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RECHERCHE

Zu den Datenbanken, die direkten Zu‐ seriösen Verein eingestellt worden sein;
griff bieten, zählen: Volltextdatenbanken, für die tatsächliche aktuelle Bewertung
die z.B. Artikel, Marktstudien, Diplomar‐ des finanziellen Zustands der Firma
beiten usw. enthalten; statistische Daten‐ mögen sie im „nackten“ Zustand dennoch
banken; lexikalische Datenbanken; z.B. nicht ausreichen.
Firmen‐ und Produktverzeichnisse; Möglicherweise ergibt eine Recherche
Bilddatenbanken, Grafikdatenbanken; z.B. in einem Weblog Blog , in dem sich
Bildarchive oder Datenbanken mit Fir‐ Mitarbeiter und Kunden der Firma aus‐
menlogos, Aktiencharts usw. tauschen, dafür die besseren Hinweise.
Die Recherche im Internet erfolgt in der Aber dafür gibt es keine Möglichkeit,
Regel via Suchmaschine z.B. Google die Information zu verifizieren, der
oder thematischen Verzeichnisse. Außer‐ Unterschied zwischen Gerücht und Tatsa‐
dem gibt es eine Vielzahl weiteren Infor‐ che ist nicht festzumachen.
mationsangeboten im Netz: Websites von Da das Internet nicht zuletzt auch ge‐
Institutionen und Unternehmen mit zielt dafür verwendet wird, Gerüchte zu
Glossaren zu speziellen Themenfeldern, streuen und Desinformation zu betreiben,
Diskussionsforen mit der Möglichkeit, sollten Rechercheure sich besonders
Fragen zu stellen, sowie Projekte wie absichern, bevor sie dort gesammelte
Wikipedia, eine Art Open‐Source‐ Daten weiterverwenden.
Weblexikon. Für Internet‐Recherchen gilt MICHAEL GEFFKEN
eine ganz besonders hohe Sorgfaltspflicht Michael Haller 2000 . Recherchieren. Ein Handbuch für
bei der Überprüfung der Glaubwürdig‐ Journalisten. Konstanz 5. Auflage . Thomas Leif Hrsg.
1998 . Leidenschaft: Recherche. Skandal‐Geschichten und
keit, Qualität und Vollständigkeit der Enthüllungs‐Berichte, Opladen. Netzwerk Recherche Hrsg.
2003 . Trainingshandbuch Recherche. Informationsbeschaf‐
Informationen. So mögen z.B. Informatio‐ fung professionell, Wiesbaden. Alja Goemann‐Singer, Petra
nen über die Kreditwüdigkeit eines Graschi, Rita Weissenberger 2003 . Recherchehandbuch
Wirtschaftsinformationen. Vorgehen, Quellen und Praxisbei‐
Unternehmens aus der Firmendatenbank spiele. Berlin, Heidelberg, New York
der Creditreform richtig von einem

Targeting
Targeting engl. target, Ziel ist das Parallele in der Wirtschaft hat das politi‐
Erfassen eines Ziels, insbesondere auf sche Targeting in den Stichworten Kun‐
Basis einer Datenauswertung. In Wahl‐ denwertanalyse, Controlling der Kunden‐
und anderen Kampagnen bedeutet beziehungen, Kundendeckungsbeitrag.
Targeting Eingrenzung von Zielgruppen Ein „Kunden‐Portfolio“ veranschaulicht
und Auswahl von Stimmbezirken für dem Management, wie attraktiv bestimm‐
intensive Wahlkampfführung, ins‐ te Kundengruppen hinsichtlich jetziger
besondere nach Auswertung früheren und in Zukunft zu erwartenden De‐
Wahlverhaltens und soziodemographi‐ ckungsbeiträge sind. Man will wissen,
scher Statistik Wahlgeografie . was es tatsächlich kostet, einen Kunden
Kundenwertanalyse für die Politik. Eine zu erreichen. Man schaut auf die schon

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Althaus, M. (2005). Targeting. In M. Althaus, M. Geffken & S. Rawe (Hg.),


