wird das Substrat gebunden und
umgesetzt. Dabei werden kovalente Bindungen entweder geschlossen oder gelöst.
Welche Reaktion erfolgt, ist enzymabhängig. Das wird als Wirkungsspezifität des
Enzyms bezeichnet. Spezifisch ist auch, welches Substrat gebunden wird. Das heißt
entsprechend Substratspezifität. Das bedeutet, dass jedes Enzym an genau einem
bestimmten Substrat genau eine bestimmte Reaktion beschleunigen kann. Die
Substratspezifität kann unterschiedlich präzise sein. Manchmal können Enzyme auch
mit Substratgruppen interagieren. Am allosterischen Zentrum kann ein Molekül
binden, das nicht direkt an der Reaktion teilnimmt. Durch diese Bindung kann sich die
Struktur des Enzyms so verändern, dass es aktiviert oder deaktiviert wird.
Die einfachsten Formen am Anfang des Lebens bestanden wohl aus nicht mehr als
reiner Nukleinsäure. Sie schwammen in einem Meer, in dem die verschiedensten
Moleküle in großer Menge vorkamen und konnten sich replizieren, wenn sie auf passende
Basen trafen.
In unserer Vorstellung gehört mehr zum Leben als die reine Weitergabe des Erbgutes.
Leben ist für uns durch Organismen gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die
Informationen des Erbgutes nicht nur für ihre eigene Wiederholung ausreichen können.
Es muss auch Informationen geben, die Bauanleitungen für den Organismus enthalten.
Wie kann aber aus so etwas Kleinem und Einförmigem wie den Nukleinsäuren ein
Organismus entstehen? Sie können sich vermutlich vorstellen, dass das ein komplizierter
Prozess sein muss, und jeder Fehler in diesem Prozess kann zu Schädigungen des
betroffenen Organismus führen.
Die vielfältigen Funktionen können Proteine nur durch große Präzision des Aufbaus
erfüllen. Falsche Aminosäuren können wie Sand im Getriebe sein. Es gibt 20 verschiedene
Aminosäuren, die sich in ihrer Ladung und/oder der Größe der Reste unterscheiden.
25
Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Werden ähnliche Aminosäuren ausgetauscht, kann das ohne Folgen für das Protein
bleiben. Werden aber Aminosäuren mit unterschiedlichen Ladungen oder Teilladungen
gegeneinander getauscht, können sich die Eigenschaften eines Proteins erheblich ändern.
Wo beispielsweise vorher eine positive Ladung an einer Aminosäure durch eine negative
Ladung an einer anderen Aminosäure angezogen wurde, kann es nun durch eine ebenfalls
negative Ladung der ausgetauschten Aminosäure zur Abstoßung kommen. Auch der
Austausch zwischen Resten, die sich in der räumlichen Struktur erheblich unterscheiden,
kann ein Protein verändern.
3.1 Proteinsynthese
Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über den Ablauf und die Verortung der
einzelnen Schritte der Proteinsynthese in der Zelle, bevor wir uns den Schritten im
Einzelnen zuwenden. Wir können auf dem Weg von der DNA zum Protein drei
Hauptschritte unterscheiden (→ Abb. 3.1):
3. Translation: In der Translation wird die Information aus der Basensequenz in eine
Aminosäuresequenz umgeschrieben.
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Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Als Transkription wird der Prozess bezeichnet, in dem die DNA in RNA überführt wird
(→ Abb. 3.2). Es gibt verschiedene Formen von RNA mit unterschiedlichen Funktionen,
die Sie im Weiteren kennenlernen werden (mRNA, tRNA, rRNA, snRNA usw.). Die RNA-
Synthese erfolgt mithilfe von DNA-abhängigen RNA-Polymerasen.
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Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Elongation: Die RNA-Polymerase fährt den DNA-Strang entlang und verbindet die
Basen, die sich komplementär an der DNA angelagert haben. Dabei werden hier nur
Nukleotide verwendet, die Ribose - nicht Desoxyribose wie bei der Replikation - als
Zucker aufweisen. Komplementär zu Adenin ist bei der RNA-Synthese die dem Thymin
sehr ähnliche Base Uracil. Die Kettenverlängerung erfolgt am 3'-OH-Ende – das kennen
Sie schon von der Replikation.
28
Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Das Primärtranskript ist ebenso wie alle daraus entstehenden RNA-Formen recht
kurzlebig. Seine Informationen werden nicht innerhalb einer Zelllinie weitergegeben.
Außerdem wird RNA in einer entsprechenden Stoffwechselsituation immer wieder neu
gebildet, während die DNA nur jeweils einmal bei der Replikation verdoppelt wird. Eine
fehlerhafte RNA hat daher deutlich weniger Folgen als eine fehlerhafte DNA, so dass sich
keine aufwändigen Reparaturmechanismen herausgebildet haben.
Termination: Die entstehende RNA bindet zu keinem Zeitpunkt an die DNA – die
wachsende Nukleinsäurekette ragt von der DNA weg. Am Terminationspunkt wird sie
vollständig freigesetzt. Das Produkt der RNA-Polymerase ist bei Eukaryoten immer ein
Primärtranskript. Das bedeutet, dass die entstandene Nukleinsäurekette immer noch
bearbeitet wird, bevor sie ihre Funktionen übernehmen kann.
Prozessierung im Zellkern
Das Primärskript hat ein 3'-OH- und ein 5'-Phosphat-Ende. Beide Enden werden vor
Abbau geschützt: Am 3'-Ende wird ein sogenannter Poly-A-Schwanz angehängt, dieser
besteht aus bis zu 200 Adenylresten. Am 5'-Ende wird eine Nukleinsäuresequenz
angehängt, die als Cap (Kappe) bezeichnet wird. Diese schützt nicht nur das Ende der
mRNA vor Abbau, sondern hilft auch bei der späteren Bindung an die Ribosomen.
Ein Primärtranskript ist deutlich länger als die fertige mRNA. Die Bereiche, die
entfernt werden, bezeichnet man als
Introns – sie sind zwischen die
Information gefügt. Die Bereiche, die
verbleiben, sind Exons – Bereiche, die
später exprimiert werden. Vielleicht
können Sie sich das auch damit merken,
dass diese Bestandteile zur Translation
aus dem Zellkern exportiert werden.
Die Bedeutung, die das Spleißen auf dem Weg von der Erbinformation zum
Organismus hat, wird deutlich, wenn man sich anschaut, dass es Erbkrankheiten wie die
spinale Muskelatrophie gibt, die auf inkorrekte Spleißstellen zurückzuführen sind. Hinzu
kommt, dass beim Spleißen einzelne Basen verloren gehen können. 15% der Ein-Basen-
Mutationen, die genetisch bedingte Krankheitsbilder zur Folge haben, entstehen so.
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Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Initiation: Die Hauptkomponenten der Translation sind die mRNA und die
Ribosomen, welche aus zwei Untereinheiten bestehen. Das Cap-Ende der mRNA
ermöglicht den Kontakt zur kleinen Untereinheit der Ribosomen, wobei das Startcodon
an die P-Bindungsstelle des Ribosoms gelangt (→ Abb. 3.6). „P“ steht hier für „Peptidyl“ -
an der P-Stelle ist die wachsende Polypeptidkette gebunden. An dieser Stelle kann nur ein
wachsendes Peptid gebunden werden, daher wird für den Start eine spezielle Initiator-
Aminosäure benötigt. An die mRNA in der P-Stellung bindet die tRNA mit einem speziellen
Initiator-Methionin. Erst dann wird das Ribosom durch die große Untereinheit
komplettiert.
Neben der Peptidbindungsstelle gibt es noch die A-Bindungsstelle („A“ steht für
„Aminoacyl“), an der neue Aminoacyl-tRNAs ankommen, und eine E-Stelle („E“ steht für
„Exit“), an der entladene tRNAs entlassen werden. Die Ribosomen bestehen aus Proteinen
und ribosomalen Ribonukleinsäuren (rRNAs). Dabei kommt den verschiedenen rRNAs
die eigentliche enzymatische Funktion zu.
Elongation: Sie wissen, dass die mRNA durch die verschiedenen Enden eine Polarität
hat. Diese ist wichtig, da die transportierte Information nur in eine Richtung gelesen einen
Sinn ergibt. Bei der Ablesung wird die richtige Richtung dadurch eingehalten, dass das
Cap-Ende in Kontakt mit dem Ribosom tritt. Die mRNA wird von 5' nach 3' abgelesen,
wobei die Peptidyltransferase für die Bildung der Peptidbindung zwischen den
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Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
Aminosäuren verantwortlich ist. Zeitgleich mit der Peptidbindung wird die wachsende
Peptidkette aus der P-Stelle auf die tRNA an der A-Stelle transferiert. So wird die tRNA auf
der P-Stelle frei und rückt von der P-Stelle auf die E-Stelle. Die wachsende Peptidkette
wird von der A- auf die P-Stelle verschoben, die nächste tRNA kann an der A-Stelle binden.
Die tRNA an der Exit-Stelle löst sich. Dieser Prozess wiederholt sich so lange, bis die
Information vollständig in eine Proteinkette umgesetzt wurde (→ Abb. 3.7).
Termination: Das Ende der Translation wird durch Stoppsignale eingeleitet. Diese
Signale sind ganz einfach Codons, für die es keine passende tRNA gibt – die Translation
muss also abbrechen. Meist gibt es zwei Stoppsignale hintereinander, so dass die Gefahr
verringert wird, dass ein Ribosom über eine solche Leerstelle hinweggleitet. Dadurch,
dass die A-Stelle nicht besetzt wird, werden Terminations- bzw. Freisetzungsfaktoren
(release factors) aktiviert, die zum Kettenabbruch führen. Die Peptidkette wird von der
letzten tRNA gelöst, und diese verlässt den Komplex (→ Abb. 3.8).
Mehrere Ribosomen können gleichzeitig eine mRNA translatieren. Das beschleunigt die
Proteinsynthese. Bei einer solchen Kette sprechen wir von einem Polysom oder
Polyribosom.
Tatsächlich codiert immer ein Basentriplett für eine Aminosäure. Heute ist gut
bekannt, welche Tripletts für welche Aminosäure codieren. Sie können dies der
Codesonne entnehmen (→ Abb. 3.9). Vielleicht stolpern Sie bei der Betrachtung der
Codesonne darüber, dass die Base Thymin nicht vorkommt und stattdessen das U für
Uracil enthalten ist. Sie haben schon gelernt, dass in der RNA Uracil an die Stelle von
Thymin tritt, und so ist klar, dass Sie in der Codesonne keine DNA-Tripletts, sondern RNA-
Tripletts sehen. Das ist sinnvoll, weil die DNA, die bei der Translation (Übersetzung von
Nukleinsäure in Proteine) gut geschützt im Zellkern liegt, ja keine Rolle mehr spielt.
Es gibt vier grundlegende Eigenschaften des genetischen Codes, die Sie sich
merken müssen: Der genetische Code ist nahezu universell, degeneriert, kommafrei und
nicht überlappend.
Nahezu universell: Der genetische Code gilt so wie für den Menschen auch für
nahezu alle anderen Organismen. Es gibt nur einige wenige Ausnahmen, die für Sie nicht
von Bedeutung sind.
Degeneriert: Wenn Sie sich die Codesonne ansehen, stellen Sie fest, dass es eine
Reihe von Aminosäuren gibt, die unterschiedlichen Tripletts zugeordnet sind. Während
der Pfad von den Tripletts immer eindeutig zu einer bestimmten Aminosäure führt, kann
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Kapitel 3 – Vom Erbgut zum Organismus
man umgekehrt nicht von einer Aminosäure eindeutig auf das zugrunde liegende Triplett
schließen.
Wobble
Abschließend müssen wir uns noch eine Besonderheit ansehen. Der genetische Code
ist degeneriert, und mit einem genaueren Blick auf die Translation können wir das auch
verstehen.
Das Anticodon der tRNA nimmt Kontakt zum Codon auf der mRNA auf. Diese Bindung
beruht wieder einmal auf komplementärer Basenpaarung. Untersuchungen haben
gezeigt, dass hier die beiden ersten Basen deutlich wichtiger sind als die dritte. Die dritte
Stelle wird als Wobble-Position bezeichnet. Hier ist die Basenpaarung flexibler, so dass
die Basen sozusagen wackeln – Wobble ist der englische Begriff dafür. So kann sich eine
tRNA mit ihrem Anticodon an verschieden Codons anlagern, auch wenn die dritte Position
nach der komplementären Basenpaarung nicht passen würde.
Vergleichen Sie diese Information einmal mit der Codesonne (→ Abb. 3.9). Sie werden
feststellen, dass tatsächlich die ersten beiden Basen des Tripletts immer einen klaren Pfad
zur Aminosäure darstellen, und dass es Unterschiede nur in der dritten Position gibt.
36
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Wir haben die Erbsubstanz und die Biomembran als Charakteristika zellulären
Lebens kennengelernt. Abgesehen von diesen Gemeinsamkeiten können Zellen sehr
unterschiedlich aussehen, verschiedene Funktionen übernehmen und einzeln oder als
Vielzeller organisiert vorkommen.
Grundbaustein der Menschen ist die tierische eukaryotische Zelle, deren Funktionen
wir verstehen müssen, bevor wir uns ihr Zusammenwirken im Gesamtorganismus
ansehen können. → Abbildung 4.1 zeigt ein zusammenfassendes Schema tierischer Zellen.
Keine Zelle sieht tatsächlich so aus, aber wir können uns daran alle für uns wichtigen
Bestandteile ansehen.
Vor allem fällt auf, dass bei Eukaryoten – im Gegensatz zu Prokaryoten – der
Innenraum in verschiedene Räume unterteilt ist. Diese bezeichnet man als
Kompartimente.
Alle eukaryotischen Zellen sind im Inneren gegliedert, das gilt für Pflanzen und Pilze
genauso wie für tierische Zellen.
Wir wollen uns hier auf die tierischen Zellen beschränken, da es für Sie als angehende
Mediziner nicht so wichtig ist, den Aufbau der Pflanzenzelle zu kennen. Auf die Pilze als
potentielle Pathogene kommen wir allerdings noch zurück.
Sie sollen nun zuerst einen Überblick über die Zelle bekommen. Betrachten Sie das
bitte so wie bei einem Touristen, der sich anhand des Stadtplans über die Stadt, die er
besuchen will, informiert. Zunächst schaut er sich an, wo was liegt und liest die
Kurzinformationen zu den Sehenswürdigkeiten. Wenn er dann an Ort und Stelle ist, kann
er diesen Überblick mit deutlich mehr Inhalt füllen und sich so auch besser merken.
Grundsätzlich gilt, dass die Zelle die kleinste lebensfähige Einheit mit Membran ist.
Dies gilt von der Anlage her auch für die Zellen unseres Körpers, auch wenn der Grad der
jeweiligen Differenzierung die Überlebensfähigkeit der Einzelzelle dem Leben des
Gesamtorganismus untergeordnet ist. Das geht sogar so weit, dass bei der Reifung der
Erythrozyten der Zellkern abgestoßen wird.
Die Grundsubstanz der Zelle ist das Cytoplasma, dessen flüssiger Bestandteil als
Cytosol bezeichnet wird. Das Cytoplasma wird von der Membran nach außen abgegrenzt.
Es umfasst das Cytosol und alle Kompartimente außer dem Zellkern.
Da ist zunächst der für Eukaryoten namensgebende Zellkern. Er ist von einer
Doppelmembran umgeben und enthält die Chromosomen mit der DNA. Er ist das
Informationszentrum der Zelle.
38
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Am rER werden die Informationen aus dem Zellkern in Proteinen umgesetzt. Rau
wird das ER durch Ribosomen, die die Maschinen der Proteinsynthese sind. Es gibt im
Cytosol auch freie Ribosomen, die ebenfalls der Proteinsynthese dienen.
Eine wichtige Aufgabe des sER ist die Synthese von Membranlipiden, durch die das
ER auch wächst.
Der aus dem ER hervorgehende Golgi-Apparat ist dem ER in der Struktur recht
ähnlich. Auch hier finden wir Stapel aus flachen Membranzisternen – die Sacculi, die
allerdings nicht zu einem Netzwerk verbunden sind, sondern als Stapelhaufen
(Dictyosomen) vorliegen. Ihre Membran erhalten sie durch Vesikeltransport vom ER. Hier
erhalten einige der Produkte des ER ihren Feinschliff, bevor sie an ihre Funktionsorte
verteilt werden.
Für die Verteilung spielt das Cytoskelett eine wichtige Rolle. Vom Golgiapparat
werden unter anderem Lysosomen abgeschnürt, die eine wesentliche Komponente des
Verdauungssystems der Zelle darstellen.
Transportvorgänge vom ER über den Golgiapparat und die Vesikel zur Zellmembran
sind vom Transport von Lipiden begleitet. Zellorganellen erhalten die für ihr Wachstum
benötigten Lipide auf diesem Weg. Daher zählt man diese Organellen auch zum
Endomembransystem.
Es gibt mit den Mitochondrien und den Peroxisomen noch zwei wichtige Organellen,
die allerdings nicht zum Endomembransystem gehören, sie sind nicht an den Lipidfluss
über Vesikel angebunden.
Außerdem finden im Cytoplasma eine Reihe von Aufbau- und Abbauprozessen statt.
Aufgebaut werden u.a.:
• Aminosäuren
• Fettsäuren
• Nukleotide
• Glykogen
• Proteine (an den Ribosomen)
Abgebaut werden:
• Einfachzucker (Glykolyse).
41
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Im Inneren liegt der Kernhülle eine Lamina an. Diese ist an der Stelle der Kernporen
unterbrochen. Sie besteht aus Laminen, bei denen es sich um einen Typus von
Intermediärfilamenten handelt. Die Lamine übernehmen eine wichtige Funktion bei der
Organisation der Chromosomen. Diese heften an der Lamina an.
42
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Von den Chromosomen ist bei intaktem Zellkern nicht viel zu sehen. Sie können
lediglich hellere und dunklere Bereiche ohne klare Struktur unterscheiden. Diese werden
Euchromatin und Heterochromatin genannt. Die Namensgebung ist auf Zeiten zurück
zuführen, in denen Unterscheidungen meist mit Färbemethoden getroffen wurden. Die
Chromosomen wurden so genannt, weil sie leicht anfärbbare Strukturen sind. Ihre
Substanz ist entsprechend das Chromatin. Als Euchromatin bezeichnet man den Bereich,
der bei einer Färbung weniger Farbe aufnahm; als Heterochromatin den Bereich, der
stärker gefärbt erschien. Für Sie ist es wichtig zu wissen, dass im Heterochromatinbereich
das Chromatin und damit die DNA dichter gepackt ist und so nur eingeschränkt
zugänglich ist, während im Euchromatin die DNA aufgelockerter vorliegt. Nur in
aufgelockerten Bereichen ist es möglich, die Information, die in der DNA verschlüsselt ist,
abzulesen.
Eine auffällige Struktur im Zellkern ist das Kernkörperchen, der Nucleolus, dessen
Größe vom Aktivitätszustand der Zelle abhängig ist. Hier werden die
Ribosomenuntereinheiten gebildet, die im Cytoplasma zur Proteinbiosynthese gebraucht
werden. Entsprechend werden mehr Ribosomenuntereinheiten benötigt, wenn der
Stoffwechsel einer Zelle besonders aktiv ist. Im Zellkern können ein oder auch mehrere
Nucleoli vorliegen. Der Nucleolus ist nicht von einer eigenen Membran umgeben.
Das sER ist besonders gut in Zellen ausgebildet, die Steroide synthetisieren, also in
der Nebennierenrinde und den Keimdrüsen. Auch in der Leber finden wir einen großen
sER Anteil, denn Leberzellen sind die einzigen Stellen im Körper, die Cholesterin bilden.
Eine weitere Funktion des glatten ER ist die Speicherung von Ca2+-Ionen. Diese ist
besonders in den Muskelfasern der quergestreiften Muskulatur ausgeprägt, in denen Ca2+
wesentlich für die Funktionalität ist. Dort finden wir mit dem sarkoplasmatischen
Retikulum eine Sonderform des glatten ER.
Andere Zellen speichern im sER Glykogen, das den Zellen als Energiereserve dient.
Die Vorräte sind in ständigem Auf- und Abbau (Glykogenspeicherung und
Gluconeogenese), woran eine Reihe von Enzymen beteiligt ist. Es können
unterschiedliche Defekte an verschiedenen Enzymen und in unterschiedlichen Zellen
auftreten, so dass im Klinischen verschiedene Krankheitsbilder zu unterscheiden sind.
Alle werden zusammengefasst als Glykogenspeicherkrankheiten bezeichnet.
Abgesehen von Aufbau und Speicherung hat das sER besonders in der Leber auch eine
besondere Funktion für die Abfallbeseitigung der Zelle. Menschen nehmen Stoffe auf
oder produzieren sie selbst, deren Abbauprodukte sie nicht direkt ausscheiden können.
Bei fremd aufgenommenen Stoffen spricht man allgemein von Xenobiotika. Diese Stoffe
müssen zunächst verändert werden, um dann abgegeben werden zu können. Würden sie
sich ansammeln, könnte dies tödliche Folgen für den Organismus haben.