Handlexikon Public Affairs (S. 54-60). Münster, Berlin: Lit.
TARGETING

erreichte Position als Lieferant bei diesen Affairs einsetzte. Er konzentrierte sich auf
Kunden: Bei den treuen Stammabneh‐ die auch im deutschen Marketing bekann‐
mern mag das Potenzial voll ausgeschöpft te geodemografische Cluster‐Methode der
sein, dagegen stehen vielversprechende Claritas‐Marktforschung für Zielgruppen‐
andere Gruppen, mit denen man bisher ansprache.
kaum Geschäft generiert, weil sie lieber Das Verfahren basiert auf derselben
mit anderen Lieferanten arbeiten usw. konsequent kundenorientierten Überle‐
Die politischen Parallelen im Wähler‐ gung des Dialog‐ und Direktmarketings
markt liegen auf der Hand. Politisches und des betriebswirtschaftlichen Bezie‐
Targeting kommt wie ein Kunde‐Portfolio hungsmanagements bei Dienstleistungen
zu Empfehlungen in z.B. vier Kategorien: Customer Relationship Management,
„Angreifen und binden“, „Halten und CRM .
verteidigen“, „Fördern und pflegen“ oder Es geht darum, eine objektive Datenba‐
„Beobachten und aussteuern“. sis zu finden, um zu entscheiden, welche
Da es bei vielen Kampagnen um nicht Aufgaben eliminiert werden, die nicht
mehr als zehn Prozent der Wählerschaft leistbar oder unnötig sind; und um zu
geht, die im Ergebnis einen Unterschied entscheiden, wo die lohnendsten Ziele
machen, sind dies wichtige Informatio‐ sind, die vorrangig und mit größtmögli‐
nen. cher Wirkung bearbeitet werden müssen.
Übergeordneter Zweck des Targetings Damit bedeutet Targeting: Nicht in jedem
ist die Verbesserung der Zielgruppenar‐ Garten Äpfel pflücken gehen, sondern nur
beit, Media‐ und Organisationsplanung. in den Gärten, in denen die dicksten
Es ist ein Instrument der Strategie, die als hängen.
„Ökonomie der Kräfte“ Carl von Clause‐ Smart campaigning. Im engeren Sinne
witz zuerst entscheiden muss, was sie ist Targeting ein standardisiertes Verfah‐
nicht tut. ren der Wahlkreisanalyse. Es erlaubt, die
„Targeting ist ein Verfahren, Wähler Beziehungen zu den „Kunden“ einer
auszuschließen, an denen man sich nicht politischen Kampagne nicht nur global,
,profitabel‘ abarbeiten kann, so dass es sondern differenziert zu bewerten und
genug Ressourcen gibt, um wichtigere die Ressourcen der Kommunikation und
Wählergruppen mit genügend hoher Organisation zu verteilen. Dazu dienen
Intensität zu erreichen und zu gewinnen. z.B. markierte Stadtpläne und Karten,
Targeting ist der ultimative Hebel im Listen von Wahllokalbezirken, Straßen,
Direktkontakt mit Wählern, es ermög‐ Haushalten und Namen. Basis dafür sind
licht maximale Konzentration unserer errechnete Rankings nach politischer
Mittel auf ein minimales Universum“, „Ertragskraft“.
formulierte Matt Reese 1926‐1998 , der Targeting ist in den USA ein Merkmal
legendäre US‐Politikberater, der die in von „smart campaigns“, die nicht auf
rund 400 Wahlkämpfen gewonnenen Materialschlachten setzen, sondern auf
Erfahrungen und Techniken im großen eine Medien‐ und Informationenmi‐
Stil zuerst für Gewerkschaften, dann auch schung, die insbesondere den unent‐
für Konzerne und Verbände in den Public schiedenen Wähler erreicht und die