Beruhigungsmittel, so dass die benötigte Dosis immer höher wird. Hier sehen wir einen
Prozess, der uns besonders gut nachvollziehen lässt, wie Abläufe evolutionär entstehen,
die wir aus unserer heutigen Sicht als nachteilig bewerten würden.
Das Problem mit der Entgiftung geht auch noch einen Schritt weiter. Natürlich ist es
sinnvoll, dass Giftstoffe so umgewandelt werden, dass sie ausgeschieden werden können.
Da es eine Vielzahl von Giftstoffen geben kann, müssen die Entgiftungsfunktionen relativ
unspezifisch sein. Die Anheftung von OH-Gruppen, um die Stoffe besser löslich zu machen,
entspricht diesem Kriterium. Leider ist es so, dass dieser Mechanismus auch seine
Kehrseite hat. Das Gift Aflatoxin des Schimmelpilzes Aspergillus, den Sie als pelzigen
Flaum auf Nahrungsmitteln kennen, ist für den Menschen eigentlich gar kein Gift – es wird
erst durch eine solche Hydroxylierung aktiviert und so zu einem hochwirksamen
Karzinogen. Da die Entgiftungsfunktion vor allem in der Leber geschieht, ist das Aflatoxin
ein Leber-Karzinogen.
4.5 Golgi-Apparat
Während das ER auf der einen Seite in die Membran des Zellkerns übergeht, werden
auf der anderen Seite kleine Bläschen – Vesikel – abgeschnürt, in denen Materialien aus
dem ER weiter transportiert werden. Sie gelangen zum größten Teil zu der nächsten
Struktur, die wir uns ansehen wollen.
Der Golgi-Apparat ist dem ER in der Struktur recht ähnlich. Auch hier finden wir
Stapel aus flachen Membranzisternen – die Sacculi, die allerdings nicht zu einem
Netzwerk verbunden sind, sondern als Dictyosomen (Stapelhaufen) vorliegen. Ihre
Membran erhalten sie durch Vesikeltransport vom ER.
Der Golgi-Apparat weist eine cis-trans-Polarität auf. An der cis-Seite wird das Material
aus dem ER angeliefert. Dort beginnt dann die chemische Modifizierung. Dabei handelt es
sich vor allem um Abänderungen von Oligosacchariden, die bereits im ER kovalent an
Proteinmoleküle angeheftet wurden. Auch Lipide können im Golgi-Feld mit Zuckerketten
47
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Ein dritter Typ von Kompartimenten, die vom trans-Golgi-Netz abgeschnürt werden,
enthält Verdauungsenzyme, die innerhalb der Zelle wirken sollen. Diese Kompartimente
werden primäre Lysosomen genannt.
Bei der Gicht wird die Lysosomenmembran verletzt, und die in das Cytosol
gelangenden Verdauungsenzyme rufen Entzündungsreaktionen hervor.
Wenn Lysosomen Material zum Abbau aufgenommen haben, bezeichnen wir sie als
sekundäre Lysosomen. Sekundäre Lysosomen können noch in Autophagosomen und
Heterophagosomen unterschieden werden, je nachdem, ob zelleigenes oder zellfremdes
Material aufgenommen wurde.
Die Verdauungsenzyme sind dabei immer noch durch eine Membran vom Cytosol
getrennt. Die freigesetzten kleinen Moleküle, z.B. Aminosäuren, werden dann mithilfe von
Permeasen durch die Membran hindurch ins Cytosol gebracht, wo sie für den
Zellstoffwechsel zur Verfügung stehen.
49
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Beim Verdauen größerer Partikel wie Bakterienzellen oder Mitochondrien bleiben oft
unverdauliche Reste übrig, die entweder durch Exocytose ausgeschieden werden, oder
membranumhüllt als sogenannte Residualkörper in der Zelle verbleiben. Oft enthalten
sie eine gelbe Substanz, das Lipofuscin. Es ist für das Auftreten der sogenannten
Altersflecken in der Haut verantwortlich.
Auch neue Phospholipide für das Wachstum ihrer Membran erhalten die
Peroxisomen nicht über Vesikel. Phospholipide werden zwar auch in der Membran des
ER synthetisiert, von dort aber nicht als Vesikel abgeschnürt. Spezifische Transport-
Proteine greifen sich Phospholipid-Moleküle und bringen sie in die wachsende
Peroxisomen-Membran. Wenn ein Peroxisom groß genug geworden ist, teilt es sich durch
Einschnürung seiner Membran. Ihre Funktion ist es, reduzierte Kohlenstoffverbindungen
unter Verwendung von molekularem Sauerstoff zu oxidieren. Hierbei werden vor allem
komplexe Lipide unter Energiefreisetzung abgebaut.
Weiterhin können sie giftige Substanzen in der Zelle durch Oxidation unschädlich
machen. So wird z.B. ¼ des Ethanols im Blut durch Peroxidasen zu Acetaldehyd oxidiert
und dem Stoffwechsel verfügbar gemacht. Leberzellen und Nierenzellen sind daher auch
besonders reich an Peroxisomen.
Bei ihrer Tätigkeit entsteht das sehr giftige Wasserstoffperoxid (H2O2). Peroxisomen
enthalten dementsprechend auch immer das Enzym Katalase, das auch als Leitenzym der
Peroxisomen bezeichnet wird. Es zerlegt sehr effizient H2O2.
Der Ausfall von Peroxisomen hat schwerwiegende Folgen. Bei Patienten mit dem
Zellweger-Syndrom können die in den Peroxisomen benötigten Proteine nicht aus dem
Cytoplasma importiert werden. Das führt zum Ausfall der Peroxisomen und damit zu
50
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Die innere Membran ist relativ undurchlässig. Hier spielt Cardiolipin eine wichtige
Rolle. Permeasen sorgen für einen gezielten Austausch. Die innere Membran ist vielfältig
nach innen vorgewölbt und gefaltet. Da die Membran eine reichhaltige Ausstattung mit
Enzymen hat, wird dieser Reaktionsraum durch die Faltung vergrößert. An dem typischen
Muster der Membran-Einstülpungen sind Mitochondrien auf elektronenmikroskopischen
Bildern leicht zu erkennen. Meistens sind die Vorstülpungen der inneren Membran
scheibenförmig - ähnlich wie bei den Dictyosomen im Golgi-Feld oder wie beim ER. Man
spricht dann vom Crista-Typ. In den Mitochondrien bestimmter Zellen sind die
51
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
Vorstülpungen röhrenförmig. Dann spricht man vom Tubulus-Typ. Dieser Typus ist für
Zellen, in denen Steroidhormone gebildet werden, typisch.
Trotz ihrer eigenen Erbsubstanz und ihrer eigenen Maschinerie zur Proteinsynthese
stellen Mitochondrien nur wenige ihrer Proteine selbst her. Die meisten mitochondrialen
Proteine werden an den Ribosomen im Cytosol synthetisiert und in die Mitochondrien
eingeschleust. Wieder sorgt eine Signalsequenz dafür, dass die Polypeptidkette spezifisch
an einen Rezeptor in der äußeren Mitochondrienmembran bindet. Daraufhin wird die
Polypeptidkette von einem Translokator – einer Art Permease für Polypeptidketten –
zunächst ein Stück weit durch die beiden Mitochondrienmembranen hindurchgeschoben.
Danach wird sie von einer anderen Komponente in das Innere des Mitochondriums, die
Matrix, hineingezogen. Wir haben es hier wieder mit Translokation zu tun.
Viele der aus dem Cytosol importierten Proteine finden ihren Bestimmungsort in der
inneren Mitochondrienmembran, manche im Raum zwischen der inneren und der
äußeren Membran. Über die richtige Zuweisung entscheidet eine weitere Signalsequenz,
die wirksam wird, nachdem in der Matrix des Mitochondriums eine Peptidase die erste
Signalsequenz abgespalten hat - ein hübsches Beispiel dafür, wie eine gesteuerte Abfolge
von verschiedenen Einzelprozessen zur Herstellung eines funktionierenden komplexen
Gebildes führt.
Die Bedeutung der Mitochondrien für die Zelle wird auch daran deutlich, dass sich in
ihrer Membran spezifische Proteine (Bcl-2-Familie) befinden, die bei der Regulation der
Apoptose (dem programmierte Zelltod) eine wichtige Rolle spielen. Die gravierenden
Folgen der Schädigung von Mitochondrien auf die Zelle zeigt sich daran, dass dabei
Substanzen freigesetzt werden, die die Apoptose durch Aktivierung von Proteasen
52
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
einleiten. Dies bezeichnet man als intrinsischen Weg zur Einleitung der Apoptose. Das
Absterben der Zelle durch Apoptose schont das benachbarte Gewebe, da die Zelle von
innen heraus abgebaut wird. Die Zellbestandteile werden von Fresszellen phagocytiert
und damit entfernt.
Den Gegensatz zur Apoptose bildet die Nekrose. Diese wird durch Einflüsse, die als
pathogen zusammengefasst werden, ausgelöst. Die Zelle stirbt unkontrolliert ab und
entleert ihren Inhalt in die Umgebung. Dies kann zu Entzündungsreaktionen führen, die
das umgebende Gewebe in Mitleidenschaft ziehen.
Die Apoptose hat allerdings nicht nur bei der Entsorgung absterbender Zellen,
sondern auch in Entwicklungsprozessen eine wichtige Funktion. Bei der
Embryonalentwicklung werden teilweise Strukturen angelegt und nachträglich durch
Apoptose ausgeformt, wie sie an der Embryonalentwicklung der Mäusepfote (→ Abb. 4.8)
erkennen können.
4.9 Cytoskelett
Der letzte Zellbestandteil, den wir hier besprechen wollen, ist das Cytoskelett, das aus
Mikrotubuli, Intermediärfilamenten und Mikrofilamenten (Aktinfilamenten) aufgebaut
ist.
4.9.1 Mikrotubuli
Mikrotubuli sind aus dem Protein Tubulin aufgebaut. Dabei handelt es sich um ein
globuläres Heterodimer aus α- und β-Tubulin. Bei der Aggregation bindet immer eine α-
Untereinheit an eine β-Untereinheit, so dass eine fadenförmige Struktur entsteht, die als
Protofilament bezeichnet wird. 13 dieser Protofilamete bilden zusammen einen
Mikrotubulus.
Basalkörper sind ebenfalls MTOCs. Sie organisieren Cilien, die eukaryotischen Zellen
zur Fortbewegung dienen können und beim Menschen wichtige Funktionen im
Abtransport von Abfallprodukten beispielsweise im Flimmerepithel übernehmen.
55
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
4.9.2 Mikrofilamente
Das wichtigste Mikrofilament ist das Aktin, das aus globulären, monomeren
Untereinheiten, den G-Aktinen, aufgebaut ist. Wie die Mikrotubuli können auch
Aktinfilamente dynamischen Prozessen unterworfen sein – allerdings in deutlich
geringerem Maße. Durch Quervernetzungen zwischen Aktinfilamenten – beispielsweise
durch Fimbrin – wird der Zellkortex gebildet, der die Form der Zelle stabilisiert. Aktin ist
außerdem an Ausstülpungen aus der Zelle beteiligt, die wir bei amöboiden
Kriechbewegungen und bei der Phagocytose finden. Auch feste Ausstülpungen, wie die
Mikrovilli, die z.B. der Oberflächenvergrößerung von Epithelzellen dienen können,
werden von Aktinfilamenten stabilisiert. In Kombination mit dem Motorprotein Myosin
übernimmt Aktin wichtige Aufgaben bei der Bewegung – sowohl für die Zelle selbst, als
auch besonders in den Muskeln.
Für Sie als Mediziner ist noch das Mikrofilament Spektrin von Bedeutung, da es für
das Cytoskelett der Erythrozyten wichtig ist.
56
Kapitel 4 – Die Zelle als Grundbaustein des (zellulären) Lebens
4.9.3 Intermediärfilamente
Intermediärfilamente sind aus monomeren Proteinen aufgebaut, wobei jeder
Filamenttyp nur aus einer Sorte von Proteinen besteht. Wir finden in dieser Gruppe sehr
vielfältige Strukturen. Die meisten kommen entsprechend der Funktion nur in
bestimmten Zelltypen vor, die wir der Vollständigkeit halber auflisten wollen:
Neuronen: Neurofilamente
Epithelzellen: Cytokeratin
Fibroblasten: Vimetin
Muskelfasern: Desmin
Gemeinsam ist allen Intermediärfilamenten, dass sie sehr reißfest sind und vor allem
in Zugrichtung belastet werden können.
57
rER
sER
Ribosomen
Golgi-Apparat
Lysosomen
Peroxisomen
Mitochondrien
58
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
Sie haben das Plasmalemma (die Zellmembran) als Grenze zwischen Innen und
Außen einer jeden Zelle kennengelernt. Eine solche Grenze ist notwendig, um alles
zusammen zu halten, was die Zelle zum Leben benötigt, und um die Zelle vor schädlichen
Einflüssen aus der Umwelt zu schützen. Gleichzeitig muss die Zelle aber im Austausch mit
der Umwelt stehen, da sie Material und Energie benötigt. Soweit gilt das für alle Zellen. Im
vielzelligen Organismus kommen an den Grenzen andere Anforderungen hinzu. Die Zellen
müssen sich mit anderen Zellen austauschen, damit sowohl die Zellen in einem Verband
zusammen agieren, als auch verschiedene Zellverbände im Organismus koordiniert
werden können. In diesem Kapitel wollen wir uns mit dem Austausch zwischen Zelle und
Umwelt beschäftigen.
5.1 Transport
Wie gelangen Stoffe von der Zelle in die Umwelt und umgekehrt, wie in andere Zellen
– benachbarte oder weit entfernte? Wir wollen uns einige Transportformen ansehen.
5.1.1 Diffusion
Beginnen wir mit der einfachsten Form von Transport, die immer und überall
stattfindet, ohne dass wir darauf einen Einfluss haben. Diese beruht auf der Bewegung
kleinster Teilchen. Wir wollen zum Verständnis nicht weit in die Physik gehen. Machen
Sie sich bitte nur bewusst, dass jede Materie aus Teilchen besteht. Je nach Form, in der die
Materie vorkommt, sind diese Teilchen unterschiedlich stark in Bewegung. Das Beispiel
Wasser ist hier besonders anschaulich: Ein Block aus gefrorenem Wasser ist ziemlich fest,
und die Teilchen (Wassermoleküle) bewegen sich so gut wie gar nicht. Wenn das Eis
erwärmt wird, geraten die Teilchen stärker in Bewegung – das Wasser wird flüssig. Wird
noch mehr Hitze zugeführt, wird das Wasser zu Wasserdampf. Hier sind die Teilchen am
meisten in Bewegung – das Wasser ist gasförmig. Neben der Korrelation zwischen dem
Grad an Festigkeit von Materie und der Beweglichkeit der Teilchen wird hier auch der
Zusammenhang zwischen der Temperatur und der Bewegung der Teilchen deutlich – je
höher die Temperatur, umso mehr sind die Teilchen in Bewegung. Wir können sagen, dass
Wärme nichts anderes ist, als die Bewegung kleinster Teilchen. Wir sprechen daher auch
von Wärmebewegung.
Die Diffusion läuft nicht immer so ungehindert wie bislang betrachtet. Für viele Stoffe
stellt die Membran eine Diffusionsbarriere zwischen dem Inneren und Äußeren der Zelle
dar. Die Zellbestandteile verteilen sich daher nicht in der Umgebung, und das Äußere
kann nicht in die Zelle eindringen.
Durch ihren Aufbau als Lipiddoppelschicht ist die Membran durchlässig für lipophile
Stoffe. Hydrophile und damit gleichzeitig lipophobe Stoffe dagegen können die Membran
kaum durchdringen. Eine Reihe von Hormonen ist lipophil und kann im Zellinneren
wirken, während hydrophile Hormone außerhalb der Zelle verbleiben und dort mit einem
Rezeptor in Kontakt treten müssen.
Wenn eine Membran zwei Flüssigkeitsbereiche trennt, so gleichen sich im Laufe der
Zeit die Konzentrationen aller Substanzen, für die die Membran durchlässig ist, aus. Wird
nun in einen Bereich beispielsweise Glukose gegeben, so kann die Konzentration nicht
durch den Übertritt von Glukose aus dem Bereich mit hoher Konzentration zum Bereich
niedriger Konzentration ausgeglichen werden, da die Glukose die Membran nicht
61
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
durchdringen kann. Stattdessen dringt Wasser in den Bereich mit Glukose, so dass die
dort niedrigere Wasserkonzentration ausgeglichen wird. Bei der Diffusion von Wasser
über eine selektiv permeable Membran spricht man von Osmose.
Diffusion ist ein sehr langsamer Prozess. Sie kann nur auf sehr kurzen Strecken
effektiven Stofftransport gewährleisten. Wenn eine bestimmte Menge Glukose
beispielsweise eine Entfernung von 1 μm in einer Sekunde überwindet, braucht sie für
einen Zentimeter fast drei Stunden. Das ist für die meisten Lebensprozesse zu langsam.
Deshalb wird beispielsweise auch das Blut in Ihrem Körper durch eine starke Pumpe
angetrieben.
62
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
Diffusion erfolgt ohne Aufwendung von Energie. Diffusion an der Membran kann in
zwei Formen stattfinden. Wenige Substanzen können direkt über die Lipiddoppelschicht
diffundieren. Selbst den sehr kleinen Wassermolekülen gelingt dies nur in geringem
Maße. Die Durchlässigkeit der Membran für Wasser ergibt sich aus winzigen Kanälen, die
durch Aquaporine (Proteine) gebildet werden, die wasserdurchlässig sind. Für größere
Moleküle gibt es eine Reihe von Transport- und Kanalproteinen, die sie selektiv passieren
lassen können. Solange dieser Transport aus einem Bereich mit höherer Konzentration in
einen Bereich mit niedrigerer Konzentration, also mit dem Konzentrationsgradienten,
63
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
erfolgt, ist er zwar selektiv, aber dennoch passiv. Man spricht hier auch von erleichterter
Diffusion (→ Abb. 5.3 und 5.4).
Vom passiven ist der aktive Transport (→ Abb. 5.5) zu unterscheiden. Hierbei wird
Energie benötigt. Der aktive Transport über die Membran kann gegen einen
Konzentrationsgradienten erfolgen. So wie die erleichterte Diffusion sind auch hier
selektierende Proteine beteiligt. Das bekannteste Protein für aktiven Transport ist die
Natrium/Kalium-Pumpe (eigentlich Na+/K+-ATPase) (→ Abb. 5.6). Diese müssen Sie nicht
in ihrer ganzen Komplexität verstehen. Sie sollen nur einen Einblick gewinnen, dass
solche Transportprozesse sehr aufwändig organisiert sein können.
5.1.3 Membranflussmechanismen
Bislang haben wir uns ausschließlich mit dem Transport über die Biomembran
beschäftigt. Die Größe der transportierten Stoffe ist dabei durch die Größe der
Transportproteine beschränkt. Es gibt eine Reihe von Prozessen, bei denen entweder
größere Partikel oder aber größere Mengen kleiner Partikel aufgenommen oder
abgegeben werden müssen. Hier erfolgt der Transport nicht über die Membran, sondern
unter Einbeziehung der Membran. Wir sprechen daher von Membranflussmechanismen.
Auch hier handelt es sich um eine Form des aktiven Transports, da Energie benötigt wird.
Bei der Ansammlung von größeren Mengen, die zu transportieren sind, geht es oft um
Sekrete, die zunächst gesammelt und dann bei Bedarf abgegeben werden. Sie haben
solchen Vesikeltransport schon kennengelernt. Wie bei den verschiedenen
Transportformen über die Membran finden auch Membranflussmechanismen nicht nur
am Plasmalemma, sondern auch an Membranen innerhalb der Zelle statt.
Die Endocytose ist etwas aufwändiger, da das Material erst einmal in Vesikeln
gesammelt werden muss. Die Spezifität der Endocytose wird durch Adaptine ermöglicht.
Diese binden auf der cytoplasmatischen Seite der Membran an Transmembranezeptoren,
nachdem auf der extrazellulären Seite der Membran das Material, das transportiert
werden soll, gebunden wurde. Die beladenen Rezeptoren wandern dann durch laterale
65
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
Diffusion in Bereiche (sog. coated pits), welche dann durch die Einwölbung der Membran
umschlossen werden (→ Abb. 5.8).
Die Vesikel werden durch Hüllproteine (Clathrin) auf der cytoplasmatischen Seite
der Membran geformt, die an der Innenseite der Membran einen Stachelsaum bilden.
Dadurch formen sie eine Art Korb, eine Hülle (coat), in den die Membran eingewölbt wird.
Sobald die Plasmamembranen zusammenstoßen, verschmelzen sie. Diese Vesikel werden
als Stachelsaumvesikel (coated vesicles) bezeichnet. Beim Transport zwischen ER und
Golgi-Apparat übernehmen diese Funktion die Coatomere (Coat-Proteine COPI und
COPII).