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TARGETING

eigenen Anhänger wirksam zur Mobili‐ Politik wichtig, die Konzeptidee darzule‐
sierung bringt. gen. Es geht dabei sowohl um das Mana‐
Modernisierungsbedarf. Aber auch in gement der Kommunikationskanäle als
Amerika spiegeln die faszinierenden auch den Beziehungstyp.
Tools des Targeting, die der kommerziel‐ Defizite und Widerstände. Auch in der
len Direktmarketingbranche zu einem deutschen Wirtschaft steckt das Kunden‐
Boom verholfen haben, sich nicht in der wertmanagement noch in den Kinder‐
Politik wider. schuhen, das Thema wird aber heiß
Die Ausgaben für Direktmarketing stei‐ diskutiert, vor allem in den Massenmärk‐
gen in der Politik zwar massiv, und es gibt ten für Dienstleistungen. Viele Firmen
immer mehr Daten – die US‐ können nicht genau sagen, welche ihrer
Parteizentralen sind vor allem Wähler‐ Kunden welches Maß an ökonomischen
Datenbanken. Doch diese Daten bleiben Anstrengungen wert sind. Sie haben keine
bei den Strategen oft unbeachtet liegen. Kundenleiter, auf der sie ihre Kunden
Hal Malchow 2003 , Nestor der Targe‐ nach Wichtigkeit einordnen. Der ver‐
ting‐Dienstleistungsagenturen, sieht das schärfte Kostendruck zwingt nun dazu,
Hauptproblem darin, dass politische die Kunden genauer zu betrachten. Eine
Entscheider sich um die Messung und Strategie, die einfach ganz viele Kunden
Messbarkeit ihrer Tätigkeit drücken. ans Unternehmen binden will, trägt in der
Targeting ist ursprünglich eine Papier‐ Regel nicht zur Optimierung des Gewinns
und‐Bleistift‐Methode, aber die von bei. Stattdessen suchen Firmen Kunden‐
Malchow gemeinte höhere Kampagnen‐ erfolgsgrößen, um die Profitabilität eines
Mathematik ist vor allem eine, in der Kunden zu ermitteln. Danach werden
statistische Techniken zur Marktsegmen‐ dann die Ressourcen sinnvoll auf den
tierung wie CHAID‐Analyse Chi2 Kundenstamm verteilt, und der Marke‐
Automated Interaction Detector zum ting‐Mix wird neu ausgerichtet.
Einsatz kommen, die die Untersuchung Unternehmen können mit Kunden‐
von sehr großen Datenbeständen durch wertmanagement nachhaltig und erfolg‐
Spezialprogramme wie SPSS‐CHAID reich ihre Ergebnise verbessern. Voraus‐
ermöglichen. Schnell können damit die setzung ist, dass man die Konsequenzen
Haupt‐Einflüsse im betrachteten Markt kennt: Damit verbunden ist auch die
nach den Kategorien Demografie, Ver‐ „Desinvestition von Kunden“, das heißt
halten und Einstellung ermittelt werden. die Kündigung von Vertragsteilen oder
Die Ergebnisse werden z.B. in Baumdia‐ die Einschränkung bestimmter Service‐
grammen dargestellt. Die grafische Dar‐ leistungen. Das sorgt insbesondere intern
stellung ermöglicht eine schnelle Be‐ zu Widerständen bei den Außen‐
stimmung von „Nischenmärkten“, die dienstlern.
ohne komplexe Zahlenreihen und viele Exakt genauso ist die Situation für Par‐
Kreuztabellen auskommt. teien beim politischen Targeting: Die
Da solche eingesetzten Mittel im Mar‐ Methode verlangt, zugunsten von Kon‐
keting aus Laiensicht dennoch sehr tech‐ zentration und Penetration bei den
nologisch diskutiert werden, ist es in der ausgewählten Zielgruppen aus strategi‐