(Transport von Vesikeln durch die Zelle). Zur Pinocytose sind alle Zellen und auch
verschiedene Zellorganellen befähigt, während es Phagocytose nur bei spezifischen
Zellen, beispielsweise in der Immunabwehr, gibt. Aufnahmevesikel werden als
Endosomen bezeichnet. Wenn sie Material enthalten, das verdaut werden soll,
verschmelzen sie mit primären Lysosomen und bilden so sekundäre Lysosomen, in denen
das aufgenommene Material verdaut wird.
Ein Beispiel für die Bedeutung der selektiven Endocytose ist die familiäre
Hypercholesterolämie (bzw. Hypercholesterinämie), bei der der Cholesterinspiegel im
Blut erhöht ist. Die Ursache ist eine Mutation am Rezeptor, der für eine Anreicherung des
Cholesterins im Membranbereich verantwortlich ist, so dass Cholesterin nicht in
ausreichender Form in die Zelle aufgenommen werden kann.
Vesikel zur Exocytose werden am Golgi-Apparat abgeschnürt und mit Hilfe des
Cytoskeletts zum Plasmalemma gebracht. Die Abgabe eines Sekretes kann permanent
(konstitutiv) oder reguliert auf ein Signal hin erfolgen.
Eine Sonderform der Stoffabgabe ist die Apocytose (bitte verwechseln Sie den Begriff
„Apocytose“ nicht mit dem der „Apoptose“!). Bei der Apocytose werden die Vesikel
zusammen mit ihrem Inhalt abgegeben, statt mit der Membran zu verschmelzen und nur
den Inhalt nach außen abzugeben. Bei der unspezifschen Apocytose schnüren sich kleine
Plasmamembranareale ab. Spezifische Apocytose liegt z.B. bei der Sekretion von
Milchfetttropfen der laktierenden Brustdrüse vor. Dieser Mechanismus, der für uns
Säugetiere notwendig ist, wird von Viren zur Abschnürung aus infizierten Zellen
ausgenutzt. Ein kleines Beispiel für Coevolution.
5.2 Zellkontakte
Transportmechanismen dienen der Versorgung von Zellen mit Materialien und
Information und zur Abfallbeseitigung. Sie wissen, wie wichtig eine gute
Transportlogistik für ihr alltägliches Leben ist. Doch unabhängig davon, wie gut geregelt
ist, wie Sie jeweils von a nach b kommen – der direkte Austausch mit Ihrer Umwelt vor
Ort bleibt mindestens ebenso wichtig.
So ist es auch bei den Zellen eines Vielzellers. Ein Vielzeller kann nur entstehen, wenn
seine Zellen nach ihren Teilungen miteinander in Kontakt bleiben, und dieser Kontakt
muss geregelt werden. Dabei geht es also um deutlich mehr als ein reines
Aneinanderhaften.
67
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
5.2.2 Glykokalyx
Nahezu allen pro- und eukaryotischen Zellen ist eine dünne Schicht aufgelagert, die
Glykokalyx. Eine Ausnahme sind Pflanzen, welche keine besitzen. Die Glykokalyx besteht
aus den Zuckeranteilen der Glyko-Membranbestandteile. Diese können von Molekülen
aus der extrazellulären Matrix ergänzt werden. Die Zuckeranteile können sehr
vielgestaltig sein und dienen daher bei verschiedenen Interaktionen als
Erkennungssignale.
Als Beispiel wollen wir uns die Interaktion zwischen Endothelzellen und Leukocyten
ansehen. Aktivierte Endothelzellen bilden spezielle Glykoproteine, die Selektine, die zu
Oligosacchariden der Leukocyten passen. Die Interaktion der Moleküle veranlasst eine
68
Kapitel 5 – Umwelt und Individuum
5.2.3 Kontaktinhibition
So wie Einzeller im Austausch mit dem Außenmedium stehen, bilden der Raum
zwischen den Zellen, die extrazelluläre Matrix, und die Nachbarzellen die Umwelt der
Zelle im vielzelligen Organismus. Während ein Einzeller sich bei guten
Umweltbedingungen teilt, sobald er eine entsprechende Größe erreicht hat, darf sich eine
Zelle im Zellverband nur teilen, wenn dies für den Zellverband notwendig ist. So dürfen
Hautzellen nicht unkontrolliert wuchern. Bei einer Verletzung müssen sich die Zellen
wieder teilen, bis die Wunde geschlossen ist, aber nicht darüber hinaus. Diese
grundlegende Voraussetzung der Zusammenarbeit wird durch Kontaktinhibition
gewährleistet. Hierzu wirken Adhäsionsmoleküle (Cadherine) und Adaptermoleküle
(Catenine) zusammen. Die Zelle „merkt“, dass sie Nachbarzellen hat, und stellt die
Teilung ein. Die Koordination von Zellen im Verband geht sogar so weit, dass eine Zelle,
wenn sie von den Nachbarzellen nicht regelmäßig Signale bekommt, die ihre
Notwendigkeit bestätigen, die Apoptose einleitet. Gleiches geschieht, wenn Sie ein Signal
zur Selbstzerstörung (Todessignal) erhält. Dies ist der extrinsische Weg zur Einleitung
der Apoptose – den intrinsischen haben Sie schon im Zusammenhang mit den
Mitochondrien kennengelernt.
Die Bedeutung dieses Mechanismus wird im Zusammenhang mit der Entstehung von
Krebs offensichtlich. Krebszellen werden durch Kontakt nicht in der Vermehrung
gehemmt. Man hat bei Tumorzellen Mutationen für die zuständigen Kontaktmoleküle
gefunden. Die betroffenen Zellen wachsen ungehemmt und können den Zellverband
verlassen. So entstehen Metastasen.
eine Zonula adhaerens, Punkt-Desmosomen eine Macula adhaerens. Als Zonula wird eine
Kontaktlinie bezeichnet, die um die Zelle herumläuft, während die Kontakte in einer
Macula nur punktförmig voneinander abgegrenzt sind. „Adhaerens“ bedeutet, dass,
obwohl die Zellen dort aneinanderhaften, dennoch ein Spalt verbleibt.
Von den Desmosomen unterscheiden wir die Hemidesmosomen, die keinen Zell-
Zell-Kontakt darstellen, sondern die Epithelzellen mit dem Bindegewebe verkleben.
Wichtiger Bestandteil der Desmosomen und Hemidesmosomen sind
Intermediärfilamente, die Sie schon als zugfeste Fasern kennengelernt haben.
Solche Verschlusskontakte finden wir beispielsweise bei Epithelzellen, die das Lumen
des Dünndarms bilden. Die pathogene Wirkung des Cholerabakteriums beruht darauf,
dass sein Toxin die Permeabilität der Verschlusskontakte beeinflusst. So werden Ionen
und diesen folgend Wasser in das Darmlumen abgegeben, und es kommt zum Durchfall.
Kommunikation: Zur Kommunikation dienen gap junctions. Das sind Kontakte, über
die ein Stoffaustausch zwischen Zellen möglich ist. So können sich beispielsweise
Wachstumssignale durch ein Gewebe verbreiten. In gewisser Weise werden auch die
chemischen Synapsen zu den Kommunikationskontakten gezählt. Sie dienen allerdings
der Informationsweitergabe durch Erregungsfortleitung und stellen daher keinen
eigentlichen Zellkontakt her.
70
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
Die unterschiedliche Komplexität fällt besonders auf. Damit müssen wir uns ein
wenig beschäftigen. Komplexität wird durch das Zusammenwirken einfacher
Grundbausteine ermöglicht. Je komplexer ein Organismus wird, umso komplexer ist auch
die Regulation dieses Zusammenspiels.
Organismen mit einfachem Aufbau haben häufig eine relativ geringe Toleranz gegen
Schwankungen der Umweltbedingungen. Ihre Art kann sich relativ schnell verändern, da
sie sich in großer Zahl replizieren, dabei viele Änderungen im Erbgut auftreten und so zu
jeder Zeit viele Varianten existieren. Wenn sich die Umwelt ändert, ist die
Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass eine der Varianten überleben und sich vermehren
kann.
Bei sehr komplexen Organismen ist das anders. Hier müssen immer viele Faktoren
für die Funktion ineinandergreifen, so dass Änderungen häufiger schädlich sind.
Außerdem reproduzieren sie sich nicht in so großer Geschwindigkeit. So können sie in
einer stabileren Umwelt deutlich vielfältigere Funktionen entwickeln.
Es gibt zwei Grundpfeiler der Komplexität, die wir uns ansehen wollen – die
Unterscheidung von Zellen mit und ohne Zellkern und die zwischen Einzellern und
Vielzellern.
Bei Prokaryoten
umschließt eine äußere
Membran ein Zellinneres, in
dem verschiedene – auch
gegenläufige – Stoffwechsel-
prozesse im gleichen Raum
ablaufen. Bei den Eukaryoten
können wir verschiedene
durch Membranen
abgegrenzte Bereiche –
Kompartimente – erkennen,
in denen unterschiedliche
Stoffwechselprozesse räum-
lich getrennt sind.
In einfachen Systemen
kann Größe ein deutlicher
evolutiver Vorteil sein, da
tendenziell größere
Organismen kleinere fressen
können. Eukaryotische
Einzeller können
prokaryotische als Nahrung
aufnehmen. Dies kann in der
Frühphase des Lebens ein
Faktor gewesen sein, der die
Entwicklung der Eukaryoten
gefördert hat. Heute sind die
Verhältnisse deutlich
komplexer, so dass der Größe
alleine keine so wichtige Rolle
mehr zukommt. Außerdem
konnten durch die
Kompartimente auch
Bereiche mit besonderen
Funktionen entwickelt
werden, wie vor allem die
hochkomplexen Nesselzellen
Abbildung 6.3: Hochkomplexe Einzelzelle: Die Nesselzelle
der Quallen eindrucksvoll
zeigen (→ Abb. 6.3).
6.1.1 Endosymbiontentheorie
Die Neuverwendung vorhandener Strukturen haben Sie schon als zentrales Element
der Evolution kennengelernt. Ein schönes Beispiel ist die Entstehung der Eukaryoten. Wir
wollen dazu zunächst die Mitochondrien in den Blick nehmen. Wir können feststellen,
dass diese über eigene DNA verfügen, die wie bei den Prokaryoten zum Ring geschlossen
ist. Nehmen Sie das bitte für den Augenblick so hin. Sie werden in Block IV noch mehr über
die DNA bei Prokaryoten lernen.
Außerdem haben sie eine eigene Maschinerie, um die Informationen aus der DNA
umzusetzen. Diese Maschinerie ähnelt auffällig der der Prokaryoten, während sie sich von
der eukaryotischen unterscheidet. Hinzu kommt, dass sich Mitochondrien durch Teilung
vermehren. Die Ähnlichkeit zwischen Prokaryoten und Mitochondrien geht weiter bis ins
Detail. So ist z.B. das Lipid Cardiolipin außer in Mitochondrien nur bei Prokaryoten zu
finden. Sie ahnen bereits, worauf das hinausläuft. Mitochondrien waren früher
unabhängige Prokaryoten. Sie wurden – vermutlich eigentlich als Nahrung – von einer
74
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
anderen Zelle aufgenommen. Dort wurden sie nicht abgebaut, sondern sie haben sich
zusammen mit der Zelle entwickelt und deren Energieversorgung übernommen. Dabei
haben sie im Entwicklungsprozess viel von ihrer Eigenständigkeit verloren. Sie werden
mit vielem von der Zelle versorgt, der sie im Gegenzug dazu Energie liefern.
Wir sagen heute, dass Mitochondrien durch Endosymbiose entstanden sind. Als
Symbiose wird eine Kooperation zwischen zwei Partnern bezeichnet, von der beide
Seiten profitieren. Endosymbiose bedeutet, dass einer der Symbiosepartner im Inneren
des anderen lebt. Man bezeichnet dabei den Organismus, der im Inneren des anderen lebt,
als Symbiont und den aufnehmenden Organismus als Wirt.
Auch die
Entstehung des
Zellkerns scheint auf
Endosymbiose zu
beruhen. Als Symbiont
kommt eine
Organismenform in
Frage, die ansonsten für
Sie keine weitere Rolle
spielt – die Archaeen.
Diese sind – wie die
Prokaryoten – Zellen
ohne Zellkern. In ihrer
Organisation ähneln sie
aber ansonsten eher
den Eukaryoten.
Sie müssen nicht die Entwicklungsstadien im Einzelnen nachvollziehen können – Sie sollen lediglich
einen Eindruck davon bekommen, dass manche Organismen im Wechselspiel mit Ihrer Umwelt
zwischen Einzelligkeit und Mehrzelligkeit wechseln können.
75
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
Auch der Aufbau eines Vielzellers kann als eine Art Symbiose verstanden werden. Im
Verband können Funktionen erreicht werden, die auf einzelligem Niveau nicht denkbar
sind. Dabei verlieren die einzelnen Zellen ihre unabhängige Lebensfähigkeit.
Die Komplexität, die mit der Mehrzelligkeit einhergeht, ermöglicht eine nahezu
unendliche Vielfalt der Funktionsweisen. Sie bietet aber auch eine Reihe zusätzlicher
Ansatzpunkte für Störungen, die sich uns als Krankheiten zeigen.
76
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
Bevor sich eine Zelle teilen kann muss sie ihr Erbgut verdoppeln. Damit wird
sichergestellt, dass jede Tochterzelle einen vollständigen Satz an Informationen erhält.
Sie haben mit der Replikation bereits den Mechanismus zur Verdopplung der DNA
kennengelernt. Wir wollen ihn uns nun auf struktureller Ebene ansehen.
mit der Replikation der DNA. DNA und Protein liegen in einem Verhältnis von 20:80 vor
und bilden so das Chromatin. Im Chromatin sind die DNA-Stränge mit ihren Proteinen
nicht einzeln erkennbar. Dies ist erst der Fall, wenn sie für den Zellzyklus kondensieren.
Dann bezeichnet man sie als Chromosomen.
Bitte verwechseln Sie nicht Nucleosomen mit Nucleoli – wir stellen immer wieder
fest, dass das leicht passiert.
Die Verpackung kann unterschiedlich dicht sein. Eng gepackte Bereiche bezeichnet
man als Heterochromatin, lockerere als Euchromatin. Wo die DNA eng gepackt ist, kann
keine Erbinformation umgesetzt (exprimiert) werden. Es gibt Bereiche, in denen die DNA
immer eng gepackt vorliegt und solche, bei denen dies vom Differenzierungszustand der
Zelle abhängig ist.
78
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
6.2.3 Zellzyklus
Den Zeitraum von einer Zellteilung bis zur nächsten bezeichnet man als Zellzyklus
(→ Abb. 6.9). Funktional können wir zwei Hauptteile des Zellzyklus unterscheiden:
a. Die Mitose, in der die Kernteilung mit der Verteilung des Erbgutes vollzogen
wird.
b. Die Cytokinese, die die eigentliche Zellteilung und die Vorbereitung auf die
nächste Zellteilung bezeichnet.
Der Übergang von der Mitose zur Cytokinese erfolgt praktisch nahtlos. Die
Interphase umfasst die G1-, G2- und manchmal auch G0-Phase sowie die S-Phase. Bei
den G-Phasen war lange nicht bekannt, was passiert. Deshalb auch der Name, das G steht
für gap (Lücke).
Während der Interphase sind keine Chromosomen zu erkennen. Hier wird die DNA
entweder als Transkriptionsvorlage oder zur Verdopplung benötigt und ist daher relativ
wenig spiralisiert. Hier liegen zwei Sätze mit 23 Chromatinfäden vor – man spricht auch
von Ein-Chromatid-Chromosomen. Das Vorliegen von zwei Chromosomensätzen
bezeichnet man als diploid.
Die G1-Phase ist die hauptsächliche Wachstumsphase der Zelle. Die Chromosomen
liegen als Ein-Chromatid-Chromosomen vor, wie sie bei der Zellteilung entstanden sind.
An die G1-Phase kann eine G0-Phase anschließen. Das ist eine Ruhephase, in der die
Zelle nicht weiter auf einen Teilungsprozess vorbereitet wird. Eine Reihe von Zellen
verbleibt dauerhaft in diesem Zustand, während andere durch äußere Aktivierung wieder
in die Teilung eintreten können. Epithelzellen sind ein schönes Beispiel: Im geschlossenen
Zellverband teilen sich die Zellen nicht mehr. Bei einer Verletzung können aber neue
Zellteilungen angeregt werden.
Sofern keine G0-Phase eingeleitet wird, gelangt die Zelle von der G1-Phase in die
sogenannte S-Phase (Synthesephase). Der Zeitpunkt wird durch das Verhältnis von
Kern zu Plasma bestimmt. Die S-Phase ist durch die Replikation der DNA gekennzeichnet.
Hier entstehen aus den Ein-Chromatid-Chromosomen wieder Zwei-Chromatid-
Chromosomen. Dabei sind die beiden Chromatidfäden am Centromer miteinander
verbunden. Das Centromer ist immer heterochromatisch. Seine Replikation wird nicht in
der S-Phase, sondern erst während der Mitose abgeschlossen. Auch hier können Sie die
Chromosomen im Lichtmikroskop nicht sehen. Die S-Phase dauert bei Menschen 6-
8 Stunden. Gleichzeitig mit der Replikation werden auch Histone produziert.
Die G2-Phase ist mit 3-5 Stunden relativ kurz. Hier wird die Zellteilung vorbereitet.
Neben der Synthese der Proteine für die Mitose ist vor allem die Reparatur der DNA – die
Beseitigung von Replikationsfehlern – wichtig.
Der auf die G2-Phase folgende Eintritt der Zelle in die M-Phase ist streng kontrolliert.
Tochterzellen einer Zelle, die sich zu früh teilt, sind nicht überlebensfähig. Das ist aber für
den Organismus das geringere Problem. Besonders wichtig ist, dass die Replikation der
DNA ordnungsgemäß abgeschlossen und überprüft wurde. Die Weitergabe von DNA-
Schäden kann gravierende Folgen für den Organismus haben. Wir werden darauf noch im
Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs zurückkommen.
Die M-Phase besteht aus der Kernteilung (Mitose; daher auch der Name) und der
daran anschließenden Zellteilung (Cytokinese).
Die Prometaphase ist von der Auflösung der Kernmembran gekennzeichnet. Die
Lamine der Kernmembran werden depolymerisiert. Die Lamine A und C flottieren im
Cytoplasma, während Lamin B an den Kernmembranvesikeln hängen bleibt. Durch
Auflösung der Kernmembran hat der Spindelapparat über die Kinetochorfasern direkten
Zugang zu den Chromosomen. Ihren Namen haben die Kinetochorfasern daher, dass sie
81
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
Cytostatika wie das Colchicin wirken auf die Ausbildung der Teilungsspindel, da sie
die Verlängerung der Mikrotubuli unterbinden. Eine geordnete Zellteilung ist damit nicht
mehr möglich. Colchicin kann daher für den Menschen tödlich sein, wird aber in
vorsichtiger Dosierung in der Krebstherapie eingesetzt, um dort die Teilungen der
entarteten Zellen zu unterbinden.
In der Telophase sind die Chromosomen maximal voneinander entfernt. Sie werden
an den Zellpolen von den Kernmembranfragmenten umhüllt, die im Cytoplasma
verblieben waren. Diese fließen ineinander und bilden die neue Kernmembran. Die
Chromosomen dekondensieren, so dass die rRNA-Synthese wieder beginnen kann, und
die Nucleoli wieder neu gebildet werden können. Die Chromosomen verschwimmen
dabei wieder im Chromatin. Damit ist die Kernteilung abgeschlossen. Die Zellteilung wird
am Ende der Telophase durch die Bildung eines Teilungsrings in Höhe der ehemaligen
Äquatorialebene eingeleitet.
Die Cytokinese beendet die M-Phase. Zu Beginn der Cytokinese bildet sich der
Teilungsring, der am Ende der Telophase angelegt wurde, fertig aus. Er besteht aus Aktin
und Myosin – den beiden Proteinen, die Sie schon als wesentlich für Bewegungselemente
kennengelernt haben. Der Ring schnürt sich zu, wodurch das Cytoplasma mechanisch
aufgeteilt wird. Einige Bestandteile werden organisiert verteilt. So erhält jede
Tochterzelle einen Zellkern und ein Centriolenpaar. Bei anderen Zellbestandteilen wirkt
der Zufall. Der Spindelapparat wird schließlich abgebaut und zu Cytoskelettbestandteilen
umgebaut.
83
Kapitel 6 – Grundlage der Vielfalt – die Komplexität
In diesem Kapitel kommen wir zu einem Thema, das alle Bereiche des Lebens
durchzieht – egal, ob wir Prokaryoten oder Eukaryoten, Einzeller oder Vielzeller
betrachten, egal, ob wir uns den direkten Austausch einer Zelle mit ihrer Umgebung,
Vorgänge innerhalb einer Zelle oder zwischen Zellen im Zellverbund ansehen – immer
treffen wir auf ein Phänomen in einem buntem Strauß an Ausprägungen – die Regulation.
Wir möchten Ihnen nur einige Beispiele erläutern, die Ihnen helfen werden,
Regulationsmechanismen zu verstehen, wenn Sie Ihnen begegnen.