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TARGETING

schen Gründen Nein zu den anderen zu Aussage über künftiges Wahlverhalten


sagen, alte Schwerpunkte aufzugeben, oder Wahlbeteiligung abgeben. Einfaches
Reichweiten einzuschränken. Targeting Targeting liefert „nur“ Statistik früherer
ist noch keine Strategie. Targeting ermög‐ Ergebnisse als Indikatoren für künftige
licht Strategie. Wer Targeting einsetzen Schwerpunkte.
will, muss bereits strategiefähig sein. Man Wahlgeografie als Basis. Die Basis ist
muss planen, ordnen, wirtschaften, nicht Meinungsforschung, sondern Wahl‐
Prioritäten durchsetzen, Nein sagen geografie. Wahlgeografische Verfahren
wollen. Das ist auch intern durchzusetzen werden in Deutschland erst langsam
– im politischen Apparat oft eine Heraus‐ wieder entdeckt, obwohl sie zuerst von
forderung für die Führungskraft. deutschen Pionieren wie dem Soziologen
Ressourcenoptimierung. Targeting geht und Bevölkerungswissenschaftler Rudolf
davon aus, dass selbst die besten Kam‐ Heberle 1896‐1991, Schüler von Ferdi‐
pagnen meist nicht die langfristigen nand Tönnies konzipiert wurden.
politischen Einstellungen und das Wahl‐ Heberle erregte Aufsehen durch seine
verhalten im Wahlkreis umdrehen kön‐ Erklärung der frühen NDSDAP‐
nen. Das gilt auch in einer Phase der Wahlerfolge. Er und seine Kollegen
sinkenden Parteibindungen und wach‐ arbeiteten nach 1933 im Exil in den USA
senden Wechselwähleranteilen, und es weiter.
gilt ganz besonders auf der lokalen und Wahlgeografie wurde in Deutschland
regionalen Ebene, wo die Einflüsse der lange als veraltetes und ungenaues Ver‐
bundesweiten Medien weniger groß sind. fahren gesehen, dass für gesellschaftliche
Selbst wenn man große Veränderungen Analysen nicht komplex genug sei. Demo‐
im politischen Verhalten der Bürger skopische Institute zeigten bis in die 90er
verursachen könnte, fehlen einem dazu Jahre kaum Interesse, weil sie Wahlfor‐
Geld, Personal, Werbematerial und Zeit. schung vorrangig als Umfrageforschung
Also müssen sich Wahlkämpfer auf geo‐ verstanden und weniger mit Aggregat‐
grafische Einheiten konzentrieren, um statt mit Individualdaten arbeiten.
das Maximum an Wählerstimmen heraus Lokaler Strategie‐Bedarf. Der Bedarf
zu holen. Wahlkämpfer für die Partei ABC nach Wahlkreisanalysen entstand aus der
machen zum Beispiel keinen Straßen‐ praktischen Arbeit der Parteien: Bei
wahlkampf in Gegenden mit extrem Telefonkampagnen, Straßenwahlkampf,
niedriger Wahlbeteiligung oder in Hoch‐ Canvassing mit immer weniger
burgen der Partei DEF. Sie gehen dorthin, mobilisierbaren Mitgliedern kam es
wo die höchste Konzentration von mögli‐ verstärkt darauf an, an den richtigen
chen und wahrscheinlichen ABC‐Wählern Haustüren zu klingeln, Handzettel in die
oder zu ABC neigenden Unentschlossen richtigen Briefkästen zu werfen, die
zu finden ist. richtigen Telefonnummern zu wählen.
Targeting dient als Quasi‐Prog‐ Zudem sahen sich Wahlkreis‐
noseinstrument, kann aber ohne komple‐ Direktkandidaten einer immer größeren
xe Datenanalysen in Kombination mit Eigenverantwortung für Kampagnen in
aktuellen Umfragen keine verlässliche zunehmend schwierigeren Wettbewerbs‐