Wir können also davon ausgehen, dass zwei Moleküle, die über eine
Wasserstoffbrückenbindung miteinander verbunden sind, sich immer wieder lösen und
erneut verbinden. Wenn nun zumindest eines dieser Moleküle nur vereinzelt vorliegt, ist
die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht neu binden kann – einfach, weil sich die Moleküle
nicht mehr finden - deutlich höher, als wenn die Konzentration hoch ist. Wenn also
beispielsweise ein Stoff ein Enzym aktiviert, solange er gebunden ist, dann steigt die
Wahrscheinlichkeit, dass das Enzym aktiviert wird, mit der Konzentration des Stoffes an.
Bei jeder Ablösung wird schnell wieder ein Neuer gebunden. Sinkt die Konzentration, so
wird der Stoff seltener ersetzt, wenn er sich gelöst hat, und die Aktivierungsrate sinkt.
Wenn wir sagen, dass ein Stoff gebunden ist, dann heißt das nur, dass über den
betrachteten Zeitraum häufiger ein Molekül dieses Stoffes gebunden ist, als keines
gebunden ist.
Die Verhältnisse ähneln einem Dimmer bei einer Lampe. Hätte die Lampe einen festen
Schalter, gäbe es Licht oder kein Licht. Beim Dimmer gibt es eine Vielzahl von Zuständen
dazwischen. Das ist sehr wichtig, damit jede Regulation einerseits in beide Richtungen
funktioniert, und andererseits, um sie präzise an die Umweltbedingungen anzupassen.
86
Kapitel 7 – Regulation zur Aufrechterhaltung von Lebensfunktionen
Wir wollen uns beide Wege am Beispiel des Tryptophans ansehen – einmal die
Regulation der Enzymaktivität und zum anderen die Regulation der Synthese der Enzyme.
Tryptophan ist eine der 20 Aminosäuren, die zur Proteinsynthese benötigt werden.
Escherichia coli, ein Darmbakterium, kann in einem sog. Minimalmedium wachsen und
dabei aus Glukose und einigen Salzen die verschiedenen organischen Substanzen des
Zellstoffwechsels herstellen, u.a. auch Tryptophan. Wenn E. coli in seiner Umgebung
Tryptophan vorfindet, kann man beobachten, dass die Zellen sofort ihre eigene
Tryptophansynthese stoppen. Wenn dann das angebotene Tryptophan verbraucht ist,
setzt zunehmend die eigene Tryptophansynthese wieder ein.
Ein Molekül, das durch Binden an ein Proteinmolekül dessen Aktivität beeinflusst,
wird Effektor genannt. In unserem Beispiel ist es das Endprodukt der Synthesekette, das
Tryptophan, das seine eigene Synthese hemmt. Wir haben es mit einer (negativen)
Rückkopplung zu tun. Das Binden eines Effektors an ein Protein ist nicht endgültig,
sondern reversibel. An dieser Stelle kommt nun die Frage der Wahrscheinlichkeit ins
Spiel.
87
Kapitel 7 – Regulation zur Aufrechterhaltung von Lebensfunktionen
In unserem Beispiel dient wieder das Endprodukt Tryptophan als Effektor. In diesem
Fall bindet es an ein anderes regulatorisches Protein. Dieses Protein bindet spezifisch an
Tryptophan als Effektor und ändert daraufhin seine Konformation. Nun kann es an der
DNA binden und hindert so die RNA-Polymerase daran, den für die Tryptophansynthese
zuständigen DNA-Abschnitt zu transkribieren. Das zweite regulatorische Protein
reprimiert also die Transkription, es wirkt als Repressor. → Abb. 7.1 zeigt die beteiligte
Struktur und das Schema des Ablaufs.
88
Kapitel 7 – Regulation zur Aufrechterhaltung von Lebensfunktionen
Oft spielen auch noch eine Reihe weiterer Strukturen eine Rolle, so dass der
Transkriptionsstart unter vielfacher Kontrolle steht. Anführen möchten wir die Enhancer
und Silencer. Das sind DNA-Sequenzen, die weit – bis zu 50 kb – vom eigentlichen
Transkriptionsstart entfernt liegen und dennoch mit diesem interagieren. Hier können
Transkriptionsfaktorkomplexe binden, die mechanisch auf die Struktur der DNA
einwirken, und damit die Transkription erleichtern (Enhancer) oder erschweren
(Silencer).
Die Abstimmung eines Einzellers mit seiner Umgebung ist relativ einfach: Eine
Substanz, die fehlt, muss gebildet werden; wenn eine Substanz vorhanden ist, ist es
sinnvoller sie aufzunehmen und die Energiekosten für die Bildung zu sparen. Anders ist
das bei Zellen in einem vielzelligen Organismus. Hier haben nur verhältnismäßig wenige
Zellen überhaupt einen Kontakt mit der äußeren Umwelt. Für sie bilden die Nachbarzellen
und der extrazelluläre Raum die Umwelt. Diese müssen also für die Zelle spiegeln, was
dem Organismus in der „Außenwelt“ begegnet. Nervensystem und Blutkreislauf sind zwei
Systeme, die Informationen – und im Falle des Blutes auch Nährstoffe und Sauerstoff – im
Körper verteilen.
Es gibt aber auch Kontakte zwischen benachbarten Zellen, bei denen die Ausbreitung
des Signals über Diffusion im Interzellularraum schnell genug ist. Hier sprechen wir von
parakriner Signalleitung.
Bei Wachstumshormonen wirkt die Signalfunktion auch auf die Zelle, die das Signal
abgibt, selbst. Die Wirkung ist hier autokrin. Dies spielt eine wichtige Rolle beim
Wachstum von Tumoren. Tumorzellen können Wachstumshormone abgeben, die auf sie
selbst zurückwirken und ihre Vervielfältigung beschleunigen.
90
Kapitel 7 – Regulation zur Aufrechterhaltung von Lebensfunktionen
Als letztes ist noch die kontaktabhängige Signalleitung zu nennen, die nur im
direkten Kontakt zwischen Zellen (z.B. Immunsystem) wirksam wird.
In jedem Fall gibt es immer eine Station, die ein Signal aussendet, und (mindestens)
eine Station, die es aufnimmt. Ausgesendet wird immer ein primäres Signal (first
messenger), welches für sich jedoch nicht wirksam ist. Es muss zunächst durch die
Bindung an einen Rezeptor empfangen werden. Der Rezeptor kann dann entweder selbst
enzymatisch eine Reaktion bewirken, oder er sendet einen zweiten Boten (second
messenger) aus.
7.3.1 Rezeptoren
Die Ausstattung einer Zelle mit Rezeptoren entscheidet, auf welche Informationen sie
reagiert. Letztlich ist es dasselbe, wenn Sie durch eine belebte Straße gehen, in der
Menschen mit ganz unterschiedlichen Sprachen sprechen – alle übermitteln
Informationen, aber Sie können nur die verstehen, deren Sprache Sie kennen.
Rezeptoren sind Proteine. Der Kontakt mit einem Botenstoff führt zu einer
Konformationsänderung, die zur Signalweiterleitung oder direkten Reaktion führt
(→ Abb. 7.3). Erkennen Sie das Muster wieder? Das Prinzip ist das gleiche wie bei der
Regulation der Enzymaktivität.
Wie kommt es aber überhaupt dazu, dass es so viele verschiedene Zelltypen in einem
Organismus gibt? Es ist immer recht leicht gesagt, dass das Erbgut die Information enthält,
aus der sich ein Organismus entwickelt. Aber wie ist es tatsächlich möglich, dass eine Zelle
unserer Haut den gleichen Informationssatz hat wie eine Nervenzelle oder eine
Bauchspeicheldrüsenzelle, und diese Zellen dennoch unterschiedlich aussehen und
unterschiedliche Aufgaben übernehmen?
Schon frühzeitig, zu einer Zeit, in der wir noch keine Unterschiede zwischen
verschiedenen Zellen erkennen können, wird festgelegt, wie eine Zelle sich im Weiteren
entwickelt. Diese Festlegung bezeichnen wir als Determination. Die tatsächliche
funktionale Ausstattung der Zelle ist die Differenzierung. Die Gestalt eines Organismus
ergibt sich aber erst aus der spezifischen Anordnung differenzierter Zellen, der
Morphogenese. Die Vergrößerung innerhalb der festgelegten Gestalt, vor allem durch
Vermehrung der Zellzahl, wird als Wachstum bezeichnet.
Wenn wir uns unterschiedliche Zelltypen ansehen, fällt auf, dass sie unterschiedlich
differenziert sein können, aber auch, dass sie unterschiedliche Möglichkeiten der
Entwicklung haben. Omnipotente embryonale Stammzellen können sich noch in jeden
Zelltyp entwickeln. Deshalb sind sie auch in der medizinischen und biologischen
Forschung so begehrt. Je weiter eine Zelle entwickelt ist, umso weniger
Differenzierungsmöglichkeiten hat sie. Die menschlichen Erythrozyten als Extremfall
stoßen sogar am Ende ihrer Entwicklung den Zellkern aus. Die Zellen, die den Zellkern
93
Kapitel 7 – Regulation zur Aufrechterhaltung von Lebensfunktionen
behalten, verfügen aber alle über das gleiche Genom. Der Unterschied besteht im
sogenannten epigenetischen Muster. Als epigenetisch bezeichnet man Veränderungen,
die nicht in der Basensequenz der Nukleinsäure geschehen und die dennoch an
Tochterzellen weitergegeben werden können. Solche Veränderungen liegen im
Methylierungsmuster der DNA oder in der Modifikation von Histonen vor.
7.4.1 DNA-Methylierung
Wie bereits erwähnt, nehmen die Regulationsmöglichkeiten mit der Komplexität zu.
DNA-Methylierung ist ein schönes Beispiel, denn sie kommt erst bei höheren Organismen
vor.
So kann das Methylierungsmuster von Zelle zu Zelle weitergegeben werden. Zellen, die
das gleiche Methylierungsmuster haben, gehören in einem Gewebe zusammen, Zellen mit
unterschiedlichem Methylierungsmuster gehören zu verschiedenen Geweben.
7.4.2 Histonmodifikation
Der zweite Mechanismus beruht auf der Änderung von Histonen. Sie haben diese
Proteine als wesentlich für die Chromosomenstruktur kennengelernt. Werden Histone
methyliert oder acetyliert, kann sich der Kondensationsgrad des Chromosoms an dieser
Stelle ändern. Stärker kondensierte Bereiche werden nicht transkribiert, so wird die
genetische Information abgeschaltet.
Ein schönes Beispiel für die Histonmodifikation finden wir beim menschlichen
Hämoglobin. Der Komplex, der für den Transport von Sauerstoff im Blut verantwortlich
ist, unterscheidet sich in verschiedenen Lebensphasen. Beim Ungeborenen wird bis zur
achten Woche ein anderes Hämoglobin produziert als in den Folgemonaten. Nach der
Geburt erfolgt ein weiterer Wechsel. Dieser Ablauf wird über Histonmodifikationen
gesteuert.