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TARGETING

situationen gegenüber. Gefragt war eine der politischen Konkurrenz am effektivs‐


lokale Strategie für ein lokales Umfeld zu ten ist, und wo sich besondere Aktionen
finden, unabhängig von teuren Umfragen, rund um die Themen Wahlbeteiligung
mit lokal verfügbaren und verlässlichen und Briefwahl lohnen.
Daten und praktikablen Werkzeugen, die Makro‐ und Mikro‐Targeting. Für das
sich auch im kleinteiligen Einsatz im Targeting gibt es eine Makro‐ und eine
Ortsverein bewähren. Mikromethode. 1 Targeting für den
Der Berliner Politikberater und Wahl‐ ganzen Wahlkreis und 2 Targeting für
kreisanalyse‐Spezialist Thorsten Lüthke den einzelnen Stimmbezirk. Targeting für
beschreibt die Kernidee so: „Ausgangs‐ den ganzen Wahlkreis sorgt für einen
überlegung ist, dass gleiche Milieus mit Gesamtüberblick über die größeren
einem ähnlichen Wahlverhalten benach‐ geografischen Einheiten im Wahlkreis. Je
bart wohnen. Aufgrund dieser Überle‐ nach Größe des Wahlkreises können das
gung wird aus früherem Wahlverhalten Straßenzüge, Stadtviertel, Gemeinden
und Daten über die Bevölkerungszusam‐ oder Samtgemeinden sein – man kann das
mensetzung eine lokale Strategie entwi‐ auch auf die Ortsvereine der Partei zu‐
ckelt, um Mehrheiten für bestimmte schneiden. Hier berechnet man aus
Parteien zu schaffen oder das Wahlver‐ früheren Wahlergebnissen im Wahlkreis
halten für Parteien zu stärken, die keine den Anteil der ABC‐Stimmen, den die
Mehrheit gewinnen, aber ihren Stimmen‐ geografische Einheit bisher zum Gesamt‐
anteil steigern wollen. Diese Strategie ist ergebnis der ABC‐Partei beigetragen hat.
Grundlage für Handlungsempfehlungen Was man dabei messen will, ist die relati‐
auf kleinräumiger Ebene.“ ve Wichtigkeit der geografischen Einheit
Analysen dieser Art enden in Wahl‐ für ein gutes Ergebnis in der Zukunft.
kampf‐Handbüchern für die Kandidaten Diese Zahlen helfen bei der Planung von
und ihre Teams: Sie bekommen für Budget und Wahlkampfkalender: Wie viel
wenige Straßenzüge, ausgewählte Häuser, Prozent der Plakate, der Veranstaltungen,
Ortsteile konkrete Informationen, was sie der Flugblätter, der Straßenaktionen
tun können und wo es sich lohnt, ihre sollen in welchen dieser geografischen
Kräfte einzusetzen. Einheiten konzentriert werden?
Effizienz und Motivation. Laut Lüthke Targeting für den einzelnen Stimmbe‐
hat die Wahlkreisanalyse zwei wesentli‐ zirk untersucht die kleinste politische
che Vorteile: 1 Sie schont Ressourcen, Einheit. Es identifiziert Stimmbezirke, wo
da das Kampagnenteam nur dort Mittel besonders viele Wähler mit bestimmten,
und Material einsetzt, wo es einen Vorteil für die ABC‐Partei günstigen Eigenschaf‐
für das eigene Abschneiden erwarten ten wohnen. Dies wird berechnet für die
kann; 2 Sie erhöht die Motivation der im Gesamtwahlkreis‐Targeting ermittel‐
Parteimitglieder, sich aktiv am Wahl‐ ten Wahlkampf‐Schwerpunktgebiete. Die
kampf zu beteiligen, da die eigenen Rangfolge der Stimmbezirke ermöglicht,
Aktivitäten zielgerichtet verlaufen. straßengenau Wählerkontaktprogramme
Targeting gibt auch konkrete Hinweise durchzuplanen: vom Infostand und
darauf, wo die Auseinandersetzung mit Nachbarschaftsparties über das Verteilen

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von Wahlzeitungen bis zu Hausbesuchen mit leicht bis mittel unterdurchschnittli‐


und Telefonaktionen. cher oder schwankender Wahlbeteiligung
Höchste Priorität haben große Stimm‐ zu konzentrieren – dort, wo saisonale
bezirke mit hoher Wahlbeteiligung, hoher Nichtwähler aufzuwecken sind. Hier sind
ABC‐Performanz also durchschnittlich Extra‐Prozente durch überschaubaren
hohem Stimmanteil und hohem Mitteleinsatz zu bekommen.
Wechslerpotenzial für die ABC‐Partei. Politisches Tuning. Wer Targeting‐
Wenn im Wahlkampf wenig Leute, Geld Material einem politischen Gremium
und Material zur Verfügung stehen, dann vorlegen will, muss seinen Daten trauen.
sollte sich die Arbeit und Präsenz auf Zahlen liefern eine objektive Datenbasis
diese Stimmbezirke konzentrieren. für Entscheidungen. Aber: Zahlen ergän‐
Hohe Priorität für den argumentativen zen und verbessern die politische Urteils‐
Wahlkampf haben große Stimmbezirke kraft des Wahlkampfmanagers, sie erset‐
mit mittlerer ABC‐Performanz, aber zen sie nicht.
hoher Wahlbeteiligung und hohem Make or buy? Bisher wird Targeting
Wechslerpotenzial. Hier geht es also um nur in wenigen Parteizentralen und
stete Präsenz, viele persönliche Kontakte, Kandidatenwahlkämpfen genutzt. In der
thematische Veranstaltungen. Hier geht Regel sind die Etats zu gering, um externe
es um Überzeugungsarbeit, nicht Mobili‐ Berater zu beauftragen, und der Aufwand
sierung der Stammwähler. Hohe Priorität für die Erstellung in Eigenarbeit ist
für die Mobilisierung kurz vor und am aufgrund des notwendigen Spezialwis‐
Wahltag haben große Stimmbezirke mit sens für Datensammlung und Analyse
hoher ABC‐Performanz, aber mittlerer schnell überwältigend.
Wahlbeteiligung. Hier geht es also vor Wer sich auf Anfänger verlässt, riskiert
allem um das Zur‐Urne‐Bringen der Heimwerker‐Pfusch, Datenfriedhöfe,
Sympathisanten und das Hinweisen auf Frust und Verweigerung im Kampagnen‐
den unmittelbar bevorstehenden Wahl‐ team.
tag. Als strukturelles Problem zeigt sich
Eine häufige Frage ist, ob es sich nicht häufig die strategische Inkonsequenz, da
lohne, vorrangig in der eigenen Partei die Daten die traditionellen Wahlkampf‐
zuneigende Stimmbezirke mit historisch schwerpunkte nicht überwinden. Zudem
extrem niedriger Wahlbeteiligung zu wird keine Datenpflege betrieben, es gibt
gehen? Nein, das sind keine lohnenden kein Datengedächtnis.
Mobilisierungsziele. Theoretisch mögen MARCO ALTHAUS
hier zwar sehr viele Stimmen liegen. Marco Althaus 2002 . „Desktop Targeting: Zielscheiben im
Praktisch sind politische Apathie und Wahlkreis“. Kampagne! 2, Lit, Münster: 151‐167. Anne
Beaudry, Bob Schaeffer 1986 . Winning Local and State
Desinteresse meist aus sozialen Gründen Elections: The Guide to Organizing Your Campaign. Free Press,
New York. Thomas Biermann 2003 . Kompakt‐Training
zu groß, als dass sie mit Wahlkampfakti‐ Dienstleistungsmanagement. Kiehl, Ludwigshafen. Hal
onen überwunden werden könnten. Malchow 2003 . The New Political Targeting. Campaigns &
Elections, Washington. Werner Pepels 2003 Hg. . Betriebs‐
Außerdem ist das Wahlverhalten notori‐ wirtschaft der Dienstleistungen. NWB, Herne/Berlin. Catherine
Shaw 2004 . The Campaign Manager. Westview, Cambridge.
scher Nichtwähler eher unberechenbar. Daniel Shea 1996 . Campaign Craft. Praeger, New York.
Es ist sinnvoller, sich auf Stimmbezirke

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