Mit den miRNAs funktionell verwandt sind siRNAs (small interfering), auf deren
Wirkung z.B. das neue Ebolamedikament TKM-Ebola beruht.
95
Kapitel 8 – Vermehrung
8 Vermehrung
Erarbeitungshilfen
Wir haben nun die Entwicklung bis zum Organismus verfolgt. Dabei haben Sie bereits
gelernt, wie sich eukaryotische Einzeller und die Zellen eines Vielzellers durch Teilung
vermehren. Wir wollen uns nun noch ansehen, wie die Vermehrung des Menschen als
Beispiel für einen Vielzeller mit sexueller Fortpflanzung aussieht.
Wenn sich ein eukaryotischer Einzeller vermehrt, so wird zunächst das Erbgut
verdoppelt und verteilt, bevor die Zelle in zwei Tochterzellen aufgeteilt wird. Beide Zellen
haben dann das gleiche Erbgut. Bei dieser Form der Fortpflanzung spielt Sexualität keine
Rolle.
Bei uns ist das anders. Eine Vermehrung des Menschen ohne Sexualität ist nicht
möglich3. Die wichtigste Konsequenz daraus haben Sie täglich vor Augen – kein Kind
entspricht völlig einem Elternteil.
Wir kommen darauf noch zurück – an dieser Stelle soll es zunächst um die
grundlegenden Funktionsmechanismen gehen.
3
Bitte beachten Sie, dass es durchaus eukaryotische Vielzeller gibt, die sich ohne Sexualtität
(ungeschlechtlich) vermehren, wie z.B. die Kartoffelpflanze.
97
Kapitel 8 – Vermehrung
8.2 Meiose
Wenn wir uns nun vorstellen, dass zwei diploide Zellen zusammenkommen, um einen
neuen Organismus zu schaffen, dann wäre das Erbgut nach der Verschmelzung dieser
beiden Zellen vierfach vorhanden, im neuen Durchgang achtfach usw. Das ist offenbar
nicht der Fall, da Ihre Zellen dann schon längst vor lauter DNA aus allen Nähten geplatzt
wären. Bei der Bildung von Eizelle und Spermium muss also etwas passieren, das dafür
sorgt, dass die Erbgutmenge über die Generationen konstant bleibt. Dies passiert in der
Meiose. Im Unterschied zur Mitose besteht die Meiose aus zwei Teilungsschritten, wobei
der erste Teilungsschritt als Reduktionsteilung bezeichnet wird. Hier wird vom
diploiden auf den haploiden Chromosomensatz reduziert. Der zweite Teilungsschritt
heißt Äquationsteilung und verläuft wie die Mitose.
Abbildung 8.3: Chromosomensatz einer (hypothetischen) Zelle vor Eintritt in die Meiose
8.2.1 Reduktionsteilung
Prophase 1
Die (menschliche) Zelle tritt mit ihren 46 Chromosomen in die Meiose ein. Die
Reduktionsteilung beginnt mit der Prophase 1. Hier werden die Chromosomen
kondensiert und so sichtbar. Wir werden zur Vereinfachung im Folgenden nicht mehr alle
Chromosomen bei ihrem Gang durch die Meiose betrachten, sondern nur noch ein Paar
homologer Chromosomen. Bitte machen Sie sich diese Vereinfachung aber bewusst. Die
Prophase wird in der Meiose weiter unterteilt: Leptotän, Zygotän, Pachytän, Diplotän und
Diakinese.
Im Leptotän sind die Chromosomen noch nicht sichtbar. Die Chromosomen haften
mit ihren Enden an der nucleären Lamina an.
Im Zygotän passiert zum ersten Mal etwas, das die Meiose grundlegend von der
Mitose unterscheidet: Die homologen Chromosomen paaren sich. Hierzu wird der
99
Kapitel 8 – Vermehrung
Mit der Diakinese kommt die Prophase I zum Abschluss. Dabei wird die
Kernmembran aufgelöst, und der Spalt zwischen den Schwesterchromatiden wird
deutlich.
Metaphase 1
An die Prophase schließt sich auch hier die Metaphase an, in der die
Chromosomenpaare in der Äquatorialebene orientiert werden.
Anaphase 1
In der Anaphase können wir den zweiten wesentlichen Unterschied zur Mitose
erkennen. Anders als in der Mitose werden die Chromosomen nicht am Centromer geteilt
und zu den Polen transportiert, sondern bleiben in der Zwei-Chromatidstruktur.
Stattdessen werden die Bivalente aufgetrennt, so dass die homologen Chromosomen auf
die Pole verteilt werden. Dies wird dadurch koordiniert, dass die Spindelfasern nicht wie
bei der Mitose an beiden Seiten des Centromers ansetzen, sondern an jeweils einer Seite
der Bivalente. So ist jedes homologe Chromosom nur mit einem Spindelpol verbunden. In
jede Tochterzelle gelangt ein haploider Chromosomensatz, also 23 Chromosomen. Dabei
ist es völlig zufällig, welches der homologen Chromosomen zu welchem Pol gelangt. Es
spielt keine Rolle, ob es ursprünglich vom Vater oder der Mutter stammte. Hier ist nun
der Startschuss für die kurze Phase, in der unsere Zellen in haploider Form vorliegen.
Telophase 1
Mit der Telophase I wird die Reduktionsteilung abgeschlossen, und nach einer kurzen
Interphase tritt die Zelle in die Äquationsteilung ein.
8.2.2 Äquationsteilung
Die Äquationsteilung gleicht einer Mitose. Die Chromosomen werden nun wie bei der
Mitose in der Äquatorialebene angeordnet und in der Anaphase am Centromer getrennt.
Als Ergebnis von Reduktions- und Äquationsteilung sind nun vier Zellen entstanden, die
von jedem Chromosom nur eine Variante (haploid, 1n) und diese in der Ein-
Chromatidform (1c) enthalten.
Tatsächlich ist es nur in der Spermatogenese so, dass aus einer Spermatozyte auch
tatsächlich vier Spermatiden entstehen, die sich dann alle durch Umformungen zu reifen
Spermien entwickeln. Beim weiblichen Organismus liegen die Verhältnisse etwas anders.
Bei der Befruchtung werden hier keine kleinen, beweglichen Erbgutträger benötigt,
sondern Zellen, die einem entstehenden Embryo die erste Nahrung geben können. Bei der
Oogenese werden die Chromosomen zwar in der gleichen Weise verteilt wie bei der
Spermatogenese, aber die begleitenden Zellteilungen sind inäqual (ungleich). Schon bei
der ersten Teilung entsteht eine größere Zelle, während die andere als sogenanntes
101
Kapitel 8 – Vermehrung
Polkörperchen abgeschnürt wird. In der Äquationsteilung teilen sich dann Zelle und
Polkörperchen, wobei die Zelle wiederum ein Polkörperchen abschnürt. Es reift nur eine
Eizelle heran, die über deutlich mehr Cytoplasma verfügt als Spermien.
8.2.3 Rekombination
Durch die Reduktionsteilung wird es möglich, die Erbanlagen zweier Organismen
miteinander zu kombinieren. Durch die zufällige Verteilung der ehemals väterlichen und
mütterlichen Chromosomen bei der Gametenbildung gibt es schon eine unübersehbare
Vielzahl an Variationsmöglichkeiten (→ Abb. 8.6).
Wenn Sie aber genau hinsehen, werden Sie feststellen, dass die Anlagen – vereinfacht
ausgedrückt – in 23 Gruppen vorliegen, da es nur 23 verschiedene Chromosomen gibt.
Natürlich gibt es deutlich mehr als 23 verschiedene Anlagen, so dass also auf jedem
Chromosom mehrere vorliegen müssen. Man spricht daher von Kopplungsgruppen.
Tatsächlich ist es aber so, dass es nicht nur zur zufälligen Verteilung der väterlichen und
mütterlichen Chromosomen (Kopplungsgruppen) kommt, sondern auch zu einer
Durchmischung der Anlagen in den verschiedenen Kopplungsgruppen. Dies geschieht im
Crossing-over während des Pachytäns (→ Abb. 8.7).
102
Kapitel 8 – Vermehrung
Sie müssen die komplexen Vorgänge nicht kennen. Es reicht zu wissen, dass die
Chromosomenstränge im synaptonemalen Komplex so stabilisiert werden, dass sie
geschnitten und wieder verbunden werden können. Wenn die Verbindung sozusagen
über Kreuz geschieht, also zwischen zwei Nicht-Schwesterchromatiden, ist ein Crossing-
over entstanden. In der Folge hängt ein Teil des väterlichen am mütterlichen Chromosom
und umgekehrt. So werden die Anlagen weiter durchmischt. Die Stellen, an denen es zu
Überkreuzungen gekommen ist, sind die bei der ersten Auflösung der Tetraden
sichtbaren Chiasmata.
103
Kapitel 8 – Vermehrung
8.3 Genkartierung
Crossing-over können genutzt werden, um sich eine Vorstellung über die Lage
einzelner Anlagen auf den Chromosomen zu verschaffen. Bei der Fruchtfliege Drosophila
konnten so umfassende Genkarten erstellt werden.
Hierzu muss man sich nur anschauen, wie oft Anlagen, die auf einem Chromosom
liegen, bei der Kreuzung vermischt werden. Je weiter entfernt sie von einander liegen,
umso häufiger können sie tendenziell durch Crossing-over getrennt werden (→ Abb. 8.8).
Solche Karten lassen sich am ehesten bei Organismen erstellen, bei denen man gezielte
Kreuzungen in großen Zahlen durchführen kann. Vor der Entwicklung der heutigen
molekularbiologischen Methoden war es so möglich, einen ersten Überblick zur
Anordnung von Anlagen auf Chromosomen zu gewinnen.
Abbildungsverzeichnis
Soweit nicht anders angegeben, sind die Abbildung selber erstellt und/oder fallen unter
die Lizenz CC0.
des Antibiotikums 5
Exzisionsreparatur 22
in die Meiose 98
Chromosomen 101
d
Tabellenverzeichnis
Tabelle 4.1: Zellorganellen 57
Literaturverzeichnis
[1] Zellbiologie; Helmut Plattner, Joachim Hentschel; Thieme 2006
[6] Biologie. Der neue Campbell, Anselm Kratochwil, Renate Scheibe, Hemut
Wieczorek und Neil A. Campbell; Pearson 2009
[7] Brock Mikrobiologie; Micchael T.Madigan, John M.Martinko, David A. Stahl, David
P. Clark; Pearson Studium-Biologie; 2013
http://www.spektrum.de/lexikon/biologie
[14] Molecular Biology of the Cell, 6th Ed., Alberts et al. 2